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Full text of "Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen"

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BEITRÄGE 


ZUR  KUNDE  DER 


INDOGERMANISCHEN  SPRACHEN 


HERAUSGEGEBEN 


DR  ADALBERT  BEZZENBERGEß. 


ERSTER  BAND. 


GÖITINGEN. 

VERLAG  VON  ROBERT  PEPPMÜLLER. 

1877. 


p 

Bd.l 


Inhalt. 


Seile 


Die  suffixlosen  Nomina   der  griechischen  Sprache.     I.   Zum    soge- 
nannten a-Suffix  im  Griechischen.     Von  A.  Fick         -               -  1 
Ueber  die  griechischen,  insbesondere  die  homerischen  Nomina  auf 

6v.     Von  Leo  Meyer              -                -                -                -                -  20 

Mythologisches  in  altlitauischen  Texten.     Von  Ad.  Bezzenherger  41 

Kigveda  X  .  10,  7  =  Ath.  XVIII.  1,  8.     Von  Th.  Benfey            -  47 

Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz.     Von  R,   Sprenger              •  51 

Allerlei.     Von  A.  Fick             -               ....  57 

Etymologien.     Von  Ad.  Bezzenherger     -               -               -               -  68 

M.  Hang  (Nekrolog)                  .....  70 

Ueber  den  Uebergang  von  si  in  i  im  Griechischen.  Von  Gust.  Meyer  81 
Neugefundene  etruskische  Inschriften.     Von    W.  Deecke                -  93 
Zur  Lehre  vom  Dativ.     Von  R.  Pischel               -               -               -  111 
Die  suffixlosen  Nomina  der  griechischen  Sprache.     II.   Zum  soge- 
nannten y«-Suffix  im  Griechischen.     Von  A.  Fick  u.  A.  Führer  120 
Zur  Lehre  vom  lateinischen  Vocalismus.     Von  Leo  Meyer             -  143 
Miscellanea.    Von   F.  Müller,    Ad.  Bezzenherger,    A.  Fick   und 

Fr.  Bechtel            -                  .....  I68 

Zu  dem  Nekrolog  über  M.  Haug.     Von  R.  Roth             -               -  175 

Die  Entstehung  des  st  und  ss  im  Lateinischen.     Von  F.  Froehde  177 

Ueber  Umlautserscheinungen  im  Lettischen.      Von  A.  Bielenstein  212 

Die  Praesentia  auf  -(üvvvfxi.     Von   Gustav  Meyer              -               -  222 
Analogiebildungen  der   neugriechischen  Declination.    Von  Gustav 

Meyer      ---....  227 

Zum  s-Suffix  im  Griechischen.    Von  A.  Fick    ...  231 

Etymologien.     Von  F.  Froehde               -     -          -               -               -  249 

Vermischtes.     Von  Ad.  Bezzenherger      ....  252 

Die  etruskischen  Zahlwörter.     Von   W.  Deecke  -               -               -  257 

Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch.     Von  August  Müller  273 

Homerische  irjf^c  und  lefxat.     Von  Leo  Meyer     -                -                -  3OI 
Die    suffixlosen  Nomina    der  griechischen  Sprache.     III.   und   IV. 

Von  A.  Fick           -               -               -               -               -               -  312 

Etymologien.     Von  F.  Fröhde,  A.  Fick  und  Ad.   Bezzenherger    -  327 

Schreiben  des  Herrn  Prof.  Alhrecht   Weher         ...  343 

Register.    Von  H.   Collitz        -               -               -               -               -  345 


Verlag  von  Kobert  Peppmüller  in  Göttingen. 


Ankündigung. 
Beiträge 


zur 


Kunde  der  indogermanischen  Sprachen 

herausgegeben 


Dr.  Adalbert  Bezzenberger. 

In  den  sechzig  Jahren,  welche  das  vergleichende  Studium  der 
indogermanischen  Sprachen  durchlebt  hat,  hat  es  mit  einer  Rasch- 
heit Verbreitung  und  Vertiefung  gefunden,  die  in  der  Geschichte  der 
Wissenschaften  einzig  dasteht.  Es  ist  keine  indogermanische  Spra- 
che, die  nicht  in  unserer  Zeit  den  Gegenstand  vergleichender  Studien 
bildete,  und  an  den  meisten  von  ihnen  sind  auf  den  verschiedensten 
Punkten  die  Hebel  angesetzt,  um  sie  nach  allen  Seiten  aus  dem 
durch  Jahrtausende  um  sie  gelagerten  Schutt  emporzuheben  und"  dem 
vollen  wissenschaftlichen  Verständnisse  bloss  zu  legen.  Ruft  diese 
rege  Thätigkeit,  welche  auf  dem  eigentlichen  Gebiete  der  verglei- 
chenden Sprachwissenschaft  herrscht,  allein  schon  jährlich  eine  so 
grosse  Zahl  neuer,  durch  ihren  Umfang  auf  den  Abdruck  in  einer 
Zeitschrift  angewiesenen  Arbeiten  in  Deutschland  hervor,  dass  ihre 
Vereinigung  in  einem  einzigen  wissenschaftlichen  Organ  kaum  mög- 
lich ist,  so  gilt  dasselbe  von  den  durch  die  Verbindung  der  verglei- 
chenden Sprachwissenschaft  mit  verwanten  Disciplinen  im  Laufe  der 
Zeit  entstandenen  Seitenzweigen  derselben.  In  Folge  dessen  finden 
sich  sprachwissenschaftliche,  oder  für  die  Sprachwissenschaft  höchst 
bedeutsame  Arbeiten  häufig  zerstreut  an  entlegenen  Orten  gedruckt, 
je  nachdem  sie  gerade  in  irgend  einem  Organ  einer  verwanten  Wis- 
senschaft ein  Unterkommen  finden;  hierdurch  erwächst  der  Uebel- 
stand,  dass  sie  sich  vielfach  dem  Auge  der  Mitforschenden  entziehen 
und  nicht  den  Nutzen  haben ,  den  zu  wirken  sie  geeignet  sind.  Die- 
sem Uebelstande  abzuhelfen,  sind  diese  „Beiträge  zur  Kunde 
der   indogermanischen   Sprachen"   bestimmt,   deren  Redaction 


nach  vorhergegangener  Berathung  und  Verständigung  mit  einer  An- 
zahl engerer  und  weiterer  Fachgenossen  der  Unterzeichnete  über- 
nommen hat.  Sie  sollen  gleichmässig  die  specielleu  Interessen  des 
vergleichenden  Studiums  der  indogermanischen  Sprachen  und  die  ihm 
mit  verwauten  Disciplinen,  der  Philologie,  der  Geschichte  u.  s.  w. 
gemeinsamen  vertreten.  Alle  Arbeiten  also,  welche  in  irgend  einer 
Weise  die  Erkenntnis  der  indogermanischen  Sprachen  und  ihrer  Ge- 
schichte fördern ,  oder  zu  fördern  geeignet  sind ,  werden  in  ihnen 
Aufnahme  finden.  Wenn  die  Redaction  einerseits  Sorge  tragen  wird, 
dass  nur  Arbeiten  gediegenen  wissenschaftlichen  Gehaltes  in  diesen 
,, Beiträgen"  veröffentlicht  werden,  so  glaubt  sie  doch  andrerseits  eine 
Verantwortlichkeit  für  die  in  denselben  enthaltenen  Ansichten  nicht 
übernehmen  zu  dürfen:  jede  Ansicht  wird  sich  in  ihnen  aussprechen 
können,  welche  als  das  Ergebnis  ernster  Arbeit  erscheint,  jeder  Par- 
tei stehen  ihre  Spalten  offen  zu  wissenschaftlicher  und  in  wissen- 
schaftlichem Tone  gehaltener  Polemik. 

Die  Einrichtung  eines  eigenen  kritischen  Theiles  erscheint  zur  Zeit 
nicht  opportun;  die  Redaction  behält  sich  dieselbe,  ebenso  wie  die 
eines  Jahresberichtes  für  künftige  gelegene  Zeit  vor,  wird  aber  schon 
jetzt  gelegentlich  zugehenden  umfassenden  Kritiken  wirklich  bedeu- 
tender wissenschaftlicher  Erscheinungen  die  Aufnahme  nicht  versa- 
gen. Arbeiten,  welche  für  die  Geschichte  der  vergleichenden  Sprach- 
wissenschaft von  Wert  sind,  wie  Literaturberichte,  Nekrologe  u.  s.w., 
wird  sie  jeder  Zeit  mit  Dank  annehmen. 

Dass  diese  „Beiträge"  in  keiner  Weise  Oppositionsblatt  sein  sol- 
len, dass  sie  lediglich  der  Förderung  wissenschaftlicher  Erkenntnis 
gewidmet  sind,  bedarf  kaum  einer  besonderen  Versicherung;  wenn 
der  Unterzeichnete  hofft,  dass  das  neue  Unternehmen  diese  Bestim- 
mung in  reichem  Maasse  erfüllen  werde,  so  ermuthigt  ihn  dazu  das 
überaus  liebenswürdige  Entgegenkommen  und  die  Billigung,  welche 
dasselbe  fast  ausnahmslos  gefunden  hat.  Ihre  wol wollende  und  tä- 
tige Unterstützung  haben  ihm  bisher  zugesagt  die  Herren: 

Prof.  Th.  Benfey  (Göttingen)  ,  Conrector  Dr.  W.  De  ecke 
(Strassburg),  Prof.  A.  Fick  (Göttingen),  Prof.  M.  Hang  (f),  Biblio- 
thekar Dr.  R.  Köhler  (Weimar),  Dr.  G.  Meyer  (Prag),  Prof.  Leo 
Meyer  (Dorpat),  Prof.  A.  Müller  (Halle),  Hofrath  H.  Sauppe  (Göt- 
tingen), Dr.  R.  Sprenger  (Göttingen),  Prof.  H.  Weber  (Weimar), 
Prof.  E.  Windisch  (Strassburg) 

Das  erste,  gleichzeitig  ausgegebene  Heft  enthält: 
Die  suffixlosen  Nomina  der  griechischen  Sprache.    L  Zum 
sogenannten  a-Suffix  im  Griechischen    von  A.  Fick;    Ueber 
die   griechischen,    insbesondere  die  homerischen  Nomina 


auf  «f  von  Leo  Meyer;  Mythologisches  in  altlitauischen  Tex- 
ten von  A.  Bezzenberger ;  Rig-Veda  X.  10.  7  =  Ath.  XVIII.  1.  8 
von  Th.  Benfey ;  Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz  von  R. 
Sprenger;  Allerlei  von  A.  Fick;  Etymologien  von  A.  Bezzenber- 
ger;  M.  Hang  (Nekrolog). 

Die  folgenden  Hefte  werden  u.  A.  bringen: 
Das  altpreussische  Verbum  von  Ad.  Bezzenberger;  Neugefun- 
dene etruskische  Inschriften  von  W,  Deecke;  Die  suffixlo- 
sen Nomina  der  griech.  Sprache  (Fortsetzung)  von  A.  Fick;  lie- 
ber den  griech.  Uebergang  von  £t  in  l  von  G.  Meyer;  Die  se- 
mitischen Lehnwörter  der  älteren  griech.  Sprache  von  A. 
Müller  ;  Zur  mittelhochdeutschen  Schriftsprache  von  11. 
Sprenger;  Zur  litauischen  Dialektologie  von  H.  Weber;  Der 
irische  Infinitiv  von  E.  Windisch. 

Die  Redaction  wird  Sorge  tragen ,  dass  die  ihr  anvertrauten  Ma- 
nuscripte  stets  auf  das  rascheste  gedruckt  werden ;  alle  für  die  „Bei- 
träge zur  Kunde  der  indogermanischen  Sprachen"  bestimmten  Sen- 
dungen wolle  man  unmittelbar  an  den  unterzeichneten  richten. 

Dr.  Adalbert  Bezzenberger, 

Docent  der  vergleichenden  Sprachwissenschaft  an  der  Univers.  Göttingen. 


Die  „Beiträge  zur  Kunde  der  indogermanischen  Sprachen",  de- 
ren Verlag  ich  übernommen  habe,  werden  zunächst  in  zwanglosen 
Heften  von  je  5 — 6  Bogen  erscheinen;  4  Hefte  bilden  einen  Band, 
dem  ausführliche  Indices  beigefügt  werden  sollen.  Der  Preis  des 
Bandes  wird  10  Mark  nicht  überschreiten. 

Göttingen,  October  1876.  Robert  Peppmüller. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  Griechischen  Sprache. 

I. 

Zum  sogenannten  a-Suffix  im  Griechischen. 

Nach  der  Lehre  der  Indischen  Grammatik  giebt  es  ein 
primäres  Nominalsuffix  a,  durch  dessen  Anfügung  Nomina  aus 
der  Wurzel  gebildet  würden.  Leider  ist  diese  Lehre  von  der 
neueren  Sprachforschung  vielfach  adoptirt  und  dadurch  eine 
ganz  schiefe  Auffassung  einer  der  wichtigsten  und  ältesten  No- 
minalbildungen veranlasst  worden.  Zu  welchen  Ungeheuerlich- 
keiten diese  Theorie  führt,  dafür  nur  einige  Beispiele  :  will  man 
sich  nach  diesem  Recepte  die  Entstehung  von  tQO-^  Liebe,  (.läyji 
Schlacht,  ßoax6-g  Hirt  denken,  so  hat  man  anzunehmen,  dass 
aus  sQa  lieben,  //«x«  kämpfen,  ßoaxe  weiden  erst  ig,  /naxi  ßoayt 
entnommen,  Dinger,  die  gar  nicht  existiren,  und  hieraus  durch 
Anfügung  eines  unbegreiflichen  o,  r]  sgog,  fidxrj,  ßoaxog  gebildet 
seien,  ein  rein  ersonnener  Vorgang,  und  bloss  desshalb,  wie  es 
scheint,  ersonnen,  um  an  der  sonnenklaren  Thatsache  vorbeizu- 
kommen, dass  €QO-g,  f^iccx^,  ßoa/,6-g  gar  nichts  sind  und  sein 
können  als  die  nominal  verwendeten  Verbalthemen  sga^  /"«X*> 
ßoaxe  in  sga-f^ai,  /.laxe-Tcci,  ßooxs-re.  Die  einzig  richtige  An- 
sicht, dass  das  o,  s  in  aQxo-g,  Voc.  aQx^  u.  s.  w.  rein  identisch 
sei  mit  dem  o,  «  in  ÜQxo-iuev,  agxs-TS  ist  übrigens  bereits  in 
der  dritten  Auflage  von  Schleichers  Compendium  angedeutet. 
Hier  heisst  es  S.  495:  „Die  Stämme  sind  an  sich  —  weder 
Verbum  noch  Nomen,  sie  werden  erst  zu  dem  einen  oder  andern 
bestimmt,  durch  Casussuffix  und  Personalendung.  Stamm  bhara 
z.  B.  —  ist  weder  Verbum  noch  Nomen ;  nom.  sg.  bhara-s,  acc. 
sg.  bhara-m  —  ist  Nomen  und  hat  als  solches  die  Funktion 
eines  Nomen  agentis,  2  sg.  praes.  bhara-si,  3  sg.  bhara-ti,  3  pl. 
bhara-nti  ist  Verbum  fers,  fert,  ferunt.^)  —  Casussuffixe  und  Perso- 
nalendungen sind  also  im  Indogermanischen  die  eigentlichen  Wort- 
bildungselemente im  Gegensatz  zu  den  Stammbildungselementen. 

^)  Hiermit   übereinstimmend   spricht    sich  J.  Schmidt  Jenaer  Lit.-Ztg, 
1875,  Artikel  588  S.  668  aus. 


2  A.  Fick 

Wenn  man  den  hier  angegebenen  Gesichtspunkt  weiter  ver- 
folgt, so  sieht  man  leicht,  dass  consequenter  Weise  ein  Nominal- 
suflix  a  überall  da  geläugnet  werden  muss,  wo  der  entsprechende 
a-Stamm  zugleich  in  verbaler  Funktion  auftritt,  dass  also,  weil 
bhara  in  bhara-s  Träger  mit  bhara  in  bhara-ti  er  trägt  iden- 
tisch ist,  in  bhara-s  Träger  kein  a  angetreten  sein  kann,  wel- 
ches die  Funktion  hätte,  die  „Wurzel"  bhar  zum  Nomen  zu 
machen,  weil  dieses  selbe  a  ja  auch  in  bhara-ti  verbalstamm- 
bildend  erscheint.  Sind  nun  bhara  in  bhara-ti  und  bhara  in 
bhara-s  identisch,  und  ist  dieses  je  nach  dem  Zutritt  von  Per- 
sonal- oder  Casusendungen  verbal  oder  nominal  verwendete 
bhara  an  sich  weder  Verb  noch  Nomen,  so  entsteht  die  nicht 
zu  umgehende  Frage,  was  denn  dieses  bhara  in  seinem  Verhält- 
niss  zu  der  kürzeren  Form  bhar  schliesslich  sei  und  sein  könne. 
Nach  der  herrschenden  Ansicht  ist  bhar  eine  „Wurzel",  nicht 
weiter  aufzulösendes  Sprachelement,  und  an  diese  Wurzel  ist 
der  Pronominalstamm  a,  der  ja  vielfach  nachzuweisen,  ange- 
treten. Allein  wozu  sollte  denn,  da  in  bhara-s  Träger  die  no- 
minale Natur  schon  durch  das  Casussuffix,  in  bhara-ti  die  ver- 
bale Natur  des  Worts  durch  die  Personalendung  bezeichnet 
wird,  durch  ein  angefügtes  pronominales  a  ein  Nominalcharac- 
ter  angedeutet  werden,  der  in  bhara-s  rein  überflüssig,  in  bha- 
ra-ti nicht  einmal  richtig  wäre?  Mir  scheint  es  vielmehr,  um 
gleich  mit  einer  schweren  Ketzerei  herauszurücken,  gar  nicht 
erwiesen  und  erweislich,  dass  bhara  erst  aus  bhar  entstanden, 
dass  bhara  Stamm  und  bhar  Wurzel  sei;  meiner  Ansicht  nach 
ist  bhara  die  ursprüngliche  Form  und  hieraus  erst  bhar  ge- 
kürzt, um  die  Einsilbigkeit  der  echten  Wurzel  zu  gewinnen. 
FiS  kommt  hier  ganz  und  gar  darauf  an,  wie  man  sich  die  se- 
cundären  Wurzeln  (die  primären,  wie  da  pa  sa,  schliesse  ich 
hier  aus)  entstanden  denkt.  Sind  Formen  wie  mak,  star,  dam 
durch  Composition  der  primären  Wurzeln  ma,  sta,  da  mit  ei- 
nem zweiten  Gliede  gebildet,  so  ist  ganz  ausser  Frage,  dass 
die  Producte  dieser  Composition  ursprünglich  ma-ka,  sta-ra, 
da-ma  gelautet  haben  müssen,  denn  Elemente  wie  k,  r,  m  d.h. 
blosse  Consonanten  giebt  es  im  Indogermanischen  gar  nicht,  es 
kann  daher  auch  niemals  mit  ihnen  operirt  sein.  Wenn  z.  B. 
die  „Wurzel"  ÖQa-in  laufen  aus  dem  gleichbedeutenden  öqu 
durch  Zutritt  eines  jW-Suffixes  entstanden  ist,  so  kann  sie  ur- 
sprünglich nur  ÖQu-^e,   dra-ma  gelautet  haben,    und   so   heisst 


Die  suflixlosen  Nomina  der  griech.  öpr.    I.  3 

sie  wirklich  im  Sanskrit  (drama-ti,  da-draraa)  wie  im  Griechi- 
schen {i-dqaf.io-v,  öe-ÖQO/iis.  Oder  wenn ,  wie  ziemlich  allgemein 
angenommen  wird,  die  „Wurzeln"  /iiad-  und  lad-  aus  ina,  ka 
und  dem  Verb  ^«,  ^rj  entstanden  sind,  so  müssen  sie  ursprüng- 
lich /m-^e,  (.la-d^r^  und  Xa-d^€,  la-d^rj  geheissen  haben,  und  so 
haben  wir  denn  auch  [.lad^e  in  8-^iad-o-v,  f.iai^r]  in  (.lad^rj-ao^iaij 
lad^e  in  t-Xad-o-v.  Wenn  nun  aber  diese  Wurzel  Xad^s  trotz 
ihres  Ursprungs  aus  Xa-\-d^E  in  Xs-Xcia-f-iai,  a-laa-rog  und  sonst 
zu  lad^  verkürzt  erscheint,  so  ist  hier  deutlich  die  gewaltige 
Kraft  zu  erkennen,  mit  der  jeder  durch  Composition  entstan- 
dene neue  Verbalstamm  zur  Einsilbigkeit  der  echten  Wurzel 
geführt  wurde,  mochte  es  dabei  auch  etwas  hart  hergehen  und 
ursprünglich  nicht  unwesentliche  Laute  dabei  eingebüsst  werden. 
Umfänghche  Verzeichnisse  von  Secundärwurzeln ,  die  kraft  ihrer 
deutlich  erkennbaren  Composition  ursprünglich  zwei-  oder  mehrsil- 
big gewesen  sein  müssen ,  liessen  sich  mit  leichter  Mühe  anlegen  ; 
so  viel  steht  fest,  zwei-  oder  mehrsilbig  waren  einst  alle  Stämme, 
welche  aus  zwei  oder  mehren  Elementen  componirt  sind,  und  für 
alle  diese  lässt  sich  also  das  höhere  Alter  der  Zwei-  oder  Mehr- 
silbigkeit behaupten;  es  wird  somit  rein  auf  die  Resultate  einer 
in  diesem  Sinne  unternommenen  Decomposition  der  Secundär- 
wurzeln ankommen,  ob  man  im  Allgemeinen  den  Satz  aufstellen 
darf:  bhara  ist  älter  als  bhar,  bhar  erst  nach  der  Analogie 
der  echten  Wurzelform  bha  aus  bhara  verkürzt.  — 

Der  Nachweis,  dass  die  sogenannten  nominalen  a-Stämme 
mit  verbalen  a-Stämmen  identisch  sind,  lässt  sich  in  jeder  Spra- 
che mit  Leichtigkeit  rein  empirisch  dadurch  führen,  dass  man 
überall  oder  doch  fast  überall  eine  dem  nominalen  a-Stamm 
entsprechende  Verbalbasis  aufweisen  kann.  Zuweilen  muss  man 
über  das  Gebiet  der  Sprache  in  eine  näher  oder  ferner  ver- 
wandte hinübergreifen,  wie  z.  B.  das  griechische  axorcö-g  erst 
im  lat.  spece-i  sein  verbales  Gegenstück  findet.  Ich  habe  im 
Folgenden  den  Versuch  angestellt,  für's  Griechische  die  Iden- 
tität der  nominalen  und  verbalen  a-Stämme  darzuthun,  schliesse 
hierbei  jedoch  die  Nomina,  welche  auf  den  vocalisch  auslau- 
tenden allgemeinen  Verbalstamm  gehen,  wie  ay»y  Staunen  zu  dya, 
uQTtr]  Falk  zu  aQTta-fiEvog  raubend,  ffgo-g  zu  iga,  ysXo-g  zu 
yeXa,  aqij  Unheil  -zu  aQrj-^ihog  u.  s.  w.  aus.  Zunächst  gebe 
ich  die  Nomina,  welche  auf  präsentische  und  Aoriststämme  mit 
€,  0  gehen,    die   sich   nur   durch  dieses  e,  o  vom   allgemeinen 

1* 


L^ 


4  A.  Fick 

Stamme  unterscheiden.  Geordnet  sind  diese  Verzeichnisse  nach 
den  Wurzelvocalen ,  damit  das  schöne  griechische  Nominalgesetz 
deuthch  hervortrete,  wonach  der  wurzelhafte  «-Vocal  im  Nomen 
Umfärbung  zu  o  erfährt,  während  die  übrigen  Vocale  im  Ver- 
bal- und  Nominalstamme  gleichlauten. 

Mit  präsentischen  und  Aoriststämmen  auf  e,  o  decken  sich, 
1.  mit  Wurzelvocal  a: 

/ayi^  Bruch:  fays-lg,   payrj-vai. 

ayo-g  Führer:  ayo-fxev,  aye-tt. 

dyxö-d^ev,  dy%ö-d^i:  dy^e-re,  äy^o-f-iev, 

dXea  Meidung:  dleo-fiai  meide. 

dXiirj  Wehr:  «ax«  zu  entnehmen  aus  dk-aX^ie. 

dlXayrj  Wechsel:   dkXayrj-vai.     Basis   von  dlldoom  ist  dXXa- 
XO-  in  dXkax6-d^£v ,  dkXaxo-0£. 

dXcprj  Gewinn:  dkcpe-lv ,  rjlcpo-v,  v 

ctpQi^  Sctewiliei,  Eimer:  sskr.  ama-ti  packt,  an^-tnw  Kufe. 

dvri  Vollendung:  dve-Ts,  dvo-^iev.  \     \ 

-"üviri  Begegnen,  dvtrjv :  dvTo-fiai. 

aQÖa  Schmutz :  agdo-f^ißv  netzen. 

aQitay/j  Raub:  aQTtay^-vai.  %. 

ctQTtt]  Sichel:  lat.  sarpe-re  beschneiden.^ 

aQxtj  Anfang,  dQxe-xa/.ogl~^QX£-Tai ,  aQxo-f.iai. 

uQxo-g  Führer:  aQxs-fe,  dQxo-iLiev. 

d<frj  das  Berühren :  lat.  ape-re ,  sskr.  äpa-ti. 

ßacpr'j  das  Tunken:  ßacprj-vuL,  ßaife-ig. 

ßXdßtj  Schaden:  ßkdße-TUi,  ßlaße-lg. 

ßlaoTtj,  ßlaoTO-g  Keim:  e-ßlaaio-v. 

ydfio-g  Hochzeit:  yaue-T}]. 

yaf4q)a-l  Kinnbacken,  ksl.  z^bü  Zahn,  z^be-ti  zerreisst,  sskr. 
jambhacte.  " 


yuQo-v  Fischlake:  sskr.  gira-ti  schlingt  (für  garati). 
yQCKpi'i  Schrift,  'd-yQ(X(fo-g :  y^aq^rj-vai,  yqa(fE-ig. 
^lo-yQUcpo-g :  yqücpt-te^  yQd(fo-/iiev. 
evkuTia  Pflugschaar:  ecXaxe  =  filKe-TS,    ciX^o-^tv. 
A^jmJ>-\?TOx»;  Geschrei,  d-ßiaxo-g:  ldx£-T€,  idxo-^tev. 
I         ^^TiuKi],  xaxo-g,  Basis  fehlt,  vgl.  lit.  kenk-ti  schaden. 
xaxxry  (für  xa^/rj):  Ijt.  sziku  caco. 
hoXth]  Eimer:  german.  praet.  hvalb(a)  wölbte. 
X  ^^xö/i/r/;  Biegung,  lit.  kauipa-s,  sskr.  kampa-te. 
^■"^    TidriT)  Krippe:  lat.  cap6-re. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.    I.  5 

■/MQrro-g  Frucht,  Handwurzel:  lat.  carpe-re. 

'/MQfprj  dürrer  Ast:  •mQ(f)io  dörre.  ^'  §  ' 

yXayyri  clangor  vgl.  x£-xAa;//a;  lat.  clange-re.    /-•''*'^vv^A^^.'.:^ 

•Kvdfpn-g  Karde:  xvccrpio,  yvccffto  spät  (zu  x^a/r-rw). 

-AQayo-v  mit  Geschrei:  s-xQayo-v. 

laß/]  Griff:  e-Xaßo-v,  laßi-a^ai. 

Xad-i-xridtjg :  Xccd^e  in  s-Xad^o-v. 

kcho-g^'dvm:  e-Xcr/to-v,  lat.  IcKjui-tur. 

^käf.i7Trj  Kahm :  XdfiTtio. 

jiiddo-v  Wasserlilie,  vgl.  lat.  made-fio. 

^icc/rj,  TTQO-fiaxog:  ^idx€-Tai,  /ndxo-jLiai. 

vdQ'Kfi  Krampf:  ahd.  praet.  snarh(a}  zusammenziehen. 

Ttdytj,  Ttdyog:  Ttayfj-vac,  yraye-ig. 

Ttd^tj  Erlebniss:  s-ytad^o-v  (oder  zu  rta^rj  in,  rtad^r^-to-g). 

Ttdhj  das  Ringen  (eigentlich  „Schwingen") ,  |7raA/y  Mehl,  rra- 
Xo-g  Loos,   accY.ea-Tialog  Schild  schwingend:   dfi-7ts-/ta- 

f^    Xcov  {rtaXe-lg  erst  spät). 

fftldzrj  Ruderblatt,  w/io^-^iarry  Schiilterblatt :  ^lave  auch  in 
i To  7rA«ro-gj__sskr.jpra<^a-te  er  fet©keiaus.\ 

Quyrj  Riss,  Platzen:  gay^-vai,  qaye-ig.         ^'^/ 

Qaiifprj  gebogenes  Messer:  vgl.  qif.ißw, 

Qarprj  Nath :  QCtcprj-vaL ,  garpe-ig. 
)\  adyrj  Bepackung,  zu  adrro)  vgl.  tdtzü)  ray^vai,  tayeig:  rayrj. 
^^^•ijdtri  Bewegung^^J»^  Schwall:  lat.  salum  vgl.  sskr.  sara-ti. 

ad()0-v  Besen:  aaiQw  (fut.ca^w  [=  aage-atojl  kommt  nicht  vor). 

a'/.dQo-g  ein  Fisch  zu  oy.aiQto  (fut.  oyiaQio  kommt  nicht  vor). 
l    (7/^)y  Trog,  Waimfe ,  axo^jT^JasGraben ,  anarpfj-vai,  anacpe-ig. 
^    OTtagyi]  Trieb:  lit.  sprogu  platze,  sprosse. 

üTtdqo-g  ein  Fisch  zu  OTcaiQio  zappeln ;  Basis  a/taQe  im  zend. 
praes.  ^paraiti  (=  spara-ti),  sskr.  ava-sphura-ti. 

atqaßö-g,  TtnSo-arQdßrj :  atgaßs  =  aTQag)€-lg,  azQaqiri'Vai.^^^ 

tr^ccy^aas  Schlachten,  Kehle:  aq)ayfj-vai,  aq)ay€-lg. 
ßaQV-Gifdqayog :  lit.  spragu  prassle,  sskr.  sphürja-ti. 
(  xctyyri  rancor,  Tctyyög  ranzig :  ahd.  praet.  stanc(a)  stank. 
Atayi^  Schlachtordnung:  ray^-vai,  tays-ig. 
/^""^gao-g  Darre:  ragae-  =  tsQüE-rai,  t^gao-f^iai,    goth.  thars 
(praet.). 
taq^i]  Bestattung,  Tdq>o-g  Grab:  Taq>^-vai,  raq^e-ig. 
rpdßa  (?)  Schrecken  :  vgl.  q)€ßo-(.iai. 


6  A.  Fick 

dvSQO-<p(iyo-g ,  yla^iTO-gxxyo-g ,  hoTO-q)ayo-g :  i-cpayo-v. 
(paKO-g  Linse  vgl.  d-rpd'/.rj :   (pa^e   binden   auch  in   q)(xy.€-lo-g 
y        Bündel. 
^  epav^  Fackel:  (pavrj-vai,  cpave-ig. 
qpdgo-g  Spalt :  ffdqco  (?). 
cpgadrj  Erkenntniss:  TCt-cpQCtdo-v. 
Xagd  Freude:  x<^QV~^^^>  X^Q^~^S- 

2.  Mit  Wurzelvocal  a  =  r] : 
aßa  =  rjßr]  vgl.  dß-QO-g. 

dxd  ==  /«/«  =  i^xv  Schall  vgl.  lat.  vägo-r,  sskr.  praes.  väga-ti. 
ldx)-tt  =  Xrjd^f]:  Xd^o-fisv,  krjd^s-TE. 

*s^    Tnqdo-v  Ruderblatt  zu  lat.  pande-re? 

^jtXayd  =  TtXrjyi]  Schlag  vgl.  goth.  fleka-n  plangi  oder  Tti-Ttlriys. 

armri  Fäulnis^^^:  orjTHo.  ,, 

^^jp^AoN^^etriige'^lSeh  vgl.'l^ fala ^^le-re. 

3.  Mit  WuhNdvocal 'oT^-        ^  "      -"S^^.^- 
ald^o-g,  Ttdv-ttid^o-g  :  aid^o),  aid^o-fxev. 
Qaißd-g  krumm  vgl.  goth.  vraiq-s?     Verbalbasis  fehlt. 

4.  Mit  Wurzelvocal  av. 
avBri  Wachsthum:  avBw,  av^ri-aw, 
avo-g  trocken:  avo)  trocknen. 

' -/.gavy^  Geschrei,  y.Qavy6'g  Schreier,  Specht:  Basis  y.gavye 
auch  im  german.  hrauka-  ein  Vogel,  vgl.  goth.  hrük-jan 
krähen.__ 

avyr^^avd^,  y.avxr]  u.  a.  sind  etymologisch  dunkel  oder  mehr- 
^  deutig. 

5.  Mit  Wurzelvocal  o: 
ßofni^äsn  Ruf:  lat.  boyg-re  rufen. 
yofo-g,  yoo-g  Klage:  s-yofo-v,  eyoov  klagte. 
(pvoi-too-g  H. :  Cow  =  tiooi  lebe. 

i^oQrj,  d-OQo-g  Same:  s-i^ogo-v  sprang. 

y.OTtrj ,  yoTto-g  Schlag,  Ermüdung:  l-Mmriv^  Y.onB-ig. 

avTO-^iolo-g ,  dyxl-,uolo-g :  s-(.ioko-v  ging. 

(.loga  Abtheilung,  (.logo-g  Geschick:  t-juinoge  aor. 
/       oihi  Sorge:  öd^o-inai  sorge. 
'^     /       oxzo-g,  oKo-g  Auge,  auch _ in  lat  ocu-lu-s ,  lit.  at-aka-u  praet. 
— ^  ^"~-  _^^      bekam  Äugen.  '" 

fN^^OeffN^ngV ^W>»^  vielmaschig,  vgl.  lit.  aka-s 

^Xoch  im*Pjise^  vgl.  at-aka-u. 

p(Tf/>^at>«^ich :  offf/>^i**4(jf/  rie^titjL 


V 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.    I.  7 

y   r 

<^ovQO-g  Wächter,  (pQovgo-g,  (pQOvga  (—  rtQO-fOQO-g):  ^oqovto, 

'       ""sstr.  vara-ti. 
o<plo-g  Schuldner:  wrpkovy  ocplS-vrog.  i  I 

TOQO-g  durchdringend,  togo-g  Schnitzmesser:  e-xoqo-v  durch-     ' 
bohrte.     Vgl.  itQE-xQOv. 

6.  Mit  Wurzelvocal  tu: 

ttoTj  Leben,  tioö-g  lebendig:  Kwo-f^tev,  Twe-r«. 
Xioßri  Schmach  vgl.  lat.  labes,  labo-r  gleite  (?). 
tpcoxo-g  Staub,  Sand:  ipcoyw  (oder  zu  ^pfjx^o). 
xpwa  Verwesung  vgl.  lat.  pave  in  pae-dor. 

7.  Mit  Wurzelvocal  i:  ,  .——«., 
ßio-g,  ßifo-g  Leben:  lat.  vive-re  leben,  ksl.Uive-ti  er  lebt. 

"^       dUrj  Weisung,  Recht  vgl.  lat.  in-dicä-re  und  ahd.   zihun  wir     ^ 
*"  ziehen.  -^ 

ivirtrj  das  Anfahren:  iv-ivlrto-v  aor. 
d^Xißri  das  Quetschen:  s-&lißrj-v,  d^Xiße-ig. 
/  \a  Ton  =  fL(x  vgl.  //-ax«  sprach,  J'ie  in  fid-xco,  vgl.  areve      0\  l/v 
in  OTEvcc-xo). 
j-lo-v,  l'o-'v  Veilchen  vgl.  lat.  vio-la,  vie-o,  vie-  winden.  C 

io-g  Saft,  Gift,  Rost,  lat.  viru-s,  sskr.  visha,  Basis  ßiae-.  ^ 

■KiQy.o-g  Habicht:  e-xotxo-v  kreischte.      ^^ 
j«^-%ssei,j^gi!^^  Ky^  ,vf         / 

!^^^5c^'^7~dä;s'" Knarren:  y.ql'Co),  •e^'^/.o-Vj  v.e-v,Qiyci.        r\  f 
AtrjJ  Bitte,  Xito-g  bittend:  XiTe-a^ai,  hT6-!.irjv. 
/idya  adv. :  f.uye-ig. 
f.uto-g  Faden  vgl.  (.uaao&ai  =  (iLtMCaad^uL^  \\i.  metu  werfe, 

werfe  den  Faden  (beim  Weben), 
v/xr;  vielleicht  mit  Windisch  =  /r^xr;  =  /tyxry  zu  nehmen, 
dann  vgl.  lat.  vince-re. 

Zaycc-vvi(po-g,  vL(p6-eig:  lat.  nive-re,  nivi-t,  lit.  sniga. 
^/ya  Eisen   am   Hobel,    vgl.  z.  B.   lat.   scabe-re,    lit.   skabu 
schneide,  haue. 

7tl&o-g  Fass  vgl.  lat.  fidelia,  zu  fced-s  binden^  vgl.  ttev^  in    ^^  <**  "^ 


-£ 


/        f  an 


f  vigiläclir  =  kslj^jwtcbMf-  Gipfelf 
^T^-^'wurf:  FQQiq)r]v,  Qiq)E-ig. 

alyri  Schweigen  vgl.  mhd.  swigen,  sweic  schweigen,  schwieg, 
OAivd^ö-g  untertauchend :  lit.  skendu  tauche  unteij. 
artiyyo-g  Fink  vgl.  nhd.  Fink,  lit.  speng  gellen, 


8 


A.  Fick 


-     4/«. 


arißr]  Reif  ohne  erhaltene  Verbalbasis. 

avißo-g  Steig,  Fährte  vgl.  atelßo),  i-arißrj-Tai  {sOTißoVy  iati- 

ßriv  kommen  nach  Veitch  nicht  vor). 
öiD.ßi^  (llanz,  OTÜ.ßo-g  glänzend:  avik^fo. 

fni^P-S  Treibe :  t-OTixo-v.      ''*^'       --2^- 

tilo-g,  tlXo-v  Flocke:  TiXto  fut.  zu  tllXo). 
r^f'Qsß ^TBiss-^itwa  zu""^«q;fl^  laiRtTnmdön  V 
TQißja^  Reiben ,■>  r^//?o-g  Heerstrasse;  e-tQißrjv ^  tQiße-ig. 
xlldrj  Basis  xlide,  vgl.  yie-xlldo-Ta. 
8.  Mit  Wurzelvocal  v:  j 

ßQvo-v  Moos,  Ejii-ßQvo-v  Embryo  :(/^^i;w  schwelle) 
~ßQvx^  das  Knirschen :  ßQvxio  knirsche. 
ßvd-6-g  Grund  geht  auf  eine  Wz.  bhudh  vgl.  bhadha-  im  lat. 

fode-re,^a^o-g  u.  s.  w. 
yXvrprj  Kerbe:  yXvKpo)^  e-yXv(prj-v ,  yXvrpe-lg. 
yQv^riQ-s  kru!mc[  vgl.  yQvltfealvio  und  germ.  krti^nb. 
yvv^  ^^avd  boot.  geht  auf  yj-ava,   ohne  Suffix,    ga-na  ist 

die  uralte  Form,  woraus  gan  erst  gekürzt  ist. 
^  ÖQVifiQ  das  Kratzen :  ccTto-dgvcpto. 
övrj  Wehe  vgl.  lit.  dzuvau  dörrte  aus,  dzuva  Trockniss,  sskr. 
'W        du  du-noti  dü-yate  brennen^  vergehen,  dü-na  gequält. 


/ 


^vyo-v .Joch.:  s-^vyrj-v,  ^vys-ig. 
^vpjrvjEläucherwerk :  ^vw  opfere  (Rauchopfer). 
v^uo-  Opfer  in  -d-vo-aytoog:  ^vio  opfere. 
'AQVcpa,  '/,QV(p^,  yiQV(po-g:  6-y.QV<prj-v  y  /.Qvcpe-ig. 
-/xvTtog  üekrach:  s-xTUTte.  .,\  t 


l'y-xvo-g  schwanger:  /.vo). 


\^  i         [xyAft  n.  pl.  die  Augenlieder,  1  Basis  xvXe  =  y.fsXe  bedecken, 
V^,/\Jk.  '"'y       vgl.  lat.  oc-cule-re.       / 

A_  xi/7r>^Höhlung  =  lat./  cupaj  vgl,  -/«-xtqpe. 
Xva  Auflösung,  Zwist:  Xvci)  löse. 
,      (ivy,^  Gebi-üll:  t-[.iv7<.o-v. 
/  J  {ivXri  Mühle :  lat.  mola ,  mole-re  m^lel 
^"'^^^    iib^^-y  ö^be  zu  it<?5fe^|jw)_jjger2J^  als  ver- 

aase '^^s  isf^inara>  noch  nicht  nachgelesen. 
|Mt^3^»^i'  Winltas^erm.  sm^ug  schnaiegen,  praet.  shiugum. 
oqvxT] ,  ^^ix-Mqvyio^  oQi'xio  spätes  Präsens ,  jjesser  auf  das  Pf. 

OQ-iJüQvxs  zu  beziehen. 
di-7CTvxo-g  zweigefaltet le-^rrJ^/iy-v,  7tTvys-ig  (für  tctvx^-)- 
TTü^lBi^erung  zu  d/a-Trr^tTM^  zu  Ttviui^u^Oü)  eitefö^achen. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.   I.  9 

Ttvlrj  Thor  vgl.  7t6lo-g  Angel  {7tilo-f.iai)  nach  Curtius.  — y 

Ttvqyo-g  Burg,  Thurm  =  (pvQy.o-i;  {(pVQXO-g)   zu  germ.  bej^;^..--^    ^ 
ich  berge,  borgi  Burg. 

^v7to-g,  Tcc  QVTta  Schmutz  zu  ^VTt-to(.iai  ohne  deckendes  Ver- 
balthema. 

axvcpog,  Gwcptj  Becher  {axf€(po-g)  vgl.  aytdq)o-g :  axa(prj-vai. 

aTV<p6-g  zusammenziehend:  arvipco,  aTVtpe-te.  ^xMaJ 

avQtj  das  Zusammengefegte:  avqio,  e-avQTj-v,  avQe-ig.       <^0(  /< 

avQfffj  Gemülm  vgl.  avQcpe-rö-g:  goth.  svairban  wischen. 

oifVQo-v  Knöchel,  y.aXXl-0(pvqo-g  vgl.  germ.  spora-  Spur,  sskr. 

"       avä7spTiura-ti  schlägt  hinten  aus.  Xd   ^)r(/%lA 

TQvy7f,"iQryo-g  Dürre,  Herbst,  Erndte :  rar^i;;^w  dörre. 

TQVff/j  Ueppigkeit:  s-TQvg)r]v,  tQVfpe-ig. 

tmjj  Gemächt,  Werk,  rvino-g  Schlegel:  TE-rvy.o-vTO. 

tvntj,  TV7io-g  Schlag,  /ctAxo-rf Tto-g :  s-tvrto-v. 

TV(po-g  Qualm:  TV<piü  qualme. 

Ti'Xf]  Geschick :  e-rvxo-v.  /)      ^    y^J 

^'7:i>««£  Gescliw^laigkeit^  <)E>Äilft^  sStlwatge.    ''  *    -  "  '    y^u^'i^fv^A* 

(pvyrj  Flucht,  (pvyo-TVToXef-iog :  t-rpvyo-v.    ""' 

cpvrj  Wuchs:  rpvrj-vat,,  (pvE-ig  (pf.  7ts-q)vaai). 

i/«i;fipffauch:^j/*^iS'  l^a^idler 

Im  scharfen  Gegensatze  zu  den  eben  aufgeführten  nominalen 
Bildungen,  in  denen  allen  der  Wurzelvocal  derselbe  bleibt,  der 
auch  im  Verbalstamm  erscheint,  stehen  diejenigen  Nomina,  wel- 
che Aorist  und  Präsensstärame  auf  s  mit  wurzelhaftem  «-Vocal 
neben  sich  haben.  Hier  gilt  das  fast  ausnahmlose  Gesetz,  dass 
der  im  Verbalstamm  erscheinende  6-Vocal  in  dem  entsprechen- 
den Nominalstamme  durch  o  repräsentirt  wird.  Es  gehört  diese 
Umfärbung  des  £-Vocals  zu  den  Mitteln  der  Griechischen  Spra- 
che, die  Nominal-  und  Verbalbildung  schärfer  auseinander  tre- 
ten zu  lassen ;  alt  ist  diese  Erscheinung  nicht ,  denn  das  nächst- 
verwandte Latein  zeigt  (einige  vielleicht  zufällig  stimmende  For- 
men, wie  dolus  =  doXog,  abgerechnet)  von  diesem  schönen 
Principe  nichts,  vgl.  vini-feru-m  neben  olvo-cpoqov  u.  s.w.  Nicht 
bloss  £  selbst,  sondern  auch  die  "V^erbindungen  des  e-Vocals, 
worin  e  das  erste  Glied,  also  rj  {=  ee),  ei  und  «r,  erleiden 
im  Nomen  die  Umfärbung  zu  o,  und  es  ergiebt  sich  somit  das 
Gesetz:  Wurzelhafte  «,  tq^  «t,  ev  in  e-Stämmen  erscheinen  im 
identischen  Nomen  als  o,  w,  oi,  ov. 


10  A.  Fick 

Zunächst  o  =  «,  nach  dem  Schema  cp6^o(g) :  (p€Q€(T€), 
ayoga,  ayogo-g  Versammlung:  dyege-o^aL,  dytqn-vro. 
'iTtTt-Tj/itoXyo-g  Rossmelker:  dfiiXye-T6. 
diLtoQyy,  dfxoqyn-g  Hefe;  djueQyo-^iEv ,  df-agye-te  (?). 
datEQonrj  hat  wie  axigoip   kein  entsprechendes  Verbalthema, 

vgl,  datgaTtTw. 
ßolrj  Wurf,  iXarprj-ßoko-g :.  ßeXe  werfen  auch  in  ßUe-f-irov,  x6 

ßiko-g,  ßelo-vi],    als  Verbalstamm   erhalten  im  dialecti- 

schen  '/.d-^eXe  (=   TtaTe-ßeXe). 
^d   Frass,    di^/no-ßoQO-g:    Stamm    ßegs    schlingei}   auch    in 

"ß^ge-d^QOv ,    Verbalstamm    erjjalten    im    ksl.   'igiröctix  er 

schlingt  (vgl^_^sJkrf^|dt 
ßQÖf.io-g  Getöse^o-z^po^uo-g :  ßgejue-ts,  ßge/no-f^iev. 
ßgoxrj  Netzung:  ßgexe-re,  ßQi%o-(.i£v. 

ßgoyo-g  Schlinge :  Basis  ßgsxe  =  verghe  erhalten  im  germa- 
nischen verga  ich  würge,  vergan  varg. 
y6f.io-g  Packung,  Last,  y^ie-te,  ysf.io-i.iev  voll  sein. 
yoiLiffo-g  Pflock  vgl.  lit.  gembe  dass.,    ksl.  z^be-ti  zgbsti  zer- 

reissen,  spalten,  sskr.  jambha-te. 
yovrj,  yovo-g,  oipi-yovo-g:    yavi-aO^ai,,  s-ysvo-vro,    sskr.  a-ja- 

na-ta  =  eyivexo. 
Sv6rpo-g  Dunkel,  Basis  övE(f£  in  lo-övecpe-g. 
öohyo-g  lang  =  lit.  ilga-s,    ksl.  dligü    (aus   delga-s),    Basis 

öeXbx^  auch  in  kv-öeXexfi-g. 
dnlo-g  List,  Köder,    Basis   öele  in   dile-ag^    ösXs-tqov,    to 

öiXo-g.    In  66lo-g  scheint  o   älteren  Datums,    vgl.  lat. 

dolu-s. 
doiio-g  Haus,  Tigo-dofio-g,  Ö0/.11],  ol/,o-6o(.ir]  Hausbau:    difxB- 

T€,  dt(xO'(.iEv  bauen. 
doqd  Haut,    doQo-g,  ßnv-doqog,  ßov-öoQOg:   öfge-re,  digo-i-iEV 

häuten. 
doQTto-v  Mahlzeit,    Basis   degne  —  dgercE  in  6gt7tE-T€,   6ga- 

7tO-(XEV.  ^ 

doxr]  Annahme,  öo^o-g  :  ÖEXE-rai,  dtyo-ftai. 
dovgo-ö6/.rj ,  io-do/.o-g,  laTO-öoArj :  dez-E-rai,  dixo-fiai. 
vEo-dgoTto-g  neu  gepflückt,    (6f.(6-ögon:o-g:    ögtTtE-TE,    ögsTto- 

fiiEv  pflücken. 
ögniiin-g  Lauf,  f/il-iJgniiin-g  hat  nur  t-dgafio-7'  neben  sich. 
h>-onri  Ruf:  Iv-titM  sage  an. 
Ontfo-g  Dunkel,  die  Basis  C«^  in  Cttp-v-go-g'^ 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.   I.  11 

tot]  Haut  auf  der  Milch:  tie-ts,  teo-fiev  sieden,  gähren. 

f.uz-tiOQO-g,  TtaQ-rjOQO-g :  ^ege  in  rj£Qi-d^of.iaL.  (rj  =  a  [in 
aeiQtü]  lautet  nicht  um.) 

d^oo-g  schnell,  dgr^i-^oo-g ,  ßo/j-^oo-g:  d^h-rs,  d^ao-f.tev. 

d^QOO-g  Lärm:  d^qh-taiy  d^QSO-juai. 

ßov-yioXo-g  Rinderhirt:  /«'Ae-rat,  /.iXo-f-iau  antreiben. 

'/.XoTtri  Diebstal,  -x-XoTto-g  Dieb:  Basis  '/.Xerte  in  ro  -^XiTto-g 
und  lat.  clepe-re. 

d-vo-o-Koo-g  Opferschauer:  B.  a/.ef€  vgl.  xo«w,  goth.  skav-s. 

xoUtto-^  Bausch :    Basis  xe^TT«  im  german.  hvelba  ich  wölbe, 

"     ^hvelban  hvalb.  "         '  " 

eiQO-y.oi.io-g  Wolle  bearbeitend  (•/,o(^ii-iü)  hat  nur  i-y.aj.io-v 
neben  sich. 

■Aovri  Mord  neben  e-'/.avo-v. 

•AOVTo-g  Stange:  B.  yevTe  in  yevTt-to. 

TLOQo-g  Sättigung:  B.  xege  vgl.  lit.  szer-ti  füttern. 

Tigoxr]  Einschlagfaden:  x^exe-r«,  xqiyio-iiiev  den  B'aden  ein- 
schlagen. ,  ly  j 

ygoTo-g  Schlag :  B.  ygers  vgl.  lit.  kertu  ich  haue^^^      f\  ;  i  '    |  m" 

TtaTQO-yzovo-g :  s-ktovo-v  vgl.  fut.  xtevio  =  {yxevs-üio). 

Xoyo-g  Rede,  ovX-Xoyri'.  Xiye-te,  Xiyo-(.itv. 

Xo7t6-g  Schale :  XsTts-ze ,  X€7to-/ii€v. 

X6xo-g,  a-Xoyß-g,  vav-Xoyo-g:  Xi^^-rau  •  xot/<arat  Hesych,  ro 

Xho-9' 

f.i6&o-g  Schlachtgewühl:  Wz.  mat,  sskr.  math  math-näti,  ksl. 
"möti^ti  s^;    eine  genau   entsprechende  Basis  nur  im""lilT 
metu  =  ksl.  meta;  Averfe  (=  tor(|ueG). 
C7r]^"Spiel,  Ec-/iwX7io-g:  (.UXtve-tb,  (.itXjco-(.iEv. 

f.io(x(pri  Tadel,  a-f-iojicpo-g:  iis/^fpe-re,  (xaf.iq)0-(.iEV. 

(.loviq  das  Bleiben,  IlaQd-jiiovo-g :  fnive-re,  (livo-f^iev. 

vo(.nQ  Weide,  vof(6-g,  v6(.io-g:  ve(.ie-Te,  vifxo-i-iev. 

iv-^oo-g,  ysQao-^oo-g :  §s£-t€,  ^€0-/^iav  schaben. 

oö6-g  Weg  =  ksl.  chodü,  Basis  sede  vgl.  ksl.  sid,  sed  ge- 
hen (sskr.  pf.  si-shyada  lief,  fuhr). 

oXy^  Zug,  6Xy.6-g:  f-Xye-re,  f'Xxo-fisv. 

öi-07to-g  Verwalter:  ödTte-xE.,  öieno-f^uv  verwalten,  besorgen. 

avv-OTto-g'  avvoöog  Hesych:  orv-tne-täi,  oivf7to-f.i(xi  mitgehen. 

OQY.o-g  Eid  vgl.  jToXt-oQxe-io:  B.  fQ-/.£  in  ro  (■Qxo-g. 

oqyi]  Trieb,  Zorn,  B.  feqye  vgl.  irisch  ferg  Zorn, 

6q6-g  Molke  vgl.  lat.  seru-m,  sskr.  sara-ti. 


o 

=0 


12  A.  Fick 

iei/.oa-OQO-g ,  rcevTrj'MVT-OQO-g  Zwanzig-,  Funfzigruderer,  Ba- 
sis ige  in  igi-Trjg  Ruderer. 

OQOffrj  Dach,  OQnq)o-g:  egicpe-TE,  F.Qi(po-f.iEv . 

0Q(p6-g  Waise  in  oQ(p6-io,  oQrfo-ßnrrjg,  lat.  orbus,  Basis  igtpe 
vgl.  irisch  erpim  übergebe  (für  erbi-m). 

OQX'^-S  Baumreihe,  Garten;  egys  in  egxoc-TO-g  Geheg,  'Eqxo- 
/it€v6-g. 

oxrj  Unterhalt,  oxo-g  Halter:  e^e-r«,  exo-f^iev. 

ox^-g  Wagen,  B.  /«/«  in  tyeaffiv  •  aQ(.iaoiv  Hesych,  lat.  vehe-re, 
lit.  vezu,  germ.  vega. 

7iXo'/.ri,  7tX6'KO-g  Geflecht,  tcXI-he-te,  yclino-f^iev. 

TcXopo-g,  TrXoog,  Ti:QtoT6-7tXnn-g,\ali-7tXoog :  ttM/e-te,  Ttkeo-iiiEV. 

TTvocjy,  7cvo^  Hauch:  ttve/e-te,  nvii^o-i-iEv. 

Tiod-rj,  7i6d^o-g  Verlangen :  Basis  tieÖ-e  vgl.  germ.  bedjan  bad 
bitten. 

7t6y.o-g  Schur,  Elgo-TtoKO-g  Schaf:  TtEi/M)  (secundär  aus  rrex- 
/w)  TtE/.E  in  To  7tty.o-g  Vliess. 

7tnlE[.io-g  Krieg,  B.  tzeXei-ie  in  7tEl.Ei.dtto ,  germ.  felma  erschüt- 
tern. 

ETti  TtoXrjg,  noXo-g  Wirbel,  Angel,  ai-Ttoko-g  Ziegenhirt: 
TtiXio,  Ttilo-juai  wende,  betreibe,  bin. 

TtofiTirj  Geleit,  Ttoi^iTio-g  Geleiter:   Tte/iiTtE-TE ,  Ttif^tTCo-fiEv. 

7to(.i(f)6-g  Blase ,  B.  ytEf-upE  in  TtE^iffig  Blase ,  lit.  pampu 
schwelle. 

Ttovo-g  Mühe:  TtivE-Tai,  7CEvo-/^iai. 

TVOQÖ^ :  TtigÖE-Tai,  rttQÖo-fiai  pedo. 

TtroXl-TtOQd^o-g  Städte  zerstörend:  7tiqd^E-tE,  7rEQd^o-f.i£v. 

TtoQo-g  P'ahrt:  tveIqü)  e-Ttago-v,  ksl.  pire-ti  er  fährt. 

Tcorrj  Flug:  7rirE-Tai,  TtEXO-iiai. 

d^Eo-7tQ67To-g  (durch  Gott  redend):  /cgeTtE-zE,  7tQErto-f.iEv 
heisst  auch  ertönen. 

Titofa,  TCToo-g  Scheu  vgl.  lat.  pave-facio,  pave-o. 

TtTOQO-g  das  Niesen  hat  nur  E-7ttaQo-v  neben  sich. 

Qoyxf^S  das  Schnarchen:  Q^yx^-t^E,  qEyyo-(.iEv.\  , 

Q'tr'jt   Qoo-g  Stiöimnitr,  ßaUr-noo/o-g :  qeJ^e-te,   ^EO-fiEVA  y/ 

qni)-o-g  Geräusch,  B.  qlOi  vgl.  gaO^a-yeio. 

^o/ißo-g  Kreisel,  att.  (tvf^tßng:  ^f(.ißE-TE,  ^Efißn-ftsv. 

^ojCTj  Gleichgewicht:  ^ette-te,  q^/co-^ev. 

a/.nTrr'j,  oAOTiu-g  Späher,  Ziel,  Ev-ü%oito-g'.  Basis  ay.ETts  im 
lat.  8pec6-re,  conspice-re. 


Die  suflixlosen  Numina  der  griech,  !Spr.    I.  13 

G0(f>6-ii  weise  —   altlat.  sibu-s,    B.  aacpe  —  aa(pe  in  aag)i-g, 

GfcoQu  Saat:    hat  nur  s-UJtccQrj-v  OTtaQE-i g^oBen  sieh,    doch 

vgl.  fut.  ojtEQM  (=:  GTcege-aw). 
OTod,   GTOfd  Säulenhalle,    B.  Gvefe  vgl.  gtü-Xo-q,    gtsv-to, 

GTav-QO-g. 
GTolrj  Rüstung,   GTolo-g  Heereszug  hat  nur  Gralrj-vai,    gtu- 

le-ig  neben  sich,  doch  vgl.  fut.  GtElü  {GTeXe-Gio). 
GTOvaxi]  Gestöhn:  GTavdxe-Ts,  Gieväxo-(.iev. 
GTOvo-g  Gestöhn,  dyä-Giovo-g :  gtsve-tc,  gtsvo-^iev. 
GTOQyrj  Liebe,  cpÜM-GToqyo-g :  GTagye-ce,  GTiQyo-fisv. 
GTOQ&t]  Zinke  vgl.  ndd.  stert,  nhd.  Sterz.  fti  >   I 

GTOxo-g  Ziel,  B.  gtbxe  \g\.  Gvaxd-vrj  Wage.  -  ^^i>wvpr-rv«.*^  1 

GTQoßo-g  Wirbel,  B.  orgeße  =  GTQS(p£-Te,  GVQtq^o-jiev. 
GTQO(prj  Drehung,  GVQOcpo-g  Seil:  GxqifpE-TB,  GTQS(fO-fiev. 
TOKO-g  Geburt,  Zins,  rtQOTO-Toxo-g:  £-t£xo-v,  rsxf'-ff^a/. 
dva-Toh]  Aufgang ,  iv-roh] :  reXs  in  TeXe-d^co,  ro  riko-g. 
iO(.iri  Schnitt,  T0fi6-g  scharf,  TOfio-g  Schnitt,  vlo-rof-iog,  gxv- 

lO-TOj^O-g:    E-T€^l€,    E-TEj-tO-V. 

Tov/j  Spannung,  Tovo-g  gedehnter  Ton:  B.  teve  z.  B.  in  TEvtH 
fut.,  d-TEV£-g,  TEvo-vv-  Sehne  (part.) ,  lat.  tene-o. 

TQOjno-g  das  Zittern,  d-TQo^o-g:  tqe^e-te,  Tgäf-io-^Ev. 

TQOTirj  Wende,  TQorto-g,  TtoXv-xQOTto-g,  vTCO-rqoTto-g,  TQOTTo-g 
Ruderrieraen:  rgeTtSTE,  tq^tvo-i-iev. 

TQOcp^  Ernährung  ,  TQOcpo-g  Pfleger ,  xovQO-T()6q>o-g :  TQEtpE-tE, 
tgicpo-fiEv. 

TQOxrj  Lauf,  TQoyo-g  Rad,  Scheibe,  rgöxo-g  Lauf,  TQ0x6-g  lau- 
fend, rund,  7TEQL-TQOxo-g :  tqex^-te,  tqexo-Hsv  laufen. 

7iaido-(pövo-g ,  cpaoGO-q^ovo-g,  (p6vo-g  Mord,  Blut,  (fnvi^  das 
Morden :  B.  qiEVE  zu  gewinnen  aus  dem  Aorist  e-TiE-cpvE 
(—  e-7t£-cpEVE)  vgl.  irisch  beni-m  ferio. 

g)d^oyyi]  Laut,  cpd^oyyng,  Xiyv-cpd^oyyog :    (fd^fyya-Tai ,  cpd^eyyo- 

(fd^ovo-g  Neid  vgl.  ahd.  spanan  reizen?  B.  ipd^ave? 

cpi^oQa^    cpd^oQO-g   Verderben,    ^i'f.io-(f>&6Qog :    als   Basis  nur 

(pi^UQE  in  (pd^aqrj-vai ,  (p&aQE-ig  (fut.  (fdEQf-LO,  (pd^EQÜ). 
£/ii'Cployo-g  feurig:  (pX^yE-TE,  (fXEye-d^oj. 
cpoßo-g  Furcht,  d-cpoßo-g:  (ptßE-jai,  (fißo-fxai. 
(poqßri  Weide,  7ioXv-(poqßo-g,  Gv-g)0Qß6-g :  q)€Q߀-T£,  (fiQßo-f-iEv. 


14  A.  Fick 

(poQO-s  Steuer,  ßovlrj-cpoQO-g,  öi'jo-cpoQO-g:  (peQe-TS,   (fSQO-fi€v. 
XOt]  Guss,  TtQO-xof^y  olvo-yopo-g^   Jtqo-xoo-g:   ^f'/t-^^fi,  Z*'/o- 

(xev  giessen. 
XoXrj,  x6lo-g  Galle,  Zorn,  ä-xoXo-g'.  Basis  x«^«  grün  sein  vgl. 

lat.  helu-s,  holu-s,  lit.  zel-ti  grün  sein,  ksl.  zele-nü  grün. 
XOQO-g  Tanzplatz,    Reigen,   Evqv-xoQog:   yege  fassen   in  ev-ye- 

Q£-g,  sskr.  har  hara-ti  fassen. 
XQOfii]  Gewieher  vgl,  xqE[xs-&(s),  xqE^iE-zitü), 
xp6yo-g  Tadel:  i//f/£-T£,  xpayo-f-iev  tadeln. 
Wurzelhaftes  r]  wird  im  Nomen  zu  lo  in  : 

aQioyö-g,  ccQioy^,  s^-UQioyo-g:  aQ^y€-T€,  dgtjyo-fisv  helfen. 

Es  ist  zu  beachten,  dass  einige  Nomina  mit  wurzelhaftem 
o  Aoriststämmen  mit  a  gegenüber  liegen:  so  dgöfio-g  neben 
i'-ÖQaf.io-v,  eiQO-'y.of^io-g,  /.0(.is-it):  e'-y,af,io-v,  xorrj  Mord:  i'-Kavo-v, 
TtavQO-yiTOVO-g,  e-XTavo-v:  TtoQO-g:  l-naqri-v,  dva-7taQ€-ig,  rtTO- 
QO-g:  E-TVTaqo-v:  ajiOQd,  ajcaqs-ig,  cpd^oqd :  cfd^age-ig.  Diese 
Anomalie  spricht  sehr  zu  Gunsten  der  Annahme,  dass  das  a 
in  den  Aoriststämmen  erst  verhältnissmässig  spät  eingetreten, 
um  den  Aorist  auch  lautlich  vom  Präsens  zu  scheiden  (vgl. 
Schleicher,  Compendium  §.  292).  Darnach  würden  ÖQOfxo-g, 
-Mf.io-g,  moQO-g  u.  s.  w.  auf  die  älteren  Aoriststämme  dQef.is, 
y.E(.ie,  TtTEQE  zurückgehen. 

Ausnahmen  von  der  Regel  der  nominalen  Umfärbung  zu  o 
sind  äusserst  selten:  y&Xo-g,  tqo-g,  (Txf/rjy  widersprechen  durch- 
aus nicht,  weil  sie  nicht  auf  Präsens-  oder  Aoriststämme,  son- 
dern auf  die  allgemeinen  Verbalstämme  yEXccy  equ,  ay.E7ta  zu- 
rückgehen. tlEyyn-g  Beweis,  xf7.aJo-cj  Getös,  OTEyrj  und  TEyi] 
Dacii  sind  jüngere  Nebenformen  zu  den  (T-Stämmen  ro  tlEyyogf 
aeXuöeo-  in  y.El(xdEi-v6-g ,  axtyog  und  riyog  und  folgen  daher 
diesen  im  Vocal.  So  bleibt  nur  eine  kleine  Zahl  uralter  Wör- 
ter, welche  aus  der  Vorzeit  her  ihr  e  behauptet  haben:  ^fqyov 
=  ahd.  werc,  ^tqog  Wolle,  vgl.  sskr. ;  ura-bhra  (Wollträger) 
Widder,  ,  «/f'pffjy  Thau  vgl  sskr.  varsha  Regen,  LEfd  Spelt  = 
lit,  java-i  GetreiBer,~i^*/a  Schau,  d-Eo-g  {SFEa-o-g)  Gott  zu  d^ta- 
aaoi^ai  anflehen ,  dt  (^ieXe  zu  fif-Xoj,  yrz-'Jjy  pedica  und  jceöov  Bo- 
den vgl.  sskr.  pada,  beide  zur  Wurzel  nsd,  fsskr.  ava-pada-ti 
er  fällt),  x''?ffo-g  trocken  vgl.  lat.  horre-o  und  vielleicht  noch 
einige  andere. 

Noch  strenger  wird  wurzelhaftes  ei  der  Präsensstämme  auf 


Die  suffixlosen  Noraina  der  griech.  Spr.    I.  15 

€  im  identischen  Nomen  durch  oi  dargestellt,  wie  man   aus  der 
folgenden  Zusammenstellung  sieht: 

dXoicpri  Salbe,  atofi-äloKpo-g  der  Gesalbte  (Hesych):  aXeicpe-Tt, 

dXelcpo-f.iEv  salben. 
df.ioiß^,  df.ioiß6-g  Wechsel,  Wechsler:  d(.iEiße-Tai,  d(,ieißo~(xai. 
dßOtSt],  dotöi]  Gesang,  doiöo-g  Sänger:   dfstde-TS,   deiöo-(xav 

singen. 
dloiTi]  Sünde,    Frevel:    dleixe   in    dXuxriQ   (Homer)   Frevler, 

vrjXlrrjg    (für  vrjleLTi]g)   schuldlos   vgl.  german.   litha   ich 

gleite. 
lotß^  Spende:  Xsiße-te,  Xsißo-iuev  giessen,  spenden. 
Xoiyo-g  Verderben :  Basis  Xeiye  noch  nicht  sicher  nachgewiesen.  A 

Xoi7t6-g  übrig:  XeiTtE-Ts,  XsiTto-^iEv  lassen.  /^Yi\AJi./v^ 

aiyxxTO-Xoixo-g  blutleckend:  Xeix£-T£,  Xdxo-fiev  lecken. 
ho7fo-g  Wechsel,  Tausch:  i-ieiTs  vgl.  sskr.  (mith)  metha-ti  sich|  ""Vt  v  v 

gesellen,  altercari  (oder  zu  /<£t  W^z.  f.u  wie  xdiro-g  zu  n^t) 
Uioixri^  fioixo-g  Buhler:    fieixs  im   german.  miga  mejo,    sskr. 
\        (mih)  meha-ti  mingere,  Samen  entlassen,  vgl.  lat.  imme- 
\       jere  vulvae  =  coire.  .^— — ""^        /; 

olßo-g  Stück  Fleisch  vom  Hinterhalse  des  Ochsen,    wohl  =     -^\^ 

„saftig"  vgl.  ei'ße-te,  eißo-(.iEv  triefen. 
ßo7xo-g  Haus:  Basis  /ft/.fi,  vgl.  sskr.  vi^.  vi-ve^a. 
^oi7c6-g  krumm:  Basis  geme  vgl.  giTi-vo-g. 
öi^dldo-g,    Y-oido-g  maked.  6ioi'Ar]Ti]g ,   Ta/nlag:   a/siöa  vgl.  lit. 

skedu  =  mhd.  schide  (scheit)  ich  scheide  (aber  lat.  cae- 

do|,  de-cido  vgl.  goth.  skaida  scheide). 
OKoirro-g  Töpferscheibe  (?)  vgl.  ahd.  sciba  Scheibe,  mhd.  schi- 

ben  scheip  rollen  lassen,  drehen. 
OToißi]  das  Stopfen:   ateißE-xE,   axEißo-fXEv  treten,  festtreten. 
axoixo-g  Reihe:  oteIxe-te,  axEixo-fiEv  schreiten. 
Tolxo-g  Wand,  Mauer:    Basis  teixe  in  to  xElxo-g,   vgl.  germ. 

diga  ich  knete. 
qid^OT]  (für  (p^o'}ri)  Auszehrung  geht  auf  q)d^£i€,    vgl.  q>M£-vai^ 

sskr.  (kshi)  kshaya-ti  vernichten,  verderben,  kshaya  Ab- 
nahme, Untergang. 
XQou],   xQf^o:  Haut,   Farbe:    B.  XQ^^^  zu  erschliessen  aus  xQt<^ 

bestreichen  (?). 
(piiißog  rein,  klar  geht  auf  die  Basis  (fEißs  vgl.  lat.  feb-ruus, 

etwa  zu  lit.  zib  zeb  leuchten,  zaiba-s  Blitz? 
Ausnahmen   existiren   nicht:   nEiy.6-g  Vliess  geht  zwar  auf 


>"^' 


16  A.  Fick 

das  Präsenstheraa  /rtt/cu,  allein  dieses  enthält  ein  unächtes  « 
(TtsUü)  für  TTr/zw  =  nfüj^o))  und  das  hei  Komikern  übliche 
(fsidog  Sparsamer,  Knicker  beruht  wie  die  Verwendung  von 
(p£idwv  in  diesem  Sinne  auf  einem  Spiel  mit  der  Namengruppe 
Weiös  in  (Deld-iTtrtog:  0£idlag,  OeidvXog,  (Veiöiov. 

In  einigen  Fällen  folgen  auch  solche  Nomina  der  Analogie 
der  Ei — c-Stämme,  welche  auf  ein  präsentisches  ie  zurückgehen 
(also  £ — <£-Stämme).    So 

'AXoi6-g  att.  zhr)6-g  Fessel:   xIeie-te,   xX^e-te  schliessen,  ur- 

.  sprünglich  yiXsf-iE. 
fiolQU  Theil:  fiEige-zai,  iiiEiQo-f.iat.  (für  i.iEQ-io-(iai). 

Dagegen  ist  in  ax,o-i6-g  schattig  die  Wurzelform  axo  an- 
zunehmen, wie  in  axo-ro-g,  daraus  regelrecht  axo-to-g. 

Die  Darstellung  eines  verbalen  Wurzelvocals  ev  durch  no- 
minales ov  findet  nur  statt  in: 

gttovöt^  Eifer:  otcev-öete,  ajtEvdo-juEv. 

Trotzdem  sind  die  Ausnahmen  nur  scheinbar.  Anlautendes 
EV  behauptet  sich  nämlich  auch  im  Nomen,  wenn  es  aus  c« 
hervorging:  daher  EvXr]  Made,  Stamm  /eXe  volvi,  evv}]  Lager  — 
ahd.  wona  in  gi-wona,  wonon  wohnen,  Ev^tj :  evxe-züi,  evxo- 
(.lai  geht  entweder  auf  eine  Wurzel  /«/  vgl.  lat.  vovere,  oder 
auf  vansk  wünschen  (nach  Curtius). 

Um  zu  begreifen,  wie  das  ev  in  Aetxo-g  licht,  itEVY.v]  Fichte, 
lEv^o-g  Dintenfisch  (vgl.  sskr.  dodhat  ungestüm,  Wz.  dhu  = 
^t;)  sich  behaupten  konnte,  ist  zu  bedenken,  dass  das  Vocal- 
spiel  zwischen  dem  verbalen  e  und  dem  nominalen  o  erst  ver- 
hältnissmässig  spät  eintrat,  um  Verbal-  und  Nominalstämme 
deutlicher  zu  scheiden.  Es  mussten  also  nur  solche  Stämme 
diesem  Vocalwechsel  unterliegen,  welche  zugleich  im  Verb  und 
im  Nomen  erschienen,  dagegen  konnten  alle  Nomina,  deren 
entsprechende  Verbalstämme  untergegangen  waren,  zwar  auch 
der  sonstigen  Analogie  der  Nomina  folgen,  ebenso  wohl  aber 
auch  ihr  altes  e  behaupten.  So  erhielten  sich  ntöi],  n^öav, 
Eß/gat],  te/äj  weil  die  Verbalstämme  tteöe,  e/eque,  tEßS  nicht 
mehr  neben  ihnen  vorkamen,  so  erhielten  sich  auch  Aeixo-?, 
TtEvxrj^  T£vi^o-g,  weil  es  neben  ihnen  nicht  mehr  die  Verbal- 
stämme Xevxe,  ttevkEj  TEvd^E  gab.  — 

Für  die  Composition  gilt  das  ausnahmslose  (lesetz,  dass  im 
ersten  (iliede  die  verbale  Stammform  e-e,  im  SchlussgUede  die 
nominale  o-o  erscheint,  z.  B. : 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  I.  17 

EX'jie-Xitcov :  öl-olzog. 

ixs-rtevictjg:  avv-oyrj,  VTteiQ-oxog. 

Afi/fi-TTo/ryc; :  a-Xoxog,  vav-Xoxog. 

jiu.vs-xccQf(rjg,  f-isve-ytToXeiiiog :  7taQd-/.iovog. 

aTQ£(f€-ÖLveoj:  iv-aTQog)og. 

TQsxi-daiTtvog :  /cegl-Tgoxog. 

(fEQe-y.aQTtng:  '/.aqrco-fpÖQog ,  (DeQS-xlFjg:  Kleo-qiOQog. 

Aeix-^VP^Q,  Auxo-rciva^:  aif.iazo-loix6g. 


Nicht  bloss  der  Praesens-  und  Aoriststamm  auf  £,  sondern 
auch  der  Perfectstamm  kann  ohne  Zutritt  von  Nominalsuffixen 
als  Nomen  verwendet  werden.  Die  Bildungen  dieser  Art  zer- 
fallen in  zwei  Abtheilungen,  je  nachdem  das  Nomen  die  Redu- 
plication  des  Perfects  beibehält  oder  nicht.  Die  Reduplication 
wird  nur  bei  der  vollen  sog.  attischen  Verdoppelung  auch  im 
Nomen  gewahrt;  die  Vocalumfärbung  des  tj  zu  w  erfolgt  re- 
gelrecht wie  bei  den  Stämmen  auf  s:  ceQCüyog:  aqriyo).  Dieser 
Bildung  folgen: 

dytoyr],  aycoyo-g  Führung,  Führer:  dyi]yo-xa  (dafür  gewöhn- 
lich dyrjo-xcc). 
dyicüxrj   Schärfe:    pf.   «jcryx«   zu   erschliessen   aus   dxax-/nevog; 
d^icov   Wurfspiess   ist   part.    praes.   oder  aor.   des    alten 
Verbs  du. 
syQTi]yoq6-g  wach:  fyQ^yoQs  wachte. 

idcoö)]  Speise,  eötodo-g  gefrässig :  sörjöcog,  f.dtjdo-iia,  sörjöo-Tai. 
odtüd^  Geruch :  odtode  roch. 
oziox^  Halt,  avvoxcox^:  oycwxs,  oytcoxf-vai   (vgl.  Fritzsche  in 

Curtius  Stud.  VI,  303.) 
ojTWTTjy:  ortcoTte;  ortlita  in  TtaQd^ev-OTtiTtrj-g  zeigt  Vertretung 

von  (o  durch  1  wie  in  nifco  —  Ttcovco. 
dvMyrj  Zwang  lässt   sich   auf  das  Pf.   avcoys,    aber  auch  auf 

das  spätere  Praesens  dvcoye-ts  beziehen. 
Ebenso  kann  das  späte  ysyiovo-g  auf  ysyiovs  oder  das  praes. 

yeyojve-Ts  gehen. 
Wenn  aqovQa  nichts  wäre,  als  der  nominal  verwendete  Stamm 
des  Perfects  dQ^Qo-rai,  so  müssten  wir  agwQa  erwarten, 
es  ist  daher  die  Deutung  dgoQ-fa  vorzuziehen. 
Den  Perfectstamm  ohne  Reduplication  enthalten  Nomina  wie: 
lox-äyö-g,  xvv-yyö-g,  OTQat-rjyo-g  vgl.  7jys-0f^iai  =  ays-Ofiai: 
Perfect  rjxi-vai^  dy-rjyo-xcc. 

2 


18  V  A.  Fick 


cM  *  n/0ia)o-s  Fischenl^z:     vgl.   yeyottpiög-   6  Ttt7g\(EQalv^'%liEvhv\ 

I     ^^esych,  lit.  gnb,  germ.  gtv^  gmf^  lit.  sVgreb-ti  har- 

\        ken  vgl.  ayQEicp-va  Harke.  \ 

diöaxt]  Lehre:  de-dtdaxe,  ds-diöaxs-vai. 

dovTVo-g:  öe-dovjte,  der  Aorist  e-öovTio-v  ist  spät. 

d-ccTta-v'  (poßov  Hesych :  ze-d^tjrre  staunte. 

xvq>6-g  gebückt:  y.i-y.v(fs. 
iL   ^oyxf]  Loos:  U-loyxs  erlooste. 

0QVX1],  TOLx-tfQvxo-g :  6q-c6qvxs,  das  Praesens  nQvyo)  ist  sehr  spät. 

TcaXaxr]  Loos:  {rte-TtdXaxs  vgl.)  Tts/taldx-O^cci  loosen. 

^coy^  Riss:  8-QQioys  riss. 

TaQaxrj  Verwirrung:  s-Te-xaqdxBi  plusqpf.,  TE-TUQay-fiai. 

q>QiY.ri  Schauer:  7tf:-(pQl,v.e  schauerte. 

(OTtri  Anblick:  ott-iottu. 

Hiernach  sind  Bildungen  wie  aUi]  (zu  dtaaco,  wie  cpQiyiij 
zu  (fQLaaat  7te-q)QLY.a)  dfiix^j  (dfiuGGco)  I/rog  (l'/riio)  qirrrj  (^i/iTO)) 
TÜyog  (raffffw)  zu  beurtheilen  und  zu  deuten. 


Auch  der  Aoriststamm  auf  ~aa,  -as  kann  ohne  Weiteres 
nominal  verwendet  werden,  wie  dieses  ja  schon  im  Infinitiv  ge- 
schieht, denn  do^at,  ist  offenbar  nichts  anderes  als  der  Dativ- 
Locativ  eines  Nomens  do^a,  welches  gar  nichts  enthält  als  den 
nominal  verwendeten  Aoriststamm  öo^a.  Die  weiteren  Casus  zu 
öo^ai  liefert  das  Nomen  ^  dö^a,  welches  demnach  nichts  ist, 
als  die  Vervollständigung  des  Infinitivdativs  dö^ai.  Hierher  ge- 
hören : 

dar]  Sättigung,  Ueberdruss:  daai  inf. 
du^a,  €v-do^o~g:  öo^ai  inf.,  e'-öo^e. 

■Kovgd  Schur,  xogao-o)  scheere,  also   —  -/.ogaa  vgl.  keIqui  inf. 
=  yciQ-aa-i,  t-xeiqu  —  f'-ytsQ-aa;    "AOUQd  zeigt  Vocalum- 
färbung. 
(.iv^a  Schleim:  d/c-f-^iv^a. 
TifTiaa  Ueberredung:   nelaaL  inf.,  I'-Tteioa. 
Den    Aoriststamm  ^/;za    in   l'-O^rjyta   enthält  das  Nomen  ^jJxj^, 
dia-drj/.rj,  avv-d^t^yirj. 

Mit  dem  Aoriststamm  auf  -ae,  der  in  der  3.  sg.  hervortritt,  sind 
identisch  Bildungen  wie: 

^Qi^f'^-S  zu  t-cpQi^e,  iifio  g  Epheu  (Jif'e),  xa^«i//o-g  krumm 
(t-nafufje),  7ttt:aao-g  zu  ^-TttraoE,  to^ov  Bogen  zu  e-tooos 
traf  (Wz.  Tov  =  rox)  und  andere. 


Die  suffixlosen  IS^omina  der  griech,  Sprache.  I.  19 

Wir  haben  gesehen,   dass  fast  allen  den  Nominalstämmen, 
in  welchen   man    ein   primäres   nominales   a-Suffix    vermuthen 
könnte,    lautlich  identische,    oder  doch  ursprünglich  identische 
Verbalstämme  gegenüber  liegen.      Die  Fälle,    wo   dieses   nicht 
zutrifft,  sind  so  vereinzelt,  dass  man  keinen  vernünftigen  Grund 
finden  kann,  hier  eine  abweichende  Bildungsweise  anzunehmen. 
Sind    nun   die   lautgleichen   Nominal-   und    Verbalstämme    wie 
dQx6-,g)  und  aQyo-{(.iev) ,    wie  ja  der  Augenschein  lehrt,   iden- 
tisch,   so   fällt  damit  die  Annahme  eines  Nominalsuffixes  a  in 
das  wohlverdiente  Nichts  zurück,  woraus  die  Indische  Gramma- 
tik es  heraufbeschworen,    und  es  ist  an  der  Zeit  anstatt  dieses 
Phantoms  ein  richtigeres  Bildungsprincip  aufzustellen.     Bei  der 
innigen  Verwandtschaft  der  indogermanischen  Sprachen  gilt  das 
Gesagte  für  alle  Glieder  dieses  Stammes,  doch  beschränken  wir 
uns  hier  vorläufig  auf  das  Griechische.     Hier  ist  an  der  Stelle 
des  vermeintlichen  a-Suffixes  der  Satz  aufzustellen:  jeder  in  der 
Flexion  des  Verbs  erscheinende  Verbalstamm  kann  ohne  Zutritt 
von  Nominalsuffixen  ohne  weiteres  auch  als  Nominalstamm  ver- 
wendet werden.    Im  Verlaufe  dieser  Abhandlung  haben  wir  die 
folgenden  Typen  kennen  lernen: 

1.  Praesens-  und  Aoriststämme  auf  -e  werden  nominal  ver- 
wende; wurzelhafte  e-Vocale  werden  im  Nomen  zu  o  um- 
gefärbt : 

a.  ay6-g\  ayo-j^sv,  Xa^a,  Irjd-rj:  lad-o-/usv,  l^d^o-f^ev,  al- 
■O'O-g:  acS^o-iiiev,  yoog:  e-yoo-v,  Uao-q:  tioo-fxev,  liTij: 
XiT€-ad^ai,  zTV7T0-g:  k'-xzv7to-v. 

b.  ccyoQcc:  dy€Q€-ad^ai,  OQOcp^:  sQicpo-(.iev,  q)6Q0-g:  (peQO-f^sv, 
dgcoyo-g:  dQrjyo-f.i€v,  doiöö-g:  deldo-f-uv,  arcovö^:  artev- 
do-^ev. 

2.  Perfectstämme  als  Nominalstärame  verwendet  a)  mit  Be- 
wahrung b)  mit  Einbusse  der  Reduplication : 

a.  aycDyrj:  dyriyo-yß^  idwd^:  sdrjdo-Tat. 

b.  7ii(p6-gi  -Ae-xvcpe,  cpQlxrj:  7t£-(pQix.€. 

3.  Aoriststämme  auf  aa,  ae  nominal  verwendet: 

öo^a:  öö^ai,  rcetoa:  TtelaaL. 
q)Qi^6-g'.  s-cpQL^e,  t6^o-v:  e-Toaas. 
Die   übrigen  Typen  werden  in   einem   der  nächsten  Hefte 
dieser  Zeitschrift  zur  Besprechung  kommen. 

A.  Fick. 


2* 


20  Leo  Mej'^er 

TJeber  die  griechischen,   insbesondere  die  homerischen 
Nomina  auf  ev. 

Dass  die  später  ganz  ausgeprägt  substantivisch  gebrauch- 
ten griechischen  Nominalbildungen  auf  8v  in  alter  Zeit  der  ad- 
jectivischen  Beweglichkeit  noch  nicht  ganz  entkleidet  sind,  zeigt 
die   homerische   Sprache   in   mehreren  Beispielen.     Die  Hunde, 
die   als   treue   Genossen   ihrer   Herren   namentlich    bei   Tische 
(r^ttTTfi^a)   mit   anwesend  zu   sein  pflegen,    heissen  TQaTtetijfeg 
yivveg  (Ilias  22,  69;  23,  173  und  Odyssee  17,  309)   und  ein  et- 
waiges substantivisches  xqaTts^evg  begegnet  daneben  gar  nicht. 
Der   „Bearbeiter   des  Erzes  (xaAxdg)"   heisst  xalxavg   (Ilias  12, 
295;  15,  309  und  Odyssee  3,  432j,  daneben  aber  begegnet  dvrjQ 
XaXiisvs  (Odyssee  9,  391)  und  in  der  Mehrzahl  xa/f-Jt^y/eg  avdqeg 
(Ilias  4,  187  und  216).    Ebenso  ist  dviqQ  auch  noch  sonst  das 
Substantiv,    an  das   Noraina  auf  ev  mit  adjectivischem  Werthe 
sich  anschliessen ,  so  Ilias  17,  65:  avdqeg  voi^rjßsg,  die  mit  der 
Weide  {vofxri)  zu  thun  haben,    und  Ilias  15,  489;  17,  203   und 
Odyssee  24,  460:    dvÖQog  ccQLOTtjfog  und  Odyssee   14,  218:   av- 
ÖQag  ccQLOTrjfag.     Neben  der  letzteren  Verbindung  begegnet  auch 
ysQOVTCcg  ccQiOTfjßag  (Ilias  2,  404)  und  xovqritag  dgiar^fag  (IHas 
19,  193),  worin  also  das  eine  Mal  Greise,  das  andere  Mal  junge 
Männer  als  „angesehenste,  vornehmste"  bezeichnet  werden.     Die 
Ruderer,   die  mit  dem  Seewesen  (aho-)  zu  thun  haben,    nennt 
der  Dichter  i^hag  dXifjfag  (Odyssee  16,  349),  während  ihm  an 
anderen  Stellen   (Odyssee  12,  251;   22,  384  und  24,  419)   das 
dXi6v-  schon  selbstständiges  Substantiv  „Seemann,  Fischer"  ist. 
Auch  ßaadev-,   obwohl  seiner  Bildung  nach  ganz   eigenartig, 
mag  hier  noch  genannt   sein,    da  es  der  Grieche  gewiss  schon 
früh  als  zu  den  zahlreichen  übrigen  Bildungen  auf  ev  ganz  zu- 
gehörig auffasste:   es   erscheint   in  den  Verbindungen  ßaailrjfi 
J=dvay.zL  „einem   fürstlichen  Herrscher,*   (Odyssee  20,  194)   und 
ßaailij^L  dvdql  „einem   fürstlichen   Manne"   (Odyssee  24,  253), 
neben  denen  auch  wohl  noch  ßaail^feg  ccqxoI  „fürstliche  Her- 
ren" (Odyssee  8,  390)  angeführt  werden  darf. 

Auch  noch  ein  anderes  Jbesonders  Wichtiges)  lehrt  gerade 
die  homerische  Sprache  in  Bezug  auf  die  Bildungen  auf  ev,  was 
auch  in  den  angeführten  Beispielen  schon  entgegen  getreten  ist: 
fast  alle  ihre  Casusformen,   für  die  man  in  der  homerischen 


Heber  die  griech.,  insb.  die  homerischen  Nomina  auf  €v.     21 

Sprache  noch  das  Vorhandensein  des  Halbvocals  wird  anneh- 
men dürfen,  haben  vor  diesem  Laut  gedehnten  Vocal.  Die  Aus- 
nahmen von  dieser  Plegel  bilden  abgesehen  von  der  Pluralgene- 
tivform ToyJßMv  „der  Eltern"  (Ilias  15,  660  und  21,  587),  ne- 
ben dem  aber  toxrjfcov  doch  häufiger  auftritt,  überhaupt  nur 
einige  Eigennamen,  insbesondere  Tvöevg  und  l^TQevg,  von  denen 
ausser  der  vereinzelten  Accusativform  Tvöfj  (nur  Ilias  4,  384), 
die  ebensowohl  aus  Tvdefa  als  aus  Tvör^fa  entstanden  sein 
kann ,  gar  keine  Casusformen  mit  innerem  rj  vorkommen.  Der 
(lenetiv  Tvöefog  ist  sehr  gewöhnlich  (Ilias  2,  406;  4,  365; 
370;  5,  25  und  sonst),  der  Dativ  Tvdefi  begegnet  Ilias  4, 
372  und  10,  285,  der  Accusativ  Tvöefa  nur  Ilias  6,  222. 
Der  Dativ  L^tq^/l  findet  sich  nur  Ilias  2,  105;  der  Genetiv 
!ATQhJ-og  wieder  häufiger  (Ilias  2,  23  =  60;  3,  37;  4,  98  und 
sonst).  Weiter  sind  mit  der  inneren  Vocalkürze  noch  zu  nen- 
nen: Qrjoej^a  in  zwei  sicher  nicht  alten  Versen  (Ilias  1,  265 
und  Odyssee  11,  631),  lAi.Laqvyv.fJa  'nur  Ilias  23,  630),  Fl- 
cpij'a  (nur  Ilias  16,  417),  Kaiveja  (nur  Ilias  1,  264),  Nrj- 
Ufa  (nur  Odyssee  15,  229)  neben  Ntilrjfa  (Odyssee  11,  254 
und  15,  237)  und  Nrjlri^og  (Ilias  U,  692;  Odyssee  3,  4;  15, 
233),  noQd^ffi  (nur  Ilias  14,  115^  TT/yA^'/t  (nur  Ilias  24,  61) 
und  nriUj:og  (Ilias  16,  203;  18,  18;  20,  2;  21,  139;  22,  8; 
250  und  Odyssee  24,  36)  neben  nrjlrifi  (Ilias  16,  381;  867 
und  sonst)  und  nrjl^fog  (Ilias  9,  147;  289;  11,  769  und 
sonst),  QyvUfog  (nur  Ilias  10,  110  und  175)  neben  (DvXijfa 
(nur  Ilias  23,  637),  'Oövaof'fog  (nur  Ilias  4,  491)  neben  häufi- 
gem ^OdvGorjfag  und  'OdvöGefa  (nur  Odyssee  17,  301,  wo  aber 
wohl  'Oduao^/  zu  lesen  sein  wird),  Tvcpcoefog  (nur  Ilias  2,  783) 
und  TvfpwijL  (nur  Ilias  2,  782)  und  JtoQiifeg  ,Dorier*  (nur 
Odyssee  19,  177).  Ausser  in  diesen  Casus  hat  sich  die  kurz- 
vocalige  Form  ausnahmslos  festgesetzt  in  den  patronymischen 
Ableitungen,  wie  .Alysfidrig  (Ilias  1,  265),  l4LiaQvyy<.£fiöi]g  (Ilias 
2,  622  und  5,  517)  ^TQs=id,]g,  Kaivsflörjg  (nur  Ilias  2,  746), 
Nr]lefidi]g  (Ilias  23,  652),  nrjXsztörjg  und  ^Argsfiiov,  UrjXefuov 
und  den  übrigen.  Auch  in  den  Dativen  ^AyLlXel  (nur  Ilias  23, 
792  versschliessend)  und  'Odvasl  (nur  Odyssee  5,  398  und  13, 
35,  wo  möglicher  Weise  Vdvorj/  mit  Abfall  des  dativischen  l 
zu  denken  wäre)  Avird  man  zunächst  Entstehung  des  Ausgangs 
et  aus  €fi  mit  kurzem  Vocal  annehmen  müssen.  Dass  an  diese 
Formen  auch  noch  die  Casus  vliog  „des  Sohnes"  (Ilias  24,  122; 


22  Leo  Meyer 

Odyssee  3,  489  und  sonst),  vlh  (Ilias  3,  174;  15,  455;  20,  81 
und  sonst),  vUa  (Ilias  13,  350),  viisg  „Söhne"  (Ilias  2,  641; 
666;  5,  10  und  sonst)  und  vuag  (Ilias  2,  693;  5,  149;  11,  123 
und  sonst)  sich  anschliessen,  wie  gewöhnlich  angenommen  wird, 
also  bei  Homer  zu  lesen  seien  vUßog^  vMfi  und  so  fort,  ist 
durchaus  unwahrscheinlich.  Einen  Nominativ  vlavg,  mit  dem 
jene  Auffassung  als  richtig  erwiesen  sein  würde,  kennt  Homer 
ebenso  wenig  als  einen  etwaigen  Vocativ  viev  oder  Pluraldativ 
vUvai,  statt  welches  letzteren  vielmehr  viöiolv  (Odyssee  19, 
418)  und  gewöhnlicher  vlaoL  auftritt. 

Diesen  Thatsachen  gegenüber  hat  man  für  die  homerische 
Sprache  eigentlich  nur  das  Recht,  statt  von  zahlreichen  Grund- 
formen auf  ev  von  solchen  auf  >;/  (aQiaTijf-,  dhrjf-  und  so 
fort)  zu  sprechen.  Auch  Ahrens  hebt  in  seiner  homerischen 
Formenlehre  (§  30,  Anmerkung  3)  die  Alterthümlichkeit  der 
Vocallänge  in  jenem  Suffix  hervor  und  bezeichnet  noch  neuer- 
dings im  Philologus  (35,  Seite  16)  das  nominativische  evg  als 
aus  rjvg  entstanden,  das  vielleicht  auch  kyprisch  und  noch  ho- 
merisch sei.  Ein  altgriechisches  Nominalsuffix  rjf  aber  kann, 
wie  es  mit  jenem  ev  doch  ganz  gewöhnlich  geschehen  ist,  un- 
möglich unmittelbar  mit  einem  altindischen  den  Halbvocal  j 
enthaltenden  Suffix  j'u  zusammengestellt  werden,  da,  soviel  wir 
wissen,  kein  einziges  griechisches  r]  aus  einem  Halbvocal  sich 
entwickelt  hat.  Möglich  würde,  wie  ich  schon  in  meiner  ver- 
gleichenden Grammatik  (2,  S.  259)  ausführte,  der  Zusammen- 
hang jenes  Suffixes  rjf  Uv)  mit  altindischem  j'u  nur  dann  sein, 
wenn  das  letztere  auf  ein  altes  iv  und  noch  älteres  iva  zurück- 
führte. Darin  würde  sich  das  va  als  eigentlich  letztes  Suffix 
deutlich  ablösen  und  an  der  Stelle  des  ihm  vorausgehenden 
inneren  Vocales  i,  der  als  einer  schon  zu  (ü  runde  liegenden 
Form  angehörig  zu  denken  sein  würde,  Hesse  sich  ein  älterer 
a-Vocal  vermuthen,  der  in  entsprechenden  griechischen  Formen 
aus  irgendwelchem  Grunde  gedehnt  sein  könnte. 

Auch  Georg  Curtius  (Grundzüge  Seite  596  und  597)  weist 
die  Zusammenstellung  von  ev  mit  dem  altindischen  ju  zurück, 
bringt  an  ihrer  Stelle  aber  zur  Erläuterung  der  in  Frage  ste- 
henden griechischen  Bildungen  eine  Combination,  deren  Unan- 
nehmbarkeit  bereits  von  Pott  (Wurzelwörterbuch  1,  Seite  1237 
bis  1241)  klar  gelegt  ist.  Es  wird  nämlich  von  Curtius  gesagt, 
dass  die  griechischen  Nomina  auf  ev-g  sich  „grossentlieils  gleich- 


Ueber  die  griech,,  insb.  die  homerischen  ^N'omina  auf  ev.     23 

sam  vor  unsern  Augen  in  einzelnen  Casusformen  als  Erweite- 
rungen von  Wörtern  auf  og"  entwickeln,  wobei  das  homerische 
rjvioyog  „Wagenlenker",  neben  dem  auch  ein  gleichbedeutendes 
rjvLOxevg  auftritt,  als  einziges  Beispiel  genannt  und  noch  hinzu- 
gefügt wird,  dass  die  alten  Grammatiker  für  diesen  Vorgang 
den  Namen  7taQaaxr]f^iciTiOf-i6g  haben.  Selbstverständlich  aber 
hat  dieser  gelehrt  klingende  Name,  dessen  genauere  Prüfung 
für  die  Geschichte  der  alten  Grammatiker  sicher  von  Bedeutung 
ist,  gar  keinen  Werth  für  uns,  wo  sichs  um  die  bestimmt  ge- 
stellte Frage  nach  der  Bildung  irgendwelcher  griechischen  Wör- 
ter handelt.  Dazu  aber  ist  es  jedenfalls  ein  sehr  unglückliches 
Verfahren,  bei  der  Besprechung  der  Bildungen  auf  svg  mit  ei- 
nem sehr  ungenauen  „grossentheils"  gerade  von  solchen  Formen 
auszugehen,  die  mit  den  scheinbar  ihnen  zunächst  zu  Grunde 
liegenden  Bildungen  ganz  die  nämliche  Bedeutung  zu  haben 
scheinen,  und  nicht  vielmehr  von  solchen,  die  wie  zum  Beispiel 
iTCTt^f-  {iTtTcsv-)  neben  %7C7co-  mit  dem  neuen  Kleide  auch  eine 
wesentlich  neue  Bedeutung  erhielten  und  von  denen  kein  ver- 
nünftiger Mensch  wird  behaupten  wollen,  dass  sie  sich  „gleich- 
sam vor  unsern  Augen  in  einzelnen  Casusformen  als  Erweite- 
rung von  Wörtern  auf  -og"  entwickelten.  Wenn  Georg  Curtius 
im  Anschluss  an  die  letztangeführte  Wendung  bemerkt,  dass  er 
schon  im  dritten  (Seite  76  ff.)  und  vierten  Bande  (Seite  213) 
der  Kuhnschen  Zeitschrift  nach  Schleichers  Vorgange  gezeigt 
zu  haben  glaube,  wie  ein  solches  zur  Individualisirung  [?]  der 
Form  dienendes  Suffix  -«/  oder  -av  in  dem  slavischen  -ov 
nebst  den  Verben  auf  -ov-a-ti  sein  Analogon  habe,  so  wird  es 
nöthig  sein,  die  angeführten  beiden  Stellen  noch  einmal  einer 
genaueren  Kritik  zu  unterziehen. 

Am  Wenigsten  bietet  die  zweite;  nämlich  überhaupt  nichts 
Erläuterndes,  sondern  nur  unter  der  absonderlichen  Ueberschrift 
„individualisirende  Suffixe"  die  Behauptung,  dass  in  den  Femi- 
ninen ev7iaz£Q€ia  und  evQvodeia  die  Stämme  nareg-  und  o66- 
vor  dem  t  ein  secundäres  ev,  ef  erhalten  haben,  für  die  nicht 
die  Spur  eines  Beweises  beigebracht  ist.  Die  zweite  leitet  ein 
mit  der  Bemerkung,  dass  die  Sprachvergleichung  der  Zeit  ent- 
wachsen sei,  in  der  man  einzig  und  allein  aus  dem  Sanskrit 
Belehrung  gehofft  habe,  als  ob  man  heute,  etwa  ein  Viertel- 
jahrhundert später,  die  unerschöpflich  reiche  Belehrung,  die  das 
Sanskrit  bietet,    schon   über  und  über  ausgebeutet  habe,   und 


24  Leo  Meyer 

bringt  als  Beispiel  dann  den  „glücklichen  Gedanken  Schleichers 
das  bisher  unerklärte  €v  der  griechischen  Nominal-  und  Verbal- 
bildung mit  dem  slavischen  ov  zu  vergleichen".  In  sehr  wenig 
glücklicher  Weise  werden  dann  zunächst  den  Verben  auf  evo) 
die  vereinzelten  auf  ovw  zur  Seite  gestellt,  ehe  noch  einiges 
über  die  Noraina  auf  ev-g  hinzugefügt  wird.  Dabei  wird  dar- 
auf Gewicht  gelegt,  dass  wir  im  Griechischen,  worauf  Schleicher 
auch  schon  hingewiesen  habe,  jenes  ev  (£/,  «)  zum  Theil  nur 
in  den  casibus  obliquis  und  im  pluralen  Nominativ  finden,  was 
eine  sehr  merkwürdige  Uebereinstimmung  mit  dem  slavischen 
Gebrauche,  zumal  mit  dem  kirchenslavischen ,  sei,  wo,  wie 
Schleicher  mittheile,  durch  diese  Endung  einsilbigen  [!]  Wörtern 
im  Plural  mehr  Nachdruck  [?]  verliehen  werde.  „Sehr  merk- 
würdig" finden  wir  weniger  diese  Uebereinstimmung,  als  die 
Behauptung,  dass  sie  existire,  da  zum  Beispiel  die  homerische 
Sprache  die  Singularnominative  ahevg  (Odyssee  12,  251),  d/Li- 
(pKpoQsvg  (Ilias  23,  92),  drceQioEvg  (Hias  8,  361),  uqevg  (Ilias  1, 
370),  -/.EQainevg  (Ilias  18,  601),  vof.isvg  (Ilias  15,  632;  Odyssee 
4,  413),  oxEvg  (Odyssee  3,  372),  xaly.Evg  (Ihas  12,  295;  15, 
309;  Odyssee  3,  432;  9,  391)  nicht  meidet. 

Was  Curtius  weiter  noch  anschliesst,  können  wir  nach  den 
bereits  gegebenen  Proben  hier  ganz  unberücksichtigt  lassen  und 
wenden  uns  lieber  direct  zu  den  von  ihm  angeführten  Schlei- 
cherschen  Auseinandersetzungen.  Schleicher  bespricht  in  seiner 
Formenlehre  der  kirchenslavischen  Sprache  (Bonn  1852),  Seite 
196  und  197,  abgeleitete  Verba  auf  -ovati  (unter  bestimmten 
Lautverhältnissen  evati),  in  deren  v  er  ein  zugefügtes  pronomi- 
nales Element  erkennt  und  als  deren  schlagende  Parallele  er 
die  „ganz  auf  gleiche  Weise  gebildeten"  griechischen  Denomi- 
native auf  EVM  bezeichnet,  „die  nur  so  eine  p]rklärung  finden", 
und  kömmt  dann  etwas  später  (Seite  202  bis  203)  auf  die 
Flexion  der  männhchgeschlechtigen  «-Stämme,  vor  deren  Ca- 
susendungen sich  nicht  selten  ein  v  finde.  Auch  in  diesem  v 
erblickt  er  ein  pronominales  Element,  das  im  slavischen  Pro- 
nomen oöü  und  im  altbaktrischen  ava  als  selbstständiges  Wort 
erscheine,  mit  dessen  Vorsetzung  vor  die  Casusendungen  er  sehr 
unglücklich  die  des  n  in  der  deutschen  schwachen  Dechnation, 
das  auch  ein  pronominales  Element  sei,  vergleicht.  Jenem  pro- 
nominalen V  aber,  vermuthet  Schleicher,  und  zwar  in  ziemlich 
unsicheren  Ausdrücken,  verdankten  auch  die  griechischen  Sub- 


lieber  die  griech  ,  insb,  die  homerischen  Nomina  auf  sv.     25 

stantiva  auf  evg  (für  ej-g),  in  denen  jenes  pronominale  Element 
zum  festen  Suffix  geworden  sei,  ihre  Entstehung.  Die  Erklä- 
rung jenes  fraglichen  v  in  der  Flexion  der  Nomina  durch  di- 
recten  Einfluss  der  M-Stämme,  wie  sie  von  Bopp  und  Miklosich 
aufgestellt  worden  war,  die  „die  a-Stämme  durch  die  w-Stämme 
verdrängt  sein  lassen",  erklärt  Schleicher  für  eine  Unmöglich- 
keit und  verweist  bezüglich  ihrer  von  ihm  versuchten  Widerle- 
gung auf  einen  älteren  Aufsatz,  den  weiter  nachzuprüfen  uns 
für  unsere  speciellere  Frage  ganz  und  gar  überflüssig  zu  sein 
scheint. 

Viel  richtiger  ist,  wo  sichs  um  Schleichersche  Auffassungen 
handelt,  wenn  man  ihm  nicht  unrecht  thun  will,  noch  das  zu 
erwägen,  was  er  später  gelehrt  hat.  Schon  in  der  zweiten  Auflage 
seines  Compendiuras  (Weimar  1866)  aber  lehrt  er  in  Bezug  auf 
die  das  v  enthaltenden  abgeleiteten  Verbalstämme  (§  2\2),  ihr 
V  (ov)  sei  ein  in  der  Stammbildung  des  Slavischen  und  Littaui- 
schen  sehr  beliebtes  Element,  welches  von  den  w-Stämmen,  die 
im  Slavischen  mit  den  a-Stämmen  vielfach  zusammen  fallen, 
seinen  Ausgangspunct  genommen,  dann  aber  zu  einem  selb- 
ständigen Suffixe  sich  entwickelt  habe,  und  in  Bezug  auf  die 
Flexion  der  Nomina  (§  245;  ebenso  in  der  ersten  Auflage), 
im  Slavischen  mische  sich  die  Declination  der  w-Stämme  völlig 
mit  der  der  männlichen  und  ungeschlechtigen  a-Stämme.  Wer 
also  mit  der  wirklich  Schlei cherschen  Beurtheilung  jenes  suf- 
fixalen slavischen  v  der  Erläuterung  der  griechischen  Bildungen 
auf  fif  zu  Hülfe  zu  kommen  meint,  dreht  sich  nur  im  Kreise 
und  erklärt  nichts.  Auch  Leskien  in  seinem  Handbuch  der 
altbulgarischen  Sprache  (Weimar  1871)  spricht  (§  60)  von  ei- 
nem „Uebergang  der  masc.  a-Stämme  in  die  Analogie  der  u- 
Stämme  und  umgekehrt". 

Benfey  hat  in  seiner  inhaltreichen  Abhandlung  über  die 
Entstehung  des  indogermanischen  Vocativs  (Göttingen  1872)  die 
Ansicht  ausgesprochen,  dass  mehrere  Themen,  welche  in  der 
Declination  auf  av  (t/,  «)  auslauten,  ursprünglich  durchweg 
durch  Vortritt  von  «  erweiterte  Themen  auf  v  seien  (Seite  60 
und  insbesondere  Seite  75  bis  79),  wie  er  in  gleichem  Sinne 
auch  schon  im  ersten  Bande  seiner  Zeitschrift  Orient  und  Oc- 
cident  (Göttingon  1862,  Seite  274)  zu  bemerken  Gelegenheit 
nahm,  dass  das  6t'  griechischer  Themen  vielfach  nur  die  ver- 
stärkte Form   von   v  sei.     So   sei   zum   Beispiel  (Seite  57)   der 


26  Leo  Meyer 

Singulargenetiv  i^fog  (Ilias  19,  342;  Odyssee  14,  505;  15,  450) 
sowohl  als  der  Pluralgenetiv  iawv  (Ilias  24,  528;  Odyssee  8, 
325  und  335)  aus  der  Grundform  iv-  gebildet,  neben  der 
als  männlicher  Nominativ  ivg  (Ilias  2,  819;  12,  98  und  sonst) 
und  Accusativ  ivv  (Ilias  8,  303;  Odyssee  18,  127)  auftritt. 
Gerade  das  eigenthümliche  Schwanken  dieser  beispielsweise  an- 
geführten Casusformen  in  Bezug  auf  die  Behandlung  des  ihnen 
zu  Grunde  liegenden  Nominalthemas  aber,  wie  dann  weiter  auch 
noch  die  geläufigeren  Casusformen  homerischer  Adjectiva  auf  v 
mit  ihrem  inneren  durchaus  kurzen  Vocal,  wie  evQtfog  ,des 
breiten'  (Odyssee  4,  G03),  rtaxirog  ,des  dicken'  (Odyssee  10, 
439),  coKiH  jdera  schnellen'  (Ilias  15,  238  und  sonst)  und  an- 
dere, mu8S  uns  mehr  als  bedenklich  machen,  grade  von  ihnen 
bei  der  Erklärung  der  in  eine  so  bestimmt  abgegränzte  Gruppe 
zusammengefassten  griechischen  Bildungen  auf  av  auszugehen 
und  das  ev  (homerisch  meist  rjf)  durch  jenen  rein  zufälligen 
Vortritt  eines  «-Vocals  vor  zu  Grunde  liegendes  v  zu  erklären. 
Die  Bildungen  auf  sv  tragen  ihrer  überwiegenden  Mehrzahl 
nach  ganz  deutlich  das  Gepräge  der  Abgeleitetlieit,  dem  gegen- 
über doch  auch  das  noch  hervorgehoben  werden  darf,  dass 
Benfeys  vollständige  Sanskritgrammatik  auch  nicht  ein  einziges 
Beispiel  durch  secundäres  Suffix  u  gebildeter  Wörter  bringt. 
So  wäre  es  doch  sicher  in  jeder  Beziehung  bedenklich,  die  bei- 
spielsweise als  erste  von  uns  genannte  homerische  Form  auf  ry/ 
{ev),  das  adjectivische  TQUTTetrjf-  {TQajtaCev-) ,  das  deutlich  un- 
mittelbar auf  TQcc7ce'Ccc  „Tisch,  Tafel"  zurückführt,  durch  den 
Antritt  eines  suffixalen  v,  vor  dem  das  auslautende  a  von  tq(x- 
7teCa  dann  erst  abgefallen  sein  musste,  und  dann  wieder  mehr 
zufälligen  Vortritt  des  a-Vocales  vor  das  suffixale  v  zu  erklä- 
ren, während  doch  auf  der  Hand  liegt,  dass  in  rQUTtstrjf-  das 
ihm  zunächst  zu  Grunde  liegende  T(»«7r«ca  in  Bezug  auf  seinen 
auslautenden  Vocal  ganz  unversehrt  erhalten  blieb  und  nur  das 
halbvocalische  /  als  neues  suffixales  Element  zutrat.  Ganz 
ebenso  aber  verhält  sichs  ohne  Zweifel  auch  mit  den  übrigen 
schon  genannten  homerischen  Formen:  xaX'/.rjj^-  (^cfAzet'-)  be- 
zeichnet den,  „der  mit  dem  Erze  zu  thun  hat"  und  führt  un- 
mittelbar auf  yalKo-  zurück,  dessen  auslautender  «-Vocal  in 
der  abgeleiteten  Bildung  nur  noch  nicht  die  trübe  Färbung  an- 
nahm, die  in  dem  einfachen  Worte  sich  entwickelte.  Ganz 
ähnlich  aber  führt  ahijf-  „der  mit  dem  Seewesen  zu  thun  hat" 


Heber  die  griech.,  insb.  die  homerischen  Nomina  auf  €v.     27 

zunächst  auf  alio-  „zum  Meere  gehörig,  das  Meer  betreffend" 
zurück  und  dgiaTrjf-  zunächst  auf  das  superlativische  ceQiaro-, 
so  dass  es  zunächst  wohl  den  bezeichnet  „der  mit  dem  Besten, 
dem  Vorzüglichsten  zu  thun  hat"  oder  auch  den  „dem  das 
Beste,  das  Vorzüglichste  gehört". 

Ganz  ebenso  aber  verhält  es  sich  dann  ohne  Zweifel  auch 
mit  den  schon  genannten  vnf.irjf-  „der  Hirt"  und  toy.riJ—  „der 
Erzeuger",  was  ich  in  meiner  vergleichenden  Grammatik  (2, 
258.  260)  noch  nicht  bestimmt  auszusprechen  wagte.  Es  nö- 
thigt  durchaus  nichts,  die  beiden  in  Frage  stehenden  Formen 
unmittelbar  auf  die  Wurzelformen  ve(.L  „weiden"  und  xe/.  „er- 
zeugen" zurück  zu  führen:  ist  doch  zum  Beispiel  auch  unser 
deutsches  -er,  mit  dem  die  Benennungen  von  Handelnden  oder 
die  sogenannten  nomina  agentium,  bei  denen  man  immer  am 
Leichtesten  an  directe  Herleitung  aus  Wurzelformen  zu  denken 
geneigt  ist,  am  Gewöhnlichsten  gekennzeichnet  werden,  ebenso 
wie  das  ihm  entsprechende  gothische  a-rja-,  von  dem  in  dieser 
Beziehung  schon  in  meiner  Gothischen  Sprache  (273)  gehandelt 
worden  ist,  ein  durchaus  ableitendes  (secundäres)  Suffix,  und 
die  damit  gebildeten  Ritter  und  Schnitter  zum  Beispiel  führen 
nicht  unmittelbar  auf  Wurzelformen,  sondern  erst  auf  die  no- 
minalen Ritt  und  Schnitt  zurück.  Im  Altindischen  findet  sich 
sogar  eine  participielle  Bildung,  die  ganz  deutlich  nicht  unab- 
geleitet, sondern  abgeleitet  ist,  nämlich  die  mit  zu  Grunde  lie- 
gendem passiven  Particip  und  dem  Sufüx  vant^  wie  uktävant-, 
„gesprochen  habend"  (Benfey  vollständige  Grammatik  §.  893), 
das  von  dem  passivischen  uktä-  „gesprochen"  ausging  und  zu- 
nächst nur  bedeuten  wird  „mit  dem  Gesprochenen  versehen". 
Das  also  abgeleitete  homerische  vo/tirjf-  wird  zunächst  auf  das 
nominale  vo/^irj  oder  männlich  vof.i6g  „Weide",  welches  letztere 
auch  bei  Homer  selbst  vorkömmt,  zurückzuführen  sein  und  den 
bezeichnen,  „der  mit  der  Weide  zu  thun  hat":  mit  dem  von  vo- 
[xrlf-  (vo/iiev-)  unmittelbar  abgeleiteten  voinevsiv  „weiden"  findet 
sich  jenes  vof.i6g  bei  Homer  auch  einmal  (Odyssee  9,  217)  eng 
verbunden  in  den  W^orten  all'  sv6f.ievs  vouov  xccra  ictj-ova  }.irjla 
„er  hütete  auf  der  Weide  die  fetten  Schafe",  die  vom  Polyfemos 
gesagt  sind.  Bei  Töxrjf-  (rozt/-),  das  bei  Homer  einmal  (Odys- 
see 8,  312:  Toxrjfs)  im  Dual  und  sonst  nur  im  Plural  und  zwar 
in  der  Bedeutung  „Eltern"  auftritt,  darf  man  wohl  an  nächsten 
Zusammenhang  mit  tozo-,  m.  „Geborenes,  Nachkommenschaft" 


28  Leo  Meyer 

(Ilias  7,  128;    15,  141;    Odyssee  15,   175)   denken,    so   dass   es 
zunächst  ,,mit  Nachkommenschaft  versehen"  bedeuten  wird. 

Dass  Bildungen  auf  ev  mit  zur  Seite  liegenden  Benennun- 
gen von  Handelnden  auf  o,  ein  Nebeneinanderliegen,  das  mehr- 
fach vorkömmt,  wie  nahe  gerückt  und  ununterscheidbar  ihre 
Bedeutung  auch  später  oft  erscheinen  mag,  ursprünglich  nicht 
völlig  gleichwerthig  sein  können,  ist  ganz  selbstverständlich.  Die 
in  der  fraglichen  Beziehung  aus  der  homerischen  Sprache  etwa 
zu  nennenden  Bildungen  sind  folgende:  rjvinyjjf-  neben  rjvioxo- 
„Wagenlenker",  7tof.i7Ctjf-  neben  icniiTin-  „Begleiter",  oiQfjf-  neben 
ovQO-  „Aufseher,  Wächter",  rpovrjf-  „Mörder"  und  /taTQOcpovtjf- 
,Vatermörder"  neben  naigofpovn-  Vatermörder  und  q^nQrjf-  „Trä- 
ger" und  diupirpoQrjj^-  „doppelhenkliges  Gefäss"  neben  rn^nrpnQO- 
„Bogen  tragend"  und  anderen  Zusammensetzungen  mit  dem 
Schlusstheil  -rpoQO-.  Neben  den  letztgenannten  Bildungen  begegnet 
ein  einfaches  rpovo-  „Mörder"  überhaupt  nicht  und  ein  einfaches 
cpngo-  „tragend"  erst  in  spätnachhomerischer  Sprache,  bei  rpovrj/^- 
„Mörder"  und  (pOQrjf-  „Träger"  könnte  also  überhaupt  nicht 
die  Rede  davon  sein,  dass  sie,  um  Curtius'  Worte  noch  einmal 
zu  gebrauchen,  „gleichsam  vor  unsern  Augen  in  einzelnen  Ca- 
suslbrraen  als  Erweiterungen  von  Wörtern  auf  o-g  sich  ent- 
wickeln". Die  Gebiete  der  Suffixe  r^f  {tv)  und  o  decken  sich 
gar  nicht ;  das  letztere  ist  in  Zusammensetzungen  besonders  ge- 
bräuchlich, während  das  rjp  (ev)  auch  in  manchen  unzusam- 
mengesetzten Namen  von  Handelnden  erscheint,  die  scheinbar 
gleichbedeutende  Bildungen  auf  o  gar  nicht  zur  Seite  haben. 
So  nöthigt  also  durchaus  nichts,  die  eben  aufgeführte  Gruppe 
homerischer  Wörter  auf  jy/-  mit  der  Bedeutung  von  Handelnden 
für  unabgeleitet  zu  halten  und  von  der  Hauptmasse  der  übrigen 
deutli(;h  abgeleiteten  Wörter  auf  tjj--  zu  trennen.  Wie  wir  voini]/- 
„Hirt"  unmittelbar  zu  vniarj  oder  vof.in-  „Weide"  stellten  und 
Toy.ri߀g  „Eltern"  zunächst  zu  to/o-  „Nachkommenschaft",  so 
wird  cpovri:-  „Mörder"  nebst  /taiQO-fpovrjjr-  „Vatermörder"  un- 
mittelbar von  cpovij  oder  dem  männlichen  cpovo-  „Mord"  abgelei- 
tet sein  und  (pog^c-  „Träger"  (nur  Ilias  18,  5()G)  von  cpoga 
„das  Tragen",  das  als  nachhomerisches  Wort  sich  freilich  zu 
mehr  abliegenden  Bedeutungen  entwickelt  hat.  Für  das  zuge- 
hörige ciftq^tfpoQijf-  hegt  nah  als  (irundbcdcntung  anzusetzen 
„auf  beiden  Seiten  eine  Trage  (Tragvorrichtung)  habend",  als 
ob   ein    qtogd   oder    rpoQo-   mit  der  Bedeutung   „Tragwerkzeug, 


lieber  die  griech.,  insb.  die  homerischen  Jsomina  auf  et.     2lJ 

Tragvorrichtung"  darin  enthalten  sei;,  wie  ganz  ähnlich  auch 
unser  Zuber,  dessen  Schlusstheil  mit  jenem  (pogö-  unmittelbar 
zusammen  gehört,  als  zui-har  „ein  Gefass  mit  zwei  Griffen", 
im  Gegensatz  zum  Eimer,  alt  ein  bar,  „Gefäss  mit  einem  Griff" 
bezeichnet.  Das  vereinzelte  ocQtjc-  „Aufseher,  Wächter"  (nur 
Ihas  10,  84)  schliesst  sich  eng  an  ein  altes  ouqcc  „Fürsorge, 
Beachtung",  das  als  Nebenform  des  späteren  aga  zu  vermuthen 
ist  und  genau  übereinstimmen  würde  mit  dem  althochdeutschen 
wara  „Acht,  Aufmerksamkeit",  das  sich  uns  noch  in  wahr  neh- 
men erhalten  hat.  Neben  ito/iiTtfjf-  hat  die  homerische  Spra- 
che selbst  das  zunächst  zu  Grunde  liegende  Jco/iiTtt]  „Geleit, 
Begleitung".  Das  dann  noch  zu  nennende  ^vioxfjf-  „Zügelhal- 
ter, Wagenlenker"  wird  nebst  dem  auch  homerischen  einfachen 
oxrjf-  „Halter"  („Helmriemen",  „Leibgurtspange",  „Thorriegel") 
sich  wohl  unmittelbar  an  das  abstracte  (r/j]  mit  der  zu  vermu- 
thenden  Bedeutung  „das  Halten",  das  aber  erst  in  nachhomeri- 
scher Sprache  mit  der  Bedeutung  „Unterhalt,  Nahrung,  Speise" 
sich  findet,  anschliessen. 

Alle  übrigen  homerischen  Bildungen  auf  ijf  (avi  tragen 
ganz  wie  die  zuerst  von  uns  genannten  TgaTtatrjf-  (von  tqcc- 
Tteta),  yah/JriJ^-  (von  yah/.6-),  dgiarrif-  (von  aQiato-)  und  aXirjf- 
(von  aXio-)  ganz  unverkennbar  das  Gepräge  der  Ableitung:  sie 
enthalten  fast  alle  vor  jenem  rj-j:  noch  nominale  Bildungsele- 
mente. So  iTTTcrj/-  „der  mit  Pferden  (ltitio-)  zu  thun  hat" 
oder  zunächst  wohl  „der  mit  Pferden  versehen  ist",  „Rosselen- 
ker, Wagenlenker",  öovax^ß-  „mit  Rohr  [dova-/.-)  Versehenes, 
Rohrgebüsch"  (nur  Rias  18,  576),  "/.egaf-irj ji-  „der  mit  Töpfer- 
thon  {'/.egafio-)  zu  thun  hat,  Töpfer"  (nur  Rias  18,  601),  uqrjf- 
„der  mit  den  Opfern  (leqö-)  zu  thun  hat,  Priester,  Opferprie- 
ster", ^OLy.rjß-  „der  mit  zum  Hause  {ßoUo-)  gehört,  Hausgenoss, 
Diener",  /voQÜftr^.--  „der  mit  der  Ueberfahrtsstelle  iTtogi^fio-)  zu 
thun  hat,  Fährmann".  Die  Bildung  von  i^JvsQOTtrjf-  „Betrüger, 
Verführer"  (nur  Odyssee  11,  364)  ist  noch  nicht  aufgeklärt;  sein 
erster  Theil  erinnert  an  das  altindische  äpara-  „anderes",  unmög- 
lich aber  kann  der  zweite  zu  on-  „Stimme"  und  sTtog-  „Wort" 
gehören,  da  diese  Wörter  bei  Homer  nur  fott-  und  fmog-  lau- 
ten. Das  vereinzelte  drteqcorjß-  „Verhinderer,  Vereitler"  (nur 
Rias  8,  361)  schliesst  sich  vielleicht  unmittelbar  an  ein  weib- 
liches dTt-sQiüVj  „Hemmung,  Verhinderung".  Dann  sind  nur  noch 
anzuführen  ovQijf-  „Maulesel",  das  in  nachhomerischer  Sprache 


30  Leo  Meyer 

als  oQa-  (nQEv)  auftritt  und,    da   die  Maulthiere   besonders   zur 

Arbeit  im  Gebirge,  zum  Holzfaliren  (Ilias  17,  743:  rj/niovoL 

VX/,ü)a  fi^  oqeoq  .  .  .  rj  öo-/.6v  ijpi  doQv  jiiaya  v/j/iov)  verwandt 
werden,  sich  vielleicht  an  oQog-  „Berg"  anschliesst,  und  ßoßijf- 
„Riemen  aus  Rindsleder",  das  wohl  unmittelbar  von  ßof-  „Rind" 
ausging  und  sich  etwa  mit  dem  altindischen  gäumant-  (gäuvant- 
begegnet  nicht)  „mit  Rindern  versehen"  vergleichen  lässt,  das 
gelegentlich  auch  „aus  Rindern  bestehend"  bedeuten  kann. 

Die  homerischen  Nominalformen  auf  sv  {rjf)  sind  im  Vor- 
ausgehenden vollständig  angegeben  und  schon  daraus  ergiebt 
sich,  dass  ihre  Bildung  eine  sehr  beliebte  ist.  Wie  sie  in  älte- 
rer Zeit  aber  doch  noch  eine  weit  beliebtere  gewesen  ist,  wird 
dadurch  erwiesen ,  dass  die  Zahl  der  abgeleiteten  Verba  auf 
svtx)  bei  Homer  noch  weit  grösser  als  die  jeuer  Nominalbildun- 
gen ist  und  dass  auch  ungefähr  noch  ebensoviel  homerische 
Eigennamen  auf  rjz  (ev)  auftreten  wie  solche  Verba.  Die  abge- 
leiteten Verba  auf  evcü  aber  gingen  unmittelbar  von  den  Nomi- 
nalformen auf  €v  aus  und  mehrere  von  ihnen  liegen  auch  ein- 
zelnen der  bereits  besprochenen  noch  zur  Seite.  So  hat  die  ho- 
merische Sprache  isqsvslv  „als  Opferpriester  thätig  sein,  opfern" 
neben  ieQfj/-  (legev-)  „Opferpriester",  aus  dem  auch  Ugeia  (für 
leQt/ia)  „Priesterinn"  (nur  Ilias  6,  300)  und  uqrjfiov  „Opfer- 
vieh, Schlachtvieh"  gebildet  wurden,  rjvLOxei'eiv  „als  Rosselen- 
ker {rjnoxfjß-)  thätig  sein,  Rosse  lenken",  voususiv  „als  Hirt 
{vof.i7J/-)  thätig  sein,  weiden",  7T0f.iTtevsLv  „als  Begleiter  {nofx- 
rtrjf-)  thätig  sein,  begleiten,  führen"  (nur  Odyssee  13,  422), 
XccXxetsiv  „als  Erzarbeiter  thätig  sein,  aus  Metall  verfertigen" 
(nur  Ilias  18,  400)  von  xS'-h/.riJ'-  „Erzarbeiter",  aus  dem  auch 
XahnrjßLO-  „den  Erzarbeiter  betreftend"  gebildet  wurde,  rjrcEQO- 
TttvELV  „betrügen,  bethören,  sich  als  Betrüger  (rjneQOTrijf-)  er- 
weisen", von  dem  weiter  rjrtsQOTtevTrig  „Betrüger,  Verführer"  ab- 
geleitet wurde,  und  dgioxavEiv  „sich  als  Ausgezeichneten  {ciqi- 
avtj/-)  erweisen,  sich  auszeichnen".  Auch  ßaailevEiv  „als  Herr- 
scher thätig  sein,  herrschen"  mag  noch  genannt  sein,  wenn  auch 
das  ihm  zu  Grunde  liegende  ßaailrjf-  „Herrscher,  König",  von 
dem  weiter  auch  ßaaiXEia  (aus  ßaoilEßia)  „KÖniginn",  ßaaih'j- 
fio-  „königlich"  (nur  Odyssee  1(5,  401)  und  weiblich  ßaaiXt]jiö- 
„königlich"  (nur  Ilias  G,  1U3)  ausgingen,  wie  schon  oben  her- 
vorgehoben wurde,  nicht  als  durch  das  Suffix  ij-f  gebildet  be- 
zeichnet werden  kann. 


Ueber  die  griech.,  insb.  die  homerischen  Nomina  auf  ev.     31 

Die  meisten  liomerischen  Verba  auf  eveiv  haben,  wie  auch 
bereits  früher  bemerkt  wurde,  die  zu  Grunde  liegende  Nominal- 
form auf  ijß  [£i'),  die  in  einzelnen  Fällen  allerdings  noch  in 
der  nachhomerischen  Sprache  entgegen  tritt,  nicht  mehr  zur 
Seite.  Und  so  ist  auch  nicht  mehr  bei  allen  die  Bedeutungs- 
entwickelung ganz  klar.  Aus  dem  häufigen  dyoQsveiv  „reden, 
sprechen",  das  auch  in  der  Zusammensetzung  i^-ayogsveiv  „aus- 
sprechen, verkünden"  (nur  Odyssee  11,  234)  auftritt,  ergiebt 
sich  ein  einfaches  äyoQBv-  {dyoqfjj:-),  das  sich  unmittelbar  an 
dyoQTj  „Versammlung"  anschliesst  und  wohl  „an  der  Versamm- 
lung theilnehmend"  und  dann  insbesondere  „redend"  bezeich- 
nete. Wir  geben  die  übrigen  einfach  der  alfabetischen  Reihen- 
folge nach.  In  dj^ad^keveiv  ,, wettkämpfen",  „sich  mühen"  steckt 
ein  dfe&lsv-  {dfed-?Jjß-),  das  bedeuten  konnte  ,,der  mit  Wett- 
karapf,  mit  Mühe,  mit  Arbeit  {äfeO-lo-  m.  n.)  zu  thun  hat"; 
dXBTQEvuv  „mahlen,  zermalmen"  führt  auf  ein  dletQ^v-  „der 
mit  der  Mühle  zu  thun  hat",  aus  dem  weiter  auch  erst  ein 
(xleTQO-  „Mühle"  zu  vermuthen  ist,  das  selbst  dann  auf  dlfw 
„ich  mahle,  ich  zermalme"  zurückführt;  dhjvsveiv  „umherirren, 
sich  umhertreiben"  beruht  auf  einem  noch  neben  dem  lionieri- 
schen  dhjTrjg  „Landstreicher"  zu  muthmassenden  dXrjTEv-,  aus 
3era  auch  das  nachhomerische  dXrjrsia  (aus  dXtjzefia)  „das 
Herumschweifen"  hervorging  unfl^däs  selbst  aus  einem  denkba- 
ren dXtjTo-  „das  Herumstreifen"  (von  dXdo/iiai  „ich  schweife 
umher")  gebildet  wurde;  d/.i(pi7toX€v€iv  „bedienen";  „besorgen, 
warten"  führt  zurück  auf  d(.i(pL7toXev-  „Diener",  das  als  in  der 
selben  Weise,  wie  fjVLOXEv-  „Wagenlenker"  neben  i^vloxo-  liegt, 
neben  dem  homerischen  df-icpiTioXo-  „Dienerinn"  (ursprünglich 
ohne  Zweifel  auch  männlich)  liegend  zu  vermuthen  ist  und  das 
ebenso  wie  das  aus  ttoXevsiv  „sich  umherbewegen,  umhergehen" 
(nur  Odyssee  22,  223)  zu  entnehmende  unzusammengesetzte 
TtoXsv-  „sich  herum  bewegend,  sich  drehend"  wohl  unmittelbar 
an  ttÖXo-  „Drehung"  sich  anschliesst;  dv-iyvevEiv  „aufspüren, 
erspähen"  (nur  Ilias  22,  192)  ergiebt  ein  Ixvbv-  ,,der  mit  Fuss- 
spuren,  mit  Fährten  i^ix^oq-)  zu  thun  hat";  aus  dgxsveiv  „an- 
führen, gebieten",  das  auf  das  daneben  liegende  dgxös  „Anfüh- 
rer, Fürst"  nicht  unmittelbar  zurückkommen  kann,  ist  ein  uQxev- 
(dQxrjJ"-)  zu  folgern,  das  aus  dQxr'j  „Anfang,  Herrschaft"  gebil- 
det sein  wird;  dxsvsiv  „trauern,  betrübt  sein"  weist  auf  ein 
dxev-  „mit  Betrübniss  (ß/og-)  behaftet"  als  nächste  Grundlage. 


32  Leo  Meyer 

Aus  ßovXeveiv  „rathschlageu ,  ersinnen",  das  auch  in  dem  zu- 
sammengesetzten f.iET:aßovXev8Lv  „nachher  beschhessen"  (nur 
Odyssee  5,  2^6^)  auftritt  und  von  dem  weiter  ßovXsvTrjg  „Rath- 
geber"  (nur  Ilias  G,  114)  ausging,  ergiebt  sich  ein  ßovXsv- 
(ßovXfjf-),  das  in  nachhomerischer  Sprache  noch  als  Eigenname 
begegnet  und  als  unmittelbar  aus  ßovXrj  „Rath,  Rathschlag" 
entsprungen  zunächst  bezeichnen  wird  „der  mit  Rath  zu  thun 
hat";  ßvaaodn/.i€veiv  „heimlich  erdenken,  heimlich  beschliessen" 
führt  auf  ein  muthmassliches  ßvaaoöof^uv-  und  in  ihm  wohl  zu- 
nächst auf  das  einfache  dofit]  ,,Bau",  dem  man  allerdings  erst 
in  späterer  Sprache  bo^gegnet.  Das  aus  daiTQsveiv  „zerlegen, 
vorschneiden,  austheilen"  zu  folgernde  dmxqev-  „Zerleger",  aus 
dem  auch  das  nachhomerische  daLTQsla  (aus  daivQsfia)  „Fleisch- 
bank" entsprang,  führt  auf  daiTQov  „das  Zugetheilte,  Portion" 
(nur  Ilias  4,  2&2)  zurück.  In  dlvevsiv  „sich  herumdrehen", 
„herumdrehen"  ist  ein  öivev-  {dlvrjc-)  enthalten,  dem  ötvr]  „Dre- 
hung, Wirbel"  zunächst  zu  Grunde  Hegt.  Neben  öi-OTCtevstv 
„umherschauen"  (nur  Rias  10,  451)  und  krc-OTiTeveiv  „beauf- 
sichtigen" (nur  Odyssee  16,  140)  begegnet  das  unzusammenge- 
setzte OTTTEveiv  „schauen"  erst  in  nachhomerischer  Sprache; 
aus  ihm  ist  das  nominale  OTttev-  zu  erschliessen ,  das  aus  dem 
participiellen  otvto-  „gesehen"  in  ganz  ähnlicher  Weise  gebildet 
wurde,  wie  das  oben  beispielsweise  angeführte  altindische  uktä- 
vant-  „gesprochen  habend"  aus  uktä  „gesprochen".  Aus  do- 
'ABVELv  „scharf  beobachten,  belauern"  ergiebt  sich  ein  muthmass- 
liches dn/.av-  (öo-/.rjf-),  dem  das  erst  von  Hesychios  angeführte 
öoxr]  „das  Auflauern"  zu  Grunde  liegt;  aus  ÖQayf.ievaiv  „zu  Gar- 
ben sammeln"  (nur  Ilias  18,  555)  ein  ögay/nsv-  „der  mit  Gar- 
ben (dQücy/ita,  eigentlich  „das  Gegriffene,  das  Zusammengefasste") 
zu  thun  hat".  Das  in  f/rtiörj/nsveiv  „im  Volke  sein,  zu  Hause 
sein"  (nur  Odyssee  16,  28)  enthaltene  iitiörjf^iev-  „im  Volke  be- 
findlich" ist  unmittelbar  aus  drj/^in-  gebildet,  wie  mit  der  Suf- 
fixform 10  aus  der  selben  Grundlage  auch  das  homerische  ctt/- 
drjf.uo-  „im  Volke  einheimisch,  zu  Hause  anwesend"  gebildet 
wurde;  rjysfioveisiv  „führen,  anführen"  ging  aus  rjys/novsv-  her- 
vor, das  in  der  nachhomerischen  Sprache  gleichbedeutend  ne- 
ben ^ysf^ov-  „Führer,  Anführer"  liegt  und  aus  dem  auch  i^ye- 
(.lovEia  (aus  riysfiövEfia)  „Führerinn,  Ilerrschcrinn"  gebildet 
wurde;  d^mioitveiv  „Recht  sprechen,  richten"  beruht  auf  einem 
muthmasslichen  i^e^iOTti-  „der  mit  dem  Recht"  (d^e^iat-)   „zu 


lieber  die  griech.,  insb.  die  homerischen  Nomina  auf  ev.     33 

thun  hat";  d-eqa-rtEvuv-  „als  Diener  (d-egdrcavT-  oder  auch 
S^soart-)  thätig  sein,  dienen"  weist  auf  ein  zu  verrauthendes 
d-EQaTiEv-,  aus  dem  auch  das  nachhomerisclie  d^sgaTteia  (aus 
d^EQane^ia)  „Dienst"  gebildet  wurde,  und  das  selbst,  wie  es 
scheint,  ebenso  ganz  gleichbedeutend  neben  jenem  d^iqaTt-  „Die- 
ner" lag,  wie  das  eben  erwähnte  rjyE/.iovEv-  „Führer"  neben 
fiyE(.inv-.  Entschieden  aber  müssen  die  Bildungen  auf  ev  auch 
hier  in  ihrer  Bedeutung  ursprünglich  das  Gepräge  der  Ablei- 
tung tragen. 

Aus  d-rjQEVEiv  „jagen"  von  dem  dann  weiter  drjQEVT^g  „Jä- 
ger" abgeleitet  wurde,  ergiebt  sich  ein  ^r]Q£v-  {O^rjQrjf-)  „der 
mit  der  Jagd  {^^Qrj)  zu  thun  hat";  aus  ^rjTEVEiv  „um  Lohn 
arbeiten"  ein  d^rjXEv-,  aus  dem  auch  das  nachhomerische  ^rjTEia 
(aus  ^rjTE/la)  Lohndienst"  hervorging  und  das  sich  selbst  zu- 
nächst an  S^^T-  „Lohnarbeiter"  anzuschliessen  scheint,  neben 
dem  man  aber  als  zunächst  zu  Grunde  liegende  Form  vielleicht 
ein  ^r]To-  „erarbeiteter  Lohn"  vermuthen  darf.  Auch  in  dem 
aus  lüETEVEiv  „als  Schutzflehender  kommen,  anflehen"  zu  ent- 
nehmenden liCETEv- ,  das  dem  nachhomerischen  ixeteIu  ,,das 
Schutzflehen"  zu  Grunde  liegt  und  das  man  nicht  als  blosse 
Nebenform  zu  hhrjg  „Schutzflehender"  ansehen  kann,  darf  man 
ein  \v.ETO~  oder  ein  weibliches  rKEvri  „das  Flehen  um  Schutz" 
als  nächste  Grundlage  vermuthen.  In  Bezug  auf  y.BXEVELv  „an- 
treiben, auffordern,  befehlen",  von  dem  xEkEVTiäv  „wiederholt 
auffordern"  weiter  abgeleitet  wurde,  könnte  man  wegen  nach- 
homerischer Formen,  wie  des  passiven  Aorists  iyisXEvad-rjV  oder 
Ableitungen  wie  yielsva/iia  „Befehl  und  KElEvarrjg  „der  Befehler" 
an  der  Hiehergehörigkeit  vielleicht  zweifeln;  alle  zugehörigen 
homerischen  Formen  aber  gestatten  durchaus  die  Annahme  ei- 
nes zunächst  zu  Grunde  liegenden  XEksv-,  das  mit  v-elEod^m 
„antreiben,  befehlen"  eng  zusammen  hängen  wird  und  vielleicht 
zunächst  an  ein  weibliches  y-Elrj  „das  Antreiben"  sich  anschloss. 
Neben  y-Ioxotzevelv  ,  das  nur  Ilias  19,  149  begegnet  und  „zau- 
dern" oder  ähnliches  bedeutet,  liegt  gar  keine  näher  zugehörige 
Form,  an  die  sich  das  zunächst  anzusetzende  vlozoTtEv-  an- 
schliessen  könnte,  wie  denn  überhaupt  zahlreiche  griechische 
Bildungen  mit  scheinbar  suffixalem  n  in  Bezug  auf  ihre  etymo- 
logische Erklärung  noch  grosse  Schwierigkeit  machen.  Aus 
XaßQEVEod^ai  „vorschnell  schwatzen,  keck  reden"  ergiebt  sich 
zunächst  ein  XaßqEv-,    auf  dem  auch   das  nachhomerische  Xa- 

3 


34  Leo  Meyer 

ßQELa  (aus  laßQEfia)  „das  dreiste  Reden,  Geschwätzigkeit"  be- 
ruht und  das  selbst  zunächst  an  Idßgo-  „ungestüm"  sich  an- 
schliesst,  so  dass  es  in  erster  Bedeutung  wohl  „den  mit  Unge- 
stüm Handelnden"  bezeichnete ;  aus  XiOTQSveLV  „umgraben"  (nur 
Odyssee  24,  227)  ergiebt  sich  ein  XiarQev-  „der  mit  dem  Schab- 
eisen {liaTQOv ,  nur  Odyssee  22,  455)  zu  thun  hat".  Dem  aus 
XiTav&öeLv  „bitten,  flehen"  zu  entnehmenden  Xizarev-,  auf  dem 
auch  das  nachhomerische  XiTaveia  (aus  hxavefia)  „Bitten,  Fle- 
hen" beruht,  liegt  zunächst  zu  Grunde  das  adjectivische  Uxavo- 
„zum  Bitten  gehörig",  das  im  substantivischen  Neutrum  auch 
für  „Bitten"  gebraucht  wird.  In  Xtoßsveiv  „verspotten"  und 
S7tL-Xtoßev€iv  „verspotten"  (nur  Odyssee  2,  328)  ist  ein  Xioßev- 
(Xcüßijf-)  „der  mit  Schmähung  \lc6ßrj)  zu  thun  hat"  enthalten. 
Aus  (xavTEVEG^ai  „weissagen,  voraussagen"  ist  ein  /navTev-  zu 
erschliessen ,  aus  dem  auch  (.lavrrjfLO-  „Weissagung,  Orakel- 
spruch" (nur  Odyssee  12,  272)  und  das  nachhomerische  f.iav- 
xEia  (aus  fiavTsfia)  „das  Weissagen"  hervorgingen ;  als  nächste 
Grundlage  jenes  ^lavtsv-  aber  darf  man  möglicher  Weise  ein 
dem  männlichen  /.iocvti-  „Seher,  l'rofet"  zur  Seite  liegendes 
weibliches  f.idvTi-  „das  Sehen  in  die  Zukunft"  oder  auch  ein 
(.lavxo-  muthmassen;  aus  fiazeveLV  „suchen,  aufsuchen"  ergiebt 
sich  ein  (xarev-  und  daraus  weiter  ein  nominales  f^iaxo-  „das 
Suchen",  das  weiter  mit  (.laij^idw  „ich  verlange"  und  seiner  Ver- 
wandtschaft eng  zusammen  hängen  wird.  Das  aus  fivrjoxeveiv 
„werben,  freien''  zu  folgernde  (.ivyigtev-  „der  Freier",  aus  dem 
auch  das  nachhomerische  fivrjaTEia  (für  /nrrjOTEfla)  „das  Freien, 
das  Werben"  unmittelbar  hervorging,  weist  auf  (.ivrjöxö-  „ge- 
worben, gefreit",  bei  Homer  „vermählt"  und  wird  zunächst  be- 
deuten „der  mit  der 'Geworbenen  (iurrjorrj)  zu  thun  hat".  Aus 
(.iviyoloyEVELv  „erzählen,  sagen"  ist  ein  fivd^oloyEv-  zu  entneh- 
men, das  unmittelbar  auf  Xöyo-  „Erzählung"  (bei  Homer  nur 
in  dieser  Bedeutung)  zurückführt ;  aus  [.KOf-iEÜEiv  „tadeln,  schmä- 
hen" (nur  Odyssee  G,  274)  ein  jhio/uev-  „der  mit  Tadel  {(xwf-io-) 
zu  thun  hat,  mit  Tadel  sich  abgiebt";  aus  vrjrtiaxevEiv  „kin- 
disch sein,  Kinderspiele  treiben"  (nur  Ilias  22,  502)  ein  vrjnia- 
XEi-  „der  sich  mit  Kindischem  {vrjULayo-)^  mit  kindischen  Din- 
gen abgiebt";  aus  oöeveiv  „gehen"  (nur  Ilias  11,569)  ein  odeL-- 
„der  mit  dem  Gange  {odö-)  zu  thun  hat,  der  geht".  Auch 
/oivoyoßEuEiv  „Wein  einschenken"  führt  durchaus  nicht  etwa 
unmittelbar  auf  /(Hvoydpo-  „Weinschenk"  zurück,   sondern  zu- 


lieber  die  griech.,  insb.  die  homerischen  Nomina  auf  sv.     35 

nächst  auf  ein  ein  foivoxoßsv-  „der  mit  dem  Weinschenken  zu 
thun  hat"  und  das  lehnt  sich  in  seinem  Schlusstheil  an  yo/i^ 
„der  Guss,  das  Ausgiessen".  Aus  oiot£V€lv  „mit  dem  Pfeil 
schiessen"  und  öi-oiaTevscv  „einen  Pfeil  durchschiessen"  ergiebt 
sich  ein  oiazev-  „der  mit  Pfeilen  {oiaTO-)  zu  thun  hat".  Auch 
QTtlTtsieiv  „sich  wonach  umschauen"  führt  nicht  etwa  auf  orct- 
7T7f]g  „Gaffer",  wie  es  in  TtaQd-evont/trjg  „Mädchenbegaffer"  (nur 
Ilias  11,  385)  enthalten  ist,  zurück,  sondern  zunächst  auf  ein 
o/rlTtev-  „gaffend",  das  selbst  wohl  aus  einer  neben  oTttoTt^ 
„das  Schauen"  zu  denkenden  gleichbedeutenden  Nebenform 
nitlTirj  hervorging.  Ebenso  ergiebt  sich  aus  TtovvoTtoqeveiv  „das 
Meer  befahren"  ein  jtovTouoQsv-  wie  ähnlich  aus  dem  nachho- 
merischen rroQEvsG&ai  „fahren"  ein  bei  Hesychios  in  der  Be- 
deutung ,, Fähr  mann"  auch  aufgeführtes  Ttoqev-,  die  beide  zu- 
nächst auf  das  einfache  ttoqö-  „Fahrt,  Bahn,  Weg"  zurück- 
kommen. Aus  iTtTco^Eveiv  „betteln"  ergiebt  sich  ein  tttcoxsv- 
„der  mit  dem  Bettelhaften  (rczioxo-)  zu  thun,  Bettler"  auf  das 
auch  die  nachhomerischen  TtrcDyielov  (aus  Ttrioxsfiov)  „Bettler- 
herberge" und  mioyßia,  ionisch  TtTcoy^lrj  (aus  Tczcoxrjfli])  „Bet- 
telhaftigkeit ,  Bettelei"  zurückführen;  aus  avlsveiv  „berauben, 
bestehlen,  betrügen"  ergiebt  sich  ein  avXev-,  das  später  auch 
als  Eigenname  begegnet  und  das  aus  avlov  „Raub",  neben  dem 
später  hie  und  da  auch  ein  weibliches  avlrj  gebraucht  wird, 
abgeleitet  wurde,  wie  unser  Rauher  von  Raub.  In  TolvTtevBLv 
„anzetteln,  bereiten,  verrichten"  ist  ein  nominales  xolvrtEv-  ent- 
halten, das  von  froAu/TJ^  „Knäuel"  ausging  und  also  zunächst 
den  bezeichnete,  der  mit  einem  Knäuel  zu  thun  hat.  Das  aus 
To^evEiv  „mit  dem  Bogen  schiessen"  (nur  Ilias  23,  855),  von 
dem  weiter  ro^Evr^g  „der  Bogenschütz"  (nur  Ilias  23,  850)  ge- 
bildet wurde,  zu  entnehmende  to^ev-,  aus  dem  auch  das  nach- 
homerische ro^Eia  (für  ro^Efia)  „das  Schiessen  mit  dem  Bogen" 
hervorging,  begegnet  in  der  nachhomerischen  Sprache  noch  als 
Eigenname;  es  bezeichnete  den,  der  mit  dem  Bogen  zu  thun 
hat;  das  dem  homerischen  vöqeveiv  und  vdQEVEad-at  „Wasser 
holen"  zu  entnehmende  vÖQEvg  „der  Wasserschöpfer",  das  sich 
unmittelbar  an  vöioq  „Wasser"  anschliesst,  begegnet  auch  noch 
in  späterer  Sprache ;  aus  ihm  bildeten  sich  auch  die  nachhome- 
rischen vÖQEia  (für  vÖQEfia)  „das  Wasserschöpfen,  das  Wasser- 
holen "und  vÖQsXov,  ionisch  vÖQtjiov  (für  vdqi^fiov)  „Schöpfeimer". 
Aus  g)VTEV€i,v  „pflanzen,  schaffen,  bereiten"  ergiebt  sich  q)VT€i-, 

3* 


3G  Leo  Meyer 

das  in  späterer  Sprache  noch  als  Eigenname  begegnet  und  aus 
dem  das  nachhomerische  cpviela  (für  q)VTefla)  „das  Pflanzen" 
entsprang;  es  bezeichnet  den,  der  mit  Pflanzen  ((pvTO-),  mit 
Gewäclisen  zu  thun  hat;  aus  XVQ^^^^^  „entblösst  sein,  leer  sein", 
(nur  Odyssee  9,  124)  zu  folgern  ist  ein  XVQ^^~  „entblösst,  be- 
raubt", aus  dem  auch  das  nachhoraerische  xrjQda  (für  yjjQsfla) 
„Wittwenstand"  hervorging  und  das  sich  selbst  zunächst  an- 
schliesst  an  x^JQo-  „beraubt,  entblösst",  so  dass  es  wohl  zuerst 
bedeuten  konnte  „der  mit  dem  Entblösstsein  zu  thun  hat"; 
auch  yoilEvELV  „lahm  sein ,  hinken"  kann ,  wie  nahe  das  seiner 
Bedeutung  nach  auch  zu  liegen  scheint,  nicht  unmittelbar  auf 
yiako-  „lahm"  zurückführen,  sondern  ergibt  ein  pjwAfi;-,  das 
auch  dem  nachhomerischen  xw^aia  (für  %ioX£fid)  „Lahmheit" 
zu  Grunde  liegt  und  das  selbst  erst  auf  xa)X6-  „lahm"  zurück- 
führt und  zunächst  bedeuten  konnte  „der  es  mit  dem  Lahmen, 
mit  der  Lahmheit  zu  thun  hat". 

Zu  diesen  zahlreichen  homerischen  Verben  auf  eveiv,  ne- 
ben deren  meisten  die  zunächst  zu  Grunde  liegende  Norainal- 
form  auf  £v  sich  nur  noch  muthmassen  liess  und  die  weniger 
„das  sein,  was  die  je  zu  Grunde  liegende  Form  sagt"  bedeuten, 
als  „sich  als  solchen  thätig  erweisen",  lassen  sich  noch  ein  paar 
hinzufügen,  die  selbst  aus  weiter  abgeleiteten  Bildungen  auch 
nur  vermuthungsweise  entnommen  werden  können,  so  ein  tEXev- 
eiv  „enden,  zu  Ende  sein",  aus  dem  weiter  ein  rslev-  „endend, 
ein  Ende  (tskog,  wie  Ilias  18,  378:  tyov  teXoq  „sie  hatten  Voll- 
endung, waren  fertig")  habend"  zu  folgern  ist.  Auf  jenes  ts- 
Xeveiv  aber  weist  das  homerische  zelEVTiq  „Beendigung,  Ende" 
noch  deutlich  hin,  aus  dem  weiter  noch  xeXevTasLv  „vollenden, 
erfüllen"  und  daraus  ccTsXevvrjTO-  „unvollendet,  unerfüllt"  ab- 
geleitet wurde.  Auch  ccQvevTrjQ  „Taucher,  Luftspringer"  (nur 
Ilias  12,  385  =  Odyssee  12,  413  und  Ilias  16,  742 ;  jedes  Mal 
im  selben  Versschluss)  ergiebt  ein  Zeitwort  ccqvevsiv  „sich  über- 
schlagen, sich  kopfüber  stürzen",  aus  dem  weiter  ein  agvei-  und 
daraus  vielleicht  ein  dgvo-  „Drehung"  zu  folgern  ist.  Aus  x^a- 
TEVTrjg  „gabelförmige  Stütze,  Feuerbock"  (nur  Ilias  9,  214)  wird 
man  auch  ein  Zeitwort  y^gaieveiv  und  daraus  ein  y.qazEv-  ent- 
nehmen dürfen,  das  möglicher  Weise  mit  Y.QdTog-  „Kraft,  Ge- 
walt" zusammenhängt. 

Ein  grosser  Theil  der  homerischen  Bildungen  auf  av  (rjf) 
gehört,  wie  oben  bereits  bemerkt  wurde,  in  das  Gebiet  der  Ei- 


Ueber  die  griech.,  insb.  die  homerischen  Nomina  auf  ev.     37 

gennaraen  und  der  Vollständigkeit  wegen  führen  wir  auch  sie 
noch  siimmtlich  auf,  ohne  indessen  bei  den  einzelnen  uns  auf 
etwa  weiter  abführende  etymologische  Untersuchungen  einzulas- 
sen. Nur  das  unterlassen  wir  nicht  wieder  hervorzuheben,  dass 
auch  alle  p]igennamen  auf  ev  durchaus  nur  in  das  Gebiet  der 
abgeleiteten  Nomina  gehören  können.  Der  Name  L4Zev-,  der 
sich  aus  Idtsfidrjg  ..Sohn  des  Azeus"  ergiebt,  mag  zu  aCa 
„Schmutz,  Schimmel"  (bei  Homer  nur  Odyssee  22,  184)  gehö- 
ren; ^iyev-  ergiebt  sich  aus  ^iysfiörjg  ,.Sohn  des  Aigeus"; 
^ktüsv-  gehört  wohl  zu  dlcorj  „Tenne,  Saatfeld";  l4(xaqvyKev- 
nebst  !Af.iaQvyy.sJ^idr^q  „Sohn  des  Amarynkeus";  lixQsv-,  aus 
dem  sowohl  LdfrQSJ^idrjg  als  Idr^efiiov  „Sohn  des  Atreus"  abge- 
leitet wurden,  begegnet  in  später  Zeit  noch  als  vereinzeltes  Ad- 
jectiv,  aber  dieses  argev-  „unerschütterlich"  ist  seiner  Bildung 
nach  gar  nicht  ganz  klar;  L4cfaQev-  gehört  schwerlich  zu  dem 
bei  Aristoteles  begegnenden  acpagsv-,  das  eine  bestimmte  Flosse 
des  Thunfisches  bezeichnet;  ^AiiXkhv-  oder  ^AxlXbv-  hat  man  aus 
dyt-ayjuiv  „betrüben,  kränken",  in  dem  das  dx  als  Reduplica- 
tionssilbe  unverkennbar  ist,  und  Xäfo-  „Volk"  deuten  wollen 
„Volksbetrüber,  Volksquäler '  und  in  Bezug  auf  seinen  Schluss- 
theil  mit  ßaailev-,  das  gewöhnlich  als  „Volksführer"  erklärt 
ist,  verglichen;  dabei  ist  aber  bedenklich,  dass  das  homerische 
la:6-  „Volk"  sonst  nirgends  zu  kev-  verkürzt  ist  und  in  Namen 
wie  MevsXafo-,  l^yiläfo-,  IdfQxsaLXdßO-,  IlQWTeolläfo-,  Eqvlafo-, 
^O^evtläfo-,  neben  dem  aber  zum  Beispiel  die  verkürzte  Namens- 
form ^d^evelo-  vorkömmt,  auch  ganz  unversehrt  erhalten  blieb. 
Aus  dem  Genetiv  Bgla^/ng  (Ilias  1,  392)  und  dem  abge- 
leiteten BqLorißid-  „Tochter  des  Briseus"  ergiebt  sich  ein  BqI- 
aei-.  Bei  Povrev-  liegt  nah  an  X9^P~  ^'Hügel,  Saatland"  zu 
denken;  ^EXargev-,  ein  Fäake,  wird  wohl  nach  einem  muth- 
masslichen  alaTQO-  „Ruder",  das  sich  nach  IXazriQ-  „Treiber", 
„Ruderer"  vermuthen  lässt,  benannt  sein;  'Evvsv-  hängt  viel- 
leicht zusammen  mit  ^Evtio,  dem  Namen  der  Kriegsgöttinn,  und 
mit  'Evvdhog,  einem  Beinamen  des  Ares;  "ETtuyev-  schliesst 
sich  möglicher  Weise  an  IfCEiysiv  „bedrängen";  ^Egerf-isv-,  ein 
Fäake,  ist  deutlich  „der  mit  dem  Ruder  (igerfw-)  zu  thun  hat, 
der  Ruderer".  Weiter  sind  zu  nennen  ^Eqsyßev-,  "Etscovsv-,  der 
vielleicht  benannt  wurde  nach  der  Stadt  'Etecovog  in  Böotien; 
EvQva&Evg,  das  öfters  als  blosse  Verkürzung  aus  BvQvad-eveg- 
„weitreichende  Gewalt  habend"  angesehen  ist;  Fihovev-,  das 
möglicher  Weise  mit  Fihog  zusammen  hängt;  Flcpev-,  wohl  zu 


38  Leo  Meyer 

fi(pi  „kräftig";  Fotvev-  nebst  Foivefldrjg  „Sohn  des  Voineus", 
das  an  ßoivo-  „Wein"  sich  anschliesst;  ^Hiovev-,  der  vielleicht 
nach  dem  Meeresufer  (ijiov-)  genannt  wurde;  ^HviOTcev-;  Otjosv-, 
das  noch  durchaus  unaufgehellt  ist;  ^löoftsvev- ,  das  kaum  mit 
dem  Bergnaraen  "/d>y  zusammen  hängen  wird ;  ^Itv/hovsv-  ;  Kat- 
vev-  nebst  Kaivspidrjg  „Sohn  des  Kaineus",  das  möglicher  Weise 
an  y.aivva&at.  „sich  auszeichnen"  sich  anschliesst;  Kartavev- 
nebst  den  davon  abgeleiteten  KanaviqfLO-  und  Ka7tavrjfiadr]g 
„Sohn  des  Kapaneus";  KoTtQsv-,  das  sich  deutlich  an  yioTtgo- 
,Mist,  Koth"  anschliesst;  KQrjd-av-;  yleovrev-^  das  von  Xtavt- 
„Löwe"  ausging.  An  jualav-  „dunkel",  „schrecklich"  schliesst 
sich  Melavsv-  und  ausserdem  auch  Melav&sv-,  welcher  letz- 
tere auch  Msldv9-L0~  genannt  wird  und  das  weibliche  MeXavd^io 
zur  Seite  hat.  Neben  Mevead-ev-  begegnen  auch  die  Formen 
Meviad^rjg  und  Mevsod-io-  und  bei  Hesiod  das  weibliche  Me- 
vead^ut.  Zu  ^ii]kioto-  „der  längste"  gehört  MrfKiaTev-,  von  dem 
Mrf/.iarLccdrjg  „Sohn  des  Mekisteus"  abgeleitet  wurde.  Der  Name 
des  Fäaken  Navrsvg  wurde  wohl  als  Nebenform  von  vavtrjg 
„Schiffer,  Seemann"  gebildet  oder  ist  möglicher  Weise  als  dar- 
aus abgeleitet  zu  denken.  Bei  dem  Sohne  des  Poseidaon  Ntj- 
Xev-  mit  den  patronymischen  Ableitungen  JSrjXrjjno-,  NrjXefidT]g 
und  NrjXrjfiddrjg  und  bei  dem  Sohne  des  Pontes  Nrjgsv-,  den 
Homer  aber  nur  in  der  Ableitung  NrjQrjfid-  „Tochter  des  Ne- 
reus"  hat,  liegt  nah,  an  einen  Zusammenhang  mit  dem  altindi- 
schen snä  „sich  baden,  sich  waschen":  snä'd  „er  badet  sich" 
zu  denken,  an  das  auch  das  nachhomerische  vijgo-  oder  vöqo- 
„flüssig,  fliessend"  sich  anschliesst;  weniger  deutlich  ist  der 
Name  NIqev-.  Als  Grundlage  von  ^Oövaoev-  und  ^Odvaev-,  aus 
dem  ^Odva^ßio-  abgeleitet  wurde,  ist  zunächst  eine  Nominalform 
oövaao-  oder  odiaoa  zu  vermuthen  und  seine  unmittelbare  Zu- 
sammenstellung mit  der  Verbalform,  die  in  der  Perfectform 
odoJövazaL  „er  zürnt"  (Odyssee  5,  423)  und  in  Aoristformen 
wie  6dvaad(.ii-vog  „zürnen"  heraustritt,  kann  nicht  richtig  sein. 
Weitere  Formen  sind :  ^Ofllav-  nebst  dem  patronymischen  '0/t- 
Xictörig;  ^OÜ^Qvovsv- ;  'ÖTgeu- ,  das  vielleicht  mit  orgaleo-  „hur- 
tig, rasch**  zusammen  hängt;  ^Otqvvtbv-'  nebst  dem  abgeleiteten 
^OTQvvTefidrjg  „Sohn  des  Otrynteus",  das  sich  wohl  an  otqvvuv 
„antreiben,  ermuntern"  anschliesst;  navo^tev-,  der  Name  eines 
Griechen  und  auch  Name  einer  Stadt  in  Fokis;  üegaev-  nebst 
dem  abgeleiteten  IleQarjj^iddTjg  „Abkömmling  des  Perseus" ;  Ut]- 


Ueber  die  griech.,  insb.  die  homerischen  Nomina  auf  ev.     39 

Xev-  nebst  den  patronymischen  Bildungen  IlrjX^fio-,  nrjleficüv, 
nrjlsfidrjg  und  IlrjXrjfKxdrjg;  IIiT&ev-;  Jlngd^ev-,  das  wohl  an 
itiqd-ELv  und  TtoQd^tiv  „zerstören"  sich  anschliesst ;  die  drei  Fäa- 
kennamen  JIovTsvg,  IlQv/^tvevg  und  JflQioQsvg,  die  der  Reihe  nach 
aus  rcoviog  „Meer",  7tQvf.ivr]  „Schiffshintertheil"  und  TtQWQtj 
„Schiffsvordertheil"'  gebildet  wurden;  Tvdev-  nebst  Tvdsfiörjg 
„Sohn  des  Tydeus",  die  man  gemeint  hat  zum  lateinischen  tun- 
dere  „stossen"  stellen  zu  dürfen;  Oiqyev- ,  das  wohl  von  (pr^yn- 
,. Speiseiche" .  ausging  und  OvXev-  nebst  0vX€fidr]g  „Sohn  des 
Fyleus",  das  sich  wohl  unmittelbar  an  cpvlo-  ,  Geschlecht"  an- 
schliessen  wird.  Wahrscheinlich  ist  auch  noch  aus  dem  patro- 
nymisch  gebildeten  0Llofir]XsJ^idrjg  (Odyssee  4,  343  und  17,  134) 
ein  0iXoiLir]l€v-  zu  entnehmen. 

Eine  kleine  Reihe  von  Eigennamen  auf  sv  mag  noch  be- 
sonders genannt  sein,  so  l^fidwv&v-,  das  die  kürzeren  Z^ftd- 
und  l4/idr]g  neben  sich  hat  und  als  bei  Hesychios  angeführt 
auch  die  Form  14'löcüv.  Als  Gottheit  des  Meeres  ist  nqiorev- 
bekannt,  das  kaum  zu  7tQ0JT0-  „der  erste"  gehören  wird.  Ne- 
ben Tvcpiütv-  begegnet  nachhomerisch  die  Form  Tv(paov-  und 
mit  Contrahirten  Vocalen  Tvcpcov-  und  attisch  und  dorisch  auch 
Tvffcog.  Als  Ausgangsform  für  ^/nivd^ev-,  den  Beinamen  des 
Apollon,  wird  ein  männliches  o^ilvd^o-  oder  weibliches  Gf.iivi^a 
„Maus"  angegeben,  während  Aristarch  den  Namen  auf  eine 
Stadt  ^alvlhrj  zurückführt.  Auch  sonst  sind  die  Bildungen  auf 
£v  von  Ortsnamen  ausgegangen,  so  die  homerischen  JovXixisv- 
„Dulichier"  von  JovXlxiov  und  Olyaliev-  ,,Oechalier"  von  Ol- 
yallr].  Daneben  sind  auch  zu  nennen  ^Id^wrcsv-  (nur  Ilias  1, 
423:  u4ld^i07t^fag)  als  Nebenform  von  ^Id^ioTt-  „Aethiope", 
JioQiev-  „Dorier"  und  Ocoyiev-  „Einwohner  der  Landschaft  Fo- 
kis".     Als  Flussname  auf  ev  ist  'EvlTtev-  in  Fthiotis  anzuführen. 

Vielleicht  lassen  einige  alte  Bildungen  auf  ev  sich  auch 
noch  aus  homerischen  Femininformen  entnehmen.  So  wird  man 
ein  männliches  l4XaXA0(.ievev-  als  ihm  zunächst  zu  Grunde  lie- 
gend aus  dem  Beinamen  der  Athene  ^laX/.o/nevrjflö-  vermuthen 
dürfen,  falls  man  dieses  auf  die  gegebene  Weise  richtig  mit  in- 
nerem /  schreibt.  Seiner  Bildung  nach  schliesst  es  sich,  ganz 
wie  zum  Beispiel  das  ebengenannte  Olyahev-  aus  dem  Namen 
der  Stadt  OixccXiri  gebildet  wurde,  am  bequemsten  an  den  Na- 
men der  böotischen  Stadt  ldXaXY.of.ievai.  Bei  lAlaXKOfievrjid-  an 
die   Bedeutung   „Abwehrerinn"   zu  denken,    ist   schon   deshalb 


40  Leo  Meyer 

schwer  möglich ,  weil  um  diese  Bedeutung  aus  der  Wurzelform 
aXx  „abwehren"  hervorgehen  zu  lassen,  die  Sprache  sicher  solch 
schwerfälliger  Bildung  nicht  bedurft  hätte,  wie  der  Name  sie 
zeigt.  Auch  /Zw^/y/td-,  das  nur  Odyssee  19,  518  als  Beiwort 
der  Nachtigall  begegnet,  wird  inneres  /  enthalten;  es  schliesst 
sich  augenscheinlich  an  das  nachhomerische  männliche  ;{Aw^£t;-, 
den  Namen  eines  Vogels,  der  wohl  als  „der  im  Grün  (x^coqo-) 
sich  aufhaltende"  bezeichnet  werden  sollte.  Das  nachhomeri- 
sche TtQsaßrjiö-,  womit  in  dem  Hymnus  an  die  Hestie  die  rifii] 
wohl  als  die  „Ehre  einer  Ehrwürdigen"  bezeichnet  werden  soll, 
enthielt  ohne  Zweifel  auch  altes  inneres  /,  wie  es  auch  noch 
anzunehmen  sein  wird  für  das  zugehörige  homerische  rtQEoßrj- 
fLOv  „Geschenk  für  einen  Ehrwürdigen,  Ehrengeschenk"  (nur 
Ilias  8,  289j.  Die  Formen  schliessen  sich  nicht  unmittelbar  an 
das  aus  den  homerischen  TCQeoßmeqo-  ,, älter",  TtQeoßvxaxo-  „der 
älteste"  und  TTQeoßvysveg-  ,. erstgeboren"  (nur  Ilias  11,  249)  zu 
entnehmende  Ttgsaßv-,  „alt",  sondern  an  die  Form  7rQ£a߀v-, 
die  erst  in  der  nachhomerischen  Sprache  und  zwar  hier  auf  die 
Bedeutung  „Gesandter"  beschränkt  auftritt  und  auf  die  auch 
die  nachhomerischen  TtQEGßsveLV  ,, älter  sein,  den  Vorrang  ha- 
ben, herrschen",  „Gesandter  sein";  „hochschätzen"  und  n^eo- 
ßela  (für  Ttgeoßefia)  „das  Alter";  „Gesandtschaft"  zurückfüh- 
ren. Möglicher  Weise  enthält  auch  der  Quellname  Meoarjid- 
(Ilias  6,  457)  das  innere  /,  so  dass  er  auf  eine  männliche  Bil- 
dung auf  Ev  zurückführen  würde.  Eine  gleiche  Grundlage  ist 
auch  denkbar  bei  mehreren  weiblichen  Formen  auf  Eia,  das  aus 
Bf  La  entstanden  sein  könnte,  wie  bei  ^lyiäleia,  der  Gemahlinn 
des  Diomedes  (Ilias  5,  412),  neben  dem  in  der  nachhomerischen 
Zeit  ein  AlyLalev-  wirklich  vorkömmt;  lA(.iad^eLa  „eine  Nereide", 
das  wohl  auf  afiad^o-  „Sand"  zurückführt ;  ^!AvT€ia;  Idatvö^ua, 
^l7t7to6äf.iua ;  u^Ufodd/iieia;  nrjvelorcsia  und  Kvd^iqeia.  Bei 
neQa€q)6veia  ist  der  enge  Anschluss  an  die  schon  oben  genann- 
ten männlichen  Bildungen  TtazQOcpovfj/-  „Vatermörder"  und  das 
einfache  cpov^f  {(povev-)  „Mörder"  nicht  zu  verkennen. 

Damit  aber  wird  der  Umfang  der  homerischen  Bildungen 
auf  7]J^  (£1;)  so  ziemlich  erschöpft  sein.  Es  erübrigt  nun  nur 
noch  über  ihr  Suffix  selbst  etwas  zu  sagen,  das  sich  aber  auf 
das  Nothwendigste  beschränken  mag.  Da  die  Bildungen  auf 
iy/  oder  «/  {ev)  sich  durchaus  als  abgeleitete  herausgestellt  ha- 
ben,  so  kann  der  ihrem  suffixalen  j=-  vorausgehende  Vocal  nur 


Ueber  die  griech.,  insb  .  die  homerischen  Nomina  auf  sv,     41 

der  je  zu  Grunde  liegenden  Grundform  angehören  und  wird  seine 
Dehnung,  wo  sie  nicht  vielleicht  jener  Grundform  selbst  noch 
verdankt  wird,  wohl  durch  einen  besonderen  Einfluss  des  Halb- 
vocales  hervorgerufen  sein.  Ein  blosses  /  aber  kann  kein  Suf- 
fix sein,  und  deshalb  ist  nicht  daran  zu  zweifeln,  dass  neben 
diesem  /  noch  ein  ursprünglich  folgender  Vocal  eingebüsst  ist, 
wie  es  im  Griechischen  überhaupt  in  so  vielen  consonantisch 
auslautenden,  insbesondere  mehrsilbigen  Nominalgrundformen 
der  Fall  gewesen  ist,  wie  zum  Beispiel  in  ogrvy-,  seltener  oqtvk- 
„Wachtel''  neben  dem  gleichbedeutenden  altindischen  variaka-, 
in  dem  homerischen  €Qifr]Q-  (nur  in  der  Mehrzahl  gebraucht) 
neben  eQij^rjQO-  „lieb,  werth"  und  andern  mehr.  So  werden  wir 
auf  eine  Suffixform  fo  oder  in  älterer  Gestalt  va  geführt ,  der 
wir  auch  im  Altindischen  in  manchen  abgeleiteten  Bildungen 
begegnen.  Sie  tritt  zum  Beispiel  entgegen  in  Kaigavä-  ,jmit  j 
Haar  {Käica-)  versehen,  langhaarig";  in  Kurardvä-  „eine  an  j  f;^ 
Meeradlern  [Kürara-)  reiche  Gegend",  welche  Bedeutung  von 
Böhtlingk  und  Roth  allerdings  nur  mit  Fragezeichen  angeführt 
wird,  in  räjivä-  „gestreift,  mit  Streifen  {räjx  f.)  versehen". 
Die  beiden  letzten  hier  angeführten  Bildungen  treten  mit  ihrem 
vor  dem  v  gedehnten  Vocal  den  griechischen  auf  iji/  als  sehr 
ähnliche  zur  Seite,  während  Kaicatä-  dadurch  noch  besonders 
beachtenswerth  ist,  dass  es  ein  gleichbedeutendes  volles  Käi^a- 
vant-  zur  Seite  hat.  Es  ist  nicht  daran  zu  zweifeln,  dass  das 
Suffix  va  im  Grunde  gar  nichts  anderes  ist  als  eine  Verstümm- 
lung von  vant.  Auch  vor  diesem  tritt  im  Altindischen  biswei- 
len gedehnter  Vocal  auf,  wie  zum  Beispiel  in  dem  vedischen 
dgvävant-  neben  dcvavant-  „mit  Pferden  (dcva-)  versehen,  reich 
an  Pferden".  Auch  die  griechischen  Bildungen  auf  T]f  (ev)  las- 
sen die  Bedeutung  des  mit  etwas  Versehenseins  mehrfach  noch 
ganz  deutlich  heraustreten,  wie  zum  Beispiel  das  homerische 
dova^rjf-  „mit  Rohr  [dova^i-)  Versehenes,  Rohrgebüsch". 
Dorpat,  den  21  (9.)  sten  Juni  1876. 

Leo  Meyer. 

Mythologisches  in  altlitauischen  Texten. 

Die  Mitteilungen  über  litauische  Mythologie,  welche  Schlei- 
cher in  seinen  Aufsätzen  über  „Litauische  Götternamen"  und 
„die  Laumes"  (vgl.  dessen  „Lituanica"  in  den  Sitzungsberichten 


\ß 


42  A.  Bezzenberger 

der  k.  Akademie  zu  Wien  phil.-hist.  Cl.  XL  Bd.  Jahrg.  1853 
S.  89  ff.)  gemacht  hat,  lassen  sich  erheblich  erweitern.  Indem 
ich  mir  vorbehalte,  bei  anderer  Gelegenheit  die  mythologischen 
Nachrichten  der  Geschichtsquellen  und  die  in  der  modernen  lit. 
Sprache  erhaltenen  Reminiscenzen  an  die  heidnische  Zeit  des 
lit.  Volkes  zu  behandeln,  beschränke  ich  mich  diessmal  darauf, 
die  in  den  von  Schleicher  nicht  benutzten  altlit.  Sprachdenkmä- 
lern enthaltenen  mythologischen ,  resp.  heidnischen  Worte  und 
Beziehungen,  welche  in  der  modernen  Sprache  nicht  mehr  nach- 
zuweisen sind,  zusammenstellend  zu  besprechen.  Viel  ist  es 
freilich  nicht,  was  die  Texte  des  16.  und  17.  Jahrh.  in  jener 
Hinsicht  bieten,  indessen  bei  der  Dunkelheit,  welche  das  natio- 
nale Leben  der  baltischen  Völker  in  ihren  früheren  Zeiten  bis 
jetzt  umgibt,  wird,  so  denke  ich,  auch  das  wenige  willkommen 
sein.     Ich  gebe  alles  was  ich  gefunden  habe. 

Die  Namen  Aiicars ,  kaukai ,  zemepatis  (-czei)  begegnen 
ausser  an  den  von  Schleicher  angeführten  Stellen  an  zwei  an- 
deren, in  dem  IL  Bande  der  Bretkenschen  Postille  (Königsberg 
1591)*)  befindlichen:  1)  Pamefkigi  miela  Lietuwa  melßiffi 
kaukus,  Atäcara,  Szemepaczius  alba  kitas  Deiwes  ir  numirußus 
fchwentfi fius  p.  101  **);  2)  durnai  Lietmoa  pirm  fchu  mein 
meldeffi  Szemepaczus,  Kaukus  p.  180  ***). 

An  zwei  Stellen  der  Bretkenschen  Bibelübersetzung  (ver- 
fasst  in  den  Jahren  1579 — 1590)  findet  sich  das  Wort  elkas 
Hain,  und  zwar  beide  Mal  als  Randglosse:  1)  „lucos  Haine  el- 
kai'^  zu  I.  Kön.  14.  2'6  Nefa  ir  anis  faxo  pakure  Aukfchiibes 
\kalwas],  Stulpus  ir  Goius  ant  wifsu  aukfchlu  kalwii,  2)  „Hay- 
nen.  relküs^'  zu  Richter  3.  7  tarnatca  Baalim  hei  Goiams.  — 
Elkas  entspricht  dem  lett.  elks  (jötze,  Abgott,  das  von  Fick  113. 
308  richtig  mit  got.  alhs  as.  alah  ags.  ealh  combinirt  ist. 

Beachtet  man,  dass  die  ursprüngliche,  allgemeinere  Bedeu- 


*)  Ueber  dieses  Werk,  wie  über  die  weiter  unten  zu  citirenden 
vgl.  meine  bald  erscheinenden  „Beiträge  zur  Geschichte  der  litauischen 
Sprache". 

**)  Lass  ab,  liebes  Litauen,  die  kaukai,  den  Aitvars,  die  zemepaczei 
oder  die  übrigen  Götzen  und  die  toten  heiligen  zu  verehren.  —  Die  letz- 
ten Worte  beziehen  sich  auf  den  katholischen  Heiligendienst,  gegen  den 
Bretkeu  auf  der  vorhergehenden  Seite  geeifert  hat. 

***)     In    törichter   Weise   verehrte  Litauen   vor  dit-scr  Zeit  die  zeme- 
paetei  und  kaukai. 


Mythologisches  in  altlitauischen  Texten.  43 

tung  der  verglichenen  Wörter  höchst  wahrscheinlich  „Heilig- 
tum" ist,  dass  das  lettische,  wie  das  germanische  Etymon  un- 
seres litauischen  Wortes  einen  mythologischen  Wert  hat,  dass 
an  den  beiden  angeführten  Stellen  von  heiligen  Hainen  die  Rede 
ist,  so  wird  man  zu  der  Annahme  gedrängt,  dass  ellcas  nicht 
schlechthin  „Hain",  sondern  den  Hain  als  Heiligtum  der  Götter 
bezeichne.  Dass  Bretken  diess  nicht  ausdrücklich  angegeben 
hat,  tut  nichts  zur  Sache,  denn  seine  Marginalglossen  waren 
unzweifelhaft  nur  eine  Notiz  für  ihn  selbst,  dass  an  jenen  Stel- 
len das  Wort  Hain  besser  durch  elkas ,  als  durch  das  gewöhn- 
lichere gojas  übersetzt  werde.  Historisch  stösst  diese  Annahme 
auf  keine  Schwierigkeiten ,  denn  wir  wissen ,  dass  ein  ziemlich 
ausgedehnter  Baumkultus  bei  den  Litauern  bestand*):  alij  ar- 
bores,  alij  flumina,  alij  serpentes,  alij  aliud  colunt**)  heisst  es 
in  der  latein.  Vorrede  zum  lit.  Katechismus  von  1547,  und  zwi- 
schen 1563 — 1570  eiferte  der  Revisor  von  Niederlitauen,  Jacub 
Laszkowski  gegen  jenen  Cult:  Jussi  autem  a  Lascovio  arbores 
exscindere  invitissimi  id,  nee  prius  quam  ipsemet  inchoaret  fe- 
cerunt.  Deos  enim  nemora  incolere  persuasum  habent  u.  s.  w. 
Vgl.  Mannhardt,  der  Baumkultus  der  Germanen  und  ihrer  Nach- 
barstämme, Berlin  1875,  S.  12***).  Die  nationale  Bezeichnung 
dieser  als  Wohnungen  der  Götter  betrachteten  und  darum  für 
heilig  geltenden  Haine  haben  wir  hier  gefunden. 

In  der  vorhin  erwähnten  Bibelübersetzung  erscheint  das  Wort 
stulpas  zuweilen  in  der  Bedeutung  „Götze"  :  fugrifza  nüg  Stulpiif) 
[Deiwiu]  Gilgale  Richter  3.  19;  Ebrofq  ir  Stulpq  das.  17.  3,  4; 
apfikekfchawa  fu  Stulpais  [Deiwemis]  I.  Chron.  6,  25;  per 
fawa  Stulpus   Hosea  12.  15;    Deiwes  [Stulpai]   Sachar.  10.  2; 


*)    Vgl.   noch   die  weiter  unten    angeführte  Stelle   aus   der  Postille 
der  Kniya  Nobazniftes  p.  242. 

**)  Dieses  alii  —  alii  erinnert  an  die  Behauptung  Ilartknochs  (Dis- 
sertationes  selectae  in  seiner  Ausgabe  der  Dusburgschen  Chronik,  Jena 
1679  p.  143),  die  verschiedenen  preussischen  Stämme  und  Geschlechter 
hätten  verschiedene  Gottheiten  verehrt. 

***)  Ueber  die  einzelnen  Bäume ,  welche  als  heilig  galten ,  resp.  gel- 
ten vgl.  Schleicher  a.  a.  0.  S.  100.  —  Einige  derselben  sollen  auch  den 
Preussen  heilig  gewesen  sein,  so  Eiche,  Linde,  Ahorn,  Holunder  vgl.  Si- 
mon Grünaus  Preuss.  Chronik  (ed.  Perlbach,  Leipzig  1876)  S.  89,  Hart- 
knoch  a.  a.  0.  S-  110,  115.  Dass  ihnen  auch  ganze  Wälder  für  heilig 
und  als  Wohnungen  der  Götter  galten,  behauptet  Hartknoch  das.  S.  116. 
t)     Dieser  gen.  plur.  kann  auch  zum  fem.  stulpa  s.  u.  gehören. 


44  A.  Bezzenberger 

O  Stulpu  *)  Piemenei  das.  11.  17.  —  Daneben  tritt  das  Wort 
als  Synonymon  von  ebroßis  (abrozas)  Bild  auf:  Stulpai  Margi- 
nalglosse  zu  Eh7-ofai  und  Slulpus  Marginalglosse  zu  Ebrofus 
(wtfsus  iu  Ebrofus  ifchpuflifin)  Micha  1.  7 ;  Deiwes  ir  Stulpus 
Nahum  1.  14.  In  beiden  Bedeutungen  erscheint  auch  das  fem. 
stulpa :  iawa  Siulpas  ir  Ebrofus  nog  iaices  ifchpufiifiu  Micha 
5.  12**);  Kq  tada  gelbes  Ebrofus,  mit  der  Interlinearglosse 
Slulpa  Habak.  3.  18. 

Auf  diesen  Wechsel  des  Genus  lege  ich  kein  Gewicht,  denn 
er  ist  im  altlit.  ziemlich  häufig;  es  finden  sich  neben  einander 
z.  B.  narfus  und  narfa  (Zorn),  laukas  und  luuha  (Feld),  fdas 
und  fda  (Fels),  offieras  und  uffieru  (Opfer)  u.  a.  Bretken  ge- 
braucht auch  abwechselnd  deiwis  und  deiwe,  beide  gleichmässig 
einen  nicht-christlichen  oder  -jüdischen  Gott  bezeichnend. 

Endlich  sind  zwei  Stellen  hier  anzuführen,  welche  sich  in 
der  einen  Teil  der  Kiedaynife  1653  erschienenen  Kniga  Nobaz- 
niftes  bildenden  Postille  finden:  1)  zodis  Diewä  .  .  .  daro  .  .  . 
iß  bähoomi  ulba  flulpu  gärbinioia  tikru  Diewä  gärbintoiu  ***) 
13.  46  2)  Nenufifiebek  ney  wel  pägiufk ,  kuo  metu  änt  wietos 
iikrä  zodzia  Diewä  mokfla  prämones  Zmoniu  ärbä  priewilus, 
änt  wietos  tikrä  Diewä  iärnatcimä  flulpu,  mf^adziu  ärbä  bälwo- 
niu  gärbe^  regi  uzfedusin  ir  prufipluiinusiq  f)  p.  242. 

Stulpas  {stulpa  kommt  heut  nicht  vor)  bedeutet  in  der  mo- 
dernen Sprache  „Pfeiler,  Pfosten,  Säule,  Wegweiser,  Sonnen- 
strahl, Falte  im  Kleide,  die  bauschige  Stelle  auf  der  Schulter 
des  Männerrocks,  Geisfuss  (Pflanze)"  (s.  Nesselmann  Wbch.  s. 
V.).  Die  fünf  letzten  Bedeutungen  halte  ich  für  jung;  ich  er- 
innere mich  nicht,  sie  irgendwo  in  der  älteren  Sprache  gefun- 
den  zu  haben.     Die  drei  ersteren  kennt  auch  die  ältere  Spra- 


*)     S.  die  vorhergehende  Anra. 

**)     Dazu  die  Marginalgl.  „Götzen  Deitccs  Bilder  £altco7ias'^^. 
***)     Das  Wort  Gottes  macht   aus   einem  Verehrer  von  Götzenbildern 
—    oder    „Götzen"?     bahconas   aus    russ.    bolvanü    bedeutet    ursprünglich 
Götzenbild,   schon  früh  aber  auch  Götze  —    oder  von  stulpai  einen  rech- 
ten Verehrer  Gottes. 

t)  Wundere  und  entsetze  dich  nicht ,  wenn  du  an  Stelle  des  wah- 
ren Wortes  der  Lehre  Gottes  die  abergläubischen  Gebräuche  oder  die 
Betrügereien  der  Menschen  [siehst,  wenn  du]  an  Stelle  des  rechten  Got- 
tesdienstes die  Verehrung  der  stulpai,  der  Bäume  (dns  ^  in  mqadzin  ist 
fehlerhaft)  oder  Götzenbilder  Platz  nehmen  und  sich  verbreiten  siehst. 


Mythologisches  in  altlitauischen  Texten.  45 

che,  vgl.  ausser  der  o.  unter  elkas  angeführten  Stelle  I.  Kön. 
14.  23  noch  aus  der  Bretkenschen  Uebersetzung  Arnos  9.  1 
ifchtik  agüna,  ieih  ftulpai  padrebe/u;  für  das  fem.  verweise  ich 
auf  Weish.  10.  7  ßulpa  drufkos  (instr.). 

Aus  den  oben  angeführten  Stellen  glaube  ich  schliessen  zu 
dürfen,  dass  die  Litauer  in  älterer  Zeit  säulenartige  Gegenstände 
abgöttisch  verehrten  und  dass  sie  dieselben  stulpai  oder  stulpäs 
nannten.  Aus  der  Synonymittit  von  stulpas  mit  ahrozas  ist  wei- 
ter zu  schliessen,  dass  an  einer  solchen  Säule  das  Bild  eines 
bestimmten  Gottes  dargestellt  war;  die  richtige  Bedeutung  von 
stulpas,  siulpa  an  den  citierten  Stellen  ist  also  „Bildsäule", 
Bedeutet  ferner  an  den  zuletzt  erwähnten  Stellen  balwonas 
„Götzenbild",  so  wird  man  annehmen  dürfen,  dass  es  ausser  je- 
nen stulpai  noch  andere  bildliche  Darstellungen  der  litauischen 
Götter  gab.  —  Dass  die  Preussen,  die  wir  füglich  als  echte 
Litauer  betrachten  dürfen ,  Bilder  ihrer  Götter  besassen ,  wird 
uns  mehrfach  berichtet;  von  einer  Statue  des  lit.  Gottes  Wejo- 
patis  erzählt  Praetorius  (Deliciae  Prussicae  ed.  Pierson,  Berlin 
1871,  S.  27). 

Als  Bezeichnung  jener  Bildsäulen  lässt  sich,  wie  ich  glaube, 
noch  ein  anderes  Wort  als  stulpas,  nemlich  stahas  nachweisen. 
Es  begegnet  an  zwei  bez.  Stellen.  Die  erste  findet  sich  in  der 
Bretkenschen  Bibelübersetzung  I.  Petr.  4.  3:  Nefn  gana  ira, 
iog  praaijufi  \prafchakuf{\  czießi  Giwenimo  giwenome  [^pralei- 
domj  pagal  Pagomi  narq,  waikfchczodomi  ne  czißaßij'a,  gieidu- 
Kofu ,  girtawimofii ,  apßrijmofii  [apfiri/me]  aj^ßgerime  ir  hiau- 
reis  *)  Stahu  meldimaßtt.  Die  zweite  Stelle  findet  sich  in  der 
von  Nesselmann  Neue  Preuss.  Prov.-Bl.  Andere  Folge  Bd.  I, 
1852  S.  241  mitgeteilten  litauischen  Urkunde  (einem  kirchlichen 
Erlass  des  Markgrafen  Georg  Friedrich)  vom  Jahre  1578  **) : 
lieiuwüs  basznitczaye  per  Kurschus  ir  Lietuwnikus  yu  prisza- 
dais ,  mielimu ,  ivaschkitieis  kudikeis  alba  sunareis ,  kitakeis  hei 
galwyu  darimais ,  teipaieg  uszkalbeghimu ,  saiiu  dawimu ,  Rhet- 
czia  beginimu  alba  sukimu,  ir  kitais  daikfais  didis  stabu  meldi- 
mas  hei  Diewa  paniekighimas  laikamas  esti.  —    Auf  diese  Stelle 


*)  biauveis  aus  biaurus  corrigiert,  steht  fehlerhaft;  Bretken  ist  hier 
aus  der  Construction  gefallen. 

**)  Die  Urkunde  ist  auch  sprachlich  sehr  interessant,  indessen,  da 
Nesselmanns  Abdruck  offenbare  Fehler  enthält,  einstweilen  nur  vorsich- 
tig zu  benutzen. 


46  A.  Bezzenberger 

werde  ich  in  extenso  nachlier  eingehen ;  einstweilen  bleibe  ich 
bei  stabu  meldimas.-^Slä^u  ist  gen.  pl.  entweder  vOI^•^sifa^^o* 
„der  4icke  Stepgel  ode?*8t£4)[nk"  *)  vgl.  Nesselmann  Wbcli.  s.  v., 
oder  von  siabas  „Schlagfluss",  oder  von  stebas  „aufrecht  ste- 
hender Pfeiler,  Mast".  Die  beiden  ersten  Möglichkeiten  wird 
man  ohne  weiteres  bei  Seite  lassen  dürfen ;  es  bleibt  nur  die 
dritte,  die  völlig  zulässig  ist,  da  im  altlit.  mehrfach  a  für  e 
erscheint  und  da  auch  das  lett.  in  unserem  Wort  a  zeigt  ly'^ißM 
Pfoste^.^-^ Pfahl ,-'Pfeilpj;.v-*^aule..-.-iS'^aÄM  meldimas  ist  also  die 
„Atlßetung,  Verehrung  der  [heiligen]  Säulen,  Bildsäulen". 

Die  zuletzt  angeführte  Stelle  ist  von  Nesselmann  übersetzt : 
„in  der  Litauischen  Kirche  (wird)  von  Kuren  und  Litauern  durch 
ihre  Beschwörungen ,  Zauberei ,  durch  Wachskinder  und  andere 
Glieder  und  durch  Behandlung  des  Viehs  (?),  desgleichen  durch 
Besprechung,  Zeichendeuterei ,  durch -Laufen  oder  Dre- 
hen und  durch  andere  Dinge  ein  grosser  Götzendienst  und  Got- 
tesverachtung getrieben".  Einzelne  Punkte  dieser  Uebersetzung 
bedürfen  indess  einer  Berichtigung.  Pr'ezadas  kenne  ich  sonst 
nicht  in  der  Bedeutung  „Beschwörung",  sondern  nur  als  „Ge- 
lübde". Es  ist  möglich,  dass  es  auch  jene  Bedeutung  gehabt 
habe  {uz-zadeti  bedeutet  „geloben"  und  „besprechen,  beschwö- 
ren"), indessen  der  Sicherheit  wegen,  und  weil  später  noch 
uzkalbejimas  „Beschwörung,  Besprechung"  in  dem  Text  folgt, 
halte  ich  die  andere  Bedeutung  fest.  —  Mietimu  heisst  nicht 
gerade  „durch  Zauberei",  sondern  „durch  Werfen"  sc.  des  Loo- 
ses;  das  Loos  werfen  heisst  ,,buriq  mesii^'  **).  —  Das  folgende 
waschkineis  ziehe  ich  zu  drei  Gliedern  1)  kudikeis  alba  suna- 
reis  2)  kitakeis  instr.  pl.  (ntr.)  von  kitokias :  Dinge  anderer 
Art  3)  galwyu  darimais  „Tierbilder".  Darimas  bedeutet  hier 
nicht  „das  machen",  sondern  „das  gemachte,  das  Gebilde",  wie 
z.B.  altlit.  fchaudimas  in  der  Bedeutung  „Geschoss"  erscheint.  — 
Saiiu  dawimu  fasse  ich  nicht  mit  Nesselmann  als  einen  Be- 
griff, sondern  als  zwei ;  saiiu  heisst  durch  Zeichendeuterei ,  da- 

*)  stambas  etftgpricht  demsjao.  stabbi^  stokbi,  sta^bi  Bloök. 
**)  Praetorius  erzählt  a.  a.  0.  S.  47  von  einer  besonderen  Art  von 
Weidlern,  die  er  Udburtelli  nennt.  Nach  der  Beschreibung,  die  er  von 
ihnen  macht,  bedeutet  das  Wort  „die  im  Wasser  loosenden".  Der  erste 
Bestandteil  des  Wortes  ist  das  sonst  nicht  vorkommende  ud  {a-)  ==  ksl. 
«orfa  sskr.  udüy  das  sich  auch  in  dem  von  ihm  S.  45  angeführten  Ull^ei 
i^^WasWdeuter"  findet. 


Mythologisches  in  altlitauischen  Texten.  47 

wimu  durch  Geben,  d.  h.  „durch  Spenden,  Opfer".  —  Rhetczia 
beginimu  alba  sukimu  heisst  „durch  das  laufen-lassen  (treiben) 
oder  drehen  eines  Siebes"  *).  Man  vgl.  die  Bemerkung  des 
Praotorius  a.  a.  0.  p.  44:  „Sietones  sind  Weidler  gewesen,  die 
mit  Sieb-drehen  Bescheid  gewusst,  deren  noch  viele  in  Nadra- 
wen  und  Zalavonien  gefunden  werden"  und  J.  Grimm  Mytholog. 
1062.  —  Unsere  Stelle  ist  demnach  zu  übersetzen:  „durch 
ihre**)  Gelübde,  Loosen,  die  aus  Wachs  gefertigten  Kinder- 
(figuren)  oder  Glieder,  Dinge  andrer  Art  und  besonders  Tier- 
gebilde, ebenso  durch  Besprechung,  Zeichendeuterei,  Opferspen- 
den, das  Treiben  oder  Drehen  eines  Siebes,  und  durch  andre 
Dinge  wird  eine  grosse  Verehrung  von  Bildsäulen  (ein  grosser 
Götzendienst)  getrieben".  —  Ich  nehme  natürlich  an,  dass  jene 
abergläubischen  Handlungen  in  der  Nähe  der  stahai  oder  stulpai 
vorgenommen  wurden ,  dass  die  Wachskinder  u.  s.  w.  bei  ihnen 
niedergelegt,  oder  an  ihnen  befestigt  wurden.  —  Ob  unter  den 
galwyu  darimai  Bilder  der  den  Göttern  heiligen  Tiere,  oder 
solcher,  welche  krank  waren  und  deren  Heilung  man  wünschte, 
zu  verstehen  sind,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Um  nichts  zu  übergehen,  erwähne  ich,  dass  Bretken  in  sei- 
ner Bibelübersetzung  das  Wort  fzoUnikas  als  „Zauberer"  kennt: 
idanl  ne  girdeiu  halfo  prifakitoio  [fzoh'mko]  Ps.  58.  6.  „Zolini- 
ninkei  Kräuter- Wahrsager"  kennt  auch  Praetorius  a.  a.  0.  p.  45. 

Adalbert  Bezzenherger . 


Rigveda  X.  10,  7  =  Ath.  XVIII.  1,  8. 

Die  beiden  ersten  Stollen  dieses  Verses  lauten  in  den  Sam- 
hitä-Texten  übereinstimmend : 

Yamäsya  ma  Yamyum  kä'ma  ä'gant 
samäne  yonau  sahageyyaya. 
Ich  habe  die  Absicht  eigentlich  im  Folgenden  nur  über  die 
Bedeutung  von  yönau  oder  samäne  ydnau  an  dieser  Stelle  zu 
sprechen,  aber  wenn  man  einmal  vedische  Texte  berührt,  so 
kann  man  es  kaum  vermeiden  wenigstens  den  Versuch  zu  ma- 
chen  alle    Schwierigkeiten   wegzuräumen,    welche  uns  in  ihnen 


*)  R'etis  bedeutet  genau  genommen  „Bastsieb".     Es  gehört  vielleicht  zu 
abd.redan  mhd.  redeti,  dessen  Entstehung  aus  *hreda7i  mir  zweifelhaft  ist. 
**)    yu  ist  bei  den  zunächst  folgenden  Gliedern  jedesmal  zu  ergänzen. 


48  Th.  Benfey 

entgegentreten,  und  so  möge  man  mir  nachsehen,  wenn  ich  zu- 
erst einige  Worte  über  die  Gestalt  dieser  Stollen  und  die  Art, 
wie  sie  zu  lesen  sind,  vorausschicke.  Es  sind  zwei  elfsilbige 
Stollen  (Trishtubh)  und,  um  sie  richtig  zu  lesen,  sind  bezüglich 
der  Aussprache  zwei  Abweichungen  von  der  Samhitä  notwendig. 
Dass  im  ersten  Stollen  Yamiam  statt  Yamyäm  zu  sprechen  sei, 
bedarf  kaum  einer  Bemerkung ;  höchstens  ist  daran  zu  erinnern, 
was  von  mir  schon  öfters  hervorgehoben  ist,  dass  die  ursprüng- 
liche Form  Yamiam  war,  aber  hier,  wie  in  den  Veden  vor  fol- 
genden Vocalen  vorwaltend,  der  lange  Vocal  verkürzt  ist.  Das 
Metrum  ist  dann  die  fast  am  meisten  gebräuchliche  Form  des 
Trishtubh-Stollens : 

In  Bezug  auf  das  zweite  Wort  muss  ich  mir  eine  etwas 
grössere  Ausführlichkeit  erlauben,  ohne  jedoch  eine  erschöpfende 
Behandlung  hier  geben  zu  können;  diese  muss  ich  für  die  Ab- 
handlung über  die  vedischen  sogenannten  Participia  Futuri  Pas- 
sivi,  oder  eher,  wenn  gleich  ebenfalls  nicht  passend  genug,  Par- 
ticipia necessitatis,  versparen.  Es  ist  diess  das  Wort  des  zwei- 
ten Stollens,  welches  in  dem  Samhita-  und  Pada-Text  sahaceyyuya 
geschrieben  ist. 

Grassmann  giebt  als  Aussprache  desselben  sahac^eyiäya  an, 
gerade  wie  er  für  das  einzige  andere  Wort  auf  eyya,  nämlich 
siusheyya  (Rv.  X.  120,  6,  stark  variirt  in  Ath.  V.  2,  7),  die 
Aussprache  stusheyia  vorschreibt.  Freilich  gewährt  diese  Aus- 
sprache in  beiden  Fällen  richtige  elfsilbige  Stollen. 

Allein  bei  derartigen  Umwandlungen  beschränkt  sich  die 
Aufgabe  des  Vedenforschers  nicht  darauf  die  Silbenzahl  eines 
Stollens  herzustellen,  sondern  er  hat  sie  durch  Nachweisung 
des  riclitigen  Wortes  herzustellen,  d.  h.  durch  Nachweisung  des- 
jenigen Wortes,  welches  der  Dichter  des  Verses  gesprochen  hat. 
Man  kann  aber  mit  der  grössten  Bestimmtheit  behaupten,  dass 
es  nie  ein  Wort  sahaceyia  und  eben  so  wenig  ein  siusheyia  ge- 
geben hat;  wenigstens  giebt  es  absolut  keine  Analogie  weder 
für  das  eine  noch  für  das  andere,  eyya  ist  vielmehr  eine  durch 
Assimilation  von  w  an  y  entstandene  Corruption  von  enya,  wel- 
ches in  einer  nicht  ganz  unbeträchtlichen  Anzahl  von  Wörtern 
als  Endung  dieses  Particips  erscheint,  z.  B.  Uenya  und,  mit 
Zischlaut  davor,  wie  in  siusheyya,  abhi-ä-ya^senya  Rv.  I.  34,  1 
(aus  dem  Aorist  gebildet). 


Rigveda  X.  10,  7  =  Ath.  XVIII.  1,  8.  49 

Diese  Assimilation  erkenne  ich  auch  in  mehreren  Themen 
auf  iiyya,  so  weit  sie  ebenfalls  Participia  necessitatis  sind,  z.  B. 
sprihayä'yija,  welches  zunächst  für  spr.ihayänya  steht;  weiter  dann 
für  sprihanyaia,  späteres  sprihaniya ;  beachtenswerth  ist  dabei, 
dass  die  Endung  anta  an  die  volle  causalartige  Form  tritt,  mit 
Bewahrung  des  Characteristicumsay(a);  ferner  dass  das  ursprüng- 
lich kurze  anlautende  a  des  Suffixes  aiiia  durch  die  Positions- 
beschwerung, welche  nach  Liquidirung  des  *  zu  y  (wie  häufig 
im  Comparativaffix  yans  für  ta7is)  eintrat,  gedehnt  erscheint  (vgl. 
iushnim  von  iush,  Accusat.  femin.  des  Particips  durch  nd). 

Dieselbe  Assimilation  ist  auch  in  mehreren  Verben  auf  n 
zu  erkennen,  an  welche  mit  y  anlautende  Affixe  getreten  sind; 
doch  ist  in  diesen  das  eine  y  wieder  eingebüsst,  aber  die  durch 
die  einstige  Position  herbeigeführte  Dehnung  geblieben,  so  z.  B. 
von  Jan  im  Präsensthema  des  Passivs  janya  und  jäya ;  von 
lilian  khanya  und  khäya,  von  san  sanya  und  säya,  von  tan  tanya 
und  iäya  (Pan  VI.  4,  43;  44);  eben  so  von  man  durch  das 
Nominalaffix  ya,  ursprünglich  ia,  in  Femin.  mäya  der  ursprüng- 
lichen Form  nach  identisch  und  der  Bedeutung  nach  innigst 
verwandt  mit  griech.  fiavla;  vergleiche /a?/«   ebenso  -von  Jan. 

Doch  zurück  zu  sahageyya  und  stusheyya !  Sind  diese  dem 
vorigen  gemäss  durch  Assimilation  aus  sahacenya  und  stushenya 
entstanden,  so  muss  zur  Herstellung  der  Silbenzahl  nicht  saha- 
Qeyia  sondern  saha^enia,  nicht  stusheyia  sondern  siushenia  ge- 
lesen werden  und  diese  Leseweise  ist  wie  man  aus  Grassmann's 
Wörterbuch  ersehen  kann,  in  den  überwiegend  meisten  Fällen 
in  den  Participien  auf  enya  herzustellen,  z.  B.  in  vdrenya 
durchweg. 

Dass  dieses  enya,  oder  vielmehr  e?iia  eine  bloss  lautlich 
umgewandelte  Nebenform  von  ama  später  antya  ist,  bedarf  wohl 
kaum  der  Bemerkung.  Das  e  für  a  lässt  sich  in  fast  allen  hieher 
gehörigen  Formen  auf  mehrere  Weisen  erklären,  deren  Discussion 
hier  zu  weit  führen  würde.  Von  sahacenia  dagegen  (mit  Ver- 
kürzung des  ursprünglich  langen  ^  vor  dem  folgenden  Vocal) 
ist  es  kaum  zweifelhaft,  dass  es  eine  aus  de'r  richtigen  sskrit. 
Form  cayania  entstandene  Nebenform  ist,  in  welcher  durch 
Einfluss  einer  Volkssprache  (vgl.  Nachrichten  von  der  Ges.  d. 
Wiss.  zu  Göttingen,  1876,  S.  324  ff.),  wie  im  Pah  (vgl.  E.  Kuhn, 
Beiträge  zur  Pali-Gramm.  S.  97),  und  Präkrit  (vgl.  Lassen,  In- 
stitut. 1-  Pracr.  p.  170)  aya  zu  c  geworden  ist. 

4 


50  Th.  Benfey 

Der  zweite  Stollen  ist  demnach  zu  lesen: 
samäne  yonau  saha9eniäya. 

u I   vju_    I   w .y.    I 

Wenden  wir  uns  jetzt  zu  yöni!  Säyana  glossirt  dasselbe 
durch  sthäna,  Stelle;  Ort,  und  weiter  durch  cayyä,  Lager.  Die- 
ser Fassung  sind  so  ziemlich  alle  heutigen  Erklärer  und  Ueber- 
setzer  beigetreten,  so  das  Petersburger  Wörterbuch  VI.  198,  2, 
Muir  (Original  Sanskrit  Texts  V.  290),  Alfred  Ludwig  (Ueber- 
setzung  des  Rigveda  IL  S.G30);  Grassmann  hat 'Ehebett' gewählt; 
dann  wäre  aber  das  Wort  samäne  'gemeinsam'  überflüssig;  denn 
das  P^hebett  ist  wohl  an  und  für  sich  schon  ein  gemeinsames, 
Gelder  und  Kaegi  modernisiren  etwas  und  übersetzen,  vielleicht 
von  den  Musen  bedrängt  (Siebenzig  Lieder  des  Rigveda  S.  143) : 

mit  ihm  zu  theilen  gleiches  Dach  und  Lager. 
Gegen  die  Auffassung  als  'Lager'   lässt  sich  von  dem  lexicali- 
schen  Standpunkt   in   der  That  nicht  das  geringste  einwenden. 
Allein  wenn  wir  die  drastischen  Wendungen  des  zweiten  Halb- 
verses betrachten,  in  der  Samhitä 

jäyeva  patye  tanväm  riricyam 
VI  cid  vriheva  rathyeva  cakrä' 
zu  lesen: 

jäyeva  pätye  tanüam  riricyam 
vi  cid  vriheva  räthieva  cakra 
„Wie  ein  Weib  dem  Gatten,  möchte  ich  meinen  Leib  (ihm)  öff- 
nen (eigentlich  Raum  [in  ihm]  machen,  so  dass  er  in  ihn  ein- 
dringen kann) ;  weit  auseinander  reissen  wollen  wir  (nämlich : 
unsre  Beine),  wie  zwei  Räder  am  Wagen  (auseinander  stehen)" 
dann  scheint  dieser  wilden,  leidenschaftlichen  Sprache  gegen- 
über jene  Auffassung  von  yöni  doch  ein  wenig  zu  zahm,  kühl 
und  sittsam. 

Ich  nehme  yö?ii  in  derjenigen  Bedeutung,  welche  zunächst 
aus  der  Grundbedeutung,  'weibliche  Scham',  hervortrat,  die  häu- 
figst gebrauchte  ist  und  alle  anderen  in  sich  umfasst,  nämlich: 
'Schooss'.  Der  Beisatz  samänä  'gemeinsam'  ist  so  zu  fassen, 
dass  der  Schooss  des  einen  dem  andern  gemeinsam  ist,  ihm  mit 
gehört,  der  der  Yami  dem  Yama,  der  des  Yama  der  Yami. 
In  dieser  Auffassung  entspricht  samäne  yönau ,  wörtlich  'in  ge- 
meinsamem Schoosse',  ganz  unserm  'Scliooss  im  Schoosse'  und 
ich  übersetze  die  beiden  ersten  Stollen: 


Rigveda  X.  10,  7  =  Ath.  XVIII.  1,  8.  51 

'iMich,  Yami,  hat  Liebe  zu  Yama  überkommen :  mit  ihm  zu 
ruhen  Schooss  in  Schoosse.' 

Damit  man  nicht  zu  hart  über  die  zügellose  Rede  der  Yami 
urtheile,  will  ich  nicht  unbemerkt  lassen,  dass  das  Gedicht, 
welchem  sie  angehört,  in  die  Reihe  der  durch  Alter  und  Reli- 
gion geheiligten  Speculationen  über  die  Entstehung  des  Men- 
schengeschlechts gehört,  speciell,  wie  schon  von  andern  erwähnt 
(zuletzt,  glaube  ich,  von  Charles  Schoebel  in  „Le  mythe  de  la 
femme  et  du  serpent",  Paris  1876  p.  65),  mit  der  Erzählung 
vom  Sündenfall  in  der  Bibel  zusammengehört.  Yama  und  Yami 
sind  die  ersten  Menschen:  ein  Zwillingspaar;  von  ihnen  ist  der 
arischen  Sage  gemäss,  wie  sie  sich  im  Persischen  (Bundehesch 
XXXII)  erhalten  hat,  das  Geschlecht  der  Menschen  ausgegan- 
gen, dankt  also  seinen  Ursprung  dem  gräulvollsten  Sündenfall: 
der  Blutschande.  Das  vorliegende  Gedicht  protestirt  zwar  da- 
gegen, indem  Yama  seiner  Schwester,  die  ihn  zu  verführen 
sucht,  nicht  nachgiebt.  Allein  der  Versuch,  welchen  der  Dich- 
ter macht,  diesen  Schandfleck  von  der  Menschheit  abzuwaschen, 
gelingt  ihm  kaum  und  es  sieht  fast  so  aus,  als  ob  die  Verfüh- 
rungsversuche einer  älteren  Darstellung  entlehnt  sind,  in  wel- 
cher die  Verführung  gelang,  dagegen  die  Abwehr  derselben  Zu- 
satz oder  Umänderung  des  in  seinem  Gewissen  durch  die  alte 
Ueberlieferung  Verletzten.  Die  Verse  der  Yami  gehören  dann 
zu  den  ccTtoQQ^Toig,  für  deren  Lascivität  ihre  Heiligkeit  die  Ver- 
antwortung übernehmen  muss. 

Theodor  Benfey. 

Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz. 

In  der  erzälung  der  ritter  unter  dem  zuber  von  Jacob  Ap- 
pet  [bei  v.  d.  Hagen,  Gesammtabent.  II,  XLI]    kommen  in  dem 
Wortwechsel  eines  mannes  mit  seiner  frau  folgende  verse  vor: 
202.  er  sprach  'da  muostü  hoeser  nux, 

von  mir  noch  hiute  enbijen  (hdsch:  crbizen) 
Der  sinn  ist  klar:  der  mann  droht  seiner  frau  mit  schlagen. 
enbiyn  bei  nu^  =  schlage  kann  nicht  auffallen,  da  der  ver- 
gleich von  Schlägen  und  gerichten  gebräuchlich  und  volkstüm- 
lich ist  (vgl.  tracht  schlage,  prügelsuppe  etc.).  Das  wort  ist  in 
der  iormlnuß  (plur.  one  umlaut,  wie  im  mhd.,  wo  es  sich  da- 
l 4. 


52  R.  Spreng-er 

I  durch  von  nux,  =  nux  unterscheidet)  noch  jetzt  im  bairischen 
jdialect  erhalten,     s.  Schmeller,  B.  W.  II.  s.  711.    [2.  aufl.  von 
iFrommann  s.  1764  unten].     Das  compositum  homnufs  ist  noch 
I  allgemein  verbreitet.     Auch  das  verbum  V<^/^w==  schlagen,  stossen 
^findet  sich  noch  jetzt  in  Baiern  (s.  ScWmeller  II,  708)   und  am 
Rhein  (s.  Kehrein,  Volkssprache  u.  volkssitte  in  Nassau  s.  297) 
und  in  der  form  rm^eften,  ahmf^hen  im  mittleren  Deutschland  *). 
Das  nachgewiesene  subst.  nur,  und  das  bair.  nußen  berech- 
tigt uns  ein  mhd.  st.  v.  ich  niu^e  =  schlage,  stofse  anzusetzen. 
Dazu  gehört  höchst  warscheinlich  ein  part.  adj. 

ungenoT^T^en, 
das  bisher  den  erklärern  viele  Schwierigkeiten  gemacht  hat.  In 
der  deutschen  Übersetzung  der  gesta  Romanorum  ed.  A.  Keller 
V.  55  heisst  es:  des  kumst  du  =  ungeno^^en  niht  hin.  Die  be- 
deutung  ist  klar:  ungeschädigt ,  ungestraft.  Es  läfst  sich  also 
die  form  von  niesen  =  frui  nicht  ableiten,  dagegen  läft  sie  sich 
wol  zMj^^en  —  j;ftlaiäge]Q,  sto^^ea-Sfellen,  das  leicht  die  alge- 
meinefe  bedentung  strafen  annemen  konnte.  Es  ist  also  nicht 
/nötig  mit  dem  mhd.  wbch  II,  1,  393  b  eine  Verderbnis  aus  ge- 
no-^yn  anzunemen.  Ferner:  Wolfr.  Wh.  43,  23.  si  megens  uns 
jehen  zunere,  komen  sis  hin  genosj^en.  Dieses  geno??en  erklärt 
sich  aus  niezen  ==  frui  und  bedeutet  unversehrt  s.  mhd.  wbch 
IT,  1,  393a ;  gramm.  IV,  70.  Handschr.  t  hat  aber  die  Variante 
ungenoT^Tßn ,  also  das  hierher  gehörige  =  ungeschädigt,  unge- 
straft. Es  zeigt  sich  hier  wie  leicht  die  beiden  niesen  in  ein- 
ander laufen  konnten.  In  Hartmanns  rede  vom  glauben  lesen 
wir  V.  2085.  mit  dem  sodhe  si  in  bego??en,  da;  lieg  er  in  gnoy- 
Tßn.  Man  sollte  erwarten  sie  geno7,ie7i  bemerkt  das  mhd.  wbch. 
Auch  hier  ist  mit  leichter  änderung  zu  lesen:  da^  lie5  er  un- 
g7ioy^en  'ungestraft,  ungerächt'.  Danach  erklärt  sich  warschein- 
lich auch  Lamprecht,  Alexander  v.  48G1  (Weismann)  di  stürben 
ungn^jen:  'die  starben  ungerächt',  denn  Weismanns  erklärung: 
die  starben  one  den  genufs  davon  zu  haben  (nemlich  von  dem 
stofsen  und  werfen)  palst  wol  kaum.  Nähere  erörterung  bedarf 
schliefslich  eine  stelle  in  Hartmanns  von  Aue  erstem  büchlein 
V.  GO  ff.  Der  leib  spricht  dort  zum  herzen: 
sware  65  ist  din  ungenist, 
Sit  du  an  mir  unnütze  bist, 

*)  [Im  sskr.  scheint  die  wurzel\n«£stofsen  genau  zu  entsprechen.  B.] 


Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz.  53 

la  dich  sin  niht  gelüsten, 

du  bist  under  minen  brüsten 

vil  vaste  beslo55en, 

du  belibest'sj  ungeno5;^en. 
So  die  interpunction  bei  Haupt,  von  der  Bech  nur  unwesentlich 
abweicht,  indem  er  hinter  gelüsten  ein  kolon  setzt.  Wenn  man 
aber  diese  interpunction  annimmt  und  ungeno-yi^en  in  der  her- 
gebrachten weise  erklärt,  sind  die  verse  gar  nicht  zu  verstehen. 
Es  ist  vielmehr  zu  lesen: 

zwäre  05  ist  din  ungenist, 

Sit  du  an  mir  unnütze  bist. 

la  dich  sin  niht  gelüsten 

(du  bist  under  minen  brüsten 

vil  vaste  besloj^en), 

du  belibests  ungeno55en. 
d.  h.  denke  nur  nicht  daran,  dafs  du  dafür  unbestraft  bleibst, 
wenn  du  auch  eng  mit  mir  verwachsen  bist  [und  ich  dich  also 
nicht  strafen  kann,  ohne  mich  selbst  zu  treffen].  Wir  haben 
also  in  ungeno-^x^en*)  zwei  lautlich  gleiche  formen  von  verschiede- 
ner ableitung  und  bedeutung  zu  scheiden.  Beneckes  bemerkung 
z.  Iwein  3142  wird  danach  wesentlich  zu  berichtigen  sein. 

schutzgenöy  stm. 
belegt  das  mhd.  wbch  II,  1,  399  mit  einer  stelle  der  kindheit 
Jesu  [bei  Hahn,  gedd.  des  12.  u.  13.  jrh.]  92,  14.  und  erklärt 
es  als  'die  zu  gegenseitigem  schütze  verbundenen'.  Die  ver- 
gleichung  der  übrigen  handschriften  lert  aber,  dals  schächgetiö-x^e 
•raubgenosse'  zu  schreiben  ist,  was  zu  den  vorhergehenden  be- 
zeichnungen  dieser  leute  als  schächcere  und  schächman  stimmt, 
dieses  wort  ist  also  in  den  Wortschatz  aufzunemen,  schutzgendz 
dagegen,  bis  etwa  ein  weiterer  beleg  sich  findet,  zu  streichen. 
Die  entstellung  von  schachg.  zu  scliucg.  ist  graphisch  leicht  er- 
klärlich. 

heskar. 
Im   Schlägel   von  Rüdiger  dem  Hunkhover  (Gesammtabent. 
II.  XLIX)   beklagt  sich  ein  vater  über  die  hartherzigkeit  seiner 
söhne : 


*)  Das  wort  findet  sich  noch  in  der  o.  nachgewiesenen  bedeutnng 
bei  Musaeus,  Volksmärchen  [Brockhaus  1872]  s.  116:  „—  mit  dem  vorbehält 
seinen  verübten  mutwillen  ihm  doch  nicht  ungenoj'sen  hingehen  zu  lafsen." 


54  R.  Sprenger 

313.  er  gedahte:  *owe  mir  we! 

ich  vürlite  dei5  mir  übele  erge: 

dise  zwene  süne  sint  gar 

gedüht  in  ein  koeskar. 
Das  mhd.  wbch  I,  788a  und  danach  Lexer  erklärt  an  dieser 
stelle  (=  koloczaer  codex  165,  318)  Skmskar  =  gefäfs  zur  be- 
reitung  der  kaese.  das  pafst  nicht  m  den  sinn,.  Ich  schreibe 
keskar.  y^eK^ezeiÖ^Mi^tjBislagöisauf  den^^^birgSQ.  s.  mhd.  wbch 
I,  802a.  Schmeller,  bair.  wbch  I,  336.  keskar  wäre  demnach 
ein  geschirr  in  dem  eis  aufbewahrt  wird.  'Meine  söhne  sind 
über  und  über  in  einen  eiskübel  getaucht'  würde  ganz  gut  <Jas 
ausdrücken,  was  der  sinn  hier  verlangt :  'Meine  söhne  sind  ganz 
und  gar  one  erbarmen'. 

guoter 
Rüdiger  von  Munre,  von  zwein  gesellen  (Gesammtabent.  II,  LV). 
1002.  er  solde  sin  ein  guoter 

und  ein  pilewi5  geheijen. 

da  von  ist  da3  in  rei3en 

die  übelen  ungehiure. 
V.  d.  Hagens  erklärung  guoter  =  mittell.  jotticus,  wodurch  eine 
art  kobolde  bezeichnet  werden,  die  als  gütchen  im  zweiten  teile 
von  Goethes  Faust  begegnen,  kann  man  sich  schon  gefallen 
lalsen,  doch  müfste  dann  das  wort,  wie  es  von  pilwi-^  hier  und 
anderwärts  vorkommt,  übertragen  auch  von  dem  von  einem  sol- 
chen geiste  besessenen  gebraucht  werden. 

einzehi. 
Mai  und  Beaflor  52,  17. 

da^  lant  ist  veste  unde  guot, 

vor  aller  vreise  wol  behuot. 

an  einer  eingeht  es  stät: 

daj  mer  alumb  dar  umbe  gät. 
Das  rätselhafte  eingeht  weifs  sich  Pfeiffer  nicht  zu  deuten.  Auch 
die  handschrift  B  gewährt  keinen  Anhalt,  denn  sie  gibt  sinn- 
los: wan  an  ainiger  stat.  Er  möhte  daher  lesen  wan  ej  ein- 
zehten  stät.  Die  starke  änderung  ist  unnötig.  Das  richtige  er- 
gibt die  vergleichung  einer  stelle  bei  Schmeller-Frommann  I,  89. 
warumh  seit  ir  gangen  in  die  wüest  oder  ainzächt.  es  ist  also  zu 
lesen :  an  einer  einzehte  ej  stät.  einzeht.  stf.  einöde,  dieses  jedoch 
in  der  alten  bedeutung  eines  einzeln  liegenden  ortes  genommen, 
80  dafs  es  hier  fast  nichts  anderes  bedeutet  als  einlant,  insel. 


Zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz.  55 

lümen. 
Heinrich  Hessler  in  der  apokalyjjse.     Schade,  lesebuch  s.  321. 

sterbe  ich  so  wirt  lihte 

vorkart  min  gedichte, 

da5  der  schriber  misseschribet 

und  immer  also  blibet. 

die  rede  vorcht  ich  vorsümen. 

darvon  tichte  ich  disen  lümen. 
das  Wort  sucht  man  vergeblich  im  mhd.  wbch.  und  bei  Lexer. 
Es  ist  wol  die  mitteldeutsche  form  für  das  in  Thomasins  wäl- 
schem  Gast  sich  findende  Hunt,  liumt,  liumeni.  s.  p.  403,  408, 
410.  es  bezeichnet  dort  die  unterabtheilung  einer  in  bücher 
und  kapitel  zerfallenden  schrift  (so  viel  man  auf  einmal  lesen 
hört)  destinction  paragraph.  Hessler  gebraucht  es  speziell  für 
die  vorrede. 

riden 
M.  Helmbrecht  264  spricht  der  söhn  zum  vater: 

mir  sulen  ouch  dine  secke 

nimmere  riten  den  kragen. 
Lambel  erklärt  'mir  sollen*  deine  Säcke  nicht  mehr  den  nacken 
belasten;  ich  will  sie  nicht  weiter  tragen'.    Er  hat  offenbar  an 
riten  =  equitare  gedacht.     Dahin  stellt  es  auch  das  mhd.  wbch. 
II,  1,  730a.     Derselbe  ausdruck  findet  sich  Neidh.  68,  39.   nü 
tuont  im  dir  secke  vil  gedon,  die  da  dicke  ritent  sinen  kragen. 
Handschr.  0  hat  hier  ride?i.     An  beiden   stellen  wird  riden  zu 
lesen  sein.     mhd.  riden  =  ags.  vridhan,    ahd.  garidan  =  tor- 
quere, noch  jetzt  im  kärntner  dialect  rid''n.     siehe  Lexer,  kämt. 
wbch.   s.  208.      die  stelle   des  Helmbrecht  ist   zu   übersetzen; 
mir  sollen  deine  sacke  nicht  mehr  den  hals  verrenken, 
brienmuos.  stm. 
So  setzt  Lexer  I,  353  an  mit  Verweisung  auf  Germania  9, 
201  preinmuos  und  erklärt  es  =  brei.      Wir  haben  aber  keine 
tautologische  Zusammensetzung  anzunemen,    sondern  brienmuos 

=  hirsebrcL brie  bezeichnet  hirse,   auch  buchweizen  oder  ha- 

fer.  s.  Schmeller  1,  256;  Lexer,  kärntn.  wbch.  s.  240;  brie 
niuwen  =  hirse  stampfen,  von  dem  übelen  weibe  ed.^  M.  Haupt 
v.  333  und  anmerkung.  ^   ...  ^  *  ^? 

broedelich.  /)'^  <>     % 

=  fleischlich,  geschlechtlich  lüstern,  das  Lexer  I,  358  aus  der 
Elisabet  1453  belegt  [Ruland  9,  1  ist  zu  lesen  broede  lichename 


56         E,.  Sprenger  Zum  mittelhochdeutschen  "Wortschatz. 

s.  Bartsch  z.  d.  st.]  und  ebenso  das  subst.  broeJieit  ebenda  be- 
legt aus  Wackernagel,  altd.  predigten  91,  165;  Elis.  1502,  9576 
stellt  sich  wol  nicht  zu  broecle  —  schwach,  sondern  es  ist  zu 
^vergleichen  mwdi.  bröderen  —  testiculi  [griech.  adeAgjo/  u.  didv- 
(wo^Rein.  V.  v.  5298,  6510,  673i,  das  auch  in  mitteldeutscHefl' 
diaTecten  noch  fortlebt. 

rot. 
Reinhart  217  ff.  wird  die  bekannte  geschichte  von  dem 
fuchse  und  raben  erzält.  Als  der  rabe  jenem,  der  ihn  über- 
listet hat,  dennoch  schliefslich  wider  entwischt,  heilst  es  v.  282: 
vil  er  im  do  Ü5  brach 
der  vedern  daj  er  entran  mit  not: 
der  neve  [der  rabe]  was  Reinharte  ze  rot. 
So  lautet  der  letzte  vers  in  den  handschriften.  J.  Grimm  da- 
gegen änderte  dem  neven  was  Reinhari  ze  rot.  Das  kann  nichts 
anderes  heifsen,  als:  Reinhart  war  dem  raben  zu  böse;  was 
aber  durchaus  nicht  in  den  Zusammenhang  pafst.  Ich  glaube 
wir  bleiben  am  besten  bei  der  handschriftlichen  Überlieferung 
und  erklären  rot  [mit  kurzem  0,  denn  der  reim  not  :  rot  kann 
in  dem  ungenau  gereimten  gedichte  nicht  auffallen]  =  ahd. 
hrad,  rad  =  celer.  s.  Graff  IV.  1150.  Nord,  lautet  das  wort 
hradhr  [s.  Vigfusson  s.  281];  ags.  hra3d,  hrad;  engl,  rathe,  ready 
[in  der  bedeutung  'ee'%'  bei  Milton].  ^Der  neffe  war  Reinhart 
zu  schnell^  passt  sehr  gut  in  den  Zusammenhang.  So  erklärt 
sich  wahrscheinlich  auch  das  rätselhafte  rot  beim  jungen  Sper- 
vogel:  MSF  20,  10,  Bartsch  Liederd.  XVI,  8.  unma^re  hunde 
sol  man  schupfen  zuo  dem  bern,  und  roten  habech  zem  reiger 
werfen,  tar  ers  gern.  Der  Zusammenhang  ist  allerdings  schwie- 
rig, wenn  wir  das  von  Lachmann  aus  der  Jenaer  handschrift  her- 
gestellte unmcere  behalten.  A  u.  C  haben:  Wan  sol  di\%  jungen 
hunde  la^en.  Das  jungen  ist  allerdings  wol  nicht  das  ächte, 
und  wol  nur  um  den  gegensatz  zu  eltiu  ros  in  v.  9  herzustellen 
gesetzt:  doch  ebensowenig  unmcere  [faule].  Der  sinn  ist  wol: 
man  soll  jedes  ding  dazu  gebrauchen,  wozu  es  taugt.  Statt 
unmcere  wird  daher  gevcere  =  eifrig  bestrebt  [vgl.  z.  b.  Trist. 
15788]  zu  lesen  sein.  Wie  das  unmcere  der  Jenaer  handschrift 
entstanden,  scheint  leicht  erklärlich.  Der  Schreiber  nahm  schu- 
pfen in  der  gewönlichen  bedeutung  des  gewaltsamen  stofsens. 
Davon  liegt  jedoch  ursprünglich  nichts  in  dem  worte,  wie  Apol- 
lonius  20389  si  schupfte  den  valken  von  der  hant  zeigt.     Es  ist 


A.  Fick  Allerlei. 


57 


hier,  ebenso  wie  werfen  v.  10  [vgl.  auch  Parz.  163,  17]  blofser 
Jägerausdruck  für  das  lofslafsen  eines  jagdtieres,  im  Apoll,  des 
falken,  hier  des  hundes. 

Robert  Sprenger. 


Allerlei. 


Lat.  ap-erio  und  sskr.[ajP?S^i^aufschliessen 
Lat.  ap-erio  ap-er-tum  ist  aus  ap  =  ab  =  artb  und  er  =  sskr.  \ 
ar  zusammengesetzt  (vgl.  Curtius  Grdz.3  502)  v  es  entspricht  in 
Form  und  Sinn  ganz  genau  das  vedische  apa-nr  aufschliessen, 
das  mit  vrajam,  dvärä  Stall,  Thjiren  verbunden  vorkommt;  ge- 
nau so  sagt  man  lateinischl^p»*^^  ostium,  vuloas,  fenestrasu.s.w. 
aperire.  Den  Gegensatz  zu  ap-erio  bildet  op-erio  mit  op  —  ob  _-  ertl 
=  sskr.  api  zusammengesetzt,  wie  auch  sonst  lat.  ab  und  o 
ciTio  und  ertl  gegensätzlich  verwendet  werden.  \Dhvaram  apa-ar 
di^^-S'^fure, Jifita^en  ^jkrtf  für  eine  ursprachliche  Redeweise  ge 

2. 

Ev-%sqrig  und  «skr.  haras  das  Nehmen. 
ev-xEQ^g  leicht  heisst  eigenvich  „wohl  zu  rislimen"  aus  sv  und 
XSQsg,  welches  genau  dem  sskr.  haras  n.  das\fehmen,  von  har 
nehmen,    entspricht.     Im  Griechischen  ist  dies\  Wurzel  durch 
XsiQ  Hand  und  sonst  vertretei 


ne  Feu^Hjjnd  z§üd.  iafnahh  Gluth. 

eisst  Feuer,    mfi>4sd  UiiectyywA,,^Q%^\xi 


.^     Iriscn 

Irisch  mt^^.  ie 

durclK,F?W^.  wörtlicTK  „GoHiji  des  l^ötMi^s",  kymr.  körn,  areraor 
tan  Feuer  (Bacmeister,  Keltische  Briefe  S.  32).  Die  Grundform 
scheint  tene-do-,  darauf  weist  auch  das  gallische  ^?V«j^a?>*siJg^j^S|L 
eines  Orts  bei  Zurzach  am  Oberrhein.  Trennen  wir  das  suf-^ 
fixale  do  ab,  so  bleibt  tetie  und  für  dieses  tene  linden  wir  die 
schlagendste  Ableitung,  sobald  wir  uns  erinnern,  dass  in  allen 
keltischen  Sprachen  ein  ursprüngliches  p  spurlos  eingebüsst 
wird.  Sonach  dürfen  wir  tene  =  tep-ne  setzen  und  dieses 
tep-?ie  finden  wir  reflectirt  durch  das  zendische  taf-na-hh  (Grund- 


hJi 


58  A.  Pick 

form  tap-na-s)  Gluth,  Hitze  vgl.  taf-nu  Hitze,  sskr.  tap  glühen, 
tapas  Gluth,  lat.  tei)eo,  tepor,  tifpqa  Asche  u.  s.  w.  *) 

4. 
ovko-i^uvog  und  an.  e'??-^  engl.  "TJitf  üSöl^ 
f)llv(.a  steht  bekanntlich  für  oX-vv-f.u,  der  Wurzel  oA  entspricht 
lat.  ab-oleo ,  ex-oleo  vgl.  a7t6llv(.u,  i^6llvf.u.  ovXo-fievog  be- 
ruht auf  dem  Präsensthenja  oX-vo  und  diesem  entspricht  genau 
a^,..-t!??-r ,  englj.^-r^r3ib?!f7  Grundform  ilia-  regelrecht  für  il-na, 
'  el-na  wie  göth.  folla-  für  fol-na-  —  lit.  pil-na-  voll. 

5. 
^;£j,nd  altgall.^ 
iü-g,  jyi;'-g,  neben  dem  ein  Substantiv^^sa  im  gen.  pl.  kd-wv  er- 
scheint, kann  weder  mit  sskr.  vasu  gut  noch  mit  dem  sskr. 
Präfix  SU-  =  gallisch  su-  identificirt  werden;  gegen  eine  Grund- 
form jztnv  spricht  der  Mangel  des  /,  gegen  die  Gleichsetzung 
mit  sskr.  gallisch  su-  die  Verwendung.     Denn   während  su.,.ßXz,. 

|\  starrtes  Präfix  ist ,  correlat  dem  sskr.\  ^m  übel ,  ist  evg  lebendi- 
ges Adjectiv  und  hat  neben  sich  das  Substantiv(läA  Vielmehr 
ist  Ivg  =  Eßi-g  aufzufassen  mit  Contraction  der  Silbe  /<•  zu  v, 
wie  dies  im  Griechischen  häufig,  z.  B.  in  ravg  =  sskr.  tuvi-; 
idtov  ist  —  i/diov,  gleichen  Stammes  ist?  ev-rjft]g  günstig,  wohl- 
wollend, worin  -rjf^  für  -sfeg  (wie  -rjvef.iog  in  ev-^v8^wg  für  äve- 
fxog)  =  ^s]^.  a^öw^uitst|^*^em  vorausgesetzten  sfi-  entspricht 
genau  gallis^  avi-  gut  z.  B.  in  dem  Eigennamen^yLis^cdPHliis  :^ 
aremorisch  Ett-cant,  wie  ja  auch  Ev~  beliebte^s  Namenwort  ist; 
im  Gothischen  entspricht  genau  avi-  in  ^atfirti^  Danksagung 
(Uebersetzung  von  ;(«(»tg,  euxccgiGTia),  das  Weinhöld  i)ie  Gotische 
Sprache  im  Dienste  des  Kristentums  (Halle  1870)  S.  12  in  deut- 

^schen  Personennamen,  wie  Avo,  Ava,  Avila,  Avagisa,  Avilant, 
Avileib,  Aviramnus,  Eoo,  Evi,  Evico,  Evizo,  Eioirät,  Euberl, 
Euprant,  Euhari,  Eurik,  Eusend,  Eopirin,  Eoliud,  Eoman, 
Eomär,    Eowig   mit  Recht  wiedererkannt  hat.     Die  Wurzel  ist, 

I   wie  schon  angedeutet,  lat.  ac^-^erri^häj^en,  ssß*\  ^^be^|gen. 


*)     Nachträglich  bemerke  ich ,   dass  bereits 
tap  gezogen  hat,  vgl.  Wiiidiseh  K.  Bcitr.  VIII.   14 
molügie  gibt  Windisch  das.  438. 


Allerlei.  59 

6. 
Lat.  ico  treffe  =  i'xw  gelange. 
Lateinisch  teere  treffen  hat  mit  jacere  werfen,  jacere  liegen 
nichts  zu  thun,  ist  vielmehr  genau  =  J^xw  gelange  zu,  komme 
zu,  womit  man  es  ja  oft  genug  übersetzen  kann.  Beide  gehö- 
ren, wie  Leo  Meyer  KZs.  XXIL  49  f.  meines  Bedünkens  richtig 
erkannt  hat,  zum  sskr.  ac  gelangen  zu,  treffen;  im  Griechischen 
zeigt  diese  Wurzel  häufig  unechte  Aspirirung,  so  in  ^'xw  vgl. 
sskr.  pf.  äruy  mo  vgl.  lat.  ico,  %7t7tog  (—  tx-Zo-g)  vgl.  lat. 
equus,  sskr.  acva. 

Urgriechischfyevi;  Knie!  fl^og  Wagen 
erhellt  aus  den  hesychisclien  Glossen  ysvviov  yovdtwv  und  s'xe- 
acpiv  aqixaoiv,  letzteres  nach  M.  Schmidt  Böotisch.  Ebenso 
darf  man  älteres  eßöeintjyiovTa  siebenzig  ansetzen,  weil  diese 
Form  in  Delphischen  Inschriften  wie  auch  auf  den  Tafeln  von 
Heraklea  erscheint.  Denn  o  ist  durchweg  jünger  als  «  und  so- 
bald eine  Form  mit  «  irgendwo  auf  griechischem  Boden  nach- 
zuweisen, ist  diese  für  älter  als  die  o-Form  anzusehen,  weil  Ue- 
bergang  von  o  zu  £  nicht  vorkommt,  wohl  aber  in  reichem 
Masse  der  von  e  zu  o.  In  unserm  Falle  wird  das  e  als  älter 
erwiesen  durch  die  entsprechenden  Formen  des  zunächst  ver- 
wandten Latein:  genu,  veho,  septimus,  Septem. 


Ein  europäisches  ^Äa^können 
ist  anzusetzen  wegen  kymr,  sxQm,'fallaf  kann,  \vhck  gal  stark 
in  Art-gal ,    Con-gal ,    Fin-gßd''u.  s.  w.    und    ]ii:  galeli   könpep^ 
vermögen.     Gh  wird  verjjürgt  durch  den  offenbaren  Zusammen- 
hang dieser  Wurzel  ^ft  lit.  gelöti  gelten,  germanisch  geldan  = 
nhd.  gelten,  ^silMedq,  zUsti  entgelten. 


9. 

TtTf-iüi  und  TeKi-iiOQ,  Toaoag  und  tö^ov. 
Wechsel  von  x  und  t,  beruhend  auf  einem  ursprüglichen  x/, 
von  dem  sowohl  x  als  r  regelrechte  Vertreter  sind,  findet  sich 
besonders  deutlich  in  rer (.ivo  treffe  neben  rex/j^ioQ  Ziel;  tst  und 
T£x  gehen  beide  aus  zsxß  hervor,  tetfie,  demnach  =  Tey,(.ie  ist 
Secundärwurzel,  wie  d^eg-fna)  wärme  zu  if^eg,  lat.  dormio  schlafe 


60  A.  Fick      . 

zu  dar  in  daq-d^dvio,  TtElE/ii-i^M,  ^ermaLnisch  falm  zu  ttkA  u.  s.w. 
Von  tey.fiE  (-_  tet^ie)  stammt  zeytßioQ  das  Ziel,  vom  „Treffen" 
benannt,  und  durch  das  ^-Suffix  abgeleitet.  Genau  dasselbe 
Verhältniss  wie  zwischen  tet(^uo  und  TETifiioQ  besteht  zwischen 
dem  Aorist  e-Toaaa,  part.  zoaaag  und  to^ov  Bogen,  roa-aa 
beruht  auf  tot  —  rox  treffen,  to^o  Bogen  auf  To/.-aa-i  treffen 
und  ist  passend  benannt  als  der  „Treffer". 

10. 
nixog  Vliess  =  an.  j^ß^Sc 


Mit  TtExog  n.  Vliess ,  Wollejifell  ist  an.  /<^r ,  alttSj^hVed^'-atttTan. 
-^!fr^j^^,,,,Schaf,    pb^^  faheza-   gleichzusetzen,    sodass   das 

Schal  als  „Vliess"  benannt  ist ;  weniger  passend  wäre  die  Gleich- 
setznng  von  germ.  faheza-  mit  lat.  pecus ,  denn  wie  sollte  man 
das  Schaf  gerade  als  „Vieh"  benennen  ?  Auch  würde  man  dann 
eine  Grundform  feheza-  erwarten ,  weil  lat.  pecu  durch  germa- 
^  nisches  fehu  reflectirt  wird.  Die  Wurzel  tiex  scheeren ,  käm- 
I  men  ist  im  Germanischen  auch  sonst  erhalten,  so  im  ahd. /öÄä 

Haaj-  und  in  fechten  focht  vgl.  lat.  pectere.  ~ 

"•  X, 

.mXy.6g  Sumpf  und^it.  pelke  Sump^ 
TtaX-Kog  in   der  r^sychischen  Glosse  \t.^lY.6g'   TtrjKl^^  entspricht 
ganz  genau  dem  Mi^^lke  f.   auch  pel/caf<.jn.  pl.   und^  pelkos  f.   { 
pl.  Torfmoor,   TorfbrucX,    auch  Sumpf  und\^loor  im  A^lgemei-  l 
nen.     Wurzelhafter  Zusammenhang  mit  ttt^Ao^; ,    lat.  pal'ü^  liegt   ; 
auf  der  Hand.  '\   _^ 

12.  "v^ 

jtiiQyog  und  nh^,  jBm/*^. 
Die  durchaus  richtige  Zusad?imenstellung;"''>©q.  nvqyog  mit  dem 
deutschen  ":ö«*«$ia4ij;'undform  horiji-)  ist  wie  inir  scheint  ganz 
mit  Unrecht  verdächtigt.  Dass  nvqyog  auf  einer  urgriechischen 
Form  cpvQxo  beruhe,  erhellt  aus  der  hesychischen  Glosse  (povQ- 
y.0Q-  oyvQWjiia,  sowie  daraus,  dass  die  Stadt  IJvQyoi  in  Triphy- 
lien  bei  Thucyd.  V.  49,  1  die  elische  Namenform  (CDtWog  zeigt. 
Ferner  heisst  jtvQyog  zuweilen  geradezu  , JBurg ,  Beffeflgung" 
nicht  „Thurm",  so  z.  B.  Odyss.  VI,  262  n^ki^g  —^u..^eql 
7tvQyö^'-'v^iiß}.ög  die  Stadt,  um  welche  eine  hohe  Befestiguiig; 
Mauer  läuft^^Töic  Wurzel  ist  germanisch  bergan  barg ,  auch 
n6Qyaf.tov  gehört  hierher,  sowie  lat.  fir-mu-s  für  firg-mu-s,  der 


Allerlei.  61 

Städt'biaine,  Firmum  sowie  der  eallische  Stadtname  Berh^mwi 
(jetzt  B<^oam(^.  —  Die  Vertretung  ursprünglich  an-  und  aJus- 
lautender  AspirSil^n  durch  Tenuis  vorn  und  Media  hinten  ist  im 
Griechischen  gar  hicht  unerhört,  so  ist  z.  B.  Ttqäy  aus  nqay% 
■=  germanisch  hang  bringen.  Das  ursprüngliche  itqayx  liegt 
noch  in  TtQdoato,  welches  aus  7TQayx-iio  entstanden  ist;  indem 
durch  Einfluss  des  praesentischen  Ttgccaaio  der  Nasal  eingebüsst 
und  das  alte  x  zu  /  gewandelt  wird,  entsteht  das  allgemeine 
Thema  TtQÜy  in  uQay-/.ia  u.  s.  w. 

13. 
ßXaß  hemmen,  lat.  suf-ßämen  Hemmschuh,  an.  hälk-r  Scheide- 
wand. ^**-— 

Wenn  man  das  Etymon  von  ßXaß  gewini>öh  will  *},  so  muss  man 
durchaus  von  der  Bedeutung  „hemm9Br  ausgehen ,  die  z,  B.  im 
homerischen  ßXdßsTaL  yovvaxa   un4"  sonst   deutlich  genug  vor- 
hegt.    Die  ältere  Form  /9aA/?  ebenfalls  mit  dem  Sintte',, hemmen, 
zurückl^lten"  kommt  vor  )iti^al(j^ldEg ,  so'^eissen  die  Schran- 
ken iMr  Wettrennbahn  als""^ebimeiiJe".      Im  'ba.tein  entspricht 
unsrer   Wurzel  in   demselben   alten    und"^  ursprünglichen   Sinne 
suf-ßß-^en  HeüMwlf^te,  Hemmschuh  am  Wagen;-  y'fa-men  steht 
re^lrecht  für  fiag-men   wie  con-täminare  für  -iagminare ,    und 
nun  ist  auch  klar,  dass  ßXaß  zunächst  nach  vielfältiger  Analo- 
gie für  ßlayß,    weiterhin   wie  ßgef-ico  =  lat.  fremo  für  q)Xayfi 
stehe.     Der  so  erschlossenen  Wurzel  hhalg  hemmen   entspricht  \ 
nun  aufs  Schönste  das  altnord.  hälk-r  Scheidewand,  Abtheilung,  \ 
weiterhin   dann  an.  bälM ,    hjälki,   ahd.  halco ,    as.  halko ,    ags.  \ 
holca  (daneben  hülc),  afries.  halka,  nhd.  Balken. 

14. 
spu^^^  ahd.  w,0fttif. 
Will  ipaaii.-*^»'»7HCager ,  Aufenthalt  der  Thiere ,  Beiwohnung  mit 
einem  Worte  übersetzen,  so  könnte  man  „Wohnung"  dafür  sa- 
gen. Dem  entspricht  das  Etymon ;  eJj-ry  steht  nämlich  für  feva, 
wie  EVQvg  für  fSQi'S  —  sskr.  tiru  rariyams ,  also  ~  va7u  und 
deckt  sich  völlig  mit  dem  ahd.  wona  in  tvona^ili^'^ev^'ohnheit, 


*)     Ueber  die  von  Bugge  in  Curtius  Stud.  IV.  325  aufgestellte  Ety- 
mologie von  ßXünrw  vgl.  Bezzenberger  Zs.  f   deutsche  Phil.  V.  358. 


62  A.  Fick 

wonen  und  wonönwn^.  wohnen*).  Die  ^i^rzel  ist  das  weit- 
schichtige i>an ,  das  in^Deutschen  und  SanS^o'it  am  reichsten 
entfaltet  ist.  ^  %^ 

15. 
Europ.  la  wollen,  begehren 
erhellt  aus  dem  dorischen  Xaw  Iw-jusg  Xwvtl  Irjv  wollen,  att. 
Xrj-fxa  Wille',  verglichen  mit  goth.  la-tha-  in  latha-leiko  sehr 
gern,  goth.  lathön  =  nhd.  laden,  einladen,  das  zu  latha-  steht 
wie  z.  B.  lit.  kvei  einladen  zum  preuss.  quait  wollen.  Im  Alt- 
irischen gehört  hierher  air-le  Wille,  ir-li-ihe  gehorsam,  lam, 
air-lam  paratus  (nach  Windisch).  Hierzu  gehört  offenbar  auch 
'ki-Xaiof.iai,  sskr.  las  lä-las  begehren. 

16. 
viyiTaQ  z^\c6yalov  nhd.  ,,schnökern". 
S.  Bugge  hat  in  Caftius  Studien  IV.  337  sehr  schön  und  rich- 
tig viüyalov  Näscherei  zum  dänischen  snage  norweg.  dialect. 
snaka  nach  Leckereien  suchen,  dän.  snagen  naschhaft  gestellt. 
Es  gehört  hierher  offenbar  das  jedem  NiederdeutspEen  bekannte 
Wort  ,ySclmökern'' ,  das  ebenso  wie  das  dänisch©  swa^e  leckern, 
naschen  bedeutet.  Die  Wurzel  ist  als  snag  auiusetzen  und  viel- 
leicht gehört  auch  \\i/smagurei  Näschereien  yKierher,  sicher  aber 
Wx-ra^,  das  also  für  avey-xctq  steht  und  .«lit  Suffix  ra^  gebil- 
det ist  wie  Y/i-Tag;  vsy  steht  zu  vtoy  wie  vsy.  in  vtxvg  zu  väixaQ 
Der  Sinn  von  v^Tc-Tag  ist  also  „was  gut  schmeckt,  Leckerei". 

17.  •,, 

V  ^rh^og  grau  =  lat.  ^llus. 

Ttilvog  gt^u  nach  Hesycrlh^tAi'dy  cpaiov.  Ihi^QiOL  ein  kyprisches 
Wort  steht'^r  tieI-vo-v  m^^ll-vajiiat  nebeÄ  TTtAag,  und  ent- 
spricht genau  dem  lateinischen  pul-lu-s  schwärzlich,  dunkel,  das 
regelrecht  für  pul-nu-s  steht;  u  ist  wie  fast  stets  durch  Einfluss 
des  /  aus  e  getrübt,  vgl.  mulg-eo  neben  d~iiiilyo},  nhd.  melken. 

18.  \ 
qxxQv^  u^  lat.  frümen,  Kehle,\Luftröhre. 

q>0Qvy^  lautet  in  älterfei:  Sprache  qxxQv^,    die\Basis  ist  zunächst 


*)     Eine    andere   Etymologie  von  evvv  hat  Roth  KZs.  19.  220  aufge- 
stellt; er  erklärt  evvr'j  aus  einer  Grundform  *vas-nd. 


Allerlei.  63 

/ 
q)Qvy  aus  cpogy,  das  a  ist  .eine  durch  Einflus^  des  q  ent\vickelte 

„Svarabhakti".  Dem  ^^'erschlossenen  ^^V  entspricht  ganz  ge- 
nau lat.  fru-men  ^"erelrecht  für  fmfq-men  Kehle,  Luftröhre; 
weiterhin  dann,«tich  an.  harJdß^XQ,  Luftr.öhre;  eine  Wurzel 
bhm-g  liegt  jn^  Grunde  vgl.  eja^.  hark  belleii  und  ähnliche  Ton- 
wörter *). '' 

19. 
Lat.  mulier  und  juvCdco  saugen. 
Nehmen  wir  an,  lat.  mulier  sei  wie  femina  als  die  Säugende 
bezeichnet,  so  lässt  sich  das  Wort  ganz  befriedigend  ableiten. 
Da  l  im  Latein  häufig  genug  aus  altem  d  entspringt,  so  dürfen 
wir  uns  mulier  als  aus  mudies-  entstanden  denken  und  dem 
Thema  rnk^ie-  entspricht  ganz  genau  ^ivOx  in  ^vCx/L-vi  saugen, 
demnach  fiik,  f.ivdja- ,  schon  im  homeri^hen  ix-fw^r]S'^i6-g  das 
Aussaugen  v^j^ommend.  Weitere  Verwandte  dieser  Baöi^  mud 
haben  wir  in  f^iaßog  Nässe,  vielleicht  auch  mf-iaöaco  trieferi>  lat. 
madeo ,  (.latog  =  {.ladj'og  und  ftaa-TO-g  Brust>  auch  wohl  lat. 
mamma  für  mad-ma,  .  '. 

\  ''  20. 

Sskr.  urvarä  =  olvqa,   okncfvg  zu  lit.  ulhauti,  v^xrivri  zu  sskr. 

tap. 
Das  Ackerfeld  hei^t  im  Veda'^Jt^j^«.  Dieses  selbe  Wort  be- 
zeichnet im  zend.  e^mwt;^  die  Pflanze^,  meist  collectiv  und  mit 
Einschränkung  auf  die  Nutzpflanzen  **).  Hieraus  sieht  man 
schon,  dass  die  Vergleichung  von  sskr.  wnfxrciv^xi  ccQovga  un- 
haltbarist; ccQovga  gehört  zu  agoco  =  goth.  arj'an  ackern  u. s.w. 
einem  europäischen  Verb,  sskr.  ■u^arä  stammt  von  var  bedecken, 
einhüllen  und  bezeichnet  das  Feld  aKdas  von  Pflanzen  umhüllte, 
während  das  identische  Zendwort  urvära  die  Pflanzen  als  Um- 
hüllung des.^Feldes  bezeichnet.  Grundbedeutung  t^s  arischen 
wi^>'>^jst  dentnach  „Umhüllung"  uhd^^war  spßciell  durHjtPflan- 
zen,  al^Cetwa:  ,3aatteppich ,  Pflanzehfreppich".''"  Mit  deralMä- 
schen  urvarä  ist  nun  }\Xvqa  Dinkel,  Spelt  genau  identisch.  Die 
Speltpflanze  ist  als  „hüllende  Saatpflanze"  bezeichnet,  vgl.  z.  B. 
Lfi/a  Spelt  =  lit.  jata-i  Getreide,  olxqa  steht  zunächst  für 
vXvqct,  V  vor  V  muss  zu  o  sich  wandeln,  wie  in  ololi-g  heulend 

*)     Vgl.  die  Zusammenstellungen  J.  Schmidts  Vokal.  IL  334. 
**)     Ebensl5*T»6a,^Jr^a7*»4a«j;jee,  ^^ant,  Vegetation),  pehl.  aurrar. 


64  A.  Fick 

=  sskr.  wR44(^TNjJ|^as  v  der  zweiten  Silbe  ist  regelrechte  Con- 
traction  von  /£,  /o  wie  vjc  in  v/t-vo-g  aus  afeit,  vq  m\vQ-a^ 

aus  afOQ  =  la\  sorex  contrahixt  „i&t.  ♦  -  '  — - 

Genau  wie  oAoAi;-g  "ist  ^^^s^g  jai^rmt^'nd,  Basis  zu  6loq)v-dv6-g, 
okocpv-QOjuaL  n.  s.  w.  zu  "BeurtlieiTen.  \  olorpv-g,  früher  von  mir 
unrichtig  zu  sskr.  lap  klagen  gestellt  (Vgl.  Wbch."^!.  751),  steht 
für  vlvq)v-g  und  gehört  zum  lit.  ulhau-d  ^vinseUi  (v^u  Vögeln 
gesagt).  Basis  ist  ul,  ulul  heulen  im  Griechischen  in  v%A(a  bel- 
len, oX?)Ä<j<^J''''jaj3Qmern,  lat.  ulnlare,  lit.  iu6ü  heulen  undrsonst 
nachzuweisen.  Aus  der  Vergleichung  von  olocpv-g  und  lit. 
ulhau-ju,  ulbau-ti  lässt  sich  ein  europäisches  ul-hhu,  resp.  ulu- 
hhu  reconstruiren. 

Genau  wie  in  oXvqa  v  aus  /o,  /e,  ist  V7t  in  vTtrjvr]  Bart  aus  /stt, 
ß07t  verkürzt.  Es  ist  dies  Wort  nämhch  gar  nicht  mit  vno 
zusammengesetzt,  sondern  gehört  zur  Wurzel  sskr.  vap ,  part. 
pf.|^?/£;(a;  scheeren,  welche  im  Veda  schon  besonders  vom  Bart- 
scheeren gebraucht  wird,  cmacru  vap  heisst  dort  den  Bart 
%c}\QeY&ü,  mi^jtarjim  Sanskrit  heisst  Bartscheerer,  Barbier.  Von 
dieser  Wurzel,  die  auch  im  Sanskrit  im  part.  pf.  pass.  iip-ta 
geschoren  sich  zu  up  verkürzt,  stammt  v7Cijvr]  Bart,  als  „scheer- 
barer,  oder  geschorener"  um  so  passender  benannt,  als  das 
Bartscheeren  bereits  bei  dem  Urvolke  üblich  war,  wie  z.  B. 
l^gqy  =  sskr.  ikshura  Scheermesser  beweist.  Das  zend.  uhda- 
ena,  von  Justi  durch  „hären"  übersetzt,  heisst  vielmehr  ,, ledern" 
und  stammt  vom  sskr.  part.;  w^^üj,  geschoren. 

21. 
TQv-q)dXsia  für  re-TQV-cpaXsia ,  aij.i6QQ00-g  für  dipOQQO-QQOog. 
Auch  im  Griechischen  kommt  es  bekanntlich  vor,  dass  des  Wohl- 
klangs wegen  von  zwei  gleichanlautenden  Silben  die  erste  ausgewor- 
fen wird,  eine  Erscheinung,  die  freilich  im  Lateinischen  noch 
viel  häufiger  ist  (vgl.  KZs,  XXII.  1J8,  371).  Im  Folgenden  sind 
zwei  homerische  Fälle  dieser  Art  verzeichnet.  TQv-cpäXsia  der 
Helm  ist  zu  vergleichen  mit  den  Beinamen  des  Helmes  {y.vvti]) 
Tetqa-(pdXr^Qog  und  reTQÜ-cpakog,  mit  vier  Schirmen  {cpdXog)  ver- 
sehen. Wie  nämlich  Tga-TteLa  Tisch  für  Targd-TteZa  „Vierfuss" 
steht,  so  TQv-cpdXua  für  rexQv-cfdXeia  und  dieses  tetqv  ist  — 
lat.  quadru-,  lit.  ketiir-,  goth.  fidur-  in  Zusammensetzung.  Das 
V  für  /a  erscheint  im  griechischen  Worte  für  vier  ja  auch  in 
nlavqEg  vier  und   hat   demnach   ein  altgriechisches   lEXi^v   für 


Allerlei.  <  G5 

T£tvQ  =  lat.  quadru-  durchaus  nichts  befremdliches.  dipoQQOog 
das  Beiwort  des  Okeanos  ist  mit  „rückströmend"  richtig  über- 
setzt, aber  in  seiner  Bildung  nicht  verstanden  worden.  Es  soll 
nämlich  aus  dtp  und  Qoog  gebildet  sein.  Aber  aus  dip  und  Qoog 
kann  nicht  dipoQQOog  werden.  Vielmehr  ist  difjoQQoog  compo- 
nirt  aus  äipoQQog  zurückgehend,  rückwärts  und  Qoog,  steht  also 
für  dipoQQO-QQOog ;  dass  aber  dieses  dem  griechischen  Ohre  übel 
klingende  dipOQQOQQOog  ganz  wie  von  selbst  sich  zu  dxpöqqoog 
verkürzen  musste,  liegt  auf  der  Hand. 

22. 
Giebt  es  im  Griechischen  ein  Suffix  tAo? 
Neben  dem  Suffixe  ^Ao,  von  Leo  Meyer  richtig  mit  dem  latein. 
bulo  zusammengestellt,  giebt  es  scheinbar  ein  griechisches  tAo, 
das  nach  der  Meinung  Vieler  aus  tqo  entstanden  wäre,  wie  ja 
Q-  und  Ä-Suffixe  im  Griechischen  vielfach  in  einem  nahen  Ver- 
hältnisse stehen.  Eine  nähere  Prüfung  der  wenigen  Wörter  auf 
xlo  hat  mir  jedoch  die  Ueberzeugung  gegeben,  dass  ein  Suffix 
tXo  gar  nicht  existire,  dass  vielmehr  zum  Theil  das  r  zum 
Stamme  gehört,  zum  Theil  tlo  für  d^lo  aus  phonetischen  Grün- 
den eingetreten  ist. 

Zum  Stamme  gehört  r  in  civz-lov,  dwlsoj  und  zwar  ist  t  hier 
Vertreter  eines  ursprünglichen  z/  wie  in  Ttivre,  zsTfio)  neben 
Tey.f.i(jOQ,  Toaaag  (St.  tot)  neben  to^ov  u,  s.w.  Das  erhellt  aus 
der  Vergleichung  von  dvrXiw  mit  dem  lat.  ancldre ,  exancläre 
schöpfen  und  sskr.  ud-anc  schöpfen;  dass  lat.  ancldre  wie  Ost- 
hoff Forschungen  im  Gebiet  der  indog.  nominalen  Stammbildung 
I.  24  ff.  will,  aus  avTliio  entlehnt  sei,  ist  jedenfalls  nicht  zu 
erweisen.  In  tevtIov  —  osvtIov  Mangold  kann  das  t  ebenfalls 
zum  Stamme  gehören,  doch  ist  das  Etymon  des  Wortes  dunkel. 
Dagegen  stehen  exI-tItj  Handhabe  am  Pfluge  (von  fixe-  halten) 
(fv-T^ct  Art,  Geschlecht  (von  cpv  gigni)  ^J-r^ov  Flüssigkeit  (xv 
giessen)  der  Reihe  nach  für  ixe-S^Xrj,  cpv-d^la,  x^-^Ao-v  und 
verdanken  ihr  r  bloss  dem  Umstände,  dass  der  Grieche  die  un- 
mittelbare Folge  zweier  silbenanlautenden  Aspiraten  vermeidet, 
wenn  auch  nicht  durchgehends,  wie  z.  B.  ixvd^r]v  neben  hed^rjv, 
hv&riv  (für  sd-ed^rjv,  i&vd-rjv)  erscheint.  Nach  der  geläufigeren 
Art,  die  Aspiratenfolge  durch  Umwandlung  der  ersten  Aspirate 
in  die  Tenuis  zu  vermeiden,  hätten  wir  nun  in  unseren  Wörtern 
kxed^Xt],  nvd^Xa,  -/.vd^lov  erwartet,  allein  man  sieht  leicht,  dass 

5 


66  A.  Fick 

dann  die  Abkunft  von  den  Stamraverben  exs,  tpv,  xv  in  übler 
Weise  verdunkelt  virorden  wäre,  und  darum  grijff  man  zu  der 
seltneren  Weise  die  zweite  Aspirate  in  die  Tenuis  zu  wandeln, 
weil  auf  das  deutliche  Hervortreten  des  suffixalen  Elements 
nicht  so  viel  anzukommen  schien.  Sonach  behaupten  wir  bis 
auf  weiteres,  dass  ixETlrj,  (pvTla  und  x^'f^^ov  sich  der  Gruppe 
mit  ^Ao  anreihen,  also  zu  yeve-d-Xt]^  ede-d^lov,  S^sfÄe-d^la,  Ifxäo- 
^Iv],  f-ida-d^Xr],  cpvye-d-lov  zu  stellen  sind,  und  ihr  r  nur  den 
vorhergehenden  Aspiraten  zu  danken  haben.  Wie  aus  ^e^u«- 
d^Xa  und  cpvye-d-Xov  hervorgeht,  nahm  man  keinen  Anstoss  an 
der  Aspirate  im  Anlaute  der  dritten  Silbe  nach  aspirirt  anlau- 
tender ersten,  in  d-v-a-S-Xa  wurde  die  Aspiratenfolge,  wie  es 
scheint,  durch  den  Zwischentritt  von  a  erträglich,  aber  die  un- 
mittelbare Folge  der  Aspiraten  wurde  durch  Umgestaltung  von 
ixeS^Xf],  cpvd^Xa,  %v^^ov  in  txs-TXrj,  cpv-xXa,  ;ju-tAoj'  vermieden. 
Hierher  ist  auch  wohl  axhXiog  zu  ziehen,  demnach  für  axs- 
^Xiog,  während  man  an  axe^eiv,  eax^^ov  keinen  Anstoss  nahm; 
neben  x^^^f^^^^ov  Frostbeule  einer  späten  Bildung  nach  Analo- 
gie von  cpvyed-Xov  findet  sich  auch  x^^i^^^^ov  geschrieben,  die 
Schreibung  mit  d-  ist  wohl  vorzuzidlien. 

Wenn  es  somit  ein  Suffix  tXo  im  Griechischen  ursprünglich  gar 
nicht  gegeben  hat,  so  sind  auch  die  Combinationen  dieses  an- 
geblichen tXo  mit  lat.  culum  u.  s.  w.  nichtig  und  müssen  auf- 
gegeben werden. 

23. 

Giebt  es  im  Griechischen  ein  Suffix  rf-ia,  zfio? 
Eün  Suffix  Tf.ia  t/lio  im  Griechischen  kann  ich  ebenso  wenig  an- 
nehmen, wie  ein  Suffix  rXo.  In  den  wenigen  Wörtern  auf  Tf^ia 
Tf-in  gehört  das  r  zum  Theil  zum  Stamme,  zum  Theil  ist  es 
durch  Einfluss  eines  vorhergehenden  Aspiratenanlauts  aus  ^ 
entstanden.  Zum  Stamme  gehört  das  r:  in  8QBT-(.i6-g  Ruder, 
Stamm  e^er  in  eQta-aco.  In  di'z-f.iij,  acT-f.irjv  das  Hauchen,  der 
Hauch  steht  zunächst  dvT  für  a/«r,  das  beweisen  die  Hesychi- 
schen  Glossen  aaTf.ia'  cpXo^  und  dsTi-iöv  ro  7Tvsv(.ia,  die  auf 
afer/ita,  dj^ariiiov  zurückgehen.  Die  Basis  dieser  Wörter  ist 
a/fir  hauchen,  eine  Erweiterung  der  Wurzelia/«  hauchen,  we- 
hen (=  sskr.  vä).  Die  Secundärwurzel  rat  ist  sehr  deutlich 
im  Celtischen  erhalten  in  altir.  ün-fet  inflat,  do-n-in-fedam  in- 
spiramns  (nach  Windisch  in  Curtius  Grundz.  390).  Aber  auch 
im  Griechischen  selbst  ist  das  secundäre  djBt  nachzuweisen  in 


Allerlei.  67 

afta-d^cü  hauchen,  verhauchen.  Dieses  ist  weitergebildet  mit  ^ 
wie  [Ea-d^co  esse,  \^«a-%  kleiden  u.  s.  w.,  vor  der  Doppelconso- 
nanz  ad^  ist  e  zu  t  geschwächt  wie  in  TtirviOy  mQva^ai,  nikva- 
fxai  u.  s.  w. ;  es  steht  also  dßlod-to  für  afsr-d-o)  hauche,  und 
von  dem  hieraus  deutlich  hervorblickenden  afsr  ist  dfev-i^i^  = 
oLvr-fitj,  dj^er-^iiqv  =  dvT-/^ii]v  durch  die  Suffixe  f^r]  und  fir^v  re- 
gelrecht gebildet.  Von  dj'eod-  in  dflad-o),  contrahirt  zu  aa^ 
ist  dann  wieder  ebenso  regelmässig  durch  das  Suffix  fnaz-  aod^(.ia 
(demnach  für  dfeaS^-jna)  der  schwere  Athem  gebildet.  Aus 
phonetischen  Gründen  ist  d-/iirj  in  T/^r)  gewandelt  in  scp-E-Tf^r] 
der  Auftrag.  Das  Wort  stammt  von  icp-e  {irji-tL)  beauftragen 
und  müsste  eigentlich  i(p-E-S^/.i}]  lauten,  wandelte  jedoch  ^  in  t' 
wegen  des  aspirirten  Anlauts  der  vorhergehenden  Silbe.  Setzen 
wir  als  organische  Form  ecp-e-^f-iiq  so  erhellt,  dass  hier  genau 
dieselbe  Bildung  vorliegt  wie  in  €la-l-&(.irj,  azd-d^f-irj,  dv-^/urj-ar 
övoEGi  bei  Hesych  u.  a. 

So  bleiben  nur  noch/J,atT|im  Schlund  j'und  ar;Uog,  ay/f?[  Brodem. 
XaiTfitt  ist  etymologisch  dunkel,  daö  r  kann  sehr  wohl  zum 
Stamme  gehören,  dr/n^  ist  nichts  als  Contraction  von  dfETi^ii, 
woraus  sowohl  dvT/nrj  als  drj^i^  hervorgingen,  vgl.  die  Contrac- 
tion von  d/Eod-  zu  dad-  in  daS^-f^a. 
Sonach  ist  ein  Suffix  zfia  t[xo  im  Griechischen  nicht  zu  statuiren. 

24. 
TolfLv  trtTtOLfiv  =  sskr.  tayos  agvayos. 
Der  Genitiv  und  Dativ  des  Duals  wird  griechisch  durch  das 
Suffix  oi-fiv  bezeichnet,  das  wiederholt  mit  dem  sskr.  Suffix 
bhyäm,  wodurch  Dativ,  Instrumental  und  Ablativ  des  Duals 
gebildet  werden,  identificirt  worden  ist,  so  dass  also  z.  B.  töI- 
fiv  %7t7tOLj^LV  genau  dem  sskr.  tdbhyäm  acmbhyum  entspräche. 
Hierbei  liegt  die  unglückliche  Vorstellung  zu  Grunde,  als  ob 
irgend  je  ein  ursprüngliches  bh  durch  ein  griechisches  ß  re- 
flectirt  werden  könnte,  doch  auch  hiervon  abgesehen,  passen 
beide  Formen  sehr  schlecht  zu  einander.  Zunächst  bezeichnen 
sie  ganz  verschiedene  Casus:  sskr.  bhyäm  den  Dativ,  Instru- 
mental und  Ablativ,  oifiv  den  Genitiv  und  Dativ  oder  viel- 
mehr, da  der  griechische  Dativ  meist  formell  der  alte  Locativ 
ist,  den  Genitiv  und  Locativ.  Ferner  passt  ja  gar  nicht  der 
Stammauslaut  ä  in  agvä-b/iyäm  zu  dem  ot  in  i7r7ioi-fiv ,  wor- 
auf Leo  Meyer  (Gedrängte  Vergleichung  der  griech.  und  latein. 

5* 


68 


A.  Bezzenberger 


Declination  S.  63)  mit  Recht  aufmerksam  macht.  Sehen  wir 
uns  also  nach  einer  anderen  Deutung  um.  Da  ist  es  denn  auf- 
fallend genug,  dass  man  an  der  mit  %tc71oij.iv  sich  wirklich 
lautlich  und  im  Gebrauch  deckenden  sskr.  Bildung  beharrlich 
vorbeigegangen  ist.  Der  Genitiv  und  Locativ  wird  nämlich  im 
Sanskrit  von  den  a-Stämmen  auf  -yos  gebildet,  also  z.  B.  iayos 
agoayos  =  tolfiv  trcnoi^Lv;  im  Zend  entspricht  -yäoc-ca,  z.  B. 
in  hävanaydoc-ca  von  hävana.  Das  o  in  tayos  dürfen  wir  zu 
ava  vervollständigen  *),  wie  das  su  im  Loc.  pl.  zu  sva  =  zend. 
hva,  und  so  gewinnen  wir  die  Grundform  agcayavas ,  tayavas, 
gebildet  durch  vas  von  den  erweiterten  Stämmen  acva-ya,  ia-ya. 
Diesem  agvayos ,  iayos  entspricht  nun  ganz  genau  iTtTtoifiv, 
Toifiv;  i  ist  aus  i£  zusammengezogen,  wie  z.  B.  in  TtaXal-oio 
fut.  zu  7ra'/,a-iE  ringen,  dal-oo)  fut.  zu  da-ie  theilen  und  sonst; 
Grundform  ist  also  iTrjto-ie-fiv,  TO-ie-fiv,  fiv  steht  regelrecht 
für  /«,  fi  =  jzt-g  und  beruhen  also  toIj'lv  ucTtoifiv  und  sskr. 
tayos  acimyos  auf  der  gemeinsamen  ursprachlichen  Grundform 
taiavas  ahvaiaoas.  A.  Fick. 


Etymologien. 

XVj  (_Altind.  rähu ,  räjjü  Strick ,  Seil ,  Wie  von  der  \Wirbelsäule 
ausgehenden  Sehnen,  Flechte  (vgl.  ar^jjü  nicht  a'^s  Stricken 
bestehend,  acht  mit  Stricken  versehen,\>?;ar/?;«ifa7'a;yMSStrick  mit 
:  einem  HakeiB  in  Form  einer  Krebsscheerie)  ist  nicht  aus  "^sräjju 
\  entstanden  (^.  Kuhn  KZs.  II.  457,  PWWl.  239,  G^^ssmann 
Wbch.  s.  v.),|  sondern  beruht  auf  razjuK  wie  majj  aftf  mazj 
u.  s.  w.,  und  ist  auf  das  engste  verwant  mit  lit.  regzii  flachten, 
bestricken,  bilden,  schnüren,  rezgis  Korb ,\ Korbgeflecht ,ilett. 
refchget ,  refcjLfil ,  flechten ,  7'efchgis  regfcJiis  Flechtwerk  ^(vgl. 
Stender  Wbch.^lS,  233;  Nesselmann  Wbch.V^S). 

d-Qiyxog.  \ 
Indem  ich  die  sachliche  Erklärung  von  d^Qiyxo-g  (^Qiyxog,  ^Qi) 
yog,  TQiyxog,  also  Grundform  ^Qiyy/)-g)  den  Archäologen  über- 
lasse, beschränke  ich  mich  darauf  ein  genau  entsprechendes 
Wort  nachzuweisen.  Es  ist  diess  lit.  drignas ,  drigna  ein  Hof 
um  den  Mond  **).  —    Dass  diese  Etymologie  den  Erklärungen 

*)     Zend.  -ydoc-ca  aus  -yavac-ca  wie  avdimtem  aus  avuvaütem. 
**)     Wenn  die  von  Nessehnann  aus  dein  Brodowskischcn  Wbch.    ent- 
nommene P'orm  drikkas   richtig   ist,    so  ist  sie  als  drig-ku ,    oder  dr\g-ka 
zu  erklären. 


Etymologien.  69 

von  d^Qiyyiog  als  „Sims",  oder  „Zinne"   nicht  günstig  ist,   liegt 
auf  der  Hand. 

dtif-ißio. 
Fick  hat  oben  S.  61  die  im  griechischen  zuweilen  erscheinende 
Vertretung  an-  und  auslautender  Aspirate  einer  Wurzelsilbe 
durch  anlautende  Tennis  und  auslautende  Media  kurz  berührt. 
Ein  neues  Beispiel  hierfür  —  vgl.  auch  jtvvda^  sskr.  hudhna  — 
erkenne  ich  in  a%inßoi,  das  ich  zu  skr.  dahh  zend.  dah  stelle. 
l4xi[^ißto  =  d-T6/nßw  —  vgl.  a-TQ€'Ar]g,  a-Tqa'Ktog  —  bedeutet 
bei  Homer  „schädigen,  berauben,  täuschen";  sskr.  dahh,  dambh 
(Perf.  dadambha)  bedeutet  „jemd.  etwas  anhaben,  schädigen, 
versehren  ,  benachteiligen ,  verletzen ,  täuschen ,  im  Stich  lassen, 
hintergehen"  (PW.),  zend.  dah  übersetzt  Justi  richtig  durch  „be- 
trügen" (ebenso  dehu,  eigentl.  Präsensthema  zu  dah,  neben  deh- 
enu).  Begrifflich  decken  sich,  wie  man  sieht,  die  angeführten 
Wörter  sehr  gut;  formell  lassen  sie  sich  leicht  unter  einer  Wur- 
zel dhahh ,  dhamhh  vereinigen.  Gegen  sie  spricht  nicht  das 
ved.  Desiderativ  dipsa ,  welches  man  vielleicht  entgegenhalten 
könnte,  vgl.  Benfey  G.  G.  A.  1873  S.  19. 

Ist  die  obige  Zusammenstellung  richtig,  so  fallen  durch 
sie  einige  ältere;  nemlich  einerseits  die  Pictets,  der  (KZs.  V. 
334)  skr,  dahh  mit  got.  dauhs,  af-dauhnan,  dumbs,  af-dumhnan, 
af-dohnan*)  combinierte,  worin  ihm  J.  Schmidt  Vokal.  I.  172 
beitrat,  indem  er  zugleich  im  Anschluss  an  Lottner  (KZs.  XL 
199)  und  Grassmann  (KZs.  XH.  127)  zu  den  angeführten  got. 
Wörtern  noch  gr.  rv(pX6-g  stellte,  andrerseits  die  Ficks,  der  Vgl. 
Wbch."^  III.  115  vermutungsweise  dahh  zu  germ.  iauhra-  stellte. 
Gegen  beide  Etymologien  sprechen  die  Bedeutungen :  got.  dumhs 
bedeutet  „stumm",  dauhs  „taub,  verstockt",  tvcpXog  „blind"  — 
alle  weit  abliegend  von  „täuschen ,  betriegen"  und  von  Fick 
mit  Recht  zu  skr.  dhüpa  Rauch,  Duft,  gr.  rvq^og,  tvcpoi  gestellt. 
Dahh  aber  zu  germ.  iauhra-  zu  stellen,  geht  deshalb  nicht  an, 
weil  der  ursprüngliche  Sinn  dieses  Wortes  jedenfalls  nicht  „Schä- 
digung,   Trug"  war,   vgl.  J.  Grimm  Mythol.  S.  983. 

Was  endlich  die  Zusammenstellung  von  dahh  mit  gr.  däitxia 
lat.  damnum  (PW.)  betrifft,  so  genügt  es,  auf  Curtius  Grundz."* 
218,  Fick  Vgl.  Wbch.3  H.  121  zu  verweisen. 

A.  Bezzenherger . 


*)     Dieses  Wort  ist  von  Holtzmann  Ad.  Gramm.  S.  16  mit  Recht  be- 
anstandet worden. 


70  Martin  Hauug. 


Martin  Haug  *). 

Am  5.  Juni  dieses  Jahres  wurde  in  Ragaz  ein  Mann  zur  letzten  Ru- 
hestätte geleitet,  an  dem  Deutschland  eine  seiner  ersten  Grössen  auf  dem 
Gebiet  der  orientalischen  Sprachen  verloren  hat.     Haug  hat  dem  Vater- 
land in  der  Heimat  und  in  weiter  Ferne  Ehre  gemacht  und  verdient,  dass 
die  Ueberlebenden  sein  Bild  in  dankbarer  Anerkennung  seiner  Leistungen 
sich  vergegenwärtigen.     Zwar  ist  es  unbestreitbar,  dass  die  geistige  Phy- 
siognomie emes  Gelehrten  am  treusten  in  seinen  Schriften  sich  abspiegelt 
und  das  ist  in  besonderem  Grade  der  Fall  bei  einem  Manne,    wie  Haug 
der  nichts   von  der  Kunst  verstand,    die  Worte  zur  Verhüllung  des  Ge- 
dankens zu  missbrauchen;  dennoch  ist  auch  ein  Blick  auf  seine  äusseren 
oft  bewegten  Lebensschicksale  von  Interesse,    insofern  sie  die  Ausgestal- 
tung seiner  sittlichen  und  wissenschaftlichen  Individualität   beeinflussten. 
Martin  Haug  wurde  am  30.  Januar  1827  in  Ostdorf  Oberamts  Balingen 
in  Würtemberg  geboren ;  der  Vater,  der  mit  irdischen  Gütern  nur  soweit 
gesegnet  war,    dass   er  fünf  Kinder,    von  denen  unser  Verstorbener  das 
älteste  war,  auch  in  jenen  teuren  Jahren  mit  Ehren  durchbringen  konnte) 
wird   von    dem    Sohn   geschildert  als   ein  Mann  von  biederem  Charakter, 
arbeitsam  und  darauf  bedacht,  sein  massiges  Besitztum  an  Ackerland  zu 
vergrössern.    Er  gab  dem  zartgebauten,  schwächlichen  Knaben  eine  zwar 
rauhe  und  strenge,    aber  von  sittlich-religiösem  Ernst  getragene  Erzie- 
hung.   Mit  besonderer  Liebe  hing  dieser  an  einem  alten  Grossoheim,  der 
sich  durch  freimütiges    Urteil   auszeichnete  und  für  einen  Dorfbewohner 
aussergewöhnliche  Kenntnisse,    auch  eine  kleine  Bibliothek  besass,  meist 
Schriften  religiösen  und  mathematischen  Inhalts,  die  der  Knabe  frühzei- 
tig mit  grossem  Eifer  las.     Bei   diesem  Grossoheim   lernte  er  lesen   und 
schreiben,  die  Mehrzahl  der  biblischen  Sprüche  und  einige  Gesangbuchs- 
lieder.     So    mit   verhältnismässig    bedeutenden   Kenntnissen    ausgerüstet, 
trat  er  im  6.  Lebensjahre  in  die  öffentliche  Schule  ein;  sein  Lehrer,  der 
damals  schon  über  80  Jahre  alt  war,    wusste   den  Jungen  nicht  recht  zu 
beschäftigen,    und  so  tobte   sich  dieser  in  allerlei  Unarten  und  mutwilli- 
gen Streichen  aus.     Neun  Jahre  alt  kam  er  nach  dem  Tode  seines  ersten 
Lehrers  in  die  Hände  eiues  anderen,  einer  jüngeren  Kraft.    Jetzt  machte 
er  alsbald  so  grosse  Fortschritte,  dass  sein  Lehrer,  der  die  Anlagen  des 
Knaben  bemerkte  und  trefflich  zu  wecken  verstand,  den  Vater  aufforderte, 
den  Sohn  zum  Schullehrerberuf  zu  bestimmen  und  ihn  seiner  Leitung  zu 
übergeben.     Der  Vater  zeigte  anfänglich    keine  Lust    auf  den  Vorschlag 
einzugehen,     da    er    den  ältesten   Sohn  zur  Unterstützung  im   landwirt- 
schaftlichen Betrieb   und    zur   Uebernalime  seines  bäuerlichen   Anwesens 
nach  seinem  Tode  bestimmt  hatte.     Noch  grösseren  Anstoss  erregte  der 
Vorschlag  bei  der  Mutter,    welche   den   Sohn  um   alle   Welt  nicht  einen 
„Herrn"  werden  lassen  wollte,  allein  die  Stimme  des  einsichtigen  Gross- 


*)  [Dieser,  von  einem  Verwanten  Ilaugs  herrührende  Nekrolog  stützt 
sich  bis  zum  Jahr  1854  auf  eine  bis  zu  dieser  Zeit  reichende  Autobio- 
graphie des  Verstorbenen.    B.] 


Martin  Haug.  71 

oheims  überwand  die  Schwierigkeiten.  So  wurde  der  Knabe  im  J.  1838 
„Schulincipient"  und  bekam  neben  den  ordentlichen  Schulstunden  täglich 
noch  3—4  Lectionen.  Schon  jetzt  entfaltete  sich  seine  Vorliebe  für  die 
historischen  Fächer,  welche  ihn  oft  bis  in  die  tiefe  Nacht  an  die  Arbeit 
fesselte.  Frühzeitig  verspürte  er  die  Lust,  fremde  Sprachen  zu  lernen; 
von  einem  ihm  bekannten  Lateinschüler  erwarb  er  die  lateinische  Gram- 
matik von  Bröder,  die  er  nebst  dem  angehängten  Wörterbuch  für  sich 
auswendig  lernte.  Gleichzeitig  übersetzte  er  aus  der  praktischen  Anlei- 
tung zum  Uebersetzen  aus  dem  Deutschen  in  das  Lateinische  von  Gröbcl, 
hatte  aber  niemanden,  der  ihm  seine  Exercitien  corrigirte.  Daneben 
muste  er  den  Vater  in  den  landwirtschaftlichen  Geschäften  unterstützen, 
Garben  holen,  dreschen,  Ochsen  treiben.  Er  pflegte,  wenn  er  auf  den 
Acker  ging,  ein  Buch  einzustecken  und  unterwegs  in  ihm  zu  lesen;  da 
begegnete  es  freilich  oft,  dass  die  Ochsen  einen  verkehrten  Weg  einschlu- 
gen und  der  junge  Fuhrmann  von  dem  aufgebrachten  Vater  durch  nach- 
geworfene Erdschollen  aus  seinen  Träumen  aufgeweckt  werden  musste. 
Im  Jahre  1841  wurde  er  durch  eine  in  Esslingen  abgehaltene  Aspiranten- 
prüfung in  die  Zahl  der  Schullehrerpräparanden  aufgenommen.  Da  er 
hervorragende  Kenntnisse  bei  der  Prüfung  an  den  Tag  gelegt  hatte,  so 
forderte  das  evangelische  Consistorium  den  Vater  auf,  seinen  Sohn  einem 
Schullehrerseminar  zu  übergeben  ;  allein  in  Anbetracht  des  Kostenpunktes 
weigerte  sich  jener,  darauf  einzugehen  und  so  blieb  Hang  in  Ostdorf. 
Die  sprachlichen  Studien  setzte  er  mit  gleichmässigem  Fleisse  fort;  noch 
nicht  14  Jahr  alt,  begann  er  auch  das  Studium  des  Griechischen  mit 
Hilfe  einer  von  dem  freundlichen  Grossoheim  ihm  geschenkten  Gramma- 
tik, und  gleichzeitig  das  des  Hebräischen.  Das  Alphabet  und  einzelne 
hebräische  Worte  lernte  er  von  herumziehenden,  lumpensammelnden  Ju- 
denknaben und  honorirte  sie  dafür  mit  Lumpen,  die  er  sich  heimlich  zu 
verschaffen  wusste.  Die  Mutter  entdeckte  die  schwarze  Tat  und  strafte 
den  Sohn  ernstlich;  der  Vater  aber,  an  welchen  er  sich  nach  dem  Tode 
seines  Grossoheims  (1842)  allein  halten  muste,  gewann  Interesse  an  den 
Studien  desselben,  weil  er  in  der  Absicht,  die  heilige  Schrift  in  dem 
Grundtext  zu  studiren,  etwas  Gott  wolgefälliges  sah,  und  kaufte  ihm  die 
Hebräische  Grammatik  von  Gesenius.  Auch  erlaubte  er  ihm,  in  Balingen 
bei  einem  dort  sich  aufhaltenden  Candidaten  der  Philologie  Privatunter- 
richt im  Griechischen  und  Lateinischen  zu  nehmen.  Eine  glückliche  Epi- 
sode für  Haug  war  die  ihm  im  J.  1843  übertragene  Amtsverwesung  für 
einen  erkrankten  Balinger  Lehrer,  die  es  ihm  ermöglichte,  täglichen  Un- 
terricht in  den  classischen  Sprachen,  dem  Hebräischen  und  Französischen 
zu  nehmen  und  einige  Bücher  zu  kaufen.  Kurz  darauf  {Nov.  1843)  wurde 
Haug  Lehrgehilfe  in  Unterensingen,  Oberamts  Nürtingen;  er  bezog  einen 
jährlichen  Gehalt  von  120  fi.  und  hatte  dafür  etwa  100  Kmder  täglich  5 
Stunden  zu  unterrichten.  Manigfache  Abhaltungen  traten  seinen  Studien 
störend  entgegen,  aber  er  arbeitete  unverdrossen  weiter  und  las  Plato, 
Tacitus,  Lucian  und  den  Propheten  Jesaja  im  Urtext.  Im  Frühjahr  1844 
bestand  er  die  erste  Dienstprüfung  für  Volksschullehrer  und  vertauschte 
kurz   nachher  seine  Stellung   mit  einer  anderen  in   Grossbottwar  Ober- 


72  Martin  Haug. 

amts  Marbach.  Dort  begann  er  im  Sommer  desselben  Jahres  das  Stu- 
dium des  Sanskrit.  Ein  Stuttgarter  Antiquar  hatte  Bopps  kritische  Gram- 
matik, desselben  Ausgabe  von  Nala  und  Damajanti  und  die  Radices  lin- 
guae  sanscritae  zum  Verkauf  ausgeboten,  und  Haug  hatte  sofort  darum 
geschrieben ,  die  Grammatik  aber  nicht  bekommen ,  weil  sie  bereits  ver- 
kauft war.  So  muste  er  ohne  Grammatik  anfangen  und  befolgte  nun 
um  zunächst  das  Alphabet  zu  verstehen,  die  Methode,  dass  er  die  Eigen- 
namen in  der  lateinischen  Uebersetzung  mit  der  entsprechenden  Zeichen- 
gruppe des  Sanskrittextes  verglich;  es  gelang  ihm  bald,  die  Sanskrit- 
schrift kennen  zu  lernen.  Auf  demselben  mühsamen  Wege  der  Induction 
und  Vergleichung  eignete  er  sich  die  Formenlehre  an  und  construirte  so 
selbständig  das  gewaltige  sprachliche  Gebäude  des  Sanskrit.  Die  übri- 
gen Sprachstudien  setzte  er  daneben  fort ;  für  das  hebräische  zog  ihn  jetzt 
besonders  Ewalds  Ausführliches  Handbuch  wegen  seiner  wissenschaftlichen 
Haltung  und  comparativen  Methode  an.  Diese  Arbeiten  gingen  her  neben 
einem  Schulgeschäft  von  Anfangs  5,  später  6  —  7  täglichen  Stunden,  die 
er  einer  Schaar  von  140  Kindern  zu  erteilen  hatte,  und  pädagogischen 
für  die  Schulconferenzen  ex  officio  zu  liefernden  Aufsätzen. 

Im  August  des  J.  1845  wurde  Haug  als  Lehrgehilfe  in  Beihingen 
Oberamts  Ludwigsburg  angestellt,  wo  er  durch  seine  staunenswerten 
Kenntnisse,  die  er  in  einem  Conferenzaufsatz  zu  verwerten  wusste,  die 
Verwunderung  der  Anwesenden  •  im  höchsten  Grade  erregte.  Auf  den 
Rat  des  Ludwigsluster  Dekans  bewarb  er  sich  um  eine  Hauslehrerstelle 
auf  dem  Hardthof  bei  Schwieberdingen  (unweit  Stuttgart);  seine  Bewer- 
bung hatte  günstigen  Erfolg.  Er  bekam  jetzt  zum  ersten  Mal  ein  heiz- 
bares Zimmer  und  den  verhältnismässig  hohen  Gehalt  von  150  fl. ,  wo- 
lür  er  etwa  20  Kinder  von  allen  Altersstufen  zu  unterrichten  hatte.  In 
diese  Zeit  fällt  eine  kurze  Episode  pastoraler  Tätigkeit  in  Haugs  Leben ; 
er  erbot  sich  nämlich ,  den  Hofbauern  jeden  Sonntag  Nachmittags  reli- 
giöse Vorträge  zu  halten,  da  die  nächste  Kirche  eine  Stunde  Wegs  ent- 
fernt war.  Das  vom  Geistlichen  an  ihn  gestellte  Ansinnen,  gedruckte 
Predigten  vorzulesen,  wies  er  ab  und  hielt  eigene,  selbstverfasste  Pre- 
digten, die  bei  den  meisten  seiner  Zuhörer  Beifall  fanden  und  nur  einer 
Minorität  zu  wenig  positiv-dogmatisch  waren.  Die  Hauptsache  aber  war 
ihm  damals  die  Vorbereitung  zum  Universitätsstudium,  das  er  fest  in  das 
Auge  gefasst  hatte.  Er  arbeitete  ganze  Nächte  hindurch ;  um  sich  frisch 
zu  erhalten  begoss  er  dann  von  Zeit  zu  Zeit  den  Kopf  mit  kaltem  Was- 
ser und  steckte  an  heissen  Soramernachmittagen  während  des  studirens 
seine  Füsse  in  dasselbe.  Unter  anderem  beschäftigte  ihn  die  Symbolik 
und  Mythologie  von  Creuzer  und  erweckte  in  ihm  das  brennende  Ver- 
langen, Veda  und  Avesta  im  Urtext  kennen  zu  lernen.  Seit  Jahren  hatte 
er  mit  Hast  und  Sehnsucht  die  Lectionskataloge  der  Tübinger  Universität 
gelesen  und  seinen  Blick  besonders  auf  Ewald  gerichtet,  den  er  aus  sei- 
nen Werken  bewundern  gelernt  hatte.  Bei  einer  Durchreise  durch  Tü- 
bingen konnte  er  es  daher  nicht  unterlassen,  in  einer  Vorlesung  Ewalds 
über  hebräische  Altertümer  zu  hospitiren,  und  wagte  es.  im  April  1847 
dem  verehrten  Manne  seine  Hochachtung  brieflich  auszudrücken,   worauf 


Martin  Haug.  73 

ihm  eine  freundliche  und  aufmunternde  Antwort  zu  Teil  wurde.  Im 
Herbst  des  J.  1847  brachte  er  seinem  Bezirksschulinspector  persönlich  ein 
Gesuch  um  Zulassung  zur  Abiturientenprüfung.  Eine  tüchtige  Strafpre- 
digt sollte  den  jungen  Mann,  der  die  Anmassung  besass,  mehr  werden 
zu  wollen,  als  ein  Volksschullehrer,  von  seinem  Entschluss  zurückschrecken, 
aber  sie  erreichte  nur  das  Gegenteil.  Freilich  befiel  ihn  bald  darauf  eine 
gefährliche  Krankheit,  welche  die  Ausführung  seines  Planes  in  die  Ferne 
rückte,  und  ihn  physisch  so  schwächte,  dass  er  selbst  daran  dachte,  den- 
selben aufzugeben.  Auf  die  Länge  indessen  konnte  er  sich  von  seinen 
Büchern  nicht  trennen;  ein  College  bot  ihm  zum  Besuch  des  Gymnasiums 
seine  Unterstützung  an  und  verschaffte  ihm  die  Bekanntschaft  eines  Stutt- 
garter Gymnasiallehrers ;  durch  diesen  erhielt  er  Zutritt  zu  den  Schätzen 
der  grossen,  öffentlichen  Bibliothek.  —  Nachdem  sich  Unterhandlungen 
wegen  einer  Hauslehrerstelle  in  Livland  zerschlagen  hatten,  tat  er  den 
entscheidenden  Schritt  und  trat,  im  Widerspruch  mit  dem  väterlichen 
Willen,  aus  dem  Schulamte  aus.  In  der  Aussicht  auf  die  ihm  von  seinem 
CoUegen  zugesagte  Unterstützung,  wagte  er  es,  seinen  Rubico  zu  über- 
schreiten und  wanderte,  mit  einem  Kronentaler  in  der  Tasche,  im  März 
1848  nach  Stuttgart,  wo  er  alsbald  in  die  Prima  des  Gymnasiums  aufge- 
nommen wurde.  Wohnend  in  einem  ärmlichen  Dachstübchen  arbeitete 
er  auf  das  angestrengteste,  besonders  für  das  Abiturientenexamen,  lernte 
aber  daneben  Italiänisch  und  las  Dante ;  seinen  Unterhalt  musste  er  sich 
durch  Privatunterricht  zum  grösseren  Teil  selbst  verdienen,  da  sein  Va- 
ter ganz  die  Hand  von  ihm  abgezogen  hatte.  Sein  rastloses  Streben  ge- 
wann ihm  die  Anerkennung  seiner  Lehrer,  unter  denen  er  besonders  die 
Professoren  Ziegler  und  Klaiber  oft  rühmend  erwähnte.  Im  Herbst  1848 
bestand  Haug  in  ehrenvoller  Weise  die  Maturitätsprüfung.  Dieser  gänz- 
lich unerwartete  Erfolg  bewirkte ,  dass  sein  Vater  zu  dem  Universitäts- 
studium des  Sohnes  seine  Einwilligung  gab  und  ihm  für  ein  Semester 
die  Mittel  dazu  bewilligte;  nachher  sollte  er  sich  selbst  forthelfen.  In 
Tübingen,  wohin  er  sich  alsbald  begab,  fand  er  Ewald,  der  einem  Rufe 
nach  Göttingen  gefolgt  war,  zu  seinem  grossen  Bedauern  nicht  mehr;  er 
studierte  zunächst  klassische  Philologie,  trat  in  das  philologische  Seminar 
und  hörte  Vorlesungen  bei  Walz,  Teuffei  und  Schwegler,  welch  letzterem 
er  mit  besonderer  Pietät  zugetan  war.  Eine  Fi'ucht  seiner  klassischen 
Studien  war  die  Lösung  einer  von  der  philos.  Facultät  gestellten  Preis- 
aufgabe über  die  Lebensbeschreibungen  des  Plutarch.  Besonders  verfolgte 
er  bei  seinen  Studien  die  Spuren  des  sprachlichen  und  historischen  Zu- 
sammenhanges des  klassischen  Altertums  mit  dem  Orient;  das  homeri- 
sche Zeitalter,  die  homerische  Sprache  zogen  ihn  vor  allem  an.  Die  Be- 
schäftigung mit  den  orientalischen  Sprachen  setzte  er  daneben  ununter- 
brochen fort.  Mit  Eifer  und  Bewunderung  hörte  er  die  Vorlesungen 
Rudolph  Roths,  des  Nachfolgers  Ewalds,  welche  ausser  klassischem  Sans- 
krit und  Veda  auch  Zend  und  Neupersisch  umfassten.  Natürlich  arbei- 
tete Haug  auch  jetzt  wieder  mit  aller  Energie,  bald  aber  auch  wieder 
unter  grossen  P^ntbchrungen,  als  ihn  sein  Vater  sich  selbst  überliess.  In 
seiner  bedrängten  Lage  suchte  er  sich  durch  Privatunterricht,   besonders 


74  Martin  Hang. 

im  hebräischen,  zu  helfen,  das  er  zwei  preussische  Studenten  lehrte  und 
denen  er  auch  im  Winter  1849/50  auf  ihren  Wunsch  eine  Erklärung  des 
Propheten  Jesajas  vortrug.  Aber  auch  seine  Lehrer  nahmen  sich  des 
strebsamen  jungen  Mannes  nach  Kräften  an;  Schwegler  verhalf  ihm  zu 
einem  grösseren  Stipendium  und  A.  v.  Keller  war  ihm  hauptsächlich  zur 
Aufnahme  in  den  s.  g.  „neuen  Bau"  (ein  Stipendienhaus)  behilflich.  So 
war  es  möglich  dass  er  seine  Studien  fortsetzen  konnte.  Auch  fand  er 
freundliche  Aufnahme  in  dem  Hause  einer  weitläufig  verwanten  Kauf- 
mannswitwo  Speidel  in  Ofterdingen,  die  sich  der  äusseren  Bedürfnisse  des 
unpraktischen  Studenten  mit  gröster  Zuvorkommenheit  annahm.  Schon 
damals  knüpften  sich  Bande  freundschaftlicher  Beziehung  zwischen  ihn 
und  deren  Tochter  Sophie,  welche  später  seine  Frau  werden  sollte,  und 
mit  der  er  sich  im  Herbst  1852  verlobte. 

In  den  ersten  Tagen  des  März  1851  wurde  Haug  zum  Dr.  phil.  pro- 
movirt;  wenige  Tage  darauf  starb  sein  Vater,  dem  die  Mutter  schon 
lange  vorher  vorangegangen  war,  und  sein  Tod  erschütterte,  trotz  der 
mannigfachen  Zusammenstösse,  die  er  mit  ihm  gehabt  hatte,  den  Sohn 
auf  das  tiefste.  In  der  Folgezeit  war  er  einem  Baron  von  Müller  zur 
Abfassung  einer  literarischen  Arbeit  über  das  alttestamentliche  ,, Einhorn" 
behilflich.  Durch  eine  ihm  gewährte  Staatsunterstützung  von  300  fl.  zum 
Zweck  einer  wissenschaftlichen  Reise  und  durch  das  bei  der  Vermögens- 
teilung ihm  zugefallene  Erbe  wurde  er  in  den  Stand  gesetzt,  nach  Göt- 
tingen zu  gehen,  wo  er  die  Vorlesungen  Benfeys,  Karl  Friedr.  Hermanns 
und  besonders  Ewalds  hörte.  Letzterer  gab  ihm  Privatunterricht  im 
Arabischen,  Persischen,  Tüi'kischen  und  Armenischen  und  forderte  ihn 
auf,  sich  den  orientalischen  Sprachen,  zu  deren  Studium  er  hervorragen- 
des Talent  besitze,  ausschliesslich  zu  widmen.  Diese  Aufi'orderung  kam 
dem  schon  lange  im  stillen  gehegten  Wunsche  Haugs,  die  akademische 
Carriere  einzuschlagen ,  entgegen ;  er  entscbloss  sich ,  ihr  zu  folgen  und 
teilte  diesen  Entschluss  seinem  Lehrer  Roth  mit.  Roth  antwortete  ihm 
zwar  in  freundlicher  Weise,  riet  ihm  aber  dringend  von  seinem  Vorha- 
ben ab. 

Von  Göttingen  kehrte  llaug  im  Herbst  1852  nach  Tübingen  zurück, 
um  sich  dort  mit  literarischen  Arbeiten  zu  beschäftigen  und  die  Vorbe- 
reitungen zur  Habilitation  zu  trefi'en.  Die  Absicht  Haugs,  sich  in  Tübin- 
gen zu  habilitiren,  scheint  Roth  missfallen  zu  haben;  er  benahm  sich, 
wie  Haug  erzählte,  nicht  nur  kalt  und  frostig  gegen  ihn,  sondern  äusserte 
auch  in  einer,  Haug  verletzenden  Weise  seinen  Unwillen  darüber,  dass 
dieser  seine  Ratschläge  nicht  befolgt  habe.  Haug  hat  die  Kränkungen, 
welche  er  damals  von  Roth  erfahren  zu  haben  glaubte,  nie  verwinden 
können  und  sie  trugen  wesentlich  dazu  bei,  die  wissenschaftliche  Difie- 
renz,  die  sich  später  in  Folge  von  Haugs  Aufenthalt  in  Indien  zwischen 
dem  Lehrer  und  dem  Schüler  entwickelte,  zu  verschärfen.  —  Haug  gab 
der  angedeuteten  Verhältnisse  wegen  den  Plan,  sich  in  Tübingen  zu  ha- 
bilitiren, auf  und  wante  sich,  von  Ewald  und  Wilhelm  Blcek,  mit  dem 
er  auf  der  Göttinger  Philologenversammlung  (1852)  Freundschaft  geschlos- 
sen hatte,   aufgemuntert,    der  angestrebten  Laufbahn  nicht  zu  entsagen, 


Martin  Haug,  75 

nach  Bonn,  wo  ihn  Lassen  freundlich  aufnahm.  Am  9.  November  1854 
hielt  er  dort  seine  Habilitationsrede  (die  Religion  Zoroasters  nach  den 
alten  Liedern  des  Zend-Avesta).  Wol  hatte  er  auch  in  Bonn  wieder  mit 
Not  und  Entbehrung  zu  kämpfen,  da  seine  bescheidenen  Mittel  sich  zu 
erschöpfen  begannen,  aber  trotzdem  arbeitete  er  unverdrossen  weiter  und 
hatte  als  Lehrer  eine  erfolgreiche  Tätigkeit.  Unter  seinen  Schülern  aus 
jener  Zeit  mag  Professor  von  Noorden  genannt  werden,  der  ihm  und 
Simrock  gemeinsam  seine  Doctordissertation  widmete.  Die  Arbeiten  aus 
seiner  Bonner  Periode  beziehen  sich  meistens  auf  Zendphilologie ;  unge- 
heure Zeit  und  grossen  Kraftaufwand  nahmen  die  Vorarbeiten  zu  seinem 
ersteren  grösseren  Werk  in  Anspruch,  das,  eine  Frucht  sechsjähriger,  an- 
gestrengter Arbeit,  ihn  in  den  Kreis  der  bedeutendsten  Kenner  des  ira- 
nischen Altertums  einführte. 

In  seiner  immer  drückender  werdenden  Lage  kam  ihm  ein  Antrag 
des  Freiherrn  von  Bunsen,  bei  ihm  in  Heidelberg  als  Privatsekretär  und 
Mitarbeiter  an  seinem  Bibelwerk  eiuzutreten,  sehr  willkommen.  Er  ar- 
beitete dort  in  Gemeinschaft  mit  seinem  Freunde  Kamphausen,  dem  jetzi- 
gen Professor  der  alttestam.  Theologie  in  Bonn.  Welchen  Anteil  Haug 
an  dem  Bunsenschen  Bibelwerk  gehabt  hat,  entzieht  sich  bestimmter  Ab- 
grenzung. In  die  Zeit  seines  Heidelberger  Aufenthaltes  fällt  eine  im  Juli 
1857  mit  Unterstützung  Bunsens  unternommene  Reise  nach  Paris,  welche 
den  Zweck  hatte,  ihn  mit  der  Neriosenghs  Sanskritübersetzung  des  Yagna 
enthaltenden  Burnoufschen  Handschrift  bekannt  zu  machen ,  sowie  eine 
im  August  1857  unternommene  Reise  durch  Frankreich  nach  England. 
Trotz  mancher  äusseren  Annehmlichkeiten  fühlte  sich  Haug  in  Heidelberg 
nicht  heimisch,  da  er  für  seine  Privatstudien  und  literarischen  Arbeiten 
nicht  so  viel  Zeit  erübrigen  konnte,  als  er  nach  den  mit  seinem  Auftrag- 
geber mündlich  getroffenen  Abmachungen  erwartet  hatte.  Als  daher  (am 
10.  Mai  1858)  Dr.  Pattison  aus  Oxford  im  Auftrage  des  Director  Howard 
in  Bombay  die  Anfrage  an  ihn  richtete,  ob  er  geneigt  sei,  die  Stellung 
eines  Professors  des  Sanskrit  und  Superintendenten  der  Sanskritstudien 
am  College  in  Poona  anzunehmen,  löste  er  sein  Verhältnis  zu  Bunsen  und 
trat,  als  sich  die  Verhandlungen  mit  England  längere  Zeit  hinzogen,  wie- 
der in  seine  Stellung  als  Privatdocent  in  Bonn  ein  und  hielt  dort  im  Win- 
ter 1858/59  Vorlesungen.  Erst  am  4.  Juni  1859  erhielten  jene  Unterhand- 
lungen einen  definitiven  Abschluss,  und  am  18.  Juli  trat  Haug,  nachdem 
er  am  13.  Juni  seine  Hochzeit  gefeiert  hatte,  in  Begleitung  seiner  Gattin 
die  Reise  nach  Indien  an,  das  er  nach  dreimonatficher  Fahrt  erreichte. 

In  Poona  gewann  Haug  durch  seine  Gelehrsamkeit,  seine  Humanität, 
welche  ihn  die  Eingebornen  als  ebenbürtige  Menschen  behandeln  liess, 
und  durch  das  ihm  eigne  Geschick,  mit  ihnen  umzugehen  und  sie  an  sich 
zu  fesseln,  bald  einen  Wirkungskreis,  wie  es  ihn  sich  nicht  besser  wün- 
schen konnte.  Es  ist  bekannt,  wie  es  ihm  gelang,  durch  Augen-  und 
Ohrenzeugenschaft  des  bisher  streng  geheimgehaltene  Opferritual  und  die 
einheimische  Recitation  der  vedischen  Hymnen  kennen  zu  lernen  und 
welchen  durchgreifenden  Einfluss  die  gewonnenen  Anschauungen  auf  die 
Bereicherung,    Klärung  und  Vertiefung   seines  wissenschaftlichen  Stand- 


76  Martin  Haug. 

punktes  bezüglich  der  Interpretation  des  Veda  hatten.  Neben  den  vielen 
Geschäften  innerhalb  seiner  Berufssphäre ,  die  er  mit  gröster  Gewissen- 
haftigkeit und  Pflichttreue  besorgte,  fand  er  freilich  nur  durch  übermässige 
Anstrengung,  auch  unter  der  heissen  Sonne  Indiens  Zeit,  die  Resultate 
seiner  wissenschaftlichen  Forschungen  der  gelehrten  Welt  mitzuteilen. 
Ausserdem  hielt  er  von  Zeit  zu  Zeit  vor  einem  gemischten  Auditorium 
allgemein  gebildeter  sehr  zahlreich  besuchte  öffentliche  Vorträge  meist  aus 
dem  Gebiete  der  vedischen  und  zendischen  Altertümer.  Sehr  fruchtbar 
für  seine  wissenschaftlichen  Bestrebungen  war  eine  im  Auftrage  der  Re- 
gierung unternommene  Reise  nach  Guzzerat  zum  Behuf  der  Erwerbung 
von  Sanskrit-,  Zend-  und  Pehlevi-Handschriften,  auf  der  er  überall  auf 
das  ehrenvollste  aufgenommen  wurde. 

Natürlich  hatte  der  erschlafiende  Einfluss  der  indischen  Sonne  mit 
der  Zeit  Haugs  physische  Kraft  gemindert  und  er  bedurfte  dringend  der 
Erholung.  Im  Jahre  1866  kehrte  er  deshalb,  durch  Auszeichnungen  aller 
Art  geehrt  und  mit  ehrenvollen  Adressen  förmlich  überschüttet,  nach 
Deutschland  zurück,  wohin  ihm  seine  Frau  mit  seinem  einzigen  Sohn 
Bchon  im  vorhergehenden  Jahre  vorangegangen  war.  —  Neben  zahlreichen 
Ehrenbezeugungen ,  die  Haug  in  Indien  zu  Teil  geworden  waren ,  stehen 
aber  auch  vereinzelte  Angriffe,  die,  in  Indien  bald  verhallend,  in  Deutsch- 
land in  gewissen  Kreisen  ein  lebhaftes  Echo  fanden.  Sie  bezogen  sich 
hauptsächlich  auf  Haugs  Verhalten  zur  christlichen  Mission.  Ohne  auf 
diesen  Punkt  ausführlich  einzugehen,  sei  hier  nur  bemerkt,  dass  Haug 
in  seiner  Stellung  als  Interpret  der  heiligen  Urkunden  der  Brahmanen, 
in  welcher  er  sich  verpflichtet  hatte,  in  das  religiöse  Gebiet  sich  nicht 
zu  mischen  und  die  nationale  Religion  nicht  anzutasten,  gar  nicht  in  der 
Lage  war,  das  christliche  Missionswerk  positiv  fördern  zn  können.  Er 
mag  sich  auch  nicht  besonders  versucht  gefühlt  haben,  für  dasselbe  eine 
Lanze  zu  brechen,  wenn  er  sah,  wie  die  Missionare  vielfach  ohne 
sichere  Kenntnis  der  indischen  Religionen,  denen  er,  der  sie  gründlich 
kannte,  in  vielen  Punkten  seine  Anerkennung  nicht  versagen  konnte, 
dieselben  kurzer  Hand  als  schwarzes,  verwerfliches  Heidentum  betrachte- 
ten und  demgemäss  ex  cathedra  docirten,  oder  wenn  er  sah,  wie  sie  bei 
ihrem  Bekehrungswerk  mit  Lehren ,  die  dem  Inder  nach  seinem  ganzen 
sittlichen  und  religiösen  Gefühl  im  höchsten  Grade  zuwider  sein  müssen, 
wie  mit  der  Lehre  vom  Abendmahl  und  der  Erbsünde,  gewissermassen 
wie  mit  der  Tür  in  das  Haus  fielen.  Dazu  kommt,  dass  die  Missionare 
bei  der  Wahl  ihrer  Mittel  zur  Verbreitung  der  christlichen  Lehre  nicht 
immer  besonders  sorgfältig  gewesen  zu  sein  scheinen  (Ueber  den  gegen- 
wärtigen Zustand  der  Zendphilologie,  S.  14  Anm.),  was  einen  wahrheits- 
liebenden Mann,  wie  Haug,  nicht  besonders  für  sie  gewinnen  konnte. 
Gegen  sie  gewirkt  aber  hat  er  nicht,  er  ist  nicht  aggressiv-agitatorisch 
gegen  sie  aufgetreten;  höchstens  hat  er  hier  und  da  eine  schroffe,  un- 
vorsichtige Aeusserung  getan,  was  er  später  auch  selbst  wol  zugestand.  ' 

Haug  Hess  sich,  nachdem  er  aus  Indien  zurückgekehrt  war,  für  einige 
Zeit  in  Reutlingen,  dann  in  Stuttgart  nieder,  wo  er  in  stiller  Zurückge- 
zogenheit seinen  Studien  lebte,  soweit  ihm  das  seine  angegriffene  Gesund- 


Martin  Haug.  77 

heit  gestattete.  Im  Auftrage  der  englischen  Regierung  gab  er  ein  altes 
Zend-Pehleviglossar ,  von  ihm  selbst  revidirt,  heraus  und  lieferte  eine 
Reihe  kleinerer  Recensionen.  Im  J.  1868  nahm  er  einen  Ruf  an  die  Uni- 
versität München,  für  die  dort  errichtete  Professur  des  Sanskrit  und  der 
vergleichenden  Si)rachwissenschaft  an,  in  der  Ueberzeugung,  dass  es  ihm 
in  dieser  Stellung  möglich  sein  werde,  auf  den  Gang  der  orientalischen 
Studien  in  Deutschland  einzuwirken.  Durch  Heranziehung  von  Schülern 
wollte  er  seinen  neuen  Entdeckungen  Verbreitung  und  Geltung  verschaf- 
fen. Es  gelang  ihm  rasch,  die  orientalischen  Studien  in  München  zu 
voller  Blüte  zu  erheben;  er  gewann  eine  verhältnismässig  sehr  grosse 
Zahl  von  Zuhörern,  und  er  hat  sich,  so  lange  er  die  Kräfte  dazu  be- 
sass,  allen  mit  einer  Freundlichkeit  und  Aufopferung  gewidmet,  wie  sie 
selten  zu  finden  sein  mag.  Haugs  Vorlesungen  erstreckten  sich  teils 
auf  die  beiden  Ilauptgebiete  seiner  Studien,  Zend  und  Sanskrit,  teils  auch 
auf  das  semitische  Sprachgebiet.  Besonders  betonte  er  stets  die  grosse 
historische  Bedeutung  der  assyrischen  Studien  und  las  deshalb  wiederholt 
über  Keilinschriften.  Die  Weite  seines  linguistischen  Gesichtskreises  be- 
fähigte ihn,  die  Aufmerksamkeit  seiner  Zuhörer  auch  dem  Gesaramtgebiet 
der  Sprachen  des  Erdkreises,  von  den  höchst  entwickelten  bis  zur  Hot- 
tentottensprache zuzuwenden,  wobei  er  immer  darauf  ausging,  neues  oder 
seltenes  und  unzugängliches  seinen  Schülern  zu  bieten,  um  sie  immer  von 
neuem  zu  eindringendem  Studium  anzuregen.  —  Literarisch  war  Hang  ia 
München  sehr  fleissig;  die  Resultate  dieser  weitumfassenden  Tätigkeit 
sind  w.  u.  zusammengestellt. 

Der  rastlose  Fleiss,  welchen  Hang  als  Lehrer  und  Schriftsteller  ent- 
faltete, zerrüttete  allmählich  sein  Nervensystem  und  verzehrte  sichtlich 
das  geringe  Maass  physischer  Kraft,  das  ihm  zugemessen  und  durch 
künstliche  Mittel  nicht  mehr  zu  ersetzen  war.  Das  dunkle  Gefühl  dieses 
Zustandes  gab  sich  in  ihm  bald  in  einer  unnatürlichen  Nervenaufregung 
kund,  bald  in  geistiger  Abspannung  und  Mattigkeit,  welche  zuweilen  eine 
düstere  Stimmung  in  ihm  zurückliess.  In  den  letzten  Herbstferien  un- 
ternahm er  voller  Zuversicht  eine  Schweizerreise,  kehrte  von  ihr  aber 
krank  und  völlig  geschwächt  zurück.  Mehrmals  befielen  ihn  seitdem 
kürzere  oder  längere  Krankheiten,  trotzdem  erholte  er  sich  jedesmal  wie- 
der und  es  schien  als  ob  sein  Organismus  den  Gesetzen  der  Natur  Trotz 
bieten  könne,  wie  es  sein  Wille  einem  rauen  Geschick  gegenüber  getan 
hatte.  Auf  den  Rat  des  Arztes  begab  er  sich  in  den  letzten  Tagen  des 
Mai  nach  Ragaz ;  nachdem  er  sich  dort  in  den  ersten  Tagen  noch  leid- 
lich wol  gefühlt  hatte,  ereilte  ihn  am  3.  Juni,  vermutlich  in  Folge  eines 
Gehirnschlages,  ein  plötzlicher  Tod,  und  zwei  Tage  darauf  wurde  er  der 
letzten  Ruhestätte  übergeben. 

W^as  Haug  geworden  ist,  ist  er  durch  sich  selbst,  durch  seine  eigne 
Tüchtigkeit  geworden;  wie  selten  ein  andrer  darf  er  der  Schmied  seines 
Glücks  genannt  werden.  Von  Natur  ausgestattet  mit  ausserordentlichen 
Gaben  des  Geistes,  namentlich  einem  wunderbar  treuen  Gedächtnis,  dazu 
mit  einem  äusserst  lebhaften  Temperament,  tritt  in  ihm  von  frühester 
Jugend  an  ein  originaler,  mächtiger,   durch  nichts  zu  besiegender  Drang 


78  Martin  Haug. 

hervor,  in  die  Wunder  und  Geheimnisse  des  Orients  eingeweiht  zu  wer- 
den. Dieses  ^cufioviov ,  seine  höhere  Bestimmung  findet  eine  Bürgschaft 
ihrer  Verwirklichung  nicht  nur  an  seinen  trefflichen  Gaben,  sondern  auch 
an  einer  eisernen  Willenskraft,  die  vor  keiner  Schwierigkeit  zurückbebt; 
von  Anfang  an  mächtiger  als  er  selbst,  von  niemandem  in  seiner  Umge- 
bung verstanden,  von  wenigen  geahnt,  kommt  sie  ihm  selbst  immer  kla- 
rer und  deutlicher  z^im  Bewusstsein  und  wird  allmählig  zur  sittlichen 
Lebensmacht.  Willig  allen  Annehmlichkeiten  des  Lebens  entsagend  ge- 
horcht er  diesem  Höheren  in  ihm  und  stellt  sich  ganz  in  den  Dienst  der 
ihn  beherrschenden  Idee.  So  ist  Haugs  wissenschaftlichem  Schaffen  der 
Stempel  eines  tiefsittlichen  Adels  aufgedrückt.  Aus  solchem  sittlichen 
Ernst  floss  jene  unbestechliche  Wahrheitsliebe,  die  ihm  an  der  Religion 
Zoroasters  so  wol  gefiel,  welche  für  die  redlich  erworbene  wissenschaft- 
liche üeberzeugung  mutig  eintrat,  die,  alles  Scheinwesen  hassend,  es  für 
Pflicht  erachtete,  demselben  rücksichtslos  entgegenzutreten;  jener  unab- 
hängige Geist,  der  vor  keiner  Autorität  sich  beugte  und  nur  die  Wahr- 
heit als  höheren  Richter  über  sich  anerkannte,  jene  zuversichlliche  Sie- 
gesgewissheit ,  die  weder  durch  Abfertigungen  noch  durch  vornehmes 
Ignoriren  sich  irre  machen  Hess,  jene  Zurückhaltung,  welche  Dunkelhei- 
ten und  ungelöste  Schwierigkeiten  unumwunden  eingestand.  Im  Verhalten 
zu  seiner  Umgebung  trat  in  Haugs  Charakter  vor  allem  hervor  eine  weit- 
herzige Humanität,  welche  jeden  in  seinen  Eigentümlichkeiten  anerkannte; 
in  seiner  Familie  war  er  der  treue  und  zärtliche  Gatte  und  Vater;  als 
Lehrer  der  mitteilsame  und  väterbch  gesinnte  Freund  seiner  Schüler;  im 
Umgang  mit  Näherstehenden  und  Freunden  voll  Innigkeit  und  aufrichti- 
ger Herzlichkeit  —  eine  anima  Candida  im  besten  Siune  des  Wortes. 


Verzeichnis  der  Schriften  Haugs. 

Die  Quellen  Plutarchs  in  den  Lebensbeschreibungen  der  Griechen 
neu  untersucht.     Gekrönte  Preisschrift.     Tübingen  1854. 

1853.  Recension  von  Spiegel,  Grammatik  der  Parsisprache  nebst  Sprach- 
proben.    Gott.  Gel.  Anz.  1853  S.  1937  ff.  —    Drei.  KZs.  III.  150. 

1854.  YaQna  cap.  44.  Zeitschr.  der  D.  Morgen].  Ges.  VII.  314  ff.,  534  ff., 
VIII.  739  ff.  —  lieber  die  Pehlewisprache  und  den  Bundehesch, 
aus  den  Gott.  Gel.  Anz.  mit  Erweiterungen  abgedruckt.  Göttin- 
gen 1854. 

1855.  Zendstudien.  Zs.  d.  D.  M.  Ges.  IX.  683  (die  Lehre  Zoroasters 
nach  den  alten  Liedern  des  Zendavesta;  die  Namen  Avesta,  Zend 
und  Päzend  in  ihrer  litterarischen  und  religionsgeschichtlichen 
Bedeutung,  p.  694).  —  Ueber  Schrift  und  Sprache  der  zweiten 
Keilschriftgattung.     Göttingen  1855. 

1856.  Das  erste  Capitel  des  Vendidäd  übersetzt  und  erläutert.  In  Bun- 
sens  „Aegyptens  Stelle  in  der  Weltgeschichte"  V.  1  ff. 

1857.  Recension  von  Spiegel  Einleitung  in  die  traditionellen  Schriften 
der  Parsen.    Gott.  Gel.  Anz.  1857  S.  673  ff. 


Martin  Haug.  79 

1858,  Die  fünf  Gäthä's  oder  Sammlungen  von  Liedern  und  Sprüchen 
Zarathustra's ,  seiner  Jünger  und  Nachfolger.  I.  Abth.  Leipzig 
1858,  IL  Abth.     Leipzig  1860. 

l8G0ff.  Briefe  aus  Indien.  Zs.  d.  D.  M.  Ges.  XIV.  295;  XVL  273;  XVII. 
389;  XVJII.  304,  833. 

1862.  Essays  on  the  sacred  language,  writings  and  religion  of  the  Par- 
sees.  Bombay  1862.  —  Lecture  on  the  origin  of  the  Parsee  reli- 
gion.    Poona  1862. 

1863.  The  Aitareya  Brahmanam  of  the  Rigveda.  Bombay  1863,  2  voll. 
—  Lectures  and  notices  on  the  Vedas.  Poona  1863.  —  Lecture 
on  Confucius.  Poona  1863.  —  The  origin  of  Brahmanism.  Poona 
1863.  —  lieber  die  vedischen  Accente.  Zs.  d.  D.  M.  Ges.  XVIL 
799.  —  A  contribution  towards  a  right  understanding  of  the 
Rigveda.     Bombay  1863. 

1864.  Account  of  a  tour  in  Gujarat  1863/64.  1864.  —  Nachrichten  aus 
Südindien.     Ausland  Jahrg.  1864  S.  998  ff. 

1865.  Die  Tempel  von  EUora.  Ausland  Jahrg.  1865  S,  253  ff.  —  Mit- 
theilungen aus  Indien.  Das.  S.  286  ff.,  751  ff.  —  Lecture  on  an 
original  speech  of  Zoroaster  (Ya^na  45)  with  Remarks  on  his  age. 
Bombay  1865.  —  lieber  die  Unzuverlässigkeit  der  Pehlewiüber- 
setzung  des  Zendavesta.     Zs.  d.  D.  M.  Ges.  XIX.  578  f. 

1866.  Zu  Pettenkofer  die  atmosphärischen  Niederschläge  und  die  Cho- 
lera in  Indien.     Augs.  Allg.  Z.  1866.  n.  328. 

1867.  lieber  den  gegenwärtigen  Zustand  des  Studiums  orientalischer 
Sprachen  und  Literatur  in  Ostmdien.  Augsb.  AUgem.  Zg.  1867. 
n.  7  u.  8.  —  lieber  Dunker  Geschichte  der  Arier.  Das.  1867.  n. 
235.  —  Ueber  Lassen  Indische  Alterthumskunde.  Das.  n.  255.  — 
Ueber  Brandis  Das  Münz-,  Mass-  und  Gewichtswesen  in  Vorder- 
asien. Das.  n.  265.  —  Bemerkungen  über  den  Artikel  „Die  na- 
türlichen Anlagen  der  menschlichen  Rassen.  Nach  Farrar."  Das. 
n  282.  —  lieber  Pott  Wurzelwörterbuch.  Das.  n.  319.  —  Ne- 
krolog von  Franz  Bopp.  Das.  n.  333  u.  334.  —  An  old  Zand- 
Pahlavi  Glossary  edited  ....  by  Destur  Hoshengji  Jamaspji  .  .  . 
revised  with  notes  and  introduction  by  M.  Haug.  Bombay  und 
London  1867. 

1868.  lieber  Max  Müller  C!hips  from  a  German  workship  (Essays I. u.U.). 
Augsb.  Allg.  Z.  1868  n.  42.  —  Ueber  Zeitschrift  der  D.  Morgenl. 
Ges.  Bd.  XXI.  Das.  n.l02.  —  Ueber  Leitner  The  Races  and  Lan- 
guages  of  Dardistän.  Das.  n.  158.  —  Ueber  Jülg  Mongolische 
Märchensammlung.  Das.  n.  243.  —  Ueber  den  gegenwärtigen 
Stand  der  Zendphilologie.  Stuttgart  1868.  —  Ueber  die  ursprüng- 
liche Bedeutung  des  Wortes  brahma.  München,  Sitzungsber.  der 
k.  Akademie  d.  W.  IL  80  ff.  -  Berichtigung.  Zs.  d.  D.  M.  Ges. 
XXII.  341.  —  Das  18te  Capitel  des  Vendidad.  München,  Sitzungs- 
ber. der  k.  Akad.  d.  W.  II.  509  ff. 

Ift69.  Ueber  den  Charakter  der  Pehlewisprache  mit  besonderer  Rücksicht 
auf  die  Inschriften.    München,  Sitzunsrsb.  der  k.  Akad.  d.  W.  I.  85  ff. 


80  Martin  Haug. 

1870.  Ueber  das  Ardäi  Viräf  nämeh  und  seinen  angeblichen  Zusammen- 
hang mit  dem  christlichen  Apokryphen  „die  Himmelfahrt  des  Je- 
saja"  betitelt.  München,  Sitzungsb.  d.  k.  Akad.  d.  W.  I.  327  ff.  — 
An  old  Pahlavi-Päzand  Glossary  edited  .  .  .  by  Destur  Hoshangji 
Jamaspji  Asa,  revised  and  enlarged  ,  with  an  introductory  essay 
on  the  Pahlavi  language  by  M.Haug.  Bombay  und  London  1870.  — 
Uebersetzung   der  heiligen  Bücher  der  Sikhs. '  Augsb.  Allg.  Ztg. 

1870  n.  32.  —   Inschrift  des  Moabiterkönig  Mescha.     Das.  n.  106. 

1871.  Brahma  und  die  Brahmanen.  München  1871.  —  Ueber  Alex. 
Cunningham  The  ancient  geography  of  India.  I.    Augsb.  Allg.  Z. 

1871  n.  28.  —  Der  spätere  Parsismus.    Das.  n.  154. 

1872.  Die  Ahuna  Vairja  Formel,  das  heiligste  Gebet  der  Zoroastrier, 
mit  dem  alten  Zend-Commentar  (Yagna  19).  München,  Sitzungsb. 
der  k.  Akad.  d.  W.  I.  89  ff.  —  The  book  of  Arda  Viraf.  The 
Pahlavi  text  prepared  by  Destur  Hoshangji  Jamaspji  Asa  revis- 
ed etc.  by  M.  Haug,  assisted  by  E.  W.  West.  Bombay  u.  Lon- 
don 1872. 

1873.  Ueber  das  Wesen  und  den  Werth  des  w^edischen  Accentes.  Mün- 
chen, Abhandl.  der  k.  Akad.  d.  W.  L  Gl.  XIH.  Bd.  IL  Abt.  1  ff.  — 
Die  Sprache  der  Afghanen.  Augsb.  Allg.  Z.  1873  n.  138  u.  189.  — 
Die  Kosmogonie  der  Inder.  Das.  n.  155  u.  156.  -  Eine  arabi- 
sche Siegelinschrift.    München,  Sitzungsber.  der  k.  Akad.  d.  W. 

1874.  On  the  Interpretation  of  the  Veda.  (Report  of  the  proceedings 
of  the  2d  international  congress  of  orientalists  held  in  London 
1874.  London  1874.)  —  Glossary  and  index  of  the  Pahlavi  texts 
of  the  book  of  Arda  Viraf  .  .  .  .  by  E.  W.  West,  revised  by  M. 
Haug.  Bombay  u.  London  1874.  —  Max  Müllers  Einleitung  in 
die  Religionswissenschaft.  Augsb.  Allg.  Ztg.  1874  n.  4  u.  5.  — 
Die  alten  persischen  Inschriften  der  Thomaschristen  in  Südindien 
Das.  n.  29.  —    Die  trojanischen  Inschriften.    Das.  n.  32. 

1875.  Recension  von  Delbrück  Vedische  Chrestomathie.  Gott.  Gel.  Anz. 
1875  S.  65  ff".  —  Recension  von  Grassmann  Wörterbuch  zum  Rig- 
Veda.  Das.  577  ff.  —  Die  Unsterblichkeit  der  Seele  bei  den 
Chaldäern.  (Recension  der  Schrift  Opperts:  L'immortalite  de 
l'äme  chez  les  Chaldeens  (Extrait  du  tome  VIII  des  Annales  de 
Philosophie  chretienne).  Paris  1874)  Augsb.  Allg.  Z.  1875  n.  70 
u.  71. 

1876.  Vedische  Räthselfragen  und  Räthselsprüche ,  Uebersetzung  und 
Erklärung  des  Dirghatamäs-Liedes  Rigv.  1. 164.  München,  Sitzungs- 
ber. der  k.  Akad.  d   W.  I.  Cl.  Bd.  II.  Hft  3. 


81 


lieber  den  Uebergang  von  st  in  l  im  Griechischen. 

Es  ist  bekannt,  dass  der  altgriechiscbe  Dipbthong  sl  im 
Neugriechiscben  durchweg  in  monophthongisches  l  übergegan- 
gen ist.  Dieser  Lautwandel  gehört  zu  den  in  der  ~ Geschichte 
der  griechischen  Sprache  am  frühesten  hervortretenden.  Nicht 
nur  dass  die  Boioter,  die  ja  bekanntlich  überhaupt  der  allge- 
meinen Entwickelung  des  griechischen  Vocalismus  entweder  be- 
deutend voran  geeilt  sind  oder  wenigstens  am  frühesten  den 
Veränderungen  der  Vocale  graphischen  Ausdruck  gegeben  ha- 
ben, consequent  l  für  et  schreiben  („retenti  el  pauca  exempla 
in  antiquis  titulis  sunt:  Ileid^ojvöag  EiyMÖicov  i^^tarox^aret" 
Beermann  in  Curtius  Studien  9,  36) :  im  ersten  Jahrhundert 
vor  Christus  ist  die  Confusion  beider  allgemein  verbreitet  (Blass 
Ueber  die  Aussprache  des  Altgriechischen  S.  17).  Leider  ver- 
missen wir  für  genauere  Bestimmung  von  Zeit  und  Oertlichkei- 
ten  dieses  Lautüberganges  eine  eingehende  Untersuchung  auf 
Grund  des  inschriftlichen  Materials,  wie  überhaupt  eine  Ge- 
schichte des  griechischen  Vocalismus  in  den  beiden  letzten 
Jahrhunderten  vor  unserer  Zeitrechnung  noch  immer  ein  pium 
desiderium  der  Sprachwissenschaft  ist,  so  viel  auch  über  eras- 
mische  und  reuchlinische  Aussprache  Papier  verschrieben  wor- 
den ist. 

Die  folgenden  Zeilen  sind  dazu  bestimmt  nachzuweisen, 
dass  der  Wandel  von  «t  zu  ^  nicht  urplötzlich  über  die  grie- 
chische Sprache  in  der  Zeit  ihres  allgemeinen  lautlichen  Ver- 
falles hereingebrochen  ist,  sondern  dass  diese  Tendenz  in  einer 
zwar  nicht  sehr  grossen,  aber,  wie  mir  scheint,  sicheren  Anzahl 
von  Fällen  bereits  seit  den  ältesten  für  uns  historisch  erreich- 
baren Perioden  der  griechischen  Sprache  wirksam  gewesen  ist. 
Einzelnes  hievon  ist  wol  der  Aufmerksamkeit  der  Forscher 
nicht  entgangen,  im  Zusammenhang  aber  hat  man  die  Erschei- 
nung noch  nicht  betrachtet,  sl  ist  zunächst  zu  i  geworden, 
dies  hat  sich  dann  mehrfach  zu  t  verkürzt  —  wir  können  die 
Entwickelungsreihe  sl  l  l  einigemal  noch  mit  Sicherheit  nach- 
weisen. 

Ich  beginne  mit  einigen  Praesensbildungen,  wo  Curtius  Das 
Verbum  der  griechischen  Sprache  1,  225  l  als  durch  „mono- 
phthongischen Zulaut"  aus  X  entstanden  betrachtet. 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I.  6 


82  G.  Meyer 

Neben  ziw  ist  Teiw  wol  bezeugt:  altattisch  [d7To]Ts7aai 
T€iaa(.i€v6g  Tsiaavdgog  Teioiag  TeLoi(.ia%og  (Cauer  in  Curtius 
Studien  8,  253),  arkadisch  drcvreiadviü  dtTtvcsieTO)  toruaiv 
(Gelbke  Studien  2,  27),  lokrisch  aTtozelorj  auf  der  hypoknemi- 
dischen  Inschrift  Stud.  2,  444  Zeile  IG;  dorisch  cctvotelosI  auf 
der  ersten  Tafel  von  Herakleia  Zeile  109;  kyprisch  neiou  Ta- 
fel von  Dali  Z.  12  und  25  (Studien  7,  252) ;  kretisch  arto-CEl- 
aei,  drcozeiödTO)  aTtoTsiadvTMv  (Hey  de  dialecto  cretica  p.  19). 
Dazu  auf  jüngeren  delphischen  Inschriften  jtQOTSTEixsv  aTToxei- 
adfTOJV  (Allen  Studien  3,  231);  vgl.  auch  J.  Schmidt  Vocalis- 
mus  1,  142  *).  Schon  Ahrens  Dial.  2,  184  hatte  in  dem  et  Stei- 
gerung erkannt;  es  entspricht  genau  skr.  caj'atai  (=  Tsitrai), 
wol  auch  das  ae  von  lat.  quaeso  (Fick  Spracheinheit  S.  80). 
Ganz  wie  reio),  um  das  hier  nebenbei  zu  bemerken,  scheint  ge- 
bildet zu  sein  xe/w  ich  spalte  aus  Wurzel  xt,  ursprünglich  ski, 
wie  sie  in  lat.  de-sci-sco  sci-o  skr.  chj-ü-mi  abschneiden  und 
in  der  Weiterbildung  axtd  a^tCw  vorliegt.  Der  ältere  Steige- 
rungslaut CiL  liegt  vor  in  'Aalaxot.  Erdspalten,  y,aieTd€baa,  Kaid- 
dag;  l  ist  ausgefallen  in  x£-a^w  spalte  y-i-aqvov  Axt.  Anders 
freilich  Curtius  Grundzüge  145. 

Neben  i;ei(a  stellt  sich  g)d^€lcü.  Diese  Form  ist  freilich  nur 
von  Grammatikern  bezeugt,  wir  haben  aber  keinen  Grund  ihre 
Echtheit  zu  bezweifeln,  da  sie;  sogar  einen  Bedeutungsunter- 
schied zwischen  cpd^üoj  und  (pd^ico  herausdüfteln  wollten.  Eben- 
so ist  cpd^eiorjvwQ  für  (p&ia^vcoq  überliefert;  s.  Herodian  IL 
599,  7  mit  der  Note  von  Lentz.  Aus  cpd^eio)  ist  q)Mo)  entstan- 
den Odyssee  2,  368  tog  xe  doXü)  (pd^LTjg,  rdde  d'  avrol  ndvxa 
ödaovTai,  und  endlich  q)d^l'o)  Ilias  18,  446  avxdQ  6  xr^g  dxitov 
(pQtvag  k'q)d^iev,  avxdq  IdyjtxLOvg. 

Für  f  xw  ist  dorischi  elxw  überliefert  (Ahrens  2,  344),  ohne 
Zweifel  das  ältere,  durch  Guna  aus  Wurzel  ix  (lyciad-at)  ent- 
standene. Auch  Curtius  Verbum  1,  225  bemerkt,  dass  dies 
Wort  „für  Entstehung  der  monojjhthongischen  Steigerung  aus 
diphthongischer  von  besondrer  Wichtigkeit"  sei. 

veiipio  „ist  die  allein  berechtigte,  von  Herodian  anerkannte 
Schreibung"  J.  Schmidt  Vocalismus  1,  134,  wo  eine  grosse 
Anzahl  handschriftlicher  Belege  zusammen  gestellt  sind.  Aber 
Ilias  12,  280  ist  vi(pt(xev  durch  den  Ven.  A  und  den  syrischen 
Palimpsest  gut  beglaubigt  und  wir  werden  nicht  umhin  können, 
*)     S.  jetzt  bes.  Sauppe  im  Göttinger  Index  lectionutn  1876/77  S.  9  li". 


Uebergang  von  el  in  i.  83 

anzuerkennen,   dass   sich   auch  hier  wol  ziemlieh  früh  der  Ue- 
bergang von  €1,  zu  l  vollzogen  hat. 

Man  sieht,  dass  bei  tioj  vtcpto  f  xw  die  Annahme  einer  Vo-- 
caldehnung  zum  Zwecke  der  Praesensbildung  ohne  Halt  ist 
Was  die  übrigen  von  Curtius  unter  diesem  Gesichtspunkt  er- 
klärten Verba  betrifft,  so  berulit  in  d^lißw  Wurzel  hharg  und 
rqtßio  Wurzel  tar  seine  Vocallänge  ohne  Zweifel  auf  dem  Ein- 
fluss  der  Liquida,  und  nvtyw  wird,  wenn  man  sein  Verhältniss 
zu  aq)Lyyw  erwägt  (Siegismund  Studien  5,  194),  sein  l  einem 
ursprünglichen  Nasal  verdanken.  Nicht  minder  bedenklich  steht 
es  mit  praesensbildendem  v  (Curtius  Verbum  1,  226).  In  azv- 
q)Lü  fest  machen  (auch  orvcpog)  neben  OTV(pl6g  ozvcpeXog  scheint 
die  Länge  auf  dem  Ausfall  eines  Nasals  zu  beruhen  (Wz.  siumbh 
aus  stambh  Schmidt  Vocalismus  1,  154) ,  ebenso  in  Tifcpo)  {xv- 
(fog  Tvcpedwv)  neben  sTV(prjv  (W.  dhamp  &v/ußQa  anord.  dampi, 
daraus  dhump  dhüp,  so  auch  sk.  dhup.  vgl.  Schmidt  Vocalis- 
mus 1,  158).  Ueber  (pQvyo)  und  xpvyno  sagt  Curtius  a.  a.  0. 
selbst :  „der  Wechsel  zwischen  v  und  v  wird  als  eine  secundäre 
Erscheinung  angesehen  werden  müssen".  Bei  (pQvyio  {cpqvyavov) 
hängt  die  Länge  gewis  mit  der  Liquida  zusammen,  bei  iptf^oi 
scheint  Curtius  geneigt  die  Länge  auf  das  ursprüngliche  ax  (=%) 
zurück  zu  führen.  Das  scheint  mir  unerweislich  zu  sein;  in- 
dessen zeigen  (pvoäco  lat.  püsula  \\t.  püsti  deutlich  genug,  dass 
V  mit  der  Praesensbildung  gar  nichts  zu  tun  hat. 

Man  verzeihe  die  kleine  Abschweifung;  ich  kehre  zurück 
zu  Z  aus  EL  und  bleibe  vorläufig  im  Gebiet  des  Verbums.  Die 
Länge  von  tTvo)  geht  gewis  wie  bei  dlvo)  (p&tvto  auf  ursprüng- 
liches vv  (wol  aus  r/)  zurück.  Für  xtvv[,u  (Curtius  Verbum  1, 
164)  lässt  sich  indes  diese  Erklärung  nicht  mehr  brauchen. 
Es  scheint  mir,  dass  hier  das  l  unmittelbar  dem  in  telio  gleich 
steht,  dass  also  die  ursprüngliche  Form  "^telvv/.il  lautete  und 
hier  Steigerung  in  Verbindung  mit  der  Praesensbildung  durch 
Suffix  nu  vorliegt  wie  in  öeIxvvjxl  W.  dik  Die  Vermutung  liegt 
nahe,  dass  auch  xtvv/naL  -/Tiveo}  neben  y.io)  Aischylos  Choephoren 
680  Dindorf,  e-m.ov  vXiLv  bei  Homer  auf  '"^xeivvuai  *y.eivea)  zurück 
gehe.  Denn  wenn  Curtius  a  a.  0.  bemerkt  ,,mit  ytlvvtai  ist 
identisch  die  sk.  Form  ginuiai",  so  stimmt  das  wegen  des  grie- 
chischen l  nicht  ganz.  Im  homerischen  yuad^ov  kann  l  viel- 
leicht auf  ursprünglichem  -Kijad-ov  beruhen.  Nun  werden  wir 
auch  nicht  fehl  gehen,  wenn  wir  Krivvfii  für  die  bessere  Schrei- 

G* 


84  G.  Meyer 

bung  halten  als  •Axivvvf.iL  (vgl.  Lobeck  Rhematikon  S.  270.  Ver- 
fasser Nasalische  Praesensstämme  S.  33);  auch  yir€lvvf.a  ist 
überliefert  (Bekker  Dindorf  Hultsch  schreiben  so  bei  Polyb.  2, 
56,  nach  Dindorf  im  Thesaurus  hat  der  codex  Clarkianus  des 
Piaton  vorwiegend  ei),  was  natürlich  für  die  Grundform  zu  hal- 
ten ist    (vgl.  Kühner  Ausführliche  Grammatik  1,  640  Anm.  3). 

Mit  xlvstü  völlig  gleich  gebildet  ist  ßivsco  beschlafen,  not- 
züchtigen. Hiefür  ist  ßeiveoi  gut  bezeugt:  Etymol.  Magn.  197, 
48  MyeL  6  HQtpÖLavog  otc  xovto  dicpoQsTTai  xara  ttjv  yQacp^v. 
■CLva  yuQ  Tiüv  avTiyQdq)iov  dia  rfjg  et,  öixpd-oyyov  ygacpovai  t^v 
li^t-v,  xLva  ÖS  dia  rov  i.  Auch  Hesychios  hat  ßeiveo)  und 
ßuvrjTLatü ,  die  M.  Schmidt  in  ßivso)  und  ßivrjzLdiü  verwandelt 
und  weit  von  ihrem  Platze  weg  gesetzt  hat.  Die  Etymologie 
des  Wortes  ist  leider  nicht  aufgeklärt;  Ascoli  Curtius  Pott  stel- 
len das  Wort  zu  ßia  sk.  jinäii  Gewalt  anwenden. 

Ich  gehe  weiter  zu  l  aus  el  in  der  Wurzelsilbe  einiger  No- 
mina, ixia  Weide  vergleicht  sich  ohne  Zweifel  mit  lat.  viüs 
ahd.  wida  abulg.  veivX  ramus;  alle  drei  Formen  weisen  auf  ur- 
sprüngliches ei.  Auch  im  Griechischen  liegt  das  £t  noch  vor. 
Mit  Ixia  identisch  ist  der  Name  des  attischen  Demos  ^Ixia. 
Dieser  erscheint  auf  Inschriften  mehrfach  als  Eixaa,  die  Ein- 
wohner als  Elxealoi  (Franz  Elementa  epigr.  150),  letzteres  auch 
einmal  auf  der  altattischen  Inschrift  No.  273  b,  36  bei  Kirch- 
hoff. Aus  txsa  ist  verkürzt  Ixea ,  das  bei  Herodian  2,  17,  19 
Lentz  bezeugt  ist :  xo  i  tcqo  xov  x  -/mx^  (^Qyjjv  ovaxsXXeod^ai  d^i- 
Xei,  ixvg,  IxafÄog,  ^IxaXog,  ^Ixafiwv,  ixea-  xo  yccQ  Ixeat  s/.xtxaxai 
jcotrjxiKwg.  t 

^^'     /    /  xAly Jg  ahd.l /f /a_ ags . [hlldh  lit.  szlaiiis  Bergabhang  (J.  Schmidt  | 
/  Vocalismus  1,   142).      Herodian   bezeugt   yiXuxvg   als  richtigere  I 
I    Schreibung  II  416,  19  Lentz:    xd  eig  -vg  Xi^yovxa  ovöfiaxa  öid   r^ 
xov  i  yQCccpovxai   x.axd  xrjv  TcaQaXrjyovaav  xal  ovx  tyßi  öicf&oy-  kj 
yov  xrjv  et  ...  .  xwQig  xov  xXeixvg,    örjuaivsi   de  xd   f.^eyovxa      f 
(xiqrj  xcijv  OQeiov.     xovco   ydQ    6id   xfjg  si  dup&oyyov ,    d'g  cprjaLV 
HQiüÖLavog.     tt   liegt  ausserdem   vor  bei  Alkman  Fragment  95 
Bergk  ev  GeaaaXioj  xXelxei,    auf  das  sich  vielleicht  die  Glosse 
des  Hesychios  '/.Xeixei.  /M^iaxr  yiovla  bezieht. 

Auf  Xei'Kvov  neben  XI-kvov  (Choiroboskos  236,  28  =  Hero- 
dian II  543,  9  Lentz)  will  ich  kein  besondres  Gewicht  legen, 
da  wir  hier  gar  keine  chronologischen  Anhaltspunkte  haben. 
Dagegen  ist  sehr  instructiv  atix/Jg  deixeXiog  in  seinem  Verhält- 


Uebergang  von  et  in  i.  85 

nis  zu  aixrjg  aiKsXiog.  Letzteres  kann  aus  ersterem  nur  auf 
dem  Wege  dixrjg  dixrjg  geworden  sein;  Ilias  22,  336  schreiben 
die  Herausgeber  dr/.wg.  Ganz  ebenso  ist  der  Eigenname  ^l- 
y-kog  aus  '^t xAog  =  l^sinX^g  geworden ;  s.  Pape-Benseler  s.  v.  Keil 
Zur  Sylloge  inscriptionum  boeoticarum  S.  534  (im  4,  Supplement- 
bande von  Jahns  Jahrbüchern). 

Alles  bisherige  weist   darauf  hin,    dass  auch  in  den  man- 
nichfaltigen  Formen   des  Namens  Iloasidwv  das   ei   die   älteste 
Lautstufe  repraesentiert.     Dieser  Ansicht  ist  auch   ganz  neuer- 
dings Beermanu  Studien  9,  37,  wo  man  die  dialektischen  For- 
men  am   vollständigsten    beisammen    findet   (danach  berichtigt 
sich  Schmidt  Vocalismus  1,  143  Anm.).     Homerisch  Tloalddwv 
(s.  Ahrens  Philologus  23,  22)  dorisch  Uoridav  IIoTidäg  stehen 
gegenüber  attischem  Iloaeiddiov,  lesbischem  Iloosldav,  thessali- 
schera  noTSLÖovv,  boiotischem  IIoTeiddwv,   arkadischem  IIoooi- 
däv  (gesichert  durch  IIooldccvL  Inschrift  von  Tainaron  Kirchhoff 
Hermes  3,  449);  auch  dorisches  IIoxELÖäg  wird  verbürgt  durch 
IIoTsidaia  UorsidaiaTai  HoTeiöeccTai,  was  consequent  auf  alt- 
attischen Inschriften   erscheint   (Cauer  Studien  8,  253).      i  er- 
scheint in  noatdrjiov  Ilias  2,  506,    Iloalörjuov  Anakreon  Frag- 
ment 6, 1  Bergk.     Freilich  ist  die  Etymologie  des  Namens  trotz 
aller  Versuche  der  Deutung   (auch  nach  dem  letzten  von  Fick 
in  Kuhns  Zeitschrift  21,  436)   dunkel,    so   dass   zu   einer  ganz 
sicheren  Entscheidung  hier  die  Grundlage  fehlt.     Jedenfalls  ist 
aber  der  entgegengesetzte  Vorgang,    Entstehung   des   sl  aus  i, 
wie  ihn  Cauer  a.  a.  0.  annimmt,  für  das  Griechische  unerweis- 
lich.    Man  pflegt  dafür  attisch   sLycoai  anzuführen   neben   dem 
dorischen  J^ixari,  das  nach  den  bei  Ahrens  2,  279  angeführten 
Beispielen  allerdings   den  älteren  Quellen  anzugehören  scheint. 
Die  Tafeln  von  Herakleia  haben  /r/art  neben  fslxaTi;    Hesy-^ 
chios  hezeugt_j3Wx«Tx_  als  lakonisch,  dessen  chronologische  Fixi-' 
rung  freilich   nicht  möglich   ist.     Curtius  Berichte  der  sächsi- 
schen Gesellschaft  der  Wissenschaften  1870  S.  35  lässt  unter  Zu- 
stimmung von  J.  Schmidt  Vocalismus  1,  142  Anm.   att.   elxoai. 
aus  ^ifiKooc  hervorgehen,  der  Diphthong  sei  dann  missbräuch- 
lich  in  den  homerischen  Text  hinein  gekommen.     Diese  Erklä- 
rung scheitert  an  der  dorischen  Form  feUavi.    Meister  Studien 
4,  386  meint,   €l  sei  hier  aus  l  corruptiore  quadam  pronuntia- 
tione  hervor  gegangen.     Die  verwanten  Sprachen   scheinen  al- 
lerdings auf  eine  Grundform  dvinkanii  zu  weisen  (denn  lat.  vei- 


86  G.  Meyer 

ginti  GL  1194  ist  für  ursprüngliches  ei  nicht  zu  verwenden,  s. 
Corssen  Aussprache  1,  785);  aber  gewis  hat  die  Annahme  ei- 
ner abweichenden  Bildung  im  Griechischen  (mit  Stamm  dvai-) 
ebenso  viel  Berechtigung  wie  die  Behauptung  eines  sonst  uner- 
wiesenen  Lautüberganges. 

Sehr  deutlich  liegt  die  Reihe  el  l  l  vor  in  den  Modalad- 
verbien auf  ~Ei  -l,  die  auf  ursprüngliche  Locative  von  «-Stäm- 
men zurück  gehen.  Der  Lautwandel  reicht  hier  nachweislich 
in  sehr  alte  Zeit  hinauf.     Man  vergleiche 

dd^eel  Odyssee  18,  353  (gebildet  wie  die  dorischen  Locative 
auf  -£L  z.  B.  €1  Tiel  oTtei  ftjvel  tovtsI  avxei  reide,  e'^st  nach 
Hesychios  lakonisch  für  s^io,  dirtkel  Tafeln  von  Herakleia  1, 
109;  auch  auf  delphischen  Inschriften  häufig,  s.  Curtius  Be- 
richte der  sächsischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  1864, 
S.  230.  Menandros  brauchte  nach  Herodian  1,  504,  16.  2,  463, 
31  Lentz  oI'ksl  für  ol'xoc). 

dyai/aioTt  Ilias  17,  363.  Odyssee  18,  149.  dvovrrjTT  Ilias 
22,  371.  dvLÖQOJTt  Ilias  15,  228.  dvwiazt  Odyssee  4,  92. 
doTtovöi  Ilias  8,  512.  15,  476.  22,  304.  avxovvyt  Ilias  8,  197. 
iyQr^yoQii  Ilias  10,  182.  neraoTOL'/t  Ilias  23,  358.  tqlgioixl  Ilias 
10.  473. 

fisyalwau  Ilias  16,  776.  Odyssee  24,  40.  (xeXeXoTi  Ilias 
24,  409.   Odyssee  9,  291.  18,  339. 

Aus  späteren  Quellen  erwähne  ich  doxav.z^  Sophokles  Oi- 
dipus  auf  Kolonos  1251 ,  syeQxX  Antigene  413.  sehr  bezeich- 
nend ist  auch  Ttavdrjf^t  in  der  Anthologie  5,  44  aus  altem  Ttav- 
drif.ui.  vgl.  besonders  Hartel  Homerische  Studien  1,  107,  Rö- 
scher Studien  3,  143,  der  auch  ^tj^'^t  vaixt  ov%i  ^x^  dazu  stel- 
len will.     Curtius  Grundzüge  633. 

Ganz  ebenso  ist  die  Entwickelung  vor  sich  gegangen  beim 
Dativ  Singular  der  consonantischen  Stämme.  Hartel  Homeri- 
sche Studien  1,  56  weist  eine  Anzahl  Fälle  aus  Homer  nach, 
wo  dativisches  i  lang  gebraucht  erscheint,  nämlich  von  x-Stäm- 
men  Xid^axi,  von  Dentalstämmen  ^Ldtidl,  ^lavzl  zweimal,  xogvd^i, 
von  r-Stämmen  TtaxtQi,  von  Sigmastämmen  dircat  IVf?  ^ÜQa- 
Tilfjl  ugaTeC  ady,e2  dreimal  od^ivel  VTtEQ^iEvei ,  von  »-Stämmen 
tztoXel  ,  von  diphthongischen  Stämmen  wit  yixiXXi^l  ^Odvaafjl 
dreimal,  wobei  Verse,  die  sich  öfters  wiederholen  nur  einmal 
gezählt  sind.  Hiezu  kommt,  dass  sich  dativisches  t  mit  Hart- 
näckigkeit der  Elision   erwehrt  und  sehr  häufig  Hiatus  bildet. 


Uebergang  von  si  in  i.  87 

Nach  der  landläufigen  Annahme,  dass  der  Dativ  Singular  der 
consonantischen  Stämme  ein  ursprünglicher  Locativ  sei  (Leo 
Meyer  Gedrängte  Vergleichung  der  griechischen  und  lateinischen 
DecHnation  S.  39  ff.,  Schleicher  Compendium  551  und  noch 
weiter  gehend  Gerland  Ueber  den  altgriechischen  Dativ  Mar- 
burg 1859,  Usener  in  Jahns  Jahrbüchern  1865  S.  248),  seine 
Endung  also  ursprünglich  i,  lässt  sich  das  lange  l  nicht  erklä- 
ren. Wir  müssen  vielmehr  annehmen,  dass  dem  Dativ  der  con- 
sonantischen sowie  der  i-,  u-  und  diphthongischen  Stämme  ur- 
sprünglich -u  als  Endung  angefügt  wurde  =  sk.  -ai  lt.  -ei, 
und  dass  erst  mit  eintretender  Verkürzung  des  aus  -et  entstan- 
denen -X  zu  -\  die  Confundirung  mit  den  Locativen  statt  ge- 
funden habe,  einer  Verkürzung,  die  ohne  Zweifel  durch  die  bis 
auf  die  Quantität  gleich  lautenden  Locative  ( Dat.  vj^t'  Loc. vrii^ 
mag  beschleunigt  worden  sein.  Formen  wie  ^LiQysi  '^'ElXaöl 
^axedai/^iovl  alt  mit  locativer  Bedeutung  steht  nichts  im  Wege 
für  ursprüngliche  Locative  mit  l  zu  halten;  dagegen  sind  frei- 
lich auch  echt  dativische  Formen  mit  l  wie  ^Läidl  oäv.ei  vr[t  lo- 
cativisch  gebraucht  (Hartel  a.  a.  0.  60),  ein  Beweis,  wie  früh- 
zeitig die  Vermischung  beider  Casus  bei  diesen  Stämmen  ein- 
getreten ist. 

Ich  schliesse  hier  an 

J Leitqitprjg  auf  altattischen  Inschriften  402,  2.  447,  53  bei 
Kirchhoff.  Ji/ei&€/,ug  kyprisch  auf  der  Bronzetafel  von  Dali 
Zeile  21.  diaiTtexriq  las  Zenodotos  in  Odyssee  4,  477.  hierüber 
handelt  Roediger  de  priorum  membrorum  in  nominibus  graecis 
compositis  conformatione  finali  p.  49,  der  einen  Stamm  difea-, 
in  Compositis  wie  gewöhnlich  öifsai-,  daraus  diei-  ansetzt. 
Dieser  Stamm  difao-  ursprünglich  divas-  liegt  auch  vor  in  ev- 
disa-T£QO-g  lt.  Diespiter  hodiernus  diurnus  u.  a.  s.  Corssen 
Aussprache  1,  232  ff.  Fick  Vergleichendes  Wörterbuch  1,  109. 
Die  Erklärung  wird  richtig  sein,  denn  einen  nach  dem  eben 
erörterten  möglichen  Dativ  Jifei-  kann  ich  mit  der  Bedeutung 
der  Composita  nicht  vermitteln.  Unrichtig  ist  jedenfalls  die  Erklä- 
rung von  dilrtetrig  aus  rhythmischen  Gründen  (wegen  der  vier 
Kürzen  in  duTteTsog  Tcora/iiow)  bei  Rzach  Hesiod.  Unters.  S.  33. 

Schliesslich  sind  noch  Fälle  zu  erwägen,  wo  dieser  Ueber- 
gang in  suffixalen  Silben  eingetreten  ist.  Ohne  Zweifel  gehö- 
ren hieher  die  Nebenformen  der  femininen  Abstracta  auf  -eia 
und  -la.     Herodian  1,  202,  7  führt  an  evoeßia  o  xal  evasßeia, 


88  G.  Meyer 

dt-ieXia  'Kai  djuslcLa ,  avvrjd^ia  y.al  avvrjd-ELCc ,  -/.anoi^d^la  yial  xa- 
Y,orjd-eLa,  avS-aöia  xat  avd-ddsia,  z6  de  df-iad^ia  did  ßgayßog  l 
yQd(f)EzaL,  ro  ös  avögsia  öid  rrjg  u  diq)d-6yyov  ygärpsi  yj  naqd- 
doaig.  Ausführlicher  ist  hierüber  gehandelt  in  den  Fragmen- 
ten TtsQL  OQ&oyQacfiag  2,  453,  4  Lentz.  Dort  wird  gelehrt,  die 
barytonierten  Stämme  auf  -€g  bildeten  diese  Abstracta  auf  -sia 
und  -ta,  z.  B.  av^aöia  av&dSeia,  y.a/iorjd-ia  y.ccy.o^d-sia,  avvtj- 
d^ia  avvijd^eia;  die  oxytonirten  Stämme  dagegen  bildeten  nur 
-€ia  in  dvalöeia,  evyaveta,  dfcdd-eia,  df-idd^eia.  XiyEzai  de  xai 
7toiriTiy,(xireQOv  dvaidla,  evysvla,  dTvadia,  evf.iad^La.  ro  (xivrot 
a/iiad^la  (.lovcog  TtaQO^vverai.  xal  did  rov  t  ygacperat.  Ganz  ähn- 
lich werden  im  grossen  Etymologikon  462,  14  neben  einander 
angeführt  d^d-eia  und  drj^ia,  jzoii^tlxcotsqov  de  öid  tov  l,  cpi- 
loyiegösia  q)iloxeQÖia ,  aiaxQOzeQÖsia  alaxQOKSQdia ,  evTtdd^eia 
svTtad^ia,  ev/iid&eia  evaad-la,  7tQ0f.i^d-eia  TtQOfirjd^ia,  cve7teLa 
evETtia,  locpeXeia  lorpeXla,  sv/iidQsia  €Vf.iaQLa,  dagegen  nur  otxcu- 
cpeXia  KOivcocpslia  djLia^ia.  Für  evcpvta  brauche  Alexis  £V(fV€ia. 
für  evtvyia  komme  £VTv%£ia  bei  Sophokles  vor  (F'ragment  882 
Dindorfj.  Bei  Piaton  sind  solche  Formen  auf  -ia  häufig  kri- 
tisch durchaus  gesichert  (Kühner  Ausführliche  Grammatik  1, 
706  Anm.  2).  cocpslla  steht  auf  der  altattischen  Inschrift  No. 
85,  3  bei  Kirchhoff.  Ueber  die  Quantität  des  l  gibt  die  zuerst 
angeführte  Stelle  des  Herodian  Aufschluss.  So  ist  auch  alytta 
gebildet  von  alxrjg  =  deixsg-;  die  Länge  des  l  verbürgen  z.  B. 
Aischylos  Prometheus  94,  Sophokles  Elektra  487.  Die  Angabe 
von  Kühner  a.  a.  0.,  dass  Aristophanes  Ekklesiazusen  664  das 
L  kurz  brauche,  ist  falsch,  der  anapaestische  Tetrameter  lautet 
Tijg  aixiag  ol  rvTtTovxeg  TtöSsv  exTiGovaiv ,  STteiddv.  Der  Ra- 
vennas  schreibt  sogar  hier  ahelag.  Ich  brauche  kaum  zu  er- 
wähnen, dass  die  Art  der  Suffixbildung  (aus  ea-ia)  -eia  als  das 
ursprüngliche  erweist.  Eigentümhch  bleiben  nur  die  Accent- 
verhältnisse  so  wie  die  Verschiedenheit  in  der  Quantität  des 
auslautenden  a.  Man  hat  vielleicht  auszugehen  von  den  Ablei- 
tungen von  barytonierten  Stämmen  wie  ard-ddeia  von  av&ddsa-; 
ursprüngliches  avi^dduä  oder  avd^ddeoiä  verkürzte  in  Folge  der 
Entfernung  des  ä  von  der  Tonsilbe  dasselbe  sehr  leicht,  die 
andern  Ableitungen  von  Stämmen  auf  -eg  werden  dann  in  diese 
Analogie  gezogen,  grade  wie  die  Bildungen  auf  -lä  der  Analo- 
gie der  übrigen  Feminina  auf  -La  von  «-Stämmen  folgten.  Dass 
die  Ableitungen  von  oxytonirten  -«(X-Stämmen  ursprünglich  -eia 


Uebergang  von  et  in  t.  89 

betonten,  überliefert  Choiroboskos  in  Bekkers  Anecdota  III.  p. 
1314  =  Herodian  2,  454,  20:  fcoXXdytif,  oi  l^d^rjvaioL  knl  twv  dia 
Tov  -Eia  TtQOTtaQO^vxövojv  fiaKQOv  Tcoiovoi  xo  a  y.al  y,aTaßißd- 
tovoL  TOV  Tovov  xttt  cpvXätTOvoL  Tfjv  €L  dicpd-oyyov  olov  dXi]d^£ia 
Tioiviog  Kai  alr^^eia  arrtxwg,  uQSia  xoivtog  y.al  tSQSia  aTziy-ioq. 
In  unsern  Textesrecensionen  sind  solche  Formen  auf  -eia  nur 
spärlich  belegbar;  dvaidslä  soll  Aristophanes  gebraucht  haben 
(Fragment  29  Dindorf j ,  e-vy-leiäv  steht  bei  Aischylos  Sieben 
685,  vyieiä  Aristophanes  Vögel  604,  rtlovd^vyieiäv  731.  Ein 
solches  altattisches  dlrjd-eiä  stimmt  zu  homerischem  und  neu- 
ionischem dkr]&sir].  dvaLÖlrjv  in  einem  tetrametrischem  Frag- 
mente des  Archilochos  78,  5  Bergk  scheint  weder  kritisch  hin- 
länglich gesichert  noch  kann  bei  seiner  Stellung  im  Verse  die 
Quantität  des  t  erkannt  werden. 

Im  Anschluss  an  das  eben  erörterte  will  ich  eine  Bemer- 
kung nicht  unterdrücken.  Bei  Homer  erscheint  Odyssee  24,  251 
degyüjg,  22,  374  yMy.06Qytf]g ,  ebenso  in  Hesiods  Werken  und 
Tagen  311  deoyfr]  mit  lang  gemessenem  i.  Von  St.  fsQy-  ist 
eine  Ableitung  -fsQysg-  sehr  wol  möglich,  und  in  der  Tat  sind 
sowol  aeQy^g  als  auch  yia-/,o£Qyt]g  aus  späteren  Quellen  bezeugt. 
Davon  kann  -sgysir]  abgeleitet  sein;  bei  Bion  17,  6  ist  die 
Ueberlieferung  dsQyeirj,  von  Ahrens  freilich  in  d^yicc  geändert, 
ebenso  bieten  die  Handschriften  bei  Dionysios  de  compositione 
verborum  24  dgysia,  was  Schäfer  in  dqyia  geändert  hat.  Aus 
solchem  -ei-  könnte  das  homerische  -i-  entstanden  sein.  Ich 
darf  freilich  nicht  verhelen,  dass  noch  einige  andre  Formen 
bei  Homer  ein  ähnliches  -frj  zeigen,  nämlich  dTi/idt]aiv  Odyssee 
13,  142  dxo/niOTiri  21,  284  lortr]  14,  159  VTcegoTcXirjOi  Ilias  1, 
205  TCQoS-v/iufjai  2,  588  vjtodt^trj  9,  73  'Yjceqrioirjv  2,  573, 
wo  sich  ein  ursprüngliches  -eirj  weniger  ungezwungen  ergibt. 
Hartel  Homerische  Studien  3,  40  fasst  die  Länge  des  i  auf  als 
hervorgegangen  aus  Verschmelzung  mit  dem  Spiranten  jod,  der 
sich  zwischen  dem  t  und  dem  folgenden  Vocal  entwickelt  habe, 
eine  Erklärung,  die  physiologisch  wol  berechtigt  ist  und  auch 
in  anderweitigen  Tatsachen  der  griechischen  Lautlehre  Unter- 
stützung findet. 

Für  aus  -et-  entstanden  halte  ich  auch  das  -X-  der  Per- 
sonennamen auf  -lag.  Fick  in  seinem  Buche  über  die  griechi- 
schen Personennamen  Einleitung  S.  XXVII  trägt  freihch  eine 
wesentlich  andere  Auffassung  vor,   indem  er  von  einer  'Steige- 


90  G.  Meyer 

rungsform  -bi-  des  kosenden  t-Suffixes  spricht.  Ich  halte  Stei- 
gerung von  Vocalen  in  Suffixen  für  unerwiesen  und  unerweis- 
lich, und  es  wird  darum  gestattet  sein  eine  andre  Erklärung 
zu  versuchen.  Die  Namen  auf  -dag  gehören  zu  den  ältesten 
der  griechischen  Sprache  (Fick  a.  a.  0.  S.  XXXVII).  Aus  ih- 
nen entwickelten  sich  einerseits  durch  den  bekannten  Schwund 
des  zweiten  Teiles  des  Diphthonges  vor  Vocalen  die  Namen  auf 
-/ag,  andrerseits  durch  Verengung  von  u  zu  l  die  auf  -ictg. 
Selbstverständlich  war  das  l  ursprünglich  lang,  und  glücklicher 
Weise  können  wir  diese  Länge  noch  in  zwei  inschriftlich  be- 
glaubigten Namensformen  nachweisen.  Auf  der  alten  kerky- 
raeischen  Grabinschrift  des  Menekrates,  die  Franz  in  der  Ar- 
chaeologischen  Zeitschrift  1846  No.  48  veröffentlicht  und  dann 
Aufrecht  in  Kuhns  Zeitschrift  1,  118  besprochen  hat,  steht 
v'iov  Tkaofä/o  MevsycQccTeog  xöde  oci(.i(x;  und  auf  der  neuer- 
dings gefundenen  Inschrift  aus  Korinth,  die  in  Curtius  Studien 
8,  405  abgedruckt  ist,  steht  Jj^eivta  Tode  oäfxa  xov  wXeob  ttov- 
tog  dvaid^g.  Dieses  Tlaotag  und  Jj^eLvtag  sind  sehr  interes- 
sante Reste  der  älteren  Quantität.  Die  Namen  auf  -log  kann 
ich  nicht,  wie  Fick,  für  älter  als  die  auf  -lag  halten,  da  ich 
nicht  absehe,  wie  innerhalb  des  Griechischen  aus  -o-  a  gewor- 
den sein  soll;  sie  sind  meiner  Ansicht  nach  vielmehr  aus  de- 
nen auf  ~mg  hervorgegangen  durch  Anschluss  an  die  weitaus 
überwiegende  Menge  männlicher  Nomina  auf  -og.  Der  Accent 
in  BaXlog  z/oXiog  jQaziog  ^Exiog  Qqaoiog  KXoviog  KXvviog 
'Oötog  '^Podlog  ^Tiyjog  ^tQaxiog  ^TQoq)Iog  ^x^^'^S  TvX'og  0qo- 
viog  Xgoiiuog  mag  ein  Rest  der  ältesten  Betonungsweise  sein. 
Auf  die  Länge  des  i  in  ^L4(.i(plog  Ilias  2,  830.  5,  612  will  ich 
hiebei  nicht  einmal  besondres  Gewicht  legen,  da  die  Bildung 
des  Namens  nicht  ganz  klar  ist,  ebenso  wenig  wie  auf  das 
-tojv  einiger  homerischer  Namen,  das  vielleicht  unter  einen  an- 
dern Gesichtspunkt  fällt.  Um  die  vorgetragene  Ansicht  zu 
stützen,  lasse  ich  einige  Namenreihen  folgen,  die  die  behaup- 
tete Entwickelungsreihe  vollständig  aufweisen: 
^iveiag  u4lviag  ^Xvlag  ^l'viog 

^Livreia)         l^vxtag         l^vxlag 

l4Qioxelag       ^QiOTeag      L^Qioriag  "Agiotig 

Jafxelag  Jajui'ag         Ja/tuag         Ja(.uog  Jaixig 

Inschr.v.Tanagra 
Arch.Ztg.33,154 


üebergang  von  ei  in  t. 


91 


'Egfielag          'EQiii£ag(EQ^i^gfEQiiuag 

Ggaaelag         QQuaiag 

Ogaoiog 

Ilaaelag          Flaoeag 

Tlaolag 

ndaiog 

(BenndorfGriech.u.sic. 

VasenbilderTaf.V.no.5) 

JTeid^eiag 

llaid^iag 

Oav  €iag            0avag 

(Daviag 

Wdviog 

(Xageia)           Xageag 

XaQiag 

Sehr  häufig  ist  das  Nebeneinanderbestehen  von  Namen  auf  -iag 
und  -lag,  -log,  denen  ich,  wo  sie  vorhanden  sind,  die  mit  fi- 
Suffix  weitergebildeten  zufüge: 


yiyad^ag 

läyadiag 

Idyad-lcov 

^Ayiag 

'Aylag 

Idyliav 

lAyig 

i4y.aaag 

l4-KEo!ag 

Axeaiog 

"A^eaig 

l4Xe^€ag 

l4Xsh,ictg 

AXe^Log 

IdXe^lojv 

^AXe^ig 

LiXläg 

"AXXiog 

lAXXlwv 

'!AXXig 

LdvÖQsag 

lAvdglag 

tdvdqlcDV 

Idvd^mg 

"Av^Lg 

lAQLOtiag 

l^Qiorlag 

l4QLarl(av 

^'AqLOtig 

l^Qoeag 

'AQQlag 

Idgref-iag 

Idqtif-uog 

!AQT£f.UtüV 

'Aqimg 

'AQxlag 

"AQXLog 

IdoxXriTiag 

Ao^XriTilag 

Idoxeag 

Aarlrjg 

Avxmg 

Avrlag 

reXeag 

FsXlag 

Jr]f.ieag 

Jafxiag 

/l(X(.aog 

Jafilcov 

Jajuig 

"Eqysag 

'Egylag 

QaQoeag 

Qagalag 

QtQOiog 

QsQalojv 

KaXXsag 

KaXXtag 

KdXXig 

Kivaaeag 

Kivaolag 

KXrjxeag 

KXrjTlag 

KXrJTig 

KXovag 

KXoviog 

Krrjöäg 

Kzrjolag 

KTTjOiog 

KtTjaliov 

Krijaig 

Ko}(.iag 

Kcof-ilag 

Avoiag 

Avalag 

Avaig 

MeyaXeag 

MeyaXlag 

Meyiazag 

Msyiatlag 

MeyiaTUüv 

Mrjvag 

Mfjvtg 

Mi]TQäg 

MaTQig 

92 


G.  Meyer 


Mvaasag 

Mvrjoiag 

Mvaalcov 

MolTtag 

MoXniwv 

MolTtig 

Nixiag 

NfKiag 

Niyilwv 

JSlxig 

Seveag 

Bsviag 

Sevitüv 

Bsvig 

^OlvjiiTrag 

^OXvi-utLog 

^OXv/HTt/wv 

"Olv/iiTtig 

^Ovrjoäg 

"Ovaoiag 

^Ovrjauüv 

JTaidsag 

Tlaidlag 

Tleiaiag 

Heia  lag 

Uelouov 

TleiöLg 

ÜQu^eag 

Tlga^iag 

nga^lcov 

nqa^ig 

IJvd^eag 

nvdiag 

nv&iog 

nviyiojv 

nz&ig 

2iinag 

^iiuag 

2Lf.i^iig 

^ivvmg 

^Ivvig 

^raaeag 

^raaiag 

^zaoitüv 

J^coaiag 

^woiag 

^toaiog 

2cüai(ov 

2toaig 

TekEvräg 

Telsvvlag 

YßQeag 

'^YßQiag 

(Daiveag 

(DaivLog 

0aivig 

OaXtag 

0aUag 

(DaXiog 

0dXig 

(Dllsag 

OiUag 

(DiXiiov 

(DiXig 

XaiQtag 

XaiQiag 

XaiQicüv 

Xalqig 

XeiQmg 

XeiQiag 

Mehreres  minder  sichere  habe  ich  übergangen.  So  er- 
weckt der  nach  dem  Etymologicum  Magnum  423,  24  von  So- 
phron  gebrauchte  Conjunctiv  sYo)  von  Wurzel  l  gehen  die  Ver- 
mutung, dass  das  homerische  fof-iev  aus  *€lo/iisv  hervorgegangen 
sei,  denn  sonst  hat  uo  t ;  und  man  könnte  vielleicht  das  eigen- 
tümliche el'r]  in  Hesiods  Werken  und  Tagen  V.  617,  das  doch 
wol  zu  Uvai  gehören  muss  (vgl,  eben  noch  Hartel  in  der  Zeit- 
schrift für  die  oesterreichischen  Gymnasien  1876  S.  630)  eYr] 
schreiben  und  hieher  ziehen.  Doch  das  ist  freilich  sehr  pro- 
blematisch. Auch  l'Kxlvog  Falk,  das  man  mit  sk.  cjaina  abaktr. 
Quma  zusammenstellt  (Fick  1,  55),  wäre  vielleicht  zu  erwähnen 
gewesen  =  ursprünglichem  "^yjsivo-g.  Das  l  von  \iduo  ich  /  _ 
schwitze  (Aristophanes  Frieden  85.  Frösche  237),  "^^ido£_^Hclweissl 
(Hesiod  Schild  31)7)  darf  man  vielleicht  unmittelbar  mit  sk7»*~" 
(«eatcJoSchweiss  vergleichen.  Jedenfalls  wird  der  von  Cauer 
Studien  87252  behauptete  Uebergang  von  l  in  hi  für  unerwie- 
sen gelten  müssen.  Die  meisten  der  von  ihm  angeführten  Bei- 
spiele sind  im  Laufe  meiner  Untersuchung  anders  erklärt  wor- 
den.    l^QKTToveUrjg  ist  unsicher  und,    wenn  richtig,   gehört  es 


üebergang  von  et  in  t.  93 

schwerlich  zmvUr]  Sieg,  da  alle  damit  zusammengesetzten  Na- 
men -vr/.og  zeigen  (Fick  Personennamen  S.  128) ,  sondern  zu 
velycog,  das  freilich  als  Namenwort  sonst  nicht  vorzukommen 
scheint.  Teid-Qaowg  und  (DXsLaaiog  sind  als  Eigennamen  un- 
klar, so  bleibt  nur  das  einmal  vorkommendeX  oA«iCwv ,  wofür 
ein  andresmal  oXstcov  erscheint.  Das  Verhältnis  der  beiden 
Formen,  die  zu  einander  zu  stehen  scheinen  wie  fxEi'Qcov  zu  i-ii- 
^wv,  zum  homerischen  loXt'^oveg  Ilias  18,  519,  muss  vorläufig 
noch  als  ungelöstes  Problem  hingestellt  werden. 

Prag  20.  October  1876.  Gustav  Meyer. 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  *) 

Durch  die  gütige  Vermittelung  des  Hrn.  Dr.  Bezzenber- 
ger  sind  mir  einige  von  Hrn.  Dr.  Körte  auf  einer  Reise  durch 
Etrurien  im  Frühling  dieses  Jahres  genommene  Copieen  ganz 
neu  entdeckter  oder  noch  unveröffentlichter  etruskischer  In- 
schriften, darunter  eine  lateinisch-etruskische,  zugekommen,  und 
Hr.  Dr.  Körte  selbst  hat  dann  die  Freundlichkeit  gehabt,  mir 
aus  Rom  noch  einen  Papierabklatsch  von  vieren  derselben  zu 
senden.  Da  mehrere  dieser  Inschriften  von  nicht  gewöhnlichem 
Interesse  sind  und  weitergehende  Perspectiven  eröffnen,  so  be- 
nutze ich  gerne  die  mir  gewährte  Erlaubniss,  sie  hier  zu  ver- 
öffentlichen und  zu  besprechen. 

Orvieio, 
n.  I.     Cippus  aus  der  1875  ausgegrabenen  Mancinischen 
Nekropole  im  Norden  der  Stadt.     Die  Inschrift  ist  im  rechten 
Winkel  geschrieben,  so  dass  das  zweite  i  in  der  Biegung  steht ; 
sie  ist  ohne   Interpunction ,    aber  die  Worttrennung  zweifellos. 
Nach   dem  gut  lesbaren  Abklatsch,    in  Uebereinstiramung  mit 
der  Copie  des  Hrn.  Dr.  Körte,  lautet  sie: 
f  hii  lar6ias'  uöienas 
„Ich  (bin?)  (das  Graij- oder  Besitzthum)  der  Larthia,  Gattin  des 

Uthiena." 

*)  In  den  hier  mitgeteilten  Inschriften  ist  die  Zeilenabteilung  durch 
einen  senkrechten  Strich  angezeigt;  Buchstaben,  deren  Lesung  unsicher 
ist,  sind  cursiv  gedruckt;  ergänzte  Buchstaben  sind  eingeklammert. 


94  W.  Deecke 

Schon  in  meinen  Etruskischen  Forschungen  I.  p.  54  ff. 
habe  ich  nachgewiesen,  dass  auf /mi^ nicht  immer  der  Nomi- 
nativ, sondern  auch  gar  nicht  selten  der  Genitiv  folgt,  und 
dass  es  daher  nicht,  wie  Corssen  (I,  p.  755  ff.)  will,  „mich" 
(lat.  me)  bedeuten  kann,  mit  Ergänzung  eines  Verbums  des 
Gebens  oder  Machens;  vielmehr  findet  es  sich  mitunter  noch 
von  Substantiven  im  Nominativ  begleitet,  wie  suöi,  cana, 
capi,  die  „Grab  oder  Besitz,  Statue,  Todtenlade"  zu  heissen 
scheinen,  und  kann  es  daher  nur  entweder  ein  Pronomen  im  No- 
minativ sein,  etwa  „ich",  „dies"  oder  das  Hülfsverb  „ich  bin", 
„es  ist".  Der  blosse  Genitiv  erklärt  sich  dann  durch  Auslas- 
sung eines  der  obigen  oder  eines  ähnlichen  Substantivs;  der 
Nominativ  giebt  direct  den  Todten  oder  Besitzer  oder  Geber 
an,  und  da  hierfür  die  erste  Person  besser  passt,  so  entscheide 
ich  mich  lieber  für  sie,  wobei  ich  die  Frage,  ob  Pronomen 
oder  Verbum,  offen  lasse.  Doch  will  ich  bei  dieser  Gelegenheit 
wieder  auf  die  leider  nur  aus  Lanzi's  Heften  erhaltene  In- 
schrift einer  tazza  da  bere  unbekannten  Fund-  und  Aufbe- 
wahrungsortes hinweisen,  die  bei  Fabret ti  (C.  I.  n.  2609,  bis) 
läutet 

1)  mies'milaröiastr,  r— ~-> 
am  natürlichsten  abgetheilt  in(^mi.^s'mi  laröias'  tr,  wo  tr 
Abkürzung  des  weiblichen  Familiennamens  oder  des  Namens 
des  Gatten  wäre.  Es  fangen  nun  viele  Namen  beider  Art  mit 
tr  an,  und  im  letzteren  Falle  würde  die  Inschrift  im  Baue  ge- 
nau der  obigen  n.  I  entsprechen.  Nun  ist  sie  aber  im  Kreise 
geschrieben,  ohne  Interpunction  (vgl.  die  Abbildung  bei  Fabr. 
Gl.  I.  col.  1172),  und  so  hat  Corssen  (I,  p.  756,  nach  Lat- 
tes  Osserv.  sopra  alc.  iscr.  Etr.  p.  2),  der  wegen  seines  sum, 
sim  „ich  bin",  das  esmi  beseitigen  musste,  vorgeschlagen,  in- 
dem er  das  t  mit  dem  ähnlich  gestalteten  u  vertauschte,  mi 
laröia  surmies'  zu  lesen,  vgl.  wegen  der  Construction  unten 
n.  III.  Er  belegt  den  männlichen  Familiennamen  *surmi(e) 
nicht,  ich  kann  aber  wenigstens  einen  verwandten  weiblichen 
nachweisen  in  s'urmeönet  (Fabr.  C.  I.  n.  894,  ossuarium 
von  M.  Pulciano).  Der  Vollständigkeit  wegen  bemerke  ich  noch, 
dass  das  e  in  esmi  verzeichnet  ist  und  auch  allenfalls  ^n  a 
sein  könnte.  Wie  dem  auch  sei,  die  Inschrift  ist  von  höchster 
Wichtigkeit:  wäre  die  Fahre tti'sche  Lesung  und  Abtheilung 
richtig,  so  würde  esmi  (oder  as'mi)  für  den  indogermanischen 


Neugefiindene  etruskische  Inschriften.  95 

Ursprung  des  Etruskischen  schwer  ins  Gewicht  fallen ;  auffällig 
wäre  dann  freilich  wieder  das  vorgesetzte  mi  „ich".  Daher  — 
non  liquet !  Ich  habe  diese  Episode  etwas  ausführlicher  behan- 
delt, um  eine  Probe  zu  geben,  wie  schwierig  und  verwickelt  bei 
jedem  Schritt  diese  Forschungen  sind,  und  um  zu  zeigen,  dass 
ich  gute  Gründe  gehabt  habe,  mich  bisher  möglichst  vorsichtig 
zu  äussern. 

Um  zu  n.  I  zurückzukehren,  bemerke  ich,  dass  die  14  in 
grossen  Buchstaben  über  der  jedesmaligen  Grabpforte  einge- 
hauenen Grabinschriften  der  Mancini'schen  Nekropole  in  Or- 
vieto,  die  ich  im  vorigen  Sommer  sah,  alle  mit  mi  anfangen 
(nur  eine  ist  verstümmelt),  auf  welches  zwei  Namen  folgen, 
ein  Vorname  und  ein  Familienname,  aber  in  verschiedenen 
Combinationen.     Nur  einmal  folgt  noch  s'uöi  in 

2)  mi  larkes  telaöuras  s'u6i,  woraus  von  neuem  her- 
vorgeht, dass,  wie  ich  (Etr.  Forsch.  I,  p.  53)  gegen  Cors.8en 
behauptet  habe,^i.su6ijl  kein  Verbum  sein  kann,  sondern  ein 
Substantiv  ist.  Audh  kann  es  ferner  nicht  aW^jy/ua  „Weih- 
geschenk" heissen ,  und  hierdurch  wird ,  wie  ich  ebendort  be- 
merkt habe,  diese  Deutung  auch  für  das  verwandte  s'uöina 
zweifelhaft.  Am  natürlichsten  heisst  es  „Grab"  oder  „Besitz", 
und  deshalb  habe  ich  diese  Worte  oben~~ergänzt ;  s'uOina  ist 
mit  s'u^i  synonym  oder  heisst  etwa  „Grabgeräth"  oder  „klei- 
ner Besitz  (Kleinod)";  s'utna  bezeichnet  zweimal  den  „Sarko- 
phag" (Etr.  Forsch.  I,  p.  53 j.  Vollkommen  im  Bau  mit  n.  I 
stimmen  überein  (mi  -j-  gen.  praen.  fem.  -f-  gen-  norainis  viri), 
ausser  n.  II,  noch: 

3)  mi  laröias  rupinas  (Manc.  Nekrop.). 

4)  mi  aranöial  Äersinas  (Architr.  v.  Orvieto,  nach  mei- 
ner Copie);  Corssen  II,  p.  619  liest  aersina;  vgl.  unten 
n.  V. 

5)  mi  arn6ial  us^s'es'  (alterthümliche  Marmorgrabsäule 
von  Volterra,  Fabr.  C.  I.  n.  350,  t.  XXVI).  Ferner  mit  hin- 
zugefügtem suöi: 

6)  mi  suöi  laröial  muöikus  (Stein  von  Busca  am  M. 
Viso,  Fabr.  C.  I.  n.  42,  t.  V). 

7)  mi  suti  öan^vilus':  titlalus'  (Grabstele  von  Bologna, 
Fabr.  See.  Spl.  n.  3-  t.  I). 

Es  geht  hieraus  hervor,  dass  diese  Art  von  Grabschriften 
in   allen   etruskischen   Gegenden  (ausser  Campanien)  heimisch 


96  W.  Deecke 

war.     Ohne  mi   endlich   gehört  hierher  mit  zugefügtem  Fami- 
liennamen der  Todten 

8)  /arOial  |  vipial  |  s'alvis  (Grabstein  von  Perugia, 
Fabr.  C.  I.  n.  1905,  t.  XXXVII,  vgl.  P.  Spl.  p.  109;  vipial 
steht  seitwärts)  u.  andere. 

Ueber  larOias  (larOias)  neben  larOial,  s.  meine  Etr. 
Forsch.  I,  p.  67,  und  die  Beilage  II  zum  ersten  Bande  meiner 
Neuausgabe  von  0.  Müller's  Etruskern,  p.  463. 

Der  männliche  Name  uöiena  ist  neu,  hat  aber  Verwandte. 
Der  Stamm  findet  sich  nämlich  wieder  in  dem  Ehefrauennamen 
utiesa  auf  einer  Urne  und  einem  Ziegel  von  M.  Pulciano 
(Fabr.  C.  I.  n.  867,  ter  u.  u;  t.  XXXIII),  und  ist  höchst  wahr- 
scheinlich in  lateinischer  Umschrift  erhalten  im  P'amilienna- 
men  odie  auf  einem  Ziegel  von  Cetona  (ibid.  n.  1018,  bis,  e; 
t.  XXXIV).  An  der  verschiedenen  Stufe  des  Dentals  ist  kein 
Anstoss  zu  nehmen:  so  kommt  der  weibliche  Vorname  Oania 
(Öana)  in  lateinischer  Umschrift  als  thania,  tania  und  dana 
vor,  und  im  Etruskischen  selbst  wechseln  arn6  und  arnt  u.  s. 
w.*)  Demnach  kann  auch  der  Beiname  Otho,  den  unter  Andern 
der  aus  Ferentinum  in  Etrurien  gebürtige  und  aus  der  weitver- 
breiteten etruskischen  Familie  der  s'alvi  stammende  Kaiser  L. 
Salvius  Otho  führte,  verwandt  sein,  sowie  noch  näher  der 
männliche  Familienname  otani  in  der  lat.  etr.  Inschrift 

9)  larthia-  otanis  (Urne  von  Chiusi,  Fabr.  C.  I.  n.  857), 
die  fast  genau  unsere  orvietanische  Inschrift  deckt.  —  Eine  an- 
dere Weiterbildung  liegt  vor  in 

10)  lar-  utilane  I  urial  (Urne  von  Perugia,  ibid.  n.  1885), 
vgl.  uvilane,  patislane,  ucrislane  u.  s.  w.;    eine  dritte  in 
11)  ...  lias':  utimnal  |  aspesa:  (Urne  von  Siena,  ibid. 
n.  440,  ter,  c),  vgl.  velimna,  recimna  u.  s.  w.     Der  Namen- 
stamm ist  demnach  ziemlich  weit  verzweigt. 

n.  II)  Grabinschrift  an  einem  Grabe  auf  dem  Grunde 
von  Braccardi,  östlich  von  der  Mancini'schen  Nekropole, 
nach  Körte's  Copie,  interpunctionslos,  aber  mit  sicherer  Trennung : 

12)     mi    laröias     tramenas. 
Der  Bau  ist  genau  wie  in  n.  I.     Auch  hier  ist  der  Name  tra- 
mena  neu;    der  Stamm   aber  findet  sich  vielleicht  wieder  im 
Sclavennamen   Örama  im   ersten   Gol in i' sehen  Grabe  bei  Or- 


*)    Vielleicht  auch  ist  das  d  von  odie  und  dana  nur  ein  entstelltes 
etruskisches  *  Q- 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  97 

vieto,  also  ganz  in  der  Nähe  (Fabr.  C.  I.  n.  2033,  bis,  A,  b). 
Zur  Bildung  vgl.  numena,    hermena,    malamena,    den  la- 
cus   Trasimenus   und  das  vielleicht  näher    verwandte    Öur- 
m(a)na,  in  lat.  Umschrift  thormena. 
n.  III)  desgl.,  aber  interpungirt : 

13)  mi  lar^ia:  hul;(enas:  velöuruscles. 

Hier  steht  der  Hauptname,  derjenige  der  Todten  oder  Besitzerin, 
im  Nominativ,  wie  in  folgenden  Inschriften: 

14)  mi  laröia  amanas  (Manc.  Nekrop.). 

15)  mi  ara6ia  araöenas  (ebendort). 

15)  mi  larisa  plaisinas  (ebendort;  ich  ziehe  diese  Tren- 
nung vor  wegen  plaicane,  plascnei  u.  s.  w.). 
Ferner  aus  andern  Gegenden: 

17)  mi  arunöia  malamen^s'  (Todtenkistendeckel  von 
Siena,  Fabr.  C.  I.  n.  451,  bis,  c;  t.  XXVHI,  vgl.  Gl.  I.  col. 
1101,  alterthümlich). 

18)  mi  laröia  kurcenas'  (grosser  Grabstein  von  Arezzo, 
ibid.  n.  467,  ter;  t.  XXIX;  ich  ziehe  die  Lesung  mit  v  statt  p 
vor,  wegen  curvesa  ibid.  n.  161). 

19)  mi  larisa  a%s  (Amphora,  orig.  ine,  im  Vatican,  ibid. 
n.  2609,  t.  XLIV),  wo  Corssen  a/is  las  (I,  764);  vgl.  das 
grosse  Grab  der  a;(u  in  Perugia  (ibid.  n.  1075—81). 

20)  mi  araOia  velaves'nas'  u.  s.  w.  (berühmte  clusini- 
sche  Goldspange,  ibid.  n.  806,  t.  XXXII).  Ich  habe  das  letzte 
Wort  nicht  abgetheilt,  da  es  zweifelhaft  ist,  ob  man  vel 
aves'nas  oder  vela  ves'nas'  zu  trennen  hat:  im  ersteren  Falle 
wäre  vel  abgekürzter  Genitiv  des  Vornamens  des  Gatten  (wohl 
nicht  des  Vaters,  s.  Etr.  Forsch.  I,  p.  48  ff.)  für  velus',  im  zwei- 
ten Falle  vela  Familienname  der  ara6ia,  wie  in  einer  perusini- 
schen  Inschrift  Fabr.  C.I.  n.  1830  (die  Inschrift  mit  mi  velaves'- 
nas bei  Corssen  I,  783  ist  trotz  II,  639  unecht).  Die  Entschei- 
dung ist  schwer,  da  weder  aves'na  noch  ves'na  als  Familien- 
name belegt,  beide  Formen  aber  möglich  sind:  jenes  würde 
sich  an  avei  (fem.),  aveina  anlehnen,  dieses  an  vesi.  Ich 
neige  mich  Letzterem  zu,  da  ich  in  der  interpunctionslosen  In- 
schrift eine  Abkürzung  für  weniger  wahrscheinlich  halte.  Der 
Name  ves'na  ist  dann  vielleicht  auch  verwandt  mit  lat.  etr. 
veisinnius  (Gori  II,  415,  vgl.  C.  I.  L.  I,  n.  1366,  clusinisch), 
da  e  und  ei  nicht  selten  im  Wortstamme  wechseln,  und  dies 
wieder  mit  vis'nai,    fem.   (Fabr.  C.  I.  n.  2327,  ter,  a;    Sark. 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I.  7 


98  W.  Deecke 

von  Vulci),   vgl.  lat.  visennius  (Wilmanns  Exx.  Inscr.  Lat. 
n.  135)  u.  s.  w. 

21)  mi  malena  laröia  puruhenas,  auf  einem  Spiegel 
einheimisch-italischer  Fabrication,  gefunden  zu  Sestino  in  Um- 
brien  (Corss.  II,  p.  631).  Der  männliche  Familienname  pu- 
ruhena  scheint  zunächst  verwandt  mit  dem  Ehefraunamen 
purcesa  (Fabr.  P.  Spl.  n.  187,  clusin.),  da  eine  Aspiration 
des  c  durch  das  vorhergehende  r  leicht  erklärlich  ist ;  auch  der 
Vocaleinschub  ist  nicht  selten.  Entfernter  verwandt  sind  viel- 
leicht pruciu,  fem.  pruciunia.  Auch  der  Name  einer  die- 
nenden Göttin  in  phrygischer  Mütze  puri/  auf  einem  Spiegel 
von  Cetona  (Fabr.  C.  I.  n.  1014,  quat. ,  vgl.  Corssen  I,  p. 
342)  klingt  an.  Wegen  des  Lautwechsels  vergleiche  z.  B.  die 
dreifache  Schreibung  einer  grossen  perusinischen  Familie  acsi, 
ahsi,  a;{si.  Die  Lautgruppe  malena  könnte  vorgesetzter  Fa- 
milienname zu  laröia  sein,  verwandt  mit  malamena,  ma- 
lave,  malavinisa  u.  s.  w. ,  nur  wäre  die  Form  wegen  Aus- 
stossung  des  i  etwas  auffällig,  grade  wie  vela  in  n.  20;  Cors- 
sen trennt  daher  (nach  Gamurrini  Bull.  d.  Ist.  1875,  p.  88) 
ma  lena  und  erklärt  ma-  (etwa  für  *manal)  --  manibus 
sacrum,  lena  für  ein  Substantiv  mit  dem  Sinne  von  „Kunst- 
werk" oder  „Grabgeräth".  Dies  passt  aber  durchaus  nicht  in 
die  Construction. 

Der  Name  hul^ena  klingt  verwandt  mit  dem  Dativ  (?) 
6ul;(niesi,  in  der  Inschrift  eines  von  einer  Schicksalsgöttin 
gehaltenen  Diptychons  in  dem  Grabe  der  vel/a  (Tomba  degli 
Scudi)  zu  Corneto  (Fabr.  P.  Spl.  n.  420,  berichtigt  durch 
Corssen  I,  p.  565;  t.  XIX,  B,  5),  da  h  auch  sonst  mitunter 
Schwächung  von  6  zu  sein  scheint,  wie  in  her  in  i  neben  6e- 
rini;  doch  stört  die  Formähnlichkeit  der  beiden  Buchstaben 
den  strengen  Beweis.  Vielleicht  bildete,  wie  im  Lateinischen, 
der  Laut  f  die  Vermittlung,  vgl.  ferina  (Fabr.  C.  I.  n.  876). 
Dann  könnte  man  als  lateinische  Umschreibung  jenes  obigen 
Namens  (mit  Anlehnung  an  eine  bekannte  römische  Familie) 
fulctni  betrachten,  im  Grabe  der  anei  zu  Perugia  (ibid.  n. 
1091).  Ebenso  findet  sich  der  Stamm,  ohne  %  oder  c,  direct 
mit  n  abgeleitet,  wieder  in  den  drei  Formen:  Ouluni  (clusin. 
Aschentopf,  Fabr.  P.  Spl.  n.  231);  fuluni  oder  fulni,  lat. 
in  einer  bilinguis  folnius,  u.  s.  w.;  und  huluniesi  (dat. 
fem.)  in  der  Tomba  dell'  Orco,    gleichfalls  in  Corneto  (Lattes 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  99 

T.  d.  Orco  p.  9  ff.,  vgl.  Etr.  Forsch.  I,  p.  33,  n.  58);  auch 
neben  dem  zu  Grunde  liegenden  Beinamen  fulu  kommt  wenig- 
stens hulu  vor  (Fabr.  C.  I.  n.  230,  vgl.  Gl.  I.  col.  610). 

Das  dritte  Wort  velöuruscles  enthält  offenbar  eine  nä- 
here Bestimmung  zu  hul/enas,  und  das  schliessende  s  zeigt 
sich  als  Genitiv  zeichen,  wenn  man  die  einzige  sonst  vorkom- 
mende ähnlich  gebildete  Form  damit  vergleicht,  nämlich  laut- 
nes'cle  in  der  ersten  Zeile  der  grossen  Wandinschrift  von 
Torre  di  San  Manno  bei  Perugia  (Fabr.  C.  I,  n.  1915,  nach 
Conestabile  Monum.  Perug.  IV,  t.  IV,  3;  vgl.  Etr.  Forsch. 
I,  p.  81,  n.  229),  das  offenbar  Nominativ  ist.  Das  Suffix  -cle 
ferner  ist  in  beiden  Wörtern  an  den  Genitiv  gehängt,  denn 
velöurus  ist  gen.  des  Vornamens  vel6ur,  und  lautnes'  gen. 
des  Wortes  lautni  „Freigelassener",  wofür  in  einer  perusini- 
schen  Inschrift  lautnes  vorkommt  (Fabr.  C.  I.  n.  1887,  bis, 
b),  in  einer  alten  volterranischen  lautunis'  (ibid.  n.  348);  der 
Wechsel  von  e  und  i  ist  unbedenklich,  ebenso  der  Einschub 
des  u.  Das  Suffix  cle  selbst  aber  scheint  verwandt  mit  clan 
„Sohn",  dessen  a  in  der  Flexion  in  e  übergeht,  vgl.  dat.  clens'i; 
nom.  oder  acc.  plur.  clenar;  dat.  plur.  clenarasi  (Dee- 
cke  Etr.  Forsch.  I,  p.  34  ff.).  Ich  kann  jetzt  auch  den  gen. 
sg.  clens'  belegen,  durch  Vergleichung  der  beiden  Inschriften: 

22)  ar-  sale*  clan-  nurziu  (Sargdeckel  von  Perugia, 
Fabr.  C.  I.  n.  ITSlTTunT* 

23)  fasti*  crinti"  |  sales''  clens'  |  puia  (Urne  von  eben- 
dort,  ibid.  n.  1653). 

Die  erstere  heisst  „Arnth  Säle  Sohn,  Nurziu",  wo  „Sohn" 
die  Bedeutung  unseres  Firmenzusatzes  iunior  „der  Jüngere"  hat ; 
während  (nurziu  oder  nurtiu  (wie  Vermiglioli  n.  112  las 
ein  Beiname" ist,  wäKfsHTein'ncH"'" synonym  mit  nortinus  in  ei- 
ner lateinischen  Inschrift  vonBolsena(Noel  desVergers  TEtru-j 
rie  et  les  Etrusques,  III,  n.  66) ,  abgeleitet  von  der  gerade  in 
Volsinii  viel  verehrten  etruskischen  Glücksgöttin  Nortia,  als 
deren  Günstling  z.  B.  Juvenal  (X,  74)  auch  den  aus  Volsinii 
gebürtigen  berüchtigten  Sejan  nennt.  Dasselbe  agnomen  koraraF 
noch  in  einer  clusiniscHen  Inschrift  vor 

24)  Oana-  titi-  nnrziupif  (Thonurne,  Fabr.  C.  1.  n.  724), 
wo  die  letzten  Buchstaben  unsicher  sind ;  ich  vermuthe ,  mit 
geringer  Aenderung,  nurzius'  s  d.  h.  „Tochter  des  Nurziu"  (s 
—  se/),  wofür  ich  eine  Reihe  Analogieen  beibringen  könnte. 


100  W.  Deecke 

Es  heisst  also  n.  23  „Fasti  Cvinti,  Gattin  von  Säle  Sohn". 
Demnach  wird  auch  das  Suffix  -cle  die  Abstammung  bezeich- 
nen, und  lautnes'cle  sich  zu  lautni  ähnlich  verhalten,    wie 
libertinus   zu  libertus;    velöuruscles  aber  wird   heissen 
„des  Sohnes  des  Velthur".     Es  ist  das  Suffix  -des  angehängt, 
da  man  sonst  velfjurus  als   nachgesetzten  Vornamen  zu  hül- 
fen as   auflassen   könnte.  —    Eine   weibliche    Form    desselben 
Suffixes  liegt  vielleicht  vor  in  Öuflöicla  (auf  einer  Erzstatuette 
in  Rom,  Fabr.  C.  I.  n.  2603,  bis)  neben  ÖuplOas,  ÖuflÖas  und 
öufulöas'  (auf  Erzsachen  von  Cortona  und  Chiusi,  ibid.n.  1054 — 5 
und  804).    C  or  s  s  e  n  (I,  p.  634  ff.)  sieht  hierin  überall  Götternamen  f 
von  der  indogermanischen  Wurzel  [tu bh,   tup  „schlagen,  stos- t 
sen,  tödten",    allein  der  Anhalt  ist  sehr  schwach,  und  es  kann] 
auch  ein  gewöhnlicher  weiblicher  Name  vorliegen,  verwandt  mit  | 
Öupites  (Ziegel  von  Florenz,   Fabr.  C.  I.  n.  133,  gen.  masc.)  [ 
und  8upit  |  ai   (Bleitafel  von  Volterra,   ibid.   n.  315,   in  un- 
sicherem Zusammenhang). 

n.  IV)  Cippus  aus  der  Mancini'schen  Nekropole.  Die 
Inschrift  steht  im  Halbkreise  um  die  Spitze  herum  und  lautet 
nach  Körte's  Copie: 

tite  :  ecnate  :  turns 
Der  Familienname  ecnate,  und  davon  abgeleitet  ecnatna, 
ist  etruskisch  nicht  selten  (Fabr.  Gl.  I.  col.  359,  nebst  Add. 
u.  P.  Spl.)  und  findet  sich  in  Perugia  (auch  lat.  etr.  egnatius 
festus,  Noel  d.  Verg.  III,  n.  27),  Chiusi,  Siena  und  Corneto ; 
eine  Form  ehnatial  bei  Fabr.  C.  I.  n.  1688,  bis.  Derselbe 
Name  kommt  vielleicht  auch  in  einer  umbr.  gallischen  Inschrift 
aus  Tuder  (Fabr.  C.  I.  n.  86,  t.  XXI)  vor,  wo  die  Lesung  at- 
eknati  mir  immer  noch  wahrscheinlicher  ist,  als  das  Stokes'- 
sche  ateknati  (ßeitr.  z.  vergl.  Sprachf.  II,  p.  HO;  III,  p.  68 
u.  8.  w.).  Bekannt  ist  ferner  die  samnitische  Familie  der  Eg- 
natii,  aus  der  Gellius  Egnatius  stammte,  der  296  a.  Chr. 
die  Etrusker  zum  Kampfe  gegen  Rom  aufrief,  was  auf  alte  Be- 
ziehungen seiner  Familie  zu  Etrurien  schliessen  lässt.  Nach 
dem  Socialkriege,  in  dem  sie  eine  hervorragende  Rolle  spielten, 
finden  wir  die  Egnatii  als  Ritter  und  Senatoren  in  Rom  wie- 
der, und  die  von  ihnen  aus  dieser  und  der  späteren  Zeit  erhal- 
tenen lateinischen  Inschriften  sind  zahlreich  (Wilmanns  Exx. 
Insc.  Lat.  II,  p.  325  führt  21  Personen  dieses  Namens  auf). 
Nach  Plinius  (N.  Hist.  XIV,  13  (14),  89j  lebte  aber  schon  zu 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  101 

Romulus  Zeit  ein  Egnatius  Mecennius  in  Rom;  und  eine 
patricische  gens  Egnatuleia  wird  von  Cicero  (Philipp.  III, 
3  u.  s.  w.)  erwähnt;  auch  kommt  eine  Freigelassene  dieses  Na- 
mens auf  einer  Inschrift  vor  (Wilm.  Exx.  I.  L.  n.  567).  End- 
lich gehört  hierher  die  apulische  Seestadt  Egnatia  (abgekürzt 
Gnatia)  an  der  appischen  Strasse,  die  von  dort  bis  Byzanz 
via  Egnatia  hiess. 

Der  Beiname  |turns  ist  ohne  Zweifel  identisch  mit  dem 
Namen  des  berühmten  Rutulersl  Turnus  und  dem  Vornamen 
des  von  Tarquinius  Superbus  geto3teten  Tuhrers  der  Ariciner 
•Turnus  Herdonius  (Livius  I,  50  ff.).  Ein  Freigelassener 
(Turnus  war  unter  den  Flaviern  ein  angesehener  Satiriker  . 
(Schol.  in  Juven.  I,  20).  —  Sollte  der  Name  mit  dem  der  ' 
etruskischen  Aphrodite 'Tur an,  neben  der  auch  ein  gleichnami- 
ger männlicher  Gott  vorkommt  (Corssen  I,  p.  253— 4),  ver- 
wandt sein?  Die  Mutter  des  Rutulers'-VSnilia  erinnert  an  die 
VSnus,  und  seine  Gegenüberstellung  mit  cfem  Aphrodite-Sohn 
Aeneas  erhielte  so  eine  neue  Beziehung.  —  An  Verwandtschaft 
mit  Tyrrhenus  (Niebuhr  Rom.  Gesch.  P,  p.  17)  glaube  ich 
nicht,  da  die  sprachlichen  Bedenken  zu  gross  sind.  Ebenso- 
wenig gehört  hierher  der  Beiname  Turlnus  (nicht  Thurinus) 
der  ursprünglich  tusculanischen  Mamilii  (es.  239  a.  Chr.)  und 
des  C.  Octavius,  des  späteren  Kaisers  Augustus,  der  viel- 
mehr, wenigstens  im  letzteren  Falle  sicher,  vom  pagus  Turl- 
nus bei  Velitrae  stammt  (Ellendt  de  cogn.  et  agn.  Rom.  p.5). 

n.  V)  Desgl.,  35  Ctm.  hoch,  Copie  von  Körte: 
lar8i"  hersus 
Der  Name  des  Gatten  *herse  oder  *hersu,  denn  beide  For- 
men lassen  sich  nach  dem  gen.  hersus  ansetzen,  ist  verwandt 
mit  hersina  (n.  4),  gleichfalls  aus  Orvieto;  dann  aber  auch 
wohl  mit  dem  römischen  Hersius  (Wilm.  Exx.  n.  762,  frei- 
lich erst  aus  der  Zeit  des  Honorius  und  zu  Kalama  in  Algier) 
und  mit  dem  sabinischen  Frauennamen  Hersilia,  wie  die  Ge- 
mahlin des  Romulus  hiess. 

n.  VI)  Desgl.,  30  Ctm.  hoch,  Copie  von  Körte: 
casne 
Es  ist  wohl  ein  männlicher  Familienname,  wie  dergleichen  nicht 
selten  isolirt  vorkommen,  namentlich  in  Wandinschriften  neben 
der  gemalten  Person  und  auf  Ziegeln  zum  Verschluss  der  Grab- 
nische.   In  Perugia  sind  zwei  Gräber  der  casni  (gewöhnlichere 


102  W.  Deecke 

Form  für  casne,  beides  aus  *casnie)  entdeckt  worden  (Fabr. 
C.  I.  n.  1157 — 72  u.  1173 — 80);  fem.  casnia,  gen.  casnial 
(ibid.  n.  1075—6);  auf  einem  Aschentopfe  soll  nur  casn  ge- 
standen haben  (ibid.  n.  1963,  nach  Vermigl.).  Ebenso  steht 
auf  einer  Amphora  von  Viterbo  (Fabr.  P.  Spl.  n.  381)  mit  lat. 
Buchstaben  nur  casnio.  Ein  römischer  Gentilname  Casinia 
findet  sich  vereinzelt  (Wilm.  Exx.  I.  L.  n.  485). 

n.  VII)  Desgl.,  45  Ctm.  hoch,  südlich  von  Orvieto,  dicht 
an  den  Mauern  gefunden,  Copie  von  Körte: 

lar6  :  velza  :  pe 
Das  pe  halte  ich  für  Abkürzung  des  Familiennamens  der  Mut- 
ter, wahrscheinlich  im  gen.  auf  -al;  es  giebt  deren  viele,  die 
mit  pe  beginnen.  Als  Siglum  des  Vatervornamens  dagegen  ist 
pe  nicht  nachzuweisen.  —  Der  Name  velza  erinnert  zunächst 
an  velzeis  (Co n est.  Mon.  Perug.  IV,  p.  42  n.  21  =  349;  t.  III 
=  XXIX,  10;  gen.  masc.  mit  seltenerer  Vocalisation,  wie  an  eis', 
aveis'  u.  s.  w.),  wenn  die  Lesung  sicher  wäre  (Fabr.  C.  I  n. 
1848,  bis;  t.  XXXVII  hat  velzeis).  Ferner  schon  liegt  die 
abgeleitete  Form  velzinas'ia  (ibid.  n.  1843,  Sargdeckel  von 
Perugia),  doch  genügt  dieselbe,  um  den  Namenstamm  velz- 
sicher  zu  stellen.  Ob  derselbe  mit  velc-  (vel^-)  oder  vels-, 
zwei  weitverbreiteten  Stämmen,  zu  combiniren  sei,  lasse  ich 
dahingestellt;  doch  vgl.  Etr.  Forsch.  II,  p.  96  ff. 

n.  VIII)  Vaso  di  bucchero  (Krug),  von  mir  im  Sommer 
1875  in  der  Sammlung  des  Grafen  Faina  gesehen,  von  Körte 
beim  Ingenieur  R.  Mancini  (?).  Die  Inschrift  läuft  um  den 
Hals  und  ist  ohne  Interpunction ,  die  Abtheilung  aber  zweifel- 
los. Ich  gebe  unter  a)  meine  Lesung,  unter  b)  diejenige  Kör- 
te's, die  ich  für  weniger  correct  halte: 

a)  mi  ne  mulvuneke  laris  numenas 

b)  mi  ni  muivun.^e  1.  ris  numenas 

Das  e  und  a  fehlen  bei  Körte  ohne  Lücke,  das  k  ist  ganz 
undeutlich ;  ich  habe  mir  keine  Unsicherheit  notirt.  Die  Rich- 
tigkeit meiner  Lesung  wird  aus  folgenden  verwandten  Inschrif- 
ten hervorgehen: 

25)  mi  neviku  muluevneke  ar/)as'kamaiv,  Aschentopf 
von  Chiusi  (Fabr.  P.  Spl.  n.  234,  vgl.  S.  Spl.  p.  28);  ich  habe 
dabei  die  Trennung,  wo  sie  unsicher  ist,  unterlassen.  Corssen 
trennte  und  las  anfangs  (I,  p.  790)  mi  nevi  tumulu  ev  neke 
artas  ka.maiv;    später  giebt  er  (II,  p.  640),  nach  einer  Re- 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  103 

Vision  durch  P.  Nardi,  kumulu  und  kamaia.  Dass  er  das 
Wort  muluevneke  (ich  vermuthe  muluüeneke)  verkannt 
hat,  habe  ich  bereits  in  meiner  „Kritik"  p.  38  hervorgehoben; 
dadurch  wird  aber  auch  seine  Deutung  von  nevi  =  mortua- 
rium  hinfällig.  Die  Lesart  -aia  dagegen  am  Schlüsse  scheint 
mir  wahrscheinlich,  und  ebenso,  dass  in  ar/jas'  ein  gen.  fem. 
steckt,  so  dass  areas'  richtig  sein  kann.  Zu  der  Construction 
mi ar«as'  kamaia  sind  dann  zu  vergleichen: 

26)  mi-  velelias  hirminaia,  Frontinschrift  der  Manci- 
ni 'sehen  Nekropole,  von  mir  copirt. 

27)  mi  ramuöas  kansinaia,  schwarzes  Thongefäss  von 
Vulci  (Fabr.  C.  I.  n.  2184,  bis;  t.  XLI,  vgl.  P.  Spl.  p.  111, 
nach  Mommsen),  wenn  nicht  -Öa  skansinaia  zu  theilen  ist. 

Ebenso  findet  sich  der  Genitiv  eines  männlichen  Na- 
mens in: 

28)  mi  mukis'  rapanaia,  schwarze  Thonschale  von  Chiusi 
(Fabr.  See.  Spl.  n.  84;  t.  I). 

Ein  weiblicher  Nominativ  dagegen  begegnet  in: 

29)  mi  laröa  tartinaia,  phallisches  Thonamulet  von 
Corneto  (Fabr.  C.  I.  n.  2333,  ter). 

30)  mi  te«  anteia  tar^umenaia,  schwarzer  Topf  von 
Chiusi  (ibid.  n.  808). 

Undeutlich  und  wohl  arg  verlesen  ist: 

31)  hacar(?)/arcanaia,  aus  dem  Grabe  der  larc(a)na 
zu  Chiusi  (ibid.  n.  501,  bis,  f,  nach  Lanzi  II,  370  =  299,  n. 
111,  der  auch  die  Art  des  Gefässes  nicht  angiebt). 

Man  sieht,  dass  diese  Art  der  Bezeichnung  bei  mi  gleich- 
falls ziemlich  verbreitet  war,  und  auch  hier  findet  sich  sowohl 
der  gen.  wie  der  nom.  der  Hauptperson  und  einzelne  dazwi- 
schen gesetzte  Wörter.  Die  Deutung  der  Endung  -aia  wage 
ich  noch  nicht.  Das  obige  kamaia  hat  schon  Corssen  (II, 
p.  640)  combinirt  mit  camas  (nom.  masc,  Fabr.  C.  I.  n.  147, 
olla  von  Florenz).    "~ 

Ich  kehre  zur  Hauptinschrift  zurück  und  gebe  weitere 
Parallelen  in: 

32)  mi  ni  mulveneke  vel8uir  pupliana,  campanisches 
Thongefäss,  verloren,  und  daher  nur  die  lateinische  Umschrift 
erhalten  (Fabr.  C.  I.  n.  2614,  vgl.  Mommsen  Unt.  Dial.  p. 
17  u.  Note  23).  Corssen  hat  hier  (I,  p,  546  ff.)  aus  dem 
richtig  abgetrennten  mulveneke  einen  Eigennamen  Mulvini- 


104  W.  Deecke 

cius  gemacht,  sicherlich  falsch.  Das  auiFällige  velöuir  für 
velOur  (nom.  praen.  masc.)  zerlegt  er  in  vel  Öui  r,  sehr 
unwahrscheinlich.  Der  Bau  entspricht  n.  29  u.  30,  nur  dass 
hier  ein  männlicher  Name  im  Nominativ  steht. 

33)  mi  avi/cs'  tite^  ...  u^sie  mulenike,  Seiteninschrift 
an  dem  berühmten  volterranischen  Grabstein  mit  dem  alter- 
thümlichen  Kriegerrelief  (Fabr.  C.  I.  n.  355;  t.  XXVI).  Die 
Lesung  des  zweiten  und  dritten  Wortes  ist  erst  durch  mich  fest- 
gestellt; noch  Corssen  (I,  p.  775)  liest  aviivs'  tite.  In  der 
Beilage  II  zum  ersten  Bande  meiner  neuen  Ausgabe  von  Mül- 
ler's  Etruskern  (p.  443  ff.)  weise  ich  nach,  dass  avile  die  äl- 
teste Form  des  Vornamens  aule  ist  und  belege  die  Form  durch 
5  andere  Stellen;  es  schliessen  sich  daran  sehr  interessante 
Folgerungen  und  die  Neudeutung  einer  Reihe  von  Inschriften. 

34)  mi  ni  kaisie  öannursiannat  mulvannico,  schwar- 
ze Schale  von  Cervetri  (Corssen  II,  p.  628;  t.  XXV,  2,  nach 
Heibig).  Das  letzte,  von  Corssen  selbst  als  undeutlich  gege- 
bene, Zeichen  ist  sicher  ein  e;  wo  die  Trennung  zweifelhaft, 
habe  ich  sie  auch  hier  unterlassen.  Corssen's  Deutung  mit 
dem  schliessenden  Mulvanicus  ist  natürlich  wieder  irrig. 

Wir  haben  demnach  ein  Wort  gewonnen,  das  von  der  äl- 
testen Form  mulvannice  theils  zu  mulvuneke,  theils  durch 
mulveneke  (mulureneke,  mit  Vocaleinschub)  zu  muleni- 
ke sich  abgeschwächt  hat.  Dies  Wort  scheint  ein  Nomen  zu 
sein  (kein  Perfect  auf  -ce!),  und  zwar  ein  Adjectiv,  das  in 
n.  VIII,  n.  25,  32  u.  34  zu  neviku  (?),  abgekürzt  ne-  oder 
ni-  (nach  Corssen  I,  p.  426  u.  546  =  nipe,  zu  vi/tTco),  ge- 
hört; in  n.  33  zu  einem  in  dem  verstümmelten  ...  u'xsie  ver- 
borgenen Substantiv.  Jenes  scheint  demnach  ein  Thongefäss 
zu  bezeichnen,  dies  einen  Grabstein,  und  mulvannice  u.  s. 
w.  mag  etwa,  „sepulcralis"  bedeuten.  Ueber  weitere  Combi- 
nationen  an  einer  anderen  Stelle. 

Der  Name  numena  in  n.  VIII  findet  sich  wieder  in  num- 
nas',  gen.  agnom.  masc.  auf  einer  perusinischen  Grabsäule 
(Fabr.  C.  I.  n.  1890;  t.  XXXVII,  nicht  numunas)  und  im 
gen.  fem.  numnal  (Fabr.  P.  Spl.  n.  371,  manico  di  gutto 
aus  Orvieto).  —  Endlich  laris  ist  Genitiv  von  lar,  vgl.  Bei- 
lage II  zu  0.  Müller's  Etruskern  P,  p.  461. 

Die  Inschrift  n.  VIII  würde  also  heissen: 

„Ich  bin  der  Grabkrug  des  Lar  Numena." 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  105 

n.  IX)  Roher  Topf  von  grauem  Thon;  darin  eingekratzt 
nach  Körte: 

miwpial 
Diese  Lesung  scheint  unmöglich.     Ich  vermuthe  mi  apial,  wie 

35)  mi-  fuluial  (Fabr.  C.  I.  n.  354,    schwarz  gefirnisste 
Schale  von  Volterra;   nicht  f-uluial),  und  mit  Vornamen 

36)  mi  öan^vilus  fulnial  (Fabr.  P.  Spl.  n.  469,   Spiegel- 
orig.  ine.)  u.  s.  w.     Der  weibHche  Famihenname  apia  erscheint 
auch  auf  einer  clusinischen  Urne  (Fabr.  C.  I.  n.  579)  und  hat 
mancherlei  Ableitungen  und  Verwandte. 

n.  X)  s'u6ina  mit  einem  Namen  im  Genitiv  findet  sich 
auf  einer  Reihe  zu  Castel  Rubello  bei  Orvieto  ausgegrabener 
Geräthe  von  Terracotta  und  Bronze,  nämlich  verschie- 
denen Gefässen,  einer  Kanne,  einer  Pfanne,  einer  kleinen  cista, 
einem  Candelaber,  einem  Spiegel.  Es  wurde  Hrn.  Dr.  Körte 
nicht  erlaubt,  sie  genauer  zu  besichtigen  und  die  Inschriften  zu 
copiren.  —  Ueber  s'uöina  (su6ina),  das  schon  etwa  40mal 
auf  Bronzen  gefunden  worden  ist,  theils  mit  dem  Nominativ, 
theils  mit  dem  Genitiv  eines  Eigennamens,  s.  Corssen  I,  p. 
602  ff.,  und  berichtigend  meine  Etr.  Forsch.  I,  p.  52  ff. 

n.  XI)  Eine  Amphora  mit  schwarzen  Figuren,  bei  Man- 
cini,  auf  dem  Boden  eingekratzt  ar  ,  von  links  nach  rechts; 
wohl  Siglum  des  Vornamens  arnö,  vgl.  0.  Müller's  Etrusker 
P,  p.  447. 

Viterho. 

Fünf  cippi  mit  ebensoviel  Särgen  aus  Terracotta,  in  ei- 
nem Grabe  zusammen  gefunden.  Vier  der  Inschriften  sind 
etrukisch,  eine  lateinisch.  Das  Grab  ergiebt  sich  als  das  einer 
Familie  rufre  =  Rubrius. 

n.  XII)  nach  Körte's  Copie;  die  Buchstaben  sind  flach: 
rufres-l-r-1  |  XXXIUI 
Entweder  ist  hier  statt  1-r-  ohne  Punct  Ir  zu  lesen,  oder  statt 
r-1  das  Wort  ril  „Jahr".  Die  Analogie  spricht  für  Letzteres, 
da  bei  der  Zahl  des  Lebensalters  ril,  abgekürzt  r,  fast  nie 
fehlt,  es  sei  denn,  dass  avil(s)  oder  dgl.  dabei  steht.  Ferner 
ist  grade  in  dieser  Gruppe  von  Inschriften,  mit  r(il)  und  einer 
Jahreszahl,  die  Nachstellung  des  Vornamens,  auch  im  Siglum, 
üblich ,    z.  B. : 

37)  aleöna-  Ir  |  r-  XXXXIIII  (Fabr.  C.  L  n.  2063) 


106  W.  Deecke 

38)  aleOnei-  Oana-ril  VII  (id.  S.  Spl.  n.  96) 

39)  cumlnas-   larö-   velus-ril-    LXXXIII  III   (id.  C.  I. 
D.  2106) 

40)  cales  :  18  :  16  |  vala-ril  X  (ibid.  n.  2102) 

41)  vipenas  :  1  :  Ir  |  ril-  XXXXII  (id.  S.  Spl.  n.  121) 

42)  als'ina  a  s  r  XXX  (Corss.  1,  p.  285,    ohne  Angabe 
der  Interpunction) 

und  viele  andere;  vgl.  auch  unten  n.  XV.  Es  heisst  demnach 
n.  XII  „Larth  Rufre(s),  34  Jahre  (alt)/' 

n.  XIII)  nach  Abklatsch 

vel  •  rwfres |  larisal 
„Vele  Rufre(s),  Sohn  des  Laris" 
n.  XIV)  Desgl.;  nach  Körte's  Lesung: 
rufres  |  velöur  |  etrrs  :  1  :? 
Die  dritte  Zeile  ist  leider  undeutlich.     An  eters  l[autni],  als 
Umstellung  von  [lajutn  eters  (Fabr.  C.  I.  n.  1935  =  1988, 
vgl.  P.  Spl.  p.  109)  ist  nicht  zu  denken,    da  der  dritte  Buch- 
stabe kein   e   sein  kann.     Dagegen  scheint  mir  der  zweite  ein 
a  zu  sein,  und  überhaupt  die  Lesung  „larus"  am  wahrschein- 
lichsten ;    hinter   dem   1 :    scheint    mir   nichts    zu   fehlen.     Ich 
übersetze 

„Velthur  Rufre(s),  Freigelassener  des  Lar," 
wobei  1  für  lautni  steht,  vgl. 

43)  vel-  sapu-  au-  1  (Fabr.  P.  Spl.  n.  170,  b) 

„Vele  Sapu,  Freigelassener  des  Aule" 

44)  16  :  arntni  :  creice  :  veizial  ;  1  (Fabr.  C.  I.  n.  593) 
„Larth  Arntni,  der  Grieche,  Freigelassener  der  Veizia" 

u.  s.  w.,  vgl.  Beilage  II  zum  ersten  Bande  meiner  Neuausgabe 
von  0.  Müller's  Etruskern.  Ebendort  (p.  461 — 4)  findet  sich 
das  Nähere  über  den  Genitiv  larus  (laris,  s.  n.  VIII)  vom 
Vornamen  *lar,  im  Unterschiede  von  larisal  von  laris,  lar- 
6al  und  lar6is'  von  lar6. 

n.  XV)  Copie  von  Körte: 

lemni-rana  |  vil*  XXXV 
Sicherlich  ist  6ana  und  ril  zu  lesen,    mit  ganz  geringen  Aen- 
derungen;    aber    auch    im    Anfang    vermuthe   ich    remni,    da 
lemni  ein  sonst  unbekannter  Name,  ohne  Verwandtschaft  ist, 
dagegen  der  Namenstamm  remn-  dreimal  vorkommt: 

45)  remne  (Ziegel  von  Florenz:    Fabr.  C.  L  n.  204,    vgl. 
Gl.  I.  col.  1537). 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  107 

46)  6ana estnal*   remni  .  .   (Fabr.   S.   Spl. 

n.  126,  Aschenkiste  im  Louvre,  aus  Chiusi?).  Corssen  (II, 
p.  632)  ergänzt  [xvjestnal*  remni [s'];  ich  denke  eher  an 
[c] estnal,  da  der  Raum  für  den  fehlenden  Familiennamen  der 
Todten  sonst  etwas  klein  wird;  statt  remni [s']  könnte  man 
auch  remni[sa]  vermuthen. 

47)  lat.  etr.  remnia  anni  (Fabr.  C.  I.  n.  367,  Urnen- 
deckel von  Perugia)  d.  h.  „Remnia,  (Gattin)  des  Annius".  Auch 
die  ane  =  annius  sind  eine  grosse  etruskische  Familie,   vgl. 

0.  Müller  Etr.  I»,  p.  475  u.  480. 

n.  XVI)   Copie  und  Abklatsch   (leider  undeutlich),    in 
lateinischer  Schrift 

q  rubrius*  \  •  ( '  i  mogos  |  •  [a]nnos  LVI 
Das  t  ist  kaum  richtig;  allenfalls  könnte  man  It"  =  lartis 
vermuthen,  wie  etruskisch  oft  16*  vorkommt  (z.  B.  n.  40);  im 
Anfange  der  dritten  Zeile  fehlt  v  =  vixit.  Zu  mogos  als  ag- 
nomen  ist  zunächst  zu  vergleichen  der  in  n.  28  vorkom- 
mende gen.  masc.  mukis',  der  einen  nom.  *muke  =  lat.  *mo- 
gus  voraussetzt.  Abgeleitet  davon  ist  mucetis'  auf  einem  al- 
terthümlichen  cippus  von  Volterra: 

48)  -^a'suti'  I  "mucetis'*  i  cneunas'  |  lautunis'(Fabr. 
C.  I.  n.  348,  vgl.  Etr.  Forsch.  I,  p.  54,  n.  123) 

„Dies  ist  das  Grab  (oder  Besitzthum)  des  Mucete,  Freigelasse- 
nen des  Cneuna." 
Hier  haben  wir  den  oben  bereits  (bei  III)  erwähnten  Genitiv 
lautunis'  von  lautni,  mit  Vocaleinschub. —  Der  Namenstamm 
mogo  scheint  übrigens  gallisch,  wie  denn  der  eben  erwähnte 
*mucete  ein  Sclave,  also  möglicherweise  ein  Gallier  war. 
Es   findet  sich   nämlich  auf  der  grossen  genuesischen  Tafel  (C. 

1.  L.  I,  n.  199,  Z.  46)  der  Name  Mogo  Meticanio  Meticoni  f 
(es  ist  nom.),  und  daneben  in  einer  Inschrift  aus  Weissenburg 
in  Raetien  (Wilm.  Exx.  II,  n.  2867)  Mogetissae  Comatulli 
f  Boio,  sowie  ein  gallisches  fem.  Mogetilla  (Zeus  Celt.  Gram, 
p.  7672,  nach  den  Beitr.  z.  vergl.  Spr.  III,  353).  Verwandt 
scheint  auch  Apollini  Granno  Mogouno  (ibid.  p.  34^,  nach 
Orelli  2000)  und  deo  Mogonti  (ibid.  p.  8063,  brit.  Inschr., 
nach  Orelli  2026),  womit  vielleicht  wieder  der  Name  der 
Stadt  Moguntiacum  (auch  Magont-)  „Mainz"  zusammen- 
hängt, der   mit  dem  Moenus  „Main"  nichts  zu  thun  hat. 

Der  Name  der  Familie  selbst  nun,  rufre,  findet  sich  wie- 


108  W.  Deecke 

der  im  gen.  fem.  rufrias  (Urne  von  Perugia,  Fabr.  C.  I.  n. 
1211),  ferner,  mit  Epenthese  des  i  im  gen.  raasc.  (des  Gatten) 
ruifris  auf  der  berühmten  Bronzestatuette  des  Apollo,  unbe- 
kannter Herkunft,  in  Paris  (ibid.  n.  2613;  t.  XLIV,  vgl.  Cors- 
sen  I,  p.  626).  Dann  aber  glaube  ich  mit  Sicherheit  in  der 
perusinischen  Urneninschrift 

49)  caia  rusuria  acris  (Fabr.  C.  I.  n.  1729;  t.  XXXVII) 
rufvria  herstellen  zu  können:  das  v  ist  nämlich  ganz  deutlich 
und  die  Haken  des  s  so  stark  gekrümmt,  dass  sie  sich  leicht 
zu  f  ergänzen,  zumal  ein  Name  rusuria  oder  gar  rusvria 
sonst  unerhört  ist.  Die  Verstärkung  eines  f  durch  v  aber  findet  sich, 
wenigstens  in  der  umgekehrten  Form,  in  demselben  Stamme,  in 
rufv-  wiederholt  (Fabr.  P.  Spl.  p.  133).  Im  Umbrischen  er- 
scheint sowohl  ein  Adjectiv  rufro-  „roth",  als  der  gen.  masc. 
eines  Eigennamens  Rufrer  (t.  Eug.  VI,  a,  14).  Ebenso  führte 
ein  samnitisches  Castell  in  Campanien  den  Namen  Rufrae 
(Serv.  zu  Verg.  Aen.  VII,  739),  und  ein  anderer  dortiger  Ort 
(bei  Nola)  hiess  Rufri  Maceria  (Cato  r.  r.  135).  Im  Lande 
der  Hirpiner  aber  lag  eine  Stadt  Rufrium  (Liv.  VIII,  25). 
Auch  römisch  findet  sich  inschriftlich  häufig  eine  gens  Ru- 
bria  (Wilm.  Exx.  II,  p.  353,  2lmal),  die  seit  der  Zeit  der 
Gracchen  auch  eine  politische  Rolle  spielt  (lex  Rubria  122  a. 
Chr.  über  die  Wiederherstellung  Carthago's);  einmal  begegnet  in- 
schriftlich auch  Rufria  (Wilm.  Exx.  n.  1211).  —  Der  einfachere 
Stamm  kommt  etruskisch  in  den  Formen  rufe,  raufe,  rauhe, 
lat.  etr.  rufus,  ruphus  u.  s.  w.  nicht  selten  als  Beiname  vor, 
und  davon  sind  wieder  andere  Ableitungen  ruvfi,  ruvfni,  ruf- 
linal  u.  s.  w.  —  Dieser  ganze  Namenstamm  ist  zweifellos  ita- 
lisch und  gehörte  in  Etrurien  den  unterworfenen  Umbrern  an. 
n.  XVII)  Büste,  deren  Kopf  fehlt;  Hals  und  Gewandfal- 
ten sind  erhalten.     Auf  der  Rückseite  steht  nach  Körte's  Copie 

veltur-  larö 
Hier  ist  veltur  die  seltnere  Form  des  Vornamens  für  velOur; 
larO  ist  abgekürzt  aus  laröal,    wie   bei  Corssen  I,  p.  1009, 
vgl.   zu   Beidem  die  Beilage  II   zu   0.  Müller's  Etruskern  I^, 
p.  454  u.  462  ff. 

n.  XVIII)   Schale  mit  schlechtem  schwarzen  Firniss;    im 
Innern  nach  Körte 

vente 
Es   steht   dies   wohl  für  venete,   einen  häufigen  etruskischen 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  109 

Familiennamen  in  Perugia  (0.  Müller  Etr.  I\  p.  476),  Chiusi, 
Bomarzo,  auch  Beinamen  (Fabr.  C. I.  n.  1893).  Dieselbe  Syn- 
cope,  wie  vente,  zeigt  bisweilen  das  fem.  ventia  (ibid  n.  611, 
bis;  919,  bis),  sowie  die  Ableitungen  ventnei,  venOnei  u.  s. 
w.  —  Der  Name  bezeichnet  ursprünglich  wohl  einen  „Veneter", 
und  auch  römisch  findet  sich  Yenetus  als  Beiname  (Tacit. 
Ann.  XV,  58;   Wilm.  Exx.  n.  796  u.  2862). 

Castel  Musignano. 

Im  Garten  befindet  sich  eine  niedrige  Basis  von  nenfro 
auf  einer  Säule  (umgekehrt  aufgestellt);  ringsherum  läuft,  nach 
Körte,  die  Inschrift: 

n.  XIX)  tarnas*  larö*  larOal*  satial'  apa-  hels'- 
atrs' 

Das  a  fehlt  vielleicht  auf  dem  Stein;  wenigstens  hat  es 
Körte's  Abschrift  nicht;  doch  ist  sein  Ausfall  wegen  der  son- 
stigen sorgfältigen  Schreibung  nicht  wahrscheinlich,  und  einen 
weiteren  Irrthum  des  Abschreibers  werden  wir  unten  kennen 
lernen.  Unerhört  ist  sonst  die  Form  laröl  nicht,  vgl.  z.  B. 
Fabr.  P.  Spl.  n.  437  (Etr.  Forsch.  I,  p.  15,  n.  7;  Müller  Etr. 
P,  p.  462).  Der  Name  tarnas  findet  sich  wieder  auf  einem 
grossen  Sarkophag  von  Vulci,  also  aus  der  Nähe  und  offenbar 
derselben  Familie  angehörig,  und  zwar  als  gen.  masc.  tarnes 
und  nom.  fem.  tarnai  (Fabr.  C.  I.  n.  2327,  ter,  b,  vgl.  Mon. 
Ined.  VIII,  t.  XVIII).  Ich  habe  über  dies  ganze  Denkmal  und 
die  seltene  Genitivform  auf  -es  vom  Masculinum  auf  -a  in  den 
Etr.  Forsch.  I,  p.  26,  n.  47  gesprochen.  —  Ebenso  gehört  der 
Name  satial  (gen.  fem.)  einer  sehr  reichen  Familie  von  Vulci 
an,  denn  ihr  gehörte  das  berühmte  prachtvolle  Frangoisgrab 
mit  den  schönsten  bisher  gefundenen  Wandgemälden  Etruriens 
(Noel  d.  Verg.  III,  PI. XXI— XXX  ;  Garrucci  Tav.  fotogr.  delle 
pitture  Vulcenti).     Ueber  dem  Haupteingang  nämlich  steht: 

50)  lar-  saties-  laröial*  velsairs'  (Fabr.  C.  I.  n.  2167), 
und  drinnen  ist  ein  vornehmer  Mann  im  Triumphatorenkleide 
neben  seinem  mit  einem  Vogel  spielenden  Knaben  (arnza)  ab- 
gebildet, mit  der  Beischrift 

51)  vel-  saties  (ibid.  n.  2166;  t.  XL). 

Ferner  trägt  die  Leiste  eines  Grabhäuschens  aus  Vulci  im 
Vaticanischen  Museum  die  bisher  noch  nicht  richtig  gelesene 
Inschrift 


110  W.  Deecke 

52)  eca  :  iu6i  :  herins  :  saties  :  mancas  (Fabr.  C.  I. 
n.  2181;  t.  XLI,  wo  zwei  verschiedene  Lesungen;  vgl.  Corssen 
I,  p.  591,  der  herins  erkannt  hat,  aber  irrig  satils  liest). 
Hier  ist  (an  einziger  Stelle)  der  oskische  Vorname  Heren- 
nius  (heirens,  Enderis  Osk.  Form.  n.  XLII,  7)  ins  Etruski- 
sche  herübergenommen,  was  innige  Beziehungen  der  satie  zu 
angesehenen  samnitischen  oder  carapanischen  Familien  verrau- 
then  lässt.  In  mancas  sehe  ich  nicht  einen  Mutternamen, 
sondern  Beinamen  (vgl.  lat.  Mancia,  Mancinus),  so  dass 
das  Ganze  heisst: 

„Dies  ist  das  Grab  (oder  Besitzthum)  des  Herine  Satie  Manca." 
Möglicher  Weise  stecken  die  beiden  Namen  tarna  und  satie 
auch  in  einer  arg  verstümmelten  Inschrift  von  Toscanella  bei 
Fabr.  C.  I.  n.  2131=2182;  t.  XLI,  noch  von  Corssen  (I,  p. 
591)  für  verschieden  gehalten,  der  einmal  am  Schlüsse  tar[xna]s 
[l]artiu  liest,  einmal  tar[sa]l[u]s  sacniu,  vgl.  Etr.  Forsch. 
I,  p.  54,  n.  121.     Ich  wäre  geneigt  zu  lesen: 

53)  eca*  s'uöi*  larfJal  :  tar[na]s'  saiial 

so  dass  die  Inschrift  zu  n.  XIX  in  der  engsten  Beziehung  stehn 
würde.  —  Im  übrigen  Etrurien  findet  sich  diese  Familie  nicht 
—  denn  sati  Fabr.  C.  I.  n.  967  aus  Chianciano  ist  Verstümm- 
lung von  seanti,  *seati  (vgl.  seate)  —  wohl  aber  ist  die 
Weiterbildung  satna,  auch  sa6na,  in  Perugia,  Chiusi,  Chian- 
ciano und  anderwärts  verbreitet.  Römisch  erscheint  ein  L.  Sat- 
tius  auf  einer  Inschrift  von  Cirta  (Wilm.  Exx.  n.  2384), 

Der  Beiname  apa  findet  sich  wieder  auf  einer  Nischen- 
platte aus  dem  wundersamen  Steingrabe  von  Cortona,  Tan e IIa 
di  Pitagora  genannt  (Fabr.  C.  I.  n.  1040),  und  es  sind_^von 
ihm  eine  Reihe  FamiUennamen  abgeleitet,  wie  apia  (s,  oben  n. 
IX),  apeina,  apatrui,  apaiatru  u.  s.  w. 

Vergleichen  wir  endlich  die  beiden  letzten  Wörter  hels'* 
atrs'  mit  n.  50,  so  ist  statt  ihrer  wohl  sicher  vels'airs'  zu  le- 
sen. Dies  hat  Corssen  (I,  p.  333  u.  sonst)  als  *velciarius 
erklärt  =  „Einwohner  von  Vulci",  was  ich  aus  mehreren,  im 
zweiten  Hefte  der  „Etruskischen  Forschungen"  p.  100  ff.  entwickel- 
ten Gründen  für  bedenklich  halte;  doch  gestehe  ich,  dass  diese 
neue  Inschrift,  die  einem  tarnas  diesen  Beinamen  giebt,  also 
einem  Manne  aus  einer  sicher  vulcientischen  Familie,  seiner 
Ansicht  eine  mächtige  Stütze  leiht. 

Die  ganze  Inschrift  bedeutet  also: 


Neugefundene  etruskische  Inschriften.  111 

„Larth  Tarna(s)  Apa,   aus  Vulci  (?),    Sohn  des  Larth  und  der 

Satia." 
Der  doppelte  Beiname  stimmt  genau  zu  der  ältesten  römisch- 
patricischen  Naraengebung. 

W.  Deecke. 


Zur  lehre  vom  dativ. 

Delbrück  hat  als  grundbedeutung  des  vedischen  dativs  „die 
neigung  nach  etwas  hin"  aufgestellt  (K.  Z.  18,  82.  cf.  20,  223). 
Danach  gilt  ihm  der  sogenannte  dativus  terminativus  als  der 
älteste.  Dieselbe  ansieht  hatte  schon  lange  vor  ihm  Bollensen 
zur  Urva9i  p.  136  f.  ausgesprochen,  der  p.  137  mit  recht  be- 
merkt, dass  dieser  gebrauch  des  dativs  im  ganzen  selten  bleibe, 
obwohl  er  der  ursprüngliche  sei.  Auch  Hattala  hatte  sich  schon 
früher  zu  dieser  meinung  bekannt  (cf.  August  Schleicher  und 
die  slavischen  Consonantengruppen  Prag  1869  p.  57).  Neuer- 
dings hat  Hübschmann  die  frage  nach  der  grundbedeutung  des 
dativs  wieder  angeregt  und  sie  in  anderem  sinne  als  Delbrück 
entschieden.  Nach  Hübschmann  (Zur  Casuslehre,  München  1875 
p.  214)  ist  der  dativ  nicht  der  „wohincasus",  sondern  der  ca- 
sus des  betheiligten  gegenständes,  des  gegenständes,  dem  die 
aussage  gilt.  Indess  Hübschmann  ist  von  der  richtigkeit  dieser 
ansieht  offenbar  selbst  nicht  sehr  überzeugt,  wie  sich  aus  ver- 
schiedenen stellen  seines  buches  ergibt,  z.  b.  p.  128.  136  f. 
213  f.  Dass  die  indogermanische  Ursprache  keinen  besonderen 
casus  zur  bezeichnung  des  „wohin"  besessen  haben  sollte,  ist 
an  und  für  sich  schon  sehr  wenig  glaublich,  und  Hübschmann's 
annähme,  dass  der  dativ  bei  verben  des  gehens  und  der  beweg- 
ung  angeben  soll,  wem  das  gehen  gilt  (p.  221),  ist  für  die 
mehrzahl  der  fälle  nur  durch  die  gezwungenste  erklärung  halt- 
bar, namentlich  in  beispielen  in  denen  der  dativ  zu  verben 
tritt,  die  nicht  mit  einer  praeposition  verbunden  sind,  wie  Raghu- 
vamga  12,  7:  vanaya  gaccha  „geh  in  den  wald".  Im  fol- 
genden gebe  ich  einige  ergänzungen  zu  Hübschmann's  buche 
und  Delbrück's  abhandlung  über  den  dativ.  Hübschmann  hat 
bei  seiner  darstellung  von  Pänini's  casuslehre  (p.  143  f.)  ein 
sütram  ganz  übersehen,  das  allerdings  in  der  Laghukaumudi 
nicht  steht,    für  den  gebrauch  des  dativs  aber  eines  der  wich- 


112  E.  Pischel 

tigsten  ist:  Pänini  II,  3,  12:  gatyarthakarmani  dvitiyä- 
caturthyau  ceshtäyäm  anadhvani.  Orterer:  Beiträge  zur 
vergleichenden  Casuslehre  des  Zend  und  Sanskrit,  München  1873 
p.  29  übersetzt  dies:  „Beim  object  der  wörter,  welche  „gehen" 
bedeuten,  steht  der  zweite  (acc.)  oder  vierte  casus  (dativ)  bei 
der  bewegung,  nicht  aber  beim  wege."  Diese  Übersetzung  ist 
aber  ungenau;  Pänini's  worte  besagen  nur:  „Das  object  von 
verben,  welche  „gehen"  bedeuten,  tritt  in  den  accusativ  oder 
dativ  bei  einer  bewegung,  mit  ausnähme  von  adhvan  d.  h. 
ausser  wenn  das  wort  adhvan  (weg)  object  ist.  Wie  von  Or- 
terer ist  das  sütram  im  Kätantram  II,  4,  24  gefasst  worden. 
Der  commentar  sagt  dort:  anadhvaniti  kim  |  adhväuam  gacchati  | 
panthänam  gacchati  |  panthänam  vrajati  |  mukhyo  s  tradhva 
grhyate  |  d.  h.  also:  das  wort  adhvan  steht  hier  als  repräsen- 
tant  (mukhyo)  aller  „weg"  bedeutenden  worte.  Anderer  an- 
sieht war  aber  Kätyäyana.  Er  sagte  in  bezug  auf  Pänini's  re- 
gel  (Mahäbhashyam  II,  fol.  381») :  ||  adhvany  arthagrahanam  \\ 
Pataiijali:  adhvany  arthagrahanam  kartavyam  |  iha  ma  bhüt  \ 
panthänam  gacchati  |  vivadham  gacchatiti  |  Pänini  hätte  in  der 
regel  sagen  sollen:  „mit  ausnähme  von  adhvan  und  seiner  Syn- 
onyma; denn  der  dativ  darf  auch  nicht  gesetzt  werden  bei 
Wörtern  wie  pathin  und  vivadha,  den  synonymis  von  adhvan. 
cf.  Kaiyata :  |  adhvany  arthagrahanam  iti  |  tenädhvaparyäyebhyo 
^  pi  caturthipratishedho  bhavishyati.  |  In  der  von  Kätyäyana 
geforderten,  im  Kätantram  adoptirten,  weise  ist  die  regel  auch 
in  der  Siddhäntakaumudi  P,  283  und  bei  Vopadeva  V,  19  ver- 
standen. Kätyäyana  fand  an  Pänini's  regel  noch  mehr  auszu- 
setzen; hier  kommt  noch  sein  zweites  värttikam  in  betracht:  1| 
ästhitapratishedhaQ  ca  H  Pataüjali :  ästhitapratishedhag  cäyam 
vaktavyah  ]  yo  hy  utpathena  panthänam  gacchati  pathe  gaccha- 
tity  eva  tatra  bhavitavyam  |  Kaiyata:  ästhitapratishedha  iti  | 
ästhita  äkräntah  san  yadä  panthä  gamyate  tadänadhvaniti  pra- 
tishedhah  |  yadä  tütpathena  panthä  äkramitum  ishyate  tadä 
bhavaty  eva  caturthi  |  Pänini  hätte  sagen  sollen:  „ausser  bei 
einem  wirklich  betretenen  wege" ;  denn  wenn  man  (bildlich) 
sagt:  „er  geht  von  einem  abwege  auf  den  (rechten)  weg",  so 
kann  auch  der  dativ  stehen,  cf.  auch  Siddhäntakaumudi  P, 
283.  Im  Shatkärakapraticchandakam  wird  gelehrt :  yatra  gam- 
yate tatra  dvitiyäcaturthyau  bhavatah  [  tad  yathä  |  nagaram 
yäti  sädhuh  |  nagaräya  yäti  sädhuh  |  (Catalog  der  Berliner  Sans- 


Zur  lehre  vom  dativ.  113 

krithandschriften  n.  762  p.  217).  Den  indischen  gramraatikern 
gilt  also  der  dativ  als  terminativus  keineswegs  als  ausnähme, 
sondern  durchaus  als  regel.  Auch  das  klassische  Sanskrit,  des- 
sen werth  für  die  syntax  Hübschmann  (p.  VI)  sehr  erheblich 
zu  unterschätzen  scheint,  kennt  die  construction  der  verba  der 
bewegung  mit  dem  dativ  sehr  wohl,  wie  die  von  Bollensen  1.  c. 
p.  137  und  von  mir:  de  Kälidäsae  (Jäkuntali  recensionibus 
Breslau  1870  p.  58  gemachten  Sammlungen  beweisen.  In  allen 
diesen  beispielen  des  reinen  terminativus  findet  sich  nur  der 
dativ  des  Singulars  und  zwar  vorwiegend  nur  von  der  a-decli- 
nation,  so  vanäya,  grhaya,  nilayäya,  analäya,  svar- 
gäya,  nagaräya;  nur  RaghuvarpQa  12,  95  gatrave,  15,  21 
tasmai  und  Kumärasambhava  6,  1  vi^vätmane.  In  der  be- 
schränkung  auf  den  dativ  singularis  der  a-declination  hat  sich 
nun  der  dativus  terminativus  in  einem  Sprachgebiete  erhalten, 
das  weder  in  der  formenlehre  noch  in  der  syntax  bisher  die 
beachtung  gefunden  hat,  die  es  in  reichstem  maasse  verdient: 
im  Pali  und  Präkrit.  Den  dativ  im  Päli  hat  Ernst  Kuhn :  Bei- 
träge zur  Paligraramatik  Berlin  1875  p.  70  f.  genügend  behan- 
delt. Unter  den  von  ihm  angeführten  beispielen  enthalten  nur 
zwei  reine  terminative:  Dhammapadam  v.  174:  sakunto  jala- 
mutto  va  appo  saggäya  gacchati:  „wenige  gehen  zum  himmel 
wie  ein  vom  netz  befreiter  vogel",  und  ibid.  v.  311:  sämaniiara 
dupparamattham  nirayäya  upakaddhati:  „schlecht  ausgeübtes 
asketenthum  bringt  zur  hölle".  Beide  beispiele  stehen  in  ver- 
sen ;  wo  der  dativ  sich  sonst  findet,  ist  er  stets  finalis,  worüber 
später.  Was  das  Präkrit  anlangt,  so  lehrt  Vararuci  VI,  64: 
caturthyäh  shashthi:  „für  den  dativ  tritt  der  genetiv  ein*'. 
Wie  überall,  so  ist  auch  hier  Heraacandra  genauer.  Er  lehrt 
III,  131  zwar  dasselbe  wie  Vararuci,  schränkt  aber  die  regel 
durch  das  folgende  sütram  III,  132  sofort  ein :  ||  tädarthyaiier 
vä  II  :  „wenn  der  dativ  einen  zweck  ausdrückt,  kann  er  stehen 
bleiben,  oder  der  genetit  dafür  eintreten,  jedoch  nur  beim  da- 
tiv singularis".  Mit  ihm  stimmt  Trivikrama  II,  3,  37  überein. 
Beide  grammatiker  hätten  die  regel  auf  den  terminativ  ausdeh- 
nen und  auf  die  a-declination  einschränken  können.  Ich  habe 
sämmtliche  bisher  nachweisbare  dative  im  Präkrit  in  der  an- 
merkung  zu  Hemacandra  III,  132  gesammelt,  kann  dort  meine 
ansieht  darüber  aber  nur  andeuten,  weshalb  ich  sie  hier  näher 
begründen  will.     Es  scheint  mir  dies  um  so  nöthiger,  als  kürz- 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  1.  Q 


114  E.  Pischel 

lieh  Weber,  auf  gänzlich  ungenügendes  material  gestützt,  es 
unternommen  hat,  den  dativ  im  weitesten  umfange  in  das  dra- 
menpräkrit  der  prosa,  die  (j!auraseni,  einzuführen  (Indische  Stu- 
dien XIV,  p.  290  ff.)  *).  Zunächst  müssen  wir  festhalten,  dass 
Hemacandra  die  regel  nur  für  die  Mähäräshtri  d.  h.  das  in 
Versen  gebrauchte  Prakrit  gibt,  das  in  den  dramen  sich  nur  in 
den  gäthäs  findet.  Hier  erscheint  nun  der  dativ  an  zwei  stel- 
len: ßalaramäyana  156,  14  und  Karpüramanjari  27,  14.  Am 
wichtigsten  und  interessantesten  ist  die  stelle  aus  dem  Bälarä- 
mäyana:  rame  vanäa  calide  pidusasanena  (lies:  calie 
und  piu°)  „als  Räma  auf  geheiss  des  vaters  nach  dem  walde 
gegangen  war".  Dies  ist  das  einzige  beispiel,  wo  ich  den  dativ 
noch  als  reinen  terminativus  im  Prakrit  gefunden  habe.  In  der 
Karpüramanjari  27,  14  steht  er  final:  nhänäa  mukkabha- 
ranoccaäe.  Die  lesart  ist  hier  aber  nicht  gesichert.  Meine 
handschrift,  sowie  der  in  meinem  besitze  befindliche  commentar, 
die  ich  beide  Dr.  Burnell  verdanke,  lesen:  nhänävamukkäbha- 
ranujjalae  (die  handschrift:  ^muttä°).  Diese  stelle  fällt  also 
vorläufig  aus.  Wenden  wir  uns  nun  zur  ^auraseni,  so  erscheint 
in  den  ältesten  und  kritisch  herausgegebenen  dramen  —  von  der 
^akuntalä  sehe  ich  zunächst  ab  —  der  dativ  als  finalis  nur  an 

*)  Mit  welcher  Sorgfalt  und  sachkenntniss  der  artikel  geschrieben 
ist,  aeigt  schon,  dass  W.  nicht  einmal  die  regel  Hemacandra's  beibringt. 
Ferner  heisst  es  p.  248:  ,,Heraac.  3,  96  kennt  zwar  tuvatto,  aber  nicht 
tatto".  In  dem  vollständig  richtig  citirten  sütram  wird  nun  tatto 
nicht  bloss  von  H.  erwähnt,  sondern  H.  macht  noch  ganz  ausdrücklich 
eine  besondere  bemerkung  darüber :  tatto  iti  tu  tvatta  ity  asya  valope 
sati.  Ferner  p.  263  soll  bewiesen  werden,  dass  sich  in  bezug  auf  den 
nominativ  pluralis  in  -äo  der  feminina  auf  -ä  die  texte  der  bengal.  und 
Devanägari  recension  der  ^ak.  „völlig  die  waage  halten".  Dass  die  for- 
men käo  in  der  Qak.  und  Mälavikä,  ferner  gadäo  in  der  ^ak.  39,  12 
(ed.  Böhtlingk),  savväo  86,  5  aggahidatthäo  p.  78,  17  in  keiner 
Devanägari-handschrift  stehen,  sondern  lediglich  auf  correctu- 
ren  Tullberg's  und  Böhtlingk's  beruhen,  wird  in  den  kritischen 
arimerkungen  von  beiden  herausgebern  ganz  klar  und  deutlich  angege- 
ben, von  W.  aber  natürlich  nicht  beachtet.  Ferner  p.  266  f.  „Der  den- 
tale anlaut  von  sattavanna  liegt  ausser  D  (sie)  auch  in  nS  vor,  der  pa- 
latale  (chatta")  entspricht  allerdings  der  regel  des  Hern.  1,  265,  doch 
heisst  nach  Hern.  1,49  das  wort  dann  chattivanna."  Nun  lehrt  Hemac. 
I,  49  ganz  klar  und  unzweifelhaft,  dass  die  Verwandlung  des  a  in  i  zu- 
weilen (vä)  eintrete,  (eintreten  könne),  und  er  führt  ausdrücklich  an  eben 
dieser,  von  W.  citirten  stelle,  sowohl  chattivanno  als  chattavanno  an. 
Mit  derselben  Sorgfalt  und  sachkenntniss  ist  der  ganze  artikel  geschrieben. 


Zur  lehre  vom  dativ.  115 

einer  einzigen  stelle :  Urvagi  6,  20 :  tarn  jevva  vibudhavijaäa 
senämuhe  nioedi  „ihn  gerade  stellt  er  an  die  spitze  des  heeres 
zum  siege  der  götter"  (i.  e.  damit  die  götter  siegen).  So  lesen 
hier  alle   handschriften   und   die  Calcuttaer   ausgäbe  (1830)  p. 

5,  3,  während  die  dravidische  recension  p.  620,  2  ff.  meiner 
ausgäbe  die  stelle  anders  wendet.  Ist  nun  der  dativ  hier  rich- 
tig? Die  frage  scheint  mir  nur  dadurch  entschieden  werden 
zu  können,  dass  wir  nachforschen,  welcher  construction  sich 
das  Prakrit  an  ähnlichen  stellen  sonst  bedient.  Es  liegt  in  der 
natur  der  sache,  dass  beispiele  nicht  gerade  häufig  sein  wer- 
den. Urvagi  80,  17:  phuUasamidhakusanimittam  gadena  .  .  . 
„durch  ihn  der  nach  blumen  brennholz  und  gras  gegangen  war" 
i.  e.  um  sie  zu  holen,  nimittarn  steht  hier  in  allen  handschrif- 
ten und  der  Calcuttaer  ausgäbe;  die  dravidische  recension  hat 
p.  663,  20  das  gleichbedeutende  attham.  Urvagi  84,  6:  jä- 
dametto  jjeva  vijjägamanimittam  .  .  .  eso  puttao  ajjäe  Saccava- 
die  hatthe  appanä  nikkhitto;  „der  söhn  hier  wurde  gleich  nach 
der  geburt  von  mir  der  ehrwürdigen  Satyavati  übergeben  zur 
erlernung  der  Wissenschaften"  i.  e.  um  die  Wissenschaft  zu  lernen. 
Es  steht  hier  die  Umschreibung  mit  nimittarn  ebenfalls  in  al- 
len handschriften  und  der  Calcuttaer  ausgäbe ,  die  ciraälasam- 
gamanimittam  lesen;  die  dravidische  recension  liest  p.  666,  20 
wie  Bollensen,  der  dem  scholiasten  gefolgt  war.     Mrcchakatikä, 

6,  9  avasanimittam  idha  äacchämi;  „ich  komme  hierher  um 
(hier)  zu  wohnen".  Mrcch.  16,  5:  mama  abbhuvavattinimittam 
via  avavudam  pakkhaduäraam;  „die  seitenthür  ist  geöffnet  wor- 
den gleichsam  mir  zu  gefallen".  Mrcch.  69,  16:  imäim  däva 
kulaüttajanovavesananimittara  viraidäim  äsanaim ;  „diese  sitze 
sind  zurecht  gemacht,  damit  sich  vornehme  junge  männer  dar- 
auf setzen".  Es  steht  also  auch  hier  überall  die  Umschreibung 
mit  nimittarn,  nie  der  dativ.  Im  Apabhramga  wird  in  der 
Mrcchakatikä  zwischen  vers  und  prosa  ein  unterschied  gemacht, 
wie  er  in  bezug  auf  den  dativ  zwischen  Mäharäshtri  und  ^au- 
raseni  herrscht.  Mrcch.  p.  133,  4  steht  im  verse  der  dativ : 
cäludattavinägäa  kalemi  kavadam  navam;  „zum  verderben  des 
Cärudatta  sinne  ich  eine  neue  list  aus",  in  prosa  aber  steht 
nimittarn:  Mrcch.  116,  19  attano  vinodananimittam  kini  pi 
gäi^Qam ;  „zu  meinem  vergnügen  werde  ich  etwas  singen"  und 
Mrcch.  127,  6  edag^a  vaiicanänimittam  evvam  däva  kalai^^am ; 
„um  ihn  zu  betrügen,  werde  ich  so  handeln".     Anders  gestaltet 


116  E.  Pischel 

sich  die  sache,  sobald  wir  uns  zu  der  anerkannt  unechten  scene 
wenden,  die  Nilakantha  nach  p.  177,  3  eingeschoben  hat.  Hier 
finden  wir,  bei  Stenzler  p.  327,  4,  in  der  Calcuttaer  ausgäbe 
qak.  1792  p.  381,  8,  den  dativ  tilodaadanaa.  Dies  wird  von 
vornherein  gegen  den  dativ  bedenken  erregen.  Ausser  den  schon 
von  Lassen:  Institutiones  Präcriticae  p,  299  beigebrachten  bei- 
spielen  für  den  dativ  im  Präkrit  der  prosa,  habe  ich  in  der 
anmerkung  zu  Hemacandra  III,  132  noch  folgende  gesammelt: 
Karpüramaiijari  23,  10*  suhäa  devassa  bhodu  sarahisamärambho. 
BurneU's  MS.  hat  hier:  suhäa  de  surabhisamärambho  (MS. 
sara°)  bhodu;  der  commentator  liest  ebenso,  hat  aber  nur  die 
Sanskritübersetzung.  Gegen  ende  des  dramas  kehrt  suhäa  hodu 
noch  einmal  wieder;  52,  5*  tissä  däva  parikkhanäa  nihido 
hatto  (lies:  hattho).  BurneU's  MS.  liest:  tissä  dähaparikhkhinäa 
nihido  haththo;  der  commentator  hat:  tasyä  dähaparixanäya 
nihito  hastas.  Vrshabhänujä  12,  1^  jam  ruccai  piavaassäa;  55, 
29b  asusamrakkhanäa  tarn  vi  (lies  pi)  älihia,  und  8,  24**  vana- 
rakkhäe  gacchamha  ist  ebenfalls  der  dativ  gemeint.  Alle  diese 
beispiele  stammen  aus  verhältnissmässig  jungen  und  unkritisch 
herausgegebenen  dramen.  Ich  könnte  ihnen  eine  grosse  zahl 
stellen  entgegensetzen,  in  denen  nimittam  oder  attham  steht 
z.  b.  Viddhagälabhanjikä  151,  7»  ra'idä  a  mae  tuhävatthänive- 
danattham  .  .  .  duve  siloä;  diese  stelle  stammt  also  aus  einem 
drama  des  Räja9ekhara,  aus  dessen  Karpüramaiijari  ich  eben 
mehrfach  den  dativ  anführen  konnte.  Räjagekhara  lebte,  wie 
das  citat  bei  Hemacandra  I,  166  beweist,  jedenfalls  vor  Hema- 
candra. Mälatimädhavam  43,  15  devadärähananimittam  .  .  . 
änaissadi;  83,  9  kallänasampattinimittam  devadäo  püjehi  u.  s.  w. 
u.  s.  w. ;  alle  diese  beispiele  stammen  aber  ebenfalls  aus  unkritischen 
ausgaben  und  sind  daher  ohne  beweiskraft.  Eine  stelle  kann 
indess  noch  als  beweisend  herangezogen  werden.  Mälatimädha- 
vam 10,  14:  tae  vi  ukkanthävinodanimittam  mähavapaclicchan- 
daam  älihidam  „von  ihr  wurde  zur  Vertreibung  der  Sehnsucht 
Mädhava's  bild  gemalt".  Hier  haben  auch  alle  von  Lassen  zur 
herausgäbe  des  ersten  aktes  des  Mälatimädhavam  (Bonn  1832) 
benatzten  handschriften  ohne  ausnähme  nimittam  (p.  10,  4). 
Von  9  stellen,  die  sich  in  kritischen  ausgaben  im  Präkrit  in 
der  prosa  finden,  haben  also  8  nimittam,  nur  eine  den  dativ 
in  der  ^auraseni.  Es  wird  also  die  eine  stelle  (Urv.  6,  20) 
unrichtig  sein,   nicht  aber   die  acht  andern.     Wenden  wir  uns 


Zur  lehre  vom  dativ.  117 

nun  zu  der  Qakuntalä,  die  die  meisten  Schwierigkeiten  bereitet, 
weil  die  Interpolationen  und  willkürlichen  textveränderungen 
hier  weniger  handgreiflich  sind,  als  z.  b.  bei  der  Urva^i.  In 
der  Devanägarirecension  (ed.  Böhtlingk)  lesen  wir  p.  40,  18: 
asamsaam  mama  sariravuttantovalambhäa  ajjä  Godami  ido  evva 
äacchadi  „ohne  zweifei  kommt  die  ehrwürdige  Gautami  hierher, 
um  sich  nach  meinem  befinden  zu  erkundigen".  Böhtlingk  will 
p.  203  uvalambhassa  schreiben  und  so  verschlimmbessern 
Monier  Williams  p.  129  und  Burkhard  p.  79.  Auch  die  drä- 
vidischen  MSS.  haben  sämmtlich  den  dativ;  die  bengalischen 
dagegen  lesen  sämmtlich  nimittam  p.  67,  2  meiner  ausgäbe. 
Ebenso  ist  das  verhältniss  p.  41,  9.  Hier  lesen  alle  Devanagari 
und  dravidischen  MSS.  paribhoaa,  alle  bengalischen  p.  68,2 
meiner  ausgäbe  paribhoattham,  Chezy  paritosattham; 
Böhtlingk  p.  204  wünscht  den  genetiv  und  Williams  p.  130 
und  Burkhard  p.  81  haben  ihn  im  texte.  In  der  Mägadhi  steht 
p.  74,  8  vikkaäa  damgaante  und  auch  alle  dravidischen 
MSS.  haben  den  dativ;  Böhtlingk  p.  245  ist  auch  hier  geneigt 
den  genetiv  zu  verbessern,  den  auch  Burkhard  p.  146  wirklich 
aufgenommen  hat,  während  W^illiams  p.  220  hier  den  dativ  bei- 
behält. Die  bengalischen  MSS.  haben  p.  114,  11  auch  hier  alle 
attham  :  vikkaattham;  cf.  auch  27,  7.  Es  zeigt  sich  also  auch 
hier  wesentlich  dieselbe  erscheinung,  die  ich  schon  früher  (Bei- 
träge zur  vergleichenden  Sprachforschung  bd.  VIII,  p.  139)  zu  be- 
tonen gelegenheit  hatte,  dass  die  bengalische  recension  der  ^a- 
kuntalä  mit  der  Mrcchakatika  und  Urvagi  in  völligem  einklang 
steht,  während  die  beiden  andern  recensionen  von  diesen  dra- 
men  abweichen.  Dass  der  dativ  hier  das  spätere  und  unrich- 
tige ist,  zeigt  namentlich  p.  43,  14.  Hier  haben  die  Devana- 
gari- und  dravidischen  MSS.  den  dativ  gunavade,  den  auch 
W^illiams  p.  135  beibehält,  während  Burkhard  p.  84  den  gene- 
tiv corrigirt.  Dass  der  dativ  hier  grundfalsch  und  lediglich 
eine  Sanskritisirung  ist,  bedarf  kaum  des  beweises.  Er  steht 
hier  weder  als  terminativ  noch  als  finahs,  die  einzigen  fälle,  in 
denen  seine  zulässigkeit  im  Präkrit  überhaupt  möglich  sein 
könnte;  die  bengalischen  handschriften  p.  71,  3  haben  daher 
vollkommen  richtig  den  genetiv:  varassa  anurüvassa.  Da- 
gegen sind  Böhtlingk  und  seine  nachf olger  sehr  im  irrthum, 
wenn  sie  auch  an  den  3  übrigen  stellen  den  genetiv  corrigiren 
wollen ;  für  den  dativus  terminativus  und  finalis  ist  der  genetiv 


118  R.  Pischel 

seiner  natur  nach  nicht  geeignet  als  ersatz  einzutreten,  mag 
ihn  Hemac.  auch  zulassen  ;  die  stelle  des  terminativs  hat  im 
Prakrit  der  prosa  der  accusativ  und  locativ,  die  des  finalis 
die  Umschreibung  mit  attham  und  nimittam  übernommen. 
Zweifelhaft  kann  man  über  die  zulässigkeit  des  dativs  in  der 
solennen  grussformel  sotthi  bhode  oder  bhavade  sein,  die 
sich  mehrfach  in  der  Mrcch.  und  Urva^i  findet.  Der  dativ 
könnte  sich  hier  leicht  erhalten  haben ,  aber  ebenso  nahe 
liegt  die  annähme,  dass  die  abschreiber  ihn  gerade  hier  aus 
dem  Sanskrit  übernommen  haben.  Ich  neige  mich  zu  der 
letzteren  ansieht.  Noch  sind  zwei  beispiele  aus  der  Malavika 
zu  besprechen.  p.  60,  11  liest  Tullberg:  niccadakkhinäma- 
siäa,  Shankar  P.  Pandit  aber  (p.  90,  2)  niccadakhkhinä  mä- 
sia ;  die  bengalische  handschrift  liest  daxinäsamae,die  Te- 
luguhandschrift  T  hat  verstümmelt  nur  nitta  (sie),  Käta- 
yavema  liest  niccadakkhinä  mälaviä  und  übersetzt  nityadaxi- 
nä  malavika,  Shankar  P.  Pandit's  Teluguhandschrift  (p.  155) 
dakhkhinanikkani.  Man  mag  danach  beurtheilen,  ob  Weber 
recht  daran  gethan  hat,  die  form  masiaa  unbedenklich  gegen 
die  bengal.  recension  der  ^akuntala  in  die  schranken  zu  füh- 
ren; vermuthlich  hält  er  seine  conjectur  in  seiner  Übersetzung 
der  Malavika  p.  102  note  123  niccadakkhinam  masiaa,  die  ihm 
selbst  früher  nicht  klar  war,  jetzt  für  unumstösslich  richtig, 
was  zu  meinem  bedauern  die  obige  Zusammenstellung  der  Va- 
rianten nicht  gerade  übermässig  bestätigen  dürfte.  Die  stelle 
ist  verderbt  und  kommt  gar  nicht  in  betracht.  Anders  steht 
es  mit  °lähaa  Malar.  29,  18.  Hier  lesen  alle  Dev.  und  drä- 
vid.  handschriften  lahäa,  die  bengalische  handschrift  D  aber 
°lahattham.  Auch  hier  stimmt  also  die  bengalische  hand- 
schrift mit  der  Mrcchakatika  ganz  überein.  Nach  dieser  dar- 
legung  der  thatsachen  muss  ich  es  andern  überlassen  zu  beur- 
theilen, ob  die  Umschreibung  mit  attham  „so  recht  die  scho- 
liasten-erklärung  für  den  dativ"  sei  und  ob  der  dativ  „in  den 
ältesten  draraen,  in  der  Mrcchakatika  und  bei  Kälidasa  eben", 
eine  besondere  alterthümlichkeit  sei,  in  „späteren  stücken,  wie 
z.  b.  gerade  auch  bei  dem  dänäya  im  letzten  akt  der  Mrccb. 
eine  dergl.  dativform  eine  unbewusste"  (natürlich:  unbewusst, 
nicht  etwa  eine  fälschung !)  „moderne  Sanskritisirung  von  sel- 
ten der  Verfasser  oder  abschreiber"  sei.  Einmal  soll  also  der 
dativ  ein  „wirklich  berechtigter  alter  rest"  sein,  das  andere  mal 


Zur  lehre  vom  dativ.  119 

derselbe  dativ  „eine  nnbewusste  moderne  Sanskritisirung".     Was 
ist  er  in  der  Karpüramanjari  und  in  der  Vrshabhänujä  ?     Wie 
kommt  es  dass  nur  die  „scholiastenerklärung"  mit  nimittam, 
der  dativus finalis  nie,  sich  in  der  prosa  der  Mrcchakatikä  findet? 
Wenn   also   der  dativ   als  terminativus    und   finalis  in  der 
prosa  sich  im  Präkrit  nicht  mit  Sicherheit  nachweisen  lässt,  so 
bleibt  trotzdem  die  regel  des  Hemacandra  ganz   unangefochten, 
wie  ich  ja   in   der  that   einen  reinen  terminativ  nachgewiesen 
habe.     Auch   mir  gilt  der  dativ  als  eine  alterthümlichkeit ,    wo 
er  in  versen  erscheint,  wie  sich  ja  gerade  in  versen  bekanntlich 
oft  alterthümlichkeiten  erhalten  haben,  die  in  der  prosa  verlo- 
ren gegangen  sind.     Man  denke   nur   an  den  ganz  erheblichen 
unterschied   zwischen   dem   Pali  der  prosa  und  der  verse !    Ich 
glaube  also,  dass  der  dativ  im  Präkrit  und  Pali,  wo  er  sich  in 
noch  weiterem  umfange   auch  in   der  prosa   erhalten  hat,    ein 
lautes   zeugniss  für   die  ursprüngliche  bedeutung  des  dativs  als 
„wohincasus"  ablegt.     Die  Übereinstimmung  von  Pali  saggaya 
gacchati  Dhpd.  v.  174  und  Sanskrit  svargayotpatita  bha- 
vet  Urv.  V.  72.   mit   den   bekannten   constructionen  des  Latein 
und  Griechischen,    wie   it  caelo  und  avarsivag  oigavai  xeiqctg 
etc.,   denen  sich  das  Präkrit  mit  vanaa  calie  anschliesst,   ist 
sicher  ein  von  ältester  zeit  her  überkommenes  erbgut,    das  die 
dichter   treu    erhalten    haben.      Ich    befinde    mich    also    gegen 
Hübschmann  und    andere    in    Übereinstimmung    mit    Delbrück, 
Wilhelm  (de  infinitivi  forma  et  usu  p.  25)   und  Friedrich  Mül- 
ler  (Grundriss  der  Sprachwissenschaft  I,  1,  p.  119  mit  anmer- 
kung  **),   indem  ich  als  grundbedeutung  des  dativs  die  locale 
des  „wohin"  annehme.     Aus   dieser   erklärt   sich  auf  das  vor- 
trefflichste und  ungezwungenste  der  im  Pali  so  überaus  häufige 
dativus  finalis.     Ich  führe  nur  wenige  beispiele  an,  die  die  ent- 
wicklung  des  Casusgebrauches  besonders  deutHch  zeigen:    Jäta- 
kam  67,  28:    ayarp    dukkarakärikä    näma   bodhäya   maggo   na 
hoti  „diese   askese  ist  nicht  der  weg  zum  Buddhathum";    Jät. 
178,  30  tumhehi   yuddhaya  na  gantabbam  „du  darfst  nicht  in 
den  kämpf  gehen".     Ten  Jätakas  8,  5  gocaräya  nikkhamitvä 
„nach  speise  (auf  raub)  ausgehend",    ebenso  Mahävamso  44,  8 
gocaräya  gate.     Einen   schritt  weiter  führt  uns   schon  der  be- 
kannte Spruch  mit  dem  Buddha  seine  jünger  aussandte  :    cara- 
tha  bhikkhave  cärikam  bahujanahitäya  z.  b.  Dhpd.  122,  4:  „ma- 
chet euch  auf  euren  weg,   ihr  priester,    vielen  menschen   zum 


120  A.  Fick  und  A.  Führer 

heile".  So  oft  der  dativ  auch  im  Päli  vorkommt,  überall  steht 
er  als  terminativus  oder  finalis.  Für  das,  seine  stelle  auch  im 
Päli  schon  häufig  vertretende,  attham  hat  Childers  s.  v.  at- 
tham  genügende  beispiele  beigebracht,  die  nicht  als  „scholiasten- 
erklärung"  abgethan  werden  können,  sondern  lediglich  dazu 
beitragen  die  ursprünglichkeit  und  echtheit  dieser  construction 
im  Prakrit  der  prosa  zu  beweisen. 

Kiel  d.  21.  nov.  1876.  R.  Pischel. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  Griechischen  Sprache. 

IL 
Zum  sogenannten  ja-Suffix  im  Griechischen. 

Aus  dem  im  Verlauf  der  obigen  Abhandlung  p.  1  jff.  ge- 
wonnenen Satz,  dass  jeder  in  der  Flexion  des  Verbs  erschei- 
nende Verbalstamm  ohne  Zutritt  von  Nominalsuffixen  ohne  wei- 
teres auch  als  Nominalstamm  verwendet  werden  kann,  ergibt  sich 
ferner,  dass  eine  lange  Reihe  von  Nominibus,  die  nach  der  herr- 
schenden Theorie  durch  ein  nominales  Suffix  Ja  gebildet  sein 
sollen,  nur  die  nominalen  Vertreter  entsprechender  verbaler  ja- 
Stämme  sind :  nach  der  gewöhnlichen  Ansicht  soll  z.  B.  in  den 
Worten  ciyiog ,  oxita ,  dyysXla ,  ßaaiXeia  lo ,  la  —  jo ,  ja  von 
dem  JO  der  entsprechenden  Verba  atoinaL  —  ayj'o/iiai,  oxitofiev 
=  axidj'ojuev,  dyyilXo^iBv  =  dyyeljo/iuv ,  ßaoiXevof^iev  —  ßaai- 
Xefj'o/itev  ganz  verschieden  sein,  in  dem  einen  Fall  soll  ein  no- 
minales Suffix  ja  vorliegen,  in  dem  anderen  ein  abgeleitete 
Verba  bildendes  Element  ja ;  dass  beide  ursprünglich  lautlich 
identisch  waren,  wird  nicht  geleugnet.  Aber  beide  sind  nicht 
blos  lautlich,  sondern  auch  ihrer  Function  nach  vollständig 
identisch :  dyyakia  ist  nichts  anderes  als  das  als  Nomen  flectirte 
dyyeXjo ,  das  in  verbaler  Function  in  dyyeXjo-ftev  erscheint; 
wir  erhalten  hier  an  Stelle  der  beiden  Elemente,  !des  nomina- 
len Suffixes  ja  und  des  abgeleitete  Verba  bildenden  ja  ein  ein- 
ziges stammbildendes  Element  ja ,  und  die  in  den  folgenden 
Gruppen  enthaltenen ,  mit  dem  angeblichen  Nominalsuffix  ja 
gebildeten  Nomina  sind  nur  die  nominalen  Reflexe  entspre- 
chender Verbalbasen  und  gehören  daher  zu  den  suffixlosen 
Nominibus.      Es   ergibt  sich    hier   also   das  nämliche   Verhält- 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  II,  121 

niss ,  das  oben  in  den  Fällen  des  angeblichen  a  -  Suffixes 
vorlag  (vgl.  ^QO-g,  f^äxr] ,  ßoay.6-g  neben  eqa-f.iaL ,  (xäxs-tai, 
ßdoY-s-Te).  Der  weitere  Nachweis  liegt  aucli  hier  in  der  ein- 
fachen Thatsache ,  dass  fast  überall  neben  dem  nominalen  ja- 
Stamm  eine  entsprechende  Verbalbasis  vorliegt.  Wenn  eine  An- 
zahl nominaler  /a-Stämme  übrig  bleibt,  ohne  dass  sich  ein  ver- 
bales Gegenstück  aufzeigen  lässt,  so  liegt  der  Grund  davon  zum 
Theil  darin,  dass  die  Etymologie  mancher  der  hierhergehörigen 
Nomina  überhaupt  noch  nicht  genügend  aufgehellt  ist,  anderer- 
seits darin,  dass  einige  der  entsprechenden  Verbalstämme  schon 
früh  verloren  gegangen  sind;  endlich  aber  ist  zu  bedenken, 
dass,  als  die  in  Frage  kommende  Bildungsweise,  besonders  bei 
den  abgeleiteten  Verbis-Nominibus  jenen  ausserordentlichen  Um- 
fang erreicht  hatte,  den  die  unten  folgenden  Uebersichten  ver- 
anschaulichen werden,  die  Bildung  selbst  allmählich  frei  ge- 
worden ist,  und  dass  man  alsdann  in  Anlehnung  an  die  mas- 
senhaft vorliegenden  Muster  das  nominale  Gebilde  bisweilen 
schuf,  das  verbale  Gegenstück  aber  nicht  ausprägte:  potentiell 
liegt  freilich  neben  jeder  nominalen  eine  verbale  Bildung. 

Die  folgenden  Gruppen  sollen  zeigen,  in  welchem  Umfang 
bis  jetzt  ein  besonderes  nominales  ja-Suffix  geleugnet  werden 
muss.  Zunächst  geben  wir  die  Beispiele  primärer  Nomina,  ne- 
ben denen  sich  identische  verbale  ja-Stämme  finden ,  geordnet 
n^h  dem  dem  ja  vorangehenden  Laute : 
/  afi^.]l^]Ail^ßtof.ittL  ==""'(S7w*TMÄ4ver  ehren. 
I   lO^-dürre:  a^o-fiEV  dörr^ös"  "^"^.. 

xskccQvta  krächzend:  -/.elaQvto-iiiev  lärmen.  L  w  a,.<^^ 

(xvj^-g  scl^ji^ig:  jivl^fi^fiEV  sc)ia^5'en.  i     /  '•'  '  *^    ''"'^^li&L» 

xo^rtbf  Schnupfen:  ahd.  räzan  (j.uej-tC-),  vgl,, J»9«pr^*  CXJ 

tayihip'Cja.  krächzend  :  XaxsQv^-/ii6v  krächzen.  ^,.  ■* 

Jtdtß  (=  fxäyyja.)  Tei(^:  aäßis^if^fißii,^;''^^  kneten.       ^' J\/ 

jia^og  (—  f.iadjo-q  vgl.  f.iaot6-g)  Brustwarze:  vgl.  lat.  madeo.      Q   (^\ 
lob]  Geruch:  oCo-fuev  riechen. 
^^iCa,  Tce^og,  rcediov :  skr.  pädya-le*). 

TtXdywg  quer:  TiXdto-fxBv  =   TtXayLO-uev. 
/^t&KWurzel :  ahd.  nft7»^-w.  __.*—-—*"■ 

<Txt;ta  (=  Oüvdja)  Brunst:  oy.vLo-jxai  (=  axvdjo-inat). 


*)     „71(^6-  Fussgänger,   das  vielleicht  unmittelbar  zum  altindischen 
pädyatai  er  geht,  gehört"  L.  Meyer  Vgl.  Gram.  II.  402. 


122     ^4/"^%      A.  Fick  und  A.  Führer 

CortiCa  (—  aTCiyyj'a)  Fink:  GTti^o-f^iev  (—  OTtLyyjo-i.iEv)  pipen. 
Ä  ■  i    ^y^^^'^  (~  axiSjcc)  Scheit:  axito-f.isv  (—  o'^^iöjo-f.iEv)  spalten. 

^\a)vta  (—^cpvyj'a)  Flucht:  Ttecpvtöveg,  \sit.  fugio. 

ßdelXa  ( =ßdeXja)  Blutegel :  ßöaXlo-f.iEV  ( =  ßöaXjo-/nev)  saugen. 
_  /9-aXX6g  {= -O-aXj'n-g)  Zweig:  d^äXXo-f-iEv  {^=  d^aXjo-f.iBv)  blühen. 

""'****•-  {y.etXiQy  LieBösgabe :  lit.  m?/^^  idf-'-iiefe^ 

(.ivX\o-g  Y^lva:  i-ivXXo-^isv  molQYQ  (^  coire). 

•^         niXXa.  Melkeinier:  Basis  TteXj'e-  lat!  pleo. 

(pvXXo-v  Blatt :  {pXoLO-[.iev  —  qtoXjo-iiEv  schwelle  vgl.  lat.jTo/m-m. 
(.laiQct  Hundsstern:  /^lagio-^sv  fiebern. 
"^^^agfii^^ßQ-g  schiriftmernd :  /LiaQJtm^o-f^sv  ^«lynhH^n. 
""•mm  ^legjtiiQto-g  bedenklich:  fiEQ!.ieiQO-f,iev  sorgen.  "^      ^., 
fLiolga  Geschick:  /nEiQO-iiiai. 
^^'''»»»mtTtEtQa  Versuch,  su-tteiqo-q:  \a.t.ex-pe?'io-r. 
Oä>^^      ^^^i^^^!^«.§pitze :  TtEi^ts^iEv  dmTühJaQh^s^.  ■m^^ 

^y       ,^  ^"^OQfpVQoXj^    TtOQCpVQj'a):    7T0QCpVQ0-]hi>    {—     7tOQrpVQJO-/ilEV). 

-r  P  i->  T  öTTTfif^a  Gewundenes,  OTtslgov :  gtceiqw  (Gram.). ^ 

gteIqu,  otsQEo-g  =  azsQQO-g :  lit.  \sfyrtu  starr  sein.        ^'S.^^K^ 
ißrjxia  Husten :  ßrjooo-^isv  ( =  ßrjxJo-f.iEv)  husten,  y**^ 
tßvoao-g  vgl.  ß^aoa  (—  ßrjd-Ja) :  lat.  fodio.  ■'' 


mettern. 
acerra  (xccXv/itfia XEcpaXrjg yvv(xiv.Eiag  Hes.) :  aarzo-^iEV,  lat.  sancio. 
QL'Kia  Fieberschauer:  cpQiaao-iiiev. 
jQ,/^ if\ ^^ccioyvvy  (—  aloyvvjrj):  aioyvvo- f.iEv  (=  alaxvvj'o-^iEv). 
ocfxvva  (—   dfiivv/a) :  af.ivvo-(.iEv  (=  a/nvvj'o-f^iEv). 
df.i(pig-ßaiva :  ßaivo-f.iEV. 
evd^vva,  Evd-vvo-g:  Etä^vvco. 
yiXfvt]  (—  '/.XivjT]) :  y.Xtvof.iEv  (=  -^Xivjo-^iEv). 
jiiavia,  Svg-fxatva:  /tialvo-f-tai. 
fioXvünrj^ Arsch:  fioXifvo-iiiEv  (—  (.ioXvvjo-(.iBv). 
afeivo-geug:  axEivo-f^iEv  drängen.  v,^^^ 

"*!!^i^  (^-'-«;ßptJ7^"-Quifl :  'tpQv'vo-f.iEv  {Tt>^j^n-fi9tQ. 

dy.ov^  {—  dyiovj'rj)  :  d'/.ovo-/.iEv'  i=:^  dy.ovjn-(i&^. 
—  OQEiri  Fluch,  dgalog  verfluchend :  dgao/iiai  (  =  dQajn-(.iai)  fluchen. 
^'''  -^Mt^i  ß''^}^  gevv^altsam:  ßido-fiev  (=  ßiajo-jUEv)  zwingen. 


N 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  II.  123 

a/ncpL-dea  (-deja)  Band:  d/ng)i-d€o-f.iev  {-6ejo-(.iev)  umbinden. 

ellv6-g  Schlupfwinkel:  elXvo-fuv  {-.  eiXvjo-fiEv). 

^t;m,  i9-üawolriechendesHolz:  d-vio-(iev,d^vo^iev,  vgl.  latJ\«M5-/?o. 

Ttv^-Y-airi  Scheiterhaufen:  y.alo-/iiev  (=  yi.acjo-(.iev). 

y(.XoLO-g  att.  '/.htjo-g  =  yCkofjo~g :  yileio-fiev,  TiX^o-fiev  (==  xAe- 

fio-fxev,  xXriJ^LO-(.iev). 
fiveia  Erinnrung:  f.ivto-i.i(Xi  (=  f,ivsjo-^ai). 
itXslo-g,  sju-rrXeio-g :  Isit.  pleo/ germ.  ßöj'a. 
7^f/^,Welde:  Basis  tto^  aus  tiois  in  Troifujv  ■=  lit.  pe'mü,  yrco. 
Tzvö^^i^—    mjfü-^)  Eiter:  ötarrvo-uev,  vgl.  skr.  pß.y<t^te.      \ 
q)loi6-g  Rinde:  cplolo-i-uv  schwellen.  ««.w,.«,^ 

X^a  (=  ;f£/«a)1iöfelej^ahd.  <7i!W^^  klaffen  lat.  fovea 
XQua  (Not)  XQ^Xo-g  dürftig,  d-xQstö-^g:  xQ^o-^iai. 

Aus  den  gegebenen  Beispielen  sieht  man,  dass  das  j  des 
dem  Nomen  sowol  wie  dem  Verbum  zu  Grunde  liegenden  Stam- 
mes vielfach  im  Nomen  eine  andere  Behandlung  erfahren  hat 
als  im  Verbum:  während  es  z.  B.  in  ayiog ,  fiavia,  fiveia  zu  l 
geworden  ist,  ist  es  in  den  entsprechenden  Verbis  a^oiuai,  (.lai- 
vofiai,  fiV€Of.iaL  entweder  mit  dem  vorhergehenden  Consonanten 
verschmolzen  oder  in  die  Stammsilbe  übergetreten  oder  gar 
ganz  geschwunden.  Meistens  allerdings  ist  bei  den  primären 
Stämmen  die  Behandlung  im  Nomen  und  Verbum  dieselbe 
{oxiCa  :  axiCio) ;  bei  den  abgeleiteten  dagegen ,  zu  denen  wir 
jetzt  übergehen  und  bei  denen  die  in  Frage  stehende  Bildungs- 
weise ihren  hauptsächlichsten  Sitz  hat,  gilt  die  fast  ausnahms- 
lose Regel ,  dass  j  im  Nomen  als  t  erscheint ,  im  Verbum  aber 
ausfällt ;  nur  in  einigen  wenigen  Nominibus  ist  das  j  ebenso 
wie  im  Verbum  ausgefallen  (dtoged  :  dcoQ€o-f.iai ,  slkeo-g  Darm- 
verschhngung  eilf.o-f.iev,  loxeo-g  Hinterhalt:  vctv-Xoxio-fiev). 

Zunächst  folgen  diejenigen  abgeleiteten  Nomina   mit   ihren 
entsprechenden    Verben,    denen    consonantische    Stämme    und 
zwar   Ij   solche  auf  /  zu   Grunde  liegen.     Das  im  Nomen  er- 
scheinende eia.  (etov)  =  efia  entspricht  verbalem  eve  ==  e/je  : 
ayyageia  :  dyyaQevto  dyioteia  :  dyiatevo) 

ay-KLOTQeia  :  dyiiioTqevü)  dyveia  :  dyvevco 

JtQog-,  v7t-ayoQsia  :  TtQog-,  vjt-ayoQevoi 
ayvqreia  :  dyvQTevio  dyxtoteia  :  dyxiotevco 

TtQO-  aytoyeia  :  -evoi  dXatoveia  :  dXatovevofiai 

alr]TEi'a  :  dhjtevio  dfia^eia  :  dfia^evco 

dv&Qaxeta  :  dvd^gayievw 


ÖC^ 


124  A.  Fick  und  A.  Führer 

dvd^QOj/reiog  (rjiog,  ion.)  :  dv^gtoTtevo^iai 
aQÖeia  :  agdwco  dgeazEia  :  dgeoKsvw 

dgiateia  :  dgLorevo)  dQxrela   :  dq^Tsvio 

TtaxQL-aQXBLOv  :  TtaTQtaQxevo) 

aarcakiela  :  do7taXievo(.icxi  dotoTela  :  dowTEvofxciL 

drfXEVEla  :  dT/iisvsvcx)  ßaf.ißay.eia  :  ßa/ißa-nevio 

ßaaileia,  ßaalXeiog  :  ßaailevco 
ßiOTsia  :  ßiorevü)  ßXayiela  :  ßXaxevio 

ßqaßeia  :  ßqcxßevü)  yorjzela  :  yorjTsvo) 

yoveia  :  yovevco 

yqui-if-iaTeia,  vjto-  :  ygaf-ifidTsvio,  vxto-, 
yv/iivrjTsia  :  yvfxvr]tevw  dairgeia  :  daiZQevo) 

daxpiXeia  (Plut.  so  statt  daiplXeta)  :  daipcXernftat, 
öex-arela  :  öezarsiti) 
ÖEOTtOTELa,   deOTCOTELOg  :   öeotiotevo) 
dizTVEia  :  (ömTvevg)  ÖLcpQEia  :  öupQSVO) 

dovXEia,  öovXsLog  :  öovXeiho        öwaaTEia  :  dvvaGxevto 
i(f-,  Ttaq-,  TtQo-,  TTQog-,  avv-EÖQEia,  aw-idgiov  :  scp-,  TtaQ-, 
TtQO-,  Ttqog-,  ovv-eÖqevü} 

ElXlüTELa    :    ElXtüTEVÜ)  ElgiOVELa    :    ElQ(x)VEV0f4at 

STtiTtjÖEiog  :  ErtirrjÖEvo}  STtLXQonEia  :  ertiTQOTiEVü} 

egyazEia  :  iQyavsvo/xai,  egid^Eia  :  EQid^Eto) 

EQfxrjVEia  :  EQf^irjVEvo)  riyE(.iovELa  :  rjyEfxovEvw 

rjVLOXEia  :  rjVLOyßvo)  d^E^uGxela  :  d^E(.uöTEV(a 
■d-EQaTtela,  7t qo-  :  -d^EQüitivoj,  ttqo- 

iyrjTsia  :  &r]T£vo)  d^iaoEia  :  d^iaoEvo) 

d-Qi]GKEia  :  d^Qr]ay(,EV(x)  ^giafißsla  :  d^Qiaf^ßEvo} 

d^WTtEia  :  d^cüTTEvo)  laxQEia  :  laTQEVtü 

iSiütTELa  :  IdicoTEVo)  lEQazsia  :  ugaTEvo) 

IXETEia    :    IXETEVO)  UlJtEia,    htTtELOg    :    IrCTtEVO) 

lyvELct  :  lyvEvoj  -/.aXXiorElov  :  'KctXXiaTEva) 

yiaTrrjXEia  :  ■/.amqXEVix)  /.aquEia  :  xaQTiEvco 

TCEga/uEia,  XEgd/iiEiog  :  AEgaf-iEvio 

xrjdEia,  XTjÖELog  :  y.rjdevio  '/.r^TtEia  :  nrjTtEvio 

'/.r^QvxEia  :  -^rjQvxEviü  ^rjrEia  :  TirjTEVto 

y.ißdrjXELa  :  XLßdiqXEVijo  ■Kif.ißLY.Eia  :  y.LinßixEVOfiat, 

'AivaLÖEia  :  xivaLÖsvo/iiaL  nXaöeia  :  xXadEvio 

xpEvSo-ycXrjvEia  :  \pEvdo-KXrjTEVü) 

y.X(D7tEla  :  KXtortEvü)  KoßaXEia  :  Y.oßaXEV(D 

x,oöofiEia  :  (Y.odo(.ievg)  y.oXay.Eia  :  yioXay.Evco 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech,  Spr.  11. 


125 


■KOl-ixpeia  :  xof.L\pevco 

nvßela  :  y.vßevio 

xvQTeia  :  xvQTev-r^g  :  zvqtsvq 

y.(üq)£ia  :  y.co(pevtü 

Xayvsla  :  Xayvevoj 

kaxQBLa  :  XarQi.v(ji} 

XEG^riveia  :  XeaytjVEvo) 

Xif^ßeia  :  Xif.ißetco 

kiravela  :  Inavevco 

Xoyeia  :  Xoysvio 

XoxELa,  Xoxeiog  :  Xoxsvto 

(layeia  :  [AayEvoi 

liiad-rjtsLa  :  fxad^Tjrstoj 


XQVTtreia  :  Y.QV7ttevo} 
xvQisia  NT.  vgl.  ■kvqlsvoj 

Xaßgeia  :  Xaßgevof^ai 
XajuvQELa  :  Xaf.ivQBvof^iai 
XaxccvEia  :  Xaxctvevofxai 
XrjGTeia  :  XjjOTtevio 
Xif-ivEia  neben  Xi(.ivevoig 
XixvBia  :  Xlxvevo) 
Xoyiazelcc  :  Xoyiarevo) 
jLiayyavEia  :  (layyavsvco 
IxayEiQSiOv  :  /naysigEim 
fiaisla  :  ^laiEvofiac 


f-iavTELU,  {.lavTEloq,  Ttqo-,  vdqo-,  xptjcpo-,  ipvxo-/iiavTEla,  j^avteiov, 
ipvxo-^aviEiov  :  fiavTEtOfiai,  jtQO-i^avTevo/iiaL 


(MaOZQOTTELa    :    (.laOTQOTtEVU) 
(.lEOlTELa    :    flEGlTEVCü 

fivrjUTEla  :  f.ivr]GT€vco 
[xoGXELa  :  f.ioGX£vo} 
vEavLEia  :  vEavLBvo(.iai 
vrjGTEia  :  vrjGTEvo) 
:rtQO-vo/iiEia  :  7tQo-vo[j.Evo} 

VVKTEQELa    :    VVXTEQEVO) 
^EVLTEia    :    ^EVITEVCÜ 


f.CEQlTELa    :    UEQlTEVOfiai. 

/iiEvaXXEia  :  /^isTaXXEvu 
ftOLXEia,  f.ioixELog  :  (xolx^vu) 
f.ioxX€ia  :  ^oxXeviü 

VEOGGEia    :    VEOGGEVO) 

voS-Eia,  vod^Eiog  :  vo&evio 
voGTjXELa  :  vogtjXevü) 
vvxeia  :  vvxevco 

^vXsla  :  (^vXevg) 


oÖEia  :  oöevo);     s^-,   evqv-,    scp-,   gw-oöelu  :  i^-,    8(p-,   avv- 

OÖSVCO,    EVQV-ÖdsLOg 
OLY-ETELa    :    olxETEVO}  6/iirjQELa    :    6/^r]Q£V0J 

OTtXlTELa    :    bnXlXEVOi  STt-OTtTEia    :    STt-OTtTEVtO 

i(p-OQEia    :    E(p-OQEVO) 

OQVLd-Eia,  OQvid-Eiog  :  oQn^Evo) 

OGGEia  :  oGGEvo/iiaL  oxEicc  :  oxevoj 

OXETEia    :    OXETSVIO 

TtatÖEia,  TtaiÖELog,  TTQO-rcmdELa  :  Ttaiöevio,  Ttgo-Ttaidevta 
TraXXaxEia  :  7taXXay.Evo/.iat 
TvagO^EVELa,  Tcagd^svELog  :  Tcaqd-BVEVü) 

TtaZQiOVEia    :    TtaTQCOVEVO)  TtELQaTELa    :    TtEiqaTEVO) 

TtEQlGGEia    :    TtEQlGGEVO)  TtEGGEia,    -ElOV    '.    TtEGGEVÜ) 

TtrjXa/nvösla,  TtrjXa/nvdEiov  :  TtrjXafivÖEvo) 

TcXiv&Eia,  -Eiov  :  ^rXivd^svw 

TtoXiTBia,  Gv^-rtoXiTEia  :  rtoXitEvio,  av/urtoXiTevü) 


126 


A.  Fick  und  A.  Führer 


nojitrrsia,  rcqo-,  OLro-Ttourcsia,  Tto^iTteiov,  ipvxo-Tto/iiTtelov  : 

TCOf-inevio,  7TQO-7rof.i7teva) 
/tOQeta,  Ttovto-,  TtQO-Ttoqeia,  nogslov  :  Ttogevco,  tvovto-,  tvoo- 

rcoqevto 
TtOQ&fiEia,  -eiov  :  7tOQd-(.is{io        TtOQvsia,   -slov   :   Ttoqvsvonai, 
TtQayfiaTEia  :  Ttgay/narevo^ai       itgsoßsia,  -eiov  :  nqeaßevoi 
TTQsaßvTEQeiov  :  rtgeaßvTevtt) 
Ttfjoßarela,  rtgoßdreLog  :  TtQoßat&vo) 
TTQVTavela,  -eiov,  eiog  :  TtQvravsvto 
TtQcoreia,  -slov,  elog,  rpiXoTtQcorsia  :  Ttgiotevo),  cpiXo-TtQuyvevia 

TTVQsioV    :    TCVQSVÜ)  TtVQaElU    ',    TTVQaeVü) 

TttoXsia,  7t(6letog  :  TtcoXevw         Qaq)£iov  :  {Qctcpevg) 


QVTCUQia    :    QV7taQEVO(.lOil 

aayrjvEia  :  aayrjVEvo) 

aaXEia  :  aaXEi'co 

aidrjQEia  :  aidrjQEvo) 

GiTEia  :  aiTEVü) 

ayiacfEia,  OY.aq)Elov  :  a^acpEtcD 


QTjTOQEia    :    qr^TOQEVO) 
QtüTtEloV    :    QCÜTrEVCO 

aaXaxcüVEia  :  (TaXayiCüVEvio 

aaTQaTTEia  :  aatgaTtEvo) 

aii-ißXrjiog  :  aiinßXEvcü 

a'AttXEia  :  axaXEvco 

ayiEXETEia  :  ayiEXETEvoj.iai 

aT/LigacpEia,  oxiQacpElov  :  ay-igacpsvo) 

O'KvXav.Eia,  oxvXa'KEiog  :  ffxtJÄaxft'co 

GxvXELa  :  axvXEvco  axvjiivEiog  :  axvfivEvo) 

ayivTEia,  ö'^vteIov,  a^vtstog  :  oy-vtevu) 

afniXsla  :  afXiXExxa  aocpiaTsia  :  aocpiaTEvco 

arißEia  :  arißEvoj 

OTQayyEia,  atQayyElov  :  OTQayyEvco 

argavEia  :  oxqaxEvw 

aiio-,  ETIL-;  ovöTQaxEia  :  drto-,  E7ti-,  av-oxqaxEvio 

axQaxoTtEÖEia  ;  axQaxoTtsÖEVco       atoQEia  :  ocüqevo) 

xaysia  :  xaysvco 

xa/uiEia,  xat-UEiov,  TtQO-xafiiELOv  :  xa/nLEvu),  ^QO-xa/xietaa 

xagi^Eia,  xaQixEiov  :  xctoi^Eviti       xaq^rfiog  :  {xacpEvg) 

xafpQEia  :  xacpQEVo) 

xEnxovEia,  xexxoveIov  :  xexxovevco 

XEv&ela  :  xEvd^Evo)  XEQaxEta  :  XEQaxEvojuai 

XEQ&QEia    :    XEQO^QEVOjUat  XEXVLXEia    '.    XEXVIXEVIO 

xi-d^aaeia  :  xL&aaEvo)  xi&ijvEia  :  xiS^rjvEvto 

xiixrjXBla  :  xifirjxevo}  xtx&tia  :  xixd^ivw 

XOf.lEloV    :    XOflEVü) 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  II.  127 

To^sia  :  TO^svio  TOQEia  :  xoqsvio 

TOQVEia  :  TOQvsvio  TQajve^iTsia  :  TgaTTsCiTevio 

TQLTEiog  :  TQiTevü)  TQog)elov  :  TQOcpevio 

TVf.ißeia,  TVf.iߣing  :  TVfißevai  tvquvveXov  :  TVQavvevco 

tvQeia  :  TVQevco  vögsia,  vÖqeIov  :  vÖQSvto 
VTcaTEia,  vTtaTrjiog  :  vTratEvo) 
(paQ/iiaxEia,  (pag/itaKElov  :  q^aQ^ia^ievo) 

7TQ0-,    VTtO-cpt^TEia,    7TQOCf1]T€lOV    l    JtQO-,    VTVO-fprjTEVO) 

q)X£ÖovEia  :  (pXEÖovEva)  (pvyaÖEia  :  (pvyaÖEvio 

cpvTELa  :  q)VT£vo)  cpioXEia,  (pcolEog  :  (pcoXEvu) 

%(xkv.ELa,  "/ah/.Eiov  ;  yaXv.Evt}         lEqoEia  :  x^qoevcd 
Xi]QELa  :  x^QEVo)  yrrjTEia,  xrjXELog  :  (xrjTEvio) 

olvo-xoEia  :  oIvo-%oevü}  X^?«^'«)  XOQElog  :  x^Q^fa 

XV(.iEia  :  ;rj;^£Dfftg  /wAe/a  :  xwA«t;w 

XCüVEia  :  %ft»'£i;w  ipvxQiCc  :  ipvxQEVo^üL 

Hieran  reihen  sich  II)  diejenigen  Nomina  mit  den  gegen- 
überliegenden Verben,  die  von  Stämmen  auf  Eg  abgeleitet  sind; 
im  Nomen  erscheint  ek-lo  =  sia  =  Ja  (letzteres  seltener),  im 
Verbum  ek-je  =  ee  : 

yi£VE-,x,Ev-ayyia  :  KEVE-ayyaco  {yiEvayyi]g) 

Xijii-ayxlcc  :  XifiayxiO) 

dv-aiÖEii],  alöolog  :  alöeofxai,  av-aiÖEO/iiai 

aifxo)dia  :  ai^iiodsiü  {aif.iiüörjg) 

Ttav-dxEia,  Ttav-dxEiog  :  7iav-aY.E0f.iai  (lyg) 

TioXv-dvd^Ea  :  dvd^ioi  {noXvavd^rjg) 

avt-,  Öl-,  87t-,  oXty-aQXEia,  aiT-agy.ia  :  avT-,  öi-,  87t-,  oXiy-, 

aiT-aQY8(jü 
ccQrEfxia  :  agTEfuco  {dQTE(.i^g)       dasXyEia  :  aoEXyso)  (doEXyijg) 

dxQEXELa    :    dTQEy.8C0    {dTQEKTjg) 

dvT-,    öl-,   d^v-,    7tEQi-,   ovv-avyEia    :    dvx-,   öi-,   7tEQi-avy8(o 

{dvT-  u.  s.  w.  avyiTjg) 
■Kaqrj-ßaQLTj  :  '/MQr]-ßaQ8co  ^EO-ßXdßEia'n.-ia:  ^EoßXaßeo) 

Ix-,    8V-Ö£ia,    OLTO-ÖEia    :    8/,-,    8V-Öio),    OlTO-ÖEOfiai 

d^v-Ö8Qy.£La  :  o^v-öeqkecj  o^v-öogxia  :  o^v-öoQy.8a} 

d-,  oXtyo-ÖQüvia  :  d-,  oXiyo-ÖQavEO) 

SflO-Ed^Via    :    OlMOEd^VEO) 

{-siÖEia)  XrjQiüöia,    oyiOTcoöla  7tivioöia,    vcoöia,    TtoXvEiÖEia  u. 

-ia  :  XrjQwöko 
'/.aXXi-,  dqd^o-,  TtEQiaao-,   7toXv-,   ovv-,   xavTO-htEia  :  yiaXXi-, 

OQd-O-,    TtEQiaao-,    T(XVtO-E7tۆi 


128  A.  Fick  und  A.  Führer 

TtoXv-,  TavTO-egyia  :  Tuvro-egyso) 

a-,  d^vfi-,  qtiX-rjdia  :  a-,  d-v[.i-,  cpil-r^dew 

avv-^d^eia,  i^d^elog  :  vgl.  d-r]d-£ii> 

rJQSi^ia  :  i^Qef.iio)  ovv-rjQ^cpeLa  :  avv-rjQS(pea) 

xaT-ijcpeia  :  y.aT-rjrfiiü  ciTt-iqxeLa  :  ccTTrjx^cü 

sv-d^ccQaeta  :  ev&aQüeco 

alaxQO-,  TtoXv-,  cpiXo-y.(iQdeia,  s7tL-xiqdiog  :  alaxQO-,  <piXo- 

v.sqöt(jo 
d~,  TtoXv-v-rjöuct,  ■/.rjdsLog,  STti-xijdetog  :  d-y-rjöito 
«-,  yvvaiy.0-,  ötj/lio-,  ^aXaaao-,  iTZTto-,  ox^n-,  ttXovto-,  x^^Q^~ 
•KQuria  :  a-,   ywaiy-o-,    drjfxo-,   d^aXaaao-,    iTtTto-,   ox^o-, 
TtXovTO-,  7«fcßo-xpofTe'w  {so/iiai] 
elXi-,  ev-Y.QiveLa  :  sIXi-xqlvsco 
€v-,  o^v-ldßeia  :  ev-,  o^v-laßioixat 
XiTtaqia  :  Xirtaqeü) 

övg-,  oipi-,  TtoXv-,  q)Llo~,  xQ^f^^o-indd^eia  :  övg-  etc.  (xad-EO) 
do^o-,  eqono-,  Irtno-,  (xovoo-,  ortXo-,  oqvlS^o-,  aagyio-,  xqixo-, 

Tvg)o-,  XQ^^o-ixavia  :  do^o-  etc.  /navico. 
d-,  STtt-,  TtXrjfi-,  vyQO'jiiiXsia  :  d-,  im-,  7tXi]f.i-(t{;XEco 
övg-,  ev-,  rtQEv-j^tvEia  :  Svg-,  ev-fAEvio) 
jtQO-firjd-eia  :  Ttgo-f^r^d^eo/nai 
avv-v£q)£ia,  VTrsQ-vscpiog  :  aw-vecpio) 
ovEiöelr],  ovEiÖELog  :  oveiöeIü) 

OQQiüdia  :  oQQiüöeio 

dvg~,   ev-,   inergio-,   of.io-,    6/holo-,   TteqL^,  ttoXv-,  tvqo-,  TtQog- 
avfi-,  TavTO-,  TXrj-Ttdd^Eia  :  övg-  etc.  -rtai^io). 

d-,  ev-7teid-eia  :  d-,  ev-Ttei&eco. 

Tiiv&eia  :  Tterd-iio 

rtevia  :  Tteviw  {Trevea-rrjg) 

Tteqi-,  TiQog-TtEreia  :  TteqL-,    TtQog-rteTrjg,    aber  TtQOTtejevo^ai. 

odoL-TiXavia  :  odoi-TiXaveo) 

izoXv-TtXiqd^Eia  u.  tot  :  TCoXv-7tX7]d^eio 

d-adqjEia  cf.  dTto-,  dia-aa(fico 

aacprjveia  :  oacprived) 

d-,  övg-,  ev-,  (piXev-aeßeia  :  d-,  dvg-,  ev-,  (piXev-aeßaa) 

ad-Eveia,  dad^evEia  :  da&EVf'co 

TteQi-axeXeia  :  rtsQi-axeX^g,  cf.  OAeXio) 

TteQi-aTtiqx^ia  :  7teQi-a7t£Qx^(^     ev-otdd^eia  :  evoTad-eo) 

Xvat-,  TtoXv-,  avv-xeXeia,  ttqo-,  vrcEg-reXEiog,  Nvic-riXiog  : 
Xvai-,  TtoXv-,  avv-,  tvqo-,  vtteq-,  vvy.xeXtui. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  II.  129 

rrj/^telEia,  dtri^iiXeia  :  rtjinEXia),  d-trjfieXia) 

d-TQei.ua  :  d-Tgefieto 

d-,  övg-,  ev-,  avv-tvxicc  :  d-,  dvg-,  ev-,  aw-rv^io) 

vrcegr^^,  ttqiovo-,  av(.i-(pdveia  :  vTteQrjcpaveü} 

d-ipudla  :  d-ipeiöeio 

TCQog-cpileLa  :  7rQog-(pil€io{i]g) 

d-,  7Tolv-(fQadia  :  d-,  7toXv-q)Qadeoj 

odovTO-,  oqd^o-,  TtreQO-,  Qito-,  aaQXO-,  tqixo-,  v7t£Q-cpvia  : 

oöovTO-  etc.  -CpVEO) 
d-ipevdeia  :  dipevdeio 
o^v-co7tia  :  o^v-coTteit) 
lücpeXeia,  ETT-iocpiXsLa  :  locpeXio),  tTC-ijütpeXtco 

III)   Einige  Nomina   gehen   mit  ihren  entsprechenden  Ver- 
ben eigentlich  auf  o-Stämme  zurück,    die  aber  durch  Einbusse 
des  thematischen  Vocals  vor  dem  stammbildenden  Je  consonan- 
tisch  auslautende  geworden  sind: 
dyyeXla  :  dyyeXXco  (ayyelog) 
draad^aXia  :  dTaad^dXXco 
ßaoy.avia,  lov  :  ßaay.aiv(o 
eigeaia  :  SQsaooi.iev  {ßqex-jo-^ev) 
ex&Qia  :  sx^ccIqü)  ycad^aQiog  :  xa^a/^w 

y,ü)ViXia  :  ^kotIXXcj  {.laXayiia  :  ftaXdaaio 

fxaXd^ayiia  :  fxaX&daaoi  (xaqTVQia  :  (xaqTvqonat 

(xeiXLXia,  Log  :  fieiXiaao)  [xeXavla  :  (.leXalvoi 

vavTiXia  :  vavTiXXofj.ai  Ttaiöid  :  rtaito) 

nXrif.i(.ivQia  :  7tXr]f.if.iiuQa}  TtOLY-iXia  :  uoixlXXu) 

atwfivXia  :  aTCDfivXXo)  Texfi^Qiov  :  rex^tm/^w 

oixcoifEXla  :  6g)eXXio 

Die  umfangreichste  Gruppe  der  ya-Stämme  umfasst  die  von 
o-Stämmen  abgeleiteten.  Im  Verbura  erscheint  meist  e-j'e,  da- 
neben aber  auch  a-j'e  und  o-je,  was  bei  der  ursprünglichen 
Identität  dieser  Formen  nicht  auffallen  kann;  im  Nomen  er- 
scheint die  volle  Form  e-ie  (a-ie,  o-ie)  fast  nur  noch  bei  Neu- 
tris  und  bei  manchen  Adjectiven,  während  sie  beim  Femininum 
schon  früh  zu  7a  zusammengezogen  und  dann  zu  la  verkürzt 
wurde. 

dvÖQ-,  TtaTQ-ayad^ia  :  dvdq-ayad^iio 
Xox-,  vccv-,  ^ev-,  ovQ-ayia  :  Xox-,  vav-,  ^ev~,  ovQ-ayito 
dvg-,  ev-,  noXv-ayqia,  tioyqict  :  dvg-j  ev-ayQeto,  CcDygeo) 
Xiix-ayxovia,  dyxoveiog  :  Xi(.i-ayxovioi 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  1-  9 


130  A.  Fick  tiiid  A.  Führer 

drifi-,   vv(.i(p-,    oyX-,    Ttaiö-,    if-Hj-,    a/.lr]Q-,    vÖQ-ayojyia,    xöt-, 

7tQog-ay(6yiov,  rraiö-,   xjjvy-uyioyelov  :  dri(.i-,  vv/mp-,   oyX-, 

Ttaid-,  ipvy-,  o/.hjQ-,  vdQ-ayMytw 
ddi]{.iovLa  :  ddri/novew 
döf-ioXia  :  ddfiol&to 
ddoksayla  :  ddoXsoytw 

d&Xiog,  övg-,  rgig-dd^hog,  rtevt-dOXiov  :  dd-leco 
al&QLa,  al'^Qiog,  vtt-,  dvg-aid^Qiog  :  alS^Qfio 
7Tokv-aijnla,  öfi-aif-iiog  :  uolv-aififo) 
ahia,  aiTLog  :  alreo) 
6u-aty(.iia,  f.iev-aiyjiLog  :  oa-aix/^ieto 
dx.o}^ovd-la  ,  d'/.oXovd^tco 

ylwaa-,  yf.e(paX-,  oöovt-,  ttoö-,  aiof.L~al.yia  :  yXioaa-  etc.  akytco 
jiivQ-y  ^T]Q-akoicpia  :  f.wQ-,  ^r]Q-aXoicpito 
df.iaQTLa  :  duaQTrj-oo) 
dunXa/ia  :  df-iTiXai^iq-ao) 
dvÖQia,  dvdQELog,  €v-,  oXiy-,  JVoXv-avÖQia,  noXv-dvdqiov  : 

dvÖQÖo),  6v-,  oXiy-,  TtoXv-avdqico 
dvefda,  vrjve/xla,  noXvvrjvefiia  :  vrjvefuo) 
dvd-Qa^iog  :  dvd^Qay.6oj 

drt-,  oXiy-,  7CoXv-,  (piX-avd^Qtortia  :  a/r-  etc.  avd^Qiortiojiiai. 
dvxalog,  dvTiog  :  dvcdio 
dvvXla  {dvrXda)  :  dvxXiio 
agyia,  degyliq  :  dqyeo) 

(pLX-agyvQLa,  dqyvQSog  :  (fiX-aQyvQ^co,  dQyvQOco 
dQ&f.ua,  agd^fiLog  :  dQÜ^/iiito 

dgiOfiiog,  sv-,  i-ier-aQi&fuog  :  dgidfiko,  fv  ,  avv-  eicagid^iuea). 
ccQ-Mog  :  dgyJco 
rcuQ-aQia  :  Trag-agtcü 
jiiiai}-aQvia  :  fuad^-aQvAo 
avt-,  yvuvaai-,  hcTt-,  fiov-,  vav-,   oXiy-,    Tteii)-,    jrevrrjyiovr-, 

TCoXm-,  TCoXv-,   ÖLT-,  TQirjQ-,    (fiX-,    ^iXi  aQx^cc,    7T.oXaf.idQ- 

X^iov,  -eiog  :  avz-  etc.  agyno 
dartQiog  :  dareqoio 
avXuog,  7CQog-avl€Log,  fteg-avXtog,  ^tg-,  ftov-,  ofi-,  ovp~aiXia  : 

^vg-,  Trgog-avXiio 
ovv-avXia  :  avv-avXto) 
(piX-avtia  :  (fiX-acT^.o) 

i'ipijX-uvxtvia,  avyjviog,  xar-,  7[agi-,  v7i-avyht.og  :  vip-av^evtio 
(.leyttX-ai'xia  :  fityak-aiyjw 


Die  snffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  II.  131 

ßavava/a  :  ßavavaico 

dvTi-,  erteg-,  i^egawo-,  hd^o-,  TterQO-,  ro^o-,  (pvXko-ßoXla,  ßo- 
kalog,  ßoXaiog,  OTacpvXo-ßoXeiov,  av/n-ßokaiov  :  ävri-,arces-, 
■KEQavvo-,  XiS^o-,  71ETQ0-,  To^o-,  (fvXXo-ßoXioi 

Y.QStO-ßOQia    :    y.Q£lO-ßOQ€CÜ 

yrjQO-,  TtOQVo-,  xr]vo-ßoaxia,  OQvido-,  ttoqvo-,  xV^o-ßoaxetov  : 

yr]QO-,    7T0QV0-ß00Y.€U) 

a-,  övg-,  £v-,  avf-i-ßovUa  :  xoivo-,  6f.io-ßovXf.io 
ßgöfiiog  :  ßQO/iua) 
ßqovTaXog  :  ßgovrccco 
yah]vaiog  :  yaXrjvoo) 

a-,  €v-,  öevt€qo-,  öl-,  -d^eo-,  fir^TQO-,  fiovo-,  TtoXv-,  avy-ya/nia, 
ayaf.uov,y.axnyay.iov  öi/.ri,  e.y-ya(.aog  :  ev-,  ^ovo- etc.  ya/neio 
yeiTovia  :  yurovtoi 
ytXoiog,  q^iXo-  ;  yeXdw 
Ttokv-,  sv-yr]Qia  :  ev-yrjQato 
Ev-,  rcoXv-yXu)öaia  :  Ev-yXoiZTtoj 
dyvnirj  :  d-yvotio 

d-,     EV-,     tlOO-,    TVaiÖO-,    TCoXv-,    TtQCüTO",    lEY-VO-,    tXeIO-,    (flXo-, 

xpvxo-yovia  :  d-,  ev-  etc.  yovEto 

L(0-,    XoyO-,    f-lvd^O-,    OQ&O-,    TtsCo-,    TTETtXo-,    TllVaAO-,    TtXaOTO-f 

TtoXiTO-,  GiXXo-,  OKia-,  \liEvdo-yQa(pia  :  tio-  etc.  yqcKpEO) 
fiiGO-,  (piXo-yvvia,  yvvaiog,  TtoXv-yvvaiog  :  (.uao-yvvioi 
ßccQv-,  EV-,  ÖEiGL-,  y.aKo-öaLfAOvia,  dai^oviog  :  ßuQv-  etc.  SaL- 

filOVEtO. 

7tOiXo-da(.ivia  :  niaXo-danvibi 

TCEQL-dEaf.iLog,  ÖEOf-iiog  :  7tEQidEa(.i^oi 

aiTO-,  ETCi-,  Ttav-drj^Log  :  djio-,  ettl-,  TtaQEfti-drifXEO) 

öiöaaxaXla,  eteqo-,  xoQO-didaGy.aXia  :  ETEQOöiöaG/iaXEca 

diaKOvia  :  diaycnvew 

a-,  EK-,   TtaXiv-,   TtQO-,  Gw-dixia,  ddixiov  dixi],   dixaiog  :  d- 

etc.  öixEio 
naXiv-,  G'A.oxo-öivi(x  :  gkoto-öiveüj 
TtoXv-öixpiog,  dixpLog  :  öiipdco 
dcüQO-,  EV-,  xaga-,  dnoxaga-,  fcav-,  TTQog-öoma,  7iavdoy.Elov  : 

ÖCÜQO-,    EV-    etc.    dOY-EW 

Ev-öoKifila  :  Ev-dov.i(iEOi 

döXiog  :  doXoio 

oiy.0-,  TEix^-öo/iua,  \do/iialog  :  olxo-,  lELXO-dojxtia 


9* 


132  A.  Fick  und  A.  Führer 

^tera-,  TtQog-doQrciog  :  doQTito) 

d-f    dkXo-,    kTEQO-,   €v-,    xaxo-,    oqS^o-,    ftav-,    rtaqa-,    cpiXo-^ 

xpevdo-do^ia  :  d-  etc.  So^ao) 
^evo-doxicc,  VTCo-doxeiov  :  ^evo-doxso) 
öoxfuog  :  doxf^dco 
ÖQOfiaiog,  iTTTto-,  Xaf^Ttadrj-,  öfno-,  rtaXiv-,  uqo-,  niEQü-,  raxv- 

ÖQOfxla,   iTtTio-dQOjLuog  :  Xaf^iTtado-,   öfxo-,    7taXiv-y    raxv- 

d-dwaf-ua  :  dövvaf^etü 

(.leyaXo-,  ttoXv-,  (piXo-dioQia,  dcoged,  dvii-,  (.lEyaXo-dioqeä  : 
öcüQ€0^iai,  dvTi-,  fxvrjai-diüQSto 

fisXav-eifiovia  :  (.ieXav-Ei(.ioveo) 

l-M]Xia  :  ev-xi]Xrj-TeiQa  (KrjUio?) 

sXevd-EQiog  :  EXsvd^eqotü 

(EQyicc)  dya&o-y  avzo-,  Sr]/iio-,  eqio-j  ^av/uaro-,  'ieqo-,  tavo-, 
KCMO-,  XQEO-,  Xelto-,  Tzaido-,  Ttavo-,  TtrjXo-,  Ttid^avo-, 
Ttiaao-,  rtXaoTO-,  TtXiv&o-,  qadio-,  taXaaio-,  teXeto-, 
TEQttTO-,  v7io-y  <piXo-,  xf^Xnio-,  x^^QO-vQyla,  TiXiv&o-,  iriaoo-, 
XaXTCo-VQyEtov  :  dyad^o-  etc.  -vqyho;  —  ysiogyia,  (piXo- 
yEDQyia,  yEiogylov  öIyj]  :  yEtogysco 

tQEOXtXia    :    EQEOXsXEVi 

EQTfj^ia,  SQrjfialog  :  EQrjfAEio 

iaxdrwg  :  ioxcct^cco) 

evaiQElog,  (piXsraiQia,  log  :  ETaiQEio 

EvvaXog,  ;{a;f<fit'v/a  :  Evvdo),  ;fa,«£i'mu 

(XVQ-E\pia,  [.ivQ-ixpiov  :  (.tvQEXpito 

Ev-,  -/.azo-^rjXEiü  :  vgl.  ^rjXrj-jmov 

^vyiog,  ETEQO-j  of.10-,  av-tvyia,  ov-,  vrio-^vyiog  :  ^vyoo),  eteqo-, 

•6(xo-y  av-tvyf(o,  vTto-tvyoM 
ofio-,  qiiXo-^ioia  :  o/lio-,  (fiXo-tioEio 
öfio-Ciovia,  TTaQa-Coiviog  :  o/no-Cioveio 
riyE(.iovia,  ^ys^öviog  :  ^yEf.iove(ü 
xvv-,  Ttoö-,  OTQar-y   air-,   x^Q  VY^^^   vav-,  arQaT-ijyiov,  x^^QV 

yslov  :  xvv-,  rtod-,  olt-,  atqaT-,  x^Q~y  vc(v-i]yEH) 
dXX-f    dit-y    Stj/h-,    xax-,   xar-,    ^lanQ-,   f.iEyaX-,   vv/.t-,    rtaq-, 

■rcQog-,  avv-,  vip-,  ipEvd-rjyoQia  :  dXX-  etc.  -rjyoQtio 
(piX-rjdovia  :  <piX-rjdoviiü 
Ev-y  o^v-y  TtoXv-y  q)iX-r]Kol'a  :  Ev-y  q)iX-i]y.oiio 
dig-y  ev-y  fiiaxQ-rifiEQiay  jitEa-rj^ßQia,  Stg-,  eq>-,  xa^-,  7tav-7]!LU- 

Qiog  :  (Ji;g-,  ev-tj^ieqeü) 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  II.  133 

Ev-,  (.isyaX-,  v7t€Q-tjV0Qia  :  VTteQ-r^voQew 
iqTtavia  :  ^navlio 
riQE(.iatog  :  i^Qs^ieio 
TToXv-rjxict  :  Jyx*^^)  Ttegi-rjxEto 
&avaTiog  :  d^avatöo) 

d-tQSlOg    :    d^EQElU) 

^EWQia,  TtQO-d^ECüQia  :  d^Ewqho,  rrgo-^Etügea» 

EV-^t]via  :  EV-0^rjvi(x) 

Xe^i-,    OQViO^o-,    tveCp-,    TioXv-,    cpiXo-^t]Qia,    ^rjQEiog  :   A«^t-, 

OQVid^o-,  qiiXo-d^rjQEü) 
Ttav-d^oivia  :  Tcav-d^oivho 
a-,  ßaQV-,  övg-,  im-,  ev-,  fiay.QO-,  o^v-,  6f.io-,   qa-d^vfiia  :  d- 

etc.  &vfii(jt) 
EV-,  7rQ0-&vf.ua  :  iv-,  7tQ0~&vf^i€0f.iai 
^VQoiog,  TtQO-d^vgaiog,  ^VQEog  :  d-VQOw 
\iiaiog  :  lf.idco 
lOTogla  :  Iotoqem 

Ev-Y.aiqia,  Ttaga-xaigiog,  xaigiog  :  EVY.aiQEio 
Aa-Aitt,    dvE^L-,   /iivt]ai-,  xaiqE-y.axia  :   ävs^i-,   ixvrjai-,    xmQE- 

(piXo-KaXia  :  (piXoxaXio) 
'/,äjtviog  :  Y-anvECD 

d-,   EV-,   7tay-,   TtoXv-,    TtQco'i-xaQTtia,    TtEQr/idQxriov,   iTti-'/.aQ- 
Tiiog  :  d-,  SV-,  TtoXv-,  Ttquii-i^ciqnkia 

'/.aQTEQia    :    /.aQTEQElü 

d-yiEQaiog  :  xe^dw 
'jiEQavvEiog,  log  :  TiEQavvoio 

'/.EQTOf^la,    XEQTOf-lLOg    l    •^EQTOf.ieW 

Ti^XELOg,  xijXEog  :  yirjXiw 
d-,  vav-,  7tay-Y.Xriqia  :  d-,  vav-yiXrjQEO) 
TiXoTtwg,  nvQO-xXoTtia  :  V7to-'KXo7tEO(.iai 
•/.viTTEia,  la  :  xviTtoo) 
'KOiviüvia  :  xoiviDvio) 
xoiQavia,  TtoXv-xoiQavla  :  'KOiQavio) 
TtQO-,  ay.XrjQO-y.OLX La,  yoitcuog  :  tiqo-,  ayXrjQO-yoitiw 
ßov-yoXia  :  ßov-yoXiw 
TtEQL-,  vTto-yoXmog  :  vgl.  yoXTtöuu 

yrjQO-,    voao-,    oqeo-,    rtaido-yoi-da,    OQvid^o-,  xoti/o-yo/xElov   : 
yr]QO-,  voao-,  oqeo-,  Ttaido-yof^eit) 


134  A.  Fick  und  Führer 

(piXo-Y-Ofirtia  :  q)iXoKo/.i7tia) 

ßwXo-,   4^VQ0-,    oxlo-,   Ttiaao-,   TtoXito-,    tvoqvo-,  x^fi^-'-to/r/a, 

TtetQoyiOTViov  :  ßcolo-  etc.  y-orcEO) 
TCO/t la  :  xoTCow  TCOTtQSiog  :  y.OTtQeu) 

xoQvq)aiog  :  liOQVfpoü)  -/.oaiLuog  :  -/.oauho 

d-,  et-,  (piXo-Y.oai.ua  :  d-  etc.  -/.oai-iiio 

eitL-HOVQia    :    87tL-X0VQ£l0 

naXiy-y.oxia  :  7taXiy-y,OTioj 

y.qvq>iog  :  vgl.  >tQVCpr]-d6v 

Xif.10-,  jii7]TQo-,  ^svo-,  Ttaiöo-,  TtatQO-,  T€y,vo-,  TVQavvo-y.TOVLa  : 
XijLio-  etc.  TiTOveo) 

YtvTtia,  XvQO-,  Qivo-XTV7tia  :  urv/tiio,  Qivo-KTVTtdü) 

7ivx,Xiog  :  Y.vn,Xm[xev 

üvQiogy  avy-nvQia  :  avy-xvQew 

7tiaao--K(avia  :  vgl.  ytiaao-yi(x)vi]-tog 

Xai/iiagyla  :  Xai/xaQyeo) 

XaXia,  XdXiog,  xara-,  jtqoXaXla  :  XaXiw,  xara-,  TtqO'XaXtco 

Xid-eiog  :  Xid^ow 

aei-,  ataxQO-,  axQißo-,  df.iq)i-,  drto-,  dqxaio-,  ßgaxv-,  ysvaa-, 
yvü)f.io-,  öiytaio-y  di-,  izvf-io-,  ev-,  xayio-,  xoivo-,  y.ov(po-, 
XsTtTO-,  [xanQO-,  /navaio-,  /hstecoqo-,  f.iixQO-,  /.ivd^o-,  ihcüqo-, 
o/^io-,  OQd-Q-,  TtaXiX-,  Ttagado^o-,  rcatp-,  neqiavro-,  Tte- 
QLaao-,    Tti&avo-,    7tXaoto-,    tvXo-ko-,    tcoXv-,    Ttgogofio-, 

ZCCVTO-,    TQL-,    TSgaTO-,    TQ07V0-,    VOTEQO-,    VlpTj-,    CplXo-,    (fV- 

aio-,  XQV^I-^^'f  XQV^^^'i  ^sv^o-,  ipvxQo-Xoyia,  fcsvTrjxoazo- 

Xoyiov,  WQO-Xoyeiov,  lov,  Xoyiog  :  dei-  etc.  Xoyeio 
ctqyvQO-,  daaf.io-f  aiTO-,  a7t€Qf.io-Xoyla  :  aQyvqo-  etc.  Xoyiw 
XoidoQia  :  Xoiöoqew 
vav-Xoxla,  Xoxsog  :  vav-Xoxicn 
Xvxsiog  :  Xvycoofiat 
a-,  Tteqi-XvTtia  :  vgl.  dvzi-XvTtiu) 
/iiagavyla  :  /.laQavysü) 
Sta-,    ix-,   sTti-,   TtQO-,    'TtQog-,    ipevdo-,   (.laQxvqia   :   dia-  etc. 

^laQTVQso/iai 
/.idzaiog  :  (.lazdo) 
aiffi-,   STti-,   ^€0-,   i^v(.io-,  \7t7to-,  Xoyo-,  fiiovo-,  vai-,  vvxzo-, 

OTiXo-,  TteCp-,  Ttvy-,  oxia-,  av^i-,  arpaiqo-,  xeiyo-,    ipvyo- 

(iiaxia  .  dipi-  etc.  (.laxiio 
yio)-,   ef^i-,  TToXv-,  aiTo-,  ariyo-,  avf.i-j  tql-,  /w^o-,  ifjiXo-fie- 

TQia,  i^ihqwg  :  yeio-  etc.  /nergiio 


Die  snffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  IL  135 

a-,  xofxo-,   7tolv-f.irjxavia  :  d-,  ycayin-firjxaveio 

fnifiia  :  /iiL/iUOf^iai 

fitaO^iog  :  f^aad^öio 

Ion-,  iLie^uifii-,  TQi-finiQia  :  loa-,  fUEiiixpi-iiioiQeiü 

jiWiQawg  ;  f.ioiQdcü  (.loixlog  '-  /iioi^dio 

fiovi'a,  (.loving  :  /unvoco  jiiovia,  v.a(.i-(.ioviri  :  -fioveo) 

yeco-,  avfi-f.ioQia,  dii-fioQ('rj,  rQiTr]-iii6Qiog,  ^logiog  :  yeio-f-iogiio 

cptXo-fiovala,  fiovoEiog  :  cpiXo-f^iovaecD,  /novaoio 

^XE-,    Ttaqa-,    tvoXv-,   aeiivo-,   arixo-,    (pilo-^ivS^ia  :   Ixb-  etc. 

aiva-f^uoQLa  :  (nva-f.uoQtio  NaQxatog  :  vaQy.dio 

(piXo-veiY-la  :  fpiXoveixia)  veox/itta  :  vsox/heo 

vixalog  :  viTcdto 

(piXo-vr/.ia,  ercL-vrAiog  :  rpiXo-vr/Mit 

aTto  ,  dia-,  fV-,  e/rt-,  sv-,  xazo-,  (.lera-,  n/iio-,  Ttaga-,  tteql-, 

TToXv-,  TtQO-,  avv-,  v7t6-voLa  :  djto-  etc.  voi(o 
a-,    cyoga-,    '/.Xtjqo-,    olxo-,    Ttaiöo-,    Ttccqa-^    TtazQO-,    Ttqo-, 

X£iQO-vo/^iia  :  d-  etc.  vo^isco 
avTo-,  €v-,  lao-vo^ila  :  avzo-  etc.  voi-ieo/iaL 
/iiaxQO-voaia  :  f.iay.qo-voaüo 
voTia,  voTiog,  lov  :  votlio 
TtQO-,  (piXo-^evla,  ^svLog  :  Ttqo-^EVHO 
odaiog,  odiog  :  oödo) 
dvg-,   SV-,   Ttaliv-,    rtXav-,    TtoXv-,   avv-odla,  e*p-6diov  :  dvg-, 

SV-,  TtaXiv-oösco 
oiAia,  oly,sXog,  dn-,  Irt-,  xar-,  i^ist-,  rtsqi-,  avv-oiKia  :  oi^sto, 

drt-  etc.  OLY.ho 
s§-,  7TCCQ-,  TtoXv-,  rpiX-oivia,   STtL-Ttaq-OLViog  :  s^-,  rtaq-,  no- 

Xv-OiVECO 

a-oxvia  :  vgl.  o/,v£to,  KaT-ouvsco 

(-oXma)  vsioXxia,  ^iipovXma,  srpoXmov,  6X'/,aiog  :  vstoX^ho 

n(.ißQia,    oiißgiog,   E7t-6(.ißQLog,  iit-,  zar-,    TtoXv-o^ißqla  :  6f.i- 

ßgEto,  €TC-,  xar-OfißQEio 
ofirjQia  :  6/iirjQ£iü 

SjuiXia,  TtQog-of^uXla  :  o^uXeco,  TtQog-Of^uXm 
of.i7iviog  :  cf.  lit.  peneli 
SV-,  Ttav-,  vTtEQ-OTrXia,  EvorrXiog  :  sv-OTtXsa) 
OQ&iog  :  oQd^öio 
OQiog,  Ecp-,  fisO^-,  ofi-OQiog,  oftOQia  :  o^i-,  TtQog-OQEiü 


136  A.  Fick  und  A.  Führer 

CTTt-,  €v-,  Ttolv-,  ipevd-OQytla,  oqxioQj  ifJsvd-OQXiog  :  izti-,  «iJ-, 
ipevd-OQziio 

7toXL-Oi)Y.ia    :    7loXi-OQY.80) 

Cß-OQoq)ia,  o[A,-,  vn:-tüQ6(piog  :  o/n-ogocpio),  OQOcpoo) 

n:av-6of.uog,  Ttolv-oa/Aia  :  oa/iidof.iac 

ovQaviog,  iv-,  stv-,  fusa-,  VTt-ovqdviog  :  (.lea-ovqavio) 

oiz-ovQia,  olx-ovQiog  :  olyiovQiw 

Svg-,  Xitp-ovQso)  :  dvg-ovQeü) 

(-oxia)  x«x-,    x,kT]Q-,    da-,    qaßö-,    ayttjrtT-,    CKXTjQ-ovxla  :  ö^-, 

xax-,  nXrjQ-,  qaßö-ovxicü 
TtoXv-oxUa  :  7ToXv-oxXeo(.iaL 
€v-,  TtoXv-,  v7t-oipla,  STt-,  vTt-oifJiog  :  ev-oxpiu 
TCaXa/iivalog  :  TtaXufivdo) 
TtazayeXov  :  rraTayso) 
ex-Ttdriog  :  iy.-7caT60) 

efi-j  TtoXv-TteiQia,  raXa-Tteigiog  :  t(.i-7tEiQm 
TteTtoi^la  :  cf.  ftsTioid^tj-aig 
Jteqaiog  :  TtEgdo) 
TreTQolog  :  TtezQoio 

rav-,  a-Krjvo-Ttrjyla,  -JtrjLOV  :  vav-,  a-Krjvo-Ttrjyho 
JtBQL-TiXdvLog,  nXdviog  :  TtsQi-TrXavdio,  TtXavdio 
TtXataywviov  :  TtXarayMviu) 
7tXr]&a)QLa  :  TcXrjd^coqiofxai 
ev-,  o/iio-,  raxv-nXdta  :  ev-  etc.  TtXoiu) 
TrXoKiog,  TToXv-TtXoxia  :  -TrXoxio) 
TtXovacog,    TtoXv-TcXovaiog,   cpiXo-TtXovria  :   TtXovtico,    tcoXv-, 

cpiXo-TrXovrio) 
Ttvev/ndriog  :  TtvetfiaTOfo 
Svg-,  rtoXv-TCVOia  :  övg-rtvoiw 
o^v-,  TtoXv-,  TQL-7toöia,  Tiaq-,  Tteqi-,  TtoXv-^  TtQO-rtööiog  :  o^v- 

nodio) 
eTti-Ttod^ia  :  STtTtod-iiu 
ayad-o-,  dvÖQtavto-,  yiXtoTO-,  öeiTtvo-,  ^^o-,  v^at/zoro-,  yiaivo-, 

Xoyo-,  odo-,  oivo-,  ovo/naTO-,  oxpo-,  Ttaido-,  TtertXo-,  Ttrj- 

Xo-,  TtlXo-,  TtXLvd^O-y  TtXovtO-,  TtOQO-,  OlTO-f  TElXO-f  T£XVO-, 

TEQaro-Ttoiia  :  dyad^o-  etc.  tcoUw 
TtOLvctiog  :  rtoivdw 

öixaa-,  d^vt]-,  ov€iQo-7toXia,  ^vt]-7c6Xiov  :  diy,aa-  etc.  TtoXico 
TtoXif^iLog,  s/ii-,  7tQO-7toXl(.iLog  :  TtoXejiiea),  Ttgo-TtoXe^iiio 
Ttrjvoqia,  fAvao-,  (pLXo-TtovrjQia  :  juiao-,  q)tXo-7tovr]Q6(o 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  II.  137 

(.laraio-,  f^uoo-,  noXv-,  oixo-,  (piXo-novia  :  (.lataio-  etc.  Ttoviw 
oiXrj-TtOQÖia  :  ailrj-TtoQÖuo        moXi-TtoQO^wg  :  TtOQd^ito 
(j.(xy.QO-,    €v&v-,   f.i€T€to(jo-,    wüTO-,   oöoi-,   itsto-TtOQia  '.  ev^v- 

etc.  TtoQecü 
«-,  EV-7tOQLa  :  a-,  ev-rtoQiio 

TTOQfpVQElOg,    €0g    :    7T0Q(fVQicü 

dvg-,  Ev-TtoTf-da  :  dvg-,  Ev-TtoTfiiio 

di'Kaio-,   SV-,   -KOLVO-y  (,iaTato-,  olxeio-,  OQd^o-JTgayla  :  diy.aio- 

etc.  TtQayiio 
7tQOT€Qaiog  :  TtqoTEQHo  TtvKvala  :  ttvxvow 

TCvXaiog  :  nvXotii  TtvQtovla  :  TCVQcoveof-iaL 

f.iovo-,  TtavTO-TtwXia,  SQto-,  /novo-,  oIvo-ttwXlov,  /wqo-,  navzo-s 

TtVQO-,    QtüTlO-TttüXEloV    l    /LtOVO-   CtC.    TtOjXilO 

zaXai-TttüQia  :  raXaL-Tttoqiw 

alfio-QQuyla  :  aif.ioQQayi(jü 

'/,axo-QQag)li]  :  vgl.  /irjxccvo-qacpiw 

o^v-QEyf-iia  :  d^v-QEy(xito 

/lEyaXo^qYifxovia  :  /iiEyaXoQQi](.iovi(x) 

Qod^wg,  6jno-,  TtaXiQ-,  TtoXv-qöd-iog  :  god^ito,  Ofio-god^io) 

dvg-,  €v-,  TtaXiQ-,  TtoXv-qoia  :  dvg-,  ev-,  /taXig-QOEco 

iao-QQ07tia  :  laoQQOTvia) 

«-,  EV-,  o/iio-QQvd^f-ua  :  d-Qvd^f.iiio 

d-,  TCoXv-,  cpt,Xo-aaQxla  :  a-  etc.  aagzico 

aEtqatog  :  asigdio 

oe/iveIov  :  0E(.iv6(M  : 

aid^QELog  :  aidrjQoct) 

a-,  i-iovo-,  oXiyo-,  Ttaqu-,  TtoXv-airla,  STtiaitiog  :  d-,  Ttaqa-, 

[xovo-,  oXiyo-,  ovo-oitiia 
OTiaXrjvia  :  axaXrjvöo) 
ofio-,  naqa-,  av-axrjvla,  tveqi-,  tvqo-,  vTto-ontjviov  :  ofio-,  av- 

axr]V€0) 
aytOTtia  :  axoTtso);    l^vo-,    olwvo-,   oqvid^o-,   naXiv-,  7taXf.io-, 

TEQttto-,  iO(jo-OY.07tia,  olwvo-,  TtQo-,   cüQO-oyiOTtiov  :  Ixvo- 

etc.  0710  7t SU) 
aoq)la,  d-,  (piXo-oocpia  :  d-,  q)iXo-ac(psit 
aTtsiQcüa  :  aTtsigdio 

üTtsQ/isTog,  Ttav-,  7toXv-07TEqf.da  :  Gitsqixoio 
OTtXrjviov  :  ojrXrjvoo) 
OTtovdslog  :  Ttaga-OTtovöso) 
jtaido-OTioQLa  :  Ttaiöo-OTTOQSO) 


138  A.  Fick  und  A.  Führer 

xevo-artovdla  :  /.evo-aTtovöiio 

TtoXv-arißla  :  arißeo) 

TtoXv-,  TQL-GTiyJa  :  arixccm 

arnixeiov,    dvzi-,    Ttolv-,    ov-aioiyla  :  aroixiio,    dpzt-,    ov- 

OTOLXtlO 

^rjXv-,  vav-OToXla   :  ^rjXv-,  vav-GToleio 

iXevOsQO-,  £v-,  d^qaov-,   Xaßqo-,    7caxv-oxof.iLa,    Tteqi-a'touLog^ 

rCQQ-axö^iLOv  :  eXevd-€QO-,  ev-,  d^Qaav-,  Xaßqo-,  rcayv-ato- 

jiieco 
(fiXo-Gtoqyia  :  rpiXo-aTOQyeto 
ev-aroxia  :  Ev-OTOxico 
ar^aTid,  OTgariog  :  OTqaTÖio 
XuTio-OTqaxia,  log  :  XuTto-otQariw 
üTQayyaXia  :  avQayyaXoto 
aTQOcpaios,    OTgorpeiov,    av-,    rtoXv-,    Gv-arqofpia  :   argoffsio, 

rjrio-OTQO(pew 
UQO-avXia  :  )eQO-ovXi(.o 
Xayo-,  liirjXo-,  ovo-,  rexro-oq^ayia,   acpayeXov  :  firjXo-,   tuiqo- 

acpayeto 
d-,  y.a'/.o-oxoXia,  axoXalog  :  d-,  7.aKO-ffxoXeio 
Tavqeiog  :  TavQOCO 
d-racpia,  xero-zdcpiov  :  y,EVO-Tarpi(o 
tv-,  TToXv-,  (piXo-TEAvia  :  sv-,  iioXv-,  rpiXo-Tey.veo) 
zeXevTalog  :  reXevtdio 
rcav-ZEvxia  :  TEvyiio 
TE(pQaiog  :  te(pq6o) 
€v-,  '/.ano-,  noXv-,  cpiXo-,  ipsvöo-tExvia,  y.aAO-TEXviov  dUr^  :  ev-, 

y.aY,o-j  cpiXo-TExveco 
Tif.uog  :  Tifidu),  (piXozif-iia  :  cpiXo-Tif.iio(.i(xt 
didv/iio-,  dvg-,  TcaXiv-,  TtoXv-,  jtQiozo-,  ouoXrfAo-,  lEgaio-,  lo/no-, 

(t)o-Toxia  :  diövfto-  etc.  ro/.ho 
a-,  EV-roX/iiLa  :  d-,  ev-toXjueco 
öixo-,   yiaivo-,    Xil^o-,    ofirpaXo-,   ogi^o-,   QiCo-,    QVfio-,  axtro-, 

vXo-,  ovv-xof.da,  roj-iiog  :  diyn-  etc.  tof-dio 

a-,     EV-,     /ilOVO-,     71EQI-,     7CQ0XEIQ0-,    OVV-,    yElQO-TOVia,    7tEQl-x6~ 

vaiog,  -TovELog  :  d-  etc.  tovho 
tqu/veIov  :  TQaTCEiü 

TtEQi-TQax^Xiog,  ay.XrjQO-TQayjjXt'a  :  ayiXt]QO-TQaxr]Xi(t) 
XQayrjXLOLog  :  XQaxrjXidw 
^fjQO-,  Ttaido-XQißla,  7t(xido-XQißE7ov  :  ^)]Q0-,  Ttaiöo-XQißetü 


Die  suffixlosen  ^Nomina  der  griech.  Spr,  II.  139 

TQitalog  :  zgiTato  oQd^o-XQixia  :  oqd^o-tqix^it} 

TQorraiov,  aiog,  7iQog-TQ67taiog  :  tqojtaw 
■KCiy.0-,  6 (.10-,  TTahv-,  TtoXv-,  vTto-tqoTtia  :  -/.a-Ko-,  6/no-TQ07t€u) 
et-,    aQf.iaTO-,    yrjQO-,    Cwo-,    Ititzo-,    yttrjvo-,    ^evo-,    ogviS^o-, 

Ttaiöo-,    7volv-,   Tttoyiovo-,   rtojXo-,    OKia-,    Teyivo-TQog)ia, 

7tTcox,o-,  x^iQO-TQOcpeiov  :  d-  etc.  rqücpiio 
TQOXCclog  :  TQOxdo) 
TCQO-TQvyawg,   Tovyaiog  :  TQvydto 
trjlo-,   areQvo-,   x«;f<«t-,   xoQOi-Tvrtia,  x^^^o-,  x<^,ucit-Tvrc6iov  : 

trjXo-  etc.  TVTieoi 
Tvqavvia  :  xvQavvtia 
TVXatog  :  vgl.  d-Tvxeio 
vögaiog  :  vöegdu 

ev-,  Xeafj-,  TtoXv-vögla,  Xeiip-vdQiov  :  ev-,  keiip-vdgiü) 
i(p-vfiviov  :  vjiivicü 
v7t€QT€Qla  :  VTteqteQta) 

d-,  dyg-,  TtoXv-vnvia,  Ev-vnviog  :  a-,  dyQ-VTtvsofiai, 
vOTBQCuog  :  varsQeto 
dÖYj-,    dvdqiüTto-,    ^too-,    ^i]QO-,    oipo-,    tvixqo-,    Ttotj-,    itoXv-, 

oaQy.0-,  TSKVO-,  io(.io-q)ayia,  TtQog-cpdyiov  :  dörj-  etc-  q)a- 

yeo) 
ßXaa-,  dvg-,  ev-,  Ttolv-cprj^ua  :  ßlaa-,  övg-,  £v-fpr]/iieo) 
d-,  dXXrjlo-cpd^ovia  :  vgl.  d-(fd^6vr]Tog,  hti-ipd^ovbü) 
cpd^OQia  :  (pd^oqiio,  oixo-,  7taiöo-(p&OQia  :  oixo-,  Ttaido-cpd^OQao) 
(piXia,  cpiXiog  :  (piXeco,  TtoXv-cpiXia  :  TtoXv-cpiXrj-xog 
(pl7jvag)la  :  q)Xr]vaq)i(o 
(pXvagla  :  cpXvaqlio 
oivo-(pXvyia  :  oivo-cpXvyeü) 
a-,  vdqo-cpoßia  :  d-cpoßrjvog,  vdQO-(poßico 
(uai-,  ^evo-cpovla,  v7io-(p6via,  cpoviog  :  (.iiai-,  ^&vü-(poveio 
IrtTto-ipOQßia,  vo-rpoQßsIov,  fpogßeid  :  htTto-cpoqßiio 
d-,    dx^o-,    €v-,    doQV-,    -/.avi]-,   fitjXo-,    (uad^o-,    viyirj-,    ^rjQO-, 

TtXrjQO-,  7CoXv-,  aeXao-,  Gidr^-,  oyiacprj-,  aTtcpavrj-,  reXeri]-, 

vöqo-,   xQ^oo-,    ipr]q)o-(poQia,   ix-,  ^eofio-,  naaro-cpoqiov, 

(pOQEiov  :  d-  etc.  rpogeio,  cpoqho 
vo(.io-,  OTiLöd^o-,  7ioXiTO-g)vXa}cia ,   d^r]aavqo-cpvXdy.iov ,   vofio-, 

aLTo-(pvXa'/.Eiov  :  vo(.io-  etc.  cpvXay.Ho 
dia-,  ^evo-,  o/iio-,  ofioio-,   o^v-,   TtoXv-,  Gvf.i-,    xavzo-,   tqaxv- 

cpwvia  :  öia-  etc.  (ptüvecu 
xdXytsLog,  tag  :  x^^^^f^^^ 


140  A.  Fick  und  A.  Führer 

ey-,  «TTt-,  TCoXv-xEiQia,  ytaxa-,  v7to-xsiQiog,  x^iQiog  :  ey-,  iftt,- 

xeiQsio,  xeiQoo) 
X^QOcciog  :  x^Q(^oio 
X^QCxiog  :  x^/Qoco 

oivo-y  TtoXv-,  xQ^'^o-xota,  vöqo-,  xQVdo-xoeiov  :  olvo-  etc.  xo«w 
Xokaiog,  x^^i^og  :  yoKom 
axga-,  o^v-xoUa  :  dy.Qa-,  o^v-xoliio 
st€q6-,  ojLio-XQOia  :  erego-,  b(.io-XQolo) 
XQOvla,  XQ^^tog,  oliyo-xQovia,  oliyo-,  rrolv-XQOViog  :  vgl.  ciw- 

XQOviio 
XQvaeiog,  £og  :  x^üorow 
dvg-,    TtoXv-,    (pLko-xwQia,    STti-,  jcqog-xioqLog  :  vgl.  dvg-xtoQrj- 

Tog,  (piXoxwQStD 
7co6o-\po(pLa  :  ipoipsio 
xpvx^lov  :  ifjvxatü 

Xeirto-,  i.uy.QO~,  oliyo-^  cpiXo-ipvxicc  :  Xurto-  etc.  ipvxia 
(-lodia),  xid^aq-^  'KCüf-i-,  fiel-,  fiov-,  rcaXiv-,  Ttag-,  Tcqog-,  Qcttp-, 

TQuy-,  vf.iv-,  x^'Jt^/t-wfJm,  codsiov  :  xtd^ag-  etc.  -i^dio) 
Ttegi-,  TVoXv-wdvvia  :  Ttegi-iodwico 
sQy-,  iTtTt-,  oip-iovia,  lovLog  :  egy-  etc.  tovsio,  lovio} 
£7t-,  STSQ-,  d-e-,  6(.i-,  Ttaq-,  rtoXv-,  avv-,  (peQ-iovvf.ua,  stv-,  oft-, 

7taQ-(üvvfuog  :  S7t-  etc.  lovvfiEO) 
afißXv-,  dvg-ü)7iia,  vTt-coTTiov  :  dfißXv-,  övg-corteofiai 
oXiy-,    TtoXv-,    axai-,    oy.ev-,    Tifi-toQia,    ve-ioQiov  :  oXiy-  etc. 

logiü) 
ye-,    tOLx-,    TVfiß-wQVxicc,   aiörjQ-wQvxelov   :   ye-,   toix-,  rvfiß- 

toQVxecü 
Ev-ioxict  :  £v-uüxloi 

Als  besondere  Gruppe   führen  wir   zum  Schluss  diejenigen 
Palle  auf,  in  denen  vor  dem  e-Je  ein  r  erscheint,   das  im  No- 
men vor  la  in  der  Regel  in  o  verwandelt  wird. 
UV-,  dvg-,  €v-aia&rjaia  :  öug-,  ev-,  i^av  aia^tjtea) 
avaiaxvvTia  :  dvaiaxvvTäo) 
dvrjy,ovaTia  :  dvtjxovoteoj 
dvg-,  ev-agearla  :  dvg-,  sv-ageareio 
dv-,  sv-aQfioozia  :  dv-,  av-ageoTetü 
Xvxv-,  xfi^-ttJ/^t«  '■  x^f^-OTTTect; 
dftffi-,    tTtL-,    Tcarai-,    ogei-,    naqai-,    tvqo-,  vTtEQ-ßaaia,  rtqo- 

ßaria,  xara-ßdaiov,  ■Kctzai-ßdoiog,  jtoXv-ßäiuog  :  -ßateat 
£v-ßXdo%eia,  la  :  ßXaarij-aio 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Spr.  II.  141 

a-,  o^v-,  TtQO-ßXsipia  :  a-,  o^v-,  Xo^o-ßXemici}  > 

/iivQO-ßXvaia  :  f.ivQO-ßXvt;ho 

yeqavo-,  ev-,  x^jvo-ßoata  :  ßoriio,  ev-ßoTio(.iaL 

ßoMTia  :  ßoioreot  anQO-ßvGTia  :  ccAQO-ßvaTuo 

a~yeXaaxia  :  d-yeXaoTsio  a-yevorla  :  vgl.  olvo-yevaztio 

TCQO-,  (piXo-yviivaaria  :  (piXo-yvf.ivaaTSio 

yeio-,  XQUo-,  Ttav-öaiaia,  Ini-daiaiog  :  •/.geio-dairstt) 

cpiX-EV-,  ei-arco-du^La  :  (piXev-ösiKTiio  (daxTiXo-öecxTeiü) 

deafcoaiog,  (piXo-deonoTia  :  ÖEOTtoxiio,  (fiXo-deaTcoteia 

avvrco-drjaia  :  ävv7To-dt]THo 

dmaio-,   &€Qf^io-,  /iuad^o-,   olvo-,   ttuv-,   7tQ0-,   olto-,  xQt^afio- 

öoTEio  :  dixaio-  etc.  dozeio 
a-dvvaria,  a-övvaata  :  a-dwaxio) 
XcoTto-,  Ttav-dvoia,   XtoTto-dvalovdUi],   lak,  ßeXo-dvtia,   hi-dv- 

aiog  :  TQcoyXo-dvTeto 
sv-sKTia,  EV-,  xa;f-,  fxeiov-,  oXiy-,  nXeov-E^ia  :  ev-  etc.  eutscü 
sXaala  :  v.  -rjXaaia 
ovo-,  EV-EXTtiöTia  :  dvg-,  Ev-EXrciaTiu) 
d-EXmia  :  d-EXmiio 
EfxEala  :  Sva-E/^ETsco 

dfj^-,  huLÖ-,  (piX-EQuoTia  :  naid-,  (piX-EqaaTEio 
Ev-EQyEOia  :  Ev-EQysrsiü;  vgl.  dyEioQyijala,  dXEiTOVQyijaice,  rtEQL- 

EQyaoia 
a-avv-,  Ev-avv-EGia  :  ow-eteco 

EV-,  Y.VV-,  od-,  TTod-,  rcQO-rjyEoia  :  y.vv-,  öd-,  7Toö-r]yET€io 
oQ^iar-,   ßo-,   Csvy-,    d^E-,    l^v-,    xcoTt-,   Xe-,    ^ev-,   oIgzq-,  ov-, 

TtOLV-,   Qiv-,   GTQar-,   TQOx-rjXaaia,  i/tfC-r]Xdaiog  :  dQfiav- 

etc.  rjXaTEw 
dv-r]XELipia  :  vgl.  cpiX-aXEiTCXEO) 
VTC-tjQEaia,  vrc-rjQEOLOv  :  vji-yiqeteo) 
ßiaio-,  £v-&avaaia  :  ßtaio-,  dvg-&avaTEio 
a-,  dyiovo-,  ad-Xo-,  d^EGf.10-,  Xoyo-,  vof.10-,  vov-,  ovofta-,  Ttaq-, 

avv-,   TOTto-,  xELQo-d^Eoia,  -/.ara-d^aaiov  :  d-,  dyiovo-  etc. 

^ETEIO 

Ev-&i^ia  :  Ev-{^iy.tE(o 

d-vaia,  ßov-,  tioo-d^vaia,  lEQo-d^vaiov  :  ßov-,  tioo-,  lEQO-i^vtEia 

Xv/vo-xavTia  :  Xvxvo-KavtECü 

a-,  ßgaöv-,  dvg-,  ev-,  ■rtoXv-Y.ivrjaia  :  d-xivrjTiat 

a-xoXaoTia  :  dytoXaaTew 


142  A.  Fick  und  A.  Führer 

dnvQO-,    ftSQO-,    xaAAt-,    xotvo-,    v,vqio-,    oo&o-Xe^la   :   a^vQO- 

XiyiTr]rog,  ■/.aXXi-  etc.  Xsxrsco 
ßQaxvxava-krj^la  :  ßoaxvyMTa-Xrj-KTew 
axara-,    dvÖQO-,    dcoQO-,    etil-,    d^eo-,  7tqoöO)7to-%ri\pia,  (loi^o- 

XrjTtTia  :  azara-,  öcoqo-,  ^€0-,  TCQOOtoTto^Xi]7tvho 
d-,  ev-loyiOTia  :  d-,  tv-XoyiaTea) 
d-,    CsGTO-,    d-£Qf.io-,    ilivxgo-Xovaia,    -i^EQf-io-XovTia   :   a-  etc. 

lovzeco 
Ev-Xvala  :  d^cgo-,  XQEOi-XvTto) 
TiaTa-i^iioTiog  :  y.a'va-fj.BGToto 
d-f.ivriöTia  :  d-/iivr^aveo) 
dv'OQE^ia  :  dv-OQexvew 
d-OQiOxla  :  d-ogiaTeco 

avT-,  src~,  VTtSQ-oipla,  VTtEQ-OTtvia,  zaT-oifnog  :  avt-07tTEia 
a-,  ßgadv-,  övg-Ttstpla  :  d-  etc.  TtETtTsoj 
(piXo-TtEvazla  :  cpiXo-TtsvoTeco 
d-,  övg-,  ev-TtiGTia  :  d-,  övg-Ttiareo} 
d-,   dvÖQO-,    ^coo-,    &60-,    i€QO-,   ^ivd^o-TrXaGTia  :  Ccoo-,    d-eo-, 

(xvd^o-rtXaotioi 
d-,  ddia-,  ^ao-TtvsvGTia  :  ddia-TtvevGvto) 
ax^aro-,  yaXay.TO-,  Xaßqo-,  olvo-,  oXiyo-,  rcoXv-,  gv(.i-,  vöato-, 

vÖqo-,  cpaQ^iay.0-,  cpiXo-,  xfjvxQO-TtoGia :  dy.Qaro-  etc.  TiOTeu) 

d-,    TtEQlGGO-,    TCQWCO-TtQCX^ia    :    a-,    TtEQlGGO-TTQaXTEO) 

dg-,  ev-QtoGTia  :  dg-,  ev-qcogteiü 

VEVQO-GTtaGTia    :    VEVQO-GTtaGTEO) 

dnO-j    ÖLXO-,    E7tL-,    EQyETtL-,    tvyo-,    XlVO-,    odo-,    TVQO-,    rCQtüTO-, 

XOQO-,    ipvxo-GTUGia,    d/to-y    dTtgo-azaGiov    öi^i],    Ircrto- 
ovo-GxdoLOv,  iGo-GTaGiog  :  djto-  etc.  GTavEiü 

dverti-GTQEXpla  :  dvEJTL-avQErtTho 

d-,  ev-Gq)v^ia  :  d-Gcpvureo} 

E7tL-y    VTlO-GXEGia    ;    Vgl.    ÖVGava-GXETEO) 

q)t,Xo-Gu)/.iccTia  :  cpiXo-GCüfiaTEto 

d-,    Ev-,    XELTCO-ra^ia,    XEiTto-za^iov    dUt]    :    d-,    ei-,    Xehvo- 

xav-TEio 
d-zaga^ia  :  d-raga^TEü) 
d-,  dvasv-TEv^ia  :  d-TEvxTEO) 
d-TiGia  :  dxitEti) 

\eqo-,  Gvxo-q)ttvzia  :  tEQO-,  Gv)io-q>avTEOj 
d(.i-,  TtaQttL-,  TtoXv-cpaGiTf]  :  vgl.  lat.  falenr  :  (fatog 
7tQ0-(pd^aGia  :  vgl.  /.aTa-cpd^atEOf^aL 


Die  suffixlosen  Xomina  der  griech.  Spr.  II.  143 

(pleyiiiaaia,  ?^£vxo-(pXsyjiiaTia  :  Isvyio-cpXeyftaTho 

a-cpQoviLOTia  :  a-cpQovTiOTf'io 

d-(pvka^ia  :  (xcpvXaATtio 

d-xccQLOTia  :  dxaQiortco 

d-eo-yioXiooia  :  d-to-xüXcortof-iaL 

TTolv-,  fpiXo-yQi]/iiaTia  :  noXv-,  (fiXn-yqt^f-iaiho 

d-,  dvg-,  rroXv-yqrjöcia  :  a-,   dvg-yqrjGTho 

o^x-,  GW-,  v/t-cüf-ioaia,  lak.  iv-oj/novla  :  OQ/.-coiiiOTfa) 

yßLQ-ojva^ia  :  yuQ-cova'KTeo) 

Die  vorstehenden  Uebersichten  sollen,  wie  S.  121  bemerkt 
ist,  den  Umfang  veranschaulichen,  in  welchem  Nominalstärame, 
in  denen  man  ein  besonderes  nominales  Suffix  Ja  bisher  ange- 
nommen hat,  nur  als  die  nominalen  Vertreter  ihnen  gegenüber- 
liegender identischer  Verbalstämme  zu  betrachten  sind.  Absicht- 
lich haben  wir  die  Untersuchung  auf  ganz  sichere  Gruppen  be- 
schränkt, und  die  Frage,  ob  oder  in  wie  weit  überhaupt  ein  Nomi- 
nalsuffix Ja  anzuerkennen  ist,  vorläufig  ganz  unberührt  gelassen. 

Zu  den  drei,  in  der  Abhandlung  über  das  angebliche  a- 
Suffix  besprochenen  und  S.  19  zusammengestellten  Typen,  fü- 
gen wir  nun  einen  weiteren,   vierten  hinzu: 

4.  Verbalstämme  auf  Je  werden  als  Nominalstämme  ver- 
wendet. 

In  allen  hierhergehörigen  Fällen  ist  die  fable  convenue  von 
einem  besonderen  Nominalsuffix  Ja  zu  verwerfen,  da  der  Nach- 
weis schwerlich  gelingen  wird,  dass  die  offen  vorliegende  und 
nicht  zu  bestreitende  Identität  der  nominalen  und  verbalen  Ja- 
Stämme  nur  scheinbar  oder  zufällig  sei. 

A.  Fick. 
A.  Führer. 


Zur  Lehre  vom  lateinischen  Vocalismus. 

Wer  lateinische  Wortformen  wie: 

apicem  :  apex,  cavdicem  :  caudex,  cimicem.  :  cimex,  codi- 
cem  :  codex,  corHrem  :  cortex,  culicem  :  rulex,  deyiticem  :  den- 
fex,  fnrßcem  :  forfex.  forpicem  :  forpex ,  fruticem  :  frutex, 
tUcem  :  ilex,  imbricem  :  imbrex,    irpicem  :  irpex,    lahcem  :  la- 


144  Leo  Meyer 

ieXf  lauricem  :  laurex,  müricem  :  mürex ,  paeKcem  :  paelex, 
paniicem  :  pantex,  pudicem  :  pödex,  pollicem  :  pollex,  ptiUcem  : 
pülex,  pümicem  :  pümex,  rämicem  :  rämex,  rumicem  :  r*Amex, 
rupicem  :  rupex,  scatüricem  :  scaiürex,  silicem  :  silex,  ulicem  : 
ulex,  verticem  :  Vertex,  vindicem  :  vindex,  vUicem  :  vltex,  utri' 
plicem  :  ätriplex,  arii-ßcem  :  artifex,  aurificem  :  aurifex,  car- 
ni-ficem  :  carnifex,  mellißcem  :  mellifex,  münißcem  :  münifeXy 
opißcem  :  opifex,  pontißcem  :  pontifex,  signißcem  :  signifeXf 
auspicem  :  auspex,  exlispicem  :  exlispex,  haruspicem  :  haruspex, 
indicem  :  index,  jüdicem  :  Judex,  ohicem  oder  objicem  :  ohjex, 
subicem  :  subjex,  Ulicem  :  Ulex,  simplicem  :  simplex,  duplicem  : 
duplex,  triplicem.  :  triplex,  qvadruplicem  :  qvadruplex,  qvincu- 
plicem  :  qoincuplex,  septemplicem  :  septemplex,  decemplicem  : 
decemplex ,  ceniuplicem  :  ceniuplex ,  sesqvipUcem  :  sesqviplex, 
multiplicem  :  multiplex,  complicem  :  complex,  supplicem  :  «mjo- 
jo/ea;  ,•  —  bellicus  :  bellum,  canticus,  canlicum  :  cantum,  caeli- 
cus  :  caelum,  colönicus  :  colönus,  dominicus  :  dominus,  Galli- 
ens :  Gallus,  histricus  :  histrum,  lustricus  :  lustrum,  modicus  : 
modus,  pasticus  :  pastus,  pairicus  :  patrem,  publicus  :  populus, 
tenebricus  :  tenebrae,  ünicus  :  «2«mä,  väricus  :  »arMS,  vilticus  : 
villa,  candicat  :  candet,  Claudicat  :  claudus,  crispicans  :  crt- 
Ä/)WÄ,  fabrica  und  fabricai  \  fabrum  ,  fellicat  :  Jellal,  nigri- 
cat  :  nigrum ,  övicat  :  oümw  ,  pastillicat  :  pastillus ,  manica  : 
mawMS ,  pedica  :  compedem ,  senica  :  senex ,  porticus  :  poria, 
mordicus  :  mordet,    lüdicer ,    lüdicrum  :  ludere;  beneßcus, 

blandißcus,  calörißcus,  candißcus,  damnißcus,  frtgorißcus,  fü- 
mißcus,  furtißcus,  honorißcus,  hosiificus,  justificus,  laetificus, 
länißcus,  largißcus,  lucrißcus,  luctißcus,  magnißcus,  maleßcus, 
mirißcus,  nidißcus,  päcißcus,  regißcus,  saxißcus,  somnißcus, 
spurcificus,  superbißcus,  täbificus,  terrißcus,  tristißcus,  vastißcus, 
veneficus ;  aedißcat,  amplißcat,  cänificat,  felißcat,  grätißcor, 
lüdißcor,  modißcai,  orbißcat,  pürißcat,  rümißcat,  sacrißcat, 
signißcat,  testißcor,  velißcor  :  facere ;  auspicat,  auspicor,  con- 
spicor,  suspicor  :  specer e ;  —  aßß,cit,  conßcit,  deficit,  eßicit, 
inficit,  interßcit,  oßicit,  perßcit,  praeßcit,  prOßcit,  reßcit,  svßi- 
cit  :  facit ;  allicit,  delicit,  elicit,  illicit,  pellicit,  prölicit  :  ladt, 
allectum ;  aspicit,  circumspicit,  conspicit,  despicit,  dispicit,  in- 
spicit,  intröspicit,  perspicit,  p^röspicit,  respicit,  retröspicit,  suspi- 
cit,  transpicit  :  specit ;  abjicit  oder  abicit,  adjicit  oder  adicit 
circumj'icit,  conjicit  oder  conicit,  dejicii  oder  deicii,  disjicit  oder 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus.  145 

disicit ,  ej'icit  oder  eicii,  injicit  oder  inicii,  interjicit  (oder  in- 
terjacit),  objicit  oder  ohicit,  projicit,  rejicii  oder  reicit.  suhjicit 
oder  subicit,  träjicit  oder  träicit  :  j'acit ;  amicii  :  jacit ;  — ;  con- 
ticet,  obiicet,  reiicet  :  tacet ;  displicet  :  placet ;  enicat  (oder  ge- 
wöhnlich enecai)  :  necat ;  praesicat  (oder  gewöhnlich  praesecat) 
:  secai ;  —  ilicö  oder  illicö  :  locus ;  difficul  :  facilis ;  —  centi- 
ceps  :  centum,  cornicen  :  cornu-,  liiicen  :  lituus,  iuhicen  :  <MÄa,- 
misericors  :  miserum ;  —  dönicum  :  dönec;  undiqve  :  unde ;  — 

pepigii  :  pangit,  ietigit  :  iangit  ,•  —  remigem  :  remex;  abi- 
ga  :  agere;  prödigus  :  agere;  indigus  und  auch  mc^ep'e*  :  egere;  — 
cldrigat,  ßammigat,  fümigat,  gnärigat,  inhümigat,  lemgai,  lili- 
gat,  mitigai,  nämgat,  remigat,  rümigat,  venirigat,  mtiliiigat  : 
agere;  —  abigit,  adigit,  ambigit,  exigit,  inigit,  prodigit,  red- 
igit,  subigit,  transigit,  prösubigit,  iransadigit  :  agü;  arrtgit, 
corrigit,  dirigit,  erigit,  porrigit,  subrigit  oder  surrigit,  suberi- 
gü,  exporrigit  :  regit;  colligit,  deligit,  düigit,  diligens,  indili- 
gens,  religens,  seligit,  praeeligit  :  legit ;  —  indiget  :  eget ;  — 
äliger  :  äla,  astriger  :  asirum,  auriger  :  aurum,  cläviger  :  cid- 
vOy  corniger  :  cornu-;  —  indiges  :  indo  =  endo;  — 

adipem  :  adeps ,  forcipem  :  forceps ,  principem  :  princeps, 
pariicipem  :  particeps ,  mancipem  (neben  altem  mancupem)  : 
manceps,  münicipem  :  müniceps,  vesiicipem  :  vesiiceps,  deincipem  : 
deinceps;  desipem  :  deseps  ; —  aniicipat,  mancipai  und  emancipat 
(neben  mancupaf  und  emancupat) ,  participat  :  capere ;  dissipat 
(neben  älterem  dissupai),  obsipat ;  —  abripit,  arripit,  corripit, 
deripit,  diripit,  eripit,  praeripit,  pröripit,  surripit :  rapit ;  accipit, 
concipit,  decipit,  excipit,  incipii,  intercipit,  occipit,  percipii,  prae- 
cipit,  recipit,  suscipit  :  capit ;  consipit,  desipit,  praesipit,  resipit, 
subsipii  :  sapit;  insipit  :  dissupat  und  dissipat;  —  ancipes  : 
anceps ,  teriicipem  :  terticeps ,  occiput,  sinciput  :  caput ;  —  äli- 
pes  :  äla ,  cornipes  :  cornu-,  länipes  :  läna ,  octipes  :  octo , 
pinnipes  :  pinna,  plänipes  :  planus;  Marcipör  :  Marcus,  Quin- 
pör  :  Quintus ,  Lücipör  :  Lucius,  Publipör  :  Publius ;  libri- 
pens  :  libra ;  centiplex  (neben  centuplex)  :  centum;  atriplex 
neben  aTQ&q)a^ig;  — 

regibus  :  regem ,  legibus  :  legem ,  ßöribus  :  ßörem ,  homini- 
hus  :  hominem;  sensibus  :  sensu- ,  fructibus  :  fructu-,  cornibus  : 
cornu- ,  manibus  :  manu- ,  domibus  :  domu- ,  poriicibus  :  porti- 
cu- ;  —  caelibem  :  caelebs;  intibum,  intibus  (neben  intybum, 
intybus  und  intubum ,    iniubus) ;  —    adhibet ,    cohibet ,    dehibet, 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I.  \Q 


146  Leo  Meyer 

dirihei,  exhibet,  inhibet,  perhibet,  praehibet,  prohibet,  redhibei  : 
habet;  —  Mulciber  :  mulcei ;  — 

aqvilifer   :   aqcila ,     armifer   :   arma ,     arundifer  :  arundo, 

aurifer  :  aurum ,    bäcifer  :  bäca ,    cönifer  :  conus ,    fruciifer  : 

fruciu-,  laurifer  :  laurus ,  sagittifer  :  sagiita ,  sqvämifer  :  sqvä- 

mci ,  umbrifer  :  utnbra ;  aurifex  :  aurum,  carnifex  (neben  car- 

nufex)  :  carnem,  opifex  :  opus,  signifex  :  Signum;  -— 

älitem  :  täles,  ämiiem  :  ämes,  caelitem  :  caeles,  caespitem  : 
caespes ,  cir eitern  :  circes ,  cocliiem  :  cooles,  comiiem  :  comes, 
dtvitem  :  dives ,  0qvitem  :  eqves ,  fömiiem  :  fömes ,  gurgitem  : 
gurges ,  hospiiem  :  hospes ,  limitem  :  limes ,  mergitem  :  merges, 
milüem  :  miles,  palmiiem  :  palmes,  peditem  :  pedes,  poplitem  : 
poples ,  satellitem  :  saielles ,  sospitem  :  sospes ,  sVipiiem  :  stipes, 
tarmitem  :  tarmes ,  termiiem  :  termes ,  irämitem  :  trämes,  tudi- 
tem  :  iudes,  velitem  :  veles ;  —  capitis,  ancipitem,  praecipitem, 
bicipitem,  tricipitem  :  caput;  —  antisiilem  :  antistes,  praestitem  : 
praestes,  superstitem  :  super sies ;  —  agitat  (alt  agetat)  :  agens, 
fugitat  :  fugiens,  indigitat  neben  indigetat,  eqvitat  :  eqves,  qvae- 
ritat  :  qvaerens,  appelliiat  :  appellat,  clämitat  :  clämat ,  crepi- 
tat  :  crepat ,  diciiiai  :  diciat ,  habitat  :  habet ,  rogitat  :  rogat, 
tolitat  :  volat  ff.;  paenitet;  —  amita,  abamita,  proamita ;  fre- 
mitus  :  fremo,  genilor  :  genetrix,  abolitus  :  abolet,  deliior  :  de- 
let ,  exercitus  :  exercet ,  licitus  :  licet ,  libitus  :  Übet ,  meritus  : 
meret,  monitus  :  monet;  attonitus  :  tonat,  crepitus  :  crepat,  do- 
mitus  :  domat ,  veliius  :  ceiat ,  hälitus  :  hälat ,  spiritus  :  Spi- 
ral ff. ;  —  aeqvitäs  :  aeqvum  ,  aeterniiäs  :  aelernum ,  anti- 
qvitäs  :  antiqoum ,  asperitäs  :  asperum ,  bonitäs  :  bonum ,  cae- 
citäs  :  caecum,  Caritas  :  cärum,  caslitäs  :  castum,  noviläs  :  no- 
vum ,  veritäs  :  verum  ff,;  servilüs  :  sercum,  antiqvitus  :  anti- 
qpum,  funditus  :  fundum,  hümänitus  :  humänum,  peniius  :  pe- 
netrat,  primitus  :  primum  ff.;  benigniter  :  benignum,  düriter  : 
durum,  largiter  :  largum  ff.;  igitur ; —  antestitit  oder  antistitit, 
conslitit ,  exstitit ,  iustitii ,  obsiitit ,  perstiiit ,  praestilit ,  pröstitit, 
reslitit,  substitit,  superstitit  :  stelit ;  cogniius  :  nötus,  nota;  ad- 
ditus,  deditus,  diditus,  editus,  perditus,  praediius,  pröditus,  reddi- 
tus,  träditus,  vendilus,  creditus,  conditus :  datus ;  creditor,  conditor, 
venditor  ff.  :  dator ;  praestitus  {xi&hQW  praestätus)  :  slatus;  insii- 
tor  :  Stator;  irritus  :  ratus;  inclitus  (neben  inclytus  und  inclu- 
tus)',  compitum  (neben  competum);  accipiter  :  petere ;  Juppiier, 
Diespiter ,  Marspiler  :  pater ;  —    legilis  ,    canitis ,    rumpitis  ff., 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus.  147 

legitö,  canito,  rumpitö  ff.,  legite,  caniie,  rumpite  ff,,  legitur,  ca- 
nitur ,  rumpitur  ff.,  legitor,  ca?iitor,  rumpitor  ff.  :  lego,  legunt, 
lege,  legor ,  legere;  eritis  :  erö ,  erunt ;  amähitis ,  docehitis  ff.  : 
amähö,  clocebö  ff.;  amähitur,  docehitur  ff.  :  amähor,  docehor  ff.; 
legeritis,  amäveritis  ff.  :  legerö,  amäverö  ff.;  — 

cecidit  :  cadit;  —  desidem,  indesidem,  ohsidem,  praesidem, 
resident  :  deses,  ohses  ff'.;  —  albidus  :  albet,  album;  algidus  : 
alget,  äridus  :  äret,  avidus  :  avet,  candidus  :  candet,  cupidus  : 
cupiens ,  cuper e;  fervidus  :  fervei,  gelidus  :  gelat ,  horridus  : 
horret,  lücidus  :  lücet,  madidus  :  madet,  nitidus  :  nitet,  placi- 
dus  :  placet,  splendidus  :  splendet  ff.;  —  addidit,  dedidit,  didi- 
dit,  edidit,  indidit,  inierdidit,  obdidit,  perdidii,  prodidit,  reddi- 
dit ,  subdidit ,  trädidii ,  vendidit ,  condidit ,  er  edidit  :  dedit;  — 
accidit,  concidit,  decidit,  excidit,  ificidit,  intercidit,  occidit,  pro- 
cidii,  recidit,  succidit  :  cadit;  —  assidet,  desidet,  dissidet,  insi- 
det,  obsidet,  persidet  (neben  persedet),  possidei ,  praesidet,  resi- 
det  :  sedet;  —  oppidum  :  7xedov\  qoadridens  :  qvadrum,  qvat- 
iuor ;  —  indidem  :  inde;  — 

cecinit  :  cmiit,  ietinit  (alt)  :  ienet ,  meminit  :  mens,  men- 
tio ;  —  ßäminem  :  ßämen ,  sangvitiem  :  saugten  (alt),  pectinem : 
pecien,  cornicinem  :  cornicen,  liticinem  :  liticen,  oscinem  :  oscen, 
siticinem  :  si/icen,  tibicinem  :  tibicen,  iubicinem  :  tubicen,  agmi- 
nis  :  agmen,  carminis  :  carmen,  criminis  :  crimen,  ßüminis  : 
ßümen,  lüminis  :  lümen,  öminis  :  ömen,  viminis  :  vimen,  regi- 
minis  :  regimen,  seminis  :  semen,  süminis  :  sümen^.-,  glütinis: 
glüten  ,  ingvinis  :  ingven ,  ungvinis  :  ungven ,  pollinis  :  polten  ;  — 
cardinem  :  cardö ,  hominem  :  homö ,  Apollinem  :  Apollo ,  imä- 
ginem  :  imägö ,  marginem  :  margö ,  ordinem  :  ordd,  originem  : 
origo ,  iurbinem  :  turbo ,  virginem  :  virgö ,  libidinem  :  libido, 
cupidinem  :  cupidö ,  consuetüdinem  :  consuetüdö ,  lenitüdinem  : 
lenitüdö ,  magnitüdinem  :  magnitüdö  ff.;  —  glütinat  :  glüten, 
fulminat  :  fulmen  ,  seminat  :  semen,  grandinai  :  grando,  ordi- 
nat  :  ordö\  —  glutinum  :  glüten,  terminus  :  iermen ,  asinus  : 
asellus  (aus  asenlus) ,  femina  :  femella ,  geminus  :  gemellus, 
pägina  :  pagella;  dominus  :  altind.  damana-,  „bändigend,  über- 
wältigend"; bücina  :  ßvyidvt],  mächina  :  f.ir]X(xv^,  patina  :  Ttatd- 
vrj,  trutina  :  zQVTavr];  Proserpina  :  nsQa€g}6vr];  cerrinus  :  cer- 
rus,  cuprinus  :  cuprum,  fäginus  :  fägus,  laurinus  :  laurus;  an- 
nöiinus ,  crastinus ,  diütinus ,  primotinus ,  pristinus ,  serotinus  : 
altind.  nutana- ,  „jetzig ,  plötzlich",  prätana-  „ehemalig ,    alt", 


148  Leo  Meyer 

gvdstana-  „morgig",  hjäsiana  „gestrig";  prötinus  neben  prötenm ; 
comminus ,  eminus;  —  destinat ,  obstinat,  praesünat  :  Status, 
Stare;  cuncticinus,  fäiicinus,  fidicinus,  iibicina  :  canere;  absii- 
nax,  pertinax  :  tenaz;  —  accinii ,  concinit,  incinit,  intercinit, 
occinit,  praecinit,  recinit,  succinit  :  canit;  —  ahstinet,  atiinet, 
continet,  detinet,  distinei,  obiinet,  pertinet,  appertinet,  retinet, 
susiinet,  iranstinet  :  tenet;  eminet,  imminet,  pröminet  :  prömun- 
iürium;  —  Meine,  haecine,  höcine  :  hice,  haece,  höce;  Jiücine  : 
hüce ,  siccine  :  stcce ,  nuncine  :  *nunce ;  —  legimini,  dicimini, 
amämini,  docemini,  dicämini,  amemini,  doceämini,  dicebämini, 
amäbämini,  doceremini,  amäremini,  amäbimini,  docebimini,  le- 
gemini, dicemini,  legimini  (Imperativ)  ff.  :  Xeyouevoi,  q)SQ6fX£voi., 
iTlXT^fisvoi,  q)OQTqj,ievoL  ff.;  — 

anima ,  animus  :  ave/itog;  lacrima  (neben  altem  lacryma 
und  lacruma)  :  ddxQV;  docimen  (neben  documen),  iegimen  (ne- 
ben tegumen);  aestimat  (neben  aestümai)  und  existimai  (neben 
existumat) ;  sepiimus  (neben  sepiumus)  :  "ßdo/iiog,  altindisch 
sapiamäs,  decimus  (neben  decumus)  :  altindisch  dacamäs,  vice- 
simus,  tricesimus  oder  irigesimus ,  qvadrägesimus ,  qvinqvägesi- 
mus,  ceniesimus,  ducentesimus,  millesimus  ff.;  multesimus;  infi- 
mu8  (neben  infumus)  :  altind.  adhamäs  „der  unterste",  iniimus  : 
altind.  äntamas  „der  nächste";  citimus  (neben  citumus) ,  extimus 
(neben  extumus),  ultimus,  dextimus  (neben  dextumus),  proxi- 
mus ,  mediozimus  (neben  medioxumus),  maximus  (neben  maxu- 
mus) ,  minimus ,  plürimus ,  optimus ,  pessimus,  altissimus,  gra- 
vissimus,  dulcissimus ,  celerrimus ,  pulcherrimus ,  facillimus ,  si- 
millimus  ff.  :  altind.  mahdttama-  „sehr  gross",  dj'umättamas  „der 
glänzendste",  purutäma-  „sehr  viel",  näidishthaiamas  ,,der  näch- 
ste" ff. ;  finitimus  ,  legitimus ,  maritimus  (neben  mariiumus) ; 
viciima;  —  apprimit,  comprimit,  deprimit,  exprimii,  imprimit, 
opprimit  f  perprimit  (neben  perpremii),  reprimit,  supprimit  : 
premit;  adimit ,  dirimit ,  eximit ,  interimit ,  perimit ,  redimit  : 
emit;  —  legimus,  dicimus,  ferimus,  capimus,  inqvimus  ff.  (ne- 
ben volumus,  qvaesumus,  possumus),  legimur,  dicimur,  capimur 
ff.,  ämäbimus,  docebimus,  ibimus,  erimus  ff.,  amäbimur,  doce- 
himur  ff.,  amävimus,  diximus,  legimus  ff'.,  dixerimus,  amäveri- 
mus  ff.  :  Xiyo^EV,  q)£QOfi€v,  Tid^siiiev,  dEl^ofiev  ff.;  — 

levirum  :  altindisch  duivaram  oder  daivardm  „den  Bruder 
des  Mannes";  satira  neben  satura;  — 

similis  ;  ofxaXög ,    similat   (neben   gewöhnlichem   simulat) , 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus.  149 

humilis  :  xaf.iaX6g,  x^^i^^^off,  parilis  :  parem,  disparilis  :  dis- 
parem ,  eqvila  (neben  eqvula)  :  egva ,  nübilus ,  nühilat  :  nühes, 
nübem ,  herhilis  :  herha  •  mügilem  ,  pugilem  ,  muiilus  ,  pümilus, 
rutilus,  jübilum,  jühilat,  sihilus,  sibüat;  Ventilat  :  ventulus;  st' 
mila  :  Ifiahd;  —  agilis  :  agens ,  docilis  :  docens,  facilis,  fra- 
gilis,  gracilis  :  cracens ,  hahilis  :  hahens,  nubilis  :  nühens,  üii- 
lis  :  idens ,  sterilis ;  —  altilis  :  altum, ,  clüsilis  :  clüsum ,  clau- 
suni ,  cociilis  :  coctum,  ductilis  :  ductum,  elecüUs  :  electum, 
fartilis  :  farium,  fertilis  :  fertum,  ßctilis  :  ßctum,  ßssilis  :  fis- 
sum,  fossilis  :  fossum,  füsilis  :  füsum,  missilis  :  missum,  nexi- 
lis  :  nexum ,  pensilis  :  pensum ,  räsilis  :  rdsum ,  sculptilis  : 
sculptum,  sectilis  :  sectum,  supelleciilis  :  lectum,  sütilis  :  sütum, 
tactilis  :  tactum,  textilis  :  textum,  tonsilis  :  ionsum,  tortilis  : 
tortum,  ülensilis ,  ßähilis  i  ßebilis ,  möbilis,  nobilis,  stabilis ,  in- 
siäbilis,  vendibilis,  credibilis,  alibilis,  regibilis,  accüsäbilis,  ad- 
jütäbilis,  admiräbilis,  amäbilis,  commendäbilis ,  düräbilis,  exdrä- 
bilis,  laudäbilis,  notdbilis,  probäbilis,  delebilis,  horribilis,  ierri- 
hilis ;  —  aqvätilis ,  ferräiilis  ,  ßumätilis ,  hämätilis ,  saxätilis^ 
umbrätilis  :  dyQoteqog,  OQSOTsqog;  —  transilis  :  salire;  —  ah- 
silit,  assilit,  circumsilii,  desilit,  dissilit,  exsilit,  insilit,  prösilit 
(neben  altem  prdsulit),  resilit,  subsilit,  super silit,  iransilit :  sali' 
und  noch  manche  andre  ähnliche  neben  einander  betrach- 
tet, dem  tritt  ein  weitwirkendes  Lautgesetz  entgegen,  das  das 
Lateinische  in  ganz  besonderer  Weise  und  namentlich  zum  Bei- 
spiel auch  im  Gegensatz  zum  Griechischen  kennzeichnet:  in 
mehrsilbigen  Wörtern  wird  innere  und  insbesondere  der  vor- 
letzten Silbe  angehörige  Vocalkürze  zu  i  geschwächt.  Auf 
die  Stellung  des  kurzen  Vocales  in  vorletzter  Silbe  aber  kömmt 
es  dabei  vornehmlich  an.  Allerdings  findet  sich  jene  Vocal- 
schwächung  nicht  selten  auch  in  noch  weiter  zurückliegenden 
Silben,  wie  in  superßcies  :  fades,  diffidlis  :  facilis,  ancipitem  : 
anceps ,  adipisd  :  adeptus ,  inimicus  :  amtcus ,  inßtiärl  '.  faiert 
und  kann  mitunter  durch  Ableitungs-  und  Flexionssilben  auch 
über  noch  mehrere  Silben  zurückgeschoben  werden,  wie  etwa 
in  infmtcissimörum  (neben  amtcus) ,  officiösissimörum  (neben 
facere) ,  derartige  Bildungen  aber  sind  doch  vielfach  entschie- 
den auch  nur  durch  Einwirkung  solcher  mit  vorletzter  Kürze, 
wie  etwa  collfgimus,  colltgimur,  colltgimim  durch  colligo,  colli- 
gis,  coliigit,  colligunt  und  andere  hervorgerufen  und  dazu  tre- 
ten sie  gegen  diese  letzten  an  Anzahl  auch  überhaupt  sehr  zu- 


150  Leo  Meyer 

rück.  Nur  in  Zusammensetzungen  findet  sich  das  weiter  zu- 
rückliegende geschwächte  i  häufig,  wie  in  agricola  (:  agrwni), 
terrigena  (:  terra) ,  da  sich  im  Lateinischen  die  bestimmtere 
Regel  herausgebildet  hat,  dass  im  ersten  Gliede  von  Zusammen- 
setzungen jeder  Grundformauslautende  Vocal  zu  kurzem  i  ge- 
schwächt wird,  während  in  der  ersten  Silbe  von  Nominalfor- 
men, die  den  Schlusstheil  von  Zusammensetzungen  bilden,  jene 
Schwächung  fast  durchgehend  vermieden  wird,  wie  zum  Beispiel 
in  centimanus  (nicht  etwa  ceniiminus)  oder  centipedem  (nicht 
ceniipidem). 

Corssen  hat  diese  Lautverhältnisse  in  seinem  Werke  über 
Aussprache,  Vocalismus  und  Betonung  der  lateinischen  Sprache 
auch  behandelt,  in  der  ersten  Auflage  (Band  1,  Seite  283  bis 
299)  indess  sehr  kurz,  in  der  zweiten  (Band  2,  Seite  255  bis 
334)  ausführlicher,  durchaus  aber  nicht  in  besonders  glück- 
licher Weise.  Er  geht  davon  aus,  dass  der  Vocal  i  eine  „laut- 
liche Wahlverwandtschaft"  zum  t  und  d,  n  und  s  und  zwar 
„am  Entschiedensten  und  Ausgeprägtesten"  zu  den  letzteren 
beiden  Consonanten  zeige,  und  erklärt  diese  Erscheinung  damit, 
dass  die  Stellung  der  Zunge  bei  der  Aussprache  des  Vocales  * 
ähnlich  sei,  wie  bei  der  Aussprache  der  angeführten  Consonan- 
ten; bei  der  Aussprache  des  Vocales  i  aber  bleibe  „nur  eine 
enge  Rinne  zwischen  Gaumen  und  Zungenrücken  und  nur  eine 
schmale  Spalte  zwischen  Oberlippe  und  Unterlippe  offen",  durch 
die  „der  aus  der  Lunge  durch  die  Stimmritze  hervordringende 
Lauthauch"  hervorströme,  deshalb  sei  das  i  „schon  vermöge 
seiner  Entstehung  aus  den  Sprachwerkzeugen  der  dünnste  vo- 
calische  Laut",  als  welcher  er  sich  auch  vielfach  in  den  Wort- 
formen der  lateinischen  Sprache  bethätige.  Bei  dieser  schein- 
bar so  gründlichen  Erklärung  bleibt  leider  nur  völlig  unklar, 
warum  die  in  Frage  stehende  Lauterscheinung  so  vorwiegend 
lateinisch  und  fast  gar  nicht  griechisch  ist.  War  bei  den  Grie- 
chen „die  Stellung  der  Zunge  bei  der  Aussprache  des  Vocales 
t"  nicht  ähnlich  wie  bei  der  Aussprache  des  v,  a,  r  oder  d? 
oder  war  bei  den  Griechen  jene  „Rinne"  minder  eng  oder  jene 
„Spalte"  minder  schmal,  als  bei  den  Lateinern? 

Von  S,  256  bis  262  giebt  Corssen  zahlreiche  Beispiele  ei- 
nes durch  Vocalschwächung  entstandenen  inneren  kurzen  i  vor 
folgendem  n,  schliesst  dann  aber  zum  Beispiel  auch  die  Be- 
trachtung von  Formen  wie  in  (neben  «v),  Minerva  (neben  mens). 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus.  151 

intus  (neben  svtoq),  iingere  (neben  xiyyELv)  und  anderes  unmit- 
telbar an.  Bei  der  dann  folgenden  Begründung  der  „Wahlver- 
wandtschaft des  Vokals  i  zu  dem  Zischlaut  ä"  handelt  sichs 
aber  auch  nicht  um  ein  einziges  Beispiel  von  kurzem  i  vor  ein- 
fachem inneren  s,  also  in  wirklich  kurzer  Silbe,  worauf  wir 
oben  besonderes  Gewicht  legten,  sondern  um  Bildungen  wie 
canisirum,  apiscor  und  andere.  Dann  wird,  von  Seite  289  an, 
die  „Lautvervvandtschaft"  des  Vocales  i  zum  i  und  weiter,  von 
Seite  302  an,  seine  „Wahlverwandtschaft"  zum  d  betrachtet 
und  im  Anschluss  daran  heisst  es  auf  Seite  305  und  306,  dass 
sich  in  der  lateinischen  Sprache,  nachdem  sie  sich  „auf  diese 
Weise"  (also  vor  n,  s ,  t  und  d)  durch  das  Umsichgreifen  des 
i  in  Wurzelsilben  und  Suffixsilben,  „aber  besonders  häufig  in 
offenen  nicht  wurzelhaften  Silben  in  und  vor  Suffixen,  welche 
der  Wortbildung  und  der  Wortbiegung  dienten",  an  „die  Er- 
leichterung und  Schwächung  ihrer  Wortgestaltungen  durch  jene 
Verdünnung  der  Vocale  zu  t"  gewöhnt  hatte,  „eine  allgemeine 
Neigung"  entwickelte ,  „den  auslautenden  Vocal  von  Wortstäm- 
men zu  i  zu  verdünnen,  wenn  an  dieselben  wortbildende  Suf- 
fixe, Casussuffixe  oder  andere  Wortstämme  bei  der  Bildung  von 
Compositen  herantraten",  ohne  dass  indess  der  geringste  wirk- 
liche Beweis  dafür  beigebracht  wäre,  dass  jene  weitgreifende 
Neigung  des  Lateinischen,  innere  kurze  Vocale  zu  i  zu  schwä- 
chen, gerade  von  den  Wörtern  mit  innerem  n,  s,  i  oder  d  ih- 
ren Ausgang  genommen  hätte. 

Wie  weit  auch  die  Beeinflussung  —  die  Bezeichnung  der 
„Wahlverwandtschaft"  statt  dessen  scheint  uns  sehr  wenig  zu- 
treffend —  der  Vocale  durch  nachbarliche  Consonanten  ent- 
schieden Statt  gefunden  hat,  so  kann  man  doch  unmöglich  die 
aus  den  zu  Anfang  zusammengestellten  Beispielen  hervortre- 
tende weitgreifende  lateinische  Lautneigung,  in  mehrsilbigen 
Wörtern  innere  und  insbesondere  der  vorletzten  Silbe  angehö- 
rige  Vocalkürze  zu  i  zu  schwächen,  als  durchaus  nur  von  ihr 
abhängig  hinstellen  wollen,  schon  deshalb  nicht,  weil  jene  Nei- 
gung fast  vor  allen  Consonanten  im  Lateinischen  sich  kund 
thut.  Wir  dürfen  sie  deshalb  auch  als  ein  besonderes  Lautge- 
setz des  Lateinischen  bezeichnen,  das  heisst  die  von  ihm  ab- 
weichenden oder  ihr  widersprechenden  Erscheinungen  treten 
nur  als  Ausnahmen  oder,  mit  andern  Worten,  als  von  minder 
weit  wirkenden    Lautneigungen    abhängige   Erscheinungen  ent- 


152  Leo  Meyer 

gegen.  Diese  Ausnahmen  aber  müssen  wir  auch  noch  im  kur- 
zen Ueberblick  betrachten. 

Vor  dem  h,  das  im  lateinischen  Inlaut  aber  überhaupt  ein 
seltener  Laut  ist,  findet  sich  die  fragliche  Schwächung  nicht, 
und  so  stehen  atirahii,  contrakii,  pertrahii  neben  trahit,  ävehii, 
devehit,  convehit  neben  vchit.  Auch  das  /  ist  im  lateinischen 
Inlaut,  wenigstens  in  einfachen  Wörtern,  ein  sehr  seltener  Laut; 
dass  es  aber  in  Zusammensetzungen  häufiger  vorkömmt  und  da 
auch  das  i  vor  sich  aufweist,  zeigten  oben  aufgeführte  Bildun- 
gen wie  armifer,  aurifex  und  die  übrigen.  Zu  den  Consonan- 
ten,  die  im  lateinischen  Inlaut  nur  vereinzelt  auftreten,  gehört 
auch  das  J ,  vor  dem  ausserdem  fast  nie  Vocalkürze  vorkömmt, 
wodurch  es  denn  auch  in  Bezug  auf  das  in  Frage  stehende  i 
seine  Ausnahmestellung  einnimmt.  Inlautendes  o  ist  häufiger, 
hat  die  Schwächung  innerer  Vocalkürze  zu  i  aber  auch  nie 
neben  sich  und  so  stehen  zum  Beispiel  ingravat ,  praegravat 
neben  gravis,  elavat  neben  lavat,  concavat  neben  cavus,  elevai, 
relevai  neben  levai,  expavet  neben  pavet,  renovai  neben  novat, 
femer  ahavus,  atavus,  proavus,  iritavus  neben  avus,  die  letzte- 
ren Formen  noch  insbesondere,  weil  fertige  Nomina,  die  an 
den  Schluss  von  Zusammensetzungen  gestellt  werden,  überhaupt 
fast  nie  jene  Schwächung  zu  a  zu  lassen. 

Auch  der  Zischlaut  ist  in  Bezug  auf  das  geschwächte  i 
hier  noch  als  Ausnahmelaut  zu  nennen,  aber  nur  deshalb,  weil 
s  zwischen  Vocalen  im  Lateinischen  überhaupt  gemieden  wird 
und  nur  in  sehr  wenigen  Ausnahmewörtern  vorkömmt:  Wörter 
wie  cerasus,  cerasum,  peiasus,  Pegasus  und  ähnliche  tragen  da- 
her in  ihrem  inneren  a  sowohl  als  ihrem  s  zwischen  Vocalen 
durchaus  unlateinisches  Gepräge  und  kennzeichnen  sich  als 
Fremdwörter.  Altes  zwischen  Vocalen  stehendes  s  vmrde  im 
Lateinischen  nach  einem  sehr  weit  wirkenden  Gesetze  regel- 
mässig zu  r.  In  Bezug  auf  das  innere  r  ist  dann  aber  noch 
besonders  hervorzuheben,  dass  es  in  Bezug  auf  die  Schwächung 
innerer  Vocalkürze  zu  i  eine  der  wichtigsten  Ausnahmen  bildet: 
die  oben  angeführten  lemrum ,  bei  dem  der  Lateiner  vielleicht 
einen  näheren  Zusammenhang  mit  mr  vermuthete,  und  satira, 
das  als  entstanden  aus  satura  gilt,  stehen  sehr  vereinzelt  und 
in  der  Regel  tritt  inlautende  Vocalkürze  vor  lateinischem  r  als 
e  entgegen.  So  im  Perfect  peperit  {parere) ,  in  den  Infinitiven 
wie  legere,   dicere ,    capere ,    in  Conditionalformen  wie  legerem, 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus.  153 

legeres,  leg  er  et ,  legerent ,  in  den  Perfectoptativen  wie  legerim, 
legerls,  legerit,  legerint,  in  den  Plusquamperfecten  wie  legeram, 
leg  er  äs ,  legerat ,  {legerajit,  in  den  Perfectfuturen  wie  steterunt, 
öderunt ,  locäverunt ,  in  passivischen  zweiten  Singularpersonen 
wie  legeris ,  dtceris,  caperis,  amdberis.  doceberis  und  den  impe- 
rativischen  legere ,  ülere ,  capere ;  ferner  in  numerus ,  umerus, 
Uterus ,  generum  ,  socerum  {fiy.vQ6v) ,  vesperum ,  puerum ,  cume- 
rum,  adulterum  ;  jugerum ;  arceram,  cameram  {y.af.idQä),  cume- 
ram  ,  hederam  ,  litteram  ,  materler  am  ,  operam ,  pateram ,  tesse- 
ram ,  viperam ;  numerat ,  adulterat ,  deliberat ;  asperum  ,  gibbe- 
rum ,  creperum,  miserum ,  lacerum,  liberum,  properum,  prospe- 
rum,  qverqverum,  perperum,  perperam,  tenerum,  ceterum,  dex- 
terum,  posterum,  iterum,  exterum,  alierum,  superum,  inferum, 
nüperum ,  inter'im  ;  asperat,  lacerat,  liberal,  properat,  mäcerat, 
blaclerat,  blaterat,  miserel ;  Tiberim ;  aggerem  (agger),  asserem, 
cancerem,  carcerem,  unserem,  gibberem,  acipenserem,  passerem, 
procerem,  laterem,  iuberem,  Mulciberem,  äerem,  aetherem,  mu- 
lier em ;  aggerat ;  aceris  (acer),  ciceris,  cadäveris,  papäveris,  la- 
seris,  piperis,  sileris,  sisei^is,  süberis,  tüberis,  überis,  rerberis,  zin- 
giberis,  iteris  (alt  iwc  ilineris) ;  verberat,  tüberat,  exlüberat;  cine- 
rem  (cinis),  cucumerem,  pulverem,  vömerem  (vomis  neben  vömer)  ; 
Cererem  {Ceres);  Vener  em  {Venus);  aceris  {acus) ,  foederis 
{foedus),  funeris,  generis ,  glomeris ,  holeris  {oleris) ,  lateris, 
müneris ,  oneris  ,  operis ,  ponderis ,  rauderis  {röderis ,  rüderis) 
„Erzstückchen",  rüderis  ,, zerbröckeltes  Gestein",  sceleris,  side- 
ris ,  ulceris ,  velleris ,  visceris  ,  vulneris ;  venerat,  vener or  ;  gene- 
rat,  glomerat ,  müneral,  onerai ,  operor ,  ponderat,  considerat, 
desideral,  ulceral,  vulnerat ;  lolerat,  moderal,  moderor,  recupe- 
rat ;  celerem  {celer),  paiiperem  {pauper),  überem  {über);  pübe- 
rem  {pübes),  impüberem,  veterem  {cetus)  ;  lemere ;  celerat,  übe- 
rat,  exüberal,  velerat,  invelerat,  temerat,  conlemerat;  —  puer- 
pera  {parere) ,  signiferum  {ferre) ,  pestiferum  ff. ;  armigerum 
{gerere),  cornigerum,  mörigerum  ff.;  ferriterum  {lerere);  impe- 
rat  {parat),  vituperat,  aeqviperat ;  dejerat  {j'ürat),  pejerai ;  pot- 
eram  {eram),  pnterat,  poterö,  polerit ;  aperit,  operit,  conserit, 
deserit ,  congerit,  afferuni ,  atterit ,  conqveri,  comperit,  reperit, 
commeret ,  demeret  ff. 

Neben  den  ungeschlechtigen  Formen  auf  us  im  Nominativ 
hat  sich  neben  dem  inneren  r  der  Casus  mehrfach  auch  der 
Vocal  0  festgesetzt,   so  in  decoris  {decus) ,    dedecoris ,    corporis, 

Beiträge  z.  Kuude  d.  ig.  Sprachen.  I.  11 


154  Leo  Meyer 

facinoris,  faenoris  (doch  faenerat),  frigoris  (doch  frigerai),  li- 
ioris ,  nemoris ,  pecoris ,  pectoris,  penoris ,  pignoris  (doch  auch 
pigneris  und  pignerat),  stercoris,  temporis  (doch  iemperai),  ter- 
goris  ,  und  ebenso  in  decorat ,  dedecorat ,  corporat ,  stercoraty 
tergorat.  Ausserdem  findet  sich  solches  inneres  o  neben  r  in 
adoris  {ador) ,  marmoris  (marmor) ,  aeqvoris  (aeqvor);  eborts 
(ehur)  ,  femoris  (femur^  ,  jecoris  {j'ecur) ,  röhoris  {röhur ,  alt 
auch  rohor) ;  ferner  in  arhorem  (arbor ,  älter  arbös) ,  leporis 
(lepus) ,  memorem  (memor)  nebst  immemorem  und  memorat, 
ancora  (neben  ayxvQa)  und  ausserdem  in  Zusammensetzungen 
wie  affore  {fore) ,  afforem  ff.  und  dem  alten  adorit  (neben 
orior).  In  manchen  Formen  hat  sich  vor  dem  inneren  r  auch 
ein  kurzes  u  festgesetzt ,  so  in  furfurem  {furfur) ,  gutturem 
(alt;  später  ist  guttur  nur  ungeschlechtig) ,  iurturem ,  vulturem 
(alt  auch  oolturum),  murmuris,  fulguris,  sulphuris  oder  sulpu- 
vis  und  auch  in  murmurat  und  fulgurat ,  wo  offenbar  überall 
der  je  vorausgehende  Vocal  assimilirend  einwirkte,  wie  der 
nämliche  assimilirende  Einfluss  zum  Beispiel  auch  nicht  zu  verken- 
nen ist  in  anatem  (anas),  alacer,  alapa,  celeber,  segetem  (seges), 
tegetem  ,  heb  eiern  ,  ieretem ,  vegetus,  veneius ,  vehemens ,  sepelit, 
Seneca,  upupa  und  anderen  Formen.  Neben  purpura  undjowr- 
purat  liegt  der  innere  dunkle  Vocal  schon  im  griechischen 
itoQcpvqä  vor;  weiter  aber  sind  hier  noch  zu  nennen  augurem 
(augur)  und  augurat ,  lemures ,  Ligurem  (Ligur ,  alt  Ligus), 
Tiburis  [Tibur),  Anxuris  (Anzur)  und  die  ad jecti vischen  cicu- 
rem  (cicur)  nebst  cicurat,  saturum  {satur)  nebst  saturat,  camu- 
rum  {camurus)  und  gnäruris  und  ignäruris.  Ausserdem  gehö- 
ren noch  die  desiderativen  Verba  auf  turit  in  der  dritten  Per- 
son des  Singulars  hieher,  von  denen  aber  nur  esurit  und  par- 
turit  etwas  häufiger  auftreten;  sonst  begegnen  mehr  vereinzelt 
zum  Beispiel  noch  moriturit  und  peiUurit  bei  Cicero,  habituri' 
und  scalpturit  bei  Plautus,  empturit  bei  Varro,  micturit  bei  Ju- 
venal,  cenäturit  und  cacdturit  bei  Martial.  Nur  sehr  wenige 
Formen  bieten  kurzes  a  vor  innerem  r  und  unter  ihnen  sind 
mehrere  deutlich  als  Lehnwörter  gekennzeichnet  wie  nectaris 
{vt'AtaQ),  barbarus  {ßäqßaqog)  und  hilaris  oder  hilarus  (~  tXa- 
Qoe),  denen  sich  auch  wohl  noch  anschliessen  baccaris  (unge- 
schlechtig oder  weiblich  mit  gleichlautendem  Nominativ)  oder 
baccharis,  solarem  (salar)  „Forelle",  farfarus  (neben  farferus) 
„Huflattich"  und  supparo-  (männlich  oder  ungeschlechtig),  „Klei- 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus.  155 

dungsstück,  Stück  Zeug".  Dann  sind  noch  zu  nennen  Jübarem 
(jubar  in  der  classischen  Zeit  nur  ungeschleclitig)  und  der  Name 
Caesarem  (Caesar),  der  kaum  echt  lateinisch  ist,  wie  zum  Bei- 
spiel auch  der  Flussname  Aesarem  (Aesar)  vom  lateinischen 
Gebiet  weit  ab  liegt,  und  ausserdem  wohl  nur  noch  Zusammen- 
setzungen, wie  imparem  (impär),  comparem,  supparem,  apparit, 
apparat,  comparat,  separat,  circumarat. 

Bezüglich  des  inlautenden  /  konnten  oben  zahlreiche  For- 
men angeführt  werden,  die  der  allgemeinen  Regel  entsprechend 
die  vorausgehende  Vocalkürze  als  i  zeigen,  daneben  aber  hat 
sich  doch  in  noch  weiterem  Umfang  im  Lateinischen  die  Vor- 
liebe des  inlautenden  /  für  unmittelbar  vorausgehendes  kurzes 
u  zur  Geltung  gebracht,  und  in  dieser  Weise  hat  sich  nament- 
lich die  grosse  Menge  der  Verkleinerungsformen  gestaltet,  wie 
agellulus,  äfiulus,  calculus,  capitulum,  catulus,  circulus,  Joculus, 
lectulus,  modulus,  nidulus,  nnmmulus,  prätulum,  rämulus,  regu- 
lus ;  acidulus,  acütulus,  albulus,  äridulus,  argütulus,  audäculus, 
barbätulus,  bellulus ;  aetätula,  animula,  arcula,  aqvula,  arenula, 
ärula,  bdcula,  barbula,ßammula,guüula,nucula,  serrula;  ferner 
anserculus,  acriculus,  angviculus,  articulus,  avmiculus,  carbunculus, 
colliculus,  corpusculum,  ßusculus,  fonticulus,  fräterculus,  genicu- 
lum,  Jiomunculus ,  lintriculus ,  münusculum ,  Musculus,  osculum, 
testiculus ,  tuber culum ,  ungviculus ,  uiriculus,  vasculum,  vulticu- 
lus ;  anicula,  anaticula,  arätmncula,  arbuscula,  assentäiiuncula, 
auricula,  clämcula,  diecula,  mätercula,  nävicula,  niibecula,  par- 
ticula,  qvaestiuncula ,  sedecula,  specula,  sucula.  Bei  unmittelbar 
vorausgehendem  i  oder  e  tritt  durch  assimilirenden  Einfluss 
dieser  Vocale  an  Stelle  des  u  neben  dem  l  ein  o  entgegen,  so 
in :  aheolus,  aräneolus,  argenteolus,  ätriolum,  aureolus,  balneo- 
lum,  calceolus,  capreolus,  cäseolus,  filiolus,  gladiolus,  Kgneolus, 
malleolus,  ostiolum,  plleolus,  praediolum,  sväviolum;  actuäriola, 
ardeola,  argütiola,  bestiola,  hracteola,  fasciola ,  nauseola,  Tul- 
liola,  viola,  viriolae.  Mehrfach  findet  sich  dieses  o  statt  des  u 
auch  bei  vorausgehendem  v,  wie  in  clävola  (oder  clävula) ,  las- 
civolus ,  parvokis  (neben  parvulus) ,  Scaevola ,  servolus  (neben 
servulus) ,  valvolae  und  auch  in  frivolus ,  das  den  Verkleine- 
rungsformen äusserlich  gleich  steht. 

Mit  den  Verkleinerungsbildungen  haben  noch  manche  an- 
dere grosse  äussere  Aehnlichkeit ,  ohne  doch  in  ihre  Reihe  mit 
hineinzugeboren,  so:    aesculus,  angulus,  bäjulus,  bibulus,  bübu- 


156  Leo  Meyer 

lus,  caerulus,  capulus,  credulus,  crepnlus,  ßgulus,  garrulus,  ge- 
mulus,  gerulus,  legulus,  oculus,  patulus  und  pröpatulus,  pendu- 
lus,  populus,  pöpulus,  qoerulus,  sedulus,  slridulus,  tinnulus,  tor- 
culus,  tremulus,  iitulus,  vitulus ;  singulus ;  ridiculus,  anniculus ; 
clanculum ;  opulens ;  aemulus ,  cumulus ,  famulus ,  Stimulus,  tu- 
mulus  ;  discipulus  ;  consulem  ;  amiculum  ,  baculum  ,  cingulum, 
coägulum ,  coculum ,  dilüculum  ,  excipulum ,  Jaculum ,  jugulum^ 
sabulum ,  simpulum  ,  speculum  ,  spiculum  ,  strägulum  ,  tegulum, 
vinculum  ;  cöpula  ,  cräpula ,  epulae ,  ferula ,  infula ,  inula,  ma- 
cula,  meniula,  merula,  nebula,  papula,  pergula,  rabula^  regula, 
scapulae,  scandula,  secuta,  specula,  tabula,  tegula,  tippula,  trä- 
gula,  ungula;  ßstula,  Pustula,  ptisula;  ferner  Verbalformen  wie 
ambulat ,  aemulor,  bäjulat ,  cöpulat,  cumulat ,  ejulat ,  Jaculor, 
maculat ,  populat ,  simulat,  speculor ,  ululat ,  väpulat ,  postulat, 
ustulat;  petulans ;  consulit.  Weiter  sind  hier  anzureihen  auch 
noch  zahlreiche  Bildungen  auf  bulo  und  bula,  culo  und  cula, 
die  mit  denen  auf  altes  tra  aufs  Engste  zusammenhängen,  wie: 
acetäbulum ,  fmidibulum  und  infundibulum  ,  ignitäbulum ,  inci- 
täbulum,  incünäbulum  (nur  in  der  Mehrzahl  gebraucht),  latibu- 
lum ,  päbulum ,  patibulum  ,  prostibulum,  rutäbulum,  sessibulum, 
stabulum,  tintinnäbulum,  türibulum,  vectäbulum,  venäbulum,  vo- 
cäbulum,  vestibulum ;  fäbula,  fibula,  sübula  ;  —  adminiculum, 
cenäculum ,  crepitäculum ,  cubiculum ,  curriculum ,  deverticulum , 
ferculum,  gubernäculum,  hibernäculum,  habitäculum,  incernicu- 
lum,  jentäculum,  mlräculum,  operculum,  öräculum,  periculum, 
perpendiculum ,  piäculum ,  pooulum,  pugnäculum,  receptäculum, 
redimiculum  ,  retinäculum ,  sarculum ,  saeculum ,  senäculum, 
spectäculum ,  spiräculum  ,  südiculum  ,  tabernäculum  ,  umbräcu- 
lum ,  vehiculum ,  verriculum  und  everriculum ;  noväcula ,  tendi- 
cula ,  indücula ,  subücula ,  verttcula,  und  neben  ihnen  auch 
mehrere  Verbalformen ,  wie  fäbulor ,  fibulat ,  päbulor ;  admini- 
culat,  sarculat.  Auch  in  entlehnten  Formen  hat  sich  bisweilen 
das  w  vor  dem  /  eingedrängt,  wie  in  pessulus  (neben  Ttdaaa- 
log),  paenula  (neben  cpaivoXtjg),  scopulus  (neben  axoTteXog), 
stranguläre  (neben  OTQayyaXovv) ,  während  zum  Beispiel  Dae- 
dalus  und  Italus  ihr  un lateinisches  Gepräge  wahrten. 

Von  reduplicirteu  Perfectformen  zeigen  das  innere  u  vor  l 
pepulit  (neben  pellit)  und  das  alte  tetulit  (neben  tollil) ;  von 
zusammengesetzten  Verbalformen  occulit  und  die  Perfecta  ap- 
pulit,  comptdit,  impulit  ff.,   attulit,  abstulit,    contulit,   detulit  ff. 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus.  157 

und  percuUt  (neben  percellit).  An  sonstigen  Zusammensetzun- 
gen sind  hier  noch  zu  nennen  ahstulat ,  opiiulor  und  das  alte 
opitulat ,  exsulem  nebst  exsulat  und  praesulem ,  insula  (neben 
svaXog)  und  manipulus,  falls  letzteres  wirklich  hierher  gehört. 
In  der  Regel  aber  ist  vor  dem  inneren  l  in  Schlussgliedern  von 
Zusammensetzungen  die  alte  Vocalkürze  unversehrt  geblieben, 
wie  in  pröpalam,  pröpalat,  depalat,  aeqvivalet,  praevalet,  con- 
calet,  intercalat,  congelai,  egelat  und  insbesondere  wo  sichs  um 
den  Vocal  o  handelt,  wie  in  accolii,  circumcolit,  incolit,  accola, 
incola,  agricola,  commolit,  emolit,  immolat,  benevolus,  malevolus, 
indoles,  suholes,  adolei,  subolei,  abolet,  assolei,  insolens,  co?idolet, 
advolat,  ävolat,  evolat,  altivolus,  edolat,  interpolat,  depolii,  repo- 
lit,  interpoUs. 

Auch  unter  den  Wörtern  mit  innerm  m  oder  n  finden  sich 
manche,  in  denen  sich  nicht  das  kurze  i  neben  jenen  Lauten 
entwickelte,  sondern  andere  kurze  Vocale  ihre  Stellung  behaup- 
teten. In  hiemem  wurde  das  e  durch  das  unmittelbar  voraus- 
gehende i  geschützt,  in  veJiemens  wirkte,  wie  schon  oben  her- 
vorgehoben wurde,  vocalische  Assimilation  und  ebenso  vielleicht 
auch  in  cucumis  und  cucuma.  doch  kann  in  diesen  letzten  bei- 
den Formen  auch  eine  gewisse  Vorliebe  des  m  für  nachbar- 
liches u  mitgewirkt  haben,  die  in  verschiedenen  Formen  ent- 
gegentritt. In  letzterer  Beziehung  sind  insbesondere  zu  nen- 
nen: die  Verbalformen  volumus,  nölumus,  mälumus,  qvaesumus, 
possumus  und  zum  Beispiel  insumus  (Lucrez  3,  1080),  während 
doch  die  meisten  ersten  Pluralformen  auf  imus  ausgehen,  wie 
legimus,  ferimus,  tundimus.  Die  superlativischen  und  Ordinal- 
zahlformen auf  mo,  in  der  Regel  timo  (simo),  und  mehrere  ähn- 
liche haben  in  älterer  Zeit  neben  ihrem  suffialen  m  noch  kur- 
zes u,  wie  optumus  (später  optimus),  maxumus  (mazirmis),  Jus- 
iissumus  (j'ustissimus) ,  pulcherrumus  {pulcherrimus)  ,  minumus 
{minimus) ,  plürumus  (pMrimus) ,  extumus  {exiimus) ,  intumus 
{intimus),  infumus  {inßmus),  septumus  (sepiimus),  decumus  {de- 
cimus) ,  postumus ,  dextumus  {dextimus),  medioxumus  {medioxi- 
mus) ,  proxumus  {proximus) ,  qvoiumus  (=  altind.  katamäs), 
citumus  {citimus) ,  ullumus  {ultimus).  Neben  ihnen  sind  auch 
noch  zu  nennen :  maritumus  (neben  maritimus) ,  aestumat  {ae- 
sitmat)  und  exisiumat  (exlsiimai) ,  autumat ,  aediiumus  {aeditu 
mus)  und  aeditumor,  documen  (später  docimen),  tegumen  {tegi- 
men) ,    incolumis  (alt  auch  ificolomis) ,  lacruma  {lacrima)  nebst 


158  Leo  Meyer 

lacrumat  (lacrimat)  und  auch  coniumax,  in  welchem  letzteren 
das  m  allerdings  kein  suffixales  ist.  So  weit  in  diesen  Formen 
in  der  classischen  und  späteren  Zeit  neben  dem  m  das  i  an 
die  Stelle  von  u  eindrang,  geschah  es  durch  die  Mittelstufe  ei- 
nes Vocales,  für  den  Kaiser  Claudius  bekanntlich  ein  neues 
Zeichen  in  das  römische  Alfabet  einführen  wollte  und  der  un- 
serem ü  nicht  sehr  fern  gestanden  haben  wird. 

Die  Wörter  calamus  (=  adXainog)  und  ploxemum  (CatuU 
97,  6)  sind  durch  ihre  inneren  Vocale  als  Lehnwörter  gekenn- 
zeichnet; sonst  finden  sich  andere  kurze  Vocale  als  i  neben 
innerem  m  so  gut  me  nur  in  zusammengesetzten  Formen,  wie 
circumdamus ,  adamal ,  deamat ,  atiamen  ;  —  aggemit ,  circum- 
gemit,  congemit;  affremit ,  circumfremii ,  confremit,  defremit, 
infremit ;  coniremil,  coemit,  concremat,  semicremus,  ßammicre- 
mus,  immemor ;  —  contomit,  devomil,  eoomii,  pruvomit,  revo- 
mit,  flammwomus,  ignivomus,  edomat,  praedotnat,  angvicomus, 
auricomus,  flammicomus ,  glaucicomans ;  —   inhumat. 

Unter  den  Wörtern  mit  innerem  n  bildet  das  vereinzelte 
j'uvenis  mit  seinem  kurzen  e  eine  beachtenswerthe  Ausnahme; 
wo  sonst  kurze  Vocale  neben  dem  n  dem  Uebergang  in  i  Wi- 
derstand geleistet  haben,  handelt  sichs  um  Zusammensetzungen, 
von  denen  die  folgenden  hier  aufgeführt  sein  mögen:  accanit, 
occanit,  fälicanus  (neben  fäticinus),  omnicanus,  commanet,  ema- 
net ,  intermanet ,  permanet ,  remanet,  angmmanus ,  centimanus, 
antecanis ;  —  advenit,  antevenit,  connenit,  decenit,  ecenii,  inve- 
nit,  per  venu,  advetia,  convena,  alienig  ena,  alienig  ena,  alienig  e- 
nus ,  amnigena ,  ßammigena ,  Gräjugena ,  indigena,  caecigenus, 
caprigenus,  caeligenus ,  bigener,  congener,  degener,  angviienens, 
arcitenens ,  sigtiiienens ,  praeietier ,  eätenus ,  häctenus,  illätenus 
qvälenus  (neben  qväiinus) ,  mediäienus ,  pröienus  (neben  pröii- 
nus),  prögener,  persenex,  eienifn ;  —  admonet,  conunonei,  emo- 
net,  praetnonet,  assonat,  circumsonai,  consonat,  dissonat,  abso- 
nus ,  circumsonus ,  clärisonus ,  consonus  ,  horrisonus  ,  personus, 
armisonus,  attonat,  contonat,  delonat,  intonai,  perionat,  allito- 
nans ,  altitonus. 

Mit  innerem  i  sind  in  Bezug  auf  den  ihm  vorausgehenden 
kurzen  Vocal  als  von  der  allgemeinen  Regel  abweichende  For- 
men ausser  den  schon  oben  genannten  analem ,  segelem ,  tere- 
iem  und  einigen  anderen  zu  bemerken  noch  die  alterthümlichen 
indigelat   (neben   itidigitai)    und    agelat   (neben   agitat),    ferner 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus,  159 

arhitum  und  arhutus  mit  ihrem  inneren  u  und  dann  noch  eine 
Reihe  von  Bildungen,  in  denen  wegen  eines  schon  vorausgehen- 
den i  nicht  i,   sondern  der  Vocal  e  sich  zu  dem  t  gesellte,  wie 
ahietem,  parielem ,  arietem  nebst  arietat;    hietat;  anxietds ,  du- 
hietäs ,    ebrietäs ,    impietäs  und  pietäs ,    insatietäs  und   satietds, 
medietäs,  nimieius,  proprietäs,  saucietäs,  sobrietäs,   societäs,  va- 
rietds.     Die  meisten  Wörter  mit  anderen  kurzen  Vocalen  als 
dem "  i  vor  ihrem   inneren   t  gehören  wieder  in  das  Gebiet  der 
Zusammensetzungen,  so  compali  (bei  Späteren),  abnatat ,  anna- 
tat, denatat,  enatat  ff.;  dispaiet  (bei  Späteren),  interpatet,  sup~ 
patet,  bipatens,  perlaiet,  praescatet,  satisdatus,  interdatus,  svä- 
visator,  Anticaiö,  affatim;  appetit  nebst  appetö,  competit  nebst 
competum  (gewöhnlich  compitum),  expetit,  impetit  nebst  impetus 
und  impetem ,  repetit ,  oppeiit ,  suppetii ;    praepetem  ,  perpetem ; 
agripeta,  altipeta  und  altipetax,  hercdipeta,  lucripeta;  emeiit;  perpeit 
(neben/?a^?);  circumsteiit,  interstetit,  supersietit ;  interpretem  nebst 
interpretor ',  indigetem;  transfretat;  —    compotit,  compotem,  im- 
potent; impotens,  antepotens,  arcipotens,  armipotens  ff.;  annotat, 
denotat,    enatat  ff.;    circumrotat ,   birotus;  —    concutit ,  decutit, 
discutit,    excutii  ff.,    die  neben  dem  einfachen  qvatit  wohl  zu- 
nächst für  -qoitit  stehen  in  ähnlicher  Weise  wie  unser  kommt 
oder  kömmt  für  qvimmt;   amputat,  deputat,  exputat,  interpuiat, 
supputat;  computat,  deputat,  disputat,  exputat,  imputat,  perpu- 
iat ,  reputat ;   confutat;   defrutat;    delutat;  intercutem;  dirutus, 
obrutus;  sicutt. 

Auch  nur  in  sehr  wenigen  einfachen  Wörtern  mit  innerem 
d  finden  sich  unmittelbar  vor  diesem  Laut  andere  kurze  Vo- 
cale,  als  i,  so  dass  u  in  pecudem  und  tutudit.  Das  innere  a 
in  parada  deutet  auf  unlateinischen  Ursprung,  ebenso  vielleicht 
auch  in  exedum  und  unedo  das  innere  e,  dessen  Kürze  aber 
gar  nicht  erwiesen  ist.  Für  cuppes  (Plautus  Trinummus  239) 
darf  man  Casusformen  wie  cvppedem  ohne  Zweifel  nicht  an- 
setzen. Was  dann  weiter  noch  an  Formen  mit  anderen  kurzen 
Vocalen  als  dem  i  vor  dem  inneren  d  hier  aufzuführen  ist,  be- 
schränkt sich  wieder  auf  Zusammensetzungen,  so;  retrograde, 
supergradi  (neben  supergredi) ,  praegradat ;  congradus ,  herbi- 
gradus ,  apissigradus ,  tardigradus ,  transvadat  (bei  Späteren) ; 
commadet;  —  adedit ,  ambadedii ,  ambedit ,  comedit  (nebst  co- 
medö  ö\ ;  circumdedit,  satisdedit;  aggredi  (neben  gradi)  und  alt 
auch  aggredit,  antegredt,  circumgredi,  congredi  ff. ;  circumsedet, 


160  Leo  Meyer 

persedet  (neben  persidet),  supersedel;  assedö,  pröseda,  domiseda; 
compedem,  prvpedem;  compedit,  expedil,  impedit  und  alt  indu- 
pedit,  iiiterpedit,  perpedit,  praepedit;  impedal;  repedat,  tälipe- 
dai;  bipedetn,  qvadrupedem,  aempedem,  aeripedem,  dlipedem  ff.; 
hipeda ,  ceniipeda ,  decempeda  ,  mUipeda ,  mullipeda ;  scrüpeda ; 
omnimedens;  —  affodit,  circumfodit,  confodit,  defodit  ff.;  com- 
tnodus  nebst  commodat,  dummodo,  qvömodo;  —  coniudit;  exiu- 
dit  ff.;  depudet,  dispudet,  suppudei,  impudens;  erudii. 

Ausser  den  schon  früher  genannten  alacer  und  Seneca,  ne- 
ben denen  vielleicht  auch  noch  der  mythische  Name  Falacer 
als  Beispiel  vocalischer  Assimilation  angeführt  werden  darf,  sind 
an  Wörtern  mit  innerm  k  (c)  noch  hervorzuheben  ahacus  {nQ- 
henaßa^),  das  durch  sein  inneres  a  als  Lehnwort  gekennzeich- 
net ist,  die  seltenen  ebriacus  und  miliacus^  die  griechischen 
Bildungen  wie  jyAtaxog,  y,VQi(xY.ög,  Ttlovaiaxög  nachgebildet 
wurden,  und  volucer,  in  welchem  letzteren  das  innere  u  unter 
Einwirkung  des  nachbarlichen  l  hervorgerufen  sein  wird.  Sonst 
noch  anzugebende  Wörter  mit  anderen  kurzen  Vocalen  als  i 
vor  ihrem  inneren  k  (c)  ergeben  sich  als  zusammengesetzte,  g*^ 
interjacit  (gewöhnlicher  interjicit),  praejacit,  superjacit;  adja- 
cet,  circumjacet,  interj'acet,  praejacet,  subjacet,  super Jacet;  com- 
placet,  perplacei;  permacei;  concacat;  adaqvai-  supervacat;  per- 
macer ;  allicefacil,  ärefacit,  calefacii,  commonefacit  ff.  ;  —  in- 
secit;  asseqvi,  conseqvi ,  exseqvi ,  inseqvi ,  obseqvi  ff.;  conseqve, 
bubseqva  ,  odöriseqvus ,  pedtseqvus ;  desecai ,  dissecat ,  ezsecat, 
praesecat  (selten  praesicai) ,  resecat  ff.;  faeniseca,  faenisecem; 
enecat  (auch  enicat),  internecat;  seminecem;  apprecor,  compre- 
cor,  deprecor,  imprecor;  addecet,  condecet,  dedecet,  indecet;  de- 
decus ;  infreqvens ,  perfreqvens ;  duodecim  ,  tredecim  ff, ;  altrin- 
secus ,  circumsecus ,  exirinsecus ,  forinsecus  ,  inirinsecus  ,  utrim- 
qvesecus ;  —  concoqvit ,  decoqvii ,  discoqvii ,  excoqvit  ff. ;  praeco- 
qvem,  praecoqvum ;  ailoqvt,  colloqi^i,  eloqvi  ff.;  blandiloqvus  und 
blandiloqvens ,  breviloqvens,  confidentiloqous,  dociiloqvus  fi. ;  fal- 
siloqvaz,  maliloqvax;  addocet,  condocet,  dedocei,  edocet  ff.;  ad- 
vocal,  convocat  ff.;  plüricocus,  ünivocus;  innocens;  ablocat,  col- 
locat,  elocat,  oblocat;  consocer ;  reciprocus  und  reciprocat;  — 
reducem,  träducem;  educat. 

Neben  innerem  g  findet  sich  kurzes  a  in  asparagus  (= 
aOTtaQuyog),  apage  (=  aTraye),  attaghi  {—  ccTTaytjv),  campagus, 
harpagö   (neben   aQrcäyrj) ,    pelagus   (—  Ttilayog)    und   anderen 


Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus.  161 

Formen,  die  so  als  Leimwörter  gekennzeichnet  sind,  kurzes  u 
vereinzelt  in  pupvgit  (neben  pimgö),  ausserdem  ist  es  auch  nur 
eine  Reihe  von  Zusammensetzungen,  in  denen  andere  kurze  Vo- 
cale  als  i  vor  dem  inneren  g  ihre  Stelle  haben;  die  folgenden 
mögen  hier  genannt  sein:  circumagii,  per  agil,  praeter  agil,  re- 
tröagit ,  salagit ;  arenivagus ,  circumvagus  nebst  circumvagor, 
ßuctwagus,  monikagus,  noctinagus  ff.;  evagor,  pervagor,  super- 
vagor;  confragm,  fluclifragus,  foedifragus,  naufragus  und  7iä- 
vifragus ,  saxifragus ,  calcifragus  ■  naufragat;  —  circumtegü, 
contegit,  deiegii ,  ititegit,  ohtegit  ff.;  allegii,  iniellegit,  neglegit, 
perlegit,  praelegit,  relegit,  suhlegit,  translegit;  aqvüegem,  aqoile- 
gus  (bei  Späteren),  deyiUlegiis  (nur  bei  Plautus),  fätilegus,  flori- 
legus,  friigilegus,  sacrilegus,  sortilegus,  turilegus ;  elegans ;  inte- 
ger; congregem,  segregem;  aggregat,  congregat,  disgregai,  segre- 
gat;  ahnegat,  denegat,  pernegal,  suhnegat ;  —  abrogat,  arrogat, 
corrogat,  derogat  ff.;  —  aufugif,  confugit,  defugit,  diffugit,  ef- 
fugit;  defugat  und  ejfugat  (bei  Späteren);  lierifuga,  larifuga, 
lücifuga,  per  fug  a ,  nübifugus ;  conßuges;  hijugis  und  bijugus, 
decemjugis,  muliijugus  und  multijugis ,  dejugis ,  injugis ,  conj'u- 
gem;  adjugat,  conjugat,  dejugat. 

Von  den  Wörtern  mit  innerem  p  fallen  mit  den  ihm  un- 
mittelbar vorausgehenden  kurzen  Vocalen  alapa  und  upupa, 
wie  schon  oben  hervorgehoben  wurde,  unter  den  Gesichtspunct 
der  vocalischen  Assimilation;  wo  sich  sonst  andere  kurze  Vo- 
cale  als  i  vor  innerem  p  finden,  handelt  sichs  wieder  nur  um 
Zusammensetzungen,  so  sind  zu  nennen:  antecapit;  urbicapus, 
incapax;  pinnirapus;  semicaper ;  —  astrepit  oder  adstrepit,  cir- 
cumstrepit,  conslrepit,  insirepii^  interatrepit,  obstrepit,  persirepit; 
concrepat,  discrepat,  increpat,  percrepat,  recrepat;  cauricrepus, 
perlerricrepus,  pilicrepus ;  intepet;  abnepus,  pronepös; —  inopem; 
peropus;  —  dissupat  (neben  gewöhnlichem  dissipat);  discupit, 
percupit;  legirupa;  asttipet,  circumsiupet,  consttipet;  desujjer,  in- 
super.  In  mehreren  von  cap  {capere)  ausgehenden  Bildungen 
hat  sich  unter  unverkennbarem  Einfluss  dieses  Lippenlautes  an 
die  Seite  des  p  ein  kurzes  u  gedrängt,  nämlich  in  aucupem 
nebst  aucupor  und  aucupat,  mancupem  (neben  gewöhnlichem 
mancipeiri)  nebst  mancupat  (neben  mancipat)  und  emancupat 
(gewöhnlich  ematicipat),  nuncupat,  occupat  und  p)raeoccupat. 
Der  selbe  Einfluss  des  p  zeigt  sich  in  qvadrupes  (neben  qvadri- 
pes)  und    noch   mehreren   Formen   mit  der  Consonantenverbin- 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  1.  12 


162  Leo  Meyer  Zur  Lehre  vom  lat.  Vocalismus. 

düng  pl,    wie   lonupUs,    centuplez ,    qvadruplex  und  qimdruplus, 
sescuplex  und  sescuplus ,  ociuplus  und  andere. 

Vielleicht  liegt  ein  gleicher  Einfluss  des  h  vor  in  iüubat, 
dessen  inneres  u  aber  wohl  eher  wurzelhaft  ist,  und  in  intubo- 
(neben  i?iiibo-  und  i?itybo-)  und  dem  Namen  Caeciibus.  In  co- 
luber  wurde  das  innere  u  wohl  wie  in  dem  schon  früher  be- 
sprochenen Volmer  durch  Einfluss  des  vorausgehenden  l  her- 
vorgerufen ;  in  celeber  entstand  das  innere  e  ohne  Zweifel  un- 
ter assimilirendem  Einfluss  des  nah  vorausgehenden  Vocals  und 
ebenso  vielleicht  das  innere  kurze  a  in  cäcabat,  während  das 
erst  spät  auftauchende  cänaba  in  seinem  inneren  a  das  Kenn- 
zeichen des  Lehnwortes  trägt.  Dass  eine  Anzahl  von  pluralen 
Dativ-Ablativen  von  Grundformen  auf  u  vor  ihrem  Suffix  bus 
den  dunkeln  Vocal  wahrten  und  an  seiner  Stelle  das  i  ganz 
oder  doch  in  mehr  oder  weniger  weitem  Umfang  vermieden, 
wird  auch  in  nächstem  Zusammenhang  mit  jenem  Einfluss  des 
b  stehen;  zu  nennen  sind  in  dieser  Beziehung  arcubus,  acubus, 
qvercubus,  iribubus,  ferner  artubus  (neben  artibus),  lacubus  (ne- 
ben lacibus),  partubus  (neben  pariibus),  portubiis  Tneben  porti- 
bus),  specubus  (neben  specibus),  verubus  (neben  veribus),  genn- 
bus  (neben  genibiis),  tonitrubus  (neben  toniiribus).  Wo  sonst 
noch  andere  kurze  Vocale  als  i  vor  innerem  b  sich  finden,  ste- 
hen sie  in  zusammengesetzten  Formen,  wie  in  cmiehabet,  post- 
habet; affaber  und  malefaber  (bei  Späteren) ;  —  approhis  nebst 
approbat,  comprobai,  improbat  nebst  improbus ,  reprobat  (bei 
Späteren);  conglobata —  accubat,  decubat,  excubat,  tticubat  nehst 
incubö,  occubaf,  recubai,  secubat;  collubet  (neben  coUibet),  per- 
lubet;  innubus,  pronuba ,  subnuba;  subrubet  nebst  subruber; 
alicuhl,  neulrtibi ,  sicubi ,  utrubi  (oder  utrobt). 

Manches  Hesse  sich  noch  hinzufügen,  namentlich  in  Bezug 
auf  die  Geschichte  jener  inneren  Vocalkürzen  und  dann  zum 
Beispiel  auch  in  Bezug  auf  ihr  über  die  vorletzte  Silbe  noch 
weiteres  Zurückliegen;  das  Gegebene  mag  aber  hier  genügen, 
ein  Lautverhältniss  zur  Anschauung  zu  bringen,  das  in  der  ei- 
genthümlichen  Färbung  dos  lateinischen  Vocalisn)us  einen  sehr 
wesentlichen  Bestandtheil  bildet. 

Dorpat,  den  6ten  December  [24.  nov.]  187ß. 

Leo  Meyer. 


163 


Miscellanea. 


1)  Schwan  und  Taube. 

In  seiner  Preisschrift  „Ueber  den  Zusammenhang  des  letto- 
slavischen  und  germanischen  Sprachstamm.es"  S.  50  Note  7  be-  ,.^^. 

merkt  R.  Hassencamp   „die   Litauer   hätten    die   Namen   zweier  I 
Vögeln  vertauscht",   da  htauisch  gulbe  „Schwan"  =  a\\^sf^Q^ '"'"^ 
kf^ ,,Ta^^i&*'  und  litauisch  h^rlmij;^  (lett.  bat'ä4is)  „taube"  =r*~    /      / 
altsiav.  11^»<i[/  „^Ct«5;aii**v.§icli  ergebe      Die  Verwechslung  dieser        U'l/|>t^ 
zwei  Vögel   haben  indessen  nicht  die  Litauer  sich  zu  Schulden 
kommen  lassen,    sondern  dieselbe  ist  sehr  alt,  da  sie  auch  die 
Osseten  und  Armenier  Rennen.     Im   Ossetischen  bedeutet  näm- 
lich  Dig.  t??*^ ,    Tag.  \o^^öi2    „eine  Taube  grosser  Art"  —  lit. 
baläncFis,  und  ml  ArmeniscKeiT  lautet  der  Ausdruck  für  Schwan : 
karap,  welches  aus  älterem  garahy  garh  =  litauisch  gulbe  ver- 
schoben ist.  I 

Wien  Oktober  187G.  ]f.  Müller. 

2)  aYylr^  i).  HC^^ 
^^^ihf)  Gläu^,  ScmJlMatlgr,  alyh]EiQ  glänzend,  strahlend  füh- 
ren bei  unbefangener  Betrachtung  auf  eine  Wurzel  UV  glgj 
schimmern,  die  auch  in  lett.  vifet  (d.  i.  v-if-ei)  glänzen,  schim- 
mern, vifilüi  {vifolüt,  mfulüi)  flimmern,  glänzen,  vifuU  Flittern  2), 
vifulfU  mit  Flitter  putzen,  vifns  flimmernd  enthalten  ist.  —  Zu 
erwägen  ist ,  ob  diß  so  .^wonnene  Wurzel  ig  auf  Jag  beruhe ; 
zu  dieser  gehören  ahjx,  a^sJEs»vlit.  ?S«<^  Eisscholle ,  pl.  ?^ini 
Ti*eibeis  (nach  Nesselm.  Wbch.  S.  2y),  yi^j  y^'4*Jreibeis  (nach 
Kurschat  Wbch.  IL  235)  ^),  lett.  Ufy  EissseJ^ollen ,  treibendes 
Eis,    germ.  Jikan,   ßkula  *)  (vgl.  Fick^  I.  730,  IIL  31).      Das 


*)  Das  Wort  ist  in  verschiedener  Weise  von  Brugmann  Stud.  VII. 
314  und  Curtius  Grundz.^  137,  631  besprochen. 

2)    visuii  in  ülmanns  Wbch.  S.  343  ist  Druckfehler. 

^)     Möglicherweise  ist  y^fta^^^s^us  ndd.  f^-'^ntßljn^ 

*)  So ,  oder  j^h«^  ,  Je%nla  muss  man  als  gerili.  ansetzen ;  anlauten- 
des ./  schwand  lautgesetzlich  Tm  nord.  und  i  oder  e  erlitt  „Bf^ohung". 
Uebrigens  legt  -ndä.  Jokel,  j'okele  (Schilletund  Ijibben  II.  409)  die  Ver- 
mutung nahe,  dass  die  von  Fick  zu  an.  ^ol^-  jöÄMZgestellten  german. 
Worte  aus  dem  nord.  entlehnt  seien?'^""*"'"*^"^'^*^    ^^  '  -■~^^.^,,:^^^'^y.^^..^■•=. 

12* 


164  Miscellanea. 

Eis  wäre  als  „das  flimmernde,  glänzende"  sehr  passend  be- 
zeichnet, vgl.  noch  lett.  üdens  savißjis  „das  Wasser  ist  etwas 
gefroren",  eigentlich  „flimmernd,  glänzend"  (Ulmann  Wbch.  s.  v. 
vißt).  Das  Nebeneinanderliegen  der  Wurzelformen  ig  und  Jag 
fände  ein  Analogen  an  ug  und  vag  (Fick  I.  206)  u.  a. 

)as  vielbesprochene  home'^»y7rtO;-jtnild ,  gütig,  sanft,  lin- 
dernd\( j^TTto-dw^og  freundlich  s|endend;  deckt  sich  genau  mit 
lit.  o/)«-s  (alt  auch  äpu-s),  oder  vielmehr  mit  den\  in  der  Fle- 
xion dieses  Adjectivs  erscheinendes!  Stamm  opia-.  '  Opus  bedeu- 
tet nach  Nesselmann  Wbch.  s.  v.  '^weichlich,  zerbrechlich"^  ei- 
nige Nuancen  dieser  Bedeutungen  äjnd  Im  altlit.  nachzuweisen. 
In  der  Bretkenschen  Bibelübersetziitig  finden  sich  die  Rand- 
glossen: 1)  „zart  apus  dailus  iaunas\  zu  II.  Sam.  3.  39  efch 
fchitai  efmi  prafias  2)  „(mulkus  dailus  opus"  zu  kudas  I  Chron. 
23.  5  3)  „^abnus  dailus  apus^'  ebenfall^^  zu  kudas  das.  30.  1 
4)  apus  zu  g^afzus  (zart)  Jes.  5.  7.  kxik  diesen  Glossen  bez. 
den  in  ihnen  \enthaltenen  Synonymen  von  \&pitis  jergeben  sich  fü^ 
dieses  die  Bedeutungen  „zart,  zierlicht^ ^^la/^^h  aus  „zart 
auch  sonst  ,,mi\d"  entwickelt  (vgl.  skr.\mH<<^weich^art,- 
zärtlich),  so  ist  Üie  Zusammenstellung  von  ^m^  und  opus 
begrifflich  gerechkertigt. 

Weitere  Verwante  dieser  Wörter  kenne  ich  liur  im  griechi- 
schen: riTcedavög  schwach,  hinfällig,  gebrechlich ,  das  eine  Er- 
weiterung der  zu  Grunde  liegenden  Wurzel  mit  da  voraussetzt; 
iJTtlalog  bösartiges  Fieber,  ursprünglich  adj.  (zu  nvQSTog)  mit 
der  Bedeutung  „hinfällig  machend,  abzehrend";  6/rlo-  in  oftlo- 
TEQog,  OTcXöxaxog  (zart),  jung ;  \anakog  zart,  weich ;  endlich  wol 
auch  ^jtavla  Mangel,  Entbehrung  ^}. '""'" 

4)  Zu  SS.  41  ff.  dieses  Bandes. 
Zu  meinem  Aufsatz  „Mythologisches  im  altlit.  Texten"  habe 
ich  einige  Nachträge  zu  machen.     Das  Wort  stahas  Abgott  ist 
in    der   Bretkenschen  Bibelübersetzung   noch  an   einer  zweiten 


*)  Nur  wenn  man  den  Zusammenhang  dieser  .Wörter  mit  7\niog 
leugnet,  ist  man  berechtigt,  das  letztere  mit  Aufrecht  KZs.  5.  .359  if.  zu 
skr.  dpi ,  dpja  zu  stellen.  —  Aj^dere  P]rklärungen  haben  gegeben :  Ebel 
KZs.  4y447  (52i?*^  yg\.l0>frpius) ,  Pictet  das.  5.  42  (vgl.  ^v  .^%i(j^)«effa\ 
ydn^a) ,  D}ifff^er  das.  12.  24  {l^niog  verständig,  vgl.  v^Tiiog).  Sie  sind 
SEUumtlich  unzulässig. 


Miscellanea.  165 

Stelle  nachzuweisen:  atfifpirimas  eft  Stahu  meldimas  ir  abrofu 
flufzba  I.  Sara.  15.  23,  Das  Wort  findet  sich  nach  Geitler 
Lit.  Studien  S,  111  auch  noch  in  späteren,  ostlit.  Texten.  — 
Das  Wort  elkas  steckt  wahrscheinlich  in  den  von  Geitler  S.  79 
angeführten  Wörtern:  auka,  aukininkas,  aukuras  (auko  kalnais 
arba  aiko-kalnais).  Ueber  den  Uebergang  von  al  in  au  im  lit. 
s.  „Beiträge  zur  Gesch.  d.  lit.  Sprache"  S.  73.  —  Das  Wort 
siulpas  mit  der  Bedeutung  „Strahl"  findet  sich  im  Psalter  von 
1625 :  fchäuk  tawa  ftulpus  144.  6 ,  vgl.  Dmhhceffei  graüde  ir 
ftulpmoo  das.  77.  18.  ,,.- 

5)  MessB^iß.  ßi&ßr]. 
Eine  Erklärung  des  messapischen,,. Wortes  ßioßr]  {ßiaßriv 
ÖQSTravov  cif.i7tEXor6i.inv  XeyovüLiMiGGciTTLOL  Hesych.)  lässt  sich 
finden,  wenn  man  das  zweite  ß  als  aus  g  entstanden  betrachtet 
(sei  es  durch  die  Mittelstufe  gv,  oder  durc^  Assimilation  an  das 
anlautende  /?)^^^^^/ff5'^entspricht  genau  gi*.  j^J25«5'^m  ^g^*«^^»' 
Messer.  —  Die  Vertretung  von  cp  durch  ß  kann  nicht  aufikllen,^ 
denn  cp  fehlt  dem  messapischen  Alphabet  (Mom^sen  UD.  S.  48) 
und  dass  messap.  h  griechischeraf  (jP,  ig.  hh  regelrecht  entspre- 
che, zeigt  ganz  deutliclij^gi;^V'^(=  oltila  Mommsen  UD.  S.  70), 
das  unzweifelhaft  mit  ahd^^^^.  habitatio  /erwant  ist  und  zu 
der  Wurzel  hhü  gehört.       '  / 

6j  Skr.  gap. 
Fick   hat  Vgl.  Wbch.3  I.  518  zu   der  Wurzel 
halten   als   einzigen    arischen   Vertreter  derselben  arm 
fesslen  gestellt.     Da  indessen  nach  Hübschmanns  Untersuc 
KZs.  23.  5  ff.  das  Armenische  —   wenn  auch  Hübschmann  die- 
sen  Schluss   dort  nicht   gezogen  hat    —    zu  den  europäischen 
Sprachen  zu  stellen  ist,  so  fällt  der  einzige  anerkannte  arische 
Vertreter  jener  Wurzel   hinweg.     Ich  glaube  indessen  an  sein 
Stelle  einen  anderen  setzen  zu  können.  „Yaska  pw^nt  Nir.S 
21  (vgl.  Naigh.  3.  29)  das  Wort  repa  das  männliche  (rlied  und! 
bemerkt  dazu :  gepali  gapate  spr^atikarmano  d.  h.  „Qepah  kommt] 
her  von  dem  Verbum  gap  welches  berühren  bedeutet".     Die  Be- 
merkung ist  auffallend,  denn  ein  gap  berühren  kommt  nirgends 
vor ;  trotzdem  ist  sie  nicht  kurzer  Hand  zu  verwerfen,  denn  ein 
cap  „berühren"  verhält  sich  zu'dQm  gewöhnlichen!  g< 
^«aj^  (5?a/7ai^^''^^h,'TE!?l^?»,Si;j^wui^^^  sekti  nacE  etwas 

reicht,   greifen  zvl  sekti  schwören,    lat.  m!Si^^ehmen  zu  gr 


166  Miscellanea. 

oftw/LH  schwören  (Fick  a.  0,  IL  41)  und  aus  cap  „schwören" 
ein  cap  „berühren"  zu  erschliessen,  ist  um  so  berechtigter,  als 
auch  bei  den  Indern  der  Fluch  mit  feierlicher  Berührung  ver- 
bunden gewesen  zu  sein  scheint  (vgl.  abhishahga  und  J.  Schmidt 
Vocal.  II.  499)  i).  Da  sich  das  letztere  nun  an  der  angeführ- 
ten Stelle  findet,  so  verdient  dieselbe  alle  Beachtung  und  es  ist 
nicht  zu  kühn,  das  Verbum  ^ap  schwören  mit  der  Grundbedeu- 
tung „nach  etwas  reichen"  zu  europ.  kap  zu  stellen  ^).  In  ih- 
rem Anlaut  stimmen  die  beiden  Verba  nicht  überein ,  aber  eu- 
rop. k  steht  mehrfach  arischem  c  gegenüber,  vgl.  europ.  pcku, 
arisch  pacu  u.  a. 

7)  Germ,  vrisan-  Riese. 

Dass  ^nj,>^,  aJ^df^aJ^tf,  risi  des  as.  wrisilik  (wrisilik  gi- 
werk  Hei.  1397)  wegen  nicht  zu  got.  *rßi^^  sich  erheben  ge- 
stellt werden  dürfe,  hat  bereits  J.  Grimm  Mythol.  492  bemerkt. 
Zur  Erklärung  bieten  sich  dagegen  ungezwungen  skr.  värsht- 
yarhs,  värshishtha  Compar.  und  Superl.  eines  varsha-  der  Stamm 
des  Positivs  Hesse  sich  auch  anders  ansetzen  r^^^^och,  gross 
lang",  varshman  Höhe|  \sJL_yerrüca^'i\\i.  vpt'g^^^  Obere,  ksl. 
^•^«Ä^^^lfeH^^bti^CFicks  li.  669;  J.^hfiiidt  Vocal.  II.  19). 

Nach  diesen  Zusammenstellungen  könnte  man  vrisan-, 
vrisja-  erklären  als  „der  hohe,  grosse,  lange".  Diese  Erklä- 
rung würde  jedoch  etwas  matt  sein.  Eine  andere  bietet  sich, 
wenn  man  daran  denkt,  dass  germanischer  Glaube  sich  die  Rie- 
sen als  Bewohner  der  Berge  und  Felsen  dachte  (vgl.  die  Be-^ 
nennungen  berghüi,  hraunbüi  bei  Jac.  Grimm  a.  a.  0.  S.  499). 
Vrisan-  (vrisja-)  könnte  dem  entsprechend  ursprünglich  den 
„die  Höhen,' "Berge  bewohnenden"  bedeutet  haben  und  Kürzung 
eines  Compositums  vrisu-büan-  sein.  Ueber  derartige  Kürzun- 
gen vgl.  Gott.  G.  Anz.  1876  S.  1373  und  u.  iamie. 

8)  Nhd.  tann,  ianne. 
Dem  nhd.  Wort  tann  entspricht  mhd.  tan  Wald,   Tannen- 
wald,  mndd.  dan  Tann,  Wald.     Dass  die  Bedeutung  „Tannen- 

^)  Eine  andere  Wurzel  cap  steckt  in  fd'pa  „was  lliessendes  Wasser 
mit  sich  führt",  ^äpehi  „angeschwemmtes  Schilf  u.  dergl." ;  sie  erinnern 
an  lit.  szapas  Halm,  Ilachel  j)!.  szäpai  „der  Rückstand,  den  eine  üeher- 
schwemmuiig  auf  den  Feldern  zurücklägst". 

'^)  Grassmann  Wbch.  0.  1378  zieht  an.  hefnu  rächen,  strafen  zu 
cap;  indessen  die  Bedeutungen  beider  Verba  stimmen  doch  zu  wenig 
überein. 


Miscellanea. 


167 


wald",  welche  an  unserem  iatin  klebt,  und  die  das  mhd.  ian 
zeigt,  unursprünglich  ist,  ist  leicht  zu  beweisen.  Tatm  hängt 
unzweifelhaft  mit  tarnte,  ahd.  ianna  zusammen.  Dieser  Baum- 
name hatte  ursprünglich  nicht  die  specielle  Bedeutung  „abies", 
sondern  eine  allgemeinere,  wie  daraus  erhellt,  dass  ahd.  ianna 
nicht  allein  durch  „abies",  sondern  auch  durch  „quercus"  glos- 
sirt  ist  (Graff  V.  428j.  Diese  allgemeinere  Bedeutung  kann  nur 
,, Waldbaum"  gewesen  sein,  und  folglich  muss,  den  Zusammen- 
hang von  tanne  und  iann  vorausgesetzt,  dieses  ursprünglich 
„Wald"  bedeutet  haben  Erst  nachdem  ianna  ausschliesslich 
die  Bedeutung  „abies"  angenommen  hatte,  erhielt  ian  die  Be- 
deutung „Tannenwald". 

Was  das  formelle  Verhältniss  von  ianne  zu  iann  betrifft, 
so  betrachte  ich  ahd.  ianna  als  Kürzung  eines  vorauszusetzen-  /  /\yu«AAA 
den  Conipositums  ianna-boum  „W'aldbaunr',  das  im  mhd,  {ian- 
houm  Lexer  II.  401)  neu  gebildet  ist  und  wieder  neben  der  spe- 
ciellen  Bedeutung  („abies";  die  allgemeinere  und  ursprünglichere 
f„Waldbaum")  zeigt. 

Aus  der  Vergleichung  von  mhd.  ian  (tannes)  und  mndd. 
dan  (dannes)  ergibt  sich  eine  Grundform  danna-  die  sich  völ- 
lig mit  gr.  \diü}.ivo-g  dightes,,  Buschwerk ,  Gesträuch ,  Gebüsch 
deckt.  —  Neben  jenem  danna-  könnte  auch  äamma-  vörkom-  ' 
men;  ob  sich  dieser  Stamm  in  dem  von  Schiller  und  Lübben 
Mndd.  Wbch.  s.  v.  dan  angeführten  Dative  dämme  (in  eneme 
dämme)  erhalten  hat,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Ueber  die  griechischen  Verwanten  von  &tt(.ivog  hat  in  sei- 
ner umfassenden  Weise  Ahrens  Ueber  die  Göttin  Themis  II. 
(Programm  des  Lyceums  zu  Hannover,  Ostern  1864)  S.  26  ff. 
gesprochen.  Von  germanischen  hebe  ich  noch  die  von  Fick 
Vgl.  Wbch. 3  III.  148  unter  dimma  zusammengestellten  Wörter 

hervor.  \^)'lj"^ 

9)lNdd.  man.  ,      * 

Die  in  der  niederdeutschen  Sprache  viöt^gbrauchte  Partikel 
man  —  hier  in  Göttingen  hört  man  dafür  hMß.g' Mant—  „nur" 
findet  sich  in  derselben  Form  und  Bedeutung  schon  in  den  äl- 
teren ndd.  Dialecten,  so  in  mnddT""'^?««^.  mS^s^md  im  afries.  men 
und  mo^ma.  Die  Lexika  geben  ausser  der  Fedeutung  „nur" 
auch  andere^  etwas  abweichende  Bedeutungen  an;  dass  aber 
„nur,  allein"  die  eigentliche  Bedeutung  der  angeführten  Parti- 
keln sei,    wird  jeder  bei  sorgiältiger  Prüfung  der  in  ihnen  an- 


168  Miscellanea. 

geführten  Belege  leicht  erkennen.  —  Ich  hebe  besonders  den 
mndd.  Gebrauch  von  men,  man  zur  Verstärkung  des  Imperativs 
hervor,  der  des  weiter  folgenden  wegen  beachtenswert  ist;  er 
findet  sich  ebenso  im  modernen  nd^.  —  Was  die  neben  men, 
monna  stehende(a^  PartikeAi^^/jT  ,,nur,  ausgeffsojiderti,  a^bpj^ 
betrifft,  so  nehme  ich  an,  daassieT  durch  'Vermen^ung  von  men 
mit  were,  wera,  wara  „sondern,  aber,  ausser",  das  von  v.  Richt- 
hofen  s.  v.  richtig  erklärt  ist,  entstanden  sei.  —  Das  ndd,  man 
erscheint  endlich  auch  im  altnord.  in  der  Partikel  nema  (=  «e- 
man),  wie  K.  Hildebrand  in  seiner  scharfsinnigen  und  umfassen- 
den Besprechung  dieses  Wortes  (Ueber  die  Conditionalsätze  und 
ihre  Conjunctionen  in  der  älteren  Edda,  Leipzig  1871,  S.  löff.) 
überzeugend  nachgewiesen  hat. 

Was  die  Etymologie  von  man  betrifft,  so  hat  Hildebrand 
a.  a.  0,  es  dem  hd.  wan  gleichgestellt  i) ,  worin  ich  ihm  indes- 
sen nicht  beitrete.  Denn  einerseits  ist  der  Uebergang  von  w  in 
m  in  den  german.  Sprachen  verhältnismässig  so  dürftig  bezeugt  ^j, 
dass  man  gut  tut,  mit  ihm  nicht  zu  operiren,  andrerseits  ist  er 
innerhalb  der  german.  Grundsprache,  der  man  unz^ifelhaft  an- 
gehörte, vöHig  beispiellos.  Id^telle  man  (St|«^m  mana-y^M 
gr.  (.lovo-g,  ep.  fiovvo-g  (SJafmm  /iiovfo-)'^ymii  dem  Gdn'auch 
des  adv.  /iiövov  stimmt  n^n  besonders  Jli  so  fern  üloerein,  als 
auch  jenes  verstärkend  zum  Imperativ  tritt. 

Indessen  nicht  nur  im  griechischen,  sondern  auch  im  litaui- 
schen findet  sich  ein  Reflex  des  ndd.  man.  Ich  meine  die 
—  mit  yVusnahme  einer  Stelle,  an  der  d«n;^ptativ  steht  —  nur 
beim  Imperativ  vorkommende  Partikel  m5^k^  (minaü),  über 
welche  Schleicher  Glos.  z.  Donal.  p.  233  gSprochen  hat  3). 
Er  übersetzt  das  Wort  mit  „durchaus,  ja",  ebenso  jetzt  Nessel- 
mann (Glos.  z.  Donal),  welcher  »i/?2^^frühäK,(Wbch.)  ganz  un- 


^)     Vgl.  Höfer  Germania  15.  81. 

2)  Die  wenigen  mndd.  Fälle  der  Art  hat  Lübben  Mndd.  Wbch.  III. 
S.  1  zusammengestellt.  Das  einzige  Beispiel,  welches  er  dort  für  den  Wech- 
sel von  tn  mit  b  anführt,  ist  nicht  zutreflbnd,'  denn  bat  und  met  sind 
etymologisch  verschieden.  Bet  gehört  mit  ahd.  bit  (Müllenhoff  u.  Sche- 
rer Denkm.2  n.  LXVI  z.  23  u.  24),  mhd.  bit-,  bat-  (in  bitalle,  betalle)  zu 
äol.  Titöä  (Wackernagel  Ad.  Handwbch.  85a,  Führer  de  dialecto  boeot. 
S.  40);    met  mit  ahd.  mit  zu  gr.  fiträ. 

")  Ich  kenne  das  Wort  nur  aus  Donalitius  und  der  von  Schleicher 
a.  a.  O.  citierten  Stelle  seines  Lesebuches  p.  140. 


Miscellanea.  169 

richtig  die  Bedeutungen  „durchaus  nicht,  ja  nicht,  beileibe"  bei- 
legte, "^"^ch  Kurschat  endlich  (Deutsch-Lit.  Wbch.  s.  v.  ja) 
dient  min^M^  zur  Verstärkung  der  Warnung  oder  Ermahnung. 
Er  führt  an :  'mvfmik^  saugökis  und  minäu  ri'uzmlrszk.  Wie  man 
hier  auch  die  bedeütung  „nur*'  annehmen  kann,  so  an  allen 
anderen  zu  belegenden  Stellen.  Begrifflich  steht  also  der  Zu- 
sammenstellung von  minäu  mit  fiövov  und  man  nichts  im  Wege; 
eben  so  wenig  formell.  Welcher  Casus  in  minäu  vorliegt,  lässt 
sich  nicht  erkennen;  es  erinnert  an  taczaü,  Jaü,   hau. 

Wenn  Schleicher  in  minau  einen  verkürzten  Imperativ,  etwa 
von  minavöti  gedenken  annehmen  wollte,  so  ist  dagegen  einzu- 
wenden, dass  eine  Verkürzung  von  minav6k(i)  zu  minäu  doch 
zu  stark  ist,  um  ohne  Aveiteres  behauptet  werden  zu  dürfen,  und 
dass  die  Bedeutung  „vergiss  nicht,  denke  daran"  zu  wenig  in 
minäu  hervortritt,  als  dass  man  annehmen  müste,  es  habe  sie 
jemals  besessen. 

Die  weitere  Verwantschaft  der  besprochenen  Wörter  vgl. 
bei  Curtius  Grndz.3  n.  475. 

'  .      10)  arvl^ü}. 

i^Tt-gta^bedeutet  ursprüä^ij^  „beengen,  beängstigen",  pas.     'A 
„beengt,  ängstHt^i  sein ,  werden"*1i^dweiter  „verwirrt,  betäubt 
sein ,    erschrecken^NLQheu  werden",     jt-p^.^   das    schon  Hesych 
atvteo^ai  zu  (xrunde  legte  ^\ ,   liegt  demselben  begrifflich  fern,  O 

ebenso  skr.  tu/  schlagen,  stossen,  sclniellen,  zu  dem  Sonne  KZs.  . 

12.  297  arvteod^ai  ziehen  wollte.  l^ivOio  ist  in  a  und  Tt-Cw  zu" 
zerlegen  (vgl.  o.  S.  69  d-refißw  2)) ;  tiIco  ist  aus  Hfsyyuo  ent- 
standen (part.  aor.  pas.  anx^sig  11-  6.  468)  und  auf  das  eng-  vi., 
ste  verwant  mit  germ.  (p^rt»^'pt^^^diökt,  cTil5k^|Fick3  III.  133), 
ksl.  iq(/a  afflictio,  anxietas,  angor  (l^lck^  Iti.  576),  lit.  pmrl^$^ 
(oder  -tegui?  e  oder  ^'  aus  ^)  hinter  einärÄder  (vgl.  an. /^Ä^r 
in  der  Bedeutung  „eng, ne'b©a.,.eina!tti€J^'J,  pra-tega  {oder -i egal) 
Knieriemen  der  Schuster  (ksl.  J_^^o  Riemen),  niieTS.ittrrj^doii 
contorquere,  contrahere,   constringere ,   /?/;//? (^«ji^  fortius'^aslrinT"' 


^)  Leo  Meyer  macht  miÄr  freundlichst  darauf  aufmerksam,  dass 
schon  Benfey  Allgemeine  Monatsschrift  1854  S.  38  u-ri^ß(o  zu  skr.  [ava-) 
damhh  gestellt  hat. 


170  Miscellanea. 

gere  cingulum  vel  frenum  (Hübschmaiin  K.  Beitr.  7.  462),  — 
Die  Annahme  einer  yflvafig ,  gr.  Tßeyy  rechtfertigen  Ficks  Zu- 
sammenstelhingen ;  wer  an  ihr  Anstoss  nimmt,  mag  a-rrCw  aus 
Toyyuü  erklären.     Die  Etymologie  bleibt  trotzdem  dieselbe. 

Adalbert  Bezzetiberger. 


11)  Zur  Erklärung  der  Tabula  Bantina. 

V.  20  ff.     Avt   soaepis    censiomen  nei  cehnusi  clolud  malud 
in.    eizeic   vincter ,    esuf  comenei   lamaiir  pr.    meddixud   lovtad 
praesentid ,    perum  dolum  mallom ,    in.    amiricatud   allo  famelo 
in.  ei.  sioom,  paei  eizeis  fust,  pae  ancensto  fast,  tovtico  estud  ^). 
Der  Sinn  der  Worte  esuf  lamaiir  wird  durch  „caput  dimi- 
nuatur"  zweifellos  richtig  wiedergegeben,    aber  di^   Etymologie 
von  lamaiir  scheint  nicht  erkannt  zu  sein.    {Z)hi^^i?>v^t  III.  sg. 
conj.  praes,  pass.  eines  Verbumv.;^gjw?^5^jbrechen,  aufhören  ma- 
chen", oder  III.  sg.  praes.  ind.  (in  conjimctivischem  Sinne  ver- 
wendet  wie   sakarater   Weihinschrift   von   Agnone  Z.  21)    eines 
^    y  .       Verbs  lamaum  von  gleicher  Bedeutung  2^.     Mit  la^nrnn  odertste 
V/^y"    j^jftaum    ver\^ant   sind   gr.    vcohiue^sJ==  (ini2-o%^Ps^  unaufhörlich     ' 
y^'O^undjDreuss.yAwli^^^  V^  Wbch!^"Tir'^52). 

'"''  allo  ist  nicht  lät>,  alia^f,  sondern  got.  alla  (oder  *«/« ?), 
vgl.  altirT^I^J»»^ ,  cambr^- ijorn.  arem,_.  Ö^,^/2!^mnis  (Vgl.  Wbch.i 
1.  499);  oHd  fa^ivtip  ist'''^8o,^,^^das'''^!^»^e  Veri!?is^^''.  in.  ist 
jdie  geläufige  i\.bbreviätur  für'-'VM'm  ,  n.  mü"  eiiuo  ,  vgl.  (suvad) 
'eiiiv.  —leiliuvad.  Dem  alh^.J^ fuM^lo)  parallel  steht  sivom  ~ 
"umBr."  '^evö)n^€~gr.l  anfagmeii',  g^^\  ,  "'*• — " 

FüTTie  Richtigkeit  ^"seTDeuTüng  spricht  der  Zusammen-^ 
hang :    wer   sich   nicht   hat   censiren   lassen\an  esuf  und  eitua,  f 
soll  so  gestraft  werden,  dass  sein  esuf  gebrochenun^^eine  ei- 
tua insgesammt  dem  Volke  verfallen  sei. 


*)  Selbstverständlich  muss  das  V  der  Tabula  Bantina  als  v  gelesen 
werden,  wo  es  nach  Ausweis  der  übrigen  oskischen  Denkniäler  als  v  ge- 
sprochen ist:  Formen,  wie  attt,  siiae,  foutico  entbehren  jeder  Gewähr. 
^)  Anders  wird  die  Form  lamutir  aufgefasst  von  Bugge  KZs.  22.  415, 
^)  Mommsen  UD.  247  stellt  nllo  =rr  illa;  es  ist  indessen  nicht  recht 
glaublich,  dass  dasselbe  Wort  im  osk.  *alliis  ,  im  l;it.  olli/s ,  ille ,  im 
umbr.  iilo-  gelautet  habe. 


Miscellanea.  ^  171 


12)  Osk.  umbr.  vorsus,  lit.  varsjms.  \ 

Forsus  „das  nationale  Ackermass  dqr'^Osker  und  Umbrer, 
von  100  Fuss  ins  Geviert,  entsprecheiid  dem  griechischen  Ple- 
thron"  (Moramsen  UD,  260)  ist  aps"  *vorsius  entstanden  und  i 
entspricht  genau  dem  lit.  varsias  „ein  Pfluggewende,  eine  Strecke  \ 
auf  dem  Acker  nach  deren  Bestreichung  mit  dem  Pfluge  man 
umwendet,  die  Länge  der  l'^rchen  und  Rücke,  auch  als  Wege- 
mass  gebraucht"  (Nesseljjfänn  Wbch.  s.  v.).  Das  diesen  Wör- 
tern zu  Grunde  liegende  envo^.l^varsta  ist  von  der  Wurzel  vart 
wenden  gebildet  up^  bedeutet  ursprünglich  „Wenidung"7^  dann 
„den  zwischen  awei  Wendungen  (mit  dem  Pfluge)  liegenden 
Raum".  Varsiü  ist  in  die  Reihe  der  sprachlichen  Belege  für 
den  Ackerbad  der  ungeteilten  Indogermanen  Europas  aufzu- 
nehmen.    / 

13)  Umbr.  |5^/?a.^  7 
Das  Verbum  bifia,  für  welches  schon  Aufrecht  und  Kirch- 
hofi"  USD.  p.  37  die  Bedeutung  „sehen,  schauen"  erschlossen 
haben,  und  das  von  Bücheier  Populi  Iguyini  Lustratio  (Bonn 
1876)  noch  präciser  und  richtiger  durch  (,j,nuntiare"  übersetzt 
ist  (z.  B.  48  combißatu  nuntiato,  52  conbijiansiust  nuntiaverit) 
beruht  auf  einem  Thema  bhudhja ,  gebildet  aus  y^bhudh ,  zu 
der  vielleicht  auch  die  latein.  Namen  Fufius  und  Fußdius  ge- 
hören. 

14)    T6Q€/.lVßl/. 

Zu  der  im  ital.  reich  ent;Mteten  y^m'^,^jiJro]i^jJrabs^a\- 
ken,  umbr.  trebeit  aedifica^äf,  osk.  iriibnm  BauwerkW'^Kymr. 
ireb  Dorf,  lit.  iroba  Geb|kride  scheint  das  äichierisc^  teQe/.ivov, 
TiQa(.ivov  Halle,  Gern^^  zu  gehören,  das  demnajjii'für  Heqsßvo- 
stünde  und  Laut  fäi^  Laut  dem  umbr.  iremn^,  das  schon  Auf- 
recht aus  treb;^  erklärte,  entsprechen^^rde.  Auf  slav.  Ge- 
biete ist  vep^^nt  ksl.  iremü,  rus.  tereßffu  aus  *lerebmü ;  die  Zu- 
sammens^ung  von  iremü  mit  jr^ef.ivov  rührt  schon  von  Mi-  : 
klosick^  (Lex.)  her,  '^  » 

-^  15)  TTccd^vrj  —   q)ttTvrj  Krippe  zu  yfßad^. 

cpatvrj  —  dial.  7tdö^vr]  Krippe  bedeutet  eigentlich  „Vertie- 
fung", wie  daraus  erhellt,  dass  die  Vertiefungen  im  Tafelwerk 
ebenfalls  mit  diesem  Wort  bezeichnet  werden.  Damit  ist  denn 
auch  die  Etymologie  der  Wörter  gegeben :  7tad^  =  rpar  in  Ttad^vr] 
=  cfdTV7]  entspricht  der  Wurzel  ßaS^  in  ßa&vg,  ßevd^og,  ßod^gog, 


172  Miscellanea. 

vgl  lat.  fodio  u.  s.  w.  ^  Ttad^  =■  ßaO^  wie  Ttvd^  in  /tv^-/^^v  =  ßvd- 
in  ßvd-og.  ^    ..«„ ■  — "--^  ""  ' 

16)  Lat.  rSiits  Sraidc,  ksl.  rozga  Zweig  zu  lit.  re^i^^n^^W^ 
^Wie  Bezz^berger^  0.  S.  68  dargethan,  gehört  skrTrt^t  zu 
lit.  r^^*// ßeeljten,  bestricken,  binden,  schnüren.  Es  wäremif- 
fallend,  wenn  em  so  wichtiges  altes  Verb  sich  nicht  auch  sonst, 
wenn  auch  nur  in  Ableituji^n  erhalten  hätte.  Zweifellos  ge- 
hört hierher  lat.^'^Ti^H^*  Striclv^*il|das  demnach  für  resc-ti-s 
steht,  wie  pasior  Tv^-p^c-tor.  Den  Eauten  nach  gehört  hier- 
her auch  ksl.  rozga  palmes,  doch  vermag  ich  nicht  anzugeben, 
ob  mit  rozga  ursprünglich  eine  Ruthe,  Rebe  zum  Binden  von 
Reiserstricken  bezeichnet  wurde. 

17)  Armen,  neghem,  glukh,  Ihuz,  isarr. 
Angeregt  durch  die  schönen  Arbeiten  Hübschmanns,  der 
meines  Erachtens  zweifellos  die  armenische  Sprache  als  den 
äussersten  Vorposten  der  europäischen  Gruppe  dargethan  hat» 
gebe  ich  im  Folgenden  einige  armenische  Etymologien,  welclie 
ebenfalls  auf  europäischen  Character  deuten. 

neghem  premo,  affligo,  neghuthiun  afflictio,  angustia  (nach 
Hübschmanns  Transscription  nelem)  weist  auf  eine  Grundform 
'*nerem ,  denn  armenisches  gh  ist  regelrechter  Vertreter  eines 
ursprünglichen  r,  vgl.  astgh  =  dotiqQ.  Dieses  ^nerem  findet  sich 
genau  wieder  im  lit,  neriti,  ner-ii  einziehen,  einschlengen,  einfä- 
deln, wozu  z.  B.  germanisch  nar-va-  eng  =  englisch  narrovo. 
Im  Griechischen  zeigt  diese  Wurzel  sich  als  laq  neben  vaq, 
vgl.  vaQMOV  dozöv  Hesych.  neben  Xagycog,  XaQxiov  und  vcxQva^- 
iCLßiOTog  Hesych.  neben  laQva^  i).  —  Nebenbei  bemerkt,  das 
gleichlautende  Wurzelwort  zum  ursprachlichen  ?iar  der  Mann, 
Mensch  lässt  sich  sehr  wohl  durch  folgende  Zusammenstellung 
gewinnen :  s]sir.'fiar-manSch^z,  Spass,  su-nara^ü-nr-ta  erfi'eulich,» 
_zend,  Jßt^raJJk[Qe^ßur'^az\i  stellen  sich  im  litjisjpä^^iMf 
Begierde  -«fia  das  abgeleitete  nari  zürnen ,  in  nirsnzürnen, 
närsa-s  Zorn.  Die  Grundbedeutung  aller  dieser  Wörter  ist  eine 
und  dieselbe,  sie  lässt  sich  etwa  durch  O^vf-ielad^ai,  imd^v/ueiv 
ausdrücken.  Besonders  schön  stimmt  lit,  nöra-s  zum  zend. 
hunara  Tugend  ^),  demnach  wörthch  „der  gute  WilTe".   ~~^    " 

')     Vgl.  XCxvov  neben  vCxXov,  lit.  nPknti,  Biigge  Curt.  Stud.  4.  335. 
')     [Auch  zu  ved.  ndrä^dmsa,  zend.  nav't/öcaiilia  ,,dor  den  (göttlichen) 
Willen  verkündende"?  B.] 


Miscellanea.  173 

Armenisches  gluhh  Kopf  kann  sehr  wohl  für  galu-ka  stehen. 
Fassen  wir  dann  weiter  galu  als  galva,  so  haben  wir  die  letto- 
slavische  Bezeichnung  des  Kopfes:  lit.  gahä  —  ksl.  glava. 

thuz  die  Feige  scheint  mir  identisch  mit  tv-/.o-v ,  altgrie- 
chisch und  dialectiscli  für  atyiov  Feige,  doch  vermag  ich  die 
armenischen  Lautumgestaltungen  nicht  genau  zu  begründen. 
Das  armenische_/ÄS<|j'^^jpi!ii^rkenne  ich  wieder  im  preussischeiL— 
garrian  Baum.  Dazti  g^iör^n  weiter  lit.  glre  Wald  und  die 
griechisch-dialectischen  Wörter  ßaqve(f  dtvdqa  und  ßdagor  ÖQveg, 
öevÖQu  beide  bei  Hesych  ;7arwa  Baum  findet  sich  in  Sanskrit- 
lexicis,  ob  es  vorkommt  weiss  ich  nicht. 

18)  Kiaaa  Heher,  Gelüst  zu  lit.  geidzü. 

xlaaa    heisst    Heher    und    Gelüst,     besonders    Gölüst    der 
Schwangeren.     Es  ist  kein  Grund,    in  -ulaoa  zwpt' verschiedene 
Wörter  zu  sehen;    der  Heher  ist  als  der  lüsfce'rne,    begehrliche 
Vogel  gut  bezeichnet.     Die  ältere  Form  iöC  yielaaa,   das  erhellt 
aus  der  hesychischen  Glosse  :\X£iöjff^-'''x/ö'(ra.   ^d^covsg.     et  isty^ 
vor  Doppelconsonanz  zu  /  contr^^Mrt  wie   z.  K.  in  rQiay(.aide,K& 
für  TQeia-TiaL-ÖEKa.     Die  Grujmform  xelaaa  lässt  sich  nuijk^ver- 
schiedentlich  auflösen,    i]»efner   Ansicht   ist   sie   nach  Atialogie 
von  yuaaög  Epheu  zuL^-behandeln.     Wie  Windisch  (Cirrtius  Stud. 
Vn.  184)   gezeigt^-fiat ,    steht   maoog  für  y-id^-jo^  —  xt^-jo-g 
und  gehört  ziv^iner  Wurzelforra  x«^  =  X^^.-^ssen,    vgl.   lat.     ^      \ 
hed-era  Egheu.     Zu  dieser  selben  Wurzelfprrh  Ksd-  gehören  bei-    (>£^*vV^ 
läufig  befnerkt  die  drei  Bechernamen  /^avßiov  {=  y,idjvq)iov),      /      ,      / 
xi]d^i g  und  mod^tüv ,  alle  drei  demna^eh  als  „fassende",   als  „Ge-   *""^     ^^ 
fasse"  benannt.     Lösen  wir  also,-*äch  der  Analogie  von  xiaoog 
unser  y,sTaaa  auf,  so  erhalten  x<ir  als  Urform  yisid^-ja  =  %ELd^-ja 
und    dieses    yiSL&ja    stimmt    vollständig    mit    dem    Mt.Qßit^ff^ 
(^e^*»lr)"1)egehren ,   verlangen ,   wünschen ,    sich  gelüsten  lassen. 
Wir   dürfen   demnach  ein  europäisches  gheidhja-  begehren  auf- 
stellen,  eine  Weiterbildung  von  ghaja  begehr^  mit  dhä  thun, 
vgl.  lat.  m-hiäre.    .^Dazu   gehören   auch  goth.  ^o^ZSiißMangel, 
.imd.. ahd.j^^^hd'.^'t?^«^  ..,^...^.-^-.«^..= 

Bedenken  Könnte  erregön,  dass  diese  Erweiterung  sich  bei 

den  Südeuropäern  sonst  nicht  nachweisen  lässt;  allein  die  ganz 

parallele  Erweiterung   des   ursprünglichen  ffha  begehren  durch 

^dha  lie^t  im  Griechischen  deutlich  genug  vor  in  ^arf'w,  yaTi^ia, 

XrJTog  die   nach  griechischen   Lautgesetzen  der  Reihe  nach  für 


174  Miscellanea. 

Xa-d-id},  %a-d^ito)  (vgl.  eQE&lCco  zu  sged^co),  %i}-(^o-g  stehen.  Mit 
%rj-d^o  stimmt  ganz  genau ,  wie  mir  Bezzenberger  mittheilt ,  lit. 
güda-s  {goda-s,  sly^gädor^m  gaduii,  gadoii  Iliob  27.  8  ivif  der 
Bretkenschen  JBiDelüb,^etzung) ,  Habsupfef ,  ß^ewwv^f  Greizj^ 
demnach  dürfen  wir  auch  die  Basis, ^a-ö?iw3f,  ghär^ia  begelji^ 
als  bereits  europäisches  Gebilde  aufstellen.  Auch  das  gefinani- 
sche  gada-  gut  ist  wohl  als  das  begehrte,  begehrenswerthe  zu 
denken;  a/a-^o-g  ziehe  ich  jedoch  lieber  zu  aya-f-iai  Dagegen 
lakonisch '^aaio^,  ^ccKLog  gut,  edel  steht  für  xaS^iog  und  stimmt 
,in  der  Bedeutung  zum  germanischen  gada-  gut.         A.  Fick. 


A 


f9)  Nhd.  garstig.  / 

Nhd.  garstig  hpslich,  widerlich  i),  mhd.  garst/%i.  m.  ran-  , 
ziger,  stinkender  (Jeschmack  oder  Geruch  2),  \<?«rÄ/  ranzig,  ver- 
dorben schmeckeiiid  oder  riechend,  garstic ,  gestio  ranciduly«, 
rancidus,  garsUkeit,  gerstikeit  rancor  (Lexer^Khd.  Wbch.  s.Xv.), 
ahd.  gersti  i^a'ncor,  mndd.  garst,  g ar stich  ,ßarster ich ,  g^terich 
ranzig,  stinlcend,  bitter  von  Geschmack  (^'ch  bildlich  gßbraucht 
gasterige/hochfart  u.  a.  vgl.  Schiller /l.  Lübben  M^Üd.  Wbch. 
s.  v.),/nndd.  garsterich,  galsterich  ^y,  an.  gersta  j^m.&[i  belästi- 
gen, jjlagen,   ^er5/r  sauer,    mürrisch*)  beruhen /sämmtlich  auf 

^)  Vgl.  darüber  L.  Meyer  KZs.  20.  305,  wo  der  von  andrer  Seite 
(s.  das  Grimmsche  Wbch.  s.  v.)  angenommene  Zusammenhang  des  Wor- 
tes mit  „gähren"  mit  Recht  als  unmöglich  bezeichnet  ist. 

ä)  Eigentlich  „Ekel,  ekelhafte  Beschafienheit",  vgl.  lat.  taediiim  in 
der  Bedeutung  „ekelhafter,  ranziger  Geschmack,  Geruch". 

')  Ueber  die  hier  stattgefundene  Entstehung  des  /  aus  r  durch  Dis- 
similation vgl.  meine  Arbeit  „Ueber  gegenseitige  Assimilation  und  Dis- 
similation der  beiden  Zitteriaute  in  den  ältesten  Phasen  dfes  Indogerm." 
Ich  benutze  diese  Gelegenheit  um  einige  Verselicn  in  ihr  zu  berichtigen. 
Zunächst  bitte  ich  den  Artikel  aftarhringu  S.  40  zu  streichen,  da  diese 
Form  von  Graff  IV.  1167  hypothetisch  angesetzt  ist,  um  das  Bib.  8  er- 
scheinende aftarringa  zu  erklären.  Dieses  ist  einfach  eine  durch  Anleh- 
nung an  rmg  gebildete  Nebenform  von  aftarlinga,  ebenso  wie  das  S.  42, 
namhaft  gemachte  silbarringa  für  -linga.  —  Sodann  muss  zu  S.  43  nach- 
getragen werden ,  dass  mhd.  morier  auch  schon  im  mhd.  mortel  neben 
sich  hat,  und  endlich  ist  die  S.  42  vorgeschlagene  Erklärung  von  reldcu- 
lichonti  durch  rehtatrichonti  unzulässig;  in  jenem  ist  vielmehr  eher  reht- 
Cdlirhnnti  (cf.  got.  galcikon)  zu  erkennen. 

"*)  Engl,  ghastly,  agha.st,  welche  Cleasby-Vigfusson  s.  v.  gerstu  hier- 
her stellen,  gehören  wol  eher  zu  mndd.  gre-ne  Schauder,  Grausen  u.  s.  w. 
das  auch  lautlich  an  lat.  horrere  erinnert. 


Miscellanea.  175 

garst-  unangeneliny^uwider  (resp.  einem  Verbum  oder  Substan- 
tivum  von  entsprechender  Form  und  Bedeutung),    welches  sich 
auf  das   engste^anscldiesst   an   ht.   grasüs   widerhch,    ekelhaft, 
grasiimas ,   ßft-am  Ueberdruss ,   grhti  überdrüssig  werden ,    Ekel 
empfinden/"  Aus  der  Zusammengehörigkeit  dieser  Wörter  ergibt 
sich  einpi^'nordeurop.  yfghars  oder  ghras  Widerwillen  empfinden  / 
oder  erregen.    jZu  ihr  stelle  ich  auch  lat.  ?^5ij^_§*«i|j£^tolze  1 
Veraclitung  (eigentl.  „das  vornehme  Ekeltun"7v§V/^]^S^m  in  \ 
gleicher  Bedeutung).      Die  ursprüngliche  Bedeutung  von  fasius   \ 
hat  sich  in  fastidio,  fastidium  erhalten;   ich  betrachte  das  er-    \ 
stere  als   Compositum   von  fasiu-  und   -dio  (vgl.  au-dio),    aus    ] 
fasiu-dio   entstand   fastidio ,    aus   dem   das   Nomen   fastidiu-m    ! 
entnommen   wurde.     Dieses   dehnte   nach   Analogie   von  fasii-    1 
giu-m,  vestigiu-m  sein  erstes  ^,•  der  gedehnte  Vocal  drang  dann    1 
aus  dem  Nomen  auch  in  das  Verbum.  • 

Andere  Etymologien  des  lat.  fastus  haben  aufgestellt  Cors- 
sen  KZs.  11.  423  und  Ausspr.  I.  141  (zu>kfC3lö*-'g5g&»^ 
Froehde  KZs.  18.  315  {fastus  verwant  mit  fastigium) ,  Breal 
KZs.  20.  79  (zu  skr.  dharsh  gr.  -d^Qaavg).  Ich  muss  es  meinen 
Lesern  überlassen  zwischen  diesen  Etymologien,  unter  denen 
die  Froehdes  die  beachtenswerteste  sein  dürfte,  und  der  o.  auf- 
gestellten eine  Entscheidung  zu  treffen. 

Strassburg,  8.  Nov.  76.  Fr.   Bechtel. 


Zu  dem  Nekrolog  i'iber  Hi.  Haug. 

Nachdem  ich  bisher  es  vermieden  habe,  mich  über  irrige 
Angaben  zu  äussern,  die  sich  in  mehreren  theils  zu  Haugs  Leb- 
zeiten, theils  nach  seinem  Tod  erschienenen  Lobreden  finden 
und  mein  Verhältniss  zu  ihm  entstellen,  glaube  ich  aus  Anlass 
des  Nekrologs  in  diesen  Beiträgen  S.  70  ff",  einige  Worte  sagen 
zu  sollen. 

Haug  liebte  es  sich  als  Autodidakten  darzustellen.  Das 
war  er  höchstens  bis  er  in  das  (jrymnasium  zu  Stuttgart  ein- 
trat. Auf  der  Universität  hat  er  bei  mir  sieben  Semester  ge- 
hört und  jeden  Vorschub  erfahren,  den  ich  damals  einem  Schü- 
ler gewähren  konnte.  Er  hat  aber  in  seiner  gedruckten  Auto- 
biographie nicht  für  gut  gefunden  meinen  Namen  zu  nennen 
(vgl.  Justi  Abfertigung  des  M.  Haug.  Leipzig  1868  S.  14).  Ich 
habe  während   seiner   Studienzeit   bei   Collegen   um   Stipendien 


176  E,.  Roth  Zu  d.  Nekrolog  über  M.  Haug. 

für  ihn  gebeten  und  zuletzt  durch  Fürsprache  beim  Minister  zu 
der  Gewährung  einer  Reiseunterstützung  mitgewirkt. 

Wenn  ich  ihm  abrieth  sich  ohne  weiteres  in  die  akademi- 
sche Laufbahn  zu  werfen,  vielmehr  ihm  zusprach,  dass  er  — 
wie  es  früher  sein  eigener  Plan  war  —  die  Prüfung  für  Lehr- 
stellen erstehe,  so  wird  jeder  diesen  Rath  gewissenhaft  finden, 
der  weiss,  dass  Hang  ganz  mittellos  war.  Dadurch  war  aber 
sein  krankhaftes  Gefühl  verletzt.  Als  er  von  Göttingen  zurück- 
kehrte, suchte  er  mich  nicht  auf.  Ewald  schrieb  mir  damals, 
dass  ihm  Haugs  Arbeit  über  eine  (ratha,  welche  in  der  Zeit- 
schrift d.  d.  m.  G.  erschienen  war,  verunglückt  vorkomme,  und 
wünschte,  dass  ich  Haug  auf  den  richtigen  Weg  weise.  Ich 
versprach  es  zu  thun,  sobald  Haug  sich  mir  vorstelle.  Das 
wurde  dadurch  bewirkt,  dass  Ewald  ihn  einen  Brief  an  mich 
bestellen  hiess,  und  ich  sagte  ihm  meine  Ansicht  über  seine 
Exegese,  die  heute  niemand  vertheidigen  wird.  Haug  aber 
konnte  das  nicht  ertragen,  wandte  sich  gänzlich  von  mir  ab 
und  scheint  nun  bei  sich  die  Ansicht  ausgebildet  und  später 
an  seine  Freunde  weiter  verbreitet  zu  haben  —  der  Mythus 
kommt  erst  nach  einer  Reihe  von  Jahren  vor  —  dass  ich  seine 
Habilitation  in  Tübingen  verhindert  habe. 

Ich  lese  diese  Behauptung  in  dem  Nekrolog  zum  dritten 
Male.  Nichts  desto  weniger  kann  ich  mich  nicht  erinnern,  dass 
er  mir  auch  nur  die  Absicht  einer  Habilitation  mitgetheilt  hätte, 
noch  viel  weniger  hat  er  wirklich  einen  vorbereitenden  Schritt 
gethan.  Und  wie  mit  dieser  Angabe,  so  steht  es  noch  mit 
manchen  anderen  in  jenen  Darstellungen. 

Mein  Urteil  über  Haugs  Leistungen,  das  allerdings  von 
demjenigen  seiner  Verehrer  weit  abweicht,  habe  ich  hier  nicht 
auszusprechen.  Ich  habe  zu  seinen  Lebzeiten  jede  Polemik  mit 
ihm  vermieden  und  ihn  selbst  aus  Anlass  eines  seiner  Ausfälle 
wissen  lassen,  dass  ich,  wenn  auch  er  es  vergessen  hätte,  mich 
immer  erinnern  werde,  wie  lange  er  mein  Schüler  gewesen  sei, 
und  in  keinen  Streit  mit  ihm  eintrete.  Das  habe  ich  gehalten, 
so  zahlreich  die  Gelegenheiten  waren,  sein  selbstgefälliges  Auf- 
treten zu  strafen.  Ich  hätte  es  darum  billig  gefunden,  dass  die 
laudatores  die  Schonung  anerkennen  und  nicht  den  Hingeschie- 
denen auf  Kosten  lebender  verherrlichen. 

R.  Roth. 


177 


Die  Entstehung  des  st  und  ss  im  Lateinischen. 

Es  ist  bekannt,  dass  mit  Ausnahme  des  Sanskrit  die  indo- 
germanischen Sprachen  in  der  Wortbildung  das  Zusammen- 
stossen  zweier  dentaler  Verschlusslaute  vermeiden  und  daher 
Dentale  im  Auslaut  von  Wortstämmen  vor  den  mit  einem  Den- 
tal anlautenden  Suffixen  in  den  Spiranten  des  gleichen  Organs 
übergehen  lassen.  Vgl.  u.  a.  Bopp  Vergleichende  Grammatik 
§  101  f.,  Pott  Etymologische  Forschungen  II ^  60  f.,  Schleicher 
Compendium  §§  139.  148.  157.  173.  182.  191.  202,  Curtius 
Erläuterungen  zur  Schulgrammatik  p.  35,  wo  der  Grund  dieses 
Lautwandels  sowie  der  physiologische  Vorgang,  durch  welchen 
der  Sibilant  erzeugt  wird,  treffend  dargelegt  ist.  Der  häufigste 
und  für  das  Lateinische  allein  in  Betracht  kommende  Fall  ist 
der,  dass  ein  ^-Laut  mit  folgendem  i  zu  si  wird.  Es  ist  die 
gewöhnliche  Annahme,  dass  dieser  Lautwandel,  der  in  den 
übrigen  bezeichneten  Sprachen  ein  durchaus  geläufiger  utid  re- 
gulärer ist,  sich  auch  im  Lateinischen  „in  nicht  geringerem 
Umfange"  finde,  nur  „in  versteckterer  Weise",  insofern  ein 
grosser  Teil  auf  solchem  Wege  entstandener  st  in  Folge  einer 
weitergehenden  Lautzerstörung  zu  ss  und  dann  nach  langen 
Vocalen  und  Diphthongen  zu  s  geworden,  dass  also  Formen 
wie  zum  Beispiel  quassus  casus  fessus  usus  durch  die  Mittel- 
stufen "^quasius  *  castus  *festus  ^ustus  aus  *quai-tus  *cad-tus 
*fet-his  *ut-ius  entstanden  seien.  Ich  bin  an  dieser  Auffas- 
sung, die  ich  früher  geteilt  habe,  seit  längerer  Zeit  irre  ge- 
worden und  zu  der  Ueberzeugung  gelangt,  dass  die  ältere  Er- 
klärung der  angeführten  Formen,  nach  welcher  dieselben  viel- 
mehr die  Mittelstufen  ^quat-sus  *cad-sus  *fet-sus  "^ui-sus  vor- 
aussetzen, die  richtige  ist.  Mein  Hauptbeweis  für  diese  An- 
sicht stützt  sich  auf  die  Beobachtung  der  Entstehung  des  st  in 
den  historischen  Formen.  Ich  untersuche  daher  im  Folgenden 
zuerst  den  etymologischen  Ursprung  der  tatsächlich  vorliegen- 
den s/,  stelle  dann  zweitens  fest,  in  welchem  Umfange  ss  (s) 
aus  st  hervorgegangen  ist,  und  versuche  endlich  auf  Grund  der 
gewonnenen  Resultate'  die  angeregte  Frage  zu  entscheiden. 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I.  13 


178  F.  Fröhde 

I. 

Die  Entstehung  des  st. 

Das  lateinische  st  im  Inlaut  der  Wörter  entsteht  1)  in 
Uebereinstimmung  mit  dem  Altbaktrischen ,  Griechischen,  Sla- 
vischen,  Litauischen,  Germanischen,  Keltischen  aus  d-t-\-t, 
2)  wie  in  allen  Sprachen  aus  s-\-t. 

1)  st  =  d-t  ■\-t. 
Aus  einem  ^Laute  ist  das  s  der  Lautgruppe  st  hervorgegangen 
in  folgenden  Fällen: 

1)  in  Bildungen  mit  den  Suffixen  tro  ira  tri  und  den  zum 
Suffixe  tor  gehörigen  Suffixverbindungen  iri-c  und  tri-na,  d.  h. 
mit  den  Suffixen,  die  mit  ir  anlauten.  Diese  Entstehung  des 
st  ist  anzunehmen  für  folgende  Wortformen: 

castrum 
aus  cad-trum  von  W.  caJ  =skt.  chad  „decken,  umhüllen,  ver- 
bergen" (Corssen  Beiträge  p.  372);  formell  entspricht  skt.  chat- 
tra-  n.,  dessen  Bedeutung  „Sonnenschirm"  aus  der  allgemeine- 
ren „Schutz,  Schirm"  individualisirt  ist.  Das  Suffix  tro  er- 
scheint zu  tri  geschwächt  in  procestria ;  Paul.  Epit.  p.  225  M. : 
procestria  dicuntur,  quo  proceditur  in  muro.  Aelius  procestria 
aedificia  dixit  esse  extra  portam.  Artorius  procestria,  quae 
sunt  ante  castra.  Vgl,  Corssen  a.  0.,  der  nur  darin  irrt,  dass 
er  in  der  Erklärung  der  Worte  des  Aelius  Stilo  procestria  at- 
tributiv mit  aedificia  verbindet,  während  dieses  vielmehr  zum 
Prädicat  gehört ;  vgl.  Gloss.  Labb. :  procastria  oiy(.r]fxai;a  tzqo 
naqsfxßoXrjg. 

calamistrum  calamister 
vom  gleichbedeutenden  gr.  xaXa^lg  st.  zaXa^ud-,  indem  an 
den  griechischen  Stamm   das  lateinische  Suffix  trat  wie  in  an- 
deren Fällen  bei  Corssen  Beitr.  370.     In  diesem  Worte  ist  also 
das  instrumentale  Suffix  tro  an  einen  Nomiualstamm  getreten. 

claustrum 
aus  claud-trum  von  claudo. 

frustra  frustrari 
neben  fraus  St.  fraudi-  W.  frud.     Dass  das  d  in  diesen  Wör- 
tern   zur    Wurzel    gehört,    beweist   das    altlateinische    Particip 
frausus  in  den  Verbindungen  frausus  stet  (Plautus  Asin.  2,  2, 


Die  Entstehung  von  si  und  ss  im  Lat.  179 

20)  \md  l/raustis  erit  (Paul.  Epit.  p.  91),  welches  ein  Präsens 
*fraudor  voraussetzt.  Wenn  also  fraus  zu  gr.  ^gavio  gehört, 
wie  man  gewöhnlich  annimmt,  so  muss  man  mit  Curtius  (KZ. 
II  400)  das  d  als  Wurzeldeterminativ  fassen  wie  in  claudo  tendo 
fundo  u.  a.  Für  sicher  kann  ich  jedqch  diese  Erklärung  nicht 
ansehen,  weil  sich  in  ags.  ^?g»te% ^,brebli^",  aItMs/a^a^»5ijo^r 
„Verbrecher"  eine  mit  der  lateinischen  frud\^\\\g  übel^stim^'^^ 
mende  germanische  Wurzel  hrut  zeigt,  mit  der  dieselbe  schon 
von  Pott  Etym.  Forsch.  ^  II  61  verbunden  wird.  Aehnlich  ge- 
hört das  mit  fraus  gleichgebildete  laus.  St.  laudi-  zu  W.  rud^ 
Secundärbildung  von  ru  (KZ.  22,  548):  ein  Suffix. ^^»  gibt  es 
nicht.  ^*" 

plausirum  y^ 

aus  plaud-trum   W.  plud.     Potts   Herleitutfg   des    Wortes    von      ^ 
plaudo ,    so  dass  der  Wagen  seinen  Nanfen  vom  „Knarren"  er-  / 
halten  habe  (Etym.  Forsch.  IP  273) ,.  Verwirft  Ebel  (KZ.  7,  228/ 
mit  Recht,  da  weder  plaudo  eigentlich  „knarren"  bedeutet  nodh 
das  Knarren  ein  wesentliches  Merkmal   des  Wagens  ist.    ^jÖer- 
selbe  führt  das  Wort  zurück^  auf  W.  plu  in  skt.  plavate  ^4chif- 
fen",  plava-  m.  „Schiff"   ud^d  deutet  es  als  ein  Werkz^g  zum 
Fahren.     Gleicher  Ansipht  ist  Corssen  (Beitr.  412),    ^r  das  s, 
welches  Ebel   als   epenthetisch    betrachtet,    für    d(^   Rest  des 
neutralen  Suffixes  'b«  erklärt,  wie  es  auch  in  Itmrum  ßusirum 
und  anderen  Bildungen  erscheine.    Eine  bessere'  Erklärung  der 
Form  wird  gewonnen,    wenn, wir  auf  die  mit  d  weitergebil^ete 
Wurzelfortd  ö^^  in  lit.  plüdyii  „ob^auf  schwimmen",  2^^.flio-       vÜt^ 
zan ,  siMii.  Ayija  v'ehoäfe  zurückgehwi.    ZÄ  ihr  gehört  aliiyßaustr 
n.  „Schifir'  (Sveinbibrn  Egilsson^Lex^-' poet.  s.  v.),  mit  4em  sich 
plq/üst/um   formejif  völlig  deckx  upd  durch  Ansetzuii^  des  Mit- 
tfelhegriffs  vehicülum  auch  |}^riMich  vereinigen  läsgrt. 

rasirum  ,         / 

aus  rad-trum  von  rado.  In  rastellus  wie  in  calamisier  castel- 
lum  rostellum  u.  a.  ist  das  e  Svarabhakti,  wie  auch  diese  Un- 
tersuchung herausstellen  wird. 

rostrum 
aus  rod-irum  von  rodo. 

Vor  dem  aus  iro  (verschieden  von  dem  instrumentalen  tro; 
vgl.  Leo  Meyer  Vergl.  Gr.  2,  546)  abgeschwächten  Suffixe  tri 
ist  ein  /-Laut  zu  s  geworden  in  den  Stämmen 

equestri-  pedestri-. 

13* 


180  F.  Fröhde 

aus  equet-tri-  pedei-iri-  von  eques  pedes.  Das  e  der  Nomina- 
tive equesier  pedester  ist  ebenfalls  Svarabhakti  wie  in  ager  ca- 
per  u.  a.  Aus  *equesiros  wurde  *  equesier  os ,  dessen  Endung 
dann  abfiel  wie  in  socer  u.  a.     Dasselbe  gilt  von 

paluster 
aus  palud-ter  von  palus  St.  palud-. 

Vor  den  Suffixverbindungen  /r?-c  und  ^n-w«  ist  s  aus  ei- 
nem Dental  hervorgegangen  in 

estrix  (Plautus)  aus  ed-trix. 

defensirix  (Cicero)  aus  defend-irix. 

plaustrix  (Non.  p.  150)  aus  plaud-irix. 

possestrix  (Afran.  bei  Non.  a.  0.)  aus  possed-trix. 

assestrix  (Afran.  bei  Non.  p.  73)  aus  assed-trix. 

persuastrix  (Plautus)  aus  persuad-trix- 

tonstrix  (Plautus)  aus  iond-irix. 

tonstrina  aus  iond-trina. 
In  diesen  Wortformen  kann  die  Entstehung  des  s  aus  ei- 
nem ^Laute  nicht  zweifelhaft  sein.  Der  Grund,  weshalb  die 
Sprache  hier  von  ihrer  sonstigen  Weise,  d-t-^t  zu  behandeln, 
abwich  (vgl.  clausus  tonsor  u.  s.  w.),  liegt  auf  der  Hand:  die 
Lautverbindung  sr  wurde  im  Lateinischen  vermieden  (Corssen 
Vocalismus  I  ^  182) ;  wollte  man  also  den  Dental  der  Wur- 
zel nicht  völlig  ausstossen,  so  blieb  kein  anderer  Weg,  als  ihn 
in  den  Sibilanten  zu  verwandeln.  Es  ist  aber  klar,  dass  man 
sich  auf  diesen  Fall  der  Entstehung  des  st  nicht  berufen  darf, 
um  den  Uebergang  der  Dentale  in  s  auch  vor  ^-j-  Vocal  zu 
beweisen. 

Da  so  die  Bildungen  mit  den  mit  tr  anlautenden  Suffixen 
in  der  vorliegenden  Frage  eine  besondere  Stellung  einnehmen, 
so  empfiehlt  es  sich,  hier  sogleich  diejenigen  Fälle  zu  behan- 
deln, in  denen  das  s  vor  diesen  Suffixen  ursprünglich  ist,  so- 
wie auch  diejenigen  kurz  zu  verzeichnen,  in  denen  der  Ursprung 
desselben  noch  der  Aufklärung  bedarf. 

Das  s  ist  ursprünglich  in  folgenden, Wörtern: 
flauster                  '"v.^^^^  ^"-^^  \ 

von  Ws^^in  uro  (Curtius^skundz.  ^  n.  010)  ;\d.  lett.  [öM«/nfc- 
mas  „Osfeü^  jßuslrinsch  „Ostwhni^,  ags.  |e!^3'*^^^^^"  (Fick 
Wörterb.  I  o'Hii^ 

castrare 
von    einem    nominalen   Stamme    Castro-   =    skt.    gastra-    n.   m. 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  181 

„schneidendes  Werkzeug,  Messer";  \^.\gasati  „metzgen"  (KZ. 
23,  310). 

hausirum 

von  haurio  aus  *hausio  —  ^lin.  i^^j^a/ (!Fl!^c  KZ.  22,  384).  Auf- 
fällig ist  allerdings  das  von  Anfen^an  constant  erscheinende 
h  des  lateinischen  Wortes,  welches  so  singulär  dasteht  (Corssen 
Sprachkunde  120). 

lustrum  „Sühnopfer". 
Corssen  (Beitr.  410)  leitet  das  Wort  von  luo  „spüle"  in  der 
Weise  ab,  dass  er  zunächst  von  dieser  Wurzel  ein  Neutrum 
*lus  aus  ^iovos  nach  Analogie  von  Jus  aus  *jovos  von  W.  j'u 
construirt,  an  dessen  Stamm  dann  das  Suffix  tro  getreten  sei. 
Dieser  Erklärung  steht,  voij  Ariderem  abgesehen,  der  Umstand 
entgegen,  dass  das  von  lusiru^t^  wie  auch  Corssen  annimmt, 
augenscheinlich  abgeleitete  Y^hum^sirch^  mit  seinen  Compo- 
sitis  sowie  die  von  diesen  unmöglich  xu  tröcnenden  Adjectiva 
illustris  und  subluslris  sich  solcher  Herleitung  nicht  fügen. 
Lustrare  bedeutet  nicht  allein  „durch  Sühnopfer  reinigen",  son- 
dern auch  „besichtigen ,  mustern",  /collusirara  ausser  „durch- 
mustern, betrachten"  auch  „beleuchten",  und  dieser  Begriff  tritt 
in  illustrare  illustris  sublustris  so  deutlich  und  ausschliesslich 
hervor,  dass  eine  Ableitung  der  ganzen  Wortsippavon  luo  völlig  j 
unmöglich  wird.  Nun  liegt  in  altn.  Ij'ös  n.  „Licht"  /^!^B^.,lßuchtejaiy 
eine.'Wutzfcl  lus  „leuchten"  vor,  die  Bugge  (KZ.  20, 14)  aus  luc-s 
iit  4ltbaktr7'raoMsÄ;^a,  ahd.  //(?^*«?2  „leuchtend"  entstanden  an- 
nikij^t.  Zu  dieser  Wurzel  gehört  nicht  nur  illustris  (Lottner 
KZ.  7,186,  Curtius  Grundz.  No.  88),  sondern  auch  lustrum. 
Aus  der  Grundbedeutung  des  Leuchtens  konnte  sich  die  des 
Reinigens  leicht  entwickeln  (vgl.  2i\in.  skirr  „glänzend,  hell, 
rein,  schuldlos",  loX.  candidus  glänzend,  weiss,  lauter,  rein" 
und  daraus  die  desSühnens.  —  No\x>lustrum  „Sühnopfer"  ist 
^lus^ma^^ko^Q ,  P'fSstze,  schmutziger  Aufenthalii^  .,„ 
,  trennen  und,  mit"  Corssen  (Beitr.  411)  aus  /j<i»-hefzüTeiten ;  vgl. 
\lutttm,  gr.\XiJ^QOv  lvpf4x{s.  u.).        ^"""^ 

/^         -mestris  in  se-mestris  hi-mestris  u.  a. 
aus  *-mens-tris  ^-mensi-tris  von  mensis  (Corssen  Beitr.  414). 
'  Nemestrinus 

von  einem  verlorenen  *nemestris ,  welches  sich  zu  nemus  (Cors 
sen  a.  0.)  verhielt  wie  gr.  ogiategog  zu  ogog. 


182  r.  Fröhde 

* 
pislrina  pistrinum 
von  pinso  W.  pis. 

supposirix  von  pono  W.  pos, 
telluster  von  tellus. 
transtrum 
„Querbalken",    welches    doch   wol   durch   Antritt  des   Suffixes 
tro  an  die  Präposition  Irans  entstanden  ist. 
ustrina  ustrinum  von  uro  W.  us. 
industria 
aus   ind-ustria,    ahd,  ustri  industria   ustinön  fungi   (Fick  Wör- 
terb.  I  512).    Als  Wurzel  mit  Fick  us  „brennen"   anzunehmen, 
verhindert  die   altlateinische   Form   indostruus  bei    Pauli.  Epit. 
p.  106:    industrium    antiqui    dicebant   indostruum,    quasi    qui, 
quidquid  ageret,  intro  strueret  et  studeret;    denn  <;  entsteht  im 
Lateinischen  *  nicht  unmittelbar  aus  u.     Vielleicht  stammen  die 
"Wörter  von  äs  „sitzen",  wie  sedulus  assiduus  von  seder e. 

Es  folgen  endlich  diejenigen  Bildungen  mit  der  Suffixform 
s-iro  s-iri,  in  denen  die  Entstehung  des  s  controvers  und  zweifel- 
haft oder  völlig  dunkel  ist.  Hierher  gehört  zunächst  eine  grössere 
Zahl  von  Stämmen  auf  es-iro-  es-tri-,  die  den  Eindruck  gleichar- 
tiger Bildung  machen,  und  für  die  man  daher  auch  nach  einer 
einheitlichen  Erklärung  suchen  muss.     Ich  gehe  aus  von 

Sequester  sequestra 
„vermittelnd",  die  ich  mit  Corssen  (Beitr.  414,  Nachtr.  138) 
aus  dem  Participalstamme  sequenti-  durch  Antritt  des  Suffixes 
tro  ira,  welches  hier  wol  das  Comparativsuffix  ist,  wie  in  ma- 
gister,  minister,  sinister,  entstehen  lasse.  Zweifelhaft  aber 
scheint  mir ,  ob  dieses  *sequenti-tro-  durch  die  Mittelstufe  *se- 
quent-tro-  zu  ^sequenstro-  und  dann  zu  sequestro-  wurde,  oder 
ob  das  t  sich  zunächst  zu  s  assibilirte  und  das  so  entstandene 
*sequensi-tro-  sich  weiter  zu  sequestro-  gestaltete,  wie  ^semen- 
sitris  zu  semestris.  —  Ist  nun  die  vorstehende  Erklärung  von 
Sequester  richtig,  so  wird  man  auch  der  folgenden  der  Adjectiva 
campestris  terrestris 

Fanestris  segestre 

lanestris  (spät)  sihestris 

rurestris  vallestris  (spät) 

welche  eine  Angehörigkeit  meist  an  Oertlichkeiten  bezeichnen, 
eine  gewisse  Wahrscheinlichkeit  einräumen  müssen.  Die  ver- 
schiedenen Ansichten  über   die  Bildung  dieser  Wörter  beurteilt 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  183 

Corssen  Beitr.  413  ff.  Er  selbst  erklärt  sie  für  Ableitungen 
von  Adjectiveri  auf  -ensis,  die  ebenfalls  eine  Ortsangehörigkeit 
ausdrücken.  Ich  weiche  von  dieser  Erklärung,  nach  der  die 
genannten  Bildungen  jüngeren  Ursprungs  sein  würden,  da  ja 
die  Endung  -ensis  erst  aus  -eniius  entstanden  ist  ( Corssen  a.  0. 
483),  nur  insofern  ab,  als  ich  an  diese  ältere  Suffixform  an- 
knüpfe. Das  Suffix  ento-  sehen  wir  im  Lateinischen  häufig  an 
nominale  o-Stämme  antreten ;  vgl.  Forentum  Laurentum  Grumen- 
tum  von  den  Stämmen  foro-  lauro-  grumo-  (Corssen  a.  0.  470), 
gracilenlus  von  gracilo-,  violenius  von  violo-  in  violare,  lucu- 
lentus  von  luculo-  in  diluculum ,  luiulenius  von  luiulo-  in  luiu- 
lari,  fluenium  von  dem  nur  in  Compositis  erscheinenden  y?Mo-, 
cruentus  von  einem  verlorenen  cruo-  =  ahd.  räo-  u.  a.  Auf 
solchen  Stämmen  basiren  die  auf  endo-  (wie  Hortentius ,  umbr. 
Huri  eniius) ,  das  durch  die  Mittelstufe  ensio-  {Horie?isius)  in 
der  Regel  zu  ensi-  (horiensis)  wurde.  So  führen  also  die  Stäm- 
me campensi-  valletisi-  auf  ^campenio-  ^vallento-.  Indem  nun 
an  diese  Stämme  das  Suffix  tro  trat,  entstanden  '^campenii-iro- 
'^callenii'tro-,  die  sich  in  derselben  Weise  zu  campesiri-  val- ■ 
lestri-  gestalteten ,  wie  '^sequenii-tro-  zu  seqtiesiro-,  —  Segestre 
.  bedeutet  „Däokft^voii15tfi»tt«4^der  Fellen,  Umhüllung,  Emballage  h 
di^  Waaren,  Kleid  aus  Fellen"  und  ist  gleicher  Wurzel  mfü  / 
mgt^%.  gr.  ff  o^Hk  .o^fy^.jdie  Fick  (Wörterb»  I  224)  mit  skt. 
«a)|jC^)^S«anhäDgen",  5?:^^^^leid ,  Rüstung",  lit.  segiü  verbin- 
det. NeSen  der  Form  sepesire  findet  sich  auch  segesiria  und 
segesira.     Diesem  nun  gleicht 

[mollestra  \        sr.Y-^-\ 
welche^  nur  durch  -^ul.  Epit*^  135  überliefert  iSi^^  moUestr^  f 
dicG^nt  pelles  o^illas^*'*syjibus   gäi|fta,s  extergebant.    l^a«.  Wort  ] 
verhä^'^sich  zu  giv]^^«^ o g^^'^yiie^s^^       lanestris  zu  lana.  —  1 
Den  Eindruck "gleiclier  Bildung  machxauch  f 

fenestra 

Corssen  (Beitr.  409)  leitet  dasselbe  von  einem  verlorenen  Neu- 
trum "^fenus  her  »welches  einem  ebenfalls  nicht  vorkommenden 
griechischen  "^cpdvog  entsprechen  soll.  Wenn,  wie  es  wahr- 
scheinlich ist,  das  Wort  zu  (paivo)  gehört  (vgl.  cpMoriJQ  • 
d-vQig  bei  Hesych.  und  cpavojrtrjg),  so  wird  man  es  nach  der 
^Analogie  der  eben  besprochenen  Formen  am  einfachsten  auf 
einen  etwa   dem   griechischen   q>av7J  entsprechenden  Nominal- 


184  F.  Fröhde 

stamm  zurückführen.  —    Noch  grössere  Schwierigkeiten  bieten 
der  Erklärung  die  Substantiva 

monstrum  flusirum  lustrum  („Pfütze"). 
Corssens  Erklärung  des  s  in  diesen  Formen  (Beitr.  409)  ver- 
wirft Osthoff  (KZ.  23, 313)  mit  Recht;  ich  muss  selbst  die  Mög- 
lichkeit eines  Neutrums  "^monus  von  monere,  wie  es  Corssen 
construirt,  bestreiten,  da  von  abgeleiteten  Verbis  derartige  Neu- 
tra niemals  vorkommen,  wie  ich  ein  ander  Mal  zu  zeigen  ge- 
denke. Auch  dem  im  Vorhergehenden  selbst  noch  auf  fenesira 
angewandten  Erklärungsprincipe  wollen  sich  die  vorstehenden 
Formen  nicht  fügen.  Osthoff  (a.  0.)  bringt  eine  neue  Erklä- 
rung des  Suffixes  -siro-  in  diesen  Wörtern  in  Vorschlag.  Er 
vermutet,  dass  zufolge  der  falschen  Analogie  von  rasirum  ro- 
slrum  castrum  clausirum  hausirum  sich  im  Sprachgefühl  das 
Bewusstsein  einer  selbständigen  und  mit  t7'o-  functionsgleichen 
Suffixgestalt  siro-  ausgebildet  habe.  Da  derartige  Formüber- 
tragungen sich  im  Lateinischen  wie  in  anderen  Sprachen  viel- 
fach finden,  wie  ja  auch  die  oben  erörterte  Suffixverbindung 
lento-  ein  selbständiges  Suffix  geworden  ist,  so  würde  mir  diese 
Erklärung  probabel  erscheinen,  wenn  sie  Wörter  jüngeren  Ur- 
sprungs beträfe  und  nicht  so  alte  wie  monstrum  und  lusirum 
jedenfalls  sind.  Es  kommt  dazu,  dass  sich  durch  folgende  Er- 
wägung wenigstens  noch  immer  eine  Möglichkeit  zeigt,  das  s 
als  etymologisch  berechtigt  zu  erklären.  Es  scheint  mir  näm- 
lich gar  nicht  notwendig,  die  genannten  Substantiva  von  den 
daneben  stehenden  Verbis  unmittelbar  abzuleiten;  sie  können 
auch  auf  erweiterte  Wurzelformen  zurückzuführen  sein,  wie  sie 
von  Wurzeln  auf  n  und  u  sich  zahlreich  finden.  Für  mo«-| 
istrum  bietet  sich  eine  solche  in  gr.  /.isvd-^Qt]  (bei  Hesycn7| 
durch  cpQovTig  erklärt),  ksl.  mqdrü  cpQOvi/iiog,  got.  mundretK 
axoTtog,  mundon  a-KOJtelv.  Zu  dieser  Wurzelform  würde  mon- 
strum ganz  wol  gehören  können  (vgl.  d^av(A.a  \on  ^sdof-iai) 
und  auch  mustricula  (Corssen  Sprachk.  189)  würde  sich  leicht 
fügen.  Flustrum  lässt  sich  an  die  griechische  Secundärwurzel 
cfXvd  (Curtius  Grundz.  No.  412)  anknüpfen;  eine  andere  mit 
Dental  erweiterte  Wurzelform  liegt  in  mhd.  blödem  vor;  Schmidt 
(Vocalism.  II  270)  hält  es  auch  für  möglich,  dass  cplifw  aus 
*cpXi'atü  entstand  und  sich  mit  mhd.  brausen  deckt.  Von  luo 
ist  allerdings  eine  derartige  Secundärform  nicht  nachgewiesen.  — 
Verschieden  von  diesen  Bildungen  ist 


Die  Entstehung  von  si  und  ss  im  Lat.  185 

capistrum 
Gegen  Corssens  Ansicht  (Beitr.  370),  dass  dieses  Wort  von.,j»«ff^^^ 
^/jtif^GQfäss*^  abgeleitet  sei,  spricht  schon  der  von  Osthoff  (KZ. 
23,  315)  aus  dem  Unterschiede  der  Bedeutungen  hergenommene 
Grund;  sie  ist  völlig  unhaltbar  deswegen,  weil  dieses  capis  St. 
capid-  f.,  wie  der  Accusativus  Pluralis  capidas  (Lucilius  bei 
Priscian  I  p.  251  H.)  beweist,  .Lehnwort  ist  und  dem  griechi- 
scheii  oy,(xq>ig  hi.  axa.j^i-t?-  f  entspriclji-  (KZ.  13,  452),  wie 
capisteriutn ,  welches  Corssen  (Naehtf.z95)  ohne  Not  verändert, 
dem  von  ax.aq)ig  abgeleiteten  öxacpiöTrjQiov ;  über  p  =  (p  m 
Lehnwörtern  vgl.  Corssen  Voc.  1 13.  Auch  Osthoffs  Ansicht  (a.  0.), 
dass  capistrum  durch  den  Antritt  der  auf  falscher  Analogie 
beruhenden  Suffixform  -stro-  an  den  Präsensstamm  capi-  ent- 
standen sei ,  ist  unmöglich ,  weil  das  i  der  Praesentia  wie  capio 
niemals  in  die  Wortbildung  übergeht,  vgl.  captus  captura  cap- 
ior  captrix  occupare  capulus  „Griff",  capiio  captiosus  cap-io  ca- 
pesso  capax ;  über  das  Eindringen  der  präsensbildenden  Ele- 
mente in  die  lateinische  Wortbildung  gedenke  ich  bei  anderer 
Gelegenheit  zu  handeln.  Ich  selbst  weiss  eine  probabele  Er- 
klärung der  Form  nicht  zu  geben  und  nehme,  bis  Besseres 
gefunden  ist,  an,  dass  es  in  der  Tat  ein  nach  Analogie  von 
lapis  cuspis  cassis  gebildetes  ^cajns  von  capio  in  der  Bedeu- 
tung „Halfter"  gegeben  habe,  von  dem  capistrum  abgeleitet 
ist  wie  calamistrum  von  xaXa(.iig.  Das  Suffix  tro-  ist  aller- 
dings ursprünglich  primär  (Osthoff  a.  0.  p.  314);  einzelne  Ab- 
weichungen von  der  Regel  werden  sich  jedoch  nicht  in  Abrede 
stellen  lassen ;  ähnlich  ist  das  demselben  Gesetze  folgende  Suf- 
fix bro-  hulo- ,  welches  ich  mit  Leo  Meyer  und  anderen  für 
identisch  mit  tro-  halte,  in  sessibulum  turibulum  candelabrum 
(Leo  Meyer  Vergl.  Gramm.  II 359)  an  Nominalstämme  getreten. 
Völlig  unklar  sind  colustra  glastrum  ligusirum  sowie  die 
Bildung  der  zahlreichen  von  Adjectiven  und  Substantiven  ab- 
geleiteten Nomina  auf  aster  astra  astrum  wie  claudaster  ful- 
vaster  surdaster  oleaster  pinasier  puUastra  falcastrum  u,  a. ;  zu 
ihnen  stimmt  in  der  Bedeutung  rapisirum  bei  Colum.  9,  45, 
das  vielleicht  nur  auf  falscher  Ueberlieferung  beruht.  Histrio 
ist  nachj^jv.  7,  2  etruskischen  Ursprungs  und  kommt  daher 
niclht  in  Betracht,  noch  weniger  Sie  griechischen  Lehnwörter 
astrum  ancistrum  canistrum  oestrus  ostrum  palaestra  casteria 
baptisterium  aplustre  u.  a. 


186  F.  Fröhde 

Es  bleibt  somit  eine  ansehnliche  Zahl  hierher  gehöriger 
Bildungen  unerklärt;  für  die  vorliegende  Frage  ist  es  glückli- 
cher Weise  gleichgültig,  ob  ihr  s  primär  ist  oder  nicht,  denn 
dass  s-tr-  im  Lateinischen  aus  d-t-\-ir  entsteht,  ist  hinlänglich 
erwiesen. 

2)  5^  ist  aus  d-{-t  entstanden    in    den    zu    edo    gehörigen 
Formen 

est  estis  este  estote  estur. 
Auch  hier  ist  der  Grund,  weshalb  die  Sprache  die  beiden 
zusammen  stossenden  ^-Laute  nicht  wie  sonst  in  ss  wandelte, 
klar :  die  Personalendungen  waren  fest  und  characteristisch  und 
konnten  daher  nicht  verändert  werden.  Nach  diesen  Formen 
wurde  dann  auch  das  Particip  comestus  gebildet,  welches  sich 
vereinzelt  (bei  Varro,  Cato,  Val.  Maximus,  Cael.  Aurelianus, 
während  bei  Cicero  pro  Cluentio  c.  62  comesus  überliefert  und 
zu  lesen  ist),  für  das  gewöhnliche  und  in  guter  Sprache  aus- 
schliesslich gebrauchte  comesus  findet.  Es  gehörte  dem  Vul- 
gärlatein an  und  wird  von  den  Grammatikern  verworfen;  vgl. 
Diomedes  p.  362  K. :  Participia  esus,  unde  comesus  et  come- 
dendus,  non  comestus  et  comesturus,  ut  vulgus  existimat.  Auch 
heisst  es  stets  esus  amhesus  adesus  ohesus.  Vgl.  darüber  Neue 
Formenlehre  der  lat.  Sprache  II  443.  Comesiura  beruht  auf 
falscher  Lesart  bei  Cato  r.  r.  157,  1.  Wo  sich  comestor,  wel- 
ches zuweilen  angeführt  wird,  finden  soll,  weiss  ich  nicht.  Es 
ist  demnach  auch  dieser  Fall  der  Entstehung  des  st  besonderer 
Art  und  darf  nicht  als  Beweis  angeführt  werden,  dass  in  clas- 
sischen  Wörtern  d-\-t  zwischen  Vocalen  zu  st  wird. 

3)  st  ist  t-^t  entstanden  in 
Segestc 

dem  Namen  e^er  Saatgöttin  bd  Plinius  18,  3,  2:  Hos  ^im 
deos  tunc  maxin^  noverant  S^m^^Hß  a  serendo,  Se^^aras^ 
segetibus  appellab\iit,  quarum  s^üulachkin  Circo  videmus.  Der 
Name  kommt  sonstXnicht  vor,  do^i  ist  an  der  Richtigkeit  der 
Ueberlieferung  nicht  zu  zweifeln.  Wir  haben  also  hier  in  der 
Tat  ein  Beispiel  für  den  Uebergang  eines  ^-Lautes  vor  t  m  s 
zwischen  Vocalen;  dasselbe  steht  aber  nebst  dem  rusticalen 
comestus  vereinzelt  da.  Denn  alle  die  anderen  Beispiele,  die 
man  für  den  gleichen  Uebergang  noch  angenommen  hat,  wie 
aestas  aestus  castus  crista  cusios  frustum  fastus  infestus  fustis 
subleslus  masticare  pestis  u.  a. ,    beruhen   auf  unrichtiger  oder 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  187 

unsicherer  Etymologie  und  sind,  etwa  mit  Ausnahme  von  ae- 
stus ,  keineswegs  allgemein  anerkannt.  Sie  werden  im  Folgen- 
den zur  Sprache  gebracht  und  entweder  durch  richtigere  Er- 
klärungen beseitigt  oder  wenigstens  auch  durch  anderweitige 
Gründe  erschüttert  werden.  An  dieser  Stelle  behandele  ich  nur 
noch  einige  Fälle,  in  denen  möglicher  Weise  der  Uebergang 
eines  t  vor  i  in  s  stattgefunden  hat,  aber  nicht  zwischen  Vo- 
calen.    Es  sind  dies 

1)  die  Ad jectiva  a^res^w  coelesiis  domesti-cus,  denen  o-Stäm- 
me  zur  Seite  stehen.  Die  verschiedenen  Erklärungsversuche 
kritisirt  Corssen  (Beitr.  415).  Sicher  scheint  mir,  dass  das  es 
in  diesen  Wörtern  dasselbe  ist  wie  in  campestris  und  den  übri- 
gen gleichartigen  Formen ;  haben  wir  also  diese  richtig  aus 
"^campenti-iris  u. s.w.  erklärt,  so  müssen  wir  consequenter  Weise 
agrestis  aus  "^agrenii-iis  hervorgehen  lassen.  Ob  aber  zwischen 
beiden  als  Mittelstufe  '^agrent-tis  oder  *agrensi-tis  liegt,  vermag 
ich  nicht  zu  entscheiden.  —  Gleicher  Bildung  ist  modestus, 
welches  von  modus-  stammt;  denn  neben  diesem  ein  Neutrum 
*modus  zu  construiren,  ist  misslich  wegen  des  o  anstatt  des  in 
einem  derartigen  5-Stamme  zu  erwartenden  e.  —  Auch  molestus 
möchte  nicht  anders  zu  erklären  sein ;  denn  dasselbe  von  möles 
abzuleiten,  hindert  schon  der  Unterschied  der  Quantität  des 
Wurzelvocals ,  ganz  abgesehen  davon,  dass  von  Nominibus  wie 
moles  Adjectiva  auf  -esttis  sonst  nicht  vorkommen.  Das  Wort 
liihrt  auf  einen  Stamm  molo-  =  gr.  /noXo-,  welches  neben 
fxwXoQ  in  alten  Lexicis  angeführt  wird. 

2)  die  Substantiva  potesias  und  egestas. 

Corssen  erklärt  Voc.  II  214  mit  Bücheier  (Grundriss  der 
lat.  Decl.  63)  potesias  als  Ableitung  von  potius ,  wie  majestas 
von  majus.  Allein  der  Bedeutung  nach  passt  das  Wort  weit 
besser  zu  potens  als  zu  potius  „vorzüglicher,  lieber,  mehr"  und 
nach  der  angeführten  Analogie  wäre  überdies  *potiestas  zu  er- 
warten gewesen.  Ich  halte  daher  die  frühere  Ansicht  Corssens, 
dass  potestas  aus  ^potentitas  entstanden  ist,  für  richtig.  Ebenso 
sehe  ich  keinen  Grund  zur  Erklärung  von  egestas  mit.Bücheler 
ein  Nomen  *egor  zu  construiren;  vgl.  Corssen  a.  0.  '  ■ 

3)  die  Ordinalzahlen  auf  esimus ,  älter  ensumus. 

Die  Vergleichung  von  vicesimus  mit  skt.  vimgaiitama-  lehrt, 
dass  die  Endung  esimo-  aus  "^'entitomo-  entstanden  ist.    Um  von 


188  F.  Fröhde 

diesem  zu  jenem  zu  gelangen,  lassen  sich  folgende  Entwicke- 
lungsreihen  denken: 

enti-iumo-  :  ent-tumo-    :  ens-tumo-  :  ensumo- 

—  ensi-tumo-  :  ens-iumo-         — 

—  ent-tumo-    :  ent-sumo-  — 

—  en-tumo-  — 

Ein  Kriterium  für  die  Entscheidung  sehe  ich  nicht.  Die  erste 
Entwickelungsreihe  Avird  von  Bugge  (KZ.  8,  36),  Schleicher 
(Comp.  §  241),  Fick  (Wörterb.  I  218),  Corssen  (Voc.  II  1018) 
angenommen  und  hat  altbaktr.  tngägfema,  gr.  €ly,naT6g  für 
sich;  die  dritte  hat  Corssen  (KZ.  3,  247)  aufgestellt;  die  vierte 
ist  vom  lateinischen  Standpuncte  aus  die  einfachste,  da  sowol 
der  Ausfall  der  Silbe  ii  durchaus  regelrecht  ist  (s.  u.)  als  auch 
die  Assibilation  des  t  von  tumo-  nach  dem  Nasal.  —  Ebenso 
wird  es  nicht  nötig  sein,  für 

4)  utensile 
aus  *utent{-iile  mit  Bugge   (a.  0.)   erst  eine  Mittelstufe   *uten- 
stile  anzusetzen ;  nach  lautgesetzlichem  Ausfall  der  Silbe  ii  (vgl, 
die  zahlreichen  Adverbia  von  Stämmen  auf  ento-  anti-  enti-  wie 
luculenier  constanier  prudenter  u.  •  a.)  wurde  einfach  utensile. 
2)  st  =  s-\-t. 

Zwischen  zwei  Vocalen  entsteht  das  st  im  Lateinischen  re- 
gelmässig durch   den  Antritt   der   mit  t  anlautenden  Suffixe  to 
ta  ti  tu  tor  und  der  auf  diesen   beruhenden  Suffixverbindungen 
an  nominale  und  verbale  Wortstämme,  die  auf  s  auslauten. 
A.   Von  nominalen  «-Stämmen  sind  abgeleitet: 
1)  mit  dem  Suffix  to  fem.  ta: 

fasius  angustus 

Jusius  arhustum 

rusti-cus  faustus  aus  ^favostus 

funestus  confoedustus  (Festus  p.  41) 

honestus  venusttis 

Majesta  '    vetustus 

scelestus 
tempestus 
Nicht  mehr  vorhanden  sind  im  Lateinischen  die  entsprechenden 
Nomina  von  \ 

augusius  von  '*augus  =  skt.^^'as^Fick  W.lL.X.S4}i^\ 
fidusius  (Festus  ,p.  89)  von  ^fidus,  das  sich  zu  fides  ver- 
hielt,  mQ  plebes  sedesKciedes  u.  a.  zvL.TtX^d-og   edog  ald-og; 


Die  Entstehung  von  si  und  ss  im  Lat.  189 

vgl.  Joh.  Schmidt  Voc.  II  366  A.  So  verbinde  ich  jetzt  auch 
res  unmittelbar  mit  gn  XQ^^S,  welches  schon  bei  Homer  „Ge- 
schäft, Angelegenheit,  Sache"  bedeutet  (KZ.  22,  252).  Cors- 
sens  Ansicht,  dass  fidustus  eine  Superlativform  sei  (Voc. II 549), 
ist  gewiss  unrichtig ,  da  das  Lateinische  derartige  Superlativ- 
formen nicht  kennt;  die  Erklärung  des  Verrius  Flaccus  nötigt 
zu  solcher  Annahme  nicht. 

ungustus   von   *ungus    =    skt.   arikas   „Biegung,    Krüm- 
mung" (Fick  Wb.  I  p,  7). 

2)  Von  solchen  Adjectiven  sind  weitergebildet  mit  dem  Suf- 
fix tau-: 

honestas  venustas 

majestas  vetusias 

pesestas  (Festus  p.  210)    • 

tempesias 
Nach  der  Berechnung  Pauker's  (KZ.  23,  157)  kommen  un- 
gefähr 96  o/o  der  überaus  zahlreichen  Substantiva  auf  täti-  von 
adjectivischen  Stämmen  her.  Da  nun  die  Ausstossung  der  er- 
sten von  zwei  gleichlautenden  Silben  im  Lateinischen  ungemein 
häufig  ist  (Leo  Meyer  Vergl.  Gramm.  I  281;  Fick  KZ.  22,  98  f. 
371  f.),  so  hat  es  nicht  das  mindeste  Bedenken,  in  den  ange- 
führten Substantiven  den  gleichen  Ausfall  anzunehmen,  wo- 
durch Uebereinstimmung  mit  dem  Gesetze  hergestellt  wird; 
vgl.  auch  luculerUas  neben  lucule7itilas ,  voluntas  für  ^volunti- 
tas.  Dass  neben  honestas  honestitas  besteht  und  in  angustitas 
des  Ausfall  nicht  stattgefunden  hat,  bildet  keinen  ausreichen- 
den Grund  gegen  die  aufgestellte  Erklärung.  —  Da  nun  der- 
artige Substantiva  niemals  von  Verbalstämmen  abgeleitet  wer- 
den, sondern  ausschliesslich  von  Nominalstämmen,  so  kann 
auch  aestas  nicht  direct  von  der  Wurzel  aed  ausgegangen  sein. 
Aufrecht  (KZ.  I  l^l)  und  Pauker  (a.  0.  p.  157)  lassen  es  wol 
richtig  aus  '^aesti-tas  (vgl.  fruciifer)  entstehen ,  obgleich  es  al- 
lerdings kein  Beispiel  gibt,  in  welchem  an  einen  Stamm  auf 
tu  das  Suffix  täti-  getreten  wäre. 

3)  mit  dem  Suffix  iiiti-  ist  gebildet  das  einzige 
tempestus 

welches  Varro  de  lingua  lat.  7,  51  aus  den  Augurbüchern  an- 
führt.    Ein  kürzerer  Stamm  tempesiu-  zeigt  sich  in  tempestuosus. 

4)  mit   den    Steigerungssuffixen    tero-    und    limo-    sind   ge- 
bildet 


190  F.  Fröhde 

magisier  minister  sinister  nosier  vester 

sinistimus  (Paul.  Epit.  p.  74) 

solistimus  (Festus  p.  298). 
Vergl.  Corssen  KZ.  3,  277  f.;  Voc.  II  549.  Corssen  fasst  auch 
die  Namen  Antistius  und  Aniisiia  sowie  die  Formen  praesto 
und  praestus  (Grut.  609,  4)  als  Superlative ,  gewiss  unrichtig ; 
denn  weder  hat  die  lateinische  Sprache  derartige  Superlativfor- 
men, noch  ist  eine  solche  Erklärung  von  Seiten  der  Bedeutung 
irgendwie  überzeugend.  Antistius  steht  vielmehr  für  *Aniisti- 
iius  und  stammt  von  antistes  St.  antistet-,  indem  das  erste  ti 
nach  dem  eben  angeführten  Gesetze  ausfiel.  Ebenso  ist  prae- 
stus aus  *praesiitus  *)  gekürzt  und  bedeutet  in  Verbindung  mit 
fui  eigentlich  „ich  habe  mich  gestellt",  daher  „bin  zur  Stelle, 
bin  gegenwärtig,  bei  d^r  Hand";  vgl.  sistere  „zur  Stelle  brin- 
gen, Jemanden  herbeibringen,  stellen,  so  dass  er  gegenwärtig 
ist",  sisti  „sich  stellen" ;  die  Präposition  prae  hat  in  diesem 
Compositum  dieselbe  Bedeutung  wie  in  praesens. 
5)  mit  anderen  Suffixen: 

pristinus  von  prius. 

Ligusticus  Ligustinus  (vgl.  Ligures). 

Ostia  ostium  von  os. 
Unklar    sind   arista  Atrista   (von  Corssen  Voc.  II  549   als    Su- 
perlativbildungen gefasst)  genista   lanista  locusta   (vgl.  AäxfVj^g) 
mustela  clandestinus    (nach  Corssen  Voc.  I  462  aus  *clam-dies- 
tinus  entstanden). 

Primär  ist  das  s  auch  in  folgenden  von  indeclinablen  Stäm- 
men abgeleiteten  Wörtern,  die  hier  angeführt  sein  mögen: 
crastinus,  hesternus,  posterus,  posticus,  postumus  (vgl.  pone  aus 
"^posne),  intestinus ,  Sestius  (==  Sextius).  —  Masturbare  fasst 
Benfey  (Wurzellex.  II  35)  als  Entstellung  des  griechischen  fia- 
azQorttveiv;  nasturtium  wird  aus  *nasitortium  erklärt;  se- 
stertius  entstand  aus  '*semis-tertius. 

B.   Von  Nominal  Stämmen  sind  abgeleitet 
1)  mit  dem  Suffix  to  fem.  ta: 

a)  die  passiven  Participia  von  Verbis,  deren  Stamm  auf  s 
auslautet : 

hustus  postus  (Neue  Formenl.  II  435) 

depstus  questus 

*)  Aehnlichen  Ausfall   zeigt   umbrisch  andersisin  r^  latein.  intersistitn 
(AK,  p.  82). 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  191 

gestus  tostus 

haustus  ustus 

pistus  *gustus  in  gustare  (W.  gus). 

Nicht  ursprünglich  wurzelhaft,  aber  primitiv  ist  das  s  auch  in 

mistus  pastus  dis-pestus 

für  *misc-tus  *pasc-tus  *dis-perc-sc-tus 

Vergl.  Corssen  Beitr.  396  ff. 

b)  folgende  zu  Adjectiven  gewordene  Participia  gleicher 
Eptstehung : 

"^  castus  =  skt.  gästa-  nasta-  von  W.  gas  „in   Zucht,    in 

Schranken  halten"  (KZ.  23,  311).  Gegen  die  Verbindung  des 
Wortes  mit  gr.  Ku^agog  spricht  auch  das  von  demselben  nicht 
wol  zu  trennende  castigare. 

^  I  festus  von  'Vf.fes  —  gr.  ^£g  in  d^iaaaa&ai  u.  a.  Vgl. 
Curtius  Grundz.  *  p.  509.  Die  griechische  Schreibung  des  Eigen- 
namens OrjoTog  beweist,  dass  das  e  in  dem  Worte  lang  ge- 
sprochen wurde.  Etymologisch  berechtigt  ist  die  Länge  des 
Vocals  nicht;  sie  beruht  auf  usueller  Aussprache  wie  in  Uctus 
lectito  und  vielen  anderen  Participien  und  Frequentativen  bei 
Gellius  9,  3.    Vgl.  Corssen  Voc.  I  448. 

infestus  mani-festus  =  skt.  dhrshta-  von  W.  dharsh. 
Vgl.  KZ.  18,  314,  wo  ich  diese  Erklärung  begründet  und  be- 
sonders auf  die  Congruenz  der  Bedeutungen  von  infestare  „feind- 
lich behandeln,  angreifen,  beunruhigen,  verderben"  und  skt. 
dharshayati  „sich  an  etwas  vergreifen,  über  Jemand  kommen, 
beunruhigen,  verderben"  hingewiesen  habe;  vergleicht  man  fer- 
ner dharshana-  n.  „Angriff,  Mishandlung",  ädhrshti-  f.  „An- 
tastung, Angriff",  dharshaka-  Adj.  „angreifend,  über  etwas  her- 
fallend" mit  infestus  a)  activisch  „feindlich  behandelnd,  an- 
greifend, beunruhigend",  besonders  in  Verbindung  mit  Wör- 
tern wie  exercitus  signa,  die  infesta  heissen  im  Augenblick 
des  Angriffs  auf  den  Feind,  b)  passivisch  „feindlich  behandelt, 
angegriffen,  bedroht,  beunruhigt  von  Feinden",  so  wird  man 
zugeben  müssen,  dass  die  Uebereinstimmung  der  lateinischen 
Wörter  mit  den  altindischen  hinsichtlich  der  Bedeutung  eine 
vollkommene  ist.  Der  Begriff  des  Kühnen,  Verwegenen, 
der  sich  in  vielen  zu  derselben  Wurzel  gehörigen  Wörtern  zeigt, 
scheint  von  der  Vorstellung  des  Losgehens  auf  den  Feind  abstra- 
hirt.  Manifestus  bedeutet  „mit  der  Hand  angegriffen,  hand- 
greiflich"   und   fügt   sich   meiner  Ableitung   ohne  jeden  Zwang. 


192  F.  Fröhde 

Die  Ansicht  Breal's  (KZ.  20,  79) ,  dass  die  Wurzel  dhars  in  den 
europäischen  Sprachen  das  a  erhalten  habe,  ist  wenig  begrün- 
det. Das  Verbum  lautet  lit.  dr^'sti,  das  gotische  gadars  ist  der 
Form  nach  Präteritum,  dessen  regelmässiges  Präsens  *gadairsa 
lauten  würde.  Im  Griechischen  zeigt  sich  die  Schwächung  in 
aeol.  d^SQGog  sowie  in  den  Eigennamen  OsQairtjg  Qsqolti- 
Ttog  QEQöilo%og  t4 Xi&sqorjg;  wenn  dagegen  in  d^dqoog 
d^qdoog  das  a  erhalten  ist,  so  erklärt  sich  diese  Abweichung 
aus  der  im  Griechischen  auch  sonst  hervortretenden  Neigung, 
in  der  Umgebung  von  q  das  «  zu  bewahren  (vgl.  Curtius  Stu- 
dien 8,  329).  Das  Adjectiv  &Qaavg  aus  *d-Qavavg  =  lit. 
drqsus  (Schmidt  Voc.  I  31)  kommt  für  diese  Frage  überhaupt 
nicht  in  Betracht;  vgl.  lat.  de  usus  levis  pinguis  neben  daovg 
klaxvg  Ttct%vg.  \ 


suh-lestus 

„schwach,  gering"  (Festus  p.  294:  sublesta  antiqui  dicebant 
infirma  et  tenuia)  von  W/ /a«  ==  germ.'/a«  in  got,  lasivs  dod^s- 
vYjg,  altn.  lasinn  „schwach",  ags.  läsest  last  „der  geringste". 
Mit  den  deutschen  Wörtern  verbindet  Fick  (Wb.  II  453)  ksl. 
loh  „mager,  dürftig",  \iiJ  liisas  „mager,  gering".  —  Die  Ansicht 
Lottner's  (KZ.  7, 185),  dass  suhlestus  gleich  lassus  sei,  ist  dem- 
gemäss  unrichtig. 

heben  maereoQniser.  jln  letzterem  ist  die  Verwandlung  des  s  in 
r  zwischen  den  beiden  Vocalen  aus  demselben  Grunde  unter- 
blieben wie  in  Cerealis  pruina  ver  (aus  *veser)  und  frio,  welches 
sowenig  von  gr.  xqIo)  wie  dieses  von  skt.  gharshati  getrennt 
werden  kann;  während  aber  in  diesen  Formen  das  s  ausfiel, 
blieb  es  in  müer,  um  das  seltsame  *7nicr  zu  vermeiden,  stehen. 
Ebenso  zu  beurteilen  ist  caesaries  =  skt.  kesara-  (Fick  Wb. 
I  51). 

mustus  :   j 

„jung,  frisch,  neu"  vom  Wasser  und  vom  jungen  Weine.  Fick 
Wörterb.  I  180  verbindet  das  Wort  mit  skt.\  modate  „lustig, 
fröhlich  sein ,  sich  freuen",  mudita-  „erfreut ,  froh",  mudra- 
„lustig,  fröhlich",  zend.  maodhana-  „Lust,  Lüsternheit",  lit. 
mudrüs  „munter,  flink,  beherzt"  u.  a.  Dieser  Erklärung  wi- 
derstrebt nicht   nur  das  st,    sondern  auch  die  Bedeutung,    die 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  193 

von  der  der  verglichenen  Wörter  doch  sehr  abweicht.     Eine  ei- 
gene Erklärung  vermag  ich  nicht  zu  geben  *). 

vastus;  vgl.  alts.  wösti ,  ahd.  wuosii  (P'ick  Wb.  III  308). 

c)  folgende  Substantiva: 

Costa  „Rippe"  =  ksl.  kosti  „Knochen"  (Curtius  Grundz.* 
p.  209);  die  Wurzel  ist  unbekannt. 

crista  „Kamm  der  Vögel".     Eine   sichere  Erklärung   des 
Wortes  kenne   ich   nicht.     Corssen  (Voc.  II  549)    fasst   es    als 
Superlativbildung,    Walter  (KZ.  12,  389)  als  Ableitung  von  W. 
Card  in  cardo ,  gr.  x^adaw  u.  a.,  indem  er  auch  an  v-ogvöog         , 
erinnert;    leichter    Hesse    es    sich    mit  got.  hrisjan   vermitteln.         l'\ 
Vielleicht  ist  es  einfach  mit  cirrus  „Haarbüschel"  zu  verbinden.       rvIfVV 

crusia  von  W,  crus  =  gr.  yinvg  in  x^vaTalXog  kqv- 
GTalvco  y(.Qvog  für  ^a ^ va o g  undKaRn.  hrus  in  hrj'ösa  ,, schau-       ^,  „   ^ 
dern",    ahd.  rosa  crusta   (Fick  Wörterb.  I  540,    JohT  Schmidr~*~"^^) 
Voc.  II  340). 

frusturn 
„Stück,  Bruchstück",  woher  frustare  „zerschmettern",  von  W. 
frus  =  gr.  S^Qvg  in  ^Qavo)  für  "^d-Qavaj'o)  (vgl.  avio  für 
*avajü)  von  W.  us)  =  got.  ga-drausja7i  xaraßdlXsiv,  Causale 
zu  driusan  „fallen";  vgl.  us-drusts  „rauher  Weg",  schott.  drush 
fragmenta,  ahd.  kithrusit  quassatus  (Graff  Althochd.  Sprachsch. 
V  264).  Das  Sigma  tritt  hervor  in  d^Qavo(.ia  „Bruchstück" 
Tsd-Qavo f^iai  id-Qav  ad^r]v  S^gavarog,  während  d-gavQog 
i^QavXog  sich  leicht  aus  *^QavaQ6g  *d-QavaX6g  erklären 
(vgl.  TQTjQog  aus  ^TQSGQog).  Mit  den  griechischen  Wörtern  ver- 
binden frusturn  auch  Walter  (KZ.  12,  413)  und  Corssen  (Beitr. 
183).  Zusammenhang  von  d^qavoi  und  gadrausjan  vermutet 
schon  Fick  Wörterb.  I  121;  derselbe  betrachtet  die  Wurzel 
dhrus  mit  Recht  als  eine  Weiterbildung  von  dhru  dhvar. 

hasta  =■  got.  gazds   St.  gazda-   ■kIvtqov   (Graff  a.  0.    II 
255). 

Hostus 
römischer  Vorname ,    von   derselben  Wurzel  wie  hostis ,    Hosti- 
lius ;    davon  Hostius  (Corssen  Beitr.  221).   —    Das  homonyme 
hostus  „Ertrag  des  Oelbaums"  ist  dunklen  Ursprungs. 


*)  Wörterb.  II  194  stellt  Fick  das  Wort  zu  mnscus ,  hält  also  die  obige 
Ableitung  wol  selbst  nicht  für  sicher. 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I.  j^ 


194  F.  Fröhde 

testa 
„Ziegelstein,    Backstein,    irdenes   Geschirr,    Schaale,   Scherbe, 
Schaaltier",   von  W.  ters  in  gr.  TSQüo/nai,   lat.  terra  terrenus 
(Corssen  Beitr.  396). 

usta 
„Zinnober",  von  W.  us  in  uro. 

Vesia 
von  W.  ves  —  gr.  feg  in  eoTta  (Curtius  Grundz.  n.  GIO). 

Cisia  und  cosium  sind  aus  dem  Griechischen  entlehnt.] 

d)  folgende    von   solchen   Stämmen   weitergebildete   Wort- 
formen :  ^      V 

aestimare                                                     f  /*<? 

von  einem  Stamme   aesio- ,   W.  is;    vgl.  got. jaisian,    ahdleral 
(Fick  Wörterb.  I  29).  ^ ~ —      I      ^ 

cusios 
St.  custo-d  wird  von  Curtius  in  seiner  Abhandlung  über  die 
Spuren  einer  lateinischen  0-Conjugation  (vgl.  Grundz.  p.  260) 
auf  ein  ausser  Gebrauch  gekommenes  Verbum  '^cmio-ere  zurück- 
geführt, welches  auf  einen  Stamm  cusio-  weist  in  der  Bedeu- 
tung „gehütet".  Ihm  entspricht  got.  huzda;:_djQaav^6g ,  ahd. 
Jiori  (Grimm  Myth.2  922;  Lottner  K'L%JS2).  Die  Wurzel  cus 
betrachtet  Corssen  wol  mit  Recht  als  Secundärbildung  von  sku 
„schützen"  mit  dem  häufigen  Determinativ  s. 

masticare 
erklärt  Corssen  (Sprachk.  §  215)  aus  *mand-H-care ,  Denomi- 
nativum  von  einem  Adjectivstamme  mastico-,  der  mit  dem  Suf- 
fix CO  von  einem  nach  Analogie  von  pestis  vestis  gebildeten 
Stamme  '^masii-  aus  '^mand-ti  abgeleitet  sei.  Corssen  übersieht 
das  griech.  (.idaxa^  St.  fxda'caii-  nebst  fnaoTixäco  von  /<«- 
adoinaL,  welchem  das  der  späten  Volkssprache  angehörige  und 
augenscheinlich  entlehnte  lateinische  Wort  entspricht.  Anders 
verhält  es  sich  mit  dem  alten  masucius,  welches  in  der  von 
Corssen  bezeichneten  Weise  entstanden  sein  kann,  wenn  auch 
nicht  muss;  vgl.  griech,  fiaavvrtjg  „Schmarotzer",  (.loaavviü 
„kauen"  bei  Hesych.  r" 

pastillus  pastillum 
Vgl.  Pauli.  Epit.  p.  121 :  pastillus  forma  panis  parvi  utique  de- 
minutivum   est  a   pane.     Corssen  Voc.  I  424    leitet  die  Wörter 
nebst  panis  von  W.  pä  in  pasco  ab.     Ist  diese  Etymologie  rieh- 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  195 

tig,    so  wird  man  das  s  in  derselben  Weise  zu  erklären  haben 
wie  das  von  pastus  pasiio  pastor  (s.  o.). 

pastinum 
„Hacke",    woher  pasiinare  „beackern"  von  W.  pas  in  ksl.  pa- 
chati  arare,  poln.  pachac  „graben"  (Fick  Wörterb.  I  672).     Zu 
derselben  Wurzel  gehört  päla  „Spaten"  für  *pas-la,  Bildung  wie 
pilum  aus  '^pis-lum,  vilis  aus  "^oeS'lis  von  W.  ves  in  venalis  „feil". 

pistillum 
ist   wol   Deminutivum    von    einem    verlorenen    *pis-tmum    oder 
*pis-tulum  von   W.  pis ;    denn   von  *pistrum   würde   nach   der 
Regel  vielmehr  "^pistellum  gebildet  worden  sein. 

2iosiulare 
aus  "^posc-tulare  von  posco  ;  ähnlich  gebildet  ist  usiulare. 

Pustula  ^^^  *-*'*^  *  III    III  - —    / 

von  W.  pus  in  uit.  »^i«w  „blasen",  puste    „Blase"  irra.  (Curtius      "ipiA-/ 
Grundz.  No.  Gb^^r"        """'tis-*''^  "------.^-«. 

Unerklärt  sind  bestia  und  fistula.  Für  letzteres  hält  Cors- 
sen  (Sprachk.  §  110)  an  der  Herleitung  yoji  ßndo  trotz  Bugge's 
Bedenken  (KZ.  19,  443)  fest.  Für  mich  hat  dieselbe  auch  ab- 
gesehen vom  st  nichts  Ueberzeugendes. 

2)  mit  dem  Suffix   ti  und   den  darauf  basirenden  Suffixver- 
hindu ngen  : 

castigare  l 

vom  Stamme  casti-  =  skt.;  gästi-  „Bestrafung,  Befehl"  von  W. 
gas  „zurechtweisen,  strafen  mit  W^orten"  (KZ.  23,  310). 

fasiigare 
von  fasti  =  skt.  hhrshti-  „Spitze,  Zacke"  (KZ.  18,  315).  Auf 
demselben  Stamme,  möglicher  Weise  aber  sich  an  ein  von  dem- 
selben abgeleitetes  Verbum  *f astire  anschliessend ,  beruht  fasti- 
dium,  Bildung  wie  custodia  von  *custoere.  lieber  die  Wurzel 
s.  unten.  '"  — -— ««-™«.. 

confestim  festinus 
führen  auf  einen  Stamm  festi-.  Ist  derselbe,  wie  Corssen  (Bei- 
träge 182)  annimmt  und  auch  mir  nicht  unwahrscheinlich  ist, 
mit  infestus  gleicher  Wurzel,  so  identificire  ich  ihn  mit  skt. 
dhrshti-  in  ädhrshti-  „Antastung,  Angriff".  Der  Begriff  der 
Eile  hat  sich  dann  aus  dem  des  Angreifens,  Anfassens, 
Zufassens  entwickelt;  vgl.  Cato  bei  Gellius  16,  14:  qui  multa 
simul  incipit  neque  perficit,  is  festinat. 

14* 


196  F.  Fröhde 

fiistis  \ 

habe  ich  (Beitr.  zur  lal  YA.  p.  3)  mit  got.  gazds  xivTQov,  nlhd. 
gerte  „Rute,  sceptrum"  Verbunden;  gleicher  Ansicht  ist  AscoH 
(KZ.  l7,  343).  MögHch  i^t  diese  Etymologie  nach  Bedeutung 
und  Form.  Auch  würde  der  Unterschied  des  Vocals  die  Iden- 
tificirung  der  Stämme  fusii-  und  gazda-  nicht  hindern,  da  sich 
von  den  meisten  masculinen  z-Stämmen  im  Lateinischen  teils 
beweisen  teils  wenigstens  wahrscheinlich  machen  lässt,  dass  ihr 
i  aus  o  geschwächt  ist.  *)  Ich  halte  aber  meine  Erklärung 
nicht  mehr  für  richtig,  einmal,  weil  dem  got.  gazds  lat.  hasia 
entspricht,  sodann  weil  die  Verdunkehjng  des  a  zu  u  vor  st  in 
Wurzelsilben  (Bugge  in  Curtius'  Studien  IV  346)  sehr  selten 
ist  (Corssen  Sprachk.  p.  188),  endlich  weil  sich  auch  andere 
Möglichkeiten  der  Erklärung  bieten.  Ich  Erinnere  besonders  an 
gr.  d-vQOog,  von  dem  Benfey  (Wurzell.  I  593)  mit  Recht  an- 
nimmt, dass  es  ursprünglich  nichts  als  einen  Zweig  bedeutet 
habe;  wahrscheinlich  war  es  wol  die  knotige\Weinrute.  Mit 
diesem  S^vQOog  lässt  sich  fustis  aus  '^furstis  „Zweig,  Knoten- 
stock, Prügel"  sehr  wol  vereinigen.  \ 

gestio  gestire  von  gero  W.  ges. 

hostis  —  got.  gasts ,  ksl.  gosti . 
Dazu  hosiia  hostire  Hostilius  (Corssen  Beitr.  217). 

misiio  mistim 
aus  *misc-tio  *misc-tim  oder  auch  aus  mixtio  mixtim  wie  Sestius 
aus  Sextius. 

Prae-nes-te  , 

erklärt  Corssen  Voc.  II  216  als  eine  Superlativform  von  *prae- 
no- ,  welches  von  /?rae  abgeleitet  sei  me  pronus  yow  pro .  Prae- 
neste  bezeichne  die  auf  steilen  Felsen  gelegene  Stadt  als  die 
„hervorragendste".  Eine  solche  Superlativform  aber  wäre  noch 
seltsamer  als  die  oben  erwähnten  auf  *isto-;  ich  suche  viel- 
mehr in   der  Silbe   nes   die  Wurzel  was  von  griech.lvatw  aus 


*)  Vjfl.  «K^  =r  skt.  alc&^a-  m.,  äinU  aHsa  (auch  lrt>s<^K^nd 
aJvSfH^i\.);yilenti  (auch  lit.  daiiti-)  =  skt.(ianta-  m.;  ^juMtirS"  gr^x^,^^,, 
Hi.'^caujÄS;  ^f>^ts  =  x5%ttfv6s,  lit.  kalw^is;  /e>»4s  (vasis^^nus '  Ii&Ü^on.  p. 
544)  ^«^.^'>j<;^>£ ;  mensis  =  skt.  mk^Si- ;  I jidftitZ^  Tnessa^hs,gW'osvS«^cj.v 
=  got.  fisfca-;  to7-ris  =  altlat.  torrus  (SorW  zu  AeiTi-'J2,  298);  mtffuis  = 
lit.  nagas,  skt.  iiakha-  m.  Die  Suffixe  li  mi  vi  sind  nach  Bopj)  (Verjjl. 
Gramm.  §  939.  948.  840)  aus  In  vtti  na  geschwächt.  Anders  urteilt  über 
die  Sache  G.  Meyer  Zur  Geschichte  d.  indogerm.  Stammbildung  p.  28  ff. 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  197 

^vdaj'o)  und  deute  das  Wort  als  „das  hochbewohnte,  das  hoch- 

liegenfler — -  -  -^ 

ostigo 
„Räude"  steht  wol  für  "^ousügo  und  stammt  von  W.  us. 

pastio  aus  pasc-tio  von  pasco. 

pestis 
Alle   bisher   gegebenen  Erklärungen   dieses  Wortes^  (von  potior 
pedo  perdo  7r6'(>^w)    scheitern  schon  an  der  be^_Festus^p.__210L/         %^ 
überlieferten    Form    f)esesias  y=  pesiilentia ,     diö    anzuzweifeln     (r^w^ 
nicht  der  mindeste  Grund  vorliegt;    sie   erweist   die   Ursprüng- 
lichkeit des  s  von  pestis.     Ob   etwa  dieselbe  Wurzel   in  griech. 
irrif.ia  „Verderben",   welches  vfie  pestis  auch  von  vej;derblichen 
Personen  gebraucht   wird,    enthalten   (vgl^>^iTiir^v2ugSÄil"  für 
'*Qvaf.ia),    oder  ob  dieses  vielmehr   mit  skt.  päp-man-  gleicher 
Bedeutung  zu  identificiren  sei,  mag  hier  nur  gefragt  sein.     Das 
griechische  Wort  zu  Ttevd-og  oder  zu  7tao%ü)  zu  ziehen,  hin- 
dern Form  und  Bedeutung. 

postis 
von  pono  aus  '^'posno  wie  deguno  aus  ^degus-no.  Gegen  die 
Ansicht,  dass  pono  ein  Compositum  von  sino  sei,  sprechen  fol- 
gende Gründe :  1 )  die  Wurzel  von  sino  kann ,  wie  sivi  siius  be- 
weisen, nur  si  sein,  wie  die  von  Uno  li,  die  von  cio,  ivi  itum, 
quivi  quitum  ci  i  qui  ist.  Von  dieser  Wurzel  si  konnte  wol 
ein  Perfectura  auf  ivi  ii  (vgl.  desii)  stammen,  aber  nimmermehr 
ein  solches  auf  ui,  sowenig  wie  jemals  von  den  angeführten 
Wurzeln  oder  von  Verben  der  ^-Conjugation  wie  audio  Perfect- 
formen  auf  ui  gebildet  sind.  Wenn  wir  neben  sapui  salui  u.  a. 
sapivi  salivi  finden,  so  ist  nicht  jenes  aus  diesem  entstanden, 
sondern  es  ist  dies  ein  Schwanken  zwischen  zwei  verschiedenen 
Conjugationsweisen,  wie  es  das  Lateinische  auch  sonst  zeigt 
(Osthoff  Forsch.  I  96).  Eben  dasselbe  gilt  von  posui  und  dem 
in  der  älteren  Sprache  häufig  vorkommenden  posivi.  2)  Das 
von  pono  doch  nicht  zu  trennende  postis  weist  durchaus  auf 
eine  Wurzel  pos ,  und  in  impomenta  würden  wir  bei  jener  An- 
nahme gar  eine  Wortform  haben,  die  aus  zwei  Präpositionen 
und  zwei  Suffixen  bestände,  während  die  Wurzel  gänzlich  aus- 
gefallen wäre.  3)  Auch  die  Form  der  Präposition  macht  Schwie- 
rigkeit: die  Präposition  skt.  prati ,  griech.  ^Qoq,  kret.  Ttoqti, 
umbr.  pert  erscheint  im  Lateinischen  in  den  Verben  portendere, 
porrigere ,    porricere  ,    pollingere  ,    polliceri ,     pollucere  ,    pol- 


198  F.  Fröhde 

luere  ,  possidere  (Corssen  Beitr.  88) ;  nach  der  Analogie  des 
letzten  wäre  für  das  entsprechende  Compositum  von  sino  die 
Form  ^possino  zu  erwarten  gewesen;  dieses  müsste  sich  nun 
noch  weiter  zu  '*posino  '^posno  pono  gestaltet  haben,  ohne  dass 
für  den  starken  lautlichen  Verlust  in  phsui  auch  nur  Ersatz- 
dehnung eingetreten  wäre.  Endlich  4)  ist  auch  die  Bedeutung 
jener  Annahme  nicht  günstig;  denn  wie  man  die  sinnliche  Be- 
deutung von  pono  „setzen,  stellen,  legen"  mit  der  von  sino 
,, zulassen,  dulden,  dass  etwas  geschieht"  vereiniggja^will ,  ist 
mir  unklar.     Ueberdiös  ist  die  Etymologie  vojxsf^  noch  nicht ^V 

gefunden;   denn  Corssen's  Identificirung  der  Wurzeln  si  und  sa  (j 

(in  sero  saius)  ist  nach  Laut  und  Begriff  verfehlt,  und  auch 
der  von  Fick  (Wörterb.  I  225)  vertretenen  Herleitung  von  skt. 
Sanofi  „geben,  gewähren"  kann  ich  besonders  wegen  der  laut- 
lichen Differenz  der  beiden  Wurzeln  nicht  zustimmen.  Mich 
hat  die  Bedeutung  von  dem  mit  sino  sehr  wol  vereinbaren 
siius  zu  einer  Vermutung  geführt,  die  ich  noch  kurz  andeuten 
will.  Situs  *)  heisst  „gegründet ,  gelegen  (von  Orten) ,  wohnend 
(von  Personen  und  Völkern),  ruhend,  ruhig  liegend  besonders 
von  den  Todten  (vgl.  Cic.  de  leg.  II  22 :  siti  dicuntur  ii,  qui  con- 1 
diti  sunt),  und  stimmt  in  seinem  Grundbegriffe  genau  zu  skt,  | 
W.  kshi  „weilen,  wohnen,  sich  aufhalten  besonders  mit  dem 
Nebenbegriffe  des  ruhigen  oder  ungestörten  oder  verborgenen  ^ 
Verweilens,  ruhen"  =  gr.  xrt  in  xt/Cw  ev^f^ff^isvog  iJH^ff^ 
gelegen".  Die  Wurzel  skt.  li:shi  betracht^,<f6n  mit  Fjfik^s  aus 
skißS^stiSinden ,  nehme  aber  an,  wie  es  Fick  früher  auch  tat, 
da^s  die  Umstellung  der  Consonanten  in  dieser  Wurzel  wie  in 
der  verwandten  ksha  und  in  kshan  schon  in  indogermanischer  Zeit 
erfolgt  ist;  denn  es  wäre  ein  seltsamer  Zufall,  wenn  sich  ge- 
rade in  diesen  nämlichen  Wurzeln  ursprüngliches  sk  im  Ari- 
schen in  ksh  und  im  Griechischen  in  xr  verwandelt  hätte,  wel- 
chem auch  in  xe-ariov  indogerman.  ks  gegenüber  steht.  War 
aber  die  Wurzelform   ksi   schon   im   Indogermanischen  vorhan- 

k   den,    so   musste   sie   im   Lateinischen,    welches   den  Anlaut  A;«ll 

\  nicht  kennt,  zu  si  werden;    ebenso  im  Germanischen,  aus  dem 

higher  gehören  alts.  ^e^^wj^  „Wohnsitz",  ahd.  5lWw5(^,Anbauer",^ 

sidMmn  „siedeln"   u.  a.,    oie   zu   sitzen   lautlich   niefit   passen. 

^üch  lat.  quies ,  ^^^...h^^^ila ,    ksl.^&t>«<^>>,ruhen"  gehen  ,_^je^ 

*)  l^as  von  Fick  a.  0.  mit  smli  verglichene  skt.  ava-sita-  gehört  doch 
wol  zu  W.  sd  Praes.  si/ati. 


f 


u\. 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  199 

Fick  (Wb.  I  233)  erkennt,  auf  die  Wurzel  ski  zurück.  Da  aber 
dem  lateinischen  (ju,  wenn  es  aus  einfachem  Ä--Laut  entstanden 
ist,  mit  wenigen  Ausnahmen  im  Sanskrit  c  gegenüber  steht  (A. 
Kuhn  KZ.  2,390;  Grassmann  9,  11  ff.;  Ascoli  Vorl.  p. 55  f .) ,  so 
darf  man  auch  für  quies  im  Sanskrit  die  Wurzelform  ci  erwarten. 
Diese  suche  ich  in  ci-ra-  Adj.  „langwährend,  vor  langer  Zeit 
bestehend",  Iciram  „lange,  vor  langer  Zeit",  cirayati  „lange 
machen,  zögern,  säumen";  vgl.  got.  lÄö>i|^«„zögern\unterlas- 
sen",  alts.  \ht^  „dauernde  Zeit",  mhd.  mt^t  „vormaiä*'^  iilitl. 
vj^Hmid  „in  voriger  Zeit,  vor  Zeiten",  i.iQ«^  ==  andauernde 
Zeit.^^  Ist  nun  die  gegebene  Erklärung  von  sttus  richtig,  so 
lässt  sich  auch  sino  ungezwungen  mit  demselben  vermitteln: 
sino  bedeutet  eigentlich  „sich  ruhig  verhalten,  wenn  etwas  ge- 
schieht", daher  „etwas  ruhig  geschehen  lassen,  ruhig  zulassen", 
ganz  so  wie  quiesco  zuweilen  gebraucht  wird;  vgl.  Cic.  ad  Att. 
7,  9,  2-.  /quiescat,  repa- ladduci  ad  Interregnum  j —  Die  Wurzel 
posj^  porio  pos(is''impomenta  vermag  ich  mit  Sicherheit  in  an- 
deren Sprachen  nicht  nachzuweisen ;  das  letztere  deckt  sich  for- 
mell mit  Ttw(.La  BTtid^sf-ia,  doch  gehört  dieses  wol  zu  W.  pd 
^^ahren";  Lottner  stellt  (KZ.  5,  240)  mit  Zustimmung  Cors- 
sen's  (Nachtr.  247)«o5^e^zu  ahd.  fasif;  skt.  paß^^  n.  „Be- 
_hausung^,..St?dP'"fr\,Haus  und  Hof,  Wohnsitz"  lässt  sich  auf 
Qm&'^VL  pas  mit  der  Bedeutung  von  pono  zurückführen  (vgl. 
Widman-  familiä) ;  auch  wäre  gr.  7raaju*$'''^äulßnh€ilfe7^or^ 
saäliiHwiTtTemselben  zuj;gjxuM§ö»'?"''55r^nb  Vermutung  (KZ.  22, 262), 
dass  die  W.  pos  m  gr.  rcoiiio  enthalten  sei,  muss  ich  wegen 
der  Form  STtolßtjk  in  einer  Inschrift  von  Olympia  (E.  Curtius 
Archäolog.  Zeitung  1876  p.  48)  jetzt  verwerfen. 

quaesiio  von  quaero. 

questio  von  queror. 

restis  „Seil,  Strick" 
steht  nach  Fick  o.  S.  172  für  resc-ii-s;    vgl.  skt.  räjju  Strick, 
Seil,  lit.  regzti  flechten  (Bezzenberger  o.  S.  68). 

tesiis  „Hode"'  von  iexo. 

testis 
„Zeuge"  aus  *tersiis ;  vgl.  osk.  tristamentud  =  iestamenio  (Cors- 
sen  Beitr.  5).     ,' ^ ■ --,=..^-.*.-,«-.  >  ^  ^         ''"la-«^ 

tri^  SMS,  *trisß^=  lit.  iir^^ßffskt.  irshta-  (Fick  ,WiJf| 
I  Jl^;<roh^^>fJ^mi^t^c.  II  36?).-'"  "      '^"-     ^ ^ 

ustio  von  uro.  '" 


200  F.  Fröhde 

loestis  W.  ves  (Curtius  Gruiidz.  No.  565). 

InesUbttlnm 
beruht  auf  einem  Siammei  vesii-  =  ^tjL  j)w^_jj,WoJh^  (Fick 
Wörterb.  I  217  III  301).  "Uä"3äs  Suffix  bulo  auch  in  sessthu^ 
lum  und  turibulum  an  Nominalstämine  angetreten  ist,  so  lässt 
sich  gegen  Corssen's  Ansicht  (Beitr.  361),  dass  eben  dasselbe 
in  vesiihulum  geschehen  sei,  nichts  einwenden.  Trotzdem  ziehe 
ich  es  vor,  das  Wort  aus  '^vesti-stihulum  zu  erklären,  so  dass 
es  „Platz  des  Hauses"  bedeutet. 

vesiigare  führt  nach  der  Analogie  von  faiigare  fastigare 
castigare  auf  einen  Stamm  vesii- ,  der  avoI  mit  Fick  Wb.  II  247 
aus  '*versit-  zu  erklären  und  von  verro  W,  vers  abzuleiten  ist. 
3)  mit  dem  Suffix  iu: 

jaestus 
Wenn  dieses  Wort,  wie  m§ja  allgemein  annimmt,  zu  skt.  W. 
indh,  gr.  ai&(o,  lat.  aetfes  gehört,  so  wird  die  Fintstehung  sei- 
nes si  aus  d-\-i  zugegeben  werden  mHgs^n;  denn  das  Suffix  iu 
ist  in  der  Regel  primär.  Es  würde  so'  aestus  das  einzige  ge- 
läufige Wort  der  klassischen  Sprache  sein,  in  welchem  st,  ein- 
geschlossen von  Vocalen ,  aus  ^-Laut  -f- 1  hervorgegangen  Aväre ; 
denn  das  die  übrigen  für  diesen  Lautwandel  angenommenen 
Beispiele  keineswegs  für  sicher  gelten  können,  glaube  ich  im 
Vorhergehenden  gezeigt  zu  haben.  Unter  solchen  Verhältnisren 
ist  ein  Zweifel  an  der  Richtigkeit  auch  dieser  Etymologie  ge- 
wiss gerechtfertigt,  um  so  mehr,  wenn  sich  eine  andere  bietet, 
die,  in  begrifflicher  Beziehung  ebenso  gut,  die  Annahme  der 
lautlichen  Anomalie  nicht  nötig  msidity^^-^^esj^ßg-^zeichnet  er- 
stens das  Fluten,  das  Wogen,  die  unruhige  Bewegung  des  Mee- 
res, im  Besonderen  die  Flut,  die  mit  der  Ebbe  wechselt,  bei 
Lucrez  auch  die  Ausströmungen  der  Erde,  das  magnetische 
Fluidum  u.  dgl.;  es  wird  zweitens  gesagt  von  unruhigen  Be- 
wegungen des  Geistes,  dem  Schwanken  in  der  Entschliessung, 
der  Aufgeregtheit  der  Seele  in  der  Leidenschaft ,  ganz  wie  ßuc- 
tuare ,  sowie  von  dem  Drange  der  Seele  nach  etwas,  der  Ta- 
tenlust, insofern  sie  den  Geist  in  Unruhe  versetzt  u.  dgl.  mehr; 
es  wird  dann  drittens  übertragen  auf  die  wallende  Hitze ,  die 
Ausströmungen  der  Glut  des  Feuers  und  der  Sonne  (vgl.  ßueiiia 
flammarum).  Ebenso  wird  jäÄS^fftrfe  gebraucht  vom  Wogen  des 
Meeres,  von  unruhigen  Seelenerregungen  und  dem  Ausströmen 
der  Gluthitze;    brennen  im  eigentlichen  Sinne  wie  ardcre  fla- 


Die  Entstehung  Ton  st  und  ss  im  Lat.  201 

grare  heisst  es  nie  (vgl.  Virgil  Aen.  2,  751):  propiusque  aestus 
iiicendia  volvunt) ;  aestuare  desiderio  (Cic.  ad  Fam.  VII 18)  ist  von 
flagrare  desiderio  (Cic.  ad  Att.  V,  11)  und  ardere  desiderio 
(Cic.  Tusc.  IV  17)  wesentlich  verschieden:  während  diese  Aus- 
drücke den  Grad ,  die  Stärke  der  Sehnsucht  bezeichnen ,  bezieht 
sich  jenes  auf  die  durch  den  Affect  hervorgerufene  Unruhe. 
Alle  diese  Bedeutungen  aber  lassen  sich  nach  mehrfacher  Ana- 
logie auf  den  Grundbegriff  der  unruhigen  Bewegung  zurückfüh- 
ren; vgl.  ^Vivzoi  dhü  skt.dhimoti  „schütteln,  sich  rasch  hin 
und  herbewegen",  i^y^zimarJjRauch",  gr.  ^vvo)  „stürmen,  eilen", 
d^vto  „stürmen,  brausen,  wogen  (von  Fluten),  in  leidenschaftli- 
cher Erregung  sein",  rvcpto  „brennen,  sengen",  Pass.  „rauchen, 
schweelen,  glimmen",  got.  us-dauds  „eifrig",  ahd.  iunst  ,, Sturm, 
Andrang", Wot<w  „Dampf,  Rauch";  W.  bhar  hhur  in  skt.  hhu- 
rati  „zu.cken''^,  bhuranyaii  ,,in  unruhige  Bewegung  versetzen", 
hhürni-  „aufgeregt",  gr.  noQ(pVQio  (pQsaq,  got.  brumia  brinnan 
(Curtius  Grundz.  No.  415;  Fick  Wb.  I  163),  ferner  in  griech. 
cpXvcü,  \&X.  ßuo  u.  a.  (Job.  Schmidt  Voc.  II  270);  W.  spar  in 
skt.  sphurati  „zucken,  zittern",  gr.  OTtaiQio  ftdlXco,  mhd. 
sprcBJen  „sprühen,  spritzen",  Ttiint^rmi  u.  a.  (Schmidt  a.  0. 
271);  W.  var  in  skt.  ürmi-  Welle,  ahd.  wallan  „wallen",  got. 
valvjan  „wälzen",  vulan  „sieden",  ksl.  varu  „Hitze",  _ahd.  walnjk 
„Hitze,  Glut"  u.  a.  (Diefenbach  Wörterb.  II  180;  Fick  Wör- 
terb.  I  213).  So  können  nun  auch  aestus  und  aestuare  sehr 
wol  von  einer  Wurzel  mit  dem  Begriffe  der  unruhigen  Bewe- 
gung  ausgegangen  sein.  Ei^e  solcl:\e  bietet  sich  in ^tߣ;;^|^"- 
„stürzen,  eilen,  aestuare" j  6?s^v^glutreft4e  As?^*q|,'  (Grimm 
Gramm.  IL  754),  skt.  ishyaii  „in  schnelle  Bewegung  setzen",/ 
^^MÜ  „enteilen",  i^kmin  adj.  „treibend,  eilig,  stürmisch"  (von  j 
den  Winden),  eshana-  n.  „Drängen"  u.  a.  • 

castus       / 
„Ritus,  religiöser  Brauch"  von   skt.  W.  cäs  in  gdsana-  „Lehre, 
Glaube,  Religion"  u.  a.  (KZ.  23,  311). 

^jfastus  y  y  \ 

„Stolz"  von  ^.-Ä?;^^  vgl.  ahd.^ 

Äarmi^^stärr  emporstehen",  häM.  ^ar^ew  (g^roan.  Grund|piTO 
bavmtjan)  „sich  brüsten^<'^^|^^.  Äamm^^^Stolz ,  H^ftimut"^ 
Bre'al  (KZ.  20,  79)  glaubt  in  /as^ws -^^nkteinisgheh  Vertreter 
der  W.  dhars  zu  erkennen;  auch  in  diesem  Falle  wäre  das  s 
primitiv,    doch   sehe  ich   keine    Möglichkeit,    den   Begriff  von 


\ß^%lk 


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202  F.  Fröhde 

fastus  fastidium  fasiidire  aus  dieser  Wurzel  zu  gewinnen ,  denn 
fastus  ist  der  Stolz,  der  sich  zeigt  in  der  Abneigung  und  der 
daraus  hervorgehenden  Zurückziehung  von  anderen. 

fesluca 

„Grashalm,    wilder  Hafer,    Gerstentrespe"   habe  ich  Beitr.  zury 
lat.  Et.  p.  3  zu  got.  gazds,    alts.  ^er^  „Rute"  gestellt,     Viel- 
leicht  aber    wird    das  Wort    richtiger  auf   die    eben    erwähntej 
Wurzel  hhars  bezogen  *) ;  vgl.  dig^TVhKd  fru^i«iiti  spica,  herba. 
Unmittelbar  einleuchtend  ist  die  Ursprünglichkeit  des  s  in 

gestus  gustus   mistus   pastus   quaestus  qucstus   testu  (vgl. 

testa)  ustura. 
Unerklärt  ist  ßstuca  „Schlägel"  (vielleicht   zu   mhd,  geisel  fla- 
gellum).     Caestus   „Gurt,   Kampfriemen"    wird   bei   Paul.  Epit. 
p.  45  für  identisch   mit    cestus  St.  cesto  =  gr.  TfieoTog  erklärt 
und  ist  in  diesem  Falle  entlehnt. 

4)  mit  dem  Suffix  tor : 

haustor  mistor  pastor  pisior  quaestor  ustor 
deren  Entstehung  an  sich  klar  ist. 


\m  J-f  ^ 


r 
II. 

Die  Entstehung  des  ss. 

Von  den  verschiedenen  Entstehungsweisen  des  lateinischen 
SS  kommen  für  die  vorHegende  Untersuchung  nur  zwei  in  Be- 
tracht, nämlich  1)  die  aus  st  und  2)  die  aus  d-i-\-i. 

1)  SS  (s)  =  s-\-t. 

Aus  ursprünglichem  st  ist  ss  entstanden 
1)  in  folgenden  zu  Präsensstämmen  auf  -ns  und  -rs  gehöri- 
gen Ableitungen  mit  den  mit  i  anlautenden  Suffixen: 
censum  census  censor 
cursum  cursus  Cursor  cursim  cursito 


W(\/)i^ 


pinsum 

versum  von  verro  aus  *verso. 
Neben  censor  steht  osk.  censtur   und  skt.  Qasiar-  „Züchti- 
ger".    Curro   nehme   ich    mit  Anderen ,"*wie"'t)sthoff  (Forsch. 

►)  So  auch  Fick  Wörterb.  II  169. 


i^iri 


Die  Entstehung  vou  st  nnd  ss  im  Lat.  203 

I  152),  aus  *curso  entstanden  an.  Das  pinsum  vorange- 
hende *pinsium  hat  sich  andrerseits  zu  pistum  gestaltet;  da- 
gegen ist  es  nicht  nötig  pisare  aus  '^pinsare  auf  *pinstare  zu- 
rückzuführen; ebenso  stehen  pisum  „Erbe",  wie  auch  griech. 
TtiGov  TtLGoog  zeigt,  und  piso  „Mörser",  Piso  Nom.  propr. 
für  ursprüngliches.^  *pinsum  '*pinso.  Wenn  versus  „Furche, 
Vers",  umbr.  l?mM«"-<AK.  423),  wie  Curtius  (Stud.  VI  269)  an- 
nimmt und  wol  möglich»,  ist,  obwol  die  Bedeutung  „Wendung 
im  Tanze,  Pas"  (vgl.  azQoq)^)  der  Ableitung  von  verfo  günsti- 
ger ist,  von  verro  stammt,  so  muss  es  für  ^verstus  stehen,  da 
rs  im  Lateinischen  unursprünglich  ist  (Leo  Meyer  KZ.  22,  540). 
lieber  die  Etymologie  von  verro  vgl.  Curtius  a.  0.;  ohne  davon 
zu  wissen ,  bin  ich  (KZ.  22,  266)  auf  denselben  Gedanken  ge- 
kommen. —  Die  Zusammenstellung  von  dorsum  ,, Rücken"  mit 
gr.  öeiQTj  diqrj  ist  aus  mehrfachem  Grunde  bedenklich  (Leo 
Meyer  a.  0.  537  f.);  wäre  sie  sonst  zweifellos,  so  würde  sich 
dorsum  aus  "^dorstum  erklären  lassen.  Auch  die  Erklärung  der 
Endung  ensumus  in  den  Ordinalzahlen  aus  zunächst  vorherge- 
hendem '■^enstumus  und  noch  mehr  die  von  utensile  aus  '^iiien- 
siile  ist,  wie  oben  gezeigt  wurde,  unsicher.  Richtig  dagegen 
ist  Fick's  Herleitung  von 

vesica 
aus  vensica  (Lachmann  zu  Lucrez  VI  130)    von  einem  Stamme 
vensii-  —  skt.  vasii-,  ahd.  wansü-  (Wörterb.  I  210). 

In  diesen  Fällen  schlug  die  Sprache  von  den  beiden  We 
gen,  die  ihr  offen  standen,  um  die  ihr  unbequemen  Lautver- 
bindungen nst  und  rst  zu  beseitigen,  den  ein,  dass  sie  das  t 
dem  vorangehenden  s  assimilirte  und  dann  das  eine  s  aufgab, 
während  in  pistum  tosium  u.  a.  n  und  r  ausgestossen  wurden. 
Es  ist  also  dieser  Fall  der  Entstehung  des  ss  aus  st  augen- 
scheinlich besonderer  Art. 

2)  in  folgenden    derartigen  Ableitungen   von  Stämmen,    die 
auf  s  auslauten,  bei  vorhergehendem  langen  Vocal: 

hausurus 
Diese   Form   des  Particips  findet  sich  bei  Virgil   Aen.  4,  383 
und  an  zwei  Stellen  des  Silius   (Neue  Formenl.  II  460);    sonst 
lautet  dasselbe  hausturus  in  Uebereinstimmung   mit  dem  Supi- 
num  haustum. 

adhaesus  adhaese  haesurus 
Das  Substantiv  adhaesus  St.  -haesu-  gebraucht  nur  Lucrez  und 


204  F.  Fröhde 

ist  wol  von  diesem  gebildet;  atlhaese  „stockend"  steht  bei  Gel- 
liiis  5,  9;  haesus  dagegen  kommt  in  der  Literatur  nicht  vor 
und  wird  nur  von  Diomedes  (p.  367  K.)  angeführt.  Das  geläu- 
fige Frequentativum  haesiio  aus  *haestüo  zu  erklären,  empfiehlt 
das  s;  vgl.  jedoch  quaeso  neben  quaero.  —  Sicher  vom  Prä- 
sensstamme gebildet  ist  visüo  (vgl.  agito  u.  a.),  denn  ein  Su- 
pinum  visiim  ist  von  viso  nicht  vorhanden.  —  Fick  (KZ.  21,  8) 
stellt  caesius  zu  lit.  skaisias  „hell,  klar,  glänzend"  und  setzt 
ein  bereits  ,,der  europäischen  Einheitssprache  angehöriges" 
skaisias  aus  ^skaidh-ias  an.  Wäre  diese  Erklärung  richtig,  so 
würde  sie  einen  schwer  wiegenden  Grund  enthalten  gegen  meine 
Ansicht  über  die  Entstehung  von  Formen  wie  laesus.  Allein 
das  von  caesius  nicht  zu  trennende  caeruleus  (Benfey  Wurzell. 
II  151)  deutet  auf  Ursprünglichkeit  des  s ,  da  ein  aus  d  -\-t 
entstandenes  s  niemals  in  r  übergeht;  auch  ist  die  Wurzel  von 
lit.  skaisfas  skaidrus  im  Lateinischen  durch  candeo  vertreten 
(Joh.  Schmidt  Voc.  I  97).  —  Zweifelhaft  ist  ferner,  ob  jnisula 
aus  pustula  entstand,  oder  ob  beide  neben  einander  bestanden 
wie  rallum  aus  '^rad-lum  und  rastrum-  denn  s  zwischen  Vo- 
calen  ist  ohne  ersichtlichen  Grund  auch  erhalten  in  nasus  ca- 
seus  quaeso  und  blaesus  —  altn^  kleiss  (Bugge  KZ.  19,  433).  — 
Endlich  sind  hier  zu  erwähnen' /;/av«.9  ■p/'/na  pusio  „Knabe",  für 
die  sich  verschiedene  Möglichkeiten  der  Erklärung  bieten.  Das 
s  in  diesen  Wörtern  muss  wurzelhaft  sein,  da  es  ein  primäres  . 
Suffix  so  im  Lateinischen  nicht  gibt /(caM£a  und  pausa  bedürfen  [ 
noch   der  Aufklärung)    und    das   Suffix    to   nacÜ  Tocalen  stets ' 

-erhalten  bleibt.     Weber  (KZ.  5,  235)  identificirt  pusus  mit  skt. 

ipumsa-  „Mann"  /nur  in  Compositis  wie  mahäpumsa-  „grosser 
Mann"),  vföln&r (pmnsamni  „einen  Sohn  habend".  Gegen  diese 
Erklärung  ist  nicEtseinzuw  enden;  der  Unterschied  in  der  Be- 
deutung wäre  derselbe  wie  im  deutschen (£M/^<7e  neben  lat.  ju- 
venis.  Es  kann  aber  auch  püsus  dem  altindiscÜen  pushia-  Par- 
ticip  der  Wurzel  push  *)  „gedeihen,  aufziehen,  ernähren"  ent- 
sprechen (vgl.  adolescens)  oder  endlich  der  Vocal  ?/  Steigerung 
des   u  dieser  Wurzel   sein    (vgl.  z.  B.  poshya-  aufzuziehen,   zu 


*)  Zu  dieser  Wurzel  gehört  skt.  p^'^fip»-  n.  „das  Aufhlühen,  Blüte, 
Menstrualblut",  mit  dem  ich  lat.  ;;;/io-  in  pubens  „blühend,  strotzend, 
mannbar",  pubesco  ,, heranwachsen  ,  reifen,  mannbar  werden"  identificire ; 
ein  ursprüngliches  Suffix  bo  gibt  es  nicht. 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat. 


205 


ernähren).  Eür  die  letzte  Auffassung  spricht  pausülus  bei  Nov. 
&I  Ribb.  und  das  auf  Inschriften  öfter  vorkommende  Posilla, 
das  doch  wol  mit  Fusilla  identisch  ist. 

3)  in  den  Superlativen  auf  -issimus  aus  -isiimus ,  welches 
noch  erhalten  ist  in  solistimus  und  sinisiimus  (Schleicher  Com- 
pend.  §  23G). 

4)  in  den  Formen :  ossis  (Gen.)  ossu  ossum  osseus 
verglichen  mit  oozeov,  skt.  asthi  (Curtius  Grundz.  No.  213). 

Fick  a.  0.  I  504  erklärt  auch  assis  aus  *asiis  und  identi- 
ficirt  es  mit  preuss.  asti-  „Ding,  Wesen,  Handlung"  VÖTl '  W." 
US,  formell  ansprechend,  doch  bedarf  das  Verhältnis  der  Be- 
deutungen noch  der  Aufklärung.  Derselbe  Gelehrte  bezieht 
cossus  „Holzwurm"  auf  W.  /cas  in  skt.  kashati  „schaben,  krat- 
zen", lit.  kasü  „grabe",  und  vergleicht  skt.  kashkasha-  „ein 
schädlicher  Wurm",  vgl.  auchi  y.4'  (Gen.  x^o'g  aus  *>ctaoc,')  „Holz- 
wurm". Das  Wort  kann  aber  ebensowol7'\vörä1lf"  mich  der  Herr 
Herausgeber  dieser  Zeitschrift  aufmerksam  macht,  mit  lit.  kändis 
„Milbe"  zu  lit.  kandü  „beisse"  gestellt  werden. 
2)  SS  =  d-i-\-i. 

Aus  ^-Laut  -}- 1  ist  ss  entstanden 

1)  in  folgenden  mit  den  ^Suffixen  von  noch  vorhandenen 
auf  einen  ^-Laut  auslautenden  Verben  abgeleiteten  Formen : 


casus 

ausus 

tn-census 

arsum 

cessum 

caesus 

infensus 

morsus 

esus 

clausus 

ßssus 

orsus 

fassus 

cusus 

fressus  u.  fr  esus 

fessus 

ßsus 

/usus 

versus 

fossus 

laesus 

pre-hensus 

f/ressus 

lusus 

mansum 

messis 

nisus 

mensus 

missus 

plausus 

pansus  u.  passus 

osus 

rasus 

petisus 

passus 

risus 

pransus 

quassus 

rosus 

scansum 

sessus 

suasum 

scissus 

visus 

taesum 

sensus 

di-nisns 

irusus 

spo?isus 

usus 

tensum 

vasum 

tonsus 

tusus  u.  tunsus 

206 


F.  Fröhde 


Hierher  gehören  auch  russus  aus  *rud-ius  (KZ.  14,  433)  und 
Jussus  (a.  0.)  von  W.  ju-dh ,  Secundärbildung  von  j'u  „binden" 
mit  dem  geläufigen  Wurzeldeterminativ  dh  (vgl.  audeo  gaudeo 
ardeo  u.  a.);  denn /wm  aus  *jus-hapsi  zu  erklären,  ist  schon 
deshalb  unmöglich,  weil  ein  solches  Perfectum  von  habeo  nicht 
existirt ;  auch  würde  jus  habere  schwerlich  bedeuten  könen  „für 
Recht  halten".  Den  Formen  mit  einfachem  s  in  der  zweiten 
und  ersten  Columne  gingen  solche  mit  ss  voraus,  die  zum  Teil 
noch  erhalten  sind  (Corssen  Voc.  I  209);  auch  für  die  der 
dritten  und  vierten  Columne  muss,  wenigstens  theoretisch,  eine 
solche  Vorstufe  angesetzt  werden. 

2)  in  folgenden  Wörtern  gleicher  Entstehung,  für  welche 
die  entsprechenden  Verba  im  Lateinischen  nicht  mehr  vorhan- 
den sind:  / 


assus 
aus  *ad-tus  von  W.  ad 
bei  Hesych. 


gr.  a 


U) 


111 


casa 
aus  "^cad-ta  von  W.  idg.    skad  „decken"   (Corssen  Beitr.  448). 
Auffallend  ist  allerdings  die  Kürze  des  Wurzelvocals ,   da  sonst 
in   ähnlichen   Bildungen   {esus  ösus  visus  casus)  Ersatzdehnung 
eintritt. 
''  cassis 

„Helm"  aus  *cad-tis  von  derselben  Wurzel  (Corssen  a.  0.  449); 
vgl.  got.  hilms,  lit.  szdlmas  =  skt.  carman-  „Schirm,  Schutz, 
Decke",  cudo,  dessen  d,  wie  der  Genetiv  cudonis  und  das  Ge- 
nus beweisen,  wurzelhaft  ist  (wie  das  von  udo  =  ovd(6v\  von 

(  cassis  i 

„Jägergarn"  aus  *cat-tis  von  W.  cat  in  catena ,  goti  hintan 
„fangen".  ~ 

crassus 
aus  *crat-tus  =  ksl.  crüsiü  von  W.  erat  in  cräies,  got.  haurds, 
gr.  y.vQxoQ  u.  a.  (Fick  IvZ.  19,  254). 

frausus 
aus  *fraud-tus  von  W.  frud  in  fraus  (s.  o.). 

grossus 
„dick"  =  skt.  grathita-  „geballt,  knotig,    dick"  (Fick  KZ.  19, 
254).     Ob   mit  diesem  Worte  grossus  „unreife  Feige"  identisch 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  207 

sei   (vgl.  gr.  dxqäq  axsQÖog  „wilder  Birnbaum   und  Frucht  des- 
selben"), lasse  ich  dahingestellt  sein. 

lassus 
aus  *lad-tus  von  W.  lad  in  lit.  Uidmi  „lasse",  got.  lats  „lass", 
latei  „Verdruss",  laijan  „aufhalten",  ahd.  gilezzen  „verzögern, 
beunruhigen,  quälen,  verletzen",  rahd.  letze  „Abschied,  Ende", 
got.  letan  dquevat,  fra-letan  ccTtoXveiv ,  and-letnan  dvaXveiv. 
Ich  verbinde  diese  Wörter  mit  skt.  ardaii,  ved.  rnaiti  „in  Be- 
wegung der  Teile  geraten ,  sich  auflösen",  caus.  ardayati  „in 
Unruhe  versetzen,  peinigen,  verletzen".  Aus  dem  Begriffe 
der  Trennung  in  die  Teile  ergeben  sich  die  Bedeutungen  der 
deutschen  Wörter  ohne  Schwierigkeit.  In  got.  lats,  lat.  lassus 
ist  die  Bedeutungsentwickelung  ähnlich  der  in  fatisci  „ausein- 
andergehen, matt  werden",  woher  fessus  „matt",  und  in  griech. 
Ivea&ai  {yvla,  yovvaza,  aipsa);  besonders  genau  stimmt  ahd. 

gilezzen    in    seinen   Bedeutungen   zu    ardayati.     In    der    Form 
schliesst  sich  got.  letatz  an  das  ved.  rnatti,  zu  dem  es  sich  ver- 
hält wie  ßekan   zu  plango ,    gredus   zu   skt.  grdhnu-  nehva   zu 
nancisci  u.  a.  (Schmidt  Voc.  I  44). 
lausus 

aus  Haud-tus  von  W.  rud  in  lit.  raudöti  „wehklagen"  u.a.  (KZ. 

22,  548). 

lessus 

aus  *lei-ius  von  W.  rat  in  ratati  „brüllen ,  heulen ,  wohklagen"  * 

(KZ.  22,  547). 
nassa 

aus  *nad-ta  von  W.  nad  in  got.  nati  „Netz"   (Fick  Wörterb. 

646). 

passus 

wol  aus  '^pad-ius  und  wie  passim   zu  pando  gehörig,    es  kann 

aber  auch  zu  itaTog  „Schritt"  oder  zu  W.  päd  „gehen"  gehören. 
passer  ]  jO-^AÄ^"^ 

aus  '*pat-ter  von  W.  pat  „fliegen",  in  skt.  patatra-  n.  „Flügel",      ^    ■■  J 

patatri-  „Vogel". 

pessum  -  ,»#?    1 

„zu  Grunde"  =  skt.  pattum  Infin.  von  padyate  „zu  Falle  kom-     |\  Xf^ 

men",  ksl.  padq  „falle"  (Fick  Wörterb.  I  660^ 

spissus  /  /  '^^  /'-"^ 

aus  *spit-tih%Ao\\  W.  spit  in  hiJ  spib^^'^rä.nge"   fFick  KZ.  19,     v)'4Sl32 


t3 


253). 


/ 


208  F.  Fröhde 


m))i^ 


suasum 
Festus  p.  302 :    suasum   colos   appellatur ,    qui  fit  ex  stillicidio 
fumoso   in  vestimento   albo.     Pauli.  Epit.  111:    insuasum   ap- 
pellabant  colorem  similem  luteo,    qui  fiebat  ex   fumo^  stillici- 
dio.    Curtius  (Stud.  V  243)  verbindet  das  Wort  mit  5H^Äi£^Ä«r-| 
dus ,  got.  svarts ,  indem  er  ein  mit  sordeo  vergleichbares^ *Äwar-] 
deo  construirt,  dessen  Particip  '^suarsus  sich  nach  Analogie  von- 
"prösä  rüsum  zu  suasus  gestaltet  habe.     Ist  diese  Erklärung  rich- 
tig, so  steht  suasum  für  '^suard-ium^  vielleicht  aber  gehört  das 
Wort   zu   ahd.  sut*4<in  „verbrennen" J  sh^a  „Dampf  von  Ver- 
branntem", rahd.  sttfi^m  „Dampf"<  vgl.  gi\|ctr^?g~^i7yerbraiint, 

schwarz"  u.  a.     "^^S-T^G  %'  ~~ — «.«—«—-*—• 

tussis  f^O^-^-^^^r^^ii^^ 

aus  *lud-iis  von  W\  iud  =  germ.  t^Hl  in^tn.  .^oto  ,A^»eti^' 
( Bezzenberger ,  Gött.~~üel.  Änz.  1875  p.  28?^.  Andgrs  Fick 
(Wörterb.  I  95),  über  dessen  Wurzel  ius  „husten"  Bezzenberger 

a.  0.  zu  vergleichen  ist.  ^ "' 

Einige,  wie  es  scheint,  hierher  gehörige  Formen  mit  ss 
sind  etymologisch  noch  nicht  aufgeklärt  und  mögen  daher  über- 
gangen werden. 


Das  Resultat  der  vorstehenden  Untersuchung  ist  demnach 
'folgendes : 

1)  si  ist  aus  d-t-\-i  entstanden  in  zwei  Fällen  von  besonde- 
rer Art,  die  eine  eigene  Beurteilung  verlangen. 

2)  st  zwischen  zwei  Vocalen  ist  in  den  historischen  Formen 
mit  Ausnahme  des  selten  vorkommenden  vulgärlateinischen 
comesius  und  des  nur  einmal  erwähnten  Namens  Segesta  nicht 
aus  d-t-\-t  hervorgegangen,  sondern  ursprünghch;  die  Beispiele, 
die  man  für  jene  Art  der  Entstehung  angeführt  hat,  können 
nicht  für  sicher  gelten  und  sind  mit  Ausnahme  von  aestus,  das 
aber  ebenfalls  eine  andere  Erklärung  zulässt,  nicht  allgemein 
anerkannt. 

3)  SS  ist  aus  st  =  st  in  der  Umgebung  von  zwei  Vocalen 
entstanden  nur  in  den  Superlativen  auf  issimus  und  einigen  ver- 
einzelten Wortformen ;  im  Uebrigen  ist  das  si  stehen  geblieben. 

4)  d-t-\-i  wurde  regelmässig  zu  ss  und  dann  nach  langem, 
selten  nach  kurzem  Wurzelvocale  sowie  bei  vorhergehendem  n 
oder  r  zxk  s. 


Die  Entstehung  von  st  und  ss  im  Lat.  209 

Ich  versuche  nun  auf  Grund  der  gewonnenen  Resultate  die 
Frage  zu  entscheiden,  ob  diese  zuletzt  erwähnten  ss  eine  Mittelstufe 
st  voraussetzen ,  oder  ob  sie  durch  Assibilation  des  t  der  Suffixe, 
die  dann  die  Assimilation   des  Dentals  der  Wurzel  zur  natürli- 
chen  Folge    hatte,    hervorgegangen    sind.     Für    die    erste   An- 
nahme spricht  der  Umstand,  dass  die  meisten  indogermanischen 
Sprachen  den  Zusammenstoss  zweier  Dentale  durch  die  bezeich- 
nete Dissimilation  vermeiden.     Angenommen  nun,    das  Lateini- 
sche wäre  wie   in   den   unter   1)  bezeichneten  Fällen  auch  hier 
der  nämlichen  Weise  gefolgt,  so  fragt  es  sich  weiter,  in  welche 
Zeit  wol    die  Entstehung    des    st    zu   setzen   sei.     Es  sind  zwei 
Möglichkeiten  vorhanden:  entweder  erfolgte  dieselbe  in  der  Pe- 
riode des  Sonderlebens  der   lateinischen  Sprache    oder  sie  fällt 
in  voritalische  Zeit.     Ich  erwäge   zunächst  diesen  letzteren  Fall 
und    frage  weiter:    welcher  Periode    der  Sprache  gehört   dann 
die  Entwickelung  des  st  an?     Indogermanisch   kann   sie    nicht 
sein,  denn  das  Sanskrit  hat  sie  nicht;  im  Eranischen  also  ist  sie 
jedenfalls  selbständig  erfolgt.    Ueber  die  Zeit  von  der  Sprachtren- 
nung bis  zum  geschichtlichen  Auftreten  der  einzelnen  Sprachen 
herrscht  keine  Uebereinstimmung  der  .Ansichten.    Gesetzt,  es  hat 
eine  europäische  Einheitssprache  gegeben,  so  würde  man,  wenn 
man  die  Wandelung  von  d--^t  zu  st  für  voritaHsch  hält,    die- 
selbe in  diese  Periode  zu  setzen  geneigt  sein  können.     Fick  tut 
das  nicht,    wenn  er  in  seinem  Wörterbuche  als  europäisch  an- 
setzt Formen  wie  karita  kraita  (I  p.  525)  padti  (p.  661)  pad- 
iana  (a.  0.)  skaidhia  (p.  815)  u.  a. ,  ist  also  der  Ansicht,  dass 
in  dieser  Periode  d-t^t  noch  erhalten  war.     Ist  aber  diese  An- 
sicht richtig  —  und  ich  wüsste  nicht,    was  ihr  entgegenstände 
—  so  ist  auch  im  Keltischen,  im  Slavodeutschen  und  im  Grä- 
coitalischen ,    um  Fick's  Stammbaum    festzuhalten,    die  Entste- 
hung  des   st  unabhängig   von   einander   und  von   den  arischen 
Sprachen    vor    sich    gegangen.     Weiter   dagegen    setzt  Fick  für 
das  Slavodeutsche   Grundformen   an   wie  karsta  (II  322)   mesta 
(p.  430)  rusta  (p.  445)  versta  versti  (p.  465)  u.  a.,    ebenso  für 
das  Gräcoitalische  karsto  (II  p.  54)   skisto    skisti  (p.  266),    er- 
kennt also  diesen  Sprachperioden  die  Entwickelung  des  st  aus 
/-Laut-j-^    zu.     Welche  Gründe   Fick   zu  diesem  Verfahren   be- 
stimmt haben,    weiss  ich   nicht;    ich   sehe   keinen    und  nehme 
daher  an,    dass  im  Gräcoitalischen   der    /-Laut   noch  erhalten 
war.     Diese  Ansicht  wird  dadurch  bestätigt,  dass   es   eine  An- 

Beiträge  z.  Kuade  d.  ig.  Sprachen.  I.  15 


210  F.  Frölule 

zahl  italischer  Wortformen  gibt,  die  dafür  sprechen,  dass  aiicii 
im  Oskischen  und  Altlateinischeu  der  /-Laut  noch  unangetastet 
war.     Es  sind  dies  folgende : 

osk.  oiliiuf 
(Cippus  Abellanus  Z.  40.  43)    =    lat.  usio.     Vergl.  Bugge   KZ. 
22,  432.     Wie   man   auch   über   das  Suffix   des  Wortes  denken 
möge:    sicher  ist  wol,   dass   es  mit  t  anlautete  und  dass  das  / 
der  Wurzel  (in  altlat.  oitier)  \or  demselben  erhalten  war. 

lat.  mallus 
=  skt.  maiia-  von  W^.  mad  in   madeo ,    gr.  (.laöaw,    also    für 
'^mad-ius  (Fick  Wörterb.  I  170). 

altl.  adgretus  egrelus 
nach  alter  Schreibweise   für   adgrettus  egrettufi   aus  '*(idgred-his 
'*egred-ius.     Vergl.  Corsseu  Voc.  1  209. 

portenium  ostenlum 
für  '^'portend-lum  *ostend-ium   von  portendo    osfendo  (Corssen  a. 
0.).     Ebenso  sind  wol   mit  Corssen   die   Participia   rnfen/us   af- 
ientus  aufzufassen,    obgleich    sich    diese    auch  auf  die  kürzere 
Wurzelform  teyi  {zeivLo)  zurückführen  Hessen. 

credo 
aus  ^'cred-do   —  skt.  craddadhämi  (Bopp  Glossar). 

exfuti  "  ~"'       — — "-  u       .-^--'^ 

für  '^-exfad-ti  ^  eßusi  (Pauli.  Epit.  81  ,  wo  meritd  für  mersat 
verglichen  wird).  Dagegen  scheinen  futis  fulio  futilis  fulare 
auf  die  kürzere  Wurzel  fu  —  gr.  xv  zurückzugehen. 

millo 
Bildung  wie ßcr/o  ncclo  u.  a.  (Pauli  KZ.  18,  3(3)  ist  entweder 
mit  Lottner  (KZ.  7,  LSG.,  Pauli  (a.  0.),  Fick  (Wörter!).  17 10) 
zu  lit.  7nelu  ,  ksl.  7/?<?/'r^  „werfe",  oder  mit  Pott  (Et.  Forsch.  I 
253)  zu  ags.  smildii.  „werfen",  altfrics.  sjnUn  zu  stellen.  Für 
letztere  Auffassung  si)riclit  die  altlateinischo  Form  cnsmlUo 
(Paul.  Epit.  p.  07),  die  anzuzweifeln  kein  (Jrund  vorliegt. 
smil-to  entstand  in  diesem  Falle  aus  '^smid-to  wie  mailns  aus 
*mad-ius. 

ceilo. 
wird  von  den  (irammatikern  als   Imperativ   gefasst    \  Neue  For- 
menl.  II  480)  uiul  stcilit  also,  wenn  diese  Auffassung  richtig  ist, 
für  ^cedite. 

Andere    I'alle    der    /\rt    sind    zweifelhafter.       Corssen    liillt 
Sprachk.  §   11    an   seiner   KikUirung   von  r.idlus  aus  ■'^rud-tilus 


Die  Entstehung  von  sl  und  ss  im  Lat.  211 

fest,  vielleicht  mit  Recht;  sie  hat  zwar  ihr  Bedenkliches  (Bugge 
KZ.  20,  7),  doch  lässt  sich  nicht  verkennen,  dass  auch  die 
Vermittelung  mit  gr.  IxQvoög,  lat.  lütum  lüteus  lutea  „Berg- 
grün" (Bugge  a.  0.)  von  Schwierigkeiten  nicht  frei  ist.  Viel- 
leicht ist  die  von  Curtius  (KZ.  2,  335)  ausgesprochene  Ansicht, 
dass  sich  im  Lateinischen  „doch  eine  oder  die  andere  Aspirata 
in  eine  tenuis  verwandelt  hat",  wie  es  ja  auch  im  Germani- 
schen zuweilen  der  Fall  ist  (z.  B.  in  got.  greipan),  richtig.  — 
Wenn  vHrum  zu  tidere  gehört  (Bopp  Vergl.  Gramm.  III  197; 
CorssenBeitr.  368;  Curtius  Grdz.  No.  282),  so  steht  es  für  *mW- 
irum;  (vgl.  jedoch  ags.  väd,  ahd.  weit  „Färbepflanze",  loeitin 
„bläulich").  Das  tt  des  von  Pott  (Etym.  Forsch.  I  230)  zu  got. 
vindan  gestellten  vilta  lässt  sich  auch  anders  erklären  i  Pauli 
KZ.  18,  22). 

Die  angeführten  Wortformen  scheinen  mir  darauf  hinzu- 
deuten, dass  im  Altlateinischen  /-Laut  vor  t  noch  erhalten 
war.  Es  ist  also  nun  der  zweite  der  oben  gesetzten  Fälle  zu 
erwägen  und  zu  fragen,  ob  es  wol  wahrscheinlich  sei,  dass 
d-t-^t  während  des  Sonderlebens  der  lateinischen  Sprache  in 
den  bezeichneten  Wortclassen  zunächst  in  st  und  dann  in  ss 
übergegangen  ist.  Gegen  diese  Auffassung  habe  ich  folgenden 
gewiss  gewichtigen  Grund  geltend  zu  machen.  Wäre  d-t-\-i  zu- 
nächst in  st  übergegangen,  so  würde  es  höchst  auffälhg  sein, 
wenn  dieses  st  sich  weiter  zu  ss  entwickelt  hätte,  während 
doch  das  ursprüngliche  st  mit  wenigen  Ausnahmen  stehen  blieb. 
Es  ist  ein  vielfach  zu  beobachtendes  Verfahren  der  Sprache, 
dass  Laute  und  Lautverbindungen,  die,  wenn  sie  ursprünglich 
sind ,  Veränderungen  unterliegen ,  doch,  wenn  sie  secundär  sind, 
sich  behaupten.  So  ist  zum  Beispiel  urspüngliches  s  zwischen 
Vocalen  entweder  ausgefallen  oder  in  r  übergegangen,  dagegen 
wird  ein  secundäres  s  der  Art  weder  jemals  ausgestossen  noch 
in  7'  verwandelt.  Handelte  es  sich  also  um  die  Annahme,  dass 
die  ursprünglichen  st  zu  ss  geworden,  die  secundären  dagegen 
verblieben  sein  sollten,  so  wäre  dagegen  nichts  zu  sagen;  allein 
der  umgekehrte  Fall  widerspricht  dem  sonst  wahrnehmbaren 
Verlaufe  lautlicher  Entwickelungen.  Man  könnte  einwenden, 
dass  auch  im  Altirischen  (z.  B.  in  ßss  scientia  sess  sedes  mess 
Judicium  von  den  Wurzeln  fid  sed  med)  und  im  Germanischen 
(in  got.  vissa  mipinssei  gaqiss  ganiss  us-stass ,  ahd.  muosa  aus 
'^vÄt-da    '^mt-tei    '^qip-pi    '^vid-fn    '^stad-pi^    ahd.   ''^^■miioz-ia)    das 

15* 


212  A.  Biclonstein 

so  entstandene  si  weiter  zu  ss  geworden  sei:  allein  hier  be- 
schränkt sich  diese  Entwickelung  auf  einige  Fülle,  während  sie 
im  Lateinischen  eine  grosse  Classe  von  Wörtern  ergriffen  hätte, 
ohne  dass  die  Mittelstufe  sl ,  von  dem  wenig  beweisenden  co- 
mesius  abgesehen,  zu  erweisen  wäre.  Das  Bedenkliche  einer 
solchen  Annahme  wird  noch  erhöht  durch  folgende  Erwägung. 
Ging  d-t-\-t  zunächst  in  st  über,  so  besass  die  Sprache  zu  ir- 
gend einer  Zeit  Doppelformen  wie  castus  ( =  castus  und  casus) 
festus  {—  festus  \xn^  fessus)  lastus  (—  suh-lestus  und  lassus) 
vastus  (=  vastus  und  in-vasus).  Wäre  es  nun  nicht  ein  selt- 
samer Zufall,  dass  von  diesen  Doppelfornien  gerade  diejenige, 
deren  s  erst  aus  t  entstanden  war,  ihr  st  weiter  in  ss  verwan- 
delte, da  doch  die  zu  castus  festus  sublestus  vastus  gehörigen 
Verba  verloren  waren  ? 

Alle  Schwierigkeiten  fallen  weg,  wenn  wir  an  der  früheren 
Erklärung  der  Entstehung  dieses  ss  festhalten  und  annehmen, 
dass  sich  in  den  bezüglichen  Formen  zunächst  das  t  der  Suf- 
fixe assibilirte.  Die  Richtigkeit  dieser  Auffassung  wird  dadurch 
bestätigt,  dass  auch  nach  Gutturalen ,  Labialen,  nach  n  und  / 
die  nämliche  Assibilation  stattfindet  (vgl.  laxus  mersus  lapsus 
mansum  pulsum  u.  a.),  w^enn  auch  nicht  in  gleichem  Umfange. 

Liegnitz, 

F.  Frohde. 


Ueber  Umlauts-Erscheinungen  im  Lettischen. 

In  meinem  Werk  „Die  lettische  Spruche  nach  ihren  Lauten 
und  lärmen"  L  p.  17o  ist  ein  kurzer  Paragraph  dem  Umlaut  ge- 
widmet, wie  er  im  Lettischen  erscheint.  Dieser  §.117  macht  ei- 
gentlich nur  auf  eine  einzige,  allerdings  sehr  regelmässige,  aber 
doch  nur  in  gewissen  engen  (lautlichen)  Gränzen  auftretende 
Unilauts-Erscheinung  aufmerksam,  d.  i.  die  Anähnlichung  des 
e  über  reine  (nicht-mouillierte)  Consonanten  hinweg  an  nach- 
folgende breite,  offene  Vocallaute  (a,  breites,  offenes  e,  u)  durch 
Uebergang   zu  ä  *)    und    an   folgende   spitze,    geschlossene  Vo- 


*)  Ich  erlaube  mir   hier  von  der  bcriptio  vulgata    und  vun  der  wissen- 


Heber  Umlautserscheinnngen  im  Lettischen.  213 

callaute  fi,  e)  durch  Uebergang  zu  der  spitzen,  geschlossenen 
Aussprache:  e.  Beispiele  finden  sich  für  dieses  Unilautsgesetz 
Lett.  Spr.  I.  §.  21.  22.  p.  3ü  if.  und  brauchen  hier  nicht  wie- 
derholt zu  werden. 

Bei  Gelegenheit  von  Studien  über  die  lettischen  Dialekte 
habe  ich  nun  ein  anderes,  wenigstens  local  geltendes,  recht 
umfassendes  Unilautsgesetz  entdeckt,  welches  werth  ist  beach- 
tet zu  werden.  Es  erklären  sich  daraus  eine  Menge  an  ande- 
ren Orten  vereinzelt  vorkommender  Vocalwandlungen ,  die  sich 
nun  leicht  unter  dieses  Gesetz  subsummieren  lassen.  Jedoch 
dürfen  wir,  wie  schon  gesagt,  keinesweges  das  sofort  zu  be- 
leuchtende Umlautsgesetz  auf  die  ganze  lett.  Sprache  ausdeh- 
nen. Es  handelt  sich  um  ein  räumlich  kleines  Gebiet  und  des- 
sen Dialekt. 

Schleicher  erwähnt  in  seinen  verschiedenen  Werken  meines 
Wissens  nirgends  einen  im  Lithauischen  vorkommenden  Umlaut. 
Dass  dieser  also  der  lith.  Sprache  fremd  ist ,  darin  liegt  auch 
wieder  ein  Beweis  dafür,  dass  das  Lithauische  auf  einer  relativ 
älteren  Entwicklungsstufe  steht  als  das  Lettische.  Das  Letti- 
sche hat  bereits  weitere  Wandlungen  an  sich  erlebt  und  wenn  es 
nun  mehrfache  Umlautung  zeigt,  so. können  wir  mutatis  mu- 
tandis  an  das  Gothische  denken,  das  noch  kein  kurzes,  aus  a 
umgelautetes  e  kennt,  und  an  das  Althochdeutsche,  das  etwa 
seit  dem  7.  Jahrhundert  mehr  und  mehr  Umlautungen  des  a 
zu  e  durch  folgendes  i  zu  zeigen  beginnt. 

Die  ersterwähnten  lettischen  Umlauts-Erscheinungen  am  e 
(Lett.  Spr.  L  §.  20—22)  finden  sich  hauptsächlich  im  soge- 
nannten mittleren  Dialekt,  dem  herrschenden  Zweige  des  Nie- 
derlettischen, dessen  Bereich  nördlich  bei  W^alk  in  Livland  an 
der  Gränze  der  Esthen  beginnt  und  sich  dann  südwestlich  über 
die  Wolmarsche  und  Wendensche  Gegend  zu  beiden  Seiten  der 
livländischen  Aa  hinzieht,  dann  die  beiden  Ufer  der  unteren 
Düna  von  Lennewarden  bis  Riga,  dann  ganz  Semgallen,  d.  h. 
die  Mitauische,    Bauskesche,    Doblensche  Gegend  umfasst,  und 

schaftlichen  Orthographie  meiner  „Lett.  Sprache"  Berlin  1863  abzuwei- 
chen, und  weil  es  hier  so  practisch  erscheint,  die  I;aut-Nuancen  auch 
dem  Auge  deutlich  zu  machen,  ä  resp  e  (letzteres  nach  dem  Vorgang 
A.  Schleicher's  in  der  Lith.  Gramm.)  für  (breites  resp.  spitzes)  e  zu 
schreiben;  ia  ie  für  das  vulgäre  ee  (,,Lett.  Spr."  i  oder  e);  üa,  (üe),  6a, 
(öe)  für  das  vulgäre  o  („Lett.  Spr."  u,  ö). 


214  '  A.  Bielenstein 

dann  auch  noch  in  das  alte  Kurland  hineinreicht,  nördlich  bis 
Tuckum  und  Kandau  und  südlich  über  die  Windau  und  über 
die  Ambotenschen  Berge  zur  Grobinschen  Gegend  hin.  Dieses 
so  in  grossen  Zügen  bezeichnete  Gebiet  des  mittleren  lettischen 
Dialekts,  der  die  Literatur  beherrscht  und  Kirchen-  und  Schul- 
Sprache  überall  geworden  ist,  hat  westlich  neben  sich  Ueber- 
gangs-Gegenden ,  deren  Sprache  zur  Küste  hin  sowohl  bei  Li- 
bau,  Windau,  Dondangen,  als  auch  am  Rigischen  Meerbusen, 
namenthch  bei  Salis,  immer  ärgere  Destructionen,  namentlich 
der  Endungen,  zeigt  in  Folge  der  Mischung  lettischer  Strand- 
Ansiedler  mit  den  früher  da  sesshaften  nun  lettisierten  Kuren 
und  den  zum  Theil  noch  vorhandenen  Liven,  die  beide  zum 
finnischen  Stamme  gehören. 

Ein  anders  geartetes  Uebergangsgebiet  begränzt  den  mitt- 
leren Dialekt  nach  Osten,  das  ist  in  Livland  das  Quellgebiet 
der  Aa  und  das  ganze  Land  zwischen  Adsel  an  der  Grenze  der 
Esthen  und  dem  Dünaland  zwischen  Kreuzburg  und  Lennewar- 
den.  Dazu  gehört  in  Kurland  die  Friedrichstädtsche  und  Ja- 
kobstädtsche  Gegend  zwischen  dem  Tauerkalnschen  Forst  und 
der  anderen  Taille,  die  das  Gouvernement  Kurland  durch  nörd- 
liches Eindringen  lithauischer  Gränze  bekommt. 

Von  diesem  Uebergangsgebiet  östlich,  also  in  Livland:  die 
Kirchspiele  Oppekaln,  Marienburg,  Schwaneburg,  Lubahn,  in 
Witepsk:  die  drei  Kreise  des  polnischen  Livland,  Rositten,  Lu- 
zin,  Dünaburg,  in  Kurland :  der  lUuxtsche  Kreis,  —  i-epräsentieren 
den  hochlettischen  Dialekt,  der  ebenso  Einflüsse  des  Rus- 
sischen und  Polnischen  erfahren  hat,  als  wie  der  nordwestkuri- 
sche,  Tahmische,  und  der  Salissche  Dialekt  Einflüsse  des  Li- 
vischen  (Finnischen). 

Den  mittleren  Dialekt  nennen  wir  nieder  lettisch  und 
vergleichen  ihn  mit  dem  niederlithauischen  (zemaitischen),  wie 
den  hochlettischen  mit  dem  hochlithauischen.  Eine  fast  gerade 
Linie,  deren  Anfang  im  Norden  zwischen  Walk  und  Adfel  an 
der  Grenze  der  Esthen  ist,  und  deren  Ende  südlich  bei  Kowno 
auf  den  Njemenstrom  stösst,  scheidet  das  Hochlettische  und 
Hochlithauische  einerseits-  und  das  Niederlettische  und  Nieder- 
lithauische  andererseits. 

Diese  Andeutungen  über  die  lettischen  Dialektgrenzen  wer- 
den für  das  Folgende  genügen. 

Begeben  wir  uns  nun  nach  Livland  in  das  Quellgebiet  der 


lieber  ümlautserHcheinungen  im  Lettischen.  215 

Aii,  (las,  reich  an  Hügeln  nnd  Seen,  durch  hervorragende  Hö- 
henzüge fast  nach  allen  Seiten  so  umschlossen  wird,  dass  die 
Aa  einen  weiten  F)0gen  nach  Osten,  Norden,  Südwesten  ma- 
chen muss,  um  endlich  ihren  Weg  zum  Meere  zu  finden.  Es 
sind  dort  die  Kirchspiele  von  Alt-  und  Neu-Pebalg.  Hier  in 
der  Mitte  und  auf  der  höchsten  Höhe  von  Livland,  in  dem 
dialektischen  Uebergangsgebiet  zwischen  Niederlettisch  und 
Hochlettisch  finden  wir  viele  Eigenthümlichkeit  in  Sitte  und 
Sprache.  Es  ist  hier  ein  ganz  eigenartiges  Volk  nach  Wuchs 
und  Streben.  Und  was  seine  Sprache  anlangt,  so  ist's,  ich 
möchte  sagen  ,  eine  Insel ,  in  manchen  Stücken  niederlettisch, 
in  manchen  Stücken  hochlettisch,  aber  auch  wieder  von  allen 
Nachbaren  ring.s  umher  sich  unterscheidend  durch  völlige  Ori- 
ginalität- 

Hier  nun  herrscht  auch  eine  eigenthümliche  Vorliebe  für 
den  Umlaut  bei  folgendem  i  (ie  und  e)  und  derselbe  findet  sich 
mit  sehr  grosser  Regelmässigkeit.  Dieser  Umlaut  zeigt  sich 
nicht  blos  bei  der  Aussprache  des  e,  sondern  bei  allen  Vocal- 
lauten.  In  engeren  Grenzen  bewirkt  dort  auch  u  resj).  a  Um- 
laute. 

Ein  folgendes  i  oder  ie  da)  oder  6  wandelt  durch 
seinen  Einfluss  ein  vorhergehendes 

1)  a  zu  ä  oder  ai, 

2)  ä  zu  e  (breites  zu  spitzem  e), 

3)  la  zu  ie, 
üa  zu  üe, 

6a  zu  öe  oder  öi", 

4)  u  zu  üe  oder  üi. 

,    1)  Beispiele.     Langes  ä   vor  i  wird  langes  a: 
inaz*^ajs*1äK4ß_äzIta^j<«^Predige^^     neben   m ä^U^(icHs^hr&)»i 
a'H^'f/'^alii^J^iege^^  äf^u.cGen.  S.  v.  alNi|Jj^a- 

nis  I.  Jänis  (Johann);  '  trapTt  f.  träpTt  (treffen),  neben 
träpu  (ich  treffe);  bralis  f.  brälis  (Bruder)  neben  bräia 
(Gen.  S.). '~--' 

Kurzes  a  vor  i  wird  kurzes  ä: 
bäfnlza    f.   bafnlza    (Kirche);    gänlbas    f.    ganibas    (PI. 
tant.   Trift)   neben   ganu   (ich  treibe,    hüte   ~   das  Vieh  — ); 
mäldTjäs  f.  maldljäs  (er  irrte  sich)    neben  maldäs  (er  irrt 
sich  ;  päti  f.  pati  (ipsa)  neben  pats  (ipse);  wäri  f.  wari  (du 


216  A.  Bielenstein 

kannst)  neben  waru  (ich  kann);  äfäritis  f.  äfarTtis  (De- 
min.  V.  äfars  See);  rädits  f.  radits  (creatus)  neben  radu 
(creo);  säzTju  f.'  sazTju  (ich  sagte)  neben  saku  (ich  sage); 
dräwinieki  f.  dfawTnieki  (Bienenzüchter);  pä-liku  f.  pa- 
liku  (ich  Wieb)*)  neben  pa-läwu  (ich  Hess  los);  sä-dl'Twöat 
f.  sa-dlTwöat (zusammenleben) neben  sa-püt  (verfaulen);  män(i) 
f.  man  (mihi)  neben  mans  (meus).  [Die  unzweifelhaft  um- 
gelautete  Form  man  (im)  wirft  ein  interessantes  Licht  auf  die 
allgemein  giltigen  Dativformen  tew(im)  (tibi),  sew(ira)  (sibi) 
(cf.  die  Genitive  tewis,  sewis,  Accus,  tewi,  sewi),  in  denen 
wir  nun  auch  ein  Recht  haben  werden  einen  Umlaut  anzuneh- 
men, zumal  nicht  blos  im  Lith.  die  Formen  mit  a  vorkom- 
men, sondern  auch  im  Lett.     cf.  westkur.  taw,  saw.] 

Langes  a  vor  e  wird    langes  ä: 
mazeja   f.  mäzeja    (er  konnte,   verstand)    neben   mäku   (ich 
kann,   verstehe);    flies    f.  fäles    (N.  PI.  Kräuter,    Arzeneien) 
neben  fälu  (Gen.  PI.);  dalderis  f.  dälderis  (Thaler). 

Kurzes  a  vor  e  wird  kurzes  ä: 
räwet  f.  rawet  (jäten);    lldf  mälei  f.  lidf  malai    (bis  zum 
Rande)  neben  mala  (Rand);  Andrejs  f.  Andrejs  (Andreas); 
inCompositis:    ät-nesu  f.r^-TVQg^^(ich  trug  herbei)  neben 
at-näzu  (ich  kam  herbei).    **"    x     V/*^" 

Bei  diesem  in  Pebalg  geltenden  Umlautsgesetz  ist  es  ganz 
indifferent,  ob  vielleicht  in  der  Vergangenheit  vor  dem  umlau- 
tenden i  ein  a  vorhanden  gewesen  und  nun  verloren  gegangen, 
wie  z.  B.  solches  der  Fall  ist  im  Nom.  PI.  der  männlichen  a- 
Stämme,  wo  -i  aus  -ai  entstanden,  oder  bei  der  gleichlauten- 
den Adverbial-Endung  -i  aus  -ai.  In  andern,  in  den  meisten 
anderen  Gegenden  ist  ein  solches  verloren  gegangenes  a  noch 
durchaus  nicht  aus  dem  Gefühl  des  lettischen  Volkes  geschwun- 
den, und  wenn  es  auch  nicht  mehr  selbst  unmittelbar  da  ist, 
so  zeigt  es  sich  in  seinen  umlautenden  oder  Umlaut  verhin- 
dernden Nachwirkungen.  In  solchen  Adverbien  oder  Plural-No- 
minativen wird  ein  vorhergehendes  e  allgemein  breit  (ä)  —  also 


*)  Hier  und  in  vielen  anderen  Fällen  macht  sich  die  Umlautswirkung 
in  Compositis  von  einem  Theil  des  Compositums  auf  den  anderen  hinüber 
geltend,  wie  das  bei  dem  althochdeutschen  Umlaut  niemals  sich  findet. 
J.  Grimm,  deutsche  Gramm,  ed.  3.  I.  p    75. 


Feber  TJmlautserscheinungen  im  Lettischen.  217 

doch  in  Anähnlichuiig  an  das  folgende  ausgefallene  a  —  ausge- 
sprochen, aber  nicht  spitz  (e),  denn  der  Einfluss  des  Endungs-i 
ist  durch  das  ausgefallene  a  paralysiert.  Man  spricht  also  all- 
gemein:dali  (Söhne,  geschr.  deli)  wegen  der  früheren  Form  dalai 
und  lati  (billig,  geschr.  leti)  wegen  der  früheren  Form  latai 
und  nicht  deli  oder  leti  (cf.Lett. Spr. I.p.43).  Hier  in  Pebalg 
aber  hindert  solch  ein  historisches  a  die  Umlautungswirkung 
durchaus  nicht;  der  Dialekt  zeigt  sich  also  in  diesem  Stück 
gerade  wieder  als  eine  jüngere  Sprachentwickelung,  sofern  die 
Erinnerung  an  oder,  sollen  wir  sagen,  das  Gefühl  für  das  ge- 
schwundene a  (Bindelaut  oder  Stamm-Auslaut)  bereits  ganz  ge- 
schwunden ist.  Cf.  warti  f.  wärti  (PI.  tant.  Nomin.  Thor,  1^ 
Thorflügel)  neben  wärtus  (Acc.  PL);  w^di  f.  waü^^i  (Wör- 
ter) neben  wärdus  (Acc.  PL);  läbi  f.  labi  (Adv.  gut)  neben 
Habs  (Adj.  gut);  smälki  f.  smalki  (Adv.  fein)  neben  smalks  .  . 
(AdJ.  feinj;  -wisadi  f.  wi>Ä>4,i  (Adv.  auf  allerlet■•■A*t)^eböBs,^^3^ 
wisä'tls  (Adj.). 

Aehnlich  ist  es  bei  den  Dativen  Plur.,  deren  Endung  -iem 
aus  älterem  -eimis  oder  -aimis  entstanden  und  wo  die  Wand-  ' 
lung  von  a  in  ai,  ie  vielleicht  schon  an  sich  ein  Umlaut  sein 
dürfte  (?).  Cf.  ;rSl!ii^  f.  ralT&mJ{den  Rädern, -dem  Wagen) 
neben  ratus  (Acc.  PTl;  wartiem,  wardiem  f.  wärtiem, 
ward  iem  u.  s.  w. 

Neben  der  Umlautung  des  a  zu  ä  finden  wir  eine  andere 
in  ai,  die  vielleicht  die  ältere  ist,  wenn  a  die  Verschmelzung 
von  a  und  i  ist.  Freilich  hierüber  lässt  sich  streiten.  Im  Alt- 
hochdeutschen finden  wir  meines  Wissens  schon  in  den  ältesten 
Urkunden  e  für  a  vor  i  und  nicht  ai  i).  Im  Lettischen  scheint 
mir  aber  eine  Thatsache  beachtenswerth  und  vielleicht  massge- 
bend. Während  nämlich  die  Umlautung  von  a  zu  ä  fast  aus- 
schliesslich auf  den  Thalkessel  von  Pebalg  im  Herzen  Livlands 
sich  beschränkt,  so  hat  die  Umlautung  zu  ai  eine  viel  weitere 
Sphäre,  namentlich  nach  Südosten  zu  bis  zur  Düna  (Koken- 
husom,  Kreuzburg);  aber  auch  in  der  Mitte  und  im  äussersten 
Westen  Kurlands  finden  wir  einzelne  schöne  Beispiele  dieses 
Umlauts.  In  Sjuxt  (Mittelkurland)  sagt  man  taini  f.  tani 
(Loc.  S.  zu  tas  iste);  in  Neu-Autz  (Südkurland)  firg-gainis  f. 


1)    [ai    findet   sich  als  Bezeichnung   des  durch  i  umgelauteten  a;    vgL 
Scherer  Zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache  S.  144.    B.] 


218  A.  Bielenstein 

firg-ganis  ( Pfercleliirt ) ;  in  Sackenliausen\  (am  Libauschen 
Strande):  pai-rTt  f.  pa-rTt(u)  (übermorgen); -spa in is  f.  spa- 
nis  (Eimer,  Spann)  *).  Was  bedeuten  diese  vereinzelten 
Umlautsfalle?  Sind  es  Reste  von  früher  allgemeinerer  Umlau- 
tung? Es  ist  mir  fraglich,  ob  in  irgend  einer  Sprache  ein  in 
Mode  gekommener  Umlaut  wieder  aus  der  Mode  gekommen  ist 
oder  kommen  kann?  Sind  es  die  Anfänge  von  einem  sich  erst 
bildenden  Umlautsgesetz  in  Gegenden,  wo  es  bisher  so  nicht 
geherrscht?  Sind  es  hergeschneite  Flocken?  Ich  wage  nicht 
darüber  zu  urtheilen 

Südöstlich  von  Pebalg  ist  die  Regel,  dass  wenigstens  die 
älteren,  überhaupt  noch  dialektisch  redenden  Leute,  die  noch 
weniger  die  nivelliei'enden  p]inflüs§e  der  Volksschule  erfahren 
haben,  sprechen:  maf2r54«4.s  f.  mäzTtratj'&>,4P^6^^g6^)  neben 
iiT?f?Hi^ch  lehre);  pa  wairtiem  f  pa  wärtiem  (durchs  Thor) 
neben  wärtus  (Acc.  PI.);  kairinät  f.  karinät  (wiederholt 
anfassen,  necken);  gaidiem  f.  gad'iem  Jl^ai.  Vi.  von /^acls 
Jahr;  neben  gadus  (Acc.  PL);  Mairgiete  f  Margrete  (Mar- 
garethe);  in  Compositis:  sai-siet  f  sa-siet-  (zusammenbinden). 

Nur  ein  besonderer  P'all  des  allgemeinen  Umlauts-Gesetzes 
ist  es,  wenn  in  einer  und  derselben  Sylbe,  in  dem  Diphthong 
ai  das  a  durch  das  nebenstehende  i  zu  e  sich  wandelt.  Cf. 
leime  f.  laimö  (Glück);  mäzTteis  f.  mäzitais  oder  -tajs; 
lei  f  lai  (dass,  damit). 

2)  Verlassen  wir  nun  das  Umlaut-erfahrende  a  und  kommen 
nun  zu  dem  Umlaut-erfahrenden  e,  welchen  Laut  der  Lette  in 
breiterer  Gestalt  (wir  schreiben  ihn  dann  hier  ä)  und  in  spitze- 
rer Gestalt  (wir  schreiben  ihn  dann  hier  c)  hat,  so  finden  wir 
die  entsprechenden  Anähnlichungen ,  nur  immer  um  einen 
Schritt  weiter  abwärts  auf  der,  ich  möchte  sagen,  schiefen 
Ebene.  Wandelte  sich  das  a  umlautend  zu  ä,  wie  wir  oben 
sahen,  so  nun  ä  zu  e  und  e  zu  ei.  Eine  weitere  Anähnli- 
chung  ist  nicht  mehr  möglich,  es  müsste  denn  Angleichung 
eintreten. 

Für  die  Umlautung  von  ä  zu  c  finden  sich  in  Pebalg  un- 
zählige Beispiele  in  der  Flexion    der  nominalen  a-Stämme,    wo 

*)  Ganz  unerhört  .sind  in  Kurland  auch  nicht  die  Fälle  von  Umlautung 
des  a  zu  ä.  En  sehr  altes  Beisjjiel  ist  der  Bauerhofs-Niime  Gäncii 
(PI.  tant.  von  dem  Sing  ganelis,  Demin.  zu  gans  Hüter,  Hirt).  Cf. 
pytädfina,  Deniin.  von  pjtaga  (Peitsche). 


Heber  TTmlautserscheinungen  im  Lettischen.  219 

der  im  Nom.  und  Dat.  PI.  ausgefallene  Stamm-Auslaut  -a-  durch- 
aus keine  schützende  Nachwirkung  mehr  ausübt,  die  sonst  in 
dem  herrschenden  Niederlettisch  überall  vorkommt.  Cf.  täws 
(Vater)  Gen.  S.  täwa,  N.  PI.  tewi,  Dat.  PI.  töwiem;  gräks 


(Sünde),  Gen.  S.  gräka,  Acc.  S.  gräku,  N.  PL  greki,  Dat. 
PI.  grekiem.  Bemerken swerth  ist  in  letzterem  Beispiel,  wie 
das  ausgefallene  a  (Stamm-Auslaut)  den  Umlaut  nicht  hindert, 
aber  doch  noch  das  k  vor  der  sonst  nothwendigen  Wandlung 
in  z  bewahrt  (cf.  Lett.  Spr.  3,  112.  114)  und  seine  ehemalige 
Existenz  in  der  breiten  Aussprache  des  ä  im  Nom.  S.  (gräks 
f.  gräkas,  täws  f.  täwas)  immer  noch  offenbart. 

Die  Umlautung  von  e  zu  ei  kommt  vielleicht  nicht  so  sehr 
in  Pebalg  vor,  als  in  anderen  Gegenden.  Ich  habe  sie  in  Ru- 
jen  gefunden  (an  der  Grenze  der  Esthen,  westhch  von  Walk), 
und  ich  muss  dann  damit  vergleichen  die  oben  erwähnte  That- 
sache,  dass  gerade  auch  die  Umlautung  von  a  zu  ai  sich  in 
weiteren  Kreisen  findet  als  die  von  a  zu  ä.  In  Rujen  hört  I 
man  in  CjM9npositis:^-^'eideti  f.  sedct  (sitzen);    sjy^-iT^ij 


f.  sw^dien^fSonnta'g,  Feiepfag);  peiz(i)  f.  pez(i)  (hinter, 
nachj;  eist(i)  f.  est(i)  (essen).  Ebenso  hört  man  bei  Dohlen 
in  Mittelkurland  den  Bauerhofs-Namen  Tezes  (PI.  zu  d.  Nom. 
S.  "Tö^i^  so  aussprechen,  dass  man  ihn  kaum  von  Teizes  und 
T^&i«^  unterscheiden  kann. 

3)  Bei  den  eigenthümlich-lettischen  unächten  Diphthongen  ia 
(ea),  üa  (6a)  (in  der  scriptio  vulgata:  ee  und  o  oder  oh,  in 
Bielenstein  lett.  Spr.  je  nachdem  der  Ton  gestossen  oder  gedehnt 
ist :  i ,  e  und  ü ,  ö)  wird  von  dem  Umlaut  naturgemäss  nur  das 
zweite  Element  (a)  betroffen,  welches  eben  zu  ä  oder  e  sich 
wandelt.  Uebrigens  geht  auch  diese  Erscheinung  über  die  Gren- 
zen von  Pebalg  hinaus.  Mit  grosser  Genauigkeit  und  Allgemein- 
heit findet  man  sie  namenthch  in  Rujen.     So  lautet  denn  zum 


Nom.  S. 

d.  Acc.  S. 

d.  Nom.  PI. 

d.  Dat.  PL 

miats  (Pfahl) 

miatu 

mieti 

mietiem 

tiaws  (dünn) 

tiawu 

tiewi 

tiewiem 

ziats  (hart) 

zia  tu 

zieti 

zietiem 

lüaps  (Vielj^ 

lüapu 

lüepi 

lüepiem 

V^^^%^J^\xp^ 

küaku 

küeki 

küekiem 

i^*53'«^tJ<»f'Ü'^ 

püadu 

püedi 

püediem 

.,.,._._..->^  >p- 

(Demin. 

püedins  f. 

1 

puadinsch 

Töpfchen). 

A 


220 


A.  Bielenstei'n 


Ebenso  in  Coinpositis:  nüa-gäja  (er  ging  fort),  aber 

"'ii^  e  -  iiair.t  4itörfe«i^»»^^^ 
nü&-pirkt  (abkaufen) 
n  ü  e  - 1  i  k  t  (hinlegen). 

In  Pebalg  und  noch  mehr  "nach  Südosten  zu  gestaltet  sich 
das  öe  (Umlaut  von  öa)  oft  zu  öi,  cf.  öitriem  f.  oetriem 
(Dat.  PI.  V.  oatrs,  lat.  alter,  franz.  autre);  käpöisti  f.  käpo- 
esti  (PI.  Kohl)  neben  dem  Acc.  käpöastus. 

Erwägen  wir,  dass  bei  obigen  Wandlungen  ia  in  der  Um- 
lautung zu  le  dem  i  um  einen  Schritt  näher  gerückt  ist,  und 
dass  auch  in  Pebalg  schon  noch  eine  weitere  Entwickelung, 
noch  eine  weitere  Assimilation  des  ie  zu  T  sich  findet,  cf. 
säimnTze  f.  säimnieze  (Wirthin,  Hausfrau)  und  cf.  die  En- 
dung des  Dat.  PI.  masc.  -im  f.  -iem(i),  z.  B.  dorblm  f.  dor- 
biem  v.  dorbs,  niederlett.  darbs  Arbeit),  während  aber  ohne 
umlautende  Einflüsse  ia  intact  beharrt,  z.  B,  in  saimniaks 
(Wirth,  Hausvater),  so  könnte  man  versucht  sein  anzunehmen, 
dass  im  Hochlettischen  das  unendlich  oft  statt  ia  vorkommende 
T  eben  in  Folge  von  Umlautung  entstanden  sei.  Doch  erklärt 
die  Umlautung  an  folgendes  i  allein  den  hochlettischen  Voca- 
lismus  in  diesem  Stück  keinesweges.  Um  nur  eins  zu  nennen, 
I  so  ist  dort  noch  hinzugekommen  die  Rückwärts- Assimilation 
des  a  in  ia  an  (^las  vorhergehende  i.  Cf.  diws  f.  diaws 
(Gott),   ^Tna  f.  idiana  (Tag).,  fj;firsr^f^^jj>ilf^(  pT  f. 

Ipia  (bei).     Hiernach  berichtigt   sich  die  Behauptung  in  meiner 
Lett.  Spr.  I.  §.  55,  1,  b.  p.  96.  "  ^^       " 

4)  Gehen  wir  weiter  zu  dem  Umlaut  des  u,  so  findet  sich 
bei  demselben  durch  Einwirkung  eines  folgenden  c  ein  dem  u 
nachhallendes  e  und  durch  Einwirkung  eines  folgenden  i  ein 
dem  u  nachhallendes  i;  so,  dass  ue  und  ui  nicht  wie  ein 
einheitlicher  Laut,  sondern  wie  in  der  Mitte  durchgebrochen 
klingen;  und  nur  vielleicht  bei  mehr  als  zweisilbigen  Wörtern, 
wo  die  Aussprache  der  ersten  Wortsilben  nothwendig  an  Ge- 
nauigkeit verliert,  dürfte  man  den  aus  lie  oder  üi  weiterhin 
sich  entwickelnden  Mischlaut  ü  hören. 

Es  ist  sehr  merkwürdig,  dass  wie  das  ai  aus  a  und  das 
ei  aus  e,  so  das  ui  aus  u  weit  über  die  Grenzen  des  Pebalg- 
schen  Thalkessels  hinausgeht,  namentlich  nach  Südosten  bis 
Kokenhusen ,  Lubahn  und  in  einer  gewissen  Weise  auch  weit  in 
das  ächte  Hochlettische  von  Witepsk. 


lieber  Umlautserscheinungen  im  Lettischen.  221 

So  lautet  also  zwischen  Pebalg  und  Kokenhusen:  upe 
(Bach):  üepe  oder  auch  üipe;  püse  (Hälfte):  puese  oder 
auch  püise;  pa  rudeni  (im  Herbste):  pa  rüedeui  oder  auch 
pa  rüideni;  üdens  (Wasser):  üedens  oder  auch  üidens; 
dur(w)is  (PI.  t.  Thür):  düiris;  tupijti  (Kartoffeln);  tüipitti 
oder  sogar  tüpini;  kuugi  (N.  PI.  v.  kuXgs  HQrr):  lrH4ngi>^,,_^^ 
in  Compositis:  üf-siet  (aufbinden):  viir-siet;  bei  längst"zu- 
vor  ausgefallenem  oder  abgefallenem  Endungs-i:  but(i)  (sein): 
büiti,  in  Witepsk:  biut(ij;  mum(i)s  (nobis):  müims. 

So  viel  über  die  umlautende  Macht  des  i  (e)  in  Pebalg 
und  Südostlivlaud.  Der  ächte  Hochlette  in  Marienburg  und 
Witepsk  ist  meist  dagegen  unempfindlich.  Das  a  namentlich 
wählt  er  auch  statt  des  e  vor  i  möglichst  breit,  z.  B.  auch  in 
maita  f.  meita  (Mädchen),  welches  der  Niederlette  streng 
unterscheidet  von  maita  (Aas);  in  Compositis:  na-gribu  f. 
ne-gribu  (ich  will  nicht;  —  oder  verdumpft  das  ä  (a)  selbst  f/^ 
zu  ö  (o),  cf.  mözitajs  f.  mäzitajs  (Prediger);  lobi  f.  labi  \A 
(gut  Adv.). 

Der  Niederlette  kennt  die  umlautende  Macht  des  i  wohl, 
aber  heute  in  der  Regel  nur  die  spitzende  Wirkung  auf  vor- 
hergehendes e,  das  zu  e  wird,  aber  mit  feiner  Einschränkung, 
wo  einst  vorhanden  gewesenes,  jetzt  ausgefallenes  a  noch  nach- 
wirkt (cf.  Lett.  Spr.  I.  §.  21). 

Die  regressiv  umlautende  Wirkung  eines  u  beschränkt 
sich  nicht  auf  die  Gegend  von  Pebalg,  sondern  findet  sich  weit 
und  breit  in  Nordlettland  (Walk)  und  nach  Osten  bis  in's  reine 
Hochlettische  jm  Diphthong  au ,  wo  den^  das  a  zu  o  verdumpft 
khngt.  Cf.  lO^ücs  f.  laH^s  (F^) ;/ ougscha  f.  augschä 
(oben);  Dougawli^f.  DaugWwa  (Dß/a);  koudlTte  f.  kaud- 
iTte  (Getreide-Schoberchen);  iouns  f.  launs  (böse);  ^*>^§t^lSw 
JUi^,  ,(wa??lft«4^  nou  f.  nau  oder  naw(a)  (ist  nicTii)  rVoiT 
f.  sawu  (suum,  Acc.  S.).  Im  Süden,  namentlich  in  Kurland 
spricht  der  Niederlette  rein  au:  s^Nde  (^StrtfHjß)  u.  s.  w.  ohne 
Verdumpfung.  \.  ^**"'**'*'<*.^ 

Die  umlautende  Wirkung  des  a  macht  wesentlish  nur 
auf  vorhergehendes  e  sich  geltend,  das  dann  breit  (ä)  lautet, 
wie  in  Pebalg,  so  im  ganzen  Niederlettischen. 

Noch  vieler  genauer  Forschungen  bedürfte  der  hochletti- 
sche Vocalismus,  um  festzustellen,  wie  viel  von  den  dort  vor- 
kommenden Vocalwandlungen  auf  Umlaut  zurückgeführt  werden 


222  G.  Meyer 

kann,  wie  viel  aus  anderen  Ursachen  erklärt  werden  muss. 
Es  scheint  zwischen  dem  Niederlettischen  und  Hochlettischen 
ein  Vocalverschiebunggesetz  obzuwalten,  ähnlich  dem  Conso- 
nantenverschiebungsgesetz ,  das  J.  Grimm  in  dem  Gothischen, 
Althochdeutschen,  Mittelhochdeutschen  nachgewiesen  hat. 

A.  Bielenstein. 


Die  Praesentia  auf  -ojvwf.u. 

Innerhalb  der  mit  Nasalsuffixen  gebildeten  Präsensstämme 
bilden  eine  zusammen  gehörige  Gruppe  die  Verba  auf  -tu^ft/a, 
deren  richtige  Erklärung,  wie  mir  scheint,  bis  jetzt  noch  nicht 
gefunden  ist.  Von  diesen  Verben  ist  nur  twvvv(.u  bei  Homer 
nachweisbar,  qc6vvvj.ii  ist  bei  Hippokrates,  otqwvvv^il  bei  atti- 
schen Schriftstellern  belegt,  xQojvvvfu  und  x(jövvvf.a  kennen  wir 
erst  aus  nachchristlichen  Quellen  und  atovvvo)  Tgtovrito  gar  blos 
aus  Grammatikeranführungen.  Genauere  Nachweisungen  sehe 
man  in  Curtius'  Verbum  1 ,  1G5  f.  Leo  Meyer  Vgl.  Gramm. 
1 ,  444  erklärte  ohne  nähere  Andeutungen  xQ^^^^f^^  ^^^ 
XQ(öo-vv(.ii,  t(jüvvvf.ii  aus  Ccüavvfti,  xc6vvv(.u  aus  %cijovv(xl.  Für 
^covvviiiL  hat  eine  auf  g  auslautende  Wurzel  allerdings  ei- 
nige Wahrscheinlichkeit;  denn  das  altbaktrische  und  slawolet- 
tische  kennen  eine  Wurzel  jus  (zd.  jaohh  JüqIö,  ksl.  pojasü 
pojasad,  \\i.  Justi  jusia  Y'ick  1,  183),  dem  ein  griech.  t,ioG- 
wol  entsprechen  könnte,  und  darum  haben  sich  Curtius  und 
Fick  a.  a.  0.  der  Ansicht  von  L.  Meyer  angeschlossen.  Auch 
für  x^6vvv/iu  und  xQf^^^^^'^'t  ist  Curtius  geneigt,  „da  beide  Verba 
im  Passivaorist  a  haben",  in  dem  ersten  v  die  Metamorphose 
eines  Sibilanten  zu  vermuten.  In  den  übrigen  verdankt  nach 
seiner  Ansicht  das  doi)pelte  v  seine  Existenz  vielleicht  nur  der 
Analogie  von  twvvvui.  Wesentlich  anders  äussert  sich  Schlei- 
cher Compendium  ^  G8;  er  recurriert  auf  eine  'zweite  Steige- 
rung' von  V  zu  w  wenigstens  für  ^wvvvfti  und  x^^vvvfu  {ou  öv 
—  urspr.  üu  av),  die  aber  bekannthch  überhaupt  für  das  grie- 
chiscbe  unerweislich  ist.  Ich  habe  in  meinen  Nasalischen  Prä- 
sensstämmen die  Schleichersche  P^rklärung  nicbt  unbedingt  ver- 
worfen und    bin  deshalb   mit  Hecht  von  Clemm   in  Fleckeisen's 


Die  Praesentia  auf  -t6vvuf.ii.  223 

Jahrbüchern  1875  S.  437  getadelt  worden.  Aber  auch  dessen 
Zurückführung  auf  (j-Stämme  (Cof-og-  von  W.  ja  ,  gof-og-  W. 
Qv ,  xf>f-os-  W.  x^-)  >  „welche  dann  durch  die  Mittelstufe  twog 
Qwog  x(x)og  hindurch  die  vorhandenen  Praesensformen  leicht  er- 
klären und  durch  das  g  in  der  Tempusbildung  unterstützt  wer- 
den", ist  unhaltbar,  denn  diese  Stämme  haben  sonst  in  nichts 
einen  Anhalt.  Es  wird  daher  gestattet  sein,  nach  einer  andern 
Erklärung  Umschau  zu  halten. 

Alle  jene  Verba  haben  das  Gemeinsame,  dass  sie  sich  mit 
Leichtigkeit  auf  Wurzeln  auf  u  zurückführen  lassen: 

Cc6vvv/iu  auf  \N.ju,  sk.  jii-nüti ,  ved.  jwaäti  j'auti ,  lit. 
jdutis  Ochs.  Vgl.  Lovod-tü.  toiwvoiyo)  Hesych.,  das  gewiss  auf 
*to£0&co  und  weiter  auf  %Oß-€a^ü}  zurück  geht. 

Qi6vvvi.li  gehört  samt  Qoj/iir]  und  dem  homerischen  Qt6of.iai 
zu  W.  Qv  sru ,  es  genügt  hierfür  auf  Curtius  Grdz.  *  355  zu 
verweisen. 

OTQ(jövvv(.a  stellt  sich  zu  der  von  J.  Schmidt  Vocal.  2,  286 
für  das  Deutsche,  Slawische,  Lateinische  und  vielleicht  auch 
das  Altbaktrische  nachgewiesenen,  aus  star  entstandenen  W. 
stini,  zu  der  ahd.  strao,  got.  straujan,  ksl.  struna  Saite,  o-slru- 
Jaii  zerstören,  lat.  struere  instrouxi  gehören. 

XQiovvv/iu  geht  auf  eine  griechische  Wurzel  XQ^~  zurück, 
die  auch  in  xQavco  oberflächHch  berühren,  ritzen  vorliegt;  dass 
-QV-  auch  hier  aus  -ar-  entstanden  ist,  machen  xqciio  und 
XQccLV(o  wahrscheinlich,  vgl.  J.  Schmidt  Vocal.  2,  289;  die  aus- 
sergriechische  Verwantschaft  dieser  Formen  ist  freihch  noch 
zweifelhaft. 

Xcijvvvui  gehört  natürlich  zu  x^  X^^i  ^i^  bei  Herodot  und 
Thukydides  gebräuchliche  Praesensform  %ow  steht  zu  ;fwvyt7a 
wie  LÖto  (Lovod^cij)  zu  tc6vvv/LU,  aber  auch  das  homerische  x^o- 
f^iab  ich  zürne  gehört  hieher  (Pott  WW.  1,  2,  784j,  wie  QÜof-iai 
zu  Qiövvv/iu,  eig.  ich  crgiesse  mich  in  Zorn. 

TQtovvvtü  zu  der  in  tqvw  aufreiben,  %Qavf.i(x  Wunde  vorlie- 
genden W.  trti  aus  iar  (J.  Schmidt  Voc.  2,  267). 

Giovviü)  endlich,  vielleicht  bei  seinem  späten  Auftreten  nur 
eine  Analogiebildung,  erledigt  sich  doch  auch  unter  diesem 
Gesichtspunkte,  denn  Gcog  odog  wird  doch  wol  für  *oafog  ste- 
hen und  auf  eine  W.  av-  zurück  zu  führen  sein,  mag  man 
diese  nun  mit  Brngman  Stud.  4,  156  Anm.  (dem  sich  Mangold 
Stud.  6,  198  anschliesst),    mit  W,   sku-  bedecken  identificieren 


224  G.  Meyer 

oder  nicht.  Die  homerischen  Praesentia  aoio  und  aiöio  gehören 
natürlich  dazu. 

Wie  man  sieht,  erscheint  das  auÖallende  w  unserer  Prae- 
sentia auch  in  gcoofiat  xojoi-iai  aioio  Als  eine  durchaus  ent- 
sprechende Bildung  gehört  zu  letzterem  nXcovi  von  W.  TtXv 
(ttXsiü),  bei  Homer  und  besonders  bei  Herodot  sehr  gebräuch- 
lich. Ich  meine  aber  noch  einige  andere  ganz  analoge  Prae- 
sensbildungen  nachweisen  zu  können.  Hesychios  hat  atoovto. 
lüQficovTO.  T^QxovTO ,  was  ein  Praesens  ffcJw  gibt,  das  sich  zu 
W.  öv  [k'aavTo]  ebenso  verhält  wie  jclioco  zu  rrkv ;  Xioovto  bei 
Kallim.  Min.  73  gehört  zu  einem  Praesens  Aww,  das  zu  homer. 
koto  steht  wie  x^o/nac  zu  ;(ow,  wie  awio  retten  zu  aow;  wegen 
der  daneben  erhaltenen  Form  lovoj  ist  dies  von  ganz  beson- 
derer  Bedeutung. 

Die  homerischen  Formen  ßwoavti.  M  337  E7rißM00(xai 
et  378  ß  143  so  wie  die  bei  Herodot  zalreich  belegten  dvs- 
ßcoaa  ßwoat  ßcoaag  d/ußwaag  ßsßco/iiava  eßcoaS^r^v  sßioaaTO 
erklärt  man  gewöhnlich  aus  Contraction  aus  ißorjaa  ßorjGo- 
ftat  u.  s.  w.  (z.  B.  zuletzt  Merzdorf  Stud.  8,  221).  Als  Pen- 
dant dazu  weiss  man  aber  nur  6ydwx,ovTa  anzuführen  (denn 
die  Formen  von  voito  werde  ich  auch  anders  erklären),  wo  das 
o)  durch  die  Analogie  von  oütcö  hervor  gerufen  sein  kann  *). 
Die  Formen  gehen  vielmehr  auf  eine  Praesensbildung  ßiuco  oder 
ßoio  für  ß&f-o)  zurück.  Wurzel  ist  gu,  diselbe  aus  der  mit 
erhaltenem  Guttural  yodio  yoog  hervor  gegangen  ist,  das  nur 
in  der  Bedeutung  sich  differenziert  hat  (Aufrecht  KZ.  1,  190). 
yofo-  fungiert  auch  als  Praesensstamm  im  homerischen  yoov 
Z  500  für  l'yoßo-v,  das  man  gewöhnlich  fälschhch  als  Aorist 
fasst  (Curtius  Verbum  2,  15).  yodw  wie  ßodco  sind  denominale 
Weiterbildungen,  die  sich  zu  yoto  ßoio  verhalten  ganz  wie  lat. 
bovare  zu  boere. 

Auf  ßioaag  reimt  sich  Herodot's  svvtiaag  (1,8G);  dazu  fer- 
ner vwadfuvog  Theogn.  1298.  Kallim.  Frg.  345  (Hesych. :  vw- 
adfi€vog.  xöravojj'aag).  vwaato  Apoll.  Rhod.  4,  1409.  vwaaoi^ai. 
ala&eax^tti,  ivd^v^irj^vaL.  vevojTai,  h  vio  tyu,  Hesych.,  als  so- 

*)  Kaum  darf  als  Aiialogon  hiezu  gelten  das  seltsame 
ii^  )^y  sßSttixitJVTbiTrig    einer     ionischen     IJustrophedoninschrift 

^iiJSTidTH'l^        aus  Paros,  die  im  yidrivaiov  187G  S.  4  mitgeteilt  ist. 


Die  Praesentia  von  -(ovvvfxi.  225 

phokleisch  bezeugt  im  Etym.  Mgn.  601,  20  (Frgm.  191  Dind.) ; 
das  Particip  brauchte  nach  derselben  Stelle  Anakreon  (Frgm. 
10);  vevioy.a  hivioro  bei  Herodot.  Dazu  vergleiche  man  noch 
aus  Hesychios  viüf.ia.  v6rjf.ia  und  viöiiaxa.  ercl  rcov  VTtotvyloiv 
xa.  yvwQiafiaTa,  und  besonders  das  homerische  dyvcoaaaxs  t//  25. 
Alles  dies  ergibt  ungezwungen  ein  Verbum  vtoco  oder  vow,  ur- 
sprünglicher yvcoco,  das  sich  zu  voog  vovg  ganz  ebenso  verhält 
wie  Tthüio  zu  irrXovg.  Aeolisch  yvoeo),  attisch  df-icfiyvoeco  ccyvoiu) 
ayvoia  haben  den  vollen  Anlaut  ebenso  bewahrt  wie  jenes 
dyvtüoaaxs.  Als  Stamm  ergibt  sich  yvofo-,  durch  Steigerung 
hervorgegangen  aus  yvv-  griu-  aus  ursprünglichem  gan-  (zd. 
zan,  lit.  zinöti  wissen,  got.  ^kann). 

Was  nun  die  Erklärung  des  w  in  twvvv(.a  sowol  wie  in 
jtlmo)  und  den  übrigen  betrifft,  so  kann  darüber  kein  Zweifel 
bestehen,  dass  es  aus  ursprünglichem  ov  hervor  gegangen  ist, 
dass  wir  also  z.  B.  ein  ttXovü)  neben  tiXIoj  aus  *7rAfit;w  anzu- 
setzen haben,  wie  uns  lovca  gradezu  erhalten  ist.  Für  home- 
risches TcXwouv  u.  ä.  könnte  man  versucht  sein  gradezu  tvXov- 
oiEv  zu  schreiben  und  das  w  aus  einer  misverständlichen  Trans- 
scription des  alten  Alphabets  herzuleiten,  wenn  nicht  die  zal- 
reichen  neuionischen  Formen  dagegen  entschiedene  Einsprache 
erhöben.  So  werden  wir  auf  eine  mit  der  Umsetzung  des  zwei- 
ten Teiles  des  Diphthongen  in  die  verwante  Spirans  und  deren 
Schwund  in  Zusammenhang  stehende  Verdumpfung  des  ov  ge- 
führt, wie  sie  ähnlich  schon  Gurtius  Grundz.  ^  565  angedeutet 
hat.  Wenn  wir  Brugman  Stud.  4,  160  folgen,  so  läge  hier  ein 
Beispiel  der  sogenannten  Ersatzdehnung  vor :  ^rtlof-w  zu  rtXwüi 
nach  Ausfall  des  /.  Dieser  Auffassung  widerspricht  aber  das 
doppelte  vv  in  den  Form.en  auf  -cövvviAi,  die  wir  zum  Ausgangs- 
punkte unsrer  Untersuchung  gemacht  haben.  Aus  %ov-vvf^u, 
das  gebildet  ist  wie  ddy.-vv-f.u  mit  Steigerung  und  Nasalsuffix, 
konnte  nach  der  Brugmanschen  Erklärung  nur  Ccovvf-u  werden. 
Es  ergibt  sich  daraus,  dass  die  Längung  des  ersten  Bestand- 
teiles des  Diphthongen  während  oder  nach  der  Umsetzung  von  v 
in  /,  aber  jedenfalls  noch  während  des  Fortbestehens  von  / 
statt  gefunden  hat,  so  dass  aus  urspr.  tov-vv(.u  zunächst  Cw/- 
vvf.u  und  dann  mit  Assimilation  Lwvvvf^n  hervOr  gegangen  ist. 
Dieselbe  Lautentwickelung  haben  das  nicht  blos  dorische  ßwg 
(11  238  ßtöv  Schild)  aus  ßovg,  tco^og  Suppe  aus  W.  j'u  (Gur- 
tius Grundz,  *  611),    vielleicht  "TTwAogTohlen   Vf.  pu   (Gurtius 

Beiträge  z.  Kuude  d.  ig.  Sprachen.  I.  16  ' 


226  G.  Meyer 

288")  durchgemacht ;  ip^pog  Thor  vergliche- sich  dann  doch  mit  j 
sk.  l^nf^Hj-s  stumpfsinnig^^^ßföde,  wo  die  Länge  auf  Steiger^ungi 
zuriicF  g^k^  kann  (vgl.  yimQa^vei.  Tca^aytOTtTei.  juaivsTUL^ 
Hesych.). 

Wir  können  indessen  vielleicht  noch  einen  Schritt  v^^eiter 
gehen.  Wenn  wir  die  herodoteischen  Formen  d^cov/na  neben 
^av/iia,  €/Li£iovTOv  oeiovrov  ewvtov  für  if-iavTOv  asuvrov  savrov 
betrachteli,  so  scheint  es  klar  zu  sein,  dass  sich  hier  ein  Ue- 
bergang  von  au  in  ou  vollzogen  hat  (vgl.  hiefür  OvhäTai  CI. 
Attic.  231,  7  neben  ^vXiätaL  226,  13  u.  ö.).  Warum  schrieb 
man  nun  aber  nicht  d-ovi-ia  hieovxov  u,  s.  w.  ?  ov,  das  ja  im 
Griechischen ,  wenn  auch  nicht  in  allen ,  so  doch  in  sehr  vie- 
len Fällen  ursprünglich  einen  diphthongischen  Laut  bezeich- 
nete, war  sehr  früh  zu  monophthongischer  Aussprache  verengt 
worden;  wollte  man  also  ein  wirklich  diphthongisches  ou  be- 
zeichnen, so  griff  man  zu  dem  Ausdrucke  mittels  lov.  Die  Un- 
terdrückung des  zweiten  Teils  dieses  Diphthongen  lag  in  Folge 
des  grösseren  Nachdrucks ,  den  man  der  Differenzierung  von  ov 
wegen  auf  die  Deutlichmachung  des  ersten  Teiles  legte,  sehr 
nahe;  vermutlich  ist  so  das  delphische {wrwv  für  avTcov  (Cur- 
tius  Ber.  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1864,  S.  226),  das  lakoni- 
sche coTCü  für  avTov  (Inschrift  im  l4^i]vaiov  1,  255)  entstanden, 
ebenso  das  herodoteische  xQtofxa  für  rgav/na  auf  dem  Wege  von 
TQwvfua,  wie  Herod.  4,  180  in  zwei  Handschriften  und  bei  Lu- 
kianos  de  dea  Syria  c.  20  steht ,  während  andrerseits  auch  ^t5- 
f.ia  ^cüficcLio  sich  bei  Herodot  mehrfach  geschrieben  findet  (Bre- 
dov  de  dial.  Herod.  S.  142).  Herod.  3,  86  ist  fast  einstimmig 
öiacpioayio}  überliefert,  9,  45  diacpavoy.io ;  letzteres  erweist  sich 
durch  7it-(pav-o/.co  q>avog  als  das  ursprüngliche,  -cptoaxo)  also 
durch  cpo)va/.(x}  aus  <fovay.co.  Endlich  erwähne  ich  noch  den  Ac- 
cusativ  "jPwxtovg,  der  in  einer  kretischen  Inschrift  der  Stadt 
Rhaukos  CI.  3051,  3  vorkommt  (Hey  de  dialect.  cret.  S.  9.). 
Nach  solchen  Analogien  könnte  man  annehmen,  dass  aus  Cov- 
vv-f.u  zunächst  twv-vv-f^iL  und  dann  Ctof-wia  t(j^vvv(.u  hervor- 
gegangen sei.  Das  für  die  Aussprache  irrelevante  doppelte  vv 
nach  dem  langen  Vocal  blieb  stehen  wie  in  lesbisch  fiijvvog  — 
attisch  firjvog,  aTi^lXt]  =  az^lr]  aus  ^araX-va. 

Um  übrigens  des  lautischen  Verhältnisses  zwischen  7cXcüa) 
und  Tclto)  u.  s.  w.  mit  einem  Worte  zu  gedenken,  so  scheint 
es  sicher,  dass  die  Formen  mit  ov  sich  au  nominale  Bildungen 


Analogiebildungen  der  neugriechischen  Declination.        227 

angelehnt  haben,  da  die  Abstufung  von  €  in  der  Verbal-  und 
o  in  der  Norainalbildung  nicht  blos  aus  der  griechischen  Laut- 
lehre sicher  steht.  Das  a  endlich  in  der  Tempusbildung  eini- 
ger Verba  auf  -wvvvf^u  erklärt  sich  wie  in  eßcoo&rjv  einfach  als 
Analogiebildung  und  beweist  nichts  für  ursprüngliche  g-Stärame. 

Prag  10.  Januar  1877. 

Gustav  Meyer. 


Analogiebildungen  der  neugriechischen  Declination. 

Herr  Emile  Legrand,  der  verdienstvolle  und  unermüdliche 
Herausgeber  mittel-  und  neugriechischer  Texte,  hat  in  der  Re- 
vue critique  vom  2.  December  1876  meine  Ausgabe  des  Ge- 
dichtes Imberios  und  Margarona,  Prag  1876,  einer  Besprechung 
unterzogen,  für  die  ich  ihm  zu  Danke  verpflichtet  bin.  Einige 
der  Ausstellungen,  die  er  an  von  mir  aufgenommenen  liCsun- 
gen  machte,  würden  sich  erledigt  haben,  wenn  es  mir  vergönnt 
gewesen  wäre,  mich  über  die  von  mir  bei  der  Gestaltung  der 
Orthographie  und  Accentuation  befolgten  Grundsätze  ausführli- 
cher auszusprechen.  Leider  wird  es  mir  für  geraume  Zeit  nicht 
möglich  sein,  meine  Beschäftigung  mit  der  Sprache  dieser  mit- 
telgriechischen Literaturproducte  fortzusetzen,  und  darum  möge 
es  mir  gestattet  sein,  wenigstens  an  dieser  Stelle  auf  zwei  von 
Legrand  hervor  gehobene  Einzelheiten  kurz  einzugehen,  die  auch 
ein  weiteres  sprachwissenschaftliches  Interesse  beanspruchen 
dürfen. 

Legrand  tadelt  es,  dass  ich  V.  34  und  290  xaW^ot  statt 
xdoTQr]  geschrieben  habe.  Es  war  mir  nicht  unbekannt,  dass 
•/.doTQTj  die  in  modernen  Ausgaben  mittelgriechischer  Gedichte 
recipierte  P'orm  ist,  obwol  die  Handschriften  und  alten  Drucke 
schwanken.  Aber  ich  weiss  eine  Form  ycdargr]  nicht  zu  erklä- 
ren. y.dGTQOv  ist  die  gewöhnliche  mgr.  Bezeichnung  einer  festen 
Stadt;  ein  Plural  y.(xoTQOL  davon  erklärt  sich  als  Analogiebil- 
dung nach  den  Masculinis,  und  ebenso  ist  das  von  Legrand 
angeführte  divÖQiq  vielmehr  devögoi  zu  schreiben.  Ebenso  ra 
ccoTQOL  Sterne  Apollon.  v.  Tyr.  435.  tcc  nXovxoi  Sachlik.  2, 
102  vom  Ntr.  to  nXovTog  Florios  1870.  t«  (.drqoi  Machaer. 
Chron.  122,  3.     Wo  y.doTQot  als  Accusativ  vorkommt,    erklärt 

16* 


228  G.  Meyer 

sich  das  aus  der  im  Mgr.  nicht  seltenen  Verwendung  des  No- 
minativs für  die  übrigen  Casus,  worüber  W.  Wagner  in  der 
Note  zum  Belisarios  (Hamburg  1873)  V.  4  einige  Nachweisun- 
gen gibt,  die  sich  leicht  vermehren  lassen,  z.  B.  avÖQsg  re 
xal  yvvaixeg  als  Accus.  Flor.  55.  rrjv  /rXi^fjrjg  d-etoQiav  voll  von 
Schönheit  Flor.  129.  f^iovoyevfj  ^vydTr]Q  Apollon.  6.  vtto  tov 
TtavroKQccTWQ  Flor.  1781  (1783  als  Accus.),  tov  ava^  Apoll.  52. 
■KriQvyia  dvay,QdCiov  Apoll.  154.  Tfjg  eavrov  d-v/dzriQ  Apoll.  304. 
tov  jVQlyx.r]xp  Apoll.  353.  rrjg  d/toQog  Imberios  (Wiener  Ver- 
sion) 205.  d-vydzrjQ  als  Accus.  Imber.  239.  251.  695.  xbv  nav- 
TOKgdTtoQ  Irab.  500.  679.  775.  806,  TrarrjQ,  vio)  y.(xl  ayiov  Tvvsvfxa 
Imb.  776.  Was  den  Uebergang  des  Geschlechtes  von  xdotQa  in 
AdotQOi  betrifft,  so  vergleichen  sich  ausser  den  angeführten  Plura- 
len  noch  (pOQog  aus  lat.  forum,  Syntip.  87,4  (Eberhard),  nach 
Ausweis  von  tov  qpöqov  Apollon.  477  an|  Schluss  eines  politi- 
schen Verses  vielmehr  cpöqog  zu  betonen;  ovavlog  Stall  aus  lat. 
^stßßulum  Imber.  548  (Wagner);'  6  deiTtvog  Apoll.  234;  tov  ne- 
Idyovl^o^.  317.  Metaplasmen  des  Geschlechtes  sind  über- 
haupt in  diesen  Producten  nichts  seltenes;  instructiv  ist  für  un- 
sern  Fall  besonders  xrjg  d-aldoGov  Imber.  482  Wg. ,  Chronik 
des  Machaeras  56,  4.  112,  3.  11.  132,  29.  309,  20.  311,  7. 
(Sathas),  Apokopos  393  (Legrand),  Physiol.  112  (Legrand), 
ganz  vergleichbar  dem  tu  yidoTQot,  t«  ttIovtoi.  Aehnlich  ist 
auch  Tjyg  vviiTov  Bustron.  Chron.  428,  2  u.  ö.  did  vvk.tov  Ma- 
chaer.  Chron.  301,  10.  Dem  bereits  angeführten  ro  7cXovTog 
stellt  sich  zur  Seite  t6  ervaivog  Flor.  1406,  to  ÖQoaog  Machaer. 
Chron.  87,  30,  t6  OTolog  126,  1. 

Eine  ganz  ähnliche  Analogiebildung,  aber  von  bedeutend 
weiter  greifendem  Einflüsse,  hat  sich  im  Plural  der  weiblichen 
Nomina  der  sogenannten  ersten  Declination  vollzogen.  Man 
findet  in  der  Grammatik  der  griechischen  Vulgärsprache  von 
Mullach  S.  153  im  Plural  von  ?y  yXcoooa  Nomin.  ai  (gem.  9y) 
ylioaaaig  Acc.  ralg  ylwooaig.  Was  zunächst  den  Nom.  Plur. 
des  weiblichen  Artikels  betrifft,  so  ist  das  factische  Verhältnis 
das,  dass  ai  eine  gelehrte  Neubildung  der  Schriftsprache  ist, 
während  die  Ausgaben  von  Vulgärtexten  der  Aussprache  gemäss 
fi  schreiben.  Das  ist  eine  Form,  die  absolut  unverständlich 
und  unerklärlich  ist.  Es  kann,  glaube  ich,  kein  Zweifel  dar- 
über bestehen,  dass  vielmehr  zu  schreiben  ist  o/,  d.  h.  dass 
die  Form  des  männlichen  Artikels  au  die  Stelle   des    femininen 


Analogiebildungen  der  neugriechischen  Declination.         229 

getreten  ist.  Diese  richtige  Orthographie  hat  bereits  Nikolaos 
Sophianos  in  seiner  ersten  Grammatik  der  griechischen  Volks- 
sprache angewendet,  vgl.  S.  37  der  Ausgabe  von  Legrand  (Pa- 
ris 1874):  Tj  ev&eia  tcjv  TtXrj&vvTr/Mv ,  or  tj  yeviy.t]  xal  doriKrj, 
Twv  '  7]  alriaTiTit],  raig,  ohne  dass  diese  in  Bezug  auf  den  Nomi- 
nativ vollständig  richtige  Bemerkung  für  unsere  neueren  Texte 
fruchtbar  gemacht  worden  wäre.  Die  Erscheinung  selbst  ist 
übrigens  nur  die  Erweiterung  einer  bereits  im  Altgriechischen 
im  Dual  des  Artikels  hervor  tretenden  Neigung,  die  masculine 
Form  für  die  feminine  zu  verwenden.  Kühner  Griech.  Gramm. 
I  464  A.  3  weiss  nur  zwei  Beispiele  von  rd  anzuführen ,  nämlich 
Soph.  Ant.  769,  wo  indes  Dindorf  rw  d'  ovv  xoga  Tcöd'  schreibt, 
und  Aristophanes  Ritter  424.  484,  wo  Meineke  und  Dindorf 
ebenfalls  tco  /.oytova  statt  des  überlieferten  xa,  aufgenommen 
haben.  Ein  Beispiel  der  Genitiv-Form  ist  Soph.  Cid.  Tyr.  1462 
xcav  ö'  äd^Xiaiv  oiüTQmv  ze  nagd^svcTiv  s/tialv.  Cobet  Var.  lect. 
69  ff.  geht,  gewiss  mit  Unrecht,  soweit  überhaupt  bei  Prono- 
minen,  Adjectiven  und  Participien  die  Endungen  -a  und  -aiv 
verbannen  zu  wollen.  Der  neugriechische  Dialekt  der  Terra 
d'Otranto  hat  die  besondere  Form  für  das  Femininum  erhalten, 
rase,  i  (oi),  fem.  e  (ai) ,  s.  Morosi  Studi  sui  dialetti  greci  della 
Terra  d'Otranto  (Lecce  1870)  S.  118;  in  Martano  und  Calimera 
ist  das  weibliche  e  ins  Msc.  gedrungen  (a.  a.  0.  101,  wo  die 
Erscheinung  aber  unrichtig  erklärt  wird),  während  das  Bove- 
sische  i  für  beide  Geschlechter  verwendet  (Morosi  in  Ascoli's 
Archivio  glottologico  IV  1  p.  36). 

Ueber  den  nominalen  Nom.  Acc.  Plur.  yXcoauaig  lehrt  Mullach 
a.  a.  0.  S.  152  folgendes  :  „Die  Endungen  des  Nom.  und  Voc. 
Plur.  auf  -ai  sowie  des  Accusativus  auf  -ag  werden  in  die  des 
alten  Dativs  auf  -aig,  auf  äolische  Weise,  soweit  dies  den  Ac- 
cusativ  betrifft,  verwandelt".  Ich  glaube  aus  dieser  völlig  un- 
klaren und  unwissenschaftlich  gefassten  Regel  dies  als  die  An- 
sicht Mullach's  entnehmen  zu  können:  der  Accusativ  der  weib- 
lichen a-Stämme  im  Ngr.  ist  die  äolische  Form  dieses  Casus 
auf  -aig,  diese  Accusativform  ist  dann  auch  auf  den  Nomina- 
tiv übertragen  worden.  Der  letzte  Vorgang  würde  nichts  sonst 
unerhörtes  sein,  um  so  mehr  der  erste,  denn  es  ist  nicht  ent- 
fernt abzusehen ,  woher  diese  äolische  Form  ihren  Weg  ins 
Neugriechische  gefunden  haben  sollte,  zumal  die  Masculina 
ganz   gewöhnlich  rovg  dv&Qiortovg  flectieren.     Diese   Flexions- 


230  G.  Meyer 

weise  des  Masculinums  steht  auch  der  Annahme  entgegen,  dass 
die  Form  des  Dativs  auf  den  Accusativ  und  Nominativ  über- 
tragen sei,  eine  Annahme,  die  übrigens  auch  sonst  jeder  Ana- 
logie entbehrt.  Es  ist  mir  nicht  zweifelhaft,  dass  wir  Nomin. 
und  Accus,  ylwaosg  zu  schreiben  und  hierin  eine  Formübertra- 
gung von  den  consonantischen  Stämmen  zu  erkennen  haben. 
Die  Veranlassung  hiezu  mag  daran  gelegen  haben,  dass  der 
Nom.  und  Acc.  weiblicher  consonantischer  Stämme  Formen  wie 
Nom.  yXtüGaa,  Acc.  yXcoaoa(v)  ganz  gleich  geworden  war:  ij 
yvvaixa,  ttjv  yvvaly(,a(v),  rj  vvYxa  tyjv  vmTa{v),  also  auch  wie 
OL  yvvalxeg  ol  vvxTeg  nun  ol  yXwaaag.  Der  Acc.  Plur.  wird 
auch  bei  den  consonantischen  Stämmen  dem  Nom.  Plur.  gleich 
gebildet;  Belege,  die  mir  massenhaft  zur  Hand  sind,  mag  ich 
bei  einer  so  gewöhnlichen  Sache  nicht  unnütz  häufen  und  ver- 
weise darum  blos  auf  Mullach. 

Das  umgekehrte  hat  statt  gefunden  in  dem  Nomin.  Plur. 
vvKzat,  Dat.  vvxzaig,  der  im  Syntipas  71,  7.  6  steht:  der  Nom. 
Sing,  vvxra  hat  den  Plural  in  die  Analogie  der  damals  noch  in 
alter  Weise  flectierten  a-Stämme  gezogen.  Natürlich  bleibt  nun 
auch  nichts  andres  übrig  als  den  Acc.  des  Artikels  nicht  raig, 
sondern  reg  zu  schreiben.  Was  die  Form  betrifft,  so  glaube 
ich,  dass  sie  erst  von  der  Analogie  der  Nominalformen,  mit 
denen  sie  verbunden  zu  werden  pflegte,  nachgezogen  worden 
ist,  d.  h.  dass  ursprüngliches  Tag  yvvalyisg,  rag  vvKTsg,  rag 
yXioöaeg  zu  reg  yvv.  u.  s.  w.  geworden  sind.  Der  Dialekt  der 
Terra  d'Otranto  zeigt  ganz  entsprechend  es  für  tes  (msc.  us  = 
tus);  in  der  nominalen  Form  glösse  für  Nom.  und  Acc.  ist  s 
abgefallen. 

Obwol  es  nicht  meine  Absicht  ist,  das  Wirken  der  Analo- 
gie in  der  Gestaltung  der  neugriechischen  Flexion  weiter  zu 
verfolgen ,  kann  ich  mir  doch  nicht  versagen  noch  auf  ein  schla- 
gendes Pendant  zu  meiner  Auffassung  von  ol  yXwoasg  hinzu- 
weisen. Der  Nom.  Sing,  eines  e-Stammes  wie  q)vaig  war  durch 
den  Schwund  des  auslautenden  g  lautlich  vollständig  gleich  ge- 
worden einem  Femininum  auf  -y  nach  der  ersten  Declination 
wie  ToXfirj;  kein  Wunder,  dass  er  nun  weiter  so  flectiert  wurde 
wie  dieses.  Daher  z.  B.  Gen.  T^g  cpvGtjg  Flor.  1119.  xrjg  no- 
Xrjg  Apoll.  829.  Machaer.  119,  4.  ^vdycoXrjg  Imber.  237.  dvd- 
UTaarjg   Apoll.  781.     TtagaTtovearjg   Flor.   978.     z^g  ra^^/g   Ma- 


Analogiebildungen  der  neugriechischen  Declination.       231 

chaer.    Chron.   59,  27.     vTtoi^eor^g  210,  10.     dvvd/iir]g   345,  21. 
Tijg  rtioTrjg  390,  24, 

Acc.  Plur.  dvayuaosg  Imb.  143,  ^Xlipsg  194.  688,  evTqi- 
Ttiotg  521.  jtctQaTtöveösg  687.  Flor.  1077,  dyavaycrrjaeg  Imb. 
688.  sTtagaeg  Flor.  1119,  Tcagaöiaßaaeg  1302.  XQrjoeg  Mach. 
Chron.  65,  20.     y.QioBg  121,  12. 

Ob  man  den  Nom.  und  Acc.  Sing,  -rj  -rjv  oder  -i  -iv 
schreibt,  bleibt  sich  gleich;  im  ersteren  Falle  hat  ein  vollstän- 
diger Uebergang  in  die  Jj-Declination  statt  gefunden  (Wagner 
schreibt  z.  B.  iy  d-Xlipr]  Flor.  846;  Sathas  in  der  Chronik  des 
Machaeras  60,  22  rd^rj,  102,  18  taga^r],  9b,  11  dvarjv,  390, 
25  TtiGTrjv,  aber  132,  7  oqs^i.,  264,  14  ttiotl,  62,  7  XQtjoi). 
Der  nämlichen  Anziehung  von  Seite  der  ersten  Declination  un- 
terlagen die  Nomina  auf  -xrjg.  Stamm  -ttjt-,  deren  Nominativ 
nach  Verlust  des  g  ebenfalls  auf  -rj  auslautete;  daher  Ttjg  veo- 
trjg  Imber.  8,  xrjv  veörtjv  Imb.  656,  rrjv  vaozi]  Flor.  1612,  ek 
T/jv  Ttollrjv  xpvxQotrjv  Apoll.  387  (dagegen  ibqaLOTrjTccv  Imber. 
303.  656). 

Soviel  zur  Rechtfertigung  meiner  Schreibungen  ol  ^ligeg 
und  reg  xi^veg.  Legrand  meint,  „une  innovation  de  ce  genre 
ne  peut  manquer  d'echouer  pour  une  foule  de  bonnes  raisons 
qu'on  nous  dispensera  d'enumerer".  Ich  möchte  ihn  doch  dar- 
um bitten;  ich  glaube  nicht,  dass  sie  gegenüber  der  im  Vor- 
stehenden entwickelten  sprachgeschichtlichen  Erklärung  der 
fraglichen  Formen  stichhaltig  sein  werden,  von  der  ich  hoffe, 
dass  sie  Legrands  Abneigung  gegen  diese  Endung  -£g  zu  be- 
siegen hilft. 

Prag  11.  Januar  1877. 

Gustav  Meyer. 


Zum  s-Suffix  im  Griechischen. 

Nach  einer  meines  Wissens  bis  jetzt  allgemein  angenom- 
menen Auffassung  —  vertreten  z.  B.  von  Schleicher,  Compen- 
dium  3  S.  453  ff.  —  giebt  es  im  Indogermanischen  ein  bereits 
ursprachliches  Nominalsuffix  -as ,  welches  an  die  Wurzel  an- 
tretend neutrale  Nomina  actionis  (im  Sanskrit  und  Latein  In- 
finitive), seltener  Nomina  agentis  bildet.     Diese  in  ihren  Grund- 


232  A.  Fick 

zügen  aus  der  indischenden  Grammatik  herstammende  Lehre 
enthält  zwei  schwere  Fehler,  denn  1.  ein  Primärsuffix  -as  exi- 
stirt  im  ganzen  Bereiche  der  indogermanischen  Sprachen  nicht, 
sondern  nur  ein  suffixales  -s  und  2.  dieses  -s  tritt  nicht  an 
die  „Wurzel",  sondern  an  einen  der  in  der  Flexion  des  Verbs 
erscheinenden  Verbalstämme. 

Dieses  Verhältniss  der  s-Stämme  zu  den  entsprechenden 
Verbalbasen  liegt  am  anschaulichsten  im  Griechischen  vor,  auf 
das  ich  mich  daher  in  der  folgenden  Beweisführung  beschränkt 
habe.  Trennt  man  hier  nach  der  üblichen  Ansicht  z.  B.  in 
a-teiQEg,  Ttiaog,  ev-arad^ig,  OTtiod^o-vvyig  das  eg,  og  als  ver- 
meintlich suffixales  Element  ab,  so  erhält  man  in  den  Rück- 
ständen T€iQ,  Tteg,  avad-  und  vvy  nicht  „Wurzeln",  sondern 
das  reine  Garnichts,  wogegen  sich  bei  der  richtigen  Ablösung 
des  -g  die  Verbalstämme  reiQS-Tac  (Präsens) ,  Tteao-vTog  (Aorist 
Act.),  orad-e-vTog  (Aorist  Pass.),  vvyä-vtog  (Aorist  Pass.)  er- 
geben. 

Nach  dem  Vocal,  welcher  als  Auslaut  des  Verbalstamms 
vor  dem  antretenden  g  erscheint,  ergiebt  sich  die  Gliederung 
der  e-Stämme  in  Nomina  auf  -a-g,  -o-g,  -e-g,  letztere  weitaus 
überwiegend  an  Zahl. 

Die  Mehrzahl  der  Noraina  auf  g  hat  das  entsprechende 
Verbalthema  noch  neben  sich;  es  gehen  dieselben  auf  den  Prä- 
sensstamm, fast  ebenso  häufig  auf  die  Aoriststämme,  weit  sel- 
tener und  zweifelhafter  auf  den  nicht  reduplicirten  Perfect- 
stamm.  (Mit  H.  und  A.  ist  das  Vorkommen  der  Wörter  bei 
Homer,  resp.  den  Attikern  bezeichnet.) 

I.    Nomina  auf  -a-g.  [JiCi/lii^,' 

/S|D^*C^c;  A.  Götterbild  gehört  mit  ßgo-TO-g  geronnenes  Blut  zur 
Wz.ßQs  —  /iieQ,  vgl.  sskr.  mür,  mnr-di  geronnen  (=  ß^ö- 
T0-),  mur-ti  Festwerden,  Form,  Gestalt,  Bild,  mur  chaii 
(Präsensstamm)  fest  werden,  gewinnen.  —  Mit  dem  Ausgange 
x(x-g  vgl.^js*'-^.  omci-  verwunden  neben  ovtr]-  =  aJid^^P^^ 

^^^_^^;d.;»-Yerwunden.. --■"''  .,_  '"'^ 

ylQct^'^^.  Ehre,  Ehrengeschenk  zu  ysQct' jähren,  auch  jn  ysQtf- 
QO-g,  vgl.  grdrle-s ,  ^r^^^i-s  (worin  grq  aus  ^erä). 

yrjga-g  H.  AKer:  ytjqa  altern,  yrjQa-vaL. 

difxa-g  H.  Gestalt.     Vgl.  £v6/nr]Tog  (dfii]  aus  demä). 

dsTta-q  H.  Becher,  „Ze»t)iwier",  vgl.  äet^rör-'fin.         ,^. 

■■ " ^     ^'     ■  ■■"■ ' 


Zum  s-Suffix  im  Griechischen.  233 


kshuj 


Y.v£(pa-g  H.  Dunkel   scheint   mit  sskr.  kshaj) ,   kshima   f.  Nachi^ 
identisch.  ^«*  ^ 

'/.Qea-g,  XQSßCc-g  H.  Fleisch  =  sskr.  .gravis. 

3?lS<5^g  H  Vlie^*Ts*Mäglleicht  mit  sskr7c7h»mj^ell,  Haut  zu  ver 
/.^^  g^en.  .  ^^^^  ,  ,  { 

!  A€?»«^g"l$iißpe  vgl.  Ai5ip(r-/<£j'^.sd!a!en. 

ovda-g  H.  Schwelle  vgl.  sda-cpog,  eÖE-d-lov. 

asßa-g  H.  vgl.  aeßo-fiai,  Geße-ad-ai. 

oela-g  H.  Glanz  vgl.  osla-yko,  ndd.  schwalken. 

ay-ena-g  H.  vgl}  oxercd-o)  bedecken.  .,  i 

<W^-&  H.^chemßlr^.  Block  vgl.  V/)a^-g  Blmk. 

zr^fBk;C  H.  Zeibhen  vgl.  r^'S^g  de^itHch. 

Zu  beachten^ist,  dass  der  Ausgang  a-g  nur  hinter  Liqui- 
den, Labialen  und  vereinzelt  r,  ö  vorkommt. 

IL  Nomina  auf  o-g  giebt  es  nur  zwei,  die  beide  ihre  verbale 
Basis  noch  neben  sich  haben : 
aldwg  H.  Scham  .-  aYöo-f.iat,  aid6-f.iEvog  H.  ^^ 
r^htg  H.  kwg  A.ccvcog   Aeol.  d.  i.  «Jiio-g  Jklt5rgenröthe 

d.  i.  avßö-  anzünden.»,..vgl.  lit.  ausz-ti  tagen.     Daa^luter  des  - 
o  iu  aviiog  bezeugt  lat.  am^öra ,  welches  auf  «wsos  =  avuog 
beruht  X„^^  ^^ 

01^  /al^wg  H.  ein  g  enthalte  und  dem  lat.  .^ffl*  gleichzu- 
setzen &^  o^ier  ob  es  dem  sl avischen i^e/ca  gleiche,  ist  hier 
nicht  zu  untersuchen.  ,_-.—- 

IIL  Weitaus  die  Mehrzahl  der  Nomina  auf  -g  beruht  auf 
verbalen  Stämmen,  welche  auf  e  und  o  auslauten;  sie  zeigen 
daher  auch  diese  Vocale  vor  dem  antretenden  g.  Geordnet  sind 
die  folgenden  Verzeichnisse  der  -£-g-Stämme  nach  dem  Tem- 
pusstamme, an  welche  das  suffixale  g  gefügt  ist. 

A.  Nomina  auf  -e-g,  neben  welchen  die  genau  entspre- 
chende Verbalbasis  im  Griechischen  selbst  noch  nachzuweisen  ist. 

1.    An  Präsensstämme  ist  g  getreten  in: 

d-üQ-a/e-g  H.  dva-afe-g  H.  v7t£Q-afe-g  H. :  dfe-vteg,  ar]fti. 

ai d-o-g  Bra.nd:  ald^o-fisvog  brennend. 

a^f^i&^lii.  Kummer  \,^Lr^l€yeL-v6-g  H.  drt-rjleye-ajg  H.  rück- 
sichtslos: d?Jyo-f.t8v  sich  kümmern,  Rücksicht  nehmen  vgl. 
lat.  7iec-legere. 

dkd-o-g  Heilung,  dv-,  dva-,  ev-aX^i-g:  dld-e-ro  wurde  heil. 


Cr^' 


234  A.  Fick  j 

vt]liT€-g  H.  unsträflich ,  besser  vrjlEtg^-g  (aus  vr^f^£iT£-g) :  vgl. 

^  dXoLxri  Frevel,  germ.  //Ma^'-'^iten ,  Aorist' aA«r£'-a^«fc). 

ev-aXde-g  gedeihend,  spät:  aldo-f.tat  gedeihen,  spät. 

av-,  e§-,  S7t-,  xar-,  TtQoo-dvxe-g  A. :  dvTO-/iiai.        --^yt.  ßC-w 

veo-aqde-g  H.  frisch  bewässert:  agda-rai,  ccgöo-fisvog. 

dxd^o-g  H.  Last,  dvÖQ-ax^e-g :  dyßn-/iiat  bin  belastet. 

ccxo-g  H.  Kummer :  ayß-f.iaL  bin  bekümmert. 

ßXdßo-g  A.  Schaden,  d-ßkaßi-g  A.:  ßldßs-Tai,  ßlaße-ig. 

ßXeno-g  A.  Blick:  ßlino-f-itv  blicken. 

dQTi-ßQEx-sg ,  olvo-ßQsyJ-g  ■•  ßQSX^-rat  netzen. 
(  ßgid^o-g  A.  Wucht,  Itii-,  v/rsg-ßgid^i-g  A. :   ßgid^o-f-iev  wuchten. 

ye/iio-g  A.  Last,  Ladung:  yiiw-it€v  voll  sein. 

sv-ykirpa-g,  7tQtoTO-ykv(f€-g:  yXvg)e-T€,  yXvrpe-ig. 

yQd(po-g  Schrift,  dgzi-yQuqie-g,  av-ygacpt-g :  yqdcpo-i-isv,  ygafpe-ig. 

d-,  drco-,  kv-,  TtQOG-f  vTto-öetg  A.:  deo-(.ieVy  dio-f.iaL  bedürfen. 

o^v-d€QX€-g  Hdt.  7toXv-öeQ'/.8-g :  d£qx,6-Tai. 

öfQO-g  Haut:  6iQ0-(.iev  häuten. 

S7ti-ösvs-g  H.  nachstehend:  eni-devE-xai  nachstehen. 

7iav-dExi-g  allaufnehmend :  öexs-ad^ai  aufnehmen. 

dfi(pi-dQV(p€-g  H.  zerkratzt :  djio-ÖQvcpoL  H. 

Ed-o-g  A.  Sitte:  ed^o-vxeg  gewohnt. 

eido-g,  J^Eiöo-g  A.  Ansehn,  d-eo-feidi-g  H.  :  el'ÖE-Tai,  J-EiÖE-rai. 

S7ti-fEix€-g  H.  d-fEix€-g  H.  /iiEvo-ßEiy.€g  H. :  impf,  ei/.e,  J-eIke  H. 

elEyxo-g  H.  Schimpf:  iXeyxo-fiEv  beschimpfen. 

«Axog  H.  Wunde  =  lat   ulcus:  EXxo-f^sv  (?). 

EQEvd^o-g  Röthe,  sQEvd-eg  roth :  iQ£vd:o-{.iEv  röthen. 

vip-EQE(fE-g  H.  vgl.  S7t-,  d/.i(p-,   xar-,   vifj-rjQSifE-g  IL:    egEcps-TE 
bedecken.    Dazu  wahrscheinlich  auch  das  späte  e^rpo-g  Haut. 

Evxo-g  H.  Ruhm :  Evxo-juai, 

^X^o-g  H.  Hass:  Ex^s-a&ai. 

ÖL-Exs-g,  TtQoa-Exs-g,  avv-EyJ-g  A. :  t'x^-r«,  tx^-xai. 

rjdo-g  H.  Lust,  d^vfi-rjöi-g  H.  (.lEXi-rjÖE-g  H. :  fjöo/itai,  rjÖE-xai. 

d-dXno-g  A.  Wärme,  dva-d^aXTiE-g  H. :  d^dX7to-(.iEv  wärmen. 

XvQO-d-EXyi-g  leierbezaubeit :  d^eXyE-xai. 

avxo-d^EXt-g  freiwillig:  ^eXe-xe  wollen. 

d^EQO-g  H.  Sommer,  Ka-i^EQt-g  sehr  heiss:  i)-eQE-oi^at  brennen. 

dvo-g  H.  Rauchopfer,  Weihrauch:  i)vo-(.iEv  opfern. 

TtEQL-xäE-g ,  7cvQL-'/.äE-g  und  TtvQi-xaia-g :  xaw  =  xatw  brennen. 

xagcpo  g  A.  trockner  Halm,  Reisig:  y.aQcpo-vxEg,  ■/.c<Qq)E-a&at  dör- 
ren. 


Zum  s-Suffix  im  Griechischen.  235 

«wo-JteAe'-g  Hdt.  auf  eignes  Geheiss:  zff7«-rat  heissen. 
Ksüd^o-g  H.  Schlupfwinkel:  v.ev^o-(.iEv  bergen. 
'/.rjdo-g  H.  Sorge,  lad^L-xrjöe-g  H. :  x^do-i^iai,  Krjöe-im  sorgen. 
Kvvo-g  Krätze  (Hsd.  Eöen):  xvvo-fiev  kratzen, 
a-,  ev-,  loo-y.Qai-g  -gemischt :  y-qüe  —   xegdo-f^iat. 
afig)i-,  iy,-,  etil,  7ieQE~y.Qei.ii-g:  yQEina-fiai ,  ^Qs/nä-fisvog. 
yvo-g  Schwangerschaft:  y.vo-[.iev. 

vvKTi-Xaf.i7tE-g  Simouides,  TtvQi-'ka^iTts-g :  IdfiTtE-te  glänzen. 
ETto-g  A.  Schale:  Xe7to-(.iEv  schälen. 
lix^-S  H.  Lager:    XeiE-xai  •  yo^Läxai  Hesych.,    vgl.  goth.  Ugan 

liegen."""^       ~^ 
l^d-o-g,    dor.  ka^o-g  Vergessen,    d-ltjd-e-g  unverhohlen,    wahr 

H. :  l^d^o-f-iEV,  Xd^o-f.iEv,  Xe-Xrj^E. 
d-^ieXi-g  A.  7tXri(j.-(.iEXE-g  A. :  fisho,  ia.eXel. 
Ef-i-i-iEVE-g  beständig  H. :  f.ieve-TE  bleiben. 

f.irjdo-g  H.  Rath,  7tvyi-/.ir]dE-g  H. :  (.irido-fxaL,  f.irjÖE-taL  rathen. 
vif.io-g  H.  Weide:  vE[,io-fiEv,  ve(.iE-TaL  weiden. 
d£QO-vr]X€-g ,  dXi-vt]XE-g:  vriXE-f-iEvai. 

no^f'-g  H.  trag  vom  Esel,  „unbekümmert",  vr]-oi^€-g :  o^f^e-ad^ai ^ 
'"     sich  kümniern.  / 

ox^-g  U.Wäi^n,  sxEa-q)t  Hesych.,  vgl.  lat.  vehere ,( goth.  mgan 

lit.   vezH.  \ 

d-,~'dm-,  ev-TVEid-e-g  A. :  TtEi&E-ad-at. 

Evrj-TVEXE-g  sich  wohl  befindend:  tteXei,  iteKev  werden,  sein. 
d-TtEvd^E-g  unbekannt,  unkundig:  TiBv^E-xai. 
TtXexo-g  A.  Geflecht:  Ev-7iXEy.e-g  H. :  7tXEy.o-f.iEv,  TtXEye-rai. 
TtXfjd-o-g  H.  Fülle:   olvo- TiXiqd^s-g  H.  TCEQL-TtXrjd-E-g  H. :  TtX^d^o- 

(XEV,  Tti-TzXrjd-E. 
Ttvlyo-g  A.  Erstickung,  Hitze:  rcviyo-fXEv  ersticken. 
d-7ivEE-g  athemlos:  7tvE0-(.iEv. 

aQl-TtQETTE-g  H.  EK-TtQETTE-g  H.  /HETa-TtQETtE-g  H.  :  TlQtnELV ,  6X-, 
IXEXa-TtQETtELV. 

QEyyo-g\  gsyxo-g  das  Schnarchen:  QEyyo-j.iEv,  QEyxo-f-iEv  schnar- 
chen. 

QEO-g  A.  Welle,  iv-QQEfe-g  H. :  QEO-fiEv,  gefE-re. 

d-,  E7ti-,  £TEQO~QQ£JiE-g  A. :  QETtE-TE  umschlagcn. 

d-,  dva-,  EV-,  ^EO-GEße-g  A. :  aeßE-rai. 

od^ivo-g  H.  EQi-o&EVE-g  H.  EVQv-ad^Eve-g  H. :  ad^ivo-VTEg,  l-ad^svE. 

dvEfio-ayETii-g  H.,  d- ,  hti-,  nEQi-ayETte-g  :  aKETtE-rai,  azETto- 
(.lavog. 


236  A.  Fick 

aTiEiQO-g  Hülle ,  £v-a7tEiQs-g :  gtieiqio  wickle  (Gramm.). 

a-OTtEQxi-q  H.  TteQL-öTtsQyJ-g  A. :  GTtSQxw,  a7ttQx6-f.iEvog. 

oxsyo-g  A.  Dach,  ev-arsys-g :  OT^yo-f-iev. 

oxELvo-g  H.  Enge:  OTeive-rai  wird  enge. 

d-ategye-g  A.  lieblos:  at^gye-te  lieben. 

dgyvQO-,  ßio~ ,    v^Ilo-,    TtaTQo-arsQ^-g  A,  -beraubt:    azsQs-o^ai 

beraubt  sein. 
at^cpo-g  A.  Kränzung,  Afitxo-,  neqi-,  7toXv-oreq)s-g :    GTecpe-Te 

kränzen. 
ETti-OTecpi-g  H. :  ErtiöTscpEiv  H. 

sv-aTQ€(p€-g  H.  ETti-OTQEcpe-g  A. :  oigicpe-ad^ai,  htLOXQScpE-oiyai. 
d-TEiQs-g  H.  unverwüstlich:  rEiQE-od^ai  aufgerieben  werden. 
y.vY.Xo-tEQS-g  H.  rund    (eigentlich   kreisgebohrt) :    vgl.  xiqE-tQov 

Bohrer,  e-toqov  aor.  lat.  tere-s  iis  rund,  iere-re,  tere-hrum. 
d-TEQ7tf-g  H.  ör^f-io-,  ovo-,  EV-tEQTts-g :  TSQ7t€-TE  erfreuen. 
TEvxo-g  H.  vEO-TEv^s-g  H.  neu  bereitet:  TEvxo-f.i£v,  tevxo-vto. 
Tfi^yo-g  Furche:  r/n^yo-iiiEv  schneiden. 
d-TQEf.is-g  A,  ruhig :  tqs/lie-te  zittern. 
Ev-TQETTi-g  A.:  TQ87tE-o&ai  sich  wenden. 
dXiO-,  dvef.10-,  dnaXo-^  dio-,  Iv-,  ^a-,  vdaro-TQE(ps-g  H.  :  tqs- 

q)E-od^aL. 
Ev-TQExs-g  A.  bewandert:  iQsyE-TE  laufen. 
TQtxo-g  A,  Fetzen :  zQvx6-[.iEvog  aufreiben. 
cpsyyo-g  A.  Glanz:  (fsyysi,  cpiyyE-Tai  glänzen  A. 
d-cpELÖs-g  nicht  schonend:  cpEidE-ad^ai  schonen. 
TTQO-q^Egi-g  H.  vorzüglich ,  e/n-,  tceql-,  7tQoa-(f£Q€-g  A. :  cpsQS-TE, 

(piQE-Tai. 
ta-q)XEyi-g  H.  dsi-,  ^jiu-,  Tivgi-cplsys-g :  (pUyE-Te,  ffXsyE-Tai. 
XQElo-g,   XQ^^S  H.  Bedarf,   Schuld:    ;f(>so-»'r«f ,   7()f£-ff^at    vgl. 

reus  res  (nach  Fröhde). 
d-xpEyi-g  A.  tadellos:  xpSys-od^ai. 
xpEvöo-g  H.  Lüge,  ipEvd^-g  H.  falsch,  cpilo-iliEvös-g  H. :  xptvdo- 

(.laiy  xjjEvÖE-Tai. 
rpvxo-g  H.  Kühle :  xI>vxo-/,iev  hauchen ,  kühlen. 

Lautliche  Differenz  zwischen  Nomen-  und  Verbalstamm  ist 
eingetreten  in 
d-^ElXi-g  H.  zusammengedrängt  y.ovi-aaXog:  eI'XX(ü,  ElXX6-/ii€vog 

(für  i/EXj'io).     Vgl.  auch  IXXio  lXX6-f.iEvog. 
yST^xo-g  Fellj  Vliess :  7t€Uo-/.iEv  scheeren. 
tifisvo-g  H. :  ziftvo-fiEv  schneiden. 


Zum  s-Suffix  im  Griechischen.  237 

2.  Durch  Antritt  von  g  an  Aorist-  (resp.  Futur-)  Stämme 
sind  gebildet: 

d-aye-g,  d-j^äye-g  H.  unzerbrechlich:  s-fäyrj  H.  dys-ig. 

avd--äd€-g  A.  selbstgefälhg :  döslv  gefallen,  säde. 

dXe-g,   dls-g  zusammengedrängt  Hdt.:    falfjvai,    dXs-ig  zusam- 
mengedrängt. 

7iQ0-aXe-g    H.  jäh    (vorspringend):    alr]-Tai,    aXe-tai    conj.    H. 
dXs-ad-ai  springen. 

7tiaa-aXL(p£-g,   f.uXT-i]XL(pi-g   Hdt.  dv-rjXig)s-g :    i^Xifprjv   vgl.  dX- 
rjXicpe. 

ri/ii-aX(p€-g  A.  Preis  einbringend,  kostbar:  tjXcpov,  aXcpoi. 

d^vfx-ccQE-g  A.  herzgewinnend:  vgl.  dge-ad-ai  gewinnen,  oder  zu 
dgi-OMO  vgl.  dqE-Tiq. 

Ttod-cxQAe-g  H.  agyio-g  A.  avT-agiis-g  A.  zu  dq^E-to  (ursprünglich 

kein  a-Stamm)  ^   \at.-arce-o,  vgl.  a^x£-ro-g. 
[agbs^  A .  a>«^inn ,   Nubi^n:    dQÖ-firjv,    dge-oS^ac  zu.  tctQvvf^ai  ge- 


innen. 


[ubi^n:    UQO 


/vr]fxs§T^>i:E.   unfeldbar    (=  vrj-aus^H;^    vgl.    «/ta^r^qs    «/f- 

ai^io-ßaq)s-g  A.  TtoXv-ßacpe-g  A.   [.teX(X(.t-ßacps-g :    ßa<p^vai ,   ßd- 

cpe-ig. 
ßiXo-g  H.  6^v-ßeXs-g  H.  :    /^«Xe  in  xa-C^A«  •  xareßaXe   Hesych.  , 

vgl.  ßeXe-i-Lvov,  ßsXo-vi],  ßoXo-g,  ßoXrj.  .,— -^ 

d-ßXaavE-g,  sv-ßXaare-g  -keimend:  E-ßXaore. 
•yivo-g  H.  öio-yevs-g  H.  evrj-yeve-g  H. :  yeve-ad-ai,,  i-yevs-TO. 
d-dcc€-g  A.  unkundig  :  öafjvat,  dae-ig. 
d^vf-io-daxE-g  H.  daxo-g  \. :  dayJeiv. 
ddo-g  H.  Fackel,   i^ui-öas-g  H.   d-eoTte-öas-g  H. :    ddrjxai   conj. 

aor.  H. 
d^axo-g  Auge,  £t'-(J^ax€-g  A.:  «-d^axo-v. 
«do-g  H.  Sitz:    vgl.  y.ad--8dovf^iai,    goth.  seV«/?,  sskr.  sada-ihas, 

sad-ant ,  sddas  Sitz. 
lao-Cvye-g,  ^aXXi-^vye-g  A.:  "Qvyrjvai,  Cvye-ig. 
bf.t-riysQS-Bg  H.  versammelt:  dyeQs-a&ai. 
^dXo-g  H.  dficfi-d^aXe-g  H. :  d-dXov  aor.  (?)  vgl.  &aXe-d^(a. 
dia-d-avi-g  H.  dqxL-d-avs-g  A.:  ^ave-eiv. 
d-idi-g  unsichtbar  Hsd.,  d-TTQO-tds-g :  lösiv ,  Ttgoidelv. 
ovo-,  Irtvo-'Kai-g :  yiafjvai ,  xuE-lg. 

doQi-xav€-g  A.  ?roAf-xaj'£-g  A. :  «-xavfi-rfi,  xavfiTv  tödten. 
(Jfff-,  fclAt-,  6v-y.Qiv£-g  A. :  äqivs-io,  /.Qivs-ea&ai  fut. 


L 


238  A.  Fick 

d-,  STti-,  heQO-,  xuTa-,  7t€QL-y,Xtv£-g :    '/.aTe-'KXivr]v ,  xaTayihvi]- 

ooi-iai  A. 
€v-kaßs-g  A.  f.iEao-laßi-g  A.  :    Xaßeiv,    laßs-a&ai.     Vgl.  d/ii(pi- 

Xacpi-g  ? 
fr/.-XL7ti-g  A.  Ek-Xmi-g  A. :  EyXiTTEiv,  kXXirtslv. 
udd^o-g  A.  Lernen,  Lehren,  d-,  dva-,  ev-,  TtoXv-,  cpiXo-i-ia&i-g 

A.:  s-i^ct&o-v,  (.lad^slr. 
yvvaL-^avi-g  H.  weibertoll,    dy.QO-,  d^so-,  d^vQOO-,  \TC7to-[j.av6-g 

A. :  f.iavrjvai,  ^lave-ig. 
six-fxaTti-iog  H.  rasch  :  (.larthiv  H. 

Tta/Li-iLuys-g  A.  a-,  ititzo-,  tcoXv-,  ov^i-^uys-g:  fiiyrjvai,  {.nya-ig. 
OTtiod-o-vvys-g  von  hinten  stechend,  spät:  s-vvyrjv,  vvys-ig  spät, 

zu   VVOOO). 

7tQ(jüT0-7T.ays-g  H.  erst  gefügt:  rtdye-v^  rcaye-ig. 

Ttdd^o-g  H.  alvo-7tad-4-g  H. :  sTtad-ov,  ndd^e. 

dLa[.i-7tsqi-g  durch  und  durch  H. :  vgl.  Ttaigio,  dva-TcaQs-lg,  tco- 

QO-g,  ksl.  pire-ti  fährt. 
du-Ttevi-g  H.  7tahfj.-Tcez^-g  H.  yoj'ü-,  jtsQi-,  tt^o-,  rcQoa-TtEre-g 

A.:  e-rrsTO-v  dor.  fiel. 
ex-7rAa/«-g,    xara-7rAaye-g   entsetzt:    «x-,    xcfra-irAay^i'afc   sich 

entsetzen. 
cpQEvo-nXrjyi-g  A.  den  Geist  schlagend:  nXr]yrjvai,  TtXrjye-lg. 
sv-7iXvvs-g  wohl  gewaschen  H.:  TtXvvico  fut. 
7iEQL-7tvlyi-g  zum  Sticken:  Ttvtyrjvai,  ^vlys-ig. 
■yLaxa-rccvxi-g,  7teQi~7tTv%£-g :  e/iTvyriv  oder  vgl.  tctvx^. 
aif.io-^Qayi-g  A.  a-,  (Jt/o-,  jcsqi-,  ipvxo-^Quyi-g,  dva-qayi-g:  qü- 

y^vai,  Qaye-ig. 
sv-QQücpi-g  H.  wohl  genäht:  Xivo-qqacps-g  k.:  Qatprjvai,  qacpe-ig. 
drif.io-^qL(p£-g  A.:  QKprjvai,  gicpe-lg. 
yiaTa-QQv^-g  A.  herabfliessend :  qvfjvai,  qve-ig. 
d-aivi-g  H.  ungeschädigt,    oivo-g  A.  Schaden:   zu  otvofxai  (fut. 

alvov(.iaL  kommt  nicht  vor). 
a-^dcpo-g  A.    Schiffsbauch,    ßad-v-öY.acpi-g    A.    ytaza-axag^^-g    A. 

vergraben:  xaTaoxaq)F]vai. 
d-axeXs-g  H.  7r£^t-axeAe-g  dürr,  hart:  axEXov/nac  Hesych.,    vgl. 

axfAfi-TO-g. 
axt;Ao-g  (t;)  Haut  Theoer.:  8-axvXi]v  ayivXrjvai. 
TtoXv-artEQi-g  H. :  arteqi-ü)  fut. 

aii-iavo-y  ÖEifxaxo-,  (XEXE-atuyi-g  A.:  a-atdyrjv,  hti-oiayt-ig. 
d-OTaXi-g,  tv-ajaXi-g  A.  :  E-aTaXrjV,  avaXt-ig. 


Zum  s-Sul'fix  im  Griechischen.  239 

d-OTQacpi-g  (aargaßig  Pind.):  argacpfjvai,  OTgacpe-lg. 

OTvyo-g  A.  Abscheu,   ßgoro-aTuys-g,    ^eo-arvys-g  A.:  k'-arvyov 

hasste. 
ai/j.aTO-,  avTO-,  veo-ocpayi-g  A.  :  s-a(pdyrjv. 
d-avQ€-g  (t?)  ungespült,  unrein:  s-avQr]v,  avQS-ig. 
a-acpaXs-g  H.  dgi-ocpale-g  H.  :  acpaXrjvai,  acpale-ig 
yvio-,  SV-,  ipvxo-zaxe-g :  raxrjvat,  raxe-/fi^ 
cdq)o-g  H.  das  Staunen:  s-tatpov  raqxjov.  \#v'W^^ 
Tsxo-g  H.  Kind:  i-Tey.o-v,  TE^e-od^at.       \   J  * 

d-,  ev-,  i/.-T€ve-g  A.  dXi-,  ßvgao-,  axoivo-TEve-g:    tevoj,  revov- 

uai  fut.  vgl.  revo-vreg  Sehnen  part.  aor.,  rovo-g. 
iv-TQiße-g  A.  d-,  iao-,  rcaXiv-,  TtegL-tgißi-g :  s-TQißr]v,  rgißa-ig, 
TQvcpo-g  H.  Bruchstück:  ÖLa-TQvcpi-v  zerbrochen  H. 

dvTL-    ÖOVQl-,    KSVTQO-,    TtaXiV-,    XELQO-TVTCS-g,      OXEQVO-TVrtS-g    A. : 

e-TVTCO-v,  TVTzrjvaL,  Tvne-ig. 
a-,  dva-,  erti-,  ev-,  xa^-o-j  TtaXiv-,   TtQOO-xvxi-g  A.:    e-Tvxo-Vy 

Tvxe. 
TiqXe-cpave-g  H.  a-,  dta-,  Sfii-cpavi-g  A.:  cpavrjvai,  cpave-ig. 
evQv-cpve-g  H.    Ttgoa-cpvi-g  H.    avro-,    v7teQ-(pvi-g  A. :    q)v^vai, 

q)ve-ig. 
xdvo-g  '  xdofÄa^  d-,  dxQO-,  dgri-xccvi-g  :  e-xccvo-v. 
Xtjitvo-,  oivo-,  v7t€Q-xc(Qf:-g:  /a^^vat,  /cr^fi-Zg. 
8^-,  Ttav-,  TtQO-,  cpQEv-wXe-g  A.:  diXe-ro,  dTt-oXi-a&ai. 

Lautliche  Differenz  ist  eingetreten  zwischen 
vrj/ii€QT£-g   {=  vrj-a(.iEQT8-g)   H.    und  d(.iaQZ€-Eiv   (^dfiEQTE-  kann 

Präsensstamm  sein).  . .-r     / 

T^iiayo-g  A.  Schnitte  und  öi€-Tf.iayE,  Tj^idyEv  {tEfiaxE-  lässt  sich        i  , 

auch  als  Perfectstamm  denken).  | 

Reduplicirten  Aoriststämmen  liegen  gegenüber  die  nicht  re- 
duplicirten  Nomina : 
f:TEQ-aX'K€-g  H. :  dX-aX'^s.     Vgl.  dXx^. 
ETto-g,  fE7to-g  H.  df^iagzo-fETtsg  H.  i^dv-fE7ce-g  H. :  fEi7tef.tevai 

=    fE-/E7tE-j.lEVai. 

^gade-g  H.  d-,  dgi-q)gaöe-g  H. :  TtE-cpgads-^EV, 
öl-,  dovg-,  Y.Evvg-,  Ttod-rjVE'ÄE-g  H.  aor.:   EVEyY.E  =   av-EVExe  vgl. 
lit.  neszii,  ksl.  nes(^. 

Vom  Stamme  des  aor.  pass.  auf  d^E  ist  gebildet: 
fü-(jra^«'-c,"  H.  wohlgegründet,  a-orra^f-g  unstät :  E-GTud^n^v,  ota- 
d-E'ig.     Vgl.  avai^E-go-g. 


240 


A.  Fick 


/X.^' 


Indem  -g  an  Aoriststämme  auf  -ae  tritt,  entsteht  der  Aus- 
gang -ao-g  in: 
akoo-  H.  Hain  vgl.  aXfia  Hain  zu  al  nähren  in  av-al-ro-g,  dl- 

daivu),  aX-ds-TO ,  lat.  alere,  al-mu-s ,  al-tu-s. 
a\po-g  H.  Gelenk,  Glied:  axpag  H.  rjXpE. 

/(TOTy^-^U^.  Abscheu,  Hass  yg\.  /mao-drjf^wg  (wie  oqao-tQiaivrjg  zu 
oqao-f.uv  aor,),    /.uaico  H. :  Wz.  /lut   vgl.  sskr.  wfniii^^fein- 
^      denT^l^iwt'^yi,  a'-rnUkLla  un^^eirnzt. 

/  (ivao-g  A.  Abscheu  zu  (.iv  Mund,  Augen  schliessen,  /nvaav  H. 
nsoo-g  A.  Fall,  ßaqv-Ttsaf'-g  A. :  e-Tceoo-v  fiel. 
Ttloo-g  H.  Au,  Wiese:  s-TTlae  tränkte. 

cpäqöo-g  Hdt.  Abtheilung  vgl.  lat.  foruli,  lit.  bdra-s  Abtheilung 
u.  s.  w.  ^a^w  pflügen  (aufreissen)  bei  Gramm. 
3.    Auf  Perfectstämmen  beruhen : 
Trolv-yrjd-s-g  H.  yrjd^o-g  Freude  :    ys-yrjd^e  freut  sich  (praes.  yrj- 

rjS-o-g  H.  gewohnter  Aufenthalt,  a-,  et-,  v.ay.o- ,  of-io- ,  gvv-, 
XeiQO-rjd^s-g  A.  :  euod^e  (—   'i£-n/w,9-£  B.  "/«^■e)  ist  gewohnt. 

SfjL-d^rjle-g  H.  veo-O^rjM-g  H. :  rs&rjlß  blüht. 

£i;-^^£-g  H.  ^vi.i-rJQS-g  H.  xalyi-rJQE-g  H. :  ccQrjQcög  gefügt,  pas- 
send. 

ev-Ttrjys-g  H.  fest:  TtE-nriya  ist  fest. 

TTpayo-g  A.  Geschäft:  Tte-TVQaye. 

Qiyo-g  H.  Kälte,  Frost:  e-^qiys. 

'/.ar-ioQvxs-fffOi  H. :  oq-coqvxs. 

av-iüds-g  H.  dtff-wjfi-g  H. ;  od-iode. 

B.    Die   genau   entsprechende  Verbalbasis    ist   im   Griechi- 
schen nicht  mehr  nachzuweisen  bei  den  folgenden  c,*-Stämmen  : 

ayyo-g  H.  Gefäss ,  vielleicht  zur  Wz.  lat.  unge-re ,  sskrt-wayl 
andkti,  anja-nt  schmifer©«,J^ft*ei6hen ,  vgl.  lat.  figulus  zu 
dhigh,  ßngere.  ^^ 

H.  Thal,    Bucht    vgl.    sskr.    dhkas    n.  Biegung,    Krüm- 
mung, ankha-ya  umklainmern,  W.  ac. 

A.  Ver^iw^ing,    heiligu   SlLü<,^  aCopt^t,    vgl.  sskr.'yay" 
verehren,  ydj'a^,  '^tffifi^  veWkc£nd.  > 

ccyf>-c    A.    Schuld. 


(aus  j'arca),- 
Das  Sta^mve, 


■iiif  II <— >.. 


Zum  s-Suffix  im  Griechischen. 


av^fhhg  H.  Bmme   vglNm'^y^  A.  :s^a:.ändmnii\.  Krsü 

a-ß^iU-$  bei  Sappho  vgl.  ^^Ö'/f^lMI^  Wt.'tökiu  vokii  vefsfcft^en. 
ßev&o-g  H.  Ttokv-ßevd-s-g  H.  verhält  sich  zu  ßä&o-g,    wie  Vra- 

^o-g:  e-'.ra^o-v  zu  Ttevd-o-g:  Tti-novd^e,  vgl.  lat.  yww(/w«? 
y^£i;-/o-c;  Most;  ein  Verbalstamm  yXvy.  hat  bestanden,  vgl.  yXv~ 

^ig,  yXev^Lg  Most;  ykevxs-  scheint  Präsensstamm. 
sv-deleyj-g  andauernd  vgl.  dohx6-g,  ksl.  dir  ff  ü  lang 
Ö£o-g  H.  Furcht,    d-ddes-g   H,   =  d-dj^ejeg:    vgl.   dsi-dto^    dte 

fürchtete,    vielleicht   aus    Ö£i€,    öfsie,    vgl.   zend. ! dvae-tha 

Furcht,     lieber   die    Contraction    von   €l  zu  i  vgl.  jetzt  G. 

Meyer  in  dieser  Zeitschrift  S.  81  ff. 
d-devxs-g  H.  rücksichtslos  (?)  vgl.  h-övyiitog  und  lat.  düce-re. 
örjvo-g  H,,,,£ath  (nur   pl.  drjvsa)  =  sskr.  ddrnsas  n.    vgl.  daöae, 

ßetl^aiy  drjw. 
lo-6vE(fE-g  H.  dunkel  vgl.  dv6cpo-g. 
eyxo-g  H.  Lanze  zur  W.  eyx  —  vsx  stechen   vgl.  ksl.  na-7ioziti 

s^   se  infigere,    nozr  Messer,    nTzq  nts-ii  penetrare,    niza-ti 

trp,nsfigere,  ahd.  nagan  nuog  nagen  u.  s.  w. 
f>^ö"-g.,.Hr  Wolle  vgl.  «i'-s^o-g   zu  ,  sskf 7  j^rtfS/.häf ,    vara-ii  be- I    ^ 

deckt;  besser  vielleicht  zu  lit.  j^^ijiaijü]»^' 
da-EXyk-g  schwelgerisch   vgl.  sXeyalvco   Et.  M.  i 

'L4a-avÖQog,  lAoi-ZLfiog  zu  ad  gefallen. 
Vlo-g,  filo-g  H.  Sumpf,  eigentlich  „Biegung,  Einsenkung"  vgl. 

faXe-lg  gekrümmt,  lat.  vallts  Thal. 
sqsßo-g  H.  vgl.  goth.  riqis ,  sskr.  rdjas ,  vgl.  sskr.  rajant  Nacht, 

raja-ya  färben. 
Vq'AO-g,    fsQxo-g  H.  Geheg,    sv-SQyts-g  H.  :  vgl.  oquo-  in  TtoXi- 

oQ/J-cü,  fOQiio-g  Eid  (=  Einhegung). 
VaO^o-g   H.   Kleidung   vgl.    sa^^-g   rog :    sad^rj-uivog    gekleidet, 

f-vQo-g  H.  Weite   zu  evqvg  vgl.  sskr.  vdra-s  Weite,   vara-te  um- 

schliesst. 
tevyo-g  H.  Joch,  Gespann  vgl.  lat.  jügera,  (s-Kevy-fuvog) ,   ved. 

yoj'a-te. 
du(f-rjv.e-g  H.   zweischneidig,    rava-r^-Ks-g  H.   langschneidig,    B. 

«/*    vgl.    äxo-vT-sg   Wurfspiesse,    eigentlich    Particip,    oder 

'""  Basis  rj^ce  vgl.  ccKrjxs  pf.  in  dii^xoa^'  dxtour],  

ev-riM-g  H.  wohlwollend  vgl.  ^vg\  sskr.  ai'rt-//,  pf.  af«  begün- \ 

stigen,  lieben,  dvas  n    Gunst.  n-.--«!-*-— --^ 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Spraction.  I.  J.7 


Üppig  sein,    vgl. 


242  A.  l-'i.k 

Lhr-}]ve-g  H.  abgünstig,  /rooo-7jvt-g  H.  günstig,  geneigt:  vgl.  an. 

a/ina  an  lieben,    ahd.  unnan  uu  onda ,    as.  gi-unnan,    nhd. 

<j-önnen ,  an.  äst  Liebe   --  alitl.  anal  Gunst. 
öcö-,  rtoXv-,  viU-r]ys-g  H.  7]X0-g  A. :     vgl.  rixrj,    lat.  vcigor ,  ved. 

väca-ti  rauschen,  brüllen. 
d^af.ißo-g  H.  Staunen  fügt  sich  niclit  in  die  Flexion  von  \tTaq)ov 

^tQOo-g  äol.  QsQOi-Xoxog  H.  d^aQOO-g  H.  ^Qceao-g  H. :  vgl.  sskr. 

d/i  rs/ia-?it ,  dh  rsha-mäha ,  da-dharsha . 

It^n-g  H.  Schweiss  wohl  mit  G.  Meyer  o.  S.  92  ~  ufeidog  zu 
nehmen,  dann  —  lat.  sildor  (für  stoidos-)  oder  vgl.  ved. 
sis/wid-äna? 

y.dlhj-g  H.  Schönheit,  TtsQi-KalXe-g  H.  /.alli-d^Qi^  U.  Zu 
(rrunde  liegt  ein  Präsensstamm  xaAAt  =  zaA/6,  derselbe,  wel- 
cher im  sskr.  kalya  wohlauf,  noch  deutlicher  im  ved.  kalyäna 
schon,  welches  offenbar  Particip  ist,  erscheint;  von  /.aX-Jt, 
y.alXe  regelrecht  yiällo-g,  ~y.aXlk-g,  '/.aXlo-vi],  wie  ijöo-g, 
-t]de.-g,  rjdo-vrj  zu  ^öo-^iai. 

ki'-y.(xf.i7T8-g  II.  vgl.  y.ä(.inT(x)j  in  dessen  Flexion  die  Verbal  form 
AUfiTte-  nicht  erhalten  ist.     Ebenso: 

Af:lvq)o-g  /V.  Hülle .  zu  ^aXimTco. 

■/.XbfO-g  H.  zu  xAüw  vgl.  \i^\.  slovq  heisse:  dovo  Wort,  sskr. 
grdvas  Ruhm,  "~ 

■K^jTTts^A.  Diebstahl  ztisij;A£/rrf'j,  vgl.  l-i-t.  i c^^^;(?. 
ixgtJ^^sÄ.  Grausen^  x^t'£-^o-g  grausS^,    für   xQv^ör-g  vgl.  Ttava- 
i       T«tVc(VS£<;ff-raA/t?)§v    Das  Verb   isrv erhalten    iik  an-i/w^^v/ 

I — Jiraus  hru^wi  //roAmw" -plaudern,  gra'Hsen.  \  \ 

Xa^o-g  A.  Fetzen_jgLlat. /aw?»'^ j  Ince-r,  ihee-rä-rf!.  Das  Verb 
ist  noclTmcht  nachgewiesen.    "' '^' 

Xißö-g  A.  Flüssigkeit,  <povo-Xi.ßt-g  A.  vgl.  X&ißu),  Xniß)],  l;it. 
deAiImcre.     Xiße  scheint  Aoriststamm  zu  Xtiße. 

Xl/co-g  A.  fett,  aXuce-g  vgl.  Xirra  wohl  ni(-lit  mit  uXtcfs  salben 
identisch,  sondern  für  /Atx.-«,  vgl.  irisch  ßiuch  -  cnnibr. 
guihjp  madidus  (—  vllquo-s). 

iho-,  a-/iiaQt-g  A.  schwer,  leicht  zu  nehmen  mit  uc<q)^  Hand 
zu   i.iaQ  fieiQüiiai  bekommen. 

itixro-g  das  Suchen:  aävrjg  2  sg.  ]>raes.  bei  Tbeocrit  ist  zwei- 
felbaft. 

fiii^ea  ion.  ^-=^  u/jöta  H.  S'-.ii;ini  vgl.  ksl.  ?/i(ido  lludc;  das  Verb 
ist  ueö  scliwellen  und  lässt  sich  wieder  herstellen  aus  ut>^tu : 


Zum  s-Suflix  im  Griechischen. 


243 


praes.  /.iste,   f^irjöta:   pf.  ^it/urjöe,    das  part.  pf.  pass.  ist  er- 
halten in  (.lea-To-g  voll.     Vgl.  (.latö-g,  uaa-ro-g,  lat.  madeo. 
fievo-g  H.  dva-/iievs-g  H.  vgl.  {.li-f-iovs,  vecl.  manä-mahe,  manas 

Sinn. 
f-itQO-g  A.  Theil  vgl.  ubqe  in  e'fijuoQe,  /^lOQO-g. 
(xtlo-g  H.  Glied  ist  vielleicht  aus  Xs(.iog  entstanden,  wie  Uavov 
/aus  viy.Xov,   dann  vgl.  an.  lim-r  m.,    ags.  lim  pl.  leomu_  n., 
/  engl.    /wiÄ  Glied.     Zum   an.  limar  pl.  f.  Baumzwejge,    ags.jf 
/^_^m  Baum  zweig  würde  schön  f-iEliri  Esche  stimmen;   Stamm-T 
verb  ist  preuss.  lim-twey  brechen.  * 

7rQ0-jiir]d-e-g  A.   vorbedacht   verhält    sich    zu    /.lavd^dvio   s/xaS^ov 
{fiemid^e)  wie  Irjd^ng,    a-Xrjd^e-g   zu    Xav&ävo)  sXad^ov  Xelrji^e 

ui]-KO~g  H.  ovQavo-f.ifjX£-g  H.  zu  /.lan-Qo-g. 

f-irjxo-g  H.  vgl.  /nrjxcc-v)]  H.  neben  {.läyya-vov,  vgl.  sskr.  mamha- 

mäna,  mamha-na^ 
vi(fo-g  W.' y.eXai-vE(p€-g  H.  B.  vecpe  in  V£q)i-Xi],    ovv-vivoq)e  ist 

bewölkt. 
|?i;s<^  H.  vgl.  ^tVr^TgÖ^Ä^^aiaw^    ->^^^^^     N.  '^Cx   n  )^J^ 
olöo-g  Geschwulst  vgl.  olda-w :.  nü^.  etzS^esc^l^j^^il  ^^A/^O 
vToXsfxe-g    H.    unablässig    —    vtj-olsfiE-g    zu    preuss.    lim-twey 

brechen. 
ov€ido-g  H.  vgl.  ved.  a-nedi-ya  (für  a-neda-ya)  —  sskr.  anedya 

nicht  zu  tadeln. 
ocpelo-g  H.    Nutzen,    olyi-coq)6l€-g :    zu  6q>eXXiü,    dessen  Aorist 

ocpeXeiv   mit  ocpeXalv ,    dem  Aorist   von  ocpeilio,    zusammen- 
gefallen wäre. 
7Civd^o-g  H.  vrj-Ttsvd^i-g  H.  vgl.  rteioojiiai  ■=  jcevi^-ao^ai,    Basis 

jcevO^e  in  itt-rcovd^s. 
.itff^^k.  penis,  ■fttiL^;T£no-^  —  sskr.  pasas ,    vgl.  lit.  ^??»i^ö/^</ 

coiret*~-  '*""-  '^ 

7tl(xT0-g  A.Breite  vgl.  TrAaTt'-c;:  sskr. />rä/Ärt-s  n.  Breite,  pratha- 

ie ,  pf.  pa-prathe  sich  ausbreiten, 
^a/.o-g  H.  fga-Kog  äol.  ßganog  Lumpen :  vgl.  qrjöaio ,  Qccaaco  zer- 

reissen,  schmettern,  qayfjvai,  qayeig  (mit  y  =  -/), 
^'jy^S,    fQfjy(>Q  H.  Laken,   Decke  :    Q^yyvfit,    fqrjye   nur   in   I- 

Qi'yxo-g    A.    Schnauze,     Rüssel,     Schnabel,     Fratze    wohl     zu 

^/yyw. 
oÜk(a-^J^  Schild  2l>»«a;44£j w  (ouy,-jioyi:wi^iii^i 

17' 


2. 


244  A.  Fick 

aa(p£-g   H.    vgl.   lat.    sape-re    zu    sapio ,    ahd.    anl-seffian.     (In 

sape-re ,  face-re  sind  wohl  mit  Curtius  Aoriststämme  zu  er- 

^-~  kennen,  wie  in  pare-7ites  neben  pario). 

lisiQO-g  H.  Zeichen,  ,.Himmelszeichen  vgl.  zegcc-g,  TQä-v6-g  deut- 

I       lieh,  crjQetü,^.\\t.ia7^m  sprechen. 

arc€0-g  H.  =  OTtano-g   Höhle  vgl.  lat.  spiri-tu-s   sph'ä-re ,    ksl. 

pacha-ii  hauchen, 
oclcfo-g  A.  Masse,  Schaar  vgl.  OTKf-Qo-g  {oTsißio). 
aTV7C0-g  A.  Stock  vgl.  aTvcpe-liUo  (?) ,   lat.  siup-rare ,  sskr.  ship 

siumpali  stossen. 
TUQßo-g  Angst  H. ,  d-Tagßi-g  U.  vgl.  as.  mod-ihraka  f.  Herzens- 
kummer,   ags.  ihracian    angst    sein,    sskr.  tarja-ti    drohen, 
schmähen,  erschrecken. 
jiyo-g  H.  Dach,  Gemach  vgl.  azeyog  :  avsyw,  lat.  ter/ere,  irisch 

iep,  iech  n.  Haus. 
laixo-g  H.  Mauer,  vgl.  Tolxo-g  Wand,  germ.  diga-n  kneten. 
TsXo-g   H.  Vollendung,    Ziel   vgl.   TtU-iyio,    itle-Tri.    —    tälog 

Schaar  H.  m  \^    ^^    ^ 

u-Tfimt-g  IJ^^^Hnverdpaiif^  vgl.  \^,)^icß>^^r^^ßi9r^ 
\J  ^u-g  H.  gesund,  ßasis  vyie  —  ßsyej's  =  lat.  vigeo. 

^  J!^o-s  Wasser  Hsd.  vgl.  ksl.  voda  t  Wa^eAsskr.  uda-ka. 

[yäeo-g  H.  Gewand  vgl.  (fagt-TQri,   ahd  [5*^^^^ 
I        Oder  gleichen  Stammes  mit  (pdgaog  r  *)  X^y 
I «i;-X6^£-e  A.  dva-xeqs-g  A.  leicht-,   schwer   zu  iiÄhmen    vgl.  ^-j 
XSQO-VT-og,  x^'^Qf^S,  X^'^Q,  ^Vw  hdras  nehmen,  hdra-ti  nimmt, 
tcc-xQfji-g  H.  vgl.  t-xQcte  anfallen  H. 

C.  Die  griechische  Sprache  besitzt  unter  ihrem  Erbgute 
mehrere  Bildungen  auf  -c,  welche  gleichstämmigen  Adjectiven 
auf  v-g  gegenüber  liegen.  So  gleicht  doysa-  in  h-agy^g  dem 
zend.  arezah/i,  während  aQyv  in  ägyc-QO-g,  äoyv-ipo-g  dem  lat. 
0»^V\M.'*'^'**'.'^".^ '  «^«7"-^'^*»  wie  dem  ,ßskr.  drju-na  entspricht;  evqog  :  bv- 
Qv-g  vgl,  sskr,  vdras  Weite:  urü  vdriyams  weit;  r^dog,  f-ieXi- 
iqötg  :  i^dig  vgl.  sskr,  prd-svädas  liebhch:  svädü;  h-rjtg  :  rjvg 
vgl.  sskr.  äoas  Gunst,  gallisch  avi- ,  gotli.  aci-  gut;  Ttkdrog  : 
fiXaxvg  vgl.  sskr.  prälhas  Breite,  prlhü  breit,  ra/og  :  xaxvg 
vgl.  zend.  iaeanh  Lauf,    sskr.  läku.     Dieses  Wechselverhältniss 


*)  fDoederlein  Hom.  Glos,  stellt  if^uQo?  vielleicht  richtiger  zu  (fü()€u  ■ 
vifttCvtiv.  nXfxfiv  {lle.s,) ,  vgl.  auch  iett.  buras ,  biirves  kleine  Segel,  lit. 
burpelis  „Segelbenetzer''  {-jjelis  zu  j)ilti  giessen).     B.J 


Zum  s-Siiffix  im  Griechischen.  245 

ist  in  den  übrigen  Sprachen  kaum  beachtet  worden,  im  Sanskrit 
sind  sogar  lautliche  Differenziirungen  eingetreten  zwischen  vd- 
ras  :  urü,  präthas  :  prthü;  die  griechische  Sprache  hat,  so 
weit  wir  sehen ,  selbständig  —  doch  vgl.  auch  lat.  pecus  oris : 
pecu,  während  densor,  albor  u.  s.  w.  zunächst  auf  densere,  al- 
bere beruhen  —  den  Typus  evQog  :  evQvg  systematisch  durch- 
geführt und  geleitet  durch  die  Analogie  von  wenigen  ursprüng- 
lichen Fällen  der  Entsprechung  von  g-  und  t-Themen,  neben 
fast  jedem  f-Stamm  ein  entsprechendes  Abstract  auf  -g  geschaf- 
fen ,  wie  die  folgende  Uebersicht  zeigt : 

alTtog,  aiTtei-vo-g  H.  :  aiTtv-g  H.  jäh. 
alaxog  H.  Schande  :  aloxv-vio  H. 
ev-a^ye-g  B-.  :  agyi:  in  agyv-QO-g,  agyi-ffo-g  H. 
ßdd-og,  dyxL-ßad-i-g  H.  :  ßadS-g  H. 
ßccQog  A.  olvo-ßaqt-g  H.  :  ßaqv-g  H. 
ßqddog  A.  :  ßgaövg  H.  langsam. 
ßgccxog  A.  :  ßqaxv-g  H.  kurz. 
ßQli>og  A.  :  ßQiH-g  H.  (ßgid^to). 
ydvog  A.  :  yävv-fxai  H. 
yXvÄOg  {=   yXti'Xog)  :  ykvxv-g  H. 
ddaog  A.  :  öaov-g  H.  dicht. 

sQvog  FI.  :  {iQvv  — )  ooru-TUL,  vgl.  oginevog  Schössling. 
6VQug  li.  :  €VQv-g  H.  breit. 
i^dog  H.  fielt-rjöe-g  H.  :  ^Sv-g  IL 
h-TjHg  H.  :  '^v-g^  €v-g  H. 
d-aQöog  H.  :  d-^aac-g  H. 
•/.ÜQTog,  xQarog  H.  :  XQarv-g  H. 
ö^og  A.  Essig  („Schärfe")  :  o^v-g  H.  scharf. 
Itdxog  B.  Dicke  :  yra^J^-g  H.  ^j^jj/    -—-'*— *^'»' 
/rAarog  .\.  :  rcXarv-g  H.  breit. 

TQtoßog  A.  :  TTgiaßv-g  H.  /|        (1 

trraxog  ganz  spät,  Nardenart  :  atäxi-g  H.  Aehre.  Yf/*'v''5 

rdgixog  A.  :  raQxv-io  H. 
TttQcpog  H.  :  xaqcpv-g  H.  dicht, 
ra/og  H.  :  raxt;-g  H. 
y^ro(J-wx)^g  H.  :  wxt'-g  H. 

Diese  Bildungen  konnten,  soweit  sie  speciell  griechisch 
sind,  um  so  leichter  geschaffen  werden,  als  die  Basen  auf  «, 
deren   die  Stämme  auf   -e-g  bedürfen,    in   der  Flexion   der  v- 


V'T! 


246  A.  Fick 

Stämme  hervortreten  vgl.  rmi-feg  u.  s.  w.;  ebenso  schuf  man 
mit  Anschluss  an  e-  resp.  o -Stämme  'KdlXo-g  H. ,  TtsQi-jtalXi-g 
aus  aaXXi-  (—  xaXje-),  vifjo-g  A.  Höhe  aus  vipi,  vifj6-a€,  und 
•KVQO-g  A.  Macht  aus  xr^o  =  sskr.  cü'ra  in  a-xvQO-g,  Ob  diese 
Bildungen  nach  dem  Sanskritschema  als  primär  oder  secundär 
zu  bezeichnen  sind,  steht  dahin;  die  aus  der  Sanskritgramma- 
tik stammende  Unterscheidung  von  Primär-  und  Secundärbil- 
dungen  ist  nur  ein  vorläufiger  Nothbehelf,  den  man  fallen  las- 
sen kann,  wenn  man  in  den  Geist  der  ig.  Nominalbildung  et- 
was tiefer  eingedrungen  ist. 

Der  Analogie  von  xdXXog,  xvQog,  vxpog  folgen  rrrjQog  :  nrj- 
Qo-g,  alxxog  Ekel  :  ffix;fo-g,  alcpXog  Verstümmlung  :  aupXo-g, 
(pfJQog  Ohrendrüse  (satyrhaft)  zu!  (pi^Q  Satyr,  meist  späte  und 
schlecht  bezeugte  Wörter.  " 

D.  Zwischen  den  Stämmen  auf  -s  und  den  suffixlosen  auf 
-a-  besteht  ein  uraltes  Wechselverhältniss ,  welches  darauf  be- 
ruht, dass  man  aus  jedem  Verbalstamm  auf  -a  das  Abstract, 
resp.  Adjectiv  auf  s  mit  derselben  Leichtigkeit  bilden  kann, 
mit  der  man  den  Verbalstamm  ohne  Suffigirung  als  Abstract 
resp.  Adjectiv  verwendet.  So  giebt  der  Verbalstamm  yuga  = 
tvys  die  Stämme  juga-m  und  Jugas  gen.  jugasas,  griechisch 
Lvyöv,  ev-^vyrjg,  ksl.  igo  gen.  izese,  und  es  scheint  durchaus 
nicht  wunderbar ,  dass  ein  auf  dieser  Leichtigkeit  beide 
gleichwertige  Bildungen  aus  denselben  Verbalstämmen  zu 
vollziehen  beruhendes  uraltes  Wechselverhältniss  zwischen  a-s 
und  a-Stämmen  bestanden  habe,  ohne  dass  hierbei  an  „Ver- 
stümmelung" zu  denken  wäre.  Auf  ein  solches  uraltes  Ver- 
hältniss  weist  Manches:  so  liegen  im  Sanskrit  usha  und  ushds, 
Jara  und  jards  u.  s.  w.  neben  einander;  im  Slavischen  wech- 
seln die  a-  und  a-Ä-Stämme  wiederholt  in  der  Flexion,  am 
deutlichsten  aber  tritt  die  Beziehung  zwischen  den  beiden 
Stammbildungen  im  Griechischen  hervor,  hier  jedoch  so,  dass 
mit  wenigen  Ausnahmen  die  Stämme  auf  -g  jüngere  Wechsel- 
formen von  a-Stämmen,  besonders  von  Femininen  auf  a  sind. 
Alt  sind  möghcher  W^eise  yXrjvog  neben  yX^vt]^  wovon  es  sich 
auch  im  Sinne  scheidet,  dgiog  neben  ra  dgia  vgl.  ksl.  dreves-, 
rjxog  :  i^xv  ^S^-  ^^^-  ^^ffor,  (pQlKog  :  g)Qix^  vgl.  lat.  frigtis ;  alle 
übrigen  scheinen  jünger,  sind  wenigstens  fast  durchweg  jünger 
bezeugt  als  die  Formen  auf  o,  rj,  wie  die  folgende  Uebersicht 
zeigt. 


Zum  s-.Snffix  im   Griechischen. 


247 


y^^^^  H.  SchäH^ück  :  j'A^j^  H. 
'diipog\3i)ursi  spät  neben  dixpa  H. 


Pupülle,  vgl.  KhiH-od. 


gl.     /CQO-v(0Tirig 


^  ^.itW"^ 


k 


dqlog  H.  pl.   ta  ögia  vgl.  ksl.  drevo ,  gen.  drevesc  und  dreva. 

riyog  A.  dva-rjysg  H.  :  j^/iy  vgl.  lat.  vägor,   sskr.  vä\,ati. 

■/.duTcog  Seeungeheuer  vgl.  -Adf^irttj  Raupe 

X^(.ißog  Kahn  :  ls(.ißo-g  m.  Kahn. 

Xiojtog  Gewand  neben  Iwrcrj  H.  (Ae'/rw). 

mxog  A.  Vliess  :  vd/r^  H.  Vliess  (zu  vccGoot). 

vd/tog    A.    Waldthal  :  vdroj    H.    Waldthal. 

praeceps. 
v'r/iog  selir  spät  neben  vlxrj  H.  Sieg. 
TtXddog  spät  neben  nXddrj,  /cXaödo). 
jcXiyog  sehr  spät  neben  7cXiydg  interfeminiuin  :  TtsjtXtye. 
QiTtog  Hdt    Matte  :  qiip  H. 
alyog  spät  neben  ff^^vy  Schweigen. 
O'KTivog,  G'/.m>og  Zelt  :  axrjv^  A. 
ffxr/rocj,  ay.0Tsi-v6-g  A.  :  ffxoro-^'  m.  H. 
au^rpog  spät  neben  ovQcptj,  avqrperog. 
cdyyog.  spät  -ijßben  zdyyrj  rancor. 
xdqayng  A.  neben  Taoayjj  Verwirrung. 
rrjTog  spät  neben  rj^Viy  Mangel ,  irjzdiü. 
TQvyog,  d-zQvyeg  spät  neben  Tqvytj. 
vdog  Wasser  Hsd.  vgl.  ksl.  voda. 
v(pog  Ä.  Gewebe  :  vcpi],  vcpdia. 
fpQ7'/.og  spät  neben  cfgUrj  :  7tscpi/,&. 
yXidog  (oder  xXldog'?)  :  x^fdrj,  /Atdaw. 

Einigeniale  liegen  neben  ganz  jungen  -c;-Stämmen  nur  Verba 
auf  dco,  aus  denen  man  dann  wohl  den  a-Stamm  entnahm. 
So  in 

l-idöog  ■  ipiXio&Qov  :  ^addto 

jivöog  nachattisch  :  (.ivödio  A. 

mdog  nachatt.  :  olddcj 

ocpQiyog  spät,  Strotzen  :  acpQiydio. 

Dagegen  sind  die  a-Stämme  tXeyyo-g,  yteXado-g,  reyt]  und 
OTtyr]  jünger  als  die  g-Themen  ro  sXeyyog,  /.eXadti-vo-g ,  ziyog 
und  otiyog,  wie  man  aus  dem  Mangel  der  Vocalumfärbung 
ersieht. 

In  der  Coniposition  sind  die  y-Stämme  vielfach  ganz  deut- 
lich Vertreter  von  a-Themen.     So  schon  bei  Homer  in: 


248  A.  Fick  Zum  s-Suffix  im  Griech. 

ETT-aqtis  H.  vgl.  ofM-aqtfi-ü}. 

y.€ve-avx€g  H.  vgl.  avxeco  A. 

yalKO-ßatig  H.  vgl.  ßaro-g. 

vrjXeEg  H.  sXBeL-vo-g  H.  vgl.  ikeö-g  H. 

tv-eqyäg  H.  :  sqyov  H.  Werk. 

dva-7tov€og  gen.  H.  :  /rovo-g  H.  mit  Beibehaltung   des    o,    das 

in  einer  ächten  alten  g-Bildung  nicht  ara  Orte  wäre. 
€VQV-7tvXsg  dw  H.  :  TtvXy]  H.  Thor. 

ev-xQoeg  H.  neben  svxQOog,  fieXay-xQoisg  H.  neben  f.i6kav6-xQOog. 
Während  man  unter  den  homerischen  eben  verzeichneten 
mit  o-Stämmen  wechselnden  Themen  noch  ileeg-  und  avxeg-  für 
alt  halten  kann,  sind  in  den  folgenden  Compositis  die  g-Stäm- 
me  durchweg  jünger  als  die  o-Themen : 

t7t-avayy.ig  Hdt.  notwendig  :  dvdyxr]. 

e^-avysg  A.  XQ^^'^^y^g  •  ccvyi]  H. 

dv-a(pig  A.  sv-ag)ijg  :  dcprj  A. 

'/.akXi-diveg  A.  tvsqi-,  TtoXv-öivtg  :  öivrj  H. 

sv--KOf,udsg  Hdt.  :  xojiiidr]  A. 

öia-,  nara-,  7tQOG-y.oq8g  :  zopog. 

ri(.a-^  TtoXv-f-isd^ig  :  (.Ud^rj. 

d-f.i6TQsg  spät  :  /ntvQov. 

\ao-7taXig  Hdt.  di;(T-,  «t;-7raA£g  :  rtdXr^. 

Ev-7tQVfxvig  A.  :  7tQv(.iva. 

d-oaXig  unbewegt  :  adXog. 

i^Xio-GTißsg,  viq)o-atißeg  A.  :  ajißog. 

Xid^o-f  vsvQO-OTtadsg  :  vgl.  STti-aTtddrjv. 

TtoXv-artad^ig  dicht  gewebt  :  aTtdi^rj, 

tv-rexv^O-iara  spät  :  rex^rj. 

dva-,  €v-,  TiQOO-cpiXig  A.  :  <piXog. 

ßov-xavdeg  spät  :  x«>'<5oy     (vgl.  Frohwein  in  Curtius'  Studien 
I,  114). 

o^-wTteg  spät  neben  o^v-a)7c6g  :  W7r*y,  orttDita. 

A.  Fick. 


F.  Fröhde  Etymologien. 


249 


^1 


Etymologien. 

1)  pilare. 

Das  Lateinische  besitzt  zwei  Verba  pilare,  die  etymolo 
gisch  verschieden  sind:  pilare  „festdrücken"  und  pilare 
„rauben,  plündern".  Beide  sind  gräcoitalisch ,  wie  folgende 
Vergleiche  lehren.  Was  das  erste  betrifft,  so  entsprechen  sich 
pilare  „festdrücken"  und  gv.'n iXtio  „(\\c\ii  zusammendrücken, 
verdichten,  filzen",  pilalus  „dichtgedrängt,  dicht"  (z.  B.  agmen 
pilatum)  und  ^rtAj^Tog.  Das  Verbum  ist  abgeleitet  von  dem 
Stamme  nlXo-,  in  \2X.  pile-us  und  gr.  TrtAog  „Filz.  'Dass  mit 
letzterem  pilus  „Trupp,  Heeresabteilung"  identisch  ist  (Fick 
Wörterb.  II  151),  bcAveisen  die  Verbindungen  pilatim  exercitum 
ducere,  pilatum  agmen  (vgl.  gr.  Xlri  von  fiTAw).  Als  Wurzel 
dieser  Wörter  betrachtet  Fick  a.  0.  pis  in  skt.  pinashii  pidaie 
(aus  *pisdaie),  gr.  TtTiooo)  Ttistto  aus  "^maijoi  (Curtius  Ver 
bum  I.  235).  Die  zu  derselben  Wurzel  gehörigen ^at.  \j^um\ 
„Stengel  zum  Stampfen,  Mörserkeule,  Spiess"  und  pila  ,^lörser 
Pfeiler"  sind  wol  erst  auf  lateinischem  Sprachboden  entstanden 
Von  diesem  pilare  völlig  verschieden  ist  pilare  „berauben, 
plündern"  in  compilare,  expilare,  suppilare,  pilatriz.  Von  den 
Synonymen  spoliare  depopulari  praedari  u.  a.  unterscheidet  sich 
expilare  bekanntlich  dadurch,  dass  es  immer  ein'Leermache_n^ 
Auslej^ren  bezeichnet.  So  ergibt  sich  seine  Id^atifat  mit  gr. 
i||^>ii^^.,^,4rähl  machen,  bgi^fSben",  abgeleitet^örf  r^/t^'g  ,,naßfetf 
kahl ,  l^Är**T  Das  latein.  p  steht  dem  griech.  xp  gegenüber  wie 
m  pdlpare  parus  pulex  pilus   vergjiiohen   mit    ipjjJ.Mfp'afif^  xpdq 

il.iv IIa  dor,   ifjikog  ~  miXog.   1  '-"^ 

Wie  zwei  pilare,    so  müssen,    wie  mir  scheint,   auch  zwei 

fllum  geschieden  werden,    von  denen  das  eine  „Faden,   Faser", 

das  andere   „Gk^alt,   Bi^ing,   (xättiißg"   bedeutet.     Denn  wie 

sich  zwei  so  verscniedene  Begriffe  mit  einander  vereinigen  sollen, 

tyerma,g  ich   nicht   zu   erkennen.     Dagegen   stimmt  das   zweite 

ßlum    m    seinen  Bedeutungen  genat^  überein  mit^^^w^^,-    vgl. 

Jilum  mulieris,  corporis,  oraiionis  (d.  \  Form,  Darstellungsart), 

\mrgo  filo  liberali  und  figura  muliehris ,  \oris ,    oraiionis ,   homo 

\tenusta  ßgura.     Es  scheint  mir  hiernach ,  S^ass  ^^m  „Gestalt" 

;Hus  '^ßglum  zu  erklären  und  zw.  ßngo  zu  ziehen  ist' 


"L 


250  F.  Fröhde 

2)    Qhf.lß(0. 

Die  Wurzel  varj  bildet  im  Sanskrit  die  Praesentia  varjati 
und  vrnakti.  Die  erste  Form  reflectiren  gr.  Etqyio,  got.  vri- 
kan  ,  zu  denen  sich  lat.  urgeo  aus  *  norgeo  verhält  wie  mulgeo 
zu  d(.UXya)  u.a.  Die  nasalirte  Präsensform  ist  bisher  nur  im 
Germanischen  nachgewiesen;  vgl.  mhd.  renken  „biegen,  wenden", 
ags.  vrenkan  „Ränke  machen",  die  auf  ein  ablautendes  germ. 
vrenkan  führen  =  skt  vrnakti  „wenden,  drehen,  aus  der  ur- 
sprünglichen Richtung  bringen,  ablenken  vom  Wege",  wozu 
tarjana-  n.  „das  Vermeiden,  Vernachlässigen".  Dieselben  Be- 
deutungen zeigt  gr.  QEi-ißio  „drehen,  im  Kreise  bewegen",  Pass. 
„umherschweifen,  nachlässig  handeln",  wozu  Q^:f^ißc6dr]s  „nach- 
lässig". Formell  decken  sich  Qef.ißovoi  und  vrnjanti  völlig; 
denn  der  Abfall  eines  Spiranten  im  griechischen  Worte  ist  von 
vornherein  wahrscheinlich  (KZ.  ''12,  264  ff.),  ß  und/  entspre- 
chen sich  ganz  regelrecht  (vgl.  Qaißog),  vor  ß  aber  musste' 
selbstverständlich  f.i  für  v  eintreten;  vgl.  oxa^ißog  =r  skt 
chanja-  und  ähnlich  ntf.i7ttog  =  skt.  pahcaiha-,  rcifJ-Tcelog 
„wackelig"  (Beiwort  des  Alters)  =  skt.  cancala-  „beweglich" 
von  cal  „schwanken,  wackeln". 


3)  fuscina. 

fnaciria  „dreizackige  Gabel"  kann  ursprünglich  nur  ein  In- 
strument zum  Stechen  fi^deutet  haben,  denn  der  Begriff  der 
Dreiheit  hat  in  dem  Woke  offenbar'  keinen  Ausdruck  gefun- 
den. Ebenso  bezeichnet  gnech.  cpäayavov  „Schwert,  Messer, 
Dolch"  ein  stechendes  Werkzijug.  Da  nun  ay  im  Griechischen 
scliwerlich  ursprünglich  und  a^ch  in  /niaya)  aus  o/.  hervor- 
gegangen ist,  so  möchten  wol  \ie  beiden  Wörter  zu  identi- 
ficiren  sein.  Als  Wurzel  bietet  siöji  die  von  lat.  fodio ,  ksl. 
hosli  „stechen".  \ 


Germ,  vrisan-. 

\  Altn.  n'X,  ahd.  nVV  haben,  ^^e  altSv  «;yv>K^//;  u-ibwg" 
zeigtvjmlautenä^s  o  verloren.  Der  sich  so  ei-gebende  ptanhn; 
vrisan-^"^  völlig  eongruent  rfiit  skt.  vrsimn-  „gewaltig,  Igross,^ 
männlich",""*  welches   ganz    wie   noch   heutig   „riesig"    vonlAllem' 

\  1 


Etymologien.  251 

gebraucht  wird,    \va.s   sich   durch    gewaltige,   kräftige   Erschei- 
nung  auszeichnet,    vom    Männchen    des  Tiers   (Hengst,    Stier, 
Löwe,  Eber),    von  leblosen  Dingen,    die  durch  Grösse   hervor- 
ragen, wie  dem  Wagen  der  Götter,  Indras  Armen,  svana-  u.  a. 
und  von  den  (iöttern.     Die  Herausgeber  des   Pet.  Wörterbuchs 
weisen   die   üblicJie  Ableitung  des  Wortes   von   W.  varsh  „reg- 
nen"  mit  Recht   zurück   und  nehmen  vielmehr  Zusammenhang 
an  mit  vaHIimanr  „Gipfel",  va^r^kishia  „der  höchste,  grösste"  *). 
Aus  dem  Griechischen  ziehe  ich   hierher //?^t  (stil  tov  ^ßiäXot        /'> 
Hesych.)   aus  fqig   *in   ßQirJTtvog   „gewaltig   schreiend"  vom      />}t^ 
Ares  (II.  13,  521),   ßgLaocQ/narog  vom  Wagen  des  Ares  (Hes.     •       /: 
Scut.  441),    ßqidio  „stark  sein",    ßgiagog  „stark,  gewaltig", 
.B(l"^a§«w§*^J^^«^,g[e'*>^  „mit    gewaltigen.  Armen". 

Möglich  Wenigstens  ist  es,  dass  auch  die  Eigennamen  .^jß^id et  c; 
Bgiarjtg  .hierher  gehören,  die  auf  einen  Stamm  Bqiao-  zu- 
rückführen (Leo  Meyer  o,  p.  20  H'.).  Ist  diese  Annahme  rich- 
tig, so  würde  Bqloo-  mit  dem  Eigennamen  Vrshna-  unmit- 
telbar verbunden  werden  können;  vgl.  d^qaavg  :  dhrshnus, 
Y.vo6g  :  lat.  cunnus. 

5)  Germ,  heugan. 

Mit  dem  altind,  hhujati  biegen  lässt  sich  got.  biuggn  '/,(x/.i- 
Ttrsiv,  so  schön  es  in  der  Bedeutung  zu  demselben  passt,  ohne 
Annahme  lautlicher  Anomalie  nicht  vereinigen,  denn  die  germ. 
W.  bug  setzt  indogerm.  hhugh  voraus,  welches  im  Sanskrit  zu 
*buh  geworden  sein  würde,  während  skt.  bhuj  nur  aus  bhug 
hervorgegangen  sein  kann  (A.  H(ovelacque)  Revue  de  linguistique 
6.368,  Hübschmann  KZ.  23,  388).  Im  Griechischen  haben  wir 
nach  Analogie  von  Tvsid^io  jciv^og  icsvd-SQog  ytrjxvg  7Tv&- 
f.iv^v  Ttvvd-dvo/iiaL  Tväyxv  —  hahu-  Superl.  bamliishta-  für 
ursprachliches  bhugh  die  Wurzelform  ttd/  zu  erwarten;  sie  er- 
scheint in  TtTv^  St.  TtTV'x  aus  *7tvx  (vgl.  TtTiaaio  TtxEqva 
nxr]aGOi  u.  a.)  nebst  seinen  Ableitungen  TtTvaow  mv'^ig 
7txvyi.ia  u.a.    Tlrv^  bedeutet  1)  ,, Falte,  Schicht,  Lage,  Tafel", 

*)  So  erweist  sich  die  oben  S.  1(J6  dargelegte,  mir  erst  nach  Abfas- 
sung dieses  Artikels  bekannt  gewordene  Ansiclit  Bezzenberger's ,  dass 
vrisun-  mit  diesen  Wörtern  gleicher  Wurzel  sei,  als  richtig;  hingegen 
lässt  sich  die  Deutung  der  Riesen  als  ITöhenbewohner,  so  schön  sie  der 
germanischen  Vorstellung  entspricht,  mit  meiner  Annahme,  dass  die 
Stämme  vrisan-  und  vrshmt-  identisch  seien,  nicht  wol  vereinigen. 


•2  A.  Bezzenberger 

{wie  nhd.  böge  bogen  (Papier)  „plagula,  eigentlich  gebogenes, 
gefaltetes,  zusammengelegtes  Papier"  (Grimm  Wörterb.  II.  Sp. 
219),  2)  „Windung,  Krümmung  eines  Gebirges,  des  Meeres, 
Schlucht",  vgl.  altn.  hogi  „Biegung",  nhdi  Bucht  des  Tales,  des 
Meeres  (Grimm,  a.  0.  Sp.  483).  Das  vonT TTf t'^  abgeleitete 
nrvooio  aus  '^Jtxvyjto  wird  besonders  vom  Falten  der  Klei- 
der gebraucht;  vgl.  Bucht  „eine  Biegung  im  Kleide"  (Grimm  a. 
0.),  bügeln,  Bügeleisen  u.  a.;  mv^ic,  erklärt  Hesych.  durch 
■/.äuiptg.  So  zeigt  sich  in  den  verglichenen  germanischen  und 
griechischen  Wörtern  völHge  Congruenz  in  Wurzelform  und 
Bedeutung. 

F.   Fröhde. 


Vermischtes. 
1)  Zur  Lehre  von  der  Reduplication  im  Litauischen. 

J.  Schmidt  Vocal.  II.  499  betrachtet  lit.  caweris ,  väivaras 
das  Männchen  vom  Eichhörnchen  als  reduplicirt,  wie  duL-dällw, 
naL-cpäöOio ,  tcol-jivvw,  was  ich  für  nicht  richtig  halte.  Vai- 
ceris  darf  nicht  von  mcere  (Nesselmann  W^bch.  S.  87),  owerie 
(Geitler  Lit.  Stud.  S.  99)  ^j  getrennt  werden;  die  Grundform 
beider  Wörter  kann  nur  vqverja-  sein,  deren  q  einerseits  zu  a, 
o  {vovere,  lett.  täveris,  vävere) ,  andrerseits  zu  ai  wurde  {vai- 
veris,  väivaras),  vgl.  bruiszis  aus  brtf,szts  (preuss.  brunse),  träi- 
sza  aus  trqsza  (Nesselmann  S.  112,  vgl.  tr^szos  Geitler  a.  a.  0. 
S.  40  Z.  50).  Jene  Grundform  anzunehmen,  ist  um  so  not- 
wendiger ,  als  vaiveris  neben  vovere  nicht  anders  beurteilt  wer- 
den darf,  als  väivaras  Heidelbeere  (lett.  vaivarim  Porsch)  ne- 
ben voüöras  (lett.  väveraji) ,  deren  Grundform  vqvoras  erhalten 
ist  (Geitler  a.  a.  0.  S.  120). 

Wir  finden  hier  dieselbe  Reduplication,  wie  in  skr.  j'anjap- 
yale,  dimdahiti,  pamphulyate ,  gr.  7Ti/^i7tQr]/ia,  nif.i7tXrjfA.i  u.  a.  ^) 
Sie  ist  im  Lit.  in  noch  einigen  Wörtern  aiizunehmen,  nemlich 
in:  gogilöti  hastig  fressen  (aus  gqgiloti,  vgl.  skr.  gal  verschlin- 

*)  In  owerie  ist  v  vor  o  eingebüsst .  wie  in  otceriksztis  und  ojns;  eben- 
so ist  V  vor  ü  eingebüsst  in  ouszus  (=  vaszas)  und  oiistai  (*t:nsfai)  (Geit- 
ler a.  a.  0.). 

*)  Die  Beispiele,  welehe  man  früher  angeführt  hat.  um  diese  Redu- 
pi icationsweise  im  Lit.  nachzuweisen ,  sind  mehr  als  zweifelhaft. 


Vermischtes.  253 

gen);  vaivolas  Hirte  (Geitler  a.  a.  0.  S.  119);  gaigo  in  gaigo- 
czus  Kostmäkler  (Nesselm.  S.  243) ,  altlit.  gaigoii  an  etwas  mä- 
keln, das  ich  als  Intensivum  des  Wurzelverbs  ghä  (Fick  ^  I. 
575)  betrachte,  vgl.  skr.  ha  verschmähen  (in  jihäsati  er  will 
verschmähen  PVV.  7.  1591);  vakoriksziis  (daneben  vnveriksztis, 
oweriksziis)  Regenbogen  (Geitler  a.  a.  0.  S.  119)  neben  ord- 
rykszte.  Vaivoriksziis  beruht  auf  der  durch  Prothese  eines  v 
entstandenen  und  demnach  späten  Form  '*vordnkszü's  (voras  fin- 
det sich  bei  Schleicher  zu  Donal.  S.  338,  vgl.  Kurschat  Gram. 
§  1004);  die  in  Rede  stehende  Reduplicationsweise  ist  also  im 
Litauischen  sehr  lange  lebensfähig  gewesen,  oder  ist  es  noch.  — 
In  allen  bisher  angeführten  Wörtern  enthielt  die  Reduplications- 
silbe  den  anlautenden  Consonanten  des  der  reduplicirten  Form 
zu  (jrunde  liegenden  Wortes  und  a-j- Nasal;  dieses  a  ist  zu- 
weilen zu  e  geworden,  das  sich  mit  dem  folgenden  Nasal  zu  ^ 
verband  und  weiter  in  e  oder  e  überging,  vgl.  pepala  (oder 
pepala?)  Wachtel  (Nesselm.  S.  285;  Nom.  PL  piepalas  Bretk. 
II.  Mos.  16.  13)  neben  preuss.  penpalo  und  lett.  pdipala :  alt- 
lit. giegals  Taucher,  preuss.  ^e<7«/w  neben  lett.  gaigale  eine  Mö- 
wenart, \\t.  gaigals  Enterich;  endlich  auch  preuss.  tceware,  ksl. 
veverica  (aus  venv-)  neben  vaiceris,  vovere    s.  o. 

Ausser  der  besprochenen  Reduplicationsweise  kennt  das 
Lit.  nur  noch  die  andere,  einfachere,  nach  der  die  Reduplica- 
tionssilbe  durch  den  anlautenden  Consonanten  der  nicht-redu- 
plicirten  Wortform  -\-e  (bez.  eine  Umgestaltung  von  e)  gebildet 
wird,  wie  in  szeszelis  Schatten  =  skr.  gicira  Kühle,  dedervine 
Hautflechte  neben  skr.  dadrü  Hautausschlag. 

2)  Zend.  urcäta. 

Roth  hat  in  seiner  kürzlich  erschienenen  Abhandlung  „lie- 
ber Yagna  31"  (Tübingen  1876)  zend.  urväta  treffend  zu  skr. 
pratd  gestellt.  „Die  Schreibung  urvä  im  Anlaut,  metrisch  ein- 
silbig, ist  noch  nicht  erklärt".  Auch  ich  vermag  das  anlau- 
tende urv  für  or  nicht  mit  Sicherheit  zu  erklären  und  erinnere 
nur  an  die  altfries.  Wörter  ruald,  rueka,  in-ruesze  ifiir  n:rald, 
icreka,  in-wresze ,  vgl.  Jak.  Grimm  bei  v.  Richthofen  Altfries. 
Wbch  S.  11G4),  die  vielleicht  zur  Erklärung  jener  Schreibung 
dienen  können.  —  Skr.  vraid  bedeutet  nach  dem  Petersb.  Wbch. 
„Wille,    Gebot,    Gesetz,    vorgeschriebene  Ordnung,   Botmässig- 


254  A.  Bezzenberg-er 

keit,  üeliorsam,  Gebiet,  Beruf,  Amt,  gewohnte  Tätigkeit, 
Pflicht,  Gottesdienst,  Regel,  Gelübde"  u.  a.  Alle  diese  Bedeu- 
tungen beruhen  auf  den  beiden  „Gebot"  und  „Verpflichtung" 
(„Verabredung"),  die  auch  zend.  urcäta  (nach  Justi:  „Ueber- 
einkunft,  Lehre,  Gesetz")  zeigt.  Die  Wurzel  beider  Wörter  ist 
nicht  var  ,, wollen",  sondern  cur  „sprechen",  und  urväia  ent- 
spricht ganz  genau  dem  griech.  qr^xo-  vgl.  qr^tä  verabredete  Be- 
dingungen, kypr.  fqijzal  Verabredungen,  Vertrag,  fQt]Tdof.iai  \ 
ich  verabrede,  verpflichte  mich  (Deecke  und  Sigismund  in  Cur-  * 
tius  Stud.  VII.  247)  und^A|r^a  Verabredung,  Vertrag,  Ueber- 
einkunft,  Gesetz  (in  der  letzteren  Bedeutung  nur  von  den  un- 
geschriebenen Gesetzen  des  Lykurg  gebraucht).  Neben  der 
Wurzelform  jzqi]  liegt  im  Griech.  /qs  in  s^Qsd^riv,  elqeS-rjv;  an 
diese  schliesst  sich  skr.  ( vraicf  an ,  das  demnach  nicht  ganz 
genau  mit  urväia  übereinstimmt,  obgleich  beide  unter  einer 
Grundform  vartd-  sich  wol  vereinigen  Hessen.  —  Ist  das  be- 
merkte/richtig, so  muss  die  Zusammenstellung  von  ^vAvratd 
mit  gv.\ioQTri  (Fick  Vgl.  Wbch.  ^  I.  211)  zum  mindesten  für 
unsicher  gelten. 

3)  Zend.  urvaeza. 

urvaeza  findet  sich  nur  in  dem  ana^  Xsyojuevov  urcaezC- 
maidhya  Yt  17.11,  das  von  Justi  durch  „mit  schlanker  Taille" 
und  von  Spiegel  (Avestaübers.  III.  168)  durch  „mit  schlanker 
Mitte"  zutreff"end  übersetzt  ist;  eine  Etymologie  von  urvaeza- 
ist,  so  viel  ich  weiss,  bisher  nicht  aufgestellt.  Es  beruht  nach 
meiner  Meinung  auf  ^vraeza-  —  gr.  qaißog  krumm,  gebogen, 
bes.  einwärts  gebogen  =  got.  vraiqs  ayioXiog  (Fick  a.  a.  0.  III. 
308)^);  kaintno  urvaezumaidhydo  sind  demnach  „Mädchen,  de- 
ren Mitte  (sehr)  (einwärts)  gebogen  ist",  dh.  die  eine  schlanke 
Taille  haben.  Ganz  ebenso  bedeutet  skr.  natamadhyadega  ei- 
gentlicli  „die  Mitte  des  Leibes  gebogen,  gekrümmt  (vertieft) 
habend",  dann  aber  „mit  schlanker  Taille",  vgl.  Sucruta  II. 
483  Z.  5  ff. : 

pi\natyayeshu  vikatorunitambavatyah 
pinonnatastanabharä  n  a  t  a  m  a  d  h  y a d  e  g  a  li  j| 
praudhah  striyo  5  bhinavayauvanapinagätryah 
sevyäcca  pancavishaya,ti(;-ayasvabhäväh  j 

^)    iJJy   von  J.  Peters  Gotisclio.  Conjectiireii    S.  9   vorgescUlaf^fiii«.-  Aeii- 
derutig-  von  vraiqs  in  vraips  halte  ich  für  unnötig-. 


V^ermischtes.  255 

unxieza-  weist  auf  grundsprachliches  vraighi  zurück,  wäh- 
rend gaißog  und  vraiqs  auf  vraiga  berulien  (Hühschraann  KZs. 
23.  387).  Die  letztere  Form  ist  nach  Ausweis  von  skr.  vrj 
{vrndkti),  gr.  gsfißto,  germ.  wenhan  (Froehde  o.  S.  250)  die 
altertümlichere;  urvacza-  schliesst  sich  an  sie  an,  wie  haeshaz 
an  skr.  hhishaj  {hhishdkti)  (vgl.  Hübschmann  a.  a.  0.  S.  395). 

4)  Karisch  ßavda,  ytXav,  yiaaa,  lydisch-thrakisch  ßaadga. 

Das^Njer  Name  '"^r  karischen  Stadt  ^^^f^ßavöa  die  Wörter 
ala  Pferd  uhd  /?«»'()«  Sifeg,^^enthalte ,  wie  Steß^ha,nus  v.  Byzä'Bz 
(ed.  Westermann'- p.  30)  angibt,  ist  mir  sehr  zweifelhaft,  da 
l4Xaßavöa  von  den  karischen  Städtenamen  ^!AXivda ,  KaXvvöa, 
Kvllavdog,  ^aßgavöa,  ^rjip^fiavöog,  von  Tllyivda,  dem  Namen 
eines  karischen  Demos,  von  den  lykischen  Städtenamen  ^4qv- 
■/.avöa,  Q()vavda,  Olvoavda,  dem  pamphylischen  Stadtnamen 
^L^ajtevöog  und  dem  lykaonischen  Stadtnamen  ^aqdvöa,  die  of- 
fenbar alle  suffixales  -vd-  enthalten,  kaum  getrennt  werden 
darf.  Die  Ueber lieferung  der  Wörter  oÄ«  und  ßdväa  bleibt 
deshalb  jedoch  zu  Recht  bestehen  und  ich  stimme  de  Lagarde  :. 
bei,  wenn  er  (Ges.  Abb.  S.  269)  smi  Grund  dieser  W^örter  denl' 
semitischen  Character  der  karischen  Sprache  bestreitet,  wenn  ">' 
ich  auch  ßdvöa  3,^ber  zu  zend.  vainti ,  vanant  als  zu  npers. 
band  in  devhand ,  zend.  handa  (Justi  Zendspr.  s.  v.)  stellen 
möchte. 

Für  die  indogerm.  Herkunft  der  karischen,  oder,  wie  viel- 
leicht richtiger  gesagt  wird,  der  lelegisch-karischen  Sprache 
(vgl.  Deimling  Die  Leleger  S.  27)  spricht  auch  das  Wort^*Ä!ßy, 
das  Stephanus  v.  Byzanz  unter  ^iovdyybXu  (vgl.  Qmyyel^  über- 
liefert und  durj&b"/^a(T/Af'«  übersetzt  fde  Lagarde  a.  a.  Q.).  Es 
gehört  u»5;\veifelhaft  zu  lit.  Q^ti^i  (alt  auch  g^l^-tffKÖnnen, 
verjaiögen,  ffcilß/ms  ein  Mächtiger,  ein  grosser  llerr,  ks\.  mleffiu 
magnus  (Fiök  V^l.  Wbch.  ^n.  551).  IVIit  diesem  y§^v  ist  viel- 
leicht identisch,  /iaAj^*^das  ph^ygi^che  V^lovX^^^S^-^^^^i^iii^'fi^ 
Lagarde  a.  a.  OTS.  285],  ^veTches  ^fedocli  von  Fick  (Die  ehe- 
malige Spracheinheit  der  Indogermanen  Europas  S.  412)  zu  ksl. 
dpi^7  mäjp*<praestantior  gestellt  wird.  Jedenfalls  lässt  die 
'^ehnlictikeit  jener  Wörter  die  Möglichkeit  einer  nahen  sprach- 
lichen Verwantschaft  der  Phryger  und' Karer  als  nicht  undenk- 
bar erscheinen  und  deshalb  ist  es  nicht  gefa'Een,  karisch  aovav, 


256  A.  Bezzenberger  Vermischtes. 

das  Steplianus  v.  Byzanz  durch  rmpov  übersetzt,  als  kovav 
aufzufassen  und  zu  lat.  cuvea  (vgl.  darüber  Fick  Vgl.  Wbch.  -^ 
II.  62)  zu  stellen,  da  k  im  Phrygischen  als  k  erscheint  (Fick 
Spracheinheit  S.  413)  i).  ^ 

Karisch  ylffua  (yiaoa   xfj  Kaqiov   (finsvf]   U&og  f^Qm^verai. 
y.ai  vvv  Toy4  TiXaKiodeig   xat  (.lala-Ku^ug  ?u&ovg  y'ipim  XfyoiGi.  \ 
de  Lagarde  a.  a.  0,  S.  269)  isfc-'älid. /mhd.  kis  ^^%.  \ 

Die   lydisch-thrakische  Bezeichnung  IL^^" xixmv   oder   einer  \ 
Art  von  y^ixiäv.   ßaactqa.  (ßaaoaQa  vgl.  de  Lagarde  a.  a.  0.  SS. 
271,  278)   ist  aus   /aardga,  ^aaxqa  entstanden  und  entspricht 
genau   skr.    vdslra   Gewand,    Zeug,    vgl.    an.    vesl   schützendes 
Oberkleid.  ,,  ""?Sc^-^^ 

f))  (Üälay^.  j 

0aXay^  in  seiner  doppelten  Bedeutung  „Schlachtreihe, 
^Reihe  oder  Glied  der  Schlachtoji'dnung"  (davon  übertragen 
„Glied"  überhaupt)  und  „FIoJ*«tS2mi3är^(dann,  weil  Holzstärame 
als  Walzen  benutzt  wurden,  übertragen  „Walze,  Rolle")  schliesst 
sich  auf  das  engste  an  an  an.  ß<fl/&  „fealken"  (SchsidewäH^) 
und  „Abteilung,  Haufen"  (vgl.  Cleasby-Vigfussön  Icelandic^Engl. 
Dictionary  s.  v.)  und  gehört  mit  ihm  unzweifelhaft  zu  der  o. 
S.  68  von  Fick  aufgestellten  ^hhalg  (ßlccTtTto  sufßdmen,  bdlkr). 
Mit  (fdXay^  aus  "^(pläy^  v^leichen  sich  hinsichtlich  seiner  Bil- 
c|ung  zunächst  ^estislimd.  W(?>h4i  (Cleasby-Vigfusson  s.  y.planki), 
nuHj.  ih^dd.  blande  Plaitk^,  dicm^Brel^L  Bohle ,  die  nicht  mit 
planki,  ptanke ,  die  aus  lat.  planca  entlennt  sind,  zusammen- 
geworfen werden  dürfen. 

Als  Reflexe  der  ^bhalg  sind  wol  auch  lit.  balzmasy  bal- 
zena ,  balzino  P^ggbalken ,  Eggscheide  und  die  von  Fick  Vgl. 
Wbch.  ^  II.  752  unter  balz  stützen  aufgeführten  Wörter  zu  be- 
trachten. 


*)  BiQtxvvrni  geliört  nicht  zu  skr.  hhrdc  (Fick  S.  412) ,  sondern  steht 
für  fQfxvvTia^  vgl.  Gott.  G.  Anz.  1875  S.  1325  N.  Meine  dort  ausge- 
sprochene Vermutung,  dass  in  ABAZlAA[AKIO  der  Name  der  gross- 
phryg.  Landschaft  Aßaatrii  stecke,  nehme  ich  zurück,  da  nach  einer 
freundlichen  Mitteilung  meines  Collegen  Niese  'AßaaCridog  Strabo  XII.  57ß 
fehlerhaft  für  l^ßueirid^og  steht  (vgl.  Franz  Fünf  Inschriften  und  fünf 
Städte  in  Kleinasien,  Berlin  1840,  S.  26  Anm.  5). 

Adalbert  Bezzenberger. 


257 


Die  Etruskischen  Zahlwörter. 

Die  etruskischen  Inschriften,  in  denen  nachweislich  Zahl- 
wörter vorkommen,  sind  folgende,  nach  den  Fundorten  ge- 
ordnet. 


Toscanella  (Tuscania). 

1)  Zwei  Elfenbeinwürfel,  cubisch,  23™"  gross,  1848  von  Se- 
condiano  Campanari  ausgegraben,  später  im  Besitze  des 
Herzogs  von  Luynes,  jetzt  in  dessen  Sammlung  im  Medaillen- 
cabinet  der  Nationalbibliothek  zu  Paris  (n.  816  u.  817).  Die 
folgenden  Diagramme  habe  ich  zuerst  durch  die  Güte  Isaac 
Taylor 's  bekommen;  dann  hat  im  Herbste  dieses  Jahres  mein 
Freund  und  College  Dr.  Blaum  auf  meine  Bitte  während  eines 
Aufenthaltes  in  Paris  selbst  eine  Copie  der  Würfelinschriften 
genommen. 

a)  n.  816.  b)  n.  817. 


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2)  Inschrift  eines  Travertinsarkophags  aus  dem  Grabe  der 
Vipinana,  das  27  grosse  Särge  enthielt,  jetzt  im  Britischen 
Museum.     Auf  dem  Deckel  ruht  ein  Mann. 

vipinans  :  s'eöre  :  velöurfus]  :  meölasial  :  Öan/vilu  : 

avils  :  eis  :  cealx^s 
Fabr.  C.  I.  nT  2108;  t.  XXIX,  nach  Conestabile  Spicil.  See. 
p.  14,  t.  IV^;  vgl.  Deecke  Etr.  Forsch.  I,  p.  23  ff.,  n.  19. 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen,  i.  18 


258  W.  Deecke 

3)  Inschrift  am  Deckel  eines  Sarges  aus  demselben  Grabe, 
vipinanas    :   vel   :   cla|nte  •    ultnas  :   la6al  clan  j 
avils  :  XX  :  tivrs  ;  s'as 

Fabr.  ibid.  n.  2119,    nach  See.  Campanari   Tuscania  II,  7; 
t.  I,  n.  13,  verbessert  P.  Spl.  p.  113;  vgl.  Corssen  I,  p. 701  ff. 

4)  Inschrift  einer  Aschenurne,  vielleicht  aus  einem  Grabe  der 
Ceise. 

laröi  •  ceisi  •  ceises  •   velus  •  velisnas  •   ravnöus  • 

sex  i  avils  •  s'as  •  amce  •  uples 
Fabr.  C.  I.  n.  2104,    nach  See.  Camp.  Tuscania  ibid.  n.  14; 
vgl.  Corssen  I,  p.  699  ff.;  Deecke  P^tr.  Forsch.  I,  p.  22,  n.  Iß. 

Volci. 

5)  Eingehauene  und  roth  ausgemalte  Inschrift  am  Deckel  ei- 
nes grossen  Nenfrosarkophags  aus  dem  Grabe  der  Tute,  in  ei- 
nem Magazin  des  Fürsten  Torlonia  zu  Castel  Musignano. 
Auf  dem  Deckel  ruht  ein  Mann.     Rohe  Arbeit. 

tu/es  •    s'eöre   •  laröal   •   clan   pumplialx    '    velas  • 

zilax«uce  |  zilc  ti  •  purts'vavct«  *  lupu  •  avils  •  ma/s  * 

zaörums 

Fabr.  C.  I.  P.  Spl.  n.  388,    nach  Heibig  Bull.  d.  Ist.  1869, 

p.  172  ff;  vgl.  Corssen  I,  p.  663  ff.;  t.  XIX,  1;  Deecke  Etr. 

Forsch.  I,  p.  19,  n.  10. 

6)  Eingehauene  Inschrift  am  oberen  Rande  eines  ähnlichen 
Sarkophags  aus  demselben  Grabe,  am  gleichen  Orte  verwahrt. 
Das  Relief  der  Vorderseite  zeigt  den  Todten  als  Staatsbeamten, 
in  der  Toga,  auf  einer  Biga  stehend;  zwei  Lictoren  mit  Bün- 
deln gehen  voran,  zwei  Diener  folgen.  An  der  rechten  Seite 
zwei  Hornbläser. 

tute  :  lar6  :  anc  :  farOna/e  :  tute  :  arnöals  :  lupu  : 
avilsesals  :  cezpal/als  |  haOlials  :  ravnöu  :  zilynu  : 
cezp  z  purts'  vana  :  6unz. 
Fabr.  ibid.  n.  387,  nach  Hei  big  ibid.  p.  173  ff,;    vgl.  Cors- 
sen I,  p.  746  ff;    t.  XIX,  2;    Deecke  Etr.  Forsch.  I,  p.  28, 
n.  48. 

Corneto  (Tarquinii). 
7>  Eingehauene  Inschrift   in   meist  eckigen   und  alterthümli- 


Die  etruskischen  Zahlwörter.  259 

Buchstaben   auf  einem   Nenfrosarkophag   aus    dem   Grabe   der 
Aisina,  von  der  Gräfin  Bruschi  1873  aufgedeckt. 

velöur  laröal  •  clan  j  pumpualclan  •  lar6ial  |  avils  . 

ceal/Is  •  lupu 
Fabr.  C.  I.  See.  Spl.  n.  112,  nach  Ed.  Brizio;  vgl.  Corssen 
I,  p.  659  ff.;  Deecke  Etr.  Forsch.  I,  p.  20  ff*.,  n.  14. 

8)  Eingehauene  und  roth  ausgemalte  Inschrift  ähnlicher  Art 
am  Deckel  eines  Nenfrosarkophags  aus  demselben  Grabe. 

larO  •  avles  •  clan  |  avils  hu6s  •  |  muvalxls  •  lupu 
Fabr.  ibid.  n.  115,  nach  demselben;  vgl.  Corssen  I,  p.  662. 

9)  Schwarzaufgemalte  Inschrift  eines  Sargdeckels  aus  demsel- 
ben Grabe  (Fabr.  ib.  n.  116;  Cors.  ib.). 

larö  :  larÖial  :  avils  :  huös  :  lu[p]M 

10)  Inschrift  eines  Sarkophags  von  Poggio  del  Castelluc- 
cio,  1854  gefunden,  jetzt  im  Garten  Falgari,  der  Gräfin 
Bruschi  gehörig. 

a«icne  .  .  «eltna  : turefnesi- 

övas  I  avilscis  •  muval/l  .  .  . 
Fabr.  C.  I.  n. 2335,  d,  nach  Hübner  Bull.  1860,  p.l48,  n.3»>. 
Die  erste  Zeile   ist  jedenfalls   arg   verlesen.     Die  Inschrift  des 
Deckels  s.  Fabr.  ibid.  c,  nach  Hübner  ibid.  3*  ;  vgl.  Deecke 
Etr.  Forsch.  1,  p.  16  ff.,  n.  8. 

11)  Eingehauene  Inschrift  am  oberen  Rande  (nach  Fabretti 
am  Deckel)  eines  schwarzgrauen  Peperinosarkophags  aus  dem- 
selben Grabe,  an  gleichem  Orte  verwahrt.  Auf  dem  Deckel 
liegt  ein  Mann.  Die  Vorderseite  zeigt  in  flachem  alterthümli- 
chem  Relief  den  Todten  auf  einer  Biga,  begleitet  von  einem 
geflügelten  Dämon;  vorn  8  Männer,  hinten  2. 

larö  •  arnOal  '  plecus  :  clan  :  ramOasc  :  apatrual  : 
eslz  •  I  zila^nöas  ;  avils  :  öunes'i  :  muvalxls:  lupu 

Fabr.  ibid.  a,    nach  Hübner  ibid.  n.  1;    vgl.  Corssen  I,  p. 

552  ff.,  der  ramöasv  und  Öuns  s'i  liest;  Deecke  Etr.  Forsch. 

I,  p.  17,  n.  9,    wo   auch  über  das  Verhältniss  dieser  Inschrift 

zu  derjenigen  des  Deckels  von  n.  10  gesprochen  ist. 

12)  Inschrift  am  Deckel  eines  grossen  Sarkophags  der  Villa 
Averardi. 

laröi  einanei  •  s'eöres  •  sec  •  ramOasurus'la  |  ec- 
natial  •  puia  •  larOl  •  cuclnies  •  vel6[urus]  |  avils  • 
huöscelxls 

18* 


260  W.  Deecke 

Fabr.  C.  I.  P.  Spl.  n.  437,  nach  eigener  Copie;  vgl.  Corssen 
I,  p.  660  ff.;  Deecke  Etr.  Forsch.  I,  p.  15  ff.,  n.  7. 

13)  Schwarzaufgemalte  Wandinschrift  des  Grabes  der  C ei- 
sin i,  1735  entdeckt. 

ramöa  "  matulnei  •  se^  '  marces  *  matulwa[s]  .  .  .  .  ) 
puiam   •   amce   •   se6res   ceis[in]ies   •  cisum    •  tarne 

[ra]  .  u I  laf  .  .  .  nasc  •  matulna  sc  •  cla- 

lum  •  ce s  •  ci  clenar  •  m  •  |  a avence-lupum* 

avils['  m]axs  •  meal/lsc  •  eitvapia  •  me  .... 
Fabr.  C.  I.  nT^MO,  nach  G^ori  Mus.  Etr.  III,  cl.  II,  t.  VII, 
n.  3—4  und  Maffei  Osservaz.  letter.  V,  p.  310,  t.  III;  vgl. 
Corssen  I,  p.  704  ff.,  der  Z.  3  afuna  und  ceisies  ergänzt, 
Z.  4  afuna  und  mene  (?);  Deecke  Etr.  Forsch.  I,  p.  31  ff., 
n.  56. 

14)  Schwarzaufgemalte  Wandinschrift  neben  dem  Zuge  eines 
reitenden  Feldherrn  in  einem  1864  von  der  Gräfin  Bruschi 
entdeckten  Grabe. 

Oui  •   ciei  •   a.utniaö  :  |  vel  •  velus'a  •  avils  |  eis  • 

zaörmisc  |  s-e  .  .  .  r  :  auis'a 
Monum.  InedTVIU,  t.  XXXVI,  vgl.  Brunn  Ann.  d.  Ist.  1866, 
p.  422  ff.  —  Das  Grab  scheint  nach  andern  Inschriften  einer 
Familie  ap(u)na  gehört  zu  haben,  deren  Name  vielleicht  auch 
in  der  ersten  Zeile  obiger  Inschrift  steckt.  Statt  clÖi  lasst  sich 
su6i  vermuthen.  Die  vierte  Zeile  ist  ganz  dünn  und  fein  und 
theilweise  unleserlich  geschrieben. 


Viterlio  und  Umgegend. 

15)  Erhabene  Inschrift  eines  grossen  Sarkophags  aus  dem 
Grabe  der  Churchle,  jetzt,  nach  dem  Tode  des  Hrn.  Lat- 
tanzi,  im  Besitze  des  Hrn.  Franc.  Bomba  in  Vetralla. 
Auf  dem  Deckel  hegt  ein  Mann,  in  ein  Tuch  gehüllt,  ein  Hünd- 
chen in  der  Hand.  An  der  Vorderseite  ein  ReHef  von  zwei 
Cestuskämpfern  mit  zwei  Dämonen  und  einem  Seedrachen:  auf 
der  rechten  Schmalseite  ein  Mann  zu  Ross. 

Iar6  :  xur/Jes  :  arnOal  ^uryles  :  fJanxvilusc  :  cra- 
cial  I  clan  :  avils  :  ciemzaörms  :  lupu 
Fabr.  C.  I.  n.  2071,  nach  JohTFo rchhammer  bei  Henzen 
Bull.  1853,  p.  184,  und  Orioli  Album  XIX,  173;   vgl.  Cors- 


Die  etruskischen  Zahlwörter.  261 

sen  I,  p.  656  ff.;    Deecke   Etr.  Forsch.  I,  p.  8  ff.,  n.  1 ;    im 
Herbst  1875  von  mir  revidirt. 

16)  Aehnliche  Inschrift  aus  demselben  Grabe,  ebendort  ver- 
wahrt. Der  Mann  auf  dem  Deckel  ist  bekränzt,  am  Oberkör- 
per nackt  und  hält  einen  zerbrochenen  Becher  in  der  Hand. 
An  der  Vorderseite  zwei  Männer,   mit  zwei  Tritonen  kämpfend. 

arnö  :  -/urcles  :  larßal  :  clan  :  ram6as  :  wevtnial  : 
zilc  :  parxis  :  amce  |  marunu/  :  spurana  •  cepen  : 
tenu  :  avils  :  maxs  semcpal/ls  lupu 

Fabr.  ibid.  n.  2070,  ebendorther  p.  183;   Orioli  p.  173;   vgl. 

Corssen  I,  p.  703  ff.;  Deecke  Etr.  Forsch.  I,  p.  11  ff.,  n.  2; 

im  Herbst  1875  von  mir  revidirt. 

17)  Eingehauene  Inschrift  am  Deckel  eines  Sarkophags  von 
Nenfro  aus  dem  grossen  Grabe  der  Alethna  bei  Viterbo,  das 
über  40  Särge  enthielt. 

aleönas  •  v  •  y  •   öelu  :   zilaö  •  parxis  |  zila8  •   ete- 

rav  •  clenar  .  ci  •   acnanasa  |»lss'i  •   zilax'^u  •   ce- 

lus'a  •  ril   XXVIIII  |  papalsea  •  acnanasa  •  VI  •  ma- 

nim  •  arce  •  ril  LXVII 

Fabr.  ibid.  n.  2055;   P.  Spl.  n.  111,    nach  Bazzichelli  bei 

Orioli  Bull.  1850,  p.  92  ff.;    vgl.  Corssen  I,  p.  677  ff.,   der 

clenarci  und  li  (?)   statt  VI  liest.     Im  Herbst  1875  von  mir 

revidirt. 

18)  Eingehauene  Inschrift  auf  der  Brust  eines  auf  dem  Deckel 
eines  ähnlichen  Sarkophags  liegenden  Mannes,  der  eine  Trink- 
schale in  der  Hand  hält;  aus  demselben  Grabe. 

arnö  •  ale6n|as  •  ar  •  clan  •  ril  |  XXXXIH  •  eitvatat 

mera  •  s'arvenas  |  clenar  •   zal  *   arce  •  acnanasa  • 

zilc  •  mar|unuxva  •  ten8as  •  e8l  •  |  matu  •  manimeri 

Fabr.  ibid.  n.  2056,   ebendorther  p.  40  u.  92;    vgl.  Corssen 

I,  p.  682  ff.,  der  marvenas  und  clenarzal  liest.    Im  Herbst 

1875  von  mir  revidirt. 

Orvieto  (Volsinii?). 

19)  Schwarzaufgemalte  Wandinschrift  auf  dem  Gewände  ei- 
nes Knaben  im  ersten  Golini 'sehen  Grabe,  demjenigen  der 
Leinie. 

vel  •  leinies  :  laröial  *  Qura  *  arnöialum  (  clan  ve- 
lusum  :  prumaös'  •  avils  •  sewqps'  |  lupuce 


262  W.  Deecke 

Fabr.  ibid.  n.  2033,  bis;  par.  6  (D),  c,  nach  eigener  Copie; 
vgl.  Co n est.  Pitture  murali  a  fresco  e  suppellettili  scoperte  in 
una  necropoli  presso  Orvieto  p.  44  ff.;  Corssen  I,  p,  649  ff., 
der  ruka  und   8es6s   liest.    Im  Herbst  1875  von  mir  revidirt. 


Perugia. 

20)  Der  grosse  Travertincippus  (Fabr.  ibid.  n.  1914;  t. 
XXXVIII;  Conest.  Mon.  Perug.  IV,  p.  511-35;  t.  I,  n.  1; 
Corssen  I,  p.  881  ff.,  t.  XXII)  der  Velthina  und  Afuna 
scheint  an  drei  Stellen  Zahlwörter  zu  enthalten,  von  denen  die 
erste  allerdings  etwas  zweifelhaft  ist.  Die  Inschrift  ist  einge- 
meisselt  und  roth  ausgemalt,  und  steht  auf  zwei  Seiten  (Au.  B). 

a)  naper  sranczl  Öiifalsti  •  v  (A,  15)- 

b)  elöina  hutnaper  •  penezs'  (A,  16) 

c)  hen  •  naper  •  cicnlhareutus'e     (A,  24) 

In  allen  3  Fällen  steht 'naper  dabei,  das  auch  A,  5—6  mit 
dem  Zahlzeichen  XII  vorkommt.  Im  Herbst  1875  von  mir  re- 
vidirt. 

Volterra. 

21)  Inschrift  auf  zwei  Seiten  eines  würfelförmigen  Tufsteins 
vom  Eingange  eines  Grabes,  wo  er  von  Thonsachen  umgeben 
stand,  jetzt  im  städtischen  Museum. 

tites'i   :   caleis'i 
cina:  es':  mestles 
huö   :   naperlescan 
letem    :    8ui 
aras'a   :    6entma 
selaei    :    trecs 
öens'i    :    meuaöa 

Fabr.  ibid.  n.  346;  t.  XXV,  nach  eigenem  Abklatsch;  vgl. 
Corssen  I,  p.  618  ff.  Im  Herbst  1875  von  mir  revidirt,  wo- 
bei ich  zweifelnd  letes'i  und  8ens'i  angemerkt  habe. 


Wörter  mit  Zahlenbedeutung  hat  man  ferner  in  folgenden 
Inschriften  zu  erkennen  geglaubt,  oder  könnte  sie  wenigstens 
darin  finden. 


Die  etruskischen  Zahlwörter.  263 

22)  Inschrift  an  einem  sculpturgeschmückten  Sarkophag  aus 
dem  Grabe  der  Alethna  zu  Viterbo  (vgl.  n.  17  u.  18). 

.  .  .  ?  av  [le  •  ale]  6wa«  [ajrneal   cla[n  •]  öanxvilusc  * 
ruvfial  •  zilax[nuce]  j  . . .  ?  spurc6i  •  apasi  •  svalas* 
marunu/va   cepen  •  tenu  •   eprönevc   •  eslz  te  •  •  j 
epr8weva  •  eslz 
Fabr.    ibid.   n.  2057";    P.  Spl.   p.  111,   t.  X  B,    nach  Bazzi- 
chelli;    vgl.  Corssen  I,  p.  665  ff.;    Deecke  Etr.  Forsch.  I, 
p.  12  ff.,  n.  3.  —  Ob  im  Anfange  der  ersten  und  zweiten  Zeile 
etwas  fehlt,  ist  zweifelhaft.  —    Zu  elsz  vgl.  n.  11,  und  esals 
n.  6 

23)  Fragment  einer  Inschrift  von  einer  arca  bisomos  aus 
Bomarzo,  einst  bei  Hrn.  Basseggio  zu  Rom,  jetzt  verloren. 

zilaxnce  avil  •  si 
Fabr.  ibid.  n.  2432,  nach  See.  Campan.  Giorn.  Accad.  CXIX, 
325;  vgl.  Corssen  I,  p.  676.  —    Da  vielleicht  avils  zu  lesen 
ist,   so  kann  der  als  i  gedeutete  letzte  Strich  auch  einer  Ziffer 
angehört  haben,  so  dass  gar  kein  Zahlwort  vorläge. 

24)  Inschrift  eines  Sargdeckels  mit  Mannesfigur  aus  dem 
Hauptgrabe  der  Geicna  (Caecina)  zu  Volterra,  im  dortigen 
städtischen  Museum. 

ceicna  •  a  •  [tjlapuni  •  avils'  .  . 
Fabr.  ibid.  n.  309,    nach  eigener  Abschrift.  —   Lanzi  Saggio 
II 2,  p.  356,  n.  47  las  avils  •  s'  .  .     Der  Punct  ist  jedenfalls 
undeutlich,  aber  es  heisst  sonst  stets  avils. 

25)  Inschrift  am  Deckel  eines  grossen  Sarkophags  aus  Cor- 
neto,  im  Garten  Falgari,  der  Gräfin  Bruschi  gehörig  (vgl. 
n.  10—11). 

pumpui  :   larbi  puia   laröal  :  cislevsijnas    av/es'la 

sex  sewiinal  öaan/vilus 
Fabr.  C.  I.  See.  Spl.  n.  107,  nach  Ed.  Brizio;  vgl.  Corssen 
I,  p.  801  ff.;  t.  XIX,  B,  4,  der  avies'la  und  seviinal  liest; 
Deecke  Etr.  Forsch.  I,  p.  21  ff.,  n.  15.  —  Corssen  hat  eis 
von  levsinas  getrennt  und  sieht  darin  dasselbe  eis  wie  in  ei- 
nigen der  obigen  Grabinschriften  (=  lat.  hie,  „hier");  Fa- 
bretti  hat  clevsinas,  vgl.  Deecke  Kritik  p.  12.  Ich  erin- 
nere an  xisvlics'  (Fabr.  C.  I.  n.  1922). 

26)  Schwarzaufgemalte  Wandinschrift  in  der  Grotta  delle 
Iscrizioni  zu  Corneto,  neben  einem  Bilde  des  Priapus  (?). 


264  W.  Deecke 

civesanaraatvesicalesece  '  ewrasvclesvas  •  fes- 
öixvaxa 
Fabr.  C.  I.  n.  2301,  nach  Kell  er  mann  Bull.  1833,  p.  60, 
n.  27;  dagegen  t.  XLII,  nach  Mus.  Etr.  Vatic.  I,  t.  CHI;  vgl. 
Corssen  1,  p.  533  ff.,  t.  XVI,  1,  in  der  jetzigen  Gestalt,  wo 
civesan  im  Anfange  und  x^  a,m  Schlüsse  verblichen  sind. 
Auch  hier  sieht  Corssen  dasselbe  ci;  vgl.  Deecke  Kritik 
p.  12. 

27)  Inschrift  auf  dem  Deckel  eines  grossen  Sarkophags  von 
Poggio  del  Castelluccio,  im  Garten  Falgari,  der  Gräfin 
Bruschi  gehörig  (vgl.  n.  10 — 11;  n.  25).  Der  Sarkophag 
selbst  mit  flachen  und  alterthümlichen  Reliefs  trägt  eine  zweite 
Inschrift  (Fabr.  C.  I.  n.  2335  "). 

cawnas  :  larQ  •  laröals'  :  atnalc  •  clan  an  •  s'uöi 
lavtni  :  zivas  •  ceri)(M  |  tesamsa  s'uöiö  atrs'rc  •  es- 
cunac  •  alti  •  s'wöi  timun8  zivas  murs'l  XX 
Fabr.  C.  I.  n.  2335,  nach  Hübner  Bull.  1860,  p.  148,  n.  2»  ; 
vgl.  Corssen  I,  p.  559  ff.;  t.  XVII,  1,  der  canpnas  liest, 
tesam  sa  trennt  und  in  letzterem  dasselbe  Wort,  wie  s'as  in 
einigen  der  obigen  Grabschriften  erkennt.  Vgl.  auch  Deecke 
Etr.  Forsch.  I,  p.  28  ff.,  n.  49;  Kritik  p.  12. 


Dass  nun  aber  auf  den  Würfeln  und  in  den  Grabschriften 
u.  2 — 21  wirklich  Zahlwörter  (in  den  unterstrichenen  Wör- 
tern) vorliegen,  ist  in  meiner  Kritik  „Corssen  und  die  Sprache 
der  Etrusker"  hinreichend  nachgewiesen  worden.  Es  ergiebt 
sich  dabei,  dass  die  Angabe  des  Lebensalters,  die  auch  in  Zif- 
fern nicht  häufig  ist  (etwa  130  mal,  meist  aus  Südetrurien),  in 
Zahlwörtern  sehr  selten  vorkommt,  nämlich  nur  16  mal  (dar- 
unter einmal  gemischt,  n.  3),  und  zwar  nur  in  der  Südwest- 
ecke des  eigentlichen  Etruriens,  in  dem  engen  Dreiecke  zwi- 
schen Vulci,  Viterbo  und  Corneto;  nur  einmal  begegnet  etwas 
weiter  nördlich  in  Orvieto  eine  Wandinschrift  mit  dem  Lebens- 
alter in  einem  Zahlwort  (n.  19).  Von  jenen  15  Inschriften  fer- 
ner sind  nur  2,  aus  Corneto  (n.  13  u.  14),  Wandinschriften, 
die  übrigen  stehen  an  grossen  Sarkophagen  und  Aschenkisten, 
meist  sorgsam  eingehauen ,  mehrfach  mit  alterthümlich  eckiger 
Schrift.  Aus  jener  selben  Gegend  stammen  auch  die  beiden 
Würfel,    sowie  die  3  Inschriften,    in   denen    ein  Zahlwort  mit 


Die  etruskischen  Zahlwörter.  265 

clenar  „Söhne"  verbunden  ist  (n.  13;  17;  18),  endlich  die 
beiden  mit  zil/nu  :  cezpz  (n.  6)  und  eslz  •  zilaxnöas  (n. 
11);  auch  8unz  (n.  6)  und  das  doppelte  eslz  (n.  22)  gehören 
dahin.  Ausserdem  finden  sich  sichere  Zahlwörter  nur  auf  je 
einem  Denkmal  aus  Perugia  und  Volterra,  mit  dem  Worte  na- 
per  verbunden,  von  Corssen  (I,  p.  495)  als  „conditivum" 
erklärt,  zur  indogermanischen  Wurzel  nabh  „verhüllen"  gehö- 
rig. Im  Allgemeinen  also  waren  die  Etrusker  in  schriftlicher 
Anwendung  der  Zahlwörter  sehr  sparsam,  wie  denn  auch  die 
beiden  Würfel  neben  Hunderten  anderer  mit  Augen  versehener, 
in  etruskischen  Gräbern  gefundener,  ganz  isolirt  stehen. 

Gehen  wir  zur  Deutung  über,   so  bezeichnen  die  Wörter 
auf  den  Würfeln,  etruskisch  alphabetisch  geordnet 

ci,  zal,  hu6,  6u,  ma^,  s'a, 
zweifelsohne  die  Einer  von  1 — 6;  die  schwierige  Frage  aber  ist, 
in  welcher  Reihenfolge.  Die  Würfel  selbst  geben  darüber  kei- 
nen Aufschluss.  Wären  sie  wenigstens  parallelepipedisch, 
so  könnte  man  eine  von  dem  Chefingenieur  der  Stadt  Bologna, 
Caval.  Ant.  Zannoni,  dem  hochverdienten  Entdecker  der  dor- 
tigen Nekropolen,  gemachte  Beobachtung  verwerthen,  wonach 
bei  den  6  bisher  aufgefundenen  parallelepipedischen  Würfeln 
aus  dem  etruskischen  Bologna,  wie  ich  mich  im  Herbst  1875 
selbst  überzeugt  habe,  die  Zahlen  1  und  2  auf  den  kleinsten 
Seiten  stehen,  3  und  4  auf  den  mittleren,  5  und  6  auf  den 
grössten.  Oder  fehlten  zwei  Seitenflächen,  wie  bei  vielen  rei- 
henweise verbundenen  etruskischen  Würfeln,  so  würde  man 
nach  deren  Analogie  wissen,  dass  dies  die  Flächen  mit  2  und 
5  wären.  Nun  aber  sind  die  Würfel  cubisch  und  vollständig: 
die  Zahlwörter  aber  stehen  in  allen  Diagonalen  ohne  jede  Ge- 
setzmässigkeit, auch  bei  beiden  Würfeln  verschieden,  so  dass 
kein  Anfang  zu  entdecken  ist.  Als  einziger  Anhalt  könnte  be- 
trachtet werden,  dass,  wenn  man  die  Würfel  so  nebeneinander 
legt,  dass  in  beiden  ma/  in  der  zum  Schreiben  natürlichsten 
Diagonale  steht,  nämlich  von  rechts  oben  nach  links  unten, 
die  sämmtlichen  übrigen  Flächen  sich  in  Bezug  auf  die  in  ih- 
nen enthaltenen  Wörter  decken;  aber  die  Richtung  entspricht, 
wie  die  obigen  Diagramme  zeigen,  auch  nicht  bei  einem  einzi- 
gen Worte,  und  selbst  in  dieser  Unregelmässigkeit  ist  kein  Ge- 
setz zu  entdecken.  Legt  man  dagegen  die  W^ürfel  so,  dass  ir- 
gend ein  anderes  Wort  in  beiden  die  gleiche  Richtung  hat,    so 


266  W.  Deecke 

entsprechen  sich  nicht  einmal  die  übrigen  Wörter,  die  Unre- 
gelmässigkeit ist  dann  also  noch  grösser.  Dennoch  ist  es  wohl 
dieser  Anhalt  gewesen,  auf  welchen  hin,  wie  Dr.  Braun  in 
in  der  Sitzung  des  archäologischen  Instituts  zu  Rom  vom  7. 
April  1848  (Bull.  p.  73)  mittheilte,  Domenico  Canipanari 
zuerst  den  Versuch  einer  indogermanischen  Ableitung  jener 
Zahlwörter  gemacht  hat,  indem  er  may  =  l  setzte.  Es  heisst 
dort  p.  74  in  Bezug  auf  die  Würfel:  ora  il  sign.  Dom.  Cam- 
panari  ha  fatto  l'ingegnoso  esperimento  di  porli  a  compara- 
zione  con  altri  dadi  antichi,  dove  i  numeri  trovansi  indicati 
con  occhj  numerici,  e  ponendo  il  „max"  col  n.  1,  il  „8u"  ha 
corrisposto  perfettamente  al  n.  2  del  medesimo  dado,  e  cosi  il 
„zal*'  al  n.  3,  ed  il  „hu8"  al  n.  4,  mentre  „ci"  =  5,  e  „s'a" 
=  6  venivano  a  stare  sui  fianchi  precisamente  come  presso  gli 
altri  dadi  antichi.  Hiernach  bot  sich  von  selbst  die  Combina- 
tion  von  ma/  mit  griech.  /^la,  wozu  ich  selbst  noch,  mit  feh- 
lendem i,  ,«a-x«AAa  (neben  di-KElXa)  und  fuo-vv^  hinzufüge, 
während  das  x  dem  k  von  sansk.  e-ka,  dem  c  von  lat.  uni-cus 
verglichen  werden  kann,  auch  dem  y  von  etr.  rumax  =  Ro- 
manus, cusiax  =  Cosanus  u.  s.  w.  zu  entsprechen  scheint  (0. 
Müller  Etr.  P,  p.  501);  ferner  entspräche  8u  mit  doppelter 
Lautverschiebung  dem  Stamme  des  sansk.  dv-a,  lat.  du-o;  zal 
wäre  aus  *tar  als  vermuthetem  Stamme  von  sansk.  tr-i,  lat. 
tr-es  entstanden,  vgl.  ter-tius,  ter-ni,  wobei  t  entweder 
durch  Aspirirung,  wie  im  Germanischen,  oder  durch  Assibili- 
rung  (durch  die  Mittelstufe  s)  in  z  übergegangen  wäre;  huö 
enthielte  mit  einfacher  Lautverschiebung  beider  Consonanten 
den  Stamm  von  sansk.  cat-var,  lat.  quat(t)-uor,  wobei  die 
Verdumpfung  von  a  zu  u  keine  Schwierigkeit  macht;  ci  wäre 
der  Rest  von  lat.  qui-nque,  vgl.  qui-ni;  s'a  derjenige  von 
sansk.  sa-s,  lat.  se-x,  vgl.  se-ni.  So  bestechend  dies  Alles 
auf  den  ersten  Blick  scheint,  so  schwer  sind  die  Bedenken,  die 
sich  bei  näherer  Prüfung  erheben.  Aehnliche  Verstümmlungen, 
wie  sie  hier  angenommen  werden  müssen,  gehören  nur  Spra- 
chen spätester  Formation  an ,  wie  etwa  dem  Neupersischen ;  die 
Lautverschiebung  ist  vollständig  unregelmässig;  der  Uebergang 
von  t  in  z,  von  r  in  1  ist  etruskisch  durchaus  nicht  sicher 
nachgewiesen,  viele  kleinere  Bedenken  gar  nicht  zu  rechnen. 
PjS  bleibt  daher  wahr,  was  ich  in  meiner  Kritik  p.  27  behaup- 
tet habe:   „Eine  Sprache  mit  den  Einern  max,  Öu,  zal,  hu 6, 


Die  etruskischen  Zahlwörter.  267 

l 

ci,  s'a ist  nicht  italisch   und  gehört,    wenn 

sie  überhaupt  indogermanisch  ist,  einem  weit  abliegenden  Zweige 
an".  Ich  hätte  auch  sagen  können  „steht  weiter  vom  Urindo- 
germanischen ab ,  als  irgend  eine  bisher  mit  Sicherheit  aus  die- 
sem abgeleitete  Sprache  gleichen  Alters".  Man  vergleiche  nur 
die  altceltischen  oder  altitalischen  Zahlwörter  mit  den  Urfor- 
men des  Etruskischen,  und  der  grössere  Abstand  dieser  indoger- 
manischen wird  klar  hervortreten.  Dies  hat  auch  Corssen 
wohl  gefühlt,  wenn  er,  um  seine  Hypothese  der  nahen  Ver- 
wandtschaft des  Etruskischen  mit  den  übrigen  italischen  Spra- 
chen aufrecht  zu  halten,  zu  seiner  verzweifelten  Deutung  jener 
6  "Wörter  als  einer  Widmungsinschrift  des  Künstlers  gegriffen 
hat,  wobei  er  die  Campanari'sche  Reihenfolge  unbesehens 
beibehielt;  vgl.  meine  Kritik  p.  8  ff.  — 

Nun  aber  muss  ich,  nach  sorgfältigster  Umsicht,  die 
Grundlage  des  Ganzen,  nämlich  die  obige  Behauptung  Dom. 
Campanari's  vom  Entsprechen  anderer  antiker  Würfel, 
durchaus  bezweifeln.  Es  ist  mir  weder  durch  Autopsie,  noch 
durch  mündliche  oder  schriftliche  Erkundigungen  gelungen,  in 
irgend  einer  Sammlung  Italiens  oder  des  übrigen  Europa's  auch 
nur  einen  einzigen  antiken  Würfel  aufzufinden,  der  die  Zahlen 
so  geordnet  enthielte ,  wie  Campanari  angiebt  und  bei  seinem 
Deutungsversuch  voraussetzt,  dass  sich  1  und  3,  2  und  4,  5 
und  6  auf  den  entgegengesetzten  Flächen  gegenüberständen. 
SämmtUche  griechische  und  römische,  sowie  die  meisten  etrus- 
kischen Würfel  beobachten  die  in  der  Anthologia  Palatina 
(XIV,  8)  angegebene  Anordnung 

e^  ev,  rcivTE  ovo,  TQia  riaGaga  xvßog  sXavvei, 
die  auch  bei  den  modernen  Würfeln  sich  behauptet  hat,  dass 
nämlich  die  Zahlen  der  entgegengesetzten  Seiten  zusammen  im- 
mer die  Summe  7  ergeben.  Nur  in  Etrurien  findet  sich  ,  zwar 
nicht  gleich  häufig,  aber  doch  auch  nicht  selten  und  an  ein- 
zelnen Orten  überwiegend ,  eine  andere  Art  Würfel ,  auf  der  die 
Zahlen  so  vertheilt  sind,  dass  die  auf  einander  folgenden  sich 
gegenüber  stehn,  also  1  und  2,  3  und  4,  5  und  6,  mit  den 
Summen  3,  7,  11.  So  haben  diese  Anordnung  von  19  bolog- 
neser  Würfeln  mindestens  13;  sie  findet  sich  auch  bei  Würfeln 
von  Marzabotto  (Gozzadini  Relazione  di  un'  antica  necropoli 
a  Marzabotto  p.  39;  t.  XIX,  15),  und  ich  habe  sie  namentlich 
im  Südwesten   Etruriens,    in  Orvieto,    Viterbo,   Corneto  beob- 


268  W.  Deecke 

achtet;  bei  parallelepipedischen  Würfeln  scheint  sie  sogar  re- 
gelmässig zu  sein.  Man  kann  diese  Anordnung  vielleicht  als 
die  ältere,  specifisch  etruskische  ansehn,  die  nach  und  nach 
von  der  griechisch-römischen  verdrängt  wurde.  Den  einzigen 
Versuch  aber,  einen  Würfel  nach  Campanari's  System  zu 
belegen,  hat  Fabretti  in  seinen  Appunti  epigrafici  p.  10, 
Note  2  gemacht,  wo  er  für  einen  solchen  Würfel  aus  Pompeji 
Rieh  Dict.  des  antiqu.  rom.  s.  v.  tessera  citirt.  Beim  Nach- 
schlagen von  Rieh  aber  ergiebt  sich,  dass  derselbe  im  Texte 
überhaupt  nur  die  gewöhnlichen  griechisch-römischen  Würfel 
kennt,  deren  entgegengesetzte  Seiten  7  ergeben,  und  dass  die 
Abbildung  eines  Würfels  von  Herculaneum  (nicht  Pompeji), 
die  er  giebt. 


1^ 

1  • 

;~\ 

.  . 

von  Fabretti  offenbar  falsch  gedeutet  worden  ist,  indem  un- 
ten 6,  hinten  3,  rechts  2  zu  denken  ist,  so  dass  ein  gewöhn- 
licher Würfel  vorliegt.  Demnach  muss  Campanari's  ganzer 
Deutungsversuch  so  lange  als  vollkommen  unsicher  gelten,  bis 
ein  Würfel  der  verlangten  Art  wirklich  nachgewiesen  wor- 
den ist. 

Eine  zweite  Deutung  •  der  etruskischen  Zahlwörter  hat 
Isaac  Taylor  versucht,  und  zwar  aus  dem  uralischen  oder 
tschudischen  Sprachstaram,  zuerst  in  den  Etruscan  Re- 
searches  1874,  Chapt.  V,  p.  155  fi'.,  dann  in  einer  kleinen 
Schrift  the  Etruscan  language  1876,  p.  4  ff.  Die  von  mir 
in  meiner  „Kritik"  p.  4,  Note  *  gegebene  Reihenfolge  ist  nur 
diejenige,  in  welcher  er  die  Zahlwörter  bespricht;  als  Resultat 
dagegen  stellt  er  hin 

max,  ci,  zal,  s'a,  6u,  huö. 

Seine  Vergleichungen  sind  leider  etwas  unmethodisch  und 
gehen  nicht  immer  auf  die  nachweisbare  Grundform  zurück: 
doch  kann  ich  das  in  dieser  Zeitschrift  nicht  ins  Einzelne  ver- 
folgen. Nach  meinen  Untersuchungen  sind  die  uralischen 
Grundformen 

ak,  kak,  kal-m,  nal-ja,  vat,  kvat, 

von  denen  offenbar  kak  aus  akak=  1-f-l,  kvat  aus  akvat  = 


Die  etruskischen  Zahlwörter.  269 

l-j-5  entstanden  sind.  Berührungen  mit  dem  Etruskischen  zei- 
gen sich  nur  bei  2,  3  und  6;  denn  bei  1  kann  weder  in  ak 
Abfall  des  anlautenden  m,  noch  in  max  Vorschlag  eines  m 
angenommen  werden.  Aber  auch  bei  den  andern  Zahlwörtern 
ist  sowohl  der  Abfall  der  Endconsonanten,  wie  die  Lautver- 
schiebung auffällig  und  unregelmässig.  Für  6u  ferner  muss 
man  schon  zum  andern  Zweige  des  Uralo-Altaischen ,  zum  Ta- 
tarischen hinübergreifen,  wo  mongolisch  tab-un,  teb-un, 
tew-un  =  5  ist,  zu  vergleichen  mit  mandschuisch  tof-o-khon 
=  5.  Endlich  s'a  findet  sein  Analogon  nur  ausserhalb  jenes 
Sprachstammes,  in  den  jedenfalls  nur  in  höchst  entfernter  Ur- 
verwandtschaft mit  ihm  stehenden  Sprachen  der  in  raschem 
Untergange  begriffenen  Jenis  sei  er  Sibiriens.  So  ist  die  Wahr- 
scheinlichkeit einer  Verwandtschaft  mit  dem  Tschudischen 
um  kein  Haar  grösser,  als  mit  dem  Indogermanischen.  Was 
aber  die  Hauptsache  ist,  auch  Taylor's  Reihenfolge  beruht  auf 
dem  noch  nicht  nachgewiesenen  C am panari 'sehen  Bezeich- 
nungssystem. 

Wie  leicht  aber  solche  etymologische  Aehnlichkeiten  täu- 
schen, davon  mag  eine  Deutung  aus  denJjenis^ei'^chen,  mit 
der  ich  mich  lange  trug,  eine  Probe  geben.  Die  Ordnung  wäre 
danach  . 

I  hu6,  ci,  6u,  s'a,  zal,  max, 
und  ihr  wü/den  entsprechen  die  jenissei 'sehen  Grundformen 

hut,  ki-n,  tu-ng,  sa,  %al,  ah.  '>«>*> 

Hier  ist  die  Uebereinstimmung  viel  grösser,  als  bei  jenen  bei- 
den ersten  Vergleichungen,  und  doch  habe  ich  auch  diese  auf- 
gegeben, da  auch  sie  auf  Campanari's  Anordnung  beruht. 

Da  demnach  auf  dem  bisher  eingeschlagenen  Wege  nichts 
zu  erreichen  ist,  müssen  wir  einen  andern  suchen.  Ich  gehe 
daher  von  den  übrigen  Inschriften  aus.  Da  zeigt  sich  zu- 
nächst, dass  ci  und  zal  nicht  —  1  sein  können,  da  sie  beide 
mit  dem  Plural  clenar  „Söhne"  verbunden  vorkommen,  ci 
zweimal  (n.  13  u.  17),  zal  einmal  (n.  18).  Auch  s'a  heisst 
schwerlich  „ein",  denn  erstens  scheint  auch  in  tivrs  (=  *ti- 
vars?)  ein  Plural  zu  stecken  (n.  3)  und  zweitens  wäre  dann 
laröi  ceisi  (n.  4)  im  zweiten  Jahre  gestorben,  während  sonst 
bei  Kindern  unter  4  Jahren  das  Alter  niemals  angegeben  ist, 
vgl.  Fabretti  Osservationi  paleografiche  e  grammaticali  C.  I.  P. 
Spl.  p.  243,   Note  1.    —    Ferner   kommt,    wie    ci    und   wahr- 


270  W.  Deecke 

scheinlich  zal  (n.  20,  c  u.  a),  auch  hu 6  (hut)  zweimal  (n.  20, 
b  u.  21)  mit  dem  Worte  na  per  vor,  das  demnach,  wie  auch 
sein  schliessendes  r  anzuzeigen  scheint,  gleichfalls  wohl  ein 
Plural  ist,  wie  es  sich  denn  unverändert  auch  mit  der  Ziffer 
XII  findet  (Fabr.  C.  I.  n.  1914,  A,  5—6).  Auch  wäre,  nach 
dem  Zusammenhang  der  Stellen  die  Einzahl  bei  naper  schwer- 
lich durch  ein  eigenes  Zahlwort  ausgedrückt  worden.  Die  ein- 
zige Inschrift,  auf  der  naper  sonst  noch  vorkommt,,  stammt 
von  einem,  jetzt  leider  verlorenen,  Stein  neben  dem  Thore  San 
Severo  in  Perugia,  nur  handschriftlich  überliefert  in  doppelter 
Zeichnung  und  Copie  des  Architecten  San  Gallo  (Fabr.  See. 
Spl.  n.  90;  t.  I) 

....  susinal 
....  naperi 
Es  ist  dies  offenbar  ein  kleines  Fragment  einer  grösseren  In- 
schrift, an  allen  Ecken  verstümmelt,  und  wenn  Fabretti  (ibid. 
p.  19,  Z.  10)  das  schliessende  i  als  die  Ziffer  1  deutet,  so  ist 
dies  durchaus  unwahrscheinlich.  —  Endlich  ist  von  max  schwer- 
lich der  Zehner  muvalxl  (n.  8;  10;  11)  oder  mealxl  (n.  13) 
zu  trennen,  in  welchem,  wenn  auch  die  Umgestaltung  des  Ei- 
ners noch  unklar  ist,  die  Endung  -(a)lxl  jedenfalls  „-zig"  be- 
deutet. Nun  wäre  aber  eine  Bildung  der  einfachen  10  aus  der 
Eins  mit  der  Endung  der  Decaden  unerhört  und  ist  auch  im 
Etruskischen  kaum  denkbar.  So  bleibt  für  die  Einzahl  nur  6u 
und  dem  widerspricht  nichts.  —  Heisst  aber  6u  „eins",  so  muss 
das  gegenüberstehende  Zahlwort  hu6  „zwei"  oder  „sechs"  be- 
deuten. Da  aber  der  Todte  in  n.  9  nur  huO  Jahre  alt  geworden 
ist,  so  ist  es  nach  Obigem  wahrscheinlicher,  dass  hu6  „sechs" 
ist.  Auch  sprechen  folgende  zwei  Gründe  dafür,  c  i  ==  2  anzu- 
setzen :  erstens  sind  6  u  ==  1  und  c  i  die  beiden  einzigen  unter 
den  6  Zahlwörtern,  die  mit  einem  folgenden  Zehner  noch  an- 
ders verbunden  erscheinen,  als  durch  blosse  Aneinanderrückung 
oder  die  dem  Zehner  angehängte  Conjunction  -c  „und",  vgl. 
meine  Etr.  Forsch.  I,  p.  1  ff. ;  31  ff.,  nämlich  in 

öunes'i  :  muval/ls  (n.  11) 

ciemzaörms  (n.  15). 
Nun  sind  es  bekanntlich  die  beiden  ersten  Zahlen,  die  in  einer 
Reihe  von  Sprachen  theils   durch  Addition,    theils   durch  Sub- 
traction  in   eigenthümlicher  Weise  mit  den  Zehnern   sich   ver- 
binden,   vgl.   lat.   unetvicesimus,   duodetriginta  u.  s.  w. 


Die  etruskischen  Zahlwörter.  271 

Im  ersten  Hefte  meiner  Etr.  Forsch,  ferner  (p.  35)  habe  ich  in 
Öunesi  eine  Dativbildung  vernmthet  und  glaube  in  der  Ver- 
bindung eine  Additionsforni  zu  sehn;  vgl.  wegen  des  ilexivi- 
schen  n  6u-n-z  in  n.  6.  Dann  wird  ciemza6rms  eine  Sub- 
tractionsform  =  lat.  duode-  sein;  vgl.  die  Addirung  in  eis  • 
zaörmisc  (n.  14).  Zweitens  begegnet  in  cezpz  (n.  6)  ein 
höherer  Einer,  der  8  oder  9  heissen  muss,  vgl.  den  Zehner 
cezpalxals  (ibid.).  Da  nun  auch  in  ceal/l  (n.  2  u.  7)  und 
in  cel^l  (u.  12)  das  i  von  ci  als  e  erscheint,  so  liegt  die 
Wahrscheinlichkeit  vor,  dass  im  Etruskischen  die  8  durch  Sub- 
traction  der  Zwei  von  der  Zehn  gebildet  ist,  wie  in  manchen 
andern  Sprachen,  z.  B.  im  baskischen  zortzi  =  8,  neben  be- 
deratzi  =  9  und  bat  =  1,  fast  durchgängig  in  den  tschudischen 
Sprachen  u.  s.  w.  Ist  aber  ci  =  2,  so  ist  sein  Gegenwort  sa 
=  5 ,  und  es  liegt  das  gewöhnliche  griechisch-römische  Bezeich- 
nungssystem vor.  Für  die  Vertheilung  von  ma/  und  zal  un- 
ter 3  und  4  bietet  vielleicht  einen  Anhalt  der  cippus  von  Pe- 
rugia (n.  20),  »wo  erst  12  naper  genannt  werden,  später  hut 
=  6  und  ci  =  2,  so  dass  der  Rest  in  z(a)l  =  4  stecken 
würde.  Auch  ist  wahrscheinlicher,  dass  mit  za6r(u)m  =  40 
eine  neue  Bildungsform  der  Zehner  beginnt,  als  dass  es  als  30 
zwischen  ceal/ 1  =  20  und  muval/.!  —  40  eingeschoben  wäi-e; 
50  und  60  fehlen  leider  noch;  dagegen  schliessen  sich  70  und 
80  wieder  an  die  Bildungsweise  von  20  und  30  an.  Es  ist 
nämlich  wohl  unzweifelhaft,  dass  semcp  (n.  19)  —  7  ist,  sera- 
cpal^l  (n.  16)  =  70;  cezpal^al  — -  80  ist  oben  erwähnt. 

Bei  Angabe  des  Alters  der  Todten  erscheinen  die  Zahlen, 
sowohl  Einer,  als  Zehner,  regelmässig  mit  angehängtem  -s ,  ein- 
mal -is  (in  za6rm-is-c  n.  14).  Da  auch  das  stets  vorher- 
gehende Wort  avils,  in  dem  der  Begriif  „Lebensalter"  stecken 
muss,  dieses  s  zeigt,  so  ist  es  höchst  wahi-scheinlich  nicht,  wie 
Taylor  meint,  das  Ordinalsuffix ,  sondern  ein  Casuszeichen, 
und  zwar  des  Genitivs,  dessen  Bildung  durch  -s  und  -is  sicher 
steht,  vgl.  z.  ß.  0,  Müller  Etrusker  I^,  Beilage  II  die  Vor- 
namen, und  clens',  gen.  von  clan,  s'exis'  von  s'e/,  P-  442; 
502  ff.  —  Der  Genitiv  avils  erklärt  sich  dann  wie  lat.  aeta- 
tis  „im  Alter",  der  Genitiv  der  Zahlwörter  aber,  wieder  von 
avils  abhängig,  entspricht  dem  deutschen  „von  so  und  so  viel 
Jahren".  Das  mitunter  vor  avils  stehende  oder  dem  Zahl- 
wort   folgende    lupu    (lupum,    lupuce)    muss    dann   heissen 


272  W.  Deecke 

„starb".  Man  wird  auf  diese  Weise  überall  oben  zu  einer  be- 
friedigenden Deutung  kommen.  In  n.  3  ist  die  Zahl  der  Le- 
bensjahre durch  eine  Ziffer  gegeben,  und  es  folgt  tivrs  :  s'as, 
wahrscheinlich  „(und)  von  5  Monaten".  Ich  glaube  nicht,  dass 
ein  so  kleiner  Abschnitt ,  wie  5  Tage,  angegeben  worden  wäre; 
nach  Wochen  aber  wurde  schwerlich  gerechnet.  Dem  so  ge- 
wonnenen, in  den  Inschriften  angegebenen  Alter  widersprechen 
die  mehrfach  auf  dem  Deckel  der  Sarkophage  ruhenden  Ge- 
stalten nicht.  Der  lar6  x^^xle  (n.  15),  nach  meiner  Deutung 
von  ciemzaOrms  38  Jahre  alt,  wird  zwar  von  Fabretti  als 
uomo  vecchio  bezeichnet,  erschien  aber  mir  und  meinem 
Reisebegleiter  im  Herbste  1875,  wo  ich  noch  in  za6r(u)m  eine 
viel  höhere  Zahl  suchte,  also  mein  Urtheil  eher  zum  Gegentheil 
disponirt  war,  als  ein  Mann  von  höchstens  30  Jahren;  während 
arnö  /urcle  (u.  16)  in  der  That  alt  schien,  so  dass  sem- 
cpalxls  —  70  passte.  Wie  unsicher  übrigens  diese  Schlüsse 
aus  den  Deckelfiguren  sind  und  wie  wenig  sich  die  im  ersten 
Hefte  meiner  Etr.  Forsch,  (p.  9  u.  19)  ausgesprochenen  Hoff- 
nungen auf  entscheidende  Resultate  durch  Autopsie  erfüllt  ha- 
ben, darüber  vgl.  0.  Müller  Etr.  1 2,  p.  439  ff.  —  Die  einzige 
erhaltene  Wandfigur  mit  Zahlinschrift  (n.  19)  zeigt  einen  Kna- 
ben, zu  dessen  Alter  semcps'  =  7  recht  gut  passt. 

Endlich  erscheint  auch  mehrmals  ein  angehängtes  z,  näm- 
lich in  8u-n-z  (n.  6),  eslz  (n.  11  u.  22)  und  cezpz  (n.  6). 
Die  daneben  stehenden  Wörter  scheinen  theils  Verba  zu  sein, 
theils  Ehrenämter  zu  bezeichnen ,  so  dass  ich  die  Vermuthung 
wage ,  das  angehängte  z  entspreche  im  Sinne  dem  griech.  -axtg, 
dem  deutschen  „-mal". 

Die  so  gewonnenen  Zahlwörter  sind  demnach  folgende: 

=  8u;  dazu  Öunes'i  (Dat.)  und  Öunz  (einmal) 

~  ci,  Gen.  eis;  dazu  ciem-  ^=  lat.  duode- 

—  may,  Gen.  mays 

=  zal,  verkürzt  geschrieben  zl  (n.  20,  c),  Gen.  esals; 
dazu  eslz  (viermal j.  Der  Vorschlag  des  e  ist  räthsel- 
haft;  der  Wechsel  von  z  und  s  nicht  unerhört  (Deecke 
Kritik,  p.  10). 

=  s'a.  Gen.  s'as 

=  hu6,  einmal  hut  (n.  20,  bj,  Gen.  huös 

=  Gen.  sem  'f  s 

■  ■=  cezpz  (achtmal) 


Die  etruskischen  Zahlwörter.  273 

20  =  Gen,  cealxls,  einmal  celyls 
30  —      „     muvalxls,     „      meal^ls 
40  =      „     zaörums,  zaörmis,  za6rms 
70  —      „     semcpal/ls 
80  =      „     cezpal/als. 

Vom  Indogermanischen  abweichend  ist  die  Flexion  sämmt- 
licher  Einer  und  Zehner;  auch  die  Endung  -al/al,  -al/l  ist 
eigenthümlich  genug  und  klingt  nur  schwach  an  litauisch  -lika 
an;  räthselhaft  ist  endlich  auch  die  Bildung  von  za-6rum. 
Ueberhaupt  sehe  ich  keine  Möglichkeit  einer  etymologischen 
Verwandtschaft  der  gewonnenen  etruskischen  Zahlwörter  mit 
den  indogermanischen.  Ebensowenig  aber  stimmen  sie  zu  den 
semitischen,  koptischen,  baskischen,  uralo-altaischen ,  jenisseii- 
schen  u.  s.  w.  —  sie  stehen  vollständig  isolirt,  wie  die  Ver- 
wandtschaftswörter und  die  wenigen  sonstigen  sichern  Vocabeln. 


Nachtrag  zu  p.  257,  n.  1.  Nach  einem  Briefe  Bunsen's  an 
Lepsius  (Arch.  Ztg.  VI,  p.  375),  auf  den  Hr.  Dr.  Körte 
mich  aufmerksam  macht,  stammten  die  Würfel  vielmehr  aus 
den  Ausgrabungen  der  Fürstin  von  Canino  um  Vulci  und 
sind  von  ihr  erst  an  See.  Campanari  verkauft,  durch  den 
sie  zunächst  nach  England  kamen,  wo  Bunsen  sie  sah. 

TV.  Deecke. 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch. 

lieber  semitische  werte  im  Griechischen  sind  bisher  mei- 
nes Wissens  zusammenhängende  Untersuchungen  nicht  angestellt. 
In  Gesenius'  Geschichte  der  hebräischen  spräche  und  schrift 
findet  sich  S.  66  ein  Verzeichnis  hebräischer  resp.  phönizischer 
Worte,  welche  ins  Griechische  übergegangen  (hier  mit  G  be- 
zeichnet): diese  liste,  deren  quellen  weiter  nachzugehen  wol 
nicht  nötig  ist,  hat  Renan,  Histoire  generale  et  Systeme  com- 
pare  des  Langues  Semitiques  (1855)  S.  192— 194  (2.  ed.  1858  S. 
203—204}  mit  einigen  änderungen  aufgenommen  (R).  Andres 
findet  sich  einzeln  in  Gesenius'  Thesaurus  und  Handwörterbuch, 

üoitrUge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.   I.  19 


274  A.  Müller 

ferner  in  Benfey's  Griechischem  Wurzellexikon  (1839 — 42;  B): 
darauf  scheint  Victor  Hehn,  Kulturpflanzen  und  Hausthiere 
(2.  Aufl.  1874;  H)  etwas  zu  sehr  sich  verlassen  zu  haben  i), 
dessen  bezügliche  stellen  ich  wegen  der  culturhistorischen  fol- 
gerungen  anführe.  Seit  Gesenius  und  Benfey  ist  wesentlich  neues 
fast  nur  durch  de  Lagarde  hinzugefügt  worden;  einiges  in  den 
Gesammelten  Abhandlungen  (1866)  verstreut  (La),  einiges  in  den 
Rehquiae  iuris  ecclesiae  antiquissimae  graece  (1856)  S.  XXVI, 
XXXVII,  XLVII  (Lr),  einiges  in  den  Anmerkungen  zur  grie- 
chischen Übersetzung  der  proverbien  (1863)  S.  VIII  (Lp);  da- 
neben ist  mir  nur  noch  bekannt,  was  Fleischer  zu  Levy's  Wör- 
terbuch angemerkt  und  was  Fr.  Müller  bei  Kuhn,  Zeitschrift 
X  267  über  eUcpag,  319  über  olvog,  und  Beiträge  II  490  über 
^ig)og,  ravQog,  qööov  gehandelt  hat ,  sowie  die  bezüglichen 
stellen  aus  Schröder,  die  phönizische  Sprache  (1869;  Sehr.). 
Es  dürfte  sich  lohnen,  dies  zerstreute  material  einer  Zusam- 
menstellung und  genauen  betrachtung  zu  unterwerfen:  wirklich 
neue  funde  habe  ich  nur  wenige,  meist  nicht  einmal  sichere, 
zu  verzeichnen;  wer  nicht  über  die  umfassende  gelehrsamkeit 
und  die  scharfsinnige  combinationsgabe  eines  de  Lagarde  ge- 
bietet, wird  sich  auf  diesem  und  ähnlichen  gebieten  immer  mit 
der  bescheidnen,  hier  aber  hoffentlich  nicht  ganz  undankbaren 
rolle  des  commentators  begnügen  müssen. 

Was  nun  den  meinem  commentar  zu  gründe  zu  legenden 
text  angeht,  so  habe  ich  denselben  nicht  auf  das  durch  die 
Überschrift  dieses  artikels  abgegränzte  gebiet  beschränkt.  Es 
zeigt  sich  nämlich  schon  bei  oberflächlicher  durchsieht  des 
oben  angegebenen  materials,  dass  die  bisherigen  combinationen 
ziemHch  unsystematisch  nach   äusserer  klangähnlichkeit ,    ohne 


^)  Von  R.  V.  Raumers  indogermanisch-semitischen  ctymologien  habe 
ich  nur  die  einsehen  können,  welche  in  seinen  Gesammellen  sprachwis- 
senschaftlichen Schriften  (Frankfurt  a/M.  18G3)  S.  494  ü'.  stehen.  Man 
wird  nicht  misbilligen,  dass  ich  ihn  auch,  wo  er  entlehnte  werte  an- 
führt, bei  Seite  lasse:  der  verdiente  mann  war  hier  eben  in  ein  labj'rinth, 
-geraten,  in  welchem  der  vermeintliche  Ariadnefaden  seiner  methode  ifin 
/  nur  immer  mehr  irre  führte.  —  Nöldechens  programm  „Semitische 
I  Glossen  zu  Fick  und  Curtius*--  (ilG[gcrel)urg  1876,  ein  zweiter  teil  für 
1877  angekündigt)  berührt  sich  hie  und' da  mit  unserem  Thema  (z.  B. 
bringt  auch  er  ^6y;(r)  mit  wy~\  zusammen),  war  aber  nicht  in  diese  Ar- 
beit hineinzuziehen,    da-€f*'e8' auT' wüfzetvergleichungen  abgesehen  hat. 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechiscl^.  275 

Zugrundelegung  bestimmter  regeln  bezüglich  der  einander  ent- 
sprechenden laute  vorgenommen  sind.  Ist  dies  der  standpunct, 
von  dem  ausgegangen  werden  muss,  um  überhaupt  erst  einiges 
material  zusammenzubringen,  so  versteht  es  sich  ebenso  von 
selbst,  dass  möglichst  bald  versucht  werden  muss ,  das  zunächst 
blos  scharfsinnig  erratene  in  einen  gesezmässigen  Zusammen- 
hang zu  bringen :  die  geschichte  der  etymologie  ist  ein  fortlau- 
fender beweis  für  die  gefährlichkeit  jenes  äusserlichen  Verfah- 
rens, an  welchen  hier  nur  erinnert  zu  werden  braucht.  Um 
nun  nicht  eine  reihe  von  gesezen,  aber  doch  einige  beobach- 
tungen  über  die  erscheinungen  festzustellen,  welche  die  aus 
dem  semitischen  Sprachgebiet  ins  griechische  übergehenden 
Worte  zeigen  und  die  wenigstens  einen  vorschmack  der  krite- 
rien  geben  können,  welche  hier  bei  fortgesezter  forschung  je- 
denfalls ans  licht  treten  werden,  müssen  wir  das  spärliche  ma- 
terial möglichst  zu  ergänzen  streben.  Aus  diesem  gründe  wird 
es  gerechtfertigt  erscheinen,  dass  ich  mit  ausnähme  einiger 
ganz  unhaltbarer  combinationen  i)  nicht  nur  die  alten  lehn- 
worte,  sondern  auch  spätere  fremdworte  und  selbst  einige  glos- 
sen  in  die  folgende  liste  aufgenommen  habe  ^j :  zur  Orientierung 
darüber  sind  jedem  wort  einer  oder  einige  namen  von  Schrift- 
stellern, bei  denen  es  zuerst  vorkommt,  hinzugefügt.  Ich  habe 
diese  aus  der  neuen  Pariser  ausgäbe  von  Stephanus'  Thesaurus 
entnommen,  wo  die  genaueren  citate  an  den  betreffenden  stel- 
len zu  finden  sind  (sp.  =  spätere,  lexx.  =  alte  lexicogra- 
phen).  Die  namen  der  griechischen  buchstaben  besonders  mit- 
anzuführen habe  ich  für  überflüssig  gehalten. 

1  aßqa^  gesells^p^afterjjö^-f'^avjja^'iSI^aand.  =  aram.nnan 

^     L 


2  aQQaßojv   h anseid    Isaeus   =   hebr.  I^O^fy   Unterpfand   \ 
G.'^B  I  101.  X'  ^ 


^)  Dazu  gehört  auch  Gesenius'  €X(fog  :=  ^bü;  J.  Schmidt  in  Kuhn'a 
Ztschr.  22,  316.  """"         ""       ''  '      '  '""^ 

^)  Dagegen  fehlt  unter  den  zur  vergleichung  herangezogenen  dialecten 
das  Assyrische,  dessen  ich  nicht  kundig  bin.  Vielleicht  wird  man  mis- 
billigen,  dass  ich  trozdem  diese  Untersuchung  zu  führen  gewagt  habe: 
aber  die  resultate  der  Assyriologie  sind  im  detail,  wenn  gesichert,  so 
doch  jedenfalls  nicht  soweit  anerkannt,  dass  man  sie  zu  vergleichenden 
betrachtungen  wie  die  vorliegende  heranziehen  könnte. 

19* 


276 


A.  Müller 


,.>^" 


3  ccQTtr]  sic.h'M  dichter  vonJJesiod  ab;  Lugiatlf  Aelian  =  hebr. 

y  nnn  schwß.rf  Lp  VIII.    ^--•'^ 

4  ßaloai^ov  Theophrast,  spp.  ==  1;^  Dü;:3  La  17,  8. 

5  ßdaavog   pH^ierstein   Find.  Th'feqgn.    (später  üfeßrtragen) 

=  h.  >j;n  (das  land)  Basait'sß  II  65;  vonW  ]ns 
prüfen  Lr  XLVII;  eränisch  La^4,  35,  vgl^Sur- 
tius  Griech.  Etym.  4.  Ausg.  s.  430.  'X,,  ^ 

6  ßmd^s3im.  krng  llerodot,  Xen.  —  vielletQht  s^Öii^sch,  ~  h. 
-  \       ^^aWjasÄ?  La  212,  4.         "■: 

7  ßoi^^  traHJje  'llieophr.  (aber  ßöiiQvodcoQog 
—   'Tob  o/^(payt^  Lp  VIII.V 


Aristoph.) 

er  Hero3i94i,  yavXog  kal^ffahrFei^chiff 
"ba?  vgL  V-V^^ä  ölkrug7*^enfallsS^n 
der^undun^Ss..  ^-**.,  \  ^*v 

10  yoiö  Schwarzkümmel,    koriander   Dioscor.   app.  =  h. 

,..ii>  La  57,  10,.. 

11  dß/e€g  schK.ßib.ta'fel  Eurip.,  Aristoph.   -  riSo  tüX; — sei^, 
-^  colimNje  ein^^^uches.       -,^  \       *^ 

12  1^^  el^^holz'Herodot  =  "h. 'll^^h^ass.  R  192 

i3ja>s^p]|J5;;;^^^ 

14  jhx^og   etn   getretrkymasV  LXX**<2  Kön.  6,  25),    Geop., 

X.     Lex\.  =:  h.  3|^Säss.  B  II  157.       ,^ 

15  Mi^  eiTR-^c^Herodot  =  h.  ^^h^^as'SrfKl^S  'Ö-^l, 

16  xaxy^ßrj   (-og)  ^tapf  Aristoph.  u.  a.  kom.,    semitisch?     La 

50  anm.  2. 

17  y.dfir]kog  Aesch.,  Herodot  =  h.  hm  R  193. 
f  18  '/.dvva  röhr  Aristoph.  =  h.  nsp^  R  192. 

19  xa(TC«^)4^  Hei^M,  spp.  =->h»,^y/Sp,  R  "^^3. 

20  >ußd*^og    ufSriHiJ^  Find.    =    ai-am.  -j/  uCj.:-.   [kdb]   lü^n 

>  VlII>v  ,  I  ^     ■  \ 

21  -Avßwxog  schrank  Aristoph.  =(h.  r:api|k asten  Rödiger  in 

Ges.  Thes.  s.  v.;  EwaM"  heb/  Gramm.  §  47  c  S. 
i23'anin.  3  der  8.  ausg.;  Fleischer  in  Ber.  der^k. 
Sachs.  Ges.  ,d.. . Wiss.  1866  T^IO flr  ~XXXVir '' 

22  x/(5a^T>tt^of^f^K^i'bai^  Phife>4Qseph. ,    Menjiq^.  Leg, 

inD  krönenH*|vy  phoenN^iörterb 

8...,^,  aber  vie1t|^cht  persisi^^hOt-  207,  13.  /^ 

23  xmJrfjtMoiipv  zT^TT^HerodSr^tti&tot.  ^'*Tr>.;.i32tP^:^i.J^^^ 

24  x/>Kf?aein  saHßninstrument,  LXX,  Joseph.  =h.  "^1^^1194. 


25  Kl 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch. 


277 


u^cdikf^  strassenräuk^i'nbemocrit  bei  Stobaeus„Jdf.  y4  y'^  /? 

'-^     h.  y  hh^  PÄ^en  R  194.  ^^'^     (Zlci^i;^ 

26  xtfTw  zimmt  Dioscor.  —  rr^p.  Sehr.  126.  V  -"'^ 

27  irMt^v  sa'tri^  Hom.   vielleicht,^  =  h.'^^i^g'^^^utue  (?)   Arnos  5. 
"  26  La  03,  3L  ^^^^^ 

28[x/Jh^g'lisw.  Ta^g  Ä'ntipater  epigr.   in  Anth.  Pal.,   Hero- 

\       ^   dian.,  Eultath.  =r  syr.  ioab^o  [k'lüb]   dass.  R  193 

[auch  h.  i^W]-  .».«»»'-'^ 

29  xt;;e«j'o?rkümmel  Ari^oi)h.  =  h.  ]i733  R  192,  H  181. 

30  TtvTtccQiaaog  cypresse  Hom.  —  -\5ä  ein  nadelholz  (?)  R 

192;  =  h.  -iDb  pech  B  11  148  (nach  v.  Bohlen). 

31  TLVTtQog    cyperbaum,    henna   Dioscor.    =    h.  *^tb  R  192 

Sehr.  134. 
,32_JLaog.Y0lk  =  DNb  Lp  VIIL _„ r   ^<' 

33  Actl^-eTn  (niilcl>')fias3JJ©8fcli;^^^^.U^ 

34  )^jlqv  (AiyJ'öfWJHerod.  Iir^ip7.  112  %,Aristot.;-sfin^  = 

^      U'bimijf^  =  ar.  ^^lJcJHiad_an]  odm^j^S1>  [ft%,n]. 

35  Xißavog,    XißavcoTog   weihrauch  ""Herod.  III    107,    Eurip., 

Aristoph.,  Plat.  :^  h.  lip\  dass.  R  192.  , 

36  Xig,  Xkov  löwe  Hom.  =  h.  uj'^b,  ar.  v^a-J  [leit]   dass.|  Pott 

_J.I^2  8^1262  B  H  1;  "=  N^?b  löwin  B  II,  x.    Vgl. 

n'^ef."  ■■"""  ■" ' "^  ■^"■■""""■^'" 

37  loyyr}  lanze  Pind.,  Aesch.  =  h.  riHh  dass.  Lp  VIIL 

38  jLiayaöig  ein   Saiteninstrument  Xen.    =    h.  nbriT:   dass. 
r  LrSXXSHI.     ., 

39  -lißv^i^Eia, 
'^    '^^"^         ""''    ^^     -^— "  ^^^ 

weicfi>^i^achs''''l^«5|toph,,  Demosth.  =h.  ubtj  mör- 
(1  R  ly^t- La  25üS4J;  Ewald  a.  a.  o.  anm.  1 
(dagegen  Dietrich  in  G.  iHdw.  s.  v.,  Sehr.  s.  30  a. 
1,  Curtius  327). 

41  (.lavöalog  riegel  Artemid.  =  h.  b^5>273  dass.  Lr  XXXVII. 

42  ^lävdqa  bürde,  stall  Soph.  (fragm.),  Callim.,  Eratosth.  — 

kloster,  spp. kirchl.  =  ar.  ,>02;s?  [mahdar]  ort  der 
anwesenheit  (h.  -ii2n  vorhof)  Lr.  XXXVII. 

43  jiiavdvrj,  pavövag  mantel  LXX,    Themist,  u.  a.  spp.  =  b. 

n73  Lr  XXXVH;  La  209,  8. 

44  (.lagoiTtog  sack,  tasche  Xen.  lexx.  Lp  VIIL 


Jß4Af\ 


^ 


40  ^aU 


^ 


^K 


*)  das  citat  128  bei  Stephanus  wie  in  Pape's  Wörterbuch  ist  irrige. 


278  A.  Müller 

45  fiaoTQ^^g  kuppler,    /naargörteveiv   prostituieren    Xen. 

^^Semitis  petitum:   näm  <^yui^\  [istä'rab]  (cuiusj 

parl^ipium  est  v-jjüIas^  [musta'^rib])  obscoene  lo-/ 

^ —  quutus^^st,  appetivit  marem"  Lr  XXVI.     „ 

{46  f.i(xxcciQa    schlactitmesser   Hom.,    schwert    =   h.\n-ir)73 

^^ dass.  Lr  XXXVII;  umgekehrt  (?)  R  195. 

47  ^dyiij^  saal  Hom.  zir-ii^  "ini  wO%a-Äß^Lr  "XXiJ^VIL 

48  fxiaaßog  Joch  zu  u-aj*^i£  ['asäbj,  syr.  wo^i:.  ['sab]l[^usam- 

^    man) binden  „dubitans"  Lr  XXXVII— VIII. 

49  fihaXlo^^  e r g  w  e r  k  Herod., 'Thuc. ,  m  e  t  a  1 1  spp.  zH'-i),,^  Vtaa 

sclt=Hiieden  R  193  („peut-etre").  "*"" 

50  fiha^a  {(xar.)   faden,  (rohe)  seide  spp.  =  chald.  ND^.q): 

usw.  (umkehrung  von  pu372T  Ges.  Thes.  s.  v.)  Hit- 
zig, s.  Fleischer  zu  .Levy's  chald.  Wb.  II,  568»; 
mit  arab.  y*>Xxct  [i'takas]  umkehren,  jj^lXc 
fikas]  verglichen  von  Lr  XXXVII. 

51  f.ivä  mine  Xen.  =  h.  n?»   dass.  R  193,  Levy  phöniz.  Wb. 

/  52  jW?^i?<2a  my^^;he  Säl^^o,    Hippocr.   =   h.  t^  („forme  ara- 
^-^        ^    me^eN^^^dass.  R  192.  ^ 

53  väßXag   {vavXag  u.  a^^tti.)    ein   Saiteninstrument   Soph. 

(fragm.  bei  Plut.),  Euphorion  (bei  Ath.),  Joseph, 
spp.  r=  h.  baa  dass,  (eig.  schlauch)  R  194.  Vgl. 
La  265,  207^-^""'  ■"■"'"■""''■ 

54  vbxiortov   eine   salbe,   resp.  öl  Hippocr.  =  h.  nob5  (tro- 

pfen? vgl.  unten)  R  193. 

55  VLTQOV  laugen  salz  Sappho  =  h.  -in:  dass.  R  192,  Ewald 
^  a.  a.  0. 

56To^9'»*^lleinwand  Hom.  =  h.  'p&?<K(2L^  193,  Ew9Ms^a. 
^^.,  H  147.  508. 

57  olvog  wein  Hom.  =  aeth.  (DJß^[,    ar.  qJ^   [wein]   dass. 

Müller  (Kuhn's  Ztschr.  X  319)  H  67,  dagegen  in- 
dogerra.  La  276,  1.     Vgl.  Curtius  393. 

58  ovog  esel  Hom.  =  h.\]iUN  eselin  B  I  123,  H  502. 

59  7i'2?7T>f.4els,  hifg^  dicK'ter  von  Hoiilei;^ab;  Aehan >^olyaen, 

LTücian  =  a^NiSi»  [fag'g']  brei'tr^.bergstra^e  Lr 
XXXVIL  ■  ' "%.  "^ 

60  TtaXäd^rj  marmelade  Herodot,  spp.  =  h.  inbST,  aram. 
]Z\!::ii.ci>  [debeltä,]  feigenkuchen  G  66  (zweifelnd; 
bestimmt  im  Hdwb.). 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch. 


279 


=  aräBo«  N5 


61  [TtdlXa^,    6  junger  mann,    ^  mädchen  (nur  Ammon.  u. 

lexx.)]    TtalXaycig  kebsweib    Hom.  spp.    naXXa.Y.ri 

dass.  Her.   usw.   =  h.  ■vD^b*'?   dass.    G  Lr  XXVI; 

/    ..        umgekehrt  (?)  R  195.        ' ' 

62  kfiffd^og   stei^-zlmfei    brettsp.i^T  iBoph.    fragm.i    vielleicht 
V  i^^^.,.,^/^' araraf   nd''D ^sf ein, /täf eichen  ^Fleischer   zu 

63  7r()a(Toy  "tauch  ÄristopH. ,  Theopr.  =  aram.  l-^o^   ar.  ^\S 

[karrät]  dass.  Lr  XXXVII;  Fleischer  zu  Levy  Ch. 
Wb.  I  428  b.  ' ~- 

64  Qccßdog  rute,  stab  Hom.  usw.,   peitsche  Xen.  =  h.  nab 
^-\  Ochsenstachel  Lp  VHI.  ^      /'s, 

^65  Q%nv  bergg^i^f^l  Hom^^j.,;M3irgebirgeJkfta  =1  araS;^.  ]] 
ry^C^^ris]  hauj><^pfel  J^P'VtfL  {^ 

66  Qoiä  (Qoa)   granatapfel   Her.,  Aristoph.,  Plat.  =  h.  '\"^J2' 

dass.  B  II  372  H  515. 

67  aäyi'Aog  (dem.  aazniov;    Aristoph.  auch  aaxrag)  sack  Xen., 

Aristoph.  =  h.  p'q  dass.  R  193  H  61. 

68  aa/iipi^mj    einN^iteninstrument  Arist 

^R  194?^ 

69  a^g  motte  Aristoph.,  Menand.,   Aristot,  =  h.  DD  dass.  R 

193.  '  ^ : 

70  o^ip  eine  giftschlange  Aristot.,    Nicand.  =  h.  nii,    ar.  I 

Lj^vto  [dabb]  eidechse.  „„. ^ 

71  alyXog  eine  persische  münze  Xen..=  h.  bp.u:  La  199,15. 

72  ai^sQa  beraus,chendes   get^,änk  Eusel>*^u.  a.    spp.  (bes. 

**"    kirchl.)  =i  1).  -i5"q  dass.'''-B,,  193. 

73  oiiivQig  (und  verschiedene  nebenformen,  z.  b.  a/j^iQig)  smir- 

gel  Dioscor.  =  h.  "T'Wuj  dorn,   diamant  R  193. 

74  aovaov  lilie  Diosc.  bei  Ath.  =  h.  )\dw  dass.  R  193.  L-"-"^ 

75  avy.diJ.Lvog  maulbeerbaum  Amphis,  Theophr.  =  h.  fiüp.üj 

R  193. 

76  Tid^aißwaacü  bauen,   nisten  Hom.,    Nicand.  (nähren  Ly- 

cophr.)  „parait  venir  de  uJai"  [hon ig]  R  193.  ^ 

77  vßQig  frevel  Hom.  usw.==h.  rriäS'.  Übertretung  Lp  VIII.  i,„m^r 

78  macüTtog  Theophr.,  LXX,  Dlosc.^"=' hTjiiTN  R  192. 

79  cpmog  tang,    schminke  Hpm.  usw.  =  Tr"!]nD  schminke 
-'"'" R  192  Sehr.'  134. 

80  xf'^^ßdv^  galbanumharz  Hippocr. ,   Theophr.  =  h.  naabn. 

R  192. 


lA 


280  A.  Müller 

81  ;caf>'tüvcg    (xcißbiveg ,    ;{ai;wv£g,    xavwveg)    gerstenkuchen 

\      LXX,  lexx.  ==-.  h.  ]x^_  R  193  B  II  195.  , 

82  xj^^a^o^  Schlupfwinkel  Umn.,   Ap.  Rhod.\Lycophr.,    m\ 
pt«osa  erst  von  AristoK,  an  =  ar.  ^»^^^[choram]: 
Fr^4^g    s.    V.:    petraeN^issuras    rupWrasque 
habeüt.es  Lr  XXXVIL   ^_.,^  --V 

83  x^rtJv  Unterkleid  Hom.  usw.  =in3n37l(nebenl  nahs)  dass 

R  193  H  60.  144  La  256713^ 

84  x^rffog  gold  Hom.  usw.  =   hebr.  y^in  dass.  [phöniz.  y'^n 

Ztschr.  d,  D.  M.  G^ML131]R  192  H  61.  487. 
Ausserdem  erwähnt  G  66  einige  mass  und  gewicht  bezeich- 
nende glossen,    welche  nur  die    griechischredenden  Juden  auf- 
genommen haben,  z.  b. 

85  aUlog  (h.  bpuj).  /^ 

86.x3^(h.N^"  jJry^ 

87  adrov  (aram.  sriND  =  h.  riNC,  s.  G.  Hdwb.),  auch     \  m^^i^ 
rr^Nabu^g.  '  ' 

SolcKSr  finden^ch  abec.  auch  unter  den  bisher  aufgeführ- 
ten verschiedene,  wie  aus  den  beigefügten  schriftstellernamen 
sich  ergibt.  Sie  werden  später  wo  nötig  eingeklammert  er- 
scheinen. 

Hierzu  füge  ich  einige  worte,  welche  zwar  entschieden  in- 
dogermanischen Ursprungs  sind,  sich  aber  gleichzeitig  auch  im 
Hebräischen  finden,  also  entweder  in  das  Griechische  durch 
semitische  Vermittlung  eingedrungen  sind,  oder  doch  vermöge 
ihres  gleichzeitigen  Vorkommens  in  beiden  sprachen  für  die 
feststellung  der  einander  entsprechenden  laute  mit  herangezo- 
gen werden  können  i)  : 

89  dydlloxov  aloe   =  skr.  agaru   („dans    les    dialectes    vul- 

gaires  aghil"  R),  hebr.  D-^briN  R  194,  La  11,  1. 

90  ßdelXa  (Hesych.),    ßöilliov   (Diosc. ,  Galen.)   ein   harz  ■— 

skr.  udükhala  (od.  ulükhala),  h.  nbna  La  20,2; 
r  X  anm.2;  =  skr.  madälaka  R  194  (nach  Lassen). 

91  ßrjQvXXog   =    skr.   väidürya;    erst    aus   dem    Griechischen 
aram.  billor  La  22,  5;  r  X  a.  2. 

92  xa^TroÖTrgk.^inernn^re'i^L^JW^  lin^-fti^es    ßegefh^ 

*)  Dazu  sind  worte  wie  na^dSeiaog ,  naoaac'cyyrjg  nicht  zu  brauchen 
s.  La  77,  28  ff.  210,  '6i  ff.  —  obwol  mir  die  gleichstellung  von  naqü^n- 
aog  mit  dem  arabischen  plural  farädis  211,  3  nicht  möglich  erscheint. 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch..  281 

skr.  '^»a^päsa/^^am.  oe'-^s 

94  liaß^aviog   (-i'a)   weites   gefaS^  beclieV    „scheint  Ihir 

eine  zusammenziehung  von  Itnavaravant  und  durch 
semitische  Vermittlung  den  Griechen  zugegangen, 
weshalb  das  t  fehlt"  La  215,  16. 

95  vccQÖog  ==  skr.  nalada,  h.  -rn.;  R  194. 

96  TZQOvvizog  läufer:    „ob   das  von  B[ochart]  h[ieroz.]  I  794 

zu  dem  von  ihm  sicher  falsch  ausgesprochenen 
p:TiD  [pers.  parwanah  diener]  gestellte  7tQOvviy.og 
wirklich  dazu  gehört ,  mögen  andre  entscheiden ,  die 
Wahrscheinlichkeit  ist  durchaus  nicht  dafür."  La 
77,  26. 

97  aaTtipELQog  Theophr. ,  Diosc.  =  skr.  ganipriya,    h. 

aram.  -i-ic^c   resp.    J^I^asib    [sappil]    Lr  X 
V      R  193-    ■  '■  -sJ 

98  a/iia^öog  (jiia^rtji^g)  —  skr.  ma?1*Jl^ta,  h.  np;*«^,  Lr  X, 

>gl.  G.  Hd^""Üilrtt»8^.6,  ^^  '     '"-"• 

Endlich  die  von  Fr.  Müller  behandelten  worte  zweifelhaf- 
ter herkunft: 

99  ܀(pag  Kuhn's  Ztschr.  X,  267. 

100  ^ig)og  Beitr.  H,  491. 

101  ravQog  ebd.  491  (s.  auch  Ewald,  hebr.  Gr.  §  48  c  s.  123 

a.  1  der  8.  ausg.). 

102  Qodov  ebd.  493. 

Um  zu  sehen ,  wie  viele  von  diesen  soi-disant  Semiten  wirk- 
lich die  ahnenprobe  bestehen  können,  wird  es  zunächst  nötig 
sein,  eine  anzal  vollkommen  sicherer  beispiele  herauszulesen. 
Als  solche  werden  wir  nur  die  ansehen  können,  bei  denen  die 
entlehnung  durch  besonders  frappante  Übereinstimmung  des  lau- 
tes und  der  begriffe,  durch  den  mangel  einer  angemessenen  in- 
dogermanischen etymologie,  oder  auch  dadurch  gesichert  wird, 
dass  die  bezeichnete  sache  auf  semitischem  boden  erwachsen 
oder  wenigstens  ganz  bestimmt  durch  Semiten  weitergetragen  ist. 

Hier  sind  anzuführen  ßäkoai^ioV  ßvaaog  (yolö)  sßevog 
laamg  (xaßog)  y.a/,irjlog  Kccvva  xaoaia  y^ivvdjucovov  (xt- 
vvga)  ytXcüßog  (KOQog)  y.vuivov  xvTtQog  {Xevyrj)  krjöov,  A?y- 
davov  lißavog,  XißavtoTog  f.iva  uvqqu  vaßXag  vltqov  aay,- 
Y.og     oa(.ißvxrj     oä7tq)£iQog     (adrov)     {oUsqu)     (aUXog)     {aov- 


282  A.  Müller 

aov)  avTid/iiivog  voowTtog  yaXßavr]  xav{v)6iveQ  ßdeXXa, 
ßdskhov  y.(xQ7taaog  vagdog.  Bei  keinem  dieser  worte  wird  ein 
zweifei  möglich  seiu;  wir  sind  also  berechtigt,  sofern  wir  in 
ihnen  bestimmte  consonanten  einander  regelmässig  entsprechen 
sehen,  diese  correspondenzen  unserer  weiteren  Untersuchung 
wenigstens  im  wesentlichen  zu  gründe  zu  legen.  Es  finden  sich 
aber  in  den  genannten  Worten 

ß    —    ■2  V    =    3 

y   =  a  (s.  aber  k)      tt  =  c 

d    =:    1  Q    =    "^ 

t=i  (7=:otou3i2  (auch  aa)    i  (vaatOTtog) 

X   —  p  :i  D  T  —  r\ 

A  =  b.  f/)  =  B 

i«  =^  »  X  =  n  3 

das  heisst:  im  allgemeinen  entsprechen  sich  die  einzelnen  buch- 
staben  genau,  wie  die  Ordnung  in  den  beiden  alphabeten  es 
erwarten  lässt.  Doch  sind  dazu  noch  einige  bemerkungen  zu 
machen. 

Man  ist  gewohnt,  hebräischem  n  in  eigennamen  ein  grie- 
chisches d-,  dem  u  ein  r  entsprechen  zu  sehen:  Ewald  i)  aber 
hat  darauf  hingewiesen,  dass  ursprünglich  vielmehr  das  umge- 
kehrte der  fall  sei,  und  de  Lagarde  ^j  dazu  eine  reihe  weiterer 
belege  geliefert,  durch  welche  die  sache  für  das  n  vollkommen 
ausser  zweifei  gesezt  wird.  Für  ü  =  -^^  hat  sde  Lagarde  nur 
üb^.  =  /iiccXd^a,  Ewald  neben  diesem  noch  ]ntV  ==  "^^Ät^v^ : 
beide  etymologien  sind  angezweifelt,  doch  erscheint  fein  d-  z.  b. 
auch  in  dem  punischen  namen  0o^7ra^=nDnu  und  in  xiod-cov 
=  ibp^^)^  ^em  namen  des  zweiten  hafens  von  Karthago.  Auch 
kann  diese  correspondenz  dem  nicht  auffallen,  der  mit  Curtius*) 
in  den  griechischen  aspiraten  wirkliche  aspirierte  explosivlaute, 
nicht  Spiranten  sieht,  da  erstere  ohne  zweifei  den  emphatischen 


*)  Hebr.  Gramm.  §  47  c  anm. ,  S  123  a.  1  der  8.  ausg.  (andeutungs- 
weise z.  b.  schon  in  der  3.  ausg.  von  1838).  —  lieber  die  Schlüsse,  wel- 
che die  Semitischen  dialecte  in  betreff'  der  ausspräche  des  Griechischen 
an  die  band  geben,  entsinne  ieh  mich  vor  längerer  zeit  eine  abhandlung 
von  Renan  als  Separatabzug  aus  einer  französischen  Zeitschrift  gesehen 
zu  haben;  leider  ist  sie  mir  jezt  nicht  mehr  zugänglich. 

2)  Abhh.  255,  28  ff. 

■)  Schröder  171  a.  28;  127. 

*)  Gr.  Etyra.  4  ausg.  S.  416  f. 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch.  283 

lauten  der  Semiten  mindestens  näher  standen,  als  die  lezte- 
ren  i).  Ganz  ähnlich  verhält  es  sich  mit  der  darstellung  des 
hebräischen  d,  welches  in  älterer  zeit  überall  als  x  erscheint  ^j, 
später  wenigstens  in  der  mehrzal  der  fälle  durch  7  ausgedrückt 
wird  3),  in  welchem  man  doch  zunächst  geneigt  wäre  den  Ver- 
treter des  hebräischen  n  zu  suchen.  Aber  dieser  laut  muss  den 
älteren  Griechen  von  ihrem  /  weit  abweichend  und  unbequem 
erschienen  sein:  fast  in  allen  älteren  phönizischen  namen  ist 
er  bei  der  umsezung  in  griechische  laute  einfach  übergangen  *), 
ja  nicht  einmal  durch  einen  spiritus  asper  angedeutet  ^),  und 
dem  entsprechend  fehlt  n  einfach  auch  in  einigen  späteren  Wor- 
ten wie  ßdiXXa  =  nbin.  Immerhin  lässt  sich  nicht  läugnen, 
dass  eine  ganz  stricte  regel  für  alle  diese  vier  fälle  sich  nicht 
festhalten  lässt.  Semitischem  ü  entspricht  t  in  dem  alten  na- 
men TvQog  6),  umgekehrt  d-  dem  n  in  dem  schon  bei  Xenophon 
vorkommenden  Gdipanog;    xltlov  zeigt  neben   dem  regelmässi- 


*)  Ueber  die  umkehrung  des  ursprünglichen  Verhältnisses  s.  La  256, 
14  ff. 

^)  Ewald  a.  a.  o. 

^)  Vgl.  in  obigem  Verzeichnis  xav{v)ü)Vfs,  spätere  eigennamen  wie 
Mä^^og,  ^läjußh/o;.  Schliesslich  zeigt  sich  solche  erweichung  sogar  in 
fällen,   wo  x  =  n  gewesen  war,  wie  ^Afj,ilx^9  =  lifiCXxag  bei  Appian. 

■*)  Die  beispiele  {'Avvwv,  Llvvißag,  'AjjLtlxag  usw.)  s.  bei  Schröder  s. 
85  ff.  —  Da  im  Lateinischen  in  diesen  namen  überall  ein  h,  stellenweise 
sogar  ch  erhalten  ist,  genügt  die  nachweisliche  neigung  des  späteren 
Phönizischen  zur  Schwächung  der  kehlhauche  nicht  für  die  erklärung 
dieser  thatsachen. 

*)  Bei  'leQbifiog,  'leqöfißakog  wird  die  erinnerung  an  das  griechische 
IsQÖg  mitgewirkt  haben. 

*')  Ich  kann  nicht  mit  Schröder  (S.  111)  annehmen,  dass  das  r  in  die- 
sem Worte,  wie  in  dem  pflanzennamen  äxiQ-{aCnTri  u.  a.),  neben  s  ss  st 
ts  z  tz  einer  der  mangelhaften  versuche  sei,  den  eigentümlichen  semiti- 
schen laut  Säde ,  der  dem  Griechischen  und  Lateinischen  abgeht  zu  um- 
schreiben. Die  älteren  Griechen  wenden,  wie  die  obigen  beispiele  zei- 
gen, ohne  umstände  aa  oder,  vorzüglich  im  anfange  des  wertes,  ff  an, 
und  es  wäre  ganz  unerfindlich,  wie  sie  auf  den  einfall  hätten  kommen 
sollen j  zwar  ■j'iij  ZcSayv,  aber  «^i»  TvQog  zu  sprechen  und  zu  schreiben. 
Andrerseits  zeigen  die  phönizischen  inschriften  selbst  stets  »^jj;  woraus 
mir  aber  nur  zu  folgen  scheint,  dass  die  Griechen  den  namen  zuerst  durch 
(indirecte)  aramäische  Vermittlung  (vgl.  unten  fivQQo)  müssen  kennen  ge- 
lernt haben.  Gern  stüzte  ich  diese  Vermutung  noch  weiter  durch  de  La- 
garde's  ansieht  (Abhh.  255,  32),  dass  die  buchstabennamen  alipa  ßTJra 
usw.  „gar    nicht    daran    denken    phoenicisch  zu   sein,    sondern  syrischen 


284  A.  Müller 

gen  ausdruck  des  n  durch  x  für  s  bereits  das  %  ^),  welches  an- 
drerseits in  xalßävri  für  n  eintritt,  wie  es  sich  auch  in  dem 
weit  älteren,  freilich  gegen  das  Punische  übrigens  stark  verän- 
derten KaQxrjdiüv  und  in  dem  doch  gewis  schon  lange  vor  Ly- 
kophron  in  dieser  form  gebräuchlichen  Ildxvvog  zeigt.  Sogar 
k  ist  für  den  rauhen  kehlhauch  angewandt  worden  in  Qdipaxog 
=  nODn.  Im  allgemeinen  werden  wir  aber  daran  festhalten 
können,  dass  in  älteren  worten  n  =  r,  t:  =  ^,  d  =  x  ist, 
n  einfach  wegfällt. 

Keinem  zweifei  unterliegt  die  doppelte  Vertretung  des  a 
durch  /  und  x,  die  an  kein  bestimmtes  gesez  gebunden  er- 
scheint. 

Auffällig  ist  wieder  das  verhalten  des  d.  In  fast  allen  äl- 
teren Worten  entspricht  ihm  mit  grosser  regelmässigkeit  7t; 
nur  im  buchstabennamen  al(pa  und  in  oaTicpeiQog,  wo  die  Ver- 
doppelung, resp.  die  geschlossene  erste  sylbe  selbst  nach  spä- 
terer semitischer  ausspräche  ein  7t  erwarten  Hesse,  ist  ein  cp, 
das  dann  auch  in  %ovq>q)OLQ  (=  chüfis,  yp/n)  bei  Dioscorides  ^) 
sich  findet,  ebenso  in  vielen  eigennamen  bei  den  LXX  ^). 

Alle  Zischlaute  werden  einfach  durch  a  ausgedrückt,  nur 
erscheint  für  das  schärfere  2t  wol  oo.  Dass  in  voawTtog  ein  aa 
das  doch   sehr  weiche  t  zu  ersezen  bestimmt  ist,    wird  seinen 


character  zeigen".  Aber  es  scheint  mir  nicht  allein  nahe  zu  liegen,  das 
schliessende  «  derselben  mit  Schröder  S.  30 — 31  als  griechischen  zusaz 
anzusehen,  sondern  direct  dagegen  sprechen  die  namen  fxv ^  vv ,  tav,  wel- 
che aramäischartig  vielmehr  fxvfxcc  (oder  eigentlich  fiTf^tt),  vvva,  rttvcc 
hätten  lauten  müssen.  Ganz  ebenso  ist  z.  b.  2:dQanTa  =  nD'^22.  —  lie- 
ber 13"^  =  kijö-ov  s.  unten. 

^)  Auch  Xvä  =  3>;D  soll  schon  Hecataeus  gesezt  haben,  Sehr.  S.  6; 
man  würde  daher  nichts  erreichen,  wollte  man  die  semitische  herkunft 
anzweifeln  oder  statt  /^vnäv  die  ionische  form  xc&wv  (vgl.  zu  fivQQa  52) 
heranziehen  (s.  die  analogen  fälle  bei  Krüger,  dialect.  formenlehre  §4,1.3; 
Curtius  Etym.  S.  416).  —  Jenes  Xvä,  'O^vk  übrigens  mit  *om^  zu  com- 
biniren  (H  517)  ist  ein  gradezu  abenteuerlicher  gedanke,  mit  dem  auch 
B  II  109  nicht  ernst  zu  machen  wagt;  eine  wenigstens  methodischere 
ableitung  des  griechischen  namens  (von  7ID  oder  1''^)  hat  de  Goeje  in 
den  Abhandlungen  der  Holländischen  Gesellschaft  der  Wissenschaften 
vorgeschlagen  und  durch  hebräische  eigennamen  u.a.m.  zu  stüzen  versucht, 
s.  The  Academy,  May  14,  1870,  p.  218. 

3)  Sehr.  131. 

")  Ewald  S.  123  anm.  1.  2. 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch.  285 

grund  in  der  kürze  des  ersten  vocals  haben,  der  den  accent 
auf  sich  gezogen  hatte. 

Wenn  der  stärkste  aller  semitischen  kehlhauche  von  den 
Griechen  meist  vollkommen  übergangen  wird,  so  kann  man  sich 
nicht  wundern,  dass  von  einem  versuche  zur  nachahmung  der 
laute  n  und  s»  nirgends  die  rede  ist;  es  genügt,  auf  eßsvog  und 
xaoola  hinzuweisen. 

Was  die  vocale  angeht,  so  erklärt  sich  das  meiste  ganz 
einfach,  sobald  wir  einige  der  eigentümlichkeiten  der  phönizi- 
schen  ausspräche  berücksichtigen:  da  ist  es  begreiflich,  dass 
hebräischem  o  der  massoretischen  Überlieferung  v  entspricht 
{kvtcqoq,  y.vTtccQioaog,  mviga),  dass  hebr.  s'wä  mobile  öfters 
durch  einen  kurzen  vocal  dargestellt  wird  (xitcov,  Xißavog:  an- 
ders yiXcüßog,  ßdälla,  die  später  herübergekommen  sind),  dass 
nicht  nur  hebr.  hireq  (rfnpp),  sondern  auch  sere  (gesteigert 
aus  i)  ebenfalls  als  v  erscheint  {vaatorvog),  dass  das  zweite  a 
von  gamal  zu  e  herabgedrückt  ist  {■Kdf.ir]Xog) ,  dass  statt  der 
endung  -an  das  -6n  auftritt  ixavwv)  ^).  Bei  ganz  späten  ent- 
lehnungen  ist  natürlich  nicht  sowol  die  phönizische  als  die  ita- 
cistische  ausspräche  zu  berücksichtigen  {yoid,  Xsvyog). 

Im  allgemeinen  zeigen  also  die  griechischen  formen  ziem- 
liche genauigkeit  in  wiedergäbe  der  semitischen  laute,  beson- 
ders wenn  man  statt  der  sog.  segolatformen  der  traditionellen 
hebräischen  ausspräche  bei  werten  wie  vaßXa{g),  vltqov  die  ur- 
sprünglicheren einsylbigen  bildungen  (nabl  statt  nebel)  zu 
gründe  legt.  Hie  und  da  finden  sich  freilich  ausnahmen,  die 
wir  indes  zum  teil  erklären  können.  Wenn  z.  b.  hebräischem 
db  griechisches  Xrjdov,  Xrjdavov  gegenübertritt,  so  wird  die 
griechische  form  eben  nicht  dem  Hebräisch-Phönizischen ,  son- 
dern dem  Arabischen  entnommen  sein,  das  sein  lad  an  (oben 
no.  34)  nicht,  wie  z.  b.  ...LJb  balasän,  erst  wieder  aus  dem 
Griechischen  zurückerhalten  haben  kann,  da  schon  Herodot 
Xccdavov  gradezu  als  arabische  glosse  anführt  (III,  112);  auf 
die  von  r;:hb  abweichende  vocalisation  von  Xißavog  wird  der 
name  des  gebirges  von  einfluss  gewesen  sein.  Doch  ist  da 
manches  irrationale  zuzugeben,  dem  wir  wenigstens  nicht  mehr 
nachkommen  können,  wie  das  eingeschobene  1  in  ßdXaaf.iov  = 


^)  Sehr.  S.  98.  121.  125.  126  ff.  —  /awojr  könnte  freilich  auch  syrisch 

sein. 


286  A.  Müller 

cüJä  (etwa  basm)  oder  die  form  v.vf.uvov  neben  -jiTa^D  mit  auf- 
gäbe der  Verdopplung  und  ändrung  der  vocalisation  ^j.  Letz- 
tere ist  überhaupt  veränderlicher,  als  das  consonantische  ge- 
rippe  der  Wörter,  dem  gegenüber  die  vocale  im  Semitischen 
bekanntlich  eine  weit  untergeordnetere  rolle  spielen  als  im  In- 
dogermanischen: grade  in  dieser  beziehung  ist  es  daher  nicht 
zu  verwundern,  dass  die  Griechen  sich  die  Wörter  hie  und  da 
durch  einschieben  von  vocalen  und  änderung  des  tons  mund- 
recht zu  machen  suchten  [sßevog,  oaf,ißvy.Yi  ^  lalßävrj,  oindf-u- 
vog,  was  mit  den  fällen  wie  xitcov  sich  berührt).  Doch  dürfen 
wir,  glaube  ich,  aus  dem  bisherigen  wenigstens  den  schluss 
ziehen,  dass  bei  der  aufnähme  semitischer  worte  in  das  ältere 
Griechisch  mit  einer  gewissen  regelmässigkeit  verfahren  worden 
ist,  von  welcher  abzusehen  nur  in  solchen  fällen  unbedenklich 
sein  wird,  wo  die  entlehnung  durch  besondere  gründe  andrer 
art  sicher  gestellt  oder  doch  äusserst  wahrscheinlich  gemacht 
wird.  Legen  wir  diesen  saz,  der  sich  nachher  noch  durch  zwei 
gesichtspuncte  sachlicher  art  ergänzen  wird,  der  folgenden  be- 
trachtung  des  restes  unserer  ersten  liste  zu  gründe,  so  gewin- 
nen wir  für  unsere  resultate  einen  grad  der  Sicherheit,  welcher 
durch  die  gefahr,  in  einigen  wenigen  fällen  stark  entstellte 
wortformen  zu  verkennen,  mir  nicht  zu  teuer  erkauft  scheint  2). 

[L  Sßga  =  mnn  würde  ^ch  laut  und  bedeutung  genau 
übereinstmjmen ;  der  besser  bezeugte  spir.  lenis  (=  n  s.  ob.  s. 
283)  wäre  ä^nach  jedenfalls  richtig.^  Doch  beweist,  wie  mir 
Dr.  Bezzenber^r  bemerkt,  die  analogiKdes  lateinischen  deli- 
cata  Lieblingsskiavin ,  dass  auf  aßgog  zuHickzugehen  und  das 
wort  mit\Fick  (KuHn\  Ztschr.  X^H,  216)  fü^.makedonisch  zu 
halten  ist.7'~"*^ — '^    \  '"" 

2.  ccQQußcüv  ist  als  semitisch  von  Gesenius  reclamiert,  von 
Renan  in  seiner  liste  übergangen  worden,  während  Benfey  es 
festhält.  Ich  glaube,  mit  recht;  es  ist  mit  Ges.  Hdwb.  s.  v. 
als  ein  terminus  technicus  zu  betrachten,  dessen  entlehnung 
nahe  genug  liegt ,  die  laute  wie  die  bedeutung  unterstüzen  eben- 
falls diese  annähme. 


^)  wenn  man  nicht  eine  von  der  hebräischen  verschiedene  form  vor- 
aussezen  will:  aber  auch  aram.  und  arab.  ist  kammün. 

*)  Eckige  klammern  bezeichnen  in  der  folgenden  liste,  dass  die  se- 
mitische herkunft  durch  die  genauere  Untersuchung  ausgeschlossen  er- 
seheint. 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch.  287 

[3.  (xQTtrj  kann  ich  nicht  =  S'^n  halten.  Abgesehen  vom 
Spiritus  asper ,  auf  den  ich  kein  gewicht  legen  will ,  ist  tt  =  a 
nicht  zu  rechtfertigen;  ausserdem  ist  das  wort,  wie  dies  nicht 
selten  vorkommt,  ausschliesslich  älteren  dichtem  und  der  spä- 
testen prosa  eigen.  Fremdwörter  aber  darf  man  in  der  alten 
poesie  (die  komiker  natürlich  ausgenommen)  nur  da  suchen, 
wo  entweder  mit  einer  fremden  sache  ein  fremdes  wort  früh- 
zeitig gemeingut  des  ganzen  volkes  geworden  und  der  fremde 
Ursprung  vergessen  war,  oder  aber  der  dichter  einen  beson- 
deren zweck  mit  solcher  auffälligen  abweichung  vom  ge- 
wöhnlichen verband;  wie  wenn  Aeschylus  ein  wort  wie  ßaX^v 
anwendet,  welches  eben  zu  seinem  g)XaTrö&QaT  gehört.  Bei 
den  Alexandrinern  und  noch  späteren,  dichtem  wie  prosaikem, 
würde  ein  solches  bedenken  natürlich  nicht  stichhaltig  sein. 
Ueber  die  indogermanische  etymologie  s.  Curt.  264.] 

[5.  ßäaavog  kann  weder  zu  dem  lande  Bas  an  gehören, 
denn  man  sieht  die  Verbindung  nicht  ein,  noch  aber  zu  V^na, 
da  n  =  ff  unerhört  ist.  Ich  war  in  folge  dessen  geneigt,  mich 
der  späteren  ansieht  Lagarde's  anzuschliessen ,  nach  welcher 
das  wort  eränisches  lehnwort  ist ;  aber  Prof.  Fick  erklärt  es  nach 
einer  freundlichen  privatraitteilung  Dr.  Bezzenberger's  =  ßd^d'- 
ffavo-g  unter  vergleichung  von  lith.  bandyti  probieren,  prüfen; 
-aavo-  ist  da  Suffix  =  preuss.  -sena-.] 

6.  ßUog  halte  auch  ich  für  semitisch,  trotzdem  die  ver- 
gleichung mit  dem  geminierten  h.  baq-büq  nicht  sicher  ge- 
nug ist. 

[7.  ßoTQvg  stimmt  schon  wegen  der  bedeutung  nicht  zu 
nob,  auch  ist  das  r  für  o  unzulässig.] 

[9,  yavlog  und  yavlog  habe  ich  zweifelnd  zur  y'  ba  ge- 
stellt; ich  würde  bestimmteres  wenigstens  über  das  erstere  (s. 
s.  300  unten)  aufzustellen  wagen,  wäre  nicht  skr.  gola  vor- 
handen. So  bleibt  nichts  übrig,  als  ein  eigentümliches  zusam- 
mentreffen zu  constatieren  oder  sich  auf  semitisch-indogerma- 
nische Sprachvergleichung  einzulassen.] 

11.  öeXzog  identificiere  ich  ohne  bedenken  mit  hebr.  nbn. 
B  II  199  „wegen  der  ähnlichkeit  mit  der  form  dieses  buchsta- 
bens  (//)  ist  nach  ihm  benannt  deArog"  usw.  Das  ist  die  alte 
erklärung  des  Eustathius,  der  (Steph.  Thes.  s.  v.  öelxatTov) 
sagt  -Kai  tÖ  zrjg  dslzov  ds  ovof.ia  o/noicog  avcodsv  ycareßi]  onl 
Tcov  öeXtcütcöv  ßißXiwv  rjrovv  sx  tcov   xara  dilza  7txvoaoj.isvcüv 


288  A.  Müller 

yQa(pwv,  aV  xvQLcog  diXtoi  zaXovfiEvai  dq)rj:iav  xdlg  voteqov  ßi- 
ßXioig  ^XrjQOvoi^rjaai  ToiavTrjg  y.}.^0£cog  und  weiter  wg  yccQ  dsk- 
Tog  öia  tÖ  öeXtwxov  oxfjf^ia.  Aber  diese  etymologie  ist  so  nicht 
wahr,  denn  von  ursprünglich  „dreieckig  gefalteten"  büchern  ist 
doch  sonst  nicht  die  rede,  kann  auch  nicht  wol  die  rede  sein, 
da  eine  solche  form  zweckwidrig  wäre.  Ausserordentlich  nahe 
liegt  dagegen  der  vergleich  einer  schreibtafel  mit  einem  tür- 
flügel,  wie  denn  die  ähnliche  bedeutung  seite  (eines  buches) 
für  das  hebräische  wort  ganz  unzweifelhaft  ist:  also  wird  öiX- 
fov  nicht  von  öeXia  erst  auf  griechischem  boden  abgeleitet, 
sondern  wie  der  eigentlich  ja  allerdings  identische  name  des 
buchstaben  mit  der  sache  zugleich  von  den  Phöniziern  ent- 
lehnt sein. 

[12.  sßevog  16mn  von  dem  hebr.  D^ann  nicht  wol  getrennt 
werden :,  dass  aber  "H^zteres  ein  semitisches  wort  wäre ,  kann  ich 
nicht  annehmen,  da^s  auf  eine  passende  y  nicht  zurückzu- 
führen ist^  Es  wird  alsia  seinen  plaz  in  der  zweiten  liste  fin- 
den müssen.]  >, 

[13.    Von  Xaortig  gilt  dasselbe,     üs^,^  (mit  ä  der   1.  sylbe) 

ist   eine   den    hebräischen    sprachgesezen  widersprechende    bil- 

dung,    für  die   eine  befriedigende   erklärung  innerhalb  der  se- 

/mitischen  sprachen  nicht  zu  geben  ist;^siia£h_ß^I  ^^^  wäre  es 

^ȊgypMsch,  wovon  ich  nichts  verstehe.^ 

loS^dog  ist  als  semitisch  von  Benfey  in  anspruch  genom- 
men, voW  Curtius  137  bezweifelt  worden,  ich  sehe  nicht  wes- 
halb: lautN^nd  bedeutung  passen  vorzüglich  und  eine  indoger- 
manische etyi^ologie  fehlt,  da  das  allein  entsprechende  ksl. 
kadi  zu  einer  ^chen  doch  nicht  genügt.     '**'^  ■■"■-■.--n-,«-.  ..._.„, 

^16.  xaxxa/?jy  mit  de  Lägard e  für  semitisch  zu  halten  liegt 
um  so  näher,  als  ganz  dasselbe  wort  dem  alten  namen  Kar- 
thagos :3DD  entspricht  i).  Wie  freihch  lezterer,  so  viel  an  ihm 
herum  erklärt  ist  ^),  mir  noch  in  tiefem  dunkel  zu  liegen 
scheint,  so  habe  ich  auch  für  den  gleichlautenden  topf^  nichts^ 
stichhaltiges  beizubringen.  Das  chaldäische  '"2'^'i;>  stammt  erst 
wieder  aus  dem  Griechischen. 

[20.  y(.ißdr]Xog  ^mbinirt  de  Lagarde  geistreicliVmit  der  ara- 
mäischen, resp.  altsetaitischen  y  kdb  (hebr.  kzb,  ^w-ab.  kdb). 
Beweisen  lässt  sich  niötits,    aber  die  Vermutung  bleiÖt,    da  die 


^)  Sehr.  105.        ^)  ebd.  a.  1. 


Semitische  Lehnworte  im  ^^eren  Griechisch.  289 

Umstellung  des  2.  tind  3.  radicals  keinen ^j^toss  bietet,  neben 
den  etymologien  bei^Sßnfey  II  158  und  Curtibssl53  immerhin 
möglich;  die  form  wäre\natürlich  nur  durch  aramäische  Ver- 
mittlung zu  erklären.  \^ 

[21.  xißcoTog  mit  n^n  zusammenzustellen  scheint  mir  un- 
möglich, trozdem  Rödiger,  Ewald,  Fleischer  und  de  Lagarde 
diese  ableitung  empfehlen.  Ob,  wie  indogermanisches  k  zu  t 
werden  kann,  so  hier  der  umgekehrte  Wechsel  möglich  ist,  will 
ich  nicht  entscheiden,  aber  nir  selbst  erscheint  als  ein  ar- 
chaistisches und  seltenes  wort  (für  das  ächthebr.  ■;t~>n),  von 
dem  kaum  anzunehmen  ist,  dass  es  im  gebrauche  des  gewöhn- 
lichen lebens  gewesen  sein  könnte;  chald.  «mn-^n  (im  syrischen 
fehlt  das  wort!)  ist  jedenfalls  lediglich  als  ein  solennes  wort 
aus  dem  Hebräischen  herübergenommen,  und  ganz  denselben 
character  zeigt  das  weiter  zu  den  Arabern  und  Aethiopen  ge- 
drungene täbüt,  täbot;  grade  umgekehrt  aber  gehört  y.ißo)r6c 


lediglich  der  spräche  des  gewöhnlichen  lebens  an,  bis_die  LXX 
(und  danach  auch  der  Syrer)  es  zur  übersezung  des  hebräischen 
Wortes  anwenden.  Einer  ableitung  direct  aus  dem  Aegyptischen 
würde  ich  aus  diesem  gründe  wenigstens  nicht  widersprechen, 
semitische  Vermittlung  halte  ich  für  äusserst  unwahrscheinlich. 
S.  auch  Renfey  II  324,  wo  wenigstens  die  heranziehung  von 
jo/Jtö'fg'  usw.  beayhtung  verdient.]  y 

[22.    xldagig/ ist    mit   de   Lagarde  ^,ls   persisch   an/usehei 
das  phönizische  verbum  ist  denominativ,  eine  allgemein  senjiti- 
sche  y  nicht/  vorhanden.],  '  ,'  / 

[23.  v.Lvv(x(.uovov  stammt,  unzweifelhaft  zunächst  aus  dem  Se- 
mitischen: mehr  aber  kanik  auch  aus  Her.  III,  ill  i)  nicht 
gefolgert  werden.  Auch  diesVird  eins  von  jenen  wörten  sein, 
auf  welche  Fr.  Müller  2)  als  aVf  „fremdlinge"  aufmerksam  ge- 
macht hat,  die  „zum  grösstenVheile  nach  dem  geiste'der  je- 
„desmaligen  spräche  so  geschickt  verarbeitet  sind  und  ih  ihre 
„Umgebung  so  gut  hineinpassen,  \dass  es  schwer  wird,  \ den 
„fremden  gast  im  einheimischen  kWde  zu  erkennen  und^als 
„solchen  zu  behandeln".  Semitisch  ist  "J'^^Sf?  keinesfalls,  wohV 
es  stamme,  weiss  ich  nicht;  eine  indische  etymologie  s.  bei^^ 
Benfey  H  157.]  "        \  ' 

^)  G.  Hdwb.  s.  V.  ]lW:p;    die   dort   gegebene   etymologie  ist   nur  ein 
notbehelf. 

2)  K.  Beitr.  II  490. 
Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I.  20 


290  A.  Müller 

[25.  yii^dXXr]g  „qui  signifiait  pirate  dans  la  haute  antiquite 
„grecque  (voir  l'mscription  de  Teos,  dans  Boeckh,  Corpus 
„ins er.  graec.  no.  3044),  me  parait  venir  de  bb^  (praeda, 
„praedator)  par  un  redoublement  analogue  a  celui  de  Tcd^ai- 
„ßwaoco;  le  son  chuintant  aura  passe  au  son  k,  d'apres  une 
„analogie  tres-familiere  au  sanscrit:  on  comprend  du  reste  que 
„le  nom  des  pirates  et  de  la  piraterie  soit  venu  des  Pheniciens." 
Diese  deduction  Renans  (193)  scheitert  sofort  daran,  dass  se- 
mitischem uj  ausnahmslos  einfaches  a  entspricht  (s.  ob.  s.  284) ; 
auch  wird  die  analogie  von  Tid-aißcoaoaj  mit  der  semitischen 
herkunft  desselben  zugleich  hinfällig;  s.  u.  s.  298.  Benfey  II 
161  stellt  es  zu  y  ^tt^--] 

26.  xiTTiü  zeigt  nicht  nur  die  spätere  ausspräche  der  ur- 
sprünglichen femininendung  a,  sondern  auch  r  statt  ö,  was 
aber  in  dem  buchstabennamen  Iwra  ebenso  der  fall  ist. 

[27.  xiwv  möchte  ich  mit  h.  -jt^s  schon  deswegen  nicht  com- 
binieren,  weil  lezteres'aTra^  leyofxevov,  also  jedenfalls  ein  selten 
gebrauchtes  wort  ist,  abgesehen  davon,  dass  auch  die  bedeu- 
tung  in  zweifei  gezogen  wird  und  sich  mit  der  griechischen 
nicht  genau  deckt.] 

30.  yivTiaQLOOog  wäre  besser  als  zu  lor)  zu  -12:1  zu  stellen, 
wenn  für  lezteres  die  bedeutung  „nadelholz"  sicher  stände. 
Auffällig  ist  auch  das  schhessende  -laaog;  selbst  wenn  es  als 
griechisches  suffix  unanstössig  sein  sollte,  pflegt  doch  ein  sol- 
ches nie  in  dieser  weise  an  ein  semitisches  wort  gehängt  zu 
werden.  Andrerseits  möchte  ich  auch  nicht  gradezu  beide  worte 
zu  trennen  wagen. 

[32.  Xaog  mit  cjtb  zusammenzubringen  halte  ich  für  unstatt- 
haft; in  den  beiderseitigen  -j/y  stimmen  eigentlich  nur  die  an- 
fangsbuchstaben  überein.     S.  auch  Curtius  364.] 

[36.  Ebenfalls  unwahrscheinlich  ist  die  gleichung  Xig,  Xiwv 
—  ijjfb,  vi^-J  [leit].  Pott  und  Benfey  scheinen  mir  zu  überse- 
hen, dass  das  schluss-g  von  Ug  als  nominativendung  mit  dem 
radicalen  r  nicht  wol  in  parallele  gestellt  werden  kann;  lezte- 
res aber  einlach  zu  ignorieren  wäre  gegen  alle  analogie.  Auch 
hat  Benfey  II  x  diese  ableitung  selbst  wieder  aufgegeben  und 
hebr.  N-^r^b  =  Xef-  herangezogen.  Aber  a  =  c  und  die  ein- 
fache weglassung  des  schliessenden  i  ist  doch  unzulässig;  will 
man  dagegen  die  beiderseitigen  yy  in  Verbindung  bringen,  so 
tritt  das  aus  dem  rahmen  dieser  arbeit  heraus.] 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch.  291 

[37.  l'öyyri  =  nah  ist  nicht  zu  halten  ;  keiner  der  bei- 
den hier  vorausgesezten  lautübergänge  lässt  sich  nachweisen, 
denn  in  dem  umgekehrt  entlehnten  ß^Qv?dog  =  -nbn  haben 
beide  liquiden  lediglich  den  plaz  getauscht,  und  n?:  =  yx  bleibt 
stets  bedenklich,  wenn  es  auch  allein  vielleicht  die  Verwerfung 
nicht  motiviren  würde.] 

[38.  fiiayadig  =  n'bnTa  scheitert  an  dem  sonst  unbelegten  d 
—  b  und  y  =  n;  eins  von  beiden  würde  sich  vielleicht  noch 
zugeben  lassen,  beides  zusammen  nicht.] 

39.  /iiayyaveia  =  rtr:;:»  :  die  begriffe  stimmen  allenfalls, 
aber  das  hebräische  wort  hat  doch  eine  zu  stark  specificierte 
bedeutung.  Ich  würde  jedenfalls  ein  starkes  fragezeichen  da- 
neben sezen. 

40.  Um  fiald^a  streiten  sich  Indogermanen  und  Semiten, 
und  leztere  haben  es  zum  teil  schon  aufgegeben.  Jedenfalls 
ist  die  Sache  zweifelhaft,  so  gern  ich  mit  der  schreibtafel  (s. 
oben  zu  11)  auch  deren  wachsüberzug  für  die  Phönizier  recla- 
mierte. 

[41.  ^avdalog  scheint  mir  doch  nicht  zu  'bn:>3ö  zu  gehören. 
Das  griechische  wort  ist  spät  und  hätte  also  aus  dem  Aramäi- 
schen kommen  müssen ,  wo  es  aber  nicht  vorhanden  ist,  ausser- 
dem ist  das  eingeschobene  d  und  a  für  ü  auffällig.] 

[42.  Arab.  m  ah  dar  würde  der  bedeutung  nach  allenfalls 
zu  dem  späteren  fidvöga  kloster,  sonstige  ableitungen  der  y 
"ii:n  noch  besser  zu  der  älteren  bürde  stimmen,  und  dass  das 
wort  nur  im  Arabischen  wirklich  in  der  form  mit  vorgeseztem 
m  erscheint,  wie  dass  vor  ö  ein  v  eingeschoben  ist,  wäre  kein 
absolutes  hinderniss.  Aber  d  =  (jo  :£.  halte  ich  für  unmög- 
lich; in  dem  einzigen  freilich  auch  zu  verwerfenden  beispiele,  wo 
ein  solches  i:  vorkommt,  wäre  es  auch  im  Griechischen  ein  a  ^). 
Auch  ist  ixävdqa  wenigstens  in  der  einen  bedeutung  ein  altes 
wort,  dessen  entlehnung  aus  dem  Arabischen  nicht  wol  ange- 
nommen werden  kann  ^) ;  aus  dem  Hebräisch-Phönizischen  wäre 
aber  unter  allen  Umständen  nur  a,  nicht  d  zu  rechtfertigen. 
Semitisch  wird   es  nicht  sein;    ob  es  überhaupt  ein  fremdwort 


^)  S.  zu  no.  70. 

^)  Vgl.  zu  no.  3 ;    XriSavov  s.  277  ist  als  name  eines  ganz  bestimmten 
südlichen  productes  doch  anders. 

20* 


292  A.  Müller 

ist,  oder  nach  Benfey  II 44  mit  (.idvdalog  zu  ymad  gehört,  kann 
ich  nicht  beurteilen.] 

[43.  Das  späte  jnavdvi]  mit  h.  i7o  gleichzustellen  ist  deswe- 
gen nicht  rätlich,  weil  lezteres  im  Aramäischen  fehlt,  wo  die 
y  173  eine  ganz  andre  bedeutung  hat  i) ;  auch  bliebe  das  v  uner- 
klärt, während  das  v  nach  aram.  lautgesezen  ohne  anstoss  wäre, 
de  Lagarde's  argument  „^72  a  LXX  semper  per  /navövag  red- 
ditur"  Hesse  sich  auch  dahin  erklären,  dass  eben  wegen  der 
äusseren  ähnlichkeit  beider  wörter  f.iavdvag  stets  zur  überse- 
zung  von  -i73  gewählt  wurde.  Eine  andre  erklärung  weiss  ich 
freilich  nicht.] 

44.  (xäQOLTCog  bezeichnet  de  Lagarde  als  „deutlich  semiti- 
schen Ursprungs"  und  in  der  tat  legt  nicht  nur  die  form  mit 
dem  vorgesezten  12,  sondern  auch  die  ganze  übrige  gestalt  des 
Wortes  nahe  dem  zuzustimmen.  Nur  will  es  mir  nicht  gelin- 
gen, ein  semitisches  etymon  zu  finden.  Derivate  der  y  w2ia)j 
rsf  passen  eventuell  nur  sehr  gezwungen,  solche  von  y  jsxmh 
rs'f  gar  nicht.  Man  wird  daher  das  wort  vorläufig  nur  in  die 
reihe  der  des  semitismus  verdächtigen  stellen  können. 

[45.  De  Lagarde's  combination  scheint  mir  ebenso  geistreich 
als  unhaltbar.  Das  wort  müsste  wegen  der  specifisch  arabi- 
schen zehnten,  im  Nordsemitischen  gar  nicht  vorkommenden  form 
direct  aus  Arabien  nach  Griechenland  gewandert  sein,  was  bei 
seinem  alter  und  der  art  seiner  bedeutung  unmöglich  angenom- 
men werden  kann,  auch  passen  die  begrifie  nicht  einmal  ober- 
flächlich zu  einander.] 

[46.  Die  einander  gradezu  widersprechenden  experimente, 
die  seit  alten  zeiten  mit  m372  =  /.laxaiga  angestellt  werden, 
können  schon  deswegen  nie  zu  einem  resultate  führen,  weil 
bekanntlich  die  bedeutung  dieses  hebräischen  aTta^  Xeyof^ievov 
eine  durchaus  zweifelhafte  und  bestrittene  ist;  auch  triff't  hier 
wieder  zu,  dass  das  wort  jedenfalls  ein  ganz  seltenes  und  also 
der  übertragu^  in  eine  fremde  spräche  schwerlich  ausgesezt 
war.] 

[47.  /usyaQov  yoitsuiiyag  abzuleiten  2)\^g  seine  bedenken 
haben,  aber  einen  zusaimnenhang  mit  y -ii:»  rfe^ustellen  dürfte 
noch  schwieriger  sein,     ^«ar  haben  wir  h.  -)W2  ä^enthalts- 


*)  Vgl.  zu  no.  41. 
2)  Curtius  329. 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch.  293 

ort,  auch  ^^hnun^,  aber  das/^timmt  nicht  zu  dem  bßgrin 
von  f.iiyßi^v ,  der^nmer  im  ge^nsaz  zur  einfache]i--wö!in8tätte 
de^-^ossen^j^al,  dan^.'-'aen  palast  bggeiclinet  Auch  das 
a  spricht  ge^en  die  id^atificierungj^.,..,.--'''''''''^ 

[48.  liigaaßog  würde  ich  nicht  einmal  dubitans  auf  y  'sb 
in  der  bedeutung  binden  zurückführen.  An  eine  wurzelver- 
wandtschaft  kann  doch  nicht  gedacht  werden,  und  eine  semiti- 
sche ableitung  durch  73  mit  einer  irgend  hieherpassenden  be- 
deutung fehlt;  ebenso  freilich  bisher  eine  indogermanische  ety- 
mologie.] 

[49.  jiisTaXXov  kann  man  aus  dem  gründe  nicht  mit  h.  büTj 
combinieren,  weil  diese  y  nur  schmieden  (eigentlich  lang 
machen,  ausdehnen)  heisst,  also  hier  gar  nicht  passt.] 

50.  De  Lagarde's  /ndra^a  =  arab.  (etwa)  mu'takas  ist 
so  unmöglich  wie  45:  auch  die  form  mit  eingeschobenem  t  ist 
specifisch  arabisch  und  die  bedeutung  passt  gar  nicht,  denn 
(j^jCä  heisst  umkehren  und  dass  ein  ^_JJic.  grade  ein  strick 
ist,  hat  mit  dem  eigentlichen  begriff  der  y  nichts  zu  tun.  Das 
richtige  bietet  Fleischer  an  der  citierten  stelle. 

51.  uvä  ist  selbstverständlich  das  hebräisch  -  phönizische 
wort.  Aber  die  form  ist  eigentümlich;  man  erwartete  nach 
dem  Hebräischen  /iidvrj  oder  /ndvva  (vgl.  xccwa).  Vermutlich 
hatten  bereits  die  Phönizier  das  vielgebrauchte  wort  zu  nDTa 
verkürzt,  dem  lat.  mina  gut  entsprechen  würde.  Die  ionische 
form  ^ivea  trägt  zur  aufklärung  nichts  bei;  vielleicht  stammt 
das  wort  direct  aus  dem  Aegyptischen  (B  II  368). 

52.  (.ivQQu  ist  eine  äolische  form ;  die  lonier  und  späteren 
sagten  a/nvQvr]  i),  vgl.  of-iägaydog;  über  dies  vorgeschobene  ö, 
insbesondre  den  zeitpunct  seines  eintretens  habe  ich  nirgends 
etwas  gefunden  ausser  etwa  bei  Curt.  526  den  saz,  dass  „fremd- 
wörter  ihre  eigenen  wege  gehen".  Ich  wage  daher  auf  den  weg, 
den  das  wort  etwa  genommen  hat,  aus  der  formverschiedenheit 
der  dialecte  keinen  schluss  zu  ziehen,  obwol  die  jedenfalls  nur 
dem  Aramäischen  entsprechende  form  ebenfalls  bemerkenswert 
ist.  Mit  Hehn  514  (.ivqqa  usw.  und  f^vQzog  zu  identificieren 
sehe  ich  keine  berechtigung. 

54.  vhcoTtov  =  nsb:  wäre  an  sich  ganz  ansprechend;  frei- 
lich   kommt    lezteres  im   Hebräischen   nur  als   eigenname   vor, 


^)  Herod.  VII,  181. 


294  A.  Müller 

aber  man  könnte  das  wort  ohne  anstoss  auch  auf  aram.  |.2i4,u 
n6tä,fä  zurückführen.  Bedenklich  ist  aber  immerhin  das  t:  = 
r  in  einem  so  alten  worte  (s.  ob.  s.  283);  ich  wage  nichts  be- 
stimmtes zu  behaupten. 

55.  Ueber  die  spätere  nebenform  Xltqov  s.  Curtius  443. 
Dass  das  wort  ursprünglich  semitisch  sei,  ist  mir  wieder  sehr 
zweifelhaft;  die  etymologie  G.  Hdwb.  s.  v.  genügt  nicht.  S.  zu 
no.  23. 

56.  Die  Verbindung  'Q^^'H'n  ]ni:2i<,  in  welcher  das  hebr.  wort 
Prov.  7,  16  allein  vorkommt,  legt  bei  dem  mangel  eines  semi- 
tischen etymons  nahe,  an  ägyptische  herkunft  zu  denken,  doch 
vermag  ich  nicht  anzugeben,  ob  sich  dort  ein  ähnliches  wort 
findet.  Gegen  die  gleichstellung  spricht,  dass  auch  "jnuN  ein 
arta^  Xeyof.iEvov  ist;  doch  kommt  es  im  Chaldäischen  als  strick 
wieder  vor,  und  ist  also  wenigstens  kein  grund  zu  vollständi- 
ger ablehnung  vorhanden,  obwol  alles  fraglich  bleiben  muss. 

[57.  oivog  wein  wird  mit  gleicher  bestimmtheit  im  Griechi- 
schen und  im  Semitischen  als  lehn  wort  bezeichnet;  aus  lez- 
terem  saze  zieht  Hehn  die  schönsten  culturhistorischen  folge- 
rungen.     Aber   sprachlich  ist   die  sache  unmöglich,    denn  eine 

hebräischem  -^ii,  arab.  ^^.*,  [wein],  äth.  (D^*?!  [wein]  ent- 
sprechende ^  y^  wäre  die  einzige  begriffswurzel  in  sämmtlichen 
semitischen  sprachen,  die  mit  ii  anlautete  ^),  könnte  also  nur 
angesezt  werden,  wenn  gar  keine  andre  möglichkeit  der  erklä- 
rung  vorläge.  Es  ist  also  jedenfalls  an  einer  indogermanischen 
etymologie  festzuhalten,  an  welcher,  habe  ich  hier  nicht  zu 
beurtheilen.] 

58.  Obwol  selbst  Curtius  404  den  indogermanischen  Ur- 
sprung von  ovog  aufgibt,  kann  ich  mich  doch  nicht  ohne  wei- 
teres entschliessen ,  das  wort  einfach  vom  hebräischen  iin« 
(ähnlich   auch   in   den   andern   dialekten)   herzuleiten,    welches 


^)  äthiop.  G)^irifci.  [waital]  caprea  (J'o()z«?  ist  schwerlich  semiti- 
schen Ursprungs;  Dillmann  Lex.  aeth.  s.  v-  hat  gar  kein  etymon  dazu; 
Praetorius  möchte  es  mit  /TIA,  (V  "'bü)  combinieren,  durch  Metathese 
der  Wurzel   und   präfigiertes    zu   w   geschwächtes  m,    eine   Bildung  wie 

amhar.  (l)j^,aji\     Stier  für     ^^J^/j,Xmi      äthiop.  mit  präfigiertem  t 

l'^/^  2.  5     doch    bezeichnet    er    mir    diese  ableitung  wenigstens   als 
nicht  ganz  sicher. 


Semitische  Lehn  w orte  im  älteren  Griechisch.  295 

mit  lateinischem  asin-  parallel  stände.  Für  den  Übergang  ei- 
nes semitischen  t  in  s  haben  wir  kein  einziges  beispiel;  dass 
man  nicht  das  masc.  mTsn  herübergenommen  hätte,  wäre  zwar 
ebenfalls  auffällig,  aber  doch  erklärlich,  ev.  schon  wegen  des 
den  Griechen  unbequemen  n  (s.  oben  s.  283).  Da  freilich  die 
entlehnung  in  uralter  zeit  stattgefunden  haben  müsste,  könnte 
man  auch  eine  stärkere  lautliche  differenz  gerechtfertigt  finden, 
aber  behaujDten  lässt  sich  darüber  jedenfalls  nichts. 

[59.   De  Lagarde's  combination  von  Ttdyog  und  ^  halte  ich 

für  unmöglich  aus  den  zu  no.  3.  42  erörterten  gründen,  sowie 
wegen  der  höchstens  ganz  oberflächlichen  ähnlichkeit  der  be- 
deutungen.] 

[60.  Die  alte  Zusammenstellung  von  rcaXad-i]  mit  nbn,  so 
nahe  sie  durch  die  identität  der  bedeutung  gelegt  wird,  ist 
doch  lautlich  unmöglich,  nicht  nur  wegen  des  vorausgesezten, 
nirgends  sonst  nachzuweisenden  Wegfalls  eines  anlautenden  d, 
sondern  auch  wegen  der  unzulässigkeit  der  gleichung  /r  =  n.] 

61.  naXXa^,  TtaXlaY.ig  usw.  bieten  für  eine  rationelle  er- 
klärung  grosse  Schwierigkeiten  dar.  Jedenfalls  müssen  sie  mit 
hebr.  u3^Ve  identificiert  werden;  nur  fragt  sich,  ob  die  griechi- 
sche, ob  die  hebräische  form  für  ursprünglicher  gelten  soll. 
Zunächst  ist  TtälXa^  auszuschliessen,  das  lediglich  um  unhalt- 
barer etymologien  willen  von  späteren  grammatikern  (zuerst 
überliefert  es  Ammonius)  gebildet  erscheint;  die  älteste,  bei 
Homer  ausschliesslich  auftretende  form  ist  Ttallay-ig.  Da  scheint 
nun  die  reihe  Ttallamd-  aram.  -npb"'C  ,  hebr.  ujabo  nach  re- 
gelmässigen lautgesezen  auf  ein  ursprünglich  semitisches  plgt 
hinzuweisen;  dann  wäre  das  auch  ziemlich  alte  TtoXkav.r]  durch 
eintreten  einer  andern  femininendung  für  das  den  lezten  radi- 
cal  ersezende  -ic,  später  gebildet.  Dagegen  spricht,  dass  sonst 
stets  die  griechische  endung  erst  hinter  dem  lezten  radical  des 
semitischen  wortes  antritt;  auch  ist  das  chaldäische  Nnpb"'D 
nach  Levy's  Wb  auf  einen  kreis  hebraisierender  texte  be- 
schränkt und  liegt  daher  die  möglichkeit  einer  entlehnung  aus 
dem  Hebräischen  nahe  genug.  Ich  würde  nichts  desto  weniger 
an  die  richtigkeit  der  ersten  annähme  glauben,  da  u):jbQ  schon 
in  der  Genesis  vorkommt,  also  ursprünglich  griechisch  kaum 
sein  kann;  aber  acht  semitisch  ist  es  gewiss  ebenso  wenig. 
Dr.  Bezzenberger  schreibt  mir  darüber  :    „Tra^Aax»^' ,    TcaXka.Y.'ig 


296  A.  Müller 

u.  s.  w.  glaube  ich  aus  dem  indogerm.  erklären  zu  können ; 
es  ist  durch  secundär-suffixales  k  aus  nalla-  =  jvadXa-  wei- 
tergebildet und  dieses  gehört  zu  der  y  bhadh  verbinden,  ge- 
sellen vgl.  die  wurzelhaft  verwanten  skr.  bandhu  u.  a.  Ver- 
wanter,  Freund,  bandhu-ka  Bastard,  bandha-ki  liederliches 
Weib  (vgl.  begrifflich  noch  lit.  draiigas  Gefährte,  Gesell, 
draugalas  das.  und  ßuhler,  draugalauti  in  Gemeinschaft  le- 
ben, ehebrechen).  —  Die  Etymologie  ist  aber  kühn  und  ich 
will  mich  nicht  auf  sie  steifen".  —  Stammt  es  aus  Kleinasien? 

[62.  TteoöOQ  mit  Fleischer  aus  dem  Aramäischen  abzuleiten 
scheint  mir  nicht  ganz  unbedenklich,  da  das  griechische,  übri- 
gens sehr  alte  wort  nicht  nur  die  steine,  sondern,  wie  Ttaa- 
aov,  auch  das  brett  im  spiele  bezeichnet  und,  da  die  fünftei- 
lung  des  lezteren  noch  bei  den  Griechen  feststeht,  für  dieses 
Benfey's  erklärung  durch  Tcivze  vorzuziehen  sein  dürfte,  sofern 
nicht  etwa  vom  indogermanischen  standpuncte  einwendungen 
dagegen  zu  machen  sind.  Dann  wäre  das  zusammentreffen  mit 
Vcoa  usw.  zufällig.] 

[63.  Die  semitische  etymologie  für  rtQcxoov  hat  sich  Hehn 
merkwürdiger  weise  entgehen  lassen  ,  da  er  s.  173  auf  Benfey 
II  100  sich  zu  beziehen  scheint.  Und  doch  wäre  bei  der  häu- 
figkeit  der  Verwandlung  von  k  in  tt  die  erklärung  möglich, 
wenn  nicht  durch  die  frühere  form  *7t(XQOov  =  lat.  porrum 
die  indogermanische  herkunft  gesichert  wäre  (Fick  ^  H,  146).] 

[64.  Qaßdog  stimmt  mit  nnb  besonders  dem  buchstabenna- 
men  Xdßda,  Xdfxßda  gegenüber  zu  wenig  überein,  als  dass  es 
seinen  plaz  hier  behaupten  könnte.] 

,  [65.  Ein  wort,  das  einen  berggipfel  bezeichnet,  aus  dem 
semitischen  abzuleiten,  scheint  mir  a  priori  bedenklich  ^)\  aus- 
serdem ist  die  anwendung  des  syrischen  \m.»'i  eine  durchaus  me- 
taphorische, der  gewöhnlichen  für  haupt  gegenüber  im  Sprach- 
gebrauch weit  zurücktretende  —  wer  würde  ein  wort  für  gipfel 
aus  dem  griechischen  xaQrjvov  erklären  wollen,  nur  weil  ogacov 
yi(XQr]va  vorkommt?  Lautlich  wäre  die  sache  möglich;  vgl. 
Curtius  378.] 

[66.  Umgekehrt  hätte  goa  aus  'jia-i  aus  sachlichen  gründen 
viel  für  sich,  aber  die  lautverhältuisse  passen  nicht,  denn  die 
ganze  ähnhchkeit  besteht  im  gleichen  anfangsbuchstaben.    Zwar 

*)  Vgl.  zu  no.  77. 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch.  297 

meint  Benfey,  /  für  m  sei  eine  sehr  natürliche  Umwandlung; 
man  müsste  aber  positive  belege  dafür  erwarten ,  um  zustimmen 
zu  können.  Auch  ist  die  gemeinsemitische  Verdopplung  des  m 
zu  beachten,  die  doch  nicht  ohne  weiteres  bei  seite  gelassen 
werden  darf.] 

[68.  aaf-ißvyo]  hat  ein  correspondirendes  wort  nur  in  ftoao 
oder  'nto,  das  sich  ausschliesslich  im  3.  kap.  des  buches  Daniel 
findet.  Ich  glaube  nun  bestimmt,  dass  es  da,  wo  es  zwischen 
den  unzweideutig  griechischen  worten  D"^nip  und  "j-^nnaDD  steht, 
auch  als  griechisches  fremdwort  zu  erklären  ist,  da  es  allen 
versuchen,  ihm  eine  semitische  etymologie  aufzudrängen  i),  spot- 
tet, die  bedeutungen  der  y  "jno  und  ihrer  derivate  auch  nicht 
den  geringsten  anknüpfungspunct  für  eine  solche  bieten.  Für 
das  griechische  wort  ist  die  deutung  doch  wol  auf  kleinasiati- 
schem boden  zu  suchen ,  auf  welchem  ich  aber  die  führung  an- 
deren abtreten  muss.] 

[69.  a^g  hat  nur  eine  ganz  äusserliche  ähnlichkeit  mit  DD 
und  den  entsprechenden  worten  der  übrigen  dialekte;  der  grie- 
chische stamm  erscheint  als  as-  oder  ar^z-;  ein  aea-  dürfte 
schwerlich  zu  rechtfertigen  sein.] 

[70.  ai]ip  =  ni:  v_Lto  zu  sezen,  würde  ich  nicht  wegen  des 
arabischen  (jis^wol  aber  wegen  der  Verschiedenheit  der  bedeu- 
tung  beanstanden:  ai]ip  ist  nach  Aristot.  &av/ii.  äyiovajLi.  164 
(p.  846^  10)  eine  bösartige  giftschlange ,  Si:  (J^  eine  unschäd- 
liche eidechsenart.] 

[71.  oiyXoQ  muss  doch  wol  mit  deLagarde,  trozdem  es  eine 
persische  münze  bedeutet  ^),  zu  h.  bpu)  gestellt  werden,  das 
als  aUkog  (no.  85)  später  auf  anderem  wege  nochmals  er- 
scheint. Das  ungewöhnliche  y  —  p  erklärt  sich  besonders  bei 
einem  von  den  Griechen  mitten  in  Asien  gehörten  worte  leicht 
durch  die  von  alters  her  schwankende  ausspräche  des  lezteren 
consonanten.] 

[73.  S  mir  gel  und  Diamant  können  schwerlich  durch  das- 
selbe* wort    bezeichnet   werden.      Die    lautverhältnisse    würden 


^)  Besonders  schön  ist  die  des  sonst  gewis  höchst  achtungswerten  v. 
Lengerke,  der  z.  st.  den  namen  a  fidibus  perplexis  et  implicatis 
ableitet.  Also  die  neuste  flügelconstruction  mit  gekreuzten  saiten  — 
oder  was  sonst?! 

2)  S.  Lag.  Abhh.  238,  10. 


298  A.  Müller 

allenfalls  stimmen,  aber  a/iivQva,  a/naoaydog  sind  geeignet,  das 
a  von  fremdwörtern ,  die  mit  a/ii  anfangen,  zu  verdächtigen.] 

[74.  Ob  h.  aram.  "[UJity,  neupers.  j^yw^^  wirklieb  ein  ursemiti- 
sches wort  ist?] 

[75.  Ueber  die  zwischen  avKditivog  und  av/,6f.ioQog  =  üTopttJ 
eingerissene  Verwirrung  s.  Hebn  s.  334,  der,  wie  es  scheint, 
einer  anregung  Benfey's  (I  442)  folgend  das  -iv-  auf  die  hebr. 
pluralendung  -im  (besser  also  phöniz.  -in)  zurückführt.  av-Kov 
selbst  für  semitisch  zu  halten  (B  a.  a.  o.)  fehlt  die  berech- 
tigung.] 

[76.  TLd^aißiöooo)  möchte  Renan  als  semitisch  ansehen;  mit 
unrecht,  denn  einmal  ist  das  wort  ein  homerisches  aita^  Xeyo- 
(.iBvov  1),  zweitens  wäre  es  das  einzige  verbum,  welches  aus 
dem  semitischen  ohne  nominale  Vermittlung  herkäme ,  drittens 
stimmen  die  laute  nicht  vollständig  überein  und  endlich  ist  die 
reduplication  bei  einem  lehnwort  nicht  zu  rechtfertigen.] 

[77.  vßQLg  =  rr^ay  wäre  lautlich  möghch ,  dagegen  spricht 
aber  eine  durchgreifende  sachliche  rücksicht.  Unter  sämmtli- 
chen  hier  verzeichneten  worten  wäre  dies  das  einzige  wirklich 
abstracter  bedeutung:  nun  lehrt  aber  nicht  nur  eine  selbst 
oberflächliche  einsieht  in  die  ausserordentliche  Selbständigkeit 
und  die  lebendige  productivität  des  Griechischen,  sondern  ganz 
einfach  ein  blick  auf  die  in  ihm  erscheinenden  lehn-  und  fremd- 
wörter,  dass  es  sich  hier  stets  um  ganz  concreto  dinge  han- 
delt, welche,  als  ungewohnte  erzeugnisse  fremder  länder  auf- 
fallend, ihren  fremden  namen  mit  sich  brachten:  alles,  was 
darüber  im  obigen  hinausging,  waren  wir  schon  aus  anderen 
gründen  zu  verwerfen  genötigt.  Steht  einiges  wie  das  s.  287 
erwähnte  ßaXriv  herrscher  scheinbar  schon  auf  der  grenze, 
-^"fTigr^g^^^ffSSr^in  solcher  würdename  noch  etwas  anderes, 
als  ein  ganz  abstracter  begriff  wie  frevel  —  im  gebrauch  des 
gewöhnlichen  lebens  war  jenes  aeschyleische  wort  ausserdem 
gewis  nicht;  das  unter  no.  39  besprochene,  übrigens  selbst  sehr 
zweifelhafte  ^layyaveta  aber  wäre  als  eine  art  terminus  techni- 
cus  zu  betrachten  (vgl.  aggaßcov,  das  auch  kunstwort  ist).  Le- 
diglich aus  diesem  gründe,  der  eben  nur  für  das  Griechische, 
für  dies  aber  ganz  und  voll  gilt,    glaube  ich    troz  des   fehlens 

^)  Natürlich  gebrauchen  es  spätere  gelehrte  dichter  in  nachahroung 
der  homerischen  stelle;  sie  waren  sich  aber  so  wenig  wie  wir  klar  darü- 
ber, was  das  wort  eigentlich  bedeute. 


Semitische  Lehnworfce  im  älteren  Griechisch.  299 

einer  befriedigenden  erklärung  für  vßqig  de  Lagarde's  feine 
combination  ablehnen  zu  müssen  i).] 

79,  Für  cpv'/.og  kenne  ich  nur  die  sehr  zweifelhafte  etymo- 
logie  Benfey's  II,  109:  es  ist  gewis  das  nach  laut  und  bedeu- 
tung  genau  übereinstimmende  "^id,  das  zwar  auch  kein  sicheres 
etymon  hat,  aber  seinerseits  schon  wegen  seines  frühen  Vor- 
kommens nicht  aus  dem  Griechischen  herstammen  kann.  Ob 
es  wieder  einer  der  „fremdlinge"  ist?  (s.  289). 

81.   Die  hebräische  form  sichert  die  Schreibart  xavcoveg. 

[82.  x^qai-iog  kann  wiederum  als  ein  altes  poetisches  wort 
nicht  mit  dem  arab.  ^  sS.  (nicht  ^  ^  Freyt.)  combiniert  wer- 
den, welches  ausserdem  ein  seltener  ausdruck  ist.] 

83.  Gegen  die  semitische  herkunft  von  %itiov  darf  man  bei 
der  frappanten  Übereinstimmung  von  laut  und  bedeutung  sich 
schwerlich  aussprechen.  Ob  man  pftrwv  oder  m^cov  oder  ein 
noch  älteres  *xi^wv  zu  gründe  legt,  ist  nach  s.  284  anm.  1 
unerheblich. 

84.  XQ^^^S  ist  wie  das  lezte  so  auch  ziemlich  das  zweifel- 
hafteste wort  dieser  ganzen  reihe.  Es  gibt  indogermanische  ety- 
mologien  dazu  (B  II  197 — 8;  Curtius  204)  und  man  hat  es 
aus  dem  semitischen  (yi"in,)  abgeleitet.  Was  gegen  die  erste- 
ren  etwa  spricht,  kann  ich  nicht  beurteilen;  vom  semitischen 
standpuncte  ist  gegen  das  leztere  etwa  nur  die  gleichung  n  =  x 
einzuwenden,  deren  möglichkeit  wir  jedoch  s,  284  oben  wenig- 
stens als  ausnähme  zugeben  mussten ;  auch  die  anlautende  doj)- 
pelconsonanz  würde  durch  vergleichung  von  (^va  51  gerecht- 
fertigt werden  können.  Ich  möchte  mir  daher  nicht  erlauben, 
eine  entscheidung  geben  zu  wollen. 

85.  aUlog  s.  71. 

Als  sicher  semitische  lehnwörter  älterer  zeit  (etwa  bis  zu 
den  LXX)  können  somit  nur  bezeichnet  werden  dgQaßwv  ßaX- 
aa/iiov  ßvaaog  deXrog  ndöog  y.äf.irjXog  yiawa  '/.aoala  xiv- 
vafxiovov  %vf.uvov  yivndqiooog  Xrjd{av)ov  Xißavog  (.ivä  fivQ- 
qa  vccßXag  vItqov  acxKxog  alyXog  ov/.df^iivog  voaiü- 
Ttog  (fvinog  xaXßdvr]  x^rvjv;  mehr  oder  weniger,,  unsicher 
sind    f-iayyaveia     f-iägoiTiog    veziOTtov     cd^ovrj     ovog     TtaXXamg 


^)  Wer  trozdem    die    ableitung    für  möglich   halten  sollte,    dem  em- 
pfehle ich  als  eine  andre  nicht  weniger  ansprechende  dvia  =  n'IN. 


300  A.  Müller 

XQvaog,    und   auch  von   der   ersten   reihe   sind  vielleicht  einige 
noch  als  „fremdlinge"  auszuscheiden. 

In  bezug  auf  den  Ursprung  der  nun  folgenden  worte,  wel- 
che sicher  schon  im  Semitischen  lehnworte  sind,  habe  ich  mich 
begnügen  müssen  zusammenzustellen,  was  ich  bei  andern  fand, 
und  füge  dem  hier  nur  noch  wenige  kurze  bemerkungen  hinzu. 

93.  yifjßog  scheint  wegen  des  rj  doch  nicht  durch  das  he- 
bräische, sondern  auf  anderem  wege  nach  Athen  gekommen  zu 
sein,     k^dov  —   ti'b  darf  man  nicht  anführen ;  s,  s.  285, 

94.  Ich  habe  de  Lagarde's  ansieht  wörtlich  angeführt,  da 
mir  selbst  die  sache  sehr  zweifelhaft  erscheint,  doch  masse  ich 
mir  kein  bestimmtes  urteil  an. 

96.  De  Lagarde's  zweifei  sind  gewis  sehr  begründet. 

97.  Die  aramäische  form  "T'DTsq  ist,  wie  die  bezüglichen 
Artikel  in  Levy's  Ch.  Wb.  zeigen,  selbst  erst  wieder  aus  dem 
griechischen  adf.i(p€iQog  entstanden,  kann  also  nicht  als  beweis 
dafür  dienen,  dass  das  wort  durch  die  Aramäer  zu  den  Grie- 
chen gekommen  sei. 

98.  Das  f.1  in  af-idgaydog  gegenüber  hebräischem  n  lässt 
eine  semitische  Vermittlung  nicht  sehr  annehmbar  erscheinen. 

Oben  s.  289  haben  wir  der  vortrefflichen  bemerkung  Fr. 
Müller's  über  die  „fremdlinge"  uns  rückhaltlos  anschliessen  kön- 
nen. Ob  er  im  einzelnen  mit  dem,  was  er  über  die  hieher  ge- 
rechneten worte  s.  98 — 101  gesagt,  überall  das  rechte  getrof- 
fen hat,  darf  ich  nicht  zu  beurteilen  wagen.  •  Nur  in  bezug  auf 
arabisch  wä-y«  =  griechisch  ^icpog  möchte  ich  rein  vom  semi- 
tischen standpuncte  aus  bemerken ,  dass  eine  ganz  befriedigende 
etymologie  des  arabischen  wertes  innerhalb  des  Semitischen 
selbst  von  Fleischer  zu  Levy  Ch.  Wb.  II  nlO^^  gegeben  ist. 
Das  princip  seiner  darlegung  ist  aber  jedenfalls  sehr  richtig, 
so  wenig  man  aus  den  von  ihm  selbst  hervorgehobenen  gründen 
hoffen  darf,  es  im  detail  je  sehr  fruchtbar  werden  zu  sehen. 
Freilich  dürfte  den  gleichen  vorwnrf  auch  unserer  Untersuchung 
der  nicht  ersparen ,  welcher  das  winzige  resultat  mit  dem  dazu 
gemachten  aufwände  vergleicht.  Und  ich  bin  gewis  der  erste,  i 
der  zugesteht,  dass  durch  geschickte  benuzung  des  vorbände 
nen  gemeinsemitischen  Sprachmaterials  hier  noch  mancherlei  | 
erreicht  werden  kann,  was  mir  entgangen  ist.  So  kann  es  z.  | 
b.  wunderbar  erscheinen,  dass  von  den  in  ziemlicher  zal  er- 
haltenen griechischen  schiffsausdrücTcen,    die  zum  grössten  teil 

i 


Semitische  Lehnworte  im  älteren  Griechisch.  301 

noch  unerklärt  sind,  nicht  ein  gutes  teil  auf  phönizische  wortel 
'-zurückzufuhren  sein  sollte:  und  der  art  mag  es  noch  mancher- 1 
r- lei  geben.     Ich  muss  das  gelehrteren  und  scharfsinnigeren  über- 
lassen: aber  ich  glaube,  grade  auf  diesem  gebiete,  auf  welchem 
die  unsichersten  combinationen  zu   den  weitgreifendsten  cultur- 
historischen  folgerungen  führen  können  —  und  wer  wollte  dem 
culturhistoriker  einen  Vorwurf  daraus  machen,    wenn  er  auszu- 
nuzen  sucht,  was  ihm  der  Sprachforscher  bietet?  —  grade  auf 
diesem  gebiete  ist  ein  bescheidener  versuch  berechtigt,    wenig- 
stens annähernd   einmal   festzustellen,    was   man   sicher   weiss, 
was  man  nicht  sicher  weiss  und  was  man  sicher  nicht  weiss. 
Halle  a|S. 

August  Müller. 


Homerische  %a  und  i«/mt. 

Im  dritten  Bande  des  Philologus,  von  Seite  5  bis  8,  findet 
sich  unter  „Homerischen  Studien"  von  Georg  Curtius  ein  Auf- 
satz über  'iy]^i  -  u(.iai,    der   nun   also   nahezu   dreissig   Jahre 
alt  geworden  ist,  in  dieser  Zeit  wohl  mehrfachen  Widerspruch, 
wie  zum  Beispiel  namentlich  von  Pott,  erfahren  hat,    von   sei- 
nem Verfasser  aber   noch   neuerdings    mit   dem  Bemerken   an- 
geführt ist,  dass  was  Pott  darin  als  „ausser  Acht  gelassen"  be- 
zeichne, alles  „wohl  erwogen"  sei.     Der  kurze  Inhalt  des  Auf- 
satzes ist:    das  homerische  %iq[.u  „entsenden,  werfen"  hat  voca- 
lischen   Anlaut   und   fast    immer    anlautendes    kurzes  t,    %Eixai 
„streben,   wünschen"  aber  fast   immer  gedehntes  i  und  conso- 
nan tischen  Anlaut;  trini  ist  reduplicirt,  lautete  zunächst  yyiy^ut 
und  schliesst  sich  an   altindisches  Ja  „gehen",    dem   die  Redu-- 
plication  die  causative  Bedeutung  ,, gehen  machen"  verlieh,   die 
dann   das   ganze  Verb  ergriff.     Auch  u(.iaL  ist  reduplicirt,    in 
ihm  aber  erzeugte  die  Reduplication  „im  bunde  mit  den  me- 
dialen endungen"  aus  der  Bedeutung  „gehen"  die  des  ,,Stre- 
bens".     „Der    Vocal    der    Reduplicationssylbe    wurde    gedehnt" 
und    da    die  Verdopplung   im    Medium    noch    „eine   fühlbarere 
Kraft"  hatte  als  im  Activ,    hielt  sich   hier   die  Länge  und  der 
consonantische  Anlaut  noch  im  homerischen  Dialekt. 


302  Leo  Meyer 

In  allen  diesen  Ausführungen  und  was  ihnen  weiter  zu- 
gefügt ist,  findet  sich  so  gut  wie  gar  nichts,  das  vor  strengerer 
Kritik  Bestand  haben  könnte. 

Das  altindische  ja  „gehen"  fiectirt  im  Präsens  sehr  ein- 
fach jdmi  „ich  gehe",  jä&i  „du  gehst",  juti  „er  geht"  und 
so  fort  und  daneben  bestehen  durchaus  keine  reduplicirten  For- 
men ,  die  einem  griechischen  i'jy^ta  (als  zunächst  für  ßjrii.iL)  zu 
Grunde  liegen  könnten,  vielmehr  sind  solche,  und  zwar  zuerst 
von  Bopp  in  seiner  vergleichenden  Grammatik,  rein  aus  der 
Luft  gegriffen  und  ohne  jede  Berechtigung  construirt.  Dem 
griechischen  %öT7]f.u  dagegen,  das  Bopp  und  nach  ihm  Georg 
Curtius  zur  Vergleichung  heranzieht,  steht  allerdings  auch  im 
Altindischen  ein  aus  der  Wurzelform  sthd  „stehen"  durch  Re- 
duplication  —  wenn  auch  mit  untergeordneten  lautHchen  Ab- 
weichungen —  gebildetes  Präsens  gegenüber :  tishthämi  „ich 
stehe",  iishthasi  „du  stehst"  und  so  weiter.  Das  griechische 
iGTr]fa  (für  OiOTTq(.u)  und  das  mit  ihm  übereinstimmende,  wenn 
auch  in  die  o-Conjugation  hinübergenommene,  sistö  zeigen  nun 
allerdings  —  im  Gegensatz  zum  Altindischen  —  die  Causativ- 
bedeutung  „ich  mache  stehen,  ich  stelle",  das  aber  berechtigt 
doch  in  keiner  Weise,  nun  solche  Bedeutungsveränderung  für 
alle  beliebigen  andern  Verba  mit  reduplicirten  Präsensformen 
weiter  zu  construiren:  die  nächstvergleichbaren  dldtüf.u  =  alt- 
indisch dddämi  „ich  gebe",  TlS-i]/iic  —  altind.  dddhämi  „ich 
setze,  ich  mache",  *ßißr]iiu  (homerisch  ßißdvr-  „schreitend")  = 
gigämi  (für  gigämi)  „ich  gehe",  dLdi]f.a  „ich  binde"  {didtj  „er 
band"  Ilias  11,  105),  7ti(.i7iX7jf.ii  —  altind.  piparmi  „ich  fülle", 
7iii.i7tQri(.u  „ich  verbrenne",  bibo  —  altind.  pibämi  (für  pipämi) 
„ich  trinke"  und  andre ,  die  durch  alle  activischen  Formen  we- 
sentlich die  gleiche  Bedeutung  fest  halten,  zeigen  das  ganz 
deutlich. 

Wenn  Georg  Curtius  aber  zur  weiteren  Begründung  seiner 
Anschauung  bemerkt,  dass  die  neue  Causativbedeutung,  obwohl 
sie  gewiss  mit  Hülfe  der  Reduplication  erzeugt  sei,  bei  iaTi^/ni 
nicht  bloss  an  den  reduphcirten  Formen  hafte,  sondern  sich 
auch  weiter  über  die  aus  der  schlichten  Wurzel  gebildeten  zum 
Beispiel  OT^aw,  eotiqoa  erstrecke,  so  ist  dagegen  zu  sagen,  dass 
die  beiden  Beispiele  wenig  glücklich,  das  heisst  nichts  bewei- 
send, gewählt  sind.  Schon  Buttmann  (§.  113,  3)  hebt  hervor, 
dass  in   mehreren  primitiven  Verben   Futur  und   erster   Aorist 


Homerische  irji^i  und  i€f.iai.  303 

des  Activs  der  causa tiven,  zweiter  Aorist  aber  und  Perfect,  na- 
mentlich zweites  Perfect  des  Activs,  der  immediativen,  und 
zwar  hauptsächlich  der  intransitiven  Bedeutung  den  Vorzug  ge- 
ben, und  giebt  als  Beispiele  savrjv  „ich  stellte,  blieb  stehen" 
neben  eaTt]aa  „ich  stellte"  [az^aco  „ich  werde  stellen"],  ecpvv 
„ich  ward"  neben  sipüaa  „ich  zeugte"  [fpvao)  „ich  werde  zeu- 
gen"],  sßrjv  „ich  ging"  neben  sßrjoa  „ich  brachte,  stellte  wo- 
hin" [ßriow  „ich  werde  gehen  machen"],  edvv  „ich  ging  ein" 
neben  edvoa  „ich  hüllte  ein"  [dvoo)  „ich  werde  einhüllen"], 
hcLOv  „ich  trank"  neben  trcloa  „ich  tränkte",  eoßriv  ,,ich  er- 
losch" neben  eaßeoa  „ich  löschte  aus"  [aßeaco  „ich  werde  lö- 
schen"]. jMit  solchen  Verben  aber,  die  nach  ganz  bestimmten 
Tempusformen  den  Wechsel  von  transitiver  und  intransitiver 
Bedeutung  hervortreten  lassen,  lässt  irj/iu,  das  vielmehr  in  al- 
len seinen  activen  Formen  deutlich  die  eine  Bedeutung  „sen- 
den" erkennen  lässt,  durchaus  keinen  unmittelbaren  Vergleich 
zu,  und  Georg  Curtius  war  ganz  unberechtigt,  im  Anschluss 
an  das  Obenangeführte  so  kurzhin  fortzufahren  (Seite  8)  „So 
ward  w[urzel]  1  rein  transitiv  und  hiess  entsenden". 

Noch  weit  minder  glücklich  aber,  als  in  der  Behandlung 
des  activen  njiii  erweist  sich  Georg  Curtius  in  dem  Versuch, 
das  mediale  homerische  iefiat  „ich  wünsche,  ich  begehre"  ety- 
mologisch zu  erläutern,  wie  es  von  mir  auch  bereits  in  der 
Kuhnschen  Zeitschrift  (21,  353—355)  darzulegen  versucht  ist. 
Er  glaubt,  aus  der  Wurzel  jä  ,, gehen"  sei  ebenso  wie  irjf^L 
auch  das  Medium  ief-iai,  ,,aber  auf  eine  völlig  selbständige 
W^eise"  hervorgegangen.  Die  Reduplication  habe  im  Allgemei- 
nen intensive  Kraft,  die  nicht  selten,  wie  zum  Beispiel  in  tl- 
Tvoy.of.iaL,  lilalofiai,  eine  desiderative  Kraft  erzeuge,  und  so 
habe  im  Griechischen  die  Reduplication  in  le/nai  (jljstiiaL)  im 
Bunde  mit  den  medialen  Endungen  gewirkt,  um  aus  ja  ,, ge- 
hen" ein  „Streben"  zu  machen,  während  sie  im  Activ  eine  cau- 
sative  Geltung  bekommen  habe.  Der  Vocal  der  Reduplications- 
silbe  sei  gedehnt,  wie  in  den  altindischen  Intensiven  und  zum 
Beispiel  im  griechischen  vrjvecü.  „Hier  im  Medium  hatte  die 
.Verdoppelung  noch  eine  fühlbarere  Kraft  als  im  Activ,  deshalb 
hielt  sich  hier  die  Länge  und  der  consonantische  Anlaut  noch 
im  homerischen  Dialekt.  Spuren  eines  anlautenden  j  —  mag 
das  nun  selbst  gesprochen  oder  in  einen  kräftigen  Hauch  über- 


304  Leo  Meyer 

gegangen  sein  —  kommen  auch  sonst  vor,  am  deutlichsten  vor 
wg  =  skr.  j'äi'^. 

Es  würde  zu  weit  führen,  auf  all  das  viele  und  überviele 
Bedenkliche  in  diesen  Ausführungen  von  Georg  Curtius  des 
Näheren  wieder  einzugehen,  es  genüge  zu  betonen,  dass  die 
vorgetragene  Lehre  über  ein  homerisches  j,  die  sich  einzig  auf 
die  beiden  ganz  und  gar  unsicheren  Etymologieen  von  wg  und 
ui^iüL  stützt,  alles  Mass  von  Willkührlichkeit  überschreitet. 
Wie  wenig  Werth  die  Zusammenstellung  des  homerischen  tog 
„wie"  mit  dem  nur  selten  auftretenden  altindischen  jät  „in  so 
weit  als,  so  viel  als;  so  lange  als,  seit"  hat,  habe  ich  schon 
bei  Kuhn  (21,  351—353)  nachzuweisen  versucht.  Da  das  ho- 
merische ü)g  „wie",  wie  Immanuel  Bekker  (homerische  Blätter, 
S.  204)  mit  Recht  hervorhebt,  sich  „meist  digammirt"  verhält, 
also  in  eigentlich  homerischer  Form  fiog  lautet,  da  weiter  die 
pronominellen  homerischen  fs,  fol,  feo,  fog  und  so  fort,  auf 
einen  alten  Pronominalstamm  dritter  Person  sva-,  der  zum  Bei- 
spiel auch  im  Lateinischen  se  (aus  sve) ,  sihi  (für  sve-hhi) ,  suus 
erhalten  wurde,  zurückzuführen,  da  zu  diesem  Pronominalstamm 
ferner  die  gothischen  adverbiellen  sva  „so"  und  auch  sve  „wie" 
gehören,  welches  letztere  also  auch  in  seiner  Bedeutungsent- 
wicklung jenem  wg  genau  entspricht,  so  ist  vielmehr  nicht  zu 
zvfeifeln,  dass  wg  „wie",  also  homerisches  /wg,  auch  altanlau- 
tenden Zischlaut  besass  und  aus  ursprünglichem  svät  hervor- 
ging. Da  gothisches  e  altem  ä  entspricht,  weiter  aber  nach 
gothischem  Lautgesetz  alte  auslautende  Dentale  aufgegeben  wer- 
den, so  kann  jenes  sve  „wie"  dem  homerischen  /wg  ganz  ge- 
nau entsprechen. 

Als  besonders  bedenklich  in  der  Ausführung  von  Georg 
Curtius  über  u(.iai  darf  aber  die  Bemerkung  gelten,  dass  sich 
hier  im  Medium  „die  Länge  und  der  consonantische  Anlaut 
noch  im  homerischen  Dialekt"  gehalten  habe,  weil  darin  „die 
Verdopplung  noch  eine  fühlbarere  Kraft  als  im  Activ  gehabt" 
habe:  darin  werden  rein  formale  Verhältnisse  mit  denen  der 
innern  oder  der  Bedeutungsentwicklung  in  einer  Weise  durch 
einander  gewirrt,  die  mit  allen  bekannten  Sprachwissenschaft-  , 
heben  Resultaten  im  Widerspruch  steht.  Viel  mehr  kann  jede 
vorsichtigere  und  strengere  Betrachtungsweise  das  homerische 
%e(.iaL  „ich  strebe"  mit  seinem  entschiedenen  consonantischen 
Anlaut   und   der  Dehnung  seines  i  und   das  active  'irj(.u  „ich 


Homerische  'irif.u  und  i£f.iai.  305 

sende"  mit  seinem  entschieden  vocalischen  Anlaut  und  der 
Kürze  seines  anlautenden  i  nur  als  gar  nicht  mit  einander  zu- 
sammenhängende Wörter  ansehen.  Immanuel  Bekker  hat  in 
seiner  letzten  Homerausgabe  (Bonn  1858),  was  er  in  Bezug  auf 
jenes  dig  „wie"  noch  nicht  wagte,  bekanntlich  u/itai  und  was 
dazu  gehört  mit  anlautendem  /,  also  /Uiiiai,  geschrieben  und 
zwar  mit  vollem  Recht,  in  so  fern  nämlich  als  seine  Schreibung 
des  Digamma  im  homerischen  Verse  überhaupt  als  berechtigt 
gelten  darf.  Die  ältesterreichbare  griechische  Form  jenes  is/Liai, 
lautet  nach  allem,  was  der  homerische  Vers  uns  bis  jetzt  ge- 
lehrt hat,  unzweifelhaft  fte/^iai. 

Was  nun  aber  die  weiter  zurückliegende  Geschichte  oder 
die  Etymologie  dieses  alten  fUf^iai  „ich  strebe"  anbetrifft,  so 
nöthigt  nichts,  wie  bei  ttj/ni  auch  dort  an  eine  reduplicirte  Prä- 
sensform, also  dann  altes  fl/efiac  zu  denken.  Vielmehr  wird 
uns  vielleicht  der  Vergleich  des  homerischen  öi€/naL  auf  den 
rechten  Weg  leiten.  Allerdings  kommen  von  beiden  Verben 
bei  Homer  zufälliger  Weise  nicht  dieselben  Verbalformen  vor, 
und  es  lässt  sich  daher  eine  durchgehende  Uebereinstimmung 
ihrer  Bildung  nicht  mit  voller  Sicherheit  behaupten.  Die  be- 
achtenswertheste  Uebereinstimmung  zeigen  aber  doch  zum  Bei- 
spiel das  singulare  fürai  (Ilias  12,  68  und  Odyssee  2,  327) 
und  das  plurale  öUvTai  „sie  laufen  fort"  (Ilias  23,  475)  und 
dann  auch  wieder  die  Pluralform  des  Imperfects  flevvo  (Ilias 
13,  501  =  16,  761)  mit  ihrem  inneren  e.  Die  übrigen  P'or- 
men,  die  von  jenem  zum  Vergleich  herangezogenen  Verbum 
bei  Homer  vorkommen,  sind  der  Infinitiv  dUoO^ai,  der  Ilias 
12,  304  auch  „fortlaufen"  sagt,  sonst  (Ilias  12,  276;  18,  162; 
Odyssee  17,  398  und  20,  343)  aber  „forttreiben,  jagen"  bedeu- 
tet, die  Conjunctivformen  duo/.iac  (Odyssee  21,  370  und  Ilias 
5,  763,  an  welcher  letzteren  Stelle  f^iäxrjg  «^  ccTtoduo/iiai  zu 
schreiben  sich  mehr  empfiehlt  als  s^a7todiojf.iai,  wie  Bekker  be- 
vorzugt), dh]Tac  (Ilias  7,  197;  15,  681;  16,  246;  22,  189  und 
22,  456)  und  öitovrai  (Ilias  17,  110)  und  die  Optativform  dl- 
oiTO  (Odyssee  17,  317),  welchen  letzteren  allen  nur  die  Cau- 
sativbedeutung  „forttreiben,  jagen,  scheuchen"  innewohnt.  Von 
dem  zugehörigen  Activ  findet  sich  nur  iv-dUoav  „sie  hetzten 
an"  (Ilias  18,  584  vof.nif£g  .  .  yivvag)  und  öiov  „ich  lief"  (Ilias 
22,251),  statt  welches  letzteren  Bekker  nach  einer  abweichenden 
alten  Ueberlieferung  giebt  öieg  „du  triebest,  du  jagtest". 

Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I.  21 


306  Leo  Meyer 

Von  ffead-ai,  das  aber  in  dieser  Infinitivform  selbst  nicht 
vorkommt,  begegnet  am  Häufigsten  und  zwar  über  vierzig  Mal, 
das  Particip  fli/navo-,  weiter  vierzehn  Mal  die  Imperfectform 
/feto,  und  dann  noch  ausser  den  schon  oben  genannten  fiezai 
und  ftavTo  die  Dualform  des  Imperfects  fUod-rjv  {l\\Sk^  18,  501; 
23,  718  und  Odyssee  3,  344)  und  das  Imperativische  ffead^e. 
Das  letztere  findet  sich  nur  Ilias  12,  274,  wo  aber  statt  des 
unrichtigen  dlla  TTQoaoco  'ieod^E  der  Ausgaben,  wornach  also 
isad^s  weder  gedehnt  sein  noch  Digarama  vor  sich  leiden  wür- 
de, zu  lesen  ist  dXlä  tcqooco  flead-e,  wie  ja  das  tiqooio  statt 
TtQoaow  bei  Homer  sich  auch  noch  findet  Ilias  17,  598:  ßXrJTO 
yaQ  (x)f.iov  dovQi,  TCQÖao)  Tergafiiusvog  alfei,  Odyssee  9,  542:  trjv 
ÖS  TtQoaco  q)eQS  %vua  und  Odyssee  21,  3(59:  atxa  rcqöao)  cpsQe 
TO^a.  Wegen  jener  metrischen  Störungen  aber  bei  cead^e,  wie 
Georg  Curtius  oben  (3,  Seite  6)  vorschlägt,  an  el/iu  „ich  gehe" 
zu  denken,  verbieten  schon  Parallelstellen,  wie  Ilias  13,  291: 
TtQÖOGOi  fJ€f,ievoio  und  Ilias  16,  382:  TCQÖaGoi  fU/iievoi.  Unser 
Verbum  fteod^at  hat  durchweg  gedehntes  l  und  selbstverständ- 
lich ist  es  daher  nicht  enthalten  in  Ilias  4,  77 :  tov  de  xe  noX- 
Xol  ccTiö  OTtLvd-rJQsg  uvzai  „Funken  fliegen"  und  Odyssee  22, 
304:  xal  f.i€v  x  sv  Tteöiqf  vacpea  nxcoaoovoai  %evxaL  „Vögel  flie- 
gen". Das  anlautende  /  von  fteaü^ai  ist  bei  dem  häufigen 
Auftreten  seiner  Formen  im  homerischen  Verse  über  und  über 
deutlich  und  nur  ganz  vereinzelte  Verse  scheinen  dagegen  zu 
sprechen,  so  ausser  dem  schon  angeführten  Ilias  12,  274,  der 
sich  leicht  richtig  herstellen  liess,  noch  Odyssee  2,  327:  sttsI 
vv  TC£Q  '^lexat  alvcog,  wo  möglicher  Weise  zu  lesen  ist  eTisl  vv 
ye  /texai,  Ihas  18,  501:  aftcpco  d'  Mod^rjv  sul  fiaxoQL  rceiqaQ 
eXiod^ai,  neben  dem  der  ebenso  beginnende  Odyssee  3,  344: 
«f^iq^io  fiead^rjv  -/.oiXrjv  hrl  vrjfa  vteod-ai  jenes  störende  S'  noch 
nicht  bietet,  Odyssee  10,  246:  ovöi  xi  s-MfccoO^at  dvvavo  fhcog 
i€f.i€v6g  TCEQ  und  Odyssee  14,  142:  ovöe  vv  xiov  ext  xöaaov  oöv- 

QOfiat,    lt/.l€v6g   7t€Q.  '  ■-  ^  X^ 

tCl  (Ai  "H/  i  "^^^  oben  angezogene\^^Ä«t^r>>Jaufchv  ^2^"^^^ 
^^^  I  Frii  li  unmittelbar  an  das  altindiscne^VÄ^ege^^L  das,  wieuträss- 
mann's  vortreffliches  Wörterbuch  ausweist,  an  dreizehn  Stellen 
im  Rgvedas  begegnet,  denen  allen,  da  die  Verbalform  über- 
haupt nicht  ülierviel  begegnet,  auch  hier  ein  Platz  gegönnt  sein 
mag.  Es  wird  vorwiegend  von  mythischen  Wesen  gebrauclit, 
so  vom  Sonnengott  Sürjas  7,  63,  5 :  jäirä  cukrm  amrlds  gätüm 


Homerische  fvy/a  und  lef-iai.  307 

asmai  cjainds  nd  dijann   änu   aiii  pathas   „wo   die   Unsterbli- 
chen ihm    die  Bahn    machten,    geht  er  wie  ein  Adler   fliegend 
den  Weg  entlang";  vom  Agnis  0,  4,  ö:  ätigigds  nä  dt  Jan  „wie 
Au^idshas  (?)  fliegend";  vom  Götteraar  4,  27,  1:  gatdm  mä  pü- 
ras  ajasis  arakshan    ddha  cjainds  gacdsä  ms  adtjan    „hundert 
eiserne  Burgen  bewahrten  mich,  dann  als  Falke  mit  Schnellig- 
keit flog  ich   heraus";    vom   Donnergott  Pardshanjas  5,  83,  7: 
udantdiä  pdri  dtjä  rdlhama   „mit   wasserreichem  Wagen  flieg 
umher";    vom  Brhaspatis  10,  103,  4:  pdri  dijd  rdlhaina  „flie- 
gen umher  mit   dem  Wagen" ;    vom  Sömas  9,  3,  1 :   aishd  dai- 
vds  ämartias  parnavis    iva   dij'ati  ahhi  dräunäni  äsddani    „die- 
ser unsterbliche  Gott  fliegt  wie  geflügelt  zu  den  Kufen  sich  zu 
setzen";  von  den  Wassern  2,  35,  14:  apas  ndptrai  ghrtdm  dn- 
nam  vähantis  svajdm    dikdis  pdri   dijanti  j'ahvis   „die  Wasser, 
dem  Sohne  fette  Speise  bringend,  umfliegen  aus  eignem  Antrieb 
mit  Gewändern,    die   rasch  strömenden."     Am  Häufigsten  aber 
erscheint  di  von  den  göttlichen  A9vinen  („den  Berittenen")  und 
ihren  Rossen  gebraucht,  so  5,  73,  3:  jidri  anja   nahushd  juga 
mahnä   rdydnsi   dljaüias   „zu    andern    benachbarten    Stämmen 
durchfliegt  ihr  mit  Herrlichkeit  die  Lufträume";    5,  74,  9:   ar- 
väctnu    vicaitasd  vibhis    ^,jainä  iva  dtjalam    „nahe    herbei,    ihr 
Weisen,  flieget  mit  fliegenden  (Rossen)  gleichwie  Adler";  8,  26, 
6:  dasra    lii  vigcam    änushdk    makshubhis  paridijatkas    „denn 
ihr  wunderthätigen  umflieget  das  All  ringsherum   mit   raschen 
(Rossen)";    8,  5,  8:  jäibhis  iisräs  parävdlas  divds  vigvdni  rau- 
cana    iri'ns   akiii'n  paridijatkas  ,,mit  w^elchen  (Rossen)    ihr   die 
drei  Fernen  [grossen  Welträume] ,  alle  Lichträume  des  Himmels, 
die  drei  Nächte  [dunkeln  Räume]  durchfliegt";  7,  47,  4:  dmdsas 
jdi   t'äm   üpa   ddcüshas  grhdm  Jucam    dtjanti    bibhratas    „die 
Rosse,    welche  euch  beiden   zu   des   Opferers    Hause   bringend 
fliegen";    1,  180,  1:  rdthas  j'dd  väm  pdri  drndnsi  di'Jat  „wenn 
euer  Wagen  durch  die  Luftmeere  fliegt".     In  sehr  wenig  glück- 
licher Weise  versucht  Georg  Curtius  in  seinen  Grundzügen  mit 
dem  altindischen  di  „fliegen"  die  griechischen  öeidoi  „ich  fürch- 
te",   däog  „Furcht",    deiXög  „feige",   ÖEivög  „furchtbar"  zusam- 
menzubringen,   so   dass    also    der  Begriff   des  „Fürchtens"  aus 
dem  des  „Fliegens"   hervorgegangen   sein  müsste,    während  für 
die  genannten  Wörter  aus  der  homerischen  Spruche  schon  längst 
ein  altanlautendes  6f,  wie  es  in  neuerer  Zeit  durch  die  inschrift- 
lich   Namensform  JFENI^    aufs    Beste   bestätigt   worden  ist, 

21* 


308  Leo  Meyer 

erschlossen  war:  ein  genau  entsprechendes  altindisches  dm  be- 
gegnet, so  weit  unser  Blick  reicht,  nirgends. 

Ganz  in  der  selben  Weise  wie  das  homerische  öUadai  „lau- 
fen, fortlaufen"  an  das  altindische  di  „fliegen"  schliesst  sich 
nun  ohne  Zweifel  jenes  homerische  ftead^at  „streben,  verlan- 
gen" an  ein  altindisches  vi,  und  in  unverkennbar  nah  ver- 
wandter Bedeutung  findet  ein  solches  sich  in  der  That,  wie 
eine  Anzahl  von  Stellen  aus  dem  Rgvedas  wieder  veranschauli- 
chen möge.  Es  heisst  7,  6,  3:  pra  pra  fä'n  ddsjüns  agnis  m- 
väja  „gegen  die  Feinde  drang  Agnis  vor",  wie  ganz  ähnlich 
Ilias  13,  291 :  TVQoaato  fuj^&vow  (.istä  rcQOficcxtov  J-oaqiaTvv 
„vorwärts  strebend  in  das  Getümmel  der  Vorkämpfer"  oder  iL 

12,  274 :  dXXa  Ttgoaco  fiead-a  „strebet  vorwärts"  oder  iL  16, 382 : 
TtQoaaa)  fis/nsvoL  „vorwärts  strebend"  von  den  Rossen,  oder  iL 
15,  543:  TtQoaoio  fis/^uvr]  von  der  Lanze.  Weiter  mag  ange- 
führt sein  1, 105,  7 :  idm  mä  viunti  ädhias  vrkas  nd  Irshndgam 
mrgdni  „mich  fallen  an  die  Sorgen  gleichwie  ein  Wolf  die  dur- 
stige Gazelle";  5,  30,4;  vdishi  id  dikas  Judhäjai  bhujasas  cid 
„du  (Indras)  stürmst  allein  auf  mehrere  zum  Kampf";  10,  28, 
9:  vdjat  naisds  vrshablidm  Qucuvänas  „es  greife  an  das  Kalb, 
grossgeworden,  den  Stier";  5,  44,  7:  vditi  dgrus  gdnivän  vdi 
dti  sprdhas  „er  (Sürias)  stürmt  unvermählt  beweibt  über  die 
Feinde  hinaus";  9,  71,  1:  vditi  druhds  rakshdsas  „er  (Savitä) 
eilt  los  auf  feindselige  Rakshas".  Wie  bei  Homer  die  Verbin- 
dungen mit  dem  Infinitiv  geläufig  sind,   wie  Odyssee  4,  823  = 

13,  426  und  14,  282:  fu/iievoi  yiTEivai,  Ilias  20,469:  /u./nevog 
Xiaasad^ai,  Odyssee  1,58:  fUfiavog  ..  ymttvov  ..  vofjaai,  Odys- 
see 15,  201:  fiefitvog  cpi?JeLV ,  Ilias  16,383:  furo  yccQ  ßaXeeiv 
und  sonst,  so  verbindet  sich  auch  vi  mehrfach  mit  dem  Infi- 
nitiv, wie  8,  61,  5:  vdili  sldulavai  amhiam  „er  eilt  zu  preisen 
die  Mutter";  8,  4,  17:  vdimi  ivd  pthhann  rngdsai,  vditni  Hdu- 
iarai  äghrnai  „ich  eile  dich  o  Pushan  zu  erstreben,  ich  eile 
(dich)  zu  preisen,  o  Strahlender",  1,  141,  6;  jdd  ...  purushiu- 
tds  mdrlam  gdnsatn  vigoddhä  väili  dhd'jasai  „dass  der  vielge- 
priesene (Agnis)  zu  dem  sterblichen  Sänger  allezeit  eilt  zum 
Trinken".  Mit  homerischen  Verbindungen  wie  Odyssee  3,  160 
und  9,  261:  folnade  fief.i6vni,  Odysse  19,  187:  J^iif.ievov  Tq^t- 
rjvÖE,  Ilias  8,  313:  /it^iavov  7CTolE^i6vde ,  vei'gleichen  sich  ve- 
dische  wie  6,  2,  10:  vdishi  hl  adcanjatd'm  dgnai  hdutd  ddmai 
vigum  „du   eilest   (strebst),    o  Agnis,    als  Opferpriester  in  der 


Homerische  trjf^ii  und  %E(.im.  309 

opfernden  Menschen  Haus",  6,  15,  14:  dgnai  jdd  adjd  vigds 
adhcarasja  hautar  patakagaucai  vdis  „Agnis,  wenn  heute  zu 
den  Menschen,  o  Opferpriester,  hellleuchtender,  du  eilst"  und 
andre.  Besonders  häufig  wird  vi  von  dem  „verlangenden  Ei- 
len" zum  Opfer  gebraucht,  das  dann  auch  gradezu  in  das  „Ge- 
niessen" übergeht,  wie  8,  11,  4:  d?iti  cid  sdniam  dha  j'agndm 
mdrtasja  ripdus  nd  üpa  vaühi  ,,zu  dem  wenn  auch  in  der  Nähe 
befindlichen  Opfer  des  bös  gesinnten  Menschen  eilst  du  nicht"  ; 
7,  82,  7:  jdsja  dnivä  gdchathas  vithds  ddoharam  nd  idm  mdr- 
tasja nagatai  pdrihvriis  „zu  wessen  Opfer  ihr  beiden  Götter 
kommt  und  verlangend  eilt,  den  erreicht  nicht  eines  Sterbli- 
chen Nachstellung";  4,  48,  1:  vihi  hduträs  dvitds  „eile  zu 
Opfern,  die  noch  unangerührt  sind";  5,  11,  4;  agnis  nas  j'ag- 
ndm üpa  vaiiu  sddhujä  „Agnis  eile  herbei  zu  unsern  Opfern 
gradesweges" ;  10,  61,  4:  vildm  mai  jogndm  d  gatam  mai  dn- 
nam  „eilet  ihr  beiden  zu  meinem  Opfer,  kommt  zu  meiner 
Speise";  6,  60,  15:  titarfi  haitjdni  d  gatam  pibaiam  saumidm 
mddhu  „eilet  zu  den  Opfern,  kommt,  trinkt  den  Somasaft". 
Mehrfach  steht  das  vedische  vi  auch  ganz  ohne  Zusatz,  so  5, 
46,  8:  Uta  gands  viantu  daivdpatnU  .  .  .  vidntu  daivis  „und 
die  Götterfrauen  sollen  heran  eilen",  „heraneilen  sollen  die  Göt- 
tinnen"; 1,  180,6:  prdishat  vdishat  vdtas  nd  siiris  „er  erfreue, 
er  eile  herbei  wie  der  Wind,  der  Herrliche";  10,  114,  1:  divds 
pdjas  didhishdnds  avaishan  .  .  .  daivds  ,,des  Himmels  Milch 
verlangend  eilten  herbei  die  Götter";  7,  42,  1:  prd  krandanüs 
nabhaniasja  vaiiu  „vorwärts  dringe  das  Rauschen  unseres  Lie- 
des". Das  participielle  abhivitä  „erwünschtes"  begegnet  7,  27, 
4,  und  die  Superlativform  des  Particips,  vitdiamäni  havj'd  „die 
erwünschtesten  Opfer"  7,  1,  18. 

Die  Quantitätsverschiedenheit  des  l  von  d/sod^ai  und  J-te- 
ad^ai  bei  Homer  im  Vergleich  mit  der  Gleichförmigkeit  jener 
altindischen  di  und  vi  ist  von  untergeordneter  Bedeutung  und 
beruht  ohne  Zweifel  nur  auf  einer  gewissen  Verschiedenartig- 
keit ihrer  Flexion,  gleichwie  auch  die  oben  angeführten  Fle- 
xionsformen von  di  und  vi  mancherlei,  wenn  auch  grade  von 
jenen  griechischen  Verben  abweichende ,  Verschiedenheiten 
zeigten. 

Was  nun  noch  die  Etymologie  des  auch  im  späteren  Grie- 
chisch immer  sehr  lebendig  gebliebenen  irj/Lu  anbetrifft,  so  ist 
zunächst  in  Bezug  auf  sein  Aeusseres  zu  bemerken,    dass,   wie 


310  Leo  Meyer 

an  eine  Zugehörigkeit  zum  altinclischen  ja  ,, gehen",  also  eine 
Entstehung  aus  j'ijri^ii  durchaus  nicht  gedacht  werden  kann, 
so  auch  der  Gedanke  an  ein  etwa  auch  ihm  zukommendes  altes 
anlautendes  /  durch  die  homerische  Sprache  entschieden  aus- 
geschlossen bleibt,  dass  man  also  dazu  gedrängt  wird ,  die  Ent- 
stehung seines  anlautenden  harten  Hauches  aus  altem  Zischlaut 
zu  vermuthen.  Da  nun  aber  die  ganze  Formenbildung  von 
%rii.a  genau  der  von  TLd^r]f,ii  entspricht,  so  kann  man,  wie  zu 
letzterem  die  griechische  Wurzelform  als  i^£,  die  altindische 
aber  als  dhä  anzusetzen  ist,  nicht  wohl  anders,  als  seine  grie- 
chische Wurzelform  als  e  aufstellen  und  ihr  gegenüber  ein  alt- 
indisches sä. 

Die  Bedeutung  tritt  in  ihrer  sinnlichen  Ursprünglichkeit 
am  deuthchsten  in  homerischen  Wendungen  heraus,  wie  Ilias 
16,736:  fjyie  d^  i^siad^ievog  (jterQov)  „er  warf"  oder  „er  schleu- 
derte den  Stein,  sich  stemmend",  Odyssee  9,  538 :  tcoIu  /neitova 
lafav  dfsiqag  r^y.  sTTidivijaag  „einen  viel  grösseren  Stein  hob 
er  auf,  schwang  und  warf  ihn",  vom  Polyfem,  von  dem  es 
auch  schon  vorher  Vers  481  hiess  lyxe  „er  warf"  und  dann 
wieder  Vers  499:  roaaov  yccg  irjaiv  „so  weit  wirft  er";  Ilias  3, 
12:  oaov  T  £7tl  Xafav  itjolv  „wie  weit  man  einen  Stein  wirft"; 
Ilias  16,  608:  STrl  Mr]Qi6vr^  doQv  xdXxeov  fjxev  „warf  den  Speer 
auf  Meriones";  Ilias  1,  382:  rjyts  ö"  sn  ^AqyBtOLai  xamv  ßsXog 
„(Apollon)  warf  auf  die  Argeier  sein  verderbliches  Geschoss" 
und  ähnlichen,  und  dann  zum  Beispiel  auch  in  den  homerischen 
Ableitungen  rj^uov  „(Speer-)werfer"  und  T]^ia  „{ Speer-) wurf",  die 
beide  nur  je  einmal  einander  sehr  nahe  stehend  vorkommen, 
nämlich  Ilias  23,  886:  xa/  q^  7jf.ioveg  dvögsg  dviatav  „speer- 
werfende Männer  erhoben  sich'*  und  23,  891:  rjf.iaatv  ercleo 
dgiGTog  „im  Speerwurf  warst  du  der  erste". 

So  dürfen  wir  also  dem  griechischen  %a  gegenüber  ein 
altindisches  sä  mit  der  Bedeutung  „werfen,  schleudern"  ver- 
muthen, und  solches  finden  wir  in  der  That,  wenn  auch  nicht 
mehr  als  lebendige  Verbalform,  so  doch  in  den  unmittelbar  zu- 
gehörigen Bildungen  säjaka-  „zum  Schleudern  bestimmt"  m.  n. 
„Wurfgeschoss ,  Pfeil",  sdinä-  f.  „Wurf geschoss,  Wurfspiess", 
prd-sita-  „dahin  schiessend"  und  prd-siti-  f.  „Zug,  Strich" ; 
„Anlauf,  Andrang";  „Schuss,  Wurf,  Geschoss".  Das  Böhtlingk- 
Ilothsche  Wörterbuch  nimmt  als  Grundlage  zu  diesen  Wörtern 
eine  Wurzel    si  „schleudern"   an,    zur  Annahme  einer   solchen 


Homerische  trjf^it.  und  %e(,iaL.  311 

Wurzelform  aber  mit  dem  Vocal  i  nöthigt  durchaus  nichts. 
Die  angeführten  Bildungen  konnten  sämmtlic  von  einer  Wur- 
zelform sä  ausgehen,  wie  ja  auch  sthili-  f.  „das  Stehen,  das 
Verbleiben,  Standort"  und  sthitd-  „stehend,  befindlich"  und 
siajuka-  ,, ständig,  dauernd"  von  sßiä  „stehen"  ausgingen, 
Jdtd-  (zunächst  für  dhild-)  ,, gesetzt,  gelegt,  befindlich",  ,, zu- 
recht gemacht,  erspriesslich"  und  -hiti-  (zunächst  für  -dhiti-)  in 
daivd-hiti-  „göttliche  Ordnung"  (Rgvedas  7,  103,  9)  und  das 
nur  von  Grammatikern  angeführte  dhdjakd-  „setzend"  von  dhd 
,, setzen",  -päjikä  „trinkend"  in  tdila-pdßkä-  f.  ,, Schabe",  ei- 
gentlich ,,Oel  trinkend"  von  pd  „trinken",  dhdind-  f.  „milchen- 
de Kuh"  von  dhd  ,, saugen,  trinken"  und  staind-  ,,Dieb"  von 
einem  sid  mit  dem  Particip  sldjdnt-  ,, verstohlen". 

Genau  in  der  selben  W^eise  wie  dem  griechischen  iGTrjf.(i 
(für  Giarrj/Lu)  das  lateinische  sisio,  stellt  sich  dem  griechischen 
ir]/iu  das  lateinische  sero  ,,ich  säe"  gegenüber,  worin  der  Zisch- 
laut zwischen  den  Vocalen  nach  lateinischer  Weise  in  r  über- 
ging und  dann  das  im  Lateinischen  vor  r  unbeliebte  i  durch  e 
ersetzt  wurde.  Die  Bedeutung  des  „Säens"  konnte  sich  ohne 
Zweifel  aus  der  des  „Werfens"  sehr  leicht  entwickeln,  auffällig 
erscheint  dabei  nur,  dass  sie  sich  durch  die  gleichbedeutenden 
altbulgarisch  sej'alt,  littauisch  seit,  gothisch  soian  und  unser 
säeti  als  schon  seit  sehr  alter  Zeit  an  der  Wurzelform  sä  haf- 
tend ergiebt  und  doch  nicht  im  Griechischen  irj^a  deutlich  vor- 
tritt. Wir  haben  darin  eine  Erscheinung,  wie  sie  ähnlich  in 
der  Entwicklungsgeschichte  der  Bedeutungen  gar  nicht  selten 
entgegen  tritt :  da  der  engere  Begriff  des  „Säens"  im  Griechi- 
schen durch  OTCtiQEiv  übernommen  wurde,  gewann  in  %rj(.ii  (al- 
orjfu),  wie  früh  sich  in  ihm  auch  schon  die  engere  Bedeutung 
des  „Säens"  entwickelt  haben  mochte,  doch  wieder  die  noch 
ältere  des  ,, Werfens"  die  Ueberhand,  aus  der  sich  dann  auf 
dem  speciell  griechischen  Boden  die  ganze  reiche  Bedeutungs- 
fülle entwickelte,  wie  wir  sie  in  'i'rj^u  und  den  zahlreichen  von 
ihm  ausgegangenen  Bildungen  bemerken. 

Dorpat,  den  11.  März  [27.  Februar]  1877. 

Leo  Meyer. 


312  A.  Fick 

Die  suffixlosen  Nomina  der  Griech.  Sprache. 

III. 

Es  wäre  befrenidlich,  wenn  die  im  Griechischen  so  belieb- 
ten verbalen  Präsensstämrae  Co  =  djo  nicht  ebenfalls,  dem 
allgemeinen  Principe  gemäss,  dessen  Darlegung  uns  hier  be- 
schäftigt, ohne  Weiteres  als  Nominalstämme  fungirten.  Da 
nach  der  allgemeinen  Regel  das  /  des  Präsensstammes  im  iden- 
tischen Nominalstamme  als  t  erscheint,  so  muss  das  dem  Ver- 
balstamme auf  ^w  =  dj'io  entsprechende  Nominalthema  dio  lau- 
ten, und  so  finden  wir  denn  auch  im  Griechischen  Nomina, 
meist  Adjectiva  auf  öio  (aÖLO,  idio,  odto),  welche  dieselben 
lautlichen  Elemente  enthalten  wie  die  Präsensstämme  auf  tto, 
atcü,  ito),  otcü.  Dass  nun  auch  hier  die  ursprünglich  lautglei- 
chen Nominal-  und  Verbalstämme  wirklich  identisch  sind,  zeigt 
die  griechische  Sprache  dadurch  an,  dass  in  einer  grossen  An- 
zahl von  hierhergehörigen  Fällen  neben  den  Nominalstämmen 
auf  ÖLO  noch  die  entsprechenden  Verbalstämme  auf  to)  liegen, 
wie  die  folgende  Uebersicht  zeigt. 
aÖLO  —  a^o  in: 

StTtladiog  doppelt  :  dinlätw  verdoppeln. 

dix&ddiog  vgl.  TgL^i^ädLog  zu  öix^cc  :  vgl.  dixäCco  zu  dixa. 

avy~xonddiog  Hesych.  :  avyx.oiTdCio. 

^QVTtTccding  :  xQVTczdUo  erst  spät  bezeugt. 

lißdöiov  Aue :  Xißd^co  triefen  vgl.  Xißdtovoa  yrj  feuchtes  Land. 

luokrtdÖLog,  Mokytadia  :  ^lolTtd^io. 

oy.Xadia  •  oyiXaaig  Suid.  :  oy.XdCco. 

ctTto-artdöiog  vgl.  dva-ö7tdtovOiv '  dvaaTtagdoGOvaiv  Hesych. 

azdÖLO-g  vgl.  di-ardCto. 

XBL[.iddiog  überwinternd  :  xfi^i^'^Ctu. 

XEijudÖLOv  Winterlager  :  x^H^^^^' 

a7t-q)döiog  ausgebrütet  :  STtciidtio  ausbrüten. 
iSio  =  1^0  in: 

dve/Liidiog  vgl.  dveitiito). 

7tQ0-aQiaTiÖLng   (jtXovg)   vor    dem    Frühstücken  :  dgiaTttofiat 
frühstücke. 

nqn-yaaTQiöiog  vgl.  yaOTgiCw. 

dno-duTCvlÖLog  :  dEi7tvl^o(.iac. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Sprache.    TU.        313 

im-doQTtidiog  :  i7tidoQ7Ti^oi.iai. 

STTi-,  Ttaga-,  VTieQ-d^aXaaoidiog  vgl.  xara-^aAarr/tw. 

87tL-d^lOQ(XY.idL0V    Vgl.    €7rid^WQaX.lCo^ai ,    7tEqL-d^lOQaY.itlt}. 

STti-xaQTtidiog  :  xaQTti^co. 

y.a7tvQLdia  Art  Kuchen  :  xaTtvQlCo)  schwelgen. 

87ti-,  vito-y-oknidLog  vgl.  xoXTtitu)  ginen  Busen  bilden. 

xovQiöiog  :  y.ovQito)  jugendlich  sein.     Vgl.  y.ovQit6(AEvog  •  v^e- 

vaiovjLuvog  Hesych. 
Xrjldiog  erbeutet  :  Xr]i^o^iai  erbeuten. 
voacpidiog  getrennt  :  vooq)itoi  trennen. 
ETti-vcoriöiog  auf  dem   Rücken  :  sTtivioTi^o)  auf  den  Rücken 

nehmen. 
olxidLog,  SV-,  xar-oi-aidiog  :  omito),  ev-,  xaT-oim^o). 
OQd^Qidiog  früh  :  oQd^QiCio  früh  sein. 
TtixQiöiog  bitterlich  :  TtiyiQitijo. 
TtQOfKidiog  :  TtgomiCco  ausstatten. 

TtQOOTEQvidiov  Brustpanzer,    Brustkissen  :  Ttgoa -  azsQvl^ofiat 
an   die  Brust  drücken,    vTto-aTEQvH^w   unter    die   Brust 
nehmen. 
E7ti-,  TCQO-aTTjd^ldiog  vgl.  ex-,  arto-OTt^d^itio. 
QTqldiog,  gadiog  leicht  :  Qr]iC(o,  qalta)  leicht  machen. 
vTto-GaQ'Kidiog  unter  dem  Fleische  vgl.  aagul^to. 
Ev-TEixidiog  :  EVTeixlKojLiaL. 

vTtvidLog,  Ecp-VTtviÖLog  einschläfernd  :  V7tvit.a)  einschläfern. 
Ey-XEigidiog  :  ey-xEiqitio. 
EyxELQidiov  Griff,  Dolch  :  EyxEiQitfa. 
odio  ~  oto  erscheint  nur  in 

aQ/iwdio-g  passend  :  aQ/ii6to)  füge,  passe. 
ßXvdiov  '  vyqov,  tiov  bei  Hesych.  :  ßXvto)  ist  wohl  primär, 
ebenso  -kIvölov  '  rciXayog  Hesych.  :  xAü^w. 
Während  in  allen  bis  hierher  aufgezählten  Fällen  dem  ver- 
balen Co  ein  nominales  ölo  gegenüberliegt,  ist  in  einem  einzi- 
gen lakonischen  Nomen  das  urspüngliche  djo  ebenso  behandelt, 
wie  im  identischen  Verbalstamme,  nämlich  in 

ai-/,i6da  lakon.  Schande  :  aiyf.iLofi£v   (würde   lakonisch    alxid- 
öof.iEg  lauten).     Lobeck  Prjf.iatiy.6v  S.  262. 
Das  Verhältniss  von  oxidöeLOv  Schirm  zu  axid^co  beschat- 
ten ist  nicht  ganz  klar;    einige  Bildungen  auf  dto  wie  rcav-av- 
öij],  axaöing,  yaiiojLidding,  ey-zdöiog,  d/n-q^ddiog  gehen  zunächst 
aus  Verbaladverbien  auf  öov,   drjv  hervor,    welche  selbst  nicht 


314  A.  Fick 

abzulösen  sind  von  der  Verbalbildung  auf  d,  tio ;  sie  bilden 
gewissermassen  Aoriststämme  zu  den  (J- Verben,  deren  Präsens 
djo  =  to)  und  deren  allgemeiner  Stamm  d  ist;  ebenso  verhält 
sich  v.o(.iLdri  zu  '/.of-utco:  es  ist  mit  einem  gedachten  Aorist- 
stamme y-Ofiiörj-vai  identisch. 

Die  übrigen  Präsensstämme  virerden  nur  vereinzelt  nominal 
verwendet. 

Zu  Stämmen  auf  va  gehören: 

7ttüXo-ddfivi]-g,  TO^o-dafivog  :  dcaivrj^d,  dä/nva-inai. 

'/.qrif.iv6-g  :  kann  auch  mit  '^Q^/iivrjf.u  parallel  sein. 

v€XQ0-7tfQva-g  Leichenverkäufer  :  TtsQvd-g. 
Zu  Stämmen  auf  ve,  vo: 

OQOo-ddxvrj  „Keimnager",  Erdfloh  :  ddy.vio  beisse. 

TQi-da-/.vog  Art  Auster,  Dreibissenauster  :  däv.vo). 

iTiavo-g  hinlangend  :  iy.dvo)  (ä). 

■/.eQXvrj  Falk,  xegyro-g  Heiserkeit  :  Y.tQxvto  bin  heiser. 

ttIvov  Bier,  alqo-Ttivov  Trespensieb  :  Tcivw. 

VTio-raf-ivo-v  Zauberkraut  :  rd/iivco. 
Zu  Präsen^ämmen  auf^vt;; 

dyvv-g  Be^ftiböiss  Et. 

ravv-fi^dr^g  :  ydvv-jiiai. 

ihvveg  Rasttage  :  iXivvw. 

"EQLVvrS  Desae^r,  Enthaj^  :  fqtH^  zürne. 

(]j/vi!f>5Y^v?^TCBiekehleT*5ia^'-i^7«* 

f^uvv-ioQiog  vgl.  /iiivv-d^to,  \sL^."mtnub,   sskr.  mtnu  =  tnina. 

Tavv-^urjg,  Tavv-cploLog ,  ravv-cpvXXog  :  rdw-TOi. 
Mit  einem  reduplicirten  Präsensthema  ist  identisch 

lOTo-g  Mast,   Webstuhl  :  lozd-vm  vgl.  sskr.  iishiha  :  iishtha- 
ii,  -dada  gebend,  -dadha  setzend,  daddtiy  dadhdli. 
Zu  Präsensstämmen  auf  axo  gehören : 

aQEoy.o-g  :  dgiazw  gefallen. 

ßooy.6-g  :  ß6oy.o-f.iEV. 
Wahrscheinlich   auch   dLOv-og   {diTieiv)   und   (pv-oy.a  vgl.  q)v-0(x, 

letzteres  Aoriststamm,  vgl.  nhd.  Bausch,   Beii-le. 
Einen  Präsensstamra  auf  to  enthält  nur: 

a-KTjTtTO-g  Windstoss  :  ayiij/tTco  sich  worauf  stürzen. 
ßXaaro-g  Keim  gehört  zum  Aorist  eßXaarov,  der  durch  Antritt 
eines  ursprünglich  präsentischen  to  an  ßXai)^  (vgl.  ßXo)d^-Q(-g) 
entstanden  ist. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Sprache.    IV.        315 

IV. 

Auch  der  allgemeine  oder  kürzeste  Verbalstamm,  welcher 
vor  dem  a  des  Futurs  und  Aorists  sowie  in  einigen  Formen  des 
Perfects  erscheint,  kann  nominal  verwendet  werden.  Diesen 
kürzesten  Stamm  nennt  man  nach  indischem  Vorgange  beim 
starken,  nichtabgeleiteten  Verb  ,, Wurzel"  und  die  mit  diesem 
Stamme  identischen  Nominalstämme  werden  daher  ,, Wurzelno- 
mina" genannt;  die  Inder  freilich  nehmen  mit  schauerlicher  Con- 
sequenz  auch  hier  ein  Suffix,  nämlich  das  Suffix  Null  an.  Wenn 
auch  im  Ganzen  wenig  auf  die  Benennung  sprachlicher  Erschei- 
nungen ankommt,  falls  nur  das  Wesen  derselben  richtig  erfasst 
ist,  so  ist  doch  gegen  die  Bezeichnung  „Wurzelnomen"  Ein- 
sprache zu  erheben ,  weil  dadurch  wesensgleiche  Bildungen  aus- 
einandergerissen werden.  Es  wird  nämlich  im  Griechischen  und 
auch  sonst  der  allgemeine  Verbalstamm  nicht  bloss  der  star- 
ken, sondern  auch  der  abgeleiteten,  denominalen  Verba  ohne 
Zutritt  weiterer  Suffixe  als  Nominalstamm  verwendet,  und  -diese 
mit  allgemeinen  Denominalstämmen  identischen  Noraina  stehen 
zu  ihren  Verbalbasen  in  demselben  Verhältniss  wie  das  soge- 
nannte Wurzelnomen  zur  ,, Wurzel"  oder  dem  kürzesten  Stamme 
des  starken  Verbs.  So  enthält  z.  B.  yecü-fihQrj-g  Feldmesser 
in  seinem  zweiten  Theile  den  allgemeinen  Stamm  des  Verbs 
f.isTQhü  messen ,  wie  derselbe  in  /.isTQTj-ato,  i-juer^rj-aa,  (xergr^-rog 
erscheint,  gerade  so  wie  2tv^  den  allgemeinen  Stamm  azvy 
hassen  (z.  B.  in  t-azv^a)  enthält.  Wir  zerfallen  daher  die 
Darstellung  des  mit  dem  allgemeinen  Verbalstamme  identischen 
Nomens  in  zwei  Abtheilungen: 

1.  Nomina,  welche  mit  dem  allgemeinen  Stamme  starker, 

2.  Nomina,  welche  mit  dem  allgemeinen  Stamme  schwacher 
(abgeleiteter)  Verba  identisch  sind. 

Mit  Wurzelvocal  a : 

dXy.1  dat.  :  aXx  in  s/t-aX^ig  vgl.  aAzjy ,  «AaAxe. 

al-g  Salz,    Meer  :  ak  salzen   in  dv-al-zo-g  =  lat.  in-sulsus, 

al-f,ir]  vgl.  lat.  salm-acidus ,  lat.  sallere^  salsus. 
däi  dat.  Schlacht  :  daB.  vgl.  sskr.  abhi-däs  (oder  daß). 
daQ'ueg  *  ösa/iiol  Hesych.   vgl.   daQX-(.iäg  '   ögaxindg   Hesych.  : 

ÖQü^aa^ai ,  dedQayf.ievog. 
öga^  Kog  Handyoll  :  öqd^aG&ai,  öedgayf-iivog. 
Cch^xlefes^gl.  'Sg^gy^rmen.  IJjj'^n^ÖBw^ 


316  A.  Fick 

€7tl  yiaQ  vgl.  xagt],  zend.  ^are  =    gara  Haupt,  Herrschaft. 

YXayyl  dat.  (vgl.  ■^Xayyri)  :  xAa/^w,  hlay^a. 

i^ixga^  :  X€XQd^of.iai. 

zrXif^^läche ■ : -lett.  plak-t  fläch^v^ferdeh;' : 
m^^^Ai:  scheu    vgl.  i'7tta'/.ov   (lat.  conquexi  nach  Fröhde,    oder 

/\^vgl.  armen,  phach-num  fugio?). 
\0aQ^''^^.~ aiqh,  FleiscTf; -etymologisch  dunkel. 

ardysg  Tropfen  :  arä^e. 

OTQay^  Tropfen  :  lat.  stringere, 

(fdip  ßog  wilde  Taube  wohl  zu  rpaß  =  cpeß  in  cpeßo(.iaL. 
In  Compositis : 

ßagl-ßa-g  Tragg.   =   vavßdrrjg  :  ßd-/ii€vai,  l'ßä. 

öi-TtXa^,    zQL-nla^  vgl.  lat.  duplex,    triplex  :  7rA«x   flechten, 
TtAfix-ro-g,  Ttkax^vm. 

At'XO-ffTT«? ,    odvvO'G/rdg  :  dva-ondtoj  Hesych. ,    OTtdaag,   i- 
O7taa-^£vog. 

dia-o(pd^  Riss,    Kluft  :  acpdzzw  ==   aq)d^w,    eigentlich    auf- 
schneiden oder  schnüren? 

veo-acpa^  yog  frisch  geschlachtet  :  Offd^ai,  oq)ay.-r6-g. 

drto-cpQdg  (^fiiQu)  dies  nefastus  :  qiqdtio,   cpgdoag,   Jte-q^qad- 
(.Uvog. 
Mit  Wurzelvocal  ö: 

ßlä^  xog  schwach  vgl.  ßltjx-QO-g  =   dßlrjXQog,    dßXrjx-(J.(jJv  ' 
df.ißXvg    Hesych.       Bezzenberger    vergleicht    lit.    blöga-s 
.schwach. 

qd^  y^gWeiü^ere  vgl.  ^5J§v.Ijra,ube ,  laC 


TXiq-7i6Xtf.iog ,    dt>¥>    Tla-Ttökeuog  ^    TtoXv-rka-g   :   TXrj-/ii€vai, 

s-rXa-v,  rXd-g. 
ipdg  =  iprjQ  Staar  :  ipaLQU). 
Mit  Wurzelvocal  e: 

dvrjQ  g.  dviqog  :  nar  wollen  vgl.  lit.  nora-s  Wille,   zend.  hu- 

nara  Tugend. 
dat^Q  Stern  vgl.  sskr.  siar,   zu    otsq  in  azfQ-vov,  OTQa-To-g, 

az6Q-vvf.li,  lat.  ster-no 
'Ariq  Herz  aus  x«^(J  vgl.  lit.  szirdis,  armen,  siri,  lat.  cor  cord-is. 
xQf^  ein  Vogel  :  x^exw  XQe^ag  xpex-rog. 
aziQOip  blitzend  vgl.  d-ozQdyt-zo) ,  oziXTt-vog. 
cpXiip  ßog  Ader  wohl  zu  (fXeß  schlagen:  lat ßag-rum,  genn. 

hiecan  bleuen. 
(pQtveg    zu   (f)Q€v  =  (fqav    in  oa-q>Qaivo/nai    oder    zu   9?^«   in 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Sprache.   IV.        317 
oa-q^Qt-ad^ai ;   cpQs  heisst  „scheiden".     Vgl.  f.i€Td-(p(}evov, 

€V-(pQÖvt]. 

X^Q-OQ  g-  Hand  :  vgl.  x^Q-^o-g,  sskr.  har-mi  hr-t. 

XQhtip  ein  Fisch  :  xQ^f^^^o/xm. 
In  Corapositis: 

■KUTCö-ßlaip  (Hermes)  :  ßXixpag,  ßlsTt-tc'g. 

S^ea-  Gott  in  i^ea-cpatog  :  &€a-aaad^ai,  TtoXv-d^eoTog. 

ßov-yilsip  :  Y-lexpo),  s-y-Xaipa. 

sni-xe^  praegnans,  KaXXi-te^  :  re^of-iac,  ve^aa&aL. 
Mit  Wurzelvocal  jy: 

ß^,^  yP'i  Husten  :  ßr]^co,  sßrj^a. 

d}]^  xog  Holzwurm  :  d>]^ofiai  dedr^y/usvog. 

d^^Q  Thier  vgl.  cp^g  Unthier  vgl.  ksl.  zverf  Thier  (also  //jy^  ?) 

xj^^  xog  Seemöve  vgl.  sskr.  kä'ka  Krähe. 

K^Q  Ker,  Verderben  vgl.  xeiQio  yiegaltio. 

a^ip  fauliges    Geschwür,    Art   Schlange  :  a^ipo),  earjips,    ae- 
atjTtcog. 

ocpiq^  y.6g  Wespe  vgl.  öcpriy.6o)  schnüre  und  aq)iyyü)  2(piy^  = 
■     ,<P/^^  Olalov  OQog.  -^^ 

Z^V^gßl  ==?v4at.  her,  4t  ^    vgl.  lat.  hir^tu-^,    lit.  zer-iis 

^.^^rbü,  kratzen.  ■^-- 

In  Compositis: 

f46o6-df^rj  :  ö/ntj-Tog  gebaut. 

oag)v-rj^  :  a^at  eäye. 

SQi-r]Qsg  pl.  neben  iQitjQog  :  ag-fievog,  aQ-rjQ-iög. 

TCQoa-iyrj  —  TiQoaO^eaig  Gramm  :  d-t]-/ii€vac. 

veo-O-Yj^  neugewetzt  :  &ri^o)  d^rj^ag  Te&rjy^iivog. 

dvvi-rtr]^,    yXayo-Ttrj^  Lab,    did-TTrj^  :  rtiq^to    Ttrj^ai   TTJ^/^e/g 
Ttirtriye. 

ßov-TiXrj^,  dficpi-rcX^^,  xaia-ytlrj^,  oIotqo-tcX^^,  Ttaga-Ttli]^ : 
ETtlrj^a,  7rk/rl)]yf.iai. 

dTto-Tf-iTj^  :  er/iüj^a. 
Mit  Wurzelvocal  o: 

dlo^  {—  dfXo^)    —  avXa^,    wla^,    coX^  Furche   vgl.  evXdyia 
Pflugschaar  :  /iXxtü,  J-'A^w. 

aoQ^  Schwert  vgl.  doQTi]Q  Schwertgehenk  :  deg&eig. 

ßovg  gy'^Qcog  vglT^i^tj-J^Ä ,  irisf'h  -4(4^^ 

Jo^.Ileh  vgl.  ösdogKiog.  -— «h^, 

dto  Haus  (=  do/ii)  :  töiLina  baute  (a-de^i-aa). 

e/toifj  Wiedehopf  vgl.  lat.  upiipa. 


318  A.  Fick 

■^q6v.a^  xpoxfg  (vgl.  x^oxjy)   ;  kqs^io. 

OTii ,  OTta  Stimme  :  fen  vgl.  lat.  vox ,  vocäre ,  armen,  gochel, 
sskr.  vak-tave ,  uk-ta. 

7C0vg  Jtodog  vgl.  lat.  pes,  sskr.  päd,  pai-tave ,  a-pad-ran. 

JTQO^  Vgl.  TtEQY.-vog  fleckig. 
.  ay,6Xo\p  Pfahl  vgl.  lat.  scalp-tum. 
\GT£j^oip  blitzend  vgl.  d-OTQocTVTCD,  GTcXn-vo-g. 

cpXo^  vgl.  scpls^a,  acp'ks'KTog.  ■"       ■     •— ^ 

yid^cjv  g.  %d-ov6g  ist  etymologisch  dunkel. 

Xovg  g.  %o6g  Schutt  vgl.  %£v-i.ia,  8-%eva. 

In  Compositis: 

avÖQ-anodov  :  arcoöo  verkaufen. 

aid'-oip,  oiv-oxp,  vcoip  (va-oip)  :  oipofiai,  oiparo,  ortTog. 

y,aXa-vQOip  vgl.  QOTtalov,    oinw  QSipco   e'^qeipa   und   xaXd-f.iri, 

xAa-g. 
di-cpQO-g  „zwei  einlassend"  :  (pQS-g,  ela-q^Qsg  lass  ein. 

Mit  Wurzelvocal  co: 

yXoJx-sg  vgl.  yXü)%iv,  yXcoaaa,  yhqyjuiiv   =  ßXrjyiov  Polei. 

dfitü-g,  v7t6-dfiiog  :  df^irj-O^eig,  d8df.irif.iavog,  döf-irfcog. 

d^w-g  Schakal  vgl.  d-covaaco  schreien. 

d^(üip  Schmeichler  :  ^coTt-zio,  Tt-d^rjTta. 

Kkiod--eg  =  KaTa-xXcod^ag  :  '/.Xwd^  in  ETt-ixXcoaa  {'/.Xwg-tqov). 

^Xioip  Dieb  vgl,  xXeTCXLo  y-XsTt-TÖg,  xXaTt^vai,  lat.  clep-si. 

■Kviüip  vgl.  xtvwTrfirov. 

x^wj/;  Sichel  vgl.  lett.  zirpe  Sichel,   zerjm  zi'rp-t  scheeren  = 

lit.  kerpü  kirpti  (J.  Schmidt  Vocal.  II.  368). 
X(a\p  =   XiOTti]  vgl.  XsTtio  sXsifja  eXänrjv. 
TCQCü^  Tropfen  vgl.  sskr.  prshat  Tropfen,  /re^x-vo'-g  fleckig. 
TtTh:^  scheu  :  TtTioaooi  {Ttrixm-Jio). 
öcü§  Riss  :  sQQioya,  s^Qcoyojg.      ■. 

^h»^==  ^a|^S4;;^be  vghN^t.  racefnm ;    oder  zu  ksl.  ffrozdü, 
"^^„^^gf^yz-nü  Traul5&?  ^v  \. 

^tüip  Reisig  vgl.  qdßöog  ,^Q&7ft^. 
aviojip  p]ule  :  axf'ifjofiai  spähen. 
TQOJ^  (Nager)  Wurm  :  TQi6^of.iat ,  y.aT€-TQco^a. 
TQw^  Loch  (vgl.  T(ji6yXrj  Loch)  :  TeTQioy-/iuvog,  TQion-Tog. 
cp'jLQ  Dieb  —  lat.  für  vgl.  (psQstv  y.al  dyeiv,    lat.  ferre  atque 

agere. 
elg  üTia  :  o\po(.iai,  oncorca. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Sprache.    IV.        319 

In  Compositis: 

Ttaqa-ßXtoxp  :  ßXsipio  ßXeTt-Tog. 

&)]QO-duo^  :  ditü^cü  aölco^a. 

d7io-(jQW^,  d-QQi6^,  dia-QQio^,  xaTa-QQtü^  :  sQQCüytog, 

xvai-io-TQO}^  :  TQio^ofiai,  xarirQio^a. 
Mit  Wurzelvocal  t: 

aig  :  r]igcc,  ai^aaa. 

doniq  öog  :  vgl.  aircidrjg  ausgedehnt. 

doxliy'^,  oarhy^  Ringel  vgl.  OTlayylg,   lat.  stringere ,  ovqoy- 
yvXog,  lit.  stulgüs  länglich  rund. 

d^Qi'^  g.  TQiyog  Haar.     Etymologisch  dunkel. 

^Qiilj  Ttog  Holzwurm.     Ebenso. 

I^  g.  hog  Käfer.     Vielleicht  =  t/x  =  iy/.,  vgl.  nhd.  Engerling. 

lifj  g.  Irtog  Wurm.     Vgl.  lipai  schädigen. 

■Kt'g  g.  yciog  Wurm.     Vgl.  sskr.  M-Ia,  zend.  kae-ta  Wurm. 

xvlda  acc,  Nessel  :  xv'iQio^  yivioto,  e'Avioa. 

TiTiösog  zu  IxTig  öog  Wiesel. 

'/.ovLg  öog  Niss  :  ags.  hfiilu ,  nhd.  Ntss.     Zu  xviCo). 

y,Ql  Gerste  aus  aqlö^  vgl.  xqlS^^,  hordeum. 

Xiip  ßog  Nass  vgl.  Xißog,  Xißätio,  lat.  de-lihuere. 

vi(pa  acc.  Schnee  =  lat.  nicem,  lit.  stiig-ti  schneien. 

TtXi^  Xog  Schritt  :  dia-TckTiXiy^e.  TtXlao^iaL. 

Tivi^  yog  Ersticken  :  tivi^o)  eirvi^a. 

Qig  g.  Qivog  Nase  :  irisch  srön  Nase,  srenim  sterto. 

qiip  Ttog  Flechtwerk  :  lit.  verp-ti  spinnen. 

oyivLTCeg^  =  '/.vlrtsg  y^mm.  Ameise. 

oy.vi\p  =  o-/.VL7r6g  Knicker  :  ksl.  s/cqpä. 

OTixcc,  ariyeg,  aiixccg  Reihe  :  JvsQi-ari^ai  Hesych. 

acpLy^  =  2(piy^  :  tocfiy^a,  aq^iyz-T^g. 

Gyiöa  acc.  Spalt,  Fetzen  :  gxlöu)  oxio-d^eig,  sayiGfitvog. 

TQiy^  ein  V<'gel  :  tqiUo  xsrQiyojg. 

cpqi^  y.6g  Schauder  :  ecpQi^a  7TtcpQiy.a. 

tpiyög  gen.  Bröckchen  :  vgl.  ipcoxco. 

ipiösg  pl.  Tropfen  :  ipiUo  xpi^o^ai. 
In  Compositis: 

v.OQvd^-di^,  TToXv-di^  :  di^aaa. 

vfj-ig  {vrj-fiö)  :  fiö-f.i6v. 

X&Q-viip  :  x^QVtiparo. 

d^icpi-TiXl^  :  TtXiaao/iiai,  öia-neTiXix^. 

dXo-TQllp,    oi'AO-TQilp,    TCeÖO-TQllfj    l    TQtlpa),    TeTQL(.lU£VOg. 


320  A.  Fick 

Mit  dem  Wurzelvocal  ol  nur: 

oXy.ade  neben  olxovde  vgl.  el'^tü  etjcw. 
Mit  dem  Wurzelvocal  ai:  i     ""v 

<^at|"~ÄT©gÄ,^  ah»^eV?Siiege  Vgl.  zend[  izaena^  von  Fell. 

aiyeg  dorisch  Wellen  vgl.  sskr.    ej  sich  bewegen,  zucken. 

■Kax-aidv^  opßqog  Platzregen :  af^t'affw,  aYd-vy-fia,  ald^vK-TtJQ. 
Mit  dem  Wurzelvocal  v: 

dkdXvy^  vgl.  Xvy^  Xvto). 

yQv  Mucks  (für  yqvy)  vgl.  yQvtw,  yqv^aL. 

yvTTeg  Geier  vgl.  ai-yv7ti6g  „Ziegengeier". 

yQv^)  Greif  vgl.  yguTcdviog,  yQvrtaivto  krümmen 

l^i^^iiS  Fisd^*JE;gd^J[it/^ä«^M 

Ivy^  em  Vogel  :  IvCto  i=\j:ivyyjci))  schreie. 
J^kvda  acc.  (zu  yiXvdtov)  :  y,h'tco  y.Xvaaio  v.i%XvGxaL. 
V.   .^^'V'  '^^^  '  iXdxiavov  :  -kvvco,  y.vv-f.ia. 
Jky^r\-  dvTi-TiQv  gegenüber  (für  -xt'(»),  vgl.  dvteytvQoa  begegnete,  xvq 

V     aai.     Vgl.  deßOrtsnamen  .^vrt-xy(»a. 

ii^^  Luchs  vgl.  Ijt.  /M^Hiüt  nhd.  l^lj^^  (pl-  Luchse). 

iA!i?>jfc^as''SiAJ3^.ken^^        t^ 

^vg  g.  jt/vog  Maus  vgl.  Isii.  fnJls   zum  Verb   sskr.  mush   rau 
ben,  stehlen.    /  x 

rvxa  acc.  vgl.  ved.|  nak  Nacht.\ 

ovv^  Nagel  vgl.  germ.  nagan  riög ,  nhd.  nagen. 

OQV^  yog  Spitzhacke  :  ögvoaio  ngv^ag  wgvye. 

oq)Qvg    Braue    zu    q>Qv    =    q>vQ ,    vgl.  lit.  bruvis ,    sskr.  bhrü 
Braue.  " 

Tttvy^  ein  Vogel.     Etymologisch  dunkel. 

rttv^  Falte  :  Tczvaoo)  mt'^ag  7tTvx.Tng. 

nvya  acc.  zu  Ttvyx]  Steiss.     Etymologisch  dunkel. 

.5ri;^  :  eOTv^a  hasste. 

avg  =  lg  vgl.  lat.  svs ,  ahd.  sit ,  zend.  hu. 

TQvya  acc.  Most.     Vgl.  TQvyto  erqv^ev. 

q)vyade  :  ^tsq^vy^itvog. 
In  Compositis : 

VTio-ßgvxcc  unter  Wasser  vgl.  dva-ßißqvxe. 

TiQto-ßvg   kret.  TtQBi-yvg,    worin  yv  =  /Jv  =  yj-a  vgl.  yiya- 
^ev,  yv-vrj    —    böot.  ßavd. 

sy-yvO-i   =  ^yyvg,  fy-yvi^sv  vgl.  yaitiov   (für  ye/rtov  wie  ^e?- 
d^QOv  ==  Qe/d^QOv):  lit.  gan-ii  bekommen. 

öl-tv^  vgl.  lat.  con-juz ,  sskr.  yuj-mahe,  yuk-ta. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Sprache.   IV.        321 

e7t-r]Xvg,  vl-tjXvg  vgl.  ijlvoig,  iX^lv(.i€v. 
avy-xXvg  :  -/.XvCco  i^Xvooco  y.sy,lvoTai. 
di-Tttv^  :  TtTvaaco  Ttrv^ag. 
af^i-TCv^  Stirnband  vgl.  7rvy.-v6-g. 
olvo-cpXv^  :  (flvto)  (pXv-K-raiva ,  lat.  fluc-tus. 
TtQoo-cpv^  :  7tEcpvyfj.{iVog. 

Intensivstämme  enthalten : 

ßdßa^  :  ßaßcttü),  ßaßav.rrjg. 

Xailaxp  Sturm  vgl.  laLxprj-QO-g. 

XdXaysg  die  grünen  Frösche  :  XuXcttoi  XaXdyr]. 

7tof.t(p6Xv^  Blase  vgl.  (pXv}c-Taiva ,  (pXvn-vig. 
Zu  Stämmen  auf  a  gehören 

ayrj  Staunen  :  aya-/iiai. 

aqrj  Unheil  :  dgrj-fxEvog. 

aQTtt]  Sichel,  Falke,  dqTtd-Xayog  „Hasenraffer",  ein  Jagdge- 
räth  :  dQTtd-i.uvog. 

ysXo-g  Lachen  :  ysXa  lachen. 

€QO-g  Liebe,  Begehr  :  ega-^iai,  SQa-Tog. 

axsrrr]  Schirm  :  axsTtdco^  vgl.  ansTtag. 

Durch  die  Erkenntniss  des  Princips,  dass  jeder  in  der  Ver- 
balfiexion  erscheinende  Verbalstamm  auch  als  Nominalstamm 
verwendet  werden  kann,  werden  drei  bisher  ganz  falsch  auf- 
gefasste  Bildungen  klar: 

idvv-Tara  von  Id-vv  dem  allgemeinen  Stamme  des  Verbs  id^v- 

viü,  z.  B.  in  Idvv-d-rjv. 
(padv-TUTog  :  e-cpadv-d-rjv. 

cpiX-rEQog,  (piX-razog  :  (piX  in  cplXai,  aor.  (==  cpiX-aai)  vgl. 
(piX-TQov,  welches  ebenfalls  von  (ptX  lieben  in  (flXai  ge- 
bildet ist. 

Werden  die  Stämme  starker  Verba  auf  t]  als  maskuline 
Nominalstämme  verwendet,  so  müssen  diese  selbstverständlich 
auf  fj-g  auslauten ,  und  zwar  wird  dieses  r]-  dialectisch  mit  a- 
wechseln  müssen,  weil  eine  Declination  mit  wechsellosem  t]  im 
Griechischen  bekanntlich  nicht  existirt.  So  sind  gebildet  : 
ßvQO0-diipr]-g  Gerber  :  dsiprj-aag. 
av&-eipr]-g,     (nvQ-siprj-g ,     Ttav^-siprj-g    :    eip^-aco,     sipfj-aai, 

eiprj-d^eig. 
vipi-7t€zr]-g ,    dor.  vipirterag,    imv-rthrj-g  :  ttsxi]    fliegen    in 
TtEvri-oonaL. 

Beiträge  z,  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I.  22 


322  A.  Fick 

Ebenso  werden  die  Stämme  abgeleiteter  Verba  auf  ä,  rj 
bebandelt,  wenn  sie  als  maskuline  Nominalstämme  fungiren. 
Es  erscheinen  dieselben  nur  im  zweiten  Gliede  von  Compositis. 
So  in: 

TTQoa-airrj-g  Bettler  :  alrrj-aai. 

(xTjTQ-,  TtatQ-aXoia-g  Mutter-,  Vaterschläger :  j^Ao/j^-ff«,  äXoa- 

aai. 
fxiad^-aQvr]-g  :  aQv^-aaaS^ai. 

TisQ-avlrj-g  Hornbläser,  TQirjQ-avh]-g  :  avXrj-aai  blasen. 
SQi-ßqvyrj-g  brüllend  :  ßQVxaof-iai  brülle,    ßQvx^-^f^iog,    ßqv- 

f.ir]Xcevo-,  Ttgayf-iaTO-dicpri-g  :  diq)d(o  suchen,  dLcprj-TioQ. 
evQv-Y.6ag  :  ycoäv  =  y.o£iv,  sxorjaa. 

ßvOOO-,    ySCO-,    GLTO-lilETQrj-g    :    fAEXQiq-OO),    (.lETQrj-GaL. 

EQL-^vY.rj-g  brüllend  :  /iivKcco^ai  (xvY,ri-d^f,i6g. 
sv-vcoua-g,  i7t7TO-vc6^ia-g  :  vtofirj-aai. 
dXlavTO-,  avTO-,  f.ivQ0-7tu)X^]g  :  rtcüXfj-aai. 
avXo-TQVTtrj-g  Flötenbohrer  :  TQVTtfj-aaL ,  TQV7tr]na. 
yvvamo-f  SQr]/iio-q)ila-g  dor.  :  (piXij-aco. 
avdgaTtod-,  ßo-,  TeX-covrj-g  :  tdv^-aaad^ai. 

Die  Ansicht,  wonach  in  -avXr]-g,  -fieTQtj-g,  -vco^ia-g  ein 
besonderes  suffixales  a  enthalten  wäre,  das  dann  also  an  avX, 
(.lexQ,  vco/,1  (!)  angetreten  sein  müsste,  bedarf  keiner  Widerle- 
gung. Ueberhaupt  sollte  man  im  Griechischen  gar  nicht  von 
maskulinen  a-Stämmen  sprechen.  Es  sind  fast  nur  Composita 
und  das  a  hat  in  denselben  mit  dem  Maskulincharacter  gar 
nichts  zu  schaffen,  sondern  gehört  dem  Verbal-  oder  dem  No- 
minalstamme an,  welcher  den  zweiten  Theil  des  Compositums 
bildet.  Bei  einigen  Compositis  kann  man  in  dem  Schlusstheile 
ebensowohl  Verbal-  als  Nominalstämme  auf  a  erblicken,  wie  in 
alvo-ßia-g :  ßia,  ßido),  yMXXi-ßoa-g:  ßod,  ßodto,  XaßQ-ayoQtj-g  : 
dyoQi],  dyoQrj-aaad^ai,  oQvid^o-^rJQa-g  :  i^r]Qa,  ^rjQdo^iai,  woge- 
gen in  OQao-TQiaiva-g,  dytov-d^x^Sj  döo-Xfoyjj-g,  ccioXo-fiiTQrj-g 
die  Femininastämme  TQtaiva,  agy^,  Xiox^j,  f^iiTQi]  ja  gar  nicht 
zu  verkennen  sind. 

Das  einzige  alte  Wort,  worin  ein  überschüssiges  a  enthal- 
ten zu  sein  scheint,  ist  das  homerische  avQv-ona  {ort  Stimme), 
allein  es  hat  gar  kein  Bedenken,  ein  altes  Verb  fojta-  rufen 
=  lat.  vocd-re  anzunehmen. 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Sprache.  IV.        323 

Die  Nomina  auf  dg,  idg  entspringen  aus  den  Verben  auf 
«Cw,  latio  in  der  Art,  dass  deren  allgemeiner  Stamm,  welcher 
ad-,  laö-  lautet,  ohne  Weiteres  nominal  verwendet  wird.  Dies 
wird  dadurch  bewiesen,  dass  neben  einer  grossen  Zahl  von  No- 
men auf  dg,  Lag  Verba  auf  atio,  latio  liegen.  Diese  Verba  von 
den  Nominibus  herzuleiten,  geht  nicht  an,  weil  das  Nomen  in 
der  Mehrzahl  femininales  Adjectiv  ist  und  auch  sonst  dem  Verb 
gegenüber  eine  verengte  Bedeutung  zeigt ,  wie  die  folgende  Zu- 
sammenstellung lehrt : 

df-iaQxdg  Verfehlung  :  aßgord^w.    . 

ßa^-xidg  Bakchantin  :  ßaxxiduo  =:  /Jax^fit'w. 

ßkrjyd^  f.  blökend  :  ßXrjxdtco  blöke. 

'^QOf-udg  bakchantisch  :  ßgo/nLa^o/iidlT 

yeveidg  Bart  :  yeveidtco,  dor.  yeveidaöo)  Bart  bekommen,  ye- 
vsLov  Bart. 

/myögjn,  f.  nackt, -gö'übt  :  yvuvdCo'fläi  nackji.^.»b'eh. 

^iX^g  Hälfte  :  dixaCw  halbiren. 

ödpxqQ  Reh  :  döQxdUo  bliekß. 

ö-vd^^'^eiheit  :  Svdlü  verdoppeln;  acudvdg  gepaartjuiU^^t^ii- 
^0^-«  sich  paaren. 

sd^eigdösg  Haare  :  s^sigdCco  behaart  sein. 

eQrj!.idg  die  Einsame  :  sQr]/nd^io  einsam  sein. 

SQivdg  die  wilde  Feige  :  SQivdtco. 

fQfidg  f.  :  fQ/iidCio, 

€vdg  f.  bakchisch,  Bakchantin  :  evdtoi. 

evidg  f.  bakchisch  :  svidl^io. 

Xa/^iai-evvddeg  (oveg)  :  evvdCof^ai. 

rjXidg  f.  sonnig  :  ^hd^co  sonnen. 

^Idg  f.  Ionisch  :  YaCw  ionisiren,  laari. 

tx/fchkg^  f.  N"äs^  :  Ixpd'Co)  iiet/cn  (spät). 

llkdg  Seil ,  Stricte  :  llXd'Cw  zusammenbinden  (Spät). 

iTTTidg  f.  adj.  :  IrcTtdCofiai,  reiten,  geritten  werden. 
j  y.aaa'kßdg  Hure  :  ■KaoaXßdto)  huren. 
/  xjyxc'g  f.  schmähend  :  zjyxo^w  schmähen.     - 1/, 

KQef-idg  hängend  vgl.  y.Qefiaa-&£ig. 

xvyiXdg  f.  :  xtxÄaCw  runden. 

Xaiyidg  Hure  :  laiyidCco  huren. 

Xevxdg  f.  hell  :  AefxaCw  hell  sein. 

7tQ0-Xif.ivdg  Vorsumpf  :  XqivdCio  Sumpf  bilden 

hyjidg  (tto«)  beleckt  :  A/x/mLw  belecken. 

22'* 


324  A.  Tick 

Xirtdg  ein  fetter  Vogel  :  Xinäto}  fett  machen. 

"ftifmg  f.  blökend  :  fir]xdt(o  (spät)  =  jur^xccouai. 

/.iiydg  m.  f.  gemischt  :  /niyd^ofiai  sich  mischen. 

ökzdg  (vavg)  Lastschiff  :  öl-adCco  schleppen. 

Ttevrdg  =  nefXTtdg  Fünfzahl  :  Ttefirtatio  abfünfen. 

7tQ0Y.äg  —  nqn^  vgl.  neQ-Kcc^cü  dunkel  werden. 

Qs^ißdg  f.  schweifend,    irrend  :  Qs/ußdCco  in   der   Irre  umher- 
führen. 

Qod-idg  f.  rauschend  :  god-idCco  rauschen,  Qod-iog  :  Qo&t'ai,  q6- 
^og. 

axidg  Schattendach,  Schirm  :  aKid^co  beschatten. 

GTißdg  Streu  :  OTLßdtto  feststampfen,  schichten. 

TQoxdg  Rennschuh  :  zQOxd^co  rennen. 

cpwXdg  f.  im  Hinterhalte  :  (pcoldCco  im  H.  liegen. 

XaXifxdg  Hure  :  xalLfxdtiu)  trunken,  brünstig  sein. 

XELf-idg  f.  winterlich  :  xeif-idto),  xsL^d'Oiofxai. 

xpexdg  Tropfen  :  rpay-dtco  sprühen. 

xpidg  Tropfen  :  xpidtco. 

Einige  Nomina  auf  dg  stellen  sich  zunächst  zu  Verbalad- 
verbien auf  adrjv,  adov,  welche  ursprünglich  Nomina  sind  (vgl. 
ßaöov  :  ßddog)  und  jedenfalls  mit  den  Verben  auf  at/ca  zu  dem- 
selben Systeme  gehören.     So 

d/iioißdg  :  dfioißadov ,  ercauoLßaöig. 

i/iißdöag   Schuhe  :   i/iißadov.      Vgl.  ßi-ßdt/u),    ßißdod^wv    (ßi- 
ßad-d-tov). 

d(.ißoXdg,  if.ißoXdg  :  df.ißolddr]v. 

ÖQOf-idg,  7t€QL-,  Gvv-dQOf-idg  :  ÖQO/iiddr]v,  f^ETaÖQO/udörjv. 

Xoydg  :  koydörjv. 

TtaQuardösg  Pfosten  :  Ttaquatadov. 

7tXo'/.dg  :  TteQiuXo-Adörjv. 

GTToqdg  :  onoQadrjv. 

OToXdg  :  STtiarolddrjv. 

OTQOcpdg  :  eTti-OTQOcpdörjv. 

(pogdg  :  cpogadr^v. 

Die  Nomina  auf  lg  sind  die  nominal  gebrauchten  allge- 
meinen Stämme  der  Verba  auf  l'Cco.  In  einigen  Fällen  könnte 
man  allerdings  zweifeln,  ob  nicht  das  Verb  auf  lOo  erst  aus 
dem  Nomen  auf  lg  erwachsen  sei,  wie  denn  zweifellos  darclCo) 
von  danlg  stammt,  allein  meistens  zeigt  die  Bedeutung  des 
Nomens  deutlich  genug,    dass   das  Verb   auf  t^w  als  Basis  zu 


Die  suffixlosen  Nomina  der  griech.  Sprache.  IV.        325 

betracliten  ist,    wie  z.  B.  yoyyvUg  runde   Rübe  von  yoyyvXl^to 
runden ,    dv^^gaytig  Bratfisch  von  dvd^Qaxi^co  auf  Kohlen  braten 
abzuleiten  sind,    weil  das  Nomen  eine   specialisirte ,    das  Verb 
die  allgemeinere  Bedeutung  hat.     So  ordnen  sich  denn: 
dy-jialig  Armvoll  :  dyy.alitofxai  in  die  Arme  schliessen. 

dy-Avlig  ein  Jagdgeräth  :  dyxvXlCofxai  fortschleudern. 

axavS^ig  dornig  :  d^avd^i^a)  dornig  sein. 

dxQig  Heuschrecke  :  aKQiUo  '  ciy.Qoßavew. 

aXf-ivgig  Salzigkeit  :  äXiivglCo)  salzig  sein. 

dvd^gaxlg,    aTtardga^lg  Bratfisch  :  dvd^Qaxlta),    ccTtavd^Qaxito) 
auf  Kohlen  rösten. 

ccTtoixig  TtoXig  :  ccTtoimtw. 

ccTtoTTVQig  Bratfisch  :  drtoTCVQito)  auf  Kohlen  rösten. 

dqyvQig  Silbergeschirr  :  dQyvQitjio. 

idoxaQig  Spulwurm  :  doKagitco  zappeln. 

'tt^tg  P^ufist  :  dz^^oj  dijijsten.       . 

ßavKidsg  elegante  WeTbS-scBxiTfe  T  /^ai'x/Cw  coquettirei 

j^/g  Pf^l ,  Senkblei  :  d-aqoßü^tco  vtm-^E^iljB^ej!;^ 

yalaxrlg  {Tterga)  :  yaXaKTita)  milchig  sein. 

diTtXoig  Mantel  :  öittXoi^io  doppelt  nehmen. 

eiaoTtxQig  Spiegel  :  eiaoTtxQiCto  spiegeln,  eXaoTtTQOv  Spiegel. 

eXnig  :  eXiti^o)  (eA/rw). 

s^(x)(.ug  Unterkleid  :  e^cof.uto)  den  Arm  bloss  haben. 

ETtioTO/iug  =  (poqßeid  :  tTtLOiof-dtco   den  Mund  verschliessen. 

STticpvXllg  Nachlesetraube  :  eTticpvXXito)  nachlesen. 

kzaiQig  Hetäre  :  kzaigitco  sich  gesellen;  buhlen. 

Ev/Li€vidsg  Eumeniden  :  euj-ievi^o)  geneigt  machen. 

iSQig  Priesterin  :  isglUo  weihen. 

iXXig  f.  die  Schielende  :  erc-LkXiCa)  blinzeln. 

lovlig  ein  Fisch  :  lovlito)  Milchhaare  bekommen.  .     m 

'Itüvig  die  ionische  :  '/wv/Cw  ionisiren,  'icona-tL  //i/i     I 

xß^Jörrg  LineaTT  xavon^o>--öach  der,Ricfttschnjtir..Äa'clien.  {/Vsp^ 

ytagdaf-ug  kresseähnliches  Kraut  :  xagdaf-iiCco  wie  Kresse  sein. 

'/.azatyig  Orkan  :  -/.aTaiyil^w  herabstürmen. 

kyy.evTQig  Stachel,  Sporn  :  ■KevtQitw  stacheln. 

7iivva/niüf.ug    schlechter   Zimmet  :  xivvafi(of.ä^io    dem    Zimmet 
ähnlich  sein. 

xXi^ig  Schlüssel  :  ulrjiKto  vgl.  lat.  claude-re. 

XsTtig  Schale  :  Xertito)  schäle,  Xsrtog. 

Xr]ig  Beute  :  Xr]l^of.iai  erbeuten,  gewinnen. 


326     A.  Fick  Die  suffixlosen  Nomina  der  grieoh.  Sprache.  IV. 

XoTtig  Schuppe  :  XortlCco  abschälen. 

f.isQig  Theil  :  usgitco  theile,  i-isQog. 

juvQig  Salbenbüchse  :  (.ivQitü)  salben. 

vottg  Näss^^  :  voTitm.  bene^eü: 

TtizQig  Bitte rkraut  :  Trtx^/^w  bitter  sein. 

QiTtig  Fächer  :  giTziCo)  anfachen. 

Qodlg  Rosenpulver  :  qoöIi^o}  wie  Rosen  duften,  aussehen. 

axaXlg  Hacke  :  oy.aXitw,  da-/.aXtCoj  behacken.   "" 

ö'/.aQLg  =  daxaglg  Spulwurm  :  axagitco  =  doytagiKoj  zappeln. 

OToXig  Falte  :  OToXito)  bekleiden. 
ftpoQTig  (vavg)  Lastschiff  :  cpogtiteod^m  laden. 
i^Qvoig  Goldgeräth  :  xQvaitio  goldig ,  sein. 

ipccXig  Scheere  :  ipaXito)  abkneifen,  ipdXXu)  rupfen,  zupfen. 
Bei  avXig,  iXTtig,  omg  sind  die  Formen  avXi-^  eXrti-,  oTti- 
und   avXiS-,    sXmd-,  OTtid-  zu    scheiden;    das  d  der  letzteren 
stammt  zweifellos   aus   den  Verbalstämmen  avXltojLiai,   iXTtltw, 

Auch  die  deminutive  Verwendung  von  id,  idtov  erklärt  sich 
durch  Zurückführung  auf  die  Verbalstämme  id,  ito).  Die  Verba 
auf  lCw  haben  nämlich  auch  die  Bedeutung  „dem  gleichen, 
das  nachahmen",  z.  B.  ^SioxQaTitio  den  Sokrates  nachahmen. 
Demnach  bedeutet  das  Deminutiv  ^iOTcgaTidio-v,  lautlich  mit 
aa)}iQaTit,o-  identisch,  „ein  Ding,  welches  den  Sokrates  nach- 
ahmt, ohne  ihm  ganz  zu  gleichen",  d.  i.  ein  kleiner  Sokrates. 
Das  deutsche  Deminutivsuffix  t  beruht  darauf,  dass  wir  im 
Deutschen  den  griechischen  auf  atw,  tCw  entsprechende  Verba 
auf  tj'a  besitzen. 

Das  hier  in  seinen  Grundlinien  dargelegte  Princip  der 
Verwendung  der  Verbalstämme  als  Nomina  liegt  auch  der  Bil- 
dung der  sog.  besonderen  Feminina  zu  Grunde,  deren  Wesen 
darin  besteht,  dass  die  Sprache  zur  Bezeichnung  des  weiblichen 
Geschlechts  zu  den  nächst  liegenden  secundären  Verbalstämmen 
greift,  wie  man  ja  schon  daraus  sieht,  dass  die  Feminincharak- 
tere la,  aiva,  lö,  ad,  lad  der  Reihe  nach  den  Verben  auf  yw, 
aiviü,  i^io,  atco,  latoj  entsprechen.  Doch  erfordert  dies  eine 
besondere  Darstellung. 

Göttingen  22.  April  1877. 

A.   Fick. 


Etymologien,  327 

Etymologien. 

avilla. 

Das  nur  bei  Paul.  Epit.  p.  14  überlieferte  und  durcli 
agnus  receniis  partus  erklärte  avilla  pflegt  man  als  Deminuti- 
vum  von  ovis  anzusehen.  Dieser  Annahme  steht  ein  doppeltes 
Bedenken  entgegen.  Erstens  wäre  es  doch  sehr  merkwürdig, 
wenn  sich  in  dem  abgeleiteten  Deminutivum  das  ursprüngliche 
a  erhalten  haben  sollte,  während  es  in  dem  Stammworte  so- 
wie in  sämmtlichen  sicheren  Ableitungen  von  demselben  nicht 
nur  im  Lateinischen,  sondern  auch  im  Griechischen  zu  o  ver- 
dunkelt erscheint.  Curtius  (Berichte  d.  K.  Sachs.  Gesellsch,  d. 
Wissenschaften  1864  p.  20)  rechnet  mit  Recht  den  gemeinsa- 
men Besitz  des  o  und  6  zu  den  Kriterien,  aus  welchen  wir 
auf  eine  engere  Verwandtschaft  des  Griechischen  und  Lateini- 
schen schliessen  dürfen,  und  ich  stimme  ihm  ganz  bei,  wenn 
er  Formen  wie  das  Zahlwort  octo ,  die  Wurzel  gnö  „erkennen" 
neben  gen  gnä  „zeugen",  ok  „sehen",  Wörter  wie  ov>is,  potis, 
ocom  in  dieser  Vocalisation  für  specifisch  graecoitalisch  erklärt. 
Wäre  nun  aber  avilla,  welches  doch  eine  speciell  lateinische 
und  erst  auf  lateinischem  Sprachboden  entstandene  Bildung  ist, 
von  OVIS  abgeleitet,  so  müsste  auch  dieses  in  einer  älteren  Pe- 
riode der  lateinischen  Sprache  noch  *avis  gelautet  haben  und 
die  schöne  Uebereinstimmung  zwischen  o'ig  und  ovis  auch  im 
Vocale  wäre  verloren.  Zweitens  aber  wird  das  Wort  nicht 
durch  ovis,  sondern  durch  agnus  erklärt;  der  Urheber  der 
Glosse  hat  es  also  jedenfalls. nicht  als  zu  ersterem  gehörig  an- 
'gesehen,  sonst  hätte  er  wol  ovis  gesetzt.  Es  ist  nicht  der  min- 
deste Grund  vorhanden,  an  der  Richtigkeit  der  alten  Erklä- 
rung zu  zweifeln;  vielmehr  ist  avilla  das  ganz  regelrechte  De- 
minutivum von  agnus  (Masc.  und  Fem.)  oder  agna.  Wie  näm- 
lich von  Signum  iignum  pugnus  u.  a.  die  Deminutiva  sigillum 
iigillum  pugillus  stammen,  in  denen  das  i  Svarabhakti  ist,  so 
würde    das    entsprechende    Deminutivum    von    agna    zunächst 

*agilla  lauten  müssen.     Nun  aber  gehört  agnus,  wie  gr.\a/j.v6g 

aus  ^dßvög  beweist  (Walter  KZ.  11,  429,   Fick  20,  175^7^       ' 
denjenigen  Wörtern,    deren  g  jene  Affection  erfahren  hat,    die    /»  s 
zwischen  Vocalen  im  Lateinischen  regelmässig  durch  v  reflectirt 


328  Etymologien. 

wird  (A.  Kuhn  KZ.  10,  290,  Ascoli  Vorles.  p.  96),  und  es  ist 
somit  das  v  von  avilla  in  vollkommenem  Einklang  mii^dem 
Gesetz.  Mit  agimuk^xmdt.  d(.iv6g  vergleicht  Fick  richtig  ksl.'^a^M^ 
„Lamm",  jagftf«^^  „Lämmchen" ;  dagegen  müssen  ksl.  jazino 
„Fell"  und  skt.  ay/io^  „Vltes^,  wenn  sie  auch  zu  derselben 
Wurzel  gehören  mögen,  gesondm  werden,  denn  skt.  j  =  ksl. 
z  weist  auf  g^  (Hübschmann  KZ.  23,  23),  das  im  Lateinischen 
und  Griechischen  nur  durch  das  reine  g  reflectirt  wird.  Da- 
gegen entspricht  dem  lateinischen  gv  (nur  nach  n)  oder  v 
(zwischen  Vocalen,  im  Anlaut  vor  Vocalen  und  zuweilen  nach 
r),  selten  b  (im  Anlaut  vor  Vocalen)  =  gr.  /?,  selten  d,  im 
Slavolettischen  nur  g,  nicht  ksl.  z,  lit.  z  (==  ursprachlich  g^)  : 
üiWs  tJ^>is^gr.  jTfcßg,  got.  qius ,  altir.  1Wm^  cymr.  W^  — 
lit.  gytat>        XX 

vmar^  gr.  ?^^#|^Hi —  ^^^-  9^^^^'>  ^^'  ^^e^*- 

hos  gr.  /^oiJg^'^'^SK^j^,,,;:-:;  ksl.  gove^do..^,. 

boere  bovare  gr.  ßoäio  —  ksl.  govorü  Iß-ogvßog. 

uva  —  lit.  üga. 

servus  servare  —  lit.  sergu  (Joh.  Schmidt  Voc.  II  76). 

ßalavog  —  lit.  gile.  Im  lateinischen  gla?is  ist  die  Af- 
fection  vor  1  aufgegeben  wie  vor  n  in  agnus,  vor  r  in  gravis 
neben  gr.  ßaqvg,  nach  r  in  vergo  neben  urvum  und  in  tergo, 
wenn  ich  dieses  (KZ.  23,  312)  richtig  mit  gr.  Tgißw  identifi- 
cirt  habe;  den  secundären  Guttural  zeigt  auch  got.  ihair-k-o 
TQv/iiaXiä. 

aeol.  ßavä,  att.  yvvrj  (aus  ^yfavrj),  got.  qino  qens^  altir. 
ben  —  altpreuss.  ganna. 

ßiog  —  lit.  gij'e   „Faden". 

ßXirtio  —  ksl.  glipati. 

ßqicpog  deXcpvg  ddeXcpog  —  ksl.  zreh^. 

got.  qairnus ,  ahd.  chwirna  —  lit.  girna. 

_  jgot:  naqaths  ( lat.  nudus  aus,  *novidus  wie  prudens  aus 
pnopidensf)^   lit.  nßi^aß^f  ^^\.  n6gu/' 

Hiernach  werden  "^  wir  also  ksl.  yJö[i5^»a_Jjicht  unmittelbar 
mit  Jagnp^  gr.  d/iivog,  lat.  agnus  avilla  zusammenstellen  dür- 
fen. Es  ist  diese  Lautentsprechung  in  den  beiden  g  ebenso  re- 
gelmässig wie  die  parallele  in  den  beiden  k;  Ausnahmen  sind 
selten.  Keine  Abweichung  von  der  Regel  der  letzteren,  nach 
welcher  slavischem  s  lit.  sz,  arisches  (^  gegenüber  liegt,  ist  ksl. 
slama  =  gr.   KaXä/iirj,    lat.   culmus,    ahd.  halam  ;    denn   skt. 


Etymologien.  329 

kalama-  ist  aus  dem  Griechischen  entlehnt  (Fiele  Spracheinheit 
p.  76);  der  ächte  Vertreter  jener  Wörter  ist  im  Sanskrit  viel- 
mehr gara-  m.  „Rohr",  garamaya-  „aus  Rohr  gemacht" 


annona. 

annona  hat  zwei  Bedeutungen:  es  bezeichnet  1)  den  Er- 
trag, die  Ernte  an  Dingen  verschiedener  Art,  wie  Salz  {annona 
salaria) ,  Wein,  Most,  besonders  aber,  ganz  dem  deutschen 
„Ernte"  entsprechend,  an  Kornfrüchten,  Getreide  {annona  fru- 
meniaria) ;  '2)  den  Getreidepreis,  wie  sich  denn  die  Begriffe 
„Ertrag,  Lohn"  und  „Preis"  öfter  berühren.  Was  die  P'orm 
betrifft,  so  zerlegt  sich  das  Wort  leicht  in  anno-na  und  ist 
eine  Bildung  wie  patro-nus  neben  patro-cinor  u.  a.  Das  dop- 
pelte n  entsteht  im  Lateinischen  entweder'  durch  verschärfte  Aus-^ 
spräche  wie  in  pannus  =  dor.  ^j^^ogjoä^r  —  und  das  ist  das 
Gewöhnliche  —  durch  Assimilation  wie  in  penna  aus  altlat. 
pesna.  Dass  diese  zweite  Entstehungsweise  auch  für  annona  i 
anzunehmen  ist,  beweisen  got.;  asans  „Erntezeit,  Sommer,  Ern- 
te", ahd.  am  „Ernte",  amen  amön  „ernten,  erwerben,  verdie- 
nen, die  Frucht  von  etwas  geniessen",  arnöi  „Ernte",  got.  as- 
neis,  ahd.  asni  „Löhner".  Es  ist  also  wol  annona  aus  *asno-na 
mit  dem  Suffixe  na  von  einem  dem  ahd.  amön  aus  ^asnon  ent- 
sprechenden schwachen  Verbum  abgeleitet  und  enthält  dasselbe 
6  wie  aegrotus  custos  u.  a.,  in  denen  Curtius  Derivate  von  ver- 
lorenen Verbis  der  o-Conjugation  erkennt.  —  Schwierig  ist  die 
Frage,  ob  auch  annus,  welches  formell  zu  annona  stimmt  und 
in  nachaugusteischer  Zeit  vereinzelt  die  Bedeutung  desselben  i 
hat,  gleichen  Stammes  sei.  Ist  sie  zu  bejahen,  so  muss  annus] 
aus  *asnus  erklärt  und  als  „Sommer"  gedeutet  werden,  wie  jaf 
z.  B.  das  dem  altindischen  samä  „Jahr"  entsprechende  zend. 
hama  „Sommer"  bedeutet.  Mir  scheint  indessen  Fick's  Zusam- 
menstellung von  annus  und  got.  aihn  wegen  der  völligen  Con- 
gruenz  auch  in  der  Bedeutung  vorzuziehen  (Corssen  Sprach k. 
p.  39);  die  Stämme  *alno-  und  "^asno-  fielen  im  Lateinischen 
zusammen.  \ 

Ein  anderes  Beispiel  für  lat.  tm  aus  sn  ist  cunnus ,  wel-  \ 
ches  ich  mit  Aufrecht  (KZ.  9,  232)  und  Curtius  (Grundz.  N.  | 
83  c)  zu  gr.  y,vö6g  y,vad-og  und  lit.  kuszys ,  neben  welchem  | 
sich  freilich  auch  kuzys  findet,  stelle.     Der  Stamm  *cusno-  ent-  \ 


a 


330  Etymologien. 

spricht  dem  altind.  m^hia-  in  JmSh«iaii  „rei^^j^  zei«^issen"\ 
(vgl.  rima\axiG(xa).  Mit^iesem  Stamme  lässt  sicfe  aber^uch 
"KVGog  identificiren :  der  Nasal  trat  zunächst  in  das  Innere  des 
Wortes  und  fiel  dann  vor  a  aus,  wie  in(,^9*^^^t;g.5^^ 
sus  =  skt.'^'^Ä«^^«  (Joh.  Schmidt  Vocal.  I  31);  in  xvaaa- 
Qog,  welches  von'^x^og  nicht  getrennt  werden  kann,  steht 
dann  oa  für  va.  So  erklärt  sich  die  Erhaltung  des'a  zwischen 
Vocalen.  Möglich  ist  aber  auch,  dass  zvaog  aus  *yivaj6g 
(und  demgemäss  yivaoaQog  aus  -/.vaj'aQog)  zu  erklären  und 
mit  dem  litauischen  Worte  zu  identificiren  ist  (vgl.  skt.  ku- 
shyaii).  —  Eine  andere  Erklärung  von  xvaog,  die,  was  dieses 
allein  betrifft,  ganz  untadelig  ist,  gibt  Fick  Wörterb.  I  52. 

quacius.     conquinisco. 

Bei  Isidor  Or,  20,  2,  35  findet  sich  folgende  Erklärung: 
quactum  quasi  coactum  et  quasi  coagulatum.  Es  muss  sich  also 
quacius  in  der  ungefähren  Bedeutung  von  coactus  „zusammen- 
gedrängt" in  der  Literatur  gefunden  haben.  Ich  vermute,  dass 
das  Wort  das  Particip  zu  cotiquexi  conquinisco  „zusammenkau- 
ern", ocquinisco  „sich  niederbücken,  sich  ducken"  ist,  welche 
eine  Wurzel  quac  enthalten.  Dem  lateinischen  qu  gegenüber 
ist  im  Griechischen  in  erster  Reihe  7t  zu  erwarten.  Ich  ver- 
binde daher  die  lateinische  Wurzel  quac  mit  der  griechischen 
Trrox  in  eTvray.ov  z a r a /rr'jftn^ oj  „sich  niederducken",  Ttroja- 
oo)  „sich  furchtsam  hinduckeu,  sicli  fürchten,  sich  iaerum drü- 
cken" (vom  Bettler),  ytr^h^  mw^  ,,furclitsain,  schücktern", 
TCt>»qog  „BÖi|ler".  Ueber  m  aus  tc  vgl.  A.  Kuhn  KZ.  11, 
310,  Ööfftius  (jh^idz.  *  p.  489.  Im  Sanskrit  entspricht  dem 
lat.  qu  =  gr.  tt  in  der  Regel  c;  ich  ziehe  hierher  das  Particip 
cakita-  ,, furchtsam,  erschrocken"  und  das  zusammengesetzte 
kuiicaka-  „eine  Art  Bettler",  welches  nach  Analogie  von  huti- 
cara-  „eine  Art  von  Asketen,  die  von  Hütte  /u  Hütte  betteln 
gehen",  bedeuten  wird  „sich  in  Hütten  herumdrückend",  vgl. 
alloTQiovg  ol'xovg  Tirwooeiv  (Hes.  Op.  397).  Mit  cotiquinisco 
vergleicht  Eick  Wörterb.  I  535  nhd.  Äwei:e«--'ÄoC;^git.,.^,;ttf^Ujbe»' 
der  Bedeutung^iach  trefflich  stimmt,  jibör  im  Wurzelauslaut 
abweicht;  .-^gl.  niederl.  hukk&i^i'%c[vNeA.  huka,  oXin.  hpIainH 
„nie|^Ärg^)ogen ,  kjiiumm".  —  Neben  ma-/.  besteht  im  Griechi- 
schen eine  kürzere  Wurzelform  7t  xa  in  7te7tTr]iijg  „hinkauernd, 


Etymologien.  331 

sich  zusammenduckend";  k  ist  also  wol  Wurzeldeterminativ  wie 
in  TtqctGGVi  aus  *TCQd-y.-jo}  (vgl.  TTQ^aaeiv  yiiXevd^ov,  odov, 
aXcc  wie  Tteqdto  tiÖvtov,  aXa  u.  a.,  Tregalvo);  Curtius  Grundz.'^ 
274),  lat.  facto  jacio  fulcio  ulciscor  =  epi;xw  aus  *i-fQvxa}, 
oder  die  Wurzel  kak  beruht  auf  alter  Reduplication. 

ßoXßog. 

Die  labiale  Media  ist  in  den  indogermanischen  Sprachen 
ausser  in  einigen  schallnachahmenden  Wörtern  aus  anderen 
Lauten  hervorgegangen  (Grassmann  KZ.  12,  122 ;  Curtius 
Grundz. '^  p.  291).  Von  den  sechs  Beispielen,  die  Curtius  (a. 
0.)  für  gr.  /!?  =  idg.  b  anführt,  sind  drei  Schallwörter;  in  dem 
reduplicirten  ßof.ißvUg  =  lit.  humbulys  ist  nach  Ausweis  von 
altn.  hulla  ebullire,  ahd.  folla  bulla  in  aqua,  folliculus,  lat. 
follis  (Schmidt  Voc.  II  225)  die  Media  nach  dem  Nasal  aus 
der  Aspirata  erweicht  wie  in  vielen  anderen  Beispielen  bei  Cur- 
tius Grundz.  *  p.  515  ff.;  zu  derselben  Wurzel  gehört  lit.  hulh 
(Schmidt  a.  0.)  und   also  wol  auch  skt.  huli  f.  (Fick  Wörterb. 

I  151);  die  Entstehung  des  ß  in  ßqaivg  und  lat.  hrevis  lässt 
sich  nicht  erkennen,  da  sichere  Verwandte  in  anderen  Sprachen 
fehlen  Das  sechste  von  Curtius'  Beispielen  ist  ßoXßog,  das  er 
mit  la^tßulbus  und  \Qtt.J)Ufnbuls ^^KnolW*  verbindet.  Von  die- 
sen Wörtern  muss  aber  jedenfalls  das  lettische  mit  Fick  (Wör- 
terb. II  179)  ausgeschieden  werden,  da  es  ja  offenbar  mit  lit. 
humhulys  „Steckrübe,  Wasserblase"  zu  dem  oben  erwähnten 
ahd.  polla  ,, Bolle"  zu  stellen  ist.  Das  lateinische  bulhus  kann 
entlehnt  sein  wie  lit.  bulbe  buhis  ,, Kartoffel";  aber  auch,  wenn 
man  es  für  urverwandt  hält,  verhindert  es  nicht  die  folgende 
Erklärung  von  ßoXßog,  welche  das  erste  ß  aus  y  entstanden 
annimmt;  denn  übereinstimmend  zeigen  das  Griechische  und 
Lateinische  b  für  g  auch  in  ßovg  bos ,  ßoäio  bovare,  ß(x'/.VQOv 
haculmn  (Curtius  Grundz.  ^  p.  6o)  und  in  ßqaövg  ßagöiOTog 
„trag,  schwerfällig,  stumpf",  lat.  bardus  „dvaia&rjrog ,  ßgadvg, 
a(pQ(ov,  ßXä^  (Gloss.  Labb.),    dumm,    einfältig"  (Fick  Wörterb. 

II  177),  die  ich  mit  skt.  yac?a*  „empfindungslos,  stumpf,  dumm, 
einfältig",  Jadakriya  „trag,  saumselig"  verbinde,  indem  ich 
Entstehung  des  lingualen  d  aus  rd  annehme  wie  in  gadayitnu 
neben  gardayitnuy  nadaka  =  gr.  vaQ&r]^  (Fick  Wörterb.  I 
126),  khodaii  „hinken"  verglichen  mit  got.  halin  (Fick  I  p.  47) 


332  Et3'^mologien. 

u.  a.     Dagegen  ist  blaesus ,  welches  ich  Bugge  folgend  oben  S.  \ 
204  unrichtig  für  lateinisch  gehalten  habe,    griechisches  Lehn- 
wort, ebenso  balneum   —   ßaXavelov,   welches  auf  einen  Stamm 
ßaXavo-  führt  =  skt.  garana  n,  „das  Bespritzen",   galana  adj. 
„rinnend"   von   W,  gal  =  germ.  quäl  in   ahd.  quillti  „quelle". 
Ueber   den    Ursprung    der   ß   von    ßoXßog    gibt  Auskunft  altn.  i 
köifr  „Pfeil,  Klöpfel  der  Glocke,  keulenartige  Wurzel,  Wurzel- 
knolle",   wozu  ahd.  cholbo   „Ballen,    Kolben";    letzteres   führt 
weiter  zu  lat.  glohus  „Ballen",  welches  ich  für  den  wahren  Re- 
flex des  europäischen  Stammes  golbha-  (germ.  kolba-,  gr.  *yoA- 
q)0-)  im  Lateinischen  halte.  —  Verwandt  mit  globus  ist  glomusx 
„Knäuel",    woher   glomerare  „ballen,   zusammendrücken",    glo-\ 
(meraie  glomerosus    ,jgedrängt";    dieses   weist    auf  eine  Wurzel! 
glam   ■=  germ.  klatn    in   ahd.  chlemman   aus   klamjan  „zusam-l 
mendrücken"  u.  a. 

Neben  Jada  findet  sich  Jala ,  wie  neben  nada  nida  guda 
kadamba  —  nala  nila  gula  kalamba ;  gewöhnlich  verbindet  man 
mit  jada  lat.  gelu ,  ahd.  chuoli,  indem  man  Uebergang  von  1 
in  d  annimmt.  Ob  diese  Annahme  statthaft  ist,  weiss  ich 
nicht;  A.  Kuhn,  der  KZ.  13,  79  (vgl.  Möbius  a.  0.  14,  277) 
den  Uebergang  von  1  in  d  behandelt,  bringt  Beispiele  aus  dem 
Sanskrit  nicht  bei. 

F.  Fröhde. 


Uterus,  Xav'Kavia,  (pwXsog,  -\/  li,  Xaivog,  aita,  yiTtov,  (fvXayiog, 

710QV&-,  aiol ,    d'/iovio  und  dxgodoinai,    y  tvar  drehen,    y  tvar 

fassen,  f-iiraXXov,  ocpaXäGOO),  vannere,  veiog. 

Lat.  Uterus  ist  aus  gvoterus  entstanden  durch  Abfall  des 
g  vor  V  und  Contraction  der  Silbe  vo  zu  u ,  genau  wie  lat. 
uter  aus  cvoterus  =  oskisch  pul  ovo-  --.  nÖTEQog  =  goth.  hva- 
ßar  hervorgegangen  ist.  Mit  uterus  =  gvoterus  decken  sich 
nach  Laut  und  Bedeutung  goth.  qißra-  in  laus-qipra-  und 
sskr.  Jathdra  Bauch,  Mutterschooss  *). 

Xavviavia  Kehle  gehört  zum  lit.  pa-laukys  der  Kader  un- 


*)  [Die  ansprechende  und  zweifellos  richtige  Zusammenstellung  von 
jathdra  und  uterus  findet  sich  schon  —  wo  sie  leicht  übersehen  werden 
kann  —  bei  Leo  Meyer  Vgl.  Gram.  I.  38.     B.] 


Etymologien. 


333 


ter  dem  Kinn,  die  Wamme  des  Rindes.  Das  Stammverb  ver- 
mag ich  nicht  anzugeben. 

cpcoleö-g  Schlupfwinkel,  Versteck  der  Thiere  gehört  zu- 
nächst zu  (pcoleco  und  mit  diesem  sammt  cpioXäg  :  cpcolä^o)  und 
(pcolevco  zu  einem  StammAvorte  qxalo- ,  dem  ganz  genau  an.  hol 
n.  Wohnstätte  und  noch  näher  in  der  Bedeutung  bmli  n.  Auf- 
enthalts-, Zufluchtsstätte,  namentlich  von  Thieren  entspricht.  *) 
Zu  bhava  in  der  Bedeutung  wohnen. 

Eine  europäische  Wz. (//  biegen  ist  anzusetzen  wegen  Xt- 
H'qv  Hafen  (eigentlich  „Bucht"),  lei-fnwv  Wiese  (=  Niederung 
wie  lit.  lankä  Wiese),  hdtof.iai  biege  aus,  \a.t.{li-fuus  Krumm- 
stab, (gebogene)  Zinke  (vgl.  tnor-tuu-s) ,  li-mu-s  schief,  schräg, 
vielleicht  auch  liquis ,  ob-Uquus ,  die  doch  nicht  wohl  zu  lak 
biegen  (lat.  lacus,  lacicna,  laqueiis)  gehören  können.  In  Nord- 
europa stellt  sich  zu  unserem  li  lett.  lei-ja  das  Thal,  die  Nie- 
derung, lei-jsch  niedrig  gelegen. 

Dem  griech.  Xaivo-g  in  laivo-xsiQ  •  GY-XriQo-xeiQ  mager- 
händig entspricht  genau  lit.  lama-s  schlank,  vom  menschlichen 
Körper.  Zu  Grunde  liegt  eine  europ.  Wz.  li  schwinden,  ab- 
nehmen, wozu  weiter  gehören:  XT-fno-g  Hunger,  Xoi-fiö-g  Pest, 
lat.  le-tum  Tod,  lit.  lei-la-s  dünn,  Idi-ba-s  zart,  mager  vgl.  ksl. 
libivü  dass.  und  mit  s  weitergebildet  Xolo-d^o-g  der  letzte,  lit. 
lystu  lys-ii  abnehmen,  mager  werden,  l'esas  mager. 

Mit  lett.  aita  Schaf  ist  lautHch  das  ved^  £(a,  womit  ein 
reichlich  Milch  gebendes,  schnelles  Thier  bezeichnet  wird,  iden- 
tisch. Man  versteht  unter  etd  eine  Hirschart,  vielleicht  ist  das 
asiatische  Wildschaf,  Argali,  zu  verstehen,  dann  hätten  wir  in 
aitd  eine  ursprachliche  Benennung  des  Schafes  neben  avi-s. 

xtiov  Säule  ist  von  Keiio  spalte  nicht  zu  trennen.  Hat 
nun  G.  Meyer  (in  dieser  Zeitschrift  S.  82)  Recht,  x«/w  auf  sM 
zurückzuführen,  so  gewinnen  wir  für  y.tiov  eine  genaue  Paral- 
lele im  Deutschen,  falls  wir  nur  bedenken,  dass  mit  ^tiov  ur- 
sprünglich jedenfalls  nicht  die  künstlerisch  ausgeführte  Säule, 
sondern  jeder  Pfeiler,  Stender,  Pfahl  bezeichnet  worden  ist. 
Es  ist  dann  y.twv  (für  ayceiwv)  =  mhd.  schie  f.  Pfahl  zur  Um- 
zäunung, Zaunpfahl,  nhd.  Schweiz,  die  Scheie  dass. 

q)vXayiö-g  Wächter,  wovon  (pvXdoGio:  q>vXa^,  erklärt  sich, 


*)  Die  obige  Zusammenstellung  wird  jedoch  hinfällig,  wenn  die  Iden-        (A/lAi^ 
tificirung  von  böl  mit  ags.  botl  (Cleasby-Vigfusson  s.  v.  böl)  richtig  ist. 


334  Etymologien. 

wenn  man  sich  erinnert,  dass  d  vor  k  im  Griechischen  spurlos 
ausfallen  kann,  wie  z.  B.  in  yiaaeka  lakonisch  für  xa^-etJAa, 
worin  sXa  =  sola  dem  lat.  sella  für  sedla  sowie  dem  goth. 
sitla-  entspricht.  Setzen  wir  demnach  (fvXaxö-g  als  (pvö-lay.og 
an,  so  erkennt  man  in  -laywg  eine  Suffixverbindung,  wie  in 
TtaX-Xaxog,  xpvkXa^,  ähnlich  der  lateinischen 'Endung  in  petul- 
cus,    hiulcus,    huhulcus.     cpvd   entspricht  ursprünglichem  bhudh 

/wie  d^vy  in  ^vyaTrjQ  einem  ursprünglichen  dhugh.  Das  alte 
Verb  bhudh  zeigt  in  mehreren  Sprachen  die  Bedeutung  „wa- 
chen" so  im  sskr.  4üMä  erwltehen ,  huddjia  ergeht,  zend.  lud 
erwachen ,  caus.  erwecken ,  m^^undih^2ichQ ,  ludmti  weclt«c^ 
ksl.  ßüileti  wabi^n,  Buditi  S^fec^ft.  Mit  lit.  bulhii^  wäfeligam  | 
mag  cpoXvg  (für  cpvXvg  (pvd-Xvg)  näher  zusammengehören,  das 
als  eine  Eigenschaft  der  Hunde  angegeben  wird. 

■KOQvd-  in  '/.E-y.OQv&f.itvog ,  ircTto-y.OQvaz^g ,  zoQvg  Helm 
heisst  rüsten  und  steht  nach  griechischen  Lautgesetzen  für  kv- 
Qvd^  =  y.Qvd-.  Scheinbar  entspricht  genau  ags.  hreödhan  hroden 
ornare,  onerare,  woher  ahd.  hrust,  nhd.  rüsten.  Allein  nach 
dem  Vernerschen  Gesetz  entspricht  hreodha-  unverschobenem 
kreuta-  und  Vertretung  von  x  durch  d^  im  Griechischen  hat 
Bedenken.  Vielmehr  liegt  eine  gemeinsame  Basis  kru  zu  Grun- 
de, erhalten  im  lit.  kruvä  Haufe,  krdu-ii\i2i\\ien,  laden,  packen, 
fleihen,  vgl.  ags.  hreödhan  belasten,  beladen,  welches  die 
Grundbedeutung  ist.  Aus  kru  ist  xoqvd-  =  zvgvd-  =  XQV-d- 
durch  dha  thun,  gerra.  hru-ßa-  —  kru-ta-  durch  ia  weiterge- 
bildet. Die  ältere  Buchstabenstellung  kur  ist  im  ags.  hyrst 
Rüstung,  hyrsien  rüsten,  wie  im  griech.  y.oQ&vg  (für  ycvQ-d-vg) 
Haufe  (vgl.  lit.  krdu-ii  häufen,  krucä  Haufe),  xoq&vo)  erheben, 
■/.OQÖvXrj  Beule  erhalten;  die  Bedeutung  ,, häufen"  ist  auch  in 
■KOQv-öög  Haubenlerche  zu  erkennen. 

Ags.  ^^l  —  SiW.^äHkU  dirus  gehörfc«^um  arriSf^.  la/!em 
hasse,  das  a^ÖH.  HübschmannNj:ichtig  zu  latS^e  gesteHi  ist. 
Eine  europ.  Wz.  ärf  hassen  scheiitfe  damit  gesicneH,        """^t 

uY-ovo)  und  ä-KQodo(.Lai  hören  stehen  zu  einander  wie 
die  alten  Eigennamen  l4xd-örj/iiog  und  l4xQ6-örjf.iog;  beide  sind, 
dieses  mit  dyia-  scharf,  jenes  mit  d/.QO-  scharf  zusammenge- 
setzt; im  zweiten  Gliede  enthalten  beide  ovg  Gehör  vgl.  vrj- 
■Kova-xiiü.  Eine  ebenso  kühne  alte  Composition  liegt  in  oa- 
cpQt-ai^at  für  dd-cpqe  aus  od  riechen  und  (pQE,  (pqav  wahrneh- 
men (scheiden),    das  auch  in  (pQiveg,   ^t£zd-q)Q£vov ,    €v-q>Q6vr], 


Etymologien.  335 

cfga^co  u.  s.  w.  vorkommt.  Die  Vergleichung  von  ccKQnfdofiac 
mit  sskr.  cru  ist  ganz  verkehrt,  dieses  heisst  auf  europäischem 
Boden  Jdu. 

Auf  die  Basis  ivar,  tru  d r e h e n^xgehen  mehrere  Nomina 
in  der  Bedeutung  „Quirl,  Rührlöffel",  nämlich  toqvvt]  (für  rv- 
Qv-vrj)  Quirl,  lat.  irua  Rührlö|fef,  Kelle,  an.  ßcara  f.  Quiyl^ 
mhd.  twirel,  twirl  was  sich  Ä<5hnell  herumdreht,  Ball,  Rübflöf- 
fel,  Quirl.  Zu  derselbej>-^urzel  gehört  lat.  turma  u^ä  ags. 
ßrym  Haufe.  Als  st^i*Kes  Verb  ist  tvar  erhalten  im  ^^d.  dwe- 
ran,  tweran,  mhd/fwern  schnell  herumdrehen,  ruhj^mi,  mischen. 

Zu  der  gleichlautenden  Basis  tvar  fassen  im  lit.  tver-ii 
fassen,  su-tverti  formen,  schaffen,  ksl.  tvoriti  machen,  schaffen 
gehört  auf  südeuropäischem  Boden  tvq-gl-q  Thurm  =  lat.  iur- 
ris  und  oskisch  iru-iu-m  fest  (zicolom  Tag),  das  ganz  genau 
dem  lit.  ivir-ia-s  fest  entspricht 

füSTaXlov  heisst  bekanntlich  in  der  älteren  Gräcität  nicht 
„Metall",  sondern  „^uchstelle,  Platz  wo  Mineralien  gesucht  wer- 
den". Es  gehört  tM; fieTalldco  suchen,  forschen,  fragen,  das 
natürlich  nicht  mit  den  Alten  von  (.ler  äXla  abzuleiten  ist. 
Vielmehr  ist  liiev,  wie  ja  auf  der  Hand  liegt,  =  l^itar  suchen  in 
(.idzrifiL,  fiaTs^o,  (.lazevio  suchen,  vlit.  matyti,  lett.\  wa?Mmos-< 
wahrnehmen,  wa//^  empfinden,  ksl.  moiriti  spectare. 

Zu  GipaXdaGio  stechen,  ritzen  :  aqxxXa^  Stechdorn  gehört 
lit.  spilkä  Stecknadel,  Nadel  an  der  Schnalle,  spilka  raszoma 
Schreibgriffel.  Gemeinsame  Grundform  ist  spelka-,  daraus  wur- 
de lit.  spilka,  griechisch  ag)eXxo- ,  acpXaxo-,  o(faXa/.o-.  Aus 
aq)aXa/.o-  ist  arpaXdoaco  gebildet,  wie  f^iaXdaaco  aus  fiaXay.og, 
(pvXdaaio  aus  q^vXa-j^o-g;  aus  dem  allgemeinen  Stamme  von  acpa- 
Xdooco  in  aq^aXd^to  u.  s.  w.  ist  ocpdXa^  Stechdorn  erst  entnom- 
men, wie  q>vXa^  aus  q)vXdaoco,  ydQcc^  aus  xaqdaoio.  Zu  Grunde 
liegt  dem  erschlossenen  »pelka-  natürlich  spal  spalten. 

VLat.  va7inere   schvvingen,   wozu   vannus   dje  Schwinge \ist 
von   mir    früher    uniichtig^^  zu   va   wehen,    lit.  veiyti  windigerf^^ 
worfelk  gestellt;  vannere  seht  vielmehr  für  cvannerKC^iß  vapor   \ 
für  ßt'ä»or)  und  entspricht  de^i  ahd.  hwenjan  hwennah,  wennan       X 
schwingen,    wie    vannus    dem    ahd.   ivanna  =    mhd.    tf^ne   f. 
FutterschVinge.     Auf  Grund    dieser   Gleichung   darf  man  "kvan 
schwingen  \  ^ra««    Getreide-,    Futterschwinge    als    europäisch 
ansetzen. 

veiog  {dqovQu)  wird   als   Brachland  gedeutet   und  zu  vEog 


336  Etymologien. 

neu,  vedio  brache,  lat.  novä-re  brachen,  novä-Ie  Brachland  ge- 
stellt. Dem  Sinne  nach  gewiss  richtig,  aber  nicht  der  Form 
nach,  veiög  gehört  nämlich,  wie  mir  scheint,  zu  veiod^t  unten, 
veiod^ev  von  unten,  veiaiQa  Unterleib,  vEiaxog  der  unterste, 
letzte.  Alle  diese  Wörter  sind  ebenfalls  bisher  zu  vsog,  lat. 
novus  gestellt  und  an  den  Gebrauch  von  novissimus  der  letzte 
erinnert  worden.  Allein  eine  Ableitung  von  „neu"  kann  wohl 
das  Letzte  als  das  zu  jüngst  passirende  fvgl.  novissimum  agmen) 
bezeichnen,  aber  nicht  das  locale  unten,  wie  doch  veiod^i,  vel- 
aTOQj  veiaiQa  thun.  Ich  stelle  vielmehr  die  bezeichnete  grie- 
chische Wörtergruppe  mit  ?ii  unten  im  hochdeutschen  hie-nie- 
den  ,  nieder,  ksl.  ni-zü  unten ,  sskr.  ni ,  ni-tardm  zusammen, 
übersetze  vuog  {aQovqa)  als  Tiefland  und  halte  es  für  genau 
identisch  mit  ksl.  niva  f.  Acker,  wovon  nivari  agricola  und 
anderes  stammt.  Zu  Grunde  liegt  eine  europäische  Bildung 
nei-va,  vgl,  lat.  pri-vu-s. 

A.  Fick. 


dVrjx^S,  skr.  yahvd. 

Die  Erklärung  des  homerischen  dCrjx^s  als  d-dirjxVSf  wel- 
che unlängst  Clemm  in  Curtius  Studien  VIII.  48  wieder  vorge- 
bracht hat,  verdient  keinen  Beifall,  denn  dirjxeco,  dirjx^g — die 
übrigens  bei  Homer  wol  diafrjxsco,  diafrjxVS  lauten  würden  — • 
sind  spät,  und  begrifflich  wenig  geeignet,  dtrjx^S  ,, unablässig,  un- 
aufhörlich" zu  erklären,  -tr^x^g-  gehört  meines  Erachtens  zu 
skr.  yahtä  „schnell  dahin  schiessend,  eilend,  rastlos,  fortwäh- 
rend tätig"  (Grassmann),  „etwa  „in  fortwährender  Bewegung 
oder  Tätigkeit  befindlich,  rastlos;  continuus,  beständig""  (PW.)^). 
Mit  dieser  Etymologie  ist  die  Ansicht  Grassmanns  (Wbch.  C. 
1001),  nach  der  das  in  yahvd,  yahü ,  yaJwdnl  enthaltene  Ver- 
bum  yah  zu  ahd.  Jagön  gehört,  sowie  die  Ficks  (Vgl.  Wbch.  ^ 
I.  402 ' ,  der  die  angeführten  Sanskritwörter  zu  lit.  jegti  stark 
sein  (vgl.  lett.  jegt  verstehen)  stellt,  sehr  wol  zu  vereinigen.  — 
Ob  das  den  ersten  Bestandteil  von  dCrjxrjg  bildende  a  privativ, 
copulativ,  intensiv  oder  euphonisch  ist,  möge  Clemm  entschei- 
den; ich  selbst  beschränke  mich  darauf,  hinsichtlich  des  Alpha 


^)  Anders  wird  yahvd  von  Benfey  Oi-.  u.  Occ.  I.  426  übersetzt  („kräf- 
tig, mächtig,  Herr");  A.  Ludwig  übersetzt  „jugendlich". 


Etymologien.  337 

copulativum  zu  bemerken,  dass  die  Behauptung,  die  Präposi- 
tion sa  finde  sich  nur  in  griechischen  und  arischen  Zusammen- 
setzungen (J.  Schmidt  Verwantschaftsverhältnisse  S.  21)  sehr 
anfechtbar  ist.  Denn  es  hindert  nichts,  das  copulative  a  (bez. 
o)  auf  altes  *0£v  zurückzuführen  ^)  (über  a  =  en  vgl.  u.  a. 
Fröhde  o.  S.  192,  Brugman  Stud.  IV.  72,  IX.  299),  das  dem 
altpreuss.  se?i,  altlit,  sen- ,  (acc.  sg.  f^zine^,  ahd.  as.  ags.  afr. 
sin-  {sin-Mun,  sin-hiwun,  sin-hivan,  sin-higen ,  vgl.  auch  ahd. 
sinwerhal,  sinwelbi  u.  a.)  ^)  an.  si-  (z.  B.  si-valr),  sin-  (z.  B. 
Sinfj'ötli)  genau  entspricht.  Neben  dem  so  sich  ergebenden  eu- 
ropäischen sen-  ist  wegen  ksl.  lit.  s<^- y  su-  die  Form  san-  an- 
zusetzen; ebenso  ist  das  privative  Präfix  in  der  europäischen 
Grundsprache  als  en-  (a-,  lat.  in--,  umbr.a-,  altpreuss.  en-K.Beitr. 
8.  365)  und  an-  (gr.  av-,  ir.  osk.  umbr.  an-,  got.  un-)  anzusetzen. 
Ich  bemerke  diess  trotz  J.  Schmidt's  Bemerk.  KZs.  23.  341  Anm., 
die  mich  nicht  überzeugt  hat,  und  gegen  seine  Ausführungen 
das.  S.  271,  gegen  die  ich  zugleich  auf  die  vedischen  Wörter 
anänukrtyd,  anänudd,  dndnudishia,  dnänubhüti  ^  die  nach  Ben- 
fey  für  ana-anukrtyd  u.  s.  w.  stehen,  verweise. 

Lit.  aibrumas ,  gr.  «l/9w. 

Lit.  aibrufims  (aibrumas°%uj:noj'  „dätSiJ^ssern  im  Munde") 
ist  von  einem  Aojectivum  ^aibras  oder  "^aibrus  ,^ässerig,  feucht" 
gebildet  (vgl.  gerümas  :  geras ,  saldiimas  :  saldüs),  das  zu  gr. 
el'ßm^gokört  und  sich  lautlich  eng  an  das  mit  diesem  zusam- 
mengestellte iBX.jiiber  (Fick  Vgl.  Wbch.  ^  II.  33)  anschliesst. 

Gr.  daTtig,  lit.  skydas. 

Benfey  hat  in  seinem  griech.  Wurzellexikon  I.  612  dajtid- 
mit  Recht  zu  y  sku  bedecken  (Fick  a.  a.  0.  IL  271)  gestellt; 
es  ist  aus  d-OY.J^id-  entstanden,  vgl.  ci[xid-  von  y  am.  Neben 
doTtid-  erscheinen  die  Stämme  dayrido-  {do7ndo-(piQf.io)v)  und 
aariLÖä-  {doTCLÖrj-OTQoqjog) ,  welche  sich  beide  im  Litauischen  in 
skydoz^s  und"^"»^«/«-",, Schild' 'wiederfinden;   das  y  dieser  litaui- 

*)  Scheinbar  sprechen  lat.  osk.  sa-  (Fick  Vgl.  Wbch.  ^  II.  250)  dage- 
gen, aber  auch  sie  können  auf  sen-  zurückgeführt  werden;  vgl.  'ujiis  ne- 
ben ^fjinCi  ahd.  imbi  (Fick  a.  a.  0.  S.  19,  Schmidt  Vocal.  I.  110). 

'^)  Ahd.  sina-  in  sinaunerpalo ,    smaunerpili  (Graff  IV.  1238)  ist  zu  be- 
urteilen ,  wie  una-  in  unuholda  (J.  Schmidt  KZs.  23.  274). 
Beiträge  z.  Kunde  d,  ig.  Sprachen.  I.  23 


338  Etymologien. 

sehen  Wörter  ist  Contraction  von  ui,  die  auch  in  den  Locati- 
ven  musyje,  Jusyß  (zunächst  aus  mtisuije,  jusuije)  und  in  dem 
Worte  slyras  Steuerruder  (aus  stuiras ,  vgl.  ßtiire  Jakob.  3.  4 
in  der  Bretkenschen  Bibel)  stattgefunden  hat. 

V  Got.  aühjön,  gr.  oyacco/iiai. 

Goi^mj^n  poQvß'^t^ai  ^ühj7jduss^oi^%sßo  auf 

vorgotischem'"oA;V?-,  das  sich  eng  an  gr.  ('iy/.ccoJi^,  lat.  uncare, 
ksl.  j(icati  (aus  j-e^kHi)  (Fick  a.  a.  0.  S.  45)  anschhesst;  nicht 
nasalirt  ist  die  diesen  Wörtern  zu  Grunde  liegende  Wurzel  in 
oAvog  Rohrdommel  und  in  dem  wol  auch  hierher  gehörigen 
oWa,  das  germanischem  ohjd-  genau  entspricht.  Die  Zusam- 
menstellung von  ooGa  mit  oaoo/iiaL  (Fick  a.  a.  0.  43)  ist  wenig 
ansprechend,  denn  oaoa  bedeutet  eigenthch  nicht  „Ahnung", 
sondern  vielmehr  ,, Stimme"  (auch  „Lärm");  gegen  die  Verglei- 
chung  von  oaaa  mit  skr.  vähja-  (Curtius  Grdz.  ^  420)  spricht 
der  Mangel  des  Digammas  in  oaaa. 

Gr.  /jyv-  in  f^voip,  zend.  qeng. 

Bei  den  bisherigen  Versuchen,  das  homerische  ffjvoifj  zu 
deuten,  ist  übersehen  worden,  dass  f-)]v-  eine  ganz  genaue  Ent- 
sprechung in  zend.  qenff  „Sonne"  findet;  qeng,  nur  in  den  Ga- 
thäs  vorkommend,  steht  lautgesetzlich  für  svans,  aus  dem  /j^v- 
entstand,  wie  z.  B.  xv^-  ^us  (x^^S-)  ghans-.  Das  indogerma- 
nische svans  wird  etwa  „Glanz,  Helle"  bedeutet  haben,  die  ei- 
gentliche Bedeutung  von  ffjvoip  ist  also  ,,mit  Glanz  blickend", 
„hell  blickend". 

Lit.  jeiis,  skr.  athari. 

Lit.  jeiis  Spitze  eines  Spiesses,  Spiess,  Speer  (jetinis  mit 
einer  Spitze  ^qv^qIxqw,  jetininkas  Lanzenträger)  kann  aus  *etis 
entstanden  sein  und  ist  dann  mit  ved.  athari  (oder  athart),  das 
nach  Böhtlingk-Roth  „Lanzenspitze"  bedeutet,  verwant.  Zu 
dem  letzteren  geboren  atharya  und  aiharyü  „Lanzenspitzen  zei- 
gend", „Spitzen  schiessend"  und  atharvi  ,,von  einer  Lanze  durch- 
bohrt" 1).     Atharya  und  aiharyü  sind  Epitheta  Agnis  und  des- 


*  A.  Ludwig  übersetzt  athurl  mit  ,, Lanze",  athuryn  mit  „spitzenreich'', 
aüuirvx  vs\\\j  „lianzenkämpferin";  nach  Grassmann  bedeutet  a^Aar«' „Flam- 
me", aiharyü  ,, flammend",  atharvi'  „Priesterin". 


Etymologien.  339 

halb  ist  es  gewiss  nicht  zu  kühn,  auch  zend.  dtar  (wovon  äthra- 
van,  atharvan,  über  die  zuletzt  Spiegel  KZs.  23.  191  f.  gehan- 
delt hat)  als  Verwanten  von  lit.  jetis  zu  betrachten.  —  Ueber 
ad^)]Q,  mit  dem  im  PW.  aihari  zusammengestellt  ist,  s.  Fick 
a.  a.  0.  IL  514;  vielleicht  gehört  zu  ihm  ved.  scddhiti  (=  su- 
adhiti)  Axt,  Beil,  Messer. 

Gr.  'AoßaXog,  nhd.   Gimpel. 

Von  xoßäkog  Possenreisser,  Schmarotzer  (vgl.  xoftßaxsvETai  • 
liOfiTiovg  ksyei,  ytoßeigog'  'ye?^otaozrjg,  GMOTtTrjg,  loidoQiazrig  Hes.) 
glaube  ich  TtejiiTtog  (•  xovcpog,  sXacpgog  avd^hoTtog  Res.) ,  das  mit 
M.  Schmidt  für  makedonisch  erklärt  und  auf  -/.sf^tcpog  zu- 
rückgeführt werden  darf,  nebst  y.tf.i(päg  •  elacpog  (Hes.)  und 
y,£7tcpog  1)  Namen  eines  Seevogels  und  Bezeichnung  eines  gim- 
pelhaften Menschen  nicht  trennen  zn  dürfen.  Sie  zeigen ,  dass 
ß  in  y.6ßälog  —  offenbar  aus  y.oßaXog  —  Vertreter  einer  älte- 
ren Aspirata  ist;  weiter  dürfen  xo/?«Aog  auf  yöcpalog  und  xf^u- 
nog,  -KSf-Kpag,  'ASTtcpog  auf  v€fiq)6g,  yei-icpäg,  xäiX(pog  zupückge-^ 
führt  und  dann  mit  an.^ütÄö  mocking,  mockery,  gabbft  to  mojjfe; 
make  game  of  one,  mhd.  ^a;?i]sN^7~Fe»j^»^derjenige,  mit  dem 
man  seinen  Spott  treibt,  hd.  ^^flte*^^  scherzen ,  hüpfeii,  sprin- 
gen (Fick  a.  a.  0.  Ill.^iOl)  verglichen  werden.  Mit  ■KÖßaXog  . 
deckt  sich  unser  Gngfpel  fast  Laut  für  Laut.  —  Das  Verhältnis 
der  besprochenen  griechischen  Wörter  zu  ytovifog  (Schmidt  Vo- 
cah  L  115,  181)  kann  hier  nicht  untersucht  werden;  jedenfalls 
leugne  ich  ihre  Verwantschaft  mit  capald. 

Gr.  AiyV*?)  lit,  elmes,  ndd.  olm. 

Eben  so  wenig  wie  atylri  (o.  S.  163)  hat  Irn-itj  „aus  den 
Augen  fliessende  und  in  den  Augenwinkeln  gerinnende  Feuch- 
tigkeit" (Xrif-iiq  •  levKov  vyQOV  sv  6(pd^aXf.iolg  avviaTa/itsvov ,  (xv.cc- 
^agaia;  X^/nai  •  al  tcsqI  rovg  xard^oig  xcov  ocfd^aXf-iüv  TtErcrj- 
yvlai  ovGxäoEig.  exQiovaaL  iiov  ocpd^aX^aov  d'/.ai}aQOiai  Hesych. ; 
vgl.  Xrj/iiäiü  triefäugig  sein,  Xr]f.iaX^og  triefäugig)  anlautendes  / 
eingebüsst,  wie  G.  Curtius  Grundz.^  504  und  Bugge  KZs.  19. 
432  annehmen.  Vielmehr  ist  Xi^fuj  nach  dem  von  J.  Schmidt,  zu- 
letzt KZs.  23. 267  aufgestellten  Schema  auf  ^sXs^irj,  *eX^ir]  zurück- 

*)  Ein  namenartiges  Wort,    daher   die  VerdoppUing  des  inlautenden 
Consonanten  (Fick  Die  griech.  Personennamen  p.  LIX). 

23* 


340  Etymologien. 

zuführen;  diese  letztere  Form  schliesst  sich  unmittelbar  an  lit. 
elmes  „die  aus  dem  toten  Körper,  besonders  aus  dem  Munde 
fliessende  Feuchtigkeit".  Neben  elmes  und  mit  ihm  bedeutungs- 
gleich liegt  im  Lit.  almetis,  das,  wie  ich  beiläufig  bemerke,  sehr 
wol  aus  "^elmens  entstanden  sein  kann ,  und  ^  zwar,  wenn  nicht 
in  anderer  Weise,  so  doch  in  der,  dass  *elmens  zunächst  zu 
*ohnens  wurde,  aus  dem  regelrecht  almens  entstehen  musste.  — 
Als  weitere  Verwante  von  l^f^irj  sind  zu  nennen:  das  in  Sanct- 
gallener  Glossen  des  IX.  Jh.  überlieferte  ahd.  olmohi  cariosus 
(Graff  I.  249),  ferner  mhd.  ulmec  faul,  verfault  („mundartlich 
ulm,  olm  verfaultes  Baummark"  Müller-Zarncke  III.  178)  und 
mndd.  olmich,  w/mecÄ  verrottet,  nndd.  o/w,  tilm  Fäulnis  in  den 
Bäumen.  —  Vielleicht  gehören  zu  den  besprochenen  Wörtern 
auch  skr.  drma  „eine  besondere  Augenkrankheit"  und  arman 
„Name  verschiedener  Krankheiten  des  W^eissen  im  Auge",  je- 
doch wage  ich  diess  nur  vermutungsweise  zu  äussern. 

GrJ  Xvyv]^  as.  wolkan. 


Wie  At'xog  aus  "^folv-OQ  entstanden  ist,  so  können  Xvyri 
Schatten,  Dunkel,  Finsternis  (vgl.  Xvyalog  dunkel,  finster)  und 
TjXvyr]  Dunkelheit,  Schatten  (aus  i^-flvyt];  vgl.  i^Xvyaiog,  i^lv- 
yciCoi,  ^Xvyi^it},  rjXvyLOLiög,  rjXv^,  S7trjXvyaC(o,  i7rrjXvyiCo(.iai,  fjtrj- 
Xvyia/.i6g,  etctjXv^)  nebst  Xiyvvg  Rauch,  Qualm  (nach  Fick  für 
Xvyvvg;  vgl.  Xiyvvosig,  Xcyvvioör^g)  aus  einer  Basis  foXy  hervor- 
gegangen sein,  deren  Uebereinstimmung  mit  as.  wolkan  (ags. 
volcen ,  afr.  wölken ,  til/cen ,  ahd.  ivolchan)  Wolke  klar  ist.  Die 
weitere  Verwantschaft  dieser  Wörter  s.  bei  Fick  a.  a.  0.  I.  778, 
jchmidt  Vocal.  II.  S.  20.  Was  das  begriffliche  Verhältnis  von 
ivyr]  zu  z.  B.  \ett,pe'lffs  Feuchtigkeit  betrifft,  so  findet  es 
ilogon  in  dem  Verhältnis  von  skr.  ndbhas  Nebel,  Dunst, 
Gewölk  zu  dmbhas  Wasser. 

Slav.  m(\zdra,  lat.  membrum,  gr.  (^irjQog. 

Dem  slav.  mp^zdra  (neusl.  mezdra  zarte  Haut  auf  frischer 
Wunde,  cech.  mazdra^  vgl.  poln.  miezdrzyc  das  Fleisch  von  der 
inneren  Seite  der  Felle  abschaben)  entspricht  lautlich  lat.  mem- 
hrum  (Fick  a.  a.  0.  I.  722).  Die  Grundbedeutung  dieser  Wör- 
ter muss  „fleischig"  gewesen  sein,  ihre  Grundform  \iii  memsra-; 
an    sie    schliesst    sich    unmittelbar    gr.   i-iriQÖg    (aus   ^/nef^iOQog, 


Etymologien.  341 

*f.irjaQ6g)  „der  obere  fleischige  Teil  des  Schenkels",  „Schenkel" 
an.  Zu  beachten  ist,  dass  in  der  Hesychischen  Glosse  /nr]Q6g  * 
lOTtog  dfiTtekov,  y.ctl  ^vXov,  xal  ro  r^g  y.(xXa(.ir^g  xtHXov, 
y.al  OQog  —  f-ifjQog  die  Bedeutung  „Glied"  zeigt. 

Nhd.  nüster,  lit.  nasrai. 

Aus  nhd.  nüster,  mndd.  nuster,  noster,  nusteren,  afries.  nos- 
teren,  nostern  ergibt  sich  ein  „westgermanisches"  Wort,  dessen 
thematische  Form  etwa  als  nosierän-  anzusetzen  sein  wird;  re- 
ducieren  wir  sie  srni  nosträn-  und  betrachten  wir  das  zwischen  s 
und  r  stehende  i  als  Einschub,  so  schliesst  sich  nosrän-  eng 
an  lit.  nasrai  Maul,  Rachen,  für  welches  in  der  Mundart  von 
Kovno  nastrai  vorkommen  soll  (Geitler  Lit.  Stud.  S.  97)  und 
ksl.  nozdrY  nares  an.  Auch  lat.  naris  kann  hierher  gehören 
und  aus  *nasris  entstanden  sein. 

Ndd.  schuft,  skr.  zeud.  gupti,  lat.  scapula. 

Die  ndd.  Wörter  schucht  f.  „Schulterblatt",  schufft  „der 
obere  Teil  des  Vorderbeins  des  Pferdes  und  des  Rindviehs" 
(osnabr.),  schufft  „obere  Vorderbein  des  Pferdes"  (götting.), 
schuft  f.  „Brust  der  Pferde  und  des  Rindviehs"  (Brem.-nieders. 
Wbch.  IV.  725;  vgl.  Jellinghaus  in  seinen  in  einem  der  näch- 
sten Hefte  dieser  Zeitschrift  erscheinenden  Mitteilungen  aus  ei- 
nem ungedruckten  Wörterbuch  der  Osnabrücker  Mundart)  wei- 
sen auf  germ.  skufti-,  das  sich  nach  Lauten  und  Bedeutung 
eng  an  zend.  gupti  (pehl.  soft ,  npersisch  vi>Äs«) ,  ved.  güpti 
„Schulter"  anschliesst  und  mit  ihnen  zu  lat.  scapulae  „Schul- 
terblatt" gehört.  Arisch  gupti  gegenüber  germ,  skufti-  würde 
am  besten  durch  die  Annahme  einer  ig,  Grundform  shiipti  seine 
Erklärung  finden;  jedoch  sprechen  gegen  dieselbe  einstweilen 
noch  zu  verschiedene  Bedenken,  als  dass  man  sie  mit  Sicher- 
heit behaupten  könnte. 

Lat.  urhs,    ksl.  gradü. 

Weder  die  Zusammenstellung  von  urhs  mit  orhis  (L.  Meyer 
KZs.  5.  387),  noch  die  Vergleichung  desselben  mit  skr.  ardha 
(Lottner  das.  7.  27)  oder  apers.  vardana  (Ascoli  das.  16.  120) 
befriedigen  sonderlich:  gegen  alle  drei  Etymologien  sprechen 
beachtenswerte   Gründe,    über    die   man   Ascoli  a.  a.  0,    und 


342  Etymologien. 

G.  Curtius  Grundzüge  ^  81  Anra.  vergleichen  wolle.  Es  spricht 
aber  nichts  von  Belang  dagegen,  urhs  auf  älteres  Jword-s  zurück- 
zuführen und  zu  ksl  gradu  murus,  hortus,  stabulum,  civitas  (die 
Verwanten  desselben  s.  bei  Schmidt  Vocal.  IL  128)  zu  stellen. 
Das  ksl.  g  von  gradü  weist  auf  altes  gh  (im  Gegensatz  zu  gh^), 
das,  wie  lat.  nimi,  nivosus  neben  lit.  snigti' zeigen ,  im  Latei- 
nischen zu  hv,  V  werden  konnte. 

Lat.  urna  aus  '"^coorna. 

Zu  den  von  Fick  a.  a.  0.  I.  523  unter  karu,  karaka, 
harna  „Schüssel,  Topf"  zusammengestellten  Wörtern  gehört 
auch  lat.  urna,  das  aus  *cviorna  entstand,  wie  uter  aus  *cvoie- 
rus  (o.  S.  332).  Wie  urna  ist  auch  urceus  zu  erklären ,  das 
sich  zunächst  an  skr.  /c'^-a^a"  Wasserkrug  anschliesst. 

\  Ahd.  antrisc,  skr.  tw^ö*— »>^       ^^A-x4  Ij,  \ 

Ahd.  emiso  ,  andisc  und  antrisc,  entrisc  antiquus,  vetustuS) 
/Graff  I.  385,'v387)  gehören  mit  mhd.  enirisch  alt,  oberd.  enle- ' 
rAsch ,  enzerisc%  ungeheuer,  seltsam  wahrscheinlich  zu  ags.  Äij/, 
Riese  (Grimm  MVth.MGl,  Holtzmann  Mytb.  172,  Leo  Ags.  Glos.f 
472,  Simrock  M^h.3  426).  £'n/^5^^^eruht  auf  dem  Stamm  ania-X 
=  ags.  enta-,  undkdemgemäss  ist  ainrisc  auf  ßinen  Stemm  antra-j 
,3iese"  zurückzufüofen,  der  genau  mit  zend.  a^^i^(imisi^  pehl.f 
a5J^?w....(Justi  Handb.XS.  55)  und''Sfe;^l)?8li;rt  übereinstimmt.  Di^ 
Wurzel  dieser  Wörter\ist  wol  *and    -■=   skr.  nad  „brüllen".        i 

Gr.  vod-og,  vvd-og,    skr.  andhd. 

Von  vo^g  uneheli^jh  ist  vu^-oj,'-, heimlich  {vvdffH^  acptovov. 
oyioT€iv6v,  rf^tDcJfig  •  aza^vcodeg  Hes7)\nicht  zu  trennto;  die 
Bedeutungsdifferehs  erklärt  >4p^  leicht,  l^nn  man  vo^^^als 
Kürzung  des  Compositums  vo1k)ytvvi]Tog  amf^sst  und  dieses 
mit  „heimlich  erzeugt"  übersetzt.  Mit  vod^og,  vvd-og  stimmen 
skr.  andhd  blind  und  lit.  j'ü'das  schwarz  (Fick  a.  a.  0.  I.  488) 
lautlich  und  begrifflich  überein.  Vielleicht  gehör|i  zu  ihnen 
auch  lat.  umbra  (aus  *o?id-rä);  dann  fänden  die  ü?n-bri  lautlich 
ein  Gegenstück  in  den  indischen  andhräs. 

Adalbert  Bezzenberger. 


Schreiben  des  Hrn.  Prof.  A.  Weber.  343 

Schreiben  des  Herrn  Prof.  Albrecht  Weber  an  die  Redaction. 

Sie  gestatten  mir  wohl  eine  kurze  Antwort  auf  den  Angriff 
Pischel's  im  zweiten  Hefte  Ihrer  Zeitschrift  p.  114  fg. 

Derselbe  geht  davon  aus,  dass  ich,  „auf  gänzlich  unge- 
nügendes Material  gestützt,  es  unternommen  habe,  den  Dativ 
im  weitesten  Umfange  in  das  Dramenpräkrit  der  Prosa, 
die  ^auraseni,  einzuführen". 

Dies  ist  unrichtig.  Ich  habe  nur  die  ,,in  den  älteren  Dra- 
men" noch  vorliegenden  „vestigia  des  Dativs  als  wirklich  be- 
rechtigte alte  Reste"  gegen  ihre  willkürliche  Beseitigung  durch 
die  bisherigen  Herausgeber  vertheidigt,  mögen  dieselben  nun  in 
der  (^auraseni,  deren  Bezeichnung  durch  Pischel  als  ,,  Dramen- 
präkrit der  Prosa"  (richtiger  hiesse  es  zum  Wenigsten  wohl: 
Prosa-Prakrit  der  Dramen!)  ich  in  dieser  Allgemeinheit  über- 
haupt nicht  als  berechtigt  anerkennen  kann,  oder  in  einem 
andern  Prakritdialekt  vorliegen. 

Und  in  der  That  sieht  sich  ja  nun  auch  Pischel,  der  frü- 
her den  Dativ  im  Prakrit  gänzlich  perhorrescirte ,  jetzt  doch 
genöthigt,  zwar  nicht  auf  Grund  meines  Materials ,  das  er  eben 
seinerseits  nicht  gelten  lassen  will,  sondern  als  „gänzlich  un- 
genügend" bezeichnet,  wohl  aber  auf  Grund  einer  Regel  des 
Hemacandra,  dem  Dativ  faktisch  eine  Stelle  im  Prakrit 
einzuräumen,  freilich  „nur  für  die  Mäharäshtri,  d.  h.  das 
in  Versen  gebrauchte  Prakrit,  das  in  den  Dramen  sich  nur  in 
den  Gäthas  findet",  so  wie  nur  in  der  von  Hem.  angegebenen 
Bedeutung  als  ,,finalis,  resp.  terminativus ,  wohin  -  casus",  in 
welcher  Verwendung  er  überhaupt  die  ursprüngliche  und  Grund- 
Bedeutung  des  Dativs  anerkennt. 

Dem  gegenüber  kann  ich  nun  meinerseits  ihm  weder  in 
dieser  letzteren  Anschauung  beistimmen,  halte  vielmehr  an  der 
alten,  auch  durch  das  Zusammentreffen  der  Namen  Dativ  und 
sampradane  gewissermassen  gewährleisteten  Erklärung  fest,  dass 
der  Dativ  einfach  der  Casus  des  ferneren  Objekts  ist,  noch 
kann  ich  zugeben ,  dass  der  Dativ  im  Prakrit  auf  die  angegebene 
Verwendung,  oder  gar  dass  er  nur  auf  die  Verse  beschränkt 
sei.  Faktisch  liegt  er  ja  im  Drama  bis  jetzt,  so  weit  ich  sehe, 
in  Versen  nur  ein  einziges  Mal ,  dagegen  mehrfach  in  der  Prosa, 
und  keineswegs  blos  als  terminativus  vor  (cf.  die  solenne 
Grussformel  sotthi  bhode;    was  will  denn  Pischel  an  die  Stelle 


344  Schreiben  des  Hrn.  Prof.  A.  Weber. 

dieses  bhode  setzen?).  Vor  Allem  aber,  —  die  ganze  Be- 
schränkung der  Mähärashtri  auf  die  Verse  ist  überhaupt 
ebenso  irrig,  wie  die  angebliche  Beschränkung  der  Gültigkeit 
jener  Regel  des  Hem.  auf  die  Mähärashtri  allein.  Denn  es  liegt 
1)  annoch  kein  irgend  welcher  Beweis  dafür  vor,  dass  die 
Regeln  der  Prakrit-Grammatiker,  speciell  die  des  Hemacandra, 
über  die  Mähärashtri  sich  nur  auf  metrische  Texte  beziehen, 
und  2)  alle  Regeln,  die  sie  für  die  Mähärashtri  geben,  gelten 
ganz  ebenso  auch  für  die  Qauraseni  und  für  die  anderen 
von  ihnen  behandelten  dgl.  Dialekte,  falls  nicht  in  den  diese 
speciell  betreffenden  Abschnitten  ausdrücklich  eine  andere 
Bestimmung  getroffen  wird.  Und  dgl.  ist  hier  nicht  geschehen. 
In  den  drei  Fällen,  in  Bezug  auf  welche  Pischel  in  der 
Note  auf  p.  114  gegen  mich  zu  Felde  zieht,  ist  er  dagegen  im 
Recht.  Jedoch  bemerke  ich  in  Bezug  auf  den  ersten  Fall, 
(Hem.  3,  96),  dass  sich  meine  Angabe  auf  den  Text  bezieht; 
in  diesem  wird  tatto  in  der  That  nicht  erwähnt,  wohl  aber  in 
dem  ja  freilich  angeblich  auch  von  Hem.  selbst  verfassten  Com- 
mentar,  und  zwar  eben  in  der  von  Pischel  angegebenen  Weise. 
Dass  ich  dies  übersehen  habe,  beruht  darauf,  dass  ich  mir  im 
Nov.  1873  von  dem  so  eben  für  die  Königl.  Bibliothek  ange- 
langten Exemplar  der  Bombayer  Ausgabe  des  Hem.  eine  Ab- 
schrift machte,  wobei  ich  nur  den  Text  vollständig,  den  Com- 
mentar  dagegen  nur  im  Auszug  copirte.  Jetzt  liegt  uns  ja 
auch  Letzterer  in  Pischel's  Ausgabe  bequem  vor. 

Zum  Schluss  bemerke  ich  noch,  dass  Pischel's  Auffassung 
der  Worte  Kaiyata's  auf  p.  112  einer  Berichtigung  bedarf.  Es 
ist  zu  übersetzen:  „wenn  ein  betretener  Weg  begangen  wird, 
dann  gilt  der  pratishedha  :  anadhvani  (d.  i.  dann  braucht  man 
den  Accusativ  :  panthänam  gachati,  er  geht  den  Weg);  wenn 
man  aber  mittelst  eines  Abweges  den  richtigen  Weg  zu  betre- 
ten sucht,  dann  ist  nur  der  Dativ  am  Platze  (pathe  gachati, 
er  geht  nach  dem  Wege)".  , 

Endlich  benutze  ich  diese  Gelegenheit  noch ,  um  aus  einem 
Briefe  von  Georg  Bühl  er,   vom  7.  Dec.  v.  J.,   die  interessante 
Mittheilung  zu  machen,  dass  er  in  Kashmir  ein  etwa  200  Jahr! 
/  alt.es  bhurja-Mscpt.  der  ^akuntalä  erworben  hat,  welches  „einej 
i^anz  neue  Recension  giebt,    die  bald   mit  der  sogenannten  De-| 
vanägari,  bald  mit  der  bengalischen  stimmt".     Bühler  hat  „ei-l 
-Tfeii '  A  et  zum  Drucke  präparirt.     Die  Stellen  bei  Mammata ,  der! 
ein  Kashmirer  war,    sind  wie  es  scheint  dieser  Recension  ent-l 
lehnt".     Vgl.  hiezu  das  Ind.  Stud.  14,  179  von  mir  Bemerkte.  ; 

Berlin  7.  März  1877.  A.   Weber. 


Register. 


I.    Sachregister. 


Ablaut  im  griech. :  verbales  e  wird 
im  Nomen  o  9  ff .  317  f.;  tj  wird 
0)  17.  318  f.;  ft  wird  oi  15;  fv 
wird  Ol;  16.  —  Fehlen  der  Um- 
färbung  14    16. 

Adj  ectiva:  homer.  auf  fy- 20;  lat. 
auf  aster  185,  auf  estris  182  f. 

Adverbia:  griech.  auf  (t,  T,  i  86. 

Analogiebildungen:  im  griech. 
227.  245;  im  lat.  175.  184  f.;  in 
der  neiigriech.  Deklination  227  ff. 
Aspiraten:  urspr.  anl.  u.  ausl. 
Asp.  wird  im  griech.  zu  Ten.-Asp. 
od.  Asp-Ten.  65  f.  172  f.;  auch 
zu  Ten.-Med.  61.69.296.339,  od. 
Asp.-Med.  334.  —  Folge  zweier 
anl.  Asp.  im  griech.  nicht  durch- 
gehends  gemieden  65  f.  —  Die 
griech.  Aspiraten  wirklich  aspi- 
rierte Explosivlaute  282. 

Aspiration:  unechte  im  gi'iech. 59. 

Assimilation:  skr.  ny  =  yy  48  f., 
zj  =  jj  68 ;  griech.  JA  =  Xk  296, 
Xv  =  XX  58;  lat.  In  =  11  62,  dm 
=  mm  63,  sn  =  nn  329;  germ. 
In  =  11  58. 

Betonung:  Aenderung  derselben 
in  griech.  Lehnworten  286. 

Buchstabennamen:  die  griech. 
nicht  aramäisch  283  •)  f.  ;  das 
schliessende  «  griech.  Zusatz  284. 

Deklination:  Analogiebildungen 
der  neugriech.  Dekl.  227  ff. 

Deminutiva:  griech.  u.  deutsche 
auf  Verben  zurückgehend  326. 

Diphthonge:  ev  aus  fi  61,  ou 
(wr)  aus  au  226;  lit.  au  aus  al 
165. 

Dissimilation. 

vocalische:  o-v  aus  v-v  63  f. 
334  f. ;  t-v  aus  v-v  340. 

consonantische  :    gerra.    I-r 
aus  r-r  174  ^). 

Eigennamen:  auf  iv-  (rjf-)  36 ff.; 
auf  (t(t  40;  aui  ft«?,  f«f,  tag,  log, 
IS  89  ff. 

Genus:  Wechsel  desselben  im  alt- 
lit.  44. 

Kasus: 

Gen.-Dat.(-Loc)  du.  67  f. 
Dativ:  Grundbedeutung  dessel- 
ben   die  locale  des  „wohin"  119; 
der  Dat.  der  Kasus   des   ferneren 
Objects  343.  —  Dat.  terminativus 


im  Skr.  112 f.,  im  Präkrit  113  fl. 
343 f.;  Dat.finalis  im  Fall  119  f.  - 
Dat.  sing.  cons.  Stämme  im  griech. 
86  ff  ^ 

Komposita  :    Kürzung    derselben 

166' f. 
Konsonanten: 

b  meist  aus  anderen  Lauten  her- 
vorgegangen 331 ;  /?  aus  //■  61,  = 
skr.  j  250;  lat.  b=/S  aus  g  331; 
messap.  ß  =  griech.  (f  165,  aus 
g  165;  griech.  ß  =  2  282. 

d  skr.  aus  rd  331;  lat.  d  f.  dd 
210;  J  =  T  282. 

g  slavolett.  =  ß  od.  J  =  lat. 
gv  328;  y  aus  ;f  61;  y  =  ;|  282, 
=  p  297. 

gh  armen,  aus  r  172- 

k  europ.  =  q  166 ;  x  neben  r 
aus  xf  59 ;  X  ==  p  J  3  282  ff,  = 
n  284.  » 

/  =  n  282.  284,  =  3  282  f.,  =- 
p  297. 

'  1  skr.  neben  d  332  ;  X  mit  v 
wechfiplnd  172;  lat.  1  aus  d  63; 
X  =  ^  282. 

m  germ.  mit  b  wechselnd  168*); 
germ.  m  nicht  aus  w  168;  fi  = 
O  282. 

V  =  ^  282. 

p.  lat.  in  Lehnw.  ==  <f  185,  = 
ip  249;  TT  =  S^  282. 

^  ==  £  282. 

qu  lat.  =  skr.  c  199.  330. 

p  =  -)  282. 

s  lat.  aus  SS  206,  aus  t  212; 
Verwandlung  des  s  in  r  unter- 
blieben 192.  204;  ff  =  D  ijf  tJ'  t 
282,  =  X  282.  283  «) 

t  lat.  f.  tt  210;  T  =  t3  282  f. 
294,  =  n  282.  284. 

*  =  n  282  f.,  =  t3  282.  284. 

v  lat.  aus  gh  342. 
Konsonanteneinschub  :  griech. 
T  hinter   anl.  n  251.   330;    germ. 
t  zwischen  s  u.  r  341. 
Konsonantengruppen: 

ßX  aus  (fX  61. 

hv  lat.  aus  gh  342. 

ks  indog.  aus  sk  198. 

fl  -\-  Labial  im  griech.  =  skr. 
n  -f  Guttural  250. 

nn  lat.  aus  n  329. 

ay  griech.  aus  ox  250. 


346 


Register. 


SS  got.  altir.  aus  st  211  f ,  lat. 
BS  aus  s-ft  selten  202  ff.,  aus 
d-t-ft  205  ff.,  letzteres  durch  die 
Mittelstufe  d-t-fs  211  f.;  aa  = 
it,  r  282.  283  «). 

st  lat.  aus  d-t+t  selten  178  ff., 
aus  8-(-t  180  ff.  188  ff. 

tt  osk.  altlat.  bewahrt  209  f. 

Konsonanten  Vorschlag  :  a  in 
Lehnworten  293 ;  o  vor  v  62. 

Konsonantenwegfall. 

anlautend:  lat.  c  vor  v  335. 
342,  g  vor  V  332;  lit.  v  vor  o  u. 
ü  252  »). 

inlautend:  lat.  c  zwischen  s 
u.  t  172;  3  vor  k  334;  lat.  g  vor 
m  61.  63;  kelt.  p  57. 

Kontraktion:  skr.  ava  =  o  68, 
aya  -=  e  49;  f«,  f*,  fo  -  v  64. 
169;  ft  =  i^  58;  «  =  t  68. 

Lehnworte:  griech.  im  lat.  178. 
185.  194.  202.  331  f.;  griech.  aus 
dem  ägypt.  289.  294;  seniit.  im 
griech.  273  ff. ,  durch  aramäische 
Vermittelurig  283  %  289.  293,  aus 
dem  arab.  285 ;  semit.  aus  dem 
griech.  280.  288.  291.  297.  300  — 
Die  griech.  lichn-  U.Fremdwörter 
sind  Concreta  298;  Fremdw.  in 
der  altgriech.  Poesie  287.  299. 

Metathesis:  A«  aus  uX  61 ,  aus  tk 
335 ;  kr}  aus  ik  339;  kv  aus  ok  340; 
vo,  vv  aus  ov  342. 

Nomina:  auf  «?232f.;  auf  of  233: 
auf  ig  233  fi.;  auf  ag,  tag  323  f.: 
auf  ig  324  ff.;  masc.  auf  r]-  321  f . ; 
homer.  auf  ev-  26  ff.;  auf  rjft^- 
39  f. ;  auf  t«,  tia  87  f.  —  lat.  auf 
ulcus  334 ;  mit  Suff,  tero  u.  timo 
189  f. ;  Nomina  von  iridekl.  Stäm- 
men abgeleitet  190. 

Praefixe:  europ.  en-  u.  an-  337; 
sen-  u.  San-  337. 

Praesentia:  die  griech.  aui-wvvvjui 
222  ff. ;  griech.  mit  inl.  l  u.  v  83. 

Reduplikaton:  lit.  mit  Nasal  252  f. 

Silben:  Wegfall  der  ersten  von 
zwei  gleich  laut,  im  griech.  04,  im 
lat.  188  l  200. 

Stämme:  griech.  Nominalstämmc 
identisch  mit  Praes.-  und  Aorist- 
themen auf  t  5  ft'. ,  mit  Perfect- 
stämmen  17,  mit  Aoriststämmen 
auf  an  18,  mit  verbalen  ja-Stäm- 
men  120  ff.,  mit  Praesensstäm- 
men  auf  djo  312  ff.,  mit  dem  all- 
gem.  Verbalstamme  315  ff.  335; 
Nominalstämme    mit    suft".    s    auf 


Verbalthemen  zurückgehend  231 
ff.  —  Nominale  s-Stämme  neben 
f-Stämmen  245,  neben  a-Stämmen 
246  ff.;  «i;-Stämme  neben  o-Stäm- 
men  28. 

Suffixe  (vgl.  Adjektiva,  Nomina, 
Stämme) :  Nominalsuff,  a  ist  nicht 
anzunehmen  1  ff.  322 ,  desgl.  ja 
120  fi". ;  statt  -as-  ist  -s-  anzuset- 
zen 231  ff.  —  europ.  va  336. 
Sanskrit:  vant  41. 
Griechisch:  fv  secund.  26  ff. 
bei  Hom.  =  rjp  21,  ist  =  va  41; 
X  secund.  296;  m  aus  eia  87  f.; 
kctxo  334  ;  a((vo  287 ;  rko  f.  />>lo 
65  f.;  T/ja  rfxo  f.  üfxa  {Jfiu  66  f. 

Lateinisch:  bro,  bulo  secund. 
185.  200;  CO  secund.  194;  enti 
188;  ento  secund.  183;  lento  184; 
na  329  ;  täti  secund.  189;  tero  u. 
timo  öteigerungssuff.  189  f.;  ti 
195  ff'.;  to  199  ff'.  202  f.  205  ff., 
secund.  188  f.;  tor  178.  202;  tri 
(aus  tro)  178  ff.;  tric,  trina  178. 
180;  tro  178  ff",,  secund.  178.  185, 
Comparativsuff.  182;  tüti  189.  — 
Suff,  bo  gibt  es  nicht  204*),  desgl. 
di  179,  desgl.  prim.  sa  204. 
Altpreussisch:  sena  287. 

Superlativformen:  lat.  189  f. 
194.  205. 

Svarabhakti:  im  griech.  63.  335; 
im  lat.   179.  180.  327. 

Umlaut  im  lett.  :  durch  i  und  e 
215  ff.  (a  wird  ä  od.  ai  215  ff".; 
ä  wird  e  218  f.;  la,  üa,  6a  wer- 
den ie,  üe,  6e  od.  6'i  219  f.;  u 
wird  üe  od.  üi  220  f.) ;  durch  u 
221  ;  durch  a  221. 

Verba:  abgeleitete  auf  evut  30  ff.; 
verlorene  der  o-Conjug.  im  lat. 
329;  Verbalformen  an  nominale 
Bildungen  angelehnt  226. 

Verwantschaf  tsver  hältnisse 
der  indüg.  Sprachen :  das  Armen, 
zum  europ.  Zweige  gehörig  165. 
172;  indog.  Herkunft  des  Kari- 
schen 225  ;  Verwantschaft  der 
Phrygcr  u.  Karer  255 ;  das  Etrusk. 
nicht  indog.  206  ff. 

Vocaie  (vgl.  Ablaut.  Umlaut): 
Aendorung  der  Voc.  in  Lehnw.  im 
griech.  286. 

«  im  Aor.  erst  spät  eingetreten 

14;  «  aus  en  192.  337;  lat.  a  aus 

cm  337  *) :  lit.  a  vor  1  aus  e  340. 

e  skr.  =  a  49;  lit.  e  od.  e  aus 

a+Nasal  253;  t)  aus  e^  340. 


Register. 


347 


i  skr.  vor  flg.  voc.  aus  i  49 ;  i 
aus  H  81  ff.  173;  i  =  "1  282;  lit. 
y  aus  ui  337. 

o  jünger  als  e  59 ;  w  aus  ov 
225  f.;  wv  =  hebr.  an  285. 

u  lat.  vor  l  aus  e  62 ;  u  =  hebr. 
o,  hireq  u.  sere  285. 

Vocaldeh  nung:  durch  Liq.  und 
Nas.  im  griech.  83.  —  skr.  ä  aus 
an  vor  y  49,  aus  a  vor  Suff,  vant 
41 ;  r]  aus  f  vor  f  41. 

Vocalschwächung:  «zut  vor 
Doppelcons.  62.  67;  lat.  o  zu  i 
196.  —  Innere  Vocalkürze  in  mehr- 
silb.  Wörtern  im  lat.  zu  i  ge- 
schwächt 149  ff.,  bes.  in  vorletz- 
ter Silbe  149,  und  im  ausl.  Vocal 
des  ersten  Gliedes   in  Zusammen- 


setzungen 150;  Ausnahmen  finden 
sich  vor  b  162,  vor  c  (k)  160,  vor 
d  159  f.,  vor  g  160  f.,  vor  h  152, 
vor  1  155  ff.,  vor  m  157  f.,  vor 
n  158,  vor  p  161  f.,  vor  r  152  fi., 
vor  v  152. 

Vocalvorschlag:   «  69.  169. 

Volkssprache:  Einwirkung  der- 
selben auf  das  Sanskrit  49. 

Wurzeln:  secundäre  durch  Com- 
position  entstanden  2  f.;  Wurzel- 
formen mit  anl.  i  =  ya  u.  u  =  va 
164. 

Wurzeldeterminative:  dh  206. 
334;    k  331;  m  59;  s  194  ;  t  334. 

Zahlwörter:  lat.  Ordinalzahlen  auf 
esimus  187  f.  —  Die  etrusk.  Zahlw. 
257  ff. ;  Uebersicht  derselben  272  f. 


Sanskrit, 
agaru  280. 
ajina  328. 
anc  65. 
athari  338  f. 
anänu-  337. 
andha,  andhra  342. 
ambhas  340. 
ar  57. 
ardati  207. 
arma  340. 
av  58. 
a§  59. 

ä-dhrshti  191.  195. 
indh  200. 
indra  342. 
ishyati  201. 
udükhala  280. 
urvarä  63. 
rnatti  207. 
eta  333. 
eshati  201. 
kapi  281. 
karpäsa  281. 
kashati  205. 
kuticaka  330. 
kushnäti  329. 
kshi  198. 
khanja  250. 
khan'  49. 

garana,  galana  332. 
gola  287. 
gharshati  192. 
cakita  330. 
cancala  250. 
capala  239. 


II.    Wortregister. 

cira  199. 
chad  178. 
jathara  332. 
jada  331  f. 
Jan  49 
jarna  173. 
jalä  332. 
tan  49. 
tap  58. 
tuvi  58. 
trshta  199. 
dadru  253. 
dabh  69. 
di  306  f. 
dharshaka  191. 
dhars  201. 
dhämari  199. 
dhüpa  69. 
dhrshta  191. 
dhrshnus  251. 
nabhas  340. 
narägamsa  172  *). 
narman  172. 
nalada  281. 
ni  336. 
nud  52  *). 
patatra  207. 
padyate  207. 
pastya  199. 
päpman   197. 
pis  249. 
pumsa  204. 
pushta  204. 
pushpa  204  *). 
prati  197. 
pra-siti  olO. 


bandhu  296. 
bahu  251. 
budh  334. 
budhna  69. 
buli  331. 
bhisaj  255. 
bhujati  251. 
bhrshti  195. 
ma"tta'210. 
madälaka  280. 
marakata  281. 
mäyä  49. 
modate  192. 
yahva  336. 
yu  223. 
rajju  68.  172, 
ratati  207. 
las  62. 
vap  64. 
varjati  250. 
varshmau  166. 
vasu  58. 
vasti  203. 
vastra  256. 
vi  308. 

vrnakti  250.  255. 
vrshan  250. 
Vrshna  251. 
vaidürya  280. 
vrata  253. 
ganipriya  281. 
Qap  165. 
gara  329. 
yarman  206. 
gas  201. 
gästar  202. 


348 


Register. 


Qasti  195. 
^igira  253. 
5upti  341. 
(jepa  165. 
graddhämi  210, 
^ru  335. 
Banjate  183. 
san  49. 
sanoti  198. 
sarati  5. 

saha^eyyäya  47  fF. 
8ä  310. 
ßu-  58. 
sunara  172. 
stusheyya  48  f. 
Bvadhiti  339. 
har  57. 
ha  253. 

Zend. 
andra,  indra  342. 
ätar  339. 
ubdaena  64. 
urvaeza  254 
urväta  253  f. 
qeng  338. 
tafnarih  57. 
tafnu  58. 
dab  69. 

nairyÖQariba  172  *). 
baeshaz  255. 
banda  255. 
bud  334. 
maodhana  192 
§upti  341. 
vainti  255. 
hunara  172. 

Pehlvi. 
andar  342. 
soft  341. 

Persisch, 
tanjidan  169. 
tunjidan  169. 
devband  255. 
parwänah  281. 
Buft  298. 
BÜsan  341. 

Ossetisch. 

Dig.  balan  163. 
Tag.  balon  163. 

Armenisch, 
atem  334. 
glukh  173. 
kapel   165. 
karap  163. 
neghem  172. 


neghuthiun  172. 
phachnum  316. 
thuz  173. 
tsarr  173. 

Phrygisch, 
ßaXriv  255. 

Karisch. 
liikdßuvSa  255. 
ßni^a  255. 
yiXav  25Ö. 

aoi7«i;'255r*'^' 

Lydisch-Thrakisch. 
ßaönqa  256. 

Griechisch. 
«-  (cop.)  337. 
«-  (priv.)  337. 
aßQti  275.  286. 
a/Jpo?  286. 
dya&ös  174. 
dyalloxor  280. 
«cF/ff  (Hsch.)  206. 
nSti.(foi  56. 
ttfQy(r]g  89. 
air^a  (Hsch.)  66. 
(ifia^co  67. 
«fw  206. 
fKvx^s  336. 
(l9^(}  339. 
«?,9-d?  208. 
«r^w  200. 
alyXrj  163. 
atxjj?  85. 
dxovw  334. 
dxQoäofiuL  334. 
ttXitTrig  15. 
ylh^e'QOtjs  192. 
dkoCrri   15. 
'Afiaxct?  283  »).  *). 
H^ilyäq  283  =•). 
d(xv6i  327. 
Idvvißug  283  *). 
avtXov  65. 
dntiXös  164 
aqovon  63. 
aQTir]  276.  287. 
aQQaßMV  275.  286.  9,98{. 
daO^fitt  67. 
d(Tni<fi]-aT()o<fog  337. 
dantSo-(f^Qf^i(x>v  337. 
drfnCg  337. 
dxifißia  69.  169  •). 
'iir»/   169. 
dxtqaCmri  283  •). 


«r^of  67. 

«ri;f(u  169. 

dvTixri  66. 

ßi^w  193. 

^AxiXXtvg  37. 

dipoQQog  65. 

/9«^i'?  171. 

ßaXavtiov  332. 

/9«A/St?  61. 

/9«A>;V  287.  298. 

ßäXaa^ov  276.  281.  285. 

299. 
/S«()t?  280. 
y9«()j;f?  (lisch.)  173. 
ßäaavog  276.  287. 
/SJKiJoi"  (lisch.)  173. 
ßSaXa  280.  282  f. 
ßiv&og  171. 
ß^QvXXog  280.  291. 
/3txo?  276.  287. 
/Str^w  84. 
ßXdnTU)  61. 
/?A;;;^()d?  316. 
ß6»Qog  171. 
/So;i/Sd?  331. 
ßofißvXig  331. 
/9dT(ii;f  276.  287. 
/S(j«c5"i;?  331. 
ßQictQog  251. 
ßQi^nvog  251. 
ÜQiaevg  251. 
/Si;^d?  172. 

/9i;ff(rof  276.  281.  299. 
/Sw?  225. 

ßwaavTi  (Hom.)  224. 
ycivlög^  yavXog  276.  287. 
yeiTWV  320. 
j/eiVcur  (Hsch.)  59. 
yoiii  276.  281.  285. 

ÖKTlTb)    69. 

Jftöi!;?  192. 

6f(.Q^  203. 

Jf'Aro?  276.  287.  299. 

ireQT]  203. 

öüfvjuoi  56. 

Stf/jcu  305. 

Jt>j/>J?  336. 

J^fw  83. 

fßSffxrixovTfi  (dor.)  59. 

f/Sfw?  276.281.286.288. 

iyyvg  320. 

^^pj'w  250. 

f?^w  337. 

iixoai  85. 

ftq^^rjv  254. 

/A«/i'?  192. 

^Af'y«?  281. 

^A(/.of  275  '). 


Register. 


349 


Ivvwaas  (Hdt.)  224. 

ioQT^  254. 

iQfTfiog  66. 

Iv-rjfi^S  58. 

Ivxjifxtvog  198. 

ivvt]  61. 

(vQvona  322. 

^iJ?  58. 

iinfiQÖvrj  334. 

fi5/f(»;J?  57. 

iif'^Tfit]  67. 

^/eatfiv  (Hsch.)  59. 

^/^tAtj  65. 

fQr)Tai  (kypr.)  254. 

Cwjuoi  225. 

Cdvvvfii  222  f. 

^'xw  59. 

rikvyri  340. 

TjVoi//  338. 

-^nuvCa  164. 

?JnfJ'«»'d?  164, 

tjnios  164. 

iji^f  58. 

d-afivog  167. 

&äQaos  192. 

eäxjjuxog  283  f. 

&^lu€»Xu  66. 

;^^<>ffof  (aeol.)    192. 

QtgaCTrig  192. 

;9^A//Sft)  83. 

QoQnad-  282. 

»Qaaog  192. 

t9^(j«ffi;?  192.  251. 

,9^p«i;Aof  193. 

^QKva/UK  193. 

;>(>««;«  179.  193. 

(hQtyxög  {S^Qcyyög,  &Qiy- 

pg)  68. 
^^'()ffo?  198. 
d-vadlu  66. 
^wi*,««  (Hdt.)  226. 
ItiußUxog  283  «). 
f««j7rtf  276.  288. 
J'f^f«  301  ff. 
^^vfa  92. 

"leQÖ^ßtikog  283  ^j. 
'ifQcofiog  283  ^). 
t>jjUt  301  ff. 
ixTivog  92, 
tzw  59. 
/rf«  84. 
/wr«  290. 
x«/9o?  276.  281. 
xwcTo?  276.  288.  299. 
xa&UQÖg  191 
xaxxcißq  276.  288. 
xalafiCg  178. 


xd^nlog  276.  281.  285. 

299. 
xtt/r;;  4. 
xc'cQßKau  280. 
xÜQnaaog  280.  282. 
KaQ^rjäcöv  284. 
xf<a/Xc(  (lakon.)  334. 
xKfffft'«  276.  281.  299. 
xciTUTiT^aaü)  330. 
zai^wv  s.  /avvwv. 
xfTaan  (Hsch.)  173. 
xa'w  82.  333. 
xf/iinög  339. 
xsfAxfdg  339. 
x^TKfog  339. 
zfffro?  202. 
xfv/>w  206. 

x^/Sof  (z^TTo?)  281.  300. 
x);,9^/'?  173. 
xlßSrilog  276.  288. 
xt/St<rtf  289. 
xißwTÖg  276.  289. 
xiduQig  276.  289. 
xi&wv  (Jon  )  s.  /Arcdv. 
xw^co  83. 
xivväfXMvov    21 Q.     281. 

289.  299. 
xivv/nai  83  f. 
xtri^pa  276.  281.  285. 
xf;=aA>l???  277.  290. 
xf?  205. 
xiaact  173 
xtffffof  173. 
xiaavßcov  173. 
XlTKQig  8.  xiSKQig, 
xiTTci  277.  290. 
xtW  277.  290.  333. 
xhrvg  84. 

xAw/So?  277.  281.  285. 
xößalog  339. 
xo,«/}«xfi;frat(Hsch.)339 
xoQÖvkt]  334. 
xo^fl^i/f  334. 
xö()o?  280  f. 
xoQvüög  193.  334. 
xov(fog  339. 
x()«j«a>  193. 
xot'Of  193. 
xQvGTctkXog  193. 
xTivv/Jt,  83. 
xrt'Cw  198. 
xv/xivov   277.  281.    285. 

299. 
xi/7r«pt(Töo?  277.285. 290, 

299. 
xvQTog  206. 
xt'cro?  329  f. 
x(o»(m>  173.  282. 


InßQwviov  281.  300. 

AwtFra'or  285. 

XtuvüxiiQ  333. 

laiT/uce  67. 

XaxfTtjg  190. 

A«o?  277.  290. 

A«()xo?  172. 

>l«(j»'af  172. 

Ittvxavia  332. 

A«w  ^dor.)  62. 

Xhuwv  333. 

;ift;yj;  277.  281. 

ifi/yof  285. 

Jl^wj'  277.  290. 

XiiSov  {IriSavov)  277. 281. 

285.  291  2).  299. 
Xrifxa  62. 
A»J^jj  339. 
hä^oficu  333. 
XCßuvog  (Xtßavonög)  277. 

281.  285.  299. 
Aij't'j;?  340. 
A/xj-or  84.  172  »). 
XiXaCofiat  62. 
At//7ji'  333, 
Ar^df  277.  290. 
Xlg  s.  A^öjr. 
XiTQov  294. 
Ady/jj  277.  290. 
Aotudff  333. 
Xoia»og  333. 
Ai^y»?  340. 
Aw^poj'  181. 
Xv/iicc  181. 
^ayaSlg  277.  291, 
fiayyavH'a  277.291. 298  f. 
f^cc(^«(o  63.  210. 
^«fd?  63. 

/uäX»a  277.  282.  291. 
^ufdAdff  183. 
MäX/og  283  "). 
;U«(y«Aof  277.  291  f, 
fiüvÖQtt  277.  291. 
yuvSvi]   (juttvävftg)    277. 

292. 
^CKvicc  49. 

unQayöog  s.  afiÜQaySog. 
^«<>(Tt7r7io?277.292.299, 
^aaäo^Ki  194. 
fiäartt^  194. 
^«ffTt/«tü  194. 
fiaarög  63. 
fj.aaTQon6g  278.  292. 

flKßTQOTltvetV    190. 
fxaavVTrjg  194. 

fUKTa^tt    S.    /Ll^TK^a. 

junTrjini  335. 
fiäxMQa  278.  292. 


350 


Register. 


fiiyuQov  278.  292  f. 
fifv&rJQr]   184. 
fi^aaßos  278.  293. 
//fr«  168  2). 
fiiraXXov  278.  293.  335. 
^i^Taia  278.  293. 

^tTlKfiQSVOV    334. 

^rjvvog  (lesb.)  226. 

fitjQÖs  340. 

^f«  (Jon.  fivia)  278. 281. 

293.  299. 
/itöXos  187. 

/Liövos  (ep.  fxoZvog)  168. 
(xoaavvüi  194. 
fivJog  63. 
fxvCi'to}  63. 

/^irpp«  278.281.293.299. 
fivQTos  293. 
fibÜQug  226. 

y«/9A«f278.281.285.299. 
r«/"«  197. 
vÜQÖog  281  f. 
vaqxlov  (Hsch.)   172. 
r«(>r«|  (Hsch.)  172. 
vavlug  8.  vdßXas. 
vf(i(o  335. 
veiaiQa  336. 
vfCarog  336. 
V^XTKQ   62. 

«"«Off  336. 

vfTOjnov  278.  293.  299. 

vrjxovar^to  334. 

VTjliTi^g  15. 

r/xAoy  172  *) 

»'/rpov278.281.285.294. 

299. 
v/</.ft)  82. 

voJ^of,  i'i;.9^os  342. 
vioyctXov  62. 
vuXffi^g  170. 
^^(^of  281.  300. 
öyxtiouni  338. 
o^dvij  278.  282. 294. 299. 
oiVof  278.  294. 
ot?  327. 
oxvof  338. 
ollvjui  58. 
oAoili^C«'  64. 

öAo^ii/ Jrof  oXoifVQOfiutGi 
oXvQtt  63 
ofivvut,  166. 
oyof  278.  294.  299. 
OTrAorepof  1 64. 
offaa  338. 
oawQ^a&at  334 
ordüir  206. 
ovXö/uevog  58. 
'O/v«  284  *). 


7r«yof  278.  295. 
Tiäy/v  251. 
nü&vri  171. 
naXäät]  278.  295. 
7r«Azöff  (Hsch.)  60. 
nt'dXa^  {naXXay.(g)   279. 

295.  299. 
7r«(>äJftffof  280  *). 
naaräg  199. 
Tida/io  197. 
nÜTog  207. 
nd/vvog  284. 
na/vg  192. 
TTfJ«  (äol.)  168  '^). 
ntxog  60. 
nifintXog  250. 
ntv&og  197. 
nsnTtjwg  330. 
IlfQyitjuov  60. 
TTfOffd?  279.  296. 
7r»j()'ö»'  6. 
ntjXög  60. 
TTI^jU«    197. 

Tit^Cüj  249. 

7r?Afw  249. 

Trdwf  (Hsch.)  62. 

Tr^o?  249. 

Trtffor  (Tr/ffffof)  203. 

nvCyta  83. 

notiü}  199. 

TTopT^  (kret.)  197. 

noOdSurv  85. 

Tipßffor  279.  296. 

TiQccaaa}  61. 

TiQtaßvg   (kret.  nqslyvg) 

320. 
TTpd?  197. 

Trpowjxoj  281.  300. 
TTT«!  316.  330. 
nxlaaia  249. 
TTTwl,  nrvaau  251  f. 

TTTüiffffW   330. 

Tirw/d?  330. 
nvO^fii^v  172.     5^ 
nvvda^  69. 
TivQyog  60. 
niiQyot  60. 
TTwAof   225. 
TTfüfia  199. 
^a/3dof  279.  296. 
p«ty3df  250.  254  f. 
(><u/9a>  250.  255. 
(>>jr«  254. 
^i^ov  279.  296. 
(JdJov  281. 
^o«<  {^>o«)  279. 
(5«}jU«  197. 
"Püixiovg  (kret.)  226. 


^(üvvv/ji  223. 
(mofiut  (Hom.)  223. 
aüyog  183. 
aäxxog     (adxTag)     279. 

281.  299. 
(TkAjj  5. 
aafAßüxt}  279.  281.  286. 

297. 
ff« TTyftpof  281.284.300. 
ZitQauTtt  283  «)  f. 
ffttTor  280  f. 
ff»J?  279.  297. 
ff/ii//  279.  297. 
fftj'Ao?  279.  297.  299. 
2:t(fwy  283  «). 
ff/;f*p«  279.  281. 
fffxAoff  280  f.  297. 
axafjßSg  250. 
axaifCg  ,      axcctfiari^Qiov 

185. 
ffu«(i«j/Jo?281. 283.  300. 
ff/xy^tf  279.  297. 
a/xvQVt]  (Jon.)  293. 
ffö^off  170. 

ffoi}ffor  279.  281.  298. 
ar^XXr]  (lesb.)  226. 
ö'T(>«j/j'dff  5. 
OTQiüvvvfii  223. 
oxinpio  83. 
avxtifxivog  279.  282.  286. 

298  f. 
avxö/noQog  298. 
fftixov  173.  298. 
a<f>((Xciaa<a  335. 
aiflyyoi  83, 
a^hkiog  66, 
o^/Cw  82. 
awvviKo  223. 
ffww  (Hom.)  224. 

TttyyjJ    5. 

Tßiipo?  281. 
T«j;?  58 
Tf/yw  210. 

T^XfXWQ    60. 

T^xj  tov  198. 

riQi^vov  {T^Qccfivov)  171, 

r^QGo^ai  194. 

T^TflUi   59. 

TfvrXov  65. 

T^(f()n  58. 

TiO^fußwaoü)    279,    290, 

298. 
TM',*d<;  8. 
T^yw  (rivvfii)  83. 
T^w  82. 
Tofor  60. 
TOQvvt)  335. 
TQuvjua  223. 


Register. 


351 


TQlßü}  83. 

TQiyy.ög  68. 
TQv(fi<lfia  64. 
TQdJ/ja  (Hdt.)  2'2G. 
TQwvvvio  223. 
rvxov  173. 
Tü(JOf  283  ö). 
TVQOis  335. 
Tv(fil6s  69. 
rt^V'W  69.  83 
i'jS(Jtf  279.  298. 
uAaw  64. 

VTTTjVl]    64. 

i/WwTTo?  279.232.  284 f. 

299. 
(fuivw  183. 
(fäkay'i  256. 
<f>av^,  (f,ttv6nrr]s  183. 
(fäQca  (Hsch.)  244  *). 
(fKQSTQri  244. 
(fitQos  244. 
(pKQOos  244. 
(pccQv^  62. 
(fiiayKvov  165.  250. 

(fttTVT]     171. 

ip&ivb}  83. 
yä/w  82. 
yAyo)  184. 
(polßog  5. 
«/'omi  284  ^). 
(föXvg  334. 
(fÖQvy^  62. 
(fovQxoQ  (Hsch.)  60. 
(fiQÜCo)  335. 
(fQi'vfs  334. 
(f'Qi'yü)  83. 
(fvySxUov  66. 
yyxoc  279.  299. 
(fvlcc/cög  333. 
»PvQxos  (elisch)  60. 
(fvxXa  65. 

(ptolfög,  (fcjXtiCa  333. 
(pfoati^Q  (Hsch.)  183. 
^aßdv  8.  yavvwv. 
Xcfxt^^co,  /«5/Cw  174. 
Xctkßfivri    279.  282.  284. 
'  286.  299. 
^äaiog  (lakon.)  174. 
/UT^w,  )^ttTCC(ii  173. 
/nvviüv  (ycivwv)  280. 282. 

283  ^).  285  1).  299. 
X^Cfi^d^kov  66. 

;f"'!?  57. 
Xfjxi^os  174. 
XnQt^Hog  280.  299. 
XfJTo;  173. 

;ftrw»'  280.  283.  284  ^). 
285  f.  299. 


Xr«  284  »). 

Xov(f(foig  284. 

/()KV(ü  223. 

/(>^o?  189. 

/(?<'w  192. 

/(»i'o-df  211.  280.  299  f. 

XQ(üvvv^i  223. 

XvtXov  65. 

Xdivvvjut.  223. 

X<tio/Liac  223. 

i/zdow  249. 

\pvXU)  83. 

wf  304. 

(ürtov  (delph.)  226. 

M  e  s  s  a  p  i  s  c  h. 
ßavQia  165. 
/5/ff/S/?   165. 

Oskisch 
,allo  170. 
£censtur  202. 
-^ämatir  170. 
^Trftiuff  210. 

sa-  337  1). 

sivom  170. 

tnibüm  171. 

tristamentud  199. 

trutum  335. 

vorsus  171. 

Umbris  eh. 
a-,  an-  337. 
bifia  171. 
pert  197. 
sevom  170. 
trebeit  171. 
tremno  171. 
vorsus  171.  203. 

Lateinisch, 
aboleo  58. 
adgretus  210. 
adhaesus  203. 
aedes  200. 
aestas  189. 
aestimare  194. 
aestus  200  f. 
agrestis  187. 
anclarft  65. 
annona  329. 
Antistius  190. 
aperio  57. 
apis  337  ^). 
assis  205. 
assus  206. 
attentus  210. 
augustus  188. 
auster  180. 


avere  58. 
avilla  327. 
balneum  332. 
bardus  331. 
blaesus  204.  332. 
bulbus  331. 
caeruleua  204. 
caesius  204. 
Caestus  202. 
calamistrum  178. 
candeo  204. 
capere  4. 
capistrura  185. 
cardo  193. 
casa  206. 
caseus  204. 
cassis  206. 
castigare  195. 
castrare  180. 
castrum   178. 
castus  191.  201. 
uatena  206. 
cavea  256. 
censor  202. 
Cerealis  192. 
cestus  202. 
cette  210. 
cirrus  193. 
cista  194. 
coelestis  187. 
comestus  186. 
confestim   195. 
conquinisco  316 
cosmitto  210. 
cossus  205. 
costa  193. 
costum  194. 
crassus  206. 
crates  206. 
credo  210. 
crista  193. 
crusta  193. 
cudo  206. 
culmus  328. 
cunnus  251 
curro  202. 
custodia  195. 
custos  194. 
damnum  69. 
delicata  286. 
densus  192. 
domesticus  18 
dorsum  203. 
edo,  est  186. 
egestas  187. 
egretus  210. 
emere  165. 
exfuti  210. 


330. 


329. 


352 


Register. 


familia  199. 

fastidium  175.  195,  202. 

fastigare  195. 

fastus  175.  201. 

fatisci  207. 

fenestra  183. 

fessus  207. 

festinus  195. 

festuca  202. 

festus  191. 

fidustus   189. 

figura  249. 

filum  249. 

fingo  249. 

firmus  60. 

Firmum  61. 

fistuca  202, 

fistula  195. 

flustrum  184. 

fodio  172.  250. 

fraus  179. 

frio  192. 

frumen  62. 

frustra  178. 

frustum  193. 

Fufius  171. 

iuscina  250. 

fustis   196, 

futi8,.futare  210, 

gelu  332. 

genu  59, 

gestio  196. 

globus  332, 

glomuB  332. 

grossus  206. 

baesito  204. 

hasta  193. 

haustrum  181, 

hausurus  203, 

hedera  173. 

horrere  174  *). 

hostis  193.  196. 

Hostus  193, 

ico  59. 

illustris  181. 

impomenta  199. 

in-  337, 

indostruus  ,      industria 

182, 
infestus  191. 
intcntns  210. 
jacere  59, 
jussus  206. 
lassus  192,  207, 
laus  179. 
lauaus  207. 
lessiis  207. 
letum  207. 


levis  192. 
limus  333. 
lituus  333. 
locusta  190. 
lustrum  181.  184. 
lutum  181. 
lütura  211. 
raadeo  63. 
maestus  192. 
mamma  63. 
manifestus  191. 
masticare  194. 
masturbare  190. 
masucius  194. 
mattus  210. 
luembrum  340. 
miser  192, 
mistio  196- 
mitto  210. 
modestus  187. 
molestus  187. 
mollestra  183. 
monstrum  184. 
mulier  63. 
mustricula  184. 
mustus  192. 
naris  341. 
nassa  207. 
nasus  204. 
Nemestrinus  181. 
novale  336. 
novus  336. 
nudus  328. 
obliquus  333. 
odi  334. 
oitier  210. 
orbis  341. 
OS,  ossis  205. 
ostentum  210 
Ostia  190. 
ostigo  197. 
Ovis  327. 
pala  195. 
palus  60. 
pando  207. 
passer  207. 
passim  207, 
pastillus  194, 
pastinum  195. 
pastio  197. 
pastor  172. 
pausillus  205. 
pecus  60. 
pectere  60. 
pessum  207. 
pestis  197. 
pila  249, 
pilare  249. 


pileus  249. 
pilum  195.  249. 
pinguis  192. 
pisare  203. 
Piso  203. 
pistillum  195. 
pisum  203. 
plaustrum  179, 
pono  197  ff. 
por-  197  f. 
porrum  296. 
portentum  210. 
Posilla  205. 
postis  197.  199. 
postulare  195. 
potestas  187. 
Praeneste  196- 
praestus  190. 
pristinus  190. 
privus  336. 
procestria  178. 
pruina  192, 
pubens  204  *). 
pullus  62. 
Pustula  204. 
pusus  204. 
quactus  330, 
quadru-  64. 
quaero ,  quaeso  204. 
quies  198. 
quiesco  199. 
rallum  204. 
rastrum  204. 
res  189, 
restis  172.  199. 
russus  206. 
rutilus  210. 
sagum  183, 
satus  198, 
scam^ja«  341, 

segestre  183. 
sella  334. 
Sequester  182. 
sero  198.  311. 
sinistimus  205. 
sino  197  ff. 
Situs  198. 
solistiraus  205. 
sordes  208. 
spissus  207. 
stringere  5. 
suasum  208, 
sublestus  192. 
sufflamen  61. 
surdus  208. 
tempestas  189. 
tepeo,  tepor  58. 


Register. 


353 


terra  194. 

testa  194. 

testis   199. 

trabs  171. 

transtrum   182. 

tristis  199. 

trua  335. 

turma  335. 

turris  335. 

tussis  208. 

über  337. 

udo  206. 

umbra,  Umbri  342. 

uncare  338. 

ungustus  189. 

urbs  341. 

urceuR  342. 

urgeo  250. 

urna  342. 

usiu  210. 

usta  194. 

ustulare  195. 

utensile  188. 

Uterus  322. 

vannere,  vaniius  335. 

vastus  193. 

veho  59. 

venalis  195. 

ver  192. 

veno  203. 

Verruca  166- 

versus  203. 

vesica  203. 

Vesta  194 

vestibulum  200. 

vestigare  200. 

videre  211. 

vilis  195. 

visito  204. 

vitrura  211. 

vitta  211. 

Keltisch. 

(Das  Altirische  ist  nicht 

besonders  bezeichnet.) 

aig  163. 

airlam,  airle  62. 

avi-  (gall.)  58. 

Bergomum  (gall.)  61. 

doninfedam  66. 

Eucant  (arem.)  58. 

fiss  211. 

gal  59. 

gallaf  (kymr.  arem.)  59. 

irlithe  62. 

lam  62. 

mess  211.     [arem.)  170. 

oll,     ol    (cambr.    corn. 


sess  211. 

SU-  (gall.)  58. 

tene  57. 

Tenedo  (gall.)  57. 

tinfet  66. 

treb  (kymr.)  171. 

uile  170. 

Slavisch. 

(Wörter  ohne  weitere 

Bezeichnung  sind  kir- 

chenslavisch.) 

bolij  255. 

hosti  250. 

büdeti  334. 

veverica  253. 

glava  173. 

golemü  255. 

golabü  163. 

gosti  196. 

gradü  341. 

zlödq,  59. 

kadi  288. 

kosti  193. 

Icbedi  163 

libivü  333. 

losi  192.^ 

rcazdra  (cech.)  340. 

met^  210. 

miezdrzyc  (poln.)  340. 

motriti  335. 

madrü  184 

niva  336. 

nizü  336. 

nozdri  341. 

pada  207. 

pachati  195. 

po-citi  198. 

rozga  172. 

slama  328 

SU-  337. 

sa-  337. 

teremü  (russ.)  171. 

tvoriti  335. 

tremä  171. 

t§go  169. 

taga  169. 

crüstü  206. 

jagn§  328. 

jazino  328. 

j§cati  388. 

Preussisch. 

asti  205. 

brunse  252. 

en-  337. 

garrian  173. 

gegalis  253. 

limtwey  170. 


Beiträge  z.  Kunde  d.  ig.  Sprachen.  I- 


penpalo  253. 
sen  337. 
weware  253. 

Litauisch. 

aibrumas  337. 

Aitvars  42. 

almens  340. 

auka,    aukininkas,    au- 
kuras  165. 

baländis   163. 

balzenas  256. 

bandyti  287. 

bau  169. 

biogas  316. 

bruiszis  252. 

büdinti  334. 

bulis  331. 

bulbe,  bulvis  331. 

bumbulys  331. 

burpelis  244  *), 

dedervine  253. 

drasus  192. 

draugas  296. 

drignas  68. 

drikkas  68  **). 

dr^sti  192. 

elkas  42.  165. 

elmes  339  f. 

gaduti  174. 

gaigals  253. 

gaigoczus,  gaigoti  253. 

galva  173. 

galeti  59.  255. 

geidzu  173. 

gelöti  59. 

giegals  253. 

girJ^  173. 

godas  174. 

gogiloti  252. 

grasüs  175. 
gristi  175. 

gulbe  163. 
gödas  174. 

izas,  yze  163. 
jaü  169. 
jautis  223. 
jegti  336. 
jetis  338. 
jü'das  342. 
kandis,  kandü  205. 
kasü  205. 
kaukai  42. 
ketur-  64. 
krauti,  kruvä  334. 
kuszys  329. 
läibas  333. 
lainas  333. 

24 


354 


Register. 


leidmi  207. 
leilas  333. 
lesas  192.  333. 
lysti  333. 
inatyti  335. 
in  etil  210. 
min  au  168  f. 
mudrüs  192. 
närsas  172. 
nasrai  341. 
nerti  172. 
nirsti ,  nöras  172. 
ojus  252  ^) 
opus  164. 
orarykszte  253. 
oustai,  ouszus  252  ^). 
owerie  252. 

oweriksztis  252  *)    253. 
pa-laukys  332. 
pelke  60. 
pepala  253. 
plüdyti  179. 
pratega  169. 
raudoti  207. 
regszti  68.  172. 
retis  47. 
s^-  337. 
segiü  183 
sekti  165. 
Ben-  337. 

Bkaidrus,  skaietas  204. 
skydas  337. 
smagurei  62. 
spilkä  335. 
spitu  207. 
Btabas  45.   164. 
stambas  46. 
stulpa  43  f.   165. 
SU  337. 
szalmas  206. 
szcszelis  253. 
taczaü  169. 
tirsztas  199. 
träisza  252. 
troba  171. 
tverti,  tvirtas  335. 
Udburtelli  46. 
ulVjauti  64. 
uloti  64. 

vaiveris ,  vaivoras  ,  vai- 
voriksztis  u. s.w. 252 f. 
varstas  171. 
vetyti  335. 
vinszus  166. 
zib,  ziib,  zaibas  5. 
zemepatis  42. 
Kulininkas  47. 


Lettisch, 
aita  333. 
balüdis  163. 
bumbuls  331. 
buras,  burves  244  *). 
elks  42. 
gaigale  253. 
jegt  336. 
leija,  leijsch  333. 
matu  335. 
paipala  253. 
rel'chget,  refchgis,  reg- 

fchis  68. 
vaivari»i,  väveraji  252. 
väveris  252. 
ve'lgs  340. 
vifa   163. 
vifet  u.  8.  w.  163. 

Gotisch, 
aistan  194. 
alhs  42. 
alls  170. 

asans,  asncis  329. 
aühjon  338. 
aviliud  58. 
bergan  60. 
biugan  251. 
daubs  69. 
durabs  69. 
fidiir-  64. 
gadars  192. 
gadrausjan  193. 
gaidva  173. 
gaqiss  211- 
gasts  196- 
gaviss  211. 
gazds  193.  196.  202. 
haurds  206. 
hilras  206. 
hinpan  206. 
hrisi'an   193. 
huzd  194. 
hveila  198. 
hveilan  199. 
lasivs  192. 

latei,  latjan,  lats  207. 
la|)a  62. 
Ictan  207. 
mif)vissei  211. 
mundon,  mundrei  184. 
nati   207. 
qi|)ra  332. 
sitia  334. 
svarts  208. 
Bve  304. 
usstass  211. 
vindan  211. 


vissa  211. 
vraiqs  254  f. 
vrikan  250. 

Altnordisch, 
atall  334. 
baeli  333. 
balkr  61.  256. 
barki  63. 
bjälki61. 
bogi  252. 
böf  333. 
cisa  201. 
faer  60. 

flaustr,  flytja  179. 
gabb  339. 
gerstr  174. 
hokinn  330. 
hradhr  56. 
hrjosa  193. 
illr  58.      • 
jaki,  jökuU  163  *). 
kleiss  204. 
kolfr  332. 
lagabrjotr  179. 
lasinn  192. 
Ijös,  lysa  181. 
neraa  168. 
risi  250. 
si-,  sin-  337. 
stabbi,stobbi,stubbi  46. 

)j6ta  208. 

3vara  335. 

jykkr  169. 
vesl  256. 
vist  200. 

Neu  nordisch, 
blanki  (westisl.)   256. 
far  (schwed.  dän.)  60. 
huka  (schwod.)  330. 
planki  (westisl.)  256. 
snage  (dän.)  62. 
snaka  (norw.)  62. 

Angelsächsisch, 
atol  334. 
bolca,  bälc  61. 
breötan  179. 
brord  202. 
ealh  42. 
ent  342. 
hrad,  hraod  56. 
hreodhan,  hroden  334. 
hyrst  334. 
läsest  192. 
smitan  210. 
|)rym  335. 


Register. 


355 


väd  211. 
volcen  340. 
vridhan  55. 

Englisch, 
aghast  174  *}. 
bark  63. 

drush  (schott.)  193. 
ghastly  174  *). 
ill  58. 
narrow  172. 
rathe,  ready  56. 

Altfriesisch, 
balka  61. 
mar  168. 

men,  rnonna  167  f. 
nostei'n  341. 
ruald ,  rueka  ,  in-ruesze 

253. 
smita  210. 
ulken,  wölken  340. 

Altsächsiseh. 
alah  42. 
balko  61. 
gerda  202. 
gisidli  198. 
hvila  199. 
wolkan  340. 
wrisilik  166.  250. 

Mittelniederdeutsch, 
bet  168  2). 
blanke  256. 
broderen  56. 
dan  166  f. 

garst,  gasterich  174. 
grese  174  *;. 
man,  men  167  f. 
met  168  •^). 
nuster  341. 
olmich  340. 
planke  256. 

Neuniederdeutsch, 
galsterich  174. 
is  163  3). 
jokel  163  *). 
man,  mant  167  f. 
olm,  ulm  340. 
schucht,  schuft  341. 

Niederl  ändisch. 
hukken  330. 


Althochdeutsch, 
aftarringa  174  '). 
arn  329. 
balco'61. 
barren  201. 
bar  11  n  204. 
bit  168  2). 
bür  165. 
chlemman  332. 
cholbo  332. 
chuoli  332. 
dweran ,  tweran  335. 
entisc,  antrisc  342. 
era  194. 
fahs  60. 
fasti  60. 

garidau  55. 
gersti  174. 
gilezzen  207. 
halara  328. 
hört  194. 
hrad  56. 
hrust  334. 
hwenjan  335. 
imbi  337  % 
jagön  336. 
kis  256. 
kit  173. 
kithrusit  193. 
mit  168  2). 
muosa  211. 
olmoht  340. 
quillu  332. 
rad  56. 
redan  47. 

rehtculichonti  174  ^). 
riso  166.  250. 
rosa  193. 

sidaljan,  sidilo  198. 
suedan,  swetha  208. 
tanna  167. 
ustinön,  ustri  182. 
wanna  335. 
wanst  203. 
weit  211. 
wennan  335. 
wolchan  340. 
wona  61. 
wonen  62. 
wuosti  193. 

Mittelhochdeutsch, 
barzen  201. 
bet- ,  bit-  168  ^). 


blodern  184. 

brienrauos  55. 

broedelich  55. 

broekeit  56. 

einzeht  54. 

gampel,  gempel  339. 

garst  174. 

geisel  202. 

gerte  196. 

guoter  54. 

keskar  53  f. 

kis  256. 

letze  207. 

liument,  Hunt  56. 

morter,  mortel  174  ^). 

nuz  51  f. 

reden  47. 

riden  55. 

rot  56. 

schächgenöz  53. 

schie  333. 

schupfen  56. 

swadem  208. 

tan  166  f. 

tweru  335. 

ulmec  340. 

ungenozzen  52  f 

wanne  335. 

wilent  199. 

Neuhochdeutsch, 
balken  61. 
bogen  252. 
brausen  184. 
bügeln  252. 
bucht  252. 
bürg  60. 
fechten  60. 
garstig  174. 
geiz  173. 
gimpel  339. 
hocken ,  hucken  330 
laden  62. 
nieder  336. 
nufsen  52. 
nüster  341. 
rüsten  334. 
scheie  333. 
schnökern  62. 
sitzen  198. 
tann,  tanne  166  f. 
wan  168. 

weiland,  weile  199. 
wölke  340. 
zünden  8. 


Berichtigungen  und  Nachträge. 

S.  25  Zeile  11  lies  wichtiger  statt  richtiger.  S.  26  Z.  28  1.  müsste  st. 
ntiissfe.  S.  41Z  9\. oQTvy- st. oQivy-.  dia8.Z.l5vi.22  \.  kaicavd  st.  Kaicavä. 
das.  Z.  16  1.  Mica  st.  Küica;  kurarävä  st.  Kurarävd.  das.  Z.  17  1.  A;m- 
rar«  st.  Kürara.  das.  Z.  23  l.  Ächp«  st.  Käifa.  Zu  S.  121  fF.  füge  hin- 
zu: ßvCf(  Uhu  :  ßvCo/iiev  heulen.  ar^V.a  •  Cüafia  :  ar^XXo-fxai.  aqvaan 
haustrum  :  dffvacfo-^fv.  dXyvvrj  :  dXyvvo-utv.  fxvvri  Vorwand  :  /xvvo- 
fiai  (vj).  ytQmö-s  alt  :  vgl.  ksl.  zireja  werde  reif,  skr.  jardyu  (beruht 
aui  j'aräga).  yr]Qai6-g  alt  :  yrjQao-fifV.  yivsrj,  6^ö-yvio-g  :  yeCvoftat.  yoi- 
kio-g  Thierlager  =  lit.  gülis ,  lit.  guliü  liege.  iStu  :  iöinv  inf.  vgl.  lat. 
Video,  ifto-s  (:=:  i^ifios)  Vgl.  skr.  divi/cl  himmlisch,  di't^yati.  Zul,  S.  123flF. 
nkrjO^H«,  ion.  akriO-T]Cri  :  dkrj&eva).  S.  125  streiche  nrjka/Avthixo,  das  nicht 
zu  belegen  ist.  S.  126.  1.  nQtaßvr^Qelov  :  nQeaßvTffieixo ;  streiche  ^vnc<Q(a  : 
QV7ia()(vo/uni.  S.  127  streiche  qwkiog  und  xpvxQia  ■  ipv/QSvo/xai.  Z.  18  1. 
la  st.  r«.  Zu  II,  S.  127  flf.  füge  hinzu:  ykwaa-  etc.  akyia  :  ykwao-  etc. 
akyeto,  -akyi^g;  auf  S.  130  zu  tilgen,  nqxtog  :  uox^w;  auf  S.  130  zu  til- 
gen. ä(f'Vfco-g  vgl.  d<f)Vi']-juwv  (a(fivog).  freio-g  vgl.  d^(fc-(Te(o  {Hog).  xf^e- 
Qeio-g  :  x)^fQ((u)  {x)-^Qog) ;  auf  S.  133  zu  tilgen.  dkiyri-mkCri  :  oktyri-ntkiwv 
vgl.  fvrj-nfkia ,  avTj7ifki]g.  rekeio-g,  T^keo-g  :  Tskftu)^  rskioi  [tikog).  tii- 
relxio-g,  Tfi^io-eaoitt  :  Tfi/so-vreg ,  i-ref/fo-v  {nT/og).  Zu  III  a,  S.  129  : 
iCfiio-g:  Tt'fj/iiti  •  rh'ft  Hesych  [r^fi^Ei  =  Tfi/ujei).  (foirixco-g  :  (foiv^aao). 
S.  130  lies  dvTKTo-g  :  dvTKbj,  dvTio-g  :  rjvreov  imperf.  zu  dvxdoi  b.  Homer. 
S.  131  ydfitog  :  ya/Li^cD,  ytkoiio-g  (=:  ytkojfjo~g)  :  y^kotäu)  (=  ytkojajbi), 
d7io-Srjy.ia  :  dno6r]fj.io}  (füge  örifiio-g  hinzu),  6l\pio-g  :  ion.  öixp^w  =  dc- 
\pä(a.  S.  132  Z.  27  1.  -^n^Ca  st.  -f»;Aew.  S.  133  Z.  32  füge  hinzu:  yufjLo- 
xkonta  :  yafio-xkon^w ,  yauo-xkonog.  S.  134  Z.  4  xonUi  Ermüdung  :  fxe~ 
TfWQo-xon^M.  S.  135  1.  oJcdog  :  oSüw,  aber  o(iiog  zu  -o(h'o).  S.  136  1.  ^cc- 
^ov^ia,  du()ov)^i(o,  SccSoij}(og;  nnknfivaio-g  vgl.  Tiuka^iäojxai, ;  nkoxto-g, 
nokv-nkoxCa  :  aTtifavrj-nkoxs'w.  S.  137  füge  ein:  x)^eo-nQonCa  :  xHo-tiqo- 
niü),  ü^eo-TtQonog.  das.  Z.  10  ist  zu  streichen,  ö.  139  streiche  rv^^aiog, 
vffQidog,  vOTfQKiog;  füge  hinzu:  (fwkfö-g  :  f/wAfcu.  das.  Z.  24  1.  <f&OQ(a  : 
-(fi&oQ^o).  S.  140  Z.  5  V.  u.  1.  tv-aQfioaT^u).  das.  füge  hinzu:  /ueT-doOio-g  : 
d(ni(a  =  dgido),  aQTio-g  :  d()rio-fica.  S.  141  Z.  12  1.  -öoata.  Das.  füge 
hinzu:  vvxr-fysQala  :  vvxT-eyfQT^cj ,  ivicdaio-g  :  dn-triKvT^w,  dvÖQo-xxa- 
all]:  {-XTatiia  =)  got.  skapjan.  S.  143  füge  hinzu:  naQty-xvoCa  :  ikaio-, 
xri^o-xvrim.  S.  145  Z.  32  1.  Qimiti-  st.  Quin-.  S.  146  Z.  8  1.  dies  st.  tä- 
les.  S.  148  Z.  11  1.  docebimini  st.  docebhnini.  S.  149  Z.  21  1.  sa/^<  st. 
sali.  S.  150  Z.  5  1.  grund-  st.  Grund-,  S.  152  Z.  22  1.  i  st.  «.  S.  153 
Z.  3  1.  stelerint,  öderint,  locaverint,  in  den  Perfecten  stetirunt  st.  steterunt. 
S.  154  Z.  31  1.  habiturit  st.  hahitari.  S.  159  Z.  28  1.  (^ts  st.  t/a«s.  S.  162 
Z.  2  1.  anderen  st.  andere.  S.  250  Z.  18  1.  khanja  st.  chanja.  S.  251  Z.  8 
1.  varshishtha  st.  varshishta.     Das.  Z.  29  1.  bamhishtha  st.  bamhishta. 


Druck  von  E.  A.  Huth  in  Göttingen. 


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501  germanischen  Sprachen 

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