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Full text of "Beiträge zur Kunde der indogermanischen Sprachen"

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BEITRAGE 


ZUR  KUNDE  DER 


INDOGERMANISCHEN  SPRACHEN 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


m   ABALBERT  BEZZENBERGER. 


FÜNFTER  BAND. 


GÖTTINGEN. 
VERLAG  VON  ROBERT  PEPPMÜLLER. 

1880. 


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Inhalt. 

Seite 

Die  quellen  des  nordthessalischen  dialekts.    Von  A.   Fick      -    -    -  1 

Citate  in  Kramadicvara's  Samkshiptasära.     Von  T/t.  Zachariae    -     -  22 

Altirische  glossen.     Von  Otto  Dziobek 63 

Folgen.     Von  A.  Bezzenberger 67 

Volksetymologische  studien.  I.     Von  O.   Weise 68 

Das  griechische  superlativsuffix  -xaxo-  und  die  lettischen  gradations- 

formen  auf  -äks.    Von  A.  Bezzenberger 94 

Skr.  car-,  cirä-m,  gr.  -tsM-&(a,  nälat.     Von  H.  Collitz 101 

Ki%äv(a  „erreichen"  und  die  zugehörigen  formen  bei  Homer.    Von 

Leo  Meyer 102 

Skr.  dürvä.     Von  A.  Bezzenberger 104 

Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äolischen  dialects.     Von  F.  Bechtel  105 

Zum  schwä  im  Griechischen.     Von  A.  Fick 166 

Blandior.     Von  A.  Bezzenberger 168 

Germanische   labiale  aus  gutturalen.     Von  A.  Fick.     Mit  Zusätzen 

von  A.  Bezzenberger 169 

Cliens.     Von  Leo  Meyer 176 

uJovqos  :  dovoaros.     Von  A.  Fick 183 

Miscellen.    Von  6r.  Meyer 184 

Die    inschriftlichen    quellen    des  böotischen   dialekts.    Erster  teil: 

Theben,  Orchomenos,  Tanagra.     Von  Richard  Meister    -    -    -    -  185 

Ein  lückenbüsser.    Von  Michael  Deffner 238 

Miscellen.     Von  G.  Meyer 240 

Die   frage  nach  der  geschichtlichen  entwickelung   des   farbensinnes 

von  dr.  Anton  Marty.     Angezeigt  von  O.    Weise 242 

Niels    Ludvig   Westergaard.     (Nekrolog).     Von    Vilhelm    Thomsen. 

Aus  dem  Dänischen  übersetzt  von  A.  Bezzenberger     -----  248 

Der  lateinische  ablaut.  I.     Von  F.  Frbhde 265 

Das  Jainendravyäkaranam.     Von  Th.  Zachariae 296 

Vertretung  von  r  und  1  durch  a  im  Griechischen.    Von  A.  Fick    -  311 

A  im  ablaut  zu  e  und  6.     Von  A.  Bezzenberger 312 

Die  neu  aufgefundenen  inschriften  von  Dyme  (Achaja).     Von  A.  Fick  320 

Zur  beurteilung  des  pampbylischen    dialekts.     Von  A.  Bezzenberger  325 
William   Dwight   Whitney,    A  Sanscrit   grammar.     Angezeigt 

von  Alfred  Hillebrandt   - - -  338 

N.  Dossios,  Beiträge  zur  neugriechischen  wortbildungslehre.    An- 
gezeigt von  C.  Foy 345 

C.  Foy,  Lautsystem  der  griechischen  vulgärsprache.    Angezeigt  von 

P.    N.   Pappageorg 349 

Miscellen.     Von  A.  Bezzenberger  und  A.  Fick      .......  351 

Berichtigungen 352 

Register.    Von  H.  Collitz 353 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects. 

Thessalien  im  engeren  oder  politischen  sinne  umfasste  nur 
das  gebiet  des  thessalischen  bundes.  Dieser  bestand  wieder  aus 
vier  städtebünden  oder  landschaften :  Thessaliotis  Hestiaeotis 
Pelasgiotis  und  Phthiotis ,  den  sogenannten  Tetraden ,  welche 
die  sage  auf  Aleuas  den  rothen,  den  ahn  der  Aleuaden  von 
Larisa  zurückführte.  Im  weiteren  sinne  wurde  der  name  Thes- 
salien aber  auch  auf  eine  reihe  von  landschaften  ausgedehnt, 
welche  an  die  Tetraden  grenzend  diese  fast  rings  umgaben 
und  theils  autonom  waren,  theils  in  einem  losen  abhängigkeits- 
verhältnisse  zu  dem  Thessalerbunde  und  dessen  gliedern  stan- 
den. Perrhaebien  am  westabhange  des  Olympos  und  dem  Ti- 
taresiosflusse  war  meist  den  Pelasgioten  zinsbar,  die  Magneten 
am  Ossa  und  Pelion  waren,  soweit  wir  wissen,  ganz  unabhän- 
gig, ebenso  in  späterer  zeit  die  bewohner  des  Spercheiosthales, 
die  Malier  Aenianen  und  Oetäer.  An  die  Thessaliotis  grenzte 
das  bergland  der  Doloper;  die  quellen  des  Peneios  waren  im 
besitze  epirotischer  stamme,  der  Tymphäer  und  Keläthen  (der 
Aethiker  Homers).  Vgl.  Bursian  Geographie  von  Griechen- 
land I,  40  ff. 

Auf  diesem  weiten  räume  bestanden  mehre  dialecte  unab- 
hängig neben  einander.  Die  Tymphäer  und  Keläthen  waren 
sicherlich  auch  ihrer  mundart  nach  Epiroten;  die  Doloper  Ae- 
nianen Malier  und  Oetäer  unterschieden  sich  nach  den  inschrif- 
ten  ihrer  gebiete  sprachlich  wenig  von  ihren  nachbarn ,  den 
Phokern  Lokrern  und  Aetolern.  Die  Magneten  redeten  ein 
idiom,  welches,  den  schwachen  spuren  nach,  welche  wir  davon 
besitzen,  jedenfalls  von  den  dialecten  des  eigentlichen  Thessa- 
liens sich  unterschied.  Die  einzige  bisher  bekannte  inschrift  im 
magnetischen  dialect  findet  sich  Leake  Travels  in  Northern 
Greece  pl.  XL  nro.  204  (vgl.  IV,  405)  abgebildet.  Gefunden 
ist  sie  östlich  vom  Böbeissee  beim  dorfe  Kanalia,  wo  ein  brei- 
tes thal  zwischen  den  Maurobuni,    dem  verbindungsgliede   zwi- 

Beitrügo  n.  kumlo  d.  ig.  sprachnn.  V.  i 


A.  Fick 


sehen  Ossa  und  Pelion,  und  dem  nordabhange  des  Pelion  sich 
öffnet.     Die  inschrift  ist  tadellos  erhalten  und  vollständig: 

1  eXXavoxQarr]     2  aoeivora/iuev     3  oaoodtosxccT     4  Of.i7tedo)- 
T£Ql.io     5  va 

cEXXavoxQaTi]g  a€itOTa/.uevaag  oöto  ey.azofX7tidto  TtQ(.iova. 
Die  abfassungszeit  ist  in's  2.  jh.  zu  setzen,  als  Deinetrias,  wo 
Hellanokrates  wohl  OLTorafiiag  war,  blühte;  die  schrift  ist 
durch  ein  umgekehrtes  -5"  (also  5")  merkwürdig,  welches  sich 
auch  in  sehr  jungen  inschriften  findet,  aber  sehr  wohl  aus  dem 
fiinfstrichigen  a  des  alten  alphabets  von  Teos,  Kolophon  u.  a. 
(Kirchhoff  tf.  I,  VI)  durch  weglassung  des  untersten  Striches 
entstanden  sein  kann.  Dass  der  magnetische  dialect  sich  von 
den  mundarten  der  Thessaler  unterschied,  beweist  der  genetiv 
auf  to  in  oöto  kxato/iiTtidto ,  denn  die  Phthioten  und  Thessalio- 
ten  bildeten  diesen  casus  auf  ov,  die  Pelasgioten  aber  auf  oi, 
und  so  besitzen  wir  in  dem  to  unsrer  inschrift  den  untrüglichen 
beweis,  dass  der  magnetische  dialect  nicht  mit  einer  der  thes- 
salischen  mundarten  identisch  war.  —  Dagegen  zeigen  die  auf 
Perrhaebischem  gebiete  gefundenen  inschriften  ganz  den  typus 
der  Pelasgiotischen  mundart,  was  sich  ja  auch  aus  den  oben 
angedeuteten  politischen  Verhältnissen  genügend  erklärt. 

Auch  in  dem  gebiete  des  thessalischen  bundes  herrschte 
nicht  ein  und  derselbe  dialect.  Die  mundart  der  Phthioten 
oder  Südthessaler,  deren  wichtigstes  document  der  vertrag  zwi- 
schen Meliteia  und  Pereia  (Ussing  nro.  2)  ist,  zeigt  gar  keine 
Verwandtschaft  mit  denen  der  Thessalioten  und  Pelasgioten,  son- 
dern schliesst  sich  an  die  kette  der  nordgriechischen  dialecte  der 
Aenianen  Phoker  Lokrer  Aetoler  u.  s.  w.  an.  Dagegen  stim- 
men Thessalioten  Hestiaeoten  Pelasgioten  mundartlich  in  wich- 
tigen puneten  überein,  so  dass  wir  berechtigt  sind,  einen  eignen 
nordthessalischen  dialect  aufzustellen,  dessen  auffälligstes  kenn- 
zeichen  die  Vertretung  des  alten  to  durch  ov  ist.  Innerhalb 
dieses  nordthessalischen  dialects  unterscheiden  sich  wieder  Thes- 
salioten und  Pelasgioten  in  der  bildung  des  genetivs  sing,  der 
o-stämme:  dieser  lautet  auf  den  inschriften  von  Pharsalos  -ov 
=  -to,  in  den  documenten  des  pelasgiotischen  idioms  -oi,  ent- 
sprechend dem  homerischen  -oio.  Wie  sich  die  Hestiaeoten  in 
diesem  punete  verhielten,  lässt  sich  aus  mangel  an  belegen 
nicht  angeben.  Dem  beispiele  von  Ahrens  Gr.  L.  Dial.  II 
p.  528  sq.  folgend  habe  ich  im  folgenden  versucht,  die  quellen 


' 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  3 

des  nordthessalischen  dialects  zu  sammeln.  Wenn  diese  Samm- 
lung einigermassen  vollständig  ist,  so  verdanke  ich  dies  wesent- 
lich der  kundigen  Weisung  meines  verehrten  lehrers,  des  hm. 
geh.  reg.-raths  Sauppe. 

Benutzt  sind  für  die  folgende  Sammlung:  Leake  Travels 
in  Northern  Greece  IV  vols  London  1835.  Revue  Archeolo- 
gique  1844.  Ussing  Inscriptt.  Graecae  inedd.  Havniae  1847. 
Heuzey  le  mont  Olympe  et  l'Acarnanie  Paris  1860.  Annu- 
aire  de  l'Association  pour  l'encouragement  des  Etudes  Grecques 
Annee  1869  Paris.  Heuzey  et  Daumet,  Mission  Archeolo- 
gique  de  Macedoine  Paris  1876.  Keil  Inscriptt.  Thessal.  tres 
Numburgi  1857  (gratulationsschreiben  an  Boeckh).  Ähren s 
Dial.    Mionnet  Description  de  medailles  antiques  Paris. 


I.    Thessaliotis. 

Pharsalos  1.  „Hadji-Amar,  ä  9  kilometres  0.  de  Pharsale 
dans  la  direction  de  l'ancienne  Proerna.  Sur  un  long  bandeau 
de  pierre,  servant  de  linteau  de  porte  dans  l'eglise  ruinee". 
Heuzey  et  Daumet  p.  424. 

1  oda[4.aT€QdioxÄeaieooTa(jExevo 

2  . .  oaaoTavoQoaoXeTOolaya&oa 

3  ...  leaTEooadelipeooEOOTayelo . . . 

4  C(TOLKTi()aoavdQaaya&ov7taQiTO 

Vierzeilige  grabinschrift  in  vorionischer  schrift.     Die  erste  zeile 
lasst  sich  mit  Sicherheit  wiederherstellen: 

(Zäficc  r)6dya  ^ccTrjQ  Jio*Uai  eaaraa   'ExEvo(ia) 
oder  *ExevUcc,   der  letzte   buchstab  scheint  unsicher.      Ebenso 
leicht  ist  die  restitution  der  vierten  zeile: 

(Xoeve  y)axoL7i%iQag  avÖQ    äya&ov  naqixoi 
Man  vergleiche  die  Tettichosinschrift  C.  I.  A.  463 

Ei'r   daxog  xig  ccveq  eI'te  xoivog  alo&sv  ü&ov 
Thnxov  olxTiqag  ävdq  dya&ov  naqlxo  xxl. 
Der  zweiten  und  dritten  zeile  habe  ich  keinen  genügenden  sinn 
abzugewinnen  vermocht  und  lasse  vage  vermuthungen  lieber  bei 
seite. 

Pharsalos  2.  „Phersala,  l'ancienne  Pharsalos.  Petite  pla- 
que quadrangulaire  dans  une  maison  de  la  haute  ville,  sur  les 


4  A.  Fick 

pentes  au-dessous  de  l'acropole  antique".  Heuzey  et  Dau- 
met  nro.  201,  p.  428. 

1  öafovzuy^o)     2  dcxcaxcc7t£i&ö 

ddfiov  xdqjQodlxai  xä  JJud^io. 
Die  schrift  ist  vorionisch,  das  digamma  in  Jdfcov  ganz  deut- 
lich, das  J  in  Jdfwv  nicht  ganz  sicher.  Das  alter  der  in- 
schrift  erhellt  auch  aus  dem  ai  in  L4qjQodlxcu ,  während  sonst 
wie  in  xä  das  l  des  dativs  schon  geschwunden  ist.  Die  Aphro- 
dita  Peitho  weist  Heuzey  auch  in  Lesbos  nach,  indem  er  die 
inschrift  ...irtlxw  ßtofiio  l4qjQ0Ötxag  xäg  Ilu^cog  Conze  Reise 
nach  Lesbos  tf.  IV,  3  vergleicht.  Dem  dialecte  gemäss  müsste 
man  lesen:  Jdfovv  rdcpQodlrai,  xä  Ilei&ov.  ai  im  dat.  fem. 
findet  sich  sonst  nur  noch  in  Kd^iovv  ed-vae  xäc  Kögfai. 

Pharsalos  3.  „Rhizi,  village  ä  4  kilom.  de  Pharsale,  sur 
le  plateau  qui  domine  la  ville  au  sud.  Dalle  epaisse  de  mar- 
bre  noir,  dans  l'eglise".  Heuzey  et  Daum  et  nro.  199  p.  425. 
Schon  früher  von  Heuzey  veröffentlicht  im  Annuaire  de  1' As- 
sociation pour  l'encouragement  des  Etudes  Grecques  1869 
p.  114  ff. 

1  a(ya&azvxcc)a7ZoXiGqjaQGccXiovvxoioxaiovG£};ct()xaoov(.i~ 

JToXlX£VO[i£VOlOXCClOV[.l7lO 

2  X(ei*eLoavT£)(j(n7tccv(ja7tQO&vfua£duvx£Tav7Voli,v£iav- 

X,CtTTCX7t£QCpCCQGaXl0lOT0lO 

3  £{^aQxaGrtoX)LT£VO(X£VOLO£dovY.a£(.i(xa£(.i(.iaY.ovvittiavaG- 

£%0(.i£vaoxovXov£o%ov 

4  yCi{oiAOQaV7tX£)vQ(X£§£WOVTa£Y.aGi;OV£lßatCt£%£lV7TCt- 

TQ0V£CCVTOll7taVZaXQOV0V 

5  T(ay£VOv)z(oVV)£VfH£lXldaVlY.(XGlOUOV    Xw.OVÖ()OV7tC(K£l- 

ovoroXvKOV{.ivaGi7T7t£iovXvxov 

6  q>£Q£Y.(()aT)£LOVaVTLOXOvdvVCCT£lOV 

Idya&ä  xvya..    \A.  rtoXig  QaqoaXiovv  xoig  xal  ovg  st-ccQxäg  av(.i- 

7Z0XlT£V0j.ltV0Lg   KCli    GV/il7toX£f.l£lGdvV£GGl  TcdvOCl  7CQ0d"Vf.da  £ÖOVX.£ 

xdv  7toXiT£iav  y.axxdrt£Q  0agaaXioig  xölg  st-agxäg  7toXiX£vo/.i£- 
voig,  k'dovx  a£f.i(.ta,  efi  Blaxovvlcug  rag  ixo/uivag  xov  ytoviqx°v 
yäg  [.wqccv  nX^qa  si-£ixovxa  kxdaxov  eißdia  s"x£iv  rcaxQOviav 
tbf.i  itdvxa  XQOvov. 

Tay£vovxovv  Ev(.i£iXida  Nixaoialov,  ytvxov  jQOVTtay.£iov, 
'OroXuxov  Mvaoi7trt£iov,  Avxov  (D£Q£XQax£iov ,  'Avxioxov  Jv- 
vaxdov. 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  5 

Es  folgen  in  4  columnen  die  namen  der  mit  bürgerrecht 
und  landbesitz  begabten,  176  an  der  zahl.  Die  inschrift  in 
nacheuklidischer  schrift  sehr  hübsch  geschrieben,  ist  zwischen 
400  und  350  zu  setzen ,  jedenfalls  vor  die  Unterwerfung  Thes- 
saliens durch  Philipp.  Dafür  spricht  die  schrift,  der  knappe 
stil,  die  abwesenheit  der  von  Philipp  eingeführten  Strategen  der 
Tetraden,  sowie  die  volle  autonomie,  ohne  die  eine  solche  Ver- 
leihung des  bürgerrechts  in  masse  nicht  zu  denken  ist. 

Die  lücken  der  inschrift  lassen  sich  meist  ziemlich  sicher 
ausfüllen:  z.  1  a(ya9aTvxa),  z.  3  a(%aQ%aoTcoX)y  z.  5  r(ayevov) 
r(otv),  z.  6  q)EQEY.(Q(xz)Eiov  hat  schon  Heuzey  richtig  ergänzt. 
Z.  1.  2  lese  ich  nach  äolischer  weise  av/nftoX(€^siaavTs)aat, 
worauf  das  aai  weist,  welches  sich  mit  Heuzeys  lesung  ov(.i7toX- 
(ef.uioa)ooi  weniger  verträgt,  auch  fehlen  durchschnittlich  8 — 9 
buchstaben.  Z.  4  lese  ich  ?x{0/iWQawtke)3-()a :  7tli)d-Qa  ist 
sicher,  das  #  noch  wohl  zu  erkennen,  die  worte  U%elv  tücctqov- 
eav  z.  4  erfordern  hinter  yag  einen  accus,  sg.  f.,  wie  ich  glaube : 
jlwqccv  „von  dem  lande,  welches  an  den  Louerchos  stösst,  einen 
antheil,  60  plethren  für  jeden  erwachsenen,  zum  vererbbaren 
besitz".  Durch  anweisung  einer  yag  /noga  wurden  die  leute 
nicht  bloss  noXfaai,  sondern  auch  yaf.iogoi.  Mit  e%eiv  Ttaxqov- 
eav  vgl.  die  inschrift  von  Meliteia  Ussing  2  z.  13  ff.  räv  de 
öa/itooiav  %tüqav — (.irj  ärtodoo&wv  MeXizaslg,  woie  Ttaxqialav 
£%eiv  rbv  TtQid^evov.  Z.  3  edovy.aef.if.iaEf.i^iaY.ovviaLg :  die  letz- 
ten worte  sind  von  Heuzey  richtig  verstanden.  s(.i  Maxovviaig 
bezeichnet  eine  lokalität  als  „die  mohnf eider"  vgl.  Ssxtxav 
„gurkenfeld",  Kgo^i/nviov  „lauchfeld",  Maga&wv  „fenchelfeld"; 
wenn  jedoch  Heuzey  annimmt,  EÖovy.aef.i{.iaei.i(.iaQ  sei  aus  sdovxe 
'/.ai  efi  Ma°  gröblich  verschrieben,  so  scheint  das  wenig  glaub- 
lich in  einem  sonst  so  sorgfältig  geschriebenen  documente  von 
solcher  bedeutung;  as/n/na  muss  „ebenso,  ferner"  bedeuten  und 
ist  ein  uns  sonst  nicht  bekanntes  wort,  das  zum  selben  stamme 
wie  av-g,  av-&i,  av-rog  gehört,  zum  (.i  vgl.  xrj(.tog,  fj/nog. 

Die  inschrift  ist  das  wichtigste  denkmal  des  thessaliotischen 
dialects,  der  sich  vom  pelasgiotischen  besonders  durch  den  ge- 
netiv  auf  ov  =  ot  unterscheidet.  Wenn  Heuzey  (a.a.O.)  hierin 
den  einfluss  der  xoLvrt  sieht,  so  fehlt  zu  dieser  annähme  aller 
grund ,  der  dialect  ist  durchaus  rein  und  von  der  bildungs- 
sprache  in  keinem  puncte  beeinflusst. 

Die  namen  der  176  neubürger  sind  dem  documente  in  vier 


(5 


A.  Fick 


columnen  angereiht;   die  ersten  drei  columnen  enthalten  je  50, 
die  vierte  columne  26  namen;  ich  gebe  sie  in  transscription : 

I.  Columne:  'Ogoßig  KoXvoozaiog.  (DiXoxgdzEig  (DiXovvuog. 
XagixX£(lg)  ®iXox<xQeioQ.  KXsovv  'HgaKXddaiog.  5  OaXaglovv 
2agdovv£iog.  K(o)Xvaozag  'Ogoßleiog.  lAoaz6fia%og  'Ogoßhiog. 
naq(XEvl{o)y.og  lAya&ovvuog.  (Mv)XXtvag  Biggovv£iog.  10  Big- 
Qovv  MvXXtvaiog.  rdXwg  noXvxXeiTEiog.  'Ovdoifiog  Nixrjgd- 
Teiog.  TlaQueviOKog  2agöovv£iog.  KaXXiazgazog  Evdot-Eiog. 
15  Evdogog  KaXXiazgdz€iog.  Q)iXa7tgog  Oeidovveiog.  OdXaxqog 
OvcpeXl/itsiog.  (DdXaxgog  cl7t7ioxgdz£iog.  Tlelaaag  !Agyovvuog. 
20  lAaaxXaTCidöag  z/afiovveiog.  Jgdazag  Alaoxivaiog.  Ev- 
(pgoviog  Mavziy.Xuog.  lllzoivog  lAvzwxuog.  'Ovvftagxog  Xdß- 
ßeiog.  25  Evxgazidag  Xdßßeiog.  <DiX6vi*og  revvaieiog.  2tzv- 
gayog  Fswaieiog.  J!Aox£zog  2aßvgovv£iog.  Nmofiaxog  ldval\dv- 
dguog.  30  lAydoaag  Mivdveiog.  KaXXi*X£ag  Mivöveiog.  &i- 
Xiviyfig  II(XQf.i£viovv€iog.  3!Aooag  dEvöLXuog.  j£völXog3'Aaaaiog. 
35  üavaovv  navaaviaiog.  üavaaviag  Tlavaovvuog.  Nixtag 
®iXot-£V£iog.  Ewocpavzog  Nwiaiog.  <DiX6i-Evog  Nixtawg.  40 
2tV€vöovv  lAXa&oviy.ELog.  'iTtTtoxXsag  2rc£vöovv£iog.  WiXovzag 
2L7tevdovvsiog.  IdX^ifiaxog  iAX^tovvuog.  45  MiXziag  JZififil- 
aiog.  2if.if.dag  MiXziaiog.  l47t£c-dt£ig  lYßgiXduog. —  -o&£vEiog 
-  -yevEiog.     50  -  (Jvv)dz£iog. 

II.  Columne:  3E7t(i)v.gaz"ivog  'Iofiyviaiog.  udvoifia%og  *dv- 
aovvuog.     lAvziyhug  (DiXog~iv£iog.     KgizoXaog  lAvziy&vuog.     5 

"ExirtTtog  ££voy.X£aiog.  JicpiXog  üvgguog.  IIv&oxgdz£ig  3Em- 
ytvuog.  Qiazovg  NixdvdgEiog.  ud(v)?.og  l^gyovvuog.  10  Me- 
vovv  lAvT{i)6%uog.  Tifiol-£vog  Esvoztfieiog.  Qlßgovv  'Yßgio- 
ozaiog.  Biggovv  XoggiovvEiog.  Atvzovoog  MvXXuog.  15  z/«t- 
viag  JafiO(fLX£iog.  'HgaxXuöag  Faoazgovvuog.  2ifilovv  Fao- 
azgovvuog. 2azvglovv  NixovvEiog.  Baz&£xag  Baoaviuog.  20 
ztdfiovv  EixpgovUiog.  KaXXi%Xiag  Aiooyivaiog.  uYßgioozag  Ji- 
xaluog.  'Ugovv  2zgazovv€Log.  Kagiovv  llmto%gdz£iog.  25  llu- 
TtoxgdzEig  Kagiovvuog.  2lfiovv  lAgiazovvuog.  BEvoKgdzug  3Agi- 
azovvEiog.  ®£gsvixog  K£(paXovvuog.  Md%iog  KEcpaXovvuog. 
30  2ov/.gdz£ig  ^Lvaavlatog.  F{£)vvalog  Idodvdguog.  JafiOTt£i- 
&ug  iAX^Uiog.  lAozvXog  2zgoq?dx£iog.  Evdoj-og  lAaovveiog. 
35  Aeovv  KaXXi(ßdv£iog.  Tigaiog  KaXXicpdvEiog.  IdgiozoqpiXog 
Idgiozovvuog.  JgovttvXog  Jlizoiöaiog.  Mivv£tg  cIoziai£{t)og. 
40  'Yßgiozag  Evßoiuog.  Mvaoidaftog  3Ex£ftfiaiog.  Fwvalog 
&£ogdoz£iog.     OlXntnog  3Avzi(pdvuog.    lAvzicpdvug  (DiXimtEiog. 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  7 

45  Qsidtag  AvzoßovXsiog.  Qeoyilog  'Eruxoazldaiog.  Bqixag 
lYßQiozaiog.  üoXizag  Evt-evidaiog.  Evt-svtdag  TloXizaiog.  50 
JSazvoLovv  cYßotozaiog. 

III.  Columne:  J'Ovaoog  QsodovQEiog.  Geodovgog  'OvdoEiog. 
l4vÖQOf.iaxog  0aXa(ix)Eiog.  Jiozif.wg  (DaXaixEiog.  5  üezqovv 
na/iißovTcuog.  ^AvziyhEig  IdvziyEVEiog.  "AQ^nntog  Asovzoxgd- 
teiog.  Ayd&agxog  NixovvEiog.  Ki&aigovv  EvcpoavoQEiog.  10 
AvdQOxXslg'AvdoEaiog.  Evrcolsf-iog  Jeivo/nsvsiog.  Bdxxiog  Jei- 
vo(.iivEiog.  Avzovoog  Idya&ovvEiog.  'Ayd&ovv  Avzovosiog.  15 
jQOfxiooxog  lAyanvQQEiog.  2lfiog  !Avziyivsiog.  l4f.wlßag  KaX- 
XiozgdzEiog.  dEivictg  TavQOvvEiog.  MixxvXog  AvoutovEiog- 
20  'HgaxXEidag  MixxvXsiog.  Avoinovog  MixxvXswg.  Sipos 
AyaSoxXtaiog.  J'Aoavdqog  IIvooLaiog.  IIaQi.iEviox.og  AgiiodiEiog. 
25  Mvaolfiaxog  Aoozovosiog.  KaXXixXiag  IdoozovoEiog.  ®o- 
£ivog  IdoozovoEiog.  KXsoopdvEig  zlE(.iazQiELog  (sie!).  idooioiAEi- 
ÖEig  KXEO&oLvsLog.  30  Bov&oivog  Ilcudlvaiog.  IIaQ[.iEviovv 
ITaidlvaiog.  0Qvvloaxog  Evayoosiog.  Bovdovv  KaXXioozod- 
tELog.  l4(.iEiooag  üi&ovvEiog.  35  Maoovag  l4f.wvzatog.  IIo- 
XvxgdzEig  Maoovauog.  Asiviag  Maqovaiog.  Evöa/Liogg  (sie!) 
KXEo&oivEiog.  Idvziyovog  MEXav&iEiog.  40  2zqazovtxog  lAq- 
yovvEiog.  Xgsioovv  2zoazovlx,Eiog.  MsXdviTtTtog  rsgoaiEiog  (IT?). 
'Ays(.iaxog  ÜEggalsiog.  üavoovv  IlEggalsiog.  45  üsggag  Xa- 
vvXccEiog.  l4vTi[i£VEig  l^ysXdEiog.  Niovv  MsXaviogsiog.  Alo- 
ox^Xog  MvaoovvEtog.  WiXo^Evog  Mvaoovvsiog.  50  Elgoviöag 
Mvaoovvsiog. 

IV.  Columne:  (A)vxog  XavvEiog.  Nixdooag  MixvXXsiog. 
lAfxvvzag  Avzovosiog.  Avx'iag.  5  Evcpgoviog.  Mixivag.  Ke- 
cpdXovv.  Evqpgoviog.  Elgovidag.  10  Fiyovv.  Ayd9ovv.  Ks- 
(fdXovv.  2l(.wg.  üei&ovv.  15  Ja\xdgazog.  FXavxog.  IIv&- 
og/iiag.  3Aygoizag.  KXsoyivsig  Si/nsiog.  20  KXsizog.  2ov- 
otag.  Nöozi/iiog.  Jij-avdgog.  AvzoXvxog.  25  'Agxioovv. 
'HgaxXsidag. 

Versehen  des  Steinmetzen  sind:  naof.iEvix.og  1,  8  (für  Ilag- 
/LiEvioxog)  'AvzoxELog  2,  10  (für  lAvzioxsiog)  'loziaisog  2,  39  (für 
'IoziaiEiog)  jEfiazoiEiog  3,  28  (für  Ja[.iazgisiog).  Bedenklich 
sind  die  namen:  0iXarrgog  1,  16  (lies  0iXaygog?)  üizoivog  1, 
23  und  TLizoidaiog  2,  38  wofür  vielleicht  Iliz&ivog  üiz&idaiog 
zu  lesen  vgl.  üi&ovvsiog  3,  34  und  den  alten  namen  IIiz&Evg. 
27tvoayog  1,  27  "Aoxszog  1,  28  AXa&ovixsiog  (lies  yAya$o-?) 
linsga^sig  1,  47  =  Anxga^.g  Etudes  Grecques  ist  noch  nicht 


8 


A.  Fick 


richtig  gelesen,  der  untere  theil  der  buchstaben  ist  zerstört 
(^taxQctTeig?)  -yevewg  1,  49  habe  ich  statt  -nsveiog  geschrie- 
ben, (Jvv)druog  1,  50  ist  nach  14vti6%ov  Jvvaxdov  z.  6  der 
inschrift  ergänzt.  Ila/niovTcaog  hat  Heuzey  richtig  in  FLafx- 
ßovvaiog  (vgl.  den  attischen  deinos  der  nafißcoxddai)  verändert; 
für  rsQQaleiog  3,  42  möchte  ich  JleQQaieiog  lesen  mit  rücksicht 
auf  die  unmittelbar  folgenden  namen  idyi/naxog  üeggaleiog. 
üavaovv  ÜEQQaiuog.  Ttegoag  XavvXduog.  Die  bedeutung  die- 
ses namenverzeichnisses  für  die  griechische  Onomastik  wie  für 
die  lautlehre  des  thessaliotischen  dialects  zu  würdigen  ist  hier 
nicht  der  ort. 

Pharsalos  4.  5.  „Phersala.  Deux  plaques  de  marbre  blanc". 
Heuzey  et  Daumet  p.  428. 

4.  1  ((pctQoaXi)oiave&£L*aiv  2  (ev^afn)€VOLÖuaovT€iQL  3 
(vay)evovTOvv  4  ... aoaßXixavuov  5  ■la.yfivöY.oXkziov  6 
. . .  iXeaoaaarovoBiov  7  . . .  ovf.i£vvuov  8  . . .  oxovq>iXovi 
xeiov 

5.  1  {tayevovtovv)  2  -ivuov  3  -oyeveiov  4  -£fj,7t£Öt, 
ovvuov     5  -i%<XLOvayeiTOQ£t,ov     6  -vi7t7iovnavaiQ£iov 

4.  0ctQodXioi  dve$£r/.cciv  £v<~d[.i£V0L  Jd  Sovteiql  rayev- 
ovzovv  -aog  BXixavuov>  -(.id%ov  SaoXXeLov,  -iXeaog 
lAaxovoüov,  -ov  Mevvelov,  -oyfiv  (ViXovixetov 

5.  zaysvovTovv iveiov, oysveiov,  —  'E/tmediowetov, 

-ixaiov  IdyeiroQEiov,  MeXavirvfCov  ITavaigslov. 

4  und  5  sind  wohl  stücke  derselben  inschrift,  das  erste 
tagenverzeichniss  bezeichnet  das  datum  der  zvx*l  (evl-dpevoi), 
das  zweite  das  der  dvd&soig. 

Der  schrift  nach  ist  4.  5  jünger  als  3;  dvs&eUaiv  ist  ganz 
sicher;  in  -aog,  -iXsaog  4,  4.  5  haben  wir  eine  spur  eines  gene- 
tivs  der  ag-stämme  auf  aog  (?)  (gegen  Ev/.t£iXiöa  gen.  Phars. 
3,  z.  5),  im  übrigen  ist  alles  klar. 

Pharsalos  6  und  7.  „Phersala.  Steles  en  marbre  blanc  etc". 
Heuzey  et  Daumet  p.  429. 

6.  1  x°Ql'XXoGii£V£Y.Qa     2  T£iooav£d-t]X£     3  aoxXrjTtuoi 

7.  1  X£wvidao"/.£(paXc     2  v£ioaav£d-rjy.£ 

6.  XogiXXog  M£V£Y.Qdt£tog  dve&rjxE  lAaxXrj7Zia)i, 

7.  yl€tovidag  KEcpaXLvuog  dve&tjXB 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialectß.  9 

Beide  Inschriften  sind  nicht  mehr  im  dialect  gehalten,  zei- 
gen aber  in  MevsxQareiog  und  Kecpa'klvsiog  noch  die  altthessa- 
lische  vaternamenbildung ,  wofür  später  der  genetiv  eintrat  wie 
z.  b.  in  dem  Siegerverzeichnisse  von  Larisa  Heuzey  et  Dau- 
met  p.  423. 

Pharsalos  8.  „Bekidaes,  village  situee  ä  11  kilometres  au 
N.  E.  de  Pharsale"  —  „gravee  sur  une  stele  en  marbre  noir". 
Heuzey  et  Daum  et  p.  430. 

1     acp&oveza)     2  /uccvi%£tü 

'AySov&xvo  Mavi%iio,  offenbar  genetive.  w  für  ov,  e  für  ei 
weisen  auf  ziemlich  hohes  alter,  x  ^  +  geschrieben;  im  ge- 
wöhnlichen pharsalischen  dialect  müsste  die  inschrift  l4(p$ovd- 
tov  Mavixslov  lauten.  Der  name  Mdvixog  gehört  zu  Mavoöio- 
qoq  als  sklavenname  Aristoph.  Av.  657  (nicht  zu  Mi]vö-öiüQog). 
(Sollte  die  inschrift  aus  Magnesien  stammen?) 

Kieriou. 

Münzen  der  Stadt  zeigen  die  inschrift  'aisqiuiov  Mionnet 
III  p.  281,  dialectisch  für  Kugiiiov  vom  nominativ  KuQievg 
vgl.  Kugecog  gen.  sg.  auf  einer  jüngeren  inschrift  gefunden  zu 
Larisa  Ussing  nro.  14.  Das  dialectische  in  Kcsquicüv  ist  be- 
reits von  Leake  III,  371  erkannt  worden. 


IL    Hestiaeotis. 

Metropolis  1.  „At  Paleokastro  (=r=  Metropolis)  in  the  wall 
ofahouse;  the  inscription  was  twice  as  long  but  not  broader". 
Leake  pl.  XLI  nro.  219  vgl.  N.  G.  IV  p.  509  „the  letters  are 
of  the  best  times,  but  small  and  much  defaced".  Ahrens  dial. 
II  p.  530.     Keil  Inscriptt.  Thessal.  tres  p.   12. 

1  iovv£iooavTicp(a)  2  v€iortvQQivai(o)  3  aaorojiiaxoa(d) 
4  ct(.taiv£Teioo(7z)  5  avaioo.cc7t..  6  ,v€toa(7tava)  7  (a) 
viaoev/.ls{i)  8  {d)aLoaavÖQOf.i(a)  9  (xo)a^soQÖm?.o(a) 
10  (.  .)aovaaev  11  o(fiXiveiood{i)  12  ovvoioaxfo&v 
13  {i6)atoö7taQf.ia  14  (viot£l)evraioo  15  {t)ovva{Q)vi<x 
daioa  16  r.qaxleidao  17  (fii£)Xav(ioQ)€ioa  18  (ov)g)eh 
lioa  19  sQuiatoa  20  eQOTOxA.icc(o)  21  {rj)qa-KXeiö(xioa 
22  ((xe)vvioasQa 


10 


A.  Fick 


tovveiog,  Idvtupdvug  Ilvgglvaiog,  Idoxo^axog  Jafucuvfreiog,  Tld- 
vaiog  Ila.mtovvuog,  Jlavaavlag  EvxXeldcuog,  lAvdgo/naxog  Qeog- 
doruog,  Magavag  EvocpsXlveiog,  diovvaiog  KXiwvidaiog,  Tldg- 
luvig  TeXevzalog,  "low  l4gviddeuog>  'HgaxXeldag  Mekaviogeiog, 
Ovq>eXi/nog  'Egfitcuog,  2TgoTOx.Xtag  'HganXetdaiog,  Mivviog  'Ega-. 
Manches  kann  auch  anders  gelesen  werden :  z.  1  'Iovvtog 
Keil  yon^'Iovv  =  3'ltov.  z.  5  'ASdvaiog  Ahrens.  z.  10  Ogaovag 
Keil;  Magavag  wird  empfohlen  durch  Magavag,  Magavaiog 
Phars.  3  Col.  3,  35  ff.  z.  11  JEgyoq>iXiveiog  Ahrens.  12  KXio- 
Haxidaiog  Ahrens  ist  wie  KXionxldaiog  zu  lang.  15  "low 
Keil,  Aiow?  Nlovv?  =  Aitov  Nsiov.  15  Alvtddatog  Ahrens. 
17  MeXaviögeiog  =  Ntovv  MeXaviögeiog  Phars.  3  Col.  3,  47, 
MeXavtixeiog  Keil,  auch  MeXaviTtrtsiog  würde  passen.  20  2rgo- 
TOxXlag  Ahrens,  'EgavoxXlag  Keil.  z.  9  Qeogdötuog  ist  sicher 
gestellt  durch  revvalog  Qeogdoteiog  Phars.  3  Col.  2,  42. 


Metropolis  2.  „On  the  site  of  Metropolis  of  Upper  Thessaly 
I  purchased  a  silverring  for  the  finger,  inscribed  axxvXao  = 
AtxvXag  in  letters  of  gold  beautifully  formed".  Leake  N.  G. 
IV,  445.  Derselbe  name  in  IdxxvXa  Evgv7to$ela  Pherae  4. 
Vgl.  Kegxltov  Axxlvov  QexxaXog  Rhangabe  n.  1812. 

Von  Ithomc  (im  gebiete  von  Metropolis  nach  Strabo  437) 
besitzen  wir  keine  inschriften,  dass  aber  auch  hier  das  thessa- 
lische  ov  =  cd  geherrscht,  zeigt  Steph.  Byz.  s.  v.  'löco^r]—  xa- 
Xuxai  di  6  xortog  xrjg  OexxaXixrjg  Qov/tiaiov  a7toßoXfj  xov  i 
xai  rgoTtfj  xov  to  elg  xrjv  ov  öiqp&oyyov. 

Gomphoi.  Die  münzen  der  stadt  haben  die  aufschrift  yo/u- 
(pirovv  —  ro^iqpiTOvv  (aus  ro/nqpixdow?)  Mionnet  III  p.  284. 
(Daneben  Fof-icpitov  II,  12.) 

Trikka.  ,/A  Palama,  village  voisin  de  Triccala,  dans  une 
eglise".    Heuzey  M.  Olympe  nro.  58. 

1  v€av(d-)0O7tatrjg      2  7ti&aiov/iiaxr]giLivaiia      3  ave&rjxea 
yeoiai7ZoXXs7T     4  odvgofievrj 
Ntav&og  7taxrjg.     Tlid-aiov  f.idxtjg  /uva^ia  äv£&rf/.e  Ayeaiai  7i6XX' 
ETTodvgo^iivtj. 

Der  dialect  ist  nicht  mehr  rein:  Y.oivij  in  dv£9r]xe,  episch 
gefärbt  der  pentameterausgang  noXK  hTodvgo/nevrj,  thessalisch 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  11 

TLi&aiov     (vgl.    MeXav&ov    =    MeXav9iA     Larisa    4)     ndtrjq, 
/xvafxa  (Heuzey  bildet  ab:  vcr/m,  transscribirt :  /.iva^ia). 

Pcliimaion.  „At  Paleo  Gardhiki"  (nach  Leake  =  Pelin- 
naion)  pl.  XXXV,  nro.  172  vgl.  N.  G.  IV,  288. 

1  7i£TQaioviY.a     2  degöaia     3  ccvedrjxsv 
IIsTQaiovUct  JeQÖctia  dvi&rjKev. 

Die  inschrift  zeigt  in  dvi&rjKev  Übergang  zur  xotvjy,  die 
namen  sind  noch  dialectisch  gefärbt.  Der  name  IleTQaiovixa 
bezieht  sich  auf  den  in  Thessalien  verehrten  Poseidon  IletQalog 
und  lässt  auf  ein  fest  nergcua  schliessen;  ebendahin  die  koseform 
Jlstgalog  z.  b.  in  der  thessal.  inschrift  Leake  N.  G.  III,  371 
Ol  veavloxoi  IIstqcuov  0iXo!-evidov  MrjtQ07toXlzi]v  yvf.ivaaiaq- 
XTqaavta.  Der  name  Jiqdag  ist  makedonisch,  mehre  fürsten 
der  Elimeia  hiessen  so. 


III.    Pelasffiotis. 

Pherai  1.  „In  the  church  of  Velestino  (—  Pherai)  on  a 
Stele".    Leake  N.  G.  pl.  XL  nro.  211  vgl.  N.  G.  IV,  443. 

1  ayXaioi7t7toXvT£ia     2  (X)evxa&Eai 
IdyXaig  ^TtTtoXvTeia  ylevKa&ecu. 

Die  ergänzung  (X)evxad-€ai  ist  zweifellos.  Die  beiden  Zei- 
len der  inschrift  bekommen  dadurch  parallelen  anfang  und 
^ievxad-m  ist  als  dialectische  nebenform  zu  udsvxo&ia  auch 
sonst  nachzuweisen:  ytevxd&ecc  erwähnt  C.  I.  3066  als  ein  fest 
zu  Teos,  offenbar  zu  ehren  der  ylevuad^ia  (=  Ino  Leukothea) 
gefeiert,  und  von  einem  gleichbenannten  feste  hat  wiederum  der 
monat  vtevxa&iwv  in  Lampsakos  C.  I.  add.  3641b  seinen  namen, 
wie  die  monate  lAqxmiouöv  BaÖQOf.iu6v  ^ir^vanov  in  derselben 
stadt  auf  die  entsprechenden  feste  Id^xE^loicL  Baögofiiia  jLr\vaia 
schliessen  lassen. 

Der  dativ  auf  ai  weist  wohl  nicht  auf  höheres  alter,  son- 
dern auf  einfluss  der  bildungssprache.  Das  e  in  ^tevxa&iai  ist 
gewahrt  wie  in  den  pharsalischen  inschriften  vgl.  Neovv,  KXi- 
ovv,  uieovvy  KXeoytveig  Phars.  3. 

Pherai  2.  |„Pheris  in  aede  Sti  Charalampi  basis  statuae 
haec  habet".     Ussing  nro.  20  p.  32. 


12  A.  Fick 

1  Y,lio(.iaxoa     2  fioXooosioo     3  aa^Xarciov 
Khcf-iaxog  MoXoooeiog  Idovlcmiov. 

„Kliomachos  Molossos'  söhn  dem  Asklapios."  IdoyXamov 
ist  thessalischer  dativ  auf  ov  —  w  (aus  m). 

Pherai  3.     „Pheris  in  sepulcreto".    Ussing  nro.  50  p.  40. 
1  av&QOvrtvXa     2  <xvxiY.Qa.Tua. 
!Av&QOv?tvXa  ^Avxmqaxua. 

l4v&Q0V7tvXa  von  Ussing  unrichtig  in  zwei  namen  *'Av$qov 
und  TlvXa.  zerlegt,  ist  vielmehr  wie  Dittenberger  Hermes 
XIII,  396  richtig  sah  =  l4v$Q(x)7tvXa  deminutiv  zu  dem  namen 
'Idv&QWTtog  (Olympionike  Aristot.  Eth.  Nicom.  VII,  6,  1147b  35). 
Der  vollname,  wozu  'lAv&QutrtoQ  ursprünglich  gehört,  ist  wohl 
als  <ViX-av&Qto7tog  zu  denken. 

Pherai  4.  „At  Petra  on  a  stone".  Leake  pl.  XL  nro.  209. 
vgl.  N.  G.  IV,  445.  Petra  im  alten  Jtoviov  rcediov  am  Boibeis- 
see  gehörte  wohl  noch  zum  Stadtgebiete  von  Pherai. 

1  atxvXa    2  evQVTto&eia 
*AxxvXa  EvQvno&eLa. 

Grabschrift  im  dialect;  der  name  Attyla  erscheint  auch 
Metropolis  2  und  ist  dadurch  vor  besserungsversuchen  geschützt; 
der  name  EvQV7to&og  ist  neu,  doch  deuten  auf  vollnamen  mit 
no&og  schon  kosenamen  wie  üo&alog  üod-lvog  IIo&Uqv. 

Pherai  5.  Auf  münzen  von  Pherai  soll  sich  nach  Leake 
III,  365  die  aufschrift  pegaiow  Osgalovv  finden.  Mionnet  II, 
23  und  III,  305  giebt  nur  cpsQaiov  und  q)£Qaiwv. 

Larisa  1.  „Larissae  in  sepulcreto  occidentali,  non,  ut  Le 
Bas  dixit,  Triccae".  Ussing  nro.  23  p.  33.  Schon  vorher, 
aber  fehlerhaft,  herausgegeben  von  Le  Bas,  Revue  Archeol. 
1844  p.  315. 

Die  beiden  ersten  zeilen  und  die  letzte  zeile  enthalten  eine 
grabinschrift  im  dialect,  dazwischen  stehen  zwei  in  der  gewöhn- 
lichen epischen  spräche  abgefasste  distichen,  welche  ich  der 
Vollständigkeit  wegen,  jedoch  gleich  in  transscription ,  mitgebe. 
1  7tovzaXa.TtovxaXeiaY,OQa     2  xixvqeiayvva 

3'QXeo  drj  axvyegioi  d-aväxwi  TtqoXiTtovaa  xonfjag, 

ücDxdXa,  ey  yaaxQÖg  xvfioxoxoig  oövvaig, 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  13 

ovx  8  yvvrj  nafmav  xexXrj/uevrj  ovx3  exi  xovqt] 

ittv&og  Ttaxql  Xirteg  /utjxqI  xe  xrjt  {.isXtat. 
7  £qhccovx&oviov 

Im  zweiten  hexameter  hat  der  stein  nach  Ussing  ovxsxi 
und  ist  Le  Bas'  lesung  ovy.  exi  falsch;  Ussing  liest  ovxi  xi, 
aber  der  sinn  erfordert  ovx   ext. 

Die  dialectische  inschrift  lautet : 

IlovxdXa  üovxaXaia  y.6qa,  Tixvoela  yvvd  — 
cEotudov  x^oviov  (dativ) 
llovxaXog,  f.  IlovxdXa  (wofür  im  distichon  mit  Vertretung  des 
dialectischen  ov  durch  cd:  ITcoxdXa)  scheint  makedonischer  na- 
me:  C.  I.  2675b  (Iassos)  kommt  ein  Makedone  nwxaXog  vor. 
Mit  TlovxaXeia  xoqcc  vgl.  xrjg  oloxoodivrjxov  xoorjg  xrjg  'ivaxeiag 
Aesch.  Prom.  590,  Qeoxidg  d'  eaxiv  xogr] ;  Eurip.  Hei.  132,  mit 
Ttxvoeia  yvvd  die  lesbische  inschrift  "Acpaioxig  QeodiDoua  yvv(a) 
Conze  Reise  nach  Lesbos  tf.  XII,  2. 

Larisa  2.  Le  Bas  in  Revue  Archeol.  1844  p.  316,  Ussing 
p.  34.  Der  fundort  ist  nach  Ussing  a.  a.  o.  nicht  Trikkala 
(—  Trikka)  wie  Le  Bas  angiebt,  sondern  „Larissae  in  eodem 
sepulcreto  (occidentali)  invenitur". 

1  aXe^oiievooccoyccXsioo     2  eo/iiaovx&oviov 
'4X€^6/nevog  lAgydXeiog  'Eof-idov  X&ovlov. 

Die  naheliegende  conjectur  AqrcdXsiog  ist  abzuweisen,  denn 
nach  Ussings  Versicherung  „sie  (nämlich  'AqydXeiog)  scriptum 
est,  nee  ulla  est  causa  cur  in  AqndXuog  mutetur".  Der  name 
"AqyaXog  mag  wie  TlioxaXog  makedonisch  sein,  vgl.  Agyaug, 
Idoyeddai,  doch  kommt  Aoyovveiog  auch  Pharsalos  3,  Col.  2,  9 
vor. 

Larisa  3.  Le  Bas  in  Revue  Archeol.  1844  p.  316,  Ussing 
p.  34,  fundort  nach  Ussing  wie  1.  2. 

navoavi  aoaoxoxQaxeioo 
Tlavoaviag  AaxoY.qdxuog. 

Larisa  4.     Ussing  nro.  24,  fundort  wie  1.  2.  3. 
/LieXav&ov  daf.iovLy.eia 
MsXav&ov  z/a/novixela. 

Irrthümlich  sieht  Ussing  in  [.isXavSov  einen  dativ,  es  ist 
vielmehr,  wie  Dittenberger  Hermes  XIII,  395  erkannte,  der 


14  A.  Fick 

bekannte  frauenname  MeX<xv&i6  im  nominativ  mit  dem  thessali- 
schen  ov  für  a>:  „Melantho  tochter  des  Damonikos"  vgl.  l4yXalg 
<l7trcoXvTEia  Pherai  1,  yivÜ-qovnvXa.  l4vTixQarela  Pherai  3,  !At~ 
jvXa  EvQVTZo&ela  Pherai  4,  ÜETQaiovUa  JeQÖala  Pelinnaion. 


Larisa  5.    Ussing  nro.  25,  fundort  wie  1.  2.  3.  4. 
1  (pilocpeiQOO    2  {av)avÖQELoa 
OiXocpEiQog  EvdvÖQeiog. 

Die  ergänzung  (Ev)dvÖQEiog  ist  nicht  sicher,  man  könnte 
z.  b.  auch  (l4a)dvÖQ€iog  lesen;  @iX6(p£iQog  ist  die  thessalische 
form  des  namens  0iX6&rjQog,  der  z.  b.  C.  I.  2356  gelesen  wird. 
Es  ergiebt  sich  hieraus  thessalisches  cpdq  =  &rjQ  und  mag 
daran  erinnert  werden,  dass  auch  Homers  q>fJQeg  dgeaxfpoi,  die 
Kentauren,  in  Thessalien  zu  hause  sind. 

Larisa  6.    Ussing  nro.  27,  fundort  wie  1.  2.  3.  4.  5. 
a&avoysvEig  Id&avoytvEig. 

Der  name  IdSrjvoytvrjg  kam  auch  in  Athen  vor ;  gegen  einen 
Athenogenes  hielt  Hypereides  zwei  reden  s.  Baiter-Sauppe 
Oratores  Attici  II  p.  276. 

Larisa  7.  „Ibidem  (Larissae)  in  sepulcreto  orientali".  Us- 
sing nro.  28. 

1  loayoQaa    2  vihoXcceioo 
'loayÖQag  NixoXaEiog. 

Larisa  8.    Ussing  nro.  29,  fundort  wie  Larisa  7. 

7tetalXig  IleraXXig,  koseform  mit  verdoppelter  Konsonanz 
vgl.  nfoaXog,  IleTdXr] :  Ev-nardXiq  Dionysosamme  (bei  Nonnos). 

Larisa  9.  „Larissae  in  aedibus  archiepiscopi".  Ussing  nro.  21. 

1    2   CtVXOVOELQG      3    OVE&EIKE      4  %OV7tOTElÖG(v)      5   vm 

EQT0L7ta{i)     6  6{o)oavxovoo{i) 

Ussing  liest:  (6  öeivcc)  ^ivrovoEiog  oveH-eme  tw  üoteiöcüvi 
l'TtEQ  %ov  jtavqog  ^4vtov6ov,  doch  versieht  er  diese  lesung  mit 
einem  fragezeichen  und  kritisirt  dieselbe  sehr  richtig  mit  den 
worten  „In  hoc  titulo  restituendo  forsitan  justo  audacius  con- 
jectura  usus  suin". 

Vielmehr  ist  nur  ein  buchstabe  zu  ändern,  nämlich  z.  4  v 
in  v  und  zu  lesen: 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  15 

N.  N.   Avxovoeiog  ovs&eixs  tov  JIotslöovvl  7Csq  toi  rtaiöög 

AvTOVOOl. 

Die  letzten  beiden  buchstaben  von  z.  2  sind  noch  genügend  zu 
erkennen,  vom  o  ist  die  linkshälfte,  vom  a  der  zweitunterste 
strich  erhalten,  ebenso  liest  man  z.  3  noch  sehr  wohl  do  und 
hat  nur  ein  v  hinzuzufügen,  z.  5  ist  vinsoToiita  ganz  deutlich; 
aus  den  letzten  zeichen  und  den  drei  ersten  der  6.  zeile  macht 
Ussing:  TtccToög,  es  steht  aber  in  seiner  eignen  abschrift  ganz 
klar  IIA  z.  6  ji.tZ\  welches  nur  7va(i)d(o)g  Ttaidog  gelesen 
werden  kann;  das  letzte  wort  ccvtovoo  ist  durch  hinzufügung 
eines  i  in  den  thessalischen  genetiv  zu  verwandeln.  Es  heisst 
also:  „N.  N.  söhn  des  Autonoos  weihte  (dies)  dem  Poteidoun 
für  den  söhn  Autonoos  (tvsq  =  rcsoi  c.  gen.  zum  schütze,  um- 
willen)".  Der  söhn  des  weihenden  hiess  wie  der  vater  dessel- 
ben Autonoos  nach  dem  griechischen  brauche,  dass  der  enkel 
den  namen  des  grossvaters  bekam.  Dass  diese  sitte  auch  in 
Thessalien  herrschte,  zeigt  uns  die  pharsalische  grosse  namen- 
liste. Es  erklären  sich  nämlich  so  die  zahlreichen  namenpaare, 
wo  dieselben  namen  als  sohnes-  und  vaternamen  wechseln;  so 
Col.  1  'Ogoßig  KolvoGTaiog:  Kolvaatag  'ÖQoßiuog.  MvXXivag 
BiQQOvvewg:  Biqqovv  MvXXlvcciog.  KaXXiaxQccxog  Evdof-eiog : 
Evdoj-og  KaXXiavQ(XT€iog.  J'Aooag  JevdLXuog :  JevdLXog'AaacLiog. 
TIavaovv  Flavoavlaiog :  üavoaviag  JTccvaovveiog.  Nixtag  WiXo^e- 
veiog:  (DiXoi-evogNixLcciog.  MiXxiag^if.ifiiaiog:  2ifi(.uag MiXtlatog. 

Col.  2.  Kccqiovv  cl7t7toxQ(XT£iog :  'IrtTtoxQccTeig  KaQiovveiog. 
OiXiTtTtog  AvTicpdvswg :  AvTicpdveig  (biXirtTtuog.  TLoXixag  Ev- 
l-evidaiog:  Evt-evldag  rioXitaiog. 

Col.  3.  3'Ovaoog  QeodovQsiog:  Qsodovgog  'Ovdoewg.  Av- 
tovoo g  Ayad-ovveiog :  Ayd&ovv  AvTovösiog.  MiY.y.vXog  Av- 
aircovuog:  Avalrtovog  MixxvXsiog. 

Die  behandlung  dieser  inschrift  habe  ich  so  stehen  lassen, 
wie  ich  sie  vor  einsieht  von  Keils  Inscript.  Thessal.  tres  nie- 
dergeschrieben. Keil  hat  bereits  die  richtige  lesung  toi  ncti- 
dög  Avxovooi  gegeben;  den  rest  liest  er:  2V.  N.  Avxovouog 
ovs&etxs  tov  ÜOTSLÖav  iTtig  und  sieht  hier  das  als  äolisch  an- 
gegebene Itcsq  inschriftlich  bezeugt.  Was  jedoch  in  txoteiö. 
Keil  als  a  liest,  scheint  mir  deutlich  o.  Könnte  man  lesen: 
N.  JV.  AvTovöuog  ovi&eixa  ccvxöv  Iloxeidovvi  txbq  xtX.?  Doch 
ist  zu  gestehen,  dass  ttsq  „für"  bedenklich  ist;  der  Sprachge- 
brauch verlangt  wie  Keil  a.  a.  o.  zeigt  vrtiq. 


16  A.  Fick 

Larisa  10.  Die  ältesten  münzen  von  Larisa  tragen  die  le- 
gende IctQioaeov  Mionnet  III,  288.  Folgt  hieraus  die  aus- 
spräche des  ai  im  thessalischen  dialect  als  ä  ?  oder  verhält  sich 
IccQioasov  zu  XaQioaiiov  der  jüngeren  münzen  wie  TtsÄivvctiecov 
zu  Ttelivvaitüv  auf  münzen  von  Pelinna  =  Pelinnaion?  Die 
münzen  Larisa's  zeigen  auch  die  aufschrift  lagioaia  Mionnet 
a.  a.  o.  Ich  denke,  von  Jagiaa  stammt  ytagiaa-log,  gen.  pl. 
^iagioalojv,  von  Aagioala :  yiaQiGa(t)avg  g.  pl.  Xagioasov,  wel- 
ches nach  ausweis  von  KieQtelcov,  Moipekov,  KQavvovviovv  thes- 
salisch  siaQioaelovv  gelesen  werden  müsste. 

Larisa  11.  Weihinschrift  auf  einem  basrelief,  gefunden  zu 
Larisa  Heuzey  et  Da  um  et  Maced.  nro.  188  p.  419  ff.  Das 
basrelief  ist  abgebildet  a.  a.  o.  Planche  25,  1.  Die  schrift  deu- 
tet auf  das  zweite  Jahrhundert  v.  Chr. 

&soioiieyaXoiodavaaT&oveiT€ici 
Der  letzte  buchstab  ist  deutlich  a,  der  neunzehnte,  den  die  ab- 
bildung  Heuzeys  als  %  giebt,  ist  ein  verlesenes  oder  verschrie- 
benes (f.    Es  ist  zu  lesen: 

Qeolg  Msydkoig  Java  Idy&oveireLa. 

„Den  grossen  göttern  Dana  tochter  des  Aphthoneitos." 
Java  ist  contrahirt  aus  Javda  vgl.  Herodian.  Ttegl  (xoviqq.  Xi- 
gewg  I  p.  8  s.  v.  l4&i]vä :  ..  Kai  fj  Java  ovtwg  eiQ^rai  naq 
'Exaralip  „rfj  Java  jAiayerai  Zevg"  Mueller  Frg.  histor.  Graec. 
I  p.  29  frg.  358.  L4cp&oveiTaia  ist  thessalisches  patronym  (wie 
'IriTtoXvTEia,  EvgvTto&ua)  zu  !Jq>&6veiTog  =  !Acp&6vrjTog  einem 
in  Thessalien  häufigen  namen,  vgl.  z.  b.  Pharsalos  8. 

Kramion  1.  2.  „At  Hagilar  in  the  wall  of  the  church- 
yard«.  Leake  pl.  XXXII  nro.  149  N.  G.  III,  365.  Ahrens 
dial.  II,  528.  Keil  Inscriptt.  Thessal.  tres  p.  6  ff.  Zwei  ehren- 
decrete  auf  demselben  steine,  aus  dem  anfange  der  makedoni- 
schen herrschaft.  Nach  den  bearbeitungen  von  Ahrens  und 
Keil  lassen  sich  dieselben  etwa  lesen: 

A.     1  oaivayv^ivaaia 2 MvoxeXeloi 

€Ö0(^€  TOV  '/.OLVOV  tag)      3    (jZollOg,  E7t)£lÖ€lCl7t7tOÖQ6/iU(og 

4  . .  (AaQio)aiog  dietelev  ev€Qye(Tsg  ro  xoi)  5  (vov  x)ag  rtöXiog, 
dedca&ai  avv(ov  *ai  vöig)  6  (ia)yovoig  rcokixdav  v.axjä{7teQ  xeu 
tioH)  7  (taig)  xdlg  Kgavoiwloig,  vrtaQxih1^  ^*)  8  (y.al  it) 
qo&viav  avjov  xal  (xolg  eoyovoig  e)     9  {TCi(.ul)ei^eifxsv  es  r(6v 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  17 

xafu'av  ortovg  xoö)  10  (e  xö)  xpdopiafia  ovyQCcrpel  ev  xlov(a  xcri 
ovxe)  11  (&el  e)v  xö  lAatlctiiizlov  v.ai  r(ö  ev  xavxa  ye)  12 
(vöf.t)e(v)ov   ovdXov^ia   döf.iev 13   ...    xx  . .  -/.oivdovv 

7tO-?6ÖOVV. 

Z.  3  hat  der  stein  [l7t7toÖQÖfu(og)  und  so  ist  zu  schreiben; 
tIrt7todQÖf.uog  bedeutet :  im  (thessal.)  monat  ll7i7tod(>6f.uog  geboren. 

Z.  G  '/mtt(x(7Tsq  xai  noXixctig)  xolg  Koavovvviotg  nach  Phar- 
salos  3  eöovxä  xäv  noXixeiav  •/.o.ttmieq  (DagoaXloig  xolg  itjctQ- 
%äg  Ttoforevo/iisvoig,  Ähren s:  y.axxä  (ytal  xolg  TroXLxctig)  xolg 
Kq.  vitägyei ,  Keil:  y.axxä  (yo^iiC6f.uva  Ttäg)  xolg  Kq. 

B.  1  (^xgoxa)yevxog  xovv  TLe(Xaoyiovxdovv)  2  (yiiovxog) 
Ilavaavialoi  MaxgoiToX(ixa)       3    (xecyevd)vxovv    SiXdvoi  Idoxo- 

((.taxeioi)     4c ovvog 'Avxiy&vsioi,  Fev(vdoi  \Ao)     5  (oxov)oetoi, 

Fevvdoi  u4lo%vX(eioi  ...      G  .  .  .  K)aX?uo£sveioi ,   xajuie(v6vxovv 

7  — l4)vxiyov£ioi  Qeldovvog  Ev(öo%eioi)     8  og  'Avxiyeveioi 

Xe^avxoig.  ^EttsiösI)  9  (uii)ovv  Tlavoaviato(g)  Margo7t(oXixag) 
10  (di€xe)Xei  evegyeceg  xö  yoivöv  (rag)  11  (7r6Xi)og  ev  xe  xolg 
7tQOX€Qo(v  xQovoig)  12  (xai  e)v  xä  dgxä  xä  eavxol  xal  x(oivä 
Ttdv)  13  {xeaoi  z)ccl  y.cc?  iddiccv  dXv  xov  yigeiav  (ex0)  14  (vxi, 
edo!-)e  xov  xoivov  xäg  TiöXiog  {litt])  15  (velo&ai)  yiiovxa  &r 
xä  7tgoavyga(oEi  xäv)  16  (exet  "/-at  ^)oxxäv  txoXlv  nai  Tto(ß-) 
Vxaoxov)  17  {xovv)  TtoXixdovv  xat  dedo~(&cu  y.al  av)  18  (xov) 
y.cc[T\  xolg  eayovoig  avx(öt  ngo^evlav)  19  (xai)  dovXlav  xat 
looxi/iilav  y.ai  {itdvxa)  20  (xä  Xoi)7tä  avxov  vizctQxhlsv  xif.ua 
(ÖTvöoa)  21  (y.al)  xolg  Xontolg  ngo^evoig  x.ai  (e7ti(.teXeL)  22 
(d-elutv)  xct{.i(l)av  (Deidovva  Evöo^ei(ov  07tovg)  23  (d/ib  xäg) 
xovv  xayovv  yvovuag  (xoöe  xö)  24  (ipd(fiau)a  ovygaqpel  ev  y'iova 
Xi?iv(ov)  25  . .  eoa .  a/.govv  ev  xolg  lagovxolg,  (xo)  26  (de  6) 
vdXovua  xö  yevöuevov  (ev  xavxa)  27  (eyygaope){.iev  ev  xolg  X6- 
yoig  xä(g  nöXiog). 

Kraiinoii  St.  „A  stone  in  the  wall  of  the  church  (of  Hagi- 
larj,  upon  which  a  Hermes  on  a  pedestal  is  represented  in  re- 
lief".     Leake  N.  G.  III,  3GG,  pl.  XXXI  nro.  150. 

eguao  (Hermesbild)  x&0vi0v  —  'Eg/ndo  %0-ovlov. 
^Eg/iido  steht  für  ^Eqf.idov  (vgl.  'Eg^tdov  x$ovi°v  Lar.  1.  2)  sei 
es  nach  alter  Schreibung  mit  o  für  ov,  sei  es  aus  nachlässig- 
keit,  doch  ist  die  inschrift  nach  Leake  a.  a.  o.  „in  very  neat 
characters  well  preserved".  Jedenfalls  ist  eo/nao  x^oviov  dativ 
und  nicht  genetiv,  wie  Kirch  hoff  Alphabet  s.  138  annimmt. 

Beiträgt;  r..  künde  d.  ig.  sprachen.  V.  9 


18  A.  Fick 

Kraniion  4.  „At  Hagilar  in  the  churchyard  on  a  hand- 
some  pedestal".     Leake  pl.  XXXI  nro.   151  N.  G.  III,  3(3(5. 

1  vixaGinnog     2  vixovveiog 
NwaauiTtog  Nixovveiog. 

Vgl.  SaTVQiow  Nixovveiog.  l4ydfraQ%og  Nixovveiog  Phars. 
3,  Col.  2,  18.  3,  8. 

Kraniion  5.  Die  autonomen  münzen  von  Krannon  zeigen 
die  legenden  y.qci.  ,   -KQavv.,   xqccvvov.  erpvg. ,  xqccvviü.     Mionnet 

T.  II  p.  10  y.qav v,  xQavvovvLovv  Mionnet  T.  III  281,  nur 

vo 

eine  M.  III  nro.  129  p.  281  bat  xqcc.  Wir  dürfen  daher  an- 
nehmen, dass  der  officielle  name  der  stadt  Kqdvvovv  war  und 
Krannon  1,  7  XQavovvvioig  schlechte  Schreibung  ist. 

Am  Pencios  1  (Atrax?)  ,/A  Koutzokhiro,  village  de  la 
vallee  du  Penee,  entre  Triccala  et  Larissa,  dans  l'eglise".  Heu- 
zey  M.  0.  nro.  55. 

1  y.vvayia     2  ove&swe 
Kvvayia  oveöeine 

Die  namen  Kvvayog,  Kvvayia,  Kvvayig :  Oiloxvvrjyog  be- 
ziehen sich  wohl  auf  rj  xvvtjyog  die  „jägerin"  Artemis. 


Am  Peneios  2.  „Au  meme  endroit"  (wie  die  vorhergehende) 
Heuzey  M.  0.  56. 

1  L7t7to-/.leada{a)     2  yevaeioa 
ll7t7ioKXmdag  1  'evdeiog. 

Mit  Fevdsiog  (für  Vewaeing)  vgl.  Fevvdoi  gen.  Krannon 
(DiX6vr/.og  Fewaieiog  Phars.  3  Col.  1,  26.  'I/t/toxleddag  ist  von 
'hiitovliag  abzuleiten.  Die  namen  auf  -xleag  gehören  zu  der 
klasse  von  vollnamen,  an  welche  kosende  suffixe  angetreten 
sind,  wie  z.  b.  in  'E7tixQaTivog.  Namen  auf  -xleag  hat  bereits 
Ahrens  II  562  gesammelt.  Ich  füge  hinzu:  zfiox?Jag  Phars.  1, 
Kakhxksag  Phars.  3,  Col  1,  31.  2,  21,  Idyad-oxXlaiog  3,  22, 
Sevo/.XlaLog  2,  5,  flmiov.\tag  1,  41,  lltjXaxlta  (Doris)  gen. 
Wescher-Foucart  Inscr.  d.  D.  54,  OlvoxXiag  Aetoler  W.-F.  2. 

Mopsion.  Die  münzen  von  Mopsion  haben  die  legende  fto- 
tyeicov.  Wie  bereits  Leake  erkannte,  steht  dies  dialectisch  für 
Moipijtov   und    ist   vom    nominativ    Moipevg    abzuleiten.     Steph. 


de) 

l 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  19 

Byz.  s.  v.  irrt  also,  wenn  er  als  ethnikon  von  Mopsion  Möxpiog 
angiebt. 

Gyrton.  „At  one  of  the  villages  called  Tataro"  (nach 
Leake  N.  G.  III  382  =  Gyrton)  Leake  pl.  XXXI  nro.  147, 
vgl.  N.  G.  III,  361. 

1  arclovviTs/.t7T€iia     2  aia%vXiaaaTVQOi     3  eXev&EQia 
AitXovvi  Tsf-UTdiva  AioyvXig  —cctvqoi  eXev&tQicc. 

Die  inschrift  ist  tadellos  erhalten  und  rein  im  dialect  (ver- 
schlechterungsvorscbläge  sehe  man  Revue  Archeol.  1844  p.  318). 
Tef.i7isLT(x  ist  dativ  ohne  t,  (vgl.  IdnöXXwv  Idy.Qeixag,  Ilayaat- 
rt]g),  2avvQm  genetiv,  elsv&tQia  „dank  für  erlangte  freiheit". 
Der  vatername  wird  sonst,  auch  bei  frauen,  constant  durch  -tog 
gegeben,  doch  mag  dieser  gebrauch  nur  für  bürger  gegolten 
haben,  bei  Sklaven  der  vatername  auch  im  genetiv  beigefügt 
?ein.  Der  form  der  buchstaben  nach,  besonders  des  A,  ist  die 
inschrift  nicht  alt. 


IV.    Perrhaebia. 

Phalanna  1.  „At  Turnavo  at  the  Metropolis"  d.  i.  haus  des 
erzbischofs.  Leake  PI.  XXX  nro.  146  N.  G.  III,  356,  auf  einer 
der  Seiten  eines  viereckten  marmorblocks. 

AnXovvi  K£qö(o)iov  ^ovaiTTdtQng 
IIoXe/naQXtöaws  6  üvrag 
ovt&eixs  i€Qo/.iva[iovei- 
oag  xai  aQXidav%vacpoQEiaag. 

Phalanna  2.  ,/A  Tournavo  sur  le  cöte  d'une  stele  sculptee, 
representant  un  soldat  arme  d'un  large  bouclier  rond".  Heu- 
zey,  le  Mont  Olympe  nro.  47. 

1  .  ad  .  eo  a  ///  /// 

2  faotdai.ioo7Tct.07ZE&oveooE7ZctJ: 

3  oian £$aveaQio  .n  .  ovtovoe? ado? 

UQCt 

Die  inschrift  gehört,  was  der  finder  gar  nicht  bemerkt  hat, 
zu  den  wenigen  thessalischen  denkmälern,  die  in  einem  vorioni- 
seben  aiphabet  geschrieben  sind.  Der  erste  buchstabe  von  z.  2 
wird  von  Heuzey  als  rc  gelesen,   es  ist  ein  deutliches  digam- 

2* 


20  A.  Fick 

ma  L~;  nach  dem  urtheile  Sauppe's,  dem  ich  die  inschrift  vor- 
gelegt, stammt  dieselbe  aus  dem  letzten  drittel  des  fünften  Jahr- 
hunderts.    Ich  glaube  lesen  zu  können : 

1  (v)ad{e)&a((p9-rj?)  —  2  f-aaidafioajiaij^ojttd-ovEoasTtaJ1 
(ioi)  3  oia7T€d-av£aQi.G(o)z~(v)ovTov  y.rX. 
Der  name  kommt  in  der  gegend  des  fundorts  auch  später  noch 
vor:  Ussing  nro.  12  heisst  es  auf  einer  i'reilassungsurkunde, 
gefunden  „Cyretiis  in  ecclesia  Sti  Georgii  prope  vicum  JofuvLY.6" 
a7TeXev$eQio&tvrtg  vn6  AEIJHMOY,  wofür  ganz  ohne  zweifei 
A^lzlHMOY  zu  lesen  ist.  Derselbe  name  erscheint  in  Am- 
phissa  W.-F.  191,  z.  21  ^Aoidafiog  (,  revvaiog)  ^ucpiGoeig.  Das 
digamma  in  den  mit  l4ai-  anlautenden  namen  verbürgt  Fernlag, 
Lebadeer  Keil  Inscr.  boeot.  48. 

7ta(c)g  üedovEog  ist,  thessalisch  gelesen,  naig  TlEi^ovvsiog, 
vgl.  TeXafKovie  real  Soph.,  ITovvaXela  y.6qa  Lar.  1,  lloidvviog 
v'iog  Homer.  Der  name  Ildd-ovv  kommt  Phars.  3,  Col.  4,  14 
vor.  ETiaf  ergänze  ich  versuchsweise  zu  btafxrii  —  sq)  savinv 
„für  sich,  besonders",  vgl.  lokrisch  vafTzaxriov  =  NavjiaKTuov. 

Z.  3  öl  ist  thessalisch  —  ov  wo.  drtefrave  ist  ganz  deut- 
lich. aQio(a)zt(v)cüv  lässt  sich  leicht  ergänzen.  tov  =  tcov 
scheint  zu  folgen  „sich  auszeichnend  unter  den",  weiterhin  er- 
kenne ich  nichts  mehr. 

Für  die  sitte,  verdiente  krieger  an  der  stelle  wo  sie  ge- 
fallen zu  bestatten,  genügt  es  auf  die  geschichte  vom  Tellos  zu 
verweisen  Hdt  I,  30.  reXsvvrj  tov  ßlov  XafuiQOTÜzrj  hteyh'ETO' 
yevofi&vrjg  yetq  l^OrjvaiOLOi  fidxqg  ^Qog  tovg  doivyuTovag  tv 
EXevoIvi  ßorj&t'joag  y.a.1  TQorcrjV  Tioirjoag  tu>v  rcoXefiuov  diteftave 
•/.dXXiGxa  y.al  fuv  *Ai)x]valot  dttfiooifl  te  l'd-atyav  avTov  vij  tteq 
tTtsas  xal  sTiftrjoav  fiEydXtog. 

Z.  2  und  3  würden  also  zu  lesen  sein  : 
Faaidaftog  naig  Ileid-ovvuog  kre  dfvol  ot  d/ts&avs  aoiooTsvovv 
tovv  . . . 


Thessalischen  Ursprungs,  jedoch  keiner  bestimmten  Stadt 
zuzuweisen,  ist  die  randumschrift  eines  bronzenen  kymbalon 
unbekannten  fundorts,  zuerst  herausgegeben  von  Oikonomi- 
des  (Etcoixicc  Aoxqcov  yQaf.if.iaTa  p.  129),  darauf  von  Frän- 
kel  mit  abbildung  Archäol.  Zeitung  187G  s.  31  taf.  5,  1 

xafiovvedvae  xai  v.oofai 
Kdfiovv  ed-vae  Tai  Kogfai. 


I 


Die  quellen  des  nordthessalischen  dialects.  21 

Das  ov(-io)  in  Kd/uovv*)  lässt  an  der  thessalischen  her- 
kunft  nicht  zweifeln.  Ueber  die  schritt  vgl.  Kirchhoff  Al- 
phabet s.  139. 

Aus  Le  Bas  Voy.  Archeol.  Inscript.  t.  II  p.  299  trage  ich 
nach:  Larisa  12.  13.  14.  Le  Bas  1245  —  utnoig  ro)Qyi7t- 
Ttetog.  Le  Bas  1246  ^ttxofisiSeig  Xaigoi  (Gen.).  Le  Bas 
1248  1  W.raXo(g)  2  OsQOoXöyeiog.  —  Für  . .  avögeina  Ussing 
25  giebt  Le  Bas  1249  a.arÖQ€ioa,  es  ist  also  Larisa  5  QiXo- 
cpeiQog  ^oävÖQEiog  zu  lesen. 

Zu  den  epirotischen  inschriften  (o.  III.  266  ff.)  bemerke  ich 
noch,  dass  der  phrase  gevwat  XvoeL  anoXvziv  z.  b.  PI.  XXVII,  2 
in  den  thessalischen  Urkunden  cuzeXev&eQovv  ^evr/.rj  genau  ent- 
spricht. So  heisst  es  z  b.  Heuzey  Mt.  Olympe  nro.  11,  5  Uagd- 
fiovog  xai  SaXßatuov  ol  arteXsv&eQio&ivTEg  vno  QiiXag  rrjg  Ev- 
ßiövuv  £&>i%rj  tdwY.av  zrj  iibXei  /.xX.  Weitere  beispiele  sehe 
man  bei  Ussing  12,  Leake  N.  G.  nro.  176 — 179,  dieselbe  Wen- 
dung ist  häufig  in  den  freilassungsurkunden  von  Hypata  3Ecprjfn. 
lAqyaioXoy.  192—95.  t-evixrj  ist  dativ  für  t-€vixfj  und  dies  ist 
Verkürzung  des  in  den  epirotischen  Urkunden  erscheinenden  vol- 
leren ausdrucks  genital  Xvoei. 

Carapanos  PI.  XXIII,  7.  8  evjio  und  avno  auf  dem 
gründe  von  gefässen.  C.  sieht  hierin  verstümmelte  inschriften, 
beide  sind  jedoch  ganz  vollständig  und  sv  tzio,  avpmta  zu  le- 
sen. Es  sind  wünsche  für  den  trinker  „trink,  trink  mit  glück, 
wohl  bekomm V.  Der  nasal  wird  auf  vaseninschriften  oft  weg- 
gelassen vgl.  z.  b.  vvcpcu  =  vvf.i(pai  auf  der  Klitiasvase  Rh.  Mus. 
N.  F.  XXXIII,  366.  7tLo  trinke,  das  wir  hiermit  als  epirotisch 
kennen  lernen,  ist  auch  altäolisch:  yaiQs.  x,ai  nio  sagt  Alcaeus 
54  (Bergk). 

*)  Kdftow  und  Kcc/u/utjs  sind  kürzungen  von  !Axct[*(tg,  wie  Too/urjg  von 
ltrooui]Tog,  Zrqaßa^  von  'JffTQc'cßaxog.  Wie  diese  namen  auf  Verkürzung 
des  zweiten  elements  beruhen ,  ist  das  erste  element  verkürzt  in  '^Aa/ng, 
"Aöuojv  Delpher  W.-F.  99:  'LiO/aevog  ==  'ykr/jtröqm'Tog ,  jlaxlilg  =  'Aaxka- 
nag  =  llaxlaniöiSwqog,  Ztgüg  Lakone  =  2.'iQ(t7iäg  =  ^fQctnödtoQog,  Zxä- 
fitov  —  2xa/j.avS(>bh>v[JK>g  vater  der  Sappho,  Krjtftg,  Kr^wv ,  Kaifü  Del- 
pherin  W.-F.  399  =  KcufiaöduiQog,  -dwp«. 

A.  Fick. 


22  Th.  Zachariae 

Citate  in  Kramadi^vara's  Samkshiptasära : 
Indische  grammatiker,  lexicographen  und  kunstdichter. 


Inhalt:  KramadiQvara's  Samkshiptasära  und  die  dazu  gehörige  gram- 
matische literatur.  Loealität  der  grammatik;  ihre  nachbarn. 
Zeit  des  Kramadic,vara.  Kramadicvara's  grammatisches  system; 
teclmischc  ausdrücke  und  technische  syntax;  die  Gana's,  Pari- 
bhäshäs  und  Kärikäs.  Handschriften.  Citate  in  Kramadicva- 
ra's  Samkshiptasära. 

efecpi^TriTT^  gfrrjrF :  ffwshßr^ :  11  i  u 

Was  über  Kramadicvara  und  seine  sanskritgrammatik  bis- 
her bekannt  geworden  ist,  findet  man  bei  Colebrooke,  Mis- 
eellaneous  Essays3  II  p.  43;  in  Aufrecht's  Catalog  der  Oxfor- 
der handschriften;  und  bei  Räjendra  Lala  Mitra  [R.  L.  M.], 
A  descriptive  Catalogue  of  Sanskrit  MSS.  in  the  Library  of  the 
Asiatic  Society  of  Bengal.  Part  I.  Grammar.  Calcutta  1877. 
Die  folgende  kurze  Zusammenstellung  über  Kramadicvara's  Sam- 
kshiptasära und  die  dazu  gehörige  literatur  gründet  sich  im 
wesentlichen  auf  die  mittheilungen  der  drei  genannten  gelehrten. 

Kramadicvara  —  oder  vollständig  Qrivadindracakracüdä- 
manimahäpanditac.rikramadic.varacärya  —  verfasste  unter  dem 
titel  Samkshiptasära  eine  sanskritgrammatik,  welche  in  sieben 
capitel  zerfällt,  in  einen  Sandhi-,  Tinanta-,  Kridanta-,  Tad- 
dhita-,  Käraka-,  Subanta-,  und  Samäsa-pada.  In  einem  achten 
capitel  behandelte  er  das  Präkrit  l).  Eine  ausgäbe  dieses  Prä- 
kritapäda  ist  wiederholt  von  Räjendra  Lala  Mitra  in  aussieht 
gestellt  worden  und  soll  sich  jetzt  im  druck  befinden;  im  übri- 
gen vergleiche  man  Lassen  in  seinen  Institutiones  linguae 
Pracriticae;  Delius  Radices  Pracriticae;  und  Pischel  De 
grammaticis  Pracriticis. 

Kramadicvara  schrieb  einen  kurzen  commentar  (Vritti)  zu 
den  Sütra  seiner  grammatik  2).     Dieser  commentar   wurde  von 


*)  Samskritabhdshdlakshinidni  sapiabhih pddaih sanuipydshtamena  pddena 
präkrit  alakshanäni  viracitavdn    ||     Goyicandra. 

*)     Dass  Kramadicvara  selbst  der  Verfasser  des  commentars  ist,  oder 

dass  er  wenigstens   dafür   gegolten    hat,    geht  u.  a.  hervor  aus  einer  be- 

merkung  Bhaiatamallika's  zum  Bhattikävya  3,  5:  Kramadicvarena  saprd- 


Citate  in  Kramadicvara's  Samkshiptasära.  23 

einem  Jümaranandin  (Mahäräjädhiräjacrimajjümaranandin)  re- 
vidiert und  wohl  auch  erweitert;  nach  ihm  werden  diejenigen, 
welche  dem  Systeme  des  Samkshiptasära  folgen,  Jaumaräh  ge- 
nannt, und  die  grammatik  selbst  Jaümaram  (auch  Jaumuram?). 
Der  vorzüglichste  commentar  zur  Vritti  des  Kramadicvara  und 
Jümaranandin  ist  der  des  Goyicandra  (Autthäsanikamahäpandi- 
tac,rigoyicandra).     Commentare  zur  Tikä  des  Goyicandra  sind 

1)  die  Vyakäradipikä  (Vyäkhyäsära)  des  Nyäyapaiicänana  1)) 

2)  der  Vyäkaranädar^a  2)  des  Vancivadanakavicandra, 

3)  die  Tippani  des  Abhiräma  Sarvavidyälamkärabhattäcärya. 
Die  sanskritgrammatik  des  Kramadicvara  wurde  vervollständigt 
durch  die  von  Goyicandra  commentierten  und  erweiterten  Nach- 
träge (Paricishta)  des  Jümaranandin.  Eines  dieser  Paricjsbta 
behandelt  in   195  Sütra  die  Unädisuffixe. 

Zum  Samkshiptasära  gehören  ferner :  Das  Paribhäshäsütram 
des  Goyicandra,  eine  Sammlung  von  127  Paribhäshäs;  der 
Ganaprakäca  des  Nyäyapaiicänana;  eine  Dhätughoshä,  eine 
Qabdaghoshä;    ein  Kärakavicära. 

Mit  dem  Samkshiptasära  verwandt  ist  das  Pärijätavyäkara- 
nam ,  eine  moderne  sanskritgrammatik  in  versen  für  anfänger; 
und  der  Särasamgraha  des  Pitämbarac.arman  ist  „a  compendi- 
ous  collection  of  the  aphorisms  of  Samkshiptasära  grammar", 
R.  L.  M.  p.  149.  Ein  zur  schule  des  Kramadicvara  gehöriger 
grammatiker  war  Qriniväsa. 

Localität  der  grammatik;  ihre  nachbarn3). —  Die 
heimath  des  Kramadicvara  ist  Rädhä  oder  das  westliche  Ben- 
galen ,  das  land  südlich  vom  Ganges  und  westlich  vom  Hugli. 
Hier  wenigstens  wird,  nach  Rajendra  Lala  Mitra,  die  Samkship- 
tasära-grammatik  vorzugsweise  studiert.  Zu  Kramadicvara's  en- 
geren landsleuten  gehörten  einmal  der  dichter  Murärimicra, 
welcher  im  commentare  zum  Samkshiptasära  citiert  wird;  und 
dann  Brihaspati  Räyamukutamani ,  der  im  jähre  1431  einen 
commentar  (Tadacandrikä)   zum  Amarakosha   verfasste.     Beide, 


dikribhviistibhic  ceti  sutram  Iritvd  ayam  era  cloko  nidarcitah  ||  Die  Vritt 
dea  Jümaranandin  führt  den  namen  Rasavati. 

*)  Ein  blosser  beiname,  vgl.  R.  L.  M.  p.  8.  125.  War  des  autors 
wirklicher  name  vielleicht  Jayanuna? 

*)  Handschriftlich  in  der  India  Office  Library.  Ich  bemerke  diess 
wegen  R.  L.  M.  p.  125. 

s)     Hauptsächlich  nach  den  mittheilungen  Räjentlra  Lala  Mitra's. 


24  Th.  Zachariae 

Muräri  und  Rayamukuta,  werden  uns  unten  in  anderem  zusam- 
menhange wieder  vorkommen. 

Diejenige  grammatik,  welche  in  Bengalen  am  meisten  im 
gebrauche  ist  und  alle  anderen  grammatiken  wie  es  scheint 
dort  so  ziemlich  verdrängt  hat,  ist  bekanntlich  Vopadeva's 
Mugdhabodha.  Diese  grammatik  wird  hauptsächlich  studiert 
in  Gauda  an  beiden  Seiten  der  Bhägirathi :  westlich  davon  ist 
unser  Kramadicvara  heimisch,  nördlich  davon,  in  Behar  und 
Benares,  trifft  man  das  Särasvatavyäkarana  an,  dann  im  osten 
das  Supadmavyäkarana  des  Padmanäbhadatta,  und  noch  weiter 
östlich  —  in  Assam ;  auch  in  Orissa  —  die  Prayogaratnamälä 
des  Purushottama  Qrividyävägicabhattäcärya  *).  Noch  ist  die 
Kätantragrammatik  zu  erwähnen,  die  im  ganzen  östlichen  Ben- 
galen verbreitet  ist. 

Eine  notiz  über  Kramadicvara  findet  sich  in  Montgomery 
Martin's  History  of  Eastern  India  (1838)  vol.  II  p.  713,  in  dem 
abschnitte  der  über  Dinajpoor  handelt.  Es  heisst  daselbst: 
„The  course  of  study  in  a  Hindu  academy  begins  with  the 
Vyakorno  or  Sangskrita  grammar  and  literature.  For  the  first 
10  years  some  study  a  grammar  called  Songkhyeptosar ,  said 
to  have  been  composed  by  a  Brahman  named  Komodiswor, 
concerning  whose  history  the  Pandits  could  give  me 
no  information.  The  study  of  this  grammar  is  sometimes 
facilitated  by  the  commentary  of  Goyichondro.  Others  again 
study  a  grammar  called  Kolap,  said  to  have  been  composed 
by  Sorbo  Borma,  who  was  contemporary  with  Salivahon.  This 
grammar  seems  to  be  nearly  as  obscure  and  unscientific  as  the 
former,  as  its  study  usually  occupies  10  years ,  although  per- 
severing  students  sometimes  are  masters  of  it  in  eight".  (Mr. 
Martin  spricht  hier  auch  von  Vopadeva,  und  von  Anubhüti's 
Sarasvatam.)  Ferner  wird  das  lexicon  des  Amara  studiert,  mit 
den  commentaren  des  arztes  Bharatamallika  und  des  Rayamu- 
kuta; dann  wird  Bhatti  gelesen:  andere  ziehen  Raghuvarica 
und  Kumärasambhava  vor  2). 


*)  Er  stammte  aus  Vihar  in  Kämarüpa.  Die  Ratnamälä  wurde  von 
Charles  Wilkins  benutzt. 

2i  Vgl.  pp.  438—40  über  Grammatik  in  Gorukhpoor.  Vol.  III  p.  136 
wird  für  den  Puraniya  District  „Saraswat  Kalap"  und  die  Ratnamälä  des 
Purushottama  erwähnt. 


Citate  in  Kramadicvara's  Samkshiptasära.  25 

Zeit  des  Kramadic,vara.  —  Wenn  ich  den  Kramadig- 
vara  zwischen  Hemacandra  (1088—1172)  und  Vopadeva 
(13.  jh.)  setze,  so  folge  ich  darin  nur  den  im  anfange  dieses 
aufsatzes  angerufenen  autoritäten,  ohne  im  stände  zu  sein  einen 
stricten  beweis  für  meine  behauptung  zu  führen.  —  Die  von 
Coleb rooke  in  seiner  List  of  Sanskrit  Grammars  beobachtete 
reihenfolge  der  grammatiken  ist: 

Pänim,  Särasvati  Prakriyä  *),  Haimavyakarana ,  Katantra 
or  Kaiapa,  Samkshiptasära,  Mugdhabodha,  Supadma,  Ratna- 
mälä. 

Aufrecht  hat  in  seinem  verzeichniss  der  Oxforder  hand- 
schriften  die  grammatiker  und  grammatiken  in  folgender  Ord- 
nung catalogisiert : 

1.  Schola  Päniniya 

2.  Katantra 

3.  Hemacandra 

4.  Sarasvatiprakriyä 

5.  Kramadicvara 

6.  Vopadeva 

7.  Padmanäbhadatta. 

Räjendra  Läla  Mitra  rechnet  den  Samkshiptasära  zu 
den  „zehn  alten  schulen"   der   grammatik  2)   und   scheint  auch 


a)  Ich  bemerke  hier  dass  Burnell,  Aindra  School,  p.  53  das  Sä- 
rasvatavyäkarana  für  jünger  als  Vopadeva's  Mugdhabodha  hält.  Hierge- 
gen vgl.  R.  L.  M.  p.  152.  Für  ein  höheres  alter  des  Särasvatam  scheint 
mir  u.  a.  der  umstand  zu  sprechen,  dass  darin  auf  die  spräche  des  Veda 
rücksieht  genommen  wird  (R.  L.  M.  I.e.  sagt  freilich  ,,it  gives  no  rules 
regarding  the  Vaidic  language").  Es  sei  mir  gestattet  einige  stellen  zu 
citieren  aus  der  ausgäbe  des  Jivänanda  Vidyasägara ,  Calc.  1874,  einem 
mangelhaften  abdrucke  der  lithographierten  ausgäbe  Lienares  1868.  — 
p.  27,  Sütra  20.  —  p.  31  eine  Kärikä  yad  uktam0  über  die  vedischen 
contractionen  semum ,  bliümyddade ,  soshum.  p.  35,  6  devdsah.  36,  1 1 
devebhih.  p.  46,  Sütra  41  über  den  vedischen  dual  sakhäyd  {sakhdyau  ge- 
druckt), p.  90,  Sütra  6  vgl.  Pän.  VI,  4,  4.  5.  —  p.  94,  14  parame  ryo- 
man.  p.  143,  Sütra  33  (fehlt  in  manchen  ausgaben).  Der  kern  der  gram- 
matik mag  ziemlich  alt  sein;  sie  wurde,  wie  Katantra  und  Cändravyäka- 
rana,  in's  Tibetanische  übersetzt,  Burnell  1.  c.  p.  59.  Sie  ist  zu  wieder- 
holten malen  in  Indien  lithographiert  worden,  zuerst  Bombay  1829;  aber 
an  einer  kritischen  ausgäbe,  etwa  nach  dem  muster  von  Eggeling's 
Katantra,  fehlt  es  uns  noch. 

*)     Die  namen  dieser  10  alten  schulen  sind  mir  unbekannt. 


26  Th.  Zachariae 


anzunehmen  dass  Kramadigvara  älter  als  Vopadeva  ist.  Man 
kann  aus  seinen  zerstreuten  angaben  etwa  folgende  Ordnung 
der  grammatiker  und  grammatiken  eruieren: 

Pänini,  Katantra,  Särasvata,  Kramadi^vara,  Purushottania  1), 
Vopadeva,  Supadma. 

Bei  den  indischen  Scholiasten  habe  ich  nichts  gefunden, 
das  uns  aufschluss  geben  könnte  über  das  alter  des  Kramadi$- 
vara  oder  über  den  platz  den  er  unter  den  übrigen  grammati- 
kern  einnimmt.  Interessant  jedoch  ist  der  umstand,  dass  der 
commentator  Bharatamalli  ka  in  seiner  erklärung  des  ersten 
verses  des  Bhattikävya,  wo  er  mehrere  grammatiker  citiert,  den 
KramadiQvara  vor  den  Vopadeva  setzt:  zuerst  führt  er  die 
Päniniyah  an,  dann  den  Varddhamanamicra  zum  Katantra; 
Purushottania  (den  autor  der  Prayogaratnamälä??),  Kramadic,- 
vara,  und  zuletzt  Vopadeva.  Indessen  allzuviel  ist  nicht  hier- 
auf zu  geben;  Bharatamallika  legt  in  seinem  commentar  das 
system  des  Vopadeva  zu  gründe  und  führt  in  der  regel  die  für 
ihn  massgebende  ansieht  desselben  zuletzt  an. 

Ist  nun  Kramadicvara  älter  oder  jünger  als  Hemacandra 
und  Vopadeva?  Welche  werke  und  autoren  sind  dem  Kramad- 
igvara  bekannt  gewesen?  Von  welchen  autoren  wird  er  selbst 
citiert? 

Dass  Kramadicvara  später  als  Hemacandra  gelebt  habe, 
lässt  sich  nicht  beweisen;  ebensowenig  lassen  sich  gründe  bei- 
bringen für  die  an  sich  unwahrscheinliche  annähme,  dass  Kra- 
madicvara vor  Hemacandra  seine  grammatik  geschrieben.  Die 
grammatiken  des  Kramadicvara  und  des  Hemacandra  haben 
fast  nichts  weiter  gemeinsam  als  die  anzahl  der  capitel;  an- 
ordnung  des  Stoffes,  termini  technici  u.  s.  w.  sind  durchaus  ver- 
schieden 2).      Kramadicvara   citiert    den    Hemacandra    niemals; 

*)  Bei  einer  nur  flüchtigen  durchsieht  von  P  ur  u  shottam  a's  Pra- 
yogaratnamälä  habe  ich  die  folgenden  autoren  und  werke  citiert  ge- 
funden :  Ekäksharakosha.  Kanthäbharanam.  Kälidäsa.  Kicakavadha. 
Kramadipika.  Cändräh  Jayadeva.  Dandin.  Durga.  Päniniyah.  Bhatti. 
Bhägavritti.  Mägha  (häufig).  Muräri.  Baghu,  Raghukävyara  Lokä- 
nandanätakam.  Vararucivritti.  Vic.vaprakä^a  (verfasst  1111  A.  D.). 
Subhüti.  —    Purushottania  berücksichtigt  gelegentlich  den  Veda. 

a)  Hemacandra's  Qabdän u eäsan am  beginnt:  Ar  kam  (1). 
siddhih  syud  vädät  (2).  lokdt  (3).  audantdh  svardh  (4).  ehadvilrimäträ 
hrasvadirghaplutdh  (5).     uiiavurnd   tuhni  ((i)      lidanidh   samändh   (7;.     e  ai 


Citate  in  Kramadi^ara's  Samkshiptasära.  27 

und  wenn  er  ein  Dhätupäräyanam  citiert,  so  wäre  es  zwar 
möglich,  dass  das  gleichnamige  werk  des  Hemacandra  x)  ge- 
meint ist,  aber  es  ist  einmal  bekannt,  dass  es  mehrere  werke 
dieses  namens  gegeben  hat,  und  dann  sind  wir  aus  hier  nicht 
näher  auszuführenden  gründen  zu  der  vermuthung  berechtigt, 
dass  Kramadicvara  ein  verhältnissmässig  altes,  werk ,  welches 
dem  Pürnacandra  zugeschrieben  wird,  im  äuge  gehabt  hat. 
Nun  haben  beide,  Hemacandra  und  Kramadigvara ,  den  sieben 
capiteln,  in  welchen  sie  die  sanskritgrammatik  darstellen,  noch 
ein  achtes ,  den  Prakritapada ,  folgen  lassen ;  aber  es  lässt  sich 
nicht  nachweisen,  dass  der  eine  den  anderen,  speciell,  dass 
Kramadicvara  den  Hemacandra  benutzt  habe  2j.  Auch  die  com- 
mentatoren  des  Samkshiptasära  (soweit  ich  dieselben  kenne) 
citieren  den  Hemacandra  nicht;  und  ebensowenig,  was  meines 
erachtens  viel  auffälliger  ist,  den  Vopadeva,  während  umge- 
kehrt wenigstens  die  commentatoren  des  Vopadeva  den  Kra- 
madicvara und  seine  schule  erwähnen,  wie  wir  gleich  sehen 
werden. 

Was  das  verhältniss  von  Krainadi$vara's  sanskritgramma- 
tik zu  der  des  Vopadeva  anbetrifft,  so  sind  es  hauptsächlich 
zwei  gründe,  aus  welchen  man  ein  höheres  alter  des  Kramad- 
ic,vara  herleiten  könnte,  nämlich 

1)  die   Vollständigkeit   des   Samkshiptasära  3),    und    im 
zusammenhange  damit, 

o  au  sandhyakuharam  (8).  am  ah  annsväravisaryau  (9).  kddir  vyaiijanam 
(10).  apancamdnta(h)stho  dliut  (11).  paneako  varyah  (12).  ddyudviliya- 
fashasd  aghoshäh  (13).  anyo  yhoshavdu  (14).  yuralavd  anta{h)sthdh  (15) 
u.  s.  w. 

1)  Handschriftlich  in  der  künigl.  bibliotbek  zu  Berlin. 

2)  11.  L.  M.  p.  75.  Pischel,  de  gramm.  Pracr.  p.  16:  „apparet  Kra- 
madic/varam  non  solum  Vararuces  opere  esse  usum ,  sed  etiam  aliorum 
grammaticas  perquisivisse,  in  quarum  numero  etiam  Hemacandrae  gram- 
matica  fuisse  videtur1'.  Professor  Pischel  hat  die  gute  gehabt,  die  ihm 
bekannten  stücke  von  Kraniadigvara's  Prakritapada  mit  Hemacandra  von 
neuem  für  mich  zu  vergleichen,  und  ist  zu  dem  resultate  gekommen, 
dass  sich  eine  benutzung  des  Hemacandra  durch  Kramadicvara  nicht 
erweisen  lässt.  Im  übrigen  zweifelt  er  nicht  daran ,  dass  Kr.  jünger  ist 
als  H.  „Diess  ergibt  sich  schon  daraus,  dass  Kr.  viel  mehr  unterabthei- 
lungen  der  einzelnen  Präkritdialecte  kennt  als  H." 

8)  R.  L.  M.  p.  135:  ,,it  is  thrice  as  large  as  the  Mugdhabodha". 
Ich  schätze  die  zahl  der  bütra  auf  3000. 


28  Th.  Zachariae 


2)  die  allerdings  nur  seltene  und  mehr  beiläufige  rücksicht- 
nahme  auf  den  Veda1),  auf  vedische  Wörter  und  formen. 
Man  kann  nun  die  zeit  eines  indischen  Schriftstellers  an- 
nähernd nach  den  citaten,  die  sich  bei  ihm  finden,  bestim- 
men; oder,  wenn  er  selbst  nie  citiert,  nach  den  citaten  aus 
seinen  werken  bei  anderen  autoren,  deren  lebenszeit  uns  be- 
kannt  ist.  Von  den  citaten  in  der  grammatik  des  Kramadic- 
vara  werde  ich  unten  ausführlich  handeln,  und  man  wird  da 
sehen,  dass  er  später  gelebt  haben  muss,  als  die  Verfasser  der 
Käcika,  des  Nyäsa  und  des  Anunyäsa,  später  als  die  dichter 
Pushpadanta,  Magna,  Muräri  u.  a. ;  es  soll  an  dieser  stelle  nur 
im  allgemeinen  darauf  hingewiesen  werden  ,  dass  wir  durchaus 
nicht  von  allen  autoren  und  werken ,  die  im  (coinmentar  zum) 
Samkshiptasara  vorkommen,  genau  wissen,  wann  sie  gelebt  ha- 
ben ,  wann  sie  entstanden  sind ;  und  viele  citate  stammen  viel- 
leicht nicht  von  Krainadicvara  selbst,  sondern  von  dem  Über- 
arbeiter Jümaranandin,  oder  von  irgendwelchem  interpolator. 

Krainadicvara  selbst  und  seine  schule  (Kraniadic.varädayah, 
Jaumaräh,  Jümaranandin,  Goyicandra)  werden  erst  von  ziem- 
lich späten  autoren  citiert,  und  zwar,  soweit  mir  bekannt, 

1)  Von  Qrirämatarkavägica  in  seinem  com mentare  zum 
Mugdhabodha,  nach  R.  L.  M.  p.  103,  der  die  folgenden 
einleitungsverse  anführt : 

tTTfül-flTf^ITrTTSIcfTT^^TCf^  •  Slt^msrnT  5F.FTT  I 

q^sr  qTfrn;rrcr?rr :  sFferctfr^TqgTTfsr^T :  i 

2)  Von  Durgädäsa  in  seinem  commentare  Subodhä  zum 
Mugdhabodha  (nach  Aufrecht);  er  lebte  in  der  ersten 
hälfte  des  17.  Jahrhunderts. 

*)  R.  L.  M.  p.  74.  75  geht  zu  weit,  wenn  er  sagt  „The  Samkshipta- 
sara is  intended  to  serve  as  a  guide,  not  only  to  the  grammar  of  the 
classical  Sanskrit,  but  also  of  the  archaic  Vedic  form".  Das  richtige 
trifft  Goyicandra,  wenn  er  behauptet,  dass  Kramadicvara  durch  anwendung 
des  Wortes  bhdshd  im  einleitungsverse  zum  Samkshiptasara  die  nichtbe- 
rücksichtigung  des  Veda  angedeutet  habe  [bhäshägrahanena  chändasala- 
kshanaparityägah  sucitah).  In  der  Vritti  zum  Samkshiptasara  heisst  es 
einmal,  dass  formen  wie  yajdti,  tdrishat  u.  aa.  nicht  beigebracht  werden, 
weil  sie  vedisch  sind;  und  diess  zeigt  uns,  dass  der  grammatiker  mit 
der  spräche  des  Veda  vertraut  war,   dieselbe  aber  absichtlich  übergieng. 


Citate  in  Kramadi^ava's  Samkshiptasära.  29 

3)  Von  Bharatamallika,  insbesondere  in  seinem  commen- 
tare  zum  Bhattikävya ;  er  lebte  nach  Wilson  in  der  mitte 
des  vorigen  Jahrhunderts. 

4)  Von  Vishnumicra  im  Supadmamakaranda. 

5)  Von  dem  mir  unbekannten  Verfasser  der  Paribhashä- 
tikä  zum  Kavikalpadruma  des  Vopadeva,  ed.  Calc. 
Samvat  1923  p.  13:  emm  eva  Dhätupäräycma-Kramad- 
tgvarau  1). 

Wenn  Kramadicvara  von  späten  commentatoren  2),  insbe- 
sondere von  solchen,  welche  den  Hemacandra  und  Vopadeva 
anführen,  nicht  citiert  wird,  so  mag  da  entweder  ein  absicht- 
liches ignorieren,  oder  eine  wirkliche  unkenntniss  des  isolierten, 
wegen  seiner  breite  wenig  in  gebrauch  gekommenen  systemes 
des  Samkshiptasära  zu  gründe  liegen.  Ganz  besonders  auffällig 
muss  es  erscheinen,  dass  Räyamukuta,  welcher,  wie  wir  oben 
gesehen  haben,  aus  einer  gegend  stammte,  in  der  Kramadicvara 
studiert  wird,  denselben  nirgends  erwähnt  3).  Dagegen  ist  zu 
bemerken,  dass  Räyamukuta  auch  den  Hemacandra  4)  nicht  zu 
kennen  scheint,  und  den  Vopadeva  ebensowenig;  ferner  dass 
zwischen  den  citaten  des  Räyamukuta  und  denen  des  Kramad- 
icvara so  auffallende  congruenzen  sich  finden,  dass  man  sich 
des  gedankens  nicht  erwehren  kann,  der  erstere  habe  den  letz- 
teren gekannt,  wofern  man  nicht  annehmen  will,  dass  beide, 
Räyamukata  und  Kramadigvara,  eine  gemeinschaftliche  quelle, 
oder  besser,  verschiedene  gemeinsame  quellen,  benutzt  haben. 
Einiges  hierher  gehörige  werde  ich  weiter  unten  gelegentlich 
anführen. 


1)  Ob  das  in  den  einleitungsversen  zum  Tiikändaviveka  (verfusst 
1033?)  vorkommende  Jiimariyam  — 

auf  unseren  Jümaranandin  sich  bezieht,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  — 
Räjendra  Lala  Mitra's  angäbe,  dass  „Durghata  and  Durghatakara  on  Sam- 
kshiptasära grammar"  in  der  Praudhamanoramä  citiert  werde,  beruht  auf 
einer  Verwechselung. 

a)  Mal linät ha  kennt  Hemacandra  und  Vopadeva,  nicht  den  Kra- 
madicvara. Ujjvaladatta  citiert  auffälliger  Weise  keinen  dieser  gram- 
matiker. 

3)  Ist  der  von  Räyamukuta  erwähnte  Jumara  (Verfasser  der  Kätan- 
trarasav&ti)  mit  Jümaranandin  identisch? 

4)  Aufrecht  Z.  I).  M.  G.  28,  p.  124:  Seltsam  ist,  dass  die  drei  letz- 
ten eommentare  Hemacandra  nie  erwähnen. 


30  Th.  Zachariae 

Kramadicvara's  grammatisches  System.  Techni 
sehe  ausdrücke.  Technische  syntax.  Die  Gana's, 
Paribhäshäs,  und  Kärikäs.  —  Kramadicvara  ist  ein  Pä- 
niniya  *).  Seine  grammatik  ist  streng  genommen  nichts  weiter 
als  eine  Umarbeitung  der  Sütra  des  Pänini  (und  der  Värttika 
des  Kätyäyana)  mit  ausschluss  derjenigen  regeln,  welche  sich 
auf  accent2)  und  Veda  beziehen.  Für  den  erfinder  eines  neuen 
grammatischen  systemes  kann  Kramadic,vara  kaum  gelten:  neu 
ist  in  seiner  grammatik  nur  die  anordnung  des  Stoffes.  Seine 
abhängigkeit  von  Pänini  geht  so  weit,  dass  er  viele  sütra  des- 
selben fast  oder  ganz  unverändert  in  seine  grammatik  herüber 
genommen  hat  3);  im  übrigen  fasst  er  wohl  zwei  oder  mehrere 
Päninisütra  in  ein  einziges  zusammen,  oder  umgekehrt,  er  zer- 
legt ein  Paninisütram,  sodass  z.  b.  Pän.  II,  1,  6;  3,  69  im 
Samkshiptasära  eine  ganze  reihe  von  sütra  bilden.  Hierbei 
tritt  Kramadicvara  vielfach  —  wenn  man  so  sagen  will  —  als 
der  Übersetzer  des  Pänini  auf;  diess  gilt  besonders  mit  bezug 
auf  die  bei  Pänini  im  locativ  erscheinenden  Wörter  4).  So  sagt 
er  prithakkarane  für  P.  2,  2,  10  nirdhärane;  stutinindayoh  für 
2,  1  33  adhikdrthavacane ;  nämni  häufig  für  samjnäyäm  ;  nin- 
däyäm  für  kshepe  2,  1,  64;  kshepe  für  äkroge  6,  3,  21;  ut- 
kshepana  für  idsanjana  1,  3,  36;  upagdntvana  für  upasambhä- 
shä  1,  3,  47;  ritvij  für  hoträ  5,  1,  135;  samah  pratijnäyäm 
(ebenso  Hemacandra  und  Vopadeva)  für  samah  pratijnäne  1,  3, 
52;   svlkarane  5)  für  svakarane  1,  3,  56,  u.  s.  w. 

Neben  Pänini  hat  Kramadicvara,  wie  schon  aus  seinen  zahl- 
reichen citaten  hervorgeht,    bei   der  ausarbeitung  seiner  gram- 


*)  Bharata  zu  Bhatti  8,  71  führt  ein  Kramadi^varasütram  neben  ei* 
nera  Paninisütram  an. 

a)  Uebrigens  bedient  sich  Kramadicvara  der  ausdrücke  anuddtta, 
antoddtta ,  u.  s.  f.  So  hat  er  ein  Sütra  anuddttddcr  naf  =  P.  4,  2,  44 
anuddttuder  an;  und  in  dem  commentare  zu  dem  sütra,  welches  Pän.  1, 
3,  12  entspricht,  sagt  er:  anudättädayo  daqagmwdhdtupäihe  prasiddhä, 
vede  tücedryante;  uceair  ueedranud  udättah,  nicais  tv  anuddftah ,  samuhri- 
tah  svaritah  \\  Vgl.  Särasvati  Prakriyä  p.  6,  und  im  allgemeinen,  was 
Burnell,  Aindra  School,  p.  100  über  den  Verfasser  der  Qäkatäyana  Gram- 
mar  sagt. 

8)  Diess  haben  auch  andere  moderne  grammatiker  gethan;  vgl.  Bur- 
nell, Aindra  School,  p.  100. 

4)     Vgl.  Goldstücker,  Pänini,  p.  128. 

fi)     Vgl.  die  erklärer  zu  Bhatti  7,  101.  8,  33. 


Citato  in  Kramadicvara's  Samkshiptasara.  31 

matik  auch  andere  werke  benutzt;  so  die  commentare  zum  Pä- 
nini,  die  Käcikä  und  den  Nyäsa;  die  in  Bengalen  weit  verbrei- 
tete Kätantragrainmatik ,  u.  a.  m.  Ansichten  anderer  gramma- 
tiker  werden  entweder  allgemein  mit  ity  eke,  ity  anye  angeführt, 
oder  die  betreffenden  autoritäten  werden  ausdrücklich  genannt: 
ity  Anupadakdrah,  iti  Kdläpäh,  Cdndrdh,  Nyäsah,  Bhdgavrittih. 
Wir  dürfen  annehmen,  dass  ein  grosser  theil  von  Kramadicvara's 
gelehrsamkeit  secundiiren  quellen  entstammt,  um  so  mehr  da 
vermuthlich  viele  der  von  ihm  genannten  autoren  oder  werke 
zu  seiner  zeit  gar  nicht  mehr  vorhanden  waren  x).  Oft  ist  er 
auch  ehrlich  genug,  den  grammatiker  oder  kritiker  namhaft  zu 
machen,  welcher  in  irgendeiner,  auch  im  Sainkshiptasara  ci- 
tierten  dichterstelle  etwas  auszusetzen  hatte.  Dieses  citieren 
von  dichterstellen  führt  uns  auf  etwas  anderes.  Es  ist  eine 
characteristische  eigenthümlichkeit  des  Kramadigvara ,  dass  er 
auf  das  in  der  spräche  wirklich  vorkommende  mehr  rücksicht 
nimmt,  als  irgend  ein  anderer  der  mir  bekannten  neueren  gram- 
matiker. Daher  sagt  er  oft,  nachdem  er  eine  regel  gegeben 
hat,  kvacin  na  syät,  kvacid  anyaträpi  oder  ähnliches,  und  führt 
dann  eine  stelle  aus  einem  dichter  an.  Zu  einem  Sütra  anyato 
pi  drigyate  (vgl.  P.  3,  2,  75)  bemerkt  er:  apicabdah  sarvopd- 
dhivyabhicdrdrt/iah  /  drigyata  iti  prayogänusdrärtham  j  bhüri 
dadätif  bhüridäva',  prdtar  eti,  prdtaritvd. 

Einige  worte  sind  zu  sagen  über  die  grammatische 
spräche  des  Kramadigvara;  über  die  kunstausdrücke  und  die 
construction  der  sütra. 

Die  technischen  Wörter  hat  Kramadicvara  fast  aus- 
nahmslos aus  Panini's  grammatik  herübergenommen;  zwar  ge- 
braucht er  —  doch  nicht  immer  —  kevala  statt  anupasarga ; 
prddl  statt  upasarga;  klwa  statt  napunsaka  u.  s.  w.,  aber  ver- 
gebens suchen  wir  bei  ihm  nach  den  ausdrücken,  die  dem  Kä- 
tantra  eigenthümlich  sind,  oder  nach  den  Verstümmelungen  des 
Vopadeva. 

Stärkere  abweichungen  zeigen  bei  Kramadicvara  die  formen 
der  suffixe,  zumal  der  Taddhita's.  Es  ist  ja  natürlich,  dass 
für  einen  späten  grammatiker,  der  auf  den  accent  der  zu  bil- 
denden  würter  keine   rücksicht   nahm,    eine  grosse  anzahl  der 


*)     Aufrecht  in  der  vorrede  zum  Ujjvaladatta,  p.  XIX. 


32  Th.  Zachariae 


von  Panini  verwendeten  stummen  buchstaben  überflüssig  war. 
Aber  Kramadicvara  hat  nicbt  nur  die  für  ihn  unnöthigen  Anu- 
bandha's  weggelassen,  sondern  er  hat  auch  neue  an  stelle  der 
von  Panini  gebrauchten  gesetzt,  oder  überhaupt  neue  erfunden, 
die  ich  nur  zu  einem  geringen  theile  bei  anderen  grammatikern 
wiederfinde:  und  hierin  liegt  vielleicht  die  einzige  eigenthüm- 
lichkeit  des  grammatischen  systemes  des  Samkshiptasära.  Ich 
würde  hier  eine  vollständige  liste  von  Kramadicvara's  Krit-  und 
Taddhitasuffixen ,  nebst  bemerkungen  über  die  bedeutung  der 
stummen  buchstaben,  folgen  lassen,  wenn  ich  bei  dem  zustande 
der  bengalischen  handschriften  im  allgemeinen  und  dem  der  mir 
vorliegenden  handschrift  im  besonderen  etwas  sicheres  zu  geben 
im  stände  wäre1).  Leider  ist  der  ganze  Taddhitapäda,  der 
sich  durch  genauigkeit  und  ausführlichkeit  vor  den  übrigen  ca- 
piteln  des  Samkshiptasära  auszeichnet  —  weshalb  Aufrecht  be- 
sonders auf  ihn  aufmerksam  gemacht  hat  —  in  dem  Londoner 
manuscript  I.  0.  822  von  späterer  band  ergänzt  worden.  Für 
die  richtigkeit  des  wenigen,  das  ich  hier  gebe,  kann  ich  also 
nicht  bürgen. 

Kritsuffixe:     an,  Pän.  ac 

anvyah 

ishnun 

elimak;  Andere  elimac  oder  helima 

ghan  (Pan.  ghan) 

ghinam  P.  ghinun  Kät.  giiinin 

na  P.  ap,  khal 

naka  P.  vun  Vop.  aka 

nakat  P.  shvun  Vop.  shaka 

nana,  nanat,  —  ana 

ta,  tan  P.  tak,  ta 

naka  Vop.  ebenso,  P.  nval,  Kät.  und  Agni- 
purana  vun  2) 

nat  P.  an  (Kr.  karmano  nat,  Pan.  und  Kät. 
karmany  an) 

nam 

*)  Ich  beziehe  mich  auf  das  fehlen  des  Viräma,  auf  das  verwechseln 
von  r  und  v,  von  n,  n  und  l,  und  dgl. 

2)  Kr.  nakatrivau  kartari,  Vop.  trinnakau  ghe,  Pän.  nvtiltricau,  Kät. 
4.  2,  47  •vuntricau  r  Agnip.  358,  6  vunfricau  sarvadhdtubhyo  bhuvako  bha- 
vitd  tathä. 


Citate  in  Kramadicvara's  Samkshiptaeära.  33 

tavyan 

turtum  P.  tumun 

trin  Vop.  trin,  Andere  tric  x) 

yan  P.  yat 

yac  P.  lyap 

gan  P.  ga 

catri 

gäna. 
Taddhitasuffixe:  aha  P.  vun;  akan  P.  vun 

dran  P.  drak 

ika,  vgl.  tika,  nika 

tya  P.  cha;  tyan  P.  chan 

ukan  P.  wÄ;aw 

kadya  Vop.  ebenso,  P.  katyac 

kan  P.  &a& 

/an  (?/aw  R.  L.  M.  p.  141,  2)  P.  an 

tika,   tikan,  vgl.   Agnip.  355,  4  dhanikam 
tikamritam 

tin  P.  ?n 

<«Ä;aw  (so  auch  im  Jainendravyäkarana)   P. 
ikak 

daka  P.  dvun 

dima 

nat  P.  an 

nika 

ntna,  P.  khaft  u.  s.  w. 
In  bezug  auf  die  technische  construction  der  sütra 
hat  sich  Kramadicvara  im  ganzen  und  grossen  an  Pänini  ange- 
schlossen. Doch  ist  er  sich  nicht  consequent  geblieben ;  wenn 
z.  b.  Panini  dasjenige,  wofür  irgend  etwas  anderes  substituiert 
werden  soll,  in  der  regel  in  den  genitiv  setzt,  so  gebraucht 
Kramadicvara  2)  in  diesem  falle  häufig  auch  den  nominativ. 
Wenn  also  in  einem  sütra  Kramadicvara's  zwei  nominative  er- 
scheinen, so  steht  der  erste  derselben  für  Panini's  genitiv,  der 
zweite  nominativ  ist  das  Substitut.  Ein  paar  beispiele  mögen 
diess  erläutern. 


x)    Vorige  note. 

')  Wie  auch  andere  spätere  grammatiker.  —  Die  eigenthümliche 
construction  des  norainativs  mit  dem  accusativ,  welche  im  Kätantra  und 
sonst  sich  findet,  hat  Kramadicvara  nicht;  Burneil,  Aindra School,  p.  117. 
Beiträge  z.  künde  d.  ig.  sprachen.  V.  o 


34  Th.  Zachariae 


1)  Krainadicvara  gebraucht  den  genitiv  wie  Pänini: 
hano  vadlür  lundgishoh  //  Coram. :  .  .  .  hanah  sthäne  va- 

dhir  bhavati;  vgl.  P.  2,  4,  42.  43. 
id  ätah  sthah  //  .  .  .  tishthater  ätah  sthäne  id  bhavati  j  ati- 

shfhipat;  vgl.  Vop.  18,  9. 
[iko'J  yavaralo'  ci  //    Pänini:    iko  yann  aci;    Kätantra: 

ivarno  yam  (dpadyate)  u.  s.  \v. ;  Sär.  Prakriyä :  *  yam 

svare  u.  s.  w. 

2)  Kramadicvara  hat  einen  nominativ  statt  Pänini's  genitiv: 
ye  'yuyaci  sthdder  ad  it  II  ayuyaci  ye  pare  sthdder  dd  ul 

bhavati  /  sthiyate  teshthiyate  /  ayuyaciti  kirn  /  asthäyi 
dsthäya  //    Folgt  der  Gana  sthddi 

jas  it  punsi  //  pumlinge  jas  id  bhavati  /  sarve ,  u.  s.  w. 
Pän.  7,  1,  17  jasah  ?i.  Kät.  2,  1,  30  jas  sarva  iL 
Hemacandra  1,  4,  9  jasa  ih. 

dver  id  at  //  svddau  pare  dvigabdasya  id  ad  bhavati  / 
dvau  u.  s.  w. 

sahah  so  vä  //  Vopadeva  ebenso;  Pänini:  sahasya  sah 

samdno  drigddau  //  drigädau  pare  samänacabdah  so  bha- 
vati; Vop.  6,  97  samänah  sah;  Kät.  4,  6,  65  samä- 
nasya  sah 

kini  kah  . .  .;  ebenso  Kät.  2,  3,  30;  aber  Pänini  kimah 
kah 

aud  U  klivdc  ca  //  striydm  ätah  klivdc  cottara  aud  id 
bhavati;  Kät.  2,  1,  41  aur  im  (dpadyate) ;  Hemacan- 
dra: aur  i;  vgl.  Vop.  3,  72.  84. 

Die  Gana  1).  —  Ueber  die  zahlreichen,  in  den  sütren  des 
Sanikshiptasära  mit  dem  anfangsworte  citierten,    in  der  Vritti 
ausgeführten  gana  ist  in  der  kürze  folgendes  zu  bemerken: 
1)  Einige  gana  erscheinen  in  metrischer  form;    besonders 
häufig   in   Goyicandra's   commentar.     Der  duhddiganah 
lautet : 
ari%rTf%£föcrf^fai%f%öfT  ^farsTrföfsT^frrs^Grt  sr^ f?r :  i 

Vgl.   die  Käcjkä  in  Böhtlingk's  Chrestomathie2   p.  225. 


x)  Vgl.  Goldsiücker  Pän.  p.  179.  180.  Burneil,  Aindra  S.  p.  29.  30. 
R.  L.  M.  p.  13.  14.  Vom  Ganaratnamahodadhi  ist  mir  nur  der  anfang 
bekannt ;  auch  die  Kägikä  liegt  mir  jetzt  wo  ich  diess  schreibe  nicht  vor. 


m- 


Citate  in  Kramadicvara's  Samkshiptasära.  35 

Der  lange  wurzelgana  gakddi  besteht  aus  sechs  Strophen ; 
Böhtlingk  zu  Pän.  7,  2,  10.  —    Die  prddayah: 

3&fö  tsfSTTFT^TT  :  fäi?I?IT^rrrTT  !  ^f%£^fon'SrcjqwfrTaT  II 

«s  ot         ^~  *»       nS 

Der  gana  gramanddi  zerfällt  bei  Kramadicvara  in  einen 
gana  gramanddi  und  in  einen  gana  mridvddi.  Der  gana 
gramanddi  lautet  bei  Goyicandra: 

3SPTITIT  ctfcfTET  5"T^t  rTiq^t  ST^cFf  FTeiT   I 

Die  übrigen  acht  Wörter  des  pänineischen  gana  grama- 
nddi bilden  den  gana  mridvddi.  Ebenso  wird  der  gana 
urahprabhriti  in  a)  urahprabhriti  b)  nävddi  zerlegt. 
Goyicandra : 

sx  -.  srf<f ^t^  ^rt  sjwiiwNfa-  ^  i 
3^:ffiTrf?ft  *rsrc  ^t^tt^  <tjtt:t  iu  :  I 

2)  Kramadigvara  hat  häufig  einen  gana,  wo  von  Pänini  und 
anderen  die  betreifenden  Wörter  im  sütra  aufgeführt 
werden  (nipdtyante).  So  z.  b.  gabdddi  vgl.  P.  3,  2,  23; 
ein  zweiter  gana  gabdddi  besteht  aus  den  Wörtern  bei 
Pän.  3,  1,  17 :  dass  diese  wörterreihen  von  Kramadicvara 
mehr  oder  weniger  erweitert  worden  sind,  braucht  kaum 
bemerkt  zu  werden.  Ferner  antddi  P.  3,  2,  48,  nakhä- 
di  *)  6,  3,  75,  dantddi  6,  1,  63,  acaturddi  5,  1,  121 
u.  s.  w. 

3)  Kramadicvara  fängt  den  gana  mit  einem  anderen  worte 
als  Pänini  an.  Der  gana  anugatikädi  heisst  anuhodädi  ; 
der  vierte  gana  zu  P.  4,  2,  80  heisst  gartddi  2),  nicht 
kumudddi.  Für  Indrajananddi  sagt  Kramadicvara  Sitdn- 
veshanddi  3);  und  zwar  lautet  dieser  gana  (in  der  Lon- 
doner handschrift) 

^taracniT  ^?raq  fsrsTsfi-s:  ?mw  i^fr^  nuTJp*r  i 
Zu  den  Wörtern,   welche  das  suffix  tya  (cha)  annehmen, 
gehört  auch  das  dvandva  Qyenakapota,  also  Qyenakapo- 


*)     Ganaratnamahodadhi :  nabhrddddi.    Sär.  Prakriyä:  näkädi. 
a)    Ganar°:  valvajddi. 
*)    Ganar0:  Qifukrandädi. 

3* 


36  Th.  Zachariae 

tiya;  aber  von  Deväsura  Rdkshogandharva  wird  gebildet 
Daiväsura  Rdkshogandharva  1). 

Paribhäshäs  2).  —    Kramadicvara  citiert  in  der  vritti  zu 
den  sütren   seiner  grammatik   öfters  kurze  regeln,   welche  sich 
durch  ihren   inhalt,    ihre  anwendung  und  durch  äussere  merk- 
male  als   paribhäshäs  kennzeichnen   und   zu   einem   theile  fast 
wörtlich    in    Nägojibhatta's    Paribhäshendu^ekhara    wiederkeh- 
ren.   Ich   habe   einige  bei   der  lectüre  des  Samkshiptasara  ge- 
sammelt und  lasse   dieselben    in    alphabetischer  Ordnung  hier 
folgen.     Ob  diese  parishäbhäs  in   dem  Samkshiptasäraparibhä- 
shäsütram  enthalten  sind,  kann  ich,  mit  einer  ausnähme,   nicht 
sagen,  da  mir  das  genannte  werkchen  unbekannt  geblieben  ist. 
Apekshitavidher  anapekshitavidhdnam  durbalam. 
ätidecikam  käryam  anityam;  vgl.  Par.  93,  G  ed.  Kielhorn. 
upapadavibhakteh  kärakavibhaktir  gariyasi;  Par.  94. 
ekadegavikritam  ananyavad  bhavati;  Par.  37. 
kridabhihito  bhävo  dravyavat  prakdgate. 
kvacid  apavädavishaye  'py  utsargo  'bhinivigate  ;  Par.  58; 
oft  von  späteren  angewendet;    Ujjvaladatta  zu  Un.  2, 
2  (pravartate  statt  abhinivigate)  ;  Bharata  zu  Bhatt.  8. 
49.  124.  15,  102;    kvacid  apavädavishaye  'py  utsargo 
'pi  pravartate  derselbe  zu  6,  130.  7,  17.  8,  128.  9,  58. 
10,  20. 
kvacid  bhävyartho  bhütavad  angikriyate. 
kvacin  nimittäpäye   naimittikasyäpy    apdydh,     „when    a 
cause  disappears,  that  which  was  caused  by  it,   disap- 
pears    likewise".     Siradeva's    Paribhäshävritti    99    bei 
Kielhorn  vol.  II  p.  535.    In  der  Sar.  Prakriyä  und  im 
Cändravyäkarana   findet   sich   die   lesart  abhäva  statt 
apäya. 
pratitir  vishayam  apaharati;  wird  Nyäya  genannt. 
pradhdnena  hi  vyapadegd  bhavanti. 
bhavati  hi  käranäd  atikramdh  (?). 
bhavati  hi  vydkhyänato  viqeshaldbho  na  tu  sandehdd  ala- 

x)  Wie  mir  von  befreundeter  seite  mitgetheilt  wird,  ist  hier  die 
Kägikä  P.  4,  3,  88  zu  vergleichen. 

s)  E.  L.  M.  p.  53—62.  143—44.  Goldstücker,  Pan.  pag.  106  ff. 
Kielhorn  in  der  Preface  zu  seiner  ausgäbe  des  Paribhäshendugekhara 
[Par.]. 


Citate  in  Kramadicvara's  Samkshiptasära.  37 

kshanam  (so  die  Londoner  hs.);  diese  paribhäshä  ist 
die  erste  im  Samkshiptasäraparibhäshäsütram ,  Pari- 
bhäshenducekhara ,  Paribhäshäbhäskara ,  und  in  der 
Paribhäshävritti. 

luptarn  cdluptavat  kvacit  (?). 

vigeshenäpt  sdmdnyam  bddhyate  na  kväcit  (?). 

gäbdi  hy  äkdnkshd  gabdenaiva  prapüryate;  vgl.  Peters- 
burger Wörterbuch  unter  gdbda. 

sthänyädegdh  sthdnivat  kväpi. 

Kärikäs  !).  —  Die  zahl  der  im  Samkshiptasära  vorkom- 
menden kärikäs  ist  nicht  so  gross,  als  man  bei  einem  späten 
grammatiker  vielleicht  erwarten  könnte.  Einige  hat  Kramad- 
iQvara  wohl  selbst  verfasst;  die  meisten  sind  aus  den  commen- 
taren  zu  Panini,  Katantra  etc.  entlehnt  und  daher  bekannt. 

adravam0,  vgl.  z.  b.  Kät.  p.  313.     Im  zweiten  hemistich 

haben  die  handschriften  tasya  statt  tena. 
äkriti0  bekannt;  Kät.  p.  364. 

Diese  kärikä  ist  characteristisch  für  den  Standpunkt  und 
das  Zeitalter  unseres  grammatikers.  Weil  in  der  that  manche 
wurzel,  die  eigentlich  die  endungen  des  ätmanepadam  anneh- 
men sollte,  im  parasmaipadam  gebraucht  wird  —  zumal  im 
epos  — ,  so  hält  er  es  für  nöthig  diess  ausdrücklich  zu  bemer- 
ken. Der  zweite  hemistich  ist  nur  ein  beispiel  und  stammt  aus 
dem  Mahäbhärata  2);  die  wurzel  svanj  ist  anudättet  und  sollte 
ätmanepada  haben.    Ferner  führt  Kramadicvara  an 

sa  eväyam  nägah  sahati  kalabhebhyah  paribhavam  iti    ■ 
und  fährt  dann  fort 

Dieser  hemistich  —  der  wohl  mit  dtmanepadasamprdptau0 
zur  bildung  eines  vollständigen  ctoka  zusammengestellt  werden 

muss  —    kehrt  wieder  bei  Bharata  zu  Bhatti  6,  41 „iti 

paravdkyät",  nach  dem  aussprach  des  anderen,  d.  h.  des  Kra- 
madicvara; und  in  der  Paribhäshätikä  zum  Kavikalpadruma,  in 


1)     Goldstücker,  Panini,  p.  93  ff. 

3)     4,  513;    vgl.  Bharata  zu   Bhatti  17,  103   kvacid  dtmanepadino  'pi 
parasmaipaditvam  j   parishvajati  etc.     Vgl.  denselben  zu  8,  66. 


38  Th.  Zachariae 


einer  discussion  l)  über  den  werth  oder  die  bedeutung  der  ver- 
balanubandhas  bei  Vopadeva,  heisst  es:  ...  „Wenn  nun  aber 
im  Dhätupäräyana  und  im  Mugdhabodha  (XVII,  1)  corayate 
neben  corayati  angeführt  worden  ist,  so  ist  das  geschehen  zur 
rechtfertigung  des  von  den  Verfassern  der  Mabakävya  zuweilen 
gebrauchten  ätmanepadam ;  so  z.  b.  tarkaye  im  Naishadham; 
hiebei  stützen  sich  einige  auf  den  Nyäya :  ätmanepadam  icchanti 
parasmaipadinäm  kvacit". 

Kramadicvara  führt  nun  einige  beispiele  für  den  gebrauch 
des  atmanepada  statt  des  parasmaipada  an : 

aus  dem  Kumärasambhava,  3,  38;  die  mir  vorliegende  indische 

ausgäbe  (Calcutta  1870)  liest  in  der  that  cucumbe ,   nicht  cu- 

cumba,  wie  meines  wissens  andere  ausgaben  lesen.     Ferner 

mritam  apy  anugacchate  vidyä  /  und  endlich 

So  die  Oxforder  handschrift;  die  Londoner  schiebt  zwischen 
mätd  und  yadä  ein:  nodarasthd  haritaki;  und  vor  kaddcit  hat 
sie  (aber  nur  am  unteren  rande  des  blattes  bemerkt)  haritakim 
bhunkshva  räjan  mäteva  hitakärini. 

Ich  fahre  in  der  aufzählung  der  kärikäs  fort. 

ishadarthe0  aus  dem  Bhäshya. 

kripdydm  nindane  jnäne0,  vgl.  Bharata  zu  Bhatti  20,  5. 

Zur  sache  Benfey,  Vollständige  Grammatik,  §  624,  B,  2. 
kriyamdnam0  bekannt,  vgl.  z.  b.  Kat.  p.  183. 
crörfwsr  fRsrfWsi  fswTGftFüfsry  :  s»i%T  i 

Diess  ist  nur  eine  Variation  der  bekannten  und  oft  angeführten 
karikä  kvacit  pravrittih0. 

prädurbhäva0 ,  vgl.  Böhtlingk,  Index  zum  Panini  p.  463 
und  prägutpattiQ  Kätantra  p.  365. 

Ein  metrisches  Sütra,  vgl.  Varttika  zu  Pänini  3,  2,  111.  Der- 
artige  versificierungen  finden  sich  auch    sonst  noch  bei  Kra- 


*)    Bezieht  sich  auf  die  verse,  welche  bei  Westergaard,  Radices, 
p.  343  abgedruckt  sind. 


Citate  in  Kramadii^vara's  Samkshiptasära.  39 

madicvara  1).  Es  ist  mir  fraglich  ob  sie  von  ihm  selbst  her- 
rühren. 

gilito0  bekannt;    vgl.  Kät.  4,  4,  66  Comm. 

Vgl.  Pän.  2;  4,  26. 

shashthitritiyayor0,  vgl.  Böhtlingk  Pän.  II  p.  280. 

Ein  ctoka  2)  über  die  bedeutung  der  casus  in  den  sütra  der 
grammatiker,  speciell  in  der  grammatik  des  Pänini.  —  Es  fol- 
gen drei  regeln  des  Pänini  mit  kurzem  commentar: 

^cjrt  ?rinf%  11  \  .  \  .  öö. 

ikah  sthdne  'ci  pare  yan  (sie)  ädego  bhavati  \\ 

WörereHTTT/TFro    II    V  .  '$  .  *»  %  . 

bhdve  harmani  ca  vdcye  dtmanepadam  bhavati  3)  || 

ÖTTf%  JTJTT  öTrT    II    ^  .  ^  .  Öo. 

vrate  gamyamdne  vdcy  upapade  sati  yama  uttare  khaj  4) 

bhavati  [| 
sr^ir  fq-fsr^-s^frr  craxinfcrii  ^sa^r  i 

Vgl.  Böhtlingk,  Index  zum  Pänini,  p.  451. 
srföi^qrjr  frircrr  fnr«rr  *nRw*7jft :  i 

Diese  kärikä  —  nur  eine  Variation  der  bekannten  samhitaika- 
pade0,  vgl.  z.  b.  Vämana  5,  1,  2  —  wird  von  Kramadicvara 
am  Schlüsse  des  Sandhipäda  angeführt.  Als  beispiel  für  die 
nichtbeachtung  der  Sandhiregeln  5)  wird  gegeben 

Tt,  uk?t  zsFjwfcn  ^ssrn :  'ertimf^T  :  i 
Man  vergleiche  den  vers,    welcher  am  Schlüsse  der  in  Kashmir 
gefundenen    handschrift    von    Kshapanaka's    Anekärthadhvani- 
maiijari  steht  6): 

*)  So  erscheinen  die  sütra  Pänini's  3,  4,  2  ff',  in  metrischer  gestalt. 

a)  vdrttikasydyam  plohah  R.  L.  M.  p.  127  am  ende.  Vgl.  p.  141  in 
der  mitte. 

3)  Das  „ätmane"  im  sütra  ist  „lipikarapramäda",  vgl.  R.  L.  M.  p. 
8.  143. 

*)  khapn  Oxforder  hs. 

»)  Benfey  V.  G.  §.  86  Bern.  2.    Lassen-Gildemeister  Anth.  p.  118. 

°)  Bühl  er,  Detailed  Report  etc.,  p.  CXI. 


40  Th.  Zachariae 

Die  folgende  kärikä  bezieht  sich  auf  die  declination  der 
sarvddayah: 

Handschriften.  —  Benutzt  habe  ich  die  Oxforder  hand- 
schrift  (Wilson  17)  und  die  Londoner  (I.  0.  822).  Letztere 
allein  hat  mir  bei  der  ausarbeitung  dieses  aufsatzes  vorgelegen. 
Die  Oxforder  hs.  ist  ganz  modern,  die  Londoner  ist  50—100 
jähre  älter  (das  älteste  datum  cak.  1627?)  und  von  verschie- 
denen händen  geschrieben.  Der  älteste  mir  bekannte  codex  ist 
ein  ms.  von  Goyicandra's  commentar,  datiert  1703  A.  D.  Die 
in  der  Library  of  the  Asiatic  Society  of  Bengal  befindlichen 
handschriften  sind  nach  Rajendra  Läla  Mitra's  angaben  sämmt- 
lich  modern  und  undatiert. 

Die  handschriften  sind,  wie  kaum  bemerkt  zu  werden 
braucht,   mit  bengalischen  buchstaben  geschrieben. 

Weder  die  Oxforder  noch  die  Londoner  hs.  des  Samkship- 
tasära  sind  fehlerfrei.  Auch  lücken  sind  nicht  selten :  so  findet 
sich  eine  in  der  Oxforder  hs.  im  Sandhipäda,  eine  in  der  Lon- 
doner im  Samäsapäda.  Nimmt  man  hinzu  dass  schon  Goyi- 
candra  x)  zu  wiederholten  malen  von  der  fahrlässigkeit  der  ab- 
schreiber  spricht,  so  wird  es  keine  leichte  aufgäbe  sein,  mit 
dem  in  Europa  zugänglichen  handschriftlichen  material  (selbst 
mit  zuhülfenahme  der  vorzüglichen  commentare  Goyicandra's) 
einen  lesbaren  und  zuverlässigen  text  herzustellen. 

Von  Goyicandra's  commentaren  sind  besonders  die  Londo- 
ner handschriften  benutzt  worden,  und  zwar  sind  diess  die  fol- 
genden : 

I.  0.  No.  1495  Sandhipäda 
746  Tifantapada 
900  Kridantapada 
1494  Taddhitapäda 
1481  Kärakapäda 

*)  Er  verfasste  Beinen  commentar  samayavacavydkulapdthasamuddha- 
randya.     Oeftera  erwähnt  er  den  mulapdtha  gegenüber  dem  pramddapdtha. 


Citate  in  Kraraadicvara's  Samkshiptasära.  41 

230  Subantapäda 
1481  Samäsapäda. 

Citate  im  Samkshiptasära.  —  Bei  der  folgenden  Zu- 
sammenstellung der  in  Kraraadicvara's  Samkshiptasära  sich  fin- 
denden citate  habe  ich  von  gedruckten  sachen  besonders  be- 
nutzt Aufrecht's  Catalog  der  Oxforder  handschriften ;  dessel- 
ben vorrede  zu  seiner  ausgäbe  des  Ujjvaladatta  (Bonn  1859), 
und  seinen  aufsatz  „Zur  handschriftenkunde"  in  der  Z.  D.  M.  G. 
XXVIII,  103—124. 

Ich  führe  die  citierten  autoren  und  werke  in  zwei  abthei- 
lungen  vor ,  1)  grammatiker  und  lexicographen ,  2)  dichter, 
u.  s.  w. ;  in  einer  dritten  abtheilung  gebe  ich  eine  blumeniese 
der  anonym  angeführten  citate.  Um  mich  nicht  dem  vorwürfe 
der  unvollständigkeit  auszusetzen,  habe  ich  manches  bekannte 
und  unwichtige  in  mein  verzeichniss  aufnehmen  müssen. 

I.     Grammatiker  und  lexicographen. 

Anunyäsa,  commentar  des  Rakshita  zum  Nyäsa  des  Ji- 
nendrabuddhi.  Das  werk  wird  nur  einmal  citiert  im  dvandva 
mit  Väbhata  (Anunyäsa-Väbhatau) ;  beide,  der  Verfasser  des 
Anunyäsa,  und  Väbhata  erklärten  in  der  von  Kramadicvara 
anonym  angeführten  stelle  Kumäras.  1,  52  (53  Stenzler)  grä- 
hayitum  für  schlecht  oder  falsch  (asädhu  x)).  Kr.  sagt:  grä- 
hayitum  svikärayitum  iti  kävyärthah ;  Mallinätha's  glosse  lau- 
tet: svayam  dhüya  parigrähayitum. 

Anupadakära,  der  unbekannte  Verfasser  des  zum  Säma- 
veda  gehörigen  Anupadasütram ,   wird  zweimal  angeführt. 

Amara,  Amarakosha.  —  II,  9,  65  gibt  Kramadicvara: 
dhurinäh  sadhuramdharäh ,  wie  die  neueste  ausgäbe  des  Ama- 
rakoca,  Bombay  1877.  —  In  II,  6,  1,  41  wird  stanamdhayd 
für  eine  falsche  lesart  (apapätha)  erklärt:  stanamdhayi  soll 
man  lesen.  In  I,  2,  3,  24  wird  varshdbhri  (°hvi?J  als  apapä- 
tha bezeichnet.  Ebendaselbst  liest  Kr.  duli,  wie  die  neueste 
ausgäbe,  nicht  duli. 

*)     asädhu  =  $abdasmritiviruddha  Vämana  2,  1,  5. 


42 


Th.  Zachariae 


Amaramäla,  ein  schon  von  Kshirasvämin  citiertes  lexi- 
con.  Kr.  führt  es  nur  einmal  an:  „bhümer  apy  ardham  angu- 
lam"  iti  yavamdnavacano  't/am  angidagabdah  (s-  Ujjv.  zu  Un. 
4,  2);   tathä  cämaramäld:  „angulam  tu  yavo  matam11. 

Utpalamalä  (Londoner  ms.)  oder  Utpalamälini  (Ox- 
forder ms.),  ein  lexicon.  Es  wird  angezogen  für  das  wort  Qa- 
talumpa,  welches  ein  beiname  des  dichters  Bhäravi  gewesen 
sein  soll  ((Jatalumpas  tu  Bhäravih)  ;  für  divam  (ürdhvaloko 
divain  nabhah);  und  für  die  feminina  singularis  krodd  ddrd 
härä: 

SFTteT  5[T|T  rmT  ^T|T  %Q  %h  UTJJ^m^   i 
ffftl  37^2  fT^  xf  Cr^TfTTrFT  JT^fäft !   II 

Kajjata  (so  die  hss.;  ob  Kajjala?  Kallata?),  ein  mir  un- 
bekannter grammatiker.  Ich  habe  ihn  dreimal  angeführt  ge- 
funden. Nach  Kajjata  heisst  es  auch  shaddhä  (sechsfach)  statt 
shodhä,  shaddhä.  Ferner  wird  er  citiert  in  dem  commentare 
zu  einem  sütra,  welches  auf  das  der  regel  Pan.  5,  3,  9  ent- 
sprechende sütra  unmittelbar  folgt:  abhimukhärthäbheg  ca  ||  a- 
bhito  grämam  abhimukham  grdmasyeti  Kajjatah  ||  Die  dritte 
stelle  ist 

aGnssTTttii  wh  n 
vrishagabdo  'tra  gukralavacanah  /  vrishasyati  näri  agvasyati  va- 
davd  I  agvagabdo  'tra  pumjätivacana  iti  Kajjatah  // 

Hierzu  bemerkt  Goyicandra:  agvasyati  vadavety  atitrishnd- 
ydm  hayam  icchatity  arthah  j  agvapadena  catushpäjjätivigesha 
ukta  iti  j  vadavdpadopanyäsäd  Vrittikrito  'blnshtamata  evoddha- 
ranam  Vdmana-Bhägavrittikritdbhydm  (!)  api  dargitam / 
agvagabdo  'tra  pumjätivacana  iti  Kajjata  iti  matäntaropadarganam 
gagavrishägvajätilakshanam  ca  Smaragästre  prasiddham  eva  / 
atitrishnäyäm  maithunamdtrecchäydm  agvasyatity  api  keshdmcin 
matam  /  tathä  ca:  „Ravirathahayän  agvasyantitiu  Qriharshah\\ 
vgl.  Bharata  zu  Bhatti  4,  30.  Nach  Kajjata  bezeichnet  also 
das  wort  agva  in  agvasyati  nicht  pferd,  sondern  eine  besondere 
art  von  männern,  wie  in  der  erotik  — 

Kätantram  (vgl.  Käläpäh).  Diese  in  Bengalen  —  beson- 
ders bei  den   Vaidya  —  viel  gebrauchte  grammatik   wird  von 


Citate  in  Karamadic,vara's  Samkshiptasära.  43 

Kr.  häufig  citiert.  Goyicandra  citiert  auch  Sarvavarman  (sie), 
den  angeblichen  Verfasser  der  Kätantragrammatik,  und  die  Kä- 
tantratikä;  Vanc,ivadana  citiert  den  Durgasiriha.  Nicht  alles 
was  Kr.  aus  dem  Kätantram  anführt,  vermag  ich  in  der  ge- 
druckten ausgäbe  dieses  werkes  aufzufinden.  Citiert  wird  z.  b. 
tolä  aus  4,  5,  83  (Vritti);  pricchaniyam  aus  3,  5,  27  (Vritti). 
Ein  Kätantrasütram  wird  nie  angeführt. 

Käläpäh,  s.  v.  a.  Kätantriyäh.  Sie  werden  einmal  allein 
citiert,  mit  bezug  auf  Kät.  3,  7,  21,  einmal  im  dvandva  mit 
den  Candrah  x) :  gatakumbheti  Cdndrakäldpdh  /  Qatakumbhapar- 
vate  bhavam  gätakaumbham  suvarnam  /  Danach  gehört  gata- 
kumbha  mit  zum  gana  anugatikddi.  —  Krainadicvara  wird  ne- 
ben den  Käläpäh  citiert  von  Bharata  zu  Bhatti  11,  38. 

Kshapanaka,  Verfasser  eines  commentares  zu  den  Unä- 
disütra?  Vgl.  die  Kshapanakavritti  bei  Ujjvaladatta.  Kramad- 
ievara:  mätur  mätarag  ca  pitari  2)  /  mätdpitarau  mdtarapita- 
rau  J  „pitug  ca  pitara"  iti  Kshapanakah  / 

Candräh,  die  zur  schule  des  Candra  gehörigen  gramma- 
tiker.  Bruchstücke  des  Cändravyakarana  sind  neuerdings  zum 
Vorschein  gekommen.  Die  Candräh  werden  von  Kr.  mehrere 
male  citiert;  einmal  im  Dvandva  mit  den  Kälapäh,  vgl.  oben. 
Zu  einem  der  citate  führt  Goyicandra  das  Candravrittisütram  an. 

Die  Candrah  lesen  in  der  wörterreihe  ojas  u.  s.  w.  (Pan. 
6,  3,  3)  tapas  statt  tamas.  —  padapucchayor  veti  Candräh  d.  h. 
nach  den  Candrah  ist  (die  Verlängerung  des  auslautenden  voca- 
les  von  gvan  in  der  Zusammensetzung)  vor  pada  und  puccha 
arbiträr.  Goyicandra  bemerkt  hierzu:  na  tu  Candrasya  tat  la- 
kshanam.  —  Nach  den  Candrah  tritt  in  der  Zusammensetzung 
sa  für  samäna  ein  arbiträr  vor  ndman  gotra  rüpa  sthdna  vayas 
varna  vacana  jdtiya  (Benfey  p.  248,  XII).  Goyicandra  bemerkt: 
Candralakshanam  etad  upanyastam  vikalpdrtham  j  nach  Kra- 
madievara  ist  die  Substitution  von  sa  für  samdna  nicht  arbiträr, 
sondern  nothwendig.  —    Die  Candrah  sagen  statt  cauram  sam- 

2)    Wie  Goyicandra  einmal  hat:    Sarvavarmacandramate   „nach  der 
ansieht  des  Sarvavarman  und  des  Candra". 

a)    Vgl  Ujjv.  zu  Un.  2,  96  p.  60,  14  Aufrecht. 


44 


Th.  Zachariae 


tdpayati  samtdpak  auch  caurasya  samtäpayati;  vgl.  die  Vritti 
zu  Kät.  2,  4,  40.  —  Die  Candräh  werden  angeführt  für  dcd- 
ryabhogina,  und  für  ekatvya  (von  ekatas).  Zu  seinem  sütra 
stome  dah  bemerkt  Kramadicvara :  dad  iti  Candräh,  vgl.  Pän. 
5,  2,  37  värtt.  4.    Benfey  §.  547. 

Cullibhatti,  ein  commentator  des  Pänini,  der  von  Jinen- 
drabuddhi  citiert  wird  (nach  Kielhorn).  Vgl.  die  Cullikäbhat- 
tavritti  bei  Rayamukuta.     Kramadicvara: 

hridayamgamah,  mitamgamo  hasti,  sutamgamo  rdjabhedah,  pür- 
vmrigamah  panthdh ,  hridayanigamä  väg  iti  ca  samjnäyäm  iti 
Cidlibhattih  jj  Vgl.  Kät.  4,  3,  45  Comm. 


Jayäditya,  der  (angebliche?)  Verfasser  eines  theiles  der 
Kägikä;  vgl.  unten  Vämana,  Vämanavritti.  Die  beiden  citate 
Kramadicvara's  aus  Jayäditya  beziehen  sich  auf  die  KaQ.  zu 
Pän.  3,  2,  56,  und  5,  4,  119  (vigra,  nasenlos). 

Trikändam,  ein  lexicon;  Verfasser  Bhäguri?  Kramadi- 
cvara's citate  sind:  Ndsatyau  devabhishajau.  —  gananiyam  tu 
ganeyam.  —    sutd  ca  duhitä  putri.  —    Wörter  für  bäum: 

arit  ^Tjft  svmmu  stt^t  ?t$et  nji :  ctft  :  ii 
Der  folgende  hemistich  wird  angeführt  für  das  fem.  bhirü  statt 
des  gewöhnlichen  bhirü: 

mfsFrl'  cFTfqqr  irh[ :  *p-;fr  3[fo<TT  fcrsrT  i 

Drävidäh  (eine  schule  von  grammatikern  ?) ,  citiert  von 
Kshirasvämin  und  Rayamukuta;  von  Kramadicvara  einmal.  Vgl. 
die  Drävidäh  in  Vitthala's  Prasäda. 

Dhätupäräyanam,  ein  grammatisches  werk,  vermuthlich 
das  werk  des  Pürnacandra,  welches  von  Rayamukuta  zum  Ama- 
rakosha,  von  dessen  Vorgängern  Väcaspati  x)  und  Subhüti,  in 
der  Mädhaviyavritti,  und  von  Ujjvaladatta  angeführt  wird.  Kr. 
citiert  das  Dhätupäräyanam  für  üti  „das  gewebe"  von  der  wur- 


x)     Rayamukuta   zu    Amarä   II,  6,  1,  38    Pürnacandrena   tu  Pdrdyane 
.  iti  Vdcaspatih. 


Citate  in  Kramadic^ara's  Samkshiptasara.  45 

zel  vefi,  vgl.  die  Caitrakuti  zu  Kat.  4,  5,  73;  für  cintiyä,  yü- 
jiyd  =  cintä,  püja ;  für  dadaridravän  —  dadaridrvän ;  und 
für  bhräkti  =  bhräshti ,  vgl.  Kat.  3,  6,  59  Comm. 

Nyäsa;  Nyäsakrit  i.  e.  Jinendrabuddhi x).  Der  Nyäsa 
ist  ein  commentar  zur  Käcjkä ;  Rakshita's  commentar  zum  Nyä- 
sa heisst  Anunyäsa,  und  beide  zusammen,  Nyäsa  und  Anu- 
nyäsa,  bildeten  wahrscheinlich  den  Mahänyäsa  (nach  Aufrecht). 
Jinendra's  zeit  ist  noch  nicht  genau  bestimmt.  Er  wird  von 
Ujjvaladatta  wiederholt  citiert. 

PaQupati,  ein  grammatiker?  Verfasser  eines  Alamkära- 
castra?  Er  wird  als  lexicograph  (?)  citiert  von  Ujjvaladatta; 
die  Kärakaparikshä  eines  Pacupati  befindet  sich  unter  den  von 
Bühler  in  Kashmir  gefundenen  handschriften  (no.  282).  —  Pa- 
cupati erklärt  in  der  stelle 

jfryf^o"  (?)  grffTrrr  uriz^  ntn : 
godhuli  für  asädhu;   godhüla  soll  es  heissen ,    wie  yadmanabha, 
ürnanäbha,  dtryhardtra.     Er  beanstandet  Pandydh  in  der  stelle 
Ragh.  4,  49.     Er  erklärt  die  denominativa  in 

ssrrer :  ^jm^iT 5Ftaf?r  3^  nsn  :  efT^toiH 
für  apagabdäh;  die  worte  stammen  aus  einer  strophe  des  dich- 
ters  Bhallata  oder  Mallabhatta,  s.  Aufrecht  Z.  D.  M.  G.  XXVII, 
61.  —  Pagupati  wird  angeführt  für  dhuramdhara :  „bhavitä 
tvam  dhuramdharaha.  Er  erklärt  dyrahäyana  (statt  ägrahäya- 
nika)  für  asädhu.  Er  tadelt  sviya  (statt  svakiya)  in  einer  an- 
onym angeführten  stelle;  die  Oxforder  hs.  liest  hier  Bhägavrit- 
tih  statt  Pagupatih.  Endlich  erscheint  er  im  dvandva  mit 
Väbhata  in  folgender  stelle: 

^qf^TT^T^r  -sfcr  mir  » 

smT?;<75mfFirat  5ejT??JTFm  II 
Zum  sütra  ergänze  ktah.     Die  worte,  auf  welche  die  erklärung 
des  Väbhata  und  Pacupati  sich  bezieht,  stammen  aus  Bhartrihari. 

Bhattavärttikam  2).     Von   den  im   Samkshiptasara  als 

')  Vgl.  Bühl  er,  Detailed  Report  of  a  tour  in  search  of  Skt.  MSS. 
made  in  Kacmir  (1877)  p.  73. 

*)  Vgl.  den  Bhattavärttikakrit  in  Kullükabhatta's  commentar  zum 
Manu. 


46  Th.  Zachariae 

Bhattavärttikam  bezeichneten  citaten  sind  mir  nur  zwei  von 
anderswoher  bekannt;  der  ausdruck  Bhattavärttikam  ist  mir 
nur  noch  begegnet  in  Vishnumic,ra's  commentar  zum  Supadma. 
Goyicandra  und  andere  commentatoren  des  Kr.  führen  öfters 
ein  clokavärttikam  an  1). 

Das  folgende  „Bhattavärttikam"  wird  von  Kr.  angeführt 
als  beispiel  zu  seinem  sütra  „kvacin  na  syät"  d.  h.  manchmal 
findet  (die  Verdoppelung  des  nasales)  nicht  statt  *): 

ws$ :  jrarär  "ks :  fpttTt^t  FTfosiFr  n 
Vgl.  Böhtlingk,   Pän.  vol.  II  p.  112.  215.     Für  das  mit  einem 
part.  fut.  pass.  nicht  componierte  adverb  avagyam  wird  citiert: 

Für  adidigat: 

■^^UK^mm^  öT^JUTTtJiqjfTf^STrT   II 

Dieser  hemistich  steht  auch  in  der  Paribhäshätikä  zum  Kavi- 
kalpadruma  p.  13  —  offenbar  aus  Kramadicvara  entlehnt. 

als  beispiel  für  grdha.     Endlich  .wird  für  ürnandbhi  angeführt 

CTSfw^T  f5RTcRT2I  ^nfawf  <rh?rfT  I 
So  die  Londoner  hs. ;    die   Oxforder  hat  käryam  statt  kärya. 
Man  vergleiche  den   ctoka  der  von  Ujjvaladatta  zu  Un.  5,  47 
gegeben  wird. 

Bhägavritti,  ein  oft  citiertes  grammatisches  buch,  auf 
dessen  beschaffenheit  oder  inhalt  vielleicht  auch  die  citate  im 
Kramadicvara  einiges  licht  werfen. 

Die  Bh.  erlaubt  akshikänah  statt  akshnä  känah,  und  ka- 
thimänini  statt  kathamänim.  Gibt  eine  bemerkung  zu  dridha- 
bhakti  3).  Sie  wird  angeführt  für  sapaksha  [sadharman]  sajä- 
tiya  f  worin  sa  =  saha.  Sie  erklärt  tvayä  jnäto  mayä  jnätah 
(statt  tava  jnäto  mama  jnätah)  für  asädhu;  vgl.  comm.  Kät.  4, 
4,  66.     Sie  tadelt  das  parasmaipadam  samäkrämati  in  der  stelle 

rw :  ^mTifrPTfa  sjsqicjrqTr  fen'^^^m  jv^  m^Tf : 
weil  es  gegen  Pän.  I,  3,  40  värtt.  verstösst.     Ebenso  beanstan- 
det sie  äjaghne  in  der  anonym  angeführten  stelle  Kirät.  17,  63; 
vgl.  unter  Bhäravi.     Sie  erklärt  sviya  statt  svaklya  für  asädhu 

*)    Vgl.  R.  L.  M.  p.  127,  3  v.  u. 

a)    Zur  sache  vgl.  Böhtlingk,  Einleit.  zum  Pän.  p.  LXIII— LXIV. 
Goldstücker,  Pän.,  not.  53.    Burnell,  Aindra  School,  p.  117. 
8)    Vgl.  Siddhäntakaumudi  zu  P.  7,  4,  14. 


Citate  in  Kramadicjvara's  Samkshiptasära.  47 

(nach  der  Oxforder  hs. ;  vgl.  unter  Pacupati).  Endlich  erwähne 
ich  hier  ein  citat,  welches  in  meinen  hss.  des  Kramadicvara 
mit  „iti  Bhäshyam"  (Bhdshäm  I.  0.)  angeführt  wird,  im  Bhä- 
shyam  aber  meines  wissens  nicht  vorkommt,  sondern  vielmehr, 
nach  anderen  autoritäten,  aus  der  Bhägavritti  stammt.  Die 
stelle  wird  angeführt  zu  einem  sütra 

asrnT :  Qörflrcficrcr^r  it 
Statt  yauvatam,  „eine  schaar  junger  mädehen",  kann  man  auch 
yauvanam  sagen ;  vgl.  Si.  Kau.  zu  P.  6,  4,  164.   (Benfey  §.  461.) 

kaldkugalayauvanam  wird  aus  der  Bh.  von  Räyamukuta  ange- 
führt ;  und  das  ganze  von  Purushottama  a)  in  der  Prayogara- 
tnamäla  („drigyate  ca  Bhägavrittau") 

Die  Bhägavritti  wird  übrigens  besonders  häufig  von  Ujjva- 
ladatta  citiert ,  der  sie  in  der  einleitung  3)  zu  seinem  comraen- 
tar  unter  seinen  quellen  aufführt. 

Bhäguri,  ein  lexicograph,  wird  von  Kr.  zweimal  ange- 
führt wegen  väcä  =  väc  (und  für  kshudhä,  digä ,  girä) ,  wie 
auch  von  Ujjvaladatta,  und  in  der  Sarasvatiprakriyä  p.  112  *). 

Bhäshyam. 

Rakshita,  vermuthlich  der  Verfasser  des  Anunyäsa.  Er 
erklärt  das  in  einer  anonym  angeführten  stelle  5)  von  Kramad- 
icvara verworfene  compositum  udarastha  (statt  udarestha)  für 
richtig :  „Rakshitena  punar  asya  sädhutvam  abhyupagatam" .  Tax 
Näsatyäh  bemerkt  er:  bahuvacanavishaya  eväyam;  und  zu  Ka- 
lingah  in  dem  beispiele  der  Käcjkä  zu  P.  3,  2,  115,  2:  Kalin- 
gagabdo  'tra  degaväci  nityabahuvacanäntdh. 

Väbhata  (so  immer;  richtiger  Vägbhata) ,  Verfasser  eines 

J)    punyakriteh   cod.  Oxon.,  punyakritaprai&hyam   I.  0.  822.  —     Die 
worte  sind  verderbt. 

a)    Varianten:  atildvanyakaläkucalayauvanam.     punyaratau  vacyam. 

3)  V.  2,  Bhägavrittikä.    R.  L.  M.  p.  167  hat  Bhägavittikä. 

4)  =  Si.  Kau.  zu  P.  2,  4,  82,    vgl.  Madhyamanoramä  bei   R.  L.  M. 
p.  91. 

6)     Kdyasthenodarasthena  nodarasthd  haritaki  (ff).     Vgl.  oben  p.  38. 


48  Th.  Zachariae 


Alamkäracästra  ?  Verfasser  des  Kävyänucäsana  x)  ?  Er  wird 
von  Kr.  angeführt  wegen  seiner  bemerkungen  zu  Kumäras.  1, 
52.  Kirät.  5,  1.  9,  15  und  Bhartrih.  3,  4;  vgl.  unter  Anunyäsa, 
Bhäravi  und  Pacupati.  Als  lexicograph  wird  er  im  Mediniko- 
sha  und  Trikändaviveka  unter  den  quellen  aufgeführt,  und  als 
solcher  auch  genannt  von  Wilson  in  der  vorrede  zum  Sanskrit 
Dictionary  und  in  einem  verzeichniss  von  lexicographen  Indian 
Antiquary  I  p.  342.  Was  die  Schreibung  des  namens  anbetrifft, 
so  haben  Vabhata  mehrere  indische  ausgaben  des  Medinikosha; 
Wilson  schreibt  Bägbhatta  (Ind.  Ant.  Vägbhatta).  Vägbhata, 
der  Verfasser  des  Alamkäracästra ,  wird  von  Maheca  Candra 
Nyäyaratna,  in  der  vorrede  zu  seiner  ausgäbe  des  Kävyapra- 
käca,  beständig  Vabhata  geschrieben.  Die  Schreibart  Vävata 
fand  ich  in  Vishnumicra's  Supadmamakaranda. 

Vämana;  Vämanavritti;  vgl.  Jayäditya.  Die  citate 
Kramadicvara's  beziehen  sich  auf  die  Kägikä  zu  P.  6,  1,  63. 
3,  10.  84  (abweichung  in  einem  gana).  8,  4,  48 ;  letztere  stelle 
wird  für  den  singular  von  apsaras  angeführt:  Vdmanavrittau 
„apsard"  2)  ity  ekavacanäntam  uktam.  Ein  citat  hat  ein  be- 
sonderes interesse,  insofern  darin  die  Kägikä  und  Vamana's 
Kävyälamkäravritti  nebeneinander  angeführt  werden :  veditä 
vidyänäm  /  patitam  vetsyasi  kshitdv  iti  vetsi  asi  tvam  iti  pada- 
bhangäd  iti  Vdmanah  j  Kdldpäs  3)  tv  imam  anitam  dhuh  // 
Veditd  vidydnäm  stammt  aus  der  Käc,.  zu  P.  7,  2,  10:  vetti- 
vindati  udättäv  eva  \  veditd  vidydnäm  \  veditd  dhanasya;  das 
übrige  aus  Kävyäl.  5,  2,  82  vetsyasiti  padabhangät ;  vgl.  den 
commentar  dazu.  Kr.  hat  die  poetik  des  Vämana  genau  ge- 
kannt und  offenbar  zu  wiederholten  malen  ausgeschrieben. 

Nachdem  meines  wissens  zuerst  Aufrecht  bereits  im  jähre 
1859  in  der  vorrede  zu  seiner  ausgäbe  des  Ujjvaladatta  4)  die 
richtigkeit  der  früheren  annähme,  dass  Vämana  und  Jayäditya 
verschiedene  namen  einer  und  derselben  person  seien,   bezwei- 

*)     Aufrecht,  Z.  D.  M.  G.  32,  734;   vgl.  28,  116. 

a)    aphssaräh  hat  der  gedruckte  text  der  Käcftä. 

3)     Kät.  3,  7,  21. 

*)  p.  XV :  Colebrooke  gives  Jayäditya  as  a  second  name  of  Vämana. 
Our  passage  [Ujjv.  1,  52],  as  well  as  the  manner  in  which  both  names 
are  quoted  by  other  grammarians,  induces  me  to  doubt  the  correctness 
of  this  statement. 


Citato  in  Kramadicvara's  Samkshiptasära.  49 

feit:  hat  später  Kielhorn  in  seinem  „Kätyäyana  and  Patari- 
jali"  (Bombay  1876.  p.  12  note)  geradezu  bewiesen,  dass  die 
Kacjkä  das  werk  zweier  gelehrten,  des  Vämana  und  des  Ja- 
yaditya, ist.  Seitdem  hat  Bühler  in  seinem  Detailed  Report 
etc.  (Bombay  1877.  p.  65.  72)  neues  über  die  Käc,ikä  und  ihre 
Verfasser  beigebracht,  insbesondere  auch  über  das  alter  des 
werkes  1). 

Es  wird  jetzt  wohl  allgemein  angenommen,  dass  die  vier 
ersten  bücher  der  Käcjkä  den  Jayaditya,  die  vier  letzten  den 
Vämana  zum  Verfasser  haben.  Nach  einer  angäbe  jedoch,  die 
sich  im  Qabdaratna  findet,  kann  diess  nicht  als  ausgemacht 
gelten  2).  Der  herausgeber  der  Käcikä,  Bälacastrin,  sagt  im 
schlusswort  3)  zu  seiner  ausgäbe  folgendes  (ich  führe  die  stelle 
vollständig  an): 

nivedaydmi  cedam  mudranärambhakäle  Vämana  eva  Jayä- 
dityäparanämeti  niveditam  na  tathaiva  pratipattum  arham  api 
tv  etau  bhinnäv  eva  panditau  nibaddhavantau  Käcikäm  iti  / 
Bhattojidikshitaknta-Praudhamanoramäyäm*)  Taddhitaprakara- 
nastha-„bahvalpärthäd"  [5,  4,  42]  iti  sütre  „etac  ca  sarvam 
Jayäditijamatenoktam  Vämanas  tu  manyate"  iti  tayoh  pärthakyena 
pradarcanat\prathamadvitiyapancamashasht}iäJayädityaty^ 
taya  itare  Vämanakritä  ity  abkiyuhtä  iti  tatrat ya-Qabdaratna- 
granthäc  ca  // 

II.     Dichter. 

Agamikam;  =  chändasam  bei  den  commentatoren  des 
Kramadigvara  an  einigen  stellen.  Von  den  mit  agamikam  be- 
zeichneten citaten  ist  mir  nur  eins  bekannt:  trinäm  iva  sam- 
udränam,  vgl.  Käc,.  Pän.  7,  1,  53.     Ausserdem  wird  angeführt: 

x)  ...  „Be  that  as  it  may,  the  Kägikävritti  is  not  a  modern  work". 
Beiläufig  bemerke  ich,  dass  Bühler  den  Kaiyata  für  „not  older  than 
the  13th  Century"  hält.  Vgl.  Kielhorn  a.  a.  o. :  „That  Kaiyata  is  older 
than  the  KäQikävritti  appears  to  be  by  no  means  so  certain  as  has  been 
generally  assumed  to  be  the  case";  (Ind.  stud.  5,  67). 

%)     Vgl.  auch  die  colophons  bei  R.  L.  M.  p.  169.  171. 

3)  „The  Pandit"  vom  1.  juni  1878  p.  20. 

4)  Praudhamanoramä  in  der  lithographierten  ausgäbe  (Benares  1868) 
I,  fol.  116a.  Eine  andere  stelle,  wo  Vämana  und  Jayaditya  einander  ge- 
genüber gestellt  werden,  findet  sich  ebendaselbst  fol.  118a,  zu  Pän.  8, 
1,  12. 

Reiträge  z.  kundo  d.  lg.  sprachen.  V.  "* 


50 


Th.  Zachariae 


etäm  sollte  es  heissen; 

irörrfttmT^Tf^ramm^r^  i 
für  bhavatydh  prasädah   soll   man   in   der  composition  bhavat- 
prasädah  sagen;    endlich  wird  als  ägamikam  bezeichnet  amuka 
(statt  asuka),  und  stainyam  (statt  äeyam). 

Kämandaki  (Kämandakiya  Nitisara),  2,  25  parvavarjam 
ratikriyä. 

Kämac,ästram  :     Das  einzige  citat 

siehe  bei  Bharata  zu  Bhatti  2,  35. 

Kälidäsa.  Citiert  werden  nur  2)  die  beiden  Mahäkävya, 
Raghu(-vaiica)  und  Kumära(-sambhava),  und  zwar  entweder 
unter  diesen  namen,  oder  unter  dem  namen  des  dichters,  oder 
endlich  anonym  3).  Hier  einige  stellen:  Ragh.  14,  45  tapova- 
neshu  sprihayäluh.  1,  2b'  mit  der  lesart  samyago  statt  sampado. 
Kum.  5,  53  caturdigtgän  avamanya  (sie)  mänini  wird  dreimal 
angeführt;  an  einer  stelle  wird  avamanya  (statt  avamatya)  für 
eine  falsche  lesart  erklärt.  2,  1  turäsähain  purodhäya;  die- 
selbe stelle  in  der  vritti  zum  Kät.  4,  3,  60.  —  Kum.  5,  43 
subhru  voc.  fem. 

Ein  citat  verdient  besondere  beachtung.  Dem  Kälidäsa  4) 
werden  —  wie  schon  durch  Co  well,  Journal  As.  Soc.  Bengal 
(1862),  bekannt  —  die  worte  zugeschrieben 

UjrraöPTfT  fsrsresrm 
aus  dem  achten  sarga  des  Kumärasambhava ,  v.  31.  Es  ist 
diess  insofern  bemerkenswerth ,  als  somit  das  directe  zeugniss 
eines  allerdings  späten  grammatikers  für  die  echtheit  des  8. 
sarga  eintritt.  Dem  commentator  Goyicandra  lag  das  citat  vor; 
er  nahm  keinen  anstoss  daran:  .  .  .  ata  eva  Kälkidsaclokaika- 
dega  uddhritah.    Die  worte  durayaty0  5)  werden  aber  auch  sonst 


J)     So  die  hss.  —    Man    unterscheidet  in   der   erotik    zehn  cumbana- 
sthänäni. 

2)  Anonym  dhanapatigrihäd  uttarenasmadiyam  griham  vgl.  Megh.  73. 

3)  Vgl.  unter  Anunyäsa  und  Paoupati;   und  oben  s.  38. 

4)  Kälidäsa  die  hss. 

5)  Eine  Variante  ist  dhünayati;  aber  dilrayati  haben  die  editio  prin- 


Citate  in  Krainadicvara's  Samkshiptasära.  51 

—  allerdings  anonym  —  angeführt,  und  zwar  zunächst  von 
keiner  geringeren  autorität  als  von  Vdmana,  der  in  seinem 
lehrbuch  der  poetik  5,  2,  79  das  denominativum  dürayati  aus- 
führlich bespricht  und  vertheidigt x) ;  ferner  in  der  Siddh.  Kau- 
mudi  fol.  162,  »,  2  (=  vol.  II  p.  236)  zu  P.  3,  1,  21 ;  endlich 
fand  ich  sie  in  einem  grammatischen  fragmente  2)  I.  0.  1475", 
wo  es  heisst:  .  . .  bahulagrahandt  kvacin  na  bhavati  /  iti  Vd- 
manah  j  dürayati/  avanate   Vivasvati  j  iti  Kumärakdvyam. 

Dass  Mallinätha  den  8.  sarga  commentiert  hat,  ist  bekai  nt; 
Bharatasena  erklärt  nur  sarga  1 — 7,  er  hat  aber  kenntniss  von 
der  existenz  des  Uttarakhandam,  wie  aus  den  folgenden  versen, 
mit  denen  er  seinen  commentar  einleitet,  hervorgeht: 

OTTTlri U5T  :WT  cfiTcfTT^T^TT  JT^TcFifsr  5   I 
FTST  OTGTT^örn^  e^TfT   «T£^5T?T  :   (?)    I 

Kiräta  vgl.  Bhäravi. 

Kicakavadha,  ein  oft  citiertes  kunstgedieht.  Es  ist 
neuerdings  zum  Vorschein  gekommen  und  beschrieben  von  Ra- 
jendra  Läla  Mitra  in  seinen  Notices  of  Sanskrit  Manuscripts  II 
p.  57 :  „Kicakabadhamahäkavyam :  an  epic  poem  founded  on 
an  episode  of  the  Mahäbhärata ,  by  Nitavarma  .  . .  The  work 
is  written  in  a  highly  artificial  style,  and  is  füll  of  alliterations, 
besides  having  the  same  word  used  in  different  senses  at  the 
end  of  every  two  lines". 

Die  von  Kramadicvara ,  auch  von  Purushottama  in  der 
Ratnamälä,   wegen  nripatisabhä  citierte  stelle  ist 

Der  Amarakosha  hat  nripasahham.  Vgl.  Benfey  V.  G.  §.  640 
p.  257. 

ceps  des  8.  sarga,  Calc.  1862,  und  eine  Berliner  hs.,  vgl.  Weber  ZDMG. 
27,  181. 

*)  Beiläufig  bemerke  ich,  dass  Vämana  ausser  8,  31  auch  8,  G2.  63 
citiert  (zu  5,  2,  25.  4,  3,  33).  —  Oärngadhara  hat  Ku.  8,  11,  vgl.  Auf- 
recht Z.  D.  M.  G.  27,  16.  —  Ueber  dürayati  neben  davayati  vgl.  Benfey 
V.  G.  §.  217. 

2)  Vermuthlich  einem  Kätantraparieishta?  Kulacandra  wird  darin 
citiert,  und  der  ausdruck  anteuthd  gebraucht. 

4* 


52 


Th.  Zachariae 


Kumära  vgl.  Kälidäsa. 

Ghatakarpara   v.  1    Ravicandräv  api  nopalakshitau 
ganz  dieselbe  stelle  bei  Räyamukuta. 

Chandahc,ästram  wird  wegen  trishtubh  angeführt. 

Jänakiharanam,  ein  von  Räma  und  Sita  handelndes 
kunstgedicht,  über  das  uns  James  d'Alwis  in  seinem  Descrip- 
tive  Catalogue  of  Sanskrit,  Pali  and  Sinhalese  literary  works 
(Colombo  1870),  p.  188  ff.  näheres  berichtet.  „Jänakiharana 
is  a  very  ancient,  and  very  interesting  Sanskrit  poem.  A  Sin- 
halese sanna,  or  literal  translation  of  it  alone  has  yet  been 
discovered.  It  is  however  possible  that  the  original  work  may 
still  be  found  in  some  nook  of  an  old  monastic  library  l)  .  .  . 
Like  all  Sinhalese  sannas  this  translation  quotes  the  words  of 
the  original  in  their  integrity,  and  it  is  therefore  not  impos- 
sible  to  restore  the  words  into  their  original  poetical  form"  2). 

Das  gedieht  ist  nach  der  ansieht  des  ceylonesischen  ge- 
lehrten „not  inferior  to  the  works  of  Kälidäsa",  und  zu  den 
Mahäkävya  zu  rechnen.  Der  Verfasser  ist  angeblich  Kumära- 
däsa  oder  Kumäradhätusena ,  einer  der  berühmten  singhalesi- 
schen  könige  (513 — 522  A.  D.).  —  Kramadicvara  führt  die 
worte  an 

Diese  stelle  wird  auch  citiert  im  Comm.  zu  Kätantra  3,  8,  21 
(anonym),  vgl.  Eggeling  z.  d.  st.  p.  537,  und  in  der  Ratnamälä 
(aus  „Raghuh"),  wo  hinzugefügt  wird:  enam  evam  mäsma  ju- 
gupsateti  yojand.  Uebrigens  gibt  Purushottama  den  vers  voll- 
ständig —  vgl.  Kät.  p.  291  note  2  —  und  zwar  iblgender- 
massen : 

Dandin,  der  Verfasser  des  Kävyädarca;  II,  185.  215.  3G1. 


*)     Kürzlich  ist  eine  hs.  des  Meghadüta  in  Ceylon  aufgefunden  worden. 
2)     Als    probe   gibt  D'Alwis   zehn   verse   aus  dem   9.  capitel  des  ge- 
dichtes ,  und  den  inhalt  der  gefundenen  15  capitel. 


Citate  in  Kramadiqvara's  Samkshiptasära.  53 

Paiicatantram  *): 

Die  worte  stammen  aus  dem  prolog  v.  8  Kosegarten,  und  ist 
dieses  vielleicht  das  älteste  beispiel  einer  directen  anführung 
aus  dem  Pancatantra  2).  Eine  andere  finde  ich  in  der  Pari- 
bhäshätikä  zum  Kavikalpadruma  p.  13 : 

cRYföförTT  (!)  fsronitraT  ymaR^rTq^^^?^  i 
worin  ajiharat  eine  meines  wissens  bis  jetzt  noch  nicht  gekannte 
lesart  ist.  Noch  interessanter  als  diese  anführungen  ist  eine 
andere,  die,  allerdings  anonym,  im  Samkshiptasära  gegeben 
wird.  Man  soll,  wie  Kr.  lehrt,  vakadhürta  und  nicht  dhürta- 
vaka  sagen  3),  und  deshalb  ist 

,janayati  himiidabhrdntim  dhürtavako  hi  4)  bdlamatsyä- 
näm"  ity  atra  dhürtavaka  ity  asddhuh  / 
Die  worte  stammen   aus  der   7.  geschichte  des  ersten   buches 
des  Paiicatantram  (p.  50  Kosegarten),  wo  die  ausgaben  dhurtah 
vakah  lesen. 

Pushpadanta,  der  Verfasser  des  Mahimnah  Stavah:  v.  20 
phalati  purushärädhanam  rite.  Pushpadanta  lebte  vor  dem  14. 
jh.,  da  er  von  Ujjvaladatta  citiert  wird  (Aufrecht). 

Bäna  s.  Väna. 

Bhatti  ist  der  von  Kramadigvara  am  häufigsten  citierte 
autor ;  er  gilt  ihm  als  unbeschränkte  autorität.  Es  werden  dem 
Samkshiptasära  sütra's  eingefügt,  die  offenbar  nur  zum  ver- 
ständniss  und  zur  erklärung  gewisser  stellen  des  Bhattikävya 
dienen  sollen.  Nächst  dem  Bhattikävya  wird  das  Kirätär- 
juniyam  des  Bhäravi  von  Kr.  besonders  häufig  angeführt; 
auch  Bhäravi  ist  für  ihn  mustergültig :  nur  an  einer  stelle  (Kir. 


1)  °tantrah  die  hss. 

2)  Sonst  wird  es  z.  b.  citiert  von  Rämanäthagai'man  in  seinem  comm. 
zum  Dhätupätha  des  Kätantram  (1536  A.  D.).  Anführungen  aus  „Vishnu- 
yarman"  in  der  Paddhati  des  QäriTgadhara  bei  Aufrecht  Z.  D.  M.  G.  27, 
87.  Der  Hitopadega  wird  von  Ujjvaladatta  citiert;  Benfey  in  der  „Aca- 
demy"  III  p.  139. 

3)  Vgl.  kathadhürta;  und  Benfey  V.  G.  §.  656,  II,  3,  2. 
*)     dhürtavako  ' himatsydndm  Oxforder  hß. 


54 


Th.  Zachariae 


10,  20)  wird  anstoss  genommen.  Mägha  endlich,  der  Verfas- 
ser des  (^i^upälavadha,   wird  direct  getadelt  x). 

Die  stellen  aus  Bhatti  führe  ich  hier  in  möglichster  Voll- 
ständigkeit auf,  indem  ich  in  den  meisten  fällen  zugleich  kurz 
angebe,  weshalb  sie  von  Kr.  citiert  werden. 

Im  Sandhipäda:  2,  26  nishna ,  2,  43  nadishna.  9,  67 
wegen  pritanäshäd0,  einer  Variante  für  puruhntao,  die  von  Ja- 
yamangala  für  unpassend  erklärt  wird.  Letztere  stelle  fehlt  in 
der  Oxforder  hs. 

Im  Tinantapada:  2,  35.  —  8,  23  dkram  im  atmane. 
24  vikram  im  atmane.  13  upasthä  im  atmane.  12  sthä  im 
atmane.  6,  138  abhijänäsi ' ,  einziges  beispiel  zu  dem  sütra  nd- 
pravartandrthät ,  einem  verbot  zu  Pän.  1,  3,  45.  —  Bhatti  4, 
33  apushpharat ,  apusphurat ;  über  die  verschiedenen  lesarten 
vgl.  Bharata  z.  d.  st.  —  2,  5  parasparäm.  18,  34  srajayati. 
20,  30.  32.  —  19,  5  jivema,  5,  59  ydydh,  19,  20  jahydh ,  25 
änandeh  (Bharata  citiert  Kramadigvara's  sütra).  18,  16  avaiti. 
3,    5    ukshdm  pracokruh ;    vgl.   Bharata.     5,  105   käsäincakre. 

6,  81  bhavishydmi.     1,  1  abhüt ;  vgl.  Bharata.     8,  16  samdranta. 

Im  Kridantapäda:  6,  71.  —  96  alpavvpaca.  89  pathi- 
jjrajna.  50  varya ;  dieselbe  stelle  im  commentar  zu  Hemacan- 
dra  Qabd.  5,  1,  33  2J.  —  Bhatt.  7,  34  ekam  nigcäyam  dgatam  \ 
„eko  nigcaya"  ity  eke  ;  vgl.  die  Scholien  und  Kat.  4, 5, 5  comm.  — 

7,  60  upasara;  vgl.  Bharata.  63  vighana.  14  utkanthävar- 
dhana.  3,  14  vidyiitpranägam  pranaslitah,  ürdhvagosham  vi- 
Qiishkah.  13  apushat  svaposham.  5,  32  hastarodham.  16  harte- 
kritya,  92  vagekritya. 

Im  Karakapäda:  9,67  amocayat  =  mocanena  bltavärda- 
ram  agamayat;  vgl.  Bharata.  Kramadicvara  liest  im  anfange 
des  verses  pritandshädo ;  wie  schon  oben  bemerkt.  2,  42  <iji- 
grahat.  18,  9  dvish  c.  dat.  6,  78.  15,  40  aprotlvul  asya.  17, 
39.  8,  107  idtarähi  c.  abl.  18,  9  snih  c.  gen.  7,  38  ägita  c. 
gen.  6,  130. 


*)  Vgl.  Mallinätha  zu  Raghu  4,  45  ...  tathrfpi  nirankucdh  kavayuh  / 
tathä  Mäghakdci/e  .  .  .  Naishadhe  cu  .  .  . 

a)  Kramadigvara :  vrino  'rodhe  //  catena  varyd  kani/d  /  „Sitgrivo  mima 
varyo  sdvli  iti  Bhattih  /  Hemacandra  (oder  sein  scholiast?):  striliiiginiir- 
decdd  iha  na  bhavati  /  varya  ritvik  /  anyas  tu  „Sugrivo  näma  varyo  sa» 
bhavatd  cdruvikramä"  iti  prayogüdarganfä  pumiinffe  'picchati  /  Wer  ist 
dieser  anyahf 


Citate  in  Kramadi^vara's  Samkshiptasära.  55 

Im  Subantapada:  6,  11  subhru  voc.  fem.  5,  88  matto 
hibhyat.  3,  15;  wo  man  lesen  soll:  mä  dargatdmum  bharatam 
madanyam.  17,  110  väja.  18,  19  maghavdn;  dieselbe  stelle 
bei  Ujjvaladatta  zu  Un.  1,  158  x).  Bhatt.  3,  41  padga.  End- 
lich soll  im  Bhattikävya  der  instrumental  sakhind  statt  sakhyd 
gebraucht  werden :  sakhyd  j  ätidegikam  kdryam  anityam 2)  iti  j 

Ich  habe  die  worte  auch  sonst,  aber  nur  anonym  ange- 
führt, gefunden;  so  in  der  Ratnamälä,  wo  die  Unregelmässig- 
keit erklärt  wird  nano  'nityatvdt 3) ;  bei  Ujjvaladatta  zu  Un.  4, 
136;  bei  Durgädäsa  zu  Vop.  3,  52;  und  in  Vasudevabhatta's 
Sarasvataprasäda ,  ed.  Calc.  1874  p.  47.  Der  text  des  Säras- 
vatam  hat:   dgamajam  anityam4)  /  sakhind  patind. 

Im  Samäsapada  citiert  Kramadigvara  Bhatt.  17,  23  yat- 
krite.  10,  2  rdmamahitah.  4,  14  dtishthadgii.  6,  56.  3,  16 
vaneväsa ;  vgl.  Bharata.  4,  33  divishtlia.  4,  16  wird  zweimal 
angeführt  wegen  vdktvaca.  5,  8  vinasa;  dieselbe  stelle  anonym 
bei  Rayamukuta.  5,  46  udyatanirdtdsim ;  Kr.  nennt  diess,  wie 
udgurnaloshtalagitdaih  Qic,.  5,  25 ,  einen  prdmdnikah  prayogah. 
—  2,  10  sugandha.     12,  2  sodara. 

Bharata  (Bharatamalla ,  °mallika,  °sena),  der  commentare 
zu  den  Mahakävya,  zum  Amarakosha  und  auch  eine  eigene 
grammatik  (Drutabodha,  in  versen  5J)  verfasste,  citiert  in  sei- 
nem commentare  Mugdhabodhini  zum  Bhattikävya  den  Kr.  sehr 
häufig;  und  zwar  entweder  beim  namen,  vgl.  zu  1,  1.  2,  26 
(zweimal).  3,  5.  17.  8,  27.  33.  71.  72.  124.  11,  38.  40.  13,  25; 
oder  indem  er  ihn  ausschreibt,  ohne  ihn  zu  nennen;  oder  end- 
lich ,  indem  er  —  was  am  häufigsten  vorkommt  —  das  para- 
matam  (paravdkyam,  paramtram),  die  ansieht  des  anderen,  des 


J)  der  daneben  —  wie  Goyicandra  —  Kät.  2,  3,  23  citiert.  Es  ist 
einigermassen  auffällig  dass  Ujjvaladatta  nur  diese  stelle  aus  dem  Kätan- 
tra  beibringt. 

a)     Eine  paribhäshä. 

3)  nanghatitam  anityam  Paribhäshenduy.  93,  5  ;  oder  nana  nirdishtam 
anityam  Kät.  2,  5,  29  comm.;  oft  in  der  Kätantravritti  angewendet,  z.  b. 
2,  2,  22  nano  '?iityatvät. 

*)  Eine  Paribhäshä;  vgl.  ParibhäshenduQ.  93,  2  agamaeästram  ani- 
tyam ;  andere  sagen  anityam  dgamaedsanam  oder  anityam  dgamdnucdsa- 
nam;  öfters  in  der  Kätantravritti  angewendet,  z.  b.  3,  6,  90. 

8)    Vgl.  R.  L.  M.  p.  20  ff. 


56 


Th.  Zachariae 


Kramadicvara,  dem  svamatam ,  der  ansieht  des  Vopadeva,  ge- 
genüber stellt;  paramate:  svamate  findet  sich  im  commentare 
zu  den  ersten  büchern  des  Bhattikavya  fast  auf  jeder  seite  l). 
Oefters  wird  Kr.  getadelt.  Die  Kramadicvarädayah  werden  citiert 
zu  1,  26.  2,  28.  43;  Goyicandra  zu  6,  57.  107.  —  Da  Vopa- 
deva's  grammatik  zur  erklärung  des  Bhattikavya  nicht  ausrei- 
chen wollte,  so  sah  sich  Bharata  genöthigt,  oft  auch  andere 
grammatiker  herbeizuziehen,  insbesondere  den  das  Bhattikavya 
vorzugsweise  berücksichtigenden  Kramadicvara  2). 


Bhäravi,  Verfasser  des  Kiräta  (Kiratärjuniyam) ,  wird 
nächst  Bhatti  am  häufigsten  citiert.  Die  stellen  sind:  3,  14 
sthd  im  ätmane.  9,  22  tidas  im  ätmane.  1,  43  adhikri  im 
ätmane.  17,  63  djaghne  wird  nach  der  Bhägavritti  für  asädhu 
(pramdda  Si.  Kau.)  erklärt;  vgl.  Mallinatha.  Goyicandra  sagt, 
dass  der  Bhagavrittikrit  äpede  statt  djaghne  gelesen  habe.  Die- 
selbe stelle  in  der  Siddh.  Kaum,  zu  P.  1,  3,  28;  bei  Bharata 
zu  Bhatti  6,  41;  und  bei  Durgädäsa  zu  Vop.  23,  17,  welcher 
berichtet  dass  Bhägavritti  —  Jumara  —  Kulacandräh  an  dja- 
ghne anstoss  genommen  haben.  —  2,  35  viganayya  nayanti 
paurusham  vihitakrodhajayä  jigishavah ,  wie  Bhar.  zu  Bhatt.  8, 
22:  anders  lautet  der  von  Mallinatha  commentierte  text.  13, 
56  dhanam  dlianuijitum.  1,  43  nikdra.  —  astatandrikäh  jj  vi- 
bhajya  naktamdwam  astatandrineti  Kirdte  (1,  9)  hrasvekdrän- 
tatandrigabdasya  prayogah;  dieselbe  stelle  bei  Ujjvaladatta  und 
Räyamukuta.  9,  34  dautyam;  der  text  dütyam.  5,  30  devä- 
surair  amritam  ambunidlür  mamanthe.  9,  14  yacchati  dayitdyai 
väcam.  7,  28  upakri  mit  dem  genitiv.  14,  61  wird  aneke  '•>) 
für  eine  falsche  lesart  erklärt;  asamkhydh  soll  man  lesen.  4, 
10  pxtgeimarätra0,  wie  auch  Si.  Kau.  zu  P.  2,  2,  1 ;  der  text 
pageimardtri®.  9,  20  sitetara.  10,  30  katipaya  im  anfange  des 
compositums.  5,  1  Merumahibhrit,  der  berg  namens  Meru; 
„Väbhata    aber    sagte:    Merugabdasya    väcyo    mahibhrit";    vgl. 


J)  Ich  habe  nicht  untersucht,  ob  mit  „para"  immer  Kramadicvara 
gemeint  ist. 

a)  E.  L.  M.  p.  100  The  Mugdhabodha  is  condemned  by  some  on 
aecount  of  the  paucity  of  its  rules,  which  renders  it  unfit  for  the  expo- 
ßition  of  higher  and  more  intricate  compositions  than  piain  Sanskrit. 

8)  In  der  stelle:  „yathaiham  bhujanum  asahabhvjdtn  (?)  anekeshäm 
upakdram  haroti"  wird  anekeshäm  für  asädhu  erklärt. 


Citate  in  Kramadiqvara's  Samkshiptasära.  57 

Benfey  V.  G.  §.  656,  V.  —  5,  2  tamovritam,  nicht  tamasdvri- 
tam.  15,  25  käkära,  käväda.  —  „sarajasatdm  avaner  apdm 
nipdta"  iti  Kirdte  (10,  20)  cintyam;  der  grammatiker  nimmt 
anstoss  an  dem  Bahuvrihi  surajasa;  vgl.  die  bemerkungen  Mal- 
linätha's  zu  dieser  stelle  und  zu  10,  26.  Qic,.  6,  47.  7,  42. 
Vamana  Kavy.  5,  3,  66  na  sarajasam  ity  anavyaylbhdve.  —  9, 
15  ranjitam  nu  vividham  tarugaüam  liest  Kr.  nach  P.  2,  4,  6; 
„Vabhata  aber  sagte:  ranjitd  nu  vividhds  tarngaüdh  tarupra- 
dhdndh  gaild  ity  arthah"  //  5,  30  deväsnrdh.  8,  2  yathäyatham. 
1,  9  vgl.  oben. 

Mahäviracaritam.  Die  wegen  parassahasra  (so  die  hss.) 
angezogene  stelle  steht  im  Uttararämacaritram  des  Bhavabhüti. 

Mägha,  der  autor  des  Qicupälavadha  (Mäghakävyam). 
10,  23  dtigayika.  12,  5  karenur  drohayate  nishddinam.  13,  11 
nipidanä.  1,  54  ghattanä.  7,  12  nanu  sntanüm  anupdlaydnu- 
yäntim  x),  2,  86  daishtikatd.  6,  4  maliniman  wird  von  Kr. 
im  commentar  zu  seinem  sütra  „pritliväder  iman  punsi"  für 
asädhu  erklärt,  insofern  malina  nicht  zum  gana  prithvädi  ge- 
hört 3).  Die  bildung  des  wortes  lässt  sich  jedoch  nach  P.  5, 
1,  123  rechtfertigen,  da  malina  ein  farbenwort  ist,  Benfey 
§.  554,  VI.  Mägha  bildete  auch  dhavallman  Qic.  4,  65,  siti- 
man  1 ,  25 ;  paripdndiman  la  blancheur  nach  Hippolyte  Fauche, 
vgl.  pdnduriman  Naishadh.  22,  54.  —  Qic,.  6,  17  sutanu  satyam 
alamkaranäya  te;  daneben  die  bekannten  worte  varatanu  sam- 
pravadanti  kukkutd/t,  vgl.  Aufrecht  z.  Ujjv.  p.  150.  —  Qic,.  12, 
13  dvayeshdm  wird  von  Kramadicvara,  wie  auch  von  Purushot- 
tama  in  der  Prayogaratnamäla ,  getadelt.  Denn  nur  im  nom. 
plur.  masc.  kann  dvaya ,  das  zum  gana  alpddi  3)  gehört,  der 
pronominalen  declination  folgen ;  vgl.  dvaye  Qic,.  3,  57. 


*)  paripdlaya  die  ausgaben:  aber  anupdlaya  haben  Mallinätha,  Rä- 
yamukuta  zu  Amara  II,  6,  2,  22,  und  IJjjvaladatta ;  vgl.  Aufrecht  zum 
Ujjv.  p.'löO. 

*)  Mit  grösserem  rechte  tadelt  Vämana  Kävy.  5,  2,  56  Wörter  wie 
agniman,  irrawlhiman. 

3)  Mit  alpa  beginnt  die  betreffende  wörterreihe  auch  Kät.  2,  1,  31 
alpddvr  vd,  vgl.  Vop.  8,  12;  bei  Hemacandra  £abd.  1,  4,  10  mit  nema 
(im  commentar  unter  den  beispielen:  traye,  traydh);  bei  Pänini,  im  Jai- 
nendravyäkarana  und  in  der  Särasvati  Prakriyä  mit  prathama. 


58 


Th.  Zachariae 


Wegen  Qiq.  5,  25  vgl.  unter  Bhatti. 

Muräri,  der  dichter  des  Anargharäghavam.  Genaueres 
über  diesen  dichter  findet  man  bei  Wilson  in  dem  appendix 
zu  seinen  Select  specimens  of  the  Theatre  of  the  Hindus,  p. 
64 — 74  der  Originalausgabe;  und  in  der  vorrede  (Bhumikä)  zur 
Calcuttaer  ausgäbe  des  Anargharäghavam,  1860  x).  Muräri 
lebte  nach  Wilson  frühestens  im  13.  Jahrhundert:  Anundo- 
ram  Borooah2)  aber  setzt  den  dichter  in  die  erste  hälfte 
des  12.  jh.,  und  damit  stimmt  denn  auch,  dass  Muräri  schon 
citiert  wird  von  Qridharadäsa  in  dessen  Anthologie  Saduktikar- 
nämrita  (vollendet  A.  D.  1205).  Nach  R.  L.  M.  p.  4  ist  Mu- 
räri, der  bekannte  commentator  des  Kätantram,  mit  dem  dich- 
ter Muräri  identisch.  —  Die  eine  von  Kr.  angeführte  stelle 
stammt  aus  dem  eingange  des  Stückes:  giräm  vyütayah,  erklärt 
in  der  ed.  Calc.  mit  räqaijuh,  samuhdh;    die  andere  lautet 

und  steht  in  der  ed.  Calc.  p.  50.     Die   betreffende   strophe  ist 
von  Wilson  1.  c.  p.  66  übersetzt. 

Raghu,  vgl.  Kälidäsa. 

Väna.  Aus  dem  dritten  verse  der  einleitung  zum  zweiten 
theile  der  Kädambari  wird  angeführt 

ÖTTJTisS^-  föriyqör  rTTT^Trfr   sRlT  I 

Vaidyakam,  ein  medicinisches  buch, 
wird   auch   von   Bharata   zu   Bhatt.  3,  35   und   von   Väsudeva- 


*)  Der  herausgeber,  I'remacandra  Tarkavägica,  beginnt  seine 
Bhumikä:  Anargharäghavam  ndma  ndtakam  idam,  prdctnair  bahubhir  ni- 
bandhakridbhir  uddharunatvena  grihitatayd,  präcinataram  ity  ekddacacata- 
tamdd  api  cakavatsardt  ptirvatanasamaye  'sya  sambhavo  'numiyate. 

a)  Bhavabhüti  and  his  place  in  Sanskrit  literature.  Calcutta :  1878. 
p.  16.  §.  26.  -  Aufrecht  bemerkt,  Z.  D.  M.  G.  27,  74,  dass  ein  vers  aus 
Muräri  von  Dhanika  in  der  erläuterung  zum  Dacarüpa  erwähnt  werde. 
Wenn  nun  wirklich  —  wie  Anundoram  Borooah  1.  c.  p.  15  behauptet  — 
Dhananijaya,  der  Verfasser  des  Dagarüpa,  und  Dhanika,  der  erklärer  des- 
selben, identisch  sind:  so  ist  das  Anargharäghavam  älter  als  das  Daca- 
rüpam  und  stammt  mithin  aus  dem  10.  jh    (V) 


Citate  in  Kramadicvara's  Samkshiptasära.  59 

bhatta   zur  Sär.  Prakriyä  am  Schlüsse  der  samjnäprakriyä   an- 
geführt.    Die  andere  stelle  ist 

fsrfr^fw  ^Tsrarorsp  ■ 

Vyäsa: 
Diese  stelle  wird  in  der  Londoner  hs.  anonym  angeführt. 

Saptakumarikii,  die  geschichte  von  den  sieben  jungen 
mädchen,  eine  buddhistische  legende,  über  die  uns  Burnouf 
Introduction  ä  l'Histoire  du  Buddhisme  p.  556  einiges  mitge- 
theilt  hat.     Das  einzige  citat  bei  Kramadicvara 

ist  auch  das  einzige  in  Räyamukuta's  commentar  zum  Amarakosha. 

Süryac,atakain,  gedieht  des  Mayüra.  v.  54  dyubhümyoh. 
v.  56  samlakshyalakshmi,  ein  compositum.  —  vmä  gän  mlänim 
mrindli  mridar"  ity  atra  mlänasya  bhävo  mläni;  Ujjvaladatta 
zu  Un.  4,  51  hat  dasselbe  citat,  aber  mläni. 

III.     Anonyme  citate. 

Zum  schluss  gebe  ich  ein  alphabetisches  verzeichniss  der 
von  Kramadicvara  anonym  angeführten  stellen,  soweit  dieselben 
nicht  oben  schon  gelegentlich  erwähnt  worden  sind.  Nicht  im- 
mer bin  ich  im  stände  diese  citate  nachzuweisen ;  auch  entneh- 
me ich  viele  nur  einer  einzigen  handschrift. 

Api  gäkavi  paeunasya  (statt  pacamänasya),  aus  dem  Ma- 
häbhärata;  wird  auch  von  Päyagunda  citiert. 

Imair  vipaksham(?) ;  vgl.  imair  gnnaih  saptarshayah  svar- 
gavi  gatdh  Kat.  2,  3,  38  comm. 

\n  cr^  cH^Tn-rTT  *i5f  ttst  ^aifh  h  i 
der  Int  steht  hier  „parklevane". 

stammt  vermuthlich  aus  Kavyälamkäravritti  V,  2,  86. 


60 


Th.  Zachariae 


der  zweite  hemistich  findet  sich  im  achten  adhyäya  der  Vrid- 
dhahäritasamhitä. 

qfä^T  ^TmqTTraT :  ax :  stsrt  q  srwifH  i 

rth  ^v  CTsrffrrr  cFtif  ^  qffTfr  <irTT  h 

•  ■    ■■  ■  h  • 

Von  diesen  versen ,  welche  wegen  patinä  *)  und  patau  citiert 
werden,  fehlt  ekagrdmeo  in  der  Oxforder  handschrift  gänzlich; 
in  der  Londoner  hs.  sind  ekagräme0  und  devaräya0  nur  am  un- 
teren rande  des  blattes  angegeben.  Zum  theil  finden  sich  diese 
fragmente  bei  Durgädäsa  zu  Vop.  3,  53  und  in  Purushottama's 
Prayogaratnamälä  wieder;  ersterer  citiert  die  zweite  und  vierte 
verszeile  für  patinä  und  patau,  und  für  pataye  (statt  patye) 
giebt  er 

Purushottama  führt  als  beispiel  für  patinä  noch  „dhürtena  pa- 
tinä" an  2). 

Die  dritte  verszeile  steht  bekanntlich  im  Manavadharrna- 
cästra;  wie  sie  hier  hineinkommt,  ist  kaum  abzusehen.  Die 
vierte  zeile  endlich  findet  sich  in  verschiedenen  gesetzbüchern 3) ; 
der  vers  lautet  vollständig,  mit  einer  Variante  im  anfang 

?\t  tm  qörfsTFT  gftar  xr  crfhrf  curr  i 

Msdteiiir^  ^rrftmt  qf^xröy  fsrcmirr  h 
Man  vergleiche  über  diesen,  zu  gunsten  der  wittwen  oft  ange- 
führten vers  den  „Pandit"  III  p.  222b;  Närada  XII,  97  ed. 
Jolly;  und  den  Vidhavodvähaviveka  des  Vishnu  Paracuräma 
Shästri,  Bombay  1868.  Der  Verfasser  dieser  Streitschrift  citiert 
und  bespricht  den  vers  zu  wiederholten  malen,  auch  in  sprach- 
licher hinsieht ;  für  patinä  führt  er  noch  an  —  Mitäksharäyäm 
Häritah 

und  für  patau 

quiuunfreft  *TTfrr  jsrrait  CTFfR  q<fr  i 
patau  statt  patyau  ist  in   den   späteren  Smriti  ganz  besonders 
häufig.  — 


*)     Wegen  sakhinä  vgl    oben  p.  55. 

a)     Bharata  zu  Bhatti  9,  58  gibt  neben  patind  sogar  dadhind! 
8)     und  in   den  commentaren ;    aueb   am   Schlüsse  der   ersten  erzäh- 
lung  der  Vetälaparicaviricati  in  einer  hs.  des  Britischen  museuras. 


Citate  in  Kramadicjvara's  Samkshiptasara.  61 

^T^STT'TCTSrFTf^T  f^JSJirSTT  I    I  *) 

upavas  mit  dem  accusativ  der  zeit. 

KramadiQvara  gibt  nur  den  zweiten  heimstich;    den   ersten   er- 
gänze ich  aus  Hemacandra,  vgl.  auch  Kätantra,  p.  107. 
Ekaikago  vinighnantt. 

cEr%?£tafrT  rT  qTrTT  aFffeflTSrfrT  h  fq?TT   I 
mj jfk^  röTt  <T=5^Tfq  cfifilrjTtsrfrT  q-TcTrfr  II 

vgl.  Käcikä  zu  Pänini  3,  3,  153. 

Kaphonih  kurparäd  adhaJi  wird  für  adhah  mit  dem 
fünften  casus  angeführt  und  stammt  vermuthlich  aus  einem  lexicon. 

Karoti  üüanävi  tava ;    statt  tulä  heisst  es  auch  tulanä. 

aus  dem  Mahäbharata. 

Kdcakugävalambanam  wird  für  fehlerhaft  erklärt,  weil 
man  im  dvandva  kugakdgam  sagen  soll;   Benfey  §.  633. 

ity  apapäthah;  vgl.  Vamana  5,  2,  48,  dem  Kr.  vermuthlich 
diese  stelle  entnommen  hat. 

Kritaghne  ndsti  nishkritih ;  vgl.  Pet.  Wörterbuch  unter 
kritaghna. 

Candi  durdargadaganojjvald. 

Carmani0  bekannt,  vgl.  Weber  I.  St.  13,  462. 

JaghänaKahsamkila  Vdsudevah;  vgl.  ebendaselbst  p  353. 

aus  einer  bekannten  sentenz;  über  die  hier  vorliegende  lesart 
(janma  ist  der  zweite  casus)  vgl.  Uhle,  die  15.  erz.  der  Vetä- 
lapaiicavingati,  p.  XVIII.  XIX. 

rf  <ITrT?lt   fierrTOTST  Q<JTrT  <75ITr^  I 

wird  für  asädhu  erklärt. 
Dvicandrajnä  nam. 
;r*rcmq  m^rr^  ^*rffreq  ^mr  rm :  i 
Nahi  nirmülä  prasiddhir  upajäyate. 
Nägnis  tripyati  käshthänäm,  vgl.  Ind.  Sprüche1  1520. 
Ndräyanasyänukaroti  f  vgl.  Vämana  5,  2,  46. 

*)     v.  1.  °bhakshjäh. 

a)     So  die  Londoner  hs. ;    die  lesart  der  Oxforder  ist  mir  unbekannt. 


62  Th.  Zachariae 

Nirghoshair  bharitadigantarani. 

stammt  aus  irgend  einem  lexicon. 
Putrau  tu  duhitdtmajau. 
Pürvämukham  griham. 

so  die  handschriften ;    wegen   tdyine  vgl.   Hemacandra's   Yoga 
castra,  I,  1. 

so  nach  der  Londoner  handschrift. 

*Y»  kasyacid  darganam;  vermuthlich  aus  einem  lexicon. 
Phalair  yeshv  dgitambhavam  x). 

vgl.  Käcjkä  zu  Pän.  7,  3,  35;  comm.  zu  Kät.  3,  4,  67. 

Madhuram  udgirate  rathekshur  (raktekshur?)  ity  asädhuh. 
Es  wird  an  dem  ätmanepadam  udgirate  anstoss  genommen. 

ity  atra  jughushuk  pratijndtavanta  itg  arthak.     Der  vers   steht 
im  Bhäshya  (Weber  I.  St.  13,  483),  vgl.  Kätantra,  p.  454. 

Yävadähütasamplavam. 

„Lävanya  utpddya  ivdsa  yatna"  ity  as  gatdv  ity  asya 
rüpam  ;  vgl.  Vämana  5,  2,  29. 

Varundv  Indrau  Bhavau  Qarvau  Mridau;  vgl.  Vämana 
5,  2,  1. 

Vardhantävt  tvdm  Sudhritayah. 

Vdrtakur  (so  1.  0.)  eshd  gunasaptayuktd  sujanaikaban- 
dhuh  aus  einem  medicinischen  werke,  vgl.  Ujjvaladatta  zu  Un. 
3,  79. 

Vainyam  (so  die  hss.)  Prithum  Haihayam  Arjunam  ca; 
vgl.  Ujjv.  zu  Un.  3,  6. 

Qaradi  prdvrishdyate.  Hier  soll  man  prävrishäyate  in 
prdvrishd  dyate  (ägacchati)  auflösen. 

Qrutimüld  smritih  grutd. 

»)    Vgl.  Bhatti  6,  106. 


Citate  in  Kramadicvara's  Samkahiptasära.  63 

tmu  ffTO  ^?jtör  ITT  5rTt%q^qrcTaT  :   i 
aus  dem  Rämäyana. 

STcTfTT  sTJlfrri^r^fT  ^^T^cJJFTf  TsT?T«^  I 

für   ekasmät   sagen   „einige"   auch  ekdt.     Einen  ähnlichen  vers 
führt  Mallinätha  zu  Raghu  8,  3  an: 

sarvatra  jayam  anvicchet  putrdd  icchet  paräjayam  . 

ScTZTT  sTCrTtST^T^t  fsWT  nTTHIT'^fH    I 

Hier  wird  japta  (statt  japita)  für  schlecht  erklärt. 

^rrnTTöT  cF>q-?7#?  5T?e  3Cr^"?TT^  <3T%rTT   I 

Hier  ist  lojjita  =  lajjä    -f-   itac.     Statt   vrishasyanti   hat    die 
Londoner  hs.  lajjayanti  am  rande  des  blattes. 

*TT  %  rl^T  iT^g^fTT  gTlJUtfT  -sfa  Jrfk^t   I 

itl  cishtaprayogah  ;  wird  auch  sonst  angeführt. 
Saisha0  bekannt,  vgl.  Böhtlingk  Pän.  II  p.  255. 
Svasthe  ko  vä  na  panditah;    vgl.  Ind.  Sprüche2  4706. 

Zu  den  citaten  aus  dem  Bhattikävya  ist  noch  nachzutragen 
dhäyair  dmodam  nttamam  6,  79. 

Th.  Zachariae. 


Altirische  glossen. 

Meinen  letzten  aufenthalt  in  Rom,  im  monat  april  1877, 
verwandte  ich  ausschliesslich  dazu,  in  dortigen  klöstern,  sowie 
im  Vatican  nach  etwaigen  celtischen  glossen  oder  mss.  zu  su- 
chen. Was  nun  die  klöster  anlangt,  so  ist  das  franciskaner- 
kloster  von  S.  demente  zu  jung,  um  irgend  etwas  zu  besitzen, 
was  für  mich  wert  gehabt  hätte,  und  die  capuziner  von  S.  Isi- 
doro  haben  ihre  ganze ,   reiche  handschriftensammlung  *)   nach 


*)  [Wohl  franciskaner;  die  handschriften  von  S.  Isidoro  wurden  im 
februar  1872  mit  erlaubniss  des  ordensgencrals  nach  Dublin  geschafft 
und  befinden  sich  dort  im  Franciscan  Convent,  Merchant's-quay  8.  Sie 
stammen  ihrer  mehrzahl  nach  aus  der  franciskaner-niederlassung  zu  Lö- 
wen in  Belgien,  von  wo  sie  beim  ausbruch  der  ersten  französischen  re- 
volution  nach  Rom  gerettet  wurden.  Eine  beschreibung  derselben  findet 
man  in  den  Proceedings  of  the  Royal  Irish  Academy  vol.  VI,  95 — 112. 
Die  wertvollsten  dieser  mss.  sind  handexemplare  Colgan's  und  O'Cle- 


64 


Otto  Dziobek 


Dublin  geschickt.  An  irischen  texten  fand  sich  in  der  ganzen 
bibliothek  nur  eine  bibel,  ein  katechismus  und  eine  kleine  wert- 
lose englische  grammatik  für  Iren,  letztere  ohne  datum,  die 
andern  beiden  stücke  von  181 1,  resp.  1800.  Nur  noch  ein  al- 
ter mönch  sprach  irisch.  Ich  hielt  es  für  wünschenswert,  das 
hier  zu  erwähnen,  da  ich  auf  diese  weise  hoffentlich  andere 
abhalte,  ihre  zeit  ähnlich  zu  vergeuden,  wie  ich  es  getan. 

Im  Vatican  war  mein  suchen  nicht  ganz  vergeblich.  Zwar 
diejenigen  Codices,  deren  inhalt  sich  in  näherem  oder  weiterem 
sinne  auf  Irland  bezog  (z.  b.  Leben  des  h.  Columban,  Schriften 
Alcuins  u.  dgl.  m.),  boten  absolut  gar  keine  ausbeute,  wol  aber 
der  schon  von  Ebel  in  seiner  ausgäbe  der  Grammatica  celtica 
citirte  Codex  Vaticanus,  no.  5755,  aus  welchem  er  eine  von 
Hertz  ihm  mitgeteilte  glosse  auf  seite  XLI  des  prooemium  auf- 
fürt. Seltsam,  dass  Hertz  nicht  mehr  hat  entziffern  können, 
und  dies  noch  obendrein  falsch! 

Das  ganze  zweite  blatt  nämlich  ist  hier  nicht  an  seiner 
stelle,  sondern  gehört  zu  einem  „computus".  Es  ist  geschrie- 
ben in  sehr  schlechten  angelsächsischen  characteren  und  über 
und  über  mit  lateinischen  marginal-glossen  bedeckt.  Ausser 
diesen  noten  findet  sich  eine  nicht  unbeträchtliche  anzahl  iri- 
scher und  lateinischer  interlinearglossen ,  mit  denselben  cha- 
racteren aber  kleiner  geschrieben.  Letztere  gebe  ich  mit  dem 
texte  in  nachfolgendem  wieder  *).  —  Das  ms.  ist  spätestens 
aus  dem  11.  jh.,  die  glossen  wol  nicht  jünger,  da  sie  jedenfalls 
den  marginal-noten  voraufgingen. 

nihil  remanserit  bissextus  est:  in  unum  aut  duo  vel  tres 
remanent  bissextus  x)  non  est:.      Et  ne  2)   tibi  forsitan   aliqua 


1)  acht  it  bli&dni  fuir  bissext 

2)  beim  cenelach  lessom  anisiu  .  sup~  noidecde  7  sup 
indechta  et  sup~  laithe  sechtmine  for  VIII  kl~. 


ry's,  nach  denen  ersterer  seine  Triadis  Thaumaturgae  Acta,  letzterer 
sein  berühmtes  Sanasan  nüa  ausarbeitete;  von  letztgenanntem  findet  sich 
ebenfalls  ein  exemplar  mit  handschriftlichen  correcturen  unter  den  schätzen 
des  Franciscan  Convent.   —     Zimmer.] 

*)  Ergänzte  buchstaben  sind  mit  eursiven,  auf  rasur  stehende  mit 
schraffierten  typen  bezeichnet. 


Altirische  glossen.  65 

caligo  erroris  occurrat  per  omnem  compotum  quem  ducis  si 
nihil  profuerit  eundem  conpotum  esse  per  quem  ducis  agnosce: 
utpote  si  per  XIX  ducis  et  nihil  remanserit  scies  XlXmum  esse :. 
si  per  XII.  Xllmum  etc.:.  si  per  VII.  Vllmum  esse:  Si  uis 
scire,  quota  3)  luna  festivitati 4)  occurrat  si  martis  mense  pasca 
celebratur  conputa  menses  a  septembre  usque  ad  febrarium:. 
fiunt  VI.  bis  semper  adiece  reguläres  duos  :.  fiunt  VIII:.  adde 
epactas  .  i.  e.  adiectiones  lunares  cujus  uolueris  anni  .  utpote 
indictiones  tertiae  XII  :.  fiunt  XX  .  et  dies  5)  mensis  quo  pasca 
celebratur.i.  martii  XXX  6)  fiunt  simul  L  :.  deduc  7)  XXX  re- 
manent  XX  .  uicissima  luna  est  in  die  resurrectionis  domini  : 
Si 8)  uero  mense  aprilio  pasca  celebramus  conputa  menses  a 
septimbre  usque  ad  martium  :.  fiunt  VII  :.  bis  semper  adiece 
duos  reguläres  fiunt  Villi  :  adde  epactas  lunares  cujus  uolue- 
ris anni,  utpote  indictionis  quartae  XXIII,  qui  fiunt  XXXII  :. 
et  dies  mensis  quo  9)  pasca  celebramus.  i.  e.  a^rüis  XVIII  10), 
qui  simul  fiunt  L.I.  deduc  XXX  .  remanent  XXI.  uicissima  una 
luna  est  in  die  resurrectionis  domini  : 

Si  requiras  u)  a  septimbre  usque  in  decembrem  III.  sem- 
per in  his  IUI  mensibus  reguläres  adiecias  :.  in  bissexto  solum 

modo  - II  reguläres  suprascriptis   mensibus   adnumera- 

bis  :.  et  pro  XXXI  12)  dies  XXXII  annis  singulis  decembri 
mense  adsumes  in  fine. 

Si  vis  13)  scire  quotus  dies  septimane  est  :.  simul  dies  a 
ianuario  usque   ad   mensem   quem   uolueris,    utpote   usque   ad 


3)  dotoscelud  cussc  esci  furcuischimmart 

4)  pascae 

5)  ished  tosceulwd  iwdargüso 
G)  i.  äeret  m  cuscc.  isinmis. 

7)  eoque  comienit  ad  rationem  hujus  argumenti. 

8)  dotoscelud  cusc  esci  für  cuischin  apro7. 

9)  sicut  prius  dixi 

10)  i.  dies 

11)  Dotoscelud  cusc  esci  für  cuischimar£  7  *)  in  apr?7  7  in  apr?Y 
dosceulaihi  tosuch 

12)  imb~  fodi  sosi  ( nos  duos?)  [stark  radirt] 

13)  dotosceulud  lai  sechtmaine  imbi  hi  frecwlairc 

*)     s.  d.  note  auf  der  vorhergehenden  seite. 
Heitrügo  z.  kundo  d.  ig.  gpraclion    V.  k 


66  Otto  Dziobek 


XXX  diem  mensis  14)  martii  .  fiunt  dies  LXXXVIIII.  15)  bis 
adiece  semper.  I  .  fiunt  XC  .  semper  epactas  solis.  i.  e. 16)  con- 
currentes  septimanae  dies  cujus  uolueris  anni  :.  utpote  indictio- 
nis  tertiae  IL  17)  fiunt  simul  XCII  .  hos  partire  in  VII  :.  re- 
manet  unura  :.  ipsa  est  dominica  18)  pascalis  festa  .  sie  quam- 
libet  iyj  diem  a  kalendis  ianuariis  usque  ad  XXXI  diem  mensis 
decembris  quota  feria  30)  fuerit  invenis  cowputando  ut  et  regu- 
lärem unum  et  co^currentes  septimanae  dies  et  quae  a  ianua- 
rio  mense  semper  ineipiunt  pariter  adsumas. 

Finiunt  argumenta  pascalium  titulorum. 

Incipit  21)  calculatio  quomodo  reperi  possit:  quota  feria  22) 
singulis  annis  XIIII  \\ina  pascalis  oecurrat:  i.  e.  circuli  decen- 
nouennalis  anno  primo  :.  quin~  bae~  epactas  lunares  :  pro  eo 
quocum  sint  XVIIIImi  inferioris  anni  .  XVIII  .  adsumas  aepac- 
tas.  XI  .  addito  etiam  ab  aegyptis23)  die  uno  fiunt  XXX  :.  i.  e. 
luna  mensis  24)  unius  intigra  .  et  nihil  remanet  de  epactis  et 
qnae  24b)  in  apr/li  mense  ineidit  et  anno  luna  pascalis  .  XIIII . 
tene  reguläres  in  eo  semper  XXXII  25)  subtrache  XXX  :.  i.  e. 
ipsam  lunam  intigram  et  remanent  V  :.  quinto  die  a  kalendis  . 
&X>rilibiis  .  i.  e.  26)  nouis  scprüibus  oecurrit  XIIII  .  luna  pasca- 


14)  hi  roba  cusc  in  (exemplo  praesenti?) 

15)  i.  nee  jtlius  dies  cowuenientiuwa  argumenti  datws.  i.   usque 
VIII  kal.  [stark  radirt] 

16)  i.  for.  VIII  k«l.  apr. 

17)  .i.  per  aferia  [sie]  Villi  kal. 

18)  dies 

19)  nee  generaliter 

20)  ced  laa  imbe  dilaib  sechtmaine. 

21)  dotoscelud  lai  sechtmaine  furambi  XIIII    .   isin  eieul  noi- 
deeda  7  lai  grian   7   insceseni  iwna  eusec. 

22)  fuerit. 

23)  i  saltus 

24)  lü  .  du. 
24b)  ar  ised  as  imnicuf  fridliged  argü. 

25)  i.  bis ? 

25b)  coirargü  .  ifii  .  y. 

26)  ised  suigesa  asennud  toscelud  ind  lai  sechtmT.   bied  trede 
and 


Altirische  glossen.  67 

lis  :  tene  suprascriptos.  V  .  adele  et  coneurrentes  ejusdem  «nni 
IUI  .  fiunt  Villi  :.  adde  et  reguläres  in  eodem  semper  mense 
apr/li  .  fiunt  XVI  .  hos  partire  per  Septem  .  i.  e.  bis  Septem  . 
XIIII  .  remanent  .  II. 27)  II.  feria  ineurrit  luna  pascalis  .  XIIII  . 
et  dominicus  festi  pascalis  dies  lunae  38)  .  XX  . 
Item  praefati  circuli u.  s.  \v. 


27)  luan 

28)  decad  luandasiwsir 

(Folgen  keine  glossen  mehr.) 

Berlin  1.  Januar  1878.  Otto  Dziobek. 


Folgen. 

Vergleicht  man  ahd.  folges,  folget,  folgeen,  folyenti  mit  ahd. 
ges,  get,  gUnt  yenti ,  oder  ahd.  folgen  mit  ahd.  foliegangen,  as. 
ags.  fulgangan,  ags.  fulleode ,  oder  ahd.  folyenne  mit  altnieder- 
fränk.  fulgänni,  oder  ahd.  aolagen  (Steinmeyer-Sievers  Ahd. 
gloss.  477.  8)  mit  ahd.  follegät,  so  erhebt  sich  die  vermutuug, 
dass  unser  folgen  auf  einer  alten  Zusammensetzung  von  fulla- 
mit  dem  verbum  ge-  beruhe,  und  diese  Vermutung,  welche  durch 
die  erörteruugen  J.  Grimms  Wbch.  III.  1875  f.  gestützt  wird, 
darf  aufrecht  erhalten  werden,  wenn  sich  auch  bald  zeigt,  dass 
die  obigen  vergleiche  trügerisch  sind,  da  folg es ,  folget  u.  s.  w. 
nicht  die  verbalformen  ges,  get  u.  s.  w.  enthalten,  sondern  ei- 
nem schwachen  verbum  folgen  (neben  dem  vereinzelt  auch  fol- 
gon  vorkommt)  angehören  1).  Ihm  entspricht  im  an.  fylgja 
(fylgda),  im  as.  folyön  (folyoian),  im  angs.  folgian  (folgode, 
folgede) ,  im  afr.  folgia  (folg  ade) ,  und  es  beruht  demnach  wol 
auf  urgerman.  fidl(a)gaja- ,  das  wie  u.a.  skr.  craddhaga-,  gür- 
dliaya-,  avest.  yaozhdaya- ,  gr.  aldto  ,  £o$eo-,  eofrio-,  ya- 
d-eo-,  lat.  audie-  (Benfey  Jubeo  s.  20  ff. ,  vf.  o.  IV.  313)  zei- 
gen, auf  full(a)-ge-  zurückgeführt  werden  darf.  Unmittelbar 
auf  dem  letzteren  beruht  ahd.  -folget,  mhd.  volge  (vgl.  gr.  n<xörn 
lyxhj).  —  Von  den  übrigen  zu  folgen  gehörigen  Wörtern  erwähne 
ich  nur  noch  an.  fylgja  f.,  dessen  bildung  in  \it.  pradza  „anfang" 
(von  pradeti)   und   nüdza  „vergehen"  (nusideti)  analoga  findet. 

*)  Die  Verbindung  volle  uolffon  (Williram  131,  1,  Seemüller)  kann  an- 
gesichts von  mhd.  zu«  zim,  zho  zin  u.  s.  w.  nicht  auffallen. 

A.  Bezzenberger. 

5* 


68 


O.    Weise 


Volksetymologische  Studien.     I. 


Wer   die   vortreffliche   schrift    von  K.   G.   Andresen    über 
deutsche  Volksetymologie  gelesen  hat,   dem  wird  es  aufgefallen 
sein,   dass   in  der  darin   einleitungsweise  vorausgeschickten  be- 
sprechung  analoger   erscheinungen  anderer   sprachen  die   grie- 
chische und   lateinische  mit   einer    verhältnissmässig    geringen 
zahl  von  beispielen  bedacht  sind  und  in  dieser  hinsieht  selbst 
hinter  der  englischen  und  französischen  zurückstehen.     Obwohl 
sich    nun    Andresen  eines  positiven  urtheils  über   den  umfang 
volksetymologischer    erscheinungen    in    den    beiden   klassischen 
sprachen  enthält,    so    geht   doch  einmal    aus  dem  angegebenen 
umstände,  sodann  aber  auch  aus  der  untergeordneten  Stellung, 
die  er  diesen  beiden  sprachen  anweist  und  aus  der  vorsieht  in 
der  wähl  der  ausdrücke ,  deren  er  sich  bei  ihrer  erwähnung  be- 
dient, deutlich  genug  hervor,    dass  er  die  neigung  der  antiken 
sprachen   zu   derartigen  umdeutungen   unterschätzt  hat.     Auch 
die  recensenten  des  Andresenschen   buches  sind   betreffs  dieses 
punktes  ausserordentlich   zurückhaltend    mit  ihrer  ansieht:    so 
erfahren  wir  weder  aus  Dungers   besprechung   (Jahrbücher  für 
Philologie  und  pädagogik  1877.  p.  503  sqq.)  noch  aus  den  an- 
zeigen  des  buches   von  Gemss   (Zeitschrift  für  gymnasialwesen 
1876.  p.  682  sqq.    und   im  feuilleton    der  norddeutschen  allge- 
meinen zeitung.   Berlin  23. — 25.  mai  1877),    ob   diese  die  zahl 
der  volksetymologischen  Schöpfungen  der  Griechen  und  Römer 
für  gross  oder   gering   erachten;   doch    scheint  die  letztere  an- 
nähme durch  die  erwägung  gerechtfertigt  zu  werden,  dass  Dun- 
ger den  von  Andresen  beigebrachten  klassischen  beispielen  nur 
eins,  das  aus  qvj.iovXxe7v  entlehnte  remuleum,  hinzuzufügen  weiss, 
während  Gemss   die  Sammlung  analoger  fälle  nur  um  2  berei- 
chert (ßiQoa,  Augustus).     Zwar   verdanken   wir    der  recension 
der  genannten  schrift  von  Förstemann  in  K.  Z.  XXIII,  p.  375 — 
384  eine  nicht  unbedeutende  zahl   von   beispielen  fremder  dem 
griechischen   und   lateinischen   assimilirter  nomina  propria   (35 
griechische   und   13  lateinische,    darunter    8  der   ganz  späten, 
mittelalterlichen  latinität  angehörig),  aber  eine  angäbe  über  die 
ausdehnung  der  formellen  oder  begrifflichen  assimilation  dieser 
beiden  sprachen  vermissen  wir  und  finden  statt  deren  nur  den 


Volksetymologische  studien.    I.  69 

wünsch  einer  Sammlung  des  gesammten  einschlägigen  materials 
behufs  gewinnung  allgemeiner  gesichtspunkte  und  feststellung 
der  gesutze  volksetymologischer  bildungen  ausgesprochen.  Nur 
G.  Meyer,  der  uns  in  seiner  anzeige  von  Andresens  buch  (All- 
gemeine zeitung  1876  no.  239  beilage)  eine  Sammlung  von  20  grä- 
cisirten  und  einigen  latinisirten  fremdwörtern  vorführt,  hat  sich 
über  den  in  rede  stehenden  punkt  eingehender  ausgelassen. 
Er  spricht  dort  „von  einem  spärlichen  auftreten  volksetymolo- 
gischer gebilde  in  den  beiden  alten  sprachen"  und  meint,  „die 
modernen  sprachen  seien  dieser  erscheinung  aus  nahe  liegenden 
gründen  günstiger  als  ältere  entwicklungsstufen".  Dies  sucht 
er  zu  begründen  durch  die  hinweisung  einestheils  auf  die  ge- 
ringe formelle  entstellung  der  alten  sprachen,  ihre  klare  durch- 
sichtigkeit  im  bau  der  worte,  welche  die  Scheidung  zwischen 
stamm  und  endung,  wurzel  und  ableitung  leicht  ermöglicht,  an- 
derntheils  darauf,  dass  eine  so  umfangreiche  perception  fremder 
wörter,  wie  sie  der  engere  contact  verschiedener  Völker  zur  folge 
hat,  im  alterthum  nicht  statt  gefunden  habe.  — 

Um  zunächst  vom  latein  zu  sprechen,  so  vermisse  ich  bei 
Meyer  eine  Scheidung  in  klassisches  und  Vulgärlatein,  die  für 
die  Volksetymologie  von  grosser  Wichtigkeit  ist.  Dass  die  latei- 
nische Schriftsprache,  eben  weil  sie  erstarrt  und  fast  alles  le- 
bens  bar  war,  im  ganzen  ihr  aussehen  wenig  verändert  hat,  ist 
selbstverständlich ;  doch  ist  dabei  wohl  zu  beachten,  dass  trotz- 
dem im  laufe  der  zeit  nicht  nur  worte  unverständlich  wurden 
und  antiquirten,  sondern  auch  das  verständniss  des  Ursprungs 
der  formen  mehr  und  mehr  verloren  ging,  weshalb  wir  uns 
nicht  wundern  dürfen,  dass  man  nach  glaubwürdiger  überliefe- 
im  7.  Jahrhundert  der  stadt  die  nur  3  Jahrhunderte  früher  ab- 
gefassten  Urkunden  nur  mit  mühe  verstehen  konnte.  Was  aber 
das  Vulgärlatein  anbelangt,  so  beweisen  doch  Schuchardts  und 
anderer  gelehrter  werke  deutlich,  welch'  starke  Umformung  la- 
teinische gebilde  im  munde  des  volkes  oft  erfahren  haben ;  und 
da  selbstredend  nicht  nur  die  urwüchsigsten;  sondern  überhaupt 
die  meisten  umdeutungen  aus  der  mitte  des  volks  hervorzuge- 
hen pflegen  und  durch  dessen  initiative  geschaffen  werden,  so 
nimmt  es  wunder,  dass  Meyer,  statt  die  bildungen  der  wirklich 
lebenden,  d.  h.  formellen  Wandlungen  in  grösserem  maasse  aus- 
gesetzten lingua  rustica  durchzumustern,  sich  begnügt  hat,  das 
klassische  idiom   als  für  Volksetymologie  wenig  zugänglich  hin- 


70 


0.  Weise 


zustellen.  —  Auch  hat  Meyer  meiner  meinung  nach  nicht  recht, 
wenn  er  den  formellen  wandel  einer  spräche  als  erste  und  wich- 
tigste Voraussetzung  und  bedingung  der  Volksetymologie  betrach- 
tet. Das  hauptgewicht  ist  vielmehr  auf  den  von  ihm  an  zwei- 
ter stelle  erwähnten  punkt  zu  legen,  da  nach  ausweis  des 
Andresenschen  buchs  und  meiner  Sammlungen  für  das  lateini- 
sche und  griechische  ein  weit  grösserer  procentsatz  der  Umbil- 
dungen auf  die  fremdwörter  entfällt  als  auf  die  Originalwörter. 
Aus  diesem  gründe  ist  auch  Meyers  annähme,  dass  das  ,,den 
beiden  klassischen  sprachen  an  klarer  durchsichtigkeit  des 
baues  weit  überlegene  sanskrit  dieser  seite  der  Sprachwissen- 
schaft so  gut  wie  gar  keinen  stoff  zur  betrachtung  biete",  ent- 
schieden unrichtig.  Denn  wenn  man  die  in  dieser  spräche 
auftretenden  fremdwörter  zur  rechenschaft  zieht,  so  wird  man 
auch  mancher  an  indische  gebilde  angelehnten  form  begegnen, 
wie  denn  thatsächlich ,  um  nur  ein  beispiel  anzuführen,  das 
dem  griechischen  öiöv/^iol  entstammende  jituma  nach  ausweis 
des  Petersb.  wörterb.  III,  103  auf  beabsichtigter  anlehnung  an 
fit  beruht ;  und  lässt  man  die  indischen,  dem  griechischen  ent- 
lehnten wörter,  deren  weitaus  grösste  zahl  dem  gebiete  der 
astronomie  angehört,  revue  passiren,  so  zeigt  sich  so  manche 
derbe  entstellung,  die  recht  wohl  auf  bezweckter  annäherung 
an  heimische  wörter  beruhen  kann :  man  denke  an  taukshika  — 
rot-ÖTrjg,  schütze  im  thierkreise  P.  W.  III ,  405,  äkokera  =  al- 
yoxegtog,  Steinbock  im  thierkreise  P.  W.  I,  590,  krii/a  —  "/.qioq, 
widder  im  thierkreise  P.  W.  II,  497,  leya  =  Ihov  oder  Ug, 
löwe  im  thierkreise  P.  W.  VI,  573,  meshürana  =  ^EOovQ<xvrif.ia, 
das  10.  astronomische  haus  P.  W.  V,  908,  ära  m.  —  'Läqrjg, 
planet  Mars  P.  W.  I,  (382,  in  denen  wenigstens  die  suffixe  dem 
skr.  angepasst  und  entsprechend  umgeformt  worden  sind;  man 
denke  ferner  an  durudharä  =  dogvcfagia,  eine  bestimmte  mond- 
stellung  P.  W.  III,  675,  panaphara  =  STtavacpoga,  das  auf  ein 
kendra  folgende  astronomische  haus  P.  W.  IV,  389,  päthana  — 
rcagd-kvog,  zeichen  der  Jungfrau  P.  W.  IV,  648,  kasüra  — 
/.aooLTEQog,  zinn  P.  W.  II,  192  (cf.  Lassen,  Indische  alterthums- 
kunde  I,  239),  kendra  —  -/.evtqov,  centrum  eines  kreises  P.  W. 
II,  427,  dinära  =  ötjvccqiov  =  denarim,  eine  bestimmte  gold- 
münze  P.  W.  III,  645,  kcsara,  haar,  mahne  =  caesaries  P.  W. 
II,  435,  tävuri  =  zavgog,  stier  im  thierkreise  P.  W.  III,  321, 
mninga  =  avQiyt-,  mine,  unterirdischer  gang  P.  W.  VII,  1118, 


Volksetymologische  Studien.    I.  71 

uka  —  tvyov,  wage  im  thierkreise  P.  W.  III,  128  u.  a.  x),  die 
alle  mehr  oder  weniger  starke  Verrenkungen  und  Umformungen 
erlitten  haben.  Auch  an  Umbildungen  indischer  Originalwörter 
wird  es  nicht  gefehlt  haben:  vielleicht  lässt  sich  die  existenz 
des  wortes  lomdcd,  (haarfresser),  das  nach  gewöhnlicher  an- 
nähme aus  lopägä  (aasfresser)  entstellt  ist,  auf  diese  quelle  zu- 
rückführen (P.  W.  VI.  590.  594). 

Doch  kehren  wir  zum  latein  zurück!  Auch  gegen  das 
zweite  argument  Meyers,  dass  das  latein  und  andere  alte  spra- 
chen wegen  der  weniger  engen  berührung  der  antiken  völker 
an  zahl  der  fremdwörter  stark  hinter  den  modernen  sprachen 
zurücksteht,  müssen  wir  entschieden  Verwahrung  einlegen.  Nach 
oberflächlicher  Schätzung  beträgt  nemlich  die  zahl  der  wirkli- 
chen lehnwörter,  die  das  latein  aus  dem  griechischen  aufgenom- 
men hat,  mit  ausschluss  der  eigennamen  mindestens  6 — 7  tau- 
send. Schon  Saalfeld  gibt  in  seinem  index  graecorum  vocabu- 
lorum  in  linguam  latinam  translatorum  quaestiunculis  auctus. 
Berlin,  1874,  worin  die  ausserordentlich  zahlreichen  Pliniani- 
schen  lehnwörter  und  auch  der  grösste  theil  der  nachaugustei- 
schen ausgeschlossen,  worin  ferner  auf  die  inschriften  und 
Tironischen  noten  keine  rücksicht  genommen  wird  und,  was 
gleichfalls  sehr  wesentlich  ist,  die  ungeheure  summe  der  frem- 
den eigennamen  principiell  unberücksichtigt  bleibt,  gegen  2000 
an ;  eine  wie  grosse  zahl  aber  noch  aus  den  erwähnten  quellen 
nachzutragen  ist,  das  erhellt  zur  genüge  daraus,  dass  unter 
den  buchstaben  a  und  c  zum  beispiel  aus  Plinius  allein  c.  150 
resp.  200  wörter  supplirt  werden  müssen  und  Saalfeld  selbst  im 
Programm  von  Wetzlar  1877  (griechische  lehnwörter  im  lateini- 
schen ;  ergänzungen  und  nachtrage  zum  index  etc.)  auf  p.  30 — 
36  c.  180  lehnwörter  aus  den  Bernensischen  noten  (W.  Schmitz, 
notarum  Bernensium  index  alphabeticus  et  analyticus)  ergänzt. 
Zu  der  oben  angegebenen  summe  von  6 — 7  tausend  griechischen 
lehnwörtern  gesellt  sich  die  allerdings  nicht  bedeutende  zahl 
der  celtischen  und  der  aus  den  übrigen  sprachen  geschöpften 
fremden    eindringlinge.     Und   rechnet   man  dazu  vollends   die 

*)  Doch  fehlt  es  auch  nicht  an  unverstümmelten  lehnwörtern,  de- 
nen wir  besonders  da  begegnen ,  wo  die  lautgesetze  der  beiden  inter- 
essirten  sprachen  nicht  collidiren:  so  decken  sich  äpoklima  und  anö- 
xkifia  P.  W.  I,  661,  khalina  und  ^cdtvo?,  Weber  beitrage  zur  vergl. 
sprachf.  IV,  278  u.  a.  ziemlich  genau. 


72 


0.  Weise 


nicht  gerade  eigebürgerten,  aber  doch  im  mündlichen  und 
schriftlichen  verkehr  hin  und  wieder  gebrauchten  fremdwörter, 
so  dürfte  sich  die  zahl  der  unrömischen  in  der  römischen  litte- 
ratur  vorgefundenen  appellativa  nach  ungefährem  Überschlag 
auf  16 — 18  tausend,  mit  einschluss  der  fremden  eigennamen 
noch  um  einige  tausend  höher  belaufen.  Zwar  verhehle  ich  mir 
nun  keineswegs,  dass  ein  gut  theil  dieser  wörter,  weil  sie  auf 
litterarischem  wege  und  nicht  durch  mündlichen  verkehr,  be- 
kanntlich die  hauptquelle  der  corruption  von  fremdwörtern,  in  das 
latein  eingeschmuggelt,  oder  blos  von  gelehrten  verwendet  wor- 
den sind,  hier  nicht  in  betracht  kommt.  Doch  wird  man  selbst  die 
nach  Vollziehung  der  angedeuteten  subtraction  restirende  summe 
noch  für  hinreichend  halten,  um  einen  zu  üppigem  wuchern 
volksetymologischer  bildungen  geeigneten  boden  abzugeben, 
wenn  man  bedenkt,  einmal  dass  die  in  der  ältesten  zeit  durch 
mehrere  Jahrhunderte  hindurch  recipirten  griechischen  lehnwör- 
ter  erst  durch  die  rusticitas  in  die  klassische  spräche  überge- 
gangen sind  und  sodann  dass  jede  lebenskräftige  spräche,  wenn 
sie  den  entschiedenen  trieb,  alles  fremde  möglichst  von  sicli  ab- 
zuhalten durch  äussere  kultureinflüsse  aufzugeben  gezwungen 
wird,  die  aufgenommenen  fremden  lautgebilde  wenigstens  dem 
einheimischen  lautsystem  und  Wortschätze  anzupassen  bestrebt 
ist.  Jacob  Grimm  hat  recht,  wenn  er  in  der  vorrede  zum  deut- 
schen wörterbuche  p.  XXVI  sagt:  „Fällt  von  ungefähr  ein  frem- 
des wort  in  den  brunnen  einer  spräche,  so  wird  es  so  lange 
darin  umgetrieben,  bis  es  ihre  färbe  annimmt  und  seiner  frem- 
den art  zum  trotz  wie  ein  einheimisches  aussieht.  Das  zeigt 
sich  vorzugsweise  an  einer  menge  von  Ortsnamen,  aber  auch  an 
andern  Wörtern.  Abenteuer,  armbrust,  eichhorn  klingen  vollkom- 
men deutsch,  obgleich  sie  nicht  das  geringste  mit  den  Vorstel- 
lungen abend-theuer ,  arm-brust,  eiche-horn  zu  schaffen  haben. 
Es  liegt  nichts  daran,  was  sie  zu  bedeuten  scheinen,  jeder 
weiss,  was  sie  wirklich  ausdrücken  und  unsere  klänge  werden 
nicht  von  ihnen  getrübt".  Und  was  Grimm  hier  mit  bezug  auf 
deutsche  spräche  sagt,  das  gilt  in  gleichem  grade  von  anderen 
lebenskräftigen  sprachen:  gerade  darum  ist  der  umfang  der 
Volksetymologie  im  latein  nicht  zu  unterschätzen.  Oder  glaubt 
etwa  jemand,  dass  die  vielfach  barbarisch  klingenden  auf  dem 
see-  und  landwege  zur  kenntniss  der  Römer  gelangten  nomina 
propria  fremder  Völker,  städte,  berge,  flüsse  etc.,  dass  die  zahl- 


Volksetyinologische  studien.      I.  73 

reichen  griechischen,  besonders  in  der  kaiserzeit  übernommenen 
namen  von  thieren,  pflanzen,  mineralien ,  dass  die  termini  tech- 
nici  der  mediciner,  architecten  und  anderer  praktiker  und  theo- 
retiker  in  kunst  und  Wissenschaft  dem  römischen  volke  mund- 
gerechter gewesen  seien  als  sie  dem  deutschen  noch  heut  zu 
tage  sind?  So  hat  denn  auch  schon  Schuchardt,  vocalismus 
des  Vulgärlateins  III.  p.  344—349  und  351  etwa  100  beispiele 
lateinischer  Volksetymologie  zusammengestellt,  von  denen  sich 
nicht  ohne  grund  dieses  oder  jenes  wird  streichen  lassen,  deren 
zahl  aber  im  übrigen  mit  leichtigkeit  verdoppelt  und  verdrei- 
facht werden  kann.  Und  wie  viel  mag  uns  obendrein  noch  un- 
bekannt, wie  viel  überhaupt-  nicht  überliefert  sein?  Nur  zu 
sehr  müssen  wir  gerade  in  dieser  hinsieht  beklagen,  dass  die 
quellen  der  lingua  rustica  nicht  so  reichlich  fliessen  als  die 
des  klassischen  idioms  und  dass  namentlich  die  grammatiker, 
anstatt  die  redeweise  des  volks  eingehender  zu  behandeln,  sich 
meist  begnügt  haben,  vor  dem  gebrauche  dieses  oder  jenes 
plebejischen  Ausdrucks  zu  warnen.  — 

Die  griechische  spräche  hat  nun  allerdings  eine  so  grosse 
zahl  von  lehnwörtern  wie  die  lateinische  nicht  aufzuweisen; 
gleichwohl  ist  ihre  zahl  nicht  unbeträchtlich  und  man  wird  sich 
hüten  müssen  den  einfluss  des  Orients  zu  unterschätzen.  Denn 
nicht  nur  ist  der  import  ägyptischer  und  iranischer  waaren  und 
worte  selbst  auf  volksetymologischem  gebiete  nicht  ohne  reflex 
geblieben,  sondern  auch  und  zwar  ganz  besonders  haben  die 
handelsbeziehungen  zu  den  Phöniciern  grossen  einfluss  ausgeübt, 
deren  bedeutender  umfang  erst  demjenigen  recht  klar  wird,  der 
sich  der  mühe  unterzogen  hat,  die  semitischen  abkömmlinge  in 
der  griechischen  spräche  zusammenzustellen  oder  die  einschlä- 
gigen abhandlungen  und  Schriften  gelesen  hat:  so  von  A.  Mül- 
ler, semitische  lehnwörter  im  altern  griechisch  in  dieser  zeitschr. 
I,  273—301,  V.  Helm,  kulturpfianzen  und  hausthiere  in  ihrem 
übergange  aus  Asien  nach  Griechenland  und  Italien  sowie  in 
das  übrige  Europa.  3.  aufl.  A.  v.  Kremer,  semitische  kultur- 
entlelmungen  aus  dem  pflanzen-  und  thierreiche.  Ausland  1875 
no.  1.  2.  4.  5.  F.  Lenormant,  die  anfange  der  kulturgeschichte ; 
geschichtliche  und  archaistische  Studien.  Jena  1875  am  schluss 
(Übersetzung).  Vanicek,  fremd wörter  im  griechischen  und  la- 
teinischen Leipzig  1878  u.  a.  Da  ferner  durch  die  Spaltung 
einer  spräche  in  dialecte  die  Volksetymologie  begünstigt  wird,  so 


74 


0.  Weise 


wird  auch  hier  im  griechischen  noch  manche  form  verborgen 
sein,  wie  denn  der  im  griechischen  stärker  als  im  römischen 
hervortretende  lautliche  zersetzungsprocess  ein  allmälig  zuneh- 
mendes schwinden  des  sprachbewusstseins  zur  folge  haben 
musste.  Ein  interessantes  beispiel  diabetischer  Wortgestaltung 
bietet  uns  der  name  des  einen  der  5  stadttheile  von  Syrakus: 
Tv%rj,  =  Fortuna,  der  früher  Svxrj  =  feigenstadt  gelautet  hat 
(Ahrens  d.  dial.  clor.  p.64.  Hehn  1. 1.  p.  512)  und  sich  recht  gut  er- 
klären lässt  bei  berücksichtigung  des  diabetischen  xvy.ch  für  ama. 
Charakteristisch  ist,  dass  weder  Andresens  buch,  noch  die 
oben  erwähnten  recensionen  desselben,  noch  die  andern  bisher 
erschienenen  und  mir  bekannt  gewordenen  Sammlungen  und 
besprechungen  umgedeuteter  wörter  der  griechichen  spräche  auf 
die  durch  entlehnung  oder  in  dialecten  volksetymologisch  umge- 
stalteten appellativa  genügende  rücksicht  nehmen  x),  sondern 
uns  fast  ausschliesslich  eigennamen  vorführen,  ein  feld,  auf  dem 
allerdings  für  Volksetymologie  die  reichste  ernte  zu  erwarten 
ist.  Denn  darin  stimmen  die  antiken  mit  den  modernen  spra- 
chen vollkommen  überein,  dass  sie  die  meisten  Verstümmlungen 
auf  dem  gebiete  der  nomina  propria  aufweisen.  Bei  Andresen 
sind  dieselben  allerdings  auf  12  Seiten  (p.  60—71)  abgefertigt; 
doch  erhebt  dessen  collectiou  nicht  entfernt  anspruch  auf  Voll- 
ständigkeit, wie  er  sich  denn  namentlich  bei  behandlung  der  Per- 
sonennamen „mannigfache  beschränkungen"  auferlegt  und  auf 
seine  schrift  über  die  altdeutschen  personennamen  in  ihrer  ent- 
wickelung  und  erscheinung  als  heutige  geschlechtsnamen  (Mainz 
1873)  verweist.  Zahlreiche  nachtrage  geben  die  recensenten, 
namentlich  Forstmann  und  Dunger,  letzterer  besonders  aus  dem 
früher  slavischen  Sprachgebiet  des  deutschen  Ostens,  einiges  fin- 
det sich  im  Daheim  1878  no.  44  p.  542  und  bei  Backmeister, 
Alemannische  Wanderungen  p.  32,  umfassendes  material  aus 
Tyroler  Ortsnamen  bei  Steub,  zur  rhätischen  ethnologie.  Stutt- 
gart 1854  p.  84—150  und  p.  174—220.     Unter  den  c.  400  von 


J)  Strehlke  K.  Z.  I,  223  und  Dittenberger  Hernies  VI  p.  129—155 
280—313  (Veränderung-  resp.  nmdeutung  lateinischer  eigennamen  im 
griechischen),  Pauli  K.Z.  XVI,  53  (volksetymologisehe  erscheinungen  in 
der  griechischen  form  persischer  eigennamen) ,  Pott  im  2.  supplcment- 
bande  der  Jahrbücher  für  philologie  (über  etymologische  legenden);  nur 
Meyer  1.  1.    und  Curtius ,    Grundzüge    p.  679   bringen    eine    anzahl    bei- 


spielc  bei. 


Volksetymologische  Studien.     1.  75 

mir  bisher  gesammelten  lateinischen  beispielen  besteht  die  hälfte, 
unter  der  ungefähr  gleich  grossen  zahl  von  griechischen  über 
a/3  aus  nominibus  propriis.  Warum  aber  gerade  diese  in  so 
grosser  zahl  der  corruption  unterworfen  gewesen  sind,  das  er- 
klärt sich  leicht,  wenn  man  bedenkt,  dass  die  ursprünglich 
sinnliche  bedeutung  und  somit  das  etymon  bei  eigennamen  in 
der  regel  stärker  verblasst  ist  als  bei  appellativis,  ferner  dass 
in  eroberten  oder  sonst  wie  von  stammen  anderer  nationalität 
oder  spräche  besiedelten  gebieten  Patriotismus  und  unkenntniss 
der  betreffenden  spräche  instinctiv  zur  umprägung  sämmtlicher 
fremder  namen  nach  heimischem  typus  führen  müssen  und  end- 
lich, dass  es  in  der  natur  des  menschen  liegt,  gerade  eigenna- 
men, falls  er  es  vermag,  möglichst  wohlklingend  und  vielsagend 
zu  machen,  wie  nicht  nur  die  Veränderungen  der  deutschen  Per- 
sonennamen schlagend  beweisen,  sondern  auch  gebilde  anderer 
sprachen  hinlänglich  sicher  documentiren  cf.  *Av$iov  =  Antium, 
'!Avd-£OTiog  =  Antistius,  ßaoileict  —  insel  Oesel,  !Av&rjvai  neu- 
griech.  =  l4&rjvai,  Ehjs'ti  =  Helisii  (K.Z.  XXIII,  578),  Ho- 
norius  =  Hunjareiks  (ibid.),    Virgüius  —    Verc/ilius  u.  a. 

Wir  kommen  nunmehr  zu  unserer  eigentlichen  aufgäbe  und 
versuchen  es  im  folgenden  aus  dem  umfangreichen  gebiete  der 
Volksetymologie  des  lateins  eine  erscheinung  herauszugreifen, 
die  uns  mehr  als  jede  andere  klar  macht,  dass  wir  bei  der  be- 
trachtung  volksetymologischer  bildungen  des  lateins  das  Schwer- 
gewicht auf  die  lingua  rustica  zu  legen  haben :  Es  ist  eine  be- 
kannte thatsache,  dass  die  plebejische  latinität  sich  vielfach 
des  compositums  bedient,  wo  dem  klassischen  latein  das  Sim- 
plex genügt  (vgl.  Wölfflin,  bemerkungen  über  das  Vulgärlatein. 
Philologus  XXX  p.  lo7 — 105,  speciell  p.  158 — 1G5  :  Zusammen- 
setzungen mit  con,  de,  ad,  per,  sub).  Im  munde  des  volks 
nemlich,  welches  nicht  gewohnt  war,  sich  über  die  etymologie 
von  sprachformen  rechenschaft  abzulegen,  war  die  ursprünglich 
sinnliche  bedeutung  der  präpositionen  allmälig  sehr  verblasst, 
man  war  sich  oft  des  bedeutungsimterschiedes  zwischen  Sim- 
plex und  präpositionalcompositum  gar  nicht  mehr  bewusst,  er- 
steres  antiquirte,  kam  ausser  gebrauch  und  starb  ab,  aus  der 
präponderirenden  Stellung  des  letzteren  wurde  bald  eine  domi- 
nirende,  ja  dem  usus  folgte  bald  der  abusus  auf  dem  fusse 
nach :  man  hatte  sich  nemlich  durch  den  häufigen  gebrauch 
solcher  composita   so  sehr  an  diese  gewöhnt,  dass  man  sie  nun 


76  0.  Weise 


auch  in  einfachen  verbis  und  noininibus,  deren  erste  silbe  ähn- 
lichkeit  mit  einer  präposition  zeigte,  zu  finden  glaubte.  So  hat 
das  römische  volk  durch  volksthümliche  umdeutung  eine  grosse 
anzahl  derartiger  ausdrücke  geschaffen,  in  denen  durch  abtren- 
nung  der  ersten  Stammsilbe  und  ihrer  degradirung  zur  präposi- 
tion, oft  unter  entsprechender  lautlicher  Veränderung,  der  eben 
charakterisirten  neigung  genüge  geleistet  wurde.  Wie  dieser 
umformungsprocess  vor  sich  gegangen  ist,  sind  wir  nur  da  zu 
beobachten  im  stände,  wo  es  uns  vergönnt  ist,  die  verschiedenen 
Stadien  der  entwickelung  zu  prüfen  und  in  dieser  beziehung 
können  uns  selbst  sinnlose  handschriftliche  wortentstellungen 
gewichtige  winke  geben,  da  die  abschreiber  vielfach  das  stre- 
ben des  volkes  theilen,  das  unverständliche  fremdwort  durch 
allerhand  versuche  etymologisch  zu  fixiren.  Interessant  ist  es 
zum  beispiel,  wie  die  Schreiber  der  Vitruvcodices  das  griechi- 
sche wort  ^AtTiY.ovQyig  zugestutzt  haben,  lediglich  um  ihm  ein 
lateinisches  aussehen  zu  geben.  Die  verschiedenen  lesarten  lau- 
ten 3,  5,  3:  attigurges,  adtigurges,  adtigurgites,  ad  gurgites. 
Znnächst  ersehen  wir  nun  aus  diesem  beispiele,  dass  die  letz- 
ten silben  des  griechischen  nomens  die  veranlassung  zur  Umge- 
staltung des  ganzen  wortes  gegeben  haben.  Der  umstand,  dass 
ein  abschreiber  aus  -curges  sich  das  allerdings  verständlichere 
gurges  zurechtlegte,  ist  für  die  Umbildung  der  ersten  silben  be- 
stimmend gewesen  und  alle  übrigen  angeführten  Schreibweisen 
bekunden  nur  die  bestrebungen  der  folgenden  abschreiber,  aus 
dem  nun  in  der  luft  schwebenden  lautcomplexe  atti  ein  latei- 
nisches wort  herzustellen.  Die  präposition  ad  bot  sich  bald, 
über  ti  brauchte  man  sich  keinen  aufschluss  zu  geben,  ebenso- 
wenig wie  in  incitega :'=  syyvd^Kt]  (verderbt  mit  anlehnung  an 
in  und  tego)  über  den  Ursprung  der  silbe  ci  und  doch  zog  so- 
gar ein  anderer  abschreiber  die  letzte  consequenz,  das  lästige, 
unnütz  gewordene  ti  zu  entfernen :  aus  Atticurges  war  so  ad 
gurgites  geworden.  Aehnlich  werden  wir  uns  nun  auch  den 
Vorgang  bei  der  corruption  der  folgenden  scheinbar  mit  den 
Präpositionen  ab,  ad,  con,  e,  in,  ob,  per,  prae,  pro,  sub,  trans, 
den  präfixen  dis  und  re  zusammengesetzten  worten  zu  denken 
haben  *).     Der  alphabetischen  Ordnung  folgend,  haben  wir  uns 

l)  Natürlich  sehen  wir  hierbei  von  den  etymologischen  schnurren  rö- 
mischer grammatiker  und  lexicographen  um  so  mehr  ab,  als  wir  in  ihnen 
meist  blos  tastende,  auf  den  äusseren  schein  der  Verwandtschaft  basirte 


Volksetymologische  studien.     I.  77 

zunächst  mit  der  präposition  ab  zu  beschäftigen,  mit  welcher 
scheinbar  zusammengesetzt  sind :  absis,  averta ,  apoculo,  Avel- 
lamis.  Den  reigen  eröffnet  absis,  bei  dem  einmal  die  constante 
Schreibung  mit  bs  =  ip,  sodann  aber  auch  der  verlust  des  Spi- 
ritus asper  (absis  entlehnt  aus  aipig)  dafür  spricht,  dass  die 
lostrennung  der  silbe  ab  vom  stamme  nicht  erst  im  deutschen 
erfolgt  ist,  wo  das  wort  in  der  form  ab-seite  erscheint,  sondern 
schon  im  lateinischen  statt  gefunden  hat.  Es  folgt  averta  = 
äoQvrJQ  (cod.  Justin.  12,  51,  12.  Acron.  Hör.  sat.  1,  6,  106), 
welches  sich,  äusserlich  betrachtet,  als  compositum  von  a  und 
verto  giebt,  und  offenbar  gerade  diesem  anklänge  die  einbusse 
des  schliessenden  q  zu  verdanken  hat  (vgl.  auch  Kuhn  Z.  XX, 
340).  Das  wort  apoculo,  das  der  Büchelersche  text  des  Petron 
bietet  (67)  als  verderbniss  aus  <x71oy.vXuö,  herabwälzen,  ist  ein 
beredtes  zeugniss  für  die  lebenssphäre  des  volks,  welches  dem 
anklang  an  poculum  zu  liebe  den  in  jener  zeit  so  seltenen  wan- 
del  des  v  in  u  vollzog  und  das  griechische  i  schwinden  Hess 
(vgl.  unten  die  begrifflich  verwandten  transgulare  und  come- 
satio).  Was  ferner  Avella  =  Abella  anbetrifft,  welches  von 
Vanicek  Griech.  Lat.  Etym.  Wörterb.  1877  p.  35  mit  „eber- 
städt"  übersetzt  und  aus  einer  grundform  Aperula  erklärt  wird, 
glaube  ich,  dass  die  erweichung  des  b  —  p  zu.  v,  wie  sie  in 
handschriften  und  ausgaben  öfter  sich  findet,  so  bei  Silius  8, 
520,  nicht  blos  in  der  plebejischen  ausspräche  des  Wortes  be- 
gründet ist,  sondern  dass  hier  thatsächlich  einmischung  des 
verbums  avetto  angenommen  werden  muss.  —  Auch  das  wort 
Aborigines  würde  hier  zu  nennen  sein,  wenn  die  vermuthung 
Eröhners  (Philologus  XV,  350),  es  sei  als  entstellung  aus  Arbo- 
rigines  aufzufassen  und  mit  „baiimgebome"  zu  übersetzen  — 
autochthonen  (vgl.  Ramnes  und  ramus,  Pinarii  und  pinus,  Peu- 
cetii  und  7t£vxrj)  das  richtige  getroffen  hätte,  was  ich  allerdings 
bezweifle;  denn  man  wird  wohl  eher  mit  Mommsen  Ia,  437  und 
Vanicek  1.  1.  p.  43    an  composition    aus   ab  und  origo   denken 

erklärungsversuehe  normal  gebildeter  römischer  wörter  zu  erblicken 
haben,  nicht  aber  solcher  wortformei),  die  durch  anlehnung  entstanden 
sind.  Wir  ignoriren  also  den  einfall  Varro's  ocrea  aus  ob  und  crus  zu 
deriviren  u.  a.,  wir  übergehen  ebenso  die  kühnen  ableitungen  des  Fe- 
stus-Pauli,  der  ec/ens  aus  exgens  p.  77,  16.  heluo  aus  elno  p.  99,  10,  comoe- 
dUi  aus  co7i  und  ire  p.  39,  6,  atriiim  aus  aterrium  p.  13,  10,  amentnm 
aus  admentum  p.  12,  2,  cisterna  aus  eis  terra  p.  43,  12  u.  a.  erklärt. 


78  0.  Weise 

dürfen.  Ebenso  ist  die  öfter  versuchte  derivation  des  Wortes 
abdomen  aus  adipomen  mit  annähme  von  buchstabenversetzung 
und  erweichung  des  p  zu  b  mehr  als  gewagt,  wiewohl  sich 
letztere  erscheinung  allenfalls  durch  statuirung  einer  anähnli- 
chung  an  das  verbum  abdo  erklären  Hesse  J).  —  Von  scheinbaren 
Zusammensetzungen  mit  der  präposition  ad  haben  wir  zu  verzeich- 
nen die  worte  acceptor  =  accipiter,  mittellat.  accidia  =  äxrjdia, 
accipienser  =  acipenser,  aecerso  =  arcesso,  adeps  —-  aXeupa, 
aditus  —  adytum,  mittellat.  admiratus  und  admirabilis,  (alluci- 
nari,  Applaus).  Da  accipiter  vermuthlich  mit  skr.  äoupatvan 
zusammenzustellen  ist  (vgl.  Benfey  K.  Z.  IX,  78,  Vanicek  1.  1. 
p.  468,  der  nur  darin  abweicht,  dass  er  -piter  aus  einem  ver- 
lornen lat.  petrum  =  skr.  patram,  flügel  ableitet),  so  ist  ac- 
ceptor, dessen  sich  nach  Charisius  98,  9  K.  Lucilius  bediente, 
das  sich  aber  auch  anderweitig  belegen  lässt  (vgl.  August,  serm. 
43,  2  Mai)  eine  concession  an  das  römische  Sprachgefühl  oder 
an  die  ausspräche  des  volks;  vielleicht  ist  sogar  accipiter  in 
folge  der  anlehnung  an  accipio  zu  seinem  doppelten  c  gekom- 
men, weshalb  wir  Bopps  erklärung  Gloss.  39  b:  ita  ut  acci 
ortum  sit  assimilatione  adoptiren  können,  wenn  wir  dem  worte 
assimilation  einen  anderen  sinn  geben.  —  Das  mittellat.  accidia 
(daneben  acedia),  it.  accidia  ist  eine  durch  den  anklang  an  ac- 
cidere  veranlasste  Umgestaltung  von  äxrjdia  (Diez  gram.  d. 
roman.  sprachen  I3  p.  58).  —  Wir  kommen  zu  dem  fischna- 
men  acipenser,  dessen  etymon  dem  römischen  volke  unbekannt 
sein  mochte,  so  dass  es  sich  die  änderungen  in  aquipenser 
(Paul.  Diac.  p.  22,  13,  in  einer  glosse  bei  Du  Cange  und  in 
verschiedenen  Codices  vgl.  Holder  Hör.  sat.  II,  2,  47,  Schuchardt 
II,  383.  III,  270)  mit  passender  anspielung  an  aqua  und  in  die 
vermuthlich  von  accipio  beeinflusste  form  accipenser  oder  acci- 
pienser erlauben  konnte  (vgl.  Brambach,  hülfsbüchlein  p.  22). 
Indessen  wissen  wir  durch  Bezzenbergers  nachweis  Götting.  ge- 
lehrt, anzeig.  1874  p.  072,  dass  acus  scharf  und  wurzel  pas  in 
piscis  und  ahd.  fasa,  faser  die  demente  zur  bildung  des  quaest. 
wortes  abgegeben  haben,  welches  mithin  ursprünglich  scharf- 
flossig  bedeutet.     Bei  aecerso  liegt  die  sache  ähnlich:   hier  hat 

1)  Ueberhaupt  hat  es  «och  nicht  gelingen  wollen,  eine  überzeu- 
gende etymologie  dieses  wortes  zu  geben  ;  denn  auch  die  combination 
des  wortes  bei  Fick  II3,  121  mit  skr.  ddma  und  griech.  du<dr)/jc<  vermag 
ich  wegen  zu  gezwungener  bedeutung  nicht  glücklich  zu  nennen. 


Volksetymologische  Studien.     I.  79 

man  es  für  nothwendig  befunden,  die  alte  aus  ar  und  cesso 
(intensiv  von  cieo,  wie  facesso  von  facto  oder  wie  Vanicek  meint 
1.  1.  p.  106  von  cedo  =  cedesso)  zusammengesetzte  form  arcesso 
in  accerso  zu  verdrehen ;  schon  Priscian  p.  559  P.  hat  erkannt 
und  Dietrich,  commentationes  grammaticae  duae,  progr.  von 
Pforta  1846  p.  13  ausgesprochen,  die  Umgestaltung  sei  gesche- 
hen, ut  priorem  verbi  partem  praepositionem  ad  esse  appareret. 
Belege  der  einzelnen  formen  finden  sich  zusammengestellt  bei 
Kritz  zu  Sallust  Cat.  40,  6,  Ellendt  zu  Cic.  d.  or.  2,  27,  117. 
Not.  crit.  vol.  I  p.  261  sq.  Wagner,  orthograph.  Verg.  p.  417.  — 
Dass  adeps  aus  dem  griech.  alsicpa  hervorgegangen  ist,  wird 
von  vielen  gelehrten  behauptet  (vgl.  Benfey  W.  L.  II,  122, 
Curt.  Grundz.  p.  266,  Vanicek  E.  W.  p.  811  mit  anmerkung  4, 
wo  die  übrige  litteratur  des  Wortes  verzeichnet  ist),  während 
allerdings  Fick  II,  45  an  Zusammenhang  mit  ortog  und  ops 
denkt.  Die  spätlateinische,  dem  griech.  mehr  accommodirte 
form  alipes  (App.  Prob.  199,  2  K.)  unterstützt  die  annähme  der 
entlehnung;  der  Übergang  des  l  in  d  kann  hervorgerufen  sein 
durch  anlehnung  an  das  verbum  adipisci,  ist  aber  auch  sonst 
nicht  gerade  selten,  wie  folgende  schon  der  ältesten  Volksspra- 
che entstammende  bildungen  deutlich  beweisen:  Capitodium, 
cadamitas,  modestia ,  Paudantii,  dedicata  u.  a.  (vgl.  Kuhn  Z. 
XIII,  79  sq.  Moebius  K.  Z.  XIV,  277.  Schuchardt  I,  142.). 
Die  form  aditus,  welche  Bergk  in  Attius  fr.  624  bietet  (vgl. 
ephem.  Marb.  1850  p.  337)  =  ad  t/tum  findet  sich  auch  in 
Vergilianischen  codicibus  Aen.  II,  764  (vgl.  Ribb.  prol.  p.  427). 
In  ihr  hat  sich  wahrscheinlich  der  einfluss  des  verbum  compo- 
situm adire  oder  des  davon  abgeleiteten  Substantivs  aditus  gel- 
tend gemacht.  Dass  die  mittellat.  formen  admiratus  und  ad- 
mirabUis  volksetymologische  Umgestaltungen  des  arab.  amir-id- 
ma,  emir  auf  dem  wasser,  seien,  steht  ausser  zweifei  (vgl.  K. 
Z.  XXIII,  383,  Andresen  p.  88).  Ueber  die  nach  Brambach 
hülfsb.  p.  24.  in  Cic.  ep.  ad  Quint.  fr.  II,  9,  1  cod.  Med.  ge- 
botene form  aUucinari  für  alucinari,  welche  für  eine  assimila- 
tion  an  alluceo,  =  ad-luceo,  allnsio,  alluvium  u.  a.  zu  halten, 
nahe  liegt,  s.  Fröhde  d.  Beitr.  III,  289.  —  Worauf  die  häufige 
Schreibung  Appidus,  Appxdia  (vgl.  Keller-Holder  Hör.  carm.  I, 
38,  7.  sat.  I,  5,  77.  2,  1,  34.)  beruht,  deren  Verwandtschaft 
mit  skr.  api/a  und  griech.  L47tia  Curtius  Grundz.  p.  463  be- 
hauptet, lasse  ich  unentschieden.  — 


80  0.  Weise 


Als  scheincomposita  von  cum  —  con  verdienen  erwähnt  zu 
werden,  coacla,  comesatio,  Compulteria,  conger,  Consanus,  cor- 
rigia,  coillum.  Das  bei  Consentius  p.  15  Cr.  stehende  coacla 
—  cloaca  verräth  wegen  der  engen  lautlichen  affinität  mit  coa- 
gula  leicht  die  art  seiner  entstehung.  Sehr  materiell  gefärbt 
ist  die  vulgäre  Umformung  des  Substantivs  comissatio  von  comis- 
sor  =  xco^dtco  in  comesatio  wie  von  comedere,  so  im  Cod. 
Amiat.  Gal.  5,  21.  Petr.  1,  4,  3  vgl.  Schuchardt  II,  61,  dagegen 
scheint  die  Schreibung  commissatio  bei  Festus  Pauli  p.  41,  3, 
wiewohl  er  das  wort  mit  xcqur/  combinirt,  auf  annäherung  an 
committo  hinzudeuten,  gleichwie  die  unterlassene  geminirung  des 
s  in  comisari  den  Vel.  Long,  verführt  hat,  an  herleitung  von 
comis  zu  denken  p.  2232,  46.  —  Was  sodann  die  römische 
namensform  der  an  der  campanischen  gränze  gelegenen  Samni- 
terstadt  Compulteria  anlangt,  so  beweisen  uns  oskische  inschrif- 
ten  (Leps.  inscr.  Umbr.  et  Ose.  p.  117  sp.),  dass  der  heimische 
name  Kupelternum  lautete  mit  gleicher  endung  wie  Älafater- 
num,  weshalb  auch  die  bewohner  Muratori  1040,  1  u.  2  Cu- 
belterini  genannt  sind.  Dass  ferner  der  name  des  meeraals 
conger  =  yoyygog  an  congerere  assimilirt  ist,  ist  meines  erach- 
tens  nicht  unwahrscheinlich,  dagegen  halte  ich  die  combination 
Mommsens  1 5  205  von  congius  mit  %oevg  für  sehr  zweifelhaft 
und  auch  der  annähme  Saalfelds  progr.  p.  16,  dass  congius 
aus  x0A'w£  entstellt  sei,  trage  ich  bedenken  beizupflichten,  da 
Ficks  (II,  66)  und  Vaniceks  (p.  137)  herleitung  des  Wortes  aus 
gräkoital.  kanka  (vgl.  x6y%og)  einfacher  und  ansprechender  ist. 
Es  folgt  Consanus.  Ob  diese  namensform  des  bewohners  der 
Hirpinerstadt  Compsa  (so  bei  Cic.  Verr.  5,  61,  158  Halm)  or- 
ganischer Umgestaltung  ihre  existenz  verdankt,  scheint  mir  frag- 
lich, wenigstens  bleibt  die  möglichkeit  nicht  ausgeschlossen, 
dass  der  gedanke  an  con  und  sanus  vorgeschwebt  hat.  Cor- 
rigia  anlangend,  so  ist  dieses  seiner  offenbaren  abstammung  von 
corium  zum  trotz  so  regelmässig  in  den  handschriften  und  von 
herausgebern  mit  rr  geschrieben  worden,  dass  sich  Georges  und 
andere  lexicographen  dadurch  haben  verleiten  lassen,  dasselbe 
von  corrigere  abzuleiten.  In  den  romanischen  sprachen  finden 
wir  beide  Schreibarten,  mit  rr  und  mit  r,  vertreten :  sp.  pg.  (cor- 
rea),  prov.  {correja)  und  fr.  (courroie),  also  die  westlichen  töch- 
tersprachen  des  lateins  bieten  den  geminirten  zitterlaut,  die 
übrigen  den  einfachen.  —  Bei  der  meines  wissens  bisher  noch 


Volksetymologische  Studien.  81 

nicht  erklärten  form  coillum  Tert.  de  spect.  5  =  xollov,  das 
innere  des  hauses,  wo  die  Laren  verehrt  wurden,  liegt  entschie- 
den einmischung  von  hilla,  eingeweide  =  inneres  vor.  Ich 
wüsste  nicht,  was  anderes  zu  der  so  seltenen  erhaltung  des 
diphthongen  oi  und  zur  Verdoppelung  des  l  veranlassung  gege- 
ben haben  sollte.  Die  ausspräche  hann  nur  co-ülum  gewesen 
sein,  nicht  coillum,  wie  Georges  im  Wörterb.  angiebt.  Bestäti- 
gung findet  meine  annähme  durch  eine  verwandte  erscheinung 
in  dem  nomen  proprium  Boilla  =  Bovilla,  welches  wort  bei 
Non.  84  a  8  sqq.  G.  erklärt  wird:  hillas  intestina  veteres  esse 
dixerunt,  unde  Bohilla  oppidum  in  Italia,  quod  eo  bos  intestina 
vulnere  trahens  advenerit.  Ob  auch  die  bildungen  compagi 
neben  campagi  —  nofißatoves  von  zo^ißog  (Mommsen,  berichte 
der  kgl.  sächs.  gesellsch.  der  wissensch.  philol.  bist,  klasso 
1851  p.  72)  und  conquilium  —  xoyxyUov  (Schuchardt  II,  275. 
Orell.  Henz.  7226)  hierher  zu  ziehen  sind,  bezweifle  ich;  auch 
wage  ich  nicht  zu  entscheiden,  ob  die  einmischung  der  präpo- 
sition  cum,  wie  sie  sich  im  walachischen  cump^n^  —  campana 
vollzogen  hat  (vgl.  Schuchardt  III,  87),  schon  auf  rechnung  des 
Vulgärlateins  zu  setzen  ist.  —  ■ 

Nach  con  haben  wir  uns  mit  der  präposition  e  zu  beschäf- 
tigen, welche  sich  in  folgende  Wörter  eingeschlichen  hat:  Ex- 
quiliae,  electarium,  elogium,  Exomatae  (elucus,  excetra,  evallo!). 
Wenn  Exquiliae  =  Esquiliae  =  Aesquiliae  von  neueren  (so 
Schuchardt  II,  277,  Corssen  II,  355;  anders  im  anhang  p. 
1023  sq.  unter  Zustimmung  von  Vanicek  p.  124)  mit  recht  von 
aesculus  abgeleitet  wird,  wie  für  das  nahe  verwandte  nomen 
proprium  Esquilinus  die  analogie  der  hügelnamen  Viminalis 
und  Querquetulanus  wahrscheinlich  macht,  so  beweist  die  deri- 
vation  der  alten  von  excolere  und  die  Schreibung  mit  x,  dass 
man,  vermuthlich  dem  scheinbaren  gegensatze  von  incola  und 
inquilinus  zu  liebe,  die  präposition  ex  eingemischt  hat.  Bram- 
bach,  der  im  hülfsb.  p.  37  Esquilinus  für  die  grundform  hält, 
ohne  eine  etymologie  anzugeben,  meint  in  Aesquiliae  eine  aus 
Verwechselung  von  e  und  ae  und  aus  der  irrigen  ableitung  von 
aesculus  entsprossene  form,  in  Exquiliae  eine  auf  grammatischer 
theorie  beruhende  bildung  zu  finden.  —  Die  herkunft  des  no- 
mens  electarium  oder  electuarium  von  trtl&w.xov  dürfte  wohl 
ausgemacht  sein.  Die  Römer  haben  also  (wenn  man  es  nicht 
vorzieht,  an  beeinflussung  durch  electrum  zu  denken)  durch  ver- 

Ueiträgo  g,  künde  d.  ig.  sprachen.  V.  a 


82 


0.  Weise 


Wandlung  der  silbe  ec  in  e  das  frcmdwort  zum  scheincomposi- 
tum  von  lego  (vgl.  eligo,  electum)  umgeschaffen.  So  schwindet 
auch  die  anomalie  des  im  ganzen  nicht  häufigen  Übergangs  von 
et  in  e  vor  consonanten,  für  den  wir  übrigens  ausser  den  von 
Bährens,  jahrb.  für  philol.  1875  p.  141  sq.  (Teresia ,  Pohjcletus, 
edyllium,  catalepta!)  und  Schuchardt  II,  89  (Erene,  cerografia, 
erece,  Perithoum,  Serius)  angeführten  beispielen  noch  beibringen 
können:  cyperus  (Plin.)  und  cyperum  (Varr.)  =  xtrcsigog,  pe- 
neticus  =  7teivrjTix6g  Cael.  bei  Cic.  ad  fam.  8,  1,  5  ed.  Klotz, 
tenesmos  (Nep.  Plin.)  =  zeivsa^tog,  tenesmodes  (Theod.  Prise.) 
ss  T€iveo/ni6dr)g,  hypotenusa  (Grom.  vet.)  =  vrtozelvovoa,  hypo- 
geson  (Plin.)  =  vTtöyuaov,  epidecticalis  (Grom.  vet.)  =  emöeiY.- 
rixög,  Melus  —  Nilus  —  Neilog  (Paul.  Diac.  p.  18,  4).  Dar- 
über, ob  elogium  wirklich  aus  dem  griech.  ileyetov  herüberge- 
nommen ist,  ist  viel  gestritten  worden:  gegen  Mommsen,  der 
das  wort  C.  I.  L.  I,  277  von  eligere  ableitet  und  Fick  II,  277, 
der  es  mit  loyiov  zusammenstellt,  halte  ich  mit  Curtius,  be- 
richte der  königl.  sächs.  gesellsch.  der  wissensch.  1864,  p.  1  —  8, 
Fleckeisen,  jahrb.  für  philol.  1866,  p.  3—9,  Schuchardt  III,  245 
die  entlehnung  für  wahrscheinlich  und  glaube,  dass  elogium 
die  populäre,  elegium  die  gelehrte  Übertragung  des  griech.  Wor- 
tes ist  und  dass  ersteres  dem  anklänge  an  eloquium  sein  o  ver- 
dankt. Der  von  Müllenhoff,  über  die  herkunft  der  pontischen 
Skythen  und  Sarmaten,  berichte  der  berlin.  academie  der  wis- 
sensch. 1866  p.  568  mit  zend.  yaz,  skr.  yaj,  opfern  zusammen- 
gestellte name  Exomatae  (Valer.  Flac.  VI,  146  =  Ixamatae 
Mela  1,  19,  17)  erinnert  lebhaft  an  exomis  =  it-o)f.ug.  Dage- 
gen trage  ich  bedenken,  der  meinung  Lobecks  beizupflichten, 
elueus  sei  aus  dlvxrj  entstanden,  besonders  wegen  der  Verschie- 
denheit der  quantität  des  e  und  ü  =  ä  und  ü.  Doch  spricht 
allerdings  für  Lobecks  annähme,  dass  die  bedeutung  beider 
worte  sich  ziemlich  deckt  (vgl.  alvg)  und  dass  meines  wissens 
noch  keine  bessere  erklärung  existirt;  denn  die  von  Georges 
im  wörterb.  gegebene  von  e  und  lux  befriedigt  weder  formell 
noch  sachlich.  Nicht  minder  bedenklich  erscheinen  mir  zwei 
andere  in  älteren  werken  häufig  figurirende  combinationen :  die 
von  excetra  und  t%LÖva  und  die  von  evallo  und  E/.ßäXlto.  Al- 
lerdings ist  die  möglichkeit  einer  corruption  bei  dem  noch  un- 
erklärten ersten  worte  nicht  ganz  abzuweisen,  ob  man  aber  ne- 
ben evallo,  enthülsen  von  ex  und  vallus  für  die  2  stellen  Titin. 


Volksetymologische  studien.  83 

com.  76.  Varr.  sat.  Men.  28,  1  ein  aus  sußdlXa)  verderbtes  evallo 
anzunehmen  habe,  ist  doch  wohl  sehr  fraglich. 

Eine  grössere  zahl  von  beispielen  bietet  die  präposition  in : 
Hier  sind  zu  nennen  zunächst  die  beiden  worte  imbilicus  und 
inula,  ersteres  als  Verstümmelung  von  umbilicus  (vgl.  App. 
Prob.  198,  4  K.  Brambach  orthogr.  p.  123),  letzteres  als  zu- 
rechtlegung aus  dem  griech.  eXivwv.  Das  umspringen  der  li- 
quiden ist  nicht  auffällig  (vgl.  Schuchardt  III,  338),  ebensowe- 
nig, dass  das  wort  auch  in  unveränderter  form  und  bedeutung, 
als  helenium  im  latein  (Plin.  21,  10,  59)  erscheint;  denn  die 
doppelte  reception  eines  griechischen  wortes,  die  dann  meist  zu 
verschiedenen  zeiten  und  mit  verschiedener  bedeutung  erfolgte, 
ist  nicht  selten :  man  denke  an  das  schon  oben  erwähnte  elogium 
neben  elegium,  ferner  an  groma  und  gnomon  =  yvi6(.uov,  citrus 
und  cedrus  —  xtÖQog,  galbanum  und  chalhane  =  xaXßavrj, 
caduceus  und  cerycium  —  y.rjQvxeiov,  massa  und  maza  =  /netzet, 
liquiritia  und  glycyrrhiza  —  ykvxv$Qi£a  u.  a.  Ferner  gehört 
hierher  Inlyricus  =  Illyricus  (fast.  Ant.  Aug.  3.  C.  I.  L.  I  p. 
328),  das  schwerlich  mit  Brambach  hülfsb.  p.  44  auf  ein  ver- 
sehen des  Steinmetzen  zurückgeführt  werden  darf,  deshalb  weil 
es  ausser  der  von  Brambach  erwähnten  stelle  noch  öfter  ge- 
lesen wird,  so  bei  Cohen  Med.  imp.  4,  211.  76  1).  Ausserdem 
kommen  hier  noch  in  betracht  einmal  die  Wörter,  in  denen  die 
griech.  präposition  ev  einfach  mit  in  übersetzt  ist  und  sodann 
die,  in  denen  man  bei  der  Übernahme  die  präposition  iv  zu 
finden  wähnte:  in  die  letzte  kategorie  gehören  incitega  —  ey- 
yv&fai]  und  exintero  =  st-evvsQiKtö  Die  litteratur  des  erstge- 
nannten wortes,  bei  dessen  übertritt  ins  latein  zweifelsohne  das 
verbum  tego  einfluss  auf  die  neubildung  ausgeübt  hat,  fin- 
det man  bei  Saalfeld  index  p.  46  anm.  zusammengetragen ;  das 
andere,  exintero,  ist  scheinbar  ein  bis  compositum  von  tero,  in 
Wahrheit  aber  lehnwort  aus  s^svtsqi^oj  von  ra  erreget,  einge- 
weide.  Zwar  kommt  auch  die  regelmässige  form  exentero  vor, 
ist  aber  viel  seltener  als  die  handschriftlich  gut  beglaubigte  bil- 
dung  exintero  und  selbst  als  die  ebenfalls  entstellte  durchweg 
in    den   manuscripten    des   Apicius   auftretende  form   extentero. 

x)  intinera  =  itinera  bei  Schuchardt  IH,  59  halte  ich  für  einen  lap- 
sus  calami,  Ignatius  —  Egnatius  bei  Schuchardt  I,  59  mit  anlehnung 
an  iynotus  muss  unberücksichtigt  bleiben,  weil  in  =  deutschem  tm  hier 
nicht  präposition  ist. 

6* 


84 


O.  Weise 


Für  die  Vertretung  der  wirklichen  präposition  h  durch  lat.  in 
stehen  mir  folgende  beispiele  zu  geböte :  incharaxo  =  syxaQccaaa) 
Apic.  6,  5  §  228,  incaustum  =  eyxavOTOv,  not.  Bern.  ed.  W. 
Schmitz  71,  43,  inerguminas  —  sv€Qyovf.i6vog  Schuchardt  III, 
140,  infiteusis  =  sf.icpvTevaig  ibid.  I,  344,  impotus  —  s[x(pvtov 
ibid.  III,  254,  incomma  =  syito/n/ua  Veget.  1,  5  und  Hieron., 
inthronizo  =  sv&Qovl'Cto  vgl.  Paucker  meletemata  lexhistorica 
altera  Dorpat  1875  II  p.  30,  Ingeniculus  =  'Eyyovaai  Jul. 
Firm.  8,  17  vgl.  Vitr.  9,  4,  5.,  sicherlich  auch  incomium,  eine 
salbeningredienz  Veget.  4,  28,  18,  das  mit  eyxvpov  (encymos 
bei  Plin.  25,  5,  51  ed.  Jan.)  identisch  sein  dürfte,  gleichwie 
impotus  mit  efupviov  (über  den  wandel  des  v  zu  o  vgl.  Fleck- 
eisen Jahrbuch.  1866,  p.  9  sqq.  Corssen,  Vocal.  II  p.  75).  Sehr 
zweifelhaft  scheint  mir  die  von  einigen  behauptete  entlehnung 
von  inclitus,  inclytus,  inclutus  aus  eynlvzog,  noch  mehr  die  von 
inciens  aus  eyxvog  und  von  intibus,  intubus,  intybus  aus  imagi- 
närem svtvßog. 

Mit  ob  kenne  ich  2  beispiele:  obrussa  und  obsonium.  Be- 
treffs der  zwillingsform  des  erstgenannten  Wortes,  die  sich  mit 
dem  griechischen  etymon  genau  deckt,  obnjzum,  verweise  ich 
auf  die  unter  inula  gegebenen  auseinandersetzungen :  jene  form 
finden  wir  bei  Cic,  Plin.  und  Seneca  in  der  bedeutung  feuer- 
probe  des  goldes,  wobei  der  nicht  unpassende  anklang  an  rus- 
sus  zu  beachten  ist,  diese  viel  später  bei  Isidor,  in  der  vulgata, 
bei  Juristen  und  grammatikern.  Daneben  existirt  übrigens  noch 
eine  andere  corruption,  die  unsere  ansieht  von  der  einmischung 
der  präposition  ob  zu  bestätigen  scheint,  ich  meine  abreghim  — 
oßqvtpv  in  einer  glosse  bei  Mai  Class.  auet.  VI,  502  a ;  wie 
dort  ob,  so  ist  hier  im  volksbewusstsein  ob  untergelaufen.  — 
Weit  häufiger  im  gebrauch  und  allgemein  als  volksetymologi- 
sche bildung  anerkannt  ist  obsonium  =  oxpcovwv  nebst  den  ver- 
bis  obsonare  und  obsonitare,  worte,  welche  durch  die  ähnlich- 
keit  mit  ob  und  sonare  in  folge  der  erweichung  des  p  zu  b 
(vgl.  absis)  schon  in  Plautinischer  zeit  ein  vollkommen  römi- 
sches gepräge  erhalten  haben  (vgl.  Curtius,  Vortrag  auf  d.  phi- 
lologenversammlung  zu  Hamburg  1855  p.  3.  Schuchardt  III, 
11.  Saalfeld  progr.  p.  9  anm.).  — 

Unter  per  registrire  ich  peUex,  perramus  (persona).  Mag 
auch,  wie  Fleckeisen  50  artikel  p.  23  nachgewiesen  und  Brain- 
bach  hülfsb.  p.  52  durch  den  hinweis  auf  handschriftliche  les- 


Volksetymologische  Studien.  85 

arten  bei  Horaz  und  Quintil.  erhärtet  hat,  paelex  die  einzig 
richtige  Schreibweise  des  Wortes  sein,  so  ist  doch  pelex  nicht 
selten  und  pellex  nicht  blos  handschriftlich,  sondern  auch  in- 
schriftlich bezeugt  (CLL.  7017  =  Or.  2683).  Ob  das  grie- 
chische Stammwort  Ttdlkal-,  wie  Lottner  K.  Z.  VII,  165  an- 
nimmt, aus  dem  semitischen  entlehnt  ist  oder  nicht,  ist  für 
unsere  Untersuchung  irrelevant,  jedoch  darf  nicht  übersehen 
werden,  dass  bei  dem  amalgamirungsprocesse  das  nahe  liegende 
und  zur  bedeutung  trefflich  passende  verbum  pellicio  als  haupt- 
factor  mitgewirkt  hat.  Zur  erklärung  der  in  den  Gromatikern 
(405,  13  u.  a.)  und  sonst  öfter  auftauchenden  Verstümmelung 
von  TCVQafilg  in  perramus  oder  peramus  wird  man  vielleicht  be- 
einflussung  durch  ramus  und  die  präposition  per  annehmen 
können.  —  Für  die  herleitung  des  Wortes  persona  aus  rtQogto- 
rtov,  welche  Dietrich  1.  1.  p.  8,  Klotz  im  Wörterb.  u.  a.  befür- 
worten gegen  Corssen  Vocal.  I,  482.  II,  64  und  Vanicek  1217, 
welche  es  für  eine  direct  aus  wurzel  svan  tönen  hervorgegangene 
bildung  zu  halten  geneigt  sind,  scheint  einmal  die  quantität  des 
o  zu  sprechen ;  denn  das  wort  steht  thatsächlich  unter  den  de- 
rivatis  der  gedachten  wurzel  in  dieser  hinsieht  ganz  vereinzelt 
da,  eine  Schwierigkeit,  über  die  uns  auch  die  wenig  sagenden 
worte  des  Gellius  5,  7 :  o  littera  propter  vocabuli  formam  pro- 
duetiore  nicht  hinweghelfen,  sodann  aber  auch  der  umstand, 
dass  die  theatermasken  gleich  vielen  andern  auf  das  theater 
bezüglichen  gegenständen  aus  Griechenland  stammen  können 
und  endlich,  dass  die  griechischen  lehnwörter  der  ältesten  zeit, 
wozu  das  schon  bei  Plautus  in  der  deminutivbildung  persolla 
(Cure.  192)  vorkommende  wort  zu  zählen  sein  wird,  im  gegen- 
satz  zu  denen  späteren  datums  fast  sämmtlich  stark  verstüm- 
melt worden  sind.  Trotzdem  wage  ich  nicht,  mich  für  die  ent- 
lehnung  zu  entscheiden. 

Wenn  ich  als  Vertreter  der  präposition  prae  das  von  Varro 
erwähnte  wort  praesica  anführe,  so  bemerke  ich  gleichzeitig, 
dass  ich  schwanke,  ob  ich  jene  form  für  eine  fiction  der  gram- 
matiker  (Varr.  1.  L.  5,  21,  104:  brassica  ut  praesica,  quod  ex 
eius  scapo  minutatim  praesicatur.  Fest.  Paul.  p.  81,  18:  bras- 
sica a  praesecando  est  dieta)  oder  für  eine  lebende  form  der 
lingua  rustica  halten  soll.  — 

Für  mit  pro  zusammengesetzt  ist  man  geneigt  zu  erklären 
die  wörter  propina  und  Proserpina.    Der  vulgäre  Ursprung  des 


86 


0.  Weise 


ersteren  von  Isid.  orr.  15,  2,  42  überlieferten  und  mit  popina 
identischen  wortes  steht  ausser  zweifei,  ebenso  die  beabsichtigte 
anlehnung  an  propinare;  nicht  so  unbeanstandet  darf  das  letz- 
tere bleiben.  Ohne  ein  neues  argument  zur  lösung  der  viel 
discutirten  frage  beizubringen,  ob  Proserpina  römischer  abkunft 
oder  griechisches  lehnwort  ist,  begnüge  ich  mich  zu  constati- 
ren,  dass  die  meisten  gelehrten,  so  viel  ich  sehe,  sich  für  den 
griech.  Ursprung  ausgesprochen  haben  (vgl.  die  litteratur  bei 
Curtius,  grundz.  p.  266,  wozu  zu  fügen  C.  I.  L.  I,  57  p.  554. 
0.  Keller,  Rhein.  Museum  XXX  p.  128.  Dietrich  1.  1.  p.  8, 
Vanicek  p.  585,  Klotz  im  Wörterb.).  Nur  Corssen,  vocal.  I  p. 
243  sq.  anm.,  beitrage  395  tritt  entschieden  für  die  römische 
abkunft  des  wortes  von  proserpere  ein  und  behauptet,  späterhin 
sei  durch  namensähnlichkeit  vermengung  der  altrömischen  ge- 
treidegöttin  mit  der  griech.  todesgöttin  IIeQO€q)6vt]  herbeigeführt 
worden.  Dass  nun  IlEQoecpövrj  gerade  in  Proserpina  umgedeu- 
tet wurde,  mag  wohl  in  dem  streben  begründet  sein,  in  den 
namen  der  göttin  eine  mythologische  beziehung  hineinzudeuten. 
Es  ist  dem  worte  demnach  ebenso  ergangen,  wie  dem  namen 
des  Apollo  und  der  Latona  und  verschiedener  anderer  götter- 
gestalten :  die  altrömische  form  Aperta  =  IdnelXtuv  =  ^AitoX- 
Xtov  und  das  nomen  proprium  Latona  =  Aario  —  Aiqito  be- 
zeugen, dass  das  römische  volk  sich  den  Apollo  als  eröffner 
des  tages  {aperio)}  seine  mutter  Latona,  udrjtto  KvctvoTtertlog, 
als  den  dunklen  nachthimmel,  der  das  licht  in  seinem  schoosse 
birgt,  (lateo;  Lateona  =  Latona  gebildet  wie  Bellona,  Epona 
u.  a.)  um  es  tagtäglich  neu  zu  gebären,  aufgefasst  hat.  Und 
so  haben  denn  die  Römer  vermuthlich  auch  hier  die  tiefere 
bedeutung  des  Proserpinamythus  im  namen  der  göttin  zum  aus- 
druck  bringen  wollen :  nemlich,  wie  das  dem  schoosse  der  erde 
anvertraute  Samenkorn  sich  allmälig  entwickelt  und  nach  län- 
gerer Verborgenheit  in  der  erde  die  es  umschliessende  hülle 
durchbricht  und  an  die  luft  heraufdringt  (proser pit)  1).  — 

Die  nun  zur  besprechung  kommende  präposition  snb  ist 
durch  eine  grössere  anzahl  von  beispielen  vertreten:  Neben 
der  handschriftlich  überlieferten  lesart  subalternicum  bei  Plin. 
33,  2,  33  für  sualiternicum,   über  deren  etymologie    ich   später 


*)     Nach  Kellers   annähme,   der  IIeQat(f,6vri   mit    Oupvevg   combinirt, 
st  das  griechische  wort  aus  gleicher  gruudanscljauuug  entsprossen. 


Volksetymologische  Studien.     I.  87 

zu  sprechen  gedenke,  verdienen  erwähnt  zu  werden:  subledare, 
suppellex,  suggülo,  suggultium,  supparum,  Sustinens.     Das  erst- 
genannte wort,  das  sich  in   der  form  sublecetavet  =  sollicitavit 
in  einer  von  Le  Blant  I.  Chr.  377   überlieferten,  aus  dem  an- 
fange des   7.  Jahrhunderts   n.  Chr.    stammenden  inschrift  vor- 
findet, würde  Döderlein,  wenn  es  ihm  bekannt  geworden  wäre, 
in  seiner  annähme  bestärkt  haben  (Syn.  1,  153  ann.)  soUicitare 
sei  aus  sublicitare  entstanden.     Die  richtige  etymologie  des  Wor- 
tes bieten  Corssen  vocal.  I,  225  und  Vanicek  p.  1024.  —  Wir 
kommen  zu  suppellex,  einer  form,   die  sich  der  volksmund  zu- 
rechtgelegt hat  aus   der    durch   die   merkwürdige  assimilation 
des  r  der  präposition  super  an  das  anlautende  l  der  folgenden 
silbe  unverständlich  gewordenen  form  supellex  =  superlex  un- 
ter einmischung   von  sub  (vgl.  Brambach  hülfsb.  p.  62.).    lie- 
ber das  etymon  des  an  3.  stelle  genannten  Wortes  sind  die  neue- 
ren philologen  ebenso  sehr  in  Verlegenheit  wie  die  alten  gram- 
matiker.     5  Schreibweisen  sind  uns  überliefert:  sugillo,  suggülo, 
sugilo,  suggilo  und  sigillo   und   ebenso  viele  ableitungen:    von 
(jula,  vivXov,   suggero,  sugo   und   cilium;  die   von  sugo,   welche 
Otts  beifalls  findet  (Jahrbuch,    für  philol.  1874  p.  859  sq.  vgl. 
Fick,  II,  284.  Spracheinheit  112.  376.  Vanieek  p.  993),  hat  die 
meiste  Wahrscheinlichkeit   für   sich  und  gerade  deshalb  müssen 
wir    die    formein    suggilo    und    sugillo   für  volksetymologische, 
durch  einmischung  von  sub  entstandene  bildungen  ansehen,  zu- 
mal sich  im  italienischen  ein  analogon   findet   in  dem  übertritt 
des  lat.  sigillum   in  suggello   (vgl.  Schuchardt  II,  231).     Aehn- 
lich  verhält  es  sich  mit  suggultium  für  singultus,  das  uns  in  ei- 
ner   glosse    bei  Mai    Class.    auet.  VI,  545a   erhalten  ist.    — 
Schuchardt  wirft   bei  gelegenheit  der   besprechung  des  wortes 
supparum  =  alcpagog  (II,  228)  die  frage   auf,    woher  die  Ver- 
doppelung  des  p  rühre?    Nun   kann    zwar   die   analogie   von 
struppus  —  OTQÖfpog  hier  geltend  gemacht  werden,  aber  immer- 
hin  scheint  wegen   der  gleichzeitig   erfolgten  vocalveränderung 
die  annähme  rathsam,  dass    hier  die   präposition  sub  im  spiele 
ist.     Mit  Tuchhändler,  de  vocabulis  graecis  in  linguam  latinam 
translatis.  Berlin  1876   p.  26   an   eine  vox  hibrida  zu  denken 
aus  sub  und  cpdgog,   halte  ich  für  verfehlt,  weil   so  die  bedeu- 
tung  toppsegel  keine  rechte  erklärung  findet,  und  Ficks  (I,  31) 
herleitung    von    upara,  die  Vanicek   E.  W.  d.   lat.  spr.  I,  24 
adoptirt  hat,  aber  fremdwörter  p.  79  aufgiebt,  ist  zu  gewagt. 


88 


0.  Weise 


Noch  anders  erklärt  das  wort  Pauli  K.  Z.  XVIII,  5,  der  darin 
eine  aus  sub  -f-  wurzel  spa  —  pa,  spinnen  gebildete  und  aus 
dem  oskischen  übernommene  form  vermuthet  (vgl.  Varr.  1.  L. 
5,  30.  37).  Doch  scheint  die  derivation  von  aicpaqog  die  mei- 
sten gelehrten  für  sich  zu  haben  (vgl.  Schuchardt  II,  228. 
Hehn,  kulturpfl.  p.  154.  Saalfeld  index  p.  77,  progr.  p.  25  u.  a.).  - 
Den  schluss  bildet  Sustinens,  die  offenbar  vulgäre  entstellun 
des  namens  2ioo&hr]g,  welche  man  in  der  Lachmannschen  aus- 
gäbe des  das  neue  testament  enthaltenden  codex  Fuldensis  Cor. 
I,  1,  1  liest.  — 

Als  scheincompositum  von  trans  nenne  ich  transgulare  — 
strangulare,  welches  der  Bernenser  Eusebius  193  bietet  und 
schon  Andresen  p.  19  als  beleg  für  volksetymologische  bildun- 
gen  im  latein  vorführt.  Die  wohlfeile  anspielung  auf  gula  lässt 
keinen  zweifei  daran  aufkommen,  dass  die  verdrehnng  auf  volsks- 
witz  beruht. 

Es  erübrigt  noch,  einige  fälle  zu  betrachten,  in  denen 
durch  umdeutung  die  präfixe  di  =  dis  und  re  geschaffen  wor- 
den sind.  Die  mit  dis  sind  späterer,  die  mit  re  früherer  ab- 
kunft,  jene  vulgär,  diese  in  die  klassische  latinität  übergegan- 
gen. Zunächst  ist  zu  nennen  die  kühne  reproduction  des  griech. 
didjiUTQog  durch  dimetiens  bei  Plin.  2,  23,  86.  Da  dimetiri 
einfach  ausmessen  bedeutet,  so  geht  dem  worte  mit  der  wie- 
dergäbe des  öiä  durch  di  die  einzig  passende  bedeutung  ver- 
loren. Auch  der  gedanke  an  das  griech.  zahlwort  öig  ist  ab- 
zuweisen wegen  der  ausserordentlich  seltenen  Verwendung  des- 
selben in  vocibus  hibridis.  Meines  wissens  existirt  hierfür  nur 
ein  beleg :  diloris  von  öig  und  lorum,  doppelreimig  =  doppelt 
gestreift  bei  Vopisc.  Aur.  46,  6  (dinummium  ist  gebildet  aus 
öig  und  vov/.i/nog);  ja  die  Römer  waren  sogar  darauf  bedacht, 
ötg  in  griech.  lehnwörtern  überall  durch  bis  zu  ersetzen  vgl. 
bimeter,  biprorus,  biurus,  bisyllabus,  bigamus,  bicomis,  bicamera- 
tus,  bilychnis,  bisweilen  auch  durch  du  —  duo:  dusomum  — 
ölaio/.iov,  duploma  —  öLnlwfAa.  —  Die  möglichkeit  des  Über- 
gangs von  öid  in  di  finden  wir  durch  directarius  bestätigt. 
Denn  die  bedeutung  dieses  Wortes  „der  einbrecher  in  fremde 
Wohnungen"  (qui  directarii  appellantur  h.  e.  hi,  qui  in  aliena 
coenacula  se  dirigunt  furandi  animo,  plus  quam  fures  puniendi 
sunt)  und  das  späte  vorkommen  desselben  (Ulp.  dig.  47,  11,  7; 
18,  1)  lassen  uns  nicht  in  zweifei,  dass  wir  eine  corruption  aus 


Volksetymologische  Studien.     I.  89 

did  und  Qiyyvv/iu  vor  uns  haben.  Ein  noch  eigentümlicheres 
product  des  schöpferischen  volksgeistes  ist  displicina  =  disciplina, 
handschriftliche  lesart  in  cod.  Darmstat.  von  August,  de  dial. 
13,  1  und  im  cod.  Sarac.  Plaut,  hist.  1,  1,  18.  Diese  form 
gemahnt  uns  mit  ihrem  anklänge  an  displicere  lebhaft  an  bös- 
willige Schulbuben,  denen  die  disciplin  nicht  schmeckt  und  die 
ihrem  kummer  in  scherzhaften  wortverdrehungen  luft  machen 
ä  la  grand'  mere  =  grammaire  Andresen  p.  24  u.  a. 

Den  reigen  schliessen,  um  das  mittelat.  von  Schuchardt  II, 
213  angeführte  retundus  =  rotundus  zu  übergehen,  das  schon 
oben  erwähnte  von  einigen  als  lat.  Originalwort  (vgl.  Corssen 
I,  151.  Vanicek  723)  aufgefasste  remidcum  (vgl.  qif.iovXy.eiv); 
ferner  resina  und  recinium.  Von  remidcum  werden  wir  weiter 
unten  ausführlich  zu  sprechen  haben.  Resina,  dessen  sich  schon 
Plautus  (Merc.  139)  bedient,  muss  trotz  der  durch  Juvenal  8, 
114  erwiesenen  länge  des  e  als  volksetymologische  mit  anleh- 
nung  an  residere,  sich  zu  boden  setzen  entstandene  bildung 
betrachtet  werden,  weil  sich  nur  so  der  sonst  auffällige  wandel 
des  t  zu  s  und  der  wegfall  der  aspiration  des  anlautenden  q 
erklärt.  Recinium  endlich  =  ricinium  (wie  von  re  und  canere) 
ist  gut  beglaubigte  lesart  bei  Cic.  legg.  2,  23,  59  und  35,  64. 
wo  Halm  es  in  den  text  aufgenommen  hat  und  steht  ausserdem 
bei  Festus  p.  274  b  42  und  277  al  (vgl.  Paul.  Diac.  p.  275,  12: 
recinium  omne  vestimentum  quadratum,  unde  reciniati  mimi). 


.  Wir  sind  weit  davon  entfernt  zu  glauben,  dass  diese  sprach- 
erscheinung  eine  specifisch  römische  sei ;  vielmehr  lässt  sich  der 
gleiche  Vorgang  auch  in  anderen  sprachen  nachweisen  und  so- 
wohl im  griech.,  als  auch  in  den  germanischen  und  romanischen 
sprachen  durch  eine  grössere  zahl  von  beispielen  belegen.  Aus 
dem  griech.  gehören  hierher  zunächst  die  verba  dicciTccto,  dia- 
xovito  und  dficpigßrjTew.  Dass  das  erstgenannte  nicht  mit  aitia 
zusammenhängt,  ist  ebenso  wahrscheinlich,  wie  es  klar  ist,  dass 
die  Griechen  es  damit  in  Zusammenhang  gebracht  haben ;  denn 
durch  die  constante  augmentirung  des  wortes  hinter  der  ersten 
silbe  wird  die  annähme  volksthümlicher  ableitung  desselben  von 
ölcc  -f-  aix'ta  vollkommen  bestätigt 1).  Ob  freilich  das  wirkliche 
Stammwort,  öiaira,  zu  *ÖLctio  =  tdw,  leben  von  wurzel  gi,  zend. 

x)     Vgl.  jedoch  Bezzenb erger  o.  IV.  324. 


90 


0.  Weise 


Curtius, 


ji  zu  stellen  sein  wird  (vgl.  Grassmann  K.  Z.  IX,  27, 
grundz.  p.  483,  Vanicek  p.  226 ;  Bugge  K.  Z.  XIX,  422  =  did- 
ria,  zend.jyäiti,  leben)  oder  von  einer  andern  wurzel  entspros- 
sen ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden.  Nicht  viel  anders  steht 
es  mit  diaxoveio,  bei  dem  zwar  nach  Veitch,  Greek  verbs  irre- 
gulär and  defective  „the  Attics  preferred  the  initial  augment", 
das  aber  doch  in  der  spätem  zeit  häufig  statt  der  vorsetzung 
des  €  den  infolge  der  augmentation  eintretenden  wandel  des  a 
zu  Tr\  erleidet,  wie  wenn  es  von  did  -f-  d/.ovtio  herkäme.  Fac- 
tisch  ist  das  wort  aber  denominativ  von  dtdxovog,  welches  letz- 
tere wohl  zu  diäxTWQ,  duoyuo  zu  stellen  (vgl.  Buttmann,  lexil. 
I,  219.  Curtius,  grundz.  p.  647)  und  vermuthlich  auf  eine  Wur- 
zel di  =b  dyä  mit  determinativ  k  zurückzuführen  sein  wird.  — 
Was  d/uq>tgßt]Tttü  anlangt,  so  beweist  das  nicht  selten  selbst  in  den 
besten  handschriften  attischer  Schriftsteller  vorkommende  iy//<jp- 
egßrjzrjoa,  dass  man  das  wort  der  in  prosa  üblichen  präposi- 
tion  df.tq>i  zu  liebe  in  d(.icpi  -\-  aßrixita  zerlegte,  während  doch 
das  Substantiv  d(.i(p!g  -f-  ßaaig,  dficpig  -f-  ßaolcc  —  d/.tcftgßqTyoig 
die  richtige  ableitung  von  d/ueptg  und  ßtjTeio,  wurzel  ßct  gehn, 
ganz  evident  erkennen  lässt  (vgl.  Fick  II,  95.  Curtius,  grundz. 
610.  Vanicek  183).  Ausser  den  3  besprochenen  wüsste  ich  nur 
noch  ein  griechisches  verbum  zu  nennen,  in  dem  ein  ähnlicher 
Vorgang  zu  statuiren  ist  x)\  das  inschriftlich  belegte  t/.öaxQa- 
7T£V€iv  (it-ai&QccTteveiv  C.  I.  Gr.  I,  2691.  2919),  denominativum 
von  t^ctrqdTirtg  (Phot.  bibl.  p.  120  a  24),  welches  nebst  dem 
Hesychianischen  ZaxQdmig  aus  dem  persischen  herübergenom- 
men ist  B=  kshatrapävan,  reichsverweser  oder  verkürzt  kshatrapa 
(vgl.  Pott,  Wurzelwörterbuch  I,  228).  Die  ansieht  Lobecks 
(Element.  I,  144)  und  Curtius1  (grundz.  p.  713),  dass  e  blos 
euphonischer  Vorschlag  sei,  ist  mir  wegen  der  isoliitheit  dieser 
erscheinung  vor  §  nicht  recht  einleuchtend;  vielmehr  suche  ich 
in  l^ai&Qarteveiv  die  auf  volksetymologischem  wege  geschaffne 
präposition  «c,  wiewohl  ich  einräume,  dass  die  lautlichen  Schwie- 
rigkeiten den  anstoss  zu  der  Umbildung  gegeben  haben  kön- 
nen. —  Von  nominibus  müssen  hier  verzeichnet  werden:  avvi- 
öqwv,  Ttaftdöeioog,  evagiyg,  avyyjg  und  vielleicht  auch  {utccXXov. 
Wenn   aweÖQiov   zur   bezeichnung   des  höchsten  nationalen  tri* 


*)     Denn  von  den  etymologischen  grillen  der  alten,  änaiiuo  von  dnu 
und  näios  zu  deriviren  u.  a.  kann  man  füglich  absehen. 


Volksetymologische  Studien.     I.  91 

bunals  der  Juden  verwendet  wird,  so  entspricht  es  dem  hebräi- 
schen, im  Talmud  ziemlich  häufig  vorkommenden  "p^rtSD,  san- 
hedrin  und  ist  wahrscheinlich  daraus  zurecht  gelegt  worden 
(vgl.  auch  Andresen  p.  17).  —  Assimilation  an  die  präposition 
7taQa  liegt  in  Ttagaösiaog  vor,  wenn  anders  das  wort,  wie  E. 
Meier  in  Pauli's  realencyclopaedie  s.  v.  ausführt,  aus  dem  chal- 
däischen  stammt,  wo  es  oYns,  'pardes  heisst  und  ursprünglich 
fläche,  ebene  (vgl.  chald.  onbcl,  paldes,  ausdehnen),  dann  feld 
und  endlich  garten,  blumengarten  bedeutet.  —  Das  skythische 
von  Herodot  4,  67  mit  dvÖQÖyvvog,  von  Hippocrates  de  aere  22 
mit  ävavÖQirjg  übersetzte  wort  kvaQrjg  ist  offenbar  aus  d  +  nar> 
mann,  mensch  zusammengesetzt,  aber  an  iv-aQrjg  von  ivagw 
angelehnt;  in  gleicher  weise  scheint  die  form  ovy%Lg  —  ov*%Lg 
(vgl.  Jacobs  anthol.  Palat.  p.  198)  von  avyxico  beeinflusst  wor- 
den zu  sein.  MhaXlov  endlich  soll  nach  einigen  orientalischen 
Ursprungs  sein  und  würde  dann  durch  umdeutung  sein  griech. 
aussehen  erhalten  haben;  doch  ist  jene  annähme  sehr  zweifel- 
haft (vgl.  Kvicala  ber.  d.  phil.-hist.  klasse  der  wiener  akad. 
1870  p.  89,  A.  Müller  in  dieser  Zeitschrift  I.  203,  Fick  das. 
s.  335,  Büchsenschütz  zs.  f.  gymnasialw.  1875  p.  248). 

Wir  kommen  zu  den  eigennamen:  Aus  dem  ägyptischen 
stammt  die  von  Herod.  II,  38.  153.  III,  27.  28  überlieferte  be- 
nennung  des  heiligen  Apisstiers  "Ertayog  =  ägypt.  Hapi  (wie 
mit  Ijtl  zusammengesetzt);  aus  dem  hebräischen  die  städtena- 
men  !AcpaiQE(.ta  (Septuag.  1  Maccab.  11,  34  =  ö^sn,1  Haphä- 
raim,  wie  von  drco  und  cngeio)  und  "Evöioqov  bei  Joseph,  antiq. 
6,  14,  2  =  *iVi  |*jg,  En  dör.  —  Wenn  griech.  autoren  wie 
Xenophon,  Josephus  und  die  Septuaginta  die  hauptstadt  der 
Meder  'Exßdrava  nennen,  so  haben  sie  den  aus  der  inschrift- 
lich bezeugten  form  Hangmatäna  (hebr.  NnürjN,  Esra  6,  2  = 
conventus,  ort  der  Versammlung)  verstümmelten  namen  Idyßd- 
Tava,  den  Aeschylus,  Herodot  und  Ktesias  bieten,  abermals  mit 
anlehnung  an  «x  und  ßalvtt)  geändert.  Anklang  an  das  gleiche 
verbum  verräth  die  form  Jiaßdg  des  sonst  Delas  oder  Dialas 
genannten  flusscs  (vgl.  !Adiaßrjvrj).  —  Nicht  minder  gehört  hier- 
her das  nomen  proprium  lddidrof.iog,  wie  von  d  -\-  did  -j-  xif.ivia 
bei  Athen.  6,  249  b  =  Adiatunnus,  Caes.  b.  g.  3,  22,  name  ei- 
nes celtischen  königs,  dessen  etymon  im  kymr.  addiad,  deside- 
rium  erhalten  zu  sein  scheint,  desgleichen  die  gebirgsnamen 
IlaQaxod&Qag  und  nagandf-iiaog ;    denn  der  einheimische  name 


92  0.  Weise 

des  ersteren  lautet  Purukathra  =  sehr  glänzend,  der  des  letz- 
teren wahrscheinlich  Paropanishadha.  Auch  *Evdv(.dwv  kann, 
wenn  es  Fick  K.  Z.  XIX,  80  mit  recht  zu  skr.  indu,  lat.  idus 
stellt,  durch  annäherung  an  Bvi)-vf.isiad-ai  erklärt  werden.  — 
Die  etymologisch  noch  nicht  genügend  aufgeklärten  namen 
IlaQctLTaxrjvrj  und  IlaQvddQrjg  übergehe  ich,  desgleichen  die  for- 
men IlaqcntiMtat  —  UQCtiiiwxai  (vgl.  Ptolem.  VII,  1,  G5)  und 
üdgaioog  =  JJqolöoq  (Herodian  bei  Steph.  Byz.  p.  527). 

Dagegen  müssen  an  dieser  stelle  noch  mehrere  im  latein. 
zu  gunsten  der  griech.  präpositionen  ötd  und  rcaqd  entstellte 
griech.  Wörter  genannt  werden :  diagrydion,  diagredion  und  dia- 
gridium  sind  die  bei  Cael.  Aurel.  und  Veget.  auftretenden  for- 
men des  namens  daxQvdiov ;  diametrum  (Cod.  Theod.  13,  5,  38 
und  13,  9,  5)  ist,  vermuthlich  im  munde  der  Oströmer,  aus 
detrimentum  corrumpirt;  dass  es  mit  did(.i£tQog,  fj,  durchmes- 
ser,  Werkzeug,  das  zugemessene,  von  haus  aus  nichts  zu  schaf- 
fen hat,  lehrt  sein  genus  und  seine  bedeutung  („abgang,  Ver- 
lust"). Paracuntia  dagegen  ist  der  volksthümlich  entstellte 
plebejische  ausdruck  für  BsQexvv&ta,  der  auch  in  der  wenig 
veränderten  form  Paracentia  öfter  auf  Beneventinischen  In- 
schriften vorkommt  (I.  R.  N.  1398.  1400.  1401.).  Ob  das  an 
Y.O.TU.  und  Yv/ußrj  =  cumba  oder  cumbere  vgl.  incumba,  sub- 
cumbus  erinnernde  und  z.  b.  noch  in  der  neuesten  aufläge  von 
Meyers  conversationslexicon  aus  griech.  quelle  abgeleitete  wort 
catacumba  mit  Diez  Et.  W.  I,  117  u.  a.  für  eine  (vielleicht  un- 
ter einfluss  der  genannten  griech.  Wörter  vollzogene)  Zusammen- 
setzung aus  ital.  catar,  schauen  und  comba  =  concava  zu  hal- 
ten sein  wird,  dünkt  mir  zweifelhaft  zu  sein,  da  das  quaest. 
wort  schon  Orell.  4575  und  bei  späteren  kirchenschriftstellern 
gelesen  wird;  dagegen  ist  das  ital.  catafalco  trotz  seines  griech. 
aussehens  aus  catar ,  sehen  und  falco  =  palko ,  balke  hervor- 
gegangen (Andresen  p.  120).  —  Mit  catafalco  haben  wir  den 
boden  der  romanischen  sprachen  betreten,  die  uns  noch  fol- 
gende beispiele  bieten:  ital.  Travertitio  wie  von  tra  und  ver- 
tere  =  Trivortinus  (Schuchardt  I,  37)  und  dimestico  =  dome- 
sticus,  wie  mit  dis  zusammengesetzt  (ibid.  III,  243) ;  franz.  tour 
sans  venin  =  Sant  Verena  oder  Saint  Vrain  (vgl.  M.  Müller, 
Vorlesungen  II,  401),   fr.  exstase  —  ecstase  x)  und  de  par  le  roi 

*)     andere  fälle  der  einmischung  von  ex  in  den  roman.  sprachen  bei 
Schuchardt  II.  352,  Diez  Et.  W.  s.  v.  spasimo. 


Volksetymologische  Studien.     I.  93 

—  de  part  le  roi  u.  a.  (Andresen  p.  23).  —  Reichlicher  fliessen 
die  quellen  in  den  germanischen  sprachen;  an  englischen  ana- 
logien  verzeichnet  Andresen  bysac  =  fr.  besac,  bissac,  impostu- 
mate  =  fr.  apostumer  vgl.  cc7r6azrjf.ia ,  outdacious  =  audacious 
(p.  26.  27.  31);  aus  dem  goth.  Sprachschatz  gehört  hierher 
andbahts,  diener,  das  höchst  wahrscheinlich  celtischen  Ursprungs 
ist  und  anlehnung  an  die  zahlreichen  goth.  composita  mit  and 
erfahren  hat  (K.  Z.  XXIII,  379);  aus  dem  mhd.  das  N.  Pr. 
Anschouwe  =  Anjou  mit  deutlich  erkennbarer  assimilation  an 
anschouwen;  aus  dem  nhd.  die  dem  lat.  entstammenden  appel- 
lativa  absucht  —  aqiiae  ductus  und  abseite  =  absis,  und  die 
eigennamen  (mährisches)  Gesenke  —  slav.  jesenik  (vgl.  cech.  jes 
esche)  eschengebirge,  Hinterbach  =  Hintinbuch  aus  Jiinde  und 
buche  (Andresen  p.  69),  Ab-streiter,  bewohner  von  Abts-rod  (ibid. 
p.  80).  Den  grössten  theil  aber  der  nhd.  bildungen  stellt  die 
spräche  des  volks  und  die  dialecte:  hierher  sind  zu  zählen  die 
zahlreichen  corruptionen  in  den  satirischen  Schriften  der  letz- 
ten Jahrhunderte:  porticus  in  Vorzeichen  und  fürzog  (Andresen 
p.  35),  bischof  in  beischaf  (p.  42),  fundament  in  unten  am  end 
(p.  39),  Jesuiter  in  Jesuwider  (p.  39):  dahin  gehört  das  Reu- 
tersche  von  Pharao  =  fanfare  (p.  47)  und  das  vör-elle  —  fo- 
relle  und  ver-weh  =  verbene  des  altenburger  landmanns,  des- 
gleichen die  volkstümlichen  ausdrücke  und  redensarten :  An- 
wies =  avis  (Dunger  1.  1.  p.  508),  rollauf  =  rouleau  (ibid.), 
anschustern  =  ajuster  (ibid.  p.  514)  beisamen  —  bisam  (Andre- 
sen p.  50);  er  ist  ein  Anklamer  für  einen  zudringlichen,  er  ist 
aus  Anhalt  für  einen  geizigen  menschen  (ibid.  p.  44)  und  an- 
dere bei  Andresen  verzeichnete  wörter  (vgl.  abdecker ,  andorn, 
widertod,  mitfasten,  verplex,  vermost,  entspekter,  entfahmt,  ansee- 
städte,  ausländisch  moos,  umgewandter  Napoleon). 

P.  S.  Die  zahl  der  oben  verzeichneten  griech.  wörter  ver- 
mehrt sich  noch  ansehnlich,  wenn  man  die  scheinbar  mit  dem 
präfix  d  (privativum)  gebildeten  nomina  den  präpositionalcom- 
positis  anreiht.  Dann  figuriren  hier  zunächst  die  L4(.ia£6v£g, 
deren  name  muthmasslich  mit  zend.  ama,  stark  zusammenhängt 
(wovon  nach  Müllenhoff,  herkunft  und  spräche  der  pont.  Sky- 
then etc.  p.  561  auch  der  name  der  Sarmatischen  königin 
lAf.idyrj) ,  aber  von  Griechen  und  Römern  mit  (.latog  in  Verbin- 
dung gebracht  worden  ist  (vgl.  Plaut.  Cure.  445:  Unomammia), 
ferner  die  von  Strabo  überlieferte  namensform  der  afrikanischen 


94 


A.  Bezzenberger 


Stadt  Hadrumetum  l4ÖQt>fir]gf  wie  von  d  -f-  dQv/.wg  (K.  Z.  XXIII, 
378)  und  der  aus  dem  römischen  übernommene  personenname 
Idovlfoog  =  Asellius,  wie  von  a  -f  avlov  (K.  Z.  XXIII,  377). 
Ebenso  müssen  hier  genannt  werden  die  hebräisch-phönicischen 
städtenamen  &"nViN  (Adoraim),  nYritfj*  (Ashdöd),  "liiirn  (Hazör), 
^pv.  (Ekron),  bNis^'P  (Jisreel),  deren  griech.  benennungen 
}L4dioQCc,  'Ldtwxog,  'LlotoQog,  l4/.aQiov,  l4tccQt],  obwohl  unregel- 
mässig gebildet,  doch  so  durchsichtig  sind,  dass  sie  keines  com- 
mentars  weiter  bedürfen.  Von  appellativen  verzeichne  ich 
ada/uvog,  wie  von  d-\-daudco,  wahrscheinlich  iranischen  Ursprungs 
und  im  neupers.  ham-dam,  unanimis  erhalten  (K.  Z.  XXIII,  48. 
Vanicek,  fremdwörter  p.  1),  und  dtxvQov  •  vaXog  (Hesych.),  eine 
volksthümliche  gräcisirung  des  lateinischen  vitrum;  desgleichen 
die  lat.  amandola  =  dftvyödlt]  (wie  von  d  -f-  mandere)  und 
ajuga  (wie  von  d-\-jugum,  ohne  obermaul  vgl.  Jahrb.  für  phil. 
1877.  2.  abtheil.  p.  642)  =  abiga  von  abigere. 

Eisenberg.  0.    Weise. 


Das  griechische  superlativsuffix   -xaxo-  und   die    letti- 
schen gradationsformen  auf  -äks. 

Die  entstehung  des  in  der  Überschrift  bezeichneten  griech. 
Suffixes  hat  As  coli  vor  einiger  zeit  zum  gegenstände  einer  Un- 
tersuchung gemacht  (Rivista  di  filologia  ed  istruzione  classica 
IV.  5G5),  die  von  Merzdorf  in  das  deutsche  übersetzt  ist  (Cur- 
tius'  stud.  IX.  399)  und  nicht  nur  bei  ihm  Zustimmung  gefun- 
den hat  (Breal  Revue  crit.  1876,  II.  227,  J.  Schmidt  Jen. 
lit.-ztg.  1877.  art.  691,  s.  4  des  s.-a.).  Ich  halte  die  resultate 
der  erwähnten  Untersuchung  Ascolis  aus  gründen,  welche  un- 
ten entgegentreten  werden,  für  unrichtig  und  untersuche  die 
herkunft  des  griech.  -xaxo-  deshalb  von  neuem. 

Das  a  von  -xaxo-  ist  nicht  aus  „nasalis  sonans"  entstan- 
den, sondern  „schwä".  Den  beweis  für  diese  behauptung  bie- 
ten einige  formen,  in  welchen  -xaxo-  seinen  ersten  vocal  ein- 
gebüsst  hat  und  als  -axo-  erscheint,    nämlich  exaoxog  *)  und 

*)  FexaTEQog,  jrsxaaros  verhalten  sich  begrifflich  zu  einem  positiv 
sfx«-  „jeder",  wie  z.  b.  skr.  ekatara  „einer  von  zweien",  ekatama  „einer 
von  vielen"  zu  eka  „einer".  Diess  j?fxct-  entspricht  genau  dem  altpers. 
vafiy  „viel,  sehr"  (ursprünglich  „beliebig"?);   vgl.  {ifyct  =  skr.  mähi  (an. 


Das  griechische  superlativsuffix  -xcxto-  u.  s.  w.  95 

exccTooTog,  xilioovog,  fiogioorog  x),  welche  sich  zu  den  zu  erwar- 
tenden formen  *« xdrccTog,  ^exavotarog  (bez.  *lxarwVarog)  u.  s.  w. 
verhalten  wie  /naxedvog,  aivögog,  xeßXi],  xiyxlog  zu  titjXEÖavog, 
oivaQog,  ytecpalrj,  xlyy.alog  (Fick  o.  III.  160  ff.),  sowie  die  Wahr- 
nehmung, dass  nur  ein  aus  „schwä"  entstandenes  a  im  griechi- 
schen schwinden  kann. 

Die  griech.  bildungen  auf  -taro-  —  -ato-  stehen  nicht 
isoliert.  Im  sanskrit  entsprechen  ihnen,  wie  bereits  Benfey  K. 
skr.-gr.  ss.  245,  329  (vgl.  Ueber  d.  ig.  endungen  des  genet.  sg. 
s.  54)  gelehrt  hat,  die  bildungen  auf  -titha-  :  bahutithä  „viel- 
fach, viel"  (bahutitham  „sehr,  in  hohem  grade"),  ganatithä  „eine 
schaar  — ,  eine  Versammlung  bildend",  pügatithd  „eine  schaar 
bildend",  samghatithd  „in  schaaren  — ,  in  menge  vorhanden" 
(Pän.  5.  2.  52);  auf  keltischem  sprachboden  schliesst  sich  brit. 
trited,  -id  (Zeuss2  s.  322),  welches  nach  Fick  Wbch.3  II.  112 
dem  griech.  TQitarog  genau  entspricht,  an  sie  an.  Diesen  ent- 
sprechungen  2)  gemäss  darf  man  annehmen,  dass  die  griech. 
bildungen  auf  -tccto-  (-ato-)  fortsetzer  grundsprachlicher  bil- 
dungen sind,  deren  ausgang  als  -fto-  (=skr.  -titha-,  gr.  -raro-, 
brit.  -ted-)  zu  denken  ist  und  die  sich  in  einigen  indogerman. 
sprachen  in  verschiedenem  umfang,  am  zahlreichsten  aber  im 
griechischen  erhielten,  in  welchem  die  formation  mit  -xaxo-  im 
laufe  der  zeit  eine  so  grosse  ausdehnung  gewann,  dass  schliess- 
lich formen  wie  xXeTCtiOTazog ,  Kvöiatazog,  XayvLatazog  (Lo- 
beck Paral.  gramm.  gr.  I.  41),  [teyiOTaTog  (Cesnola  Cyprus 
s.  422)  gebildet  werden  konnten. 

Fragt  man  nun,   wie  die  erschlossenen  grundsprachlichen 

mjük).  Weiterhin  gehören  zu  sexa-  apers.  vica  „all",  lit.  visas  „all, 
ganz ,  jeder"  u.  s.  \v.,  deren  i  als  „schwä"  aufzufassen  ist. 

1)  Vielleicht  ist  ihnen  auch  dxoarog  (aus  *f?xotf«rro??)  anzureihen.  — 
iröaroe  und  onoaxog  habe  ich  im  texte  nicht  aufgeführt,  weil  noaro-  = 
skr.  katithä,  lat.  quötu-s  (Fick  K.  zs.  21.  9)  fortsetzer  eines  grundsprach- 
lichen qoCto-  ist,   das  auf  qot  „wie  viele"  =  skr.  Icäti,  lat.  quot  beruht. 

2)  Wer  sie  für  zufallig  hält,  wird  nicht  umhin  können,  zuzugeben, 
dass  in  diesem  falle  wenigstens  die  entwicklung  der  bildungen  auf  -tccto- 
und  -titha-  eine  gleiche  gewesen  sei,  und  damit  würde  auch  er  zu  dem 
resultat  kommen,  dass  -tuto-  das  superlativsuffix  -to-  zweimal  enthalte. 
Gegen  die  annähme,  dass  jene  entsprechungen  zufällig  seien  und  nicht 
in  directem  historischem  Zusammenhang  stehen ,  scheint  mir  übrigens 
brit.  trited  zu  sprechen,  das,  wenn  ich  nicht  irre,  für  eine  keltische  neu- 
bildung  nicht  erklärt  werden  kann. 


96  A.  Bezzenberger 

bildungen  auf  -fto-  zu  stände  kamen,  so  lassen  es  tqitoq  und 
bahutha-  (nur  in  dem  adverb.  bahüthä  „auf  vielfache  weise", 
Pän.  5.  3.  23),  in  denen  sich  die  grundformen  von  rqhaxog  — 
trited  und  bahutithd  erhalten  haben,  und  ferner  das  th  des  skr. 
-titha-  mir  durchaus  nicht  zweifelhaft  erscheinen,  dass  jenes  in 
der  weise  geschah,  dass  superlativische  bildungen  auf  -to-  durch 
eben  dieses  suffix  erweitert  wurden.  Ist  diess  richtig,  so  war 
Schleicher  durchaus  nicht  im  unrecht,  wenn  er  —  im  ge- 
gensatze  zu  Bopp  Vgl.  gr.3  II.  23,  der  -xazo-  aus  -xagxo-  oder 
-xagoxo-  erklärte  —  -xaxo-  als  eine  Verdopplung  des  superla- 
tivsuffixes  -ta-  betrachtete  (Compend.3  s.  472  f.)  —  eine  ansieht, 
welcher  sich  neuerdings  auch  G.  Curtius  Grdz.5  s.  642  anm. 
annimmt,  und  welche  durch  ahd.  meröro  (Graff  II.  839),  lat. 
plurior es  =  franz.  irtusieurs  (Wölfflin  Lat.  u.  roman.  compa- 
rat.  s.  45  f.)  und  den  avest.  locativ  fratarötare  yt.  22.  14  als 
morphologisch  zulässig  erwiesen  wird. 

Im  anschluss  an  das  gesagte  gehe  ich  nun  kurz  auf  die 
frage  ein,  was  das  indogerm.  Superlativsuffix  -to-  (so!  nicht 
-tho-  wegen  z.  b.  got.  ahtuda)  eigentlich  sei  1).  Dass  in  ihm 
die  wurzel  ta  „dehnen"  stecke,  kann  ich  nicht  zugeben,  weil 
nachweislich  die  bedeutungen,  welche  comparativische  und  su- 
perlativische bildungen  zu  zeigen  pflegen,  unursprünglich  sind 
und  weil  diese  bildungen  von  haus  aus  nur  aussagen,  dass  et- 
was mit  dem  durch  den  je  entsprechenden  positiv  vertretenen 
begriff  ähnlich  sei,  zu  ihm  irgendwie  in  beziehung  stehe,  ihn 
darstelle  u.  s.  w.  (vgl.  u.  a.  äyQOxeQog  „ländlich",  örjfioxsQog 
„bürger,  gemein",  idgxsQog  „zum  frühling  gehörig",  &rjlvx£Qog 
„weiblich",  lat.  mätertera  „tante",  skr.  mäsatamä  „monatlich", 
marüttama  „ganz  den  marut  gleichend"  u.  s.  w.).  Hält  man 
diess  fest,  so  ist  die  annähme  kaum  abzuweisen,  dass  das  ig. 
superlativsuffix  -to-  und  das  ig.  partieipsuffix  -to-  ursprünglich 
identisch  und  dass  die  .mit  jenem  gebildeten  formen  eigentlich 

*)  Dass  dasselbe  im  Griechischen  nicht  abgestorben  war,  wie  As  coli 
meint,  dass  es  hier  vielmehr  ein  lebendiges  und  lebenskräftiges  dement 
war,  lehren  fx^aarog,  viarog  vfiecrog,  ed/atog,  nQwrog,  /uv^taog,  Tivfxarog, 
vnajog,  (fCXrcnog  (vgl.  'PiXrtdd'rjg,  4>tkrig),  ßslzarog  (vgl.  ßskritov),  qctc'tVTa- 
rog  (vgl.  'PavTtctg,  &ävrcov).  Dass  es  auch  im  Skr.  und  Keltischen  fort- 
lebte ,  beweisen  skr.  katipayathä  (von  katipayä) ,  tavatithä  und  yuvatithä 
(von  tävaf,  yävaf;  vgl.  Pän.  5.  2.  51,  53)  und  ir.  sechtmad,  ochtmad, 
nomud. 


Das  griechische  superlativsuffix  -xctxo-  u.  s.  w.  97 

participia  denominativer  verba  seien.  Ist  diess  aber  richtig,  so 
sind  auch  die  comparative  auf  -jans-  participiale  formen,  die 
mit  jenen  Superlativen  systematisch  zu  vereinigen  sind.  Ich 
führe  das  nicht  weiter  aus,  indem  ich  auf  die  formale  ähnlich- 
keit  von  z.  b.  *tdvishiyams  Hävishyarhs  „stärker"  und  'Havishitd 
(/nioarog  nachgebildet,  accentuiert  nach  katipayathd  u.  s.  w.) 
„stärkst'-  mit  tavisMyäte,  tavishyäte  „wie  ein  tavishä  (starker) 
sein",  *tavishitä  (part.  dieses  verbs)  verweise. 

Fasst  man  das  superlativsuffix  -to-  als  ursprünglich  partici- 
piales  suffix  auf,  so  findet  die  entstehung  des  behandelten  in- 
dogerman.  -fto-  ein  interessantes  analogon  in  den  slavischen 
sprachen.  Hier  werden  in  Übereinstimmung  mit  mehreren  der 
verwanten  sprachen  von  vorausgesetzten  denominativen  verben 
auf  -a-ti  participien  auf  -a-tü  gebildet,  welche,  insofern  jene 
von  Substantiven  stammen,  „versehen  mit  — "  oder  auch  „ähn- 
lich dem  — "  bedeuten,  insofern  ihnen  adjectiva  zu  gründe  lie- 
gen, eine  modification,  meist  deminution  des  betreffenden  ad- 
jectivischen  begriffs  ausdrücken  (Miklosich  Vgl.  gram.  II.  182); 
z.  b.  aslov.  crünovlasatü  „nigros  capillos  habens",  rogatü  „cor- 
nutus"  (=  lit.  ragutas),  bradatü  „barbatus"  (—  lit.  barzdü'tas, 
lat.  barbatus),  russ.  bljudovatyj  „lanci  similis",  cech.  nahaty 
„halb  nackt",  poln.  ivilczaty  „wolfsähnlich ,  grau",  krotkowaty 
„etwas  kurz"  u.  s.  w.  Von  solchen  adjectiven  nun  sind  durch 
das  suffix  -tu  neue  abgeleitet,  indem  vor  dem  letzteren  der 
stammauslaut  des  je  zu  gründe  liegenden  adjectivs  eingebüsst 
und  das  demselben  vorangehende  t  alsdann  in  s  verwandelt 
wurde  (vgl.  gr.  -ovo-  neben  -xaxo-  o.  s.  94);  aus  der  grossen 
zahl  der  hierher  gehörigen  adjectiva  nenne  ich  nslov.  nosast 
„nasutus"  neben  nosat  das. ,  zünast  „musculosus"  neben  zilnat 
„nervosus",  poln.  gefiiasty  „grossmäulig"  neben  gefiiaty  das., 
gloviasty  „capitatus"  neben  gloviaty  das. ,  graniasty  „eckig"  ne- 
ben graniaty  das.,  wruss.  vuchlastyj  „langohrig"  neben  vuch- 
latyj  „geöhrt"  (vgl.  Miklosich  a.  a.  o.  s.  185  ff.).  Von  den 
beiden  letzt  angeführten  Wörtern  nimmt  das  erste  beinahe  die 
Stellung  eines  superlatives  des  zweiten  ein. 

Für  die  entstehung  comparativischer  und  superlativischer 
bedeutungen  aus  den  bedeutungen  „—ähnlich",  „ — darstellend" 
u.  s.  w.,  welche  ich  oben  im  allgemeinen  behauptete,  lassen  sich 
vielfache  nachweise  geben.     Einen  solchen  enthält  das  folgende. 

Beiträge  z.  kuude  d.  ig,  sprachen.  V.  7 


98  A.  Bezzenberger 


Den  comparativ  und  den  Superlativ  der  verwanten  spra- 
chen vertreten  im  Lettischen  gleichmässig  die  s.  g.  gradations- 
formen  auf  -äks  (fem.  -dka)  x) ;  in  superlativischer  bedeutung 
werden  dieselben  vorwiegend  in  der  definiten  form  gebraucht 
—  also  z.  b.  gudrs  „klug",  gudrdks  „klüger"  (gudräkdis  „der 
klügere"  —)  gudräkdis  „der  klügste"  — ,  was  nach  der  analo- 
gie  von  z.  b.  franz.  le  moindre,  le  pire  u.  s.  w.  zu  beurteilen  ist. 

Mit  den  lettischen  gradationsformen  auf  -äks  sind  aner- 
kanntermassen  (Bielen stein  Lett.  spr.  II.  60)  zunächst  die  li- 
tauischen adjectivischen  bildungen  auf  -oka-s,  wie  didökas,  ge- 
rökas, ilgokas,  Judokas,  mazökas,  prastökas,  raudonökas,  saldö- 
kas,  silpnökas,  sunkiökas  2)  zu  combinieren;  sie  unterscheiden 
sich  von  jenen  lettischen  bildungen  dadurch,  dass  sie  nicht  wie 
diese  ein  „mehr"  oder  „meist",  sondern  ein  „ziemlich"  oder 
„ähnlich"  bedeuten:  didökas  heisst  „ziemlich  gross",  gerökas 
„ziemlich  gut",  ilgokas  „ziemlich  lang"  „länglich"  u.  s.  w.  Von 
ihnen  sind  nicht  zu  trennen  die  pronominalia  und  numeralia, 
welche  im  litauischen  auf  -ok(ia)-s,  im  slavischen  auf  -akü  en- 
digen, deren  lituslavische  grundformen  aber  zweifellos  den  aus- 
gang  -äko-s  hatten:  lit.  töks  „talis"  =  aslov.  takü;  lit.  köks 
„qualis"  =  asl.  kakü;  lit.  jöks  „irgendeiner"  (vgl.  nei  jöks 
„keinerlei  art")  =  asl.  jakü;  sziöks  „solcher"  =  asl.  sjaku; 
anöks  „jener  art"  =  asl.  *onakü  (onako) ;  visökias  „allerlei" 
asl.  vtsakü;  lit.  venökias  „einfach,  einerlei  art"  =  asl.  inaku 
„diversus";  lit.  dvejökias  „zweierlei,  doppelt,  zwiefach"  =  asl. 
dvojakü  „duplex";    lit.   trejökias  „dreifach"  3)    =    asl.   trojakü 

*)  Dass  comparativ  und  Superlativ  hier  in  einer  form  ihren  ausdruck 
finden,  ist  im  gründe  genommen  weniger  auffallend,  als  dass  sie  z.  b. 
im  Lateinischen  durch  verschiedene  formen  ausgedrückt  werden.  Der 
ausgebildete  comparativ  bedeutet  „der  —  von  zweien",  der  ausgebildete 
Superlativ  „der  —  von  mehreren" ;  comparativ  und  Superlativ  stehen  also 
in  dem  Verhältnisse  des  dual  und  plural  —  wenn  diese  beiden  formen 
zusammenfallen,  weshalb  sollen  dann  comparativ  und  Superlativ  nicht 
dasselbe  Schicksal  erleiden? 

ä)  Neben  denselben  bestanden  nach  den  angaben  älterer  grammati- 
ken  bildungen  auf  -oku-s;  dieselben  sind  von  ?/-adjectiven  abgeleitet  (vf. 
zgls.  s.  109)  und  lehren  durch  ihre  form  ,  dass  sie  aus  diesen  durch  in- 
fixale  erweiterung  entstanden,  weiter,  dass  gerökas,  silpnökus  u.  s.  w. 
nicht  ein  suffix  -öka-,  sondern  ein  infix  -ok-  enthalten.     Vgl.  w.  u. 

3)  Zu  belegen  aus  Szyrwids  punktay  sakimu  p.  162:  treioki  raiipay 
buwo.  —    Lit.  treezökas   „ein   dreigroschenstück ,    die  drittstange  am  wa- 


Das  griechische  superlativsuffix  -xaxo-  u.  s.  w.  99 

„triplex"  u.  s.  w.  Diese  bildungen  finden  ihre  seitenstücke  in 
skr.  asmä'ka  „unser"  =  av.  ahmäka-,  skr.  yushmaka-  „euer" 
=  av.  yushmaka-,  av.  humayäka-  und  mashyäka- ,  die  sich  zu 
skr.  asma  —  av.  ahma-,  skr.  ynshma  —  av.  yüshma- ,  av.  hu- 
maya-  und  mashya-  ebenso  verhalten,  wie  z.  b.  lit.  töks  =  asl. 
takü  zu  lit.  tas  =  asl.  tu,  lit.  venökias  =  asl.  ma&w  zu  lit. 
v'enas  =  asl.  mw. 

Neben  dem  zuletzt  angeführten  worte  (inü)  steht  nicht  nur 
inakü,  sondern  auch  inokü  „monachus,  unus,  solus".  Jenes 
verhält  sich  zu  diesem,  wie  got.  ainoho  Luk.  8,  42  zu  ainaha 
das.  7.  12,  9.  38  (?  ainah-  =  inok-) ,  und  wie  skr.  asmä'ka-, 
yushmaka-  zu  den  folgenden  Wörtern:  mämaka-  (rv.  1.  31.  11, 
34.  6)  und  mämaka-  (rv.  10.  159.  1  u.  ö.)  „mein"  (von  mama-) ; 
tdvakd-  (rv.  1.  94.  11)  „dein"  *)  (von  tava-);  takd-  (rv.  1.  133. 
4,  191.  5;  von  ta-);  sakd-  (rv.  1.  191.  11;  vonsa-);  yakd-  (rv. 
8.  21.  18;  von  ya-);  anydkä-  (rv.  8.  21.  18,  40.  11  u.  ö.;  von 
anyd-);  asakaü  2)  und  asuka  (vs.  23.  22,  23,  Pänini  ed.  Böhtl. 
II.  330;  von  asaü);  ayakam  (von  ayäm),  imaka-  (von  ima-)y 
amuka-  (von  amu-;  Pän.  7.  1.  11,  vgl.  B.-R.  I.  813);  svaka- 
(von  sva-)  3);  präkr.  aha(k)am,  ahake  (Lassen  inst.  1.  pracr. 
p.  399),  tumaka  (ib.  p.  328)  und  ihayatn,  das  Bühler  o.  IV. 
121  vermutungsweise  durch  „iha  -j-  infix  ak  and  nasalization 
of  the  last  syllable"  erklärt. 

Wie  diese  Verhältnisse  (von  inakü  zu  inokü,  von  asmäka- 
zu  mdmaka-  u.  s.  w.)  aufzufassen  sind,  bedarf  eingehender  Un- 
tersuchung; das  aber  steht  auch  ohne  eine  solche  fest,  dass 
inakü  und  inokü,  asmä'ka-  und  mdmaka-,  skr.  takd-  und  asl. 
takü  u.  s.  w.  eng  zusammenhangen,  und  dass  speciell  die  k  dieser 
wörter  identisch  sind  —  dass  an  die  lett.  gradationsformen  auf 


gen",  das  dem  asl.  tretijakii  „trimus"  genau  entspricht,  halte  ich  für 
poln.  lehnwort  (trzeciak). 

*)  lieber  die  Stellung  dieser  wörter  zu  asmä'ka- ,  yushmaka-  hat 
kürzlich  Benfey  Gott,  nachr.  1879  s.  123  ff.  gehandelt. 

8)  Asakaü  ist  aus  asaü  ganz  deutlich  durch  infigierung  von  ak 
entstanden,  wie  lit.  sunkokus  aus  sunküs  durch  infigierung  von  ok. 

a)  Takü-  und  die  ihm  folgenden  wörter  sind  als  deminutiva  aufzu- 
fassen, haben  aber  ihre  deminutive  bedeutung  zum  teil  verloren.  Svaka- 
z.  b.  erscheint  ganz  gleichbedeutend  mit  sva-,  vgl.  Rämäy.  3.  55.  2  prati 
pecle  svakam  rdpam  rävano  räkshasddhipah / '/ sadyah  saumyam  parityaj- 
ya  bhikshurüpam  nicäcarah  /  svam  rüpam  kalarüpdbham  bheje  vaierd- 
vandnujah  // 


100  A.  Bezzenberger 

-dks  also  auch  inokü,  got.  ainaha,  skr.  mämaka-  und  die  o.  an 
dieses  angereihten  wörter  anzuschliessen  sind.  Von  den  letzte- 
ren aber  sind  nun  wieder  nicht  zu  trennen  wörter  wie  skr.  da- 
rakä-  „fern"  (dura-),  dvakä-  „paarweise  verbunden"  (dva-), 
trikd-  „zu  dreien  verbunden"  (tri-) ,  virakä-  „männlein"  (Lud- 
wig; von  virä-)  u.  s.  w. ,  und  dadurch  kommen  wir  zu  dem 
schluss,  dass  mit  den  in  rede  stehenden  lettischen  bildungen 
alle  die  auf  -ka-  endigenden  secundären  bildungen  der  arischen 
sprachen,  ferner  die  zahlreichen  griechischen  nomina  auf  -xo-, 
-axo-,  -ixo-,  -VY.Q-,  -axio-  und  die  lateinischen  auf  Aco-,  -uco- 
u.  s.  w.,  über  die  man  Budenz  Das  suffix  xo'c,  L.  Meyer  Vgl. 
gram.  11.483,  493,  Schwabe  De  deminut.  graec.  et  lat.  p.  48  ff. 
vergleichen  wolle,  sowie  die  german.  auf  -ha-,  -ga-  (J.  Grimm 
Gram.  IL  275  ff.,  298,  300,  L.  Meyer  Or.  u.  occ.  IL  79,  292) 
auf  das  engste  verwant  sind. 

Die  lettischen  comparative  und  Superlative  auf  -äks  sind 
also  in  den  verwanten  sprachen  durch  secundäre  bildungen  ver- 
treten, welche  zum  kleineren  teil  die  bedeutungen  der  ihnen  zu 
gründe  liegenden  wörter  haben  und  zum  grösseren  teil  aussa- 
gen, dass  etwas  zu  denselben  in  beziehung  stehe,  ihnen  ange- 
höre, ihnen  ähnlich  oder  kleiner  als  sie  sei;  welches  die  ur- 
sprünglichste bedeutung  dieser  bildungen  war,  lässt  sich  nicht 
ganz  bestimmt  behaupten,  aber  man  wird  doch  wol  kaum  fehl 
gehen,  wenn  man  „dem  —  ähnlich"  dafür  erklärt.  Daraus  ent- 
wickelten sich  ungezwungen  die  begriffe  „ziemlich  — ",  „nicht 
ganz  — ",  „etwas  mehr  — "  u.  s.w.,  und  es  kann  also  gar  nicht 
auffallen,  dass  lett.  mafdks  „kleiner"  bedeutet,  das  ihm  ent- 
sprechende lit.  mazöks  aber  „ziemlich  klein",  dass  lit.  töks  die 
bedeutung  „dem  ähnlich"  zeigt,  ved.  takd-  aber  deminutivum 
von  ta-  „der"  ist. 

Zum  schluss  des  gesagten  verweise  ich  noch  auf  die  neu- 
griech.  „augmentativa"  (Legrand  Gram,  grecque  mod.  p.  29, 
Mullach  Gramm,  d.  griech.  vulgarspr.  s.  171),  wie  nodagog 
„hässlicher,  grosser  fuss",  (.ivtctQog  fivraQcc  „hässliche,  grosse 
nase",  TtcclöccQog  Ttatdäga  „grosses  kind",  ywoaxagec  „eine  frau 
von  stattlicher  figur",  oxvlctQog  „grosser  hund"  *),  und  ihr  ver- 
hältniss  zu  griech.  dwtxrjQog  „attisch",  dvögayiov  „männlein", 
yvvaixccQiov  „weiblein"  u.  s.  w. ;    ferner  auf  das  verhältniss  der 

l)  Die  beiden  letzten  beispiele  verdanke  ich  einer  mitteilung  des 
herrn  N.  Dossius. 


Das  griechische  superlativsuffix  -razo-  u.  s.  w.  101 

mit  /  gebildeten  deminutiva  zu  lat.  täli-s,  quäli-s,  gr.  zr]Xi-(xo-g), 
m)fo-(xo-g)  (Scher er  Zgds.1  370)  und  den  slav.  Z-participien. 
Manches  von  dem  o.  gesagten  erhält  hierdurch  bestätigung. 

Adalbert  Bezzenberger. 

Skr.  car-,  cira-m,  gr.  zsU&m,  näXca. 

Gr.  7tiXw,  ttsIo/ucu  nebst  lat.  edlere,  in-cola,  in-quilinu-s 
sind  bereits  öfter  dem  aind.  car-  (III.  sg.  cdra-ti)  an  die  seite 
gestellt  (Benfey  KZ.  8,  90  ff.,  Fröhde  beitr.  z.  lat.  etymol. 
[Liegnitz  1865]  s.  XIII  f.,  Curtius  gr.  et.3  s.  429,  Ascoli 
fonol.  s.  87,  Fick  wtb.3  I.  43).  Der  anlaut  des  griechischen 
Wortes  ist  auffallend ;  wie  dem  aind.  ca  „und"  gr.  zs  entspricht, 
so  erwartet  man  dem  aind.  cara-  gegenüber  ein  gr.  *zeXb-. 
Diese  basis  zels-  scheint  mir  in  der  tat  vorzuliegen  in  dem 
verbum  zeXs-d-to  (vv$-  ijdrj  zeXsd-ei  „schon  ist  es  nacht"  H  282. 
293;  tsXs&ovoiv  I  441,  d  85  =  rteXovzai;  zsXeSovzsg  q  486 
=:  7veX6(.i£vol)  ,  vgl.  a%e~d-(ji)  neben  l'xco.  Ob  das  tt  in  7tiXo(.iai 
aus  einem  dialekte  stammt,  der  auch  vor  folgendem  e  und  i 
das  urspr.  q  in  n  wandeln  konnte  (vgl.  aeol.  7ri(.i7te,  nsa- 
ovQeg  Ahrens  I.  40,  Hinrichs  de  homer.  elocutionis  vestigiis 
aeol.  s.  47  f.;  kypr.  oui  =  6'r«,  reeioei  —  zetoec  Deecke- 
Siegismund  in  Curt.  stud.  VII  252.  256,  Joh.  Schmidt 
Jen.  lit.-=ztg.  1875  art.  588),  oder  ob  Übertragung  anzunehmen 
ist  von  formen  wie  e-7tXe(v),  nöXo-g,  TtoXsvto,  TttoXeoficu ,  die 
regelrecht  den  labial  aufweisen:  das  mag  dahin  gestellt  bleiben. 
Neben  ntXof.im  und  zsXs&to  „versari"  steht  zeXog,  zeXito,  ze- 
Xevzy,  zrjXe  und  aeol.  TttfXvi  =  zrjXöos  x)  (Ahr.  I.  41),  wie  ne- 
ben car-  „sich  bewegen",  edra-na-  „der  gang"  u.  s.  w.  ved.  ca- 
ra-md-  „der  letzte,  äusserste";  mit  ved.  cird-m  ntr.  „lange" 
vergleicht  sich  gr.  näXai  „lange",  itaXctio-q  „alt".  Lat.  pro-eul 
„fern"   ist  bereits  von  Christ  gr.  lautl.  113  herangezogen.  — 

*)  Darf  tikog  nicht  von  rrjlöas  und  nrjlvt,  getrennt  werden ,  so  ist 
die  Zusammenstellung  mit  sskr  tar-  ,, durchdringen ,  ü'bersetzen"  (Cur- 
tius n.  238,  Fick  II.  IUI)  aufzugeben.  —  Die  etymol.  verwantschaft  von 
nrjkvi  und  rrjköae  bestreitet  Curtius  (gr.  et.3  s.  446)  mit  unzureichenden 
gründen.  Lit  toll  „weit,  fern'4,  auf  welches  C.  sich  beruft,  hat  mit  rijie 
nichts  zu  tun,  sondern  gehört  zum  prunominalstamme  tu-,  nom.  täs,  wie 
köl,  „wie  lange,  wie  weit"  zu  käs  und  ik-szöl  „bis  hierher"  zu  szis. 
Die  Verbindung  töl —  köl  „so  lauge  bis"  erinnert  an  das  Verhältnis  von 
xi]X(xog  :  nrjKxog ,  tdlis  :  quulis,  asl.  tulikii  :  kolikii  u.  s.w. 


102 


Leo  Meyer 


Eine  besondere,  mit  der  bis  jetzt  besprochenen  vielleicht  nahe 
verwante  gruppe  bilden  gr.  xolcovo-g,  lat.  ex-cel-sus,  collis  u.  s.  w. 
Zu  den  bei  Curtius  n.  68  und  Fick  wtb.  IL  57  f.  534  f.  auf- 
geführten analoga  aus  den  verwanten  sprachen  (z.  b.  lit.  kel-ti 
„heben",  kilna-s  „hoch,  erhaben",  kdlna-s  m.  „höhe,  berg"  u.s.w.) 
gehören  wol  noch  asl.  celo  n.  [=  lett.  keelis,  Mi  kl.  asl.lautl.3246] 
„frons"  (russ  celö,  poln.  czolo  etc.),  celesmü  „praecipuus,  prin- 
ceps"  (vgl.  lit.  pra-künu-s  „erhaben,  angesehen,  vornehm"),  ce- 
linikü  m.  „praefectus".  H.  Collitz. 


Kixcivü)  „erreichen"  und  die  zugehörigen  formen 
bei  Homer. 

Bei  Homer  begegnen: 

xixavco  Odyssee  13,  228;  15,  260; 

■uyju.voi.iai  Ilias  19,  289; 

mxävei  llias  17,  478  =  672  =  22,  436;  19,  165;  22,  303; 
Odyssee  8,  329; 

xiXuveTcu  Ilias  11,  441; 

imperativ  wyäveie  Ilias  23,  407; 

particip  yu%äv6i.i£V0L  Odyssee  9,  266; 

die  imperfectformen  ixlxäve  Ilias  5,  334;  ixlxäv  Odyssee 
17,  212;  Exiyävev  Ilias  17,  189  und  ausserdem  noch  xixävov 
(erste  Person)  Odyssee  10,  60;  zlxävsv  llias  2,  18;  3,  383;  15, 
257 ;  23,  524  und  üxävov  (dritte  pluralperson)  Ilias  10,  150, 
die  sämmtlich  auch  das  augment  zulassen  würden; 

die  aoristformen  eyuyev  Odyssee  3,  169  und  iu%G¥  Ilias  24, 
160;  7t.ixov  (dritte  pluralperson)  Ilias  18,  153;  conjunctiv  x/p?- 
aiv  Odyssee  12,  122  und  particip  y.lxwv  Odyssee  15,  157; 

futur-  und  aoristformen  mit  dem  zischlaut:  Y,ixt]O0}.iai  Ilias 
2,  258;  10,  370;  Odyssee  14,  139;  Kixrjoacu  Odyssee  4,  546; 
7,  53;  yuxrjoeTcci  Ilias  18,  268;  xixqooits&a  Ilias  10,  126;  xixy~ 
oeoitcu  Ilias  6,  341;  21,  605;  Odyssee  9,  477;  x^'aaro  Ilias 
4,  385;  6,  498;  10,  494;  21,  263;  22,  226;  Odyssee  6,  51; 
19,  400; 

ausserdem:  x/^g  (zweite  singularperson)  Odyssee  24,  284; 
xlxrjfuv  (erste  pluralperson)  Odyssee  16,  379;  xixfom  (dritte 
dualperson)  Ilias  10,  376;  yuxdco  (conjunctiv)  Ilias  1,  26;  3, 
291;  6,  228;  11,  367  =  20,  454;  18,  114;  hix€io/.iev  (conjunc- 
tiv) Ilias  21,  128;  xixeiy  (optativj  Ilias  2,  183;  9,  416;  Odys- 
see 17,  476;  xixr]f.i£vaL  (infinitiv)  Ilias  15,  274;  xixfjvat  (infini- 
tiv)  Odyssee  16,  357 ;  xt^fi/g  (particip)  Ilias  16,  342  und  xixtf- 
(.isvov  (particip)  Ilias  5,  187  und  11,  451. 

Keine  zugehörige  form  begegnet  bei  Homer  mit  einem  prä- 
fix   oder   etwa  auch  in  ableitungen  und  nominalen  zusammen- 


Ki%ävw  und  die  zugehör.  formen  bei  Homer.  103 

Setzungen  mit  ausnähme  des  einzigen  ä-xlxqvo~  „unerreichbar" 
(Ilias  17,  75). 

Das  richtige  verhältniss  aller  angeführten  formen  zu  ein- 
ander und  ihre  gemeinsame  grundform  oder  wurzel  zu  bestim- 
men, scheint  eine  noch  ungelöste  aufgäbe  zu  sein. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  ohne  zweifei  die  erwägung 
der  formen  der  zuletzt  zusammen  gestellten  gruppe.  Ahrens 
in  seiner  homerischen  formenlehre  <§.  99)  will  sie  offenbar  dem 
unter  einer  wurzelform  xt/  angesetzten  zweiten  passivaorist  sxl- 
Xyv  unterordnen.  Dagegen  ist  aber  zu  bemerken,  dass  die  frag- 
lichen formen  mit  allen  übrigen  oben  zusammengetragenen  we- 
sentlich dieselbe  und  durchaus  keine  deutlich  unterscheidbare 
passive  bedeutung  erkennen  lassen,  und  ausserdem,  dass  das 
participielle  xixl]lil€V0V  m&  seiner  medialen  endung  und  dann 
auch  das  participielle  a-x/xr/rog  neben  jenem  angenommenen 
passivaoristischen  v/.Lyji]v  völlig  unverständlich  bleiben  würden. 
Oder  sollen  diese  letzten  beiden  formen  möglicher  weise  einem 
abgeleiteten  verb  *x^aw,  *xi%(io[.icu  oder  *xix£(o,  *yuyJo[.i(u  zu- 
gewiesen werden  und  dann  vielleicht  eine  besondere  gruppe  mit 
den  oben  erwähnten  futurformen  und  dem  neben  ihnen  genann- 
ten aoristischen  ■/.i%f}oaxo  bilden? 

Da  eine  wurzelform  xix  mit  der  bedeutung  des  erreichens 
durch  nichts  und  namentlich  auch  nicht  aus  den  verwandten 
sprachen  erwiesen  ist,  so  drängt  sich  eine  ganz  andere  anschau- 
ung  auf:  es  handelt  sich  bei  'Myaviti  und  allem,  was  sich  ihm 
anschliesst,  um  reduplicirte  und  zwar  ursprünglich  präsentisch 
reduplicirte  formen,  wie  sie  grade  in  jener  letzten  gruppe  noch 
am  deutlichsten  heraustreten.  Als  wurzelform  ergiebt  sich  ein 
yä  und  zwar,  wie  es  scheint,  mit  durchaus  gedehntem  vocal, 
ohne  jenen  Wechsel  von  dehnung  und  kürze,  wie  ihn  zum  bei- 
spiel  iottjiu  neben  %oxa(.tev  und  xi&rj[.u  neben  xl&efxev  zeigen. 
Daher  'üyri\nv  „wir  erreichten"  (Odyssee  16,  379)  und  xixtjrrjv 
„sie  beide  erreichten"  (Ilias  10,  376)  wie  x/^g  „du  erreichtest" 
(Odyssee  24,  284).  Statt  des  conjunctivischen  y.ixdm  wird  xt- 
Xrjo)  herzustellen  sein  und  statt  xix&loftsv  (nur  Ilias  21,  128) 
ein  Y.LyjjO(.uv ,  denen  sich  möglicher  weise  noch  ein  altes  'ki%^bl 
(statt  Y.ixrjoiv?  Odyssee  12,  122)  zur  seite  stellt. 

Die  entsprechende  altindische  wurzel  liegt  vor  in  hä  mit 
dem  reduplicirenden ,  zugleich  medialen,  präsens  güütai  (für 
*giyhitai,  *gighätai  von  ursprünglichem  *ghä),  dessen  erste  be- 
deutung vielleicht  die  des  raschen  bewegens  war.  Böhtlingk 
und  Roth  übersetzen  „aufspringen,  wegspringen  vor,  weichen" 
und  weiter  „losspringen  auf",  „sich  hinbewegen  zu",  und  das 
particip  gihäna-  „den  anlauf  nehmend"  und  „fliegend"  (von 
einem  pfeile).  Mit  dem  präfix  anu-  bedeutet  hä  „nacheilen, 
erhaschen,  einfangen",  mit  abhi-  bedeutets  „erwischen",  und 
auch  die  Verbindung  mit  ati-  „über"  mag  noch  besonders  er- 
wähnt werden,  die  zum  beispiel  in  bezug  auf  einen  fluss  in  der 


104    Leo  Meyer  Kixava)  und  die  zugehör.  formen  bei  Homer. 


Verbindung  giricikharät  giricikharam  atihäja   „von  einem  berg- 
gipfel  auf  einen  andern  stürzend"  gebraucht  ist. 

Dass  in  yuxdvw  und  xiydvo{iai  das  reduplicirte  präsentische 
xiyä-  noch  durch  den  präsentischen  nasal  erweitert  wurde,  scheint 
ebenso  wenig  auffällig,  als  dass  zum  beispiel  /Luiivrjoxio  und 
yLyvwoY.ii)  ausser  ihrer  präsentischen  reduplication  noch  das 
präsentische  ox  annahmen:  über  den  ursprünglichen  werth  al- 
ler verschiedenen  so  genannten  präsensbildungen  sind  wir  noch 
viel  zu  wenig  unterrichtet,  um  hier  schon  bestimmter  entschei- 
den zu  können.  Vielleicht  galt  in  w/avco  und  xiydvo^KXL  das 
■uyä-  auch  schon  als  fester  gewordene  neue  verbalgrundform, 
wie  aus  einer  solchen  dann  auch  xixrjoo/iicci  und  y.iyrjoaxo  sich 
weiter  bilden  konnten.  Bei  dem  kurzen  aorist  exc/sv  wirkte 
dann  wohl  nur  analogiebildung,  indem  man  das  xt#  von  yuyävb) 
ebenso  als  blosse  wurzel  auffasste,  wie  mit  besserem  rechte  zum 
beispiel  das  ttc  von  ixdvto.  Möglicher  weise  beruhen  auch  die 
für  das  spätere  griechisch  unbestreitbaren  formen  eines  aorists 
exixev  für  die  homerische  spräche  nur  auf  missverständniss. 
An  der  stelle  des  conjunctivischen  xlyrjoiv  (Odyssee  12,  122) 
muthmassten  wir  schon  oben  eine  andere  form ;  für  zvuxev 
(Odyssee  3,  169)  und  mysv  (Ilias  24,  160)  sind  vielleicht  £x.l%t] 
und  Y,tyji  zu  setzen,  für  das  pluralische  x,i%ov  (Ilias  18,  153) 
vielleicht  xiysv.  Dann  würde  nur  noch  das  participielle  xiyiov 
(Odyssee  15,  157)  übrig  bleiben,  das  nicht  einmal  auf  guter 
Überlieferung  beruht. 

Dorpat,  den  9.  Januar  1878  [28.  december  1877J. 

Leo  Meyer. 


Skr.  dürvä. 


Wie  skr.  pürnd-  dem  lit.  pilna-  (Saussure  Mem.  p.  262), 
so  entspricht  skr.  dü'rvä  „hirsengras"  dem  lit.  dirvä  „acker, 
Saatfeld".     Vgl.  olvqa  „speit":  skr.  urvdrä  „saatland". 

Ich  benutze  diese  gelegenheit,  um  zu  bemerken,  dass  die 
resultate  meines  o.  III.  133  ff.  erschienenen  aufsatzes  —  der 
durch  Leskiens  schülerhafte  erklärung  von  Ugas  Arch.  f.  slav. 
phil.  III.  720'*«icht  berührt  wird  —  etwas  modificiert  werden 
müssen,  wenn  die  von  Fick  o.  III.  157  entwickelten  ansichten 
richtig  sind,  und  um  den  dort  besprochenen  tatsachen  einige 
weitere  analoga  an  die  seite  zu  stellen : 

an.  strodinn  —  sordinn,  pari  prät.  von serda (Fick  Wbch3.  III. 319); 
gr.  ovctq  aus  *ovoq  (ovsigog  aus  *ov£ooog),  vgl.  lat.  umbra  aus  *'onsra  ; 
av.  *kharedha  aus  *krda; 

av.  thanvana,  thanvara  (?)  aus  Hnvana,  Hnvara,  vgl.  skr.  tävara 
(Fick  Wbch.a  1.329). 

A.  Bezzenberger. 


105 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äolischen  dialects. 

Innerhalb  der  einen  grossen  classe  griechischer  dialecte, 
welche  im  gegensatze  zu  dem  ionisch-attischen  zweige  durch 
erhaltung  des  alten  idg.  ö-lautes  characterisiert  ist,  heben  sich 
bekanntlich  zwei  gruppen  durch  b  sondere  eigentümlichkeiten 
gegen  einander  ab:  einmal  die  mundarten  der  Griechen,  die 
nördlich  des  Isthmos  wohnen,  und  das  dorische;  sodann  die 
spräche  der  Aeoler,  Nordthessaler ,  Arkadier  und  Kyprier.  In- 
dem ich  wegen  begründung  der  hier  angenommenen  Scheidung, 
die  von  A.  Kirch  hoff,  dem  „pfadfinder  auf  diesem  gebiete", 
herrührt,  auf  die  lehrreiche  anzeige  des  Cauer'schen  Delectus 
von  Wilamowitz  verweise  (Zs.  f.  Gymnasialw.  1877,  s. 636  ff.), 
erlaube  ich  mir  heute  im  anschluss  an  Fick's  bearbeitung  der 
quellen  des  nordthessalischen  dialects  (Beitr.  V,  1  ff.)  das  ma- 
terial  zu  redigieren  und  zusammen  zu  stellen,  aus  welchem 
wir  die  kenntnis  der  in  der  geschichte  der  griechichen  dichtung 
so  bedeutsam  hervortretenden  äolischen  mundart  gewinnen  müs- 
sen. Sollte  meine  Sammlung  für  einigermassen  vollständig  be- 
funden werden,  so  verdanke  ich  dies  zu  einem  grossen  teile  der 
gütigen  Zuvorkommenheit  meines  verehrten  lehrers,  des  herrn 
geheimerat  Sauppe. 

Von  dem  \  dialecte  nun ,  dessen  gebiet  hauptsächlich  Les- 
bos  war  und  von  dessen  eigentümlicher  betonungsweise  bis  auf 
den  heutigen  tag  sich  spuren  erhalten  haben  sollen  (Earinos 
Movaelov  -/.ai  BißXiodtjxr]  rrjg  EvayyeXiTtrjg  ~x°^VG  U,  137), 
gewinnen  wir  künde  nur  aus  den  Inschriften  in  prosa.  Denn 
die  werke  der  beiden  lesbischen  lyriker  Alkaios  und  Sappho 
sind,  abgesehen  davon,  dass  wir  nur  trümmer  von  ihnen  haben, 
entstellt  aus  den  händen  der  grammatiker  auf  uns  gelangt,  da- 
zu noch  in  verwahrloster  Überlieferung.  Theokrit's  äolisierende 
idyllen  sind  nachahmungen  auf  grund  gelehrter  Studien.  End- 
lich die  epigramme  der  Balbilla,  der  hofdame  der  gemahlin 
kaiser  Hadrians,  sind  zwar  durch  keine  abschreibersünden  ent- 
stellt, allein,  wer  fehler  macht,  wie  ccvdrjoctvzog ,  Ka(,tßvaaig, 
Kayto,  kann  jedesfalls  erst  dann  in  betracht  kommen,  wenn  die 
Zeugnisse  der  wirlich  gesprochenen  spräche,  d.  h.  die  inschrift- 
lichen Urkunden  in  prosa,  angehört  sind. 

Beiträge  z.  kundo  d.  ig.  •prachen.  V.  8 


106 


F.  Bechtel 


Solcher  Urkunden  besitzen  wir  ziemlich  viel;  sie  sind  der 
hauptsache  nach  veröffentlicht  im  C.I. Gr.  IL  No. 2165  ff.;  ferner 
von  Conze,  Reise  auf  der  Insel  Lesbos  (Hannover  1865),  und 
Kaibel  (Cyriaci  Anconitani  inscriptionum  Lesbiacarum  sylloge 
inedita,  Ephem.  Epigr.  II,  1  sqq.).  Sie  umfassen,  so  weit  dem 
alter  nach  bestimmbar,  die  zeit  von  der  1.  hälfte  des  4.  Jahr- 
hunderts v.  Chr.  bis  zur  regierung  des  kaisers  Septimius  Seve- 
rus.  Scheint  schon  dieses  altersverhältnis  ungünstig,  so  wer- 
den die  erwartungen  auf  grammatische  ausbeute  noch  weiter 
herunter  gestimmt  durch  die  tatsache,  dass  wir  aus  einer  epo- 
che,  in  der  die  attische  spräche  noch  nicht  auf  die  übrigen 
dialecte  einfluss  zu  gewinnen  begann,  nur  eine  einzige  inschrift 
besitzen,  und  dass  von  den  übrigen  weitaus  die  mehrzahl  römi- 
scher zeit  entstammt.  Und  damit  noch  nicht  genug,  dass  wir 
keine  alte  inschrift  haben:  auch  die  jungen,  die  auf  uns  ge- 
kommen, sprechen  zu  einem  grossen  teil  keine  natürliche,  son- 
dern eine  gekünstelte  spräche,  sind  nicht  mehr  ausdruck  des 
volksmundes,  sondern  einer  affectata  antiquitas.  Hält  man  z.b. 
die  aus  Mytilene  stammende,  zu  Erythrae  gefundene  und  von 
Kenner  publicierte  inschrift  aus  der  mitte  des  2.  vorchrist- 
lichen Jahrhunderts  zusammen  mit  der  andern  Mytilenäischen 
auf  Aulus  Clodius  Perennianus  (CIG  2189)  aus  der  kaiserzeit, 
so  wird  man  sofort  erkennen:  die  spräche  der  letzteren  kann 
nicht  fortsetzung  der  spräche  der  ersteren  sein,  mag  an  dieser 
der  ionische  Steinmetz  noch  so  stark  gesündigt  haben.  Ist  das 
durchgängige  argdrayog,  ano  in  jener  der  Umgangssprache  ent- 
nommen, so  kann  nach  zwei  Jahrhunderten  nicht  wieder  oxqö- 
rccyog,  dnv  mode  gewesen  sein.  Oder  man  nehme  die  mit  je- 
ner erst  genannten  gleichaltrige  inschrift  von  Tenedos  und 
vergleiche  sie  mit  der  grossen  von  Kyme  auf  L.  Vaccius  Labeo 
aus  den  jähren  2—14  n.  Chr.:  mag  man  die  örtliche  Verschie- 
denheit auch  noch  so  sehr  in  betracht  ziehen,  immerhin  wird 
man  nicht  behaupten  wollen,  dass  die  stufe,  auf  welcher  der 
dialect  hier  steht,  die  fortsetzung  sein  könne  von  der,  auf  wel- 
cher er  uns  dort  entgegentritt.  Liegt  uns  dort  ein  zeugnis  vor 
für  den  verfall  des  dialects,  welches  sich  trefflich  einreiht  in 
die  geschiente  des  Verfalls  der  griechischen  mundarten  über- 
haupt, so  dürfen  wir  in  dem  denkmale  hier  nur  das  zeugnis 
für  die  künstliche  Wiederbelebung  des  dialectes  erkennen.  Als 
marksteine   diabetischer  entwickelung  können  also  die  meisten 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  107 

dieser  späten  Urkunden  nicht  gelten ;  für  die  geschiente  des  dia- 
lects haben  sie  nicht  mehr  wert,  als  die  poetischen  machwerke 
der  Balbilla. 

Die  zeichen,  die  ich  angewendet,  sind  meist  selbstverständ- 
lich. Was  angenommener  oder  erweisbarer  massen  auf  dem 
stein  gestanden  hat,  aber  nicht  mehr  zu  lesen  ist,  habe  ich  in 
der  abschrift  in  [  ]  geschlossen;  das  aber,  was  auf  dem  steine 
selbst  zu  tilgen  ist,  ebenda  mit  runder  parenthese  umgeben. 
Schreib-  oder  lesefehler  sind  durch  runde  parenthese  in  der 
Umschrift  kenntlich  gemacht. 

Die  äol.  psilosis  habe  ich  überall  durchgeführt ,  selbst  bei 
den  jüngsten  denkmälern ;  nur  wo  vor  dem  vocalisch  anlauten- 
den worte  eine  aspirata  auf  dem  steine  steht,  muste  natürlich 
der  asper  geschrieben  werden.  Der  accent  ist  durchweg  dem 
äol.  accentgesetze  gemäss  behandelt. 

I.    Lesbos. 
A.    Inschriften  aus  Mytilene. 

1.  Münzvertrag  zwischen  Mytilene  und  Phokaia.  —  Der  stein 
ist  am  hause  des  Jrj(.irixQiog  KaQa7tavayit6rr]g  in  der  stadt  Mi- 
tilini  eingemauert.  Die  inschrift  zuerst  herausgegeben  von 
Conze,  Reise  auf  der  Insel  Lesbos  (Hannover  1865),  taf.  VI, 
1;  sodann  von  Newton,  Transactions  of  the  Royal  Society  of 
Literature  of  the  United  Kingdom  VIII,  549  ff.,  und  zwar 
nach  „an  impression  in  paper  taken  by  me  in  1852".  Ohne 
rücksicht  auf  die  letztere  publication  haben  über  die  inschrift 
gehandelt  Blass,  Hermes  XIII,  382  ff.,  und  Dittenberger, 
a.  a.  o.  399  f. 
1  e [oxxi]     2  [öey.eai}7toha[a]u(poT[eQai] 3 

yQ(X(plOlOl£LOTüv\oxaXXa.v].  ..         4     ....XO}lOLY.v[Q\lOV£OXü)x[ovd£Y.£Q 

vav]  5  [TaTo]xQvawvv7zodtx,ov6[[.<[.t£vcu(x/iicpo~]  0  [xEQ]aioixaiarco 
Xuaoiör-:[aazaiGÖe]  7  \E[.i\ii£vaixioi(.i£V£[.i[.ivxLXrivcti[Y.£Qvav\ 
8  [Ti~]raiO(XQXc(iOfi(uocuoTai(j£[i/Li[vTtX\  9  [r]]vain?.eaoT(ovai/iiio 
£0)vs(.icpwy.aid[e'c~\  10  atoaQxaia7Taioaiozaia€/it(po)xai7il[€]  11  a 
OTQ)vcu(.uoud[v\t<xvdtidiY.(xv£[.iii£vai  12  ETVsrAscoviavTOOsf-eX&rjisve 
£(.irjvve  13  Gi(XLdEY.£Y.azay[vLü\&;iLTOXQVoiov/.£Q  14  vavvdctQEGTe 
[Q]o[v]d-?.Xtüvd avaxwi'Ca^it  15  LüO&toaidsxsa7ivcpvyr]iti[rj]&£Xcüva/ii 
ßQ[o]  IG  rrivTLf.i(xTwx\o\diY.aarriQiovoTXLXQr}a  17  vxv7tadr}vrjy.a 
x&£[(.i\£vaiaÖE7toXio(xvm       18   xioo"Kaial,af.uoG[€a}xw£XaxovjiivxiXrj 

8* 


108 


F.  Bechtel 


19  vaoi7tQoo&£xo7tTr)vaQ%£i7t()otavi(Jo  20  7Teda/.oXiüvnve[ficp]coxai 
deoizedaac>io[x]     21  (xq%ov. 

Umschrift:  oxxi  2  de  xe  al  TtöXig  dficpoxeqai 'Sygd- 

cpcaiai  elg  xdv  oxdXXav  4  ximoi  xvqiov  eaxco.   xdv  de  xzq- 

vav-  5  tcc  xd  xqvolov  vnödvxov  e'fifievai  dficpo-  6  xiqaiot  xalg 
TtoXleaoi.  dixdoxaig  de  7  sf.tf.uvcu  xcoi  fiev  efi  MvxiXrjvai  y.£q- 
vav-  8  xi  xalg  aq^aig  naloaig  xctlg  Ifi  MvxiX-  9  rjvai  TiXeag 
xiov  alutoecov ,  ifi  ®ioxcu  de  x-  10  alg  aQxaig  naioaig  xaig 
ifi  (Dojxcu  rcXe-  11  ctg  xtov  alfiioetov.  xdv  de  dixav  e'fifievai 
12  enei  x«  coviavxog  e£eX&i]L  sv  et-  fiiqvve-  13  o(o)r  al  de  x£ 
xaxayvco&rji  xö  %qvoiov  y.eq-  14  vav  vdaqeoxeqov  &eXcov,  &ava- 
xcol  £afu-  15  cood-co,  al  de  xe  dnv(fvyr\i  firj  SeXtov  dfißqö-  16 
xrjv,  xifidico  xö  dixaaxi]qiov  oxxi  XQV  a~  ^  vx(o)v  Tid&rjv  rj 
xaz&efievai,  d  de  noXig  dval-  18  xiog  xal  dtpfuog  eaxco.  eXa- 
yov  MvxiXrj-  19  vaoi  rcqoo&e  xonxnjv.  dqy^ei  nqoxavig  o  20 
Ttedd  KoXcovov,  ifi  (Dcoxai  de  6  Ttedä  l4qiox-     21  aq%ov. 

Der  vorliegende  vertrag  ist  nach  Newton  (cf.  s.  550  u. 
555  f.)  nicht  später  als  OL  96  (c.  390)  abgeschlossen.  Die  in- 
schrift  ist  axof/r]d6v  geschrieben,  jede  zeile  (bis  auf  z.  17,  wo 
die  beiden  letzten  buchstaben  ai  für  einen  einzigen  zählen)  ent- 
hält 30  buchstaben.  Für  die  lesung  ist  Newton's  abklatsch 
zu  gründe  zu  legen,  da  der  stein  zu  der  zeit,  wo  ihn  Newton 
sah,  offenbar  noch  besser  erhalten  war  als  einige  jähre  später, 
wo  ihn  Conze  abschrieb.  Nur  z.4  hat  Conze  richtiger  xioioi 
(Newton:  xcoiox),  und  z.  15  bietet  er  ^4.YOlF.I,  wo  N.  nur 
APY(D.~HI  gibt.  Aber  namentlich  z.  19  uud  20  sind  bei  C. 
so  trümmerhaft,  dass  ihre  lesung  Blass  nicht  glückte,  woge- 
gen N.  ganz  deutlich  die  worte  bietet  1),  die  Dittenb erger 
nach  Conze's  publication  hergestellt  hat. 

Z.  4.5.  Newton:  x[öfi  fiev  xoxpav  ||  xa].  Blass:  x[6v  de 
xeqvav  ||  xa].  Die  lesung  von  Blass  ist  vorzuziehen  1)  weil 
die  tätigkeit  des  münzmeisters  z.  13.14  ausdrücklich  ein  xeqvav 
genannt  wird;  2)  weil  die  buchstabenzahl  auch  in  z.  7.8  die 
ergänzung  von  xeqvav  ||  xi  gestattet,  während  xöipav  \\  xi  einen 
buchstaben  zu  wenig  hätte,  und  gegen  Newton's  lesung  vixo- 
dixcoi  die  unwahrscheinlichkeit  des  von  ihm  hergestellten  Zu- 
sammenhangs spricht:  „der  münzmeister  soll  beiden  städten  ver- 
antwortlich sein ;  richter  aber  desjenigen,  der  in  M.  verantwort- 


*)    Teilweise  schon  citiert  von  CCurtius,  Hermes  VII,  412  note  3. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialecfcs.  109 

lieh  ist,  sollen  sein  ....".  Ich  bemerke  dies  auch  gegen  Clemm, 
Rhein.  Mus.  XXXIII,  608. 

Z.  12.13.  N.  f.ir}vveoi;  B.  (.irjvve[a]  ||  gl ,  so  d«ss  z.  12 
ebenfalls  31  buchstaben  hätte.  Vielleicht  liegt  aber  nur  ein 
versehen  des  Steinmetzen  vor,  dem  auch  z.  17  avzv  zur  last 
fällt. 

Z.  13.  N.  y.aza{y.Qi\$rji  gegen  seinen  eigenen  abklatscb ; 
B.  yaza[yvoj]&r]i. 

Z.  14.  N.  vdaoeözzQov ;  B.  zb  doeozegov,  letzteres  zu  ver- 
werfen.—  N.  <X7tv(p[dv]r]i ;  B.  d[rc\vcpvy[rj\iy  dies  trotz  C lern  ms 
Widerspruch  richtig;  denn  wie  Cl.  behaupten  kann,  der  Newton'- 
sche  papierabklatsch  biete  keine  spur  eines  r  (er  hat  deut- 
lich ein  ",  was  niemals  ein  N  gibt),  verstehe  ich  nicht. 

2.  Volksbeschluss  der  Mytilenaeer  betreffs  der  Restitution  der 
Verbannten.  Zusammengesetzt  aus  zwei  stücken:  das  erste  bei 
Conze,  taf.  VIII,  2  (jetzt  in  der  schule  zu  Mitilini);  das  zweite 
bei  Boeckh,  CIG.  2166  („Mitylenis  in  vestibulo  monasterii  D. 
Therapontis  prope  parietinas  veteris  templi").  Die  Zusammen- 
setzung ist  von  Blass  (Hermes  XIII,  384  ff.).  —  Aus  typogra- 
phischen gründen  gebe  ich  hier  nur  die  Umschrift  des  inschrift- 
lichen textes  und  lasse  diesen  selbst  am  Schlüsse  dieser  abhand- 
lung  folgen. 

Umschrift:     1  Ol  ßaai'Xrjeg  rtQogxl&eo&ov  ztoi  kcc- 

zsXyXv&ov-  2  zi  (og  ziyvav  zeyva/nevio  rw  iv  zai  tzoXi  TtQoods 
i'ovzog.  ai  di  x«  zig     3  zwv  yazsXrjXv&övzcov  ftr)  i/ii/.isvrj  iv  zalg 

öiaXvoieooi  zavzaioi,     4  (.ifj  tio&to  7tdo  rag  nöXiog  yzrj- 

f.iazog  /urjdsvog,  /nrjde  oz-  5  eiyhio  inl  f^rjöev  zcof.i  jtaQsyioQri- 
oav  avzwi  oi  iv  zai  noXi  ttqoo&e  6  sovzsg,  aXXd  ozsiyovzov 
inl  zavzcc  za  xzrj(.iazct  oi  Tvagyojqrjoavzs-      7    g  ttqozsqov   ziov 

iv  zai  rtoXi  rtoöo&e  iovziov,  y.ai  oi  ozgozcc yoi  eia     8  

vzov  ircl  zbv  iv  zai  ttoXi  tvqoo&s  e'ovza  za  Kzy/iiaza  9  zavza 
wg  zeyva(.iivw  zco  yazeXrjXv&ovzog ,  v.al  o\  ßaoihjsg  rtqogzi 
10  &eo$ov  zcoi  iv  zai  noXi  nooo&e  e'ovzi  cog  ziyvav  zeya/nivco 
zco  v.a-  11  xeXrjXv&ovzog,  ^6°  aY  v.i  zig  dUav  yqdcfy\zai  tczqI 
zovzojv,  (.irj  eiod-      12  yovzov  oi  7t£QiÖQO/Lioi  yal  ol  diY.aGY.o- 

itoi  /iü]ds  aXXa  aqya  /nrjösta      13 öi  zolg  gzqo- 

zdyoig  nai  zolg  ßaoiXrjag  xai   zolg  it e-     14   Qidoo/noig   v.ai 

zolg  diy.aay.07to ig  xat  zalg  dXXaig  aoyaig,   ai  yb     15  

zötog  iv  ztoi  iparpio/Aazi  %al  Yazdyqtvzov     16  

tteqI  öi  zcov  yeyoafifiivwv  togys  /.irjö-     17  sv  didcpoqov  slrj 


110 


F.  Bechtel 


TÖlg  y.aTsX^Xvd^6vxEOOi  Ttgbg  xolg  sv  zcci  nöXi  tt-  18  qoo&e 
s'ovtag,  dXXd  eiev  ig  tb  nav  diaXsXvfxsvoi  rtävtsg  rtgbg  dXX- 
19  dXoig,  olxrjoaisv  ds  rct(.i  tzoXiv  aTQEOTcog  y.al  Eiifisvoisv  sv 
tccl  d-  20  vaysyoaLttisvai  SiaXXdyai  y.al  Tai  diaXvai  Tai  sv 
tovtcoi  Ttoi  \pa-  21  cpiGf-iaTt  oiioXoyrjiisvai,  e'Xso&ai  tov  öä/nov 
dvdgag  el'xooi,  dexa  22  /niv  ex  tcov  xaTeX&ovtiov  dsy.a  ds  ex 
tcov  sv  Tai  rtoXi  Ttgoo&e  eovtcov.  23  ovtoi  ds  sg  dvvaiuv  cpv- 
XdooovTOv  xai  s/ti/iiiXeo&av  cog  Lirjdsv  so-  24  astai  didcpogov 
Talg  xaTeX&6vT€OOL  y.al  TÖlg  sv  Tai  ndXi  Ttgood--  25  e  eov- 
Tsooi.  ngd^oioi  de  y.al  Ttsgl  tcov  ducpigßaTrjusvcov  y.Trj/udxcov 
jtg-  26  dg  Toig  xaTsX&ovxag  y.al  rtgbg  Toig  iv  rat  nöXi  (ngo- 
o&e)  i'ovTag,  y.al  Ttqog&rj-  27  oovxai  cog  iidXioxa  iisv  diaXv- 
üiqoovTai '  at  de  {.irj ,  sooovxai  cog  dix-  28  aOTai.  y.rjvoi  d*  ev 
ralg  diaXvaUoai  Talg  6  ßaaiXevg  ETtsygivvEx-  29  o  xal  sv  Tai 
diaXXdyai  stiiievsoioi  Ttdvxsg  y.al  olyrjüoioi  ra/t  7t6-  30  Xiv 
dxgsoTcog  y.al  oiiovosvxsg  ngbg  dXXdXoig.  xal  Ttsgl  xgrj/ndxcov 
31  Ttdvtcov,  ex  tcov  xe  cocpsXrjxai  d  öidXvaig  cog  TxXsloxa,  y.al 
Ttsgl  OQY.M-  32  v,  OTTivdg  y.e  av/ncpegrjv  dytovTai ,  Ttsgl  tovtcov 
TtdvTcov,  oaaa  y.e  o/lio-  33  Xoy/jocooi  Ttgbg  dXXdXoig,  ol  dygs- 
d-svxsg  dvÖQeg  cpsgovxov  etiI  t-  34  bv  dd/iwv.  6  ds  daf.iog 
dxovaaig,  ai  ae  dyrjTai  av/nfpsgrjv,  ßoXXsvsTco  35  TtOTsgov  doyrj 
ytvgco&rjv  zd  of.wXoyiqi.iEva  Ttgbg  dXXdXoig  av/ncpsgov-     36  Ta  ... 

TÖlg  xaTsX&övTEOOi  snl  Siuxiva  (?)  TtgoTavtog     37 

adTj.     al  öe  xe  ti  evdevtj  tco  xpacpio/uaTog     36 

tovtlo,  XsysG&co  Ttsgl  tovtco  sv  t5i  ßoXXai.  y.vgco&£VTog  ds  tco 
ij.ia(piü-     39   (.taTog  tovtlo  Tai   syxXrjolai  tov  dctuov  sv  Tai  ei- 

y.6öTai   tco   iifjvvog     40    svt-aoD-ai  Iga  To7g  Üsoiai ,    snl 

o~toTt]Qiai  y.al  svöaifx-  41  ovlai  xat  Tvyai  Tag  nöXiog  ysvso&ai 
Tav  öidXvaiv  Toig  '/.azsX-  42  ^övteogi  xai  Toig  7tQoo&e  sv  Tai 
nöXi  eÖvtegoi.     Toig  de  ^rjag  t-     43   e  y.al   iQ07COiotg   Ttdvxag 

y.al    Talg   igeiaig  toig  vavoig  . .      44  &rjv.     Ta 

de  ioa  Ta  6  däjiiog  -qvt-aTO,  log  G7t-  45  ovöav  a7tv(pdvcoiiEv  Tav 
7TeqI  tov  ßaoiXrja,  ärtvöoiisvai  TOig  ßaolX-  46  rjog  yEvs&Xioioi 
xar  svlavTOV.  7taqE(.if.iEvai  ds  Tai  üvoiai  xal  to-  47  lg  VTtb 
tco  ödfico  dyQs&svTag  dyysXoig  Toig  Ttgbg  tov  ßaaiXrja  rcE/iicp- 
48  &r]oouevoig  vnb  tcov  7Cq6o0-e  sv  töi  noXi  mvxcov  y.al  Toig 
VTtb  tcov     49  y.aTeX&6vTcov.    to  ds  ifjdcpio/ita  tovto  dvayqdipav- 

Tag  xolg 

Die  inschrift  ist  mit  Boeckh  dem  jähre  324  v.  Chr.  zu- 
zuweisen.    Sie  besteht,  wie  schon  bemerkt,  aus  zwei  fragraen- 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  111 

ten.  Das  erste  derselben  reicht  bis  z.  16,  doch  so,  dass  die 
durch  druck  hervorgehobenen  stellen  zeilenreste  des  zweiten 
Stückes  vorstellen,  welches  den  schluss  (16 — 49)  des  ganzen 
bildet.  Dies  ist  erkannt  von  Blass  (s.  o.),  nachdem  schon 
Wald  (Addit.  p.  7)  die  nahe  beziehung  beider  fragmente  her- 
vorgehoben hatte.  Hier  wie  dort  ist  die  linke  seite  zerstört, 
bei  dem  vorderen  stücke  auch  die  rechte,  so  weit  es  nicht  in 
der  angegebenen  weise  durch  das  untere  ergänzt  wird  (also  z. 
1 — 6),  und  auch  in  dem  unteren  fragmente  werden  einige  er- 
gänzungen  auf  der  rechten  seite  notwendig-  Da  indes  die  in- 
schrift  oxoiyrfiov  geschrieben ,  die  ursprüngliche  zeilenlänge 
auch  noch  festzustellen  ist  (in  I  durch  z.  12  und  14;  in  II 
durch  z.  22,  26,  42),  so  konnte  an  die  herstellung  des  ganzen 
gedacht  werden,  welche  denn  für  die  beiden  bestandteile  je  von 
Boeckh  (für  dessen  lesungen  übrigens  auch  die  bemerkungen 
zu  CIG  3524  und  in  den  Addenda  zu  2166  x)  in  betracht  kom- 
men) und  Blass  versucht  ist. 

Z.  18  ergänzt  B. :  dXX3  eiev  rcavxeXiog  /.vi.  Da  auf  dieser 
inschrift  bloss  das  e  in  de  apostrophiert  wird  (z.  11  ftr)if  aX  xe), 
so  habe  ich  gesetzt  aXXa  elev  eg  xb  nav  xxX.;  aus  dem  glei- 
chen gründe  z.  31  Ttävxcov  ex  xiöv  xe  (.ocpeXrjxai,  für  tuxvxiov 
ccTtv  xiöv  x  id(p.,  und  in  der  nächsten  zeile  oxxivocg  xe  für  xcav 
x   avxoi  (xe  vor  vocal  in  zz.  32  und  34). 

Z.  25.  eövxeooiv  egeotac  B.  ist  falsch;  ebenso  26.27  tcqo- 
oö/jooiolv  tag:  denn  die  älteren  äol.  inschriften  kennen  das  v 
ecpelx.  nicht,  cf.  Ahrens,  I,  45;  Wald,  p.  10.  Also  hier 
etwa  7tQoo&rjooiiai,  dort  tcq(x^olol. 

Z.  28.  B.  Xohtov  de  ralg  dialvoleooi  .  .  .  e/uf.ieveoiai. 
Aber  z.  3  e^if.ievrj  ev  zeug  diocX.,  z.  19  e(.if.ievoiev  ev  xm  xxX. 
Daher  auch  hier :  ev  xcüg  diaXvoUooi  und  vor  ev  ergänzung 
von  6  buchstaben. 

Z.  29.  Zieht  man  den  vorletzten  buchstaben  von  e7texqiv- 
ve[xo]  noch  in  die  28.  zeile,  so  bietet  sich  die  vorgeschlagene 
ergänzung,  die  bei  Boeckh  noch  fehlt,  von  selbst  (cf.  z.  20.). 

Z.  30.     6f.iov6evxeg  nach  den  Addenda. 

Z.  35.     B.  7teql  xio  eiuxvQovod-ai,  letztere  form  unäolisch; 


x)  Da  findet  man  z.  b.,  dass  B.  die  3  pl.  imper.  auf  -vxov  und  -af&ov, 
die  Cauer  überall  in  die  landläufigen  corrigiert,  mit  Ahrens  I,  130 
beibehalten  wissen  wollte. 


112 


F.  Bechtel 


meine  ergänzung-  ist  nach   y.[oV\vai,  zbv  da/nov   7zoz£qo[v  öoy.]£l 
Eres.  1,  C.  21.22  gebildet. 

Z.  36.37.  B.  liest:  [za .  eXd-rjv  öi  st-sozio  zolg  Ka]z£X&6v- 
tbool  E7ti  za  y.olva  7tQozdviog\\[zio  nqdzio  (wenigstens  7iqü>zio !) 
Itce'l  ks  zavza  ipaq)i]o&t].  Allein  für  za  y.olva  bieten  zwei  ab- 
schritten 2MIQINA,  eine  andere  2MI0INA ,  und  da  B.  mit 
recht  vermutet,  dass  hierunter  der  name  des  prytanen  verbor- 
gen sei  (aber  was  für  einer?  2/niölvag  ist  nichts,  Sfwuvag 
gewaltsam),  passt  die  ganze  ergänzung  nicht.  Nur  soviel  scheint 
sicher,  dass  die  beiden  Zeilen  eine  bestimmung  enthielten ,  wel- 
che die  xazel&ovzeg  allein  betraf. 

Z.  39.  Tzaqa  zwi  öduun  B.  ist  zu  verwerfen;  vgl.  z.  4 
7zaQ  zag  nöXiog,  z.  6.7  rtaQXMQijoavzeg ,  und  Ahrens,  I,  149. 
■KVQOva&ai  mit  dativ  kann  ich  freilich  auf  inschriften  nicht  belegen. 

Z.  39.  rixoozai  zw  [irjvvog  nach  Kiepert;  der  monats- 
name  folgte  im  anfang  der  nächsten  zeile. 

Z.  43.44.  B.  liest :  zalg  sv  zolg  vavotg  \jta  ||  laaig  TTQog 
zdv  £vyav  ovv£X]&r]v.  Aber  zalg  iv  ist  sicher  nie  ht  rihtig,  da 
von  den  abschriften  die  eine  OEFSHI,  eine  andre  OEIFNI  und 
zwei  übereinstimmend  OEirEN  geben.  Gegen  das  deiyyv,  wel- 
ches Ahrens  (I,  112  note)  hieraus  erschlossen  hat,  mit  recht 
J.Wackernagel  (Beitr.  IV,  308). 

Z.  44.  yvl-azo:  die  abschriften  AYEATO  oder  AY2ATO 
oder  ..SAFO. 

Z.  46.47.  B  &votai  [zäv  &  ||  vof.ievai  zolg  &£oioi  zolg  dy~\ 
yiXoig.  Aber  Kiepert  liest  (cf.  Addenda)  Svoiai  KAI]  darum 
wurde  die  Boeckh'sche  ergänzung  aufgegeben. 

3.  Ehrendecret  für  Erythrae,  Erythräische  Richter  u.  s.  f. 
Gefunden  zu  Erythrae,  jetzt  im  k.  k.  Münz-  und  Antikencabi- 
net  zu  Wien,  publiciert  von  Kenner,  Sitzungsberichte  der  k. 
Akad.  d.  Wissenschaften  in  Wien,  1872,  s.  335—356. 
1  €yvcüda/noGTt€QuovaßoXXa7tQO£ßoXXeva£xai7toXvd£vytr]Of.i£  2  yto 
voooz£zay/it£vooozQazayoo£7Zi7vavztüvyiaiaio%vXrjOo&£/iii0zuo  3  o 
avziyoaq)£VG£7Tizovda/iiovr]X&ov7r£()izü)da/ncüza)i£Qvd-QauüVü)0  4  y.e 
£7raiv£d-£ir]Y.aioz£cpavto&£ir]£VzoiadLOVvoioioxQvoitoioz£  5  (pavioL 
Y.aL7i£QiziovdixaoTav£Y,azaLwdrii.ir}ZQi(jüdLodozü}Y.Xs     6  tüvvf.i£i(jt)ioox£ 

£7ZaiV£$£l£Vy,aiOZ£CpaVü)&£l£V£VZOlodLOV[v]         7    OlOLOL%QVOLU)OZ£(pa 
V(jUlY.ai(x)OZ£%£VlO&£l£V£VZlül7TQVz[a]         8    V£UÜlXai7T£Ql7TQO{;£ViaOXai 

7toXizzaoLva7toitjacovzaioL    9  azQazayouq)odovv7t£QavztüV£vzoioxQ 
ovolozoio£y.z(jovo  10  f.io)y.ain£Qizo)yQa(.if.iaz£oaavziüvd-£07to[XTtü)a7to 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  113 

XXodox[(o]  11  tooxeE7tcav£&eir]xai(jT£(pav(jü&£ir]€VTOtodiovv(noiaix 
qv  12  Giü)OTecpccvtüixca<zsvto&£ir]€VT(oi7tQVTavr]Cü7T£()M(jüdL  13 xaa 
zaytoytocty£/uaxtüay(y)£X£UüU)GX££7teav£&£irj  14  Y.caox£cp(xvu)&£L£V£v 
roiodiovvoioiGLXQV(JUt)(jT£cpavü)xcc[i}  15  £igxo7TQVxavrjiov'/.Xrj^£ir)fi£ 
xaxwvöiKaaxavaya^aixv     16  xaid£dox&aixcoida[.itot£7Z£idrj£()v&Qcu 

OlOVyy£V£lOXCt[l]  17  CpiXoi£OVX£OX(XG7ToXlOG&£XoVX£Oa7Tod£l(i;iVTZOl 
l]OCtG&Ctl  18    TCCO£VVOiaoaO£XOlOl7tQO(JTOvdcc/ilOV£VT£TOlOaXXoiO 

19    T0lOOV[.l(p£QÖVT£OOL'VCt7T0X£l7tQ0V0r}VTai'/.a&0X.£dvv\(x\       20  XOI£10 

aiycaiTt£QiTCüjLi£Ta7t£/ii7tttodixaaTr]Qiwi£f.ißXs  21  7iovx£0£LOxctvG7io 
vöava^i7toirjodaf.ioa£cpiXoTi[f.trj^  22  &rjoavxaict7i;£ox£XXavdixaoxai 
oxaXoioxaiaya  23  ^Oiaoix£7taQay£vofi£voixav7CQoarjxoiaav7tQOvo 
tav     24  €7Zoit]oavro7i£QivccvdiKavxeu£cpQOVTioaviv(xoi!.i£vovX     25  A 

vd-lOOlT<X7tQ0OaXXrjX0lG0td£dl(XKQlV0j.l£VOLTVXL0Ol        26    XlOVÖlY.(XUOVX 

avt£7taQ£Ttiöajiuav£n:oirjaavToaQ^io  27  tovxo)ooTCiooovvy.aioda^i 
oacpav£QOorji£vxaQiavcoa  28  ovvavxaia£xaaxoiaixai/nvav7toir]tu£vo 
GX(ßv%££^ano  29  [ö-JrcAAavrwvxatrw[y(J]txaarax'Twv£7rfiw€A£wö' 
xat&xa[*]  30  too7tQoaxavx(.ovxavdr/.avxaia^itüaxwvx£a7roax£XXav 
31  T(ovxairaoTtüda/i(to[ccy]ߣ(jio(j£7Tcuvi]0(UTOvdaiiovrov  32  £qv&q 
amv£7iLTai£vvoLctiai£X£L7tQOora(.i7ToXivY.cti£7tLTioia7ZO  33  axsXXai 
dixaoraiazaXoioxaiccya&oioxaiOT£cpavcüOca£VTOio  34  diovvoioioi 
XQv<JuooT£(pavco£7teav£(j(xid£/.cuTOi<TdixaoTai(j£?.[cc]  35  xaiovxaidi 
odoTov£7ZiTto7iQooTavTtovx.aTrcaodixcu(Ji(JU)j  36  xaidixauooxaiox 
£(pav(üoai£VTOiodiovvoioioixQvoiü)OT£cpava)      37  £ioayrjoao&aid£7t 

€QiaVTa)V£VT0lGXQ0V0lOT0lO£KTü)V0{llO      38    Y.CaX0lOOXQaxCty0lO07Ux)O 

v7taQ^rjLavTOiai7TQO^£viay.ai7toXit£[i]  39  a£7taiv£oaiÖ£aaixoyyQai.i 
p.iaT£cc&£07io/ii7iov£7tiTü)i7t()ayitaT£[v]  40  &r]vaicpiXoTiiuooxaia!:i(jü 
0(xi.i(poT£Q(jüvxai.iTCoXuovY.aiOT£[cpa\  41  viooaiavxov£vxoiadiovvaio 
ioixQvouooT£cpav(0£7taiv£(jcada[x.ca]     42  xovdiKaaxaywyovay£/naxov 

£TtlTa)l(plX0TlliU0O£7Tld0/il£VCc[l]         43     £CtVX0VY.(XL7tQ0GXaVXl0VY.CtXX0lO 

diY.aav(XLOiva£Y.aoT(xdi££\a)  44  y&£ü)OLdiY.aiiüOv.aiovi.i(p£QOvxioGY.<x 
iax£(pavioaai£VTOLod\jLOvv\  45  aioiOLXQvoLO)ax£(pavioxaod£avayy£X 
LaoTOJVOX£(pavto\ywo'/.£ye]  46  vr]xai£7c  i{i£Xr]&rjVxov(jßaoiX£aoxai7t() 
vt(xv£Lay.cxX£Oaid££7i[C]  47  xoLodiY.aoxaiOY.ctLxoyyQaf.max£ct£7txo7TQ 
vxavriiov£7tixcty/.oivav£or\jL]  48  avy.aX£aaid£f.i£xavx(ov£LOxo7tQvxci 
vrjiovxaixovdixaoxccywyov  49  xilQovovriG(Xi^tlli(XL7tQeaßevi:avsY-7ta 
vxü)vxü)!A7ToXixavxovd£ayQ[£~\  50  ^=vxaxox£\pacpiaf.iaav£V£y'/.ai7tQ 
oa£Qvd-QaiOLoy.ai£/uq)avioavxa(a)  51  7t£Qixaa£vvoiceaaa£X£ioda/noa 
7tQOoavxoioy.aixaojty,ovo/.irjf.(£va  52  V7coxcovdixaoxav7taQaxaXt]vavx 
oi<j£7Tif.uX£G7toirioacf&cuo7Tu)\a1\o\i\  53  x£OX£cpavoiavayoQ£vd-£ajoi 
xai7TaQ£avxoioxcuxoavxiyQacpovxcoipr]      54  cpio/Liaxooavay()cccprj£Off 


114 


F.  Bechtel 


xaXXavxaiavax£&rj(oo£V£7tiq>av£o[xa]xü)xo  55  7t\jo]xai£[.i(pavi'Cr}v 
oxxixavxa7ioit]oavi£OxaQiooovxaixioidauiü  56  7tQ£Gߣvxao7iv&oq> 
arjoieQoyeveioo 

xovörjfiov  axaxaiov  öiodoxov 

rov£Qv&Qai(ov *)         drj/urjxoiov  xX£iovv(xov 

60  &£07iofX7iov  ay£f.ta%ov 

a7toXXoöoxov  ay£Xaov. 

Umschrift:  *'Eyvio  ddftog'  tz£qI  iov  d  ßöXXa  7tQO£ß6XX£vo£ 
xal  JloXvdavxrjg  Mi-  2  yiovog  o  x£xdyf.i£vog  oxgdxayog  enl 
7idvxiov   xal   u4.\oyvXr]g  6    0£/luoxuo      3   6  dvxiypdq>£vg  htl  xdv 

Öä/ilOV    IjX&OV,    7T£qI    Xld    ÖdflCO   XÜöt   'EoV&QailOV    loa-    4    y.£    £7tCUV£- 

&£it]  xal  O[£(pav(o&£irj  iv  xoig  Jiovvoioig  XQvaltüi  ox£-  5  ipd- 
vioi,  xal  tceqI  xiov  öixdaxav  'Exaxaiio  Jrjf.irjTQiio  Jiodöxa)  KXi- 

6  iovvf.i£iü)  ioax£  STtaivixhuv  xal   ox£fpavto&£i£v  av  xoig  Jiovo- 

7  oioiai  xQioiio  ax£(pdvcoi  xal   ioax£  t-£vio&£i€v  iv  xiot,  Ttqvxa- 

8  v£iioi,  xal  ti£qI  7Tqo^£viag  xal  7ioXix{£i)ag  Iva  Ttoiijoiovxai,  oi 

9  oxgdxayoi  k'cpodov  V7rig  avxtov  iv  xoig  xoovoig  xoig  ix  xio  vö- 

10  //w,  xal  7t£ol  xio  yQauf.tdx£og  avxtov  Q£07t6(.t7tio  ld.7ZoXXod6x(jo 

11  üax£  i7raiv£&£irj  xal  ox£q?ava)&£it]  iv  xoig  Jiovvoioioi  XQv- 

12  aiio  ox£q)dvitii  xal  !-£Via&£ir]  iv  xoti  Ttgvxavrjio,  (xal)  ti£qI 
xio  dt,-      13  xaoxayoiyu)  Idymdyuo   IdyaXüio    waxe    i7taiv£&£ii] 

14  xal  ox£cpavio&£i(i])  iv  xoig  Jiovvaioioi  xqvöuo  oxaqpdvco  xal 

15  elg  xö  TtQvxavrjiov  xXrj&£ir]  /ii£xä  xiov  dixdoxav  dyd&ai  xv- 

16  xat  didox&ai  xiot   ddjtiioL'    irt£idrj   3Eqv$QaiOL  ovyyiveig  xal 

17  (plXoi   s'ovx£g   xäg    7t6Xtog    öiXovxag   dnodul-iv    7totrjoaoi}ai 

18  xag  £vvoiag,    dg  tx0l0i  7CQ°S  x^v  dauov ,    i'v  x£  xoig  dXXoig 

19  xoig    ovf.itp£o6vx£oai    xä    tioXm    Ttgovörjvxai    xd&ox£    dvva- 

20  xoi   i'ioai   xal    n£ol    xio   f.i£xa7iif.inx<jo    dixaoxrtoiioi    i/itßXi- 

21  7tovx£g  £ig  xdv  ortovÖav,  a/Li  7totrj  6  dä/itog,  iipiXoxifirj-  22 
&r}aav  xal  dniox£XXav  öixdoxaig  xdXoig  xal  dyd-  23  &oig,  öc 
xe  7taoay£v6u£voi  xdv  iioogrfxoioav  ngövoiav  24  irconqoavxo 
n£ol  xdv  dlxav  xal  hpqövxioav  Xva  oi  (.tiv  ovX-  25  Xv&woi  xd 
7ioog  dXXrjXoig,  ol  öi  ötaxQiv6(.i£voi  xvyioai  26  xiov  dixaltov, 
xdv  x£  7taQ£7iida^lav  ircoirjoavxo  do/no-  27  torrtog'  oniag  ovv 
xal  6  dd/nog  q?av£Q(io)orji  £vxaqloxiog  28  ovvdvxaig  ixdoxoioi 
xal  (.ivav  7ioirj(.i£vog  xiov  x£  i£ano-  29  oxaXXdvxcov  xal  xiov 
öixdaxav  xiov   imf-iEXiiog   xal   öixal-     30   cog   nqoaxdvxwv  xdv 


*)     Die  namen  der  ausgezeichneten  sind   jeder   mit   einem    kränze 
umgeben. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  115 

Sixav  xal  dt-uog  xiov  xe  dnooxEXXdv-  31  xwv  xal  xäg  xio  daf.no 
dyosoiog'  E7talv(e)ocu  xbv  öäf.iov  xbv  32  EQvSqaiiov  inl  xäv 
svvoiai,  cu  ex61  ^Q0?  xd/.i  tioXiv,  xal  irtl  xioi  drto-  33  oxeXXai 
dixdoxaig  xdXoig  xal  dyd&oig  xal  Gxscpdvcoaai  iv  xoig  34  dio- 
vvgioioi  j^ta/w  Gxsrpdvio'  iiraivEoai  de  xal  xol g  dixdoxaig  'Exd- 

35  xaiov  xal  Jiodoxov  srtl  xio  itoboxav  xiov  xaxxalg  dixaig  l'oiog 

36  xal  dixaliog  xal  oxecpdvioocu  iv  xoig  Jiovvoloioi  xqvoiw  gxe- 
(pdvco,  37  Elgayyoao&ai  de  Tteql  avxcov  ev  xo7g  xQÖvoig  xoig 
ix  xto  v6f.uo  38  xal  xoig  oxqaxdyoig  o7ttog  V7tdg^i  avxoioi 
TCQO^evia  xal  TtoXixei-  39  a*  inalvEoai  ds  xal  xby  yqafifidxEa 
Qe6tto[.17Zov  irtl  xioi  izqayfiaxEV-  40  &rjvai  q?iXoxifio)g  xal  at-lcog 
dfiqjoxiqiov  xäfi  rtoXiiav  xal  axscpd-  41  viooai  avxov  iv  xoig 
Jiovvo'ioioi  xqvoiijü  oxsipavio-  hiaiveoai  ds  xal  42  xbv  dixa- 
oxdytoyov  ^4yifiaxov  inl  xioi  rpiXoxifiiog  ijiidbfiEvai  43  savxov 
xal  rtqooxav  xiov  xaxxolg  dixdoxaig  Iva  i'xaoxa  disi-a-  44  ##«'- 
(üGl  dixaliog  xal  ovficpeqovxtog ,  xal  ox£cpdvo>oai  iv  xoig  Jiovv- 
45  o'ioiai  XQVGicu  oxEcpdvto'  xäg  de  dvayyeXiag  xiov  oxeipdviov  iooxe 
ye-  46  vrjxai  imfiEXi'jOrjv  xovg  ßaotXsag  xal  rrqvxävEig,  xdXtoai 
öe  etcI  47  xoig  dixdoxaig  xal  xoy  yqafifidxsa  iri(l)  xo  nqvxa- 
viqiov  irtl  xdy  xoivav  ioxi-  48  av,  xdXsoai  6e  /hex3  avxiov  sig 
xö  rtqvxavrjiov  xal  xbv  dixaoxdyioyov  49  xeiQotovr}acti  ^*  xc^ 
Ttosoßsvxav  ex  rcdvxiov  xwv  rtoXixav,  xbv  di  dyqi-  50  &evxa 
xo  xe  ipdipiofia  dviveyxai  rtqbg  'Eqv&qaioig  y.al  ifitpavioavxa 
51  rtsql  xäg  Evvoiag,  dg  ex&i  6  däfiog  rtqbg  avxoig,  +xal  xd  idixo- 
vofirjiiEva  52  vnb  xwv  dixdoxav  rtaqaxdXtjv  avxoig  irciftEXeg 
Ttoirjoao&ai  ortwg  vi  53  xe  oxecpavui  dvayoqEV&swoi  xal  rtaq 
iavxoig  xal  xb  dvclyqaqjov  xw  xpiq-  54  qjioftaxog  dvayqdcpt]  ig 
GxdXXav  xal  dvaxs&i]  log  iv  i-rtKpavEGxdxvo  xö-  55  tcuo  xal  e(.i- 
yavüjrjv  oxxi  xavxa  noirjOavxEg  x^Qiooovxai  xwi  öd/iiio.  56  IToEg- 
ßevxag  Jlv&ocpdqg  'isooyEVEiog.  Schluss :  xbv  drj/iiov  xbv  *Eqv- 
&oaiü)v.  cExaxalov  z/rjfirjxQiov.  Jiööoxov  KXewvv[.iov.  Qeo- 
7tof.i7tov  \AuoXXodbxov.     ^4ye/naxov  lAyeXdov. 

Das  alter  der  inschrift  ist  von  Kenner  richtig  bestimmt. 
Derselbe  hat  sie  combiniert  mit  einem  gleichfalls  in  äolischem 
dialect  abgefassten,  aus  Delos  herrührenden  epigraphischen  denk- 
male,  C1G  Add.  2265b,  welches  ich  am  besten  hier  einreihe. 
Ich  lege  dabei  die  Umschrift  von  Ahrens  (Dial.  II,  496  ff.)  zu 
gründe. 

iAyd&a  xvxa.  iitX  itqoxdviog  i\j.i\  M\vxiXdva ftrjvog] 


116 


F.  Bechtel 


QeöaiOLfo1),  iv  ös  Mad-v/uva  inl  7tQ0t[dviog .. .  /iirjvog . .,  iv  di] 

lAvxiooa  inl  7rQOxdv[i)og  KXeacpiv[io . . .  (.irjvog . . .,  iv  di'EQsato3) 

S7tl  rtgoxdvi-] 

og  l4ye(.ioQTO)  Me[X]ct[_v]xdu)  {irjvog  Aa[iolio ig] 

hxov  del  [x]qovov  i(.tf.iioaio  inl  xwv  6 

.  s  vTtdgxoioav  avxoiai  öid  xcov  d [i/Li  MvxiXdva] 

nolvdsvY.rj  Miyiovog,  Eva[y]eva  lA 

3EQf.ioyivt]  lAdqdGTto,  iv  öi  Ma&v/u[va~\ 

Zaj'ilo}  Ja}.iodikeuo,  J\t]r]  3)  A 'iovvoo[d]üi[Q(o]  ....... 

10J2jx£[A]a  Qsoxleixto  4),  [2]f(.t/itid[o]g  lAy[rj\^iov[og\ 

tu)  2xa/iiavd[Q]iov[v/iiü)) 

[r]Xav/.wi'og  [V;']vww[i]w 

(Der  schluss  völlig  verdorben.) 
Schon  Lebas  hat  aus  dem  umstände,  dass  hier  von  An- 
tissa  als  einer  noch  existierenden  stadt  die  rede  ist,  gefolgert, 
dass  die  inschrift  vor  167  v.  Chr.  abgefasst  sei.  Da  nun  in  z. 
7  ein  lloXvösvyirjg  Msytovog  genannt  wird,  ferner  die  von  Le- 
bas (nicht  von  Boeckh,  wie  Kenner  angibt)  herrührende 
ergänzung  ifi  MvxiXdva  in  z.  6  so  gut  wie  sicher  ist ;  da  endlich 
die  Wahrscheinlichkeit  dafür  spricht,  dass  der  JloXvdsvxrjg  Mi- 
yiovog ,  der  hier  genannt  wird ,  eine  person  ist  mit  dem  IIoXv- 
dsvxrjg  Meycovog  6  xexdyf-isvog  axQaxayog  inl  ndvxiov  in  z.  2 
der  inschrift  aus  Erythrae:  so  ist  heimat  sowol  als  alter  auch 
des  letzteren  bestimmt,  und  ich  kann  diesen  teil  der  Kenner'- 
schen  publication  nur  gut  heissen. 

Aber  was  soll  man  dazu  sagen,  dass  Kenner  bei  wieder- 
gäbe der  inschrift  drucken  lässt  z.  4  Gxecpavo&sirj,  z.  5.6  xtajjo- 

*)  Qidatoiog  hergestellt  aus  @elatoiog,  welches  wort  auch  CIG  Add. 
2183b  zu  finden  ist.  Ich  fasse  Qtdaiötog  als  Q&odaCaiog,  was  ein  be- 
kannter monatsname  ist,  und  bin  der  ansieht,  dass  QeoSaCaiog,  G&äaCaiog 
zu  Aaiaiog  (z.  4)  sich  verhalte  wie  'OfxoXuüog  zu  Arnos  (Ussing,  Inscr. 
Graec.  ined.  p.  21).  Ist  dies  richtig,  so  treffen  wir  hier  vollnamen  und 
kosenamen  gleichzeitig  nebeneinander,  freilich  in  zwei  verschiedenen 
städten.  Otdatocos  zu  beurteilen  wie  Qiqqaaros,  ©stijlws,  @£[xvc(Oiog  auf 
alexandrinischen  inschriften  (Rev.  Archeol.  1870,  s.  98). 

a)   So,  nicht  'Eqiaoo}  wie  A.  liest:  cf.  \Eotötoig,  Eres.  1.  C,  11. 

*)  Hergestellt  aus  A  ~  H;  der  narae  dtr\g  ist  auch  sonst  auf  Lesbos 
belegt,  siehe  weiterhin. 

*)  Was  A.  hiergegen  vorbringt,  beweist  nichts.  Einen  namen  mit 
dem  demente  -xXeirog  haben  wir  in  dem  'ifoct  ||  xleirto  der  inschrift  aus 
Pordosel.,  No.  56.  z.  45.46. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  117 

vvf.isiio,  z.  38  ortog,  z.  47  TtQvxavrjiov,  dagegen  in  der  Umschrift 
jeweils  oTecpaviofrsit],  Klto}vv(.iei(x)  (in  z.  58  aber  hier  wie  dort 
wieder  KXsovv/liov),  ortcog,  7TQvzavvrj'iov^  Was  ist  da  richtig? 
Warum  ferner  fehlt  gegen  die  gewohnheit  das  „sie"  über  dem 
zweiten  o  von  (aQ/.io)Covtog  z.  27,  einem  monstrum,  das  auch  die 
Umschrift  entstellt?  Hat  der  stein  in  z.  13  LdyysXeia),  wie  s. 
336  u.  339  zu  lesen  ist,  oder  AyyeXdo),  wie  s.  355  angegeben? 
Gibt  der  zustand  des  steins  kein  recht  dazu,  eine  unform  wie 
7tqay(.iaje  ||  örjvai  (z.  39.40)  zu  emendieren  und  den  anfang  von 
z.  46  verständlich  zu  machen?  Solche  fragen  etwa  mag  Blass 
nicht  zu  beantworten  gewust  haben,  als  er  Kenner's  publica- 
tion  mit  dem  prädicat  „ungenügend"  bezeichnete  (Hermes  XIII, 
386);  und  wenn  Clemm  auf  grund  eines  abklatsches,  der  ihm 
vorgelegen  habe,  dieser  äusserung  entgegentritt  (Rhein.  Mus. 
XXXIII,  609),  so  finde  ich  das  gerade  so  „interessant"  als  seine 
bemerkung,  die  form  noXixtag  z.  8  sei  „sprachlich  interessant". 
Denn  ein  abklatsch  der  inschrift,  welchen  ich  durch  vermitte- 
lung  meines  freundes  J.Seemüller  von  herrn  Fritz  Löwi  in 
Wien  zugesant  erhielt,  lehrt  folgendes. 

1.  Die  rechte  seite  der  nicht  oxoixrjdöv  geschriebenen  in- 
schrift ist,  namentlich  gegen  das  ende  zu,  verwischt.  Viele 
buchstaben,  die  Kenner  als  ganz  deutlich  bezeichnet  (auch 
hier  freilich  inconsequent:  die  copie  hat  ^AnoXXodoxo)  (z.  10), 
xai  (z.  16),  €fxßki\\7tovv€g  (z.  20.21),  die  Umschrift  14tcoXXoö6x(io), 
x(at),  s^ßk€7Tovrsg),  treten  auf  dem  abklatsche  so  gut  wie  gar 
nicht  hervor.  Wer  also  am  ende  von  z.  38  ein  /  ergänzt,  um 
7tofate[t]  ||  cc  herzustellen ,  der  muss  auch  am  ende  der  folgen- 
den zeile  ein  Y  ergänzen,  um  7tQay(.iaxe\y\  \\  frrjvai  zu  erhalten. 
Desgleichen,  wie  in  z.  44  von  K.  selbst  vier  buchstaben  hinzu- 
gefügt werden,  kann  die  fehlstelle  der  nächsten  zeile  mit  so 
vielen  buchstaben  ausgefüllt  werden,  als  der  räum  zwischen  dem 
unter  dem  /  von  xolg  (z.  44)  stehenden  Q  von  oxE(pdvio[y ;  den 
querbalken  des  N  glaube  ich  noch  zu  erkennen]  und  dem  rech- 
ten rande  der  inschrift  gestattet :  und  damit  bietet  sich  von 
selbst  die  emendation  von  Blass  (a.a.O.):  tooxe  ye\\vrjxai.  Un- 
recht aber  hat  der  letztere  mit  seiner  lesung  lit[l  deiTZvov]  am 
schluss  von  z.  46 :  das  P  von  en  steht  zwischen  ^4.  und  N  von 
xoivav  (z.  47),  acht  buchstaben  können  hinter  ihm  unmöglich 
gestanden  haben;  trotz  der  häufung  des  snl  glaube  ich  nicht, 
dass  hier  zu  corrigieren  ist. 


118  F.  Bechtel 


2.  Unrichtig  gelesen  hat  Kenner:  z.  4  oxecpavo&eir] ;  z.  5.6 
KXe\\ovvf.tEia);  z.  26.27  dguo  Covxog;  z.  38  ortog;  z.  59  Kleovvfiov. 
Die  inschrift  hat  für  alle  falschen  o  völlig  deutliche  id. 
Nur  cpavsQooiqi,  (27)  ist  ein  versehen  des  Steinmetzen,  wie  S7iai- 
vrjGai  (31)  *). 

3.  Wie  TtoliTTct  (z.  9)  zu  beurteilen  ist  sicherlich  Idyye- 
Xsiü)  (13)  für  ^AyeXelo)  (Agelaossohn ;  cf.  'EQ/urjoikeia)  Eres.  1  A, 
38);  oxecpaviöitsiEv  (z.  14;  für  oxecpavioÜeirj ;  Ire  (47)  für  sni; 
s/LKpavioavTccg  (50)  für  ifirpavioavxa  (K.  macht  mir  völlig  unbe- 
begreiflich  ef-upavloav  xa  daraus!).  Da  die  anfertigung  der  in- 
schrift (es  liegt  uns  nicht  das  original,  sondern  das  dvxl- 
yQayov  vor)  in  Erythrae,  also  in  einer  ionischen  stadt,  geschah, 
so  sind  wol  auch  du%a%&hooi  (44),  dvctyoQsviyäwoi  (53)  gegen 
ovXlv&cooi  (24.25);  ebenso  dllrjkoig  (25)  und  \prjcpiö(.ia  (53)  mit 
Kenner  dem  Steinmetzen  zuzuschreiben2);  auch  xovg  (z.  46) 
für  xoig.  Wie  weit  aber  sonstige  Ungleichheiten,  z.  b.  icpgovxi- 
aav  (z.  24),  i/ucpavloavxa  (z.  50)  gegen  yaqiaaovxai  (z.  55)  auf 
seine  rechnung  kommen,  lässt  sich  nicht  entscheiden,  da  durch- 
gängiges axqcxxayog  (z.  2,  9,  36) ;  rtaga  (jtaQay£v6(.uvoL  23 ;  net- 
qa.Y.äh]v  52) ;  ctg  für  xäg  (z.  18,  51) ;  STtalvsoai  für  ETtctlvsooai 
(z.  34,  39,  41)  zur  genüge  beweisen,  dass  schon  den  coneipien- 
ten  die  äolische  Weisheit  abhanden  zu  kommen  begann. 

Wichtige  formen  sind:  fxväv  (der  entwickelungsgang  ist 
fivsia  :  fxvea  :  f.ivä,  wie  ^Egf-Wiag,  'Eg/iitctg,  'Egf-iag,  nicht  fivsla  : 
uvalct;  (.ivä,  wie  Blass  Herrn.  XIII,  387  meint);  rtotr],  tzqo- 
vörjvxac  (dessen  t]  aber  dem  e  in  noluai  und  ähnlichen  formen 
gegenüber  nichts  beweisen  kann),  nqöaxav.  Höchst  wahrschein- 
lich ist  z.  31  nicht  oclgeoiog,  sondern  dygeaiog  zu  lesen;  sicher 
freilich  steht  nur  Qeoiog,  aber  eine  spur  des  rechten  querstrich- 
endes  von  einem  F  glaube  ich  noch  zu  erkennen. 

Den  schriftzügen  nach  noch  in  vorrömischer  zeit  abgefasst, 
aber  keinem  bestimmten  jähre  zuzuweisen  ist 

4.  Fragment   einer   Opferuestimmung.      Gefunden  beim    ho- 

*)  S.  355  gibt  K.  an,  M  und  i'  in  tüj^x  noXfrav  (z.  49)  seien  „in  ein 
zeichen  zusammengezogen'1.  Auch  dies  ist  nicht  richtig;  beide  buch- 
staben  sind  vollständig,  nur  hat  der  querbalken  des  p  eine  fortsetzung 
bis  zum  zweiten  senkrechten  strich  des  M. 

a)  Merkwürdig  aber  ist,  dass  K.  die  bildungen  7iQwavr\<,ov ,  tiqv- 
ruvTjov ,  die  dative  auf  -otat,  die  formen  eovres  und  j-taai  für  bloss  io- 
nisch hält  und  an  rwv  dixciorav  neben  (!)  iäv  SIymv  anstoss  nimmt. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  119 

spitalbau  in  Mitilini  und  jetzt  in  der  schule  daselbst.  Zu- 
erst publiciert  von  Aristeides  (Nea  Ilavötoga  cpvXX.  299,  1862), 
und  auf  grund  dieser  publication  besprochen  von  Keil  (Suppl. 
II  des  Philologus,  s.  579),  der  aber  die  inschrift  mit  der  unter 
Adespota  1.  zu  bringenden  zu  einem  denkmale  vereinigt  hat. 
Hiergegen  Conze  s.  11,  der  den  stein  gesehen  und  abgezeich- 
net hat  (taf.  VIII,  4). 

Hiervon  lässt  sich  lesen: 

arce'Cioo&coTa  d7t£Lwo&io *ai  iofi07vXdxa[v?] . . , 

vY.anai.iOTiXa.xa.  anXdvxvtov  v.a[i ivßaX]  Xixio  dg  xbv 

07tXav%v(ov/.a  ■d-naa\voov~] 6  dexs  ddovno\v  oder  da, 

Xsxtü£ioxov&r](jcc  J  A11     ,    0„D  tj,         r>     j. /,    fi 

r        *      »  „     '  cf.  Alk.  fr.  dt  B,B] —  [amLt0]o&ia  uev 

ü$tofi£vxavxa  ™v™  •  - tvßaXXexto frvr) 

ov£vßaXXez[co]  oiv  x). 

a&vr)XQ 
Xet-i 
10  oiv 

Von  G.  Hermann  (Op.  V,  170)  als  „perelegans  epigram- 
ma"  bezeichnet  wird  die  folgende,  jedenfalls  vor  die  kaiser- 
zeit  zu  setzende 

5.  Metrische  grabinschrift  „in  coemeterio  Armeniorum,  quod 
est  prope  aquaeduetum"  CIG.  2168.  Zu  den  lesungen  von 
Boeckh  und  Hermann,  deren  letztere  ich  hier  gebe,  kom- 
men noch  die  von  Welcker  (Altes  Rhein.  Mus.  I,  284)  und 
Kaibel  (Epigr.  graec.  p.  91;  diese  fast  übereinstimmend  mit 
derjenigen  Hermann's). 

1 o  .aa  . . .  .  ßo  2  Y.ai#avovaxQ£axtofiaQvav  3  avf.ii.ia 

.  ..adr]y£ftoaiv&£fi£voQ  4  TtaxQLÖixovxXuvavtorcaaai  5  t]Q£xvfiwoxo 
X£Ga(.iaX£Ovxe  6  OLfi£vyaQ&rjQtovq>£Qxaxoioid£ßQO 


v.äxd-avov  dxQ£Oxtü  ftaovdft£voL  xgadia 
avf.tf.taxa  d*  rjytuooiv  x)ifi£VOt  *Podiiov  onXa,  xoaftov 

7täiQtdt  xäv  y.X£ivav  tonaaav  £!•  aqtxav. 
tj  q  hvftwg  xoÖ£  aäfta  X£ovx£OOiv  7C£tpvXaxxat, 

6t  ftfv  yag  ÜrJQLov  q?£QxaxoL,  olb  de  ßgoxwv. 

Der  dialect  ist  schon  im  verfall:    fjytftooiv  (Boeckh  liest 
gewaltsam  dytftooiv),  ist  keine  äolische  form  mehr. 

1)     Ist  fragm.  95  der  Sappho  so  zu  lesen: 

ftonene  nüvxa  qtoetg  üaa  yaCvoXis  loztdua*  auw 
ulyd  t*  oiv  js  (ftotu;,  ftctrtQi  naTäu  (ftofts? 


120 


F.  Bechtel 


6.     Inschrift   zu   ehren   des    (in.  Pompcius  Magnus,    gefunden 
„im  vorhofe  eines  hauses  grade  hinter  der  kirche  des  h.  Atha- 


Publiciert  von  Aristeides  a.  a.  o. ,    besprochen  von 
aufs    neue    herausgegeben    von    Conze    (taf. 


a.    o. 


c0  da fiog 
tov  lavzio  otoTrjQct  yal  KTiOTav 
Ivdi'ov  Jlofirzrjov  Fvalw  viov 
Meyav,  roig  avTOxocxTOQa,  y.ara- 
XvoavTa  Tolg  xardoxovrag 
tdv  ol/.rjfievav  rcoXefxoLg  xal 
v.axd  yäv  yal  xcctcc  &dXaooav. 

sJiöQÖ&Eog  'Hyrjodvdoov 

'OXvv&iog  ercörjoe. 


nasios". 
Keil  a. 
VIII,  1). 

odafioo  das  ist: 

T0V£avTü)Gü)Ti]Qax.ai'KTiOTav 
yvaiov7tOfi7irjLOvyvaLiüVLOv 
fj.eyavvQiaavTOY.QaTOQay.aza 
5  XvaavTaTOLayaTaoyovTao 
Tavoiy.rif.ievav7toXEf.iOLOy.aL 
Y,avayavyaLyaTa&aXaoaav 
öcoQod^eoorjyrjoavÖQOv 
oXvvd-iooeTtorjoe 
Von  Keil  in  das  frühjahr  62  gesetzt 

7.  Zu  ehren  des  JH.  Agrippa.     CIG.  2170.     In  den  Thermen 
bei  Mytilene  (noch  von  Conze  gesehen,  RIL.  s.  16). 
odafioa  ||  &eovoa)vr]QaTao7ioXLOOfiaQyov  J|  ayQLitnavToveveQyeTavyaL 
xTiOTav.     D.  i. : 

1  J0  öäftog     2  &eov  atoTrjQa  Tag  noXiog  MaQxov    3  IdyQLTtTtav^ 
tov  EVEQyeTav  xai  yxloTav. 

Die  inschrift  ist  höchst  wahrscheinlich  in  das  jähr  23  v. 
Chr.  oder  wenigstens  bald  nachher  zu  setzen.  In  diesem  jähre 
nämlich  übernahm  Agrippa  scheinbar  die  Oberleitung  der  orien- 
talischen provinzen  und  zog  sich  nach  Mytilene  zurück,  vgl. 
Tac.  Ann.  XIV,  53:  Augustus  Marco  Agrippae  Mytilenense  se- 
cretum,  C.  Maecenati  urbe  in  ipsa  velnt  peregrinum  otium  per- 
misit;  Suet.  Aug.  66 :  quum  ille  et  levi  rigoris  suspicione  et  quod 
Marcellus  sibi  anteferretur  Mytilenas  se  relictis  omnibus  contu- 
lisset;  in  seiner  weise  Dio  Cass.  LI1I,  32:  gataag  d*  ovv  xal 
fia&tov  tov  MdgyeXXov  ovy  S7tLTrjdELiog  v<p  ^AyQiitna  ÖLa  tovto 
e%ovTa  eg  ty)v  2vQiav  evd-vg  tov  lAyQLTinav  eotelXe'  yal  cg  Ix 
fiiv  Trjg  noXeiag  svd-vg  e^coQfirjoev,  ov  fievTOL  xai  ig  ttjv  Svqlüv 
dcptyeTo ,  dXX*  &'tl  -yal  fiaXXov  fieTQidCtov  eyelae  ftev  Tovg  vno- 
OTQaTrjyovg  eTtefiipev,  avTog  de  ev  yleoßtp  dieTQiipe. 

8.  Zu  ehren  der  älteren  Julia.  Gefunden  in  Plakado  (ei- 
nem dorfe  im  gebiete  des  alten  Hiera,  welches  aber  in  rö- 
mischer zeit  Mytilene  unterworfen  gewesen  sein  muss,  cf.  Con- 
ze s.  53).     Conze  taf.  XVII,  2. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  121 

[oöa/.iooi]  ||  o[vXiaa]\\[rp]qoötza\\za7raiöi  ztoo£ßao\\z(ü9^£wxai\\oaqooz 
aev\\£qy£[z)idi ;  d.  h.: 

1  'O  datuog  J/-  2  ovXla  Id-  3  cpqodlza,  4  zä  naldi  5  zw 
2?£ßdo-     6  tw  ^«'w  Äa/-     7  oaqog,  zä  ev-     8  £qyeziöi. 

Dass  die  insehrift  auf  die  ältere  Julia  zu  beziehen  ist,  folgt 
aus  der  bezeichnung  ihres  vaters,  des  kaisers  Augustus.  Schlecht- 
weg Ssßaozog  &eög  Kaloccg  heisst  ausser  Augustus  kein  römi- 
scher kaiser,  verstümmelt  aber  ist  die  insehrift  bloss  in  ihrem 
obersten  teile. 

9.     Zwei  inschriften  auf  kaiser  Tibcrius. 

a.  CIG.  2177 :  „prope  Mytilenas  apud  turrim  in  via  ad 
thermas  ducente". 

odctfioo || auzoY.qazoqaziߣqwv/,aioaqa£vcsߣa  ^d-eovaeßaozov 
vx[^ov]txo[vza]ov[vtai]d&£aio[zaio\\.r£Q]iea/iivozr]Qia7ta[v}zoo[z]a7tok 
£MpiXiov.     D,  h.: 

1  0  dä(.tog  2  Avzozqäzoqa  Tißeqiov  Kaioaqa,  evosßEa,  3 
d~eo(v)  ^eßaazov,  vdov(?)  e'xovza  ovv  zai(g)  &eaig  zcclg  4  Jt£ql 
(z)ä  (.ivozrjqia  7tdvz(co)g  zä  ttoXu  cpiXiov. 

Z.  2.  evoiß&z:  vgl.  CIG.  4940  Add.  Tiߣqiov  Katoaqog 
£va£ß£Ozäzov  (Inschrift  aus  Philae).  —  Z.  3  ist  unsicher,  aber 
nicht  unwahrscheinlich;  denn  mitglieder  des  kaiserlichen  hauses 
(s.  u.)  wurden  als  mysteriengöttinnen  verehrt. 

b)  Aus  des  Cyriacus  Anconitanus  Sammlung  lesbischer 
inschriften,  publiciert  von  Kai  bei,  Ephem.  Epigr.  II,  p.  1  sqq. 
Die  nachstehende  insehrift  („in  templo  beati  Antonii")  gibt  K. 
unter  XIV. 

odrjf.ioo\avzoxQazoQazißEQiovx.aiGecQao£ßaozov7raidadiOGxaio<x 
QOo\\oXv/ii7ziwo£ßa(Jzovxoivovf.t£VTaootxi]ii£vao£V£Qy£Z(xo\\d£a/ii/iiao7t 
olioo£7Ucpav£OzazovY.ca7iziGzav.     D.  h. : 

1  '0  6{ä)/.wg  2  Avzoxqdzoqa  Tißeqiov  Kaioaqa  leßaozov, 
naiöa  Jlog  Kaloaqog  3  ^OXvfinio)  ^£ßdoz(ti)),  xolvov  fusv  zag 
oly.7if.dvag  £{v)£qyi{zav),  zag  4  öi  afxf.iag  nöXiog  iTTicpavtozazov 
xai  xziozav. 

Z.  2.  Wie  auf  einer  insehrift  aus  Eresos  (s.  unten  No.43) 
wird  hier  sowol  als  in  No.  9,  a  Tiberius  mit  dem  vornamen 
AvzoY.qa.zwq  beehrt,  der  ihm  gar  nicht  gebührt  (Henzen  bei 
Conze,  RIL.  s.  30  j. 

r)     Hoeckh   gibt  EYi.PIAI  :   ist  dies  nicht  eher  evfQyfr[uv],    wie 
kaiser  Hadrian  (CIG.  5886)  &tbe  lAdqiavbq  eve^rrji  heisst?   cf.  9,  b. 
Beiträge  z,  kundo  «1.  ig.  iprachon.  V.  9 


122  F.  Bechtel 

Z.  3.  olxrj  fitvag  durfte  Kai  bei  nicht  in  olv.ovf.iev  ctg  „ver- 
bessern". 

10.  Inschrift    auf   dem    marmorne»    lehnsessel    des    Potamon. 

Noch  jetzt  in  Mytilene  (Conze  s.  15).     CIG.  2182. 
IJoTd/iicüvog  ||  rtD  ^/ieoßcövay.xog  \\  Ttooedgia. 

11.  Auf  Nero,   den  söhn   des  Germanicus  und  der  Agrip 
pina.     CIG.  3528  =  Kaibel  No.  IV. 

v€QwvcaovhovxaioaQa7taida&€tüV£Cü  ||  yeQf.iavixco'/.aiaaQOOxai^)- 
eaoaio).idoox(XQ7ZOG?OQtoayQi7T7tivao~.     D.  h. : 

1  '0  öäfiog  x)  2  JSeQcova  'lovXiov  3  Kaloaga,  nalöa  4  #6to 
viio  FeQf.ia-  5  yww  Kaioagog  xal  6  &iag  ^4loli-  7  öog  xag- 
Ttocpo-    8  qü)  L4yQi7i7Tivag. 

Abfassungszeit:  „positus  titulus  post  a.  20,  quo  togam  vi- 
rilem sumpsit  Nero  Julius,  ante  a.  31,  quo  mortuus  est;  cf.  Tac. 
Ann.  III,  39  (1.  29).  IV,  4"  K. 

Die  besondere  ehre,  mit  welcher  diese  und  die  jüngere 
Agrippina  von  den  Mytilenäern  ausgezeichnet  wird,  rührt  von 
dem  aufenthalte  her,  den  die  erstere  im  jähre  18  n.  Chr.  auf 
der  insel  genommen  hatte;  denn  damals  kehrte  Germanicus,  im 
begriffe  nach  Syrien  zu  reisen,  mit  Agrippina  auf  Lesbos  an, 
wo  diese  tiovissimo  partu  Juliam  edidit  (Tac.  Ann.  II.  54). 

12.  Zu  ehren  der  kaiserin  Agrippina.  Aus  der  Sammlung 
des  Cyriacus  (bei  Kaibel  No.  II),  in  den  hss.  aber  fälschlieh 
zusammengesetzt  mit  einer  andern  inschrift  (bei  K.  No.  I),  die 
das  lemma  „apud  Mytilenem"  trägt. 

zavyvvaixaT(ooeßaoT(tive.\\av.&£avßoXXaxaiodcc/iioo\\oeßaoTavyv 
/LivaoiaQxov.\\diauüvooiovXLavayQi7t7ttvav.     D.  h. : 

1  Tav  yvvaix.ee  zco  2eßdoTto,  vi-  2  av  üsav,  [d]ß6XXa  xal 
6  da/Liog  3  Seßdovav  yvfivaoiaQxov  4  de  auovog  'iovXlap  !Ayquc- 
rt'ivav. 

Die  inschrift  ist  zwischen  49  und  59  n.  Chr.  abgefasst.  In 
die  gleiche  zeit  sind  die  zwei  folgenden  zu  setzen. 

13.  Auf  1.  Granios  Karbon  und  einen  söhn  desselben.  CIG. 
2183.  „Mytilenis  in  coemeterio  Armeniorum  prope  aquaeduetum". 

x)  Wo  in  stücken  aus  Cyriacus'  Sammlung  die  Umschrift  von  der 
abschrift  discrepiert ,  z.  b.  bei  abteilung  der  zeilen,  sind  die  lesungen 
der  letzteren  durch  den  codex  Pavianus,  die  der  ersteren  durch  den  co- 
dex Palatinus  (für  No.  30,  36,  37)  oder  Vallicellanus  (11,  16,  18,  32)  ge- 
boten. Ueber  das  Verhältnis  dieser  drei  hdschr.  handelt  Kaibel  a.  a.  o. 
s.  1—3. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  123 

A,  iiaQxovyQaviovyatioviovxaQ\\ßa)vav7toyv/iivaoiaQyrjoavTa^&e 
aooeßaoTccoeaolidoGY.aQTCO  ||  fpoQcoayQLTtrceivaoyimayoQavo  W^rjoavxa 
dioxaidQO[iay£Trjoav\Tad-€odcüQaiiir]vo(piltöTiüxaiyXv\\xiüvooTOvecvdQ 
aayafrao/.ivajLiao\\evv£xcc-/.ai7taioaoTei!.iaax.ai£v\\voi(xoTao£iO£avTov. 
D.  h.: 

1  IMaQAOv  Fqdviov  Fctlto  viov  Kdq-  2  ßcova,  v7toyv(.ivaoictQ- 
yjjöavxa  3  &eag  ^ßdoxag  AiöXidog  -/.aquo-  4  yogco  ^AyqiitTcd- 
vag  y.al  dyoga-  5  vof.irjoavxa  dlg  v.a.1  ÖQO/iiay£xrjaav-  0  xa,  &£0- 
dwQOt  MrjvocflXco  xto  nai  J%v-  7  ytiovog  xbv  avöga  dyddag  (.ivd- 
l-iag  8  £W£*a  xca  rcaloag  xd(.iag  xal  £v-  9  voiag  rag  dg  eav- 
t(cc)v. 

Der  mann  war  also  v7toyv(.ivaoiaQyog  der  kaiserin  Agrip- 
pina,  welche  lebenslänglich  yv/nvaoiaQyog  war  (No.  12). 

B.  yQaviov/.taQxioTOvxai\\7taioaoaQ£Tao£vv£[iia] ;  von  Boeckh 
gelesen : 

[Fdiov?]  rqdviov  BldgKco  (v)ov  Kdq-  2  [ßcova]  rcaioag  dqi- 
xag  ew£Y.a.     Vor  Fgdviov  ist  der  vorname  ausgefallen. 

14.  Fragment  einer  Inschrift  „in  der  aedicula  FEavayiag  Ka- 
ßadivrjg"  zu  Mitilini.     CIG.  Add.  2183b. 

$£tüvxai avToy.gaTo{QOO~\  

&£a(TO€ßaoTa(jaio[Xidoo'/.aQ7tocfOQtüayQi7t7t£ivao] 

7Taidooy£()uaviYM)\Y.aL(xyQiTt7t£ivao~} [x] 

aiXoyao7tQv[Tavi oa~]  [V| 

5  ctiüctüoa^ekaiffid[iii7jvvo(f] 

D.  i.     Qstov   xal   Avxov.qdxoqog 2  i^iag  2£ßdoxag 

AloXidog   x.aQ7to(p6Qto  ]Ayqirtit£iva.g ,    3  7toudog  F£Q^avly.to  xal 

IdyQiTtTieivag x-  4  al  Xoyuo  nqvxdviog K-  5  aloccQog, 

Q£(d)aioUi)  /iirjvvog. 

Ueber  den   Xoyiog  nqvxavig  siehe  zu  15,  1.     Von   Q£Öal- 

aiog  war  schon  bei  No.  3  die  rede  (s.  HG  anm.  1). 

15.  Zu  ehren  der  Äur.  Artemisia.  Aus  Cyriacus'  Sammlung, 
bei  Kaibel  No.  VII. 

aßoXXay.aiodaf.ioaxccvavQ . aqx£f.ao lavxto  ||  dixioxco&vxvxwd-vyax 
Qaxavaoyiov7tQtxavr]v  \\  xai£V£Qy£Xivi£Q£axavd'£av£xi(piXavx(xi7ta  ||  q 
iooavx,cu£Qyocf>OQOvxovayttoxaxiov/iivyyaQiiüv  ||  xavaTtvyovovTtoxaf-uov 
ooxu)vo/uo&£xcr/.ai  ||  X£aßiovaxxoaxcocpiXoaoq)coxoig£V£Qy£xaio  ||  ccq£ 
xao£V£xaTraioctv  ||  ovoxec&£ioaox£i/iiaov7toxaoiQaoßoXXaG£Tti/it£Xt]& 
ev  II  xoyxo)rtQa/ii^ax£oaavxaaavQTtQoyiXcoxioiovoxio.     D.  h. : 

1  Id  ßoXXa  y.al  6  dä(.iog  xdv  yivq.  l4QX£f.iioiav  xio  2  (Av)xa) 


124  F.  Bechtel 

TtZ  Evtvxm  &vydx(e)Qa,  xdv  (X)6ywv  7tQ(v)xav(i)v  3  x.ai  eviqye 
xw ,  lsQea[y~\  xav  &iav  iEx(rj)q>iXav  Kai  Ka-  4  qiooccv  y.al  eg 
(a)ö(pOQOV  x(co)v  dyitoxdxiov  /.iv(oxrj)Qio)v ,  5  xdv  drcvyovov  JTo- 
xdfiojvog  xu>  vo/no$ixa  xai  6  uisoßiövav.xog  xw  cpiXoaocpa),  xölg 
evsqylxaig  7  dqixag  svena  7zaioct(g)  8  ovoxad-eloag  xu^ictg  vtzo 
xag  l'gag  ßoXXccg  eTtif-ieXrj&sv-  9  xo(g)  xto  {y)Qaf.if.idxsog  ccvxag 
^4vq.  IIqoxXü)  xco  'Iovoxio. 

Lesbonax  und  sein  solin  Potamon  lebten  unter  Augustus 
und  Tiberius.  Hieraus  schliesst  *)  Kai  bei,  dessen  behandlung 
der  vorliegenden  inschrift  sonst  nicht  ganz  gelungen  ist,  dass 
dieselbe  „primum  p.  Chr.  natum  saeculum  non  excessisse". 

Z.  2.  &vydx£Q<x  für  das  unerhörte  &vyaxQa}  welches  K.  bei- 
behält. 

Dass  Xoyiov  adject.  zu  ttqvxccviv  sei,  hat  K.  richtig  gegen 
B  o  e  c  k  h  bemerkt. 

Z.  3.  „xav  &eav  'ExrjcpiXav  v.al  Kagiaoäv.  Neutrum  no- 
men  habeo  qui  penitus  explicem"  K.  Betreffs  der  Karissen 
schliesse  ich  mich  an;  die  ^ExrjcpiXai  aber  (CIG.  Add.  2192b 
wird  nur  eine  genannt:  KoQvrjXiag  xaXXioxrjg,  isQsiag  &täg 
'ExyytXag ,  desgleichen  auf  der  Bresos-inschrift ,  No.  34,  12) 
sind  klärlich  die  ixerjqiiXai,  die  „wahrhaft  freundlichen",  ähn- 
lich wie  Hades  den  beinamen  EvßovXevg  führt,  cf.  Kai  bei, 
Epigrammata  graeca  No.  272, 

Owenev  aQ7zäg~ag  ^EqtovvLog  EvßovXrji 
[xexvov]  d&vQf.ict  cptqsv  OeQOecpovrj  xi  dX6%M 

Z.  4.  SQOocpoQov.  Kaibel  UQoepoqov  (dagegen  schon  Xqag 
in  z.  8),  Mommsen  noch  gewaltsamer  /.eqvocpöqov.  Da  auf 
unserem  denkmale  das  a  vom  y  nur  dadurch  sich  unterschei- 
det, dass  es  den  unteren  querstrich  vor  ihm  voraus  hat,  so  ist 
die  änderung  des  eqyoepoqov  in  sqaorpoqov  palaeographisch  leicht 
zu  rechtfertigen,  besonders  da  die  gleiche  ersetzung  noch  zwei- 
mal in  dieser  inschrift  nötig  wird :  z.  4  (.ivyyaqiov  1.  /Livaxrjqiojv, 
z.  8.9  ertiinsXrj&ev  ||  xoy  1.  0Xyd-ev\\xog.  Wer  nur  die  iqaoqioqoi 
waren,  lehren  die  artikel  ^Eqqijcpoqoi  ,  l4qqrj<poqla  bei  Hesychius 
und  Suidas.  Nur  wird  niemand  der  in  beiden  Wörterbüchern 
vorgetragenen  erkliirung  beipflichten  wollen,  eqqiycpoqia  schreibe 
man  dtd  xb  xijg  "Eqorjg  syxaxeiXrjcp&ai  (für  °Xrjod-ai)  xrjv  7to(.i7tr]v 

x)  Der  schluss  ist  durchaus  nicht  sicher;  vgl.  den  Stammbaum  in 
No.  17. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialectß.  125 

(Hes. ;  xfi  ydg  "Egoy  £7t6f.i7tEvov  [sc.  cu  Ttag&tvoC] ,  xfj  Kixqo- 
7Zog  &vyaxgt  Suid.),  dggrjcpogict  aber  87teidrj  xa  aQgrjxct  ev  Y.L- 
orcug  l'cpsQOv  xfj  &£q>  cu  itagd^hoi  (Suid. ;  etvel  kn  dfäqxoig 
awearrj,  Hes.) ;  denn  die  letztere  etyinologie  richtet  sich  selbst, 
gegen  die  erstere  aber  spricht,  dass  die  c'Egat]  niemals  }'^4gai] 
oder  ^4ggrj  heisst.  Vielmehr  wird  man  gut  tun,  den  wahren 
begriff  der  E§grj(pogoi  in  dem  beisatze  ev  xloxaig  scpsgov  zu 
suchen,  d.  h.  das  wort  etymologisch  an  aggiyog,  korb,  anzu- 
schliessen. 

Ebenda.  Die  dyuoxaxct  uvoxijgia  heissen  auf  der  Bresos- 
inschrift  (z.  11)  OEßaoxa. 

Z.  6  ff.  sind  bei  K.  durch  die  interpunction  xöig  Evsgys- 
xaig  dgixag  evey.<x  Ttaloag'  ovoxa&Eioag  u.  s.  f.  ganz  unverständ- 
lich. Es  ist  zu  construiercn :  xEif.tag  ovoxa&Eioag  xolg  Evsgys- 
xcug  u.  s.  f.     Oder  ist  xwv  svsgyExav  zu  schreiben  ? 

Z.  8.  Mit  der  l'ga  ßolla  vgl.  das  slgov  ßollsvxijgiov, 
19,  15. 

16.  Zu  ehren  des  kaisers  Traianus.  CIG.  2178,  von  Conze 
am  wohnhause  des  Jrjftijxgiog  Kaganavctyuoxrjg  gesehen ,  und 
von  ihm  kurz  besprochen  RIL.  s.  13;  zuletzt  von  Kaibel  aus 
der  Sammlung  des  Cyriacus  unter  No.  XIII  publiciert. 

avxoytgaxogixcuoa.v£govaxgaiavio/.aiaaqiagioxtüO£ßa  ||  axojysg 
liavr/.wdetx.ix(jü7tctQ&ix(üyaQioxrjQiov.     D.   h. : 

1  ^4vxo/.gäxogt  2  Nsgova  Tgaidvw  3  Kataagi  agioxo)  4  ~s- 
ßdaxw  reg/Ltavixa)  5  .iax/xw  IJagfrixco  yagiaxijgiov. 

Von  K.  richtig  zwischen  115  und  117  gesetzt:  in  ersterem 
jähre  erhielt  Trajan  den  beinamen  Parthicus,  in  letzterem  starb 
er.  —  Der  dialect  der  inschrift  ist  nicht  sicher  zu  bestimmen *). 

17.  Zu  ehren  der  Cornelia  Cethegilla.  Aus  der  Sammlung 
des  Cyriacus  („in  balneis  Lesbi"),    bei  Kaibel  No.  XXIII. 

aßoXlccY.aiodaiuo(JY.ogvr]lia(jx£&iyil}.avxrjV£V£gyexiv  ||  xaortoXio 
a9vyax£gaf.iagxcoyaßuü£KviaaayaXfoy.ava)  ||  vjtaxiKai  \\  Y.ai7to(i7trjia 
oaygi7tiviXXr]O7taid07taidad£[iagY.üM0{i  ||  Ttrjicü/Liaxgivco&EOiavvEiyo 
vev€gy€xav/.ar/.xioxavxao\\7toXioo.     D.  h. : 


a)  Aeolisch  wäre  der  dialect  in  der  inschrift  bei  K.  XXVII;  ctvro 
xQccTOQoa&tovv.  \\  xuianoXlojvoaO^tQjui, ,  wenn  wir  sie  mit  Henzen  lesen 
wollten:  1  AvTOXQäroQos  &£b>  N\iQova  TQcaävio]  2  xai  \4n6XXbiVOi@tQfiC[(a]. 
Näher  aber  liegt  &tovv  in  &tov  N.  zu  emendieren  —  somit  haben  wir 
xoivr\. 


126 


F.  Bechtel 


1 A  ßoXXa  xal  o  6ä[xog  Kogvr]Xia(v)  Ked-{if)yiXXav,  t(cc)v  ev- 
igyETiv  2  xäg  7c6Xiog,  frvydcsQa  Mccqxcü  raßico  (2)%vi(XX)a  TaX- 
Xixdvio  3  v7carU(o  y.al  ITofi7trjiag  AygirctviXX(a)g ,  7cai6o7cai6a 
6s  M(xqy.ü)  llof.1-  4  Ttrjiio  MaxQivco  Qeo(cp)dvv(t]),  (tw)v  evegye- 
tav  v.ai  xriatav  rag  5  rcoXiog. 

Die  abfassungszeit  der  inschrift  ist  durch  Mommsen's 
schlagende  emendation(beiKaibel  a.a.O.  p.21*)  des  EKYIAAA 
in  2KYIAAA  bestimmt.  Wie  M.  selbst  angibt,  war  M.  Gabius 
Squilla  Gallicanus,  der  vater  der  gefeierten,  im  jähre  127  con- 
sul  Ordinarius.  Dessen  gemahlin,  die  Pompeia  Agripinilla,  war 
nach  M.  „neptis  fortasse  praetorii  eius  qui  periit  a.  p.  Chr.  33", 
dieser  praetorius  aber  war  söhn  des  bei  Tac.Ann.  VI,  18  er- 
wähnten inlustris  eques  Romanus ,  der  den  namen  Pompeius 
Macer  geführt  haben  muss  wie  sein  von  Strabo  XIII,  3  als  Zeit- 
genosse des  Augustus  und  Tiberius  erwähnter  vater,  der  söhn 
des  bekannten  Theophanes,  des  freundes  des  Pompeius;  cf. 
Nipperdey  zu  Tac.  Ann.  a.  a.  o.  Hieraus  geht  hervor,  dass 
na.i66rca.i6a  in  z.  3  „enkel"  im  weiteren  sinne  bedeutet;  aus 
dem  alter  der  inschrift  folgt  zugleich  die  richtigkeit  des  in  der 
note  zu  No.  15  gegen  Kaibel  bemerkten. 

Z.  4  lese  ich  Qsocpdvvrj  für  K.'s  Qeocpdvvov.  Ersteres  ist 
palaeographisch  wahrscheinlich  {El  verlesen  für  H ),  dialectisch 
allein  richtig  (cf.  2/.viXXa).     Vielleicht  ist  ein  v  zu  tilgen. 

18.  Zu  ehren  des  kaisers  lladrianus.     CIG.  2179  =  K.  XII. 
avTOXQaTOQiTQaiavtoaÖQiavio'KaloaQioeßaOTtüel.ev&e  Qiu)oXv/Li7t 

iu)YariOT(odiiyaQLOxr]Qiov   = 

1  AvTOxgdzo-  2  qi  Tgaidvco  3  AÖQidvto  Kaioa-  4  ql  2s- 
ßdotü)  5  'EXev&EQiu)  'OXtj/htci-  6  co  K%'iox{a  oder  r]?)  Ja  #a- 
qiarrjQLOv. 

Abfassungszeit:  132—137  n.  Chr.,   cf.  Kaibel  a.  a.  o.  - 
Der  dialect  ist  nicht  zu  bestimmen,  da  die  entscheidende  form 
entstellt  ist  *). 

19.  Beschluss  von  rat  und  volk  in  Mytilcne.  Gefunden  von 
C.Curtius  in  Mitilini,  besprochen  von  ihm  Hermes  VII,  407  ff. 


*)  Sicher  in  xoivr\  geschrieben  ist  eine  andere  inschrift  auf  Hadrian, 
CIG.  Add.  2176b  („in  ITarayCng  tojv  ni/Qywv  prope  Thermas  Mytilenaeas"): 
AvtoxqÜtoqi  Adgt.av\iS\  2  ^OXvfxniw  ZwrfJQi  3  xcä  Kjtaxr\.  Vgl.  Conze, 
taf.  IX,  3.  —  Ebenso  eine  dritte  auf  diesen  kaiser,  bei  Conze  s.  13: 
AvroxQäroQi  KatffaQi  TqaiavtS  \4dqiav<x>  yEXtv&iQt(a  ^OXvfxniw  xrtQMTTrJQiov. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  127 

1  . . .  Xaivc  . . .  XXiw za  .  \paq>i a[f.i\az\_d]  2  Tze/itTreo&ai 

dsxaixazeviavzovipaqpio/iiarvaQTO  3  ßoXXacy,aizioöa^iw7Z€Qiavzwzo 
vzw7xooozoioay[e]  4  (.i[o\v\ag]o7Z7twa"Aaiavzoiocpav£Qav7tori(.ievzav 
5  7ZQoaiQ80LVTa7ToXioGTcaQiTtovda[.ioouov7iQ(xy[.i[a]  6  zwvaiÖ£X£zia 
7xaozavza7Zor]£f.i/Li£vaiavzovv7Z£v  7  &vvovxaiocp£XXr]vavzovza&£aaQ 
ZE/niöiEigaioag  8  yvqiw-ü-  aiGY.ai£navY.£G£iGnqaaa£O^aivTC0  9 
zwvazQOzaywvaiÖ£H£Zio/nrji07TQaor]zaiavzov  10  aitoz£iaai8nzXoai 
ozaioarcvTwipaqjiO(.iazoo£7Za  11  vw£ior}f.i~vaio  \1S  \  zode\pa(p[i}o 
Hatod££j.if.uv[ai]  12  £oaienioawxriQiaY.a\i\(pvXa'A.a/.aiaya&azvyaz 
aa  13  7TokioGx.ai£vxaQax&r]V£OGTaX(x/ii[iaQ[.ia()ivccv  14  xaiavazEd- 
rjV£VTCü£iQCüTaaagT£fudoGTaoi^€Q  15  fitiaoxai7TQOzw£tQwßoXX£vzi]Qi 
w^öoyf.iazoyga  IG  cpoiyvaioo7Zo/Li7Xt]iooQovq>oo~  s  yaioa  17  r>Q<pioa 
■. ■:  i ecer . .  .tavoa  ^Xovxiooyqaz 

Umschrift:  1 2  Ile/LiTTeo&ai  de  xai  x.az'  ivl- 

avzov  xpäcpiöf-ia  ndq  z{ä)g  3  ßöXXag  xal  zw  dduw  txeqi  avzw 
zovzw  Ttgog  zoig  dys-  4  /iiovag,  orinwg  xai  ccvzoig  tpaveqav  Ttdrj 
(.tev  zdv  5  7tQoaiQeOLV  zcc(g)  iroXiog  neqi  zwv  da(.iooiwv  izga- 
y/.id-  6  zwv.  ai  de  xe  zig  Trag  zavza  Tiorj,  e(.if.i£vai  avzov  vtcev- 
7  Üvvov  xal  oqpeXXqv  avzov  za  &ea  !Aoie/.ndi  eigaig  dg-  8  yv- 
qlw-  \1S  \  -,  cug  xai  endv(av)-/.eg  EignodooEO&ai  vrcb  9  zwv 
ozQOzdywv.  ai  de  xe  zig  /ur]  ig7TQdo(a)r]zai,  avzov  10  dnozuoai 
öi7vX6aig  zaig  anv  zw  xpaqjlof.iazog  ircd-  11  vw  eigr^ievaig  W  \ 
zö  de  \pdcpiO(.ia  zööe  e/.if.ievai  12  ig  ai  htl  oawzrjoia  xai  cpvXdxa 
■/.ai  dydüa  zvyja  zag  13  TzöXiog,  xai  iy%a(>dx&rjv  ig  azdX(X?)afi 
/naQf.iaQivav  14  xat  dvaze^v  iv  zw  ei'gw  zag  'Agze/uidog  zag 
Qeg-    15  (.dag    xai   jxqo   zw   el'gw  ßoXXevzrjQiw.     -doyfiazöyoa- 

16  cpoi  Fvdiog  JIo/.i7zrjiog  'Povcpog-rdi'og    17  "Ogcpiog uiov- 

y.iog .... 

Die  zeit  der  abfassung  bestimmt  C.Curtius  mit  hilfe  ei- 
ner lesbischen  münze,  die  auf  der  Vorderseite  das  bild  des  kai- 
sers  Commodus  (180 — 192),  auf  der  rückseite  den  namen  des 
Pompeius  Rufus  (als  des  ozoazrjyög  irci  ndvzwv  zezay(.ievog) 
trägt.  Zu  dieser  epoche  passt  denn  auch  die  Schreibung  Aov- 
Kiog  (cf.  Dittenberger,  Herrn    VI.  310). 

Z.  4.  7i6r]  (.dv:  das  fiev  hat  keine  beziehung;  ist  also  Tc6r\- 
l-iev  als  1.  plur.  conj.  zu  schreiben,  gebildet  zu  der  entsprechen- 
den form  des  indicativs  *7zoefiev  (cf.  nöuoi  aus  *ix6evxi)  ?  Da- 
gegen würde  allerdings  dywvzai  (für  qywvzai)  sprechen,  wenn 
das  ay  von  Boeckh  (ohen  Nr.  2,  32)  richtig  ergänzt  ist,  da 
die  erwähnte  inschrift   „noch  nicht  die  leiseste  spur  von  einer 


128 


F.  Bechtel 


abschwächung  des  dialects  durch  eindringen  ionisch-attischer 
demente"  zeigt  (Dittenberger,  Hermes  XIII,  390). 

Z.  5  bei  eiQü)  ßoXXtvTtjQuo  sei  auf  No.  13,  8  vub  tag  I'qccq 
ßollag  zurückverwiesen. 

Z.  16.17  rdiog\\y'0()(piOQ :  vgl.  GIG.  Add.  2194b).  aQxugdag 
'Ogyiiag  Aaikictg. 

20.  Zu  ehren  des  Kaisers  Seutimius  Severus  (193 — 211).  GIG. 
2181  (Mytilenis  ad  puteum). 

aßolaxcciodocfMXjTOVfAeyKJTowvToxQazOija  ||  xaiaagaa£7irif.aov\\ 
0€ßt]QOV7T£QTivccx.ao£ßaoTov^  Tovyao/.aiüaXaoocc(j\\  deaTVOxavTOvoao 
[7iofooo\\£veQy£zav/.aiXTioxavy 

1  14  ßok(l)a  Y.cti  o  öäf.tog  %bv  (.dyiöxov  Avxov.qdxoqa  2  Kai- 
gccqcc  2£7tTif.uov  3  2eßi]QOv  IleQTlvaxa  -bßaoTOv,  4  tbv  yäg  xat 
ttakdooccg  5  dwitöxav ,  rov  (-r)ag  rvofoog  £V£QytTav  xal  6  xr/- 
a%av. 

Der  römischen  zeit,  aber  keinem  bestimmten  jähre  sind 
folgende  inschriften  zuzuweisen: 

21.  Fragment  einer  iuschrift  auf  einen  römischen  kaiser,  der 
das  cognomen  Germanicus  führte.  Gefunden  beim  hospitalbau 
zu  Mitilini.  Jetzt  in  der  schule  daselbst,  publiciert  von  Conze 
VIII,  6. 

0£ßaOTOVaVTOXQCCz[o()(x\ 

[y£Q]/iiavixov 

[lOvh?]0OÖlT]G0lQ£V<Jx[cu] 

[ay]covo&£Taoav 
5  oaoXvfXTti 

An  eine  sichere  restituierung  des  fragments  kann  natür- 
lich bei  dem  traurigen  zustande  des  steins  nicht  gedacht  wer- 
den, da  nicht  einmal  dessen  ursprüngliche  gestalt  zu  ermitteln 
ist.  —  Z.  3  muss  vor  Jiiqg  (über  den  namen  Keil,  Philol. 
Suppl.  II,  582)  ein  römischer  namen  gestanden  haben. 

22.  Auf  den  priester  etc.  Idomeneus.  CIG.  2184  (nach  Kie- 
per t's  abschrift  in  den  Add.).  „Paphlae  (hoc  est  ad  thermas 
Mytilenaeas)  prope   fontem". 

[a]ya&aTv%a\\[aß]oXXaxatoda[.io(j[£i]doii£V£a£idof.t£\\{v£]QOTOV£i() 
£axai\\[aQx]siQ£axaiayü)\\  [vo&]£Tccvxai7zavr]\\  [yiQia]()xccv['£C(]G$£Q  ||  \jxl 
a^d]-J7ravayvQioa\\[£7tiT£X]£OoavTaTai\\\a&caLaL]G7taiaaia£v\\\_o£ßL 
aa/w]£vraa7r^og{ro4a^£Ot(7]^pt^or£t||[ituaa(j£rcfffiT](>off||[Ta>'/roA]iy. 
D.  h.: 

1  lAyd&a  tv>x<x.  2  d  ßölla  nai  o  da/Liog  3  Eldopivsa  Elöo- 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  129 

f.ie-  4  veog,  xav  etgect  xat  5  aqxEiQsa  xat  ctyto-  6  vo&exav  xat 
rtavrj-  7  yvQiccQxav  xäg  &eq-  8  /iadxag  navayvQiog,  9  ercixeXea- 
occvtcc  xai-  10  g  Svoiaig  naioaig,  ev-  11  oeßiag  f.iev  neig  TtQÖg 
12  xoig  freoig,  cpiXoxu-    13  filag  de  rag  TTqog  14  xav  ttÖXlv. 

23.  Auf  den  priester  etc.  Kastrikios.  CIGr.  2188.  In  den 
Thermen  bei  Mytilene. 

aya&axvya  ||  aßoXXaxaiodafioa  ||  xa0Toi7t[i]ovxaatQi  |j  xuoxove 
iQeaxaiaQx  ||  eiQ£er/.caayo>vo&£  ||  xavKaLTtavayvQiaq  ||  7ravrat£[££]7r 
axaff  ||  Trava^ffJ^fioaßTrtrfi  ||  [X~]£o[_oa~]vxa .  a7t/jo[v]  ||  Exaiarcaioaia 
e[v aeßt]  ||  affw£V7r^offi:[o]fffoa[ota]  ||  [^)t^or]£t/aar[(J]£7ro  ||  [oa]ra 
V7r[oAt]j'.     D.  h.: 

1  Idya&a  xvya.  2  i^  ßöXXa  y.ai  6  däfiog  3  Kaaxgimov  Ka- 
oxqi-  4  x/w,  tov  £t(D£a  xat  a^x~  5  £t'(j£a  xat  ayiovo&e-  6  rav 
xat  -rtavayvQKXQ-  7  (x)a*>  Ta(s)  {&)£Q(f.a)äY.ag  8  Travayt^^og, 
htixe-  9  Xeoaavxa  (xaig)(&)v-  10  (at)aig  rcaiaaig,  evaeßt-  11 
ag  /<£>»  Tr^og  rotg  (d-e)oig,  12  q)iXox£iul(ag)(d)e  n{q)-  Yd  6g  xav 

TToXlV. 

24.  Auf  den  priester  etc.  L.  Antonius.  CIG.  2187.  Ebenda; 
vgl.  die  Add. 

ayadaxvya  ||  aßoXXec  ||  uaiodaftoo  \\  X.avztoviov  .  X.av  \\  xcovico 
OEQßiXicov  ||  ovosQßiXwvxov  ||  EiQ£av.(uaQy£iQE  ||  axaiaywvod-£xav  ||  x 
ai/tavrjyvQietQxctv  ||  xao&£Q/uiaj.ao7ta  \\  vayvQioo[£vo£ßi]  ||  attytfijfTa 
o*7r^offTo/a]  ||  &£o[iocpLXox£i{iiaod£xaO7tQO0xav7ioXiv^.     D.  h.: 

1  lAya&a  xv%a.  2  i^  ßoXXa  3  xat  o  daaog  Al  ^i  .Idvxioviov 
yi .  l4v-  5  xiDviü)  2£QßiXico  v-  6  ov  2£gßlXiov,  xbv  7  «^fa  xat 
ccqx£iq£-  8  a  xat  dycovo&exav  9  xat  7zavt]yvQid()x<xv  10  Tag  0£ß- 
(.uaxag  na-  11  vayvgiog,  £V0£ßt-  12  ag  jiteV  rag  Tr^og  rotg  13 
&ioig,  (piXox£i(.dag  dt  xäg  ngög  xav  ttoXiv. 

25.  Auf  den  priester  etc.  Euthynios(?)  Julios  Italos.    Aus  den 

Thermen  bei  M.  mitgeteilt  von  Conze,  taf.  IX,  2;  dazu  text 
s.  17  oben. 

[a]ya&axvx[a]  ||  [aßjoAÄaxatoda^off]  !|  [£v~]<tv[.ioviovXi o[y]  . . . 
||  . .  coviovixaXov  ||  [x~]ov£LQ£a*aiaQx[£iQ£a~\  ||  [xat]a/wyo^£ra[vxat]  |j 
[7ra]vayt^ta^x«M  ||  [ßv\aeßiuo(.itv[xa07tQO(j]  ||  [V]o/o'#£ottf<jPtÄo]||T 
£[t]jUtaff[(j£raff7r^o(rrav]  ||  nax[Qida].     D.  h.: 

1  Idya&a  xvya.  2  ^/  ßoXXa  xat  o  dä/itog  3  Evdv/uov(?)  'lov- 
Xiov...  4  ..vlov^'IxaXov,  5  tov  £t(0£a  xat  aQy£iQea  6  xat  dycovo- 
&exav  xal  7  Travayugtdgxa»',  8  £vö£ßiag  (xev  xäg  7tgdg  9  rotg 
&eoig,  q>iXo-    10  xeif-iiag  de  xäg  TtQog  xav    11  rtaxqiöa. 

9* 


130 


F.  Bechtel 


Z.  3.  [EY\9v^ov  ist  hergestellt  aus  OYMON.  Dieses  cor- 
rigiert  C.  in  [1]0YA10N,  und  erhält  so  einen  'lovXiog  '£oi>Xiqg, 
dessen  berechtigung  mir  nicht  klar  ist.  Hinter  dem  zweiten 
namen  ist  derjenige  des  vaters  ausgefallen  bis  auf  die  casusen- 
dung  in  z.  4. 

Z.  11  will  C.  das  TL  AT  als  abkürzung  für  die  stehende 
phrase  de  (vag)  TtQog  xav  txoXlv  fassen.  Da  mir  eine  solche 
nicht  bekannt  ist,  ergänze  ich  de  rag  nqbg  xav  in  z.  10,  und 
vervollständige  nax  zu  TvdxQida,  ndxqig  gebraucht  wie  in  No.  29. 

26.  Auf  einen  unbekannten ,  der  die  gleichen  würden  be- 
kleidet hatte.  CIG.  2185,  noch  von  Conze  am  brunnen  in  den 
Thermen  gesehen  (ML.  s.  16,  anm.  5). 

[aya&a]xvxa  \\  [aßoXXay.aL]odaf,too  ||  ..  ..ov£Qfxo[d(OQOv]  ||  fa/rj 

oXXoä w[qio]  II avovxov  ||  \£i(j£axaiaQ\x£iQ£a  \\  [xaiaywvo&jexav 

y,ai  ||  [7zavayvQia]QxavTaG  j|  [&£Q/itiaxao7i]avayvQ\\[ioo£vo£ßia]oiit€v\\ 
[xao7tQooxoio&e]oioq)iXo  |j  [x£i(,uaod£xao)7tQoaxav  ||  [icoXlv].  D.h.: 

1  Idyä&a  Tvyjoi.    2  *A  ßoXXa  Aal  6  däfxog    3  'Eq/uoöio- 

qov(?)  Al47toXXodi6qio  5 ,  xov   6  ei'gea  xccl  dgx£iQ£a  7  xat 

dycovo&exav  xat  8  navayvQtdqxav  tag  9  &£Qtuidx.ag  navayvg- 
10  tog,  evaeßlag  f.iev  11  xctg  7tqbg  xolg  d-eoig,  cpiXo-  12  xu/uiag 
de  xäg  TtQog  xav  13  txöXlv. 

Der  name  oder  der  zweite  der  namen  des  gefeierten  ent- 
hielt als  zweites  oder  erstes  element  eine  auf  den  gott  Hermes 
zu  beziehende  bildung. 

27.  Auf  den  agouotheten  und  paiiegyriurchen  Euxenos.  CIG. 
2186,  gleichfalls  von  Conze  in  den  Thermen  gesehen,  aber  in 
zerstörterem  zustande. 

aya&axvxa  ||  aßoXXaxaio  ||  daf,iooev§e  ||  vov .  g .  xovaycovo  \\  &ex 
avxamava  \\  yiqiaqyavicaiv  ||  tv^evojxcoaQ  \\  yuqeooartv  \  yovovevg~£\ 
vio.  ß.  xioyvfiva  ||  oiagxcoy.aucQ  \\  wTcoaxQorayio.     D.  h. : 

1  AyäSa  xvxa.  2  *A  ßöXXa  v.al  6  3  dä/iiog  Evg~£-  4  vov 
xov  Evt-evco  xcö  E.  xio  E.  xüj  E.  xio  E.  xio  E.,  xov  dycovo-  5 
&exav  xai  rcava  6  yvQidgxav,  naiv  7  Ev^evio  xlo  dg-  8  ^e/^tog, 
äizv-  9  yovov  Ev^e-  10  vto  xio  Evi-evco,  xio  yv/.iva-  11  oiaQxw 
y,al  7t q-    12  coxio  oxQOxäyio. 

Z.  8.  9.  drcv\\yovog  wird  von  Boeckh  als  „nepotis  nepos" 
erklärt:   nur  so  wird  die  bedeutung  des  g  in  z.  4  verständlich. 

Der  schluss  einer  ähnlichen  inschrift  scheint  vorzuliegen  in 
dem 

28.  Fragment  CIG.  2191  (aus  den  Thermen). 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  131 

dytüvo&ha  |j  x«t  rtavrjyvQicxQxa  j|  xal  7tQWTO)  orgorayio. 

29.    Auf  den   pricster  etc.  Anlos  Klodios  Peremiiaiios.    CIG. 

2189  (in  den  Thermen,  ebenda  von  Conze  gesehen),  fast  iden- 
tisch mit  CIG.  3486,  dem  in  Thyatira  gefundenen  dvTiyQcupov 
der  ersteren  inschrift. 


3  § 


>^ 


5  ^      1  I  1       *  5  8  1 


•r 


i.f  Ji-8    1411    1    ^ 

tote         gto3         c^og'^  *  ps 


-r>     °    te  to    S     <*>  °j     ©  t»     ^  5  c 

1  2  *  1  |S  s  S  !<!  i  ig. 

x    £,  *    ^    ^  S   «  S1  ö  jo  *p2 

«so  iL  2>    ^  ö    fc  5    £»  «^J  tojJI, 

3   £  IT  ~   2  §   3  S   ?  |  S2§ 

IS  g|.|  |  £  ä   §  3  fc   B   §- 


iO 


i   v2    <a/  & 

i     4         %  ,  §  ^  1     f-fi 

•o         to    to  Tg  "3        $>  Tj    *    x    ^  3"  S'^  -ö 

*    F*  »    2        'S    ?    «    •"    3    ^    *    ^    2  ^    , 

ss  ^  n « s?  ^  *  i  's  x  *»  ä  «^  g  § ;© 

8  ^   to    ¥  s    S   S    *  v»    ö        ±  'ö   ©  »s   ,.  t5 

§<J    §  *8    §    |  ö  ^  ^  *te    g^g-,*  ,&  £    *, ■  „ 

>>w  «2     8     *     §  '§     |  Jj     8  *g     S-o     fe     *     g1    S 


§  o     8     8*  |  | 

-  J  §  e  1 1 1  f  i !  xli.i 

1 1 1 1 II i 1 1 1 1 1 1 1 ^  i I 

»5.  i  2  Ö  ^  Ö  g-  S88S-OfeS§S 


132  F.  Bechtel 

In  Z.  5.  6.  von  3486  steht  für  Xoyiov  nqvra.viv  des  Origi- 
nals Ao/w||v  TtQvtanv.  Dieser  lesung  ist  aber  nicht  zu  trauen, 
da  das  ende  von  z.  5  undeutlich  ist,  wenigstens  nur  von  einer 
abschrift  gegeben  wird  (Boeckh:  „in  fine  ß  addidi  ex  Peyss. 
etsi  falsum").  Von  z.  13  der  vorläge  gieng  der  Steinmetz  über 
auf  z.  15,  so  dass  der  schluss  seines  Werkes  sinnlos  ward;  fer- 
ner setzte  er  in  neQyctf.nqv{v)(.ov  (z.  9)  ein  v  zu  viel,  und  schrieb 
avyyevEco,  dictE^ctfivog  für  ovyyEvstov,  öiaöe^a/nsvog. 

30.  Auf  den  bulentcn  etc.  Aur.  Artemidoros.  CIG.  2190  (in 
den  Thermen  bei  Mytilene).  Aus  der  Sammlung  des  Cyriacus 
Anconitanus  (Kai bei  No.  XXII). 

ayct&atvxa  \\  aßoXXaxainda/.toaETEi^ao(a)EvavQ  .  afre[iidw()ovß 
(TOv)rü)v/^e  ||  vauüßoXX€VTavay(ovo&£tioavTaxai7vavT]yvQiaQxr]  \\  oa 
vTasvdot;(ooxaiq>iXoT€i/iiü)0.     D.  h. : 

1  3s4yd&a  rv%a.  2  Id  ßoXXa  xai  6  da/nog  3  itel/xctoev  Avq. 
4  IdQTEjuldtOQOV  L^QTs/iudtoQio  5  zto  3Y/nsval(o,  ßoXXsv-  6  TCCV, 
äyit)vo&ET(rj)oavTa  7  xai  7tavr]yvQiaQxrjo<xvta  8  hdöt-tog  ncti  cpi- 
X-  9  OTEi/Mog. 

Z.  3.  hEi(.iaoaEv  ist  nicht  zu  rechtfertigen,  auch  nicht  mit 
StocpQÖoovvE  CIG.  2206,  wie  Boeckh  meint,  weil  in  letzterem 
worte  kurzer  vocal  vorhergeht.  Es  scheint  ein  versehen  des 
Steinmetzen  vorzuliegen,  der  auch  zuerst  xov  statt  rw  (s.  2  der 
abschr.)  schrieb.     Doch  vgl.  Ähren s  I,  65. 

Z.  4.    3^QTE/iiidtüQov  der  cod.  Pal. 

Z.  7.  Die  anderung  7tavayvgiaQx^ocxvTa,  die  K.  vornimmt, 
ist  unnötig;  s.  No.  24  na.vn]yvqidgxav  tag...7iavayvQiog,  u.  ö. 

31.  Auf  den  agonotheten  etc.  flodestus.  Ebenda.  Kaibel 
No.  XXIV. 

ctya&ctTvxa  II  aßoXXcc-/.atoda(.iooEtEif.iaoEVf.iodEOT;ovaTtoXXioviiov 
o)  ||  avai(üvoa7taidaa7roXXiovuoTcoyvfxvaaiaQXcoTovaya)vo  \\  &£tavx(u 
TtavayvQictQxov.     D.  h.: 

1  l4ydd-a  tvx«.  2  *A  ßöXXa  xat  6  da/uog  foEi/uaoEv  Moöeotov 
IdtTtoXXtüvliOj  tiö  3  Av(X)lwvog(?)  ncuda  AitoXXiovicü  tio  yv^va- 
oidgxto,  tbv  äywvo-  4  &etocv  xort  navayvqlagxov. 

Z.  2.     K.  „verbessert"  sTEi/naaoEv. 

32.  Auf  eine  gewisse  Philippina.  Aus  den  Thermen  bei 
Mytilene.  Schon  im  CIG.  2192,  aber  besser  bei  Kaibel  un- 
ter XXVIII. 

oöa^ioo  ||  aQXE7toXLVY.aQ7toq)OQOV(piXiTt7iivavvavyii.iva  \\  oiaqxo 
vEOTOvauovcc.     D.  h. : 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  133 

1  'O  öaftog  2  IdqxertoXiv  xaqrcb-  3  cpoqov  ®iXt7t7Ztvav,  4  xdv 
y(v)ftvaol-  5  aqxov  eg  xdv  auova. 

33.  Auf  eine  gewisse  FI.  Publicia  Nikomachis.  Aus  Cyriacus' 
Sammlung  („apud  Mytilenem"),  bei  K.  unter  I. 

aßoXXa  ||  xatoöaftog  ||  q>X .novnXtxi  ||  av.veixof.ta  l|  xtdaßaxav\\ 
Ttaidadtvvo  ||  //ax  .  xat  ||  naoxXi]0  ||  xwveveqye  ||  Tcryxor*  ||  anorcq 
oyovtav  ||  eveqyexav  ||  xatxrmra»'  ||  xaörcoXtoa  ||  aftftetov .tavdiauov 
oüTtqvxavtv  !|  «^firaffeyexa  ||  Ttataaa.     D.  h.: 

1  i^  ßoXXa  2  xat  o  öaftog   3  <M .  TLovnXtxt-  4  «v  Neixo- 

ftä-  5  (x)tda 6  Tralda  zfivvo-  7  /U«%[w]  xat  8  II(q)6xXr]g,  9 

twv  €ue^/«'-  10  rav  xat  11  azTo  itqoyövtov  12  eveqyexav  13  xat 
xxiaxav  14  rag  itoXiog  15  dftfieiov,  xav  öi  auovog  nqvxavtv 
16  aperag  «Wxa    17  naloag. 

Abfassungszeit:  die  Schreibung  TlovnXixtav  für  üottX0  weist 
nach  Dittenberger,  Hermes  VI,  287  ff.  auf  die  zeit  um 
200  n.  Chr. 

Z.  5.  Die  Verderbnis  kann  ich  nicht  beseitigen.  Mögli- 
cherweise ist  statt  (%)ida  zu  lesen  {%)i{v)  und  das  a  zu  dem  fol- 
genden rätselhaften  worte  zu  ziehen ,  von  dem  wiederum  die 
drei  letzten  buchstaben  als  xav  zu  rcalda  gehören  könnten. 

Z.  16.  evexa  wird  von  K.  „verbessert"  in  eciv[v]exa:  „neque 
enim  ullo  in  Lesbiorum  titulo  evexa  legi",  evexa  aber  hat  ja  die 
inschrift  auf  die  Aur.  Artemisia  inKaibels  eigener  Sammlung 
(No.  15,7  bei  K.  VII);  ferner  die  inschrift  aus  Cumae  CIG.  3524, 
und  die  aus  Lampsacus  CIG.  3640;  ferner  das  ehrendecret  aus 
Tenedos  und  endlich  die  breitseite  des  steins  von  Pordoselena. 

34.  Ehreninschrift  auf  Bresos.  Gefunden  zu  Chalakaes, 
dem  ruinenplatz  des  alten  Hiera,  dessen  gebiet  der  Stadt  My- 
tilene  unterworfen  war.     Publiciert  von  Conze,  taf.  XVII,  1. 

[aß]oXXaxatoöaftoa  =  lA  ßoXXa  xal  6  däftog 

ßqr]oovßqrjO(üaqxiatqovsMiovo    Bqrjaov  BqrjOto  dqxta(x)qov  Xa 

{ftTtQ  ?)6- 

yaxovtaxtoviiaidiovdexaie  (x)axov,  £a  xiov  7taldiov  de  xal  e- 

xxovcovaqxaoxataXXaoxat  x(y)6vtov  aqyag  Kat  üXXag  xal 

5  xiooorpoqtaoxatayoqavofitao  xtoaocpoqtag  xal  dyoQavoftiag 

ertixexeXexovxaxatavxov  httxexeXexovxa,  xal  avxov 

dexatßovXaQxiavxaivofto  de  xal  ßovXaqyiav  xal  vofto- 

q>vXaxtavxai[a]XXaoorxadioo  cpvXaxtav  xal  aXXag,  ovxa  zftog 

ai&equoxaiaftfiü)vooeXei{}e  Aiflequo  xaVLdftfiwvog'EXev&e- 

10  quoxaixaaadqaaxeiaoxaixoi  quo  xal  xaglddqaoxeiag  xalxio[v] 


134 


F.  Bechtel 


aۧaata)Vfj.vatr]Qio)7tviats[vT] 

a[o~]f.TrjcpiXcco7to(j£idcovoo 
(x[v]yciy.atf.ivytaoy.aLxava7ta 

15  Qaoxaliaox(xiTtodiooTU)[e] 

ftaivoa[v/u7x]dQ£Öovxaax£ 

7toXiadooa&ccva07iaQax.e 

X£voxavv7i£QxaoTCoXiooxao 

teaQxe(XLdoo/.aia7toXXiovoa 
20  fuaXeovzooaQxixoQOvxaue 

QOxaQvxccTiüvye[i]aQ£tov£\a] 

X0QwvoatoTr]Q0O(xGY.Xr]7Zi 

toxovÖ£^£ioxaxovavxo 

XQCCTOQOOXCaTlOVTaGTtO 
25    XlOOUQWVWQO&VXaVXai 

(xai)7i£QiT]yr]Tav£teiovr]drj 

X£OoaQaxovxaxai7CQoo 

av£vovvTat-iooxcu[iio 

d-0V0VO[llü]O0l7tQ0CtVT()V. 

Die  meist  wolerhaltene ,  den  schriftzügen  nach  sehr  junge 
inschrift  enthält  sprachlich  nichts  neues,  aber  desto  mehr  sach- 
lich interessantes,  ja  manches  hier  allein  belegte. 

Z.  2.  Zu  dem  namen  Bgrjoog  gesellt  sich  Borjoddag  auf 
einer  in  vorionischer  schrift  abgefassten  grabinschrift  aus  The- 
ben (Bulletin  de  Corresp.  Hellen.  II,  28).  —  doyiaxQov  halte 
ich  für  sicher;  2.  3.  Xa^i/rgo  \\  xaxov  ist  eine  conjectur,  die  in 
ermangelung  einer  besseren  passieren  mag.  Gewis  steckt  in  dem 
fehlworte  ein  Superlativ;  aber  wovon?  Den  schriftzügen  am 
nächsten  käme  Xuxovoyoxaxov. 

7i.  3  "Cd  xtov  nalöcov  —  £7tix£X£Xt"/.ovxct  bildet  den  gegen- 
satz  zu  z.  6  ff.  avxov  ds  xal  ßovXaoyiav  —  ergänze  t7Tix£X£XeY.ovxa: 
jene  ämter  Hess  er  durch  seine  kinder  verwalten,  diese  verwal- 
tete er  selber. 

Z.  10  11  xüv  o£ßdoxcov  juvoxrjQuov  fcaiavlaiijv.  —  Was  der 
text  bietet,  ist  sinnlos,  aber  sehr  schwer  zu  bessern.  Zwar  dass 
geschrieben  werden  muss  xiov  oeßdoxiov  f.waxrjQitov  und  dieser 
ausdruck  dem  xtov  dyuoxdxcov  /uvGirjQitov  (oben  No.  15,  4)  gleich- 
zusetzen ist,  scheint  sicher;  das  v  von  xtov  am  ende  der  zeile 
kann  verwischt  (cf.  z.  14,  15,  20),  und  das  v  am  ende  von  pv- 


O£ßdoxiov  f.ivaxt]Qia)(v)  ix(aia?) 
vlax(t])vf  x- 
äg  'ExyrpiXag  JIoa£iöiovog 
Mvya  ymI  Mvylag  xal  xdv  drta- 
Qccixijxtov  &eav  ■aal  xäg  Ko- 
oag  KaXtag  xai  xco  Jiog  xd  *E- 
7tatv((xi)  ov/Li7r(d)Q£Ö(Q)ov,  xägxE 
üoXiccdog  Läd-dvag  naqa%£- 
Xevoxccv  vtcsq  xäg  noXiog,  xäg 
xa  u4QXt(j.idog   xal  IdrcoXXwvog 
MaXeovxog  doyiyoQov  xal  Ie- 
Qoxdovxa,  xwv  (x)s  hgetov  £a- 
xoqiov  SaajxrjQog  !AoxXrj7tl- 
to,  xov  öi  &£ioxdxov  avxo- 
"AQaxOQog  xat  xtov  xag  no- 
Xiog  uqwv  WQO&vxav  xal 
TtEQirjyyxav  ixicov  ijdrj 
x£oaaqd%ovxa  xal  7iobg 
dvev  ovvxdt-iog  xat  /ula- 
■3-ov,    ov(x)t  cog   oi   rcob  avxov. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  135 

arrjQicov  durch  versehen  des  Steinmetzen  ausgefallen  sein  (so 
wie  das  zweite  q  von  av/.i7CccQeÖQOv  z.  IG).  Aber  was  ist  rtvioTe, 
wie  die  Zeichnung  deutlich  hat?  Als  notbehelf  habe  ich  naia- 
viaxijv  eingesetzt:  aia  durch  versehen  des  Steinmetzen  ausgelas- 
sen; für  JE",  welches  bei  C.  schraffiert  ist,  H;  und  am  ende  der 
zeile,  wo  sicher  ein  buchstabe  weggefallen  ist  (das  r  von  T\\äg), 
vor  dem  letzteren  ein  v  ergänzt.  Von  einer  \eqct  T<xg~ig  tiöv 
naiaviOTiov  tüv  iv  'Piof.ifl  Jibg  'FIXiov  ueydXov  2aQ(X7iidog  xai 
d-eüv  oeßaocwv,  also  einem  „collegium  Paeanistarum'  Iovis  Sa- 
rapidis  et  domus  Augustae"  ist  im  CIG.  5898  die  rede. 

Z.  12.     Ueber  die  'ExrjipiXa  siehe  zu  No.  15,  4. 

Z.  13.  Zu  IVIvxcc  vgl.  Anthol.  Gr.  III,  311  l4tdeto  Mv- 
yloio  f-ieXag  mceöe^axo  xöXrvog.  —  Zu  IVLv%la  vgl.  \lAqi]Qodei- 
xr\i  ||  \M~\vyiai  auf  einer  inschrift  aus  Gyaros  (Bull,  de  Corr. 
Hell.  I,  357. 

Z.  15.  Betreffs  der  Köqa  KaXia  verweise  ich  auf  den  ge- 
diegenen aufsatz  von  Usener  über  die  Kallone,  Rhein.  Mus. 
XXIII,  316  ff. 

Z.  15.  16  'E\\7tatvio  av(.uiccQtdQOv.  C.  hat  rcaivoo ...öqe- 
öov;  naivo  entweder  für  naivia  oder,  da  der  dialect  längst  nicht 
mehr  rein  ist,  für  rtaivov  1).  In  dem  folgenden  kann  ich  nur 
ov(.ircäqedqov  erkennen. 

Z.  19.  20.  l4rx6XXwvog  ||  MaXeovxog.  Diesen  gott  erwähnt 
Thukydides  bei  seiner  berichterstattung  von  der  belagerung 
Mytilenes  durch  die  Athener  (428).  Die  Athener  nämlich  ge- 
dachten die  Mytilenäer  zu  überfallen  —  igrjyyeX&r]  ydq  avTolg 
wg  exrj  'A/toXXiovog  MaXoevxog  ef-ü)  Ttjg  rtöXeiog  eooTrj,  iv  rj 
7cavörj(.i£L  MvTiXrjvaloi  eooxdCovoiv  III,  3,  3.  —  Hierzu  vgl.  noch 
Steph.  Byz.  s.  v.  WlaXoeig.  lArtöXXiov  iv  ylloßn)  'Aal  6  xo-iiog  xov 
legov  IVlaXöeig  anb  xov  MrjXov  xrjg  Mavxovg,  iog  'EXXdvixog  iv 
yteoßi'Atov  nqiöxitt.  Vom  xoitog  MaXoeig  spricht  auch  Thuk. 
III,  3,  6:  ol  de  ovxe  ig  tov  MaXoevxa  it-rjX&ov.  —  Endlich  Kal- 
limachos  bei  Bekk.  An.  pag.  1187:  6  de  deidcov  MaXoeg  t]X$e 
%oQog  —  dvxl  tov  MaXoeig  .  MaXoeig  iaxlv  6  yieoßiog.  —  Dass 
auf  unserer  inschrift  der  AnöXXwv  MaXoeig  erwähnt  wird,  der 
nach  dem  zeugnis  des  Thukydides  ein  hauptgott  der  Mytile- 
näer war,   und  zwar  in  Verbindung   mit  Artemis,  von  der  wir 


1)  Zevg  "Enctivos :   interessante   parallele  zu  der  'Enaivi]  TltQanfovtia 
Homers. 


136 


F.  Bechtel 


ein  gleiches  wissen,  erhöht  die  Wahrscheinlichkeit  der  annähme, 
dass  das  denkmal  nach  Mytilene  gehört. 

Z.  20.  aQxiyoqov:  er  führte  den  yöqog  MaXoetg,  den  Kal- 
limachos  erwähnt  (s.  o.). 

Z.  21.  22.  In  die  stelle:  rtovyeQEiov  £a  \\  xoqiov  kommt  nur 
dann  sinn,  wenn  man  für  F  liest  T  und  dahinter  ein  /  sup- 
pliert:  „und  der  auch  einer  der  iegscov  Cccxoqcdv  war". 

Z.  29.  Nach  ovo  gibt  C.  eine  lücke  für  zwei  buchstaben 
an;  also  nicht  ot>(>c)[w]g,  bzw.  ov{y)[io]g,  sondern  vielleicht  ov- 
(x)[h*>]s,  vgl.  Her.  I,  172  xaksovoi  d-rcb  twv  /h^teqwv  ewvtovq  xal 

OVXl    CCTlÖ    XiOV    7MXTSQ10V. 

35.  Weihinschrift  der  Archippa,  Athanaos'  tochter,  an  Artemis. 

In  den  Thermen  bei  Mytilene.     Conze,  taf.  IX,  6;  text  s.  17. 
aQ%i7Z7iaa&avctEict  \\  aQTe/uidi&eQf.uaevaxow ,  d.  h. : 
IdqyliiTta  l4&avdeia  2  LdQteftidi  Qeqfiia  Evav.öio. 
Z.  1.     Den  irrtum  Conze's,  der  Id&aväeia  als  „Athenerin" 

fasste,  hat  schon  Sauppe  beseitigt  in  der  Commentatio  de  dua- 

bus  inscriptionibus  lesbiacis  s.  26. 

36.  Noch  eine  Weihiuschrift  an  Artemis.  Ebenda.  CIG. 
2173  -  Kaibel  XXI. 

aQtEfiidi  ||  &EQfiLaeva  \\  xotodirao  = 

IdQTe/utdt,  2  GeQf.Ua  Eva-  3  koco  ? 

Z.  3.  JITA2  erklärt  B.  hier  und  in  der  folgenden  in- 
schrift  als  „nomen  dedicantis".  Aber  was  für  ein  nomen  ist 
das  ?  Etwa  IdcpQoöirag ,  koseform  zu  'Erca^QoöiTog,  in  weiterer 
kürzung  Jlrag?  Wenigstens  Jha  für  'AqiQodira  kommt  auf 
einer  thessalischen  inschrift  vor  (Ussing,  Inscr.  Graecae  ine- 
ditae  No.  5.). 

37.  Wegiuschrift  mit  weihiuschrift  an  Artemis.  Ebenda.  CIG. 
2172  =  Kaibel  XXVI. 

tüOTavx,QavvavxaiTOvd()ayioyiova7ioxeyxQ£ctv<XQ  II  "vefiiöid-eQfiia 
evaxotodiTao    — 

JQg  rar  y.Q(xvvav  y.ai  xh  vögaycoyiov  an-  3  6  KeyyQEav.  Aq- 
Tif.it dt  Q-  4  SQfiia  Evaxoto? 

38.  Bruchstück  einer  weihiuschrift.  Ebenda.  CIG.  2194  = 
Kaibel  XXV. 

ofiaoxatTtaviQEvodiayeveooTcoocoTTjQOGaoxaTtuüxai  \\  igevodia 
ßicolsaßioia  = 

o(g)  ldaY.(X)a{7ti)d(da),    l'gsvg  did   2  yhsog  %io  2iüTrjQog  3 

yAöY.{X)a7tiio  xai  Xqevg  4  öiä  ßiio  udeaßloig. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  137 

Der  name  des  weihenden  ist  verstümmelt;   er  ist  söhn  des 
l4oxXa7iiddag,  wie  Kai  bei  ansprechend  herstellt. 

39.  (i  rabi  lisch  riftni. 

a)  CIG.  Add.  2197b  =  Conze,  taf.  IV,  5.     Auf  einem 
runden  grabaltar,    von  C.  in  der  schule  zu  Mitil.  an- 
getroffen, früher  „in  puteo  domus  oppidi  superioris". 
fO]  öotf^wg  ||  [L4Q]iGT(xvÖQio  re5  KXe-  |;  ovelfMo  iJqcoi. 

b)  CIG.  Add.  2197c.     Ebenda  gefunden. 

'O  öäiiog  ||  ^Hgiolöav  KXtcovog  ||  xbv  evegyerav. 

Z.  2.     ^Hgiotöav :  der  name  kommt  auch  sonst  auf 

Lesbos  vor,  so  in  der  grossen  Eresischen  inschrift  A  37. 

c)  CIG.  Add.  2197d.     Ebenda  gefunden. 

'0  däfiog  ||  KaXXr/.Xr]i  ||  Mvaadv-  ||  öqov  iJqcüi. 

d)  CIG.  Add.  2197e.     Ebenda  gefunden. 
'O  däfiog  ||  Kleodd/iiiü  tco  ||  Nov/urjviio. 

e)  CIG.  Add.  2197f.     Ebenda  gefunden. 

30  öa/iiog  ||  Mcctqo/.X£i  zco  Jiovv-  ||  aico  rjgwi. 

f)  CIG.  Add.  2197g.     Ebenda  gefunden. 

'O  däf.iog  ||  2xQatiTt7tio  \\  %ü  Zcolzva  (sie!)  |J  r]Q(öi,. 

g)  CIG.  Add.  2197h.    Ebenda  gefunden. 

'O  dä/Liog  i|  ^/tavxiov  lAvxtoviov  [)  Magna)  vlov  KanL- 
Tcova  ||  riqioa. 
h)  CIG.  Add.  2211h.     „Mytilenis   in   cippo  cum  aeto- 
mate,  in  aula  ecclesiae  D.  Georgii". 
üeQiyevig  4irj  \\  yalge. 

40.  Bruchstück  eines  steins  mit  den  resten  zweier  inschrif- 
ten.  Jetzt  am  landhause  des  IIavayia)Tr]g  TgtQU7Tivrjg.  Schon 
im  CIG.  2107,  allein  auf  schlechter  grundlage  beruhend;  aufs 
neue  publiciert  von  Conze,  taf.  IX,  1. 

A  (linke  seite).  B  (rechte  seite). 

.  .  O ÖSTCC  .  .  eOf.lf.1 W7UXVO  . .  XXlY.lt)Xl7V 

•/.aitOl(J(XQ%OVTEO(JlEO£{x\ccOTOVOVV  lÖVVTCLVY. 

oiOKaia\jf\yovTaoowoTOTi[i)QTqiov  tovwoio 

XXaoiGxaiaQxovT€00isoexa[oz]ovo  e7ts%eXeoö[e\ 

5  ccTiod-eü)[£\ovvvocü[e]da)X€ToioßoXXa  zaioxQzvav 

avvjitoicüo . .  ßiaiTOLOTtoXeLratartav  aitagyaiau 

zoiaöerro 
&ewr}<x 
jzoeoa 
10   &EQ 
Beiträge  z.  künde  d.  ig.  «prachon.  V.  \Q 


138 


F.  Bechtel 


Der  schrift  nach  sind  die  beiden  Inschriften  gleichaltrig 
mit  derjenigen  auf  Bresos  (No.  34),  also  sehr  jung.  Die  obere, 
die  linke  und  die  rechte  seite  sind  verstümmelt.  Lesen  lässt 
sich  etwa: 

In  A :  2  xal  rolg  (xqxovteooi  eg  exaatov  ...  3  ...  xal  ccq- 
xovzeoot,  eg  tote  Iqtjiov  (zweifelhaft;  die  Zeichnung  hat  vor  q 
einen  querstrich  in  der  höhe  der  zeile)  4  (a)X(X)oig  oder  [aX] 
X(d){X)oig  y.al  (xqxovtegol  ig  txaoxov  5  .  rw  &ho  Zovvvoio  edcoxE 
Toig  ßoXXa?  6  .  .  v(.ioliog %olg  noXEixaig  . .  . 

In  B:  3  Zovvvoio.  4  etieteXeooe.  5  xqavav.  G  änaQ%aig. 


B.    Methymna. 

Nur  eine  einzige  inschrift  ist  dialectisch:  alle  übrigen  (zu 
denen  im  CIG.  kommen  noch  folgende  bei  Conze:  taf.  X,  2; 
XI,  2  u.  3)  sind  in  xoivtj  abgefasst.  Jene  dialectische  ist  ge- 
setzt 

41.  Zu  ehren  eines  chiliostyarchen.  CIG.  Add.  2168b  „prope 
Methymnae  parietinas,  in  loco  Molyvo,  in  porta  aulae  ecclesiae 
D.  Pantelionis". 

ccxeXXtjotv  oa£Qv&Qtxi[iov ] 

X(XQif;£V(jüX6XXr}OT;vapj[r]oavT(xaQ£] 

TaG£vvexaxcu£vv%iaox[cuEV£Qy£Oiao] 

tao£io~£avTav. 
D.  i.:!A  xiXXrjotvg  d  'Eqv&qcxiiov 

Xaqi^iva)  x£XXrjOTvctQ(x)rjoavTa  äqi- 

tag  svvexcc  y.al  Evvoiag  xal  evEgysoiag 

rag  slg  iavrav. 
Den  schriftzügen  nach  römisch. 


C.    Eresos. 

(42)  1)  Volksbeschlüsse  über  die  Schicksale  der  h rannen  und 
ihrer  nachkommen.  In  der  kirche  der  l4yla  Elgrjvrj  zu  Erissos, 
publiciert  von  Conze,  taf.  XII,  A,  B,  C.  Die  acten stücke  A 
und  C  füllen  die  zwei  breitseiten ,  B  bedeckt  die  eine  Seiten- 
fläche eines  grauen  marmorblocks ,  dessen  vierte  seite  leer  ist. 
Die  ganze  inschrift  ist  GTot-xydov  geschrieben. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  139 

Literatur:  H.  Sauppe,  GgN.  1863,  s.  359  ff.  gab  einen 
kurzen  bericht  über  die  neugefundenen  denkmäler.  Dieser  be- 
richt  ist  wiederholt  von  Conze  s.  37 — 39,  ihm  voraus  geht 
Sauppe's  erste  lesung.  Ausführlich  und  im  einzelnen  vieles 
berichtigend  besprach  S.  die  inschrift  in  seiner  Commentatio  de 
duabus  inscriptionibus  lesbiacis,  Gott.  1870.  Mit  den  hier  vor- 
getragenen emendationen  trifft  zuweilen  zusammen  G.Wald  in 
seiner  dissertation  Additamenta  ad  dialectum  et  Lesbiorum  et 
Thessalorum  cognoscendam  (Berol.  1870),  die  mehr  enthält,  als 
G.Meyer  zugeben  möchte.  Endlich  kommt  Nr.  123  des  Ca u er- 
sehen Delectus  in  betracht ;  zwar  leidet  auch  sie  an  zahlreichen 
flüchtigkeiten  (aus  A  allein  nenne  ich  z.  2  TtoXizwv,  z.  2.3  no- 
Xi\\zag,  z.  9  EQt-ag,  z.  12  dia7tQ(xJ;aig,  z.  31.32  xazsdUa\\oav,  z.  38 
cEQ/nrj<jideiü)) ,  allein  (s.  154  f.)  „emendationes  non  paucas,  quas 
omnes  enumerare  longum  est,  K  i  r  c  h  h  o  f f i  u  s  ...  mecum  com- 
munieavit" . 

A   1  [7to]?.[i]oQ7tr]&e\vTao]  2  €vz[ct] 

TtoXimovoivoiio  .  .  ae%aiTo[i07to]  3  [XLzai]adio^vQioioozazrjqaaEL 
OBTtQa^e^ai]  4  [zoL^O£XXavccoEXai£s[zo]xaizcoi(Tßtouoio[xazs~]  5 
[ox]aipeT(jodioortücpil[i]7t7ti[ü)]"*cci7toX€iiiov£!;€[v€i]  6  [x]a/itsv0O7iQ0oa 
XsgavdQOvxaizoiOEXXavao  7  zoiOf.iEV7toXizaia7t(XQEXofXEvoozaOTcXa 
eI-e  8  KXc:iO€exTaO7toXi0(j[7ta]v[d]aitiTcuodeyvva[i]  9  xccaxecizaio 
&vyaT£Qaoav[XXa\ßo)VKaisQ^a[ia]  10  Evzccax()i07toXLZQioxiX[i]oiox. 
mdia-Koaio\ia]  11  ozazr]Qao£iO£7iQa££zavd£7toXivxaizaiQ[a]  12  dt, 
aQ7ta%aLO[.ieTax\^ix)^v[Xa^LOzavEV£7iQrjOE*a[i]  13  o\yy]y.az£-KavOEO(x) 
[iaza[za)v]7VoXizavxaizoz[E]  14  X£vzaiovacpr/.o^iEvoa7tQoaaX£^avÖQ 
ovx.az[s]  15  ij.:£vd£Toxcudi£ßaXX£Toi(j7toXiTaiGXQiva'[i]  16  \ji]zvct 
vTOVY,pv7ttai\pa<p[i^y?.iof.iöaoavta07t£Q[C]  17  [d^avazwaiÖEKExaza 
ip[a(p]io&r]&avazoGavziz[i]  18  /naaa^£]vioaya)VL7trca)zavÖ£VzsQa 
vdiacpOQav  19  7töt]oaa?aizivazr]v[7to~]vd£tp£yavza)va7to$ct  20  vrj 
vaidEX£xa\T]Xa(pü)£[v^TOoayLovi7t7tü)TadMa  21  y.az<xyr]zi(Jzivc:zcovcc 
y(üvi7t7to)V£L7trjr]7tQod-r]  22  7t£Qr/.a&odü)vzwvx.zr]t.iaza)va7todö0Loox 
ar[a]  23  \j>a]zov£(.ii.i£vaiY.tti<xvzGvxmy£voozoY,rv(a  24  [x]a[_i]zaXX 
z£[y]oxoo[£\öziozwvofA(a[zio\zavazaXXav  25  av£Xovzizav7t£Qizcovzv 
Qavvoyvy(.(XLZ(av£y.y[o]  26  [v~\tov7tör]Gcca&aid£X.az£7taQCcv£vz(X£y<.Xr](ncc 
a[v]  27  [z^\izazio/.i£vdixa^ovztxcuß(x[d,^0£vziza7roX€[i]  28  [x]ccitcc 
diY.ttia£V£f.i(.i£vaiTOLGd£7taQttTodLY.(x[i]  29  [o]vzavxpaqjovqj£QOVT£OGL 
zaEvavziazovzcov  30  £Öixao?r]Ox,ztoKOOioioydor]xovzaz()£ioct7t[o] 
31  zavzava7ZEXvoc:v£7tzacud£c:XXaixaz£dixa[o^  32  cav  33  [Vjyj'ä» 
d[ctiA.o]G7t£Qi(tivoi7iQ£oߣ£oa7zayy£XXoiG[C\   34   aiTtQOoaXE^avÖQOva 


140 


F.  ßechtel 


7toataXBvxi-ay.ctiaXs     35     ^avÖQ0GxavdiayQaqjava7tE7tE/^ipEaq)iy.0jLiE 

36  VWV7lQOOaVX0VXWV7tQ0XEQ0VXVQaVVWVaTCOy[p]  37  VWVtjC-WldaXEX 
tüT€QTlXCÜV£l(OTtür]QCCEUüXa[lCt]      38    yt]Ol/HEVE[o^OXW£Q/iir]OldElWX.aiSTt 

ayy£XXa[y~]  39  [x]wv7iQOOCiXE§avdoovoxL£Xoii.ioi£axidLY.{av~\  40  [v] 
7too[x]£i?vv7i[EQ]iTwvEyx.aXr]/LiEvcov£VTwda[/iuo]  41  [aya&axvxaö]s 
[ßo%]d\cti]TU)dctiA(x)£TC£Ld\rf]     D.  h. : 

1    7to\lOQY.ri&£VT(XQ      2    XCM    TOIQ    TtO-     3    XlTCtlQ 

digfiVQioig  axdxiqqag  Eig£7tQa$,£ ,  xal  4  xolg  "EXXavag  sXa'iUEXo, 
xai  x(o)lg  ßto/uoig  xccte-  5  o*a\p£  xw  Jiog  xw  <DiXni7tiw,  xal 
tvoXe^iov  e^evel-  6  xd/iiEvog  7tQog  'AXsi-avdoov  xat  rotg  "EMavas 
7  rotg  /U«J>  TtoXiraig  7taQEX6(XEvog  xä  onXa  st-s-  8  xAai'ffe  gx  rag 
nöXiog  7tavdd/ui,  Talg  öe  yvvai-  9  xag  xeu  iratg  &vydx£Qag  ovX- 
Xdßwv  xal  eg^ccig  10  ev  xä  d%q{o)ii6Xi  xoig%iXLoig  *al  öiaxooi- 
oig  11  otdirjQctg  slgETtoal-E,  xäv  de  ttoXlv  xai  xd  1qcc  12  öiag- 
ndl-aig  /itExd  xcdv  Xataxav  £V£7tQr)OE  xat  13  avyy.axEY.avoE  aw- 
(.taxa  xwv  7toXlxav,  v.al  xö  xs-  14  Xsvxaiov  dquxouEvog  rtqbg 
lAXeg~avÖQOv  xaxs-  15  ipEvösxo  xal  öisßaXXs  xolg  noXlxaig'  xqI- 
vai  16  f.iEv  avxov  y.QV7txat.  ipaq>i(o)£L  of.inaoavxag  tveoI  17  &avdxw, 
al  Öe  X£  xaxaxpacplo&r}  d-dvaxog,  dvxixi-  18  f.iaoaf.iivw  LdtywvlrtTXw 
xav  ösvxegav  öiaqpooav  19  7toijoao&at,  xiva  x(qo)7Vov  öe(v)e(i) 
avx(o)v  dnoSä-  20  vrjv,  ai  öe  xe  xaXXdqpityEvxog  Idywvinnw 
xä  ölxa  21  xaxdyr]  xtg  xiva  xwv  I4ywvi7t7tw  (rj)  iiTtiq  rj  7tQO&rj 
22  TTEoi  xa&oöw  (rj)  xwv  xxrjudxwv  ditoööoiog,  xaxd-  23  gaxov 
E/ufiEvat,  y.al  avxov  xal  yivog  xw  v,rjvw,  24  x.al  xaXXa  svo%og  eoxw 
xw  vöfxoi  xw  xav  axdXXav  25  dviXovxi  xav  tzeqI  xwv  xvqävvwv  y.al 
xwv  exyo-  26  viov  rtorJGaa&ai  Öe  xa(7)  S7taQav  ev  xä  sxXrjola 
av-  27  xi(/,)a  xw  f.iiv  dixaCpvxi  xal  ßa&oEvxc  xä  tioXel  28  xat 
{xolg  vofxoLGi)  xä  öUaia  ev  Ef-i/iiEvai,  xolg  de  nagä  xb  d/xat- 
29  ov  xav  ipäcpov  opsqovtegoi  xä  evdvxia  xovxwv.  30  Eöixda&rj' 
oxxwxöoioi  oyöorjxovxa  XQEig'  dnb  31  xai'xav  ditEXvaav  ercxa, 
al  öe  aXXai  y.ax£ÖUaa-  32  aav. 

33  °'Eyvw  öä/.iog  •■  tceqI  tov  ol  TVQsoßsEg  dirayyEXXoioi  34  (o)l 
7iQog  l4Xsi-avdQov  drtoaxdXEvxEg  xat  IAXe-  35  i-avdgog  xav  öia- 
yodqjav  aTtenEfxxpE  dcpixo/AE-  36  viov  7tQog  avxov  xwv  tiqÖtsqov 
xvgdvvcov  drtoyö-  37  vwv,  *Hqioida  xe  xu>  Teqxly.(ji)veuo  xio  'Hqa- 
eiio  xal  Id-  38  yt]Oif.iEV£og  xw  0EQ/urjGi(X)Elw,  /.al  ErtayysXXäv- 
39  xwv  7tqog  LdXst-avÖQOv ,  oxi  Exoifiol  e(la)t  dlxav  40  vtiog^e- 
■3-(rj)v  7ZEQL  xwv  Eyy.aXrj(.ievwv  ev  xw  ödftw,  41  dyd&a  xvya  6i- 
dox&at,  xw  ödfiw  •  ErtEidr  .... 

Z.  1 — 33  ist  bruchstück  des  ersten  Volksbeschlusses,    wel- 


Die  inschriftlichen  denktnäler  des  äol.  dialects.  141 

eher  gegen  die  tyrannen  und  ihre  nachkommen  gefasst  worden 
war.  Derselbe  ist  der  zeit  unmittelbar  nach  332  zuzuweisen 
(Sauppe,  Comm.  p.  16  ff.).  Mit  z.  33  beginnt  ein  neuer,  wel- 
cher in  C  fortgesetzt  wird  und  nicht  viel  später  als  der  erstere 
ist  (Sauppe  a.  a.  o.).  Er  wird  eingeleitet  mit  eyvco  da(.wg: 
denn  so  ist,  wie  mir  prof.  Fick  schon  vor  Jahresfrist  bemerkte, 
statt  läyvodai-iog  bei  Cauer  (offenbar  nach  Wald  p.  11)  zu 
schreiben ,  vgl.  den  anfang  der  inschrift  aus  Erythrae  (No.  3) : 
3'Eyva)  dä/iiog  •  rtsoi  cov  d  ßolXcc  %xX. 

Z.  2.  sv  xa  TtoXi  scheint  sicher,  ebenso,  dass  in  ae  rest 
eines  mit  elgertgat-e  u.  s.  f.  coordinierten  aorists  zu  suchen  ist 
(S.  s.  19);    aber  welches? 

Z.  5.6  E^£[v€i\\y]äiii€vog  Kirchhoff  für  £'£e[*vj|  (f\d(.ievog  S. 
Hier  wie  dort  nimmt  ei  den  räum  eines  quadrates  ein ,  vgl.  oi 
in  a7tayysXloiai  z.  33  und  m  in  <$/xa[t||o]j>  z.  28.29. 

Z.  12.     öiaoTzd^cug  Wald  für  dtccoTtdocug  S. 

Z.  16.  ipcupiosi  o/noaaavzag  K. ,  ipdqpwi  dio/Lioooavxag  S. 
Für  erstere  lesung  sprechen  die  schriftzüge  an  dieser  wie  an 
der  identischen  stelle  CIGr.  2166b,  16  =  Conze  s.  29,  16  (s.u.), 
in  denen  Wald  beide  male  xpdcpiyyi  hat  erkennen  wollen  (p.  25). 

Z.  26.  Die  Schreibung  «xA^a/a  auch  auf  dem  stein  von 
Pordosel.  B  22.23. 

Z.  26.27.     aür||txa  K.,  ctTcaLoa  oder  (p.  25)  ärtavxa  S. 

Z.  27.     ßa&oevxi  Wald  p.  28;  tiqoHvxi  S. 

Z.  28.  Hinter  xcu  vermutet  K.  eine  lücke,  offenbar  des- 
halb, weil  A  27—28  fast  wörtlich  wiederkehrt  in  B.  1—10, 
hier  aber  dem  dixdtyvxi  v.al  ßcc&otvxi  xä  tzoXu  xai  von  A  ent- 
spricht  diY.a'CßvxL   x.    ßcefr.   xä   nökei  xai  xoig lai.     Wer  an 

letzterer  fehlstelle  mit  S.  doxoioi  liest,  muss  auch  in  A  hinter 
xat  ausfall  von  xoig  doxoiai  vermuten.  Wer  aber  —  so  scheint 
K.  zu  verfahren  —  in  B  vö/.ioioi  herstellt,  indem  er  das  dixdtrjv 
%<xi  ßad-orjv  xä  TtöXei  xat  xoig  v6f.ioiai  sich  im  gegensatze  denkt 
zu  dem  folgenden  dixdtyv  7iaqä  xoig  vorweg,  der  muss  auch  in 
A  xoig  v6f.ioioi  supplieren  In  A  xoig  v6f.ioiai,  in  B  xoig  daxoiai 
zu  schreiben,  blieb  Cauer'n  vorbehalten. 

Z.  30.     idixdo-d-t]  K.,  idixaoav  S. 

Z.  31.32.     xax£dix.ao\\oav  W.  p.  14;  H<xxedUa\\oav  S. 

Z.  39.     elai  K.,  evxi  Sauppe. 

Z.  39.40.  dUav  (oder  öUaig)  \\  v7toox£&*jv  Hegt  K.,  dUav\\ 
VTt6o%r]v  iidvxixiv  S. 


142 


F.  Bechtel 


Z.  40  schluss  ergänze  ich  mit  S.  6a\ji(o],  lese  dann  z.  41 
[dedox]&[ai]  mit  K.  für  S.'s  [£<J]o[££]  und  fülle  die  ersten  neun 
quadrate  der  zeile  nach  dem  muster  der  zu  Erythrae  gefunde- 
nen inschrift  (No.  3,  15.16)  mit  dyd&et  xvya.  aus. 

Mit  den  zeilen  7 — 20  fast  völlig  identisch  ist  die  schon 
oben  zu  z.  16  kurz  berührte  inschrift,  die  Boeckh  in  CIGL 
unter  Add.  2166b  nach  Kiepert's  abschrift  publiciert,  Conze 
aufs  neue  s.  29  mitgeteilt  hat.  Sie  ward  am  brunnen  des 
klosters  Christos,  das  dem  alten  stadtplatze  nahe  liegt,  gefun- 
den. Ueber  ihre  beziehung  zu  A  vgl.  Sauppe  p.  19f. ;  text  bei 
S.  unter  IV,  bei  Cauer  unter  B. 

D.h.:  


.    .  [e£]£xAat<7££%rao' 
[7t  o  X  t]  ooTtavöa/ii  i  x  ex  i 
[xexi]oyvvexixexo  x  et  i  x[ex] 
[i  od]vyetxEQexaovX[Xexß) 
uo  v  tj]q  ^eeiaxav[axg  6] 
[7t  o  X]  l  v  x  et  i  £  i  a  £  \rt  q]  ex 
[f  £]  d  i  a  %  i  X  l  oia  x  et  v  [d  i] 
[a]x  ooioiaaxexx  rj  q  ex  %  et  [v]    etxooloig  axdxrjQ<x(g),  xetv 

de7toXivxexixexi^ex\dC\  de  nöXw  xetl  xex  iget  di- 


eijexXdi'oe  ex  rag 
Ttokiog  7xetvdetf.il,  (x)al 
zetlg  yvvcuxetg  xcti  xet- 
ig  &vydxeqetg  avXXetß- 
iüv  rjgl-e  elg  xetv  dxgo- 
7toXiv,  xetl  e\g{e)7tga- 
l-e  digxiXloig  xetl  di- 


[et  q]  7t  et  i;  a  i  o  f.i  e  x  a  x  co  v 
[X]aiaxavev€7tQ  rj  7t  o 
[x]  a  i  o  v  y  xex  x  rj  x  et  v  a  e 
[o]0[.ietxaxü)V7toX   i  x  [et  v] 
[x]  g  i  v   vctifxevctvxov 
[x]  g  v  7t  x  ex  i  x  ez[ep\  i   a  s  [i] 
[x]  et  x  et  vdiaygaipa   v  x  [co] 
[ß]  et  ff  i   X  £  loa  ex  X  s   £  et  v  d  [g  co] 
[x]  et  i  x  o  i  o  v  o  f.i  o    i  o[et  i   de] 
[x]  €  x  a  x  et  \pctcp  i   a  &  rj  i 

avxto&etvetx  o   o[et  v]  x  i 
[x  i]fi  ex  a  cx\i  s  v[io  et  y  co]  v  [i] 
[7t  7t]co  x  et  v  d  e  v  x    e  q  et   v[x  g  i] 
[ff] i.  v  7toi]oetod-a  i  d   i  et 
[x]  £  i   Q  o  x  o  v  i  et  ff  x  i   v  et 
[x]q  o   rt  o  v  d  £  v  £  i    et  v  x  o  v  [ex] 
[7t]  o  $  et  v  r]  v  X  a  x  £  ff  &  <x  i  d  [e] 
[x]a  i  ff  v  v  ex  y  o  q  o  i    ff  x  et[v] 
7t  o  X  ivdexaoa  x   i  v  e[a] 


ctQTtctl-exig  /iiexd  xeov 
Xcttoxetv  sv€7tgrj(ae) 
xal  ovyxctx(e)xctvoe 
o{iö)(,iaxex  xeov  TtoXixetv 
xglvveti  fniv  exvxov 
xgvTtxcti  (if))etcpi<J€i 
xax(x)dv  dicxygd(cp)ctv  xio 
ßexaiXecog  l4Xel~dvdgco 
xal  xolg  vofxoig-  exl  de 
x£  xccxetipacpiod-yi 

avxco  Sdvaxog,  dvxi- 
xifiaaa/uevco  lAycovi- 
TtTtto  xetv  devxegav  xgi- 
oiv  Txorjöaöd^ai  diet 
Xeigoxovlag  xlvct 
xqotxov  devei  etvxov  ct- 
7to&dvr]v  •  Xd(ß)eo&cti  de 
xal  avvayogoig  xdv 
nöXiv  dexa,  o{x)xiveg 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  143 

\o](x  o  o  o  a  v  r  e  o  a  v  &[l  X  cü]  o^oaaavreg  l4(7t6)XXco- 

[v]  a  X  v   x  s  t  o  v  o  [t  i  a  v  v  a]  va  udvxeiov  ort  ovva- 

[y]  o  q  t]  a  o  c  a  i yoQyooioi 

.  [tu  ff]  x  e  a  v  v  a[x  o  v\  .wg  x«  övvatov 

Auch  diese  inschrift  ist  streng  axoiyr\66v  geschrieben.  Die 
Zeilenabteilung  ist  bei  S.  teilweise  ungenau,  bei  Cauer  ganz 
willkürlich.  Nur  zweimal  ist  der  Zeilenanfang  erhalten:  z.  10 
(Kiepert  hat  de,  Conze  gibt  bloss  einen  rest  des  rechten 
seitenstrichs  eines  J)  und  z.  29  (K.  tvoXiv,  C.  .  .Xiv).  Will 
man  nun  nicht  annehmen,  dass  der  stein  schon  vor  der  be- 
schreibung  links  trümmerhaft,  der  einsatz  der  zeilen  also  kein 
regelmässiger  gewesen  sei,  so  ergibt  sich  die  obige  anordnung 
mit  notwendigkeit ;  d.  h.  es  müssen  von  vorne  ergänzt  wer- 
den: ein  buchstabe  in  z.  9,  12—20,  24—28,  30—32;  zwei 
buchstaben  in  z.  8,  11,  22,  23;  drei  buchstaben  in  4,  5,  6,  7, 
33;  vier  buchstaben  in  z.  2  und  3.  In  z.  21,  wofern  richtig 
abgeschrieben,  bleibt  bei  jeder  anordnung  das  erste  quadrat  frei. 

Z.  1  ist  nicht  sicher  herzustellen.     K.  gibt  nXeiaxa; 

C.  hat ccstcütcco. 

Z.  3.4  liest  S.  Tat[c||  6}s  yvvaly.ag.  Aber  vor  y  müssen  vier 
buchstaben  geschrieben  werden,  da  y  über  dem  X  von  ds  tioXiv 
in  z.  10  steht;  ich  lasse  daher  K.'s  a  vor  y,  welches  S.  in  e 
ändert,  unangetastet,  und  schreibe  in  z.  3  statt  xai  vielmehr  xat. 

Z.  6.     rjQJ-e  Kirchhoff  bei  Cauer;  egt-e  S. 

Z.  10.11.     öiaQ7tdf;aig  Wald  (p.  12);   aQrtdaaig  S. 

Z.  16.  ipacploei  Kirch  hoff  bei  Cauer;  ^Aywvimtov  S., 
\pdcpiyyi  Wald. 

Z.  17.  xarorv  scheint  verschrieben  (cf.  z.  9  ovdxriQa  für 
°Qag)  für  xonrav. 

Z.  25.     xeiQOToviag  Wald  (p.  13);    elQWTiovtag  S. 

Z.  29.  otTiveg;  o%  riveg  S. ,  aber  die  spur  führt  eher  auf 
erstere  lesung:    02THN  bei  Kiepert. 

C.    1  .ev rj.Xi vrj 2 vXtXi vaX 

€^av[öqoo]  ..     3  SQQtoa [#«]  —     4  

[aßoXXa7tQ]oeßoXXei -[as] ...     5  xtö XvX.yao 

IX'"     6  -V vx "Ka,%[<x\cü)VTVQ[av\     7  viov[y.(xitcüve}(x 

7to[X£LOiY.rj\i}evxü)VY.GiTü}V£Y.y[ö\     8  [vwvtwvtovtcüv] ixaiTa 

iGyQccq>ai[o]     9    .  « Tav£X.Xr]aiav€7t€idr]xai,  [z]     10  [coda 

[MjS]&ßa.GLXevoaXe%(xvdQOodiayQ(xcp<xv(XTCo[o]     11  [T£]XXaiO7v[Q0O£T]cc 
l-e\6Qe]GioioxQivcuv7re()TS    12  [ay(A)]virt7z[(a*]ai[svQvoiXa^wTi[ß]£t,TC 


144 


F.  Bechtel 


a[d-~]r)vavTOio[o~]  13  [Ö£da/noaay.o]v[a~\aiaxavdiayQacfavöiy.aoxr]Qio 
[v]  14  [xaÄe]£oa[i\o-xaTccToiovo[ioioo8XQiv[v\eaytüvi[7t]  15  [?ro] 
(.if.iBVKaLevQvai[Xao^vzB\ßv~\aY.rjVtOLodea7toy[o]  16  [votaai; rw]  vevo 
XOL\o£f.i(.t£\vctixiovo(.tioxo}£vxa  17  [a]raAAara[r]ci'7ra(>xo[)'ra]7r«7r^ 
aff[#]atatrwj'xara  18  [x]ovvo^iov£7iLOX£XX[avxoo}d£aX£^avdQio-Kai 
v  19  7r£^rwva7ro[^]a[od]w^«[£Wv]/rc:tz:wvxa(7t/j'^rw»'  20  [x]to£Q 
ficovoay,air]Qaiü)TiüjLmQOT€QOVTVQavv;j  21  oavxtüvxao7coXiooxaix 
<x7ioyoviovavT(ovy.[QL]  22  vatzrovckr^ovTroirf^ofVdoxJfitxaraTro^fii»«! 
#[at]  23  at;rom^u;y[od]£<^«offaxot>ffatffraffd/a/(>a(pa[i(7]  24  dt 
xaar?j[p]t[o]»'r£atvrot(TftTfJ'a/ayfi/az:aro»'[j'o]  25  [juo]vxaiTavdiayQ 
aqxxvTCüßaoiXsoocdst-avdQliü]  26  [oe]yywAo[y]w^jy^£vrwy7rapa|U 
qporf^wvTovrfivfo j  27  [/uo]iroj'xaTartoJ'r*;£a»'vtovxt(N ovef.i/n€vaiY,cc 
[i]  28  [qp]ei;y}yj'ai;roiaxaT[roJla7i:[o^ov](j£(Jo/^atrw(5ajt<[w]  29  [x]v 
pto///(€J'«///<£vatxara[rwj']ri^avyw»'xatrw[i']  30  [£](.i7toXioiY.7]d-£vx 
lovxaiTiovaTtoyovtüVTtovvov  3 1  [x]iovxovx£vo[.iovxof.i7t£Qi[x^o)vxvqa 
vvwvyeyQ<x[(A~]  32  [^]£vov£vraaTaAAa[r]C'[7raAat]axatzrcftff(Jta^a  33 
\q>]cuoxiovßaoiX£tovxaiOY.axaxovx(ji)VY.aixaipa  34  [qp]t<j|UaTara7r£0 
T«povy^aqp£vrat;7rorwv7r(>oy[o]  35  \y~\iovY.aixaio\paq>o(povaiGxaiOY. 
axaxa)vxvQavv(ov[ai]  36  \8]£Y.EXiG7taQaxavxaaXiOY.r}xaiXü)vxvQavvü) 
[y]  37  Tü)V£[.i7tohoixr]&£VTCüvr]Tiovcc7ioyov(jüvriov[TOv]  38  [t]wv 
(Tio)£7ZißaiviovE7ZiTavyavTaveQEOuov[rjV7i \  39  [o]df tt>yd[a^o]7T/?o 
va£voao&aixcci7ta  [Qixovxwxav]     40  [/?o]ÄAav  — 

Umschrift: 

2  lAXe^avÖQog .  3  eggcoad-e . .  4  —  a  ßoXXa  tvqos- 

ßoXXevae . .  6  xara  rtüv  xvgdv-  7  vwv  xat  rov  «/w  tioXu  olxrj&iv- 
xtov  xat  tc5»'  «xyo-  8  vwi»  TtSv  xovxiov  ....  xat  ratg  yqücpcag 
9  ....rav  exXqolav  .  S7t£iörj  xai  x-  10  c5  dd/nco  (o)  ßaaiXsvg 
lAXeJ-avÖQog  öiayqdcpav   dnoa-     11   xiXXaig   Txqogexa^e  'Egeatoig 

"KQlVai  V71SQ  X£    12  l<4.yiöVL7T7Zü)    Y.ül  EvQVOlXdü),    XL    Ö£l    7td&t]V    av- 

xoig,  c  13  de  dä/iiog  dxovoaig  xdv  diayqdcpav  dixaaxyQiov  14 
xaA£(<r)(;atg  xara  rotg  vo^ioig,  o  sy.qlvve  l4ytovi7t-  15  tto^u  ^fV 
xat  EvqvaiXaov  x£&vdy.r]vf  xolg  de  ditoyö-  16  voig  avxcov  ivö- 
%oig  £f.i(,i£vai  xüj  vöfico  xiö  iv  xä  17  oxdXXa  xd  x£  vndqypvxa 
7iS7iQ(xo&cii  avxiov  xara  18  xdv  v6f.iov  zniGx&XXavxog  del4X£g~- 
dvögto  xat  v-  19  rtig  xcöv  iA7roX{X)iodoQ£iiov  (x)ai  xdv-  xaoiyvy- 
xiov  20  xw  y'EQ/iiiovog  xal  ^HgaUo  xtdfi  tvqc'xeqov  xvgavvr]-  21 
odvxtav  xag  nöXiog  xat  xtöv  dnoyöviov  avxcov,  xqi-  22  vai  xbv 
dafiov,  7iox£Qov  doxsi  Y.ax(moQ£V£0&cu  23  cxvxtug  rj  {.itj,  o  öi  öä- 
uog  äxovoaig  xa(l)g  diayqdcpaig  24  dixaoxrJQiov  xe  avxoioi  avv- 
dycxya  xcxxcc  xdv  vo-     25  fiov   xat   xdv   diayqdcpav   zco  ßaatX£og 


tat, 

)£Q 
IOV 
>£<7 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  145 

L4Xe%dvÖQco,  26  o  t'yvco  Xöycov  q^svtcov  Ttaq  dfxcpoTSQcov  tov  ts 
vo-  27  fxov  tov  -/.ata  tcov  TVQavvcov  xvqiov  ef.if.ievm  xat  28  cpev- 
yrjv  ccvroig  xarro(v)  (v)6uov  •dedo%SaL  tw  ödfico-  29  xvQiofi  fiev 
Efiftevcu  xara  tcov  TVQavvcov  xal  tcov  30  ifi  nöXi  olxrj&evTcov 
xat  tcov  ditoyövcov  tcov  tov-  31  Ttov  tov  ts  vöfiov  TOfx  71eqI  tcov 
tvqcxvvcüv  yeyoüfi-  32  fitvov  iv  tu  OTaXXa  tcc  naXa'ia  xal  Talg  öia- 
yqd-  SScpcug  tcov  ßaoiXecov  Talg  Karex  tovtcov  xal  tcc  ipa-  34  cpto- 
fiaTa  tcc  tvqotsqov  yodcpevTa  vno  tcov  nqoyo-  35  vcov  xal  Talg  ipa- 
cpocp6(o)aig  Talg  xaTa  tcov  TVQavvcov  •  al  36  öi  x.i  Tig  Ttaqa  Tama 
äXioxrjTai  tcov  tvqccvvcov  37  tcov  sfi  nöXi  oiY.r}&ivTcov  q  tcov  ano- 
yovcov  tcov  tov-  38  tcov  ircißaivcov  ircl  tccv  yäv  tccv  'EqeoIcov  ij 
vre-  39  oövcov  öäfio(v),  ßo(XX)evoao&ai  neu  tzeqI  tovtco  tccv 
40  ßoXXav  

Ueber  den  vermutlichen  inhalt  des  verlorenen  anfangs  vgl. 
Sauppe  p.  21.  Das  öeöo%3-aL  tco  ddfico  in  z.  28  ist  abhängig 
von  eyvco  öäfiog  in  A  33,  von  dem  schon  einmal  die  gleiche 
phrase  in  A  41  abhängig  war. 

Z.  12.  13.  vi  ösl  -rtd&rjv  avTOig,  6  \\  öi  öäfiog  dxovoaig. 
Sauppe  schrieb  al  ösl  rcaQrjv  avTOig  \\  tccv  öUav  ax.,  Wald  (p. 
18)  las  die  ersten  drei  worte  tI  ösl  7td&rjv,  sicher  richtig.  Das 
gleiche  bei  Cauer,  aber  die  z.  13  beginnt  bei  ihm,  diesmal 
gewis  nicht  nach  Kirchhoff,  mit  Tag  öUag,  was  gar  nichts 
ist.  Ich  schlage  vor,  wir  lassen  die  nähere  bestimmung  des  vi 
durch  einen  casus  von  öUa  weg,  supplieren  am  ende  der  z.  12 
o,  am  anfang  der  nächsten  öi  öäiiog  (dytovoaig),  und  gewinnen 
so  den  genausten  parallelismus  zu  z.  23  6  öi  öäfiog  dxovoaig. 

Z.  14.  15.  ötxaoTrjQiov  ||  xaXeooaig  Wald  (p.  14) ;  S.  zu- 
erst öix.aoTrJQio\\v  xaXioaig,  was  Cauer  beibehält;  in  der  Comm. 
maXsaaro:  so  würde  allerdings  die  struetur  fordern. 

Z.  15.  EvQvoiXdco  S.  in  erster  lesung.  In  der  Comm. 
schreibt  S.  EiQvoiXdco  gegen  den  stein  und  gegen  den  dialect: 
grundform  ^E/QvolXaog  kann  äol.  nur  EvqvalXaog  (cf.  hom.  ra- 
XavQivog,  xaXavQOip,  und  die  als  äol.  angeführten  svQayr],  av- 
QrjytTog,  Ahrens  I,  37  f. ,  Hartel,  hom.  Stud.  III,  22)  oder 
'EQQVGiXaog,  ^EQvaiXaog  ergeben. 

Z.  19.  20.  KaoiyvrJTcov  ||  tco  S.;  Cauer  (nach  Kirch  hoff?) 
x.av\\Tco;  aber  wer  ist  der  avTog? 

Z.  23.     Ta(l)g  öiayQdcpa[ig]  Kirchhoff  bei  C. 

Z.  28.  xarx:ö(v)  (v)6fiov  S.  in  erster  lesung;  in  der  Comm. 
/.al  Taft  rcoXiv. 

10* 


146  F.  Bechtel 


Z.  32.     za  itaXaia  Kirch  ho  ff  bei  C;  S.  av^irtavza. 

Z.  38.  rj  vTtft.  ist  unsicher.  Sauppe  liest  rj  v7t\\oöviov 
av&ig  ßovlevoao&ai  /.al  7CQO&r)  7i£Qi  zrjg  \\  azdXXag.  Aber  wie 
kann  ziov  zvodvvcov  ztov  e(.i  tcoXl  oixrj&evzcov  rj  ziov  drcoyövtov 
ztov  zovziov  zig  —  7tQ0&€[,tevcci?  Ich  dachte,  es  hätte  in  dem 
beschluss  vielleicht  gestanden :  wenn  er  ergriffen  wird  das  Stadt- 
gebiet betretend  oder  sich  beim  volke  einschmeichelnd,  so  soll 
auch  hierüber  beraten  werden. 

B.  1 Xiaz\todc]  2  \xa£o]vziY.aißa&0£v  3  [ziza~\7ZoX£ixaizo 

ta  4  \vo(.io\ioizadiY.aia£v  5  [£[.i}.i£\vaLY.aiavzoiOi  6  \*ai\ex.yov 
oioizwde  7  [7ta\q(XTOiavoi.iOLoy.a[i}  8  zadiy.aiadiy.atov  9  reaoi 
za£vavziao  10  /uvvvdazoie7ioXiz[aio]  11  zoiodiv.a£ovzao[rj\  12 
\j.i]aidixaootüTav[dixav]  13  [o]aaa/j.£V£vzoio[vo]  14  lu]oioi£viy.az 
zoia[vo]  15  \_(.io]iazad£aXXa£v[s]  16  [X]oviaawaaQioza:<[ai]  17 
\d~\LY.aizazaY.aizi(.ia  18  [o]iüaiY.£xazayvcooQ&ü)[o]  19  [ycjaiöiioa 
ovTio7torj<jü)  20  vai^taöiaxaiaXiov  21  \£iti\(f>ikiTcno)  22  a 
t(.i£VKazazwvq?vya  23  diovx,QLO£ioaiy.Qi&£[i\  24  caiv7zoaX£g~avdo 
ov  25  xvQiaiEOzcooavxat,  26  loüi]vy.azeyvo)qpvyr]v(p£[v]  27  \y]£z 
ü)oa[.i[A£vayioymo[t,~]     28  d£f.irj£ozcoaav  29  7iqozavLO(.i£Xid(OQO 

•7  30  ßaoiXmoavziyovoo  31  £Q£Ouovzr]ißovXr]i  |32  xaiztoidrj[.iiü 
i%aiQ£iv  33  7T(XQ£y£vovT07iQoai]  34  ^uaaot7ra£t^utoV7r0£[ff]  35  /? 
€taxai(Ji£A£yoyr[o]  36  rpaf.i£voLZOVör]fxov  37  •/.Of-uaaf.uvovzrjvrca 
g[r]]  38  f.icov£7tiozoXrjvrjV£yQ[a]  39  [xp]a(.i£vv7t£QZiovay(j)VL.t  40 
[7r]owtovi//^qptff/imrfi7r[o]  41  [i7ff]aff#ta#a»'£)'vci>ffa[j']  42  [>;/aj 
vxatatrotö'a^cfi     43  Äff D.  h. : 

1  TW  oV-  2  xaCoirt  xat  ßa&ow-    3  Tt  ra  7rdA£t  xat 

TOig  4  vouoioi  zä  dlxaia  ev  5  £(.i(.i£vai  xal  avzoiai  6  xat  ix- 
yovoLOL,  z(olg)  ds  7  7tagd  zolg  vo^ioig  y.al  8  za  dUata  dixcc- 
£,6v-  9  Tfifffft  ra  Ivävzia'  o-  10  fmw  o«  rotg  noXvcaig  11  rote; 
oYxaCovrag  •  »y  12  ^a(v)  dr/.daaw  zdv  SUav,  13  oWa  fts*  iv  zolg 
vo-  14  (.loioi  tvi,  xazzoig  vo-  15  f-iotg,  za  de  dXXa  e(&)e-  16 
X6v(z)ag  tag  dgioza  v.al  17  dixctizccza,  xai  zifxd-  18  aio,  ai  xe 
xarcfyvw,  oq&iog  19  xai  öt(y.al)cog  '  ovzio  Ttorjaw  20  vat  ^a  z//a 
xat  *'AXiov.  21  'ETrt  (DiXi7t7Zco.  22  ^  /ueV  xara  iwy  cpvyd- 
23  oW  XQiosig  al  xoidu-  24  crca  i/ro  IdXe^dvÖQOv  25  xcgiai 
eazcooav  %al  26  tiv  xaziyvta  cpvyrjv  cptv-  27  yezioaaf.1  f.iev,  dyoj- 
yL[.ioi  28  dg  /^  eazioaav.  29  ÜQOzavig  ß/UXidioQog.  30  BaaiXsvg 
Idvzlyovog  31  'Egeoicov  zrji  ßovXrji  32  xat  rwt  dij/iuoi  xaiQ^v- 
33  IIaQ£y£vovzo  7iobg  rj-  34  ^ag  oi  7ra^J  vjue5i/  7tqea-  35  /?e/g 
xa*  öieXeyovzo,    36  q?d[i£voi  zöv  örj(.iov  37  xo/ui(jd[*£vov  zrjv  rtaq 


z 

3. 

z. 

12, 

z. 

15. 

z. 

17, 

Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  147 

fj-  38  (a.wv  STtiaroXtjv,  t]v  sygd-  39  xpaf.i€v  vtv£q  ztov  "Aytovlit- 
40  rtov  vl(w)v,  ipt](pio/Lid  zs  7to-  41  rjoaod-ai,  (o)  dveyvwoav  42 
f}[iiv,  xal  avzovg  — 

Diese  seite  bringt  drei  actenstücke,  das  letzte  freilich  ohne 
den  schluss.  Z.  1 — 21  enthält  im  ersten  teile  eine  fast  wört-£ 
liehe  Wiederholung  von  A  27  ff. ,  im  zweiten  einen  richtereid ; 
die  zeit  der  abfassung  steht  nicht  fest  (Sauppe  p.  22,  Wald 
p.  5  ff). —  In  z.  21 — 29  erkennt  S a u p p e  einen  volksbeschluss, 
der  auf  die  von  der  allgemeinen  amnestie  des  Jahres  324  aus- 
geschlossenen Eresier  bezug  nimmt.  —  Endlich  z.  30  bis  schluss 
ist  bruchstück  eines  briefes  des  Antigonos  (Kyklops?)  an  die 
gemeinde  von  Eresos.  Antigonos  schreibt  natürlich  xoivrj;  aber 
auch  die  zweitgenannte  Urkunde  ist  nicht  mehr  im  dialect  ab- 
gefasst. 

Z.  2.  3.     ßa$Ö£v\\zt  Wald;  tvqoHvzl  S. 

vofioioi;  aazoiai  S.;  siehe  zu  A  28. 
zav  dUav  Kirchhoff  bei  C;  rtdvza  S. 
16.     ed-e\\X6vzag  Kirch  hoff  bei  C;   €mx\\Qlvcug  S. 
dixalzcczcc  S. ,   cf.  dessen  bemerkung  zu  d.  st. ;   di- 
■x.ai(o)z<xza.  Kirchhoff  bei  C. 

Z.  19.     xat  di(y.cd)iiög  Kirch  ho  ff  bei  C.j  xalotcog  S. 

(43)  2)  Auf  den  kaiser  Tiberius.  Am  wege  vom  heutigen 
Erissos  nach  der  alten  akropolis.  Conze  XIV,  2;  besprochen 
von  Henzen  bei  Conze  s.  30. 

avTOKQaTOQOLTißEQLOvySaioaQCtd^so)  ||  asßaazio7taiöaasßaazovc. 
[qXl1q€CC  II  d<xii(XQXM(xo€§ovoiaoToo[x]Tiü  ||  xaia£xazovavzoxQaz[o()ct 
zo]oydoov.     D.  i. : 

1  AvzoxQatoQa  TißtQiov  Kalaaga,  &eio  2  2eßdazo)  Ttcuda, 
2eßaozov,  aQxiQSct,  3  öa^iaQxi^ccg  sl-ovoiag  zb  oktw  4  y.al  (S)e- 
xazov,  avTOXQdroQcc  zo  oyöoov. 

Die  inschrift  gehört  nach  H  e  n  z  e  n  ins  jähr  769  a.  u.  =  16  n.Chr. 

Z.  2.  dqxiQ£<*  fi*r  dqxiEqia  H.,  denn  die  gewöhnliche  äol. 
form  für  att.  IsQsvg  ist  Igerg.  —  Was  weiter  auf  dem  steine 
folgt,  Jd/nagxog  Aiovzog  evo[£ßrjg'],  ist  eine  neue  inschrift. 

(44)  3)  Auf  den  Germanicns.  Ebenda.  Conze  taf.  XIV, 
1,  umschrieben  und  commentiert  von  Henzen  a.   a.  o. 

yeQiiav\ix]ovx,ka[vdiova]vzoytQa  ||  zoQo^ozißeQiwxcuoaQOOO^ß 
aozo)  |1  7zctidü7zaid(x)[7Vcttdad£zio&Eio]Y.m  |]  oago^aasßaazioxaiaaQae 
v~]EQye[zav].     D.  h.: 

1  reQf.idvix.ov  KXavdiov,  AvzoKgd-     2  zoqog  TißsQio)  Kai- 


148 


F.  Bechtel 


aaqog  Seßdoxw  3  Ttaida,  7taiö(6)rtaiöa  di  rw  d-tw 
qog  2eßd(JTü),  Kaioaqa,  Evsgyexav. 

Die  inschrift  gehört  in  die  jähre  14— 19  n.  Ch.  (s.zuNo.  11). 

Z.  3  TtaidoTtaidct  nach  No.  17,  3.  Henzen  nimmt  zwei- 
felnd an,  die  Lesbier  hätten  naiöiovög  für  viwvog  sagen  können, 
und  ergänzt  rvaidtovov  avxoxgdxogog  ■xai\\oaQog  osßaoxto  Seid. 
Ich  ziehe  es  vor,  für  naidio  zu  schreiben  rtcudo  und  dies  zu 
7taido7taiöa  zu  restituieren;  dann  ist  aber  das  wort  avxnxqdxo- 
Qog  zu  lang  für  den  noch  übrigen  bei  Conze  schraffierten  räum, 
ich  fülle  letzteren  also  mit  de  (vgl.  17,  3  naidönaida  de)  x<a 
&€to  aus,  und  ergänze  in  der  nächsten  zeile  Zeßdoxw,  so  dass 
die  gleiche  benennung  des  Augustus  zum  Vorschein  kommt,  wie 
CIG.  3285:  Mccqxov  'Aqxioqiov  !AoxXt]7tiddr]v ,  d-eov  Kaiaaqog 
Seßaoxov  lavQOv,  vgl.  No    8  xio  Seßdoxto  &eio  Kaioaqog. 

(45)  4)  Bruchstück    einer  ehreninschrift    auf   einen  kaiscr. 
Zu  Erissos  „in  domo  privata".     CIG.  Add.  2179c. 
[xcaoaQJaoeßaOTov  D.  i. :      Kaloaga  leßaoxov, 

[TOVOU)]Tr]QCCXaiY.Tl0  XOV    ölOttjQCt    Xal    Y.TIO- 

[xavxaaoix]rjfievaa  xav  xag  olxrjuivag 

[Kaixoofiü)]avv7iavxoa.  Rest  unsicher,  xat  xöautü(?)  ovvnavxog 

Aus  römischer,  nicht  weiter  zu  bestimmender  zeit  rühren 
folgende  denkmäler  her: 

(46)  5)  Ehreninschrift  auf  einen  gewissen  Euagoras.  Kirche 
in  der  gegend  Papasia  bei  Erissos.     Conze  XIV,  4,  vgl.  s.  31. 

[€v]a?OQ(xviov€[v]ayoQav  ||  [&eo  ?]dioQoafia/.iaxaiaaQaeoxtüV7rQO 
ör\ü)(XQycu(x)\  \\  \jTai~\aaoaqexao eweKaxaiswoiao :     D.  h.: 

1  Evayoqa  viov  Evayöqav  2  Q€o(?)öa)Qog  Mafia  Kaiodgeeg 
xiüv  TtQog  xw  Idqyaiw  3  rtaloag  dgsxag  evvexa  v.a.1  evvolag. 

Z.  2.     xwv  Ttgog  xw  lAqyalw  Conze. 

(47)  6)  Ehreninschrift  auf  ?.  Friesbalken  auf  dem  gipfel 
der  alten  akropolis  von  E.     Conze  XIV,  3. 

[od]a/noa  || [dL]ovvoiwxw&€OxXr]  ||  [aQex]aoevvexa.  D.  h. : 

1  30  däfiog  2  Jiovvalw  xw  Qeoxlr]    3  dgexag  evvav.a. 

(48)  7)  Weihinschrift  der  Aphaistis  an  Demeter.  Kirche  des 
h.  Constantin  und  der  Helena  zu  Erissos.     Conze  XII,  2. 

aq)aioxio&eodü)()€iayvv[a]  '.Acpatoxig  QeoöwQsla  yvva 

xaioxQa7te£,aio/iiaxoi.  xalg  xqaTtitaig  Maxgi. 

Z.  2.  Die  Mdxrjg  ist  die  MrjxrjQ  &ewv.  Teppich  (?)  und 
Stühle    zu   den   xQa7teC,ai  erhält  die   göttermutter    dediciert  in 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  149 

einer  inschrift  von  Chios,  Bull,  de  Corr.  Hell.  III,  324:  KaXXia- 
^evrjg  \\  l4oxXr}7tiddov  ||  ttjv  OTQWtrjv  \\  xal  rag  xafo'dßcrg  |]  Myrgl. 


Adespota. 

(49)  1)  Opferbestimmung,  der  schrift  nach  aus  vorrömischer 
zeit,  jetzt  in  der  schule  zu  Mitilini.  Herausgegeben  zuerst  von 
Aristeides,  Nea  Ilavötoga,  cpvXX.  n.  299,  1862;  hiernach  be- 
sprochen von  Keil,  Philol.  Suppl.  11,579;  treu  nach  dem  stein 
wiedergegeben  von  Conze,  taf.  IV,  3. 

&£OOTv%ci(xyai}a  =        Qsog  %vya  dyd&a. 

0XE&£Xr)d-vr)ve7iiTU)ßuü[i{(ji)]  "O  xfe  &£krj  dvrjv  Inl  reo  ßwftot 

TaaacpQodiTaoTaa7t€i  rag  lAqiQodLxag  rag  TLu- 

&ü)Ox.airto£Q[ia&v£Tiü  &wg  xot  reo  ^'Eqfxa,  &v£tü) 

5  iQTjiovoTTiHe&slrjxai  Iqrjiov  ottl  xe  d^eXrj  xai 

€Qa£vxai&rjlv7tX[av]v[oo^\  sqoev  xat  frrjXv  rcXdv  vog(?) 

xcuoQVi&a[o]zttlvaxe&elr]]  xai  oqvi&cc  ottivd  xe  &£Xrj. 

Die  ergänzungen  7tX[dv]  v\og]  z.  6.  und  [o~]zT[ivd  xe  d-sXrf] 
z.  7  sind  von  Wilamowitz  (Zs.  f.  Gymnasialw.  1877,  s.  6472) 
vorgeschlagen.  Die  letztere  ist  unzweifelhaft  richtig,  gegen 
erstere  sprechen  z.  t.  die  in  Conze's  Zeichnung  angegebenen 
schriftzüge.  Ob  itXdv  oder  7tXrjv  zu  schreiben  sei,  lässt  sich 
nicht  entscheiden;  auch  durch  dor.  TtXaxiov  =  /tXrjOiov  nicht, 
zu  welchem  nXdv  —  rtXrjv  gehört:  der  begriff  der  grenze  ver- 
mittelt den  der  nähe  mit  dem  der  ausschliessung. 

(50)  2)  Grabinschrift,  ebenfalls  aus  vorrömischer  zeit,  gleich- 
falls in  der  schule  zu  Mitilini.  Aristeides  a.  a.  o.,  Keil  a. 
a.  o.  s.  582,  Conze  s.  14. 

Kvgiog  'Eyj£Y.$>d%r]  %cuq£. 
Alles  folgende  gehört  der  römischen  zeit  an. 

(51)  3)  Auf  Persens  oder  Diophanes,  Krates'  söhn.  Aus 
Cyriacus'  Sammlung,  bei  Kai  bei  No.  XX  („In  Lesbo"). 

rt€QOevooxaidiO(pavr}(jx.QaTi]Tood()0/u(xyr]Tr]oai07taQaxovTiza  ||  n 
okeiY,aiTOV€(paß(XQxov£x.  .tov  .idi(ovxQatiGTwiTTayv^ivaa  ||  laatotiovv 
£(ovAait(o&£OT£l£auaiaÖ£y.aiaXXaia^i£yaX  \\  XccOKcuTai;i(X£ioxcu£ßdtx 
iaiox.aißr]caox(xi£XTü)vidiü)v  ||  xaiyif.tvavd7t£7iot]7tovyvvvayavxiov  \\  t 
iov£avTOV£7t£yQctip£v.     D.  h.: 

1  TltgoEvg  6  xal  Jioydvrjg  KgaT^rog,  ÖQ0nay{£)tr)Ocug,  ita- 
Qd(o)%((o)v  r(e)  tcc  2  tioXu  (e)a{v)rov  icpdßctQxov  ex  t(w)v  idi- 
o)v  xgdtiaT(ov),  (xat)  yv(.ivao-    3   i(aQxrj)G<xiS  i&v  viojv  y.al  rw 


150 


F.  Bechtel 


&e(to),  telsooctig  de  xai  aXXcug  f.i£ydX-  4  (aig  aQx)ct(i)g  x.ai  zd- 
i;ia(g),  (to)g  xal  i(y.)dix.iaig  v.al  (7tQ£&)ß{£i)aig  v.ai  ex  zwv  löl- 
tov  5  xat  y(v)f.ivd(aiov)  7t£Ttorj-/.{io)v  yv(/n)va(oi)d(Qx)wv,  CcHv  eav- 
zov  S7ziyQaip£v. 

Z.  1.     dQOfuayeryaaig;  vgl.  No.  13,  A,  5  ÖQO^ayet^aavTa. 

Z.  4.  Aus  TstSl^4EI2,  an  dessen  lesung  K.  verzweifelt 
ist,  habe  ich  zdi-tag  tog  gemacht;  zdt-iag  von  rdt-ig,  das  in  die- 
ser späten  zeit  die  bedeutung  „amt"  hat,  wie  'Azrjaiag  in  No. 
60,  41  von  xzrjoig. 

Zu  ixdixiaig  xai  ngsaßeiaig  vergleicht  K.  CIG.  2719  noX- 
Xctg  TtQEößeiag  y,al  sxdixlag  zfj  7tatQiöi  itctqaoyouivov. 

Z.  5.  Die  bedeutung  des  Cwv  eavzov  £7t£yocxip£v  ist  bekannt. 
Für  Lesbos  hat  Conze  noch  ein  beispiel  (XVII,  4):  Aovvuog 
BaX£(>i-\\og  /Jioysvrjg  Ccov  \\  xal  qpgovcüv  xarso-  ||  xei'aoev  zb  dv- 
y€i-\\ov  avto)  xal  zfi  yv-\\vai7tl  xctl  zoig  z€-\\xvoig  (aus  der 
gegend  von  Chalakaes). 

(52)  4)  Auf  die  tochter  eines  Deiotaros.  Am  fussboden  der 
kirche  des  h.  Stephanos  am  lesbischen  ufer,  den  Kumakia-inseln 
gegenüber.     Publiciert  von  Conze,  taf.  X,  1. 

odai.ioo\\..oßoyitovavdr]ioTa()ü)ev£Qy£Tr]yioioav\\Tav7toXivTtoXXaxa 
if.i€yaXaccQ€za<J6vv€xa\\[K]ai£vvoiaoTa<j£ioEavTav.     D.  h. : 

1  'O  da/nog  2  . .  oßoyaovav  /tr\ioxttqo}  £V£Qy£zt]KOioav  3  zdv 
TtoXiv  itoXXa  y.al  [tiyaXcc  dozzag  evvexa  4  xal  evvotag  zag  Eig 
iavzav. 

Z.  2.  Der  name  der  gefeierten  enthält  als  zweiten  teil 
eine  von  bogio-  abgeleitete  bildung;    der  erste  ist  verloren. 

(53)  5)  Zwei  weihinschritten  auf  einem  blocke  an  der  kirche 
der  üavayia  IIa7Tctvdf]  bei  dem  dorfe  Plagiä.  Publiciert  von 
Conze,  taf.  XVI,  1.  Die  grössere,  nicht  dialectische ,  links; 
die  andere  rechts. 

A.     yr]voayittif.taiaa£QLicvd£oaayXaov£Qf.irj    2  £vxaQ7tov[oz^r]C£v[zov 
d\\£S7ii<pvzaXLr]<j    3    ßaxxcovKa)ovavi\oaLvr]Z£Q]7tvr]dia7tavzoa  4  af.i 
7tEXootoQaiovxao7Vov£%7]ßozQviov   5  aXXiXaooavai;£ü)ovoy£voO£vq>()o 
vi&vfuoi  6  G(aiC£didovoavzoiO(t(p$ovovoXßov<x£i.     D.  h. : 
1  Zrjvbg  y.cti  Maiccg  £Qixvd£og  ayXaov  'Eg/nrj 
Ev\do7tov  azrjö£v  zövÖ£  sni  cpvzaXlqg 
Bdxxiov  Zioovg  v Joe,  iv  y  Z£QTZvrj  öid  Ttctvzbg 
^L4^i7t£Xog    wQCtiov  xctQ7idv    s'xV  ßOZQVIOV. 
5  14XX*  iXaog  aveet;  Zioovg  yevog  wcpqovi  ^v/nwi 
2wit£  diöovg  avzolg  acp&ovov  oXßov  dd. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  151 

Z.  3.    Das  fehlende  habe  ich  nach  einer  conjectur  ergänzt, 
die  ich  in   dem   handexeraplare   des   hm.  geheimerat  Sauppe 
eingetragen  fand,  und  deren  publication  er  mir  gütigst  gestattete. 
B.  aQiOTa£ü)r]ßax,xü)vei(ü[iatr]Q  =  Idglozcc  Zcor]  Baxxcovelco  (AcitriQ 
a(pQodiTaa&r]vcudr]vav7vaxoio        lAcpQodixct  ld&r}va  'lörjva  vtcccxoiü. 

Diese  inschrift  ist  bei  C.  ganz  misverstanden.  C.  teilt  eine 
Vermutung  Bergk's  mit,  nach  der  es  sich  „um  die  weihung  ei- 
nes gegenständes  an  drei  göttinnen  durch  zwei  frauen  han- 
delt". Mit  den  drei  göttinnen  hat  es  seine  richtigkeit:  L4tpQ0- 
öItcc,  lAdrjva  und  'idijva,  letztere  doch  wol  die  Kybele.  Aber 
von  zwei  frauen,  welche  'Aqiozcc  und  Ztorj  heissen  sollen,  ist 
nicht  die  rede,  sondern  nur  von  einer,  der  14qiotcc.  Sie  nennt 
sich  Zojtj  Baxxiovsito  (.tdtrjQ,  d.  h.  mutter  des  Zutrug,  des  sohnes 
des  Bakchon ;  den  namen  Zcorjg  führt  dieser  söhn  nach  dem  na- 
men  seiner  grossmutter,  der  Zioco.  Zcorj  ist  gen.  von  Zcorjg,  dies 
aber  ist  aus  *Zioeiag  :  *Zcorjag  entstanden ,  cf.  ^Eq^siag ,  ^Eq- 
(xr]ag,  'EQfirjg.  Also  Bakchon  ist  söhn  der  Zcoto  der  metri- 
schen inschrift ;  er  ist  verheiratet  mit  Arista ;  mit  dieser  hat  er 
einen  söhn  Zairjg. 

(54)  6.  Drei  grabiuschriften.  Jetzt  sämmtlich  in  der  schule 
zu  Mitilini. 

a)  Nach  Aristeides  a.a.O.  behandelt  von  Keil,  a.a.O. 
581;  am  besten  Conze,  taf.  IV,  1. 

L^Qiaroßovka  ||  IdTioXkiovlio  |j  %cuqe. 

b)  Conze  IV,  2. 

Biio  —looia  Ttdeig. 

c)  Aristeidesa.a.o. ,  Keila.a. 0.582;  Conze  taf.VI,3. 

\_J(X[iT\iag  Qsoysvrj  \\  x^QS. 
(ob)     7)  Fragment,  jetzt  in  der  schule  zu  Mitilini.     Conze 
taf.  V,  1. 

Lesbar  ist: 

VOlTCOTtai 

ertiTiov/uva  snl  xiov  fnvo- 

\T}]QllOV...!T£Zü)7tQO0TaV  T^QltOV 7TQ0g    ZCCV 

agTe/iuvvrto  "u4qts(.uv 

5  \7t\etTTa7tQ06ipacpio  xctjtä  Ttgoexpatpla- 

^ievaipa(pia^f.iaTaevTQ€  f.ieva  xpctcpio netto. 

[yleved-hoaoXo  yeve&foog 

[d\(.ieQatctvT(x  d/niga  zccltcc 
[xcu]oa()t]iovecxvTOv  KaiaaQrjtov  tavxov 


152  F.  Bechtel 

10  [7t\oXivotoidif.iov  noXiv  cioidifÄOv 

vd-Eavavvdga  d-eav 

toOTOioevegye  iog  toig  svegys- 

[  rata] laraiaavvexea  raig 

(pOQtüVaVTd  


II.  Pordoselena. 
56.  Beschlüsse  der  Nesioten  betreffs  der  ehren,  die  Thersip- 
pos  erhält.  Inschrift  auf  zwei  Seiten  eines  steins,  der  bei  der 
grundsteinlegung  der  kirche  z.  h.  Dreieinigkeit  auf  der  insel 
selbst  gefunden  ward.  Die  ersten  16  zeilen  im  CIG.  Add. 
2166c  nach  der  Yov.  *Av§oXoy.,  die  ganze  inschrift  bei  Eari- 
nos,  Movoelov  xal  BißXw&rjxrj  rrjg  Evayysfoy.rjg  ^xoXfjg  II, 
127  ff. ,  und  zwar  auf  grund  einer  vergleichung  der  eigenen 
abschrift  mit  abschrift  und  abklatsch  des  Dionysios  Markopulos. 


1 [ßaoi Xev\octl£$~avdQÖ{o]  2  

.  .  .  {j\üjQCtOT<xi7ioXixa[i\    3 [ovadejcclet-av 

ÖQOodial  4  [Xai;£TO{i7taQav&QW7T^iüvßiovcpLXi.7t7tO(jde  5  [ocpiXirtTt 
toxai]aXss~avdQO<JOcd£t;avdQioT[a]  6  {jLißaaiXeL\(xv7TaQalctßov&£QOi 
7i7ioo£(*>v  7  [joioßao]iXr]£ooi(piXooxaitoiootQOT  8  [ayoioi]xcutOL 
oaXXoiai^axedoveoaifx      9    [£yaX~]iovccya&tüvaiTiooy£yov£Z(U7ToXi<x 

10    \yTl7C^aTQCüyCCQ£7UTat;(XVlOOXQ1]/-lCtTCC€LG    11    TOjLl7toX£f.lOV£l(jq)£Qr] 

vTtavTiovTcovaXXto  12  v£iacp£QOvx(i)vd^£QOL7t7coarcaqay£vofi£vo  13  a 
7tQoaTOiaßaaiXrjaaxaiavti7iaTQOV£y.o  14  [y<p]ioa£Ta!.i7ioXiv£7tQa§~£d 

£XCCl7fQ00xX£    15    [lT]0V7t£QlTa0£l(JY.V7tQ0V(JTQ(XT£lC((JX(Xl£    16    .  .    fX£y 

aXaodcc7tavao£i<jf.uxQ0vovvayay£  17  \ji£TaTOvt]oÖ£xaLTC£QiTavaiTO 
duavavrj  18  [XioTCoXXct]xainaQTO)vaadQaTiav£ioayioya  19  [yovyxct] 
T£ax£vaaa££Öa)X£Ö£xaiTai7toX  20  [ixQrjita^auoGtoTrjQiavxctiTOxoiaa 
XXaa  21  [GovactLT]rjO£T(ayxaT£GxaxovT(jov£\^ß]ao^ri  22\d £XQ7]fx]ax£a 
oixaiToiOfioXiTaioi£io\_£]    23  \v£yx(o]vxai7toXv7i£QxovToo£iOTavaa 

[t]  24  [ctV£X$OV~\TOGdlU)lY.r}G£CpiXovaVTOVTCU7T  25  [oXiv7taQ]xf]V7ta 
Q£GX£vaoo£Ö£xai[a(i]Qaßa  26  [iovxat]TOLOaXXoiox[oi]G£n[L]%LVO}VT 
£xa  27  [y/n£vo^\iov7ioTiüvßaotXr]a)vcpiXoi(jTai7t  28  [oXixai]raXXcc7t 
Qaoo£ijA£T£vvoiaa7tQOO  29  [Tovda]txov7iavzad£doo9aiavTtt)ccT£X£[i 
a]  30  [yjtavxio]vTO[X7tavTaxQOvovxaiavT(jDxa[L£]  31  [xyov]oiaiata 
aaiÖ£avTwxai£ixovax[ctXx]   32  liav]Ö£Öoa^aiÖ£xaiairr]aiv£^7rQOta 

v[s]   33   [lü)lXCi]l0TCtX£Ct7l0XlOlQ07t0r]TCtllLl£Ql(jd[l]    34  [do]o&(od-£QO 

t7t7tu)xaiTOJV£xyov(Dvcux(oy[£Q]    35  [ai]TaT(oyxaXrja^aid£xai£ia7tQO 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  153 

edqiav  36  [Gxe~ypavtoxiod£avxovoyoQOOxaxuoaiO£v[e~]  37  [cov'jevx 
wiayiovixaioyxaQvoaextoavdQay[a]  38  [&t]ao£V£xaxai£vvoiaoxao7ZQ 
oozovda  39  \_f.inv]ivayLVioa-/.(.oLOLTtavTEöOTiodaf.ino{o1[  40  [va~\ouox 
avxoioayad-oioavdQao[xai]£V£\_Q]  41  [y£x~]aiox[i/iiai]xaiotü&£vxoo 
avTü)SGT£cp[a]  42  [vr]]q)0Qr]O£v[_a/ii]£QaioxQ[i']oxa[_i]evayyeXi[a']  43 
Y.aLOioTrjQiae[ß-^uG£Y.aLTtav[ayvQ]ivovva  44  j'a/£(J«lt/or«[A]^»'xo;t>'t'j' 
x[if.iaf\d mau) oa  45  vayQa\paidexoioxaj.iiaiGxoiOf.iexrit)a  46  xAe^rw 
xoipa(piouaeioaxaXXavXi&iva[y]  47  xwex&eQjLiaoXidiüxaioxaoai07Z 
7taxed£[if\  48  oirt7xioovvaQ£Oxrj!.i£%QinoQvo7Tiao£££[o]  49  xcode&e 
QOi\j7t7T^aj-/,aiallan7t7Tctx£d-£Är]TtüV  50  [t^wwraffalYJrot^agnta^axa 
fX£Tt^fA?y7r[^]  51  ooyQa(pr]V£iuf.i£vaiavr(OTajyx£v[£]v£Qy£  52  xrjta\.i 
txoI.lv.     D.  h.: 

1  ßaaiXev2  IdtXe^avdgog     2    ....   yiuQag  xai  rxoXi 

xal  3  ....  ora  dg  ^AXe^avdqng  didl-  4  Aa££  ro«  7T«(>  dv&QcoTTOJV  ßlov, 
OLXntTCog  de  5  o  (DiXitzttco  xal  ^AXeS,avdQog  6  *AXe!-dvdQ(x)  rä- 
6  ju  ßaoiXü^iv  nageXaßnv,  QtQöiTTrcog  ecov  7  ro7g  ßaoIXrjeoai, 
cpiXog  xal  xolg  oxqox-  8  dyoioi  xal  xolg  dXXoioi  Maxedoveo- 
oi  M-  9  eydXcov  dyd&tov  al'xiog  yeyove  xai  noXi.^A-  10  vxi- 
rtdxQü)  Vag  emxd^avxog  yg^ftaxa  elg    11  xö/ii  7toXef.iov  elg- 

q)€QTjV,    7xävX(x)V    XIOV    dXXtO-    12    V    £  l  g  Cp  £  Q  OVXCOV    (*)£QOl7X7XOg    Txa- 

qay£v6(.i£vo-  13  g  rtgog  xolg  ßaaiXr^ag  xal  ^Avx'nxaxoov  exO- 
14  vcpiooe  xau  nöXtv  enga^e  de  xal  nobg  KXe-  15  Ixov 
neql  rag  elg  Kvttqov  oxqaxeiag  xal  E-  16  .  .ueydXag  da- 
ndvag  elg  /hixqov  avvdyay£  >  17  (.texa  xovxo  de  xal  neql  xdv  gi- 
xoduav  dvTq-  18  Xw  noXXa  xal  nag  xcov  oadgänav  elgaycoya- 
19  v  Gvyxax£OX£vaao£ '  edcoxe  xal  xai  nöX-  20  i  xqrjfiaxa  elg 
oioxrjQiav  xal  xoxoig  eXdo-  21  oovg  al'xrjoe  xiov  xaxeaxaxovxwv 
eßa(d-6)r]  22  de  yQrjiidxeooi  xal  xdlg  noXivacai  elge-  23  vey- 
xtov  •  xal  YloXvrciqyovxog  elg  xdv  lAal-  24  av  e'X&ovxog  dicoi- 
xrjO£  (piXov  avxov  rat,  w-  25  6Xi  v7idoyr\v  ■  Traoeoxevaooe  de  xal 
Ljoqdßa-  26  lov  xal  xoig  dXXoig  rolg  ercl  xlvwv  rexa-  27  y/iievotg 
vtco  xcöv  ßaoiXytov  cplXoig  xäi  n-  28  6Xi  •  xal  xdXXa  nqdooei 
ILtex'  £vvolag  itqbg  29  xbv  dä/nov  ndvxa  ■  dedoo&ai  avxw  dxeXua- 
30  v  7tdvxtov  xofj.  Txdvxa  yqövov  xal  avxto  xal  e-  31  xyövoioi, 
axäoai  de  avxto  xal  ilxova  yakx-  32  lav,  dedoodai  de  xal  al- 
xrjoiv  e/ii  7T.Q0xav£-  33  Icoi,  xal  oxaxe  d  7xoXig  iQOTtorjzai,  /uegig 
di-  34  dooOo  QeQOLTTTTU)  xal  xiov  exyövwv  ai  xco  yeg-  35  ai- 
xdxio{C)  •  xdXvßSai  de  xal  elg  ngoedgiav  •  36  otecpavioxo)  de  av- 
tov  o  xogooxdxag  ai  6  eve-  37  cov  ev  xioi  ayiovi,  xal  oyxaQvooexco 

Beiträge  a.  kundo  d.  i %.  gpraohon    V.  \\ 


154 


F.  Bechtel 


dvögaya-  38  d-iag  evexa  xal  svvotccg  Tag  rtQog  xbv  da-  39  fiov, 
tva  yivwoxmoi,  Ttdvxsg,  oxi  6  d5(.iog  6  40  Naoicöxav  xolg  dyd- 
&oig  avögag  Kai  evsg-  41  yexaig  xif.iai  xal  acod-evxog  avxio 
soxeya-  42  vrjcpOQrjOev  dfxsqaig  xglg  xal  evayyeXia  43  xal  Gtonrj- 
Qia  ed-vae  xal  Ttavayvquv  avvä-  44  yaye  öaf,ioxeXt]v  xal  vvv  xi- 
f.iac  dixdwg  '  d-  45  vdyqaxpai  de  xolg  xa/ulatg  xolg  (ist'  'Hqa- 
46  xXetxco  xb  xpdq>iafia  elg  axdXXav  Xi&ivav  47  xto  sx  Oegfiag 
Xi&to  xal  oxäoai  oitna  xe  Qsq-  48  ainnta  ovvaosoxr]  (.ityoi 
ÜOQVOTtiag .  e£so-  49  xto  de  QsQOi7t7Zü)  Kai  dXXa  ortTta  xe  &eXrj 
xtav  50  I'qiov  axaaai  xö  ipdtpiofia,  xai  xe  xi  deXrj  reg-  51  og- 
yydcprjv,  eu(.ievai  avxio  xtoy  xev  evegye-  52  xrj  xd/n  izoXw. 

Bei  der  constituierung  des  textes  muss  auch  das  CIG.  her- 
angezogen werden.  Diese  publication  ist  allerdings,  wie  schon 
B.  bemerkt,  insofern  ungenau,  als  sie  die  Zeilenabteilungen 
nicht  berücksichtigt;  das  plus  aber,  welches  sie  vor  Earinos 
voraus  hat  und  welches  in  der  Umschrift  durch  den  druck  her- 
vorgehoben ist,  scheint  nicht  beliebige  ergänzung  zu  sein  (solche 
ergänzungen  sind  entweder  gar  nicht  vorgenommen  oder  durch 
die  schrift  kenntlich  gemacht),  sondern  zur  zeit  der  lesung  noch 
wirklich  auf  dem  stein  gestanden  zu  haben.  Dieses  plus  betrifft 
fast  durchaus  die  linke  seite  der  inschrift  und  bestätigt  zum 
teil  E.'s  ergänzungen,  teils  widerlegt  es  sie.  Uebrigens  ist  E.'s 
publication  noch  lange  keine  genügende  grundlage  für  die  re- 
stitution.  E.  schweigt  darüber,  ob  die  inschrift  axotxrjöov  ge- 
schrieben ist  oder  nicht,  wonach  bei  der  tatsache,  dass  die 
Zeilen  in  A  zwischen  31  und  33,  in  B  zwischen  11  uud  12  buch- 
staben  schwanken,  immerhin  gefragt  werden  könnte.  Nament- 
lich aber  gibt  er  die  kriterien  nicht  an,  nach  welchen  er  die 
zahl  der  fehlenden  buchstaben  im  anfang  der  zeilen  bestimmt 
hat,  und  die  anzahl  der  buchstaben,  die  er  in  der  Umschrift 
ergänzt,  steht  mitunter  im  Widerspruch  mit  der  anzahl  der  punkte, 
die  er  auf  der  abschrift  setzt:  z.  5,  12,  14  u.  s.  So  hat  auch 
der  vorliegende  text  noch  nicht  volle  Sicherheit,  obwol  er  in 
folgenden  einzelheiten  denjenigen  von  Earinos  berichtigen  dürfte: 
Dreimal  gewinne  ich  durch  herstellung  einer  zeile  von  33 
buchstaben  äolische  formen,  wo  E.  xotvrj  hat:  z.  13.  14.  «toll 
[vtp]ioae  mit  CIG.  für  ex\\[ovtpiae'];  z.  31.  32.  /aA[z||<W]  für 
X«A||[x^v],  cf.  Ahrens  I,  80;  z.  36.  37.  £v[€J|tuv],  f.  eVp[wj'].  — 
Umgekehrt  fehlen  vielleicht  im  anfang  von  z.  21  nicht  4 
buchstaben,   sondern   3:   dann  ist  20.  21.  zu  lesen    eXdo\\[oiog~] 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  155 

statt  °ovg,  cf.  herakl.  /usico  (acc.  sg.)  bei  Meister  1,  174  (Curt. 
Stud.  IV,  457). 

Z.  8.  9.     Maxedoveooi  f.t\\\_£ydXcov]  für  Maxedovsooiv  \\  rtoX- 
Xwv :   die  hischrift  hat  zwar  bereits  v  scp.,  aber  nur  vor  vocal 
deshalb    auch    z.   3.   4.    didX\\[Xa!-e   zo/n    rcaq]    für    didX\\[Xat;6v; 
tov  !£]. 

Z.  15.  17.  weiss  ich  nicht  herzustellen.  Gegen  E.'s  lesart 
Kai  !|  [ovk  oXlya]g  dctTzdvag  elg  /uixqov  ovvdyay\\[e  yqövov]  spricht 
grammatik  und  Wörterbuch ;  ueydXag  dandvag,  wie  das  CIG.  hat, 
kann  nur  ein  genetiv  sein;  vielleicht  gieng  demselben  krti  (e  noch 
erhalten)  voraus,  und  den  anfang  von  z.  17  bildete  das  object 
zu  ovvdyaye,  welches  an  stelle  des  \jieto.  tovt\o,  das  ich  ergänzt 
habe,  einzusetzen  ist. 

Z.  17.  18.  avjy||j7,w  noXXä]  für  dv^Xcooev  cog]  E.,  wo- 
bei das  object  fehlt. 

Z.  23  24.  ^/ff[/]||[av  e'X&ov~]Tog  für  i^flr[/a]||[v  7ii[x\pav\- 
rog,  wobei  abermals  das  object  fehlt. 

Zwei  andere  emendationen  stehen  schon  bei  Cauer,  der 
die  erstere  ausdrücklich  Kirch  hoff  zuschreibt:  z.  21  ißa&or) 
f.  ißao&T],  u.  z.  34.  35.  tio  y[€Q\ai]tdTix)  für  das  merkwürdige 
rwy  [y\\xv]TdTioy ,  wie  E.  schreibt.  Das  hinter  TATQ  stehende 
r  ist  wol  verlesen  für  /  {tat  rtoXt  z.  9,  19,  24,  27;  i/n  nqo- 
xaveim  32.  33;  iv  tiot  aywvt  z.  37)  oder  wegen  des  voraufge- 
henden tüjv  ixyöviov  verschrieben. 

Z.  42  ergänzt  E.  T^[r]g.  Aeolisch  wäre  rgrjg  (aus  *TQ€Jeg 
=  sskr.  träyas);  dies  aber  mit  "Wilamowitz  (Zs.  f.  Gymna- 
sialw.  1877,  s.  647)  in  den  text  zu  setzen,  liegt  keine  nötigung 
vor,  da  die  attische  form  tgeTg  durch  die  grosse  inschrift  von 
Eresos  belegt  ist,  Übergang  von  ei  in  t  aber  im  folgenden  stücke 
nachgewiesen  werden  wird. 

B.  1...7ta 2  ..dQect7to\Xio']  3  [ßiyi\aaraia . .  4  ...asooaQfyto] 

5  [vd-v]rjvd£d[ood-^    6  [aijigrjia 7  .  eoveeu ....    8  .  xaescpiT . . . 

9  .a...tva...  z.  10 — 14  sind  zerstört;   z.  14  it..  15  ... 

vievza..    16  .XX 17  18  .%.  .£(ov7t...   19  ..aq 

Xcceo...  20  ..6af.iooe  21. ..  darevo..  22 . . .  xvqia£%[X]  23  [yatjat 
aiadio[q]  24  [eai]o7tcuoa[io]  25  [Tca]odedoite[v]  26  [a\io&£qoi7Z7t 
[w]  27  [v~\TtnTü)[d\afi(jox[a]  28  [ijexyovoioid  29  [ia/u£]vrjv£t<JT 
30  [o(X7t]avTcr/Qnv  31  [ov^xa&a7t£Qod  32  [a/uo]o£dtox£Ka  33  [i/x 
rj]ef.i(.i£vai[ri\  34  [£qt]avtaf.irjt£  35  {aq\%ovxt7iqo&  36  [e){.-evai[i 
t]t£Q    37  [rj]TOQiei7Taifx    38  [iy]r££7Ti;u^j't[tt>]   39  [ejffmxamtd    40 

11* 


156 


F.  Bechtel 


[e\xextorjQrjxo}  41  \g]^i7tr]r]aQxo)v  42  [eo]ayayr][r)xai]  43  \ßTc\tfi 
t]v[t]oaea  44  [evtx]t]axvQax  45  [ad^eatov.caocpe  46  [lX]extoexaaxo 
47  [fförar^J^affro  48  [tax\oatoiGtQ  49  [otffr]waff[x]Aafir  50  [t 
(üKa]i€7vaQccT  51  [ooe]axtoxaiaxi  52  [jt/oaj/a^/fi^oa  53  [«Jmro^ 
Ttavxa  54  [j((>]o>'oj'/Ccm£/u  55  [fix]£<m<rrw/olu  56  [wzrjfi^trwxaAA 
57  [i'ovx^oaxovda  58  [/<o»rof(J]«i//a^t[  ff]  59  [^«vorTrooffJa^a  60 
[yQ]a\patxotOE  61  [££]raffrcMff6£  62  [ox~\ataaxaXXa  63  [tara/a] 
7re^t[a]     64  [yxio]doxio[d£xo]     65  [(Jfiro]avaÄw(aa    

D.  h. :  z.  22  xvqi.cc  ix?.-  23  ^a/a  rcag  ömo-  24  6atg  tt«/- 
oreug  25  xaig  öedoftsv-  26  atg  QeQOi7trtco  27  t?7ro  rw  da.««  xa- 
28  t  exyovoiai  <J-  29  taftEvrjv  eig  x-  30  o^u  nävxa  %qov-  31  ov 
xa&dneQ  6  ö-  32  ä/iog  e'dwxe  •  xa-  33  t  /*»}  Ef.if.iBvm  n-  34  tot 
awa  fxi]XE  35  <xq%ovxl  7Tqo&-  36  Eftevai  fnqxe  q-  37  ^ropt  etnat 
fi-  38  ^r«  entfirjvia)  39  Egivtxat  *  cn  d-  40  *  xe  rtg  »7  Qrjxw-  41 
p  (efinrj  //  ccqxojv  42  Egayäyrj  rj  xai  43  ETtifvqviog  sg-  44  evlxtj, 
ccxvqcc  x-  45  od*  eo(x)co  xccl  ocpe-  46  AAgVeo  Exaoxo-  47  g  ara- 
xrjQccg  xq-  48  iccxooioig  I'q-  49  ojg  raJ  ^ax^a/r-  50  /w,  xat  eVra- 
^ar-  51  og  e'trrw  xat  art-  52  ^og  xat  j^Vog  53  «g  z^o^  nävxa 
54  xqovov,  xai  s(v)-  55  £%eg(&)(o  xw  vöfi-  56  w  7r«£t  rcD  xaAA- 
57  iWrog  xov  da-  58  /iov  ■  xcc  o°  Eipayio-  59  ;U£va  nQogavä- 
60  yQaxpai  xolg  s-  61  f-exdoxatg  si-  62  g  T<ug  araAAa-  63  *g 
raig  tteqI  a-  64  vttd  '  doxa)  ds  xo-  65  o*«  xb  dvdlcofia 

Z.  32 ff.  xa\\[i  firj]  Efifisvai  7r||[€ot]  aura  ist  zu  schreiben 
für  xca  ai  Efiftevai  nävx  avxa,  wie  das  folgende  ergibt;  k'fifte- 
vai  im  sinne  von  st-sftfievai  cf.  A,  51  sfifievai  avxco. 

Z.  37  ff.  |it||[^]r«  E7tLfir]vi\(jü]\\  [ß]gEVLxai  ■  ai  o||[«']  xs  xig.  Hier- 
für liest  E.  fiiqxE  sntfajvlotg  evi,  xai  ai  ös  xe  xig  x),  und  Cauer 
copiert  ihn  zufrieden.  Aber  1)  der  parallelismus  mit  fnjxe  ccq- 
%ovxl  TtQo&Efievai  fnqxe  qyjxoql  etnat  verlangt  einmal  einen  dativ 
im  singularis,  sodann  einen  infinitivus,  der  dem  nQO$Eftevat  des 
ccqxcov  und  dem  einat  des  qiJxcoq  zur  seite  geht;  2)  hiifirjvioig 
als  dativ.  plur.  hat  auf  dieser  insehrift  kein  analogon;  3)  evi 
in  der  bedeutung  von  il-Efifievat  ist  unerhört.  Was  ist  denn  nun 
aber  jene  tätigkeit,  welche  dem  intft^vtog  nicht  gestattet  sein 
soll?  Das  lehrt  z.  43.  44,  wo  nur  Eg\[evix']r],  nicht  sgeveixt]  wie 
bei  Cauer  steht,  gelesen  werden  kann:  t  für  et,  wie  in  A  42  xQtg. 

Z.  54.  55.  £v\\[ßx\EG&b).  Nach  E.  hat  der  stein  eft  [|  .  . 
eoxoj,  welches  ich  nicht  anders  restituieren  kann. 

x)  Diese  Verbindung  wäre  nicht  zu  tadeln :  vgl.  No.  60,  44  xai  tntC 
xe  de  TeXevrüar]. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  157 

Z.  56.  57.  xaXX\\[vovz\og  zav  da/nov.  E.  schreibt  xaAÄ||[a>g 
7*Q~]\\bg  z.  d.,  was  mir  rätselhaft  ist;   Cauer  hat  punkte. 

Z.  59.  60.     \jtQog]avä  [%>]ai/m  Cauer.     xai  ava.yQa.xpai  E. 

Z.  63.     [-ig  ralg']  jzeqI  a-ivzio)  Cauer.     Nach  E.  hat  der 

stein  7ceq  . ,    folglich    die   zeile  nur  10  buchstaben.     Diese 

angäbe  ist  nicht  stichhaltiger,  als  die  übrigen  (s.  o.),  die  resti- 
tution  -ig  ralg  v\jv~\q  [a]  mir  völlig  unverständlich. 

Als  abfassungszeit  von  A  ergiebt  sich  mit  Sicherheit  die  zeit 
zwischen  319  und  317:  Earinos  p.  136. 


111.  Tenedos. 

(57)     1)  Ehremlecrct  für  Erythrac  und  Diodotos  aus  Erythrae. 

Gefunden  zu  Erythrae,  jetzt  im  k.  antiquarium  zu  München. 
Herausgegeben  von  Christ,  Sitzungsber.  der  k.  Bay.  Ak.  1866, 
s.  248  ff. 

1  [EÖo^£zaßoXXaxaiziodaf.uo] oeittev     2    [coa^£vi]axairpi 

Xav[#()iOTZiaair]v)zaTZoX£zaz£V£  3  [duov7tQoa]zovöa[f.iovzov£Qv^Qa 
uo]vxaia7ioa  4  [z£XXav\zoozioö[aiiio7tQEaßEvza']vQOOEQi^Qai  5 
[oiaio]aa^icca£iavzo[iaxai)7iaQxaX£icpiXoiO£ovzaa  6  [zcoda]/niozio 
zEVEd\i]v)va7ZoarEllaidr/.aa  7  [zav£f\oz£VEÖovoda/noo€QV&Qaiiov 
tzoX  8  [Xav7CQ]ovoiavjioEi(.iEvoo\r]ao7toXiooa7ZEOTE[X]  9  [Xsdix 
a]ozavdiodozov[xXEio~\vv(.uoavÖQaxa  10  [Xovxai\aya^ovooziG7zaq 
ayEvof.iEvooEiOTa\ji]  1 1  \7toXiv£\dixao£zaiadiy.ai07iavz£OOiioio(j 
12  \xaidix']aiüjoxaiodafj.oo£ipa(pioazozif.iaaa[i]  13  [za/ii7to]Xivz 
avEQvd-Qauovzi/naiozaioxazTo[i]      14   [avo/noia]d£Öox^aizaßoXXax 

aiziüidaiuoi£[7T£~]     15    [iöt](.oq)£]Xr]zaioda/uoaoz£V£diiovdiazrj 

16  vovza£avzcoicpiXav&Qü)7za7tQO 17  vEQv&qaiwve 

7taivrjaaizov 18  aQ£zao£V£xaxai£Vvoiao . . . . 

Umschrift:    l"Edot-£   zä  ßoXXa  xai  ziö  ddf.tco g  £i7t£v~ 

2  'Qg  i-£vla  xai  cpiXav$Qi07iia  ai  ijv  zä  tzoXe(i)  zä  Teve-  3  61- 
iüv  Ttqbg  zöv  däkuov  zöv  ^EQV&Qatcov  xai  drcoo-  4  zsXXavzog  zio 
öäf.uo  7tQEgߣvzav  (7z)gög  'Egv&Qa-  5  loig,  tog  d^iauEt  avzoig 
xai  7TaQ/.aX£i  rplXoig  sovzag  6  zw  öccuco  ztov  Teveöuov  a7z6az£X- 
Xai  dixäa-  7  zav  eig  Teveöov,  o  däf.iog  ^EQV&Qaluov  tzoX-  8 
Xav  TtQovoiav  7to£i(.isvog  zäg  TtoXiog  aTtsoxE-  9  IXs  dixdazav 
Jiödozov  KXEiovvf.no,  dvöga  xd-  10  Xov  xai  aya&ov,  ogzig  7ta- 
Qay£v6/.isvog  sig  zä-  11  f.i  TtoXiv  sdixaas  zalg  dixaig  nävzEGGi 
Yoiog  12  xai  dixaliog,  xai  6  öäfxog  eipaq>toazo  zi/uaoai  13  zäfi 
ttoXiv  zav  'EQvd-Qaliov  zifxaig  zalg  xaxzoi-  14  g  vö(.ioig'  ösdox&ai 


158  F.  Bechtel 


va  ßoXXa  y.al  Ttot  düfiwi  •  etce-  15  törj  oocpslrjTcci  6  öaf.tog  6  Te 
vedttov   dia   ttj[v  anovd-    16   yv,   rj  eg  öe?~\vov  ra  iavTcoi   q>i- 
Idv&QcoTta  7tQ[ovoei  o?]  17  [ßcifxog  tio]v.  'Eqv&qcciwv,  E7icclvT](jcu 
xbv  [da/iiov  top]  18  [EQV&Qaiwv  ?]  ccQsrag  «Wxa  xat  svvoiag 

Die  inschrift,  deren  zeit  von  Kenner  (vgl.  zu  No.  3)  rich- 
tig bestimmt  ist,  ist  leider  sehr  schlecht  erhalten.  Sie  ist  nicht 
aroixrjööv  geschrieben,  sichere  ergänzungen  werden  sich  schwer- 
lich finden  lassen.  Die  spräche  steht  auf  gleicher  stufe  mit 
dem  gleichzeitigen,  eben  genannten  ehrendecrete  aus  Mytilene: 
d.  h.  der  dialect  ist  im  vollen  verfall  begriffen.  Vermutlich 
hat  der  ionische  Steinmetz,  der  die  inschrift  einhieb,  das  seine 
getan,  um  die  spräche  noch  buntscheckiger  erscheinen  zu  lassen : 
auf  seine  rechnung  möchte  ich  wenigstens  das  tr}[y]  in  z.  15  setzen. 

Unäolisch  sind  die  formen:  7taQayev6(.isvng  (neben  Ttaq^aXel), 
z.  10;  der  dat.  pl.  Tt^iaig  (z.  13);  das  att.  fut.  7taQy.aXsl  für 
°xaXtoo£i,  und  die  aoriste  sdUctoe  (z.  11)  und  kxpacpiaato  x) 
(z.  12);  endlich  ogxig  (z.   10). 

Grösseren  wert  scheint  das  denkmal  für  seinen  ersten  her- 
ausgeber  zu  haben.  Nach  ihm  hält  der  dat.  sg.  tioXe  (z.  2) 
die  mitte  zwischen  dialectischem  tzoXi  und  att.  rcoXu.  Diese 
annähme  ist  schon  von  Sauppe  (Comm.  p.  23)  zurückgewie- 
sen. —  Sodann  schreibt  Chr.  zweimal  (in  z.  2.  3  durch  völlig 
freie  ergänzung)  Tsvediov  für  Tevedliov,  obwol  z.  15  richtig  Te- 
vsölüjv  steht,  und  in  z.  6  gestanden  haben  kann,  da  die  litho- 
graphie  zwischen  J  und  ß  eine  schadhafte  stelle  andeutet.  — 
Endlich  entdeckt  er  einen  äol.  infinitiv  auf  -ov,  indem  er  die 
völlig  corrupte  stelle  z.  15.  16.  zu  dia  rrj[y  reo  ||  ßoXXs]vov  zä 
kavtwi  cpiXdv&Qwrtct  TCQ[ovoiav\  ergänzt  und  das  also  durch  con- 
jectur  gewonnene  ßoXXsvov  für  eine  den  italischen  infinitiven 
auf  um,  om  parallel  gehende  verbalform  erklärt.  Da  dies  ver- 
fahren gegen  den  ersten  grundsatz  aller  kritik  verstösst,  lasse 
ich  den  fund  auf  sich  beruhen. 

Z.  5   ät-idaet.    Auch  in  z.  33   des  decrets  aus  Lampsakos 

J)  Dagegen  ist  lnaivr\aav,  welches,  freilich  vereinzelt  gegen  dreimali- 
ges inaCvtaai  uns  in  No.  3  begegnet,  eine  äolische  neubildung,  die  an 
stelle  von  Inuivtooai  getreten  ist:  d.  h.  der  präsensstamm  hat  sich  durch 
die  ganze  flexion  hin  geltend  gemacht.  Dem  ionischen  Steinmetzen  kann 
die  form  nicht  aufgebürdet  werden,  denn  die  Ionier  flectierten  tncuvito 
wie  die  Attiker,  vgl.  auf  der  im  Bull.  d.  Corr.  Hell.  III,  388  ff.  publicier- 
ten  inschrift  aus  Erythrae  z.  23  Inawiaai. 


: 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  159 

(No.  64).  Da  die  letztere  inschrift  die  formen  kdixcioae,  S7taivsa- 
aai  gewährt,  wird  bewiesen,  dass  dt-idaei  zu  einem  verbum  dt-idio 
gehört,  wie  schon  A  h  r  e  n  s  I,  94  vermutet  hatte,  nicht  von  einer 
form  dgidto)  abzuleiten  ist,  wie  sie  Christ  (s.  256)  annimmt. 
dl-idw  :  dt-iöto  wie  xoivdco  (yiotvdaavjsg,  rca.qEY.oiva.xo  bei  Pind.) 
zu  xoivoio,  wie  umgekehrt  rtfiocu  (rif.u6oa\\[oa]  auf  einer  inschrift 
aus  Methymna,  Conze  taf.  XI,  2  z.  7.  8)  zu  vif.id(o. 

Z.  8.  Ttosif-ievog.  Nicht  mit  Chr.  auf  ein  unding  Ttoiaija- 
f.i£vog  zurückzuführen,  sondern  aus  7torjf.i£vog  (über  dessen  bil- 
dung  Collitz,  Anz.  f.  d.  Alt.  V,  329  f.)  entstanden  wie  rtoeg- 
ßua  (No.  64,  31)  aus  rtqsgßrja,  cf.  Curtius,  Stud.  III,  397. 

Z.  14.  15.  xarrotjjg  vöfioig  ergänzt  nach  No.  64,  24.  25. 
Christ's  t.a.%   rb  Xaov  geht  des  raumes  wegen  nicht  an. 

Z  15  bis  schluss.  Die  ergänzungen  sind  nur  Vermutungen, 
daher  auch  in  der  abschrift  weggelassen.  Wegen  des  sichern 
rrjv  habe  ich  auch  OTiovdiqv  und  fj  geschrieben. 

Aus  unbekannter  zeit: 

(58)  2)  Weihhrschrift  au  die  Dioskurens.  CIG.  2165  („in 
Tenedo  extra  urbem  in  marmore  candido")- 

1  3£7tl  Uoetog  twv  di-  2  ogxovQiov  (DiMoxov  3  %ov  Idy^- 
odvÖQOv  'Po-  4  diov  Evvoftog  x.al  ol  5  ovroxavoi  diog-  6  KOVQOig. 

Bloss  das  wort  ovvov,avoL  ist  eine  äolische  reminiscenz; 
das  übrige  v.oivTq. 


IV.    Die  Klein-Asiatische  Küste. 
A.  Kebrene. 

(59)  Grabinschrift  auf  den  Lykier  Stheneias,  Nikias'  söhn. 
Gefunden  von  Hirschfeld  zu  Tschanakkalessi ,  besprochen 
von  Kirchhoff  (Monatsber.  der  Ak.  zu  Berlin,  Juni  1879; 
mir  erst  nach  dem  druck  des  ersten  bogens  meiner  arbeit  zu- 
gänglich geworden). 
M[vci(xa  E]7ti  2&evdai  tfifu  rw[i]  Nixialcoi  tw[i]  [*/t]vxt(o[i]. 
Die  schrift  ist  vorionisch,  ihr  character  weist  nach  K.  auf 
die  erste  hälfte  des  5.  Jahrhunderts.  Das  erste  wort  ist  unsi- 
cher: für  Mva/ua  kann  man  2a/ua  lesen.  —  2&£V£iai  ändert  K.  in 
2&ev£Xai;  ein  grund  zu  ändern  liegt  aber  nicht  vor,  da  2&e- 
velag  eine  bildung  sein  kann  wie  *QaqO£iag  (Qaqomg;  cf. 
G.Meyer,  Beitr.  I,  90).  —  Stheneias  ist  Lykier,  sein  grabmal 
stand  zu  Kebrene  am  westabhange  des  Ida:  darf  man  die  ver- 


160  F.  Bechtel 

mutung  wagen,  seine  heimat  sei  diejenige  des  Lykiers  (IL  E, 
173  ovöe  zig  iv  yLv/ii]  oeo  y.evyezai  tivai  dfieivwv)  Pandaros 
gewesen  ?  ? 

B.    Kyme. 

(60)  1)  Volksbeschluss  zu  ehren  des  L.  Vaccius  Labeo.  Ge- 
funden „in  parietinis  Cymes  in  vico  Namourt",  seit  1749  zu  Pa- 
ris.    CIG.  3524  *). 

1  [6afi]ooiai[g]    2  [raig  wcaQxoi]- 

oaig  avzw  xzi]-    3  [oiag  iv  zw  ZfiaQayr)w~\ rj  zovzoioi  zw 

dd[fiw~\    4 ovia  Tcaaavdidoavzog  y.al     5  \  fieyalo^rtQe- 

7teo(zd)zaig  zeiuaig  öoyfiazltovzog  xal  vav  [o-]  6  v  a)  iv  zw 
yvjLi(v)aolw  "/.azeiQwv  7iQoayQrjf.if.ievw,  iv  w  zotig  zei-  7  fiaig  ac- 
ta) xaziÖQvoei,  ytziozav  ze  xal  eveQyezav  TtQogovv-  8  fidoöeo- 
&ai,  el'xovdg  ze  yQVOiaig  ovze&rjv,  xa&ä  zolg  zd  fis-  9  yioxa 
zov  däfiov  eveQyevrjodvzeooi  vofiifiov  iozi,  fis-  10  zd  re  zdv 
ei;  dvd-Qwrcwv  avzw  fiezdazaoiv  xal  zdv  iv-  11  zdcfav  Kai  &£- 
oiv  zw  owftazog  iv  zw  yvavaoiw  yevrjd-rjv,  12  dnoöe^dfievog 
v7Z£Qdvftwg  zdv  kqioiv  zag  noXiog  via-  13  ßewv,  ozoiyeig  zolg 
TtQQVTcaQyfdvoiGL  avzw  Kai  TtQogfii-  14  zQeig  zdv  iavzw  zv- 
yav  zolg  iqjiKzoioiv  dvd-Qwrtw,  zdv  15  uiv  vjisQßaQsa  Kai  &e- 
olol  Kai  zolg  looofreoioi  aQfiötoi-  16  aav  zag  zs  zw  vavw 
KazeiQWOiog  zag  ze  zw  Kzioza  17  TtQogovvfiaoiag  zeifiav  tzüq- 
rjztfoazo,  aQKerjv  vofti-  18  Cwv  zdv  kqioiv  zw  rtldd-eog  Kai 
zdv  evvöav  inize&e-  19  logrJKrjv,  zalg  di  zolg  dyd&oioi  zwv 
ccvöqwv  riQETtoi-  20  oaig  dofievitoioa  yaQa  ovvertivevoe  zeifiaig' 
iqo  oi-  21  olv  TtQETtwdiozazov  iozi  zwv  ivvofiwv  iovzwv  22  %qg- 
vwv  zdv  Ttavzslea  zwv  eig  dfioißav  dvrjKOvrwv  23  ircaivwv  ze 
xal  zeiuiwv  7i£Qi  zag  KaXoKayaÖiag  avzw  24  fiagzvQiav  drtv- 
didoo&ai'  di  a  Kai  zvya  dydfra  ötdoyüai  25  zä  ßoXXa  Kai  zw 
ödfiw  •  inaiv^v  viaßiwva  naloag  eovza  zu-  26  ftag  a£iov  Kai 
öid  zdv  Xo'ntav  fiev  tzeqI  zdv  ßiov  oefivozaza  27  Kai  öid  zdv 
q>iXodog~iav  di  Kai  zdv  fieyakoddnavov  eig  28  zdv  nöXiv  öid- 
&eoiv,  Kai  £%r]v  iv  zä  xallloza  dialdfixpei  ze  y.al  29  aTivdoxa, 
y.al  Y.dXrp)  eig  7iQotÖQiav,  Kai  ozecpdvwv  iv  Tidv-  30  zeogi  zolg 
dywveaoiv,  ol'g   xev  d  7t6Xig  owTelirj,  iv   zä  zäv     31    Kaxevyav 

*)  Ich  teile  diese  und  die  folgenden  Inschriften  gleich  in  Umschrift 
mit,  da  der  text  meist  vorzüglich  erhalten  ist,  und  gebe  die  huchstaben 
der  abschrift,  die  zu  corrigieren  sind,  in  anmerkungen  an. 

a)  Abschr.  il. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  161 

d/nega  enl  xdv  anovdav  xaxxdde'  o  dafiog  axe-  32  cpdvoi  ytev- 
tuov  Ovo.xv.lov  udlsvMtü  vlov  ^4lfttXia  ^laßewva,  <pi-  33  Xoxv- 
/itaiov  evegyexav,  axecpdvio  ygvatco  dgexag  evey.cc  34  xal  qpiXaya- 
&Lag  xag  elg  eavxov  ■  övxe&rjv  de  avxio  xal  eX-  35  xovag  ygdn- 
xav  xe  ev  onXio  evygvoia  xal  yaXxiav  ,  xaxxd  av-  36  xa  de  xal 
/nag/itagiav  xal  ygvaiav  ev  xto  yvf.ivaalio,  eqp  av  eni-  a)  37  ygd- 
cprjv  •  6  öä/Ling  erdf-iaaev  ^Jevxiov  Ovdxv.iov  ^ievxuo  38  vlov  ^il- 
fiiXia  ^iaßeiova,  opiXoxv^iawv  evegyexav,  yvfivaoi-  39  agyrjoavxa 
xdXcog  xal  ueyaXodö^wg ,  bv&evxa  de  40  xal  xb  ßaXdvrjov  xoig 
veoioi  xal  ngbg  xdv  elg  avxo  xogayi-  41  av  xalg  vnagxoloaig 
avtü)  xxrjcuag  ev  Z/uaQocyqto,  xal  e-  42  nioxedaavxa  xb  yvf.ivd- 
aiov  xal  exaaxa  enixeXeoavxa  43  Xdf.tngcog  xal  f.ieyaXo\pv%o)g, 
dgexag  evexa  xal  evvoag  44  xag  elg  eavxov.  Kai  irret  xe  de 
xeXevxdorj,  xaxevex^ev-  45  xa  avxov  vnb  xiov  ecpdßwv  xal  xiov 
veiov  elg  xdv  dyogav  46  oxecpavio&rjv  did  xio  xag  nöXiog  xdgvxog 
xaxxdde  ■  6  da-  47  /Liog  oxerpdvoi  ^ievxiov  Ovdxxiov  ytevxiw 
vlov  ^4l/uiXia  uda-  48  ßeiova,  ipiXoxvf-iaiov  evegyexav,  axeq?dvio 
Xgvolto  dge-  49  xag  evexa  xal  evvoag  zag  elg  eavxov  •  elgeve%$rjv 
de  50  avxov  elg  xq  yv/nvdoiov  vno  xe  xiov  eqpdßiov  y.al  xiov  51  veiov 
y.al  evxdipr\v  ev  io  xe  xal  b)  evd-exov  e'ftf.ievai  cpaivrjxai  xö-  52 
7io).  Tb  de  i}>dcpto/ua  xöde  dvdygaipai  elg  axdXav  Xl&io  Xev-  53 
xw  xal  ov&eitevai  elg  xb  yv/nvdaiov  nag  xalg  dedo-  55  y/naxta- 
/iievaig  avxco  xeif.taig.  Mrjvog  Qgaxgiio  dexdxa  45  dniovxog  enl 
legeiog  xag  'Pco/tiag  xal  ^4vxoy.gdxogog  56  Kaioagog,  &eco  vl'io, 
&eio  Seßdoxio,  dgyiegeog  [leyioxio  xal  na-  hl  xgog  xag  ndxgi- 
dog  IloXe/niovog  xio  Zrjviovog  ytaodt-  58  xeog,  ngvxdviog  de 
ylevxiio  Ovaxxuo  yievy.no  vlio  u4lf.uXi-  59  a  ytaßeuovog,  cpiXo- 
y,vf.iaiio  evegyexa,  oxecpavarpogo)  de  60  ~xgdxiovog  xü  3Hgay.Xelda. 
Abfasssimgszeit:  Die  jähre  2  v.  Chr.  ( Augustus  heisst  pater  pa- 
triae z.  56.  57)  bis  14  n.  Chr.  Die  inschrift  enthält  viele  Verstösse 
gegen  laut-  und  formenlehre  des  äol.  dialects  So  nicht  weni- 
ger als  drei  utrierte  ä  für  rj:  nXdd-eog  (vgl.  lat.  plenus,  altir. 
lin,  böot.  nXeld-og  (Führer,  de  dial.  boeot.  23),  eqdßwv  (zu 
lit.  jegti,  vermögen,  Rezzen berger  Beitr.  II,  190,  trotz  Cur- 
tius  Grdz  5  589)  und  oxecpavacpogio,  für  dessen  richtigkeit 
der  Evayevrjg  CIG.  22651».  (s.  unter  No.  3,  auf  s.  116)  nichts 
beweist,  da  diese  inschrift  gleichfalls  utriert.  Andrerseits  ein 
ionisch-attisches  t]  in  nagrixrjoaxo,  und  v  statt  o  in  ngvxdviog. 
Die  psilosis  ist  gewahrt  in  yaTiügvoet ,  yaxetgojv ,  noch  öfter 
jedoch  gröblich  verletzt  in  eipiyxoioiv,  erp  oloiv,  ya&d,  eq>  av. 
Die  inschrift  bringt  als  formen  des  relativums  cb,  olai,  a,  sogar 
av,  sämmtliche  falsch,  und  verewigt  die  conjugationsfehler 
agy.etjv ,  ovvxeXet],  enioxedoavxa,  evnxeXeoavxa;  auch  das  wie- 
derholte oxecpdvoi !)  ist  doch  wol  nicht  äolisch,  sondern  attisch, 

a)  Abschr.  EIIE.     b)  ENÜKENAN. 

*)  Wenn  die  formen  jCfiat  (No.  56,  A  41  u.  44),  artyavoi  äoüsche 
gebilde  sind,  was  nicht  bewiesen  werden  kann,  so  müssen  sie  als  aus  n- 
/j.ä'n,  GTfqavo'm  (nach  clöixr]u)  hervorgegangen  gedacht  werden. 


162  F.  Bechtel 


da  eine  regelrechte  äolische   3.  sg.   praes.   ind.   act.  von  einem 
verb.  contr.  in  noirj  (No.  3,  21)  erhalten  scheint. 
Zeitlich  nicht  bestimmbar  sind: 

(61)  2)  Erteilung  der  proxenic  an  zwei  Teneder.  Gefunden 
in  der  gegend  von  Fokea.     CIG.  3523. 

1 3'Edo^s  tiü  öd/nca.  3EX7tivixco  2  xai  l4^ava,)odcogio,  xölg 
Ttaideaai  3  xölg  ^Ayaoiaxgdxio,  Teveöioiol  4  EVEgyixaioi  sov- 
xeooi  dsdoo&cu  5  xai  avxoioi  xai  Ixyövoioi  6  ngol-eviav  xai 
TtgoEÖgiav  xai  7  dxiXEiav  tuxvtiüv  xai  Etgaywyav  8  xai  et-aytoyav 
xai  eiQ7tXovv  xai  9  extcXovv  xai  tvoXejluü  xai  slgyvag  10  aovXi 
xai  donövdi,  xai  Kv^ialoig  11  1'f.i^ievai  xai  avxoig  xai  xoig  12  ix- 
yovoig  8vrtf.ioig  Ev&Ecog,  xai  yb)ö[g  x-]  13  ai  olxlag  syxxrjOiv 
xai  öixaig     14   7tgodixoig,  xai  oxxi  xev  [oi  dX-~]    15  [Xoi  rcgo- 

1-EVOL    E%]ü)0[C]    ... 

(62)  3)  Erteilung  der  Proxenie  an  Themison  aus  Seleukia. 
„'Eni  [tagudgov,  vxp .  0,18;  nX .  0,30;  7tdx>  0,9,  (AEXEVEx&Evxog 
ex  Kv/urjg  slg  xrjv  ev  ^AXri-yiyä  EnavXiv  xov  x .  BaXxaCrj .  it; 
dvxiygaq>rjg  x.  l/l.  IIa  read  ortovXov  xov  Ksgaf-iscog"  im  Mov- 
oeiov  xai  BißXio&yxrj  xrjg  EvayysXixfjg  2xoXrjg,  IIeq.  I,   124. 

1  °'Edoi-e  reo  dd/ua).  Qe/hiocovi  xcü  IIa-  2  xgcovog  JSeXevxel 
svsgyixa  eovxi  ö[e-]  3  doo&ai  xai  avxco  xai  Exyovoio[i  7tgot-s-] 
4  viav  xai  TtgoEÖgiav  xai  axiXEi[av  rtdv-]  5  xeov  xai  igaycöyav 
xai  i^[aywyav]  

C.    Gryneion. 

(63)  Bruchstück  einer  proxenieerteilung.  ,*Erci  fuag/ndgov, 
vxp.  0,16;  nX.  0,19;  ndx.  0,7,  Evgs&fvxog  xaxd  xrjv  rtagd  xö  Te- 
tcevxXXxi  oöov .  ex  rtgogepogag  x.  M.  Koaoovrj"  im  MovoeIov 
xxX.  I,  91. 

1  v.  EÖot-E  xä  ßoXXa  xa[i  xio  ddf.ioi\  2  . ...  rjdr]  7ig6$v- 

fxov   E/.ifXEv[at] 3    ...  \a~]XXoi g   rtgo^Evoig  y 4   ....  oigi 

rgvvEEig  EÖo)x[av]  ...  5  . .  g  [döcpdX~\Eiav  xai  yag  Eyxxr]Gi[v] . .  . 
6  . . .  [da7t]6vÖEL  xai  dixag  €%e[iv]  ...  7  ...[oix]eiv  avxoig  sy  Tgv- 
vi[(o]...   8  [x]o}(xrjXiov  xg.  ...    9  oxsgov  evv 


Der  dialect  scheint  in  diesem  denkmale  sehr  verwahrlost  ge- 
wesen zu  sein :  die  formen  dixag  (ergänze  etwa  ngodixoig),  e'xsiv, 
olxeiv,  xwfxrjxwv  in  z.  6  ff.  sind  sämmtlich  nicht  mehr  äolisch. 
An  eine  Wiederherstellung  der  inschrift  kann  bei  der  unge- 
nügenden grundlage,  welche  die  publication  derselben  bietet, 
nicht  gedacht  werden;  ich  habe  mich  daher  begnügen  müssen, 
die  betreffende  nummer  aus  dem  Mova.  einfach  wieder  zu  geben. 

D.    Unbekannten  Ursprungs. 
(64)     Ehreudecret  für  die  Lampsakaner  und  den  richter  Danio- 
kreon  aus  Lampsakos.     Gefunden   in  Lampsakos.  CIG.  3640. 

a)  Abschr.  M.    b)  II. 


Die  inschriftlichen  denkmäler  des  äol.  dialects.  163 

Z.  1 — 5  unlesbar.  6  [ds]dox&ai  zw  ddfiw  '  ETtEiörj  zw  6-  a) 
[dfiw  xpacpiooafi-]  7  [e]vw  dixdozav  fCEzanEfcxpao&ai  [iy  ytafi- 
ipdx-]  8  [w  jL\afi\pdxavoi  sovzsg  afifa  ovyyi[vEEg  xai  evv-]  9 
[oo]i  idfi  itdoav  (lies  itcuaav'i)  InifcEXEiay  xai  07iovd[av  tiol- 
r)fc]  10  b\))vol  drtsozEXXav  dvdqa  xdXoy  xdya[ß-ov,  Jafi-~\  11  o 
xqsovza  Ztfvwvog,  og  xai  TcaqayEvofCEv^og  zaig~]  12  dixaig  iöl- 
xaoos  T<xt[g]de  xai  öleXvoe  Xowg  x[ai  öexal-]  13  tog  xai  xaz- 
zoig  vofioig,  ETiovr]oazo  de  xai  zdv  [g/rtda-]  14  ///ay  xat  xa&3- 
oy  xalqov  sdlxats  xai  deps&Eig  £vxöofi[wg  xai)  15  dt-iwg  dficpo- 
zigav  zäu  itoXLwv  -  htaivEoaai  feive)  z[bv]  16  däfcov  zdv  yiafi- 
xpaxdvwy  xai  ozEcpdvwoai  ev  zwi  dycovi  17  zwv  'HgaxXsiwv  dvay- 
yiXXovzog  zw  xdgvxog,  bzzi  6  öäfi-  18  og  azEcpdvot,  zbv  däfcov 
zbv  d)  yiafixpaxdvwv  d-noozEXX-  19  avza  öixdozay  xdXoy  xa- 
ya&ov  dgezag  s'vsxa  xai  ev-  20  voiag  rag  slg  savzoy  xQv(^ew 
OTEcpdvco  zw  evv6[/u-]  21  w '  EnaivEoaai  öe  xai  zbv  öixdozay 
xai  OTEcpdviooai  iv  22  zwi  dycovi  zwv  'HgaxXsiwv  dvayysXXov- 
rog  zw  xdgvxog,  oz-  23  zi  6  däfcog  azEcpdvoi  zbv  aTtoozdXsvza 
dixdozav  iy  ylafixp-  24  axw  Jafcoxgiovza  Zr]vwvog  öixdooavza 
zcclg  6i[x-]  25  aig  og&wg  aal  öcxaiwg  xai  xazzoig  vöfioig  dgi- 
zag  [e-]  26  vE~j.cc  xcci  svvolccg  zag  slg  savzov  ozsqpdvw  xgvoiw 
[zw]     27    [iv]vouw  '  zag   öe  dvayysXlag  e)   zcov   ozEcpdvwv    [im-] 

28  [fAJEXsiafi  7toirjoaofrai  zoi(g)  ozgazdyoig  •  irtagyEiv  ö[e  zw  6-] 

29  ixdaza  xai  ngo^Eviafi  fraget  za  tcöXei  xai  sepodov  [ekI]  30 
[z]dfi  ßoXXay  xai  öafiofi  fiszd  zby  yQrjf.idziOf.cov  31  [z]6fi  rtsgi 
twv  I'qwv  •  Ssl^ai  ds  xai  TtgigßEia  ev  zä  ex-  32  xXrjoia,  ogzig 
7zaqayEv6fiEvog  ngbg  yiafccpaxdvoig  [zo  z-]  33  s  ipdcpiofia  ano- 
dwosi  xai  dt-cdosi  rcoiijoao&ai  zd[v  dv-]  34  ayysXiav  zcov  azscpd- 
vcoy  xai  rcaq  iavzoig  ev  zo[lg  Jt-\  35  ovvoloig  xai  Iva  dvayqd- 
(prj  zb  ipdcpiofia  zovzo  [slg  o-]  36  zdXav  Xsvxco  Xi&co  xai  dvazE&rj 
ev  zw  E7iicfi[avEOxd-\  37  zw  zonw  •  %€tpoToV^ffat  öi  ev  za  sx- 
xXr][ola  icpoöc-)     38  ov  zw  nQEoßsvza.     Der  rest  unsicher. 

Das  alter  ist  nicht  zu  bestimmen;  für  Boeckh's  bemerkung 
„vix  ille  saeculo  ab  Alexandro  M.  primo  inferior"  fehlt  jede 
stütze.  Die  inschrift  enthält  allerdings  gute  formen  (EÖlxaoos, 
ETialvEoaai  !),  ozzl),  aber  noch  mehr  schlechte  {nagd,  etzi- 
fUEXsiav,  dvd,  XQv°fiw,  tioXel,  ogzig,  diovvoioig);  sie  bezeichnet 
das  i  im  dat.  sg.  der  1.  und  2.  declination  fast  nie,  und  schreibt 
xa$  oy  xalgov  zum  zeichen,  dass  die  psilosis  erschüttert  sei. 

Z.  9.  10  ist  die  ergänzung  {7toi£vfi)\\£voi,  die  Boeckh  und 
natürlich  auch  Cauer  hat,  durch  noir]fiEvoi  zu  ersetzen. 

Z.  31  TCQEgßsia:  vgl.  rtosifcsvog  No.  57,  8. 

Z.  33  d^idoEi:  auch  belegt  a.a.O.  z.  5;  über  das  präsens 
siehe  daselbst.  F.  Bechtel. 

a)  Abschr.  JV.     b)  K.     c)   YHV.     d)  M.     e)  ctvayyeXifoaa. 
*)  Darum  darf  man  auch   nicht  ipcKfiaa/uivo)  ergänzen,    wie  Boeckh 
in  z.  6  hat  (Cauer  macht  sogar  xpri^iaafiivw  daraus). 


64 

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166 


A.  Fick 
Zum  schwä  im  Griechischen, 


In  meiner  abhandlung  „Schwa  indogermanicum"  (o.  III. 
157)  sind  einige  formen  des  schwä  im  Griechischen  übergangen, 
welche  ich  hier  nachtrage. 

1.  Im  Griechischen  kann  e  als  schwä  (e)  auftreten,  wenn 
eine  silbe  durch  metathese  erleichtert  wird ;  es  kann  also 
qs,  le  für  geschwächtes  sq,  eX  eintreten.  Bereits  Mahlow 
Die  langen  vocale  etc.  s.  5  hat  das  e  in  geXto,  qltß  {—  fQedja) 
als  schwä  erkannt,  aber  nicht  die  nötige  restriction  zugefügt. 
Man  vergleiche  nun  folgende  fälle: 

ccQSTrj,  äge-oxio,  ags-iiov ,  ctQiozog  :  skr.  rtd.  Die  verglei- 
chung  ist  nicht  ganz  sicher,  da  dgs-  auch  aus  vege-  entstanden 
sein  kann,  vgl.  ir.  nert  „valor",  skr.  sünrta  „fröhlich,  freundlich"; 

fge^a),  a-Q£x.Tog  :  zend.  verezya-,  got.  vaürkjan;  qektoq  = 
got,  (fra-Jvaürhts ;    ^* 

ßghag  „götterbltä"  ■:  skr.  mü'rti  „gestalt", 

7iQ£xvos  =  itqav.v6g  (Hesych.),  7t€Qxcc  „barsch"  :  skr.  prgni, 
ahd.  forhana  „forelle"; 

sq$*kqc  „rüderer"  =  e-Qs^zr^g  (qs  =  r)  :  \it."Wti  „rudern". 
Skr.  aritdr  scheint  =  Hanfe  zu  sein ;  sQstrjg  in  v7irjQ&Tijg  „die- 
ner"  ist  vollvocalisch  und  entspricht  Tlem  skr.  arati ;  \ 

tqsü),  argeoTog  gehören  zu  ters  lat.  terreo;  auch  lit.  trisz-  \ 
eti  „zittern"  hat,  wie  sein  sz  beweist,  schwä; 

/.is/ußlsTCci  (:  (.leXsi)  erkläre  ich  aus  /ne/LteXzai  und  nicht 
aus  *fiä(.ielxaL  (Bezzenberger  G.  g.  a.  1879,  s.  821),  weil 
sich  die  metathese  sonst  nicht  erklären  würde; 

"KiTtagog  =  ved.  srprd  „fett" ;  Xircagog  entstand  aus  ael- 
Ttegog,  ale7tegog  und  sein  erstes  e  ging  in  i  über,  indem  das 
e  von  rze.QO  nicht  wirkte  (vgl.  Bezzenberger  o.  III.  136),  also 
wie  vor  doppelconsonanz.  Vollvocalisch  stehen  neben  Imagog 
elTtog-  ekaiov,  ott.aQ  :  ved.  ""Söwa^TJ.  Schmidt  K.  zs.  21.  316) 
und  oX7trj  „salbgefäss"  :  got.  salbön; 

fglta  :  got.  vaürts;  vgl.  fgccda/jvor  ,  fgadit;  —  lat.  radix, 
{    wo  ebenfalls  schwä  vorliegt; 

>w-  y.qivo)  (aus  dem  das  v  in  xgi-To-g,  y.sv.QL-f.iivo-g  eingedrun- 
gen ist)  aus  *>uqvid,  xegvo)  :  cerno;  die  Schwächung  besteht 
auch  hier  in  der  metathese.     Vgl  lit.  skiriü,  skirtas. 

2.  Der  geschwächte  vocal  erscheint  nicht  bloss  hinter, 
sondern  auch  vor  den  labialen  und  flauten  als  v.     Findet  sich 


Zum  schwä  im  Griechischen.  167 

dieses  v  vor  x,  y,  %,  so  wird  dadurch  die  qualität  dieser  buch- 

staben  als  g-laute  bestimmt. 

'•■       älvKog  „salzig"  zu  äX~  „salz"  (älexog); 

d/naQvyr},  (.laq-pm^vy^   „Schimmer"  :  lit.  nttyeti  „flimmern, 
,    bmikßji,  funkeln"  zu  taaQ-/naiQü) .  ^S 

d/uagvooco  „schimmere"  :  got.  maftxgins ,  nhd.  morgen;  vv. 
skr.  nfdrici  „strahl"  (worin  %  ebenfalls  schwä  ist),  lit.  merkiu, 
merkti  „zublinzeln,  zuwinken  (mit  den  äugen)"; 

XaßQvooio  (Hesych)    zu  Idßqa^  laßQdyixrjg; 

Xdqvyi*  (für  Idgv^,  wie  cpdqvyl-  aus  älterem  cpagvlf)  „kehle, 
Schlund"  :  mhd.  slurc  „Schlund"; 

laxvooco  „klatsche"  zu  Idxat;  „klatschender  tropfen"; 

Xmog  aus  fXoxog,  durch  das  v  wird  die  qualität  des  x  als 
q  bestimmt,  vgl.  lit.  vllkas ; 

vv^  geschwächt  aus  nokt-,  lat.  nox,  lit.  naküs;  dieselbe 
Schwächung  liegt  vor  in  skr.  aktu  u.  a.  „nacht"  und  an.  ötta 
„früheste  morgenzeit"; 

vvf.icprj  =  skr.  ambä,  Bezzenberger  bei  Benfey  E.  de- 
rivate  d.  indog.  vb.  anbh  ss.  33,  62; 

fovvftcc  ist  die  geschwächte  form  zu  ovofxcc;  sie  erscheint  als 
mp&eff  im  irischen  antuet n-  „name";  >.      ^«^  v 

ovvl-,  -xog  „nagel"  --  lat.  unguis  :  vv.  ksl.  wga,  tioguti,  nfyi. 
natyd  (tiogho-s) ;  \  v  *-*^r     \    v  \ 

oqzv£,  foQTv£  „waclttel"  —  skr.  wktikä  (skr.  i  ist  schwä); 

TtTsqvGOü),  Ttxeqv^,  vgl.  ahd.  fedarabh,  skr.  z.  b.  ajina- 
patrikä  „fledermaus"  (hautflügler); 

oalvyrj  (Hesych)  =  aaldyrj,  oedayea)  „schwanken"; 

ortlv&Qct!;  ss  OTiivd-ccQvt;  „funke" ; 

oz6vv£  „zinke",  g.  axovvxog  ist  oxov~x,  zu  germ.  stengan 
„stechen";  vgl.  axdxvg  (px~v%vg)  und  ahd.  vv.  stingil ; 

avxvög  „dicht"  zu  adxxco  adt-cu,  wie  lat.  frequens  zu  far- 
cio;  vv.  svek. 

zvrtrj  (—  x^rtr])  ist  aorist  zu  ksl.  tepq  „schlage";  xoitog 
zu  tepq,  wie  q>6gog  zu  qtsqio,  wird  ursprünglich,  wie  nhd.  fleck 
und  lat.  plaga,  „schlag"  bedeutet  haben. 

An  beispielen  für  die  Vertretung  des  schwä  durch  v  hin- 
ter labialen  und  q-  lauten  gebe  ich  noch:  ovqco  „fegen"  :  aaiqta 
„fegen",  ddqov  „besen"  (sver-);  ßvrtxa)  dial.  =  ßdnxta  {ßiit- 
xdtta  zeigt  das  vollvoc.  t  =  s  vor  doppelconsonanz) ;  Ttvlrj 
,thor"    zu    skr.    pur    „bürg",    go-pura    „stadtthor" ,    lit.   pilis 


168 


A.  Fick     Zum  schwä  im  Griechischen. 


„schloss"  (TtToltg  zu  lat>q/o;  in-qiüliniis)  ;  f.ivorov  „beere,  myr- 
tenbeere"  :  f.i6qov  „beere";  pvd-og,  'ßvaäng  zu  ßtd-qnv,  ßöd-gog 
lett.  bedu  „grabe".  Ebenso  werden  !-ito  (t-eo-oe)  und  l&xa  (gvo- 
toq)  zu  verbinden  sein. 

3.  Anlautendes  a  ist  im  Griechischen  nicht  nur  die  schwa- 
form  der  vollvocalischen  silbe  ve-,  vo-  (wie  in  d-  :  vrj-,  a^ifxeg  : 
Wtf)  sondern  auch  der  silbe  /.is-.  Man  vergleiche  die  erörterun- 
gen  von  Ahrens  Philologus  27.  254,  auf  die  ich  selbst  erst 
nach  Vollendung  dieser  arbeit  aufmerksam  wurde,  sowie  das 
folgende : 

dya-,  dyav  „sehr"  :  /.teya  „gross,  sehr"  =  an.  mjtik,  skr. 
tndhi  (Bezzenberger  o.  III.  174); 

ixya(.tm  „bewundern,  hochhalten"  :  skr.  mah  „verherrlichen, 
herrlich  sein"; 

dyctooao&ai,  dyalo/ucu  „beneiden,  zürnen"  :  fieyaigw  „be- 
neiden", TtEQirjiisxreto  „bin  unwillig"; 

aydllo/tiaL  „sich  erfreuen,  prunken"  :  /ueydlr],  (.uyalvveod-ai, 
skr.  mah; 

dleio  „mahlen",  dXavqov  „mehl"  zu  (.ivlrj  „mühle",  fidXev- 
qov  „mehl"  :  ir.  melim  „mahle",  ahd.  meto  „mehl"; 

&xqi,  dxQig  c.  gen.  „bis"  :  ftixQi,   /nhgig  c.  gen.  „bis".  *) 

Schwa  ist  auch  anzunehmen  in:  d/*7zlcueiv  (—  df.Ck~x£iv, 
basis  (.teXxs-);  v.o.lXt-  „schön"  :  skr.  gri ;  lat.  caleo  :  ved.  grtd 
„heiss"  ss  lit.  szllts;  f.iavevco,  äol.  /udry/ni  „suchen"  :  f.i£vaXXda), 
lit.  matyti,  ksl.  motriti  u.  a.  A.  Fick. 

Blandior. 

Blahdior  aus  glandior,  wie  blaesus  ans  glaesus  (Bugge  K. 
zs.  19,  43o%  gehört  zu  lit.  gal^n^u  fauch  gländu,  Br.  Pred.  Sah 
10,  10,  Ps.  7,  13)  „wetzen",  preuss?>/Za«(/s  „trotz",  glandint  „trö- 
sten"; vgl,  pa-glöstyti  (lett  glästtt,  poln  glaskac)  „streicheln"  und 
„schmeicheln".  A.  Bezzenberger. 

*)  [Hierdurch  sind  auch  folgende  Zusammenstellungen  gerechtfertigt: 

av&qwnog  :  fiiVxlqor]-  (fQovrlg  (Hes.),^ahd.  muntar  „expeditus ,  vigil", 
cech.  mudräk  (vgl.  ksl.  madrti)  „ein  verständiger'  (slav.  -akti  =  gr.  -w- 
no-g).     Vgl.  weiter  skr.  manu,   mdnus,  mdnusha,  got.  manna,  ksl.  ma%i ; 

(iQiGTSQog  „link"  :  v2q&€,  ivfyfjte,  umbr.  ^fhm^ero  „lrhk" ,  an.  nordhr 
(Bugge  o.  III.  105);  ^ 

lat.  nimbus  „regen,  wölke"  :  skr.  ämbhas  „wasser"  B.] 


A.  Fick     Germanische  labiale  aus  gutturalen  169 


Germanische  labiale  aus  gutturalen. 

Die  entstehung  germanischer  labiale  aus  gutturalen  und 
speciell  —  worauf  Bechtel  durch  eine  sehr  glückliche  bemer- 
kung  seiner  schrift  Ueber  d.  bezeichnungen  d.  sinnl.  wahrnem. 
s.  74  f.  hinwies  —  die  entstehung  von  germ.  p  aus  altem  g 
(nach  Collitz'  bezeichnung)  hat  sich,  wie  mir  scheint,  in  weit 
grösserem  umfang  vollzogen,  als  bisher  anerkannt  ist.  In  den 
folgenden  fällen  tritt  dieselbe  klar  zu  tage: 

As.  ahd.  fitm^  an.  bani  „mörder"  :  gr.  -yovog,  skr.  ghanä ; 
an.  guär  verhält  sich  zu  bani,  wie  skr.  hatd  zu  ghanä. 

Got.  fidvor  „vier"  :  lit.  keturi. 

Got.  fimf  „fünf"  :  lit.  penkl. 

An.  jarpr,  ahd.  erpf  „fuscus"  :  got.  riquis,  gr.  sQeßog. 

Got.  ''krQffl&^ßTufg"  :  gr.  xpwCw,  XQwyfwg;  vgl.  an.  hrök, 
ahd.  hruoh  „krähe".     ""*-- 

Got.  -Uf  in  tvalif  „  zwölf  "»jlit.  ^ika  in  dvylika. 

Ags.  pää\lih(\.  pfHdy-whQsffi  Sr-  ßaoiSy  ß<**og, 

zu  ßa  —  skr.  gä  „gehen". 

Got.  paidq,  ags.  pdd^tek^^eit  „rock,  lifcn&dß,"  :  gr.  ßccixrj 
„fellrbsk^" ;  ^runfrfiQrm  gaitä.         \  ^N.       **^x*"*N»w 

Mhd.  phwtkm,  nhd.  JctfrGkßn,  nod.  pbgge  „frctesh/' :  gX /?v3K 
rrjg  aveuog  „schnaubender  wind". 

Got.  {an2i-)praggan}  mhd.  phr engen  „bedrängen,  beengen"  : 
\\t.  grqzih  „drehen,  wenden,  kehren,  bohren";  vgl.  kreng  in 
kring,  kringel. 

As.  skäp,  nhd.  schaf  (germ.  skepa-)  stimmt  genau  mit  skr. 
chd'ga  „bock".  Hierzu  stellte  ich  früher  unrichtig  ksl.  koza 
„ziege",  das  zu  ags.  hecen  „zicklein",  mndd.  hoken,  huken  „böck- 
chen, von  ziegen  und  schafen"  gehört.  Skr.  chd-  weist  auf 
ursprüngliches  ske-  hin,  und  so  beruhen  skr.  chaga  und  germ 
skepa-  auf  derselben  grundform  :  skego-, 

Got.  slepan,  nhd.  schlafen  :  lit.  slygti,  shjgoti  „schlummern* 
deren  y  wol  der  e-reihe  angehört. 

Ags.  stapan  „schreiten" ,  ahd.  stamph,  stamfon,  nhd.  stam- 
pfen (früh  ins  Slavische  eingedrungen)  :  gr.  ovef-ißw  „treten, 
erschüttern",  lit.  stenktis  „sich  gegen  etw.  stemmen". 

As.  {ior-)sivipan  „verjagen",  mhd.  sweifen ,  sivifen  „schwin- 
gen, schweifen"  :  lit.  svaigti  „taumeln,  schwanken,  schwindeln". 

Heiträge  r..  kundo  <l.  ig.  sprachen.  V.  jo 


170 


A.  Fick 


Got.  paürp,  nhd.  darf :  ksl.  ti'ngn  ,, markt";  dazu  kann 
den  stadtnanien  ''Jtqci$  (g.  3!Ar^ayog)  stellen. 

An.  z^wyahd.  üpti,  nhd."»^  vgl.  ,got.  Tfyk,:  gr.  viptr-,  vipp- 
&sv,  cambr/>«<2^  lat._.ajjg*t{ffi/s , lit,  äwt&zßas;  dazu  auch  ags\- 
op««;  nhd.  o/f<?ra,  altes  part.  prät.  mit  deroedeutung  „erhöht, 
gehoben",  vgl.  lit.  närtus  atkelti. 

Got.  vahyan,  nhd.  werfen  :  ksl.  vrügq,  vreMi,  „werfen". 

Got.  ?;w?/s;  nhd.  icolf :  lit.  vtlkas,  skr.  pr'&a. 


Diese  etymologien  und  ferner  die  tatsache,  dass  innerhalb 
der  german.  sprachen  nicht  selten  fc-formen  neben  ^-formen 
liegen  —  vgl.  kriechen  :  kraufen,  hropjan  :  hrökr ,  tauchen  : 
taufen  (Scherer  Zgds.2  277  f.)  —  legen  die  vermuthung  nahe, 
dass  alle  germ.  p,  welche  nicht  auf  dergerm.  intensivbildung  beru- 
hen J)  und  nicht  mit  s  verbunden  sind  2),  aus  q  entstanden  sind. 
Gegen  diese  Vermutung  sprechen  weder  die  zweifelhaften  com- 
binationen  von  helpan  mit  skr.  kalp,  got.  bimampjan  mit  fidfi- 
q>o/.iai,  got.  vepna  mit  otiXov,  noch  der  umstand,  dass  ich  für 
manche  germ.  p,  wie  in  drepan,  dreupan,  skapjan,  die  Vorstufe 
g  nicht  nachzuweisen  vermag.  Viele  der  ein  p  scheinbar  in 
der  Wurzelsilbe  enthaltenden  wörter  sind  wol  zu  jung,  als  dass 
sich  ihre  reflexe  in  den  verwandten  sprachen  wiederfänden. 

A.  Fick. 


Zusätze.  Den  obigen  combinationen  erlaube  ich  mir  die 
folgenden  anzuschliessen : 

Ags.  firniß  engl,  psui  ,, wanne,  schwinge",  nordhumbr.  'fwe, 
fomtf&windfone,  windgefon  „ventilabrum"  neben  ahd.  hneunen 
„vibrare" ,  uuanna  „ventilabrum" :  lat.  vannere  „schwingen", 
vannus  „schwinge";  vgl.  Fick  o.  I.  335. 


*)  Wie  in  ahd.  crapho,  nhd.  hriippel  :  ksl.  gruba  ,, krampt"  ;  ags. 
clippan  „umfassen-'  (mhd.  llimpfm  „zusammenziehen")  :  lit.  fa\>-)gle'bti 
und  glöbti  „umfassen"  ;  ags.  hoppan,  nhd.  hüpfen  :  ksl.  ihfäßti  „springen"; 
ahd.  laffan  „locken"  ^.f?7wt<jj,  lat.  läntin^e;  ahd.  slaff,  nhaS schlaff,  an. 
slcppr  zu  ksl.  slabii  „schlaff". 

*)  Wie  in  :  ahd.  aspa,  mhd.  aspe,  nhd.  cspe  :  preusss.  abse  ,  lett. 
apsa,  poln.  russ.  osina  (=  opsina)  „espe" ;  as.  kosp  „fessel"  :  skr.  gushpita 
„verflochten";  „ahd.  hrespan  „raffen"  :  lat.  crispus:  ags.  vä'ps,  ahd.  iniafm 
„wespe"  :  lit.  r«/)»its^J)r>sa£e" ,  ksl.  osa  „wespe";  ags.  vlisp  „lispelnd". 
ahd.  lisptan  „blaesnm  esse"  (aus  vlip-s-)   :  lit.  velbejoti  „lispeln". 


Germanische  labiale  aus  gutturalen.  171 


An.  fölk,   nhd.  volk  :  lat.  vulgus ,   vgl.    skr.   Jcüla  „familie, 
gemeinde".  ^.  ^  / 

Ags.  getyan  ,^ch  rührrfajL   prahlen*Ss/bre-g<%^.w    „voHier 

das  grosse  woi\  führen",  gealp  ,, lautes  getön",  mhd.  gdph  „lau- 
tes   geschrei"  :  lit.    zrelgti    „plappern,    viel    schwatzen",    lett. 


fchwdlgsUt  „klingeln  (von  einem  Schellengeläute)". 

An.  gleypa  „hinunterschlucken",  norw.  gleypa  „gierig  fres- 
sen", glupa  „schlucken,  schlingen,  nach  etwas  schnappen" 
(Aasen),  schwed.  glupa  „begärligt  sluka"  (Dalin),  engl,  gulpf 
dial.  gulk  :  lit.  zlwjauii  „schluchzen". 

Ags.  heäp,  engl,  heap,  as.  höp ,  ahd.  houf,  nhd.  hänfen; 
mndd.  hupen  „häufen"  :  lett.  käudfe  „ein  grosser,  runder  korn- 
oder  heuhaufe",   lit.  kügis  „grosser  heuhaufen". 

Norweg.  hempa  „angesetztes  band  oder  schleife,  etwas  da- 
mit zu  knüpfen  oder  aufzuhängen ;  auch  haken,  klammer" ;  ahd. 
haspa,  nhd.  haspe  „türband"  neben  ahd.  hako,  ags.  haca  „haken", 
an.  hönk  „handhabe"  :  gr.  y.6f.ißog  „band,  schleife",  lit.  kenge 
„die  klinke,  krampe  an  der  tür",  lett.  kahgsehe,  k'engsis  „feuer- 
haken";   vgl.  Bugge  o.  III.  103. 

Nhd.  humpen  „hinken"  (Grimm  Wbch.  IV.  2.  1908  f.), 
mndd.  humpeler  „stümper"  neben  ahd.  hincan,  nhd.  hinken  : 
gr.  oxd'Cto,  skr.  khanj  „hinken". 

Got.  hups,  an.  huppr ;  norw.  hupp  „tyndside  (imellem  rib- 
been  og  laar)  paa  dyr"  und  hump  „bjergknold"  (Aasen);  ags. 
hype,  engl,  hip,  ahd.  huf  „hüfte" ;  nhd.  humpen  :  gr.  xvßog  „Wür- 
fel, die  höhlung  vor  der  hüfte  beim  vieh",  y.vf.ißrj  „höhlung,  ge- 
fäss",  skr.  kujati  „krumm  sein"  (?),  kunja  „grotte"  (?). 

Mndd.  knöp  „knoten,  knöpf,  knauj",  knuppe  „knospe",  ahd. 
hipph  „knöpf",  clinuphjan  „nectere"  :  lett.  fchndugt  „zuschnüren, 
knebeln,  ausringen",  fchndugs  fchnäuga  „schlinge,  würgzaum"  1). 

Ags.  limpan  „evenire",  ahd.  limphan  „convenire",  gilumph- 

J|A_;,opportunus" ,   lappa   „läppen",   an.   läpp,   ahd.   laffa  „pal- 

mula"neben  agsT  7fft*e««.  ^fassen,  ergreifen,  herbeilangen",  mhd. 

ge-lücke,   nhd  glück  :  gr.    Xa^ißdvio   neben   XdCof.iai  (  =  *\ayio- 

(.tai),  loßog  u.  a.  „schote,  hülse",  Xößm  ■   xslgeg  (lies.),   olßog 

*)  Dagegen  gehurt  lit.  gnauiu  (gnauSzti)  „mit  der  hand  bedrücken,  be- 
fassen" zu  mndä.'faiucke  „ein  zusammengedrehtes  bäudel  flachs'';  ßiujke, 
nhd.  knochen;  ^""    *^^  j^-r1' n?ftTilfcC]j  passen,  Klfcqnhen"  u.  s.  w.  uncK 
lit.  (jnüyrrimu .(begriff!.  =  rfnquzu)  gehört  zu  an.  knülr,  ahd".  chnorh,  nmdd. 
knHite,  kmkt^  nhd.  knqfon.     vjffc*  weiter  an.  knyja  „stossen,  schlagen". 


172 


A.  Fick 


„glück";  lat.  legumen  „hülsenfrucht".  Ahd.  limphu  entspricht 
dem  für  l'laßov  vorauszusetzenden  praesens  ^X^ißio;  das  rp  in 
el'lycpa  entspricht  dem  %  in  oqLoqiiaxai.  ^ 

>CI       Agsri^JWr'TjGiister,  1 1  iiliiTTn<V  v^p^a-Wküuüi  „betrübt 
werden'"  :  lat.  ntger  „schwarz". 

Norweg.  prunke  „prunken,  prangen",  schwed.  prunka  das., 
mndd.  prank  „gepränge,  prunk",  prangen  „prangen,  prunken", 
mhd.  prangen  (orangen)  „prange,  ziere  mich,  prahle":  lit."  gra- 
zi*s  „schön",  grnziia  „zier,  prunk",  lett.  grefns  „prächtig,  ge- 
schmückt, prahlerisch",  grefbkutis  „sich  stolz  gebahrden". 

Ags.  prica  „punkt" ,  nordhumbr.  pricle  „apex" ,  pjriccle 
„l£7tTog" ,  engl,  prick,  an.  prik  „a  prick",  prika  „to  prick", 
mhd.  pricke  „stimulo",  mndd.  pricke  „spitze,  Stachel",  pricken, 
„stechen,  stacheln"  :  altlit.  graisztas  „säge",  (8ip-)greszti  „schnei- 
den", lett.  grht,  graifü  „schneiden".  ^ 

Ags.  "pfoft^  „hochmut",  pnä  „stolz",  nhd.  prbteiki  :  ksl. 
grüdü  „superbus",  grüdosti  „superbia". 

^An.")frM£S  „tasche"  (Möbius),  piissa „eunnus"  (Cleasby-Vig- 
fusson);  ags".  pitSfr^ranzen" ,  qepose  „gravedö,  dolor  capitis", 
engl,  pose  „schnupfen";  mndd.  find  „polster,  gestopftes  küssen"; 
iindit  jjffi^/uiiu^Y",  ah<£^pku§o,  mhd.  phose 7itm»teJ"  :  gr. 
ßvto  „stopfen"  (ßeßvof.iivog  tijv  glva),  dessen  früherer  gutturaler 
anlaut  durch  das  perf.  tißvtai  (Lobeck  Rheni.  86)  bezeugt  wird. 

An.  ropa  „to  beleb ,  metaph.  of  the  ptarmigan's  voiee", 
ropi  „a  belch",  rjüpa  „a  ptarmigan"  neben  ags.  >&c£tan  „rülp- 
sen" :  lit.  (at-si-)rükti,  raugti  „aufstossen",  lat.  (e-)r.24@jere,  eruc- 
tare,  gr.  sQ&vyofiai. 

Ags.  rimpan  „zusammenschnurren,  sich  in  runzeln  legen", 
mndd.  rimpen  „rimpfen,  runzeln,  falten",  ahd.  rimfan  „rümpfen, 
runzeln",  rumfunga  „runzel"  (vgl.  J.  Schmidt  K.  zs.  25.  103)  : 
lit.  ringoti  „krümmen,  kräuseln". 

Ags.  seräpan  „schrapen,  kratzen",  engl,  scrape,  an.  schwed. 
skrapa,  norweg.  skrapa  „skrabe,  kradse,  knirke",  mndd.  schra- 
pen „(mit  geräusch)  schaben,  kratzen":  skr.  kharj  „knarren", 
kharju  „das  jucken,  beissen,  kratzen",  khargdld  „eule,  oder  ein 
anderer  nachtvogel". 

An.  slapa  „to  hang  loose  as  a  Aap",  norweg.  slapa  „her- 
abhangen, sich  herab  biegen",  ahd.  slaph  „schlaff,  schlapp", 
mndd.  slap  das.  neben  an.  slakr  „schlaff,  locker",  ags  sleac 
„faul,  nachlässig",  släc  „langsam,  leise",  engl,  slack,  ahd.  sla/t 


Germanische  labiale  aus  gutturalen.  173 

„schlaff";  an.  slakki  „abhang",  mndd.  slank  „nicht  fest,  bieg- 
sam", ahd.  schlank;  an.  slok  „mühlenschleuse",  norweg.  sloka 
„schwerfällig  und  schleppend  gehen"  u.  s.  w. :  gr.  Xayydtio 
„lange  machen,  zaudern,  zögern",  Xayaqög  „hohl,  eingesunken, 
schmächtig",  laytov  „jeder  hohle,  lere  räum",  Xqyto  „aufhören, 
nachlassen",  a-XXrjXTog  „nicht  ablassend",  lat.  laxus  „weit, 
locker,  offen",  languor  „mattigkeit,  Schlaffheit";  vgl.  Fröhde 
o.  III.  15  f. 

Ags.  sleopan  „schlüpfen,  gleiten",  to-sleopan  „zergleiten", 
got.  {u{-)sliupan  „einschlüpfen"  :  lit.  slugti  in  atslugti  „abneh- 
men, sich  setzen  (von  e.  geschwulst)",  lett.  schlavgans  „einge- 
schrumpft, los,  locker,  schlaff". 

Norweg.  snerpa  „eintrocknen,  zusammenschrumpfen,  hart 
oder  schrumpfig  werden"  =  snerka;  an.  snarpr  „rauh,  scharf"; 
ahd.  snerfan  „zusammenziehen",  mhd.  snerfen  „einschnurren, 
zusammenziehen"  und  ahd.  snerhan  „illaqueare,  complecti", 
snaracha  „tendicula",  bair.  schnurkeln  „schrumpfen"  :  lat.  nervas 
(aus  *nergvas;  oder  nercvus,  vgl.  ags.  snear  „saite,  schnür"?). 

Norweg.  snop  „leckereien" ,  snopa  „naschen,  schnökeren" 
neben  snoka  „schnoberen",  snaka  =  dän.  snage  „nach  leckereien 
suchen",  mndd.  snopm,  snoperen  „naschen",  ndd.  schnökeren, 
nhd.  dial.  schnucken  :  gr.  vcoyaka  „näschereien",  vixraQ;  vgl. 
Bugge  in  Curtius'  Stud.1V.  337,  Fick  o.  I.  &2.~ 

Schwed.  shpa  „kehren,  fegen",  sopa  „kehrwisch",  norweg. 
^Swpct  »/egen,  abwischen;  davon  eilen,  laufen",  sopa  „ein  wisch 
zum  abfegen,  ein  kehrichthaufen",  sopyr  „ein  derber  mann,  der 
um  sich  zu  fegen  versteht",  an.  sopa  „fegen" ;  ags.  svdpan  „keh- 
ren", engl,  sitmp  :  gr.  aoßko  „scheuchen,  verjagen",  aoßaqog 
„schnell,  flüchtig,  eitel,  prächtig",  ooß>]  „pferdeschweif". 

Ags.  steäp  „hoch,  hervorragend",  stepan  „aufrichten,  erhö- 
hen", mndd.  stupe  „säule  oder  pfähl,  woran  ein  Verbrecher  ge- 
bunden wurde,  der  verurtheilt  war,  öffentlich  mit  ruten  gezüch- 
tigt zu  werden"  =  altfries.  stupa  „stäupe";  ahd.  stauf  „rupes, 
saxum  ingens"  :  lit.  stugti  „steif  in  die  höh  erstellen". 

Nhd.  sterben,  'an.  starf  „arbeit",  starfa  „sich  abmühen", 
stt/rfinn  „laboriosus",  stjarfl  „epilepsie"  :  lit.  sergu,  sirgti  „krank 
sein,  leiden".  —  Das  t  in  sterben  u.  s.  w.  stammt  aus  den 
schwachen  perfectformen  (sturb-  =  s'rg-  —  lit.  sirg-). 

Mndd.  stripe  „striga,  streifen",  stripet  „gestreift",  strippe 
„strippe";   norw.  stripa  „stribe,  streg",  strippe  „kleiner  eimer"; 


<. 


174  A.  Fick 


schwed.  stripa  „streif,  riss";  engl,  strip;  mhd.  strife  „streif", 
strifeht  -—  norw.  striputt  neben  got.  striks,  ags.  strica  „strich", 
ahd.  strihhu,  mhd.  striche,  nhd.  streichen,  stricken  :  lat.  stringo, 
striga,  strix  i). 

Mhd.  strumpf  „stumpf,  stümmel"  (zagelstrumpf  „stumpf  ei- 
nes Schwanzes"),  mndd.  atrump  „stumpf,  stummel,  halbjjose  (d. 
i.  gestuzte  hose),  strumpf",  norweg.  sff^y^,kle1fte6^efäss7vtte*- 
ubere  teil  der  hose"  neben  mhd.  strunc  „Strunk",  mndd.  Strunk 
„Stengel  eines  grösseren  krauts,  bildl.  der  strumpf  ohne  votlink", 
an.  strokkr  „butterfass",  norweg.  strokk  (dial.  stropp)  „butter- 
fass,  tonne"  :  lit.  strungas  „gestutzt,  mit  gekapptem  schwänz", 
strugas  „kurz,  schwach,  knapp". 

Ahd.  stumph,  mhd.  stumpf,  mndd.  stump  1)  „stumpf,  ver- 
stümmelt" 2)  „der  stumpf",  norweg.  stump  „brodknust",  schwed. 
stump  „stumpf,  stümmel"  :  lit.  stüngis  „ein  messerstumpf",  lett. 
stugis  „ein  messerstumpf,  ein  roggenhaufen"  (Ulmann),  „was  zu 
,  klein  ist,  z.  e.  der  rest  von  einer  messerklinge  oder  von  einem 
.  gestutzten  pferdeschweif,  it.  ein  kleiner  knürpel  vom  menschen" 
ästender). 

Ags.  säpan  „trinken,  aufsaugen","  an.  süpa  „schlurfen,  trin- 
ken", ahd.  süfan  „trinken,. saugen,  schlürfen",  nhd.  saufen,  suppe 
neben  ags.  subtm  „sättgen",  engl,  sfo«&:  lat.  sügere  „saugen". 

An  das  vorstehende  knüpfe  ich  noch  zwei  bemerkungen  an : 

1)  Ficks  meinung,  dass    manche  der  scheinbar  in  Wurzel- 
silben erscheinenden  p  jung   seien ,  findet  bestätigung  durch  as. 
driopan  „triefen",  mhd.  schimpfe  „scherze",  got.  raupjan  „aus- 
kaufen",  trimpan    „treten",   greipan    „greifen"  (zu  trennen  von 

ahd.  as.  garba,  nhd.  grabschen,  skrt2£*&A/  vgl.  Ebel  K.  zs.  4. 
170),  verglichen  mit  as.  drör  „triefendes  blut",  an.  skemta  „ver- 
gnügen", lit.  \rduti.  gr.  do6juo$t  lit.\  $reti  CNesselmann  Wbch. 
s.  268;  vfchgrieia  ghie  dide  daugibe  ßuwu  Willent.  EE.  91,  Bret- 
ken  Post.  II.  272,  Wilnaer  post.  v.  j.  1600  s.  508),  zu  dem  sich 
lit.  gr'eibti  „greifen"  (verschieden  von  grebt  „harken"),  *p$si<pc 
(ysyQupioq  *  6  zeug  xeqoiv  äXievcov  lies.,  vgl.  yglrtog,  aygeccfva) 
ähnlich  "vfer-halten,  wie  lit.  dirbti  zu  daryti. 

2)  Als  germanische   Vertreter  der  alten  ^-reihe  kennen  wir 
q,  hv,  gv ;  p,  f,  b ;  k,  h,  g.     Von    ihnen   erscheinen  gerade  die 

*)  Dagegen    lett.  slriiga  „lichtstrahl" ,    strugairisch  „streifig"   gehören 
zu  an.  strjüka,  strykr. 


Germanische  labiale  aus  gutturalen.  175 

letzteren  vielfach  vor  a  und  dunkeln  vokalen ;  vgl.  Holt/mann 
Ad.  gram.  I.  2.  63,  Kluge  Beitr.  z.  gesch.  d.  germ.  conjug.  s. 
43  f.  l)  und   weiterhin   die  folgenden  Zusammenstellungen : 

Got.  hveila  „weile";  an.  hvüa  „bett";  as.  ahd.  lutnla,  ags. 
heile  „weile"  :  gQ£.  hditus  „dorf";  ai?h-^#MW^ahd.  heim,  as.  Mm, 
a^s.  hat*  „heimat";  lit.  k&tjms  ; 

got.  qairnus,  an.  kvern,  aM.  quirn,  as.  querna,  ags.  eveorn 
„mühle"  (lit.  glrnos,  poln.  zarna)  :  got.  kaum,  an.  as.  körn, 
ags.  cw«,  ahd.  chorn  „körn"  2); 

ahd.  quellan  „quellen"  :  an.  kehla  (=   *kalida)  „quelle"; 

as.  quena,  quän  „frau",  got.  qinö,  qens,  an.  kona,  kvdn,  ags. 
evene,  even,  ahd.  quena  (ßavd,  yiyvoftai)  :  as.  kennian  „erzeu- 
gen", ags.  cennan,  ahd.  ga-chennan  und  as.  kunni  „gesehlecht", 
got.  M,  ahd.  chunni,  ags.  eyn,  an.  %«/  »^ 

ahd.  queran  „gemere"  :  ahd.  chara  „klage",  got.  as.  kara, 


ags.  cearu; 

ahd.  hadara  :  lett.  kankars  „lumpen",  skr.  kanthä; 

ahd.  hahsa,v&i<\.  Hesse  :  skr.  kdksha,  lat.  co;ra,  lit.  kiszka ; 

got.  hßidus,  an.  Äe/cfr',  ags.  Aot/,  engl.  -Aoo^'ahd.  Ae#-:  skr 
kety/; 

got.  ä«?7s,  an.  heul,  ahd.  //e*7,  as.  ft#;  ags.  hol  :  preuss. 
*kails,  ksl.  (?e/w; 

got.  ä«m«;  an.  hani ,  ahd.  Äawo,  ags.  hana  :  skr.  kvänati ; 

got.  häuhs,  as.  ahd.  &<?&,  ags.  Aea'Ä,  an.  /?«/*;• :  bulgar.  kukü 
„uneus";  . 

i^&n^  haulf,  ahd.  hola  :  gr.  xaA^,  ksl.  &^a  ; 

as.  hauwan,   ags.  hedvan,    ahd.  houivan,    an.  höggva  :  ksl. 

ahd.  Äotw  :  lit.  kuprä ; 

got.  kaürs  :  gr.  ßaqvg; 

as.  /i'ö,  ags.  cw>- ahd.  c/mo;  an.  &#/•  :  lett.  */&w>,   gr.  /¥oigj 

an.  M/V-,  ahd.  cholbo  :  gr.  ßolßc'g,  lat.  (//oi^.s-  (?  s.  Fröhde 
o.  I.  332);  v     v 

asr*fee«ft,  vags.  rtsps  „fessel" ,  ahd.  d/ojf  „nöxus",  chehisa 
„kebsc"  (ursprüngl.  „sklavin",  vgl.  Weinhold  Altnord,  leben 
s.  248)  :  armen,  kapel  „capere"; 

1i  Got.  qrammipa,  das  Kluge  Schwierigkeiten  macht,  will  Peters 
in  gufrumipu  ändern. 

2)  Davon  zu  trennen  kern,  das  zu  lit.  zirnis  u.  s.  w.  gehört;  s.  J. 
Schmidt  Voc.  II.  24. 


•v> 


176  Leo  Meyer 


an.  skarn,  ags.  scearn  :  ksl.  skvrüna; 

ahd.  skart-,  mhd.  schart  :  ksl.  skrada,  skvrada. 

Die  hervorgehobene,  beim  ersten  blick  etwas  befremdlich 
erscheinende  tatsache  ist  hiermit  genügend  bezeugt;  die  einzige 
möglichkeit,  sie  zu  erklären,  besteht  in  der  annähme,  dass  wäh- 
rend einer  gewissen  zeit  der  germanischen  Spracheinheit  o  an 
stelle  des  späteren  germ.  a  stand,  und  dass  innerhalb  derselben 
v  vor  dunkeln  vocalen  schwinden  konnte,  vgl.  Möller  Engl. 
\J  stud.  III.  153.     Bestätigung  findet  diese  annähme  an  got.  ä&nris, 

ags.  esn«,„söldner",  altnordhumbr.  <mnef  wsnemon  „mercenarius", 
es'M..  „servus",  afries.  eshq^  „lohn",  as.  -ß&iia  „zins",  ahd.  asni,  as- 
nm:i  „mercenarius"  (verschieden  von  arnari  „messor" :  got.  asans, 
SLU.ofon,,  lat.  umwtmfmk.  Froh  de  o.  I.  329)  und  got.  tuggö,  an.as. 
tunga ,  ags.  tunge,  ahd.  zungä ,  die ,  verglichen  mit  skr.  tiefend 
„kaufpreis,  lohn",  gr.  tovog  „kaufpreis,  bezahlung",  lat.  venum 
„verkauf'  und  lat.  Lingua,  ksl.  jqzykü,  preuss.  infuwis,  lehren, 
dass  im  Germanischen  v,  auch  wenn  es  nicht  bestandteil  eines 
^-lautes  war,  vor  a  und  6  bisweilen  —  d.  h.  wol  da,  wo  es  nicht 
durch  den  „systemzwang"  festgehalten  war  —  geschwunden  ist. 
Freilich  kann  a  —  wie  z.  b.  das  Altnordische  lehrt  —  diesen 
Verlust  nicht  herbeigeführt  haben;  er  begreift  sich  eben  nur 
unter  der  Voraussetzung,  dass  o  dem  a  vorausging  und  dass 
er  vor  der  Verwandlung  von  jenem  in  diesen  laut  stattfand. 

Die  besprochene  tatsache  liefert  uns  also  den  beweis  dafür, 
dass  wirklich  —  was  oft  ohne  beweis  behauptet  ist  —  das  ger- 
man.  a  —  nicht  durchaus,  aber  vielfach  —  aus  o  entstanden  ist. 
Aber  sie  bietet  zugleich  noch  mehr,  nämlich  eine  nicht  zu  ver- 
achtende handhabe  zur  sprachgeschichtlichen  gruppierung  gewis- 
ser germanischer  lautverwandlungen  —  Übergang  von  schwä  in 
u  (Möller  a.  a.  o.  s.  164);  Verwandlung  der  flaute  in  p-  und 
Ä;-laute ;  umfärbung  von  o  in  a  — ,  und  wer  weiss,  ob  sie  uns 
nicht  auf  den  richtigen  weg  zur  erklärung  der  zuletzt  von  J. 
Schmidt  K.  zs.  25.  178  hervorgehobenen  wurzelpaare  vardh- 
ardh,  vas-as  u.  s.  w.  führen  wird.  A.  Bezzenberger. 


Cliens. 

Ritschi  giebt  Plautus'  Miles  Gloriosus  3,  1,  194:  Habeo 
eccillam  meam,  clientam,  meretricem  adidescentulam,  wobei  clien- 
tam    meretricem    ausdrücklich  als   lesung   des   ambrosianischen 


Cliens.  177 

palimpsests  bezeugt  wird:  Fleckeisen  schreibt  gegen  alle 
handschriften  .  .  .  cluentam  .  .  . 

In  den  beiden  Menaechmus  giebt  Ritsch  1  573  cluentis  ge- 
gen das  clientis  aller  handschriften  und  588  cluens  gegen  das 
cliens  aller  handschriften;  vers  575  schreibt  er  cluentum  und 
vers  577  cluens  und  daneben  bezeichnet  er  die  handschriften, 
die  dort  clientum,  hier  cliens  bieten:  dabei  bleibt  nur  der  am- 
brosianische  palimpsest  ungenannt. 

Unseres  wissens  ist  ein  älteres  lateinisches  cluens  an  der 
stelle  von  cliens  sonst  nicht  bezeugt;  es  steht  also  in  der  Über- 
lieferung auf  sehr  unsicherem  boden  und  die  ratio,  von  der 
Ritsch  1  im  vor  wort  zum  Trinummus  (seite  LX  der  ersten  aus- 
gäbe) handelt,  wird  aushelfen  müssen. 

Cliens  wird  in  nächsten  Zusammenhang  mit  dem  lateini- 
schen cluere  und  eitlere  und  dem  griechischen  nlveiv  gebracht, 
müsste  darnach   also   aus  älterem  cluens  hervorgegangen  sein. 

Corssen  versucht  den  angenommenen  lautübergang  in  der 
zweiten  ausgäbe  seines  bekannten  Werkes  über  die  ausspräche 
und  den  vocalismus  des  lateinischen  (seite  740)  näher  zu  be- 
gründen. Er  sagt,  dass  in  cliens  i  aus  ui  verschmolzen  sei, 
dass  cliens  nämlich  für  cluiens  stehe  und  neben  cluere,  wie  ca- 
piens  neben  capere,  dass  cluere  aber  eine  spätere  bildung  neben 
cluere  sei.  Die  letztere  behauptung  ist  aus  der  luft  gegriffen, 
ferner  enthält  cliens  durchaus  nicht  das  angesetzte  gedehnte  i, 
wie  ein  solches  auch  überhaupt  den  verben  der  classe  capere 
(aus  capjere)  nicht  zukommt.  Das  ohne  nähere  begründung 
von  Corssen  construirte  clu-iens  hätte  nach  bekannten  latei- 
nischen lautgesetzen  in  späterer  zeit  nur  mit  verlust  des  innern 
i  zu  cluens  werden  können. 

Corssen  vergleicht  (seite  739)  fio,  das  aus  fuio  entstanden 
sein  soll.  Solches  fuio  ist  indess  wieder  eine  missrathene  form. 
Wenn  aber  auch  fio  sich  wirklich  unmittelbar  an  (pvw,  äolisch 
qwlto  anschliessen  —  wie  doch  noch  von  vielen  bezweifelt  wird 
—  und  aus  fujo  oder  füjo  entstanden  sein  sollte,  würde  der 
vergleich  für  ein  aus  cluiens  entstandenes  cliens  doch  ganz  un- 
zutreffend sein,  da  fio,  fiam,  fiebam  stets  und  formen  wie  fie- 
rem  und  fiere  und  fieri  wenigstens  in  der  älteren  poesie  noch 
öfters  gedehntes  inneres  i  haben. 

Weiter  zieht  Corssen  (seite  739)  inciens  „schwanger"  zum 
vergleich  heran,   dessen  enger  Zusammenhang  mit  dem  griechi- 


178 


Leo  Meyer 


sehen  kveiv  und  später  aueh  Kveiv  „sehwanger  sein"  und  also 
auch  mit  syxvog  „schwanger"  in  der  that  nicht  zu  bezweifeln  ist. 
Wieder  aber  ist  unrichtig,  dass  in  indem  ein  inneres  i,  von 
dem  hier  gar  nicht  die  rede  sein  kann,  durch  Verschmelzung 
eines  wurzelhaftem  u  mit  gedehntem  ?,  welches  letztere  auch 
wieder  rein  willkührlich  angenommen  ist,  entstanden  sein  soll. 
Dass  indem  etwa  aus  ineuens  hervorgegangen  sei,  ist  nicht  zu 
beweisen.  Im  altindischen  entspricht  eine  verbalgrundform  cvä 
oder  gvi  „anschwellen"  mit  dem  präsentischen  cvdjati  „er  schwillt 
an"  (Rgvedas7,5, 1 :  vi-gväjut  „anschwellendes"):  darnach  könnte 
indem  sehr  wohl  für  inqviens  stehen  und  das  v  neben  seinem 
guttural  eben  so  gut  verloren  haben,  wie  zum  beispiel  canis 
„hund"  neben  dem  entsprechenden  altindischen  cvdn-,  dem  grie- 
chischen xvtov. 

Wenn  Corssen  weiter  noch  seine  behauptung,  dass  lateini- 
sches 1  aus  ui  entstehen  könne  (mit  der  er,  wie  wir  sehen,  diens 
zu  erläutern  meint)  durch  industria  und  industrius,  die  aus 
industruia  und  industruius  entstanden  sein  sollen ,  und  durch 
postilio,  das  er  „sühne"  übersetzt  und  aus  postiluio  hervorge- 
hen lässt,  zu  stützen  meint,  so  mag  das  nur  noch  kurz  als 
curiosum  angeführt  sein. 

Otto  Bechstein  glaubt  in  den  von  Georg  Curtius  her- 
ausgegebenen Studien  (8,  348)  das  entstehen  von  cliens  aus  einem 
alten  duens  durch  formen  wie  inditus  (aus  inclutus),  maximus 
(aus  maxiimus),  manibus  (von  manu-),  gelidus  (aus  gelu-),  ver- 
siculus  (aus  versu-)  und  corniger  (aus  cornu-)  wahrscheinlich  zu 
machen,  die  aber  sehr  unglücklich  gewählt  sind,  da  sie  sich 
alle  dem  bekannten  lateinischen  lautgesetz  unterordnen,  von  dem 
im  ersten  bände  dieser  beitrage  (s.  143 — 162)  die  rede  gewesen 
ist.  Auch  der  vergleich  von  lubet  —  übet,  den  Otto  Bech- 
stein noch  beibringt,  reicht  durchaus  nicht  aus:  einmal  hat 
darin  das  i  eine  ganz  andere  nachbarschaft  als  in  diens,  war 
also  einem  ganz  anderen  einfluss  unterworfen,  und  dann  ist 
auch  das  ältere  lubet  eine  wirklich  vorkommende  und  häufig 
vorkommende  form,  was  von  dem  angenommenen  *duens  nicht 
behauptet  werden  kann. 

Mithin  ist  die  entstehung  von  diens  aus  einem  älteren 
duens  aus  formellen  gründen  durchaus  unwahrscheinlich.  Doch 
mag  auch  noch  die  damit  construirte  bedeutungsentwicklung  er- 
wogen werden. 


Cliens.  179 

Das  lateinische  cluere,  von  dem  Corssen  ganz  ohne  grund 
behauptet,  es  sei  eine  spätere  bildung  für  cluere,  ist  für  die  äl- 
tere zeit  allein  nachgewiesen:  cluere  begegnet  erst  bei  späteren 
und  weniger  werthvollen  Schriftstellern  und  dazu  selten.  Ge- 
nauer darüber  belehrt  Neue  in  der  zweiten  aufläge  seiner  latei- 
nischen formenlehre  (2,  426). 

Die  bedeutung  des  cluere  aber  ist  keine  andere  als  „geprie- 
sen werden"  und  dann  auch  abgeblasster  „genannt  werden".  So 
begegnet  es  Plautus'  Trinummus  3,  1,  19:    ut  nömen  cluet  „wie 

der  name  gepriesen  wird",  Pseudulus  2,  1,  17  :  facinora qvae 

post  clära  diu  mihi  clueant  „thaten  die  später  lange  als  glän- 
zende gepriesen  werden",  Captivi  3,  5,  31  ut  Acherunti  clueäs 
glöriä  „dass  du  im  Acheruns  mit  rühm  gepriesen  werdest",  Epi- 
dicus  2,  2,  5  senäti  qui  columen  cluent  „die  die  spitze  des  Se- 
nats gerühmt  oder  genannt  werden" ,  Bacchides  4,  9,  1  Atridae 
duo  frätres  cluent  fecisse  facinus  maximum  „die  beiden  Atriden 
werden  gerühmt  die  grösste  that  ausgeführt  zu  haben",  Poenu- 
lus  5,  4,  20  st  qvod  agit  cluet  victöriä  „wenn  das  was  er  thut 
mit  sieg  gepriesen  wird",  Trinummus  2,  2,  31  probiorSs  cluent 
„werden  als  die  vorzüglicheren  gepriesen".  Cicero  citirt  in  den 
Tusculanen  (2,  10,  23)  aus  Accius:  unde  ignis  cluet  mortälibus 
clam  divisus  „von  wo  den  menschen  heimlich  das  feuer  bescheert 
sein  soll"  (eigentlich  „zu  sein  gerühmt  wird").  Oefter  gebraucht 
Lucrez  unser  verb,  so  1,  119:  corönam...  qvae  clära  clüeret 
„der  kränz,  der  herrlich  gepriesen  werden  sollte",  1,  449  qvae 
cumqve  cluent  „alles  was  gepriesen  wird"  oder  „genannt  wird" 
und  sonst. 

Dem  lateinischen  cluere  steht  in  der  homerischen  spräche 
das  verbum  sehr  nah,  das  in  unseren  ausgaben  als  xXetto  oder 
passivisch  als  xXeo/nai  entgegentritt,  das  aber,  wie  ich  schon  in 
meiner  vergleichenden  grammatik  (2,  28)  bemerkte,  echt  home- 
risch wahrscheinlich  y.Xefeco  lautete.  Es  bedeutet  „rühmen, 
preisen"  und  bildete  unter  anderem  auch  den  ausgangspunct  für 
xXefrjdwv  „günstiges  bedeutender  zuruf"  (Odyssee  18,  117  und 
20,  120)  und  v,Xrjfrjdi6v  „günstige  künde"  (Odyssee  4,  317),  die 
ebenso  aus  xXefsiv  hervorgingen ,  wie  zum  beispiel  die  nach- 
homerischen dlyrjditjv  „Schmerzgefühl"  aus  aXyeiv  „schmerz  em- 
pfinden' und  {leXrjdojv  „sorge,  kummer"  aus  einem  *fj.eXelv  (ne- 
ben (.tiXsiv)  „sorge  machen,  kümmern",  das  auch  noch  im  futur 
(.teXrjoü}   entgegentritt.     Das   verb    selbst    begegnet  Odyssee  17, 


180 


Leo  Meyer 


418:  iyio  de  xe  ff«  xta/c'w  (in  den  ausgaben  xXelio)  xcct  and 
Qova  ycuav  „ich  werde  dich  über  die  unendliche  erde  hin  prei- 
sen" und  Odyssee  1,  338:  xa  re  tiXefiovoiv  (in  den  ausgaben 
y.Xdovaiv)  äj-mdol  „welche  die  sänger  preisen";  ausserdem  in 
passivischer  form  Odyssee  13,  299:  (.aqu  ts  xXefo/itai  (für 
xXefeofiicu?)  xal  xigdsoiv  „durch  klugheit  und  list  bin  ich  be- 
rühmt" und  Ilias  24,  202 :  fjg  (nämlich  ygeol)  to  7zaqoq  neq  j 
«xta/'  (für  mlefseo  ?)  in  dv&QtÖ7tovg  „durch  die  du  früher  bei 
den  menschen  berühmt  warst". 

Möglicher  weise  stimmt  das  lateinische  cluere  (etwa  aus 
clovere?  wie  suus  „sein"  aus  altem  sovos,  tum  „dein"  aus  altem 
tovos,  vidua  „wittwe"  aus  vidova,  denuö  „von  neuem"  aus  de- 
novö  und  anderes  ähnlich),  in  dem  dann  also  wie  bei  zahlrei- 
chen anderen  lateinischen  verben  auf  ere  die  passivische  bedeu- 
tung  sich  ausgebildet  haben  würde,  mit  dem  homerischen  xXe- 
fteiv  vollständig  überein. 

So  würde  also  das  als  grundlage  von  cliens  angenommene 
cluens  jemanden  bezeichnen  „der  gepriesen  wird",  was  für  „den 
dienten"  nicht  als  passend  gelten  kann. 

Aber  man  hat  angenommen,  das  lateinische  cluere  (und 
später  cluere)  habe  eigentlich  die  bedeutung  „hören"  gehabt, 
wie  das  nah  verwandte  griechische  xXvco,  und  der  cliens  sei 
als  ursprünglicher  cluens  zunächst  als  „der  hörende",  gewisser 
massen  „der  auf  jemanden  hörende,  der  gehorchende"  bezeich- 
net, wie  man  in  ähnlicher  weise  sich  auch  den  ziemlich  moder- 
nen gebrauch  des  deutschen  „hörigen"  zurecht  gelegt  hat. 

Es  wird  nicht  unwichtig  sein,  auch  noch  auf  den  ältesten, 
den  homerischen  gebrauch  des  griechischen  xXvetv   einen  flüch- 
tigen  blick    zu   werfen.      Vorwiegend    gern  wird   das    zeitwort 
kXveiv  (von  den  zugehörigen  nominalbildungen  wie  "/.Xvrog  „be- 
rühmt", xXtfog  „rühm"  und  den  übrigen  können  wir  hier  ganz 
absehen)  von  den  göttern  gebraucht,  die  das  flehen  der  menschen 
„hören"   und   „erhören",   so   von   den   göttern  im   allgemeinen 
Ilias  1,  218;  von  Apollon  Ilias  1,  43  -  457  =  16,  527;  1,453 
von  Zeus  Ilias  16,  236;  16,  249  =  24,  314  =  Odyssee  20,  102 
von  Athene  Ilias  5,  121  **  23,  771  =  Odyssee  3,  385  =  6,  328 
Ilias    10,  295;    Odyssee  4,767;  von  Poseidaon  Odyssee   9,   536 
von  Hermeias  Ilias  24,  335;  von  Ares  und  Fobos  Ilias  13,303 
von  Hypnos,  der  die  bitte  der  Here  erhörte,  Ilias  14,  234;  von 
der  Thetis,  die  von  ihrem  söhne  Achilleus  angerufen  wird,  Ilias 


,_ 


Cliens.  181 

1,  357;  von  der  Erinnys  Ilias  9,  572;  von  den  Litai,  den  Töch- 
tern des  Zeus,  Ilias  9,  509.  Auch  Odyssee  10,  311  und  481 
können  hier  angeführt  werden ,  wo  Odysseus  erzählt,  dass  Kirke 
(die  er  481  anfleht,  yovvcov  sXXixdvevoa)  seine  stimme  (ecvdfjg) 
hörte.  Ueberall  ist  hier  der  hörende  entfernt  nicht  in  dem  ver- 
hältniss  des  „dienten"  zu  denken ;  vielmehr  Hesse  sich  solches 
eher  von  dem  sagen,  der  da  fleht  und  gehört  oder  erhört  zu 
werden  wünscht. 

Ueberall  ist  das  homerische  yXvuv  ein  wirkliches  „hören", 
und  mehrfach  werden  auch  ausdrücke  für  „stimme"  oder  „spre- 
chen" noch  zugesetzt,  wie  Ilias  10,  47 :  ovös  xXvov  avdtjoavxog 
„noch  nie  hörte  ich  jemanden  solches  erzählen",  Ilias  22,  451 
faxvgrjg  fonog  WXvov  „ich  hörte  die  stimme  meiner  Schwieger- 
mutter", Ilias  16,  76  ^Axgefido)  forvog  exXvov  avdtjoavxog  „ich 
hörte  noch  nicht  die  stimme  des  Agamemnon" ;  Odyssee  4,  505 
xlvsv  avdrjoavxog,  Poseidaon  hört  die  übermüthigen  worte  des 
Aias.  Mehrere  male  ist  kXvsiv  vom  vernehmen  einer  botschaft 
gebraucht,  so  Ilias  16,  13  (dyyeXtrjv  O&Lrjg  £!•  exXveg),   Odyssee 

2,  30  (dyysXirjv  oxqaxox  exXvev)  und  42  (dyyeXtrjv  axqaxov 
exXvov);  ebenso  £7tixXveiv  Odyssee  5,  150  (Zrjvog  s7tHXvev  dy- 
yeXidwv) ,  das  sonst  nur  noch  Ilias  23,  652  vorkömmt,  wo  Achil- 
leus  die  lobrede  Nestors  anhörte  (alvov  £tz£y.Xvs).  Vom  hirten, 
der  das  gebrause  der  waldbäche  hört,  heisst  es  Ilias  4,  455  xüv 
ös  xe  xrjXoae  dovrcov  ev  övqeolv  exXvs.  Kaum  richtig  überlie- 
fert sein  werden  Odyssee  6,  185  die  worte  /udXioxa  de  t  eaXvov 
avxoi,  die  sich  auf  glückliche  eheleute  beziehen. 

Wo  vom  hören  der  stimme  der  götter  die  rede  ist,  scheint 
die  bedeutung  von  v.Xveiv  dem  „folgsamen  hören"  oder  „gehor- 
chen" nahe  zu  kommen,  so  Odyssee  4,  831,  wo  Penelopeia  zum 
traumbilde  spricht  „wenn  du  eine  gottheit  bist  und  die  stimme 
eines  gottes  vernahmst"  {{d-eolö  xe  exXveg  avdijv)  und  Odyssee 
14,  89,  wo  es  von  den  freiem  heisst,  dass  sie  vielleicht  beson- 
dere künde  haben  und  wohl  die  stimme  einer  gottheit  vernah- 
men (-9-so v  de  xiv  exXvov  avdiqv).  Telemachos  hörte  Odyssee  2, 
297  die  stimme  der  Athene  (enei  &eov  exXvev  avdiqv)  und  brach 
dann  auf,  wie  sie  geheissen.  Die  Troer  dringen  Ilias  13,  757 
vor,  als  sie  Hektors  stimme  vernommen  {enei  ''Ey.xoqog  exXvov 
avdrjv),  und  später  Ilias  15,  270  treibt  Hektor  sie  an,  als  er 
Apollons  stimme  vernommen  {ercel  &eov  exXvev  avdyv).  Als 
Athene  Odyssee  3,  337  gesprochen,  folgt  man  ihren  worten,  das 


182  Leo  Meyer     Cliens. 


„folgen"  selbst  aber  liegt  doch  nicht  in  den  worten  xol  öi  tlvov 
avörjadar]g,  sondern  nur,  dass  man  ihre  worte  gehört  hatte. 
Dass  das  „hören"  und  „gehorchen"  durchaus  nicht  zusammen- 
fällt, zeigt  recht  deutlich  Odyssee  19,  93,  wo  Penelopeia  einer 
ungehorsamen  magd  zuruft  „alles  wusstest  du  ja,  da  du  es  von 
mir  selbst  hörtest"  (irrst  ig  s/uev  sxXveg  avrfjg). 

Am  gewöhnlichsten  hat  man  die  bedeutung  des  „gehorchens", 
bei  dem  dann  ein  anlehnen  des  lateinischen  cliens  sehr  bequem 
schien,  für  xXvsiv  angenommen  in  dem  öfter  wiederholten  verse 
tog  tcpad-\  dv  d*  agct  zov  judtXa  /nev  -/.Xvov  yds  tii&ovto  Ilias  7, 
379  =  9,  79  =  14,  133  =  14,  378  =  15,  300  =  23,  54  = 
23,  738  =  Odyssee  3,  477  -  15,  220  =  22,  178  ==  23,  141 
=  Odyssee  6,  247  =s  20,  157  (an  den  letzten  beiden  stellen 
steht  ort  statt  oV),  aber  gerade  der  zusatz  jtl&ovto  „sie  folgten, 
sie  gehorchten"  zeigt,  dass  sein  inhalt  noch  nicht  in  -/.Xvov  lag, 
dem  hier  wie  an  allen  übrigen  stellen  nur  die  bedeutung  des 
hörens  innewohnt.  Wie  die  bedeutungen  des  Tcei&eoSca  und 
-aXveiv  auf  ganz  verschiedenen  seiten  liegen  können,  das  zeigt 
beispielsweise  Ilias  1,  218:  og  xe  Seolg  eTU-Tid&rjxai,  fidXa  x 
exXvov  ccvxov  „wer  den  göttern  gehorsam  ist,  den  erhören  sie" : 
der  gehorsame  (o  7ieid-n/n£vog)  könnte  hier  etwa  in  der  Stellung 
eines  dienten  gedacht  sein,  der  hörende  (o  y.Xvwv)  jedenfalls 
nicht. 

So  ergiebt  sich  also  auch  von  seite  der  bedeutungsentwick- 
lung  der  Zusammenhang  des  lateinischen  cliens  mit  dem  grie- 
chischen xXveiv  und  seiner  Verwandtschaft  als  ein  durchaus 
unwahrscheinlicher. 

Dass  nun  aber  sonstige  versuche  das  lateinische  cliens  zu 
erklären,  seine  wohl  versuchte  Zusammenstellung  mit  dem  latei- 
nischen edlere  oder  gar  mit  dem  griechischen  /.aXelv  und  der- 
gleichen, nicht  der  geringsten  berücksichtigung  werth  sind,  da 
sie  weder  der  form  noch  der  bedeutung  des  wortes  irgend  wie 
gerecht  zu  werden  suchen,  bedarf  hier  keiner  weiteren  ausfüh- 
rung. 

Cliens  enthält  dieselbe  verbalgnmdform  cli,  die  am  deutlichsten 
in  dem  abgeleiteten  lateinischen  cVtmlre  „neigen" ,  das  bekannt- 
lich fast  nur  in  Verbindung  mit  präfrsen  gebräuchlich  blieb,  und 
im  griechischen  xXiveiv  „neigen"  vorliegt.  Im  altindischen  ent- 
spricht —  ganz  wie  zum  Beispiel  dem  oben  besprochenen  xXteiv 
das  gru    „hören"   gegenübersteht   —  die  verbalform  cri  (dritte 


. 


A.  Fick     Jovqög  :  öovqcctoq.  183 

• 

person  crdjati,  also  im  particip  crdjant-)  mit  der  bedeutung  des 
„lehnens",  im  hjedium  des  „sich  anlehnens,  halt  findens";  mit 
dem  präfix  d  „an*1',  (ä-gri)  heisst  es  ganz  gewöhnlich  „sich  an 
jemanden  lehnen,  sich  an  jemanden  schliessen,  halt  und  schütz 
bei  jemandem  suchen,  sich  jemandem  hingeben"  und  das  parti- 
cipielle  a-Qrita,  dem  das  lateinische  cliens  seiner  bedeutung  nach 
sich  unmittelbar  zur  seite  stellt,  bedeutet  „sich  an  jemanden 
lehnend,  sierNq,n  jemanden  schliessend ,  halt  und  schütz  bei  je- 
mandem suchenct^em andern  ergeben,  jemandem  untergeben'1. 
Dorpat,  den  25^13.]  April  1878.  Leo  Meyer. 


sdovgdg    :  dovQawg. 

Bei  den  versuchen  die  entstehung  von  jüngeren  formen  wie 
rJ7ta-Tog  neben  sskr.  yaknäs,  dovqa-Tog  neben  dovgog  u.  s.  w. 
zu  begreifen,  ist  bisher,  so  weit  ich  weiss,  übersehen  worden, 
dass  ein  glied  dieser  neuen  Systeme,  nämlich  die  genetive rJTta-tog, 
dovQa-Tog  u.  s.  w.,  gar  nicht  neu  zu  sein  braucht,  sondern  aus 
der  urzeit  herstammen  kann.  Wir  dürfen  rJ7taTog,  öoigarog  als 
ursprüngliche  ablative  fassen,  sie  sind  dann  regelrecht  von  den 
Stämmen  r\Tca  =  sskr.  yakn(ds),  lat.  jecin-oris  und  öoqJ^  durch 
antritt  des  ablativsuffixes  -zog  gebildet,  welcher  bereits  der  Ur- 
sprache angehörte,  wie  die  vergleichung  von  ex-rog,  ev-Tog  —  lat. 
intus,  lat.  coeli-tus  und  sskr.  dharma-tas  zeigt.  Als  nun  der 
ablativ  im  griechischen  erlosch,  oder  vielmehr,  als  die  ansätze 
zu  einer  besonderung  von  genetiv  und  ablativ  schwanden,  konn- 
ten formen  wie  fj/ta-Tog,  rJTta-Tog  nur  als  genetive  aufgefasst 
werden,  was  sie  ihrer  bildung  nach  ja  auch  sind,  denn  -rog  ist 
genetiv  des  pronomens  z~  —  ro.  War  es  nun  nicht  ganz  na- 
türlich, dass  man  rJ7ia-rog,  dovga-Tog  zum  Systeme  vervollstän- 
digte und  also  die  stamme  rj7ta-,  öovqcc-  ganz  mit  dem  angehäng- 
ten pronomen  durchflectirte  *)?  Uebrigens  findet  sich  die  weise, 
ältere  einfachere  nominalstämme  durch  anhängung  des  prono- 
mens f  ==  to   zu   decliniren ,    auch   sonst,    wie  in  sskr.  yakrt, 

*)  [Vgl-  instr.  varimätä  Rv.  1.  108.  2  neben  den  ablat.  vürimatah  Av. 
6.  99.  1  (vgl.  B.-R.  Yl.  721,  VII.  1800;  Benfey  lieber  einige  wört.  m. 
(1.  bindevocal  i  s.  8)  und  sinmtäh  Vs.  13.  3    (vgl.  Roth  Erl.  z.  nir.  s.  7) 


184  Gustav  Meyer    Miscellen. 


gdkr-t,  deren  stamme  ursprünglich  yakr,  gakr  lauteten,  wie  aus 
zend.  ydkare  =  tjtkxq  =  lat.  jecur  und  xongog,  Y.6rcqa-vov  zur 
genüge  erhellt.  Ja  was  ist  denn  cpeqov-Tog  u.  s.  w.  anderes,  als 
flexion  des  alten  particips  auf  -ov  (erhalten  in  cpeqiov  mit  nomi- 
nativ-dehnung  wie  in  dvoxleftfg  =  sskr.  *dnhgraväs ,  sowie  in 
d/jtpixTiovsg  u.  s.  w.)  durch  das  pronomen  T  —  to,  von  dem 
eine  starke  form  im  pl.  gen.  qdsqov-tiov  erscheint?     A.  Fick. 


Miscellen. 


1.  Der  alte  europaeische  ablaut  e  —  o  zwischen  praesens  und 
perfectum  liegt  ganz  deutlich  auch  noch  im  Albanesischen  vor. 
Die  verba,  deren  praesensstamm  e  (resp.  je)  zeigt,  haben  im 
aorist,  der  dem  alten  perfectum  entspricht,  o,  z.  b.  bred  ich 
springe,  broda  ich  sprang.  Verzeichnis  der  beispiele  s.  bei  Hahn 
Albanesische  Studien  2,  70  f.  Dozon  Manuel  de  la  langue 
chkipe  241.  Im  plural  findet  sich  neben  -o-  meist  auch  -ua-, 
z.  b.  pöla  ich  gebar,  pole  pöli,  aber  plural  auch  püalm  püalte 
püalne.  Der  unterschied  geht  vielleicht  auf  die  ursprüngliche 
verschiedne  betonung  der  singular-  und  pluralformen  zurück. 

2.  Für  attisches  l'oog  steht  in  unseren  Homertexten  überall 
loog.  Da  für  die  Verlängerung  des  i  kein  grund  vorliegt  — 
denn  mit  der  angeblichen  längenden  kraft  eines  vor  dem  vocal 
stehenden  digamma  ist  es  nichts  —  ,  ist  dafür  überall  das  na- 
türlich auch  der  attischen  form  zu  gründe  liegende  l'aaog  ein- 
zusetzen, das  sich  zu  l'oog  genau  so  verhält,  wie  [.isooog  zu  /ui- 
oog.  ioooSioiaL  steht  auf  der  archaisierenden  inschrift  aus 
Kyme  CI.  3524,  15. 

3.  In  den  altindischen  namen  des  stieres  rsabhd-  und  vrsabhä- 
ist  das  mittlere  a  Vertreter  von  sonantischem  nasal,  indem  ein 
suffix  -bhä-  an  die  schwache  Stammform  von  *r£an-  und  vr'san- 
angetreten  ist.  Von  ganz  gleicher  bildung  ist,  wie  man  längst 
erkannt  hat,  elarpo-g  hirsch.  Auch  dies  hat  a  —  n,  grundform 
eln-q>o-  und  ist  von  der  schwachen  Stammform  des  im  ksl. 
jeleni  hirsch  vorliegenden  Stammes  eleu-  gebildet,  der  in  schwa- 
cher form  auch  in  ekkog  für  skv-6-g  erscheint. 

Graz  20.  juli  1879.  Gustav  Meyer. 


185 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böotischen  dialekts. 

Erster  theil:  Theben,  Orchomenos,  Tanagra. 

Bei  der  folgenden  Zusammenstellung  habe  ich  die  im  epi- 
chorischen  aiphabet  geschriebenen  inschriften  ausnahmslos  auf- 
genommen; von  den  inschriften  ionischen  alphabets  aber  nur 
die  dialektisch  bemerkenswerthen ,  mit  ausschluss  der  metrisch 
abgefassten.  Bei  der  Umschrift  habe  ich  den  vom  älteren  ai- 
phabet durch  E  bezeichneten  gedehnten  e-laut  in  allen  nicht- 
metrischen inschriften  mit  sc  wiedergegeben,  da  der  böotische 
dialekt  keine  andere  bezeichnung  dieses  lautes  zum  unterschiede 
des  kurzen  e-lauts  kennt. 


I.  Theben, 
a)   Inschriften  epichorischen  alphabets. 

1)  Foucart  Bull,  de  corr.  III,  s.  130,  nr.   1. 
1  dio/Aoloioi    2  cc7t{y?)a{.iovdccoctyoQ(d?ß?)evG 

1  Jl  'OnolaJLcoi     2  l4rca(.uüvöag  L4yoQSvg(?). 

Von  den  zwei  möglichen  lesungen  ^ATtafxwvdag  und  lAyct- 
(.iiovdag  ist  die  erste  vorzuziehen.  Idrc^fAiov  ist  als  naine  zweier 
Athener  bekannt  (Pape-Ben seier).  Das  q  m'AyoQevg  ist  nicht 
deutlich,  Foucart:  ,,sur  l'estampage  je  distingue  un  D,  mais  au 
milieu  il  y  a  un  trait,  comme  si  on  avait  voulu  corriger  en 
B  ou  R". 

2)  Rang.  2275,  Keil  Zur  syll.  s.  539  f. 
1  zivilaoo     2  (isvvidao     3  eortovideva 

1  3AQx]lXaog    2  \^Ef.i\(.i£vvidao     3  .  .eo7iovidsvg(?) 

3  CIG.  1637. 
HayeaavÖQoa        [dyeloavÖQog. 

4  Keil  Syll.  s.  176,  nr.  LXVI,  a. 
TtvQoagTovr         Hvqü)  aQxovT[og. 

Die  gemination  der  consonanten  ist  in  IJvqco  unterlassen 
wie  in  den  inschriften  epichorischen  alphabets  KirvXog  Tana- 
gra  10,  HindQya  Tanagra  13,  Qsiqituov  Tanagra  15,  Kah&s- 
aidi  Tanagra  43,  Ohalog  Tanagra  49,  IIvQcdlog  Tanagra  54 
III,  3,  der  Münzlegende  Kali  Mionnet  II,  s.  102,  nr.  36,  in 
den  inschriften  ionischen  alphabets  l'rtaoiv  Theben  35,  Jev^lnto 

Beiträge  z,  kundo  d.  ij».  gpraotaon.  V.  13 


186 


R.  Meister 


Theben  36,  yga/n/uaTiöorTog  Orchomenos  8  und  20,  Ho'kvQeiTü) 
Orchomenos  11,  etkxglv  Orchomenos  25,  Hov\Qi\ypg1  Tanagra 
81,  57. 

5)  Keil  Syll.  s.  176,  nr.  LXVI,  b. 
^fafiidTQiog 

6)  Keil  Syll.  s.  176,  nr.  LXVI,  c. 
Fyaixa         Rang.  323  rgalytcc? 

7)  Keil  Syll.  s.  176,  nr.  LXVI,  d. 
naamXea        Ilaoixleia. 

8)  Rang.  866. 

V7tQCC-\-ia  E]V7tQCt1-i(X. 

9)  Stephanos  Bull,  de  corr.  II,  s.  28. 
ev&v/xi  Yoa        Ev&vfuxog. 

Ist  dieser  aus  Hvqyv  ins  museum  von  Theben  gekommene 
grabstein  derselbe,  dessen  inschrift  Foucart  Bull,  de  corr.  III, 
s.  142,  nr.  5  in  der  form  Ev&v(xi%o  angiebt? 

10)  Stephanos  Bull,  de  corr.  II,  s.  28 
ßgeaaöag  Bqeioddag  oder  Bgeiooddccg. 

11)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  590,  nr.  18.  Im 
museum  von  Theben.    Fundort  unbekannt. 

Kalvv&ig  vgl.  den  namen  Kdlvv&og  Paus.  X,  13.  10. 

12)  Haussoullier  ebd.  nr.  20.  Im  museum  von  Theben. 
Fundort  unbekannt. 

xacpcaodoQog         KaqjioodtoQog. 

13)  Foucart  Bull,  de  corr.  III,  s.  139,  nr.  3.  Nach  Köh- 
ler Mitth.  d.  arch.  inst.  I,  s.  97  ff.  „in  den  fundamenten 
des  castells  von  Chalkis"  gefunden.  Unter  dem  aiphabet  von 
Chalkis  auch  von  Kirchhoff  Stud.3  s.  104. 105  anm.  besprochen. 

1  rtToiox.va.GTog  2  toiHlo/.ievioi  3  avsd-sccv 
Foucart  hält  die  nachricht  über  die  herkunft  der  inschrift 
für  irrig  und  glaubt,  sie  stamme  aus  Theben,  weil  ein  tempel 
des  Ismenischen  Apollo  nur  in  Theben  bezeugt  ist,  und  der 
name  ILtwicov  wie  die  form  dve&sav  auf  böotischen  Ursprung 
hinweise.  Der  zweite  bisher  noch  nicht  entzifferte  name  in  der 
1.  zeile  scheint  mir  nach  dem  was  Kirchhoff  a.a.O.  über  die 
beschaffenheit  des  Originals  angiebt,  MvaoTog  zu  heissen,  gebildet 
(als  „endkosename"  Fick  Die  griechischen  personennamen  LVII) 
von  den  gerade  in  Böotien  häufigen  namen  auf  -[AvaaTog  (vgl. 
Tanagra  IIeil?]e/itvaoTog  47  Qio^ivdaTa  48  l4Qio/.ivaoTog  54  Ho- 
XvfxvdoTiog  b&ldiMpitivctOTog  und  KKsof^ivdaTa  81)  wie  Qeo/uvrj- 


> 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  187 

/n(ov  :  Mvrjvcov,  Evatficov  :  ^4t/ncov,  IdgioraiVETog  :  ^4iV£Tog  ^'Hve- 
toq  Lebadeia  6).     Die  Umschrift  wird  danach  lauten: 

ÜTCoicov,  [M]vaoTog  tot  'IofiEivioi  äve&sav  (oder  äve&siav). 

14)  Foucart  ebd.  s.  142,  nr.  6.  Museum  von  Theben. 
Fundort  unbekannt. 

&£ioyiTct         Qsioylza. 

&eioy£vt]g  ©eiodovog  Qsiodora  Qeiodori]  Qsio/nsvtjg  ©eiovorj 
Qeioqxxvr]  siehe  bei  Pape-Benseler. 

15)  Foucart  ebd.  s.  142,  nr.  7.  Museum  von  Theben. 
Fundort  unbekannt. 

aafxiYoa        2df.uxog. 

16)  Foucart  ebd.  nr.  8. 
cpilofielidao         WilofisiXidag. 

17)  Foucart  ebd.  nr.  9. 

YdCQOTtlO  X(XQ07llg. 

18)  Foucart  ebd.  nr.  10. 
(piXo  YccQidao        0iXoxaQiöag. 

19)  Foucart  ebd.  nr.  11. 
ccQadQivoo         JCjaQaÖQÜvog. 

20)  Foucart  ebd.  nr.  12. 
avroxQCCTeia         ^4vTOXQocrsia. 

21)  Foucart  ebd.  nr.  13. 
YaQtdatTio         XccQidccLtig. 

22)  Foucart  ebd.  nr.  14. 
IloXvööTQora. 

23)  Legenden  thebanischer  münzen:  d-eßaioa{=  Qeißaiog) 
Mionnet  Suppl.  III,  s.  527,  nr.  140.  141;  Imhoof-Blumer,  Zur 
münzkunde  und  palaeographie  Böotiens,  Numismatische  Zeitschrift 
111(1871),  s.  384,  nr.  81b,  öeßcuov  (=  Qsißcclov)  Mipnnet  II, 
s.  109,  nr.  94,  &eßa  (=  Qeißa)  Mionnet  Suppl.  III,  s.  526, 
nr.  137,  &eß  (=,  Oeiß)  Mionnet  Suppl.  III,  s.  527;  Imhoof- 
Blumer  a.a.O.  s.  386,  nr.  90,  #«  (=  Qu)  Mionnet  IT,  s.  109, 
nr.  96,  99-101,  103—105;  Suppl.  III,  s.  526  ff.;  Imhoof- 
Blumer  a.a.O.  s.  383  ff. 

Die  folgenden  inschriften  zeigen  bereits  einzelne  demente 
des  jüngeren  alphabets  in  das  epichorische  aufgenommen. 

24)  Foucart  Bull,  de  corr.  III,  s.  140,  nr.  4.  Im  museum 
von  Theben.     Fundort  unbekannt. 

1  a/ii7tQi7to     2  oXvxXuoayXa     3  odoTioot-evov    4  oXvouxoxXid 
ctfiuda     5  aXtantjoacpiXo^ev     6  doTiooccvTidogo     7  vooxoocmoX 

13* 


188 


R.  Meister 


Xoöo  8  gxiclgtcxoiXXio  9  [levveidiotoii  10  y.Xiöaoaf.avaöao 
11  y.idaoaQLOtriifxo  12  oGTtxoiXXeerfiaT  13  %<xQidaoaQLOToy  14 
V7iaTodoQOO(.i  15  tarov 
1  -y/]a,U7r£i[»)]o[s  2  JIJoAüxAfifog,  FAa-  3  -odouog,  Sevwv  4 
-g  yivaiag  KXidaiuda[o ,  5  T]fiAfiffT^og,  ©tAd^foff?  6  -ddr*o£, 
l4vridtoQo[<;  7  -vootoq  IdTtoXXodio^qiog? ,  8  -oftag  IIt(aiXXio[g, 
9  Mevvei  dio£ß%i\og,  10  -xXidag  l4(.uvddao,  11  J7,at>?]>t/dao, 
' 4QiaTt]XMo[g  12  -og,  nxto'iXXei  ^Etiiot-  13  -x<xqiöag  'Aqioxoy- 
[iroviog,     14  "TTTard&o^og  M-     15  ^JtWwy? 

/  wird  dem  älteren  aiphabet  entsprechend  durch  Y,  aber 
£  durch  das  ionische  zeichen  £  wiedergegeben.  Der  lange  e- 
laut  wird  in  Mevvei  schon  durch  EI,  in  TlxioiXXei  noch  durch 
£  bezeichnet,  t]  fungiert  bereits  überall  als  böotischer  ausdruck 
des  älteren  ai ,   in  KXiöafxiöao,    -xXldag,  l4/Luvddao  finden  wir 

1  für  ursprünglich  diphthongisches  ei.  Foucart  hat  schon 
darauf  hingewiesen,  dass  der  wegfall  des  schliessenden  a  in 
Mevvei  JioCptiog  und  IlxiotXXei  'Ertior . .  einer  böotischen  laut- 
neigung  entspricht,  er  führt  a.  o.  als  beispiele  an  Mevvei  Ev . .  Ta- 
nagra  55  II,  19  und  l4xv>XXe{g  ?  Tanagra  54  III,  4  und  fügt 
Bull,  de  corr.  III,  s.  453  -7i7tei(?)  Qioyixoviog  Orchomenos  12, 
4  hinzu.  Fernere  sichere  beispiele  sind  OiXXei  ^iovoi&lw  Or- 
chomenos 14,  5  TifioxXel  Qi\oda)Qixiog  Orchomenos  11,  12.  13 
-ei  NiKirjog  Tanagra  55  I,  22.  Bei  grabsteinen  mit  einzelnen 
namen  wird  nur  eine  genaue  prüfung  des  Originals  entscheiden 
können,  ob  das  schliessende  g  von  anfang  an  fehlte  oder  erst 
im  laufe  der  zeit  verschwunden  ist,  so   bei  KvdiXXe  Orchomenos 

2  (DQaooe  Thespiä  CIG.  1649  2ayv&ivldcc(g  Tanagra  54  IV,  3 
BvXi[6]a(g  Tanagra  54  IV,  15  Feidgivo  Thespiä  Haussoullier 
Bull,  de  corr.  III,  s.  382,  nr.  26  Ev&muxo  Foucart  Bull,  de 
corr.  III,  s.  142,  nr.  5,  vgl.  Theben  9;  cpeXioca  (=yO](peXiara?) 
Thespiä  Decharme  Recueil  s.  49,  nr.  41;  anderwärts  hat  man 
grund  der  Zuverlässigkeit  der  copien  zu  misstrauen,  wie  bei 
2[cüi]xXia  Geocpdveiog  Kopä  Keil  zur  Syll.  s.  556,  z.  15.  Dass 
diese  neigung  das  schliessende  a  des  nominativs  verklingen  zu 
lassen,  bei  den  Böotern  (und  Lesbiern)  in  hervorragendem  grade 
vorhanden  war,  beweisen  die  grammatiker,  indem  sie  die  epi- 
schen formen  i7t7tova,  /urjTiexa  die  nominative  l^Qxvxa,  lYßga- 
yoqa  dem  äolischen  und  böotischen  dialekt  zuschreiben  (Ahrens 
I,  109  anm.  3). 

25)  Kaibel   Hermes  VIII,  s.  421,  nr.  18.     Diese  inschrift 


. 


■ 

r 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  189 

aus  dem  museum  von  Theben  ist  nach  Foucart's  angäbe  die 
fortsetzung  von  nr.  24. 

1  liooaucpt,     2  G&ioysvsio    3   7toy.vdeaxii.iov    4  vf.i7tiodoooo7t 

gct    5  vQOf.iox,h£0/nva    6  qpiXiTtTtooavdoge    7  /.QaxeiGjiwxx.k    8 

aoidaonxooTQOT     9    0(.ieivoxeXua     10   ovioo/nvaoiao     11  /Joe 

XCtQTadcc     12  oroyiTOVioodi     13   foysv..o 

1    -hog,   l4/nq>i-     2  -g    Qioy€vsio[g?     3  'l7t\7iOY.vdug    Tl^kjov- 

[10g     4  iOX]vf.irtL6do)Qog  IIqü-     5    J]ooj.ioY.laig    Mva-     6    ®l- 

"kutrtog  l4vdv)Q£[iog?     7  -Kqdxeig  Moxx[v']X[iog    8  -aoiöag  Ni- 

A.ooxqox\iog    9  'Ilaf-Uivoz  steig    10  -o(w)vtO£,  Mvaoiag    11  -tog, 

Xapradafg    12  ^£t]ffroj>iroVfcO£,  z/t-    13  z/t]  /oy«j>[£t]o[c,\ 

Der  gedehnte  e-laut  wird  in  den  Worten  lIititoY.vd£ig  und 
Jqoiio'AXug  durch  E,  in  -Y.odxeig  und  'lo/AeivoxeXeig  bereits  durch 
EI  bezeichnet.  MoxxvXiog  hat  Kai  bei  ergänzt.  Xaoxddag  ist 
eine  patronymbildung  von  Xdqxag  (name  eines  spartanischen 
bildhauers  bei  Paus.  VI,  4.  4),  dem  zu  -xagxog  (uid-x<xoxog) 
gehörigen  kurznamen,  (vgl.  Hippokrates  Epidem.  7,  10  ed. 
Ermerins  I,  s.  650  XccQxddu,  von  Ermerins  in  XccQxddr]  geän- 
dert). Z.  3  ll7t7toY.vdeig  ist  in  die  dritte  declination  übergegan- 
gen, wie  'Ertiytovdeig  Akraephion  5,  7.  8. 

26)  Kaibel  Hermes  VIII,  s.  424.  nr.  23.  Im  museum  von 
Theben.     Fundort  unbekannt. 

avTi%aQig        Idvxlyaqig. 

Die  zeichen  für  q  und  o  sind  die  des  älteren  alphabets,  X 
für  x  i^  bereits  dem  ionischen  entlehnt. 

27)  Legenden  thebanischer  münzen:  d-eßrj  (=  Qsißr])  Mi- 
onnet II,  s.  109,  nr.  102;  Suppl.  III,  s.  527,  nr.  149. 

b)  Inschriften  ionischen  alphabets. 

28)  Keil  Zur  syll.  s.  559  ff. 

1  AvaiTCTtog  [Tex]Qadi(ovog  2  ^Ynaxodwqog  Bo£r/.ida[o  3  Nt- 
yuov  SwotQOTiog  4  l4Qioxoylxiov  'O^ioXwtxiog  5  Qeißddag  Oeo- 
töxLog  6  rogylöag  Kacpioodwoiog  7  }!AvSqojv  FoQylöao  8  (Dex- 
xaXog  'ioiieivirjog  9  Kacpioiag  ^gioxirjog  10  l4vxicpdveig  Xa- 
QEizldao  11  Jk^mnog  MvaaioxQorwg  12  Idvxiy&vsig  Nuurjog 
13  Tlfiiov  Q>ili7t7tiog  14  l4ixXtdag  MoXwviog  15  7^[a?]n'ff- 
xog  2[ioo]xQÖ[xiog. 

Keil  weicht  von  dem  text,  den  Lebas  489  bietet,  nur  z. 
1  ab,  wo  er  die  Lebas'schen  zeichen  Xvai7t7toai...iQQaXiwvoa 
als  AvGiTcnog  \_Tex~\Qadtcovog  erklärt  und  z.  15,  wo  er  &]q[o]v- 


190 


R.  Meister 


vlaxog  schreibt,  während  Lebas  mit  Ulrichs  Ann.  dell'  inst. 
XX  (1848),  s.  48,  nr.  I  iq..vviokoo  bietet,  Pococke  im  CIG. 
1676  iq..vioxoo,  Pittakis  Eph.  arch.  nr.  1453,  s.  906  und 
Rang.  1319  /u.l.  ivioaxoo.  Leake  hat  die  inschrift  nur  bis 
z.  13  copiert.  Bei  einem  derartigen  auseinandergehen  der  le- 
sungen  habe  ich  ^Ioavloy.og  dem  KeiTschen  (Doovvioxog  vorge- 
zogen, weil  auf  der  inschrift  v  sonst  nicht  durch  OY  ausge- 
drückt ist.  Der  name  0hzaXog  8  kehrt  mit  unterlassener  ge- 
mination  in  der  epichorisch  geschriebenen  inschrift  Tanagra 
49  wieder.  —  Brunn  (Gesch.  der  griech.  künstler  I,  293)  hat 
vermuthet,  dass  die  auf  dieser  inschrift  genannten  männer  Hy- 
patodoros  und  Aristogiton  die  auf  der  delphischen  inschrift  epi- 
chorischen  alphabets  CIG.  25  genannten  künstler  sind,  da  auch 
Timon  als  künstler,  Andron  und  Kaphisias  als  thebanische 
künstler  bekannt  sind.  Dann  würde  diese  inschrift  nicht  später 
als  etwa  360  v.  Chr.  angesetzt  werden  dürfen. 

29)  Kaibel  Hermes  VIII,  s.  421,  nr.  19.  Im  museum  von 
Theben.     Fundort  unbekannt. 

1  voa — ivdao    2  XaQxidXöyavat-avdQidaoQvioxoo     3  dtovaXei-i, 
f*a%iog vacat .  ?rA(?)r(?)T«/t   4  no . .  od.Q.ooTtudtovioo -- 1- - if.ioo 

5  Kctcpioivoaxi .Ttiovioa w  6  oXvf.i7tiaöaooTiXQO)vdao — rt-vi 

da  7  d-i07TOfi7roGXvvioa  vacat. .  .XßcovXvö  8  rtoXv%aquoaqiax 
oyvtovioo .  .Xot-evooxQ  9  eiXXcüVT€iXeq)aveioa  vacat ...  arictoSs 
10  7ti9oXao<j£VQv<paovTioa .  o .  viaaitoX  1 1  aaoirco8oiooo(fiXoY.o 
avsioodiodwQoOTtv  12  (piXtovovaoi/uioa  vacat  xocXXio&evsl  13 
yXavxivood 
1    -voa —  tülvöao,    2   ßw  ?]Xagxlöag  [F^ava^avÖQiöao,  'Pvtoxog 

3   -öcov  lAXet-ijuccxiog, .  7tX(?)t(?)r£i  M-    4   no[taiu]6d[(o]- 

o[o]g  27t[€v]öcoviog ,  --ijLiog     5  Kacpiolvog  Ki[XX~\iovLog, 10 

6  3OXv/.i7uddag  2riX[ß]t6vöao ,  — \l4v)z[iye]vida[o ,  7  Oi07to{i- 
Ttog  ^iv\%\tog ,  2iC\Xßo)v  \^A~]vd-  8  TIoXvxaQStg  Idqiatoyixo- 
viog,  [Oi\X6^€vog  Kq-  9  EiXXiov  TetXecpdveiog ,  [(t>iX]riag  Ge- 
10  üi&oXaog  EvgvcpaovTiog,  \l4&a]viag  IIoX-  11  'AoiaTtöduy- 
oog  0iXoxQ<xT£iog,  JiödwQog  üv-  12  (DiXwv  30vaol/uiog,  KaX- 
XioSevei\og     13  rXavxlvog  z/- 

Kaibel  a.a.O.  hat  die  meisten  der  namen,  die  auf  der  in- 
schrift überhaupt  gelesen  werden  können,  schon  richtig  gedeu- 
tet. Der  letzte  name  der  3.  zeile  scheint  ein  neues  beispiel  der 
weglassung  des  schliessenden  a  zu  bieten,  vielleicht  BovxdtTei? 
vgl.   ßovKctTTeg  =  BovytaTTsig  Orchomenos   16  Bovxatzrjg  Ta- 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  191 

nagra  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  590,  nr.  22,  z.  5 
B]omaxia  Tanagra  84  Bovxaxla  Chäronea  CIG.  1608c  z.  27. 
Z.  4  habe  ich  lieber  JJoxa/noöcüQog  als  mit  Kaibel  Ilovd-6- 
ötüQog  ergänzt,  weil  v  in  den  übrigen  namen  der  inschrift  be- 
wahrt wird. 

30)  CIG.  1577  (Keil  Syll.  s.  49  f.) 
1  Hi/ii/ulag  Jicüvvoiog,  SevoyiXsi[g  'Io~\-  2  fi£ivi[^og],  Evvofiog 
2i\ji\u>viog ,  Id&ctviag  3  IdQioxdvdqiog ,  zfa/noxQiTog  2i[ß]a- 
4  viog,  ^.Aqxwv  2[7t]eQ%iüviog,  Ego-  5  xiiov  'Avxitudxiog,  &el- 
ßi%og  KaX-  6  XwaQiog,  Jiwvvoiog  'HQCMXeLdao ,  7  cY?ta- 
r[6\dü)Qog  lAqiaxEidao ,  rO/uo-  8  Xcoi'xog  Eva)vvf.uöao,  Kaq>iao- 
9  ötüQog  lirtoXlodiüQiog ,  Idqioxictg  10  IlxwtXXiog,  Nlxcov  Ms- 
Xavxi%iog,  ITqo-     11  gsvog  l4Xxlviog,  2[i^uag  J locpdveiog. 

Da  die  abschritten  des  Cyriacus  die  originale  zeilenabthei- 
lung  der  inschriften  nicht  geben,  so  habe  ich  die  Boeckh'sche 
beibehalten.  JicDvvoiog  1  ist  ein  patronymes  adjectiv  vgl.  Or- 
chomenos  12,  6,  gebildet  von  dnawoi-iog  (Ahrens  I,  215) 
wie  0iXoKQax£-iogy  di oqxxve-iog ,  JwQO&e-iog  Orchomenos  12, 
14.  Nach  JiojvvGiog  bietet  die  abschrift  %£voy.Xeidr]o\i.iuviEvvo- 
fxoo,  Keil  a.  o.  MevoxXsl[g  3lo^\fisivi[ao] ,  wofür  ich  auf  dieser 
inschrift  lieber  3Io/xeivifjog  (vgl.  Theben  28,  8)  schreibe.  Doch 
bleiben  daneben  noch  genug  möglichkeiten,  es  könnte  z.  b.  auch 
dort  gestanden  haben  Bevoy.Xsid[cc]g  Mei[X]irjog  (vgl.  MsiXirjog 
Orchomenos  11,  38).  Für  oiXiovwo  z.  2  und  oicpiwviog  z.  3, 
zwei  sonst  nicht  bekannte  namen,  vermuthe  ich  2i/ncüviog,  was 
Keil  für  2iq>icoviog  bereits  vorschlug.  Z.  4  OQEQxwviog  Keil 
2[rc]€Q%iöviog.  Z.  4.  5.  'Eqoxuov  darf  nicht  geändert  werden, 
vgl.  'Eqox[iiavog  Platää  Girard  Bull,  de  corr.  I,  s.  211  3Eqo- 
xiiovog  Orchomenos  13,  16;  Keil  Zur  syll.  s.  571  leitet  den 
namen  von  egoxtg  =  eoQxiq  her,  ich  glaube,  dass  er  zu  "Egaxog, 
'Egdxa,  ^Eqoixwv,  3Eq(xxiov  u.  s.  w.  gehört  mit  o  für  a.  Z.  5.  6 
Ahrens  I,  190  KaXXi[x)aQiog  vgl.  aber  KaglaavdQog  Kopä  1, 
31,  K<xq(.uov  Kopä  4,  18  u.  s.  w. ;  z.  7  vrcaxwddüQog  Boeckh 
c Y7iax[6]ötüQog ;  z.  1 1  aXxivwoooeiiuiao  Boeckh IdhiLviog,  'Elolfiiag, 
31)  Rang.  1318. 

1  t]xX£ioo7tv&£aoa    2  dtüQoootocpiXQidio     3  /uvaai7T7toa^ivaaia 

4  yXavKicto&eo  .  a     5  o^axoaöeivirjo 
1    -xXsiog,   Tlv&eag  *A-     2   dwQog  2a)cplX[to] ,    dio-     3    Mvd- 
Oi7i7tog  Mvccoio[xq6xijü],     4   rXavKiao,    Qeo-    5  -6(.ia%og  Jei- 
vifjo[g. 


192 


R.  Meister 


Zwei  neben  einander  ste 


32)  Keil  Syll.  s.  171  f.,  nr.  LXI. 
hende  listen,  beide  stark  fragmentiert. 

I.  1  cpr/.QCtTidaaxr]ctyr](ji7i7toG    2  ^ieiviioi    5   xct    10  qjiXcoviöaa 

vixcovoo      15  .  ooxuovarzoXXodiooio      17    .  (prjOTodtoQooXvx.iox.io 

IL  1  axQazcovxgaxuo  2  (.itdiov7zvi}ictoq>iXiL  5  laxqoxXuoaQxafx 

€    6  (.iLvvuovooq)iXi7T7i£iE     8  Xaf.i7Ziov£vayoQio£OG     11  vixo/LictX' 

...7tei(.ia.u    12  (piXi7i7tev    14  evnoXefxo  —  re    15  <piXnzTC£vo 

I.  1  'ijqiiXQaxldag  xr)  siy[£t]OL7Z7Zog     2  3Io]f.t£ivlw  J/. .     5   ...ra. 

10   Q>iXiovidag  Nlxtovog     15   M]ooxLiav  14tzoXXo6i6qio     17   !^]- 

qjrjoxoöwoog  ^ivxioxio. 

IL  1  JSxodxiov  KoaT€io[lTt7t(o?     2    WUdiov  Ilv&lao  Q>iXi[7Z7Z£vg 
5  'IcczqoxXeIq  l4Qxa/u[idtoQio?    6  Mivvliovog  WiXi7Z7Z£[vg   &  slafx 
Ttwv   EvayoQO)  eg  2"--     11   JVtxd^ua/log  L4]7zei[iiä[vzto     12    CPt- 

Äi7t7zev[g     14  i&Tro'AejUofg] v«  -     15  &iXi7Z7Z£vg. 

Die  ergänzungen  rühren  fast  alle  von  Keil  her.  I  1  habe 
ich  l4.y[u]oi7Z7tog  geschrieben,  weil  die  inschrift  sonst  kein 
beispiel  des  hellenistischen  vokalismus  zeigt;  Evayooto  II  8  ist 
genetiv  von  Evüyoqog  (belege  für  diese  bildung  giebt  Keil  Anal, 
epigr.  et  onom.  s.  159).  Die  bewahrung  der  dialektischen  for- 
men (Ilvd-lao)  und  des  älteren  böotischen  vokalismus  verweisen 
die  inschrift,  wie  mir  scheint,  (ihr  schlechter  zustand  ist  einem 
zuversichtlicheren  urtheil  hinderlich)  in  die  zeit  vor  der  Zer- 
störung der  stadt,  also  (Philippoi  wurde  von  Philipp  IL  356  ge- 
gründet) in  die  jähre  von  356  bis  335. 

33)  Kumanudes  Athen.  III,  s.  479  fg. 

1  [icczaovvsß     2  erzo ßouaxonZE    3  ozzwoaoeßiovzaozoia 

qo  4  7Z  ?ov&iio  5  ccQiozitovooaQxovzooaXvtrjOt,  6  7ZQioyeeox 
aooipdadcüvoo  :  ccqioxo  7  avaxzooMeoToiaxovza/uvao  :  tzql  8 
cpoQf.iVi  :  aqxoo  :  teqeoo  9  ßvtavxioi  :  xQOvoitoXa/mpaxavioox 
10  oydoexovzaTzezzaoao  :  aoyvQiioax  1 1  x/uaodexaet;  '  ovvedg 
oißvQctvxuov  12  zoxQVOiovxsQxivooeiQOZi/ntoay  13  rjXo7Zzix(od 
MOVvoioosiQCiuovoo  14  ct&ctvodiOQOO  :  duovvouo  :  zsve  15  tzq 
o^evoo  :  ßoio)Tiovx(oder  f.i)£idiao  :  öl  16  VLXoXctioao%ovxooaXv 
£  17  aXXaozQiaxovzctfivaoey  18  7ZQioyei£oaXvtaitov&eo  19  X 
£i-avdQOvdiü)V7zoXvx  20  yeioivixwecQxovzooßvoKavzioi,  21  ov& 
0aXXa)O7zevTaxazicüOOTccT£iQcc  22  looXampaxccvtoosvzovTtoXeiLiov 
xovv  23  iaQa)Z(o£f.ißeXqjoio.€7ZoX£fiiovßoiioz  24  gvveöqoiuvl1) 
^avoiooioxaoaxixw     25  <xQ(.i£viGx.oo7Zvoa[iov 

*)  Statt  der    drei    letzten    buchstaben  kann  nach  Kumanudes'  an- 
gäbe auch  m,  int,  i/m,  poi  gelesen  werden. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  193 

1  Tou  xQEi]piata  ovveß[<xlov$o  sv  xbv  Tt6ls(.iov  2  xbv]  s*7to- 
[lifMov]  Boiiorol  7t€[öcc  xtov  av(.i(.iä%oiv  3  7t]oxxwg  aasßlov- 
xag  xb  iccqÖ[v  xio  'ATtblXuivog  xü  4  Ilov&tto.  5  'Agiaxtwvog 
aQxovxog  AkvZrjoi...  6  TtQiayeug  Xaqoip  Jddwvog,  IAqloxo. 
. .  7  AvaxxoQieieg  XQid*övxa  (.ivag  '  7tQi[oyeieg  .  .  8  (Doq^io, 
"AQ%og  Teigetog  9  Bvtdvxiot.  xqovaiw  Aafxifjccxavw  ox[axel- 
gag...  10  oyöosUovxa  Ttsxxaqag,  agyrgtco  Ax\xw.(a  öqcc-  11 
Wag  dexae!;"  ovvedqoi  Bvtavxlcuv  [ßjta^av  12  xb  %qvoiov  Keq- 
yuvog  EiQOxl/uto,  l4y...  13  zf]r]Xo7Zxlxa),  Juovvoiog  Eigcclio- 
vog,  14  Id&avödioqog  Jicowato),  Tevs...  15  7tg6^evog  Bouo- 
xwv,  {M~]sidiag  Ji...  16  NixoXcccü  agxovxog  'AkvQaloi  .  . 
17  allag  xqiomovxcl  (xväg  s\jta^av...  18  rtQioyelsg  Idhfcpiuiv 
0€O...  19  ld~\Xs^dvdqov ,  Jtcov  IIoXvx...  20  A~]yeioivUio  ccq- 
Xovxog  BvotavxLOL  [avveßd-  21  l~]ovd-o  äkliog  Ttevzaxaxtwg 
axaxetQa\_g  %qv-  22  ff[wg  Acc/uipaxaviog  sv  xbv  ttoXs/hov  xbv 
v[txsq  xuj  23  IctQüi  xcü  i/n  Belqxng  htols^iiov  Boi(ox[ol-  24 
avveÖQOL    s[jta]^av    Siooig  Kagaxlxco,      25    n]ccQ/uevi07,og    Hv- 

QCCf.WV. 

Z.  1  ergänzt  von  Kum.,  der  aber  Tvde  zu  anfang  schreibt. 

Z.  2  Kum.    ov   statt    xov,   am   Schlüsse  ns\ ?    z.    6  Kum. 

7tQigyeeg.  Z.  7  Kum.  'Avaxxogihg ,  7tQi\oyssg.  Z.  8  Kum. 
TsQSog.  Z.  9  waren  nach  ax^axsiqag  die  hunderte  vielleicht 
durch  einen  buchstaben  bezeichnet.  Z.  10  Kum.  oydosxovxa. 
Ergänzung  von  Kum.  Z.  11  Kum.  ergänzt  (beispielsweise) 
syto^av.  Z.  13  Kum.  Z.  15  Kum.  X?€idiag.  Z.  16  Kum. 
AIvQtjol.  Z.  17  Kum.  am  Schlüsse  Er.  Z.  19  Kum.  Z.  20 
ergänzung  des  ersten  buchstabens  von  Kum.  Z.  21  ergänzung  des 
Schlusses  von  Kum.  Z.  22  Kum.  24.  Kum.  ovvedgoi  EIN£?g~av. 
Z.  25  Kum.  Die  inschrift  bietet  viel  bemerkenswerthes  auch 
abgesehen  von  dem  sachlichen  interesse,  das  uns  vor  allem  die 
nun  sicher  bezeugte  thatsache  des  zwischen  Theben  und  By- 
zantion  von  Epaminondes  abgeschlossenen  bündnisses  gewährt, 
auf  welches  Demosthenes  Phil.  III,  34  bezug  nimmt.  Sie 
gehört  in  die  jähre  355—346  und  enthält  die  aufzeichnung  der  in 
den  drei  jähren  der  archonten  Aristion,  Nikolaos  und  Ageisinikos 
von  den  bundesgenössischen  städten  Byzantion,  Anaktorion  und 
Alyzia  an  Theben  gezahlten  beitrage  zu  den  kosten  des  heiligen 
krieges.  Da  bemerken  wir  denn ,  dass  damals  die  alte  im 
epichorischen  aiphabet  üblich  gewesene  vokalbezeichnung  noch 
nicht  ganz  verschwunden  war;  in  der  ersten  liste  (z.  5 — 15)  ist  in 


194 


R.  Meister 


den  Worten  rtQioyeleg,  LdvaxroQieleg ,  Tsigeiog  und  SydoeUovTa 
der  gedehnte  e-laut  noch  nach  alter  weise  durch  E  bezeichnet, 
in  der  zweiten  (z.  16 — 19)  und  dritten  (z.  20—25)  kommt  das 
nicht  mehr  vor,  da  steht  überall  El.  Andere  beispiele  der  im 
ionischen  aiphabet  hier  und  da  aus  dem  epichorischen  zu- 
rückgebliebenen Schreibung  E=ei  s.  Theben  34  Orchomenos  12 
und  16.  Auch  der  gebrauch  von  rj  für  das  ältere  ai  ist  noch 
nicht  ganz  durchgedrungen,  denn  neben  IdXvtrjoi  in  der  ersten 
liste  steht  lAXvtalwv  in  der  zweiten  vgl.  dazu  erhaltenes  ai  in 
Theben  35;  36.  Neben  diesen  resten  der  ältesten  Orthographie 
taucht  aber  bereits  das  der  jüngsten  angehörige  ov  für  v  in 
IIov&Lo  4  und  xQOvotio  9  auf,  während  in  %qvoiov  12  und  in 
14  anderen  worten  v  erhalten  ist.  Während  ferner  die  erste 
liste  Bvtdvtioi  und  Bvtavxlwv  bietet,  bezeichnete  der  Schreiber 
der  dritten  liste  die  Verschärfung  des  Zischlauts  in  diesem  wort 
durch  zusatz  von  a :  Bvotdvtiot  20  wie  sich  ja  auch  BvÜCpvxioi 
Rang.  134  III,  6  findet.  Weitere  beispiele  für  die  Verdopplung 
der  Zischlaute  giebt  Keil  Syll.  s.  237.  In  tAXe^dvögov  19,  dem 
namen  eines  alyzischen  gesandten  und  TlvQaf.iov  25,  dem  namen 
eines  byzantischen  ovvedoog  ist  die  nichtböotische  genetivform 
aus  den  heimischen  dialekten  der  beiden  männer,  dem  akarna- 
nischen  und  byzantischen  (megarischen)  zu  erklären.  Mit  JrjXort- 
ri%(x)  13,  dem  patronymikon  eines  Byzantiers  vgl.  CIG.  2108g  Te]i- 
oiceg  Jr\koTtTiypv  Bvtdvxiog;  mit  Jdötovog,  dem  patronymikon 
eines  Alyziers  CIG.  855  EvQvdiy.^Jddov^lxvaia.  Bemerkenswerth 
ist  dass  z.  22  der  artikel  xov  für  das  relative  pronomen  steht  wie 
bei  Aristophanes  Acharner  870  nqlaao  rtuv  eyw  (psqio.  Vom 
ende  des  4.  Jahrhunderts  an  verschwindet  dieser  gebrauch. 

34)  Keil   Syll.    s.    164  f.   nr.  LH,  b,  2  (Zur  syll.  s.  599). 
agtoio^eveg        IdqiOTO^sveig. 

Zu  E  =  si  vgl.  Theben  33. 

35)  CIG.  1565  (Keil  Syll.  s.  29  f.) 
1  Eooxvyu , .  orea  2  ooaoxovroaedot-e  3  TOiöa/uoiTtQOg'evov  4 
eifievßoitoTcovxaisve  5  Qyetavvtoßavai-i  6  ovßcoytaQxadoviovxai, 
7  eifwvvoiyaoxaieontia  8  osTtaoivxaiateXiav  9  xaiaoovXiav 
TtcuxccTtTtae  10  xaixaToaXaTeavxai7io  11  XmcoKaioaEKöLOGao 
12  oi(xiTaQXLOvnavrtf.iou  13  yaiTtovao  .okovootze  14  ovooimt 
tdoGVf.iaQL.ao     15  nXegovoo 

1  &]€og  rvxa '  [Ji]ots[_X]-  2  t]og  dq%ovtog  edot-e  3  toi  ddfioi, 
7ZQog~evov    4  el/nsv  Bouotäiv  xai  eve-    5  qykxav  JSioßav  ldg~L-   6 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böofc.  dialekts.  195 

ovßa)  KctQxadoviov  y,al  7  sl/uev  [f]oi  yäg  xat  [fjoixlct-  8  g 
i'naaiv  xat  dteXiav  9  xat  doovXlav  xat  ica[yy]a[v  10  xat 
xar[-#]aAaz;[V]av  xat  7to-  11  Xifta)  xat  \X\qd\ya~]g  l[w]oag. 
12  J3]otwra£>xtdv[zr]wj'  Tt/uo[Aaa>,  13  X]ai[e]ajv[d~]ao ,  [0]tWog, 
[iH]«'[v-     14  eojvog,    ll7i7tl[a\o,  [E]v(.iaQi[Ö]ao,     15  Jltaa/wjvog. 

1  Boeckh  &]sog  ivya\y  Keil  ^t]or£[T]tos  oder  J5w]r«'- 
(TJtog.  7.  9.  10.11  Boeckh.  12  Boeckh  B]oi(üraQxi6v[T~]tov, 
Keil  TL/no^[eiXco] ,  ich  habe  7fyto[Aaw  geschrieben,  um  die  länge 
der  zeile  nicht  allzu  sehr  auszudehnen.  13  Boeckh  Ahtovao, 
Keil  X]aiQwv\ß]ao  Keil  &]ia)vog  oder  KX~]iiavog.  14  Boeckh 
"Iitjtidog,  Ähren s  II,  522  llrtni\ti\o.  15  Boeckh  II[aaia)]vog, 
Keil  n[aalcü]vog  oder  JI[ar]^[w]vog. 

Die  alte  Schreibung  ai  ist  noch  überall  beibehalten,  vgl. 
zu  Theben  33;  tnaoig  ist  ohne  gemination  geschrieben,  wie  es 
sich  auch  Orchomenos  25  findet,  vgl.  Theben  4. 

36)  Keil  Zur  syll.  s.  553. 

1  xacpioodtüQOOOü)da[j.ü)     2  diovovoioodcoQO&sa)    3  ovaaavÖQoa 

7tovd-(avoo     4  Xovoiaodiu)     5  aoa)7tiüvevxXeioo     6   xaÄtaxÄetff 

dafxwvoa    7  dafiaya&oodaXitovoo    8  ctQiOTO&voo&EOTeXioo    9 

viovoodcüQoaa&aviao     10  (ov&eoöwqcd     11  aovwuxo     12  reu?/* 

vaamvoa     13  aizooEiavöga)     14  atoodevt-iTtca 

1   KacpioddcoQog    2wdd/,iw     2    Jiovovoiog    Jcogo&ea)     3    'Ova- 

aavÖQog  JJovd-tovog    4  Aovaiag  d'ua\yog    5  IdGwrtiav  Evxleiog 

6   ÄaÄtaxAfitg    Jaf-iwvog     7    Ja/xdya&og    JaXicovog     8  [dqia- 

xo^evog  QsoTsXiog    9   J  Lo]viOva6dioQog  Id&aviao    10  -gw  0€O- 

deo'^eu     11   -ag   Nl'kIuo    12    -rtov  Mvdaiovog    13   J'i\atxog\  Ev- 

avÖQü)     14  -arog  Jev^Lthö. 

4  Keil  5  Keil  yAoüm\i\o)v\  das  überlieferte IAöwtkov  ver- 
hält sich  zu  ld.oa)7z6do)Qog  wie  nozd/ncov,  ^TQvpcov,  "Hqiov,  Nv/a- 
Cpajv,  c2sxäVw»'  zu  notcxfxodcüQog,  ^rgv/noötogog  u.  s.  w.  7  Keil 
^ajjujwvog,  doch  vgl.  JaXitov  KoQiovsvg  Athen.  III,  173,  nr.  69. 
9  Keil.  10  Keil  ^t>v.  11  Keil  IVW]ag.  12  Keil  Ä^a]- 
twv.  13  Keil;  das  <u  in  z//]<urog  ist  nicht  „dialektisch  be- 
denklich", vgl.  zu  Theben  33.  14  Keil  ^e]arog  z/€t£t7r[/t]to 
vgl.  aber  Theben  4.  Statt  "Aqaxog  kann  auch  ^Eqaxog  auf  dem 
stein  gestanden  haben. 

37)  Vis  eher,  Epigr.  u.  arch.  beitr.  s.  49  (Kl.  sehr.  II,  s. 
73f.)  Keil  Syll.  s.  73,  nr.  XII. 

1  &£Oxxü)€Q[.icuioiaQEia     2  7tox£iöaovie^i7tvXrjo. 
1   ©eoxxw  lEQfialu)  ictQeia     2  JIoTEiödovi  kft7tvX^o[i. 


196  R.  Meister 

Oeoxxü)  und  JSevoxxw,  Tanagra  83,  29,  sind  wohl  zunächst 
als  zweistämmige  kurznamen  aufzufassen ,  die  aus  @so-x,X(o, 
Sevo-xXco  (vgl.  die  namen  Meyaxlw,  XccqikXio,  EvxXoj  bei  Pape- 
Benseler)  durch  assiniilation  entstanden  sind.  Mit  dem 
schwinden  der  erinnerung  an  die  bedeutung  der  silbe  -xAcu  ;  -xxw 
wird  dann  zuweilen  die  Gemination  vernachlässigt  (vgl.  Theben 
4)  so  in  l4QiatoKco  Tanagra  83,  5.  Eine  andere  bewandtniss 
hat  es  mit  JaXtxyuo  Tanagra  83,  7,  dessen  zweiter  stamm  -txxw 
wie  das  maskulinische  -Ixwv  zu  schliessendem  -iXErrjg  zu  stellen 
ist,  so  dass  z/aA-txxw  zu  vergleichen  ist  mit  dem  maskulinischen 
Tlov&ixiöv  Tanagra  81,  56  ^AnzXX-Miav  (==  AnoXXcov-ix.i'Trjg). 
In  ictgog  bewahrt  der  böotische  dialekt  getreu  das  ursprüng- 
liche a,  ich  kenne  nur  ein  sicheres  beispiel  eines  €  in  diesem 
stamm,  'IeQwvog  Akraephion  Girard  Bull,  de  corr.  II,  s.  507, 
nr.  14.  —  Die  Schreibung  ÜOTEiddovi  muss  durch  die  Überein- 
stimmung der  copien  von  E.  Curtius  bei  Keil,  Ulrichs  Ann. 
dell'  inst.  XX,  s.  49,  Vischer  a.o.  und  Rang.  1212  als  ge- 
nügend festgestellt  angesehen  werden  gegen  Keils  conjectur 
noT£idd[üJ]vL  und  die  lesung  von  Lebas  483  nozeidalovi. 

38)  Keil  Syll.  s.  74,  nr.  Xllb. 

1  livrltüv     2  ave&EMe     3  IlavaQ^wv     4  tölg  iteoig. 

TlavaQf.i(x>v  accusativ  von  Tlavaguto,  vgl.  Niovfiwv  Orcho- 
menos  27,  10. 

39)  Kumanudes  AttiTtfjg  eruyQaqxxi  smTVjußiot  s.  222, 
nr.  1828. 

1  Ilccvv^aoig  Mev....     2  @£i]ßrjog. 

Tlavvaaig  kehrt  als  name  eines  Orchomeniers  wieder  Or- 
chomenos  8,  9. 

40)  Kumanudes  ebd.  s.  221,  nr.  1829. 
1  neiÄeorgoTidag     2  Qsißfjog. 

Der  eigenname  mit  seinem  n  dient  dazu  den  delphischen 
namen  nrjXsxXiag  (W escher  und  Foucart  54,  3)  gegen  jeden 
änderungsversuch  (vgl.  Keil  Rhein  mus.  XIX,  616)  zu  schützen. 
Wir  sehen  daraus,  dass  dem  von  den  grammatikern  (Hero- 
dian  ed.  Lentz  I,  507,  5 ff.)  den  Aeoliern  zugeschriebenen 
Ttrjlv'i  entsprechend  7riyA«  {tveIXe)  auch  die  dorisch  -  böotische 
form  für  trjXe  war. 

41)  Keil  Zur  syll.  s.  601. 
LdXxiöaftog 

42)  Keil  Zur  syll.  s.  591. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  197 

1  öaXagxog     2  ßaaiXeia 
1  JdXaqxog    2  BaalXeia. 

Keil  nach  Rang.  2064  Jd[fj.]aqxog ;  vgl.  aber  nv&aQxog, 
Jiovvoagxog,  c'EQf.i(XQ%og  u.  s.  w. 

43)  Rang.  2065. 

1  2woavdQog     2  Qeoyivcov. 

44)  CIG.  1645. 

MOVQTÜ). 

45)  CIG.  1670. 

1  a^aQxoaayiQanoa     2  af.navTtaxQOY.Xa 
1  d~]d[xaQXog  l4y.qa[ri\og     2  J^d/uiov  nar<>[i6vd]a[o. 
B  o  e  c  kh  ^/]ax£a[rt]oc.  ?     Ilatqo^X[ß]a  ? 

46)  Lebas  528. 

LO^lEiVO  3I(J/il£lV0- 

In  den  folgenden  inschriften  finden  sich  bereits  helleni- 
stische formen. 

47)  CIG.  1576  (Keil  Syll.  s.  49). 

Die  Zeilenangabe  bezieht  sich  auf  den  abdruck  im  CIG. 
1  xaXhxQaTeooaQxovTOO     2  &£oyiTioviaQedaoiyr]a?>oo     3  mXciq 
X€OVT£Oaya&ü)v     4  teXevixu)7taTiovda[.ictQxto    5  cpccQaöaoevxoQio 
&aXXeio    6  avdaf.tovTa)vxaQavrivcov    7  avayeof.i€vx/uoaTevoia    8 
&ev£iocpiloou)vooxr]Tr] 

Die  copie  des  Cyriacus  ist  so  mangelhaft,  dass  man  vor 
der  hand  an  einer  befriedigenden  herstellung  der  Zeilen  2.  7.  8 
verzweifeln  muss.     Das  übrige  lautet: 

1  KalliY-gdveog  aQxowog  3  elXaqxiovveg  ^Aydftcov  4  TeXe- 
viyuo,  n[X]ctTiov  (oder  /Tar[^]wy?)  Ja/ndQxo),  5  Occgadag:?) 
EvyoQco,   QdXXeig     6  Evödf-iov,  tcov  Taqavxiviov 

Für  die  formen  KaXXiXQdxeog ,  elXaQxeovxeg ,  Evdduov  ver- 
langt der  böotische  dialekt  KaXXixQaTiog,  fiXagxiovTsg,  Evdd/Lico. 

48)  Kumanudes  Athen.  III,  s.  482,  z.  5—24. 


1  ...d]vÖQio[v]  oool  av  d 

t]tjv  e£  14qslov  Ttdyov    ßovXrjv . . 

dedöx\&cci  rm   örff-im   j  a  j ....e(.i.a.öeat. 


5  e'Xst-e  '  erriöel  Ircl  &£vyv(orstda[o  ctQyovTog 


198 


R.  Meister 


.  .7i\<XTCcX£iq>&EVT€Q   lv    Xol    Il£lQa€[l  . . . . 

. .d7tod6(xtv  xd/.i    Mwvvxiccv  xo/li.... 

..l4&]avr]oi  xolg  oxooxiajxrjg  avxol  avj... 

£vqi?]oxov&i  xa   eveoye a  yeyev .... 

10  . ...  COV    XCÜV    7tQO)t?T]V    [7tE7i\qay(.i£v[oiv . . . 

. . .  d]s  ?!-ao&r]  xwv   %qel(.kxt(ji)v  xcü — 

..do?xia,    ortiog  xa  xo[uxxd/*evoi  x.... 

...rj  Xi[xtva..dxeXuov  ol  cpiXoj.... 

. . . ftev  xfj  rcoXt  Qeißrjwv  zag  ontod ?... 
15  . .  OT[QOTi(OTr]g,  dsdox&ai  xol  ödfxoi 

....onoxxa  TtaoxsxXetKe  av... 

..  ./  TlQOOxaxeiQioi  fieivl  'Aar... 

....g   nrj  xol  l4Qeo7taylrr]  xj) — 

. .xa]Xdvxcov  ■*.}}  ovo   xj)    ÖQa\^/n]a . . . 
20  .../  wv  xiy   f)/*iioߣXia)  xo  srtißdXXo[v . . . 

. . . .  g  Id&avrjiov  [e)xt  d   -rcoXig   &ei[ßrjiov 

...xwy,   ortcog  xa  dia^evoi  d  q>[iX... 

...og  avdoag  otc.... 

o 

? 

Die  inschrift  bietet  uns  einen  athenischen  volksbeschluss 
in  attischem  und  böotischem  dialekt  abgefasst,  der  bezug  neh- 
mend auf  ein  bündniss  zwischen  Athen  und  Theben  (22)  die 
auszahlung  einer  den  Thebanern  zufallenden  (xa  doxia  12,  xo 
ETtißdXXov  20)  summe  mit  rücksicht  auf  ein  bestimmtes  verdienst 
der  Thebaner  (9  ff.)  zu  verfügen  scheint,  wobei  der  Areopag 
eine  rolle  spielt  (2,  18).  Kumanudes  denkt  an  die  Zeiten 
des  Kassander  und  Demetrios  Poliorketes.  Dem  böotischen 
dialekt  fremd  ist  7tQiotrjV  10,  wofür  es  böotisch  tcqüS'Colv  heisst. 
49)  Keil  Zur  syll.  s.  546  f.  nr.  XXXV. 

I.  1  Ti(.ieov  aQxovTog  aTtsXrjXv&oxeg  2  ex  xtov  iytfßcov  3  Me- 
vexXfjg  MavExXeog  4  L4n:oXX6öcoQog  Teifiiov  5  Jrjfxoqowv  Me- 
XiotIxov  6  EvrtOQog  OaXaxouovog  7  üaodfxovog  <t>aXay.Qioj- 
vog  8  2xgdxcov  SifxLov  9  "Aoxntnog  yLovoioxqdxio  10  Ka- 
oaioyeizog    3E/.t7tediovog     11    JScoztov    El&vxgdxovg      12  yteov- 

xevg  l4vxliovog      13  Zunvqog   Botioxw     14  3OvdoiiLi[og 

15  QeLdwQog  0[e\t,dwQ(o  16  3Ovdoi^iog  'Ovaaiina)  17  üceod- 
(.wvog  JdfAiavog  18  2xqoxü)v  2ü)oißito  19  ^cüxeioixog  2co- 
xsIqü)    20  Kvddv[co]Q  T[ifj]ea. 

II.  1  Idoioxicov  l/loioxiiovog    2  Ilov&oxXfjg  TloXovaQX<a    3  lAyoo- 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  199 

dixLog  nagcc/novo)  4  Jtovovaiog  tOfxoXiotxio  5  üqü^lcüv  Iloa- 
giiovog  6  Evrtooog  Jlovvouo  7  Idgioxiiov  2iooixXeovg  8  14qi- 
axs[ag   oder  tdrjg]..     9   BevoqpiXog  ld(.icpiY.Xeovg     10  14qloxuov 

Zcü7tOVQ(0. 

Für  die  späte  abfassung  der  inschrift  dient  uns  die  Schrei- 
bung el  für  i  in  El&vx,QccTovg  I,  11  (vgl.  '[&vxodxeig  Orchome- 
nos  11,  34.  35),  die  genetive  auf  -xXsovg  für  -nXeiog,  die  no- 
minative  auf  -xXrjg  für  -xXelg,  MeXloxlxov  I  5  für  -ozi%ü)  u.  a. 
als  zeugniss. 

Böotische  Schreibungen  haben  sich  erhalten  in  uiovaLOxqd- 
tw,  üov&OKXrjg,  üoXovaQxco,  z/iovovowg,  Zlotxovqio,  £(x)TUQi%og, 
Zioxeioio,  JSxqozlov  neben  2xodxiov,  in  den  genetiven  auf  -to,  in 
QetdwQog  Geidwoto  und  l4cpQ0ÖixL0g  für  'AyoodiGLog. 

50)  Decharme  Recueil  d'inscr.  ined.  de  Beotie  s.  19,  nr.  7. 
1    ctQiotooTeXEiooTtaTEiQTiov&oyiT .  .juaysi ...     2  .  &oiv .  g~avxoi 

O&EOlG 

1  ^QLOxoxeXsig  07i[x]axeiQ,   IIov&oyix[cüv]  f,tdyu[Qog     2  £}&ol- 
v[a]t-av  xolg  &eolg. 

Decharme  will  onaxdq  in  der  bedeutung  von  orzdwv, 
OTtaöog,  07tadrjT^Q  fassen ;  ich  vermuthe,  dass  OTtxaxeig  auf  dem 
steine  geschrieben  ist,  und  dass  der  name  onxaxEiq  die  function 
desjenigen  mitgliedes  einer  böotischen  cultgesellschaft  angiebt, 
das  in  lakonischen  inschriften  ähnlicher  genossenschaften  als 
aQzoxÖ7Tog  (Lebas-Foucart  163a,  z.  31)  oder  oxponotg  (= 
oxpojtoiög,  Lebas-Foucart  163c,  z.  51)  neben  dem  [layeioog 
genannt  wird.  In  der  2.  zeile  schreibt  Decharme  fehlerhaft 
e&OLv[r[]g~av.  —  Die  form  (.myetQog  gehört  dem  vulgären  dialekte 
an,  böotisch  ist  (.myiQog  vgl.  l4ydd-iov  [.idyioog  Tanagra  81,  73 
und  die  grammatikerzeugnisse  für  äolisches  (.tdyiQog  bei  Ah- 
rens  I,  60  anm.  40.  Doch  liest  man  /.idyioog  auch  auf  einer 
kerkyräischen  (GIG.  add.  1849c,  z.  7)  und  auf  lakonischen  in- 
schriften (Lebas-Foucart  163a,  z.  33;  163d,  z.  55). 

51)  Foucart  Revue  archeol.  XXIX,  s.  112 f. 

I  1 La  2  Xoa  II  ßaoiXeia  III  1  xovadeXqpov    2  tov 

ovlov     3  öcoqiwv    4  Xewv[xeXao     5  e7toiqoav 
I    1  -La     2  -Xoa    II  BaotXeLa    III  1  xbv  ddeXqpov    2  xöv  ovlov 
3  zfioQicov,     4  Aicov,  MsXag    5  e-rtorjoav. 

Böotischer   vocalismus   zeigt  sich  noch    in   der  Schreibung 

OVLOV. 

52)  Keil  Zur  syll.  s.  541,  nr.  XXXIV. 


200  R.  Meister 


Lebas  492:  1  xalfox ao     2  ccQxovTooarteX  .     3  .ovzeaaa 

TOV./.I.VO..V     4  xXeiovoo    5  <pt] .tovEvrayfta 

Rangabe  705:  1  ct%aY...%iooo    2  ccQxovrooaTteil.v.oov    3  o 

vTsaeoTav^iovatov     4  ..OTCüv.vTay/uaxkeiovooo 
1  ÄaAAtxfcar/djao     2  ceQxovzog  drrsl[rjl\v-     3  ^Jovreg  eg  t[w]v 
[e-]     4  <jp^[/?]wv  ev  rdyfta. 

Neben  zeile  3  und  4  steht  der  name: 

3  Movoiov  4  Kliwvog. 
Die  herstellung  der  inschrift  rührt  von  Keil  her;  nur  z.  3 
habe  ich  das  von  Rangabe  gegebene  Movatav  (von  f.iovaa)  un- 
verändert gelassen,  weil  auch  bei  Lebas  o  als  vierter  buchstabe 
des  namens  mehr  auf  ein  rundes  a  als  auf  ein  q  hinzuweisen 
scheint.  Dem  böotischen  dialekte  entspricht  die  form  Kcdlixgcc- 
Tiöao  und  der  gebrauch  der  präpositionen  ig  und  iv,  dem  hel- 
lenistischen scptjßciiv  und  Kkewvog.  Die  bildung  des  part.  pf.  auf 
-oweg,  die  auch  äolisch  ist  (vgl.  Ähren s  1,148  und  Keil  a.o.), 
findet  ebenso  wenig  wie  die  attische  form  im  böotischen  dialekt 
weitere  belege. 

53)  Rang.  1316,  Lebas  493. 

In  einer  längeren  namenliste  findet  sich  nur  in  XaQida^iog 
B  IG  der  dialekt  der  landschaft  bewahrt,  da  das  von  Ran  gäbe 
B  17  gebotene  üoridag  (Lebas  II..  lag)  zweifelhaft  ist. 

54)  Keil  Zur  syll.  s.  601. 

1  'Ioftrjvtxcc     2  Jäfiüßvog     3   Qrjßala. 

55)  CIG.  1669. 
1  daiioOTQ<xTaoiY.vü)v    2  XQ€0i;a 

1  JaiAOOTQara  2i-kvwv{Io)     2  XQ{ji\aT(x  °^er  XQe[i}aT(*  ? 

56)  Lebas  550. 
1  nag ...va     2  XQ •  •  •  %r\     ^  XaL •  • € 

1  IIaQ[a(.i6~\va     2-^(j]^     3  xaL[o\£' 


a 


II.  Orchomenos. 
a)  Inschriften  epichorischen  alphabets. 
1)  CIG.  1639  (Keil  Syll.  s.  177). 
1  &itißcw.e,vfa.i     2  STtiöeYaovc 
1  'Eni  Baxevfai     2  3Ercl  Jk^avi. 

So  geben  übereinstimmend  die  copien  von  Rose  (CIG.), 
Leake  (Taf.  VIII,  nr.  36)  und  Curtius  (bei  Keil  a.o.);  Ran- 
gabe 331  liest  1  s7tißay.Eviai  2  £7tidiYoovi. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  201 

Das  digamma  des  namens  Baxevfag  ist  wie  öfters  nach,  v 
eingetreten  um  die  beim  Übergang  zum  folgenden  vokal  zwischen 
vokalischer  und  consonantischer  ausspräche  schwankende  natur 
des  v  einigermassen  auszudrücken.  Den  von  Curtius  Grz.4 
570  dafür  beigebrachten  beispielen  will  ich  noch  das  dodonäische 
Evßavögog  (Karapanos  PI.  XXXIV,  3  s.  71,  nr.  3)  hinzufügen, 
in  dem  ß  die  stelle  von  /  eingenommen  hat.  Die  im  übrigen 
seltenen  namen  auf  svag  waren  in  Orchomenos  nicht  ungebräuch- 
lich. Wir  werden  Kgarevag  nr.  11,  43  antreffen,  Idlevag  nr. 
10  und  einen  archonten  von  Orchomenos  desselben  namens  nr. 
25.     Baxevag  schliesst  sich  an  Baxevg  (—Baxxevg?)  an. 

2)  CIG.  1643. 
■kvöiXXs     KvöiXXei  [g  ? 

Mit  dem  suffix  -illrjg  statt  -illog  vgl.  idfxt'AAafg?]  Tanagra 
54  III,  4  statt  des  gewöhnlichen  ^LäxvXXog,  Bioxxug  Hyettos 
Athen.  I,  490  ff. ,  nr.  12,  9  statt  Btorvog  Orchomenos  11,  20. 
Das  fehlen  des  sehliessenden  a  könnte  nach  dem  zu  Theben 
24   bemerkten  erklärt  werden. 

3)  3E(pYj(x .  aQ%.  796,  Rang.  364  (Lebas  635). 
voulieo         NoxXtstg. 

Wenn  die  inschrift  unverstümmelt  erhalten  ist,  wird  man 
NoxXUig  aus  JSeo-nXUig  erlären,  vgl.  Kleagiorrj  \  Qoyeitovog  \ 
l4l(D7Z£Kfj&ev  Kumanudes  l4xx.  hnyq.  luvt.  s.  34,  nr.  200 
Qoöiiov  Euböa  Stud.  V,  257,  64;  2o'töa  Sparta  Lebas  163b, 
z.  37.  Das  nächstliegende  beispiel  würde  voxlso  Noxlalg  CIG. 
1651  sein,  wenn  man  nicht  mit  Keil  Syll.  s.  178  muthmassen 
müsste,  dass  da  dieselbe  inschrift  in  einer  weniger  genauen 
copie  uns  vorliegt.  Vgl.  auch  Tanagra  4.  —  Ist  aber  anzunehmen 
dass  der  anfang  des  namens  nicht  erhalten  ist,  so  bieten  sich 
als  mögliche  ergänzungen  l4Q~\voxki£ig  (Keil  a.  o.),  l4fit]voxXi€ig, 
0a]voxlietg  u.  a. 

4)  Rang.  333. 
Y.aXkiyuxiov         KaXXiyeiriov. 

Offenbar    dieselbe   inschrift    findet    sich   'Ecprjf.i.    dgx.    799; 
Lebas  634,  s.  144  in  der  form  : 
xalXiyiTtov         KcclhyiTiov. 

Da  sich  in  den  inschriften  epichorischen  alphabets  ursprüng- 
liches et  bereits  häufig  durch  l  ausgedrückt,  aber  zuweilen  auch 
erhalten  findet,  so  ist  eine  entscheidung  zwischen  diesen  beiden 
lesarten  vor  der  hand  nicht  möglich. 

Beiträge  i.  künde  d.  ig.  sprachen.  V.  i  a 


202 


B,.  Meister 


5)  yEq>f]f.i.  ccqx.  814,  Rang.  335  (Lebas  646). 
1  aQiazo/iieöa     2  xecpahfoa 

1  l4Qiarof.ttöa  (oder  L4Qiavo(.ieida)     2  KecpaXXig. 

6)  'Ecprif.1.  dgX'  816,  Rang.  357  (Lebas  614). 
(fiXovTOi/.VTtaQtaoot         OlXiov  toi  Kv/taQiaaoi. 

7)  Von  den  münzlegenden  sind  ohne  zweifei  die  linksläu- 
figen und  die  mit  R  —  q  in  diese  periode  zu  versetzen,  Im- 
hoof-Blumer  a.  o.  s.  361,  nr.  31;  s.  362,  nr.  34;  s.  363,  nr. 
36,  37,  40—42;  s.  364,  nr.  43 — 45.  Von  denen,  die  eqx  ('Eqyo- 
/.teviog,  'Eq%0(i£vlov ,  'Eqxoiisvuov)  bieten,  sind  die  mit  EYDO 
(Imhoof-Blumer,  a.o.  s.  365,  nr.  47),  EYJO  (ebd.  nr.  48), 
VJOPO  (ebd.  nr.  50),  JOPO  (ebd.  nr.  52),  also  Evöwqo[$  oder 
EvdtoQio  über  dem  abgekürzten  stadtnamen,  durch  ihr  ionisches 
zeichen  für  %  und  ihr  den  gedehnten  o-laut  in  alter  weise  aus- 
drückendes O  die  Vertreter  der  Übergangsperiode  vom  alten  zum 
neuen  aiphabet  in  Orchomenos. 


b)  Inschriften  ionischen  alphabets. 

a)  Aeltere. 

8)  Rang.  898. 

Keil  Zur  syll.  s.  579  bemerkt  über  diese  inschrift:  „Von 
diesem  leider  sehr  verstümmelten  denkmale  besitze  ich  auch  eine 
etwas  vollständigere  abschrift  Welckers;  ich  werde  daher  das 
ganze  anderswo  behandeln  und  setze  hier  bloss  den  anfang  her 
und  den  beginn  einer  zweiten  liste,  welchen  Rh anga bis  nicht 
erkannt  hat".  Die  erste  liste  z.  1 — 34  scheint  nun  hieher  zu  ge- 
hören, da  ursprüngliches  oi  und  v  in  den  betreffenden  Worten  er- 
halten ist.  Leider  ist  Keil  nicht  mehr  dazu  gekommen,  die 
vollständigere  abschrift  Welckers,  über  deren  verbleib  mir  nichts 
bekannt  ist,  zu  publicieren ;  die  copie,  die  bei  R  a  n  g  a  b  e  steht, 
ist  so  mangelhaft,  dass  sie  nicht  als  genügende  grundlage  für 
einen  ergänzungsversuch  gelten  kann.  Ich  beschränke  mich  des- 
halb auf  anführung  des  hinlänglich  sicheren: 
1  Qiog  2  Tod  ovveßdXov&o  iv  [r]6v  [ÜeioavQov  tw  3  l4oxla- 
7Ti<jö  (zu  der  Schreibung  des  Wortes  mit  x  fur  x,  die  Orchome- 
nos 11,  40  in  der  Rangabe'schen  copie  und  CIG.  6737  wie- 
derkehrt vgl.  die  von  Röscher  De  aspiratione  vulgari,  Cur- 
tius  Studien  1*  s.  76  ff.  zusammengestellten  beispiele)  ccqxov- 
tiüv  4  yO]Xv^i7tixicü  5  QioyvsiTidlao)  Gioyvsirid[a]o  [yg-  6  afi- 
\jf\aTidovTog     8  !Aqigtuov    9  IIavvaai[g    14  ^Ovaoifxog  Qio[y]i- 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  203 

xdviog  15  läTtoXXodiögiog  16  Tif.ioy.Xi[ß~\a[g  17  OiXoxgdxeig 
18  JVIvgixiog  20  JiOA.Xldag  23  ylvoictg  28  Jioylxiov  29  l0^o- 
Awi'xog     31  Niyuvog     33  Kao?io6dwgog     34  ^A&avodwgog. 

Die  Schreibung  yga(.if.taxlöovxog  6  findet  sich  für  das  ge- 
wöhnliche .ygauf.iaxiddovxog  auch  Orchomenos  20.  Im  übri- 
gen vgl.  Theben  4.  9  den  namen  üavvaoig  hat  Rangabe  nicht 
erkannt.  Denselben  namen  von  Ku  manu  des  durch  conjectur 
hergestellt  s.  Theben  39. 

9)  CIG.  1579  (Keil  Syll.  s.  56). 

1  Mtgiyog  IIoXvy.gdziog,  cIagi6vvf.iog  Jioylxovog  2  dvdgeooi  %o- 
gayeloavxeg  vmdoavTeg  Juovvooi  3  dve&er/.av,  Ttfxwvog  dgxov- 
xog,  avXlovxog  KXeivtao,     4  dtöovxog  ldXv.io$eviog. 

10)  CIG.  1580  (Keil  Syll.  s.  56). 

1  AXevag  JSlv.iovog,  Kaifioööwgog  ^AyXaocpa'idao  dvdgeooi  2  x°~ 
gayiovxeg  vtY.aoa.vxeg  Jioivvooi  dve&evav,  L4-0--  3  aviao  dgyov- 
xog,  avXlovxog  Kleivlao,  dtöovxog  Kgd-     4  xiovog. 

11)  Keil  Zur  syll.  s.  562 f.,  nr.  XXXVIII. 

1  (DiXoddiiu)  dgxovzog  Bouoxoig,  'Egyof.ielyl-  2  oig  de  Qioyvei- 
xlöao,  noXe^iagxiovxiov  3  Evyagldao  Jafiaxgiyjü),  Kacpioiddao 
Ileö-  4  a[x.]Xeia),  OlXXiog  Iloxa/nodiogiio,  yga/nf.taxld[d-  5  ov- 
zog  xdig  rcoXefidgxoig  IToXvgelxo)  Qio-  6  xovdei'a)  xoil  ngdxov 
eoxQoxeva&rj  •  7  MvaoldiY.og  l4&avodwgiog,  Ilovi^lag  Qiod-  8 
oxiog,  QgaovXaog  Tiuaoid-tio,  "Itttziov  lAd-av-  9  oöiogiog,  ^AnoX- 
Xoöiogog  'OXv/iiTtixiog,  Kogeid-  10  dag  Sevcoviog,  Ev7tofj.7tog 
KaXXiyixöviog,  Ho-  11  v&cov  l4/.uvoxXeiog,  KaXXixgdxeig  L4ya- 
o[i-  12  fjog,  Ilov&ödiogog  'Ogvirjog,  Ti[io[x]Xel  Qi-  13  oöw- 
QLXiog,  EvgvXoyog  Faoxiviog,  TIxo)[uo-  14  v  [lMv]aOLwvtog,  yifxi- 
vlag  Ti/iioiviog,  lAyeloa-  15  vögog  OiXcoviog,  Kacpioödiogog  yLa- 
/.gdxe-  16  10g,  !Agioxo/.Xelg  Agloxiovog,  yAgioxo\(.i-  17  eveig 
(DiXo/.Xeiog ,  dev^utitog  ^OXv^iTcly^io-  18  g,  Aiwviovoiog  TeXe- 
odgyiog,  KaXXiag  19  Nr/.oxXeiog,  Mvaotvixog  !Agioxoö-  20 
d/uiog,  'Ovdoi/iiog  Bioxxio,  rXavxog  Ka-  21  gaicoviog,  Mvaoi- 
&dXeig  OiOTVÖ/LiTtiog,  3-  22  d&iov  (Of.ioXiolxiog,  EvdyyeXog  Qio- 
xl-  23  (.uo,  Mevedafiog  Oioxlf.iio,  c'Eg[ia>v  !A&avirj-  24  og,  Mva- 
oliov  Mvaoi&lw,  Aa/.i[ozt]ii)v  2af.ii-     25   xi0S,  Mvgxwv  2o/ug)6- 

gio,  N 26  10g,  Kagdi'xog  Ti/.idvdgi[og 27  og  

[0i-     28    Xinnlöag  Bevo[xtf.i]iog,   ein? 29  vo- 

Xog?  Evq>df.nog,  KaXXioxgoxog  KaXXiox-  30  goxtog,  noxa/uo- 
di[x]og  TlgoxXelog,  TeXeo-  31  tag  Karciioviog,  Udomv  üoXovt-e- 
viog,   Qio-   32  xeXeig  A&avoöiogtog,  Aa/udxgtxog  2xga-   33  zco}- 

14* 


204 


R.  Meister 


viog,  lAvxiywv  lfccQtoviog,  KaXXlag  *Aqig-  34  tokIiöcco,  2to[cpd}- 
veig  ~(jüo[TQ]a[r]idao,  3Id-vKQ-  35  dreig  IdQxiy.Xidao,  l4[q>~\r]ari- 
lov  Avv.ivio-  36  g,  XaQ[c6v~\dag  [X]ccQt6viog,  Medwv  Tifiwviog, 
37  Jiöxinog  Qqaai6viogy  *A&avlag  AvÖq[iov-  38  wg],  JIqoxql- 
xog  MeiXifjog,  KdXXirtTtog  Faadv[dQt-  39  o[g),  Adaqypg  Ti/lio- 
Xdiog,  Bsvcov  Ü>iXsTrj[Qi-  40  og],  !AQiotctQ%og  LdtoxXetTcixiog,  Ka- 
(fioiixiv  [M.~\v[ql-  41  %[i]og,  Ev/ueiXog  EvxXidao,  Ld/Luvolccg  Ke- 
(pioviog,  42  E]v/^i€[i]Xog  [^f\a[y~\ercco ,  lAyuoivi*og  'Aglotiovog, 
43  nox~\ct(.i6du)Qog  'Egiorlcovog,  KQaz€va[g]  Mv[a]o[i&-  44  t]w, 
lAvxw.(id%zig  XrjQw[v]öao,  Ev&ovf.iog  TeXeorfjjog,  E-  45  vjcpo- 
viaxog  Kaq>iood(6()iog,  (DiXo&vog  [K-  46  £cpiovlx[i]og ,  Id&avd- 
dag  AvÖQOzsXeiog ,  2ZtöT[£iQi%og?  47  Kaq)i]oodcoQiog ,  llovitovi- 
%og  (DiXoxQdTeiog,  [z/-  48  ivöaxQo\%\og  ngat-itäviog,  KoQ07tiöag 
Jo[y~\l[(x]Lo[g,    49  TeXealag  AQi[oT\ü)vog. 

Z.  5  Keil  IIoXv[x.q~\it(ü ,•  die  copien  übereinstimmend  JIoXv- 
geiTio  (==  FloXvQQrjTO))  wie  TIoXiovQeLTog  Hyettos  16;  vgl.  Theben 
4.  Z.  9.  10  wage  ich  nicht  das  sicher  bezeugte  KoQSiddag  mit 
Keil  in  Kogaiddag  zu  ändern,  zumal  die  von  Keil  zur  erklä- 
rung  des  namens  herangezogene  böotische  stadt  Xoqoia  hiess 
und  ihre  einwohner  Xogoieieg;  das  ergiebt  sich  aus  den  von  Ku- 
manudes  Athen.  IV,  s.  215  veröffentlichten  proxeniedekreten 
dieser  stadt  und  stimmt  zu  Stephanos  Byz.  (ed.  Meineke 
s.  695  f.)  XoQota,  rröXig  Bonoviag  .  Ilavaavlag  hdzo)  (c.  24,  5) 
,,«x  ds  Kvqtcüviov  vTCSQßdXXovTL  zö  OQog  7c6Xig/tid  soti  XoQoiag". 
to  sd-viKÖv  XoqoiEvg.  KoQEidöag  würde  etwa  mit  dem  delphi- 
schen KoQTjTag  (s.  bei  Pape-Ben seier)  verglichen  werden 
können.  Z.  14  ist  gegen  das  KeiVsche  l4va[t-\u6viog  einzuwen- 
den, dass  der  stamm  dieses  wortes  sein  digamma  im  böotischen 
dialekte  beibehält.  Die  inschrift  von  Lebadeia  Keil  Zur  syll. 
551  kann  dagegen  nicht  angeführt  werden ,  da  Idvctt-icovog  dort 
die  2.  zeile  beginnt  und  der  schluss  der  vorhergehenden  nicht 
erhalten  ist.  Mvaoaovwg  hatte  Keil  selbst  Syll.  nr.  II  ver- 
muthet.  —  Zu  der  weglassung  des  schliessenden  sigma  Ti^io- 
[yQXel  QiodcoQixiog  12.  13  vgl.  Theben  24.  Z.  14  und  42  habe 
ich  tdysi-  mit  spir.  asp.  geschrieben  nach  HayeiaavÖQog  The- 
ben 3.  —  28  Keil  Msvo[xXa]log ;  Bevöri(.iog  ist  uns  als  Orcho- 
menier  bekannt  aus  Orchomenos  12,  7.  —  28.  29  Keil  E[vqv- 
X~]o[%\og,  ganz  unsicher.  —  30  Keil  lIoTct(.i6d[toQ\og,  früher  Syll. 
nr.  II  IIoTa/AÖdi\x]og ;  der  name  ist  gebildet  wie  2^yia/navÖQodixi], 
cEQ(x66iyf.ogy  'HQÖdwog  u.  s.  w.  —  Ran  gäbe  1304  schreibt  viel- 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  205 

leicht  richtiger  als  E.  Curtius  und  Ross  l4oxXanlxiog  vgl.  zu 
Orchomenos  8.  —  42  Keil  schreibt  !4.Xx.]frao,  vermuthet  aber 
auch  selbst  Aayhao,  das  sich  besser  an  die  gegebenen  zeichen 
anschliesst. 

12)  Foucart  Bull,  de  corr.  III,  s.  453. 
1  isvTccvaoiai . ot  2  <CaX£i-avdQü)OTQarayiovTOO  3  ödwguofiX 
aQXLOVtooduoioTBQiav  4  7t7t€i9ioytrovioo/Livaoidiy.oGa9-avod  5 
da/uoo&£ve(J7TovQQLvioo&iodoT007to  6  oyiTCüvöiwvvawadoQXEid 
aa(isXaf.ißi  7  v§evoa^€voTif.uooavziy£vtdaoaifj.ovL  8  xaXXiXQü) 
vevQV(paovrioarjx^(ovrjxiiiovioa<i  9  {.uaoqiaovXXioo&oivcovTi/uoyc 
tovLOGÖioö  10  OTEXeoctQyiLOOY.cupioodwQoocxQ^LkhooaTtoXXo  11 
dwQOOTsXeoTao&iOTto/iiTtoGoXviiTUxioodiode  12  t-iXao/nvaor/.Xe 
voa-KaXXio^evsa(.ievavdQLOO  13  fava^iiovaaiovöao  14  na.vid.Ea 
duQO&eiooEVQvßwzadaataXXioo     15    tQncuooviKirjooaQyiXiaoXa 

OVW.IOO 

I  Toi  i7i7tsi€s  zo]l  sv  xdv  *Aoia\y\  OT[qa%tvod(.isvoL  ßa-    2  ai- 

XBio]g    IdXs^dvÖQto   OTQCtTCtyiovTog,      3   .]odtOQiw  fi- 

XaQxiovrog,  Ja  Scütsiql  dv[e&iav? —  4  Ttnti  QioyiTOviog, 
Mvaoldrtog  l4Savod[wQLog?     5   Ja/uoo&tvaig  IIovQQiviog,  Qiö- 

öozog  üo[ 6   oytrwv  Juovvoiog ,    Jogasiöag  MeXd/ißi- 

[pg?,  TIoX-  oder  TloXo-  7  vl-evog  BsvoTif.uog,  l4vriyevidag  2i- 
/uov[Xiog  oder  XXtog,  8  KaXXUgwv  EvgvcpaovTiog,  "Hxnon>  3Hx~ 
f.iöviog,  2[ifi-  9  (.dag  WaovXXiog,  Qolvcov  Ti/noyiTOViog,  Jiö- 
ö[ü)qo?     10  g  TeXsoaQxwg,    Kaq>ioödioQog  l4q^lXXiog,   3A7toXX6- 

II  dcoQog  TeXtotao,  Qi07tOf.i7tog  'OXv/urtlxiog,  Qiods-  12  £iXag 
MvaoixXelog,  KaXXio&tveig  MsvdvÖQiog,  13  Fava^iwv  Iöwv- 
dao,  14  IIavyiXeig  JwQÖ&eiog,  EvQvßwvädag  TdXXiog,  15  cEq- 
f.iaiog  Nixifjog,  l4QyiXiag  ^iaovliuog. 

1  Foucart  2  F.  ßaOLXlo\g ;  auf  dem  stein  stand  wahr- 
scheinlich ßaaiXeoa  3  F.  dv[e&eav  4  F.  irt7iEi(g)  5  F.  üo[v- 
Sirpg  Ji  6  F.  MeXa^ißirjog?  JZoA  7  F.  2i/.wv[viog  8  F.  KaX- 
Xmqwv;  2{if.i. 

Foucart  hat  erkannt,  dass  der  Alexander,  der  die  Orcho- 
menier  auf  einem  feldzuge  nach  Asien  anführte,  nur  Alexander 
von  Macedonien  sein  kann.  Ende  des  jahres  330  schickte  Alex- 
ander von  Ekbatana  aus  das  gros  der  griechischen  bundestruppen 
in  ihre  heimath  zurück;  es  blieben  nur  diejenigen,  die  den  beson- 
deren wünsch  hatten  unter  ihm  weiter  zu  dienen.  Wir  gewinnen 
damit  mit  hinlänglicher  wahrscheinlichheit  eine  datierung  der 
inschrift;  die  aus  Persien  zurückgekehrten  Orchomenier  werden 


206 


R.  Meister 


bald  nach  ihrer  ankunft,  wohl  nicht  später  als  329,  dem  Zeus 
Soter  den  dank  für  ihre  glückliche  rückkehr  durch  das  weih- 
geschenk  dargebracht  haben.  —  Wie  in  der  c.  20  jähre  älteren 
thebanischen  inschrift  nr.  33  finden  wir  auch  hier  den  gedehn- 
ten £-  laut  noch  in  der  weise  des  epichorischen  alphabets  durch 
E  ausgedrückt;  auf  dem  steine  steht  2(ortgi,  Ja^oa^eveg,  KaX- 
Xio&eveg,  TLavKXeg.  Nur  der  name,  der  zu  anfang  von  z.  4  auf 
Ttnu  endigt,  scheint,  wennn  die  zeichen  genau  wiedergegeben 
sind,  der  späteren  Orthographie  zu  folgen.  Das  schliessende  g 
würde  dann,  wie  in  den  zu  Theben  24  angeführten  beispielen 
unausgedrückt  geblieben  sein.  Doch  kenne  ich  keinen  auf  7t7trjg 
endigenden  eigennamen.  —  Die  patronymika  sind  mit  ausnähme 
von  TeXeoTcto  adjectivisch  gebildet,  bemerkenswerth  ist  dcüQo&eiog 
14  und,  wenn  ich  richtig  ergänzt  habe,  MeXdfxßiog  6,  das  dann 
wie  das  patronymikon  duavvaiog  zu  erklären  ist.  —  KccXXUqcov 
8  kann  meiner  ansieht  nach  nur  als  zweistämmiger  kurzname 
(Fick  Griech.  personennamen  XVI  und  beitrage  III  s.  123)  von 
KctXlMQÜxrjg  mit  dem  suffix  -cov  gebildet  wie  Idvriyiov,  Aa/awvtov, 
yE%E(xuu)v,  Olfißgcuv,  nd/n^icov  aufgefasst  werden.  Qiodel-lXag  11. 
12  ist  ein  neues  beispiel  für  vollnamen  mit  zweistämmigem 
zweiten  theil  (Fick  VII),  denn  Jei-lXag  =  Jst-iXaog.  Neu  ist 
auch  L4q1~LXXiog,  bekannt  war  lAQ^iXci'Cdag  und  andrerseits  j!Aq- 
%vXXog. 

Während  in  den  bisher  aufgeführten  älteren  orchomenischen 
inschriften  die  Schreibung  v  entweder  ausschliesslich  herrschte 
oder  neben  der  jüngeren  Orthographie  ov  sich  noch  erhalten 
hatte,  finden  wir  in  den  nun  folgenden  ausschliesslich  die  Schrei- 
bung ov  für  früheres  v  angewendet. 

13)  Keil  Zur  syll.  s.  570,  1. 
1  BoiwToi  xbv  TQi7toda  dve&er/,av  2  xr\g  Xagtrsaai,  y.atTct^i 
[lavTsuav  3  reo  !A7r6XXwvog,  aQ%ovTog  4  2af.uao  'iofxeivixsTao 
Qeißrjiü,  5  dcpedoiccTevorrcov  6  MsXdvviog  NixoxXelog  'Eq%o- 
fuevtw,  7  'HoxQicovog  QeQOctvdQL%u)  Kogcovstog,  8  lAgvoytXüog 
yAvxioyl6oLO  3Av9adoviio,  9  Ldfgiorcovog  Mevvidao  Qea7iieXog,  10 
Ilgai-iTsXiog  l4giOTOxXldao  Qsißrjco,  11  Oio^vccgtco  'Eg/uaixw 
Tavaygrja),  12  Jlov&covog  KaXXiyitovog  '£2ga)7tuo,  13  ygaf.i(xa- 
zevovrog  14  JioxXuog  z/ioqpdvrcü  TIXatauog,  15  f.tavT€vo^sviü 
16  diviao  'Egovlwvog  Qeanulog,  17  [&]i7tgoniovTog  18  Ol- 
vo%ldao  Ev/nsvLÖao  'Egxo^evlw,  19  lagjareiiovrog  20  ylaf-ircglao 
[&]eidoTito  yEqxof.ievlu). 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  207 

Ueber  die  Schreibung  kann  nirgends  ein  zweifei  bestehen. 
[GjeidoTiü),  was  Keil  als  auffallend  bezeichnete,  wird  geschützt 
durch  QetdtoQog  Q[€]iöi6qoj  Theben  49,  15;  das  von  allen  ab- 
schritten übereinstimmend  gegebene  oinqorciovxog  =  \&\i7Tqo- 
rciovrog  1 7  verhält  sich  zu  dem  ursprünglichen  böotischen  &io- 
7TQ07tiovrog  wie  die  eigennamen  auf  Qi-  wie  Qtßog,  Gl/ußgiov, 
Gißgayog  und  die  lakonischen  Sidexrag,  2i7TOf.i7tog ,  2iTi/nog 
u.  s.  w.  zu  demselben  namen  &iög  (oing)  vgl.  Baunack  Stu- 
dien IX,  s.  83  ff.  Beachtlich  sind  für  diese  eigenthümliche  zu- 
sammenziehung, der  eine  assimilation  des  o-lautes  an  den  i-laut 
vorausgegangen  sein  wird,  die  Schreibungen  Jivöorog  Hyettos 
Girard  Bull,  de  corr.  II,  s.  498,  nr.  6,  11  und  JioLdoxog  Hy- 
ettos Girard  ebd.  s.  500,  nr.  9,  5  (sicher  ebenso,  d.  i.  Diü- 
dotos  ausgesprochen),  welche  die  lautliche  Vorstufe  bilden  zu 
dem  gleichfalls  bezeugten  Jidort]  (bei  Benseier,  der  den  na- 
men aber  mit ,, Doppelgabe"  übersetzt).  Und  die  Schreibung  ei 
in  den  böotischen  namen  QsldioQog  und  Qeidoxog  soll  ebenso 
den  verbreiterten  gedehnten  i-laut  ausdrücken,  wie  in  den  spät- 
lakonischen namen  Seidixtctg  CIG.  1244.  1247.  1250,  2ei(.irjdrjg 
12(51.  1372,  lelrto^Ttog  1241.  1245,  JSWr^oc  1239.  1241.  1246. 

14)  Keil  Zur  syll.  s.  549  ff. 

1  öaf.iaTQt(o     2  oxoQidaoeQ     3  oyeveiooavri     4   itavcpiXoofxva 

aiXoyio     5  ctatf.uocpi'klEiXovoi&iü)    6  waeTeaQyoaXaaQxo)    7  vre 

iT&iadct07toXiovK?u     8  ßiOTtüsvQOvXoxoaa&avix    9  xXsioccqiotio 

voa     10  G(.uXTictoduovyaQiY.X     11    Qareiaa(07taTQio     12   st-aaxe 

ot  .v.XioviY.    13  eiXioavTiyevida)    14  ogevqio    15  XXw     16  qxxvx 

1  Jaf.iazQL(o,    2  J 'io\oxoQidag  1Eq-    3  -oyevuog,  ^Avxi-    4  Tlav- 

(piXog  MvaaiXoyo),  5  -dd\f.io),  (DiXXei  ^iovoi&iw,  6  -tog,  'Eziag- 

yog   udaagyco,     7   -v  Ilix&iädao,   IIoXtovY.X[ßig     8   Blotw,   Ev~ 

QovXoyog  *A§aviy\u),    9  -xXeig  IdQiOTiovog     10  -g  MiXriao,  Ji- 

iov  XaQi*X[aiog,    11  -xjpare/g  2io7taTQto,    12  'E^axeaT[(o],  KXi- 

[o]vr/.[og     13   -u]«/Aw,  L4vziyevid[ag     14    -og   Ev[ß]io[zio,     15 

-XXio,     16  -qxotvz- 

In   der   herstellung   bin   ich  überall   Keil   gefolgt.     Ueber 
(DiXXei  vgl.  Theben  24. 

15)  Lebas  656,  Rangabe  1307,  Keil  Syll.  s.  159  f.,  nr. 
XLV. 

1   -vtiov  Er(fcc/iiidag  TIovqqiü     2  -Xo . . .  l4qiozoviY.og  la/uiyo)     3 
IMvaoiy.Xsig  EvxQivviog     6  -a-     8  -iov  Mvaaiovog. 


208 


R.  Meister 


In  der  Zeilenangabe  bin  ich  der  copie  bei  Lebas  gefolgt. 
Z.  2  fehlt  -Xo-  in  der  von  Keil  benutzten  E.  Curtius'schen 
abschrift.  In  derselben  zeile  bietet  Lebas  2a^iy.io,  Curtius 
und  Ran  gäbe  2a/ntx(a. 

16)  Rang.  334,  Lebas  642,  Keil  Syll.  s.  162,  nr.  XLIX,d. 
ßovx  axxeadafx  argixog 

Bovxdxxeig,  Ja[AaxQL%og. 

In  dem  ersteren  namen  liegt  e  sowohl  in  der  Rangab  e- 
schen  wie  in  der  von  Keil  wiedergegebenen  Stephani'schen 
copie  vor;  es  ist  also  auch  hier  e  als  der  aus  dem  epichori- 
schen  aiphabet  noch  beibehaltene  ausdruck  des  langen  e-lautes 
anzusehen  vgl.  zu  Theben  33.  In  der  Schreibung  xx  bin  ich 
Rangabe  und  Lebas  gefolgt  (Stephani  bietet  einfaches  x) 
im  hinblick  auf  Bovxdxxrjg  Tanagra  Haussoullier  Bull,  de 
corr.  II,  s.  590,  nr.  22,  z.  5.  Die  beispiele  von  Bovxaxla 
siehe  unter  Theben  29. 

17)  Keil  Syll.  s.  13  ff.,  nr.  III,  1-17. 

1  QCüvdaoccQxovzog     2  X . .  fteidiayQaipei /.cmo     3    ix  . .  x 

. .  varco dircXaaiav     4  aveia . .  aivxrjTtoXeLTtaQSL     5  clvtzoX  . . 

.<xq%o  .  .VTTBQxactTio  6  cuooavziyevidaosvxQazi  7  öaoaaq>ioodci)Q 
ooccqioxüjvoo  8  xinofieilooxacpioicovoo  9  oovvdixoot-evoxfoda  10 
fxvaoi . .  vwcpr]di/no(j(piXo/Li€L  11  oiayuoikaooffiKLinnaiMxxq  12 
yiXidaada^axQivioeiayoQS  13  vao ..  oo&wytxovooevQOv  14  q>a 
lovdaiwxehooxaXo  .  ö  15  daoqHXo/neiXcüOioxQciTSio  16  fxeyaXt 
aoxoo/uoXoyov  .ccq     17  vaai/novd^ioyixovoa 

Lebas  627  giebt  dieselbe  Leake'sche  (II,  pl.  VIII,  nr  37) 

abschrift,  der  Keil  folgt,  nur  steht  bei  ihm  in  z.  2  der  druck- 

fehler  diagyQaipei  statt  diaygaxpei.    Abweichungen  finden  sich  bei 

Rangabe  1303:  Ueber  Keils  erster  zeile  ivo     1  diog.aig 

wvdcco     2  Xy.af.iei    3  7txrjwva7to    4  avixi . . .  t-ivxr]    5  avTtoXe^ia 

Q%oiov7t€Q    6  Xiooavxiy£vida£VY,Qaxrj    7  Xao    9  ytyoovvdixoo   10 

fivaoicpava)     12   fivioge     13   ovaoiöwg .  oioyixovooegov     14  qn 

Xwvdcc[.tozeXio0xaXodo 

1  X]atQ(6vdao  aQ%ovzog'[tf  2  de]  xa  /.ist  diayQ<xxpu x,a[x]o 

3  7ix[d]iov  cc7to[xiaccxw]  dntXcto'iav  4  a.v\x\ia\ä*iö\oiv  xfj  TtöXv 
Ttagel-  5  av  rtoXifxaQXOi  ovrceg  xa\_g~]  tc6-  6  Xiog  Avxiyevi- 
dag  EvxQccxt-  7  dao,  KacpioodwQog  L^glaxiovog,  8  Tif.i6(.i€iXog 
Kayioicovog  9  v,rf\  aovvdiy,o[i]  •  Bsvoy,Xida.\g  10  Mvaaiqxxvco, 
Oydi/uog  OiXo/nel-  11  A]w,  'AyELOiXaog  (DiXlrtTtio,  Mccxq[o-  12 
uXldccg  zfaf^axQivto  •  Flo[x]oQ€[g  •     13   'Ojvafff/jujog    Qioyixovog, 


Die  in  schriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  209 

Evqov-  14  (fdiov  Jccf-WTeliog,  KaXo\y,Xi-  15  dag  OiXo(.teiXw, 
2(üy.qö'z€i$  16  MeyaXiao  •  xo  SuoXoyov  [rr]aQ  17  *(J]vdoi[.wv 
Qtoyitovog. 

2  f.  Auf  ycccTOTtTdiov  (vgl.  Orchomenos  20)  scheint  mir  die 
Rangabe'sche  copie  sicher  hinzudeuten.  4  dviioaxcooiv  Keil 
nach  Ahrens,  nicht  sicher  (vielleicht  dvtiataoiv?).  An  die 
richtigkeit  der  nichtböotischen  form  TtoXet,  4  glaube  ich  trotz 
der  Übereinstimmung  der  beiden  copien  nicht.  10  Ich  wage 
nicht  den  von  Rangabe  gebotenen  namen  Mvaoupdvio  zu  än- 
dern, da  sich  cpavög  ja  so  häufig  als  erster  stamm  in  eigenna- 
men  findet.  Keil  Mvaoi[£e]v<o.  12  Keil  Ja(.iatQi[x\o}.  13  Die 
Rangabe'sche  copie  weist  mit  bestimmtheit  auf  'Ovaoidtogog 
hin;  doch  ist  dieser  zeuge  sicher  mit  dem  'Ovdoifxog  Qioykovog 
identisch,  bei  dem  der  contract,  welcher  stets  einem  der  zeugen 
anvertraut  wird,  deponiert  ist.  Die  Leake'sche  abschritt  be- 
seitigt jeden  zweifei. 

Bemerkenswerth  ist  die  Wiederholung  einer  anzahl  hier  vor- 
kommender namen  in  den  nächstfolgenden  inschriften.  Die 
hier  genannten  polemarchen  werden  auch  in  der  aut  demselben 
steine  befindlichen  inschrift  18  angeführt.  Die  möglichkeit  dass 
17  und  18  einem  und  demselben  jähre  angehören,  wird  nicht 
durch  die  nennung  des  archonten  Chairondas  in  17  zu  nichte 
gemacht,  da  mit  XaiQtovdao  dqxovrog  höchst  wahrscheinlich  der 
Zahlungstermin  angegeben  war;  doch  scheint  mir  auch  die  mög- 
lichkeit nicht  ausgeschlossen,  dass  die  beiden  inschriften  ver- 
schiedenen jahren  angehören,  da  Wiederwahl  in  das  collegium 
der  polemarchen  häufig  war  (vgl.  die  peltophorenlisten  von  Hyettos). 
Der  in  unserer  inschrift  an  erster  stelle  genannte  zeuge  ^Ovdaifxog 
&ioyhovog,  bei  dem  der  contract  niedergelegt  wird,  ist  sicher  der- 
selbe, der  nr.  20  als  erster  polemarch  und  nr.  19  als  bürge  (z. 
14.  15)  genannt  wird  *),  denn  auch  die  anderen  zwei  polemar- 
chen aus  nr.  20  'EXdaiTtrcog  Sevoriucü  und  Kio^lvag  TeXeahc- 
Ttio  befinden  sich  unter  den  zeugen  in  nr.  19,  und  der  zeuge 
KaXoxXiöag  OiXo^ieiXu)  aus  der  vorstehenden  inschrift  z.  14.  15 
kehrt  als  polemarchenschreiber  nr.  20  wieder.  Wir  können 
also  mit  Sicherheit  die  4  orchomenischen  inschriften  17 — 20  als 
zeitlich    nahe  stehend  ansehen.     In   dieser  zeit  vollzog  sich  die 

*)  Auch  Orchomenos  8,  14  weist  denselben  namen  auf;  der  trostlose 
zustand  dieser  inschrift  hält  mich  aber  von  jeder  sie  betreffenden  com- 
bination  ab. 


210 


R.  Meister 


letzte  der  von  den  Böotern  durchgeführten  neuerungen  in  der 
Orthographie,  die  Schreibung  v  für  frühens  01.  In  17  wird  noch 
einzig  01,  in  den  drei  übrigen  schon  v  geschrieben;  fällt  vol- 
lends 17  und  18  in  dasselbe  jähr,  so  vertritt  ebenso  der  Schrei- 
ber von  17  die  ältere,  der  von  18  die  jüngere  Orthographie, 
wie  wir  bei  Theben  33  auf  derselben  inschrift  die  ältere  und 
die  jüngere  Schreibung  in  aufzeichnungen  verschiedener  jähre 
vertreten  fanden. 


ß)  Jüngere. 

18)  Keil  Zur  syll.  anm.  32,  s.  630  ff. 
1  Kxsialao  agxovxog  Boicoxvg,  2  *EQ%Of.iEvivq  de  Kagatxio  'Eq- 
3  {taiio,  TtoXtfiaQxiövriov  lAv-  4  xiysviöao  EvxQccxidao,  5  Kct- 
(piaoöwQco  lAqiaxiovog,  6  Tifto^isiXto  Kacpioliovog,  7  yga/u/Lia- 
xiddovxog  xv[g  8  noXmdgxvg  [//]iiovovouo  9  KaXXmiXiog  ■ 
xv[l  7t]QaT0v  10  eoTQOZ£va\&]r)  '  4i[j;io]v  l4[&]a-  11  viao,  KccX- 
XiXQctTetg  XiovLog,  12  KXtdgexog  (DiXogsvw,  ytiov-  13  aiag 
'OXiovvTciwvog,  14  'Ljvöqwv  lAgioxiiovog,  15  Qltov  ]AqyßXdia, 
(OuoX[tü]i'xo\g,  Ev-  oder  3E/.i-  16  f.i]evidan,  'Oi-oifiayog  ylovxio- 
17  vog,  KaXXuovöag  MvQiyio,  \lA-  18  noXXoöioQog  KXlto[vog 
oder  vöao,  2-  oder  T-     19  l^ttov  Movxiovog,  3l4xQ[tov?  — ,  Kct]- 

20  (pioööioQog  3Avxi 21  Xiqio  ^Ovaai^uo,  Ka 22  l4\- 

Xe^lvio,  Ni'xcov 23  x.Xi[&]ag  lAS\av . . . 

19  Keil  Mov[o]ajvog.  Ich  habe  das  von  Ran  gäbe  ge- 
gebene Movxwvog  festgehalten  vgl.  Mvxojv,  Samier  Paus.  VI, 
2,  9  und  name  eines  Steinschneiders  R.  Rochette,  1.  ä  M. 
Schorn  s.  45,  nr.  44  (Spohn  Miscellan.  s.  122  Mixuvog). 

19)  Foucart  Bull,  de  corr.  III  s.  459  ff. 
A  1  3Eö]av€ias  NiKctQexa  Otcovo[g  2  &£G7tixrj,  naoovxog  avxrji 
x[t>  3  Qi'nv  xov  dvögog  zle^Lnrtov  E[v-  4  vo/idöov,  Kacpioo- 
do')Qtüi  Jl\o-  5  vvaiov,  (DiXofiirjXtüi  OlXiovog,  6  lA&avodtöqwL 
IitTCiovog,  IIo\Xv-  7  yiQLxtot  Gagonog  y.al  eyyvoi[g  8  elg  ex- 
xsioiv  xov  öaveiov  9  Mvdoiov  Mexyao,  TsXsoiag  10  Mexyao, 
vLaGiiiTHtii  Bevoxi-  11  /iiov,  Evccqsi  EvytOQOv,  Tleqi-  12  Xdtoi 
l4val-i(jüvog,  Jiovvoo-  13  öcoqwl  KacpioodiüQOv,  Kio^d-  14  vai 
TeXeoiTtnov,  'Ovccoi/nioi  15  Qeoyeixovog,  Kagpiaoöcogtot  16  Ja- 
uaTglyov,  NixoxXsl  lA$a-  17  voÖmqov  'Ogyn^ievloig,  dqyv-  18 
qiov  dgayf-idg  /nvgi'ag  oxxcc-  19  xiayeiXiccg  oxxccxooi'ag  xqi-  20 
dxovxa  XQBig  dxoxov  ly  Qea-  21  7tiwv  ig  xd  lla^ßoiiöxia  xd 
i-     22    7t   'Ovaaif-iov    aQXOvxog  Bouoxolg.     23  lATtoööxtoaav  de 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  211 

xb  ddvsiov  24  q/  davsiodfievoi  rj  01  eyyv-  25  oi  Nixagexai  ev 
xolg  Tlafißoi-  26  wxloig  tzqo  xrjg  Svoiag  ev  r)fie-  27  qcciq 
xqiolv.  yEav  de  fir)  <x7todcüo[i,  28  TtQax&rjaovzcu  xaxd  xbv  vö- 
29  (ÄOv.{rf\  de  nqd^ig  loxw  ex  x[ibv  30  avxtov  xiov  daveioa- 
fieviav  31  xal  ex  xwv  eyyvwv  xal  «£  evbg  32  xai  ex  rcXeiöviov 
xal  ex  7zraV-  33  rwv  xat  ex  reSv  vTtaqxbvxoiv  34  avxolg  nqax- 
Tovorji  ov  av  xqo-  35  ttov  ßovlt]TCu  CH  de  ovyyqacfd  36  xt- 
ß/a  «Ww  xdv  aMog  g/a-  37  qpf'o?^  viteg  Nixagexag.  Mdg- 
38  rt>o£g  AqioxoyeLxiov  Aofio-  39  ifeVoi;,  JI$iovdixog  l4&avlao, 
40  Ilcpiddag  TifioxXelog,  0ccq-  41  odXiog  Evdlxov,  KaXXeag 
Av-  42  aupccvTov,  Qe6(peOTog  Osodw-  43  j>ot>,  Evi-svidag  ÜH- 
Xwvdov  44  QeiOTttelg.  A  oovyygacpog  45  Tirao  Fi(pidöav  Ti- 
(.loxlelog.  B  46  'Ovaolfia)  dgxovxog  BoLO)xol[g  47  ueivog  11a- 
vdftia,  b/uoXo\yf\a  48  Nixagexrj  Qlcovog  ®£i07iixr),  49  TraotoV- 
rog  NixaQexrj  Je^irt-  50  7rw  Evvofddao  xio  dvdgbg  Qe[i?-  51 
ortielog  xr)  xr)  TtoXi  3EQ%o[.iev[i-  52  wv  •  naoslav  ovtceq  rag 
rt6X[i-  53  og  noXefiaqxoi  Kacpioodto-  54  oog  Jiwvovolto,  &i- 
XbfisiXog  55  OlXtovog,  Ad-avodioqog  c'l7t7iio-  56  vog  ■  dnodöfiev 
xdv  tcÖXiv  }Eq-  57  xo(.ievlwv  Nixaoexr]  Qltovog  58  b  eniSwoav 
ovrceq  xdv  ovtve-  59  gafisoidtov  xdv  etil  Bevoxqi-  60  rw  ap- 
Xovxog  ev  &Ei07rifjg  dg-  61  yotolw  dgaxfidg  fiovglag  oxr[a- 
62  xioxeiXiag  oxxaxaxlag  r^t[a-  63  xovra  rglg  «ff/arov  'Ova- 
a[t-  64  /«t>  aQxovTog  ev  xv  l4XaX[xo-  65  fievioi  fuivi.  2ovy- 
ygaqjov  dy-  66  ygd\paa^rt  xw  dgyovglio  xw[l  67  rwg  7toXEfidg- 
Xcog  'Egxofieviwv  68  xjy  «j/yoi'wg  wg  xa  doxifidddrj  69  jV^xa- 
osra  x/}  &EO&rj  fie[xdygaq)-  70  ov  srao  Ficpiddav  TifioxX[ßlog 
71  Quart  isla.  'Etcl  de  xa  xo/.«(J[b*e-  72  r^  Nuagha  %b  dq- 
yovQiov  73  7tdq  rag  noXiog,  eaxXiavdrco  Nixageta  tag  ovtteq- 
74  afXEQiag,  ag  ext  xar  rag  7roA*og  rag  etil  Bevoxqlxio  75  ao- 
XOvxog  ev  &EiOTtirjg  rtdaag  "/.rj  xdv  aovyygacpov  a/r[o-  76  doxio 
Ftcpiddag  xolg  7ioXEf.tdQyvg  xrj  xol  xa\.dr]  xr)  xo[lg  77  eyyovoig. 
3H  de  xa  /tisi  dnodiüEL  a  noXig  Nixagext]  xb  ao-  78  yovQiov 
ev  xv  yEyqaf.if.ievv  XQ^>VV  zdg  fiovgiag  xrj  oxx[a-  79  xtaxetXiag 
oxxaxaxlag  r^»t[a]xovra  xglg,  aTtodöxcü  80  xdv  aovyyqa(fOv  x/} 
rag  ovrtEQafiEQiag  rag  xar  rag  81  nöXiog,  dnav  xb  aqyovqiov 
xb  kv  xv  [o]fio[X6y]v  yEyqafi-  82  fievov  ev  xv  XQ^VV  w  yeyqafi- 
fiivv.  Mel  i&sXsi  x[o/ni]dd[e-  83  o&rj  Nixaqexa  xb  aQyovQiov, 
dnodörio  Fufiddag  xdv  84  aovyyga(pov  xolg  7toX£fidQyoig  xrj 
xol  xafiirj  xr)  xolg  85  Eyyovoig  xrj  7toxartoxiadxio  Nixagexa 
xfj  TtöXi  'Eqxo-     86  fievitov  xr}  rolg  TtoXsfidoxoig  xr)  xol  xa[färj\ 


212 


R.  Meister 


xrj  tolg  iy-     87  yovoig  dgyovgiw  ögaxfidg  7tEvyxxiouov[giag}  xrt 
Ttj     88  ov7Z£Qa/it£Qir}  axovgv  i'v&to .  FioTogsg  AgiOToyi-    89  twv 
Agfiot-evio ,    'l&ovdixog  A9aviao,    Ficpiddag  Tif.iOY.Xe-     90  log], 
0agodXiog  Evdiy.ü),    KaXXeag  AtovoiqjdvTw,    QwqjEig-     91  zog 
Qwdiooü),    Evl-svidag  OiXwvdao    Qeitmieieg.     To  6fi-     92  6Xo- 
yo]v   7tccQ    Siofpeiaxov    Qiodiogio   Qsia/tiela.     C    Jiaygayd     93 
XQSi/uaTCöv]  öia  iga/reddag  üiOTOxXElog    sv  Gsi07tn][g.     94  Ai- 
ova]itiXiog   agxovTog   iv  QeiOTiifjg   fieivog  l4XaXy.of.ie-     95  viiov 
devrigiü   dfiigr]   ivaxr]dsxaTr]   Inl   rag  IIiOTOxXeTog     96  Tgarted- 
dag  NixaQtrr]  nageygdqiei  nag  IIoXiovxgiTio  Q[dg~\o-     97  7t[og 
'Egxofieviov   Tauiao   ov7teg   Tag   rcoXiog   to  oovyxwgei-     98  &e 
töv  ov7tega/Liegida)v  Tav  erti  Sevoxghio  agyovTog,     99  nagiovTog 
TCoXe/iidgxcü  Aitavodiogio  al7z[7t(ov]og  }Eg[xo^fi[eviio.     100  Agyov 
giio  Sgaxfirj  fiovgit]   oxTaxioxeiXir]   [oxTaxd^Tiy  Tgid-     101  xov- 
ra  Tgig. 

1  . .  avEioe ;  &e(jüvi  2  avTrjix .  3  deg~i7i7Zove .  4  dt .  6  no . 
7  eyyvoi .  27  artodwo .  29  uov .  ds ;  ext  . .  46  ßouoToi .  47 
oftoXo..a  50  avdgoo&s  51  sgxofisv.  52  itoX.  61  oxr.*j62  x^t. 
63  ovao .  64  aAaA..  66  rw.  Foucart  to>[i  69  ^eo^/ue . . . . 
Foucart  &to&r]  fis...;  d  fiezdygaqjog  „die  Umschrift"  bedeutet 
hier  den  veränderten  contract  und  verhält  sich  zu  (.i£Tayga<prj 
wie  das  böotische  wort  d  oovyygacpog  zu  dem  attischen  ovy- 
ygacpt] .  70  TifioxX .. . .  71  xouid..  75  asr.  76  Taf.urjy.rjTO..  78 
ojtr.  79  T£  .  xovra  81  TV.fio...v  82  x...öö  86  Ta...wq  87 
fiov...y.rj;  Foucart  xi)  t^  88  axovgvvvevd-o)  Foucart  ov- 
TtegafiEgirj  dxovgvvviv&a)  90  ...  q?agoaXioo  91  Seiötcieieio  Fou- 
cart Geionieieig     92  vjra^     93  & a ;   Seigtcm]     94 

lteXioö    Foucart neXiog     96   #..o     97    7t..egxofie- 

viov     99  i7t...oosg..fi...     100  x€l^lV ™?- 

Das  original  des  ersten  abschnitts  (A)  der  inschrift  ist  von 
einem  Böoter  abgefasst,  der  die  absieht  hat  attisch  zu  schrei- 
ben. Mit  ausnähme  des  letzten  satzes  finden  wir  auch  nur  in 
eigennamen  böotische  formen  angewandt  {Nixagha  1,  Kaqa- 
ooöcogtoi  4.  15,  A&avodiogm  6,  Msxyao  9.  10,  Evdgsi  11,  Ka- 
(piaoöojgov  13,  Kiofiivat,  13.  14,  JauaTgiyov  16,  A&avodiogov 
16.  17,  NiyagETai  25,  Nixaghag  37,  3I&iovdtxog  A&aviao  39, 
Fiqjidöag  Tiuox.XsT.og  40),  der  letzte  satz  aber  d  oovyygaooog  Trag 
Fiqptdöav  TifioxXslog  ist  in  rein  böotischem  dialekt  hinzugefügt. 
Der  zweite  und  dritte  (B  und  C)  abschnitt  ist  böotisch  geschrie- 
ben, die  Orthographie  weist  auf  jene  zeit,  in  der  älteres  v  aus- 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  213 

nahmslos  ov  (iov)  geschrieben  wurde,  älteres  oc  sich  aber  noch 
neben  neumodischem  v  (für  ol)  erhält.  Doch  hat  sich  in  den 
letzten  abschnitt  noch  einmal  die  attische  genetivform  jEqxo/h€- 
vlov  97  verirrt,  und  in  @ei07ti£ieig  91  hat  der  Steinmetz  die 
eigenthümlichkeiten  der  böotischen  und  attischen  form  des  Wor- 
tes irrthümlicher  weise  vermengt.  Für  s/ti&coGccv  58  würde  man 
als  Präteritum  von  astd-to  „erwirken"  böotisch  e7tl&ooav  nach 
der  lehre  der  grammatiker  (Ahrens  I,  210)  erwarten.  Ini- 
&a)oav  scheint  eine  analogiebildung  zu  sein  wie  das  imperfektum 
evixiooav  Orchomenos  30.  —  saxXiavärto  73  =  EKxXtavdxio  steht 
bezeichnend  im  sinne  von  ii-aXeicpeiv.  —  In  aTiodwsi  77  — 
aTtodiorj  treffen  wir  die  zu  erwartende  form  des  conj.  aor.  III. 
s.  von  dldo)(.u.  —  Der  condicionalsatz  (.ui  i&eXei  zo^icööea&i] 
Nixagha  to  aqyovQtov  82.  83  „will  Nikareta  das  geld  nicht  an- 
nehmen" ist  nach  dem  voraufgehenden  condicionalsatz  y  de  xa 
jttei  anodwsL  77  ohne  conjunction  gebildet.  —  Die  böotische  na- 
mensform QwcpsiGTog  90.  92  verhält  sich  zu  der  attischen  Oio- 
cpeoTog  42  wie  die  böotischen  formen  QeLG7tnq  und  Qei07tieieg 
zu  den  attischen  QeUTtial  und  Qea7iisig.  Ueber  die  erklärung 
dieser  formen  vgl.  Schmidt,  Vokalismus  I,  112.  Doch  trenne 
ich  die  erwähnten,  böotischen  formen  von  den  lesbischen  Ttcuocc, 
f.io7oa,  Tid-sioa,  mit  denen  sie  Schmidt  vergleicht,  und  con- 
statiere  hierbei  nur,  dass  vor  a  mit  folgendem  conso- 
nanten  nicht  selten  bi  statt  €  geschrieben  wird.  So  ausser 
in  den  von  Schmidt  herangezogenen  beispielen  in  sl'oxrjxa  Ery- 
thrä  Berl.  monatsber.  1875,  s.  557  TtctQeuJxrja&ai  Agrigent  CIG. 
5491,  14,  Y.aTeLOxr}0&ai  Olympia  Arch.  ztg.  1876,  s.  137  sI'gx*]- 
•/.av  und  7taQeiax)]iii€voi  Gytheion  Lebas-Foucart  242a,  30.  31. 
32.  Interessant  ist  der  eigenname  Actonntog  10,  als  beispiel 
einer  bisher  noch  nicht  beachteten  kürzung  längerer  eigennamen 
durch  Aphäresis,  denn  AäGuinog  ist  gleich  ^EXdairtTtog.  Da- 
ran kann  um  so  weniger  ein  zweifei  sein,  als  auf  der  nächsten 
orchomenischen  inschrift  nr.  20 ,  die  mit  der  vorstehenden 
die  namen  yOvdaißog  Qioyltovog  und  Kiof.dvag  TsXeoltvtco)  ge- 
mein hat,  die  nr.  19  als  bürgen,  nr.  20  als  polemarchen  ange- 
führt werden,  der  3.  polemarch  ^EXüaiititog  Bbvotl(.uo  genannt 
wird.  Ein  versehen  des  Steinmetzen  aber,  der  diese  lange  in- 
schrift ganz  tadellos  gefertigt  hat,  wird  man  nicht  ohne  noth 
annehmen  dürfen.  Nun  findet  sich  auf  böotischem  boden,  wenn 
auch  aus  späterer  zeit,  llivlxrjg,   Körte  Mittheilungen  d.  deut- 


214  R.  Meister 


sehen  arch.  inst. ,  wo  der  Herausgeber  noch  besonders  anmerkt 
„links  fehlt  kein  buchstabe;  die  lesung  der  vorhandenen  darf 
nach  vergleichung  des  abklatsches  für  sicher  gelten".  So  ist 
das  pamphylische  Wögöioig  auf  der  inschrift  (Dnqdiaig  L4(poqöt- 
aiv  Hirschfeld  Berl.  monatsber.  1875,  s.  123  f.  doch  gewiss 
eine  Verkürzung  von  Idyöqdioig.  So  erkläre  ich  ferner  die  bei 
Benseler-Pape  stehenden  eigennamen  'Prjroyevrjg  für  Idqrpo- 
yevrjg,  Ntjoi/itaxog  für  'Ovr]ol[.ia%og ,  Ndt-avögog  für  'Avai-avögog, 
Mevodvtog  für  'Af.ievodviog  (vgl.  Ilavaaviag;  für  den  Übergang 
des  Stammes  in  die  o-deklination  giebt  es  viele  Beispiele. 
So  steht  auch  Meiipavlag  fürl^/nettpavlag;  bei  den  beiden  letzten 
namen  erleichterte  den  wegfall  des  a  seine  prothetische  natur, 
wie  ebenso  bei  Mvvrjg,  Mvviog,  Mvvloxog,  Mvvvixog,  Mvvviwv 
u.  s.  w.  von  d/tivvouai.  So  ist  ferner  ytsvit&Qiv  Duchesne- 
Bayet,  Mt.  Athos.  s.  128  gleich  'EXev&eQiov,  Tdfx^ag  wird  aus- 
drücklich als  ionische  form  für  'Aüdf-tag  im  scholion  zu  Ilias 
IX,  193  (ed.  Dindorf  I,  311:  ot  ctvxoi  [sc.  }'£coveg]  de  xal  xb 
3  4$d(.iag  xar'  dcpaiQeaiv  xov  a  %al  XQOrcfj  xov  &  eig  xb  x  Td/n- 
[tag  Xeyovoi.  „Td/n^eio  -d-vyaxeQog"  KctXtifxaxog  ev  devxeow  ai- 
xiayv)  bezeugt,  wo  die  aphäresis  auch  die  corrupte  Schreibung 
des  t-lautes  veranlasst  hat.  (Die  letzten  zwei  beispiele  verdanke 
ich  herrn  prof.  Fick).  Auch  bei  modernen  eigennamen  treffen 
wir  diese  art  der  Verkürzung.  Ich  erinnere  an  Elisabeth  :  Li- 
sabeth,  Lisbeth;  Emanuel  :  Manuel;  Eleonore  :  Leonore ;  Ama- 
lie  :  Malchen  u.  s.  w. 

20)  Keil  Zur  syll.  s.  5G9. 
1  nQcoTO/udxco  aQxovTog  2  Boiiorvg,  'Egxo/nevivg  de  3  Evayo- 
qcio  Oö^iovog,  7toXe-  4  (.iclqxlovxiov  ^Ovaaifxu)  Qioyi-  5  xovog, 
'ElaoiTZrtio  Bevotl(.uo,  G  Kwfxivao  TeXeai7t7tw,  yocc/ii-  7  fiiarl- 
dovxog  xvg  7tol-  8  e(.idqxvg  KaXoxXldao  9  Q)iXof.teiX(i)  '  xvl 
itqäxov  10  e^oxQOxeva&rj  •  l4&avtag  J[e~  1 1  ^]u)Vog,  Jloxd- 
/.uav     12  . . .  ooxog  Ev  — 

10  .  GXQOxevcc&rjec&aviaod     1 1  .  wvoa. 

Bei  dem  zu  nr.  17  erörterten  verhältniss  der  inschriften 
17—20  habe  ich  vorgezogen  z.  10.  11  Je[^w]vog  statt  mit  Keil 
J[i](ji)vog  zu  schreiben  und  so  wahrscheinlich  den  söhn  des  nr.  18 
z.  10.  11  genannten  Jel-wv  l4&avicco  (die  Keil'sche  herstellung 
trifft  sicher  das  richtige)  gewonnen.  Beispiele  für  die  Schrei- 
bung yoa(4[.iccxtdovxog  wurden  zu  Orchomenos  8  angeführt. 

21)  CIG.  1569a  (Keil  Syll.  s,  33). 


. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.   dialekts.  215 

A  1  Qvvdqxio  ccQxovrog  fieivbg  Oe-  2  iXov&iio,  IdQxictQog  Ev- 
fieiXw  zafä-  B  ag  EvßtoXv  ^oyeddfiio  0ioy.su  %qi-  4  og  dne- 
dioya  OLTto  rag  aovyyQaifio  5  nedd  ziov  7ioXefiaQxiov  x?)  ziov  6 
xaro/rratov  dveXdfievog  rag  7  aovyyqdcpißg  tag  yifievag  izctq  Ev- 
8  cpqova  xry  (Didiav  y.rt  Ilaor/iXelv  9  x-jj  TifidfieiXov  Owxelag 
xrj  Jafio-  10  reAfitv  yLvoiddfiio  xr}  Juovvoiov  11  Kacpiaodio- 
qio  XtjQwveia  /.dz  zd  xpd-  12  cpiöfia  zto  daf.no  M>nV[HEIB']£>III 
B  13  Qvvdqx0*  dqxovzog  fieivbg  !AXaX-  14  yofievlio  Fdqviov 
IloXvyXsiog  15  zafiiag  aTtedioye  EvßioXv  'Aqxe-  16  (kfy/w  0>w- 
xßlt  a/ro  Tag  oovyyqd-  17  ^>w  ro  xaraAt;7roj>  xar  ro  ipdtpiofia 
18  reu  ddfico,  dveXdfievog  zag  oovy-  19  yqdgjiog  zag  /.ifievag 
7i äq  2iocpi-  20  Aov  xj}  Evqjqova  (Dwxeiag  x*}  jt«^  21  dnavv- 
aiov  Kacpioodioqio  Xijqiovel-  22  a  xrj  ylvaidafiov  JafiozeXiog 
7ie-  23  (Ja  re5v  TioXefidqxiov  xrj  ztov  /.azo-  24  Ttzduov  J1ITE 
r£f"EhEl>t>IIIOH  C  25  'L4qxovzog  ev  *Eqxofievv  Gvvdqxo) 
fiel-  26  vog  ^AXaXxofievlio,  ev  de  FeXazlrj  Me-  27  volzao  ^iqx^- 
Xdw  fieivdg  rtgazco  dfio-  28  Aoy[/Ja  EvßtoXv  FeXaznqv  x^  r^ 
TToAt  JIi(>-  29  x°luvil0V  '  ^LÖel  y,ey6fiiozrj  Evßw-  30  Aog  Ttäq 
zag  noXiog  zö  ddveiov  auav  31  xar  rag  dfioXoyiag  zag  ze&ei- 
aag  Qv-  32  vdqy^io  dqxovzog  fieivbg  QeiXov&lco,  33  xiy  otV 
S(pelXezr]  avzv  ezi  ov&ev  7idq  zdv  34  TrdÄtv,  dXX*  aTtexi  Ttdvza 
neqi  Ttavzog,  35  x?}  aTtodedöavfri  zfj  tioXi  zv  exovzeg  36  rag 
c/iioXoylag,  el/Liev  Ttozidedofie-  37  vov  xQOvov  EvßioXv  emvofiiag 
Fezia  38  nezzaqa  ßoveooi  oovv  trntvg  diana-  39  zirjg  FUazi, 
nqoßdzvg  aovv  rjyvg  x^l~  40  X'ir\g.  'Ldqxi  t&  XQ0VfO  °  eviavzdg 
o  fiezä  41  Qvvaqyßv  dqyßvza  ^Eqxofievivg  .L4tto-  42  yqdcpea&iq 
de  EvßioXov  yaz  eviavzbv  43  exaozov  Jiäq  zdv  zafiiav  xrj  zdv 
vof.tto-  44  vav  zd  ze  xav/iiaza  ziov  TtQoßdzcov  xiy  45  zäv  rjywv 
xj}  zäv  ßovtov  xrj  zäv  tmtwv  xij  46  xa  ziva  aaaua  uov&i  x»y 
zd  rcXel&og.  Mal  47  a7toyQacpeo&io  de  nXiova  ziov  yeygafi- 
48  ftevtov  ev  zrj  aovyxcoQeloi.  'U  de  xa  zig  49  [nQdz}z[ei)  zd 
evvofiiov  EvßioXov,  dqjeiXe[z-  50  w  d  7t6~\Xig  ziov  'Eo/o/nevliov 
aQyovQiio  51  fiväg]  7tezzaqd%ovia  EvßiöXv  xa#'  «xaa-  52  zov 
eviavzbv  x^  zo/.ov  cpeQezuo  dqa[xfidg  53  dovco]  zäg  fiväg  exdo- 
zag  v.azä  fielva  54  ey.aa]zov,  xj)  ef.i7iqay.zog  eazia  Evßio[Xv  55 
a  7roAtg]  t[w]v  '£^o^ev/[w]»'. 

49  Boeckh  7tqdz\zr]  Keil  ä7Ti]z]l[£i? 
22)  GIG.  15691)  (Keil  Syll.  s.  34). 
1  aviouov     2  XarpoßoXt     3  *ao    4  aqiazavdQO     5  azeao     6  <x 


216  B,  Meister 


lovXovai     7  axioa     8  avüinnoa     9   oaoxo     10  ^todcoQto     1 

i-svoff     12  ovoa 
1  ^[g]t(T[y]ftw  Boeckh     2  iE\XacpoßöXi[ng     3  -mo    4  Aqiaxav- 
dqd[g    5  -axtao     6  -awv  Aovai-      7   ar*o£     8  *L4vSl7ztcoq     9 
0t]o[C]orog?     10  Qioda'oio     11  £«w     12  -ovo?. 

23)  Lebas  631  (Keil  Syll.  s.  1,  nr.  I). 

1  Qiog  Tovxav  dya&dv.  Ldtgioxodd/nto  2  Mvaaiyereico  agxov- 
tog  "EvdiKog  Qtcovog  3  eXst-s  dsöox&r]  xol  dd/noi  2[aj]oißiov 
4  J 'loaxoQidao  iJXE^avdgsTa  tcqoI-evov  ei/liev  5  Kr)  EiEqyixav  tag 
nbXiog  yEQXO(.isvio)v,  Kr)  el-  6  {j.t]ev  avxv  yag  Kr)  fvKiag  ETCTta- 
oiv  Kr)  docfd-  7  Xiav  Kr)  daovXlav  Kr)  Kaxd  yav  Kr)  Kaxd  &d- 
Xaxxav  8  Kr)  7t\oXe(.ia)  Kr)  lodvag  loiaag  Kr)  avxv  Kr)  syyovoig  9 
xi)  [x]d  [a]AAa  Ttdvxa  Ka&drtEQ  Kr)  touj  dXXoig  tvqo-  10  l-svoig 
Kr)  eveQy€Tr]g  ykyqa.7ixt\. 

Derselbe  Alexandriner  2ojotßiog  JiooKoqldao  wurde  auch 
zum  proxenos  der  Tanagräer  ernannt,  vgl.  Tanagra  59. 

24)  CIG.  1568  (Keil  Syll.  s.  31  f.). 

1  Ja/nox[d-]idao  aQyovxog,  2  laoEidddovxog  3  'AvxiyctQidao 
l4[d]avo-  4  dwQio  •  [d  n\öXig  Jil  MEiXi[yiv  ■  5  'AvxiyaqLdag 
Ad-avodioQio  e'X[e-  6  fe  dsdox&t]  xv  ddf.iv,  onw[g]  eyw[v-  7  #t 
xwv  noXixdoiv  xv  [d-]v[o]v[x]eg  [xv  Ju  8  x~\v  MelXlxlv  [cptdXi]?'] 
X££'ff[^]^  [ev-  9  t/^i»,  KaxaaKEvdxxr]  x[r)  d^EfXEv  xo  66yf.ia  10 
ev  tu    m^v    «t   ?ira()   xö   \i]aQ[6v  ona  xa     11  öoklei  KaXXioxo[v 

Elf-IEV. 

1  6af.ioxoiöao  Fick  Beitr.  III,  s.  277,  anm.  Jafiox9ldao 
Boeckh  Jainoxoldao  Keil  JafioKXlöao  7  ovSvieo  Ahrens 
I,  181  &vovxeg  Boeckh  Öovovxeg  8  oyXaxi  Keil  (jpmÄJ?  Ah- 
rens bei  Keil  a.  o.  &v/naxi. 

25)  CIG.  1564  (Keil  Syll.  s.  29). 
1  Gi6g  2  xiovxccv  dyad-dv.  l4Xeva[o\  d[g-  3  x0VT0Q  sdo^e  xv 
ödfiv  3E[q-  4  yo(.iEvliov  'AyidiKov  Ja-  5  qtixao  'HoXela  an 
l4Xe%av-  6  öqaiag  nqo^Evov  eI/liev  [x-  7  rj  EVEgyexav  xä[ß] 
TtoXiog  3E[q-  8  yoixEv'anv  x?)  aüTov  xj)  sa[y-  9  oVwg  xj)  «t/uev 
avxv  yag  10  xj}]  fvKiag  enaoiv  Kr)  daq>dXi-  11  av]  Kr)  dxe- 
Xiav  Kr)  daovXia[y  12  x]r)  Kaxd  yav  Kr)  Kaxd  &dXax-  13  x]av 
kt)  tioXs/liw  kt)  [lQ]d\y]ag  ho-  14  a]ag,  Kr)  xa  dXXa  OTtoxxa 
15  xvg  dXXvg  7tQol-8vvg  [Kr)     16  EVEQyexrjg. 

Zur  Vernachlässigung  der  gemination  in  zitaaiv  vgl.  The- 
ben 4. 


, 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  217 

26)  Decharme  Recueil  d'inscriptions  inedites  de  Beotie, 
s.  4,  nr.   1. 

I  vidaoaQXov     2  roo ,.qe.  addovzoaavti     3  ..viooöioxqolt 

. .  okxqccqxo  4  . . .  vayei . .  v  ..loaovßgaxoa  5  .  .ocooißiiüTtovfriX 
,.oa  0  avTi&eiTi&icovda(.iaTQix .  7  .  ..ovfidtovfvx.ETavaxQioi. 
ov  8  iccQOvetfievTtooaQaTtiooxtjTa  9  ..aioaxrj [isiet-st (.lEVfXEi  10 
&£viE(pa.7T.T£OT .  /ueiöexcc  11  TadovfavTaGTr]rjdexaviO£(pa  12  tcx 
eirrj  .ovQioasaTtooiaQ€vaxr]TV  13  LaQaQx^'KrjTvaovvEÖQVoovXcovi; 
EOKrj     14  dct(.iuoovxea 

1  ^/vrty£]v/dao  agyov-  2  roc? ,  [/a]pfi[t]a(JJoyz:og  Idvxi-  3  ye]- 
»'tog  JSwxpdzrftoJg,  Japao^o-  4  vtoj]v  l4yei[aa^v\^ÖQ]co  ^ovßgaxog 
5  [x?y]  2tüGißico  IIov&ik[_ki]og  '  G  ävzi&eizi  Oicov  zlct[.iocTQiy\ji- 
7  w  r]o>  fidiov  fvxsrav  14xqiolov,  8  ia^ov  £*/*£»'  rw  Sagartiog 
xrj  tcc-  9  g  ,7](Ttoc,*,  xjy  |«£fc  ei-sl/iiev  /liel-  10  #£v£  EcpdTtTEOt[rj\ 
f-isiÖE  y.a-  11  TCtdovXlTTCtGTt]  •  rj  de  xd  r*£  £^a-  12  titelt^, 
[xjovQiog  eOTio  6  IccQEvg  xj}  rt'  13  'ictoäQyj]  x/}  rv  ffoJvfd^f 
(TorAwvrfig  xi}     14  da^uojovTEg. 

Decharme  hat  bereits  die  ergänzungen  hinzugefügt.  — 
iccQctQxovTtüv  z.  4  ist  natürlich  nicht  mit  Decharme  von  einem 
unmöglichen  laodQxco  abzuleiten;  die  form  aber  mit  Be ermann 
(de  dialecto  Boeotica,  Studien  IX,  21  anm.  11)  zu  corrigieren 
ist  deshalb  bedenklich,  weil  sie  auch  in  der  nächsten  in  einem 
andern  jähre  und  ebenso  wie  die  obige  sorgfältig  abgefassten 
inschrift  wiederkehrt.  Möglich  also,  dass  laQagxovTcov  für  la- 
QctQxiovTcov  auf  eine  durch  die  schrift  hier  fixierte  nachlässigere 
ausspräche  des  wortes  hindeutet,  wobei  immerhin  die  analogie 
der  verba  muta  und  liquida  von  einfluss  gewesen  sein  kann. 

27)  Decharme  a.a.O.  s.  10,  nr.  2. 

3    .  .QCCQXOVTtOVOtOXQa 4    'ACCCpiGOdcOQCüaQlOUCOVOG       5    CCQIOTI 

cüvoaavv 6  aya&aE7tixocQ .  lao  .a...     7    . .  oavTrjTio  .  v . . . 

....     8  xXeiOGa .ad-covoora .     9  fidiavd-Eoa    10  Trrjvctvviov .tov. 

II  ctQCtVEi}.iEVTiooaQ  .71  .oo     12  y.rjTaoLaiOOY.rif.iEi..Eii.i..     13^6 

i&Eviviov(.iwo£q> .  71xeg  ..     14  (.tEiÖEY-aradov . .  xxa . .  yrjÖE 15 

16  xrj ...  aqa  .xqxtjxvoovv ...  .     17    oovhovTS 

oxrjda/ntü)     18  ovteo 

1  [Tto  ösTvog  agxovTog,  2  iaoEictddovTog  %ü  dslvog],  3  /a]p 
(xqxovtcüv  2wxQd\Tiog  4  Kaq?ioodo)Qiü,  l^Qiortiovog  5  Ljqiotio)- 
vog  '  <xvt[iSeitl    0  ylya&ci  iETtixctq[id}ao  \rt)a[Qt6v-     7   ro]g  avrij 

%d  \o\v\ivi 8  xlEiog  l4[y]dd-(ovog  rd\v    9  fiöiav  Oeqcc-     10 

Ttrjvav  Niov[(j]a>v  [i-     11  aqdv  ei/liev  %(o  ^.  aq\a\n[i\og     12  xrj  rag 

Heiträge  z.  künde  d.  ig.  sprachen.  V.  15 


218  R.  Meister 


lawg  xiy  f.iel  [s^]Eif.i[_ev  13  /hei^evI  Niov(.uog  scp[d~]7CTEo[rr]  14 
tieide  •/.aTadov[Xi^\Tta[öx~\r}  '  rj  de  [xa  xig  15  \ExpdiixEixr^  köv- 
Qiog  i'axco  0  tciQSvg]  16  x?y  [xv  Uagd^Q^x^  xiy  t£  ffoj'r[£<$ot;  17 
oovXiovxEg  xtj  da/Mio-     18  ovzsg. 

Decharme  6.  7  ,E7Tfc/aß[fc]Aao  [7r]a[£Oi>ro]g. 

28)  Decharme  a.a.O.  s.  11,  nr.  3. 

1    ccQ%ovzooi ccq . . . .     2   xccq..oo ...  ktdcto 

3  %lovtiov  ....  ögaosTCi .  aQiooeva  ....  4  da/Liiovooavrt&Eixicc&a 
voöioQoaöoQ  5  .XXiooxavfidiav&EQartvavxaQ  6  da/uaviagavEi, 
f.i€VTO)aaQtt7tioaxrj  7  xaotaLoaKt]/nEiE§Ei^EVjHEid^£VL  8  xagda/ua 
GEcpa7tTsariqf.t.side  9  xaTadouXixxaoxrjrjdsxctxios  10  cpanxEix 
tjxovQiooeoTtooL  11  cc()evoxt]TviaQ(XQxrf*r]TV(jov  12  veÖQvaovXw 
vxEOxrjdcc  13  f.uuiOvxEa 
1  [Tw  fotvog]  ccQxovrog,    'tctQ[sidddo-     2   vtoc  £t;Jxap[t]og  [Ev- 

x]A/<Jao,  [m^a^-     3  x^ovtcüv dpao  J.E7rt[jf]a0iog,  £ua[eto£?     4 

jJd/itiüvog  •  dvxl$£ixi  l4&avodiüQog  Joq-  5  /JAÄtog  Tav  fiöiccv 
d-eQ<x7i[rf\v(xv  Kag-  0  dd/Liav  tagccv  si/nsv  xcd  ^agditiog  xj}  7 
tö"s  "ioiog  xj)  /tm  e^eI/uev  [iei&evI  8  Kagöd/tiag  hpdnxEOxi)  /heiöe 
9  xccxadovXixxaaxr]-  f[  de  xd  xig  i-  10  cpdrtxELxrj,  xovgiog  eoxco 
dl-  11  ciQSvg  xj)  xv  iccQaQxrj  z/}  tj)  aot'-  12  y£(J^t'  aovXwvieg 
xiy  (Ja-     13  (.imovisg. 

2  Decharme  E/;]xa^[£t]og;  ich  habe  die  regelmässige  form 
vorgezogen,  obwohl  die  bei  Decharme  angegebene  lücke  auf 
den  ausfall  zweier  buchstaben  hinweist.  Analogien  findet  der 
vertheidiger  der  form  EvydQEiog  in  den  böotischen  genetiven 
IlQLöToysveiog ,  KXsocpdvEiog  (Thespiä  Keil  Zur  syll.  s.  530  f. , 
nr.  XXXIII)  und  MeveoSsvEiog  (Platää  Girard  Bull,  de  corr. 
I,  s.  210,  nr.  2).  3  Man  kann  an  einen  freilich  nicht  belegten 
nämen  2cpd]doao  denken.  Am  ende  der  zeile  ergänzt  Dechar- 
me Ev a[Qidao ;  Evdosig  ist  als  name  von  Orchomeniern  uns  aus 
nr.  19,  z.  11  und  nr.  30,  z.  3  bekannt.     5  Decharme  ^Egdurav. 

29)  CIG.  1509c  (Keil  Specimen  onomatologi  Graeci  s.  lllff.; 
Syll.  s.  34). 

1  aaxad-EtaaaQxccsßtxov     2  oavxiyEVEioctvxiyEvioa     3  avartoxw 
'  Eaaxioaoaxo     4  Evxa.vTcgoßaaiav/.rjnqoßa.on]EvxoQ     5  ■  vxavEn, 

lkEßaÖEü)V  T07tQ0yC0ft0TO      6    OÖVEVlOVaETnVETClXMXaq)C0TM'/.aXXl7T 

7  vioßsL '  oövevxovoqovxovev  '  x^ctyogrjiöi    8  ievxovXexov  •  Xl/iloXX  ' 

ÖEVTEQOVTOVO       9     VTOVEJtlXtoyaQadQOTlOQUOVCOaEXXCtaßoV        10    10 

vEvtovoQOVTOVETrjodimjoitixiQtoviavE     1 1   TCirovoQOVTOVEvvrjdoiyi 
aoiE.ncioi^Evvov     12    iövoqiovtiXi(x/.v  .  xtovxouoyEjiusva/io     13  aa 


. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  219 

X. .  (XOOlOQlOEXXEXlöVOQlöVZOVilEOOVXlUO        14     XEXCC07rQ0ßa0~iaOXr]X 

aarcoQTVovhadoasv  15  Evxo^iEOOvxaoftOQ7tovXiadooxtjöiovaidö 
oa  16  vyiaXoaTvxcouaTiTaa7tQoßaaiaoToleonjv  17  yiovoQiovx 
i/iiaieudofiiovTO/Liove/itevcucciva  1 8  dovxave7tXeßadeiaviovooayeXo 
xqaxaajiq 

Die  mangelhafte  copie  der  jetzt  wohl  abhanden  gekomme- 
nen inschrift  macht  eine  befriedigende  Herstellung  unmöglich. 
Ich  gebe  im  folgenden  die  Boeckh'sche  Umschrift,  wo  ich  nicht 
ausdrücklich  abweichungen  bemerke. 

1  Sdf  axa&eioct  aQxä  1[tt]1  xov  2    g  ^Avxiyeveig  Ldvxiyi- 

viog d  av  drcö  xio  \F~\doxiog  xo-. . .     4  ev  xccv  iTQoßaoiccv, 

x/}  TtQoßaoiri  ev  xo[v  —  5  e]v  xdv  enl  uießaöe,[id]v  ■  xö  tcqo- 
yco{.ia  xo  ...     0  odv  ev  xov  dsxbv  enl  xio  xdqpio  xw  KaXXi7i[7tio? 

...     7  Nioß[ag~]  odv  iv  xov   oqov  xov    ev    xfj   äyootj  dt  8 

.ev  xov  [o]ex6v  Tl(x6X\_o]  •  öevxeqov  x6[_f.C\o[v  ej/uev  ....    9  v  xov 

enl  xio  yaQddQ[oJ]   xio    Qi[o]vxoq  ev.  xäg  ßov 10    ...  ev  xov 

oqov  xov  e[y]  xrj  odv  xrj  [_e~]7ii  X[rj]gi6viav  s...  11  ejnl  xov 
oqov  xov   ev   xrj    [_X~]ov[o]id[d~\i    e/u[zE]d-€vt[cc]    v . .  . .      12   t]wj> 

oqiov  Ti\ji~]a\_lio?~]  •  x\j>l]x[o]v  x6/uo[v~]   e\}.fi]ev  drto  13  .... 

oqü)  exxe  x[o]v  oq[o]v  xov   f.teoov  Ti/ii6[Xa? . .  .     14   xe  xäg 

TtQoßaolag  xrj  xäg  itOQTtovXiädog  ex[xe  ...  15  ev  xo  (.teoov  xäg 
7ZOQ7ZovXiädog  xr)  [X]iovffi[a]dog  ...  IG  rtOQ7to~]v[X~]ia[d~]og  (oder 
A/o]L'[ff]m[(Tjog)  xv  yi6f.iaxi  xäg  izQoßaGiag   xo  \_(.i]eo[o]v  ...     17 

x~\tov  oqiov  Ti/iial[co]  •  evöo^iov   xouov   €[l]f.i€v 18    o]ßbv 

xäv  E7t[i~]  yleßdöeiav 

7  Nioß[ag  steht  nicht  in  der  Böckh'schen  Umschrift.  8  Auf 
die  richtigkeit  des  genetivs  Ti/noXa  ist  natürlich  kein  verlass. 
Doch  habe  ich  diese  form,  die  sich  am  einfachsten  aus  den  über- 
lieferten zeichen  herstellen  lässt,  nicht  ändern  wollen,  im  hin- 
blick  auf  die  zwei  sicheren  beispiele  2ioxXei  da  Kop'ä  Ku  manu  des 
Athen.  I,  s.  502,  nr.  2,  z.  4  und  l4oTcaouovda  ebd.  z.  17,  um 
andere  zweifelhaftere  bei  seite  zu  lassen.  —  11  Keil  Xiovoiädi; 
das  folgende  buxE&evTa  vermuthe  ich.  —  12  und  17  habe  ich 
Tiftalo)  vermuthet.  Keil  Spec.  115  xi(.id  mit  hinzugefügter 
kaufsumme.  —  14  Ahrens  I,  181  7tovQ7toXiddog.  Mir  scheint 
itoQitovXiäg  für  rcQonovXiäg  (==  rcQOTtvXidg)  zu  stehen.  Am 
schluss  der  zeile  habe  ich  exxe  ergänzt.  15  Keil  Xwvoiddog 
17  Boeckh  TCOQ7iovXiddog  17  Ahrens  I,  174  „fortasse  verum 
est  evdouog  pro  eßdojitog".  „Evdof^ojxovxa  CIG.  1845". 
30)  CIG.  1583  (Keil  Syll.  s.  57). 

15* 


220  R.  Meister 


1  Mvaalvto  doyovtog,  dyiovo-  2  iteziuvrog  zt~>v  Xaoixeioliov  3 
Evdqiog  tcö  TldvTiovog  •  rJ<?fi  4  evixioaav  ra  Xagireiaia  *  5 
ffa^ayxTat;  6  (DiXTvog  iDiXivio  ^4&ave7og,  7  xägov^  8  JE/gw- 
dag  ^wxpartog  Qeißeiog,  9  itoeixdg  10  MyoTütg  MtjoTooog 
&ü)xai6vg.  11  gaipafvöbg  12  Kqdxiov  KXicovog  Qeißeiog,  13 
avA&rag  14  HeQiysveig  'Hoa/.Xidao  KovU"/.t]vbg,  15  avXafvöbg 
16  z/afAtjveTog  rXccvxu)  llgylog,  17  yadagiöräg  18  ^AytXoyog 
L4oxXcc7iioy€viog  -AioXeig  dvcb  Movolvag,  19  "MÜaoctfvöbg  20 
Jaf.idzQLog  l4uaXwta)  ^iloXevg  dnb  Movqivag,  21  xqayafvdbg 
22  ^axAaiTtodw^og  llovdeao  Taoavxlvog,  23  xco/uafvöbg  24 
JVtxoffrgaTOg  &iXooxodxio  Qeißeiog,  25  ra  euiviina  xio/nafvdb 
26  EvciQxog  £'[<]^o()or£i>  Kooioveig. 

Der  dialekt  der  inschrift  steht  bei  einigen  (vgl.  z.  b.  Be er- 
mann, Stud.  IX,  55)  in  dem  rufe  einer  gekünstelt  altertüm- 
lichen färbung,  mit  unrecht,  glaube  ich.  Dass  sich  hier  das  di- 
gamma  in  dfvöog  erhalten  hat,  während  es  Orchomenos  9  und 
10  in  dtöovtog  verschwunden  ist,  kann  nicht  als  beweis  ange- 
führt werden.  Vor  dem  v  des  aus  dfoidbg  gewordenen  dfvdog 
hielt  sich  das  digamma  länger,  da  der  hiatus  in  d-vdog  ganz 
ungewöhnlich  gewesen  wäre.  Nichtböotische  formen  finden  sich 
auf  dieser  inschrift  aber  nur  in  den  personen-  und  volksnamen 
von  Nichtböotern.  Die  formen  'A&avelog,  Qeißeiog,  vgl.  l4Üa- 
velov,  Tavayqeiwv  Tanagra  66,  welche  aus  böotischem  l4&avrjog, 
Qeißijog  durch  eine  weitergehende,  zweite  vokalwandelung  ent- 
standen sind,  verweisen  die  inschrift  in  jüngere  zeit  im  vergleich 
zu  denen,  welche  die  form  -rjog  bewahren.  Ueber  das  imper- 
fectum  hixioaav  wurde  schon  zu  Orchomenos  19  gesprochen.  — 
Den  namen  L4 /uaXcoYog  stellte  schon  Boeckh  mit'OfwXwiog  zu- 
sammen. Ueber  die  ableitung  des  namens  sind  uns  aus  dem 
alterthum  eine  anzahl  unglaubhafter  hypothesen  überliefert  (vgl. 
Suidas  s.  v.  'O/noXcoiog  Zevg;  Schoben  zu  Euripides  Phoenis- 
sen  v.  1119  [Scholia  in  Euripidem  ed.  Dindorf  III,  297];  Pau- 
sanias 9,8,3).  Ich  glaube, dass  der  böotisch-thessalische Zevg(Of.io- 
Xco't'og  zusammen  zu  stellen  ist  mit  dem  achäischen  Zevg  lOf.td- 
Qiog  ( =  cOf.iayvQiog).  Die  böotische  form  hat  X  für  q  wie  diesen 
Übergang  z.  b.  der  böotische  stadtname  l^Qiaoxog  :AXiaoxog  zeigt; 
die  verdumpfung  des  a  ist  im  böotischen  (ozooxög,  7cöqvoi1i, 
'Eqoxuov)  wie  thessalischen  (ov,  'Eooxov.Xiag)  mehrfach  einge- 
treten, die  suffixe  stehen  in  fO/uoXouog  und  'O/ndgiog  zu  einander 
wie  in  7iarQU>iog   und   rcdvQiog.     Den    cult  des    Zevg  'OuoXtoi'og 


: 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  221 

sollen  die  Kadnieier  vom  berge  (Of.i6lt]  in  Magnesia  (Bursian, 
Geogr.  I,  204)  mitgebracht  haben.  Dort  befand  sich  auch  die 
stadt  'Of-tohov  (Bursian  a. o.  I,  98),  die  vielleicht  identisch  ist 
mit  der  von  Steph.  Byz.  als  thessalisch  bezeichneten  und  nicht 
weiter  nachweisbaren  stadt  'Oßdgiov  (Of-idgiov,  noXig  Qexxa- 
Xiag .  Qeörco/ti7tog  0iXi7t7tr/.öJv  xa'  .  ev  xavxrj  ti/ucctcu  Zsvg  xa.1 
l4&rjvä  .  xo  e&vixov  (0(.tdgioi,  'O/Liagsvg).  Jedenfalls  spricht  auch 
der  umstand  für  die  identificierung  von  14/naXioiog  und  QOf.toXwiogy 
dass  für  den  dem  achäischen  Zevg  'O/udgiog  in  Aigion  geweihten 
hain  neben  'O/udgiov  auch  der  name  läfidgiov  (Strabo  p.  385 
und  387  ed.  Meineke  II,  s.  545  und  547)  angeführt  wird  (vgl. 
Bursian  a.  o.  II,  333).  Die  reihenfolge  der  formen  würde  dem- 
nach wohl  l4fndgiog  :  cOtadgiog  :  lOf.i6Xiog  sein.  Die  so  gewon- 
nene bedeutung  des  namens  zOf.ioXü)'Cog  ist  für  den  schutzgott 
der  städtebünde  in  Magnesia  (vgl.  Bursian  a.  o.  I,  98,  anm. 
3)  und  Böotien  geeignet. 

31)  Rang.  898,  z.  35—47  (Keil  Zur  syll.  s.  580). 
Unter  berufung  auf  das  zu  Orchomenos  8  gesagte  gebe  ich 

auch  hier  nur  den  von  Keil  mit  benutzung  der  Welck ein- 
sehen abschrift  citierten  anfang  und  diejenigen  namen,  die  mit 
Wahrscheinlichkeit  hergestellt  werden  können. 

35  xol  o[yv~]£ßdlo\y&o   sv   xov   &sioavgöv   xw  l4ox-  oder  Aoi- 

36  Xcc7tuo,  [dg^yjovxiov  38  TIov&io)  39  Evdg%a  Q)tXi7t7tida[o 
40  i^7roAAo'[(J]w^[og  41  *!A&avig  Qi[o}(f€axla[o,  43  Ti^ioxgdxeig 
44  14 vt i7i7i idao  45  KaXXiKglxao  46  J  oder  Q]ioysv€i[g  47 
J  oder  Q]ioyev€ig. 

Der  name  Qiocpuoxog  {=  Geocpeoxog)  fand  sich  bereits  Or- 
chomenos 19,  90.  92;  KaXXixglxag  würde,  wenn  die  lesung  rich- 
tig ist,  das  einzige  beispiel  sein,  wo  ytglxag  nach  der  1.  decl. 
flectiert  den  zweiten  stamm  eines  eigennamens  bildet.  KaXXi- 
yigirog  findet  sich  als  name  eines  böotischen  gesandten  Polyb. 
22,  4,  8  (ed.  Hultsch). 

32)  Lebas  602. 

1  7toXioog%of.uvia)v  2  7i7tagexXv  .  .oöoxio  3  .  .  v  . . .  axaaevavxav 
1  \A]  7t6Xig  'Ogxoitevuov  2  lI}7t7tagex[a)v  [Ql  oder  JC\o66xia  3 
ev]v[aia]g  tag  tv  avxdv. 

e'vexa  scheint  zu  fehlen.  So  fehlt  SWxa  bei  6(.wvolag  in 
der  inschrift  aus  Olympia  (Arch.  ztg.  1878,  s.  102,  nr.  173)  c 
65fiog  6  ^iaxeöaijLiovicov  xov  dcc/tiov  xov  'AXeiwv  xov  ovyysvrj 
6{.wvoictg. 


222  E.  Meister 

33)  Keil  Syll.  s.  162,  nr.  XLIX,  c. 
H1A&NJA2        'H[q}aiövd(xg. 

Lebas  640  scheint  die  inschrift  ebenso  wie  Keil  dem  Ste- 
phani'schen  werke  entnommen  zu  haben.  Keil  cIa[o]t6vdccg 
„quamquam  cum  forma  nominis  tarn  antiqua  elementum  A  non 
satis  congruit.  Quare  alius  fortasse  mavult  JS]i[y,]tovdag  vel 
0]i[X~]tovdag".  Das  rj  in  den  von  aHqa  abgeleiteten  namen  ent- 
zieht sich  häufig  der  böotischen  wandelung  zu  ei.  'Hqccüjv  ist 
aus  'Hoatcov  entstanden  wie  IlXaraeiog  aus  TlXaraisiog  Orcho- 
menos  13,  dexbg  aus  cclerog  Orchomenos  29,  durch  verklingen 
des  l  vor  folgendem  vokal. 

34)  Lebas  637. 
TLovd-odwQog. 

Vgl.  dieselbe  (?)  inschrift  bei  Rang.  2076  unter  Lebadeia. 

35)  CIG.  1673,  Lebas  638,  Keil  Zur  syll.  s.  593. 
l4^i(päQixog. 

Bei  Rangabe  2101  a/naqjQixog  wohl  druckfehler. 

36)  Rang.  2102,  Lebas  649,  Keil  Zur  syll.  s.  593. 
1  daiioxXia     2  avxL7t...X 

1  Ja/LtoxXia     2  ldv%nt\7tidao. 
Keil:  ldvx'nt\axqog. 

37)  Rang.  336. 

tl7T7TO~/,Q<XT£ig. 

38)  Lebas  639. 
iaf.uov.oa         J~\a(.do*og. 

39)  Keil  Zur  syll.  s.  593. 
KaXXldccfiog. 

40)  Hierher  können  die  münzen  noch  gehören,  welche  die 
legenden  EP,  EPX,  EPXO  aufweisen  (Mionnet  Suppl.  III,  s. 
516,  nr.  78.  80.  81;  Imhoof-Blumer  a.  o.  s.  364  f.;  369), 
doch  findet  sich  die  form  'EQxo/nevög  auch  noch  auf  solchen  inschrif- 
ten,  die  im  attisch-hellenistischen  dialekt  geschrieben  sind  (vgl. 
z.  b.  Keil  Zur  syll.  s.  642  f. ,  anm.  56,  z.  1;  Kumanudes 
"Axtixrig  sitiyo.  efuzvjußioi  s.  274,  nr.  2296,  2299);  die  form 
'OQxo/itsvog,  die  vom  aufhören  der  böotischen  Schriftsprache  an 
zur  herrschaft  gelangte,  findet  sich  bereits  auf  der  böotisch 
abgefassten  inschrift  Orchomenos  32. 

In  den  folgenden  inschriften  finden  sich  nur  noch  einzelne 
dialektische  formen. 

41)  Keil  Zur  syll.  s.  593  (CIG.  1663). 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  223 

1  A&avodwQog     2  Agiatea     3  yalqE. 

42)  CIG.  1584  (Keil  Syll.  s.  58  f.). 

In  der  52  zeilen  langen  liste  der  sieger  bei  den  Charitesien 
haben  sich  dialektische  Schreibungen  noch  erhalten  in  den  na- 
men  A/niviag  10,  25;  'Et-axeorov  23,  49;  Kaßiqtxog  31. 

43)  Eph.  arch.  816,  Keil  Syll.  s.  VII,  nr.  XVa.  Lebas  620. 
Unter  21   naraen   findet  sich  nur  in  Klsoödfxov  z.  7  noch 

etwas  dialektisches. 


III.  Tanagra  und  nmgegend. 
a)  Inschriften  epichorischen  alphabets. 

1)  CIG.  1599  (Keil  Syll.  s.  104). 
laeoYqovöaoaeyiT     2  öwvvaoe 

1  Aioyqwvdag  Alyix\sXiog  oder  i/mo  oder  dergl.  2  Jwvvooe  (oder 
JicovvaoE). 

2)  CIG.  1642  (Keil  Syll.  s.  177). 
Hljctuxq  Tt  et        ^Imtaqyla. 

3)  CIG.  1647  (Keil  Syll.  s.  178). 

1  €7ti7tlav     2  (von  rechts  nach  links)   Yat 
1  'Eni  IIXav-     2  %ae. 

Boeckh  weist  auf  das  akarnanische  Ilqavyog  CIG.  1795a, 
Keil  auf  das  delphische  nqäoyog  hin.  Wechsel  von  q  und  l 
finden  wir  im  böotischen  bei  den  stadtnamen  Aqlaqxog  :  AXi- 
ctQTog,  Eiqiaiov  :  EiXiawv  und  bei  einigen  weiter  unten  be- 
sprochenen personennamen. 

4)  Keil  Syll.  s.  171,  nr.  LXg,  Lebas  nr.  274  s.  120. 
-Aoxkeo  Keil:  Aata]oxXelg,  eher  zu  denken  an  Aaf.i]oy,X[l]eig; 

vgl.  CIG.  1651  mit  dem  zu  Orchomenos  3  bemerkten.  Die  an- 
merkung  von  Ross  (bei  Keil  a.  o.)  zeigt,  dass  die  lesung  der 
betreffenden  zeichen  zweifelhaft  ist. 

5)  Kaibel  Hermes  VIII,  s.  425,  nr.  26. 
friovedia. 

Beermann  Studien  IX,  19  :  Gio[y]e[v~]ia? 

6)  Ebd.  nr.  27. 
ovaaif-im         yOvaoi(.WL. 

7)  Ebd.  nr.  28. 
€i/.adiov         Elxadttov. 

8)  Ebd.  s.  427,  nr.  31,  Kumanudes  III,  s.  168,  nr.  2. 
eitiXvoaviasHiaqiöa 


224 


R.  Meister 


*Eiti  ^ivaaviae  'Iaoiöa. 

Kaibel  Oiagida  vgl.  aber  Robert  Arch.  ztg.  XXXIII, 
8.  160.  Die  wenigen  sicheren  genetive  auf  -a  im  böotischen  sind 
zu  Orchomenos  29  genannt. 

9)  Ebd.  nr.  32,  1. 

oivfini.o.        Kaibel:  :>0[X]vf.im[x]o[g. 

10)  Robert  Arch.  ztg.  XXXIII,  s.  150  ff. 
d£Qjnvo\>ui;vXog\a/u<pcdx£(j .  OT<xo€7ci7iitvXoie\de7ud€Qfivi 

Jkqfivg.     Kitvkog. 

IdftqxxXxrjg  \ß]otaa   ertl  KitvXoi  yd*  e.7tl  Jeqfivi. 

JsQfxvg  tritt  zu  den  nicht  zahlreichen  kurznamen  auf  -vg 
(Fick  Griech.  personennamen  XLI),  Knv'kog  ist  von  xmog, 
das  in  mehreren  dionysischen  namen  vorliegt,  gebildet.  Die 
gemination  ist  nicht  ausgedrückt,  wie  in  den  zu  Theben  4  an- 
geführten beispielen. 

11)  Robert  ebd.  s.  158,  nr.  1,  (Ku  manu  des  Athen. 
III,  s.  168,  nr.  4). 

€7tifH€xadafioe€fii 
'Eni  FEY.ctddf.ioe  eif.iL 

Die  sonderbare  Schreibung  FH  zeugt  wiederum  von  dem 
in  Böotien  besonders  lebhaften  bestreben  dem  gehörten  laute 
einen  möglichst  entsprechenden  ausdruck  zu  verschaffen;  das 
aspirierte  digamma  ist  zunächst  auf  eine  stufe  zu  stellen  mit 
dem  aspirierten  q  und  fi  in  den  kerkyräischen  Worten  gHofaioi 
und  MHu^lag  (Cauer  Delectus  23.  25)  die  Robert  heranzieht; 
es  wurde  nicht  (vgl.  Tudeer  de  dialectorum  Graecarum  digammo, 
Helsingfors  1879,  s.  80)  ein  unsicher  zwischen  /  und  h  schwan- 
kender laut,  sondern  ein  richtiges  vau  mit  nachstürzendem  hauch 
gehört. 

12)  Robert   ebd.  nr.  2,  Kumanudes  IV,  s.  297,  nr.  16. 
Robert:  £7iL&QEyo        'Eni  Qgeyo? 
Kumanudes:  jEtiI  ®<jeyo... 

Haussoulli  er  Bull,  de  corr.  II,  s.  590  zu  nr.  15:  „Sur 
une  autre  inscription  de  Tanagra  *Erzi  (Doeyo ...  le  (D  a  la  forme 
d'un  theta  archai'que"  und  in  der  anmerkung:  „M.  Robert 
se  trompe  certainement  en  lisant:  snl  ©Qeyo . . ."  vgl.  zu  Tana- 
gra 49. 

13)  Robert  ebd.  nr.  4,  Kumanudes  ebd.  nr.  7. 
Hi7ictQxa         Hi7tctQXct. 

Ueber  die  unterlassene  gemination  vgl.  zu  Theben  4. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  225 

14)  Robert  ebd.  s.  159,  nr.  5. 
7iooave&eY.£ 

-Ttog  äve&EiK£. 

15)  Robert  ebd.  s.  160,  nr.  7,  Kumanudes  Athen.  III, 
s.  169,  nr.  9. 

&eQi7tLOv         QuqiTtiov  oder  Qeiquzuov. 

QuQiTtnuov  könnte  von  &rJQi7tn;og  mit  dem  suffix  -uov  ge- 
bildet sein,  das  auch  in  dem  zweistämmigen  ^EnacpQUüv  von 
'ErtacpQoöixog  erscheint.  (Fick  XVI).  Ueber  die  unterlassene 
gemination  vgl.  Theben  4. 

16)  Robert  ebd.  nr.  8,  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297, 
nr.  5. 

£7ti£vx<Jevida 
3Ertl  Evt-tvlda. 

In  beiden  copien  fehlt  das  iota  des  dativ  ohne  angäbe  einer 
lücke  am  schluss  des  wortes,  und  ebenso  ist  es  Tanagra  30  in 
der  Kumanudes'schen  copie  weggelassen.  Aus  viel  späterer 
zeit  sind  die  grabsteine  Eni  Zto/tvQiva  Tanagra  92,  'Eni  Ev- 
xv%ct  Tanagra  95,  JE7tl  Zwoi/ua  ebd. 

17)  Robert  ebd.  s.  160,  nr.  9,  Haussoullier  Bull,  de 
corr.  II,  s.  589,  3. 

Robert  ßovaa  Haussoullier  ßoqaa 

Dass  ein  koppa  vor  a  steht,  werden  wir  Hn.  Haussoul- 
lier nicht  leicht  glauben.  Die  bildung  des  namens  Bovag  (wenn 
nicht  etwa  beim  dritten  buchstaben  die  gabclung  der  senkrech- 
ten hasta  auf  Verletzungen  des  steins  beruht  und  Botag  zu  lesen 
ist)  ist  dieselbe  wie  in  den  orchomenischen  namen  KQCczsv-ag, 
!Alev-ag,  Baxevf-ag  (vgl.  Orchomenos  1),  wie  ferner  in  Ba$v- 
ag,  üoXv-ag,  Qqaov-ag,  'Ix&v-ag  (vgl.  Fick  XXXIV).  Den  diph- 
thong  im  worte  ßovg  treffen  wir  auch  in  den  formen  ßovwv  und 
ßoveooi  Orchomenos  21. 

18)  Robert  ebd.  nr.  10. 
Tif-iaoiSsog         Tif.iaai&£og. 

19)  Robert  ebd.  nr.  11. 
IdQTa/Liidog. 

20)  Robert  ebd.  s.  159,  nr.  6,  Kumanudes  Athen.  III, 
s.  168,  nr.  1. 

aßaeodogoaaß        Idßaeödwqog  l4ß- 

Dasselbe  wort  steht  mit  derselben  Orthographie  Tanagra  54 
I,  10. 


R.  Meister 


Fick  Studien  IX,  s.  109  bezieht  den  namen  mit  recht  „auf 
14tz6XXü)v  Idßatog,  der  zu  Abai  in  Phokis  verehrt  wurde". 

21)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  589,  nr.  6,  Ku- 
manudes  Athen.  III,  s.  168,  nr.  3. 

Haussoullier:  etci  ox(oder  g)ißat     »Eni  'Oqlßas  ou  'Oxtßat" 

Kumanudes:  'Eni  yO%ißaE. 
'Ogißag  könnte  ein  zweistämmiger   kurzname   sein  mit  dem 
suffix   -ag   (Fick   XVI)   gebildet  von  °OQi-(OQEi-)ßa*%og  oder 
'Ogi-COgsi^ßccTag.     Mit  einem  'Oxt'ßag  (oder  yO/.ißäg)  wüsste  ich 
dagegen  nichts  anzufangen. 

22)  Kumanudes  Athen.  III,  s.  169,  nr.  5. 
Xoe....        Xo€[Qilog?  vgl.  Tanagra  54  IV,  11. 

23)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  590,  nr.  14,  Ku- 
manudes Athen.  III,  s.  169,  nr.  6. 

aQV£Oi-\-a        lAqvELolya.. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  /  hier  nicht  durch  Y,  sondern 
durch  -f-  ausgedrückt  ist,  wie  Theben  26  durch  X. 

Der  name  ist  von  dem  in  eigennamen  sonst  nicht  belegten 
ägveofiai  gebildet,  ^gvEialya  vergleicht  sich  mit  'Ovrjoixa,  Ni- 
xccoiyog  u.  s.  w. 

24)  Kumanudes  Athen.  III,  s.  169,  nr.  7. 
jE^aQEtct. 

25)  Kumanudes  ebd.  nr.  8. 
EvttXict  (=  Evrektia). 

26)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  590,  nr.  21,  Ku- 
manudes Athen.  III,  s.  569,  nr.   10. 

Xaoxoo         Aamog. 

Nach  Fick  Beiträge  III,  s.  123  zweistämmiger  kurzname 
von  ^iaoTifiog. 

27)  Robert  Arch.  ztg.  XXXIII,  s.  159,  nr.  3,  Kuma- 
nudes Athen.  III,  s.  169,  nr.  11. 

oa^iiYa         Zaiilxct. 

28)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  580,  nr.  13,  Ku- 
manudes Athen.  III,  s.  169,  nr.  12. 

YoevoxXicc         £ev6/,Xicc. 

29)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  296,  nr.  1. 
ld$a.vöyiTig. 

30)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  2. 
ETiia&ctvodoQa         *Eni  lA&ctvodtoqct. 

Ueber  die  weglassung  des  iota  subscriptum  vgl.  Tanagra  16. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  227 

31)  Kuman udes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  3. 

32)  H au ssou  liier  Bull,  de  corr.  II,  s.  590,  nr.  17,  Ku- 
manudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  4. 

Jiovvoio\g. 

33)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  6. 
OgaiYua. 

34)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  8. 

flTC7tl!-£VOQ  [H]l7Z7lil~£VOg. 

f  statt  H  ist  vielleicht  ein  versehen  des  Steinmetzen. 

35)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  9. 
KXiccQxa. 

36)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  10. 

MfiVCCfAlXCt. 

Es  liegt  nahe  hier  an  Mva[a]lxa  zu  denken;  doch  findet 
sich  Mva/Liiag  als  name  eines  Thebaners  bei  Plutarch  de  Herod. 
mal.  31. 

37)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  11. 
(xvaaov         Mvdoiav. 

38)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  12. 
Xv(.i7tioöoQoa        3O\kvfxrci6dioQ0g. 

39)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  13. 
TIv^Qivog. 

40)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  14. 
(DiXagira. 

41)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  297,  nr.  15. 
XOiq...        Xoig[lXog?  vgl.  Tanagra  54  IV,  11. 

42)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  589,  nr.  2. 
1  stc  .     2  qoQ .        3E7t[l~]  Qoq- 

Haussoullier  Q6q[a. 

43)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  589,  nr.  4. 
e7tr/.aki&eoidL£/iu         3E7cl  KaXi&soLdi  elfii. 

Steht  KaXi&soig  für  KcdXiüsQOtg  wie  QtoavÖQog  (Suid.)  für 
OeQoavdgog?   Vgl.  den  frauennamen  Oigoig  Antliol.  lyr.  VII,  649. 

44)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  589,  nr.  5. 

£7lL7loXvaQCtTO£etll 

Eftl  TIoXvaQtttoe  elfii. 

45)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  589,  nr.  7. 
«...  /neivoxXeias 

E[n:l  l4]/ueivox.Xeia£. 


228 


R.  Meister 


Es  erscheint  hier  das  böotisch  für  den  gedehnten  e-laut 
(att.  I4fi£iv6x.lrja)  zu  erwartende  ei,  das  gerade  in  den  auf  die- 
sen stamm  endigenden  eigennamen  durch  einen  zweiten  vokal- 
wandel  zu  i  zu  werden  pflegt. 

46)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  589,  nr.  8. 

—  avqxxXxei         Eni]  l4v<pdXxsi. 

Im  dativ  der  fc-declination  wurde  st  nicht  zu  i  zusam- 
mengezogen. 

47)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  589,  nr.  11. 

—  mvaoxoa  Teil-  oder  nsiX?)sjuvaaTog. 
Zu  IleiXefivaoTog  böotisch  für  TrjXeiuvyoTog  vgl.  Theben  40.  Haus- 
soullier fehlerhaft  ,^£\ef.tvaotog  (iAd(.ivrjGToq)u ;  die  zweite  silbe 
von  böot.  alel  :  dt  (vgl.  l4ixXidag  Theben  28),  mit  späterer  Or- 
thographie  yt  kann  unmöglich  in  der  Schreibung  e  erscheinen. 

48)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  589,  nr.  12. 
Oto^ivdoxa  vgl.  denselben  namen  Tanagra  83,  17. 

49)  Haussoullier  Bull,  de  corr.   II,  s.  590,  nr.  15. 
ffh.xa.Xoa         (PeraXog. 

Haussoullier  „QeraXog.  II  semble  qu'il  y  a  eu  confu- 
sion  entre  les  signes  representant  le  0  et  ceux  qui  represen- 
taient  le  0.  Le  theta  de  QetaXög  a  la  forme  d'un  Q)  archai'que. 
Sur  une  autre  inseription"  —  das  weitere  vgl.  zu  Tanagra  12. 
Haussoullier  wusste  nicht,  dass  der  name  OlxraXog  sich  auch 
Theben  28,  8  findet,  wo  0  und  <D  ohne  jede  confusion  geschie- 
den werden;  die  kenntniss  davon  würde  ihn  vor  dieser  „confu- 
sion" bewahrt  haben.  —  Ueber  die  unterlassene  gemination  vgl. 
zu  Theben  4. 

50)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  590,  nr.  16. 
fivXXiYiöaov        MvXXixtddiov. 

51)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  II,  s.  590,  nr.  19. 
y.oqcc        Knga  vgl.  denselben  namen  Tanagra  83,  23. 

52)  MvXwvag  Bull,  de  corr.  hell.  II,  s.  539. 

Auf  den   scherben   eines  kantharos    aus  Tanagra  in  links 
läufiger  schrift: 

daXiodogoa         JaXiödiooog. 

53)  Keil  Zur  syll.  s.  600  aus  Ross'  tagebuch: 
II^RON        'Icxqwv. 

Vor  dem  iota  scheint  die  rechte  hasta  vom  zeichen  des  spi 
ritus  asper  erhalten  zu  sein. 

54)  Kumanudes  Athen.  IV,  8.  213. 


. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böofc.  dialekts.  229 

Ich  schliesse  mich  in  der  art  und  weise  der  wiedergäbe 
genau  dem  griechischen  herausgeber  an.  Es  ist  eine  namenliste 
in  4  nebeneinander  stehenden  reihen  (I  -  IV). 
I  1  . .  og  2  . .  og  3  . .  dag  4  . . .  /.ypg  5  l4Q[iOTo]Teleg  (5  Moe- 
Qi%og  7  ^QißTO&osvog  8  dtOTtounog  9  JaXiddag  10  Aßat- 
odoQog  11  ^axov  12  JJavaavlag  13  lll&aqyog  14  Jauöxi- 
/uog  15  Nixiag  16  &avoda/.iog  ■  'Eoeroieig  17  EJuj'aos  ; 'is^e- 
7£m>g  II  1  FoWtöag  2  Miood-Ldag  3  Zccutag  4  rivd-dv- 
yeXog  5  LdgiooTÖda/iiog  6  XapoWag  7  Evayovxidag  8  ^a- 
XQidiov  9  Ja/noutXov  10  JidxQLzog  11  MeXitov  12  Mopt;- 
/tdag  13  BayyvXiöag  14  IdQioftvaoiog  15  MeyaAo'og  III  1 
Xdßag  2  Alayivag  3  HvqaXXog  4  i^xt-AAefg?]  5  Feqyatve- 
zog  6  (DdXaqig  7  'Eqdzov  8  l4(.uvoy.lhg  9  Mdtqov  10  'Oa- 
xoqidag  11  QhXoydqsg  12  ^/roHodo^og  13  Meyyidag  14 
Hioziatdag  15  ©«oc'orog  IV  1  Koeqavog  2  'Acfqodnog  3 
■Sayi^m'dafg]  4  ^SavyaVfig  5  EvxXtdag  6  Jauot-evog  7  Xa- 
^ovdag  8  Kaq?iaoq?dov  9  ÄaÄAfxpaT^g  10  FiooxXeeg  11  Xoe- 
p/Aog     12  2dqßaXog     13    Foqyog     14  i^/roAAorfo^og     15    ßt-A/- 

[(J]a[g]        IG   ^/|U6l'[(7tST7Z:]0£. 

Am  schluss  voni/xtUA^g?]  d.  i.  14y.vXXel  III,  4  (zum  suffix 
vgl.  Orchomenos  2),  sowie  von  -5ayt#m($a[g  IV,  3  und  BvXi- 
da]g  IV,  15  ist  auf  der  inschrift  ein  sigma  nicht  sichtbar.  Bei- 
spiele für  die  weglassung  des  schwachtönenden  sigma  am  schluss 
böotischer  eigennamen  s.  zu  Theben  24.  —  Wenn  FoSfrldag  II, 
1  nicht  etwa  für  IToWldag  verlesen  ist  —  was  ich  bei  der 
Sorgfalt  des  griechischen  herausgebers  kaum  glaube  —  so  könnte 
es  vielleicht  zu  den  bei  Orchomenos  19  besprochenen  eigenna- 
men gestellt  werden,  die  durch  Aphäresis  verkürzt  sind,  so  dass 
der  volle  name  IdyaSidag  wäre.  Die  Verdoppelung  des  #  ent- 
spricht der  von  FickGriech.  personennamenLIXf.  erkannten  „nei- 
gung,  inlautende  consonanten  der  kosenamen  zu  verdoppeln",  und 
vergleicht  sich  z.  b.  der  Verdoppelung  des  y  in  Meyyidag  III,  13 
auf  unserer  inschrift.  Die  verdumpfung  des  a-lautes  würde  dann 
eingetreten  sein,  als  die  Zugehörigkeit  des  verkürzten  namens 
zum  stamme  dyaitög  nicht  mehr  lebhaft  empfunden  wurde.  Doch 
verkenne  ich  das  gewagte  der  Zusammenstellung  nicht.  —  Zu 
Xdßag  III,  1  vgl.  Xdßag  und  Xaßfjog  Tanagra  55.  —  llvqaX- 
Xog  III,  3  ist  eine  Weiterbildung  des  namens  TIc$qog  mit  dem 
suffix  -aXXog.  Die  gemination  ist  hier  nicht  durch  die  schrift 
ausgedrückt  (vgl.  Theben  4)  wohl  aber  in  JlvqqdXw  Platää  Gi- 


230  R.  Meister 

rard  Bull,  de  corr.  I,  s.  211,  z.  1.  Damit  tritt  zu  den  bisher 
bekannten  A-suffixen  llog  und  iXXog,  vXog  und  vXXog  das  paar 
dXog  und  aXXog.  s4(fQodiTog  IV,  2  kehrt  Tanagra  59  wieder, 
LdcpQoditiog  hiess  ein  Thebaner  Theben  49.  Zayvltividctg  IV,  3 
ist  von  adyog  mit  dreifachem  suffix  gebildet:  2dyv&og,  2ayv- 
9lvog  (dieser  name  steht  Tanagra  55  A,  11),  2ayv&ividag  und 
vergleicht  sich,  was  die  bedeutung  anlangt,  mit  Scrtwv  Thuk. 
VI,  5;  Steph.  Byz.  s.  v.  nozafioad/.wv  und  2crj.wvidr]g  CIG. 
8230.  8298  von  odxog.  —  SdqßaXog  IV,  12  ist  vielleicht  aus  2a- 
gaßoßaXog  entstanden. 


b)  Inschriften  ionischen  alphabets 

a)   Aeltere. 
55)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  294  f.,  nr.  7. 
Ich  gebe  zunächst  den  text  so  wieder,  wie  er  von  Kuma 
nudes  hergestellt  ist. 

I  1  yog  'Agylto   2  Xidöag  Koigarddcco    3  . . .  voxXtdag  *Av- 

ögofidyiog  4  dtiotif-tog  JtoöcoQiog  5  l4yiag  JioötoQiog  6  Jio- 
vvaoötoQog  JiodioQiog  7  Kacpioödtogog  Qiodiogiog  8  Evylztov 
Xaßrjog  9  Ivq? {ddag  MsyaXiviog  10  ..agxog  OiOTtfiiog  11 
2a]yv&ivog  Oiocpaveiog  12  Qi?oq)dv£iog  2ayvfriviog  13  II]qo- 
f.ict%Ldag  GgaOLY-lelog  14  .loqivctg  'iccQoreXeiog  15  (D^\avoxXe7g 
HoXvt-svtog  1(J  J]a/it6q)ilog  Sxv&Quoviog  17  0«']Corog  2xv- 
&Qiwviog  18  2ioq)?]QOVLOxog  QiayyeXiog  19  ..oveXeig  KXiüq- 
yjdao  20  ...arog  TIoXv^ivaaTiog  21  ...ddctg  Evcpa/Ludao  22 
ei  Nixirjog 

II  1  ]A$'?d.iuypg  Evxolivio[g  2  Qioyicwv  KaXXixXidao  3  Be- 
vötiftog  Xagwvda  4  Xag/iiag  Eviovvf.ioö[ioQiog  5  Tvxcov  Tv- 
XavoQiog  0  Qioytrojv  F?oiy.oad-evet[og  7  Qqaae...  8  Ilgct^t 
...  9  lAyaai...  10  Ijqiotoj ...  11  l4d-avla[g. ..  12  Gioxage... 
13  JioqUov...  14  JToA-t;'?Aao[g...  15  OtortXeig...  IG  i/v- 
Ti7tnid\ag...  17  'l&v/naxog . . .  18  Xdßag  TIo...  19  Bevvst 
Ev...  20  l4oiü7t6-KQLi;[og...  21  IlavTOiog...  22  zfaXiööco[Qog 
...     23  Qioyitwv . . . 

I,  9  Vielleicht  ÄVj^/dag?  vgl.  Xag/nag  II,  4.  —  11  und  12. 
Im  ersten  namen  der  12.  zeile  hat  sich  der  Steinmetz  versehen 
und  statt  Qiocpdvug  das  vorhergehende  patronymikon  Qiocpdveiog 
noch  einmal  gesetzt.  —  Ueber  die  weglassung  des  schliessenden 
sigma  in  z.  22  und  II,  19  wurde  zu  Theben  24  gesprochen.  — 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  231 

II,  1  L4&d[w]iyog?  Ein  'ASdvixog  Tanagra  66.  3  Xagoivda 
kann  seiner  Stellung  zufolge  nicht  als  ein  sicheres  beispiel  für 
genetive  auf  a  gelten.  Von  der  adjecti vischen  bildung  der  pa- 
tronymika  macht  nur  Agylto  I,  1  eine  ausnähme. 

ß)   Jüngere. 

56)  Robert  Hermes  XI,  s.  98,  a. 

1  Bevaqiox\o)  agxojvzog  /iieivbg  AXaXy,o[{i]evuo  7texQ[ddi  a]Ttiov- 
Tog  £7t[e]\päq>\jL]dde  cO//[oA]w<Jag  2  l4/novviao,  A[xfjog]  Jauo- 
(plXio  e'Xet-e  dsdox&r]  xv  ddf.iv  7todf;evov  elfter  xfj  eveqyizav  tag 
TtoXiog  3  Tavaygrjiov  Kxrjotova  Xagicpauw  'Egexoteia  avxbv  x/} 
eayoviog,  y.r)  elfiev  avxnlg  yäg  x/}  fvycag  4  ennaoiv  xrj  dacpd- 
Xiav  yJj  daovXiav  xr)  7toXef.uo  y.r)  igdvag  Icoaag  xrj  xaxä  yäv  y.rj 
xaxä  &dXaxxav  xr)  5  xdXXa  rcdvxa  xafrdTteo  xo~ig  dXXoig  rcgo^e- 
voig  xr]  evegyetr^g. 

3  In  dem  namen  des  Euböers  Kxrjawv  wird  rj  geschrieben. 

57)  ebd.  b. 

1  Eiglao  agyovxog  (.leivbg  Ja\.iaxgiw  vio/neivli]  irceipdq>iöde  2 
rvvo7t7taGTog(? )  14/niviiovog  •  ^Ejnyagiöag  OvXXiog  elet-e  de-  3 
dox&i]  xöl  ddf.101  -rcgo^evov  elfiev  xr)  evegyexav  rag  rcöhog  4 
Tavaygtfiov  ileXorta  deg~iao  NianoXtxav  avxbv  xr)  iayöviog  5 
xr)  eljLiev  avxolg  yäg  xr)  fvxlag  emtaaiv  xr)  dayäXiav  xr)  6 
fiaoxeXiav  7  x\r)  daovXiav  xr)  7toXef.no  xr)  igdvag  uoaag  xr) 
xaxä  yäv  8  x»}  xaxä  ihäXaxxav  9  x]rj  xaXXa  jcdvxa  xa&drceg 
xolg  dXXoig  itgol-evoig  y.rj  svegyexrjg. 

1  Eiglag  für  lHgeag,  vgl.  z.  b.  Etgoxi/iiog,  E'igaiiov  Theben 
33,  12.  13;  Etgoöoxog  Orchomenos  30,  2G. 

58)  ebd.  c. 

1  Bevagiaxto   agyovxog  f.ieivbg  l4XaXxo(.ieviiü    Jtexgdöi    d/riövxog 

2  erteipdcpidöe  'Ay^og  •  A\itoXX6dwgog    Karpiaiao   t'Xe£e    dedöy&t] 

3  xol  dduot  jcgö^evnv  elftev  xr)  evegyexav  rag  nöXiog  'favaygtjtov 

4  Avxlyovov  ^AoxXaniädao  Maxedova  avxbv  xr)  eayoviog  xr)  ei- 
[tuev  5  avxoi  yäg  xr]  foixlag  emtaaiv  xr)  dacpdXiav  xr)  aaov- 
Xiav  y.r)  7toXef.i[io  6  xt)  Igdvag  uoaag  xr)  xaxä  yäv  xr)  xaxä 
ÜäXaxxav  xr)  xdXXa  ndvxa  7  xa&äneg  xolg  dXXoig  rrgol-evoig 
y.rj  evegyexr]g. 

59)  ebd.  d. 

1  Evg~i&iio  agyovxog  fieivbg  Aa\.iaxg'uo  oyöor]  i[o]xa/nev(o  erte- 
ijidtpidöe  Kaipioiag-  2  MetXuov  Afpqoöixto  e'Xei-e  dedox&t]  iol 
dduoi  ;r()6g~evov   tiutv   /)}  eieqytxav     3    tag    nöXiog    TavayQtjOJV 


232  R.  Meister 


Zwoißiöv  J ioa'/.ovqidao  ^4Xe^avÖQ£ia  avxbv  xr}  £oyöv[wg  4  xr} 
uf.t£v  ccvzoig  yag  xr}  oixtag  tunaoiv  xr}  fiooxtXiav  xr}  docpd- 
Xiav  xr}  daovXia[v  5  xr}  7XoXsf.ua  x.rj  iqdvag  iiaoag  xr}  xaxd  ydv 
xr}  /.axd  d-dXaxxa[v  xr}  xdXXa  7tdv\xa  6  Ya^änsq  xotg  dXXoig 
TtQO^tvoig  xrj  tvsgyetrjg. 

GO)  ebd.  e. 
1  'O  östva  xov  de7vog  k%t^e]  dsdöy&rj  [tot]  ödfi[oi)  7Xqo^£vov  £i- 
fi£v  xr}  £V£Qyt[xav  2  rag  TiöXiog  Tavaygrjwv]  BdvÜiTtrrov  Kev- 
diqßa.  Hialöav  avxbv  xr}  sayo[viag  xr}  3  ufuv  avxoiig  yag  xj} 
f]oixlag  innaoiv  xj}  doqpdXtav  xr}  daovXiav  y.rj  7io\Xsfua  4  xr} 
Igdvag  icaaag  xr}  yaxd  ya]v  xr}  xaxd  &dXaxxav  xr}  xaXXa  Txdvxa 
■/.cx&drteQ  [xo7g  5  dXXoig  7tQo£,£voig  xr}  £V£Qys\xrtg  •  Ev'avyiXta 
doyovxog  ^AXaXyofuvlu)  xql\xr]     G  og  L4vq?iy.odxiog. 

2   Die   contrahierte  genetivendung   im  namen  des  Pisidiers 
Kevörjßa  darf  nicht  dem  böotischen  dialekte  zugerechnet  werden. 

61)  ebd.  f. 

1    6y]önr]    \oxafisvia    KaqMOiag  ]AqyiyXl6ao    e'Xel-e 

2    7Tqo^£vov   u]ft£v  xr}  £V£oysxav    xag   TtöXiog  Tavaygrjiov 

3  ov  avxbv  xr}  soyöviag  xr}  £ift£v  ccvxvg  yag  xr)     4  .... 

..  xry  fiaoxsXi]av  xr)  do<fdXiav  xr}  daovXiav  xr}  TXoXefico  xr}  lod- 
5  vag  Iiooag  xr}  xaxd  ydv  xr}  x]ara  &dXaxxav  xr}  xdXXa  itdvxa 
y.a&a7i£Q  xvg     G  dXXvg  7XQO^svvg  xr}  £V£]Qysxt]g. 

G2)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  291,  nr.  1,  z.  1 — 9. 
Links  von  z.  1  und   2  spuren  einer  inschrift    z.  1  ...axrjg 

2    ....TW? 

1  'AQiGxoY.Xi.dao  doyovxog  7xgo^£vir]  1 2  ~}fiiy.Qiav  TlXovxivca 

sXs§£  dsdoy&r]  iv  ddfiv,  7tQot-svcag  s\lfi£v  3  x]r}  £V£qysxag  xdg 
jxoXiog  Tavaygt]iav  Jafidxqiov  0iöi...  4  ..  xr}  IliovöXaov  Ja- 
ftaxqua  KoQtvd-uog  avxiag  x[r}  5  soyovcag  xr}  £ifi£v  avxvg  yag 
xr}  fuyJag  snnaoiv  6  xr}  fiooxsXiav  xr}  doqpdXiav  xr}  doovXiav 
xr}  xara  7  yav  xr}  xara  üdXaxxav  xj}  7XoXtf.no  xr}  iqdvag  Ita- 
8  aag  xr}  ra  aAAa  jraVra  xa^aTTsq  xvg  dXXvg  n.qol-t'vvg  9  xr} 
sv£qysxt]g. 

G3)  Kumanudes   ebd.   z.  10 — 17   (Z.   15  ist  von  Kuma- 
nudes Athen.  IV,  s.  378  nachgetragen). 

10  cOfioX\ta...  dqyovxog...  11  £7C£t{id[cptdd£ . ..  12  OiXtavo... 
13  sqyexav . . .  14  avxbv  xr}...  15  xr}  «tdorffA/av...  IG  yag 
2tuflra[g...     17  x^a  xa^ajr[«^... 

64)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  293,  nr.  3,  z.  1—4. 
1  w?  OY.XIO?  xrjÖ£xaTi]  t7i£ipdq>idd£  ll7tixia\g.. .    2  ...t'Äe£e 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  233 

Se]ö6x^rj   xol  ödfioi  ttqoI-svov   si(.iev   xr)   [evsgysxav   xäg  7töXio]g 

Tav[aygrjtüv 3  ..../  rjov  xr)  avxbv  xr)  sayovtog  xr)  el/nsv  av- 

x[oig  yäg  xr)   fvxiag  £7t]7taoiv 4   Xiav  xr)   xaXXa  jcdvxa 

•*a&(X7t£Q  xölg  aX[Xoig  Ttqol-avoig  xr)]  £V£Qys[xrjg. 

65)  Kumanudes  ebd.  z.  5 — 8. 

5  ..xjrjösxdxrj  erteipdqiidds  Kacpiotag  Fov .  . . .  f  ...  .  6  .  elj/uev 
xr)  Eveqyixav  rüg  noXiog  TavayQrj[iov]  ...,o  Nsan[oXixav  7  .. 
.  xr)  fvxiag  ercnaOLV  xrj  f?iooTsXiav  xr)  d[oq)dXtav  xr)  d]oov- 
Xiav  —  8  . . .  xd  yäv  xr)  xaxd  SdXaxxav  xr)  xaXXa  ndvxa  xa- 
■i)-ä[7t]£Q  xolg  dXXoig  [rcQO^tvoig  xrj  eveQysxijg. 

66)  Kumanudes  Athen.  III,  s.  475  (CIG.  1562,  Lebas 
455,  Keil  Syll.  s.  28  f.). 

1  ...OJ?QtO  ccQxovrog  {.isivog  ll7t7todQOtulio  TCQOZQiaxdÖl  €7tSlp(X- 
cpidde  2  . .  og  Mvdocovog  lA§6.viyog  z/ioqo&Icü  e'Xsl-e  dedox&tj  tv 
daf.iv  3  7Tq6^sv]ov  Ei/uev  xrj  evefryexav  zag  rcöXiog  Tavayqeuov 
/} 'tovaxoQiöav  4  ...q?io  iA&avetov  avxbv  xr)  soyövcog,  xr)  el/usv 
avxvg  yag  xr)  fv-  5  xiag  etctcö\glv  xr)  fiaoxiXtav  xrj  äoyä- 
Xiav  xr)  aaovXiav  xr)  7toXsfito  6  xrj  Iqdvag  l]coaag  xr)  xaxd  yäv 
xr)  xaxd  &dXaxxav  xr)  xd  dXXa  itdvxa  7  xad^dneq  xv]g  dXXvg 
TCQO^ivvg  x[r)  €V€Q]yexrjg. 

6  CIG.  und  Lebas  xaXXa  statt  xd  dXXa.  Die  übrigen  ab- 
weichungen  sind  unwesentlich.  —  Zu  den  formen  l4&avelov, 
Tavaygslcov  vgl.  Orchomenos  30.  Die  Schreibung  //lovaxoQiöav 
hat  die  Kumanudes'sche  copie  sichergestellt.  Ob  der  Stein- 
metz nur  aus  versehen  so  statt  JioGxovQidav  geschrieben,  oder 
welche  bewandtniss  es  sonst  damit  hat  (an  die  erklärung  Grä- 
fes bei  Keil  a.  o.  glaubt  wohl  niemand),  lasse  ich  hier  un- 
erörtert. 

67)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  210  f.,  nr.  2. 

1  ^4QioxoxXtöao  dgxovxog,  f.ieivog  Qovito  vsvfteivlrj,  2  xaxd  di 
xbv  &LOV  cO/hoX(üiw  eoxrjdexdxrj,  snexpacpLÖde  l4yd&aQ-  3  x°S> 
Evvooxog  MeXlxcovog  tXe^e  dsdöx&ij  xv  ödfiv  itgo-  4  1-bvov  ei- 
f.iev  xr)  evEqyexav  xäg  nöXiog  TavayQrjcov  /Ina-  5  vovoiov  Qio- 
ipidiog  //afxaxQisla  avxbv  xr)  sayovcog,  xr)  el/uev  6  avxvg  yag 
xrj  fvxiag  titnaoiv  xr)  fiaoxeXiav  xr)  7  doqidXiav  xr)  daovXiav 
xr)  noXifAto  xr)  Iqdvag  lio-  8  aag  xr)  xaxd  yäv  xr)  xaxd  &d- 
Xaxxav  xr)  xd  dXXa  9  itdvxa  xa&ditEQ  xvg  dXXvg  itQO^ivvg  xrj 
evegyexrjg. 

68)  Kumanudes  ebd.  nr.  3. 

1    Nixiao    ccQxovxog,    /iietvög    'AXaXxoLiaviio    ex[xrj\    dmovxog     2 

Beiträge  E.  kuiulu  d.  ig.  sprachen.  V.  10 


234  R.  Meister 


ertexpacpidÖE  Evxxel ficov,  Qi67to/u7iog  Evv6(.iio  eXsi-E  de-  3  doyßr] 
xv  dot/nv  /tQof-svtog  elf-isv  xr)  EVEqyexag  rag  itoXiog  4  TavayQtj- 
ü)v  OiXoxQaxrjv  ZcolXio,  QrjQa^svrjv  Jaf.iaxqio),  5  IdTtoXXoya- 
vrjv  l47toXXodoxco  l4vTio%elag  xwv  Ttbd  Järpvrj  avxcbg  6  xr)  eo- 
yövwg  xr)  u[.iev  avxvg  yäg  xr)  fvxlag  Ert-rtaaiv  xr)  7  fLöoxeXiav 
xr)  docpdXiav  xr)  doovXlav  xr)  7ToXe/iico  8  xr)  iqdvag  uöaag  xi] 
xara  yav  xr)  xara  üdXaxxav  xr)  ra  9  dXXa  Ttdvxa  xa&a7t£Q 
xvg  dXXvg  TVQot-ivvg  xr)  evegye-     10  xrjg. 

Nicht  auffallend  sind  die  vulgären  formen  in  den  namen  der 
Stadt  Antioehia  und  der  drei  Antiochier. 

69)  Haussoullier  Bull,  de  corr.  hell.  III,  s.  383,  nr.  29. 
1  uaXaXxoin£viiüöitüd£xaxr]  2  viaaTtovQgoasQ/uaysviooeXs^e  3 
ivCQot-EvovsmsvxrjEVEQysxav  4  yQrj(ovf.ioaxicüvaötoQ(oaaTC£v  5  r 
Qiyaoxx]JrVY.iao£Ttnaoivxr]Jii  6  cpaXiavxrjTroXEfuoxrjiQavao  7  x 
f]xccTa$aXccTTavxr]TccaXXccTtav     8  vOTtQogEvvoxrjEVEQysxrjG 

1  Tov  delvog  dgxovxog,  /neivojg  IdXaXxo/usvlco  d[v]cü(hxdxr]  2 
[ercexpdcpidde . . .]  viag,  TIovQQog  'Eo/iiaysviog  eXst-e  3  [dedox&t] 
xv  ödf.i]v  TtQol-Evov  etfiev  xr]  eveQyexav  4  [vag  rcoXtog  Tava]- 
yqrjuiv  Moa%lu)va  Jcoqw  ^Aaith-  5  [diov  xr)  eijliev  av]xol  yäg 
x?}  fvxtag  ETtitaGiv  xr)  fi-  6  [troreAta»'  x?y  do]q>dXiav  xr)  no- 
Xsixü)  xr)  Iqdvag  7  [twffag  xi)  xara  yav)  xr)  xara  &dXaxxav  xrj 
xd  dXXa  ndv-  8  ra  xa&drt€Q  xvg  dXX]vg  rtqol-evvg  xr)  eveoyixrjg. 
1  Haussoullier  öiwöexdxrj. 

70)  Haussoullier  ebd.  s.  384,  nr.  30. 

1  TtoXovxXidao . qxovtoo     2  dvodexaxrjeTte  ..cpidde     3    ^eveXg u 

4  7iQo!;svtoa£i/u.£vxr]£V£Qy£TaG     5  xavayQrjtüvvicovavixavoQoaaXe^ 

avdqEia     6  xr]vixavoQadaf.taQxtof.nXaoiovavxiooxrj     7  soyoviooxrj 

EifiEvavTvoyaoY.rjfvMao     8  STcrtaaivxrjfiooxeXiavKrjaoqpaXtav/.rj 

7to     9    Xe^toxrjiQavaono  .  .  oxrjxaxayavxrjxa      10    xa&aXaxxav 

xrjxaaXXa7tavxay.a&arceQxvo     1 1  aXXvOTZQO&vvoxrjevsQysxrjO 

1  IloXovxXlöao  aQxovzog,  [iisLvbg  ...    2  dvodsxdxrj  {■7t&[ipd]q?idds 

[6  ÖEiva  tov  ÖElvog]     3  ÜWfafc   [rot;    J«2vog   eAfi^e  öedox&r)  xv 

öd/iiv]     4   TTQoi-evcog  sl/nsv   xr)  EVEqyhag   [zag  noXiog]     5    Tava- 

yQrjcov  Nicova  Nixdvoqog  AXe^avdoela     6    xr)  Ntxdvoga  Ja/udg- 

XO)  MiXdawv  avxcbg  xr)     7  «ffyöVwg  xr)  £ti«£j'  avxvg  yäg  x/}    /v- 

x/ag     8  ETtrtaöiv  xrj  fiooreXiav   xiy  docpdXiav  xr]  reo-     9    Atwcu 

x^  t^avag  tw[(ja]g  x^  xara  yaV  xry  xa-    10  ra  ÖaXarrav  x/}  ra 

aA^a  Ttdvxa  xad^dnEq  xvg     11  aAAtg  7tqo^tvvg  x/}  EVEQyfrrjg. 

71)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  293,  nr.  4. 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot.  dialekts.  235 

1  jcüdaifi/iieiv  Mvccocc 2  voviov  Mvccgccqxov  x . . . . 

3  äve&eijxccv  rotg  &ioig. 

1  ...,l(o  [x]at  ^L4\fx(.teiv  Mvaad[Qxco?  ^.Af-ifisiv  ist  aus J!A(x- 
(xiov  (CIG.  Tenos  2343) :  3!A(.t(.uv  zu  erklären,  l  ist  zu  u  verbrei- 
tert wie  in  Qsiöorog,  Geiötogog  u.  s.  w.  (vgl.  zu  Orchomenos  13). 
Ueber  frauennamen  auf  -siv  aus  Böotien  und  anderen  landschaf- 
ten  vgl.  Keil  Zur  syll.  s.  608  f.     2  ...to]v  oviöv  Mvaaagyov  x.... 

72)  Kumanudes  ebd.  nr.  5. 

1  .ioö(OQog  MeXavog     2  AiooxoQOig. 
1  zliödioQog  oder  QioöwQog. 

73)  Kumanudes  ebd.  s.  294,  nr.  6. 

1  l<4&aviKY.£iu  "£{.ivüj     2  ^Aqxdf.iLdt  EiXei&vlf]. 

Ld&avtxxeia  kann  von  l4d-avloxog  abgeleitet  werden.  Die 
assimilation  von  ax  zu  xx  ist  aus  dem  böotischen  noch  nicht 
bezeugt,  wohl  aber  aus  dem  dorischen  dialekt,  vgl.  ccxxoq,  öi- 
ddxxei,  y.(xy.y.6q  (Ahr.  II,  104).  Die  neigung  des  böotischen  dia- 
lekts zur  assimilation  benachbarter  consonanten  ist  bekannt.  — 
c'I(.ivo)  ist  mir  nicht  verständlich. 

74)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  292,  nr.  2,  z.  1.  2.  8. 

1    Mvdocov    EvßtoXio....     2    EvßwXov   töv  .  . .  .     8    HoXv%ev[og 
srtöeiae. 

Zwischen  weih-  und  künstlerinschrift  befindet  sich  das 
proxeniedekret  nr.  85. 

75)  CIG.  1582,  Kumanudes  Athen.  III,  s.  475. 
Eixova  tiqvde  dvs&rjxe  OoQvarag  ncäg  6  Tgiaxog, 

xrJQvl;  vixrfoag  xaXöv  dytova  zfiög  ' 
dXXovg  te  d$XocpoQOvg  itxavolg  itoolv  slXov  dyaivag, 
evoXßov  ös  Ttargag  ccgtv  xccXöv  OTecpavo[l. 
Kacpiolag  inoeiae. 
Von  den  dialektischen  formen  des  epigramms  sehe  ich  hier 
ab;    die  böotisch  abgefasste  Unterschrift   lässt  vermuthen,    dass 
Kaphisias  ein  böotischer  künstler  war,  vgl.  Theben  28. 

76)  CIG.  1641. 
'Haxlvccg. 

77)  Keil  Syll.  s.  156,  nr.  XLI,  a. 
Jctfxio. 

78)  Kai  bei  Hermes  VIII,  s.  427  f.,  nr.  32.  Einzelne 
grabsteine. 

1  ytovaig  Kumanudes  Athen.  III,    s.  168  ff. ,   nr.  46.     2  Ni- 
v.öovQOTog  Kumanudes   ebd.   nr.  49     3   Botöiov    4   SevoxXia 

16* 


236  R.  Meister 

7  Bevoqxxvxa  11  KXstov  12  Mvdoagxog  13  TIovQQi%idag  Ku- 
manudes  ebd.  nr.  58  14  Xrjqlag  Kumanudes  ebd.  nr.  66 
15,  l  ^TQOf-ißog  2  LdjioXXodwQog  16  Jioykvug  18  Xqova\ig 
oder  X^offf[/g  19  LdQxeoiXda  Kumanudes  ebd.  nr.  30  20 
Ni*/.doi7t7ioQ  21  Evq)Qoaov[vos  oder  EvcpQoaov[va  25  ldqxs{.ieig 
31  l4&avtag. 

79  )  Kumanudes  Athen.  III,  s.  168 ff.  Einzelne  grabsteine. 
28  l4X*iv6a  29  l4f.i(pif,ivaoxog  31  ytatoiriya.  33  EvßtoXa  35 
EvTov%Lvct  36  FiooxXelg  37  FmjokXhx  39  Zto7roü£a  40  0a^- 
oov[ia%og  41  ©toCora  42  Quotöxa  43  KXeo/nvdaxa  4A  Ko- 
&w7ia  45  Kovdi7t7ta  48  NictQ%Lg  51  Sav^tJtÄeig  52  Jö*'a- 
a//<a  53  IIoXsfArjog  (=  TLxoXef.ialog)  54  IIoXiovxcov ;  nicht  aus 
TloXvxdtüv  contrahiert  (Kumanudes  IIoXlovxcüv),  sondern  zwei- 
stämmiger kurzname.  55  Ilov&oxXia  56  Jlov&Utov  zweistäm- 
miger kurzname  (zu  vergleichen  mit  I^tcsXXUiov,  JaXixxw  Ta- 
nagra  83,  7)  für  IIvd-ix.hr]g  —  l47toXXiovty.exr]g.  57  JToi;[^t]xog 
steht,  wenn  in  der  lücke  nur  räum  für  2  buchstaben  ist,  für 
IIovQQixog  mit  Vernachlässigung  der  gemination,  vgl.  TIovqio  und 
andere  beispiele  Theben  4.  59  2tooi qotcc  60  Tqial-  61  tfty- 
rouAAa  63  OiXoY.ovöig  65  ®QOvvi%a  73,  i  ^AydSiav  2  /t/a^- 
^og  74  IdQioxoytvia  84  Jai.t6axqoxog  85  ZwTtovga  86  Zw- 
Tcovqiva  88  Zw/covqiwv  89  ZtOTtovQog  95  AiovoixXia  102 
Orjdgixa     103  XccQi-iovXidag. 

80)  Kumanudes  Athen.  III,  s.  476.  Einzelne  grabsteine. 
Jaf.ioy.Xia  —  MvaoiquXog  —  IloXovxXia  —   Tiovxtov  —  'Igdva  — 

81)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  298  f.  Einzelne  grabsteine. 
1  *AyaS&to  2  !4/uov/n6dcüQog  3  Ldvxiyevig  5  L4qioxoy.io  für 
i/^tffroxxw  aus  ^(HtrroxÄw  vgl.  Theben  37.  6  lA(fd-ovva>  nach 
Fick  Beiträge  III,  s.  277  anm.  für  Idcpfrovrjxa  mit  doppelter 
consonanz.  7  JaXiMut  femininum  des  zweistämmigen  kurzna- 
mens  von  JaXixexag  vgl.  zu  Theben  37.  8  z/s^iyixcov  9  Jico- 
viovaodioqa  11  cEQ/.iaix.£xag  12  EvfsxeiQi'g  13  EvexeiQig  15 
0£OffCorog  16  Qioyixa  17,  i  0£o/t[W<x]ra  2  -goxvXXig  3 
^Qoxovlxa.  Der  erste  dieser  drei  namen  steht  auch  auf  der  in- 
schrift  mit  epichorischem  aiphabet  Tanagra  48.  Völlig  singulär 
ist  der  anlaut  2qox-  für  Sxqox-  in  den  beiden  letzten  namen. 
18  'lagw  19  ^Iqavixa  20  'lo/tieivixhag  21  "Ixaf.iog  mit  dem- 
selben suffix  gebildet  wie  die  besonders  in  Kleinasien  üblichen 
namen  (Wad dington  zu  Lebas  V,  668)  ^/ivydafxog,  HvQauog, 


Die  inschriftlichen  quellen  des  böot  dialekts.  237 

Ilsgya/nog,  IlQia/.iog,  Tevra/nog,  TvQtaf.wg  (Fick  L)  22  KaX- 
Xivaog  23  Köqa  vgl.  Tanagra  51.  24  Koqi&w  kehrt  auch  in 
Lebadeia  (Keil  Zur  syll.  s.  591)  wieder;  für  K001&&16  mit  as- 
similation  aus  KoqivSw?  Koqiv&og  heisst  ein  Thespier  Keil 
Syll.  s.  165,  nr.  LIII,  d.  25  Alyovqov  vgl.  den  Athener  Al- 
yvgog  CIG.  276,  AiyvQTiddrjg  den  vater  des  Minmermos,  den 
früheren  namen  des  Achilles  Aiyvotov  26  Maricov  vgl.  Hesych: 
(.idtiov  •  ib  /.uxqÖv  xal  oXiyov  (Suid.  s.  v.  (.laTLoXoiypg;  Phot. 
250),  die  Stadt  MaTionoXig,  den  Ephesier  MaTiXXag  (Pape- 
Benseler).  27  Moioiyog  28  Nixottw  zweistämmiger  kurzname, 
vielleicht  an  Nr/.OT£Xrjg  angelehnt.  29  Eevoxxw  von  BevoxXio 
vgl.  Osomw  Theben  37.  31  'OuoXto'ttov  32  'Ovaaiya.  34  TIctQ- 
Sewto  35  IToXovt-evog  36  IlTiüiodcoQa  37  2cpr}Qig  38  Tt/no- 
liäya     39  (DiXXco     41  XaoiTt7tidag. 

82)  Kumanudes  ebd.  s.  299  ff.     Einzelne  grabsteine. 

1  Aly/Ltagara  2  Afuvtag  3  l4f.uv(6  4  AqiGTO/.oäTEig  8  ü]ou- 
xctTia  Theben  29.  10  Jst-lda/uog  18  Evxtjqov  25  Aovxldag 
26  Mtxov&og     33  üovQQig    41   Tovqavig. 

In  den  folgenden  in  Schriften  finden  wir  deutliche  spuren 
vom  eindringen  des  hellenistischen  dialekts. 

83)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  292,  nr.  2,  s.  3 — 7. 

3  l4&ctvoyiTOvog   aoyovTog   TtQO&vit]  •  ßioXä  •  IlQ0OTaTt]\j)itx)  (.iel- 

vog ]    4  2iooixQCCTr]g,  Mvdawv  Ev/itrjXü)  eXst-s  '  7tQoß8ßioXe[vo- 

itai ]     5  QioxXrjv  "Ayiovog  'EXatecc   avxov  xrj  eayövwg... 

6   xry  7toX£/Lito  xr]   sloavag    Itoaag  xrj   xara  yav  x[i] 7 

tvEQyenig  rag  rtöXiog  yeyqaTtTrj. 

Hellenistischen  dialekt  zeigen  die  namen  JJqooTaxriQLO},  2io- 
OMQaTrjg,  Ev^Xco  und  das  wort  elqävag. 

84)  Kumanudes  Athen.  II,  s.  402,  nr.  1.  Kaibel  Her- 
mes VIII,  s.  428,  nr.  34. 

1  'EttI  vLvxaiovL'     2  Ovtov  s&a-     3  ipav  tv  Id&a-     4   va'ioxr. 
Die  form   ovtov,   die  auch  in   einigen   anderen  inschriften 
vorkommt,  gehört  dem  hellenistischen  dialekte  an. 

85)  Kumanudes  Athen.  II,  s.  403,  nr.  3. 

1  Nixo/Liaxe     2  yalge'     3  Ovtov  £'&aipav    4  vi  A[&avaiaTrj. 

Die  folgenden  grabinschriften  zeigen  zugleich  eigenthümlich- 
keiten  des  böotischen  und  des  hellenistischen  dialekts. 

86)  CIG.  1672. 
'EyeiQiya. 


238  M.  Deffner 

87)  Lebas  457. 
L4vai;lXaoQ. 

88)  Lebas  462. 
EvTvxct. 

89)  Kaibel  Hermes  VIII,  s.  428. 

22,  l  xaiQE  2  Teledctfis  26,  i  ldo%ka.7tixzg  2  xaiQ£  Ku'ma- 
nudes  Athen.  III,  s.  174,  nr.  75.  Kaibel  „fortasse  l4a- 
xka7tix[o]g".  Es  ist  aber  heteroklisie  anzunehmen  wie  bei  l4%vX- 
Xsig  Tanagra  54  III,  4,  KvdilXug  Orchomenos  2,  Biorvug  Hy- 
ettos  15,  9. 

90)  Kumanudes  Athen.  III,  s.  168  ff. 

38  cH(ptfoTix<)S  50  Niov/j.cprjCt  77,  l  cl7t7t6/naxe  2  X*JQe  3  Ovtov 
e&arpav  4  ...v?v....ccv?  88,  l  ZtortovQiva  2  xQr]aT<^  90  Ztortv- 
qivcc  xaiQe     91,    1  3Ertl    2  ZtortvQtvat     92,    l  'Istw  2  Zoiitvqlvct. 

91)  Kumanudes  Athen.  III,  s.  476. 
KryaUXia.  —         1  ÜQaovka     2  XQ*]0™- 

92)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  298,  nr.  10. 
'Ettevha. 

93)  Kumanudes  Athen.  IV,  s.  299  ff. 
9  Ja/u£vsTOQ  12,  l  Juaviovoiog  2  XQVa™£  14  Eiaorifta  15, 
l  'iiTrt  2  -Etat/  19,  l  'Eni  2  Evrvxct  21  'Zs/rt  Ztoalfia  (oder 
Ziooi/ua)     27  Niovfi/jVLXog. 

Leipzig.  #.  Meister. 


Ein  lückenbüsser. 

,,/Ste  jiyädzi  emme  &ä  eresome  öl  tsi  arl  nie  io  psuxre  (in 
kurzem  werden  wir  zwei  drei  arl  finden  mit  kaltem  wasser)". 
So  tröstete  mich  im  vorigen  jähre  auf  dem  wege  von  Leonidhi 
(Tsaconien)  nach  Kosmä  mein  agogiate,  als  ich  über  durst 
klagte.  Das  wort  are  (Plural  arl)  hatte  ich  während  meiner 
früheren  aufenthalte  in  Tsaconien  nicht  gehört,  doch  war  mir 
sofort  klar,  dass  es  einen  ort  bedeuten  müsse,  wo  sich  kaltes 
wasser  (vöcoq  xpvxQÖv)  findet,  vielleicht  eine  kleine  berghöhle 
oder  bergschlucht. 

Der  weg  führte  uns  teils  neben,  teils  in  dem  damals  tro- 
ckenen bette  des  giessbaches  von  Leonidhi  hin.  Steile  bergab- 
hänge sind  da  durch  die  ungeheuren  wassermassen,  die  vom 
herbst  bis  zum  frühjahr  sich  herunterwälzen,  oft  bis  zu  einer 
höhe  von  5  meter  ausgehöhlt.      So   kamen  wir  bald  an   eine 


Ein  lückenbüsser.  239 

weit  überhangende  felswand,  die,  oben  mit  dickem  humus  be- 
deckt und  mit  blühenden  sträuchern  bewachsen,  wie  ein  dach 
über  den  weg  hing.  Es  träufelte  da  an  einigen  stellen  wasser 
herunter  in  kleine  runde  becken,  die  es  mit  der  zeit  in  dem 
boden  gebildet  hatte.     Das  wasser  war  natürlich  regenwasser. 

Are  bedeutet  also  eine  kleine  Vertiefung,  ein  becken  in  der 
erde  oder  im  felsen,  worin  sich  (herab träufelndes)  regenwasser 
sammelt. 

Wie  ich  am  abend  nach  Leonidhi  zurückkehrte,  war  mein 
erstes,  in  der  kleinen  ausgäbe  des  Hesychius  nachzusehen  (ich 
hatte  mehr  als  50  bücher  nach  Tsaconien  geschleppt),  ob  nicht 
etwa  auch  dieses  tsaconische  wort,  wie  so  manche  andere,  durch 
ihn  als  laconisch  bezeugt  würde.  Ich  suche  also  ein  wort  dgög 
(denn  agr.  -og  ist  durch  lacon.  -oq  zu  tsacon.  -o(r)  oder  e(r) 
geworden)  und  finde  wirklich: 

aQfrc'  ocpelog.  xal  [xoildg,  ev  alg  vdwg  dd-goi^erac  f  of.16- 
qiov,  y.ai~]  ßkdßog  dnovaiov. 

Die  emendation  war  natürlich  sofort  gemacht.  Die  von 
Mor.  Schmidt  mit  unrecht  in  klammeren  gesetzten  worte  müssen 
zu  einer  eigenen  glosse  werden,  nemlich: 

a^>>c*  xoikdg,  ev  fj  (oder  dgoi  •  xoilddeg,  ev  alg),  vScoq 
d&QOitezaLO'pfljii  o  v. 

Ueber  o/ußgiov  statt  des  sinnlosen  6(.ioqlov  ist  kein  wort  zu 
verlieren,  und  zur  änderung  des  accentes  von  dqog  wäre  man  un- 
ter solchen  umständen  gewiss  berechtigt,  auch  wenn  im  Hesychius 
etwas  weiter  unten  die  glosse  dqovg  *  rct  hßddia  nicht  stünde. 
Man  könnte  zur  ersteren   sogar  getrost  yidyuaveg  hinzusetzen. 

Um  nun  auch  eine  liguistische  bemerkung  zu  machen, 
spreche  ich  die  ansieht  aus,  dass  dgog  zur  wurzel  VAE  „triefen, 
fliessen"  gehört. 

Am  nächsten  tage  erfuhr  ich,  dass  die  tsaconischen  hirten 
kleine  natürliche  felsenbecken  auf  den  bergen,  worin  sich  re- 
genwasser sammelt,  das  ihnen  und  ihren  heerden  zum  trinken 
dient,  gleichfalls  ari  nennen;  ist  ein  solches  becken  grösser,  so 
heisst  es  ärnaka  (Xdgvat-).  —  In  der  folge  habe  ich  are  in  bei- 
den bedeutungen  öfter  gehört. 

Nach  meiner  rückkehr  von  Tsaconien  sah  ich  hier  in  der 
grossen  Hesychiusausgabe  nach  und  fand,  dass  schon  Vossius 
öfißgiov  statt  6(.i6qlov  conjicirt  hatte.  Ich  versichere,  dass  ich 
mich  keineswegs  darüber  ärgerte. 


240  G.  Meyer 

Auch  andere  glossen  des  Hesychius  konnte  ich  mit  hülfe 
des  Tsaconischen  emendiren.  Wie  gross  überhaupt  die  bedeu- 
tung  dieses  dialectes  für  die  altgriechische  philologie  ist,  wird 
aus  einem  aufsatze  hervorgehen,  den  ich  über  dieses  thema 
nächstens  in   einer  deutschen   Zeitschrift   veröffentlichen  werde. 

Zum  schluss  möchte  ich  noch  die  bescheidene  frage  stellen: 
Würde  das  aus  dem  Tsaconischen  erschlossene,  wegen  seiner 
bedeutung  zufällig  in  keinem  altgriechischen  schriftsteiler  vor- 
kommende Stammwort  dqög  bei  aller  seiner  augenscheinlichen 
altertümlichkeit  ohne  jene  verderbte  zeile  im  Hesychius  die 
classischen  philologen  nicht  ganz  gleichgültig  lassen? 

Athen.  Michael  Deffuer. 


Miscellen. 

1)  esdva  brautgeschenke  grundform  feövo-  stellt  man  zu 
avdävio  rjdo/nai  fjdvg  u.  s.  w.  Curtius  Gr.5  229.  Vanicek 
1215.  Die  wurzel  dieser  letzteren  Wörter  ist  aber  afäd  idg. 
sväd,  was  durchaus  nicht  in  einer  form  afsd  oder  fed  erschei- 
nen kanru  Ich  stelle  das  wort  zu  ksl.  iteda  duco  iifoesja  f. 
braut  lit.  vbiu  führen,  heimführen  ve?f^Ä^räutigam. 

2)  Lat.  ciqrvus  hirsch  pflegt  man  mit  dem  adjectivum  xe- 
Qaog  gehörnt  z\  identifizieren  (Curtius  Gr.5  147).  Dass  letz- 
teres für  xsqafog  stehe,  ist  nicht  zu  erweisen,  vielmehr  ist  die 
grösste  Wahrscheinlichkeit,  dass  es  aus  xeQctiog  entstanden  ist, 
vgl.  K.  Zacher  de  nomin.  gr.  in  aiog  p.  13.  Aber  selbst  wenn 
es  zu  erweisen  wäre,  würde  es  sich  mit  cervus  noch  nicht  de- 
cken. Dieses  hat  vielmehr  sein  genau  entsprechendes  correlat  in 
•/.Qiög  widder,  vgl.  XQi&t]  mit  ahd.  gersta ,  qlvög  mit  ai.  vdrna- 
m.  decke, \ yoirrog  mit  lt.  scirpus  u.  a.  bei  J.  Schmidt  Voca- 
lismus  2,  331.  Dass  das  wort  in  den  beiden  sprachen  zwei  ver-  i  / 
schiedene  thiere  bezeichnet,  hat  nichts  auf  sich:  vgl.  xartgog  I  J 
eber  mit  lt.  capro-  altnord.  ha  fr  bock.  | ./ 

3)  Dass  ayovQog  unreif  nicht,  wie  Fick  und  J.  Schmidt* 
annehmen,  ein  thrakisches  wort  und  mit  ai.  dgru-  zd.  aghru- 
zusammenzustellen  sei,  hat  Curtius  Gr.5  613  erwiesen.  Seine 
identificirung  mit  acogog  halte  ich  indessen  auch  nicht  für  rich- 
tig, weil  —  ganz  abgesehen  von  y  für  jod  und  dem  noch  als 
j  o  d  zu  erweisenden  ursprünglichen  anlaut  von  wgog  —  in  einem 
so  alten  worte,  das  vielleicht  schon  im  homerischen  texte  stand, 


Miscellen.  241 

Übergang  eines  ursprünglichen  10  in  u  nicht  vorkommen 
kann.  Ich  teile  ebenfalls  a-yovQog,  sehe  aber  in  yovqog  eine 
bildung  wie  Kovgog  von  xsq  und  stelle  es  zu  ysq  in  yegwv  ai. 
'dras-  alter;  welcher  spirant  hinter  yoq-  ursprünglich  gestanden, 
lässt  sich  natürlich  nicht  entscheiden,  da  uns  hier  keine  xd^/a  hilft. 

4)  Für  cp&ovog  finde  ich  ausser  Benfeys  (Wzw.  I,  181) 
wegen  der  bedeutung  unmöglichen  combination  nur  einen  ety- 
mologischen versuch,  von  Allen  in  Curtius  Studien  3,  220, 
welcher  sagt :  q>&6vog  quod  ego  coniunxerim  cum  cp&ava)  ut  sen- 
sus  sit  aemulatio,  rivalitas,  ab  actione  praevertendi  sumptus. 
Ich  sehe  nicht,  wie  die  beiden  wörter  lautlich  vermittelt  werden 
könnten,  denn  cpSavio  hat  zur  wurzel  <p&ä,  cp&övog  aber  ist 
eine  bildung  wie  (fövog  von  cpev,  weist  also^uf  eine  starke  wur- 
zelform cp$ev.  Was  Allen  von  nominalbildungen  mit  wurzel- 
haftem o  gegenüber  a  statt  s  sagt,  ist  falsch:  ßolog  ent- 
spricht ßel  in  ßeXog  u.  &,  w.,  ögo/uog  öeögof-icc  setzt  ebenso  wie 
e'ÖQa/.iov  für  l'ör/nov  d^t  Voraus ,  oyxog  zu  eyx  iti'^yx0?'  ^a 
anlautendes  cp&  ausnahmslos  auf  teils  ursprüngliches  teils  aus 
ffx  entstandenes  orc  zurück  geHt,  so  erkläre  ich  jenes  (pO-ev  aus 
07C6V  und  stelle  cp&qvog  zu  7t£v6}±aL  anävig  u.  s.  w.  (Curtius 
Gr.5  271).  Grundbedeutung  wäre  so  „mangelu,  aus  dem  sich 
die  misgunst  gegen  den  der  mehr  nS»t  entwickelt,  a-rp&ovo-g 
dessen  ältere  und  zu  allen  zeiten  häufigere\bedeutung  „reichlich" 
oder  „nicht  kargend"  ist,  hat  diese  grund  bedeutung  gewahrt. 

5)  Johannes  Schmidt  erörtert  in  Kühlte Zeitschrift  25, 
37  das  verhältniss  von  griechischen  bildungen  wieN?/^T£f^a  zu 
solchen  wie  ipdlrQia  und  nimmt  an,  dass  sich  eine  ursprüng- 
liche flexion  ^df-irj-TSQ-ia  *d/iir]-zQ-i5g  u.  s.  w.  in  verschiedener 
weise  ausgeglichen  habe.  Ein  ganz  genaues  pendant  zu  diesem 
Verhältnisse  bieten  die  feminina  der  perfectparticipia  mit  ihren 
formen  auf  -eta  gegenüber  solchen  auf  -via.  -feo-ia :  -va-ia  = 
-xsQ-ia :  -TQ-icc.  Diese  participia  auf  -ela  sind  nicht  bloss  dorisch 
(eQQrjyeia  auf  den  tafeln  von  Herakleia,  eTtizEtelexela  taxä/tüct 
ovvayäyox&a  CI.  2448,  1,  26.  28  aus  Thera),  sondern  auch  at- 
tisch: yeyoveiag  CI.  II,  455,  16.  467,  92.  593,  7  ;  yeyovelav  471, 
27  ysyovel[aig  68 ;  624,  17  hat  Köhler  yeyoveiajv  für  das  über- 
lieferte ysyevecov  hergestellt.  Es  folgt  daraus,  dass  die  perfect- 
participia ursprünglich  den  dreifachen  ablaut  -flog  -feg  -ug 
kannten,  ganz  wie  alfiov  aifia-  und  ai.  «jus,  worüber  Schmidt 
a.  a.  o.  24  ff.  handelt.  G.  Meyer. 


f~\ 


Of\  * 


242 


0.  Weise 


Die  frage  nach  der  geschichtlichen  entwickelung  des  farbensinnes 
von  Dr.  Ant.  Marty,  a.  o.  prof.  der  philos.  in  Czernowitz. 
Wien,  C.  Gerold's  söhn  1879.     VI  u.  160  Seiten.     8. 

Es  giebt  wenige  wissenschaftliche  probleme,  die  in  neuerer  zeit  unter 
so  vielseitiger  theilnahme  der  gelehrten  weit  discutirt  worden  sind ,  wie 
die  frage  nach  der  geschichtlichen  entwickelung  des  farbensinns.  Denn 
einmal  musste  der  gegenständ  wegen  seiner  ausserordentlichen  Wichtig- 
keit von  vorn  herein  das  interesse  jedes  gebildeten  in  ansprach  nehmen 
und  sodann  war  eine  einigermassen  genügende  beantwortung  der  ganzen 
frage  nur  dann  zu  erwarten,  wenn  sich  die  verschiedensten  fachgelehrten 
zu  gemeinschaftlicher  arbeit  die  hand  reichten.  Und  so  haben  sich  denn 
auch  die  physiologen  und  psychologen,  die  philologen,  linguisten  und  ar- 
chaeologen  seit  länger  als  einem  decennium  redlich  bemüht,  den  streiti- 
gen punkt  von  den  verschiedensten  seiten  zu  beleuchten  und  haben ,  je 
nach  dem  stände  der  forschung,  die  in  rede  stehende  entwickelung  bald 
behauptet,  bald  geleugnet.  Schon  ist  die  literatur  über  den  difficilen 
gegenständ  bedeutend  angewachsen  und  es  kann  daher  als  ein  gros- 
ses verdienst  des  prof.  Marty  bezeichnet  werden,  dass  er  bestrebt 
gewesen  ist,  das  überall  verstreute  beweismaterial  zu  sammeln  und  zu 
sichten ,  und  dass  er  sich  die  aufgäbe  gestellt  hat ,  die  gründe ,  welche 
sich  für  und  gegen  die  annähme  einer  entwickelung  des  farbensinns  bei 
menschen  nnd  thieren  vorbringen  lassen,   nochmals  eingehend  zu  prüfen. 

Schon  vor  einigen  jähren  sind  wir  dem  Verfasser  auf  einem  verwand- 
ten gebiete  schriftstellerisch  thätig  begegnet:  seine  1875  erschienene  schrift 
„Ueber  den  Ursprung  der  spräche"  hat  nicht  nur  den  gleichen  umfang 
wie  die  vorliegende ,  sondern  zeigt  auch  dieselbe  nüchterne  und  klare 
behandlung.  Aber  darin  unterscheiden  sich  beide  abhandlungen  wesent- 
lich von  einander,  dass  er  dort  ein  gebäude  aufbaut,  hier  niederreisst, 
dass  er  dort  seine  empiristische  ansieht  positiv  entwickelt,  hier  zu  einem 
negativen  resultate  kommt  und  die  anhänger  der  entwickelungstheorie  in 
der  hauptsache  mit  psychologischen  gründen  bekämpft.  Dass  er  freilich, 
so  wenig  ihm  eine  definitive  lösung  jenes  problems  gelingen  konnte, 
auch  eine  endgiltige  entscheidung  unserer  frage  nicht  gebracht,  liegt  in 
der  natur  der  dinge. 

Das  buch  zerfällt  in  2  hauptteile:  im  ersten,  p.  7  —  29,  führt  M.  die 
gründe  an,  welche  gegen  die  entwickelung  vorgebracht  werden,  im  2., 
p.  30—107  sucht  er  die  für  die  entwickelung  ins  fehl  geführten  zu  wi- 
derlegen. In  beiden  abschnitten  behandelt  er  zunächst  die  auf  dedueti- 
vem  wege  gewonnenen  und  sodann  die  aus  historischen  daten  hergelei- 
teten beweise.  Den  schluss  des  essay's,  p.  112 — 150,  bilden  2  excurse, 
den  anfang,  p.  1—7,  die  einleitung. 

In  letzterer  giebt  er  uns  eine  kurze  Übersicht  über  die  litteratur  der 
zuerst  von  L.  Geiger  im  jähre  1867  angeregten  frage,  die  allerdings, 
was  Vollständigkeit  anbelangt,  manches  zu  wünschen  übrig  lässt.  Denn 
bei   einem   gegenstände,  der   gerade   in  jüngster  zeit  eine  so  ungemein 


Anzeige.  243 

häufige  bearbeitung  erfahren  hat,  ist  es  für  den  Verfasser  einer  das  ganze 
problem  in  extenso  darlegenden  schrift  doppelt  erforderlich,  überall  in 
erster  linie  die  neuesten  publicationen  zu  rathe  zu  ziehen.  Da  das  buch 
im  juni  1879  abgeschlossen  ist  und  im  vorwort  sogar  eines  erst  in  diesem 
jähre  im  druck  erschienenen  Vortrags  von  Häckel  erwähnung  gethan 
wird,  so  ist  zu  verwundern,  dass  dem  Verfasser  die  zahlreichen,  meist  in  Zeit- 
schriften abgedruckten  erzeugnisse  des  jahres  1878  zum  grossen  teil  unbe- 
kannt geblieben  zu  sein  scheinen:  so  die  abhandlungen  von  Smith  und 
Pole  in  der  englischen  Wochenschrift  „Nature"  vom  6.  december  1878 
und  24.  october  1878,  die  ausführlichen  erörterungen  des  problems  nach 
psychologischen  principien  von  Grant  Allen  in  der  vierteljabrsschrift 
für  psychologie  und  philosophie  „Mind"  vom  januar  1878  und  in  einer 
eigenen  ende  desselben  jahres  bei  Trübner  erschienenen  schrift.  Die  zu 
gleicher  zeit  in  den  Memoires  de  l'academie  de  Lyon  veröffentlichte  ar- 
beit H.  Dor's  und  die  besprechung  der  Geiger'schen  ansieht  in  den 
Annales  d'oeulistique  märz-aprilheft  1870,  p.  190  ff.  Selbst  inländische  be- 
handlungen  des  gegenständes  scheinen  ihm  entgangen  zu  sein:  wenig- 
stens finde  ich  weder  der  eine  beurtheilung  des  farbensinns  der  Indianer 
und  der  naturvölker  überhaupt  zum  inhalt  habenden  aufsätze  von  Low  (in 
den  Sitzungsberichten  der  Münchener  anthropologischen  gesellschaft  vom 
22.  juni  1878)  und  Andree  (Zeitschrift  für  ethnologie  19.  Jahrgang,  4. 
heft),  noch  der  talmudischen  und  biblischen  farbenstudien  von  Franz 
Delitzsch  (Nord  und  Süd  1878,  p.  254ff.  Daheim  1878,  nr.  29,  30,  31. 
und  in  2  vortragen  gehalten  am  37.  februar  und  8.  märz  zum  besten  des 
Leipziger  siegesdenkmals  und  des  ebendaselbst  bestehenden  Vereins  für 
innere  mission)  erwähnung  gethan.  Wohl  bin  ich  der  Überzeugung,  dass 
M.  in  all  den  genannten  Schriften  weniger  neue  argumente  von  beson- 
derer Wichtigkeit,  als  reichere  belege  für  die  einzelnen  phänomene  ge- 
funden haben  würde;  indess  hielt  ich  es  für  nöthig,  auf  dieses  manque 
aufmerksam  zu  machen,  weil  der  Verfasser  selbst  nach  p.  6  bestrebt  ge- 
wesen ist  „vollständig  zu  sein". 

Zum  haupttheile  des  buches  selbst  übergehend,  hätte  ich  gewünscht 
dass  Marty  die  physiologischen  resp.  historischen  gründe  für  und  wider 
neben  einander  gestellt  hätte ,  da  man  dann  viel  leichter  in  stand  ge- 
setzt ist,  ihre  Stichhaltigkeit  und  beweiskraft  gegen  einander  abzuwägen 
und,  was  die  hauptsache  ist ,  Wiederholungen  vermieden  werden.  Dem- 
nächst habe  ich  zu  constatiren,  dass  der  Verfasser  die  von  seiten  der 
Physiologen  für  die  entwickelung  beigebrachten  deduetiven  beweise  nicht 
widerlegt  und  in  ihrer  kraft  abgeschwächt  hat.  So  stellt  er  p.  32  nicht 
in  abrede,  dass  wie  alle  formen  des  thierischen  Organismus  einer  fort- 
schrittlichen, den  von  aussen  auf  sie  einwirkenden  einflüssen  sich  anpas- 
senden entwickelung  oder  Umbildung  fähig  sind,  auch  das  farbenwahr- 
nehmungsvermögen  allmälig  ausgebildet  worden  sein  kann ;  ferner  gesteht 
er  p.  31  zu,  dass  die  erscheinung  der  gänzlichen  oder  theilweisen  far- 
benblindheit  vom  Standpunkte  der  entwickelung  aus  viel  leichter  durch 
die  annähme  einer  zurückgebliebenen  entwickelung  erklärt  werden  kann ; 
ja  er  sieht  sogar  p.  31  die  peripherische  rothgrünblindheit  des  auges  für 


244 


0.  Weise 


ein  Überbleibsel  der  entwickelung  an,  giebt  somit  dieselbe  direkt  zu;  nur 
will  er  sie  in  graue  Vorzeit  zurückversetzen  und  blos  für  die  frühen 
thierischen  erzeuger  des  menschen  gelten  lassen.  Ebenso  räumt  er  p. 
11  bereitwillig  ein,  dass  die  these,  es  habe  einst  eine  zeit  gegeben,  wo 
das  äuge  blos  helligkeitsgrade  zu  percipiren  vermocht  hätte,  vom  logi- 
schen Standpunkte  unanfechtbar  sei;  will  aber,  wenn  überhaupt  von  ent- 
wickelung, nur  von  einer  solchen  gesprochen  wissen,  wonach  das  äuge 
zuerst  auf  die  mittleren  spectralfarben  reagirt  und  das  Sehvermögen  sich 
von  da  aus  allmälig  nach  den  beiden  endpunkten  des  spectrums  hin  aus- 
gedehnt hätte.  Wenn  er  für  letztere  annähme  die  häufigkeit  der  roth- 
blindheit  im  allgemeinen  und  die  rothblindheit  der  peripherischen  theilo 
der  netzhaut  im  besondern  zum  beweise  herbeizieht,  so  durfte  er  doch 
wohl  schwerlich  unterlassen  zu  erklären ,  wie  es  kommt,  dass  das  kind- 
liche äuge  zuerst  nur  für  roth  empfänglich  ist  1)  und  die  ein  farbcncm- 
pfindungsvermögen  bekundenden  thiere  nur  auf  helle  färben  (meist  roth 
und  gelb)  zu  reagiren  scheinen.  Wenn  ferner  M.  auch  diese  von  der 
mitte  des  spectrums  aus  sich  vollziehende  entwickelung  auf  grund  der 
Hering'schen  theorie  leugnet,  weil  sie  mit  dem  in  Widerspruch  stehe, 
was  wir  über  die  zahl  und  natur  der  die  farbenempfindungen  erzeugen- 
den grundvermögen  wissen,  so  wollen  wir  nicht  vergessen,  dass  wir  nicht 
unbedingt  auf  eine  theorie  schwören  dürfen,  die,  so  vorsüglich  sie  sonst 
sein  mag,  doch  von  mehreren  seiten  gewichtige  anfechtungen  erfahren 
hat.  Denn  ausser  der  von  M.  selbst  p.  15  anm.  erwähnten  schon  von 
Fechner  gerügten  complication  sind  neuerdings  auch  von  Wein  hold 
mit  recht  die  bedenken  erhoben  worden ,  dass  sich  aus  dem  spectralen 
roth  und  blau  nicht  die  violette  färbe  des  spectrums  herstellen  lasse  und 
dass  die  bei  den  farbenblinden  beobachteten  erscheinungen  durch  dieselbe 
nur  unvollkommen  erklärt  werden. 

Der  weiterbin  gegen  jede  entwickelung  der  farbenemplindung  ange- 
führte aus  dem  farbensinne  der  uncivilisirten  menschenracen  und  der 
thiere  abgeleitete  grund  kann  bis  jetzt  nur  mit  vorsieht  aufgenommen 
werden.  Denn  für  die  farbeuempfindung  der  verschiedenen  thierklassen 
hat  man  bisher  doch  immer  nur  vereinzelte  momente  angeführt :  meines 
erachtens  wenigstens  ist  die  eigenthümliche  antipathie  des  stiers  und  des 
puters  gegen  die  rothe  oder  des  Sperlings  gegen  die  gelbe  färbe,  wenn 
diese  selbst  allgemein  bei  allen  individuen  der  betreffenden  species  vor- 
kommen sollte,  zu  singulär,  um  hier  entscheidend  in  die  wagschale  zu 
fallen.  Ebenso  ist  der  schluss  von  der  aus  beständiger  Übung  resulti- 
renden  schärfe  der  Sehkraft  bei  den  noch  im  zustande  der  Unkultur  be- 
findlichen völkerstämmen  auf  die  gleiche  entwickelung  ihres  farbenwahr- 
nehmungsvermögens  sicherlich  gewagt,  wenn  auch  einige  stamme  von 
wilden  freude  an  lebhaften  färben  zu  empfinden  scheinen.  Haben  doch 
selbst  der  entwickelung  des  farbensinnes  abholde  forscher  wie  Krause 
hier  die  entgegengesetzte  ansieht  wie  M.  vertreten ! 

*)  Die  erörterungen  auf  p.  49  sind  nicht  geeignet,  darüber  genügende 
aufklärung  zu  geben. 


Anzeige.  245 

Nach  alledem  ist  ziemlich  leicht  ersichtlich,  dass  man,  wenn  man 
die  deductiven  gründe  für  und  gegen  unbefangen  prüft,  eingestehen  muss, 
dass  durch  sie  zwar  das  problem  nicht  definitiv  gelöst,  die  annähme  einer 
entwickelung  aber  eher  gestützt  als  widerlegt  wird.  Von  diesem  räson- 
nement  ausgehend  habe  ich  vor  circa  2  jähren ,  in  der  meinung  auf 
sprachlichem  gebiete  weitere  anhaltspunkte  zu  finden,  den  Wortschatz  der 
indogermanischen  sprachen  untersucht  (siehe  Beiträge  II,  273  sqq.)  und 
habe,  da  die  dort  gewonnenen  resultate  die  Geiger-Magnus'sche  an- 
sieht zu  stützen  schienen,  derselben  damals  das  wort  geredet.  Seitdem 
hat  sich  auf  sprachlichem  und  archäologischem  gebiete  eine  rege  thätig- 
keit  entfaltet:  Wie  prof.  Dümichen  in  Strassburg,  von  Krause  veran- 
lasst, die  ägyptischen  farbenbezeichnungen  zusammengestellt  hat  und  bei 
seiner  Untersuchung  zu  dem  Schlüsse  gelangt  ist,  dass  das  farbenerken- 
nungsvermögen  der  alten  Aegypter  ein  ebenso  normales  wie  das  unsrige 
gewesen  sei,  so  haben  auch  V.  v.  Strauss  und  Torney  im  3.  hefte 
des  XXXIII.  bandes  der  Zeitschrift  der  Deutsch-morgenländischen  gesell- 
schaft  durch  eine  abhandlung  über  die  färben  blau  und  grün  im  chine- 
sischen alterthume  erwiesen,  dass  die  benennungen  dieser  beiden  färben, 
8peciell  des  himmelblau's  und  des  pflanzengrüu's  in  der  chinesischen 
litteratur  bis  ins  17.  Jahrhundert  zurückverfolgt  werden  können.  Auch 
verdanken  wir  der  im  Kosmos  geführten  polemik  zwischen  Krause,  Jäger 
und  Magnus  manche  neuen  archäologischen  data:  schon  zur  Widerlegung 
der  behauptung,  dass  der  lapis  lazuli  und  türkis  einzig  und  allein  wegen 
ihrer  prächtigen  blauen  färbe  geschätzte  exportartikel  Indiens  nach  Vor- 
derasien bildeten,  sah  sich  Magnus  genöthigt,  diesen  steinen  mystische 
eigenschaften  zu  vindiciren.  Schwerer  dürfte  es  ihm  werden,  gegen  das 
factum  front  zu  machen,  dass  bei  der  Wandmalerei  der  alten  Aegypter 
und  Assyrier,  aber  auch  der  Griechen  und  Römer,  wie  die  aufgefundenen 
reste  documentiren ,  alle  spectralfarben  Verwendungen  gefunden  haben; 
man  müsste  denn  mit  Dreher  (Die  kunst  in  ihrer  beziehung  zur  psy- 
chologie  und  naturwissenschaft  p.  79)  annehmen,  die  Griechen  hätten, 
obwohl  sie  mit  blau  gemalt,  es  nicht  als  solches  empfunden. 

Sonach  war  es,  da  mit  deductiven  gründen  die  entscheidung  der 
frage  nicht  möglich  ist,  da  ferner  die  litteratur  der  indogermanischen 
Völker  für,  die  monumentalen  Zeugnisse  gegen  die  entwickelung  des  farben- 
sinns  zu  sprechen  scheinen ,  die  hauptaufgabe  eines  neuen  das  problem 
behandelnden  buches,  diesen  Widerspruch  zu  lösen.  Prof.  Marty  nun 
gebührt  das  verdienst  —  und  darin  liegt  der  Schwerpunkt  seiner  ganzen 
arbeit  — ,  diesen  versuch  unternommen  zu  haben.  Als  philosoph  war 
er,  da  die  entscheidung  nach  meinem  dafürhalten  auf  psychologischem 
gebiete  erfolgen  muss ,  besonders  dazu  berufen.  Die  richtigkeit  seiner 
darauf  bezüglichen  ausführungen  zu  prüfen,  masse  ich  mir  nicht  an,  be- 
kenne aber,  dass  ich  sie,  wenn  ich  auch  an  einzelheiten  anstoss  genommen 
habe,  im  ganzen  für  sehr  probabel  halte  und  glaube  entschieden,  dass 
er  wenigstens  den  weg  zur  endgiltigen  lösung  der  frage  gewiesen  hat. 
Kr  behauptet  neinlich,  dass  man  bisher  bei  der  erörterung  der  ganzen 
frage  empfindnng,  artheil    und    gefüllt   nicht   auseinander  gehalten   habe 


246  0.  Weise 


ein  Vorwurf,  der  nicht  nur  Geiger,  Magnus  und  Gladstone  (p.  39), 
sondern  auch  Häckel  (p.  IV)  und  andere  trifft.  Nicht  das  farbenwahr- 
nehmungsvermögen  sei  den  alten  Völkern  abzusprechen,  wohl  aber  die 
schärfe  des  urtheils  und  die  feinheit  des  gefühls.  Die  erwerbung  von 
mu8kelgeschmeidigkeit ,  die  ausbildung  des  sinns  für  wohlgerüche  und 
die  Verfeinerung  des  musikalischen  gehörs,  die  von  Gladstone  und 
Geiger  als  beispiele  für  Vervollkommnung  durch  individuelle  anpassung, 
das  heisst  durch  direkte  Wirkung  des  gebrauchs  herangezogen  worden 
sind,  beruhen  erstere  nur  auf  einer  „decomposition  und  composition, 
isolirung  und  neuen  combination"  von  natur  gegebener  demente,  letztere 
zum  grossen  theil  auf  einer  Vervollkommnung  des  gedächtnisses  und  Ver- 
edelung des  gefühls.  Demnach  können  sie  für  die  annähme  eines  ganz 
neuen  Vermögens,  wie  das  des  farbensehens  nach  Marty  ist,  gar  nichts 
beweisen.  Der  farbensinn  sei  vielmehr  von  anfang  an  da  gewesen ,  aber 
erst  durch  lange  Übung,  erfahrung  und  gewöhnung  habe  man  es  zu  einer 
genauen  Unterscheidung,  vergleichenden  Schätzung  und  Classification  der 
färben,  das  heisst  eben  zu  einer  genauen  und  richtigen  Verwendung  der 
farbenbezeichnungen  gebracht.  Daraus  ergiebt  sich  von  selbst,  dass  die 
Chinesen,  Aegypter  und  Assyrier  mit  ihrer  der  griechischen  zeitlich  weit 
vorausliegenden  cultur  auch  viel  früher  zu  einer  normalen  terminologie 
der  färben  gekommen  sind  als  die  Griechen  und  Kömer  und  dass  letztere 
beiden  völker  es  erst  allmälig  zu  einer  der  unsrigen  entsprechenden  farben- 
benennung  bringen  konnten.  Insbesondere  weist  der  Verfasser  nach,  dass 
Homer  (und  die  Homerischen  Griechen)  nicht,  wie  von  den  anhängern 
der  entwickelungstheorie  behauptet  wird ,  blau-  und  grünblind  gewesen 
sei,  sondern  dass  er  sich  dieselben  ungenauigkeiten  wie  bei  diesen  färben, 
auch  bei  der  bezeichnung  der  am  rothen  ende  des  spectrums  befindlichen 
habe  zu  schulden  kommen  lassen  und  sucht,  indem  er  sorgfältig  den  prosa- 
gebrauch und  die  poetische  diction  auseinanderhält,  alle  sprachlichen 
auffälligkeiten  theils  durch  die  statuirte  unvollkommenheit  des  urtheils 
und  allmälige  Umwandlung  des  gefühls  zu  motiviren,  theils  aus  den  ge- 
eetzen  des  dichterischen  ausdrucks,  die  er  eingehend  darlegt,  zu  erklären. 
Freilich  bleiben  auch  so  noch  Schwierigkeiten  übrig:  beispielsweise  sieht 
er  sich  bei  dem  Properzischen  caeruleus  cucumis  und  dem  Iuvenalischen 
caeraleus  panis  zu  dem  nothbehelf  gezwungen,  einen  Verstoss  der  dichter 
gegen  den  guten  geschmack  anzunehmen  (p.  86). 

Warum,  wie  er  p.  93  angiebt,  xvciveog  wegen  seiner  bedeutung  nicht 
zum  poetischen  beiwort  des  himmels  gepasst  habe,  sehe  ich  nicht  ein, 
um  so  weniger,  als  das  wort  von  Hesych  mit  tldog  yj>d>[iaTos  ovqkvosi- 
<F&  glossirt  wird  (vgl.  Marty  p.  86  anm.)  und,  was  noch  stärker  ins  ge- 
wicht fällt,  das  mit  xvaveog  formell  fast  identische  wort  engl,  haven  ■= 
ags.  haeven  direkt  den  himmel  bezeichnet,  sowie  auch  das  wurzelverwandte 
lateinische  caerulus  eins  der  gewöhnlichsten  epitheta  ornantia  desselben 
ist.  Wenn  demnach  die  römischen  dichter  die  Verbindung  caerula  caeli 
geradezu  häufig  gebrauchen,  wie  sollten  da  die  griechischen  an  der  gleichen 
Verwendung  von  xvuvtog  anstoss  genommen  haben ! 

Wenn  ferner  Fick,  wie  M.  p.  74  anm.  sagt,  für  die  grundsprachliche 


. 


Anzeige.  247 

form  cavana,  die  bedeutung  blau  angesetzt  hätte,  so  wäre  das  noch  kein 
beweis,  dass  das  wort  dieselbe  damals  schon  gehabt  hätte.  Aber  Fick 
ist  vorsichtiger  gewesen  und  hat  für  die  aus  skr.  cona  ,  braun,  lichtfarb, 
xvavog  (in  xvavo-^aCrr]s),  dunkel,  blau  =  ags.  haeven,  blau,  azurn  erschlos- 
sene grundform  die  bedeutung  zweifelhaft  gelassen  (er  schreibt  Vergl. 
wörterb.  I3  p.  61  ,, braun,  blau"),  nur  hätte  ich  gewünscht,  dass  er,  wie 
bei  cydna,  weisslich?  bläulich?  seinem  zweifei  durch  fragezeichen  aus- 
druck  gegeben  hätte  (ibid.  p.  59.) 

Auch  muss  ich  den  Vorwurf,  den  der  Verfasser  p.  74  anm.  gegen 
mich  erhebt,  zurückweisen.  Denn  dadurch,  dass  ich  mit  Geiger  be- 
haupte, im  Rigveda  falle  roth  sprachlich  noch  vielfach  mit  weiss  zusammen, 
bekämpfe  ich  keineswegs  meine  annähme,  dass  die  Indogermanen  ur- 
sprünglich nur  ausdrücke  für  weiss  und  schwarz  gehabt  hätten.  Litteratur 
und  Sprache  ist  zweierlei  und  daraus,  dass  die  Inder  in  ihren  ältesten 
poetischen  erzeugnissen  schon  den  fortschritt  von  der  erkenntniss  der 
durch  gleichzeitige  einwirkung  aller  Sonnenstrahlen  auf  die  netzhaut  er- 
zeugten weissen  färbe  zu  der  empfindung  einer  einfachen  färbe  wie  roth 
bekunden  und  sich  desselben  wortes  zur  bezeichnung  beider  phänomene 
bedient  haben,  folgt  doch  noch  keineswegs,  dass  in  der  indogermanischen 
grundsprache  schon  beide  bedeutungen  ausgeprägt  gewesen  sein  müssen. 
Vielmehr  ergiebt  die  vergleichung  des  skr.  mit  den  übrigen  sprachen, 
dass  das  gegentheil  der  fall  war. 

Eine  sehr  beachtenswerthe  beigäbe  zu  der  abhandlung  bilden  die 
beiden  excurse,  von  denen  der  eine  die  begriffe  helligkeit  und  intensität 
der  gesichtsempnndungen  behandelt  und  gegen  die  Young-Helm- 
holtz'sche  färben theorie  zur  vertheidigung  der  Hering'schen  geschrieben 
ist,  der  2.  dagegen,  worin  der  Verfasser  versucht  hat,  die  p.  78 — 95 
erörterten,  auf  empirischem  wege  gefundenen  kunstgriffe  und  regeln  des 
dichterischen  ausdrucks  auf  allgemeine  gesetze  zurückzuführen,  über  „die 
befähigung  und  berechtigung  der  poesie  zur  Schilderung  von  färben  und 
formen"  betitelt  ist. 

Die  ausstattung  des  buches  ist  gut,  der  druck  ziemlich  correct. 
Ausser  den  am  Schlüsse  des  Vorworts  und  p.  156  berichtigten  sind  mir 
an  druckfehlern  aufgestossen :  p.  17  die  2-malige  Schreibung  accomoda- 
tion,  p.  19  putter  statt  puter,  p.  27  negerinn,  p.  66  f*i&*s  statt  (it&ig  und 
p.  28  vaydürya  statt  väidürya,  wobei  als  schlagender  beweis  für  den  in- 
disch-vorderasiatisch-griechischen edelsteinhandel  erwähnt  werden  konnte, 
dass  ßr\QvXlo<;  aus  skr.  väidürya  entstellt  ist. 

Zu  meinem  bedauern  muss  ich  mir  mit  rücksicht  auf  den  einer  be- 
sprechung  zugemessenen  räum  versagen,  näher  auf  den  Inhalt  der  so  ge- 
diegenen und  anregenden  schrift  einzugehen  und  scheide  von  derselben 
mit  dem  aufrichtigen  wünsche,  dass  es  ihr  beschieden  sein  möge,  einen 
recht  grossen  leserkreis  zu  gewinnen. 

Eisenberjr.  O.    Weise. 


248 


Niels  Ludvig  Westergaard.  *) 


Seit  unserer  letzten  sitzung  im  vergangenen  frühjahr  hat  unsere  ge- 
sellschaft  eines  ihrer  ältesten  und  eifrigsten  mitglieder,  hat  Dänemark 
einen  mann  verloren,  welcher  den  namen  seines  Vaterlandes  weit  über  die 
erde  getragen  hat  und  dessen  eignen  namen  die  gesammte  wissenschaftliche 
weit  kennt  und  feiert. 

Niels  Ludvig  Westergaard  ist  am  27.  October  1815  in  Kopen- 
hagen geboren.  Sein  vater,  Niels  Nielsen  Westergaard  (f  1835),  war 
zimmermeister  und  hatte  sich  durch  eigne  kraft  und  tüchtigkeit  empor- 
gearbeitet; derselbe  stammte  aus  Jütland,  aus  dem  zwischen  Viborg  und 
Silkeborg  gelegenen  hof  Eisborg  Vestergaard,  von  welchem  er  seinen 
familiennamen  entlehnte.  Aus  seiner  ehe  mit  Sophie  Magdalene  Nyborg 
(f  1850)  stammten  6  kinder,  3  töchter  und  3  söhne;  von  den  letzteren  war 
Niels  Ludvig  der  älteste. 

Im  jähre  1833  zur  Universität  entlassen,  warf  sich  Westergaard  hier 
mit  ungeteilter  kraft  und  lust  auf  sprachliche  Studien,  zu  welchen  er  von 
vornherein  berufen  schien  und  für  die  er  von  der  schule  her  wol  vor- 
bereitet war.  Nicht  ohne  bedeutung  für  die  ausbildung  seiner  wissen- 
schaftlichen neigungen  mag  die  an  Rasks  Wirksamkeit  in  Dänemark  an- 
knüpfende und  in  Westergaards  Schulzeit  fallende  bewegung  gewesen  sein, 
sowie  der  umstand,  dass  einer  seiner  lehrer,  der  begabte  L.  Chr.  Müller, 
mit  dem  er  auch  nach  seinem  abgang  von  der  schule  in  enger  Verbindung 
blieb,  zu  den  wärmsten  bewunderern  Rasks  gehörte;  mit  bestimmtheit  aber 
kann  man  —  ohne  den  einfluss  zu  unterschätzen,  welchen  Madvigs  Vorlesun- 
gen, besonders  in  hinblick  auf  philologische  methode,  auf  den  jungen  Studen- 
ten ausübten  —  sagen,  dass  Westergaard  schon  in  seinen  jungen  jähren  ganz 
besonders  von  Rasks  werken  angezogen  und  gefesselt  wurde,  und  dass  er, 
obgleich  es  ihm  nicht  vergönnt  war,  den  persönlichen  Unterricht  Rasks 
zu  gemessen  —  denn  dieser  starb  schon  i.  j.  1832,  also  bevor  Westergaard 
die  Universität  bezog  — ,  sich  doch  für  seine  ganze  laufbahn  von  niemandem 
so  hat  bestimmen  lassen,  als  eben  von  Rask  und  von  der  liebe  und  pie- 
tät,  welche  er  dessen  andenken  widmete. 

In  den  ersten  Studentenjahren  beschäftigte  ihn  wesentlich  das  Studium 
des  Altnordischen  und  der  damit  verwanten  dialekte ,  aber  allmählich 
richtete  sich  sein  interesse  mehr  und  mehr  auf  das  ferne  Indien.  Bald 
Bah  er,  dass  er  eine  bestimmte  wähl  treffen  müsse  —  und  mit  kräftigem 
entschluss  brach  er  seine  nordischen  Studien  ab ;  dass  aber  dadurch  seine 


*)  [Dieser  nekrolog  ist  Übersetzung  eines  von  herrn  professor  V.  Thom- 
sen  in  der  kön.  dänisch,  gesellschaft  der  Wissenschaften  gehaltenen  und 
in  den  Übersichten  über  die  Verhandlungen  dieser  gesellschaft  (für  d.  j. 
1878)  veröffentlichten  Vortrages.  Die  Übersetzung  ist  mir  auf  meine  bitte 
von  herrn  professor  Thomsen  gestattet  und  von  ihm  mit  dankenswerte- 
ster gefälligkeit  revidiert.     B.]. 


Niels  Ludvig  Westergaard.  249 

liebe  zu  der  alten  spräche  des  nordens  nicht  erkaltet  war,  hat  er  bei 
späteren  gelegenheiten  bewiesen. 

Unter  anleitung  des  damaligen  professors  der  orientalischen  sprachen 
in  Kopenhagen,  Johannsen,  warf  sich  Westergaard  nun  mit  dem  ihm 
eignen  eifer  auf  das  Sanskrit  und  war  darin  i.  j.  1838  so  weit  gekommen,  dass 
er  beschloss,  seine  studien  im  ausländ  fortzusetzen.  Im  april  1838  begab 
er  sich  zunächst  nach  Bonn,  um  dort  namentlich  unter  Chr.  Lassen  einige 
zeit  zu  studieren.  Nicht  nur  im  Sanskrit,  sondern  auch  im  Zend  und 
Persischen  genoss  er  Lassens  Unterricht;  zugleich  beteiligte  er  sich  an 
sanskritübungen ,  welche  der  damals  schon  ziemlich  betagte  Aug.  W. 
Schlegel  leitete.  Das  mögen  interessante  und  lehrreiche  tage  für  Wester- 
gaard gewesen  sein,  zumal  da  er  sie  in  traulichem  verkehr  mit  mehreren 
altersgenossen  verlebte,  welche  sich  später  ebenfalls  einen  namen  auf  dem 
gebiete  der  sanskritphilologie  gemacht  haben  und  von  welchen  ich  Th. 
Goldstücker,  J.  Gildemeister  und  besonders  0.  Böhtlingk  nenne.  Mancher 
fruchtbringende  keim  wurde  in  diesem  kleinen  kreise  gelegt  und  zu 
manchem  werk,  welches  später  erschienen  ist,  wurde  hier  der  plan  er- 
wogen und  gefasst.  —  Nach  etwa  8-monatlichem  aufenthalt  in  Bonn 
verliess  Westergaard  diese  stadt  in  den  letzten  tagen  des  Jahres  1838 
und  begab  sich  zunächst  nach  Paris;  da  er  hier  aber  zu  wenig  von  dem 
fand,  was  er  suchte,  so  reiste  er  im  februar  1839  nach  London  und 
Oxford  und  wante  hier  seinen  ganzen  fleiss  darauf,  ein  beträchtliches 
teil  von  indischen  handschriften  durchzugehen  und  abzuschreiben.  Im 
September  1839  kehrte  er  über  Bonn  nach  Kopenhageu  zurück. 

Mit  welch  eisernem  fleisse  Westergaard  in  diesen  jähren  gearbeitet 
hat,  dafür  besitzen  wir  ein  grossartiges  zeugniss  in  dem  ersten  werk,  das 
er  herausgab  und  das  eine  der  grossen  hauptarbeiten  seines  lebens,  ja 
vielleicht  die  wichtigste  derselben  repräsentiert;  ich  meine  seine  ,,Ra- 
dices  linguae  sanscritae",  ein  lexikon  der  verbalwurzeln  des  Sanskrit; 
dasselbe  erschien  i.  j.  1840/41  und  wurde  von  dem  buchhändler  H.  B. 
König  in  Bonn  verlegt,  mit  welchem  Westergaard  von  seinem  Bonner 
aufenthalt  her  in  enger  persönlicher  Verbindung  stand.  Gedruckt  dage- 
gen wurde  es  auf  Westergaards  bestimmtes  verlangen  in  Kopenhagen. 

In  seiner  ganzen  anläge  schliesst  dieses  werk  sich  unmittelbar  an  die  ar- 
beiten der  alten  indischen  grammatiker  an,  welche  eigne  Verzeichnisse  der 
verbalwurzeln  (dhätupätha)  aufzustellen  pflegten,  die  von  den  sonstigen  Wör- 
terverzeichnissen unabhängig  waren.  Von  solchen  dhätupäthas  haben  sich 
mehrere  bis  auf  unsere  zeit  erhalten;  der  wichtigste  unter  ihnen  ist  der- 
jenige, welcher  sich  an  Päninis  grammatik  anschliesst.  Schon  vor  We- 
stergaard waren  diese  Wurzelverzeichnisse  von  europäischen  Orientalisten 
(Wilkins,  Rosen)  herausgegeben  oder  bearbeitet;  aber  in  kritischer 
beziehung  Hessen  die  bezüglichen  werke  sehr  viel  zu  wünschen  übrig, 
und  keins  von  ihnen  kann  sich  auch  nur  im  entferntesten  mit  Wester- 
gaards arbeit  messen.  Dieser  bietet  in  seinen  Iladices  in  Wirklichkeit 
ein  vollständiges  Wörterbuch  aller  verba;  bei  jeder  wurzel  zählt  er  alle 
flexionsformen  auf  unter  hinweisung  auf  Päninis  grammatik;  die  Über- 
setzungen gibt  er  lateinisch  und  legt  dabei  ein  grosses  gewicht  darauf, 
Beitrüge  z.  knnde  d.  ig.  sprachen.  V.  17 


250  Niels  Ludvig  Westergaard. 

die  bedeutungen  scharf  zu  fassen  und  ihre  entwicklung  klar  hervortreten 
zu  lassen.  Was  seiner  arbeit  aber  noch  einen  ganz  besonderen  wert  ver- 
leiht, ist,  dass  er  sich  nicht  darauf  beschränkte,  die  bedeutungen  nam- 
haft zu  machen,  sondern  dass  er  sie  auch  mit  einer  reichen  Sammlung 
von  citaten  belegte;  und  hier  zeigt  sich  denn  recht,  welch  grosse  bele- 
senheit Westergaard  damals  schon  besass:  er  kannte  nicht  nur  alles, 
was  damals  in  gedruckten  ausgaben  vorlag,  sondern  hatte  auch  viele  werke 
studiert,  welche  in  jener  zeit  nur  handschriftlich  zu  benutzen  waren  und 
welche  er  selbst,  namentlich  während  seines  aufenthalts  in  England,  ab- 
geschrieben hatte.  An  das  Wörterbuch  schliessen  sich  endlich  verschie- 
dene anhänge,  in  denen  u.  a.  eine  kritische  bearbeitung  des  erwähnten 
alten  dhätupätha  enthalten  ist.  Durch  dieses  werk  hat  sich  Wester- 
gaard die  allergrösten  Verdienste  um  die  sanskritphilologie  erworben 
und  in  sehr  hohem  grade  zu  dem  aufschwung  derselben  beigetra- 
gen; erst  durch  das  i.  j.  1875  vollendete  sanskritwörterbuch  von  Böht- 
lingk  und  Roth  wurde  Westergaards  arbeit  wenn  auch  nicht  über- 
flüssig, so  doch  .entbehrlich;  wie  viel  ihr  aber  gerade  jenes  werk  ver- 
dankt, wird  gewiss  niemand  bereitwilliger  anerkennen,  als  die  herausge- 
ber  desselben.  Die  in  den  „Radices  linguae  sanscritae"  niedergelegte  ge- 
lehrsamkeit  ist  ausserordentlich  und  um  so  mehr  zu  bewundern,  als  We- 
stergaard, als  er  dieses  buch  verfasste,  erst  25  jähre  alt  war. 

Gleichzeitig  hiermit  hatte  Westergaard  auch  eine  kleine,  weniger 
bedeutende  sprachvergleichende  abhandlung  über  das  verhältniss  zwischen 
Sanskrit  und  Isländisch  vollendet.  Diese  abhandlung,  welche  in  engli- 
scher spräche  und  unter  dem  titel  ,,On  the  connexion  between  Sanscrit 
and  Icelandic"  (in  den  Memoires  de  la  Societe  des  Antiquaires  du  Nord 
1840— 44,  s.  41  ff.)  erschien1),  ist  gewissermassen  eine  ergänzung  zu  Rasks 
preisschrift  „Um  det  gamle  nordiske  eller  islandske  Sprogs  Oprindelse"  2). 
In  dieser  schrift  hatte  Rask  nämlich  das  Isländische  wesentlich  nur  mit 
den  einzelnen  europ.  sprachen  verglichen,  vom  vergleich  desselben  mit 
den  asiatischen  sprachen  aber  abgesehen,  weil  er  die  letzteren  zur  zeit 
der  ausarbeitung  jener  schrift  noch  nicht  hinreichend  kannte,  obgleich 
er  schon  ahnte,  welches  licht  von  ihrer  seite  auf  seine  lieblingssprache 
geworfen  werden  könnte.  Demnach  ist  auch  diese  kleine  abhandlung 
Westergaards  ein  zeugniss  davon,  wie  seine  Studien  von  vornherein  sich 
an  Rasks   arbeiten  anschlössen. 

Kaum  war  Westergaard  mit  seinem  grossen  werke  fertig  gewor- 
den, so  bot  sich  ihm  die  möglichkeit  dar,  einen  lange  gehegten  wünsch 
zur  ausführung  zu  bringen  und  Indien  und  Persien  selbst  zu  besuchen. 
Hiernach  strebte  er,  um  auch  auf  diese  weise  Rasks  arbeit  weiter  zu 
führen  und  sich  in  den  stand  zu  setzen,  den  schätz  von  handschriften  — 

x)  Der  anfang  derselben  wurde  in  deutscher  Übersetzung  veröffent- 
licht von  A.  Höfer  in  seiner  Zeitschrift  f.  d.  Wissenschaft  der  spräche 
I,  s.  117  ff. 

a)  Verfasst  1814,  gedruckt  in  Kopenhagen  1818.  Ein  ted  davon  ist 
in  J.  S.  Vaters  Vergleichungstafeln  der  europäischen  stamm -sprachen 
u.  s.  w.  (Halle  1822)  übersetzt. 


Niels  Ludvig  Westergaard.  251 

namentlich  von  zend-  und  pälihandschriften  — ,  welchen  Rask  seinem 
Vaterland  geschenkt  hatte,  in  gebührender  weise  auszubeuten.  Zu  diesem 
zweck  ging  Westergaard  darauf  aus,  besonders  die  zoroastrische  und 
die  buddhistische  kultur  in  ihrer  heimat  zu  studieren.  Es  gelang  ihm, 
zu  seiner  fahrt  eine  königliche  Unterstützung  zu  erhalten,  welche  in  den 
folgenden  jähren,  so  lange  als  seine  reise  währte,  von  neuem  bewilligt 
wurde,  und  zugleich  gewährte  ihm  die  Universität  aus  ihren  eignen 
mittein  eine  beisteuer.  Freilich  war  es  auf  die  dauer  sehr  schwer,  We- 
stergaard diese  Unterstützungen  zu  verschaffen;  das  verdienst,  die  ob- 
waltenden Schwierigkeiten  durch  warmes  und  unermüdliches  eintreten 
für  Westergaard  überwunden  zu  haben,  gebührt  2  männern,  deren 
namen  wir  nicht  verschweigen  wollen:  Geheimrath  Madvig,  dem  zeiti- 
gen Vorsitzenden  unserer  gesellschaft,  dessen  herz  für  jedes  wahre  wis- 
senschaftliche streben  immer  warm  geschlagen  hat,  und  dem  längst  ver- 
storbenen Oberstleutnant  C.  H.  v.  Sommer,  einem  mann,  welcher  sich 
sehr  lebhaft  sowol  für  Westergaard,  wie  für  jene  fernen  länder  inter- 
essirte. 

Am  20.  mai  1841  verliess  Westergaard  Kopenhagen  und  nach 
kürzerem  aufenthalt  in  Bonn  und  London  segelte  er  am  23.  juli  auf  dem 
schiff  „Childe  Harold"  von  Portsmouth  nach  Bombay  ab.  Er  wählte  diese 
stadt  zu  seinem  ausgangspunkt  teils  mit  rücksicht  auf  die  vielen  alter- 
tümer,  welche  sich  in  ihrer  nachbarschaft  finden  und  damals  noch  we- 
nig bekannt  waren,  teils  weil  Bombay  nach  der  einführung  des  moham- 
medanismus  in  Persien  die  hauptstätte  des  parsismus  ist.  In  Bombay 
am  15.  nov.  angelangt  begann  er  alsbald  das  Studium  des  Zend  und  Peh- 
levi.  Parsipriester ,  desture,  boten  ihm  dafür  ihren  beistand  an;  allein 
Westergaard  erkannte  bald,  dass  dieselben  in  Wirklichkeit  entweder 
abgeneigt  waren,  ihre  kenntnisse  mitzuteilen,  oder  selbst  nur  sehr  wenig 
wüsten,  und  so  war  er  darauf  angewiesen,  wesentlich  für  sich,  höchstens 
in  gemeinschaft  mit  anderen  Europäern,  welche  gleiche  interessen  hatten, 
Studien  zu  machen.  Von  december  1841  bis  juli  1842  bereiste  er,  von 
süden  nach  norden  zu,  den  grösten  teil  der  Präsidentschaft  Bombay  und 
untersuchte  die  in  ihr  erhaltenen  altertümer,  brahmanische  und  buddhi- 
stische tempel,  inschriften  u.  dergl.  1)  Als  ein  unmittelbares  ergebniss 
dieser  reise  nenne  ich  die  von  ihm  in  gemeinschaft  mit  G.  L.  Jacob  be- 
wirkte. Veröffentlichung  einer  der  päliinschriften,  welche  er  zu  untersuchen 
gelegenheit  gehabt  hatte,  nämlich  der  Girnar-inschrift,  in  dem  Journal  of 
the  Bombay  Branch  of  the  R.  As.  Society,  1842  —  einer  gesellschaft, 
deren  ehrenmitglied  Westergaard  war. 

Den  rest  dieses  jahres  brachte  er,  von  einigen  kleineren  ausflügen 
abgesehen,  in  Bombay  zu,  vornehmlich  beschäftigt  mit  dem  Studium  des 
Zend  und  Pehlevi.  Wegen  seines  weiteren  reiseplanes  war  er  einige  zeit 
in  ungewissheit,  denn  er  schwankte,  ob  er  sich  nach  Ceylon  und  Hinter- 

*)  Ein  kurzer,  in  einem  brief  an  könig  Christian  VIII  enthaltener  be- 
richt  über  diese  reise  ist  in  BVsteds  Oversigt  over  d.  k.  danske  Vidsk. 
Selsk.  Forhandlinger  1840—44  (Hist.  og  philos.  Afhandl.  VII),  s.  CXCVIff. 
mitgeteilt. 

17* 


252 


Niels  Ludvig  Westergaard. 


Indien  begeben  sollte,  um  seinem  ursprünglichen  plan  gemäss  den  bud- 
dhismus  in  seiner  eigentlichen  heimat  genauer  kennen  zu  lernen,  oder  ob 
er  sich  aufmachen  sollte,  um  Persien  zu  bereisen  und  hier  die  Studien 
über  geschichte  und  religion  der  alten  Perser  zum  abschluss  zu  bringen, 
die  er  schon  in  Bombay  mit  so  grossem  eifer  betrieben  hatte.  Kr  ent- 
schied sich  schliesslich  für  das  letztere,  nicht  am  wenigsten  aus  rücksicht 
auf  die  grossen  kosten,  welche  ein  längerer  aufenthalt  in  Indien  verur- 
sacht hätte,  und  verliess  am  6.  Januar  1843  Bombay.  Nach  einer  lang- 
wierigen fahrt  durch  den  indischen  und  den  persischen  meerbusen  ge- 
langte er  am  20.  februar  nach  dem  ort  Bushire  oder  Abushehr  und  ver- 
brachte nun  fast  den  ganzen  rest  des  Jahres  mit  reisen  durch  verschie- 
dene gegenden  von  Persien  und  zwar  zum  teil  nach  solchen  orten,  welche 
vor  ihm  kein  Europäer  betreten  hatte  *).  Namentlich  zwei  dinge  waren 
es,  welchen  er  bei  diesen  reisen  seine  aufmerksamkeit  zuwante :  einerseits 
die  Überreste  der  alten  zoroastrischen  religion ,  welche  in  Persien  noch 
zu  finden  sein  möchten ;  andererseits  die  historischen  monumente,  welche 
sich  aus  vormohammedanischer  zeit  erhalten  hatten,  also  die  keilinschrif- 
ten  der  Achämeniden  und  die  jüngeren  denkmäler  der  Sasaniden,  deren 
inschriften  in  einer  spräche  verfasst  sind,  welche  ebenso  wie  die  bekannte 
traditionelle  religionssprache  der  Parsis  „Pehlevi"  genannt  wird,  von  der 
letzteren  aber  bedeutend  verschieden  ist. 

Was  den  ersten  punkt  anbetrifft,  so  gelang  es  ihm,  sichere  nachricht 
zu  erhalten,  dass  an  einzelnen  stellen  des  persischen  reiches  noch  anhän- 
ger  der  alten  lehre,  Geber,  wie  die  Perser  sie  nannten,  lebten,  und  zwar 
hauptsächlich  in  den  orten  Yezd  und  Kirman ,  denselben ,  aus  welchen 
nach  den  traditionell  der  in  Bombay  lebenden  Parsis  alle  in  deren  besitz 
befindlichen  abschriften  der  heiligen  bücher  stammen  sollten.  Er  nahm 
hiernach  keinen  anstand,  sich  allen  gefahren  und  mühen  zu  unterziehen, 
welche  mit  einem  besuch  der  betreffenden  gegenden  verknüpft  sein  konn- 
ten :  durfte  er  doch  hoffen,  in  ihnen  vielleicht  einige  wichtige  handschrif- 
ten  zu  finden;  und  in  der  tat  entdeckte  er,  dass  dort  einige  alte  zend- 
und  pehlevibücher  aufbewahrt  wurden,  obgleich  die  priester  dieselben 
fast  gar  nicht  mehr  verstanden ;  von  besonderer  bedeutung  scheinen  diese 
Schriften  jedoch  im  allgemeinen  nicht  gewesen  zu  sein.  Westergaard  gab 
sich  grosse  mühe ,  dieselben  in  seinen  besitz  zu  bringen ,  indessen  alle 
seine  Überredungsversuche  hatten  weiter  keinen  erfolg,  als  dass  ihm  die 
priester  einige  wenige  pehlevihandschriften  überliessen.  —  Was  die  Ge- 
lier selbst  anlangt,  so  waren  sie  in  jeder  hinsieht  sehr  weit  zurück  und 
ihr  religiöses  gefühl  war  in  hohem  grade  abgestumpft.  Gerade  deshalb 
aber  glückte  es  Westergaard,  manches  zu  sehen,  was  die  rechtgläu- 
bigen Parsis  sonst  vor  profanen  blicken  auf  das  strengste  hüten.  Er  er- 
hielt die  erlaubniss,  die  heiligtümer  zu  betreten  und  alle  einzelheiten 
in  ihnen  zu  untersuchen,  und  er  erzwang  sich  sogar,  unter  dem  verspre- 
chen, diess  keinem  der  anderen  Geber  zu  verraten,  den  zugang  zu  dem 
eigentümlichen    begräbnissplatz    derselben   (dahkma) ,     auf    welchem    die 


1)  Vgl.  den  auszug  eines  briefes  Westergaards  a.  a  o.  s.  CCLXXXIII  ff. 


Niels  Ludvig  Westergaard.  253 

leichen  unter  freien  himmel  hingelegt  werden,  bis  die  raubvögel  alles 
fleisch  von  ihnen  verzehrt  haben,  worauf  man  die  geheine  auf  einen  gros- 
sen häufen  wirft  1). 

Noch  wichtiger  waren  die  resultate,  welche  Westergaard  bei  sei- 
nen Untersuchungen  der  alten  inschriften  und  namentlich  der  keilinschrif* 
ten  erzielte.  Indem  ich  darauf  eingehe,  kann  ich  nicht  unterlassen,  her- 
vorzuheben, dass  —  beachtenswert  genug!  —  wol  kein  land  die  kennt- 
niss  und  deutung  dieser  inschriften  verhältnissmässig  so  gefördert  hat, 
wie  Dänemark.  Der  erste,  welcher  überhaupt  copien  eines  nicht  kleinen 
teiles  der  keilinschriften  nach  Europa  brachte,  und  zwar  kopien,  die  sich 
im  grossen  und  ganzen  durch  einen  hohen  grad  von  genauigkeit  und  Zu- 
verlässigkeit auszeichnen,  war  Carsten  Niebuhr,  der  bekanntlich,  auf 
kosten  der  dänischen  regierung,  in  den  jähren  1761 — 67  Arabien  und  die 
umliegenden  länder  bereiste.  Der  erste  schritt  zur  entzifferung  der  per- 
sepolitanischen  inschriften  auf  grund  der  Niebuhrschen  darstellungen  ge- 
schah gegen  den  anfang  dieses  Jahrhunderts ;  auch  hier  können  wir  einen 
gelehrten  landsmann,  den  bischof  Munter,  nennen,  wenn  auch  die  ehre, 
die  bahn  recht  eigentlich  gebrochen  zu  haben,  dem  deutschen  gelehrten 
G.  F.  Grotefend  gebührt.  Zu  aller  erst  hatte  man  bemerkt,  dass  es 
drei  arten  von  keilinschriften  gibt,  die  sich  durch  die  Verschiedenheit  der 
schriftzeichen  von  einander  unterscheiden,  und  dass  in  allen  fällen,  in 
welchen  inschriften  dieser  verschiedenen  arten  neben  einander  gestellt 
waren,  eine  ganz  bestimmte  Ordnung  bezüglich  ihrer  reihenfolge  beobach- 
tet war,  nämlich:  die  einfachste  art  mit  relativ  wenigen  schriftzeichen  — 
eine  etwas  entwickeltere  —  eine  sehr  complicierte  art  mit  einer  grossen 
menge  von  schriftzeichen.  Man  nahm  nun  mit  recht  an ,  dass  die  in- 
schriften der  ersten  art  in  altpersischer  spräche  verfasst  seien  und  dass 
in  denen  der  beiden  anderen  arten,  wenn  sie  mit  jenen  combiniert  wa- 
ren, Übersetzungen  derselben  in  zwei  von  den  vielen  sprachen  des  persi- 
schen reiches  vorlägen.  Bei  den  deutungsversuchen  ging  man  natürlich 
von  den  inschriften  der  ersten  und  einfachsten  art  aus  und  brachte  es 
denn  auch  zum  richtigen  verständniss  gewisser  zeichengruppen ,  aber  in 
hinsieht  auf  die  genauere  bestimmung  und  grammatische  erklärung  der- 
selben war  man  im  unklaren.  Eine  reihe  von  jähren  standen  die  bezüg- 
lichen Untersuchungen  nun  so  ziemlich  still,  und  man  verzweifelte  schon  fast 
daran,  den  Schlüssel  zu  diesen  rätselhaften  inschriften  jemals  zu  finden:  da 
war  es  Rask,  der  (i.  j.  1821)  fast  zufällig  und  im  vorbeigehen  den  wert 
zweier  wichtiger  zeichen  (n  und  m)  bestimmte  •).  Er  verfolgte  seine  ent- 
deckung  freilich  nicht,  aber  dieselbe  wurde  bedeutungsvoll  für  die  be- 
stimmung des  Charakters  der  altpersichen  spräche  und  sie  regte  andere 
zu  erneuter  eindringender  Untersuchung  derselben  an ;  diese  führte  dahin, 

*)  Vgl.  Extract  from  a  letter  adressed  by  Prof.  Westergaard  to 
the  Rev.  Dr.  Wilson,  relative  to  the  Gabrs  in  Persia,  im  Journal  of  the 
R.  Asiatic  Society,  vol.  VIII,  p.  349  ff. 

2)  Vgl.  Rask,  Samlede    Afhandlinger,  II,  Ktfbenbavn  1836,   s.  320  ff. 
375 f.;  ders. ,   lieber  das   alter  und  die  echtheit  der  Zend-sprache,   übers, 
von  F.  H.  v.  d.  Hagen,  Berlin  1826,  s.  27  f. 


254  Niels  Ludvig  Westergaard. 

dass  man  schon  imj.  1836  nicht  eben  wenige  inschriften  richtig  verstand 
(E.  Burnouf,  Chr.  Lassen).  Auf  diesem  punkt  stand  die  forschung,  als 
Westergaard  sie  aufnahm. 

Auf  seinen  reisen  in  Persien  besuchte  er  dreimal  die  ruinen  von  Per- 
Bepolis  und  ihre  Umgebung  und  collationierte  nicht  nur  die  bereits  be- 
kannten inschriften,  sondern  hatte  auch  das  glück,  einige  neue  abschrei- 
ben zu  können,  so  namentlich  die  wichtigen  inschriften  vom  grabe  des 
Darius,  das  sich  in  der  nähe  der  alten  Persepolis  bei  dem  heutigen 
Naqsh-i  -Rustam  befindet.  Da  Westergaard  mit  den  fortschritten, 
welche  die  entzifferung  der  inschriften  bis  dahin  in  Europa  gemacht  hatte, 
vertraut  war  und  mindestens  die  äussere  form  der  einzelnen  buchstaben 
genau  kannte  —  was  natürlich,  namentlich  wo  es  sich  um  die  feststellung 
verwischter  zeichen  handelte,  sehr  wichtig  war  —  so  versteht  es  sich  von 
selbst,  dass  seine  abschriften  die  seiner  Vorgänger  an  treue  und  Zuver- 
lässigkeit übertrafen.  Sie  anzufertigen  war  übrigens  keine  leichte  ar- 
beit und  leider  wurde  dieselbe  verhängnissvoll  für  Westergaard.  Die 
grösten  Schwierigkeiten  bereiteten  namentlich  die  inschriften  von  Naqsh- 
i-Rustam,  welche  es  ihm  endlich  bei  seinem  dritten  besuche  in  dieser  ge- 
gend  abzuschreiben  glückte.  Sie  sind  nämlich  an  einem  felsen  in  einer 
höhe  von  60 — 70  fuss  angebracht,  so  dass  er  nur  mit  hilfe  eines  sehr 
starken  fernrohres  die  zeichen  unterscheiden  konnte.  Dazu  kam,  dass 
diese  inschriften  nur  bei  vormittagsbeleuchtung,  zwischen  8  und  12  uhr, 
sichtbar  waren ,  so  dass  er  also  genötigt  war ,  in  der  brennendsten  Son- 
nenhitze —  im  anfang  des  monat  juli !  —  zu  arbeiten.  Diese  umstände 
und  zugleich  das  schlechte  trinkwasser  zogen  ihm  einen  fieberanfall  zu, 
welchen  er  jedoch  durch  anwendung  gewaltsamer  mittel  im  verlauf  eini- 
ger tage  so  weit  bewältigte,  dass  er  seine  reise  nach  Isfahan  fortsetzen 
konnte ;  wie  übel  sein  damaliges  befinden  aber  in  Wirklichkeit  gewesen 
sein  muss,  kann  man  daraus  ersehen,  dass  er  nach  seiner  eigenen  aussage 
fast  gar  keine  erinnerung  an  diese  reise  bewahrt  hatte.  Am  26.  juli  ge- 
gen Sonnenuntergang  kam  er  nach  Julfah,  einer  vorstadt  Isfahans,  und 
ßtieg  hier  bei  dem  katholischen  bischof,  Padre  Giovanni,  einem  Italiäner, 
ab,  dem  einzigen  Europäer,  welcher  dort  lebte.  Aber  kaum  war  er  vom 
pferde  gestiegen,  als  das  fieber  mit  erneuter  heftigkeit  zurückkehrte,  so 
dass  er  augenblicklich  das  bett  aufsuchen  muste.  Bald  darauf  ent- 
wickelte sich  eine  unterleibsentzündung  und  eine  leberkrankheit,  und  sein 
zustand  wurde  so  schlimm,  das  sein  wirt,  der  ihn  mit  der  grösten  Sorg- 
falt pflegte  —  und  einen  anderen  arzt  hatte  er  nicht  —  gegen  mitte  des 
august  an  seiner  genesung  verzweifelte  und  er  selbst  sich  völlig  auf  den 
tod  gefasst  machte.  Indessen  siegte  doch  seine  kräftige  natur,  und  trotz 
wiederholter  rückfälle  genas  er  allmählich  so  weit,  dass  er  sich  im  Septem- 
ber, wenn  auch  mit  grosser  beschwerde,  in  ein  gesunderes  quartier  zu 
dem  armenischen  erzbischof  schaffen  lassen  konnte.  Auch  bei  diesem 
braven  mann  fand  er  die  liebreichste  und  aufmerksamste  pflege,  wiewol 
eich  beide  so  gut  wie  gar  nicht  mit  einander  verständigen  konnten.  — 
Unter  diesen  umständen  muste  Westergaard  natürlich  den  früher  ge- 
hegten plan  aufgeben,    westwärts  über   die  bakhtyarischen  berge,    durch 


Kiels  Ludvig  Westergaard. '  255 

das  alte  Susiana  über  Kirmanshah,  in  dessen  nähe  sich  die  berühmte  Be- 
histan-  oder  Bisutuninschrift  befindet,  nach  Bagdad  zu  reisen.  Er  wante 
sich  am  27.  September  nordwärts  nach  Teheran ,  welches  er  am  9.  Okto- 
ber erreichte,  und  hier  hielt  er  sich  beinahe  einen  monat  auf,  teils  bei 
dem  englischen,  teils  bei  dem  russischen  gesanten,  meistenteils  bettläge- 
rig. Ueber  Kazvin  und  Tabriz  verliess  er  Persien  und  nachdem  er  einige 
wochen  in  einer  in  jeder  hinsieht  höchst  unbehaglichen,  für  seine  gesund- 
heit  aber  recht  woltätigen  russischen  quarantaine  in  Julfah  an  der  arme- 
nischen gränze  zugebracht  hatte,  erreichte  er  am  neujahi'stag  1844  Tiflis. 
Von  hier  begab  er  sich  über  den  Kaukasus  und  durch  Russland  über 
Moskau  nach  Petersburg.  Aber  die  ungeheuren  anstrengungen  und  ent- 
behrungen,  welche  er  auf  dieser  langen  reise  mitten  im  winter  erdulden 
muste,  übten  abermals  einen  sehr  ungünstigen  einfiuss  auf  seine  gesund- 
heit  aus;  sein  ganzer  körper  bedeckte  sich  mit  beulen  und  ausschlag  und 
diess  warf  sich  namentlich  auf  ein  bein,  so  dass  man  in  Petersburg  ernst- 
haft an  eine  amputation  desselben  dachte.  Indessen  glücklicherweise  ent- 
ging Westergaard  einer  solchen  und  endlich,  nach  dreijähriger  abwesen- 
heit,  kehrte  er  über  Berlin  und  Bonn  im  mai  1844  nach  Kopenhagen  zurück. 

Kurz  nach  seiner  heimkehr  wurde  er  zum  lector  und  im  folgenden 
jähr  zum  professor  der  indisch-orientalischen  philologie  an  der  Kopen- 
hagener Universität  ernannt.  In  dieser  Stellung  hat  er  bis  zuletzt  mit  un- 
geschwächtem interesse  und  hingebender  gewissenhaftigkeit  gewirkt,  und 
zwar  nicht  nur  als  lehrer,  sondern  auch  in  den  praktischen  angelegen- 
heiten  der  Universität.  Neben  Sanskrit  las  er  in  den  ersten  jähren  auch 
über  Persisch,  allein  später  beschränkte  er  sich  ganz  auf  Sanskrit  und 
wenn  er  auch,  wie  das  in  der  natur  der  sache  liegt,  selten  mehr  als  einen 
oder  wenige  schüler  in  den  einzelnen  cursen  hatte ,  so  sind  es  deren  im 
verlauf  der  jähre  doch  viele  geworden,  welche  seinen  gründlichen  Unter- 
richt in  einer  spräche  genossen  haben,  in  der  er  heimisch  war,  wie  wenige. 

Denjenigen  teil  seiner  reiseausbeute,  dessen  bearbeitung  sich  We- 
stergaard zunächst  angelegen  sein  Hess ,  bildeten  seine  kopien  von  keil- 
inschriften.  Alle  abschriften  von  inschriften  der  ersten  art,  also  der 
eigentlich  altpersischen  überliess  er  seinem  früheren  lehrer,  prof.  Chr. 
Lassen  in  Bonn,  der  sich  schon  früher  so  grosse  Verdienste  um  die  ent- 
zifferung  dieser  denkmäler  erworben  hatte.  Auf  grundlage  der  Wester- 
gaard'schen  abschriften  veröffentlichte  Lassen  in  der  Zeitschrift  f.d. künde 
des  morgenlandes  VI,  1845,  s.  1  ff.  und  467 ff.  seine  abhandlung  „Die  alt- 
pers.  keilinschriften  nach  herrn  N.  L.  Westergaards  mitteilungen"  — 
eine  arbeit,  welche  einen  wesentlichen  fortschritt  auf  jenem  schwierigen 
gebiet  bezeichnet  und  in  der  es  Lassen  auf  das  rückhaltsloseste  aus- 
spricht, wie  sehr  Westergaard  durch  die  so  mühsame  beschaffung  jenes 
reichen  und  zuverlässigen  materials  und  durch  mancherlei  winke  für  die 
deutung  desselben  ihn  und  die  Wissenschaft  zu  dank  verpflichtet  habe. 

Westergaard  selbst  wante  sich  dagegen  zu  den  inschriften  der 
zweiten  keilschriftgattung,  mit  denen  sich  zu  befassen  noch  niemand  ge- 
wagt, zu  denen  er  sich  aber  schon  während  seines  aufenthaltes  in  Persien 
besonders    hingezogen    gefühlt  hatte.     Diese   Schriftart  bereitete  an  und 


256 


Niels  Ludvig  Westergaard. 


für  sieh  weit  grössere  Schwierigkeiten,  als  die  erste,  weil  sie  weit  mehr 
schriftzeichen  enthält,  als  diese;  und  dazu  kommt,  dass  in  ihr  die  ein- 
zelnen wörter  nicht  so  von  einander  abgetrennt  sind,  wie  das  dort  der 
fall  ist.  Wäre  der  inhalt  dieser  inschriften  nicht  durch  die  entsprechen- 
den altpersischen,  deren  Übersetzungen  sie  ja  sind,  bekannt  gewesen,  so 
wäre  ihre  deutung  sicherlich  nie  gelungen ;  aber  trotzdem  bleiben  Schwie- 
rigkeiten und  zweifei  genug  zurück,  weil  man  hinsichtlich  der  spräche, 
in  der  sie  abgefasst  sind,  keine  sicheren  anknüpfungspunkte  in  irgend 
einer  anderen  bekannten  spräche  findet,  wie  sie  für  das  Altpersische  das 
Neupersische,  das  Zend  und  das  Sanskrit  bieten. 

Die  ergebnisse  seiner  forschungen  über  diese  keilschriftart  veröffent- 
lichte Westergaard  teils  in  deutscher  („Zur  entzifferung  der  achäme- 
nid.  keilschrift  zweiter  gattung";  ebenfalls  im  VI.  bände  der  Zeitschrift 
f.  d.  künde  des  morgenlandes,  s.  337 — 466),  teils  in  englischer  spräche 
(,,On  the  deciphering  of  the  Second  Achsemenian  or  Median  species  of 
arrowheaded  writing",  in  den  Memoires  de  la  Societe  royale  des  Anti- 
quaires  du  Nord,  1840—44,  s.  271 — 439).  —  Bei  der  entzifferung  muste 
Westergaard,  wie  natürlich  war,  seinen  ausgangspunkt  von  den  eigen- 
namen  nehmen,  weil  es  von  vornherein  wahrscheinlich  war,  dass  diesel- 
ben mit  denjenigen ,  welche  man  aus  den  entsprechenden  altpersischen 
inschriften  schon  kannte,  wesentlich  identisch  seien.  Eine  inschrift, 
welche  ihn  in  dieser  hinsieht  wesentlich  förderte,  war  die,  welche 
er  selbst  zum  ersten  male  abgeschrieben  hatte,  die  grabinschrift  des 
Darius ,  insofern  dieselbe  eine  ziemlich  bedeutende  anzahl  von  eigen- 
namen  in  der  gestalt  eines  Völkerverzeichnisses  enthält.  Indem  Wester- 
gaard nun  die  zeichengruppen  feststellte,  welche  den  einzelnen  altper- 
sischen namen  entsprechen  musten,  gewann  er  eine  handhabe,  mit  grös- 
serer oder  geringerer  Sicherheit  den  wert  einer  ziemlich  grossen  anzahl 
von  zeichen  zu  ermitteln.  Nun  geht  er  die  einzelnen  inschriften  durch 
und  versucht,  durch  vergleichung  der  verschiedenen  stellen,  an  welchen 
dasselbe  wort  wiederkehrt,  die  einzelnen  wörter  zu  sondern,  ihre  bedeu- 
tungen  nachzuweisen  und  sie  durch  einsetzung  der  mit  hilfe  der  eigen- 
namen  gefundenen  werte  oder  mit  benutzung  der  von  andrer  seite  sich 
darbietenden  winke  zu  lesen.  Was  die  spräche  anlangt,  so  war  das  ma- 
terial,  über  welches  er  verfügte,  viel  zu  klein,  als  dass  er  auf  dieser 
grundlage  ein  einigermassen  vollständiges  bild  von  ihr  hätte  zeichnen 
können ;  so  viel  war  ihm  aber  doch  schon  klar,  dass  sie  nicht  zu  unserem 
sprachstamm  gehört  haben  konnte,  ebensowenig  zu  dem  semitischen,  son- 
dern vielmehr  zu  denjenigen  sprachen ,  welche  Rask  unter  dem  nicht 
ganz  glücklichen  und  etwas  unbestimmten  namen  der  „skythischen",  an- 
dere unter  dem  nicht  viel  besseren  der  ,,turanischen"  zusammengefasst 
haben ;  Westergaard  scheint  besonders  geneigt  gewesen  zu  sein ,  die- 
selbe mit  den  türkisch-tatarischen  sprachen  zu  vergleichen.  Wenn  er 
sie,  wenn  auch  nicht  ohne  bedenken,  als  die  „medische"  bezeichnete  und 
andererseits  meinte,  die  in  der  damals  noch  unentzifferten  dritten  keil- 
schriftgattung  enthaltene  spräche,  deren  semitischen  charakter  er  bereits 
ahnte,  sei  Susiana  zuzuweisen,    so   haben  sich  diese  bestimmungen  nicht 


: 


j^iels  Ludvig  Westergaard.  257 

bestätigt;  vielmehr  hat  sich  herausgestellt,  dass  die  dritte  art  assyrisch- 
babylonisch  ist,  und  dass  gerade  die  spräche  der  zweiten  gattung  —  wie 
wenigstens  kaum  noch  bezweifelt  werden  kann  —  in  dem  alten  Susiana 
heimisch  gewesen  sein  muss.  Dass  sowol  bezüglich  der  Interpretation 
der  inschriften  als  hinsichtlich  der  bestimmung  des  wertes  der  einzelnen 
zeichen  sehr  vieles  durch  spätere  Untersuchungen  modificiert  worden  ist, 
darf  uns  nicht  wundern  und  kann  Westergaard  die  ehre,  diesen  schwie- 
rigen Untersuchungen  zuerst  bahn  gebrochen  zu  haben,  nicht  schmälern. 
Erinnert  man  sich,  wie  spärlich  das  damals  zugängliche  raaterial  war, 
so  muss  man  sich  viel  mehr  darüber  wundern  ,  dass  er  trotzdem  bei  die- 
sem ersten  versuch  soweit  kam,  wie  das  tatsächlich  der  fall  war,  und  man 
wird  gern  das  urteil  unterschreiben,  welches  der  um  die  keilschriftstu- 
dien  verdiente  französische  gelehrte  de  Saulcy  (Journal  asiatique  XIV, 
1849,  s.  94)  darüber  aussprach:  „je  ne  saurais  le  dire  trop  haut,  quand 
on  examine  ce  travail  de  plus  pres,  on  reconnait  bien  vite,  qu'il  n'est 
pas  possible  de  trouver,  sur  un  sujet  aussi  difficile,  un  cssai  philologique 
qui  presente  des  indices  plus  nombreux,  plus  constants  veux-je  dire, 
d'une  insigne  bonne  foi,  d'une  inalterable  loyaute  et  d'une  vaste  erudi- 
tion"  —  worte,  welche  Westergaard  selbst  (in  der  w.  u.  angeführten 
abhandlung  s.  8)  mit  weit  grösserem  recht  auf  die  folgende  arbeit  von 
Norris  anwenden  zu  können  glaubte. 

Es  war  nämlich  dem  Engländer  Norris ,  einem  langjährigen  freunde 
Wostcrgaards  vorbehalten,  die  Untersuchung  dieser  keilschriftgattung 
wieder  aufzunehmen  und  sie  mit  benutzung  eines  vielfach  reicheren  ma- 
terials  ein  beträchtliches  stück  weiterzuführen,  indem  er  von  seinem 
landsmann  Sir  Henry  Rawlinson  eine  vollständige  abschrift  der  hierher 
gehörigen  partie  der  kolossalen  Behistaninschrift  erhalten  hatte,  deren 
persischen  und  babylonischen  teil  Rawlinson  selbst  auf  so  glänzende 
weise  entziffert  hat.  Norris'  vorzügliche  arbeit  *) ,  welche  als  hauptwerk 
über  diesen  gegenständ  von  keiner  späteren  abgelöst  worden  ist,  veranlasste 
Westergaard  sich  zu  den  Untersuchungen  zurückzuwenden ,  die  er  be- 
gründet hatte  und  deshalb  auch  fortzusetzen  wünschen  muste.  In  einer 
ausführlichen,  dänisch  geschriebenen  abhandlung  „Om  den  anden  eller 
den  sakiske  Art  af  Akheemenidernes  Kileskrift"  (in  Det  kgl.  danske  Vi- 
denskabernes  Selskabs  Skrifter,  5.  Ilaskke,  hist.  og  philos.  Afdeling,  II, 
1854,  s.  39  —  178)  unterwarf  er  von  neuem  die  ganze  entzifferungsfrage 
einer  umsichtigen  und  gründlichen  prüfnag.  Man  sieht  schon  aus  dem 
titel,  dass  er  die  ältere  bezeichnung  der  in  dieser  gattung  von  keilin- 
schriften  enthaltenen  spräche,  „Medisch" ,  aufgegeben  hatte.  Norris 
hatte  dieselbe  „Skythisch"  genannt  und  sie  den  finnischen  sprachen  zu- 
nächst gestellt;  nun  nannte  Westergaard  sie  „Sakisch",  weil  dieser 
name  nach  persischem  Sprachgebrauch  mit  dem  griechischen  „Skythisch" 
gleichbedeutend   ist;    dass   aber    keine    dieser  benennungen   das    richtige 

x)  „Memoir  on  the  Scythic  version  of  the  Behistun  inscription",  im 
Journal  of  the  Ii.  Asiatic  Society  XV,  1853,  1—23.  Einige  zusätze 
am  schbiss  dieses  bandes  sind  zum  teil  durch  mitteilungen  Wester- 
Sjaards  veranlasst. 


258 


Niels  Ludvig  Westergaard. 


trifft,  habe  ich  oben  schon  augedeutet.  Diese  abhandlung  Wester- 
gaards scheint  leider  in  der  wissenschaftlichen  weit  so  gut  wie  unbe- 
kannt geblieben  zu  sein,  so  dass  man  sie  kaum  einmal  in  der  späteren 
literatur  über  diesen  gegenständ  citiert  linden  wird;  teils  mag  es  den 
der  dänischen  spräche  unkundigen  lesern  schwierig  gewesen  sein,  den 
einzelheiten  der  Untersuchung  zu  folgen,  teils  scheint  Westergaard  auch 
sonst  nicht  genug  dafür  getan  zu  haben,  seine  arbeit  im  auslande  be 
kannt  zu  machen.  Und  doch  gibt  es  in  dieser  abhandlung  so  manches, 
das  sicherlich  noch  heute  von  jedem,  welcher  sich  mit  diesen  studien  be- 
schäftigt, gekannt  zu  sein  verdient.  Gewiss  wird  es  nicht  schwerfallen, 
verschiedene  einzelheiten  nachzuweisen,  in  denen  Westergaard  nicht 
das  richtige  getroffen  hat;  sogar  in  einem  hauptpunkt  ist  er  unstreitig 
auf  einen  irrweg  geraten,  indem  er  nämlich  in  der  von  ihm  untersuchten 
spräche  eine  art  von  vokalharmonie  nachzuweisen  suchte,  wie  sie  sich  in  den 
finnischen  und  tatarischen  sprachen  findet,  deren  unmittelbare  verwant- 
schaft  mit  jener  jedoch  höchst  zweifelhaft  erscheint.  Daneben  finden  sich 
andere  punkte,  auf  welche  später  neues  licht  fiel,  nachdem  man  tiefer  in 
das  wesen  der  assyrisch-babylonischen  keilschrift  eingedrungen  war,  da, 
wie  sich  herausstellte,  die  zweite  art  unmittelbar  von  dieser  abgeleitet 
ist,  wenn  auch  sicher  mit  grösserer  freiheit,  als  die  meisten  neueren  as- 
syriologen  einräumen  zu  wollen  scheinen.  Zugleich  aber  lässt  sich  nicht 
bestreiten,  dass  Westergaard  in  dieser  abhandlung  verschiedene  zei- 
chen richtiger  bestimmt  hat,  als  Norris,  und  daneben  finden  wir  in  ihr 
eine  anzahl  grammatischer  und  kritischer  bemerkungen  verstreut,  welche 
Westergaards  feine  beobachtungsgabe  und  seinen  scharfen  blick  für 
sprachliche  erscheinungen  bezeugen. 

Ausser  dieser  abhandlung,  welche  seine  letzte  grössere  arbeit  in  dieser 
richtung  ist,  hat  Westergaard  verschiedene  kleinere  geliefert,  in  denen 
er  hierher  gehörige  gegenstände  in  einer  mehr  für  laien  berechneten  form 
behandelt  hat.  Dergestalt  schrieb  er  „Om  Mindesmserkerne  fra  Persiens 
Oldtid"  (Antiqvarisk  tidsskrift  1843 — 45,  s.  81  ff'.),  „Den  oldpersiske  Ind- 
skrift  ved  Behistan"  (Schouws  dansk  tidsskrift  I,  1847,  s.  234  ff.)  und 
endlich  den  sehr  klar  gehaltenen  und  lesenswerten  aufsatz  „Udsigt  over 
det  historiske  Indhold  i  Kileskrifterne  og  dets  Forhold  til  Herodots  Be- 
retning",  welchen  er  seiner  zeit  in  unserer  gesellschaft  zugleich  mit  der 
Vorlegung  der  grösseren  abhandlung  über  die  sakische  keilschriftgattung 
mitteilte  und  der  in  die  „Oversigt"  der  gesellschaft  vom  j.  1854  (s.  65  ff.) 
aufgenommen  ist. 

Unterdessen  hatten  schon  lange  auch  andere  arbeiten  seine  zeit  und 
kraft  in  anspruch  genommen.  Nachdem  er  an  der  Universität  angestellt 
war,  muste  es  ihm  am  herzen  liegen,  für  seine  zuhörer  ausreichende  hilfs- 
mittel zum  gebrauch  bei  seinen  Vorlesungen  zu  beschaffen,  und  deshalb 
arbeitete  er  ein  sanskritlesebuch  aus,  das  eine  anzahl  von  proben  der 
klassischen  literatur  mit  dem  dazu  gehörigen  glossar  enthält,  sowie  eine 
kurzgefasste  sanskritformenlehre,  die  bei  geringem  umfang  in  ihrer  ge- 
drängten fassung  einen  ausserordentlich  reichen  stoff  bietet  und  zeugniss 
von    Westergaards  gründlicher  bekanntschaft    mit    den   indischen  gram- 


$iels  Ludvig  Westergaard.  259 

matikern,  besonders  mit  Pänini  ablegt,  dessen  regeln  auf  jeder  seite  des 
kleinen  werkes  zu  erkennen  sind.  Diese  beiden  bücher  erschienen  im  j. 
1846.  —  Gleichzeitig  wurde  eine  andere  weitläufige  und  mühsame  arbeit 
abgeschlossen,  an  der  Westergaard  sowol  vor  als  nach  seiner  grossen 
reise  teil  genommen  hatte  *) ,  nämlich  die  Ordnung  und  katalogisierung 
der  reichen  Sammlung  von  indischen  und  iranischen  handschriften,  welche 
sich  in  unseren  beiden  bibliotheken  findet.  Es  darf  jedoch  nicht  ver- 
schwiegen werden,  dass,  wenn  auch  die  abschliessende  redaction  des  gan- 
zen von  Westergaard  ausgeführt  wurde,  ein  sehr  wesentliches  teil  der  ei- 
gentlichen vorarbeiten  dem  deutschen  gelehrten  dr.  Fr.  Spiegel  zu 
danken  ist,  der  sich  längere  zeit,  um  eben  diese  handschriften  zu  stu- 
dieren, in  Kopenhagen  aufhielt.  Das  gedruckte  verzeichniss  („Codices  in- 
dici  bibliothecae  regiae  Hauniensis  enumerati  et  descripti,  cum  indice  co- 
dicum  indicorum  et  iranicorum  bibliothecae  universitatis  Hauniensis")  er- 
schien gleichfalls  i.  j.  1846. 

In  diese  zeit  fällt  auch  Westergaards  teilnähme  an  der  Stiftung 
des  nordischen  „Literatursamfund",  dessen  Vorsitzender  er  in  der  folge 
war.  Die  erste  publication  dieses  Vereines  (1847),  die  „Hrafnkcl  Freys- 
godes  Saga",  deren  text  K.  Gislason  besorgte,  versah  er  mit  einer  dä- 
nischen Übersetzung. 

Die  bewegten  zeiten,  welche  i.  j.  1848  über  Dänemark  hereinbrachen, 
musten  naturgemäss  grossen  eindruck  auf  einen  mann  machen,  der  sein 
vaterland  so  sehr  liebte,  wie  Westergaard,  welcher  auch  in  dieser  bc- 
ziehung  mit  Rask  geistig  verwant  war  und  des  letzteren  wort  „seinem 
vaterland  schuldet  man  alles,  was  man  ausrichten  kann"  während  seines 
ganzen  lebens  zu  dem  seinigen  machen  konnte.  So  kam  es,  dass  er  für 
eine  kurze  zeit  auch  an  dem  politischen  leben  teil  nahm,  indem  er  zum 
mitglied  der  constituirenden  reichsversaramlung  gewählt  wurde.  Zum 
heil  für  die  Wissenschaft  gab  er  jedoch  diese  tätigkeit  bald  auf,  von  der 
er  sich  wol  auch  weniger  befriedigt  fühlte,  obgleich  er  sie  sicher  mit 
derselben  kraft  und  wärme  erfasst  hat,  welche  er  für  jede  sache  ein- 
setzte, die  er  unternahm. 

Nun  endlich  fand  Westergaard  volle  müsse,  alle  seine  kräfte  für 
die  aufgäbe  zu  sammeln,  welche  er  schon  bei  seiner  reise  in  Asien  ganz 
besonders  in  das  äuge  gefasst  und  nie  daraus  verloren  hatte,  wenn  sie 
auch  durch  die  schon  erwähnten  arbeiten  der  vorhergehenden  jähre  etwas 
in  den  hintergrund  gedrängt  war  —  ich  meine  die  bearbeitung  der  zend- 
und  pehleviwerke,  welche  sich  auf  die  alte  zoroastrische  religion  beziehen, 
und  vor  allem  des  Avesta  selbst,  zu  dessen  vollständiger  ausgäbe  er  sich 
schon  lange  gerüstet  hatte.  Nachdem  er  —  neben  dem,  was  er  von  seiner 
grossen  reise  mitgebracht  oder  in  Indien  und  Persien  zu  sehen  gelegen- 
heit  gehabt  hatte  —  die  auf  dieses  werk    bezüglichen  handschriften  der 


*)  Schon  i.  j.  1840  hatte  er  die  älteste  auf  der  Universitätsbibliothek 
aufbewahrte  handschrift  des  vendidad  durchgearbeitet.  Mit  grosser  mühe 
hatte  er  da  die  einzelnen  blätter,  welche  durch  die  zeit  fast  aufgelöst 
waren,  gesammelt  und  geordnet  und  zugleich  die  ganze  handschrift  auf 
kalkpapier  abgeschrieben. 


260 


Niels  Ludvig  Westergaard. 


Kopeuhagener  Universitätsbibliothek  durchgearbeitet  hatte,  unternahm  er 
i.  j.  1850  eine  reise  nach  London,  Oxford  und  Paris,  um  die  dort  be- 
findlichen handschriften  zu  collationieren.  Die  erste  arbeit,  welche  er  in 
dieser  richtung  publicierte ,  war  der  Bundehesh ,  ein  pehleviwerk  von 
grosser  bedeutung  1).  Diese  ausgäbe  —  der  erste  abdruck  eines  vollstän- 
digen pehlevitextes ,  welcher  in  Europa  erschien  —  stützt  sich  auf  eine 
alte,  der  Sammlung  der  Universitätsbibliothek  angehörige  handschrift  und 
besteht  eigentlich  nur  in  einer  lithographierten  wiedergäbe  dieser  ganzen 
handschrift;  sie  zu  transscribieren  oder  zu  erklären  unterliess  Wester- 
gaard  mit  vollem  rechte,  weil  diess  bei  den  eigentümlichen  Schwierig- 
keiten der  spräche  und  namentlich  der  schritt,  in  der  sie  abgefasst  ist, 
zu  jener  zeit  kaum  möglich  und  nicht  ratsam  gewesen  wäre.  Um  den 
unterschied  zwischen  den  beiden  pehlevisprachen  klar  zu  machen ,  zwi- 
schen der  nämlich,  welche  in  den  religiösen  büchern  angewant  ist,  und 
der  weit  mehr  semitisierenden  oder,  nach  Westergaard,  wesentlich  se- 
mitischen spräche,  welche  die  sasanidischen  könige  in  ihren  inschriften 
gebrauchten ,  fügte  er  seiner  ausgäbe  zwei  inschriften  des  sasanidischen 
königs  Sapor  I  hinzu,  die  er  selbst  in  Persien  abgeschrieben  hatte. 

Von  1852—54  erschien  nun  endlich  seine  grosse  und  wichtige  aus- 
gäbe der  avestatexte  unter  dem  titel:  „Zendavesta,  or  the  Religious 
Books  of  the  Zoroastrians ,  edited  and  translated,  with  a  dictionary, 
grammar  &c.  Vol.  I.  The  Zend  texts'4.  Das  werk  ist  in  Kopenhagen  in 
der  Berling'schen  officin  gedruckt ;  die  typen  dazu  sind  unter  Wester- 
gaard's  anleitung  und  in  Übereinstimmung  mit  den  in  den  ältesten 
zendhandschriften  gebräuchlichen  buchstabenformen  geschnitten.  In  na- 
hem Zusammenhang  mit  dieser  ausgäbe  stehen  zwei  abhandlungen,  wel- 
che er  i.  j.  1852  in  unserer  gesellschaft  mitteilte  und  in  deren  „Over- 
sigt"  in  demselben  jähre  veröffentlichte:  „Bemeerkninger  om  Zendave- 
stas  Alder  og  Hjemstavn"  (s.  207  ff.)  und  „Bidrag  til  den  oldiranske  My- 
thologi"  (s.  246  ff.).  Die  letztere  ist  auch  in  englischer  spräche  veröf- 
fentlicht (Journal  of  the  Bombay  Branch  of  the  R.  Asiatic  Society  V, 
1853,  p.  77  ff.)  und  sie  ist  ferner  von  Fr.  Spiegel  in  das  Deutsche 
übersetzt  (Indische  Studien  III,  402  ff.). 

Das  ziel,  welches  sich  Westergaard  für  seine  ausgäbe  gesteckt 
hat  und  welches  er  in  der  ausführlichen  vorrede  eingehend  rechtfertigt, 
war,  soweit  als  möglich  die  form  des  Avesta  herzustellen,  welche  es 
erhielt,  als  es  unter  den  ersten  Sasaniden  gesammelt  und  aufgeschrieben 
wurde.  Es  muste  ihm  also  zunächst  daran  gelegen  sein,  einen  in  sprach- 
licher hinsieht  möglichst  correcten  text  zu  liefern,  gestützt  auf  sorgfäl- 
tige vergleichung  des  gebrauchs  der  verschiedenen  wörter  und  formen. 
Er  hielt  sich  dabei  natürlich  wesentlich  an  die  ältesten  handschriften, 
die  ja  übrigens  schon  beinahe  ein  Jahrtausend  jünger  sind,  als  die  zeit 
der  Sasaniden;  aber  er  scheute  sich  doch  auch  nicht,  lesarten  aus  jün- 
geren handschriften  aufzunehmen,  insofern  ihm  dieselben  besser  erschie- 

*)  Bundehesh,  liber  pehlvicus.  E  vetustissimo  codice  havniensi  de- 
scripsit,  duas  inscriptiones  regis  Saporis  primi  adjeeit  N.  L.  Westergaard. 
Havniae  1851. 


Niels  Ludvig  Westergaard.  261 

nen,  oder,  wo  er  das  für  notwendig  hielt,  den  text  durch  conjecturen 
zu  berichtigen.  In  solchen  fällen  verzeichnet  er  in  kritischen  noten  die 
lesarten  der  ältesten  handschriften ;  im  übrigen  aber  ging  er  auf  eine 
vollständige  Sammlung  der  Varianten  nicht  aus,  um  so  weniger,  als  die- 
selben zum  allergrösten  teil  rein  orthographischer  natur  sind  und  sich 
unter  allgemeine  gesichtspunkte  bringen  lassen.  Auch  diess  verfahren 
ist  gewiss  im  allgemeinen  als  ein  vollberechtigtes  anzuerkennen ,  obgleich 
ja  freilich  fälle  vorkommen  können,  in  denen  man  wünschen  mag,  die 
verschiedenen  lesarten  in  gröster  Vollständigkeit  zu  kennen. 

Fast  gleichzeitig  mit  dieser  avestaausgabe  erschien  eine  andere  in 
Deutschland,  besorgt  von  Fr.  Spiegel.  In  ihr  ist  der  vendidad  zum 
ersten  mal  publiciert,  alle  übrigen  teile  des  Avesta  aber  hat  Wester- 
gaard  zuerst  veröffentlicht.  Ursprünglich  war  von  beiden  beabsichtigt, 
gemeinschaftlich  eine  ausgäbe  herzustellen ;  wenn  dieser  plan  durch  eine 
art  stillschweigender  Übereinkunft  aufgegeben  wurde,  so  liegt  der  grund 
wol  darin,  dass  sich  beide  mit  ihren  ansichten  über  die  bei  einer  sol- 
chen ausgäbe  zu  beobachtenden  grundsätze  in  einem  gegensatz  wüsten, 
der  nicht  auszugleichen  war.  Es  ist  hier  nicht  der  ort,  diese  grund- 
sätze oder  beide  ausgaben  gegen  einander  abzuwägen ;  nur  so  viel  glaube 
ich  sagen  zu  dürfen,  dass,  wenn  man  auch  vielleicht  über  die  frage,  wie 
weit  Westergaard  in  jedem  einzelnen  fall  das  richtige  getroffen  hat,  ver- 
schiedener meinung  sein  kann,  so  doch  jeder  die  Sorgfalt  und  genauig- 
keit,  das  sichere  wissen  und  den  feinen  sprachlichen  und  kritischen  tact, 
wovon  jede  seite  seiner  ausgäbe  proben  enthält,  bewundern  wird.  Um  so 
mehr  müssen  wir  bedauern,  dass  diese  ausgäbe  nie  ganz  fertig  gewor- 
den ist;  es  erschien  von  ihr  leider  nur  ein  band,  welcher  die  texte 
selbst  gibt.  Die  übrigen  bände,  welche  eine  grammatik,  ein  Wörterbuch, 
eine  englische  und  zugleich  die  überlieferte  pehleviübersetzung  enthalten 
sollten,  wurden  nie  herausgegeben.  Manche  erinnern  sich  gewiss  noch 
des  grossen  kastens  mit  einer  menge  loser  zettel,  welcher  viele  jähre 
hindurch  auf  einem  tisch  seines  zimmers  stand.  Das  waren  seine  Samm- 
lungen zum  zendwörterbuch ,  an  das  er  die  letzte  band  nicht  hat  le- 
gen können.  Nach  seinem  tode  ist  es  zusammen  mit  seinen  Sammlun- 
gen zur  grammatik  der  zendsprache  und  seinen  übrigen  manuscripten 
der  Universitätsbibliothek  übergeben ;  aber  leider  ist  alles  noch  so  wenig 
fertig,  dass  es  für  irgend  einen  anderen  ungemein  schwer,  ja  wol  un- 
möglich sein  wird  es  zu  vollenden,  und  selbst  wenn  das  gelingen  sollte, 
dürfte  es,  wie  ich  fürchte,  doch  wol  zu  spät  sein,  diese  arbeiten  voll- 
ständig herauszugeben,  wenn  in  ihnen  auch  gewiss  viele  einzelheiten  zu 
finden  sind,  die  noch  jetzt  veröffentlicht  zu  werden  verdienen. 

Man  wird  sich  mit  recht  darüber  wundern ,  dass  Westergaard 
dieses  sein  zweites  grosses  hauptwerk  nicht  vollendet  hat  und  dass  über- 
haupt seine  productivität  seit  der  zeit  seiner  avestaausgabe  weit  geringer 
war,  als  in  früheren  jähren.  Fragt  man  nach  dem  gründe  dieser  erschei- 
nung,  so  ist  man  nur  auf  mutmassungen  verwiesen,  da  Westergaard  selbst 
—  eingeschlossen  wie  er  überhaupt  war  in  bezug  auf  seine  eigenen  ange- 
legenheiten  und  das,    was    sich    in    ihm  rührte  —  sich    auf  diesen  punct 


262  Niels  Ludvig  Westergaard. 


nie  einlassen  wollte;  aber  es  waren  gewiss  verschiedene  umstände,  wel 
che  hier  zusammenwirkten.  Erinnert  man  sich  erstens  der  glühen- 
den Vaterlandsliebe  Westergaard s,  so  wird  man  leicht  verstehen ,  dass 
schon  der  erste  dänisch-deutsche  krieg  einen  grossen  eindruck  auf  ihn 
machte,  und  in  noch  höherem  grade  gilt  diess  von  dem  letzten  krieg, 
welcher  ihm  ausserordentlich  nahe  ging  und  ihn  tief  erschütterte.  Die 
folge  davon  war  zunächst,  dass  er  sich  mehr  und  mehr  von  einem  gros- 
sen teil  seiner  ausländischen  freunde  und  collegen  zurückzog  und  dass 
sich  namentlich  gegen  die  deutschen  gelehrten  bei  ihm  eine  bittere  Stim- 
mung entwickelte ,  obgleich  er  seit  alter  zeit  gerade  von  ihnen  einige  zu 
seinen  besten  freunden  zählte;  ja  schon  seit  dem  ausgange  der  vierziger 
jähre  liess  er  sich  nicht  bewegen  —  von  der  vorrede  und  den  Boten  zum 
Zendavesta  abgesehen  —  etwas  anders  als  in  dänischer  spräche  zu  ver- 
öffentlichen. Dieser  umstand  hat  es  veranlasst,  dass  seine  späteren  ar- 
beiten, soweit  sie  nicht  übersetzt  worden  sind,  im  ausländ  durchaus 
nicht  die  verdiente  beachtung  gefunden  haben,  zugleich  aber  scheint  er 
in  ihm  selbst  das  hemmende  gefühl,  allein  zu  arbeiten,  hervorgerufen 
zu  haben ,  das  sich  so  leicht  entwickeln  kann  ,  wenn  man  unter  engeren 
Verhältnissen  lebt  und  wirkt.  Ich  glaube  in  der  tat,  dass  der  erwähnte 
umstand  schon  an  und  für  sich  nicht  eben  wenig  zu  der  Veränderung 
beigetragen  hat ,  welche  in  Westergaards  produetivität  eintrat;  in  ge- 
wissem Zusammenhang  damit  steht  es  aber  vielleicht  weiter,  dass  er  sich 
um  dieselbe  zeit  auf  gebiete  führen  liess,  welche  seinem  eigentlichen 
hauptfache  fern  lagen,  auf  die  er  sich  aber  nichts  desto  weniger  mit  ge- 
wohnter energie  warf,  ich  meine  die  redaction  der  von  dem  dänischen  histo- 
rischen verein  herausgegebenen  „Historisk  Tidsskrift",  welche  er  von 
1853—65  besorgte,  und  des  „Dansk  Ordbog"  (buchstabe  u)  der  k.  dän. 
gesellschaft  der  Wissenschaften.  Diese  neuen  tätigkeiten  nahmen ,  beson- 
ders in  den  ersten  jähren ,  einen  so  unverhältnissmässigen  teil  seiner  kraft 
in  ansprach,  dass  seine  eignen  arbeiten  unter  ihnen  natürlich  in  hohem 
grade  leiden  musten.  Hierzu  kam  endlich  noch  ein  anderer  hauptgrund, 
nämlich  der  grosse  kummer,  welcher  ihm  durch  den  tod  seiner  geliebten 
und  hochbegabten  gattin,  Orpheline  Christiane  Friderike  Octava  geb. 
Ryge,  am  1.  april  1856  nach  fast  elfjähriger  ehe  bereitet  wurde.  Dieser 
schlag  wirkte  in  hohem  grade  lähmend  auf  ihn  und  scheint  ihm  für  län- 
gere zeit  die  lust  zum  gelehrten  schaffen  genommen  zu  haben,  während 
er  sich  mit  rührender  Zärtlichkeit  seinem  haus  und  seinen  vier  kindern 
widmete.  Als  dann  seine  alte  arbeitskraft  nach  und  nach  zurückkehrte, 
da  lag  das  Zendavesta  ihm  schon  so  fern,  dass  er  es  für  zu  spät  hielt, 
die  arbeit  daran  wieder  aufzunehmen. 

Was  er  in  den  letzten  24  jähren  herausgegeben  hat,  bewegt  sich  in 
anderen  richtungen ,  als  das,  womit  er  sich  früher  beschäftigt  hatte. 
Namentlich  war  es  die  alte  geschichte  Indiens,  auf  welche  er  sich  nun 
warf.  Im  j.  1860  veröffentlichte  er  als  Universitätsprogramm  seine  vor- 
treffliche abhandlung  „Om  de  seldste  Tidsrum  i  den  indiske  Historie  med 
sserligt  Hensyn  til  Litteraturen"  und  in  der  Übersicht  über  die  Verhand- 
lungen der  gesellschaft  der  Wissenschaften  liess  er  in  demselben  jähre  sei- 


. 


Niels  Ludvig  Westergaard.  263 

nen  aufsatz  „Om  Buddhas  Djerdsaar  og  nogle  andre  Tidspunkter  i  Indiens 
seldre  Historie"  erscheinen.  Beide  abhandlungen  wurden  von  Stenzler 
in  deutscher  Übersetzung  veröffentlicht  *)  und  begegneten  auch  in  Deutsch- 
land einstimmiger  anerkennung,  welche  dadurch  nicht  vermindert  wurde, 
dass  gerade  zu  der  zeit,  in  welcher  diese  Übersetzung  erschien,  die 
eine  und  die  andre  chronologische  einzelheit  durch  die  Untersuchungen 
andrer  modificiert  worden  war.  —  In  den  jähren  1866  und  1867  legte  er 
dann  ferner  unserer  gescllschaft  seine  grosse  und  sehr  wertvolle  abhand- 
lung  „De  indiske  Kejserhuse  fra  det  fjerde  til  det  tiende  Aarhundrede 
og  nogle  aeldre  Fyrsteslsegter  efter  samtidige  Aktstykker"  vor  (gedruckt 
in  Det  kgl.  danske  Videnskaberners  Selskabs  Skrifter,  5.  Rsekke,  bist,  og 
philos.  Afdeling,  III,  1867—69)  und  als  universitätsrector  für  1867 — 68 
veröffentlichte  er  in  dem  frühjahr  1868  als  Universitätsprogramm  seine 
„Bidrag  til  de  indiske  Lande  Mälavas  og  Kanyakubjas  Historie".  Es  ist 
eine  ungeheure  arbeit,  welche  in  diesen  beiden  abhandlungen  niederge- 
legt ist.  Die  quellen,  auf  welche  er  sich  für  sie  zu  stützen  hatte,  beste- 
hen zum  wesentlichsten  teil,  namentlich  was  die  gesammten  chrono- 
logischen und  genealogischen  rahmen  angeht,  in  inschriften,  von  welchen 
nach  und  nach  viele  und  gerade  in  den  letzten  jähren  mehrere  neue  ver- 
öffentlicht worden  waren ,  und  man  wird  mit  der  annähme  kaum  fehl 
greifen,  dass  es  zunächst  gerade  jener  umstand  war,  welcher  ihn  zu  diesen 
gegenständen  führte  und  dadurch  das  band  bildet,  das  diese  seite  seiner 
tätigkeit  mit  einem  wesentlichen  teil  der  Studien  seiner  Jugend  wäh- 
rend seines  aufenthaltes  in  Indien  verbindet.  Diese  zerstreuten  und 
in  sich  selbst  oft  so  dunklen  und  trockenen  quellen  hat  Westergaard 
in  diesen  abhandlungen  mit  solcher  gelehrsamkeit  und  solchem  Scharfsinn 
erklärt  und  combiniert,  dass  es  ihm  dadurch  gelang,  eine  ganze  reihe 
wertvoller  und  klar  geordneter  historischer  bilder  vor  uns  zu  entrollen. 

Während  er  sich  mit  Untersuchungen  dieser  art  beschäftigte,  hatten 
gleichzeitig  verschiedene  neue,  auf  die  pehlevisprache  bezügliche  arbeiten 
sein  altes  interesse  für  diese  spräche  wieder  erweckt  2) ,  und  noch  im 
sommer  1878  hat  er  einen  sinnreichen  versuch,  pehlevi  mit  lateinischen 
typen  wiederzugeben ,  auf  einem  kleinen  blatte  drucken  lassen ,  das  er 
bei  verschiedenen  auswärtigen  gelehrten,  mit  denen  er  in  Verbindung 
stand,  herumschickte,  um  ihre  meinung  darüber  zu  hören  —  ein  zeugniss, 
dass  er,  wenn  auch  von  krankheit  gelähmt,  seine  arbeitslust  und  sein  in- 
teresse bis  zu  allerletzt  bewahrt  hat. 

Indessen  es  war  ihm  nicht  vergönnt,  die  Studien,  welche  ihn  in  den 
letzten  jähren  beschäftigt  hatten,  zu  ende  zu  führen.     Vor  Jahresfrist  er- 

*)  Ueber  den  ältesten  Zeitraum  der  indischen  geschichte  mit  rücksicht 
auf  die  litteratur.  Ueber  Buddhas  todesjahr  und  einige  andere  Zeitpunkte 
in  der  älteren  geschichte  Indiens.  Zwei  abhandlungen  von  N.  L.  We- 
stergaard.    Aus  dem  Dänischen  übersetzt.    Breslau  1862. 

2)  Vgl.  das  vorwort  zu  Aogemadaecä  ein  pärsentractat  in  Päzend, 
Altbaktrisch  und  Sanskrit  herausg.  von  dr.  Wilhelm  Geiger  (Erlangen 
1878)  —  ein  werk,  dessen  erscheinen  gewissormassen  Westergaards  an- 
weisung  und  auregung  zu  danken  ist. 


264 


Niels  Ludvig  Westergaar d. 


krankte  er  bedenklich,  nachdem  seine  gesundheit  schon  seit  längerer  zeit 
geschwächt  war.  Im  laufe  des  frühjahrs  besserte  sich  sein  befinden  zwar 
soweit,  dass  er  ausgehen  konnte,  allein  im  anfang  des  sommers  trat  ein 
rückfall  ein,  und  zugleich  entwickelte  sich  eine  geschwulst  in  der  leber  — 
etwas ,  das  zweifellos  mit  der  schweren  krankheit  zusammenhing ,  die  er 
35  jähre  früher  in  Persien  durchgemacht  hatte.  Ein  landaufenthalt  brachte 
keine  besserung.  Als  er  in  die  stadt  zurückkehrte,  war  es  anderen  und 
ihm  selbst  klar  -  wenn  er  auch  wenig  davon  sprach  — ,  dass  er  nicht 
mehr  lange  zu  leben  habe,  und  am  montag,  dem  9.  September  (1878)  ist 
er  stille  und  ruhig  entschlafen. 

Westergaard  war  unbestreitbar  einer  der  grösten  und  verdiente- 
sten Orientalisten  unserer  zeit.  Mit  ausserordentlicher  gelehrsamkeit  be- 
sonders im  Sanskrit,  in  der  sich  nur  wenige  mit  ihm  messen  konnton, 
aber  auch  auf  vielen  anderen  gebieten,  verband  er  eine  seltene  schärfe  und 
klarheit  im  denken  und  eine  merkwürdige  combinationsgabe.  Er  besass 
einen  eisernen  willen;  waa  er  wollte,  das  wollte  er,  ohne  sich  um  die 
Schwierigkeiten  zu  bekümmern ,  die  ihm  entgegentreten  mochten  Er 
war  ausserordentlich  fleissig  und  namentlich  in  jüngeren  jähren  war  seine 
arbeitskraft  fast  wunderbar.  Er  las  fortwährend  viel  und  machte  sich 
stets  notizen ;  gross  sind  die  massen  von  allerhand  aufzeichnungen ,  aus- 
zügen,  abschriften  u.  dergl.,  welche  sich  zwischen  seinen  papieren  ge- 
funden haben ;  alles  diess  ist  vorläufig  der  Universitätsbibliothek  überge- 
ben *),  aber  mit  einem  nicht  geringen  teil  desselben  geht  es  hier  wol 
leider,  wie  so  oft,  dass  nur  der  autor  selbst  den  Schlüssel  dazu  besitzt, 
und  dass  das  gesammelte  nur  in  seiner  hand  zu  seiner  rechten  bedeutung 
hätte  kommen  können.  Er  war  immer  bereit,  anderen  zu  helfen,  ihnen 
aus  dem  reichen  schätze  seines  wissens  mitzuteilen  und  jedes  echte  wis- 
senschaftliche streben  zu  unterstützen ;  zugleich  stellte  er  strenge  anfor- 
derungen  an  sich  selbst;  jede  äussere  eitelkeit  und  pi ahlerei  mit  dem 
glänze  der  gelehrsamkeit  lag  ihm  so  fern,  wie  möglich,  und  ebenso  war 
ihm  nichts  mehr  zuwider,  als  diese  eigenschaften  bei  anderen  zu  sehen, 
oder  im  leben  und  in  der  Wissenschaft  einem  streben  zu  begegnen ,  das 
er,  nach  dem  ziel  oder  den  mittein  des  strebenden,  für  unwahr  halten 
muste.  Erinnern  wir  uns  endlich  noch  seiner  glühenden  Vaterlandsliebe, 
seiner  treue  gegen  seine  freunde  und  schüler,  seines  warmen  herzens  für 
alles  edle  und  gute!  Diess  reiche  und  tätige  leben  ist  nun  abgeschlos- 
sen :  Niels  Ludvig  Westergaards  name  aber  wird  immerdar  leuch- 
ten unter  den  strahlenden  sternen  am  himmel  der  Wissenschaft. 


*)  Selbst  schenkte  er  noch  an  seinem  todestage  der  Universitätsbiblio- 
thek eine  pehlevihandschrift  (Dadistani  dini) ,  die  er  auf  seiner  reise  er- 
worben hatte,  und  begleitete  dieses  geschenk  mit  einem  brief,  den  er 
dictierte  und  eigenhändig  unterschrieb. 


265 


Der  lateinische  ablaut. 

Zweck  der  folge aden  abhandlung  ist  eine  vergleichung  des 
lateinischen  ablautes  mit  dein  indogermanischen.  Die  auffassung 
der  indogermanischen  vocalverhältnisse,  die  derselben  zu  gründe 
liegt,  lehnt  sich  einerseits  an  ältere  ansichten  an,  die  gehörigen 
nrtes  anzuführen  sind,  enthält  aber  andrerseits  auch  neue  ge- 
sichtspunkte  und  verlangt  daher  eine  nähere  begründung.  Die 
abhandlung  zerfallt  demgemäss  in  zwei  teile ,  von  denen  der 
erste  die  indogermanischen  vocale  und  ihre  entstehung,  der 
zweite  den  lateinischen  ablaut  in  seinem  verhältniss  zum  indo- 
germanischen behandeln  wird. 

I. 
Die  indogermanischen  vocale. 

Man  hat,  um  die  Verhältnisse  der  «-wurzeln  zu  erkennen, 
mehrfach  die  i-  und  M-wurzeln  verglichen,  in  der  Voraussetzung, 
dass  sich  in  der  behandlung  beider  arten  ein  gleichartiges  prin- 
cip  zeigen  werde.  Der  parallelismus  ist  in  der  tat  ein  fast  voll- 
kommener, doch  wird  dies  erst  klar,  wenn  man  andrerseits  auch 
die  «-wurzeln  zur  aufklärung  der  Verhältnisse  der  i-  und  u- 
wurzeln  heranzieht.  In  den  zu  letzteren  gehörigen  bildungen 
erscheinen  neben  den  einfachen  vocalen  i  und  u  diphthonge,  im 
Altindischen  e  und  o  —  von  der  speciell  indischen  vriddhistei- 
gerung  (Leo  Meyer  KZ.  XXI,  341  ff.)  abgesehen  — ,  denen 
im  Europäischen  teils  cd  und  au,  teils  ei  und  (wenigstens  im 
Griechischen,  Italischen,  Germanischen,  Keltischen)  eu  entspre- 
chen. Das  Verhältnis  beider  vocalarten  zu  einander  zu  bestim- 
men, ist  auch  für  die  beurteilung  der  Verhältnisse  der  «-reihe 
von  hoher  Wichtigkeit.  Während  man  nun  früher  allgemein 
annahm,  dass  t  und  u  die  grundvocale,  die  diphthonge  aber 
aus  ihnen  durch  „Steigerung"  hervorgegangen  seien,  macht  sich 
in  jüngster  zeit  die  ansieht  geltend,  dass  umgekehrt  die  diph- 
thonge das  ursprünglichere  und  die  kurzen  vocale  aus  ihnen 
durch  „vocalentziehung"  in  tieftoniger  silbe  entstanden  seien. 
Als  wurzeln  habe  man  beispielsweise  für  das  Altindische  nicht 
hhiil  hudli  sondern  bhed  bodh  anzusetzen;  i  und  u  als  „zugäbe" 
zu   einem  a   hätten    dieselbe    bedeutung   wie   liquida   und  nasal 

Beitrage  z.  kundo  d.  ig.  spracheu.   V.  lg 


266  F.  Fröhde 

in  gleicher  Stellung;  in  ähnlicher  weise  wie  ar  und  an  in  tief- 
toniger  silbe  zu  r  und  n  würden,  verkürzten  sich  ai  und  au  in 
diesem  falle  zu  i  und  u;  es  gäbe  also  nur  «-wurzeln.  Vgl. 
Geiger  Ursprung  u.  entwickelung  der  menschl.  spr.  I,  164 ff., 
429  ff.,  Fick  Beitr.  IV,  167  ff.,  Paul  in  seinen  und  Braune's 
Beitr.  IV,  439,  VI,  116,  Möller  KZ.  XXIV,  518 f.,  Engl.  stud. 
III,  149,  Kluge  Beitr.  z.  gesch.  d.  germ.  conjug.  32  ff. ,  de 
Saussure  Memoire  sur  le  Systeme  primitif  des  voyelles  124 ff., 
Brugman  Morphol.  unters.  II,  154.  Diese  ansieht  zerfällt  in 
zwei,  je  nachdem  von  ei  und  eu  oder  von  ai  und  au  ausge- 
gangen wird.  Ich  werde  beide  auffassungen  im  folgenden  sorg- 
fältig berücksichtigen  und  prüfen,  in  wie  weit  sie  die  erschei- 
nungen  zu  erklären  vermögen.  Bewiesen  ist  bis  jetzt  weder  die 
eine  noch  die  andere;  der  hauptgrund,  auf  den  sich  beide  stützen, 
ist  der  umstand,  dass  i  und  u  mit  altind.  r  auf  gleicher  laut- 
stufe stehen;  dieser  aber  erklärt  sich  auch  nach  der  alten 
theorie  in  einfacher  weise. 

Ich  versuche  im  folgenden  eine  entscheidung  der  frage 
herbeizuführen  auf  grund  des  nach  weises,  dass  morphologisch 
auf  gleicher  stufe  stehen  die  mir  als  indogermanisch  geltenden 
vocale: 

ä(ä?)  —  ai  —  au 

ä         —  ei  —  äu(?  oder  au1) 

a         —    i  —  u. 


A.  Indogerm.  a(a?)  —  ai  —  au. 
Im  Altindischen  erscheint  in  zahlreichen  bildungen  von  «- 
wurzeln  in  der  Wurzelsilbe  ein  langes  «,  dem  auch  in  den  eu- 
ropäischen sprachen  ein  langer  vocal  gegenübersteht:  skt.  ämd 
l^ruJi"  =  gr.  *t<5/kä£,  altnO>>M^  skt.  am  „bogen"  :  gr.  rjwg,  skt. 
abhi-eärd  „bezauberung"  =  altsl.  cara  „bezauberung",  skt.jd'ra 
„alternd"  :  gr.  y*]Q<x-OY.(i>  „werde  alt",  skt.  edra  „gang"  :  gr. 
7tüfo&ofau  „wandele",  skt.  pada  zend.  pddha  „fuss"  :  gr.  V^fcfa. , 
dito  „mitgehen",  skt.  pdrd  „ufer"  :  got.  fem  „seite",  skt.  bbdnf 
„Täst^  =  germ.^ra-  (ahd.  bara)  „bahre",  sktbaribä  „bedräng- 
^niss"  =  ältsj.  5ef^,;n>o4",  skt.  d/trd  „ris§"  ==  altsl.  dem  dira, 
skt. ^7<*n»44^^,,iiachT©de"  =  altsL^^^yVerläumdung",  zend. 
vdra  „wünsch"  =  gr.  frJQa,  skt.  sddd  „das  sitzen"  =  lat.  sedo- 
in  seal^hi^seW^i^&r m .  seta-  (mhd.  sdze),  skt.  svdrd  „ruf"  = 
altsl.  ehvaki/^kt  stfid\a   „zustand"    =  altsl.  sta%R   lit.   sffitiqs 


Der  lateinische  ablaut.  267 

gr.  dv(foy%og  „in  ülHdem  zustande"  —  skt.  bhäry<\  =  germ. 
berja-  (ahd.  -pari),  skt.  Wm^.  =*  germ.  efja-  (altn.^^r  ,JÖS5< 
bar")  altsl.  jazda  „speise",  skt.  jäni  „weib"  =  got.  aem- ,  skt. 
cttri  „wasser"  =  lat.  ürf-tui  aus  '^o^N^ff —  skt.  ägu  —  gr. 
or/,vg  lat.  den-  in  äcupectius  aeeipiter,  skt.  pädü  „bahn"  =  germ. 
fötu-  „fuss",  skt.  bälnü  =  gr.  7iij%vgt  skt.  Mhk^loI)s^»ger"  = 
gr.  y.iqQV-1-,  skt.  srädii  =  gr.  jydyg  lat.  sväv/'s  —  skt.  d's£<?  = 
gr.^rjotai,  skt.  kcfoqte  „lfi*8ten"  =  lit.  ^*v  zend.  ^/«cto  = 
gr.  CtooTog,  skt.  dasali  „verfolgen"  =  gr.  dfa  „auf  jemand 
treffen",  skt.  svä'date  =  gr.  rjdsTai  —  skt.  ndm/dyati  —  gr. 
vwftäw, {zend.  \va&mymti  „scW^gen"  ="~^rr-W£ttur  skt.  päMyati 
-^nibgen  ina&ken"  =  gr.  7tortnQ^iaL  (med.)  „fliegen",  skt.  pä-  , 
rdyati  „hinüberführen"  =  germ.  forjan  (ahd.  fuorran)  „führen", 
skt.  märdyaü  „tödten"  =  altsl.  u-marjati,  skt.  pägdyaü  =Tat.  ./ 
pdcare  germ.  fögjan  „fügen",  skt.  MdäyaM  =  lat.  setiqre  altsl. 
saditi  lit.  socthip,  skt.  sväpayati  —  lat.  sö/J/o  aus  *svepio  germ. 
svebjan  (altn.  svaefa  soefa)  „einschläfern"  —  skt.  wV/a  =  lat. 
<?efo*  germ.  <?£  (altn.  dt),  skt.  cakära  dadd'ra  u.  s.  w.  :  gr.  (.lifxrjXe 
Xelrj&e  lat.  sec??'£  scdfaV  germ.  fog  u.  a. 

Dass  in  diesen  und  ähnlichen  fällen  die  länge  des  wur- 
zelvocals  indogermanisch  war,  beweist  die  Übereinstimmung 
der  europäischen  sprachen  mit  den  arischen:  die  ansieht  Brug- 
man's,  dass  das  altindische  d  aus  einem  „halblangen"  vocale 
entstanden  sei,  der  sich  im  Griechischen,  Lateinischen,  Altsla- 
vischen, Keltischen  zu  o,  im  Germanischen  und  Baltischen  zu  a 
entwickelt  habe,  und  dass  die  langen  vocale  der  europäischen 
sprachen  „verhältnissmässig  jung"  seien  (Stud.  IX,  380.  386) 
ist  in  dieser  gestalt  nicht  haltbar.  Vgl.  Colli tz  Beitr.  II,  296 ff., 
Schmidt  KZ.  XXV,  1  ff.  Von  den  angeführten  altindischen 
ä  sind  andere  zu  unterscheiden,  die  teils  der  vriddhisteigerung 
entsprechen,  teils  in  folge  verschiedenartiger  phonetischer  ein- 
flüsse,  wie  sie  Joh.  Schmidt  Voc.  I,  38 ff.,  II,  238.  241  erör- 
tert, aus  idg.  a  erwachsen  sind;  diese  kommen  hier  nicht  in 
betracht. 

Neben  den  meisten  der  obigen  formen  mit  altind.  ä  stehen 
verwante  mit  ä,  wie  neben  bhärd :  bhdrami  bhdra,  neben  sddd 
sdddyämi :  sdddmi  sddas,  und  es  fragt  sich  zunächst,  in  wel- 
chem verhältniss  zu  einander  beide  arten  stehen,  ob  die  länge 
aus  der  kürze  oder  diese  aus  jener  entstanden,  d.  h.  ob  bhar 
oder   bhar  als   wurzel   anzusetzen   ist.     Hier   kann   es   nun  wol 

18* 


268 


F.  Fröhde 


nicht  zweifelhaft  sein  und  ist  auch  immer  angenommen  worden, 
dass  das  erstere  der  fall  ist,  und  dass  sich  die  länge  aus  der 
kürze  entwickelt  hat,  denn,  dass  ein  langes  ä  in  hochtoniger 
silbe  (sdddmi  sddas)  verkürzt,  in  tieftoniger  dagegen  (sädd  sä- 
ddydmi)  erhalten  sein  sollte,  ist  ganz  unglaublich.  Wenn  Schlei- 
cher Compend.4  341  germ.  Ratjan  mit  säddydmi,  gr.  (fOQtw 
mit  bhdräyämi  identifiziert ,  so  vermag  ich  ihm  darin  nicht  zu 
folgen ;  vielmehr  verhält  sich  satjan  zu  einem  verlorenen  altind. 
*$addydmi ,  wie  dardyämi ,  vardyämi,  caldydmi  zu  ddrdydmi, 
värdydmi,  caldydmi,  und  diese  stehen,  wie  sich  zeigen  wird, 
genau  in  demselben  Verhältnis  zu  einander  wie  rucdydmi,  ci- 
tdydnii  zu  rocdyämi,  cetdyämi ' ,  med  zu  roed.  Es  fragt  sich 
weiter,  welchen  grund  diese  dehnung  des  wurzelvocals  hat. 
Umgebende  consonanten  können  sie  nicht  bewirkt  haben,  denn 
sie  findet  sich  vor  und  nach  allen  consonantenclassen.  Auch 
kann  sie  nicht  accentuell  sein,  denn  einmal  liegt  keine  veran- 
lassung vor,  in  sädd,  säddydmi  accentverschiebung  anzunehmen, 
sodann  wäre  es  unbegreiflich,  warum,  wenn  zu  irgend  einer  zeit 
hochbetonte  ä  gedehnt  wurden,  in  sdddmi  sddas,  die  von  jeher 
den  ton  auf  der  Wurzelsilbe  trugen ,  diese  dehnung  unterblieb. 
Es  bleibt  nur  die  annähme  übrig,  dass  die  länge  des  wurzel- 
vocals functionelle  bedeutung  hatte.  Zwar  lässt  sich  zwischen 
caldydmi  und  caldydmi  ein  unterschied  in  der  bedeutung  nicht 
wahrnehmen,  aber  ein  solcher  kann  dennoch  ursprünglich  be- 
standen haben.  Delbrück  (Altind.  verb.  210)  bemerkt,  dass 
diejenigen  verba,  bei  denen  der  wurzelvocal  einfach  bleibe  z.  b. 
patayati  ruedyati  in  der  regel  nicht  causativen  sinn  haben,  da- 
gegen diejenigen,  bei  denen  da  a  verlängert  und  das  i  und  u 
gesteigert  sei,  wie  sdddyati  veddyati  roedyati  gewöhnlich  causa- 
tive  bedeutung  zeigen.  Dieser  unterschied  wird  ursprünglich 
regel  gewesen  sein. 

Die  oben  verzeichneten  bildungen  mit  d  gehören  sämmtlich 
zu  wurzeln,  die  mit  einfachem  consonanten  schliessen;  formen 
wie  *Mnäkü  *därca,  *bändhdyati  *darcdyati,  %abliända  *da- 
dä'rca  finden  sich  nicht  unter  ihnen,  sondern  statt  ihrer  bandhd 
dared,  daredyati ,  babhända  daddrea.  Entweder  also  ist  hier 
die  dehnung  unterblieben,  oder  die  länge  ist  vor  der  doppel- 
consonanz,  wo  sie  sich  nicht  voll  entfalten  konnte,  wieder  auf- 
gegeben worden.  War  die  dehnung  functionell,  so  ist  die  erste 
dieser   möglichkeiten    unwahrscheinlich.      Die    zweite    annähme 


. 


Der  lateinische  ablaut. 


269 


wird  weiter  durch  folgende  erwägungen  gestützt:  1.  die  causa- 
tiva  der  wurzeln  auf  ar  -j-  cons.  erhalten  sämmtlich  das  ar  — 
denn  nirläijati  und  grbhdyati  (Delbrück  s.  212)  haben  keinen 
causativen  sinn  und  sind  denominativa  von  mrda  und  grbhd 
,, griff"  — ,  während  tieftoniges  ar  -f-  cons.  im  Sanskrit  in  wei- 
tem umfange  zu  r  geschwächt  wird;  diese  tatsache  erklärt  sich, 
wenn  wir  annehmen,  dass  hier  ar  nicht  ursprünglich  war.  2. 
einem  ursprünglichen  indogermanischen  bhandhä  muss  im  Ger- 
manischen nach  der  regel  bonda-  entsprechen,  wie  es  in  mhd. 
bunt  erscheint;  neben  diesem  aber  steht  banda-  —  skt.  bandhd 
„band";  ähnlich  verhalten  sich  zu  einander  dranka-  (got.  drag- 
ka-)  „trank"  und  chronica-  (got.  drugka-)  „trunk",  got.  ßagkjan 
und  ßagkjan  u.  a. ;  auch  diese  differenz  begreift  sich  bei  obi- 
ger annähme. 

Darf  nun  eine  analoge  behandlung  der  /-  und  w-wurzeln 
vorausgesetzt  werden,  so  werden  diejenigen,  welche  als  grund- 
vocale  dieser  i  und  u  annehmen,  hier  die  langen  vocale  l  und 
u  erwarten  müssen.  Diese  aber  finden  sich  in  genau  entspre- 
chenden bildungen  von  consonantisch  schliessenden  wurzeln  in 
der  vedischen  spräche  nicht ;  die  hier  vorhandenen  %  und  ü  sind 
producte  jüngerer  entwickelung.  Was  zunächst  die  von  Del-\ 
brück  verzeichneten  wurzeln  mit  innerem  i  und  ü  anbetrifft, 
so  beweist  für  solche  wie  ul  pid  vid  hid  kül  schon  der  cere- 
bral, für  solche  wie  krid  (==  chrd  germ.  skertan  Pischel 
Beitr.  III,  254),  sphürj  (gr.  OTtagyaio),  jürv  (neben  jvar),  dhürv  .  | 
(neben  dhvar)  das  ri  und  ür,  dass  sie  jüngeren  Ursprungs  sind. 
Neben  sid  „sitzen",  ir  „erheben",  <^^.^eigen^  haben",  tj  „be- 
wegen", lksh  „sehen"  finden  wir  sad  ar  ac  aj  aksh,  zu  denen 
sie  augenscheinlich  in  beziehung  stehen.  Vom  Standpunkte  des 
A Kindischen  aus  betrachtet,  Hesse  sich  ihr  %  als  Schwächung 
von  ä  in  tieftoniger  silbe  wie  in  dhlmahi  prinihi  und  ähnlichen 
formen  (Schmidt  KZ.  XXIV,  306)  fassen,  und  dafür  könnte 
die  accentuirung  von  sidäti  sprechen  (vgl.  Bezzen berger  G. 
g.  a.  1879,  s.  661).  Diese  Schwächung  ist  aber  speciell  indisch, 
und  mir  scheint  daher  die  erklärung  von  sid  aus  sisad  (Ben- 
f  ey  Vollst,  gramm.  354)  vorzuziehen.  Ebenso  entstanden  dann 
ir  ig  tj  iksli  aus  iijar  (Curtius  Grundz.5  nr.  661)  iyag  u.  s. 
w.  Fick  (Wörterb.  IV,  19)  setzt  in  das  entsprechende  Ver- 
hältnis zu  einander  tsh  „eilen"  und  as  „schliessen",  ih  „begeh 
ren"  und  europ.  agh   in   gr.  5*«iJL  \sd.  •€Ußliu^.  es   bleibt  indess 


c/ 


270 


F.  Fronde 


V^ 


UMJb^ 


****""*■ 

^ 


^f 


zu  erwägen,  ob  diese  wurzelforinen  nicht  aus  yds  ydh,  dehnun- 
.  gen  von  ijas  „wallen"  (vgl.  lat.  aestus  „das  wallen^altn,  ei$a 
„eilen")  und  yah  in  ijahvd  a'Crjxtjg  ahd.  jagön  hervorgegangen 
sind  :  islt  „wünschen"  verhält  sich  so  zu  ijas  wie  lat.  cupio  zu 
sktimtp^ini  ..wallen".  Durch  samprasärana  entstand  U  aus 
#a  in  süd  neben  svad,  cüsh  „sieden"  neben  altsl.  kvasü  fer- 
mentum  (Miklosich  Steigerung  u.  dehnung  d.  voc.  30),  wol 
auch  in  üh  „schieben"  neben  vah,  obwol  sich  hier  auch  con- 
traction  aus  *vavah  (vgl.  üdimd  ügimä  u.  a.  aus  *vavadimd  *va- 
vagimd)  annehmen  Hesse.  Nasalschwund  hat  die  länge  des  i 
bewirkt  in  jiv  piv  min  aus  jinv  pinv  minv ,  die  auf  präsens- 
tämmen  auf  nu  beruhen  (Delbrück  144),  wie  dhdv  aus  dham;  . 
^.Jbasirt  auf  di  (Bechtel  Sinnl.  wahrn.  100).  Un- 
klar bleiben  WSSM  1.  „«ich  v^rbfei&fiB"  ^,,SK^j^j^tten*^nd 
üh  „vermuten"  (attn.  ugga  suspicari?).  Äeftnlicher^ärt  isTTder 
Ursprung  der  *  und  ü  in  den  bei  Lindner  Altind.  nominalbil- 
dung  aufgeführten  nominalbildungen.  Formen  wie  Uta 
/^,wurm"|^k^,,'^äÄger'<  Jcönnen  schon  des  gutturals  wegen  nicht 
ursprünglich"  sein.  Ditrch  samprasärana  entstand  ü  in  sam-ühd 
„anhäufung"  aus  -vähd  von  m/^  |H^£^hqr"  ^lLf£?**^(^ 
got/>i^s),  gü'na  „leere",  güshd  „gellend"  aus  ^mana  *gva*s<jl 
(von  gvasfc  i  in  ^toi^£inelle"  im^^i^fm^^  ar.l.t^^og  j(Fick 
Wörterb.  I,  508) ,"S?|§SL  („welle"  27L^*j^si^ach  Eenfey 
(vgl.  Pischel  Beitr.  DI,  265)  aus  '*$yJrrrfc»*Jj^ni&  =  afed. 
Imt,  nih^ia  —  tuttägs  ist  l  ersatzdehnung  für  ausgefallenes'  s. 
Andere  fiohnen  der  art  enthalten  die  silben  %r  il  ür  ül  ri  U  rü 
lü,  die  stets  jüngeren  Ursprungs  sind,  wie  ürvd  „behälter"  von 
var,  ürdhvd  „aufrecht"  von  vardh^  surya  „sonne"  von.syar, 
hlihn.      fintmannt," .    inula    ..wurzel"/.    kil'ta    = 


klibd   „entmannt",   {nula   „wurzel",    kilta    =    yiqoracpog, 

^,  vrihi  „reis"  von  fardh  „wachsen",  rüpä  „gestalt"  neben 

dw&os),  $?)W^^rfti^", 
gl.  ags.  efht&jan  „zür- 
).  Es  bleuten"  so  hur  wenige  werter  mit  innerenrt  und  ü 
übrig,  von  denen  sich  nicht  beweisen  lässt,  dass  diese  vocale 
in  ihnen  seeundär  sind:  snihiti  „rotte"  von  snih  „geschmeidig 
werden"   (vgl.   nhd.  ~SVhnkyeJu),   tnja   „-saine",    Isltä  „deichsei", 


mus 

bildungen  mit  innerem 
ä  nicht  entsprechen,  denn  bei  solcher  annähme  würde  sich  von 


Der  lateinische  ablaut.  271 

causativen  verben  das  einzige  düshdyati  zur  vergleiehung  bieten, 
dessen  ü  auffällig  (Delbrück  215)  und  wol  nur  eine  secundäre 
dehnung  vor  s  ist,  wie  sie  sich   auch   sonst  findet   (vgl.  vä'stu 
—  aorv,  müshnati  neben  müshnati.    Vielmehr  müssen  den  oben 
verzeichneten  formen   mit  ä  zur  seite  gestellt  werde  solche  wie 
rokd  lohä   roda   edhd  vida  —  ketu  rekü  —  jöshya   cetya  — 
bodhdyati  veddyati  —  tutöda  bihheda,  und  es  ergibt  sich,   dass 
jene  ä  auf  gleicher  lautstufe  stehen  mit  gewissen  e  und  o.    Es 
sind  dies  aber  diejenigen  e  und  o,  die    im  Europäischen   durch 
cd  und  au  reflectirt  werden :  skt.  rocä  „licht"  =  lit.  Idukas.  lohd 
„rot,  metall"  —  germ.  rauda-  „rot"  altsl.  ruda  „metall",  rokd:  > 
altsl.  luca  „strahl",  fröda  „klageton"  =  lit.  rauda  germ.  rauta- 
(ahd.  roz),  ropa  „locli"  =  altn.  rauf  altsl.  rupa  foramen,  meshd 
„schlauch"  =  germ.  maisa-  lit.  mdiszas,  sveda  —  germ.  svaita- 
„schweiss",   cvetä   „licht"  =    altsl.   svetü  „licht"   lit.   szvaitlnti 
„bestrahlen",   seka   „gu§s"  =  ^erm.   saiha-  (ahd.   seih),   krönt      t    f 
„schrei"  =   gr.  xQctvyy,  ffos^  „verla^gfin"  «=  aH^r.  qbqits,  TZfoiw 
r1  „gehause"  =  gennTlM^ßg^  (altn.  7ftw4gs)  lit.  i^j^zas^Jf^ic^kH^ 
„übef^eimgs"  =  lit.  ät4aikas  ä'Hsl^o?»^^  ,";rest£j  lepa  =  altsl. 
lepu  gr.  aloLcprj,,  vegä  =  gr.  oixog,  yttm-pega  „vielgestaltig"  = 
got?" fthi-(aifc&^kesara    „haupthaar"    =    lat.    caesaries  —   ketu    ] 
„lichterscheinurtg"   =  germ.  haidu-  —  rejati  (w.  rej)   =  germ. 
laikan,  ejati  ijati  ■=  germ.   af-aikan,  eshati  fshati  :  lat..  aestm-A, 
mftsJ^S«^ — {veddyati   =    lit.   vaidinti  „z&^sen", \sveddyati  = 
germ.    svaitjan    (ahd.    sweizzu),    vepäyati   „schwingen"    —  ahd. 
weibon,   degdyati   =  ahd.  zeigÖ7iJmdäyati  „lästern"    =    altsl. 
~kuditi,  bodhäyati  =  2l\&\.{J)uditi   „wecken",  josktyabi 
7S&mß$n  —  veda  =  got.  mit  gr.  olda,  bibhedcT^gm^ait,  bu- 
bödha  =^"*got.  baup  u.  a.     Dass   diese   altind.  e  und  o  indoger- 
manische ai  und  au  sind,    beweist  einmal  das  Europäische,  so-* 
dann  die  erhaltung  der  gutturale   vor  denselben  in  keta  kesara 
kehl  kosha  ciktta  (Collitz  Beitr.  III,   221);    in   cetya  joshya, 
cetäyaü  joshdyati  ist  der   palatal  von  cetati  joshati  übertragen. 
Das  indogermanische  au  ist  im  Baltischen  und  Germa- 
nischen am  besten  erhalten;  in  letzterem  wird  es  zuweilen  zu 
eu  in  fällen  wie  got.  ^phtda  „volk"  =  lit.  tmdii^psk.  ~fow&Ljjab. 
tauia,   ahd.  siurra   „kratze"  =  lit.   saust/s  „grind"  (Fick  III,. 
,327),  altn.  kjoü  „kiel"  =  sktjj.alu  gr.  yavlog  (Fick  a.  o.  46).  < 
Im  A 1 1  s  1  a  v  i  s  c  h  e  n   ist   es  zu  u  geworden ;    vgl.   die   beispiele  j 
bei  Miklosich  Steigerung  m.  dehnung  d.  voc.  in  den  slav.  spr. 


\s 


272  F.  Fröhde 

s.  21.  Im  Griechischen  bleibt  es  am  häutigsten  erhalten; 
vgl.  avog  =  lit.  sdusas  altsl.  suchti  ags.  seär,  avio  dcpavto  = 
ahd.  sören,  avia  neben  avw,  ögavio  =  got.  gadrausjan ,  av%ho 
neben  evyo^tai,  xQavgog  für  *XQavo()6g  :  lett.  krauset  „zerschla- 
gen" altsl.  kruchü  frustum,  -/.Qctvyrj  =  altind.  kroga,  Xavaavla  : 
lit.  palaukys  (Fick  Beitr.  I,  333)  u.  a. ;  selten  wandelt  es  sich 
zu  of  ;  ortovdrj  neben  OTvevdcoAäKÖXov&og  neben  xslev&ogi  wel- 
ches jedoch  speciell  griechischV  bildung  ist,  hom.  eiXrjiovüa, 
das  aber  attisch  £Xr}Xv$a  lautet  und  diabetische  form  sein  kann; 
mehrfach  erscheint  wie  im  Germanischen  dafür  ev,  wie  in 
den  perfectis  7t£q>£vya  iooeva  xexevd-a  xixtvya  (nach  (psvya) 
OEvio  xev&io  Tev%u)),  Xevxog  Xevaaio  =  lit.  Idukas  laukiii.  Im 
Lateinischen  ist  dieses««  in  der  regel  zu  ü  getrübt  worden 
wie  im  Altslavischen;  vg\.(cnhih==  skt.  gb4^A  lit.  szh^uis  altn. 
ntwm,  frustum  =  gr.  &qcivotov ,  [lücus  =  mhd.  loh  skt.  lokd, 
*lüco^m  lüculentus  lüceo  Lucius  =  altsl.  luca  skt.  roeä,  prü- 
rio  von  *prüro-  —  skt.  prosha  „das  brennen",  rüfus  =  got. 
raudSf  ruga  —  lit.  raukä,  süso-  in  südus  aus  *süsidus  „trocken" 
=  altsl.  swe/m  gr.  avog  ags.  sea/*,  /«(//'  —  got.  gaut,  tüdi  = 
got.  staistaut  skt.  tutöda.  Sehr  selten ,  wenn  überhaupt  ist  ein 
solches  au  verblieben.  Zwar  besitzt  das  Lateinische  zahlreiche 
au,  aber  diese  haben  meist  einen  anderen  Ursprung.  Der  grösste 
teil  derselben  ist  aus  av  nach  ausfall  eines  folgenden  vocals 
entstanden;  vgl.  aueeps  augur  auspex,  audeo,  audio,  caulae,  cau- 
tus,  claudOf  fautor  faustus,  gaudeo,  lautus,  nauta  naufragus, 
paMCUS,  paullus ,  raueus  neben  avis,  aveo ,  cavus,  caveo,  clävis, 
faveo,  gavisus  yauo,  lavare,  nävis,  got.  favai,  rävis  (Corssen 
Voc.  I,  314.  632);  ebenso  ist  zu  urteilen^über  imlaurare  gr. 
atavqog  got.  stiurjan  =  skt.  sthävard,  [caurus  lit.  sziaurys  — 
got.  sküra)  taurus  gr.  ravgog  ahd.  stiur  :  skt.  sthürd,  caulis  gr. 
xavXog  lit.  kdulas  :  cavus,  claudus  „lahm"  neben  skt.  grond,  das 
aus  *gravana  zusammengezogen  sein  kann;  cauda  pflegt  man 
zu  got.  skauts  zu  stellen,  doch  verlangt  die  glosse  bei  Paul. 
Epit.  p.  57:  caviares  hostiae  dicebantur,  quod  caviae ,  id  est 
pars  hostiae  cauda  tenus,  dicebantur  beriuiksichtigung ;  die  Wur- 
zel vom  auris  =  lit.  ffiffifa  igt  jdcht  klari,  ist  sie  die  von  äuo 
audio,  so  gehört  es  ebenfalls  hierher.  'Lateinischem  au  steht 
altind.  o  gegenüber  nur  in  augmentum  augustus  =  skt.  ojmdn 
öjas;  hier  ist  jedoch  zu  bedenken,  dass  die  wurzel  der  Wörter 
vag  und  ihr  au  jedenfalls  dasselbe   ist  wie  das  von  augeo  auc 


Der  lateinische  ablaut.  273 

tor  aux-iinan  got.  a/ikan  gr.  avgto,  letzterem  aber  entspricht 
ags.  weaxe.  Aehnlich  liegt  der  fall  bei  aurum  sab.  ausum  = 
lit.  dukszas ,  aurora  —  lesb.  avtog  skt.  ushds,  auster  =  mhd. 
öster  „östlich"  lett.  austrinsch  „Ostwind",  die  zu  vas  „aufieuch- 
ten"  lit.  aüszti  „es  tagt"  gehören  mit  anl.  au  =  va  (ob.  III, 
21).  Andere  Wörter  mit  innerem  au  sind  etymologisch  nicht 
sicher  erklärt  wie  frans  faux  saucius  u,  a.  Der  Steigerungs- 
diphthong scheint  vorzuliegen  mhaurio  neben  altsl.  ausa  (FickKZ.  , 
XXII,  384)  und  lausus  „wehklage"  laus  neben  litj  rauda  rdiidmi. 

Das  indogermanische  ai  ferner  ist  im  Germanischen  muT| 
Baltischen  in  der  regel  erhalten.  Im  Litauischen  ist 
es  mehrfach  in  e  oder  ei  übergegangen  wie  in  gedrhs  neben 
gaidrüs,  g'edras  =  gr.  cpaiÖQog,  sriegas  neben  preuss.  snaigis  und 
got.  snaivs,  deverh  =  gr.  öcctJq,  ags.  täcor,  szeimyna  neben  lett. 
saime  altsl.  semi,  veszpats  neben  preuss.  ivaispattin,  lekas  ~  gr. 
XoiTtog,  veka  „kraft"  =  altsl.  vekü,  jeszkötl  —  ahd.  eiscön,  jesz- 
mas  neben  preuss.  aysmis  gr.  cux/urf;  vgl.  Schmidt  Voc.  I,  75, 
Bezzenberger  Zur  gesch.  d.  lit.  spr.  56.  Im  Altsloveni- 
schen  ist  e  Vertreter  dieses  ai  (vgl.  Miklosich  a.  o.  s.  1), 
selten  i  wie  in  iskati  —  ahd.  eiscon,  libivü  :  lit.  Idibas,  inü  = 
lit.  venas  preuss.  ainas  lat.  oinos  germ.  aina-.  Im  Griechi- 
schen hat  sich  idg.  ai  in  ai  und  oi  gespalten;  letzteres  tritt  in 
denselben  fällen  ein,  in  denen  a  zu  o  wird  (s.  u.);  selten  findet 
sich  dafür  et  z.  b.  in  znuyio  —  skt.  ejati ,  das  aber  aeol. 
S7toiyco  lautete  (Ahrens  Diall.  I,  98).  Im  Lateinischen  ist 
ai  verblieben,  wo  in  vergleichbaren  fällen  das  Griechische  eben- 
falls ai  zeigt,  dagegen  zu  oi,  später  %  oder  u  geworden,  wo  im 
Griechischen  oi  entspricht.  Eine  ausnähme  würde  aemidus  sein, 
wenn  es  Fiele  KZ.  XXI,  5  richtig  mit  olddco  verbindet;  das 
wort  wird  durch  tumidus  (Paul.  epit.  24)  7tecpvor]/Li€vog  (Gl.  Labb.) 
inflatus  (Gl.  Isid.)  erklärt  und  kann  sehr  wol  wie  zend.  aeshma 
zu  aestus  gehören.  Beispiele  für  ai  sind  aedes  :  gr.  ai&og  skt. 
edhä,  aequare  =  ahd.  eihhön,  aestus  aestas  aemidus  (vgl.  Urjlog 
von  £e'ttf  =  skt.  yäsati),  das  von  hnitari  begrifflich  ganz  ver- 
schieden ist,  'aestimare  :  got.  aistan)  aevum  =  got^  aivs  gr. 
aei  äldiog,  caequs  =  got.  hai/is,  caesaries  =  skt.  kesara,\]iaedus 
=  germ.  gada-,  haereo  =  lit.  gaiszbdi,  levir  (mit  e  aus  ae)^_=^ 
gr.  öarjQ  agsftacorjLaena  —  gr.  leuvög  lit.  ldhms$0ic\  Beitr. 
I,  333),  laevm  =  gr.  leuog,  maereo  neben  miser ;  befspielu  für 
i  und  ü  :  vinum   ~   olvog,  vicus  —   or/.og,  libarc  :  kotßt'j,  lippus : 


274 


F.  Fröhde 


akoKprj  skt.  lepa  altsl.   lepu,  lira   =   ahd.  leisa,  fido  neben  foe 
dus  gr.  TthtoiÜa  (s.  u.),  Uqui  =-MXoiTta,;  ünus  =  germ.  aina- 
^/  gr.  olvrj,  mffki^ß  :  gr.  ^fätvj^gbijHatfiws,  communis  ~  got.  ga- 
mains  lit.  mdinas  „tausch".         ^*     ^v 

Dem  altindischen  d  stehen  in  den  europäischen  sprachen 
d  e  6  gegenüber.  Von  diesen  drei  vocalen  ist  d  selbstverständ- 
lich indogermanisch.  Im  Altslavischen  erscheint  dieser  laut  als 
a,  im  Germanischen  und  Litauischen  ist  er  zu  6  geworden.  Vgl. 
Fick  Beitr.  II,  193.  In  Wurzelsilben  findet  sich  ä  im  Latei- 
nischen 1.  in  ableitungen  von  verbalstämmen  auf  a  (wie  fdri 
fdlmla  fäma  von  fa)\  2.  im  perfectum  von  verbis,  die  im  prä- 
sens  a  erhalten  haben  {scäbi  zu  scäbo);  über  cepi  u.  s.  w.  wird 
unten  gehandelt  werden;  3.  in  nominalstämmen,  die  zu  derar- 
tigen verbis  gehören  (pdx  :  päciscor) ;  4.  in  abgeleiteten  verbis 
dieser  art  (indägari :  ago) ;  5.  als  ersatzdehnung  für  ausgefallene 
consonanten  (cänus  aus  *casnus) ;  6.  durch  metathesis  in  silben 
auf  rä  lä  aus  ar  dl  (erat es  =  got.  haurdi-;  über  strävi :  sterno 
s.  u.).  Die  ausführung  dieser  und  der  folgenden  sätze  erfolgt 
in  der  zweiten  abhandlung. 

Der  zweite  der  langen  a-vocale,  e,  ist,  wie  Fick  Beitr.  II, 
204  zeigt,  europäisch.  Ueber  die  Veränderungen,  die  dieser  laut 
in  den  einzelnen  sprachen  erlitten  hat,  vgl.  Fick  a.  o. ;  mehr- 
fach wird  im  Lateinischen  ve  zu  6  z.  b.  in  södes :  rfteloQ,  söpio 
aus  *svepio;  ebenso  im  Griechischen:  wqa  =.  ahd.  ivära,  mqcc 
=  altn.  vdr  „frühling".  Im  Lateinischen  steht  dieses  e  in  Über- 
einstimmung mit  den  übrigen  europäischen  sprachen  1.  in  ab- 
leitungen von  verbalstämmen  auf  e  aus  ä  (wie  nemen  netits  von 
neo) ;  2.  im  perfectum  von  verbis,  die  im  präsens  e  in  der  Wur- 
zelsilbe zeigen  (legi  :  lego);  3.  als  steigerungsvocal  in  nominal- 
stämmen, die  zu  solchen  verbis  gehören  (tegula  :  tego);  4.  in 
abgeleiteten  verbis  gleicher  art  (sedo  :  sedeo) ;  5.  als  ersatz- 
dehnung für  ausgefallene  consonanten  (venum  :  skt.  vasnd) ;  6. 
in  silben  auf  re  le  aus  er  el  (spretus  :  sperno).  Ueber  «?  und  d 
im  präsens  s.  u.  Demnach  ist  e  im  Lateinischen  durchweg  die 
länge  zu  e,  wie  d  die  zu  ä;  andere  sprachen  weichen  von  dieser 
regel  zuweilen  ab  (vgl.  lit.  stögas  :  lat.  tegula,  sodlnti :  sedare), 
besonders  das  Griechische  in  formen  wie  srwAio^at  7tcordof.tai. 
vio/udto  OTQtoqxxio ;  vielleicht  haben  hier  noxdo^ai  azQocpeio  u.  a. 
(vgl.  jedoch  auch  iöcoöi])  eingewirkt.  Es  ist  nun  zu  erwägen, 
ob  man  berechtigt  ist,   dieses  e  oder  eine  Vorstufe  desselben  in 


Der  lateinische  ablaut.  275 

die  indogermanische  zeit  zu  versetzen.  Für  diese  annähme  spre- 
chen die  palatale  in  skt.  jäni  =  got.  qeni-,  skt.  jä'ra  :  ytjqä- 
oxio,  skt.  abhicärd  =  altsl.  cara,  skt.  järd  „buhle"  (in  der  alten 
spräche  nicht  notwendig  mit  schlimmer  nebenbedeutung)  :  altn.; 
JctW£t-  „tie^j  w«Et£  (Collitz  Beitr.  III,  210);  da  aber  die  pa- 
latale mehrfach  an  stellen  erscheinen,  wo  man  sie  nicht  erwar- 
tet, so  wird  dieselbe  hierdurch  noch  nicht  streng  bewiesen. 
Joh.  Schmidt  (KZ.  XXIV,  319,  XXV,  60)  sucht  einen  anderen 
grund  für  diese  ansieht  aus  den  schwachen  altindischen  per- 
feetformen  wie  sedüs  mene  zu  gewinnen,  deren  e  er  mit  dem 
von  lat.  sedimus  got.  setun  altir.  menar  identifiziert.  Entstanden 
sei  dieses  e  lautgesetzlich  in  formen  wie  sedüs  sehdnd  aus  *säz- 
di(s  *säzhänd  aus  *sasadus  *sasahänä;  von  hier  aus  habe  „sich 
eine  analogie  verbreitet,  die  auch  dahin  verpflanzt  wurde,  wo 
es  bei  ungestörter  lautlicher  entwickelung  nicht  entstehen  konnte 
z.  b.  in  petiis".  Das  e  der  altind.  formen  als  «-diphthongen  zu 
erklären,  scheint  allerdings  nicht  möglich;  denn  wer  etwa  von 
den  mit  y  anlautenden  wurzeln  ausgehen  und  yeje  yetire  yemimd 
aus  yayaj0  yayat0  yayam°  durch  ya-ij°  u.  s.  w.  erklären  wollte, 
wie  yesh  „wallen"  aus  *yayas  durch  *yaish  (vgl.  zend.  yaesh 
und  perfeetformen  wie  yaeshe  bei  Bartholomae  Das  altiran. 
verb.  85)  und  ähnlich  dvocam  aus  *avavacam  durch  *avaucam 
entstand,  würde  meines  erachtens  in  der  anwendung  des  analo- 
gieprineips  die  zulässigen  grenzen  überschreiten.  Ich  bin  mit 
Schmidt  der  ansieht,  dass  das  e  der  altindischen  dem  e  der 
entsprechenden  europäischen  perfeetformen  gleich  zu  setzen  ist, 
erblicke  aber  in  demselben  nicht  ersatzdehnung ;  denn  einerseits 
macht  das  europäische  e  in  sedimus  got.  setun  den  eindruck 
der  gleichheit  mit  dem  von  sedidus  sedes  germ.  ,s£ta-_(Bezzen- 
b erger  GL  g.  a.  1879,  s.  821),  andererseits  wird  das  altind. 
e  der  perfecta  von  Lindner  s.  55,  wie  mir  scheint,  mit  recht 
verglichen  mit  dem  von  formen  wie  nemi  „radfeige"  sedi  „ent- 
kräftung" perü  „rettend"  renü  „staub"  ceru  „(eine  heilige  hand- 
lung)  begehend"  von  den  wurzeln  nam  sad  par  ran  car.  Viel- 
leicht ist  mit  skt.  ceru  das  lateinische  caeri-monia,  dessen  ae 
durch  verbreiterte  ausspräche  aus  e  entstanden  sein  kann,  wie 
das  von  scaena  =  oxrjvij,  zu  verbinden ,  dann  hätten  wIF  hier 
die  Übereinstimmung  eines  altind.  e  mit  europ.  e  auch  ausser- 
halb des  perfects.  Bei  der  betrachtung  des  lateinischen  perfec- 
stammes  suche  ich,   indem  ich    mich   der  ansieht  Bezzenber- 


276  F.  Fröhde 


ger's  (G.  g.  a.  1879,  s.  821)  im  wesentlichen  anschliesse,  wahr 
scheinlich  zu  machen,  dass  die  Vorstufe  des  typus  sed  säsäd-  war, 
aus  dem  er  durch  abfall  der  reduplication  entstand,  und  fasse 
demgemäss  das  e  der  altindischen  und  das  e  der  europäischen 
formen  als  fortsetzer  eines  indogermanischen  ä,  der  länge  zu 
demjenigen  a,  welches  zu  ä  gefärbt  wurde.  Wäre  diese  auffas- 
sung  gesichert,  so  würde  der  lange  e-laut  im  Indogermanischen 
nachgewiesen  sein.  Auffallend  aber  bleibt  immer,  dass  das  Zend 
und  das  Griechische  diese  weise  nicht  kennen,  und  es  gilt  mir 
daher  der  vollgültige  beweis  für  das  indogermanische  alter  des 
ä  noch  nicht  für  erbracht. 

Was  endlich  das  6  betrifft,  so  war  dasselbe  in  grösserem 
umfange  gräcoitalisch.  Zu  den  von  de  Saussure  a.  o.  111  an- 
geführten beispielen  kommen  noch  für  =  cpwg  skt.  hdra,  rnölo- 
in  mölior  möles  —  gr.  uwXog,  dürus,  wenn  \/tüQig  zu  skt.  daru- 
nd  „hart,  streng,  rauh,  gefühllos"  gehört,  grümus,  falls  es  rich- 
tig zu  xQio/itat;  gestellt  wird  und  nicht  vielmehr  zu  altsl.  gramada 
„häufe"  zu  ziehen  ist;  cülus,  welches  Fick  (II,  58)  mit  gr. 
Molov  verbindet,  ist  vielleicht  mit  gr.  tivkIoq  zu  identificiren 
(vgl.  dnus).  Es  sind  ferner  fälle  nachgewiesen,  in  denen  das 
ö  als  europäisch  anzusehen  ist;  vgl.  Fick  Beitr.  III,  169,  Mah- 
low  Die  langen  vocale  a  e  o  in  d.  europ.  spr.  83,  de  Saus- 
sure a.  o.  115.  Dagegen  fehlt  bis  jetzt  jeder  beweis  für  die 
ansieht,  dass  6  in  ableitungen  von  consonantisch  schliessenden 
wurzeln  in  die  indogermanische  zeit  zurückreiche  und  im  In- 
doiranischen ebenfalls  mit  d  zusammengefallen  sei.  Die  behaup- 
tung  Osthoff's  (Morphol.  unters.  II,  112),  dass  „der  griechi- 
sche und  lateinische  vocalismus  auch  betreffs  der  längen  die 
sichersten  führer"  seien,  kann  für  einen  wissenschaftlichen  be- 
weisgrund  nicht  gelten.  Ich  schliesse  daher  im  folgenden  die 
lateinischen  6  den  d  an. 

Es  ist  noch  übrig,  die  frage  zu  beantworten,  wie  die  mor- 
phologische gleichheit  des  altind.  d  mit  denjenigen  e  und  o, 
denen  im  Europäischen  cd  und  au  entsprechen,  zu  erklären  ist. 
Diese  antwort  wird  verschieden  ausfallen,  je  nachdem  man  von 
den  diphthongen  oder  von  den  einfachen  vocalen  als  grundvo- 
calen  der  i-  und  «-wurzeln  ausgeht.  Diejenigen,  welche  als 
wurzeln  vaid  bhaud  ansetzen,  müssen  annehmen,  dass  in  ketd 
roeä  cetdydmi  rocdydmi  e  und  o  aus  dl  und  du  hervorge- 
gangen sind.     So  würde  ein  grund  vorhanden  sein,   weshalb  in 


. 


Der  lateinische  ablaut.  277 

diesen  formen  die  „vocalentziehung"  nicht  stattfand,  wol  aber 
in  den  danebenstehenden  citdijdmi  rucdijämi ',  und  es  wäre  ein 
nahe  liegendes  bedenken  gegen  diese  auffassung  beseitigt.  Gegen 
die  annähme,  dass  obige  e  und  o  aus  äl  und  du  entstanden  sind, 
lässt  sich,  wenn  man  z.  b.  gr.  vccvg  /.lug  aus  vfjvg  xlrjig,  lat. 
raucns  claudo  neben  rävis  clävis  vergleicht,  nichts  einwenden. 
Sie  scheint  sogar  bestätigung  zu  erhalten  durch  formen  wie  ndyd 
srdvä  tutd'va  pläväyämi ,  denen  zum  teil  auch  in  europäischen 
sprachen  solche  mit  langem  vocale  gegenüberstehen :  lit.  srore 
gr.  eoioho  „fiiessen",  didrjs,  altsl.  pktviti,  zum  beweise  dafür, 
dass  die  dehnimg  nicht  speciell  indisch  ist.  Schon  Leo  Meyer 
(Vgl.  gramm.  I,  343,  KZ.  XXI,  341)  hat  die  ansieht  ausgespro- 
chen, dass  diese  formen  auf  wurzeln  auf  aj  av  zurückführen, 
und  dem  stimme  ich  bei,  ohne  damit  behaupten  zu  wollen,  dass 
es  wurzeln  auf  i  und  u  überhaupt  nicht  gegeben  habe.  Die 
w.  sru  entstand  aus  sra-va,  einer  ableitung  von  w.  sar.  —  Die- 
jenigen, denen  bheid  bheudh  als  wurzel  gelten,  werden  die  vo- 
caldifferenz  in  got.  halt  baup  zu  erklären  haben.  Diejenigen 
endlich,  welche  i  und  u  als  wurzelvocale  betrachten,  werden  ai 
und  au  aus  i  und  ü  durch  diphthongirung  hervorgehen  lassen . 
denn  an  den  mechanischen  Vorschub  eines  a  vor  i  und  U  ist 
schwerlich  zu  denken.  Die  diphthongirung  langer  t  und  ü  ist 
durch  zahlreiche  tatsacben  aus  dem  Altfranzösischen  und  neueren 
germanischen  dialecten  als  ein  geläufiger  lautprocess  erwiesen 
(A.  Kuhn  KZ.  XII,  143,  Sc  her  er  Zur  gesch.  d.  deutschen 
spr.2  s.  38  ff.  vgl.  F.  Masing  Das  Verhältnis  d.  griech.  vocal- 
abstufung  zur  sanskritischen).  Job..  Schmidt  Voc.  I,  140  sucht 
diese  auffassung  durch  den  nachweis  des  wirklichen  Vorhanden- 
seins von  i  und  ü  an  stelle  späterer  ai  und  au  auch  im  Indo- 
germanischen zu  stützen.  Ueber  manche  von  Schmidt's  bei- 
spielen,  denen  als  gleichartig  hinzugefügt  werden  mögen  lit. 
bahne  :  skt.  Warna ,  bailüs  =  skt.  Wrirü ,  werden  diejenigen, 
welche  der  oben  dargelegten  ansieht  Leo  Meyer's  beipflichten, 
anders  urteilen  dürfen.  Sichere  beispiele  späterer  diphthongi- 
rung scheinen  mir  noch  zu  sein  skt.  -\/ej  neben  ij,  esh  neben  tsh  (s. 
o.)  und  der  imperativus  bodhi  von  budh,  welcher  aus  "budh-dhl 
durch  die  mittelstufe  fbüdhi  (vgl.  tdlhi  von  tad)  entstanden  ist(Del- 
brücks. 99);  letzterer  liefert,  wenn  Delbrück's  erklärung  und 
angäbe  des  accents  (P.  W.:  bödla)  richtig  ist,  zugleich  den  be- 
weis, dass  die  diphthongirung  nicht  durch  den  hochton  bedingt  ist. 


278  F.  Fröhde 

B.   Indogerm.  ä  —  ei  —  au  oder  au1. 

Im  Altindischen  finden  wir  in  bestimmten  classen  von  wort- 
formen, die  zu  «-wurzeln  gehören,  ursprünglich  hochbetontes  ä, 
dem  in  den  europäischen  sprachen  e  entspricht:  ästi  =  gr. 
tOTL  lat.  est  got.  ist  lit.  esti,  dtti  —  lat.  est  lit.  est  (mit  hy- 
sterogener  dehnung) ,  sddmi  =  lit.  sedmi  —  bhdrämi  =  gr. 
(pegio  lat.  fero  got.  baira  altsl.  bera  altir.  berim,  vdhdwA  =  lat. 
veho  got.  viga  altsl.  veza  lit.  vezü  —  Janas  —  gr.  yevog  lat. 
genus,  sddas  =  gr..  £<Jog  altn.  sefr,  ndbhas  =  gr.  vegpog  altsl. 
nebo  altir.  wem  —  bhärman  =  gr.  cptq^a  altsl.  6remg  (aus  for- 
wew),  vdsman  —  gr.  «!//«,  jdniman  —  lat.  genimen  altir.  <?#• 
nemain  —  bdndhana  „bindend"  =  got.  bindan,  d ärgernd  „das 
sehen"  =  gr.  dtQxeiv,  vdsana  „gewand"  =  gr.  eavog  —  sdttar 
—  lat.  sessor ,  sä'dhar  (aus  :/!sah-tar)  „überwinder"  —  gr.  c!E)c- 
rag,  täslttar  =  lat.  textor,  vödhar  =>  lat.  vector,  jdnitri  =  lat. 
genetrix  —  västra  „kleid"  =  gr.  dial.  yeoxQct,  värtra  „deich" 
=  mhd.  werder  u.  a.     Vgl.  de  Saussure  a.  o.  126  ff. 

Darf  nun  eine  analoge  behandlung  der  i-  uud  «-wurzeln  vor- 
ausgesetzt werden,  so  werden  diejenigen,  welche  i  und  n  als  grund- 
vocale  derselben  ansehen,  diesem  ä  entsprechend  ursprünglich 
hochbetonte  i  und  ü  zu  erwarten  haben.  Solche  aber  finden 
sich  nicht.  Das  im  Rigveda  an  einer  stelle  vorkommende  prä- 
sens  iyati  (Delbrück  143)  lässt  sich  zur  vierten  classe  ziehen. 
Die  wurzeln  bhiksh  „erbitten",  1  giksh  „lernen",  2  giksh  „schen- 
ken" (Präs.  bhikshati ,  eikshate ,  eikshati)  sind  aus  desiderativ- 
formen  von  «-wurzeln  (P.  W.  unter  1  <;ak  und  2  cak)  entnom- 
men; die  wurzeln  auf  inv  (jinvati  „erregen",  pinvati  „schwel- 
len") sind  offenbar  aus  präsensstämmen  auf  nn  entstanden 
(Delbrück  a.  o.);  das  partieip  pibdamäna  wird  im  P.  W.  für 
eine  reduplicirte  form  erklärt;  die  präterita  crvvat  und  rühat 
stehen  auf  gleicher  stufe  mit  rdhat,  in  dem  Delbrück  (s.  138) 
eine  spätere  Verschiebung  des  accentes  vermutet;  die  wurzel 
von  riskant  (Delbrück  s.  143)  ist  modification  von  arsh  „ste- 
chen". Die  vocalverhältnisse  der  wurzel  bhü,  von  der  hierher 
gehören  bhüvas  bhüvat  bhiwan,  haben  „überhaupt  viel  merkwür- 
diges" (Delbrück  KZ.  XXI,  87,  Altind.  verb.  99).  Von  den 
hier  in  betracht  kommenden  nominalbildungen  bei  Lindner 
a.  o.  zeigen  hoch  betonte  i  und  ü  nur  düvas  „Verehrung"  neben 
duväs  „hinausstrebend",  jüvas   „raschheit",    üras   „brüst"   und 


I 


Der  lateinische  ablaut.  279 

Qiras  „köpf";  von  diesen  kennzeichnen  sich  aber  die  wurzelvo- 
cale  der  beiden  letzten  als  unächt.  —  Ueberhaupt  sind  t  und  u 
in  Wurzelsilben  unursprünglich.  Dass  die  präsentia  vierter  classe 
ursprünglich  den  accent  auf  dem  suftixe  ya  trugen,  hat  Benfey 
gezeigt.  Ob  yuchdti  (P.  W.  unter  yuch)  oder  ijüchati  zu  lesen 
sei,  scheint  zweifelhaft  zu  sein  (Delbrück  s.  170);  ersteres  ist 
jedenfalls  die  ursprünglichere  form.  Auch  in  vedischen  nomi- 
nalformen begegnen  i  und  ü  nur  selten.  Von  den  von  Lind- 
ner zusammengestellten  «-stammen  erscheinen  sie  in  tiisha 
„hülse",  rislia  „diener",  jnicha  „schwänz",  ;  mukha  „mund" ,  su- 
büdha  „das  wachen",  bila  „höhle",  güdd  „gedärme",  giihä  „ver- 
steck", nidä  „Schmähung",  von  püra  „bürg",  üsha  „begierig", 
iird  „schaaf",  ird  „labung",  deren  wurzelvocal  secundär  ist,  ab- 
gesehen. Dass  hier  eine  spätere  Verschiebung  des  accents  statt- 
gefunden hat,  müssen  auch  diejenigen  annehmen,  die  i  und  u 
aus  ai  und  au  entstehen  lassen.  Die  wörter  stehen  auf  gleicher 
stufe  mit  solchen  wie  vfka,  das  zwar  schon  zur  zeit  der  völ- 
kertrennung  paroxytonon  war  (vgl.  germ.  volfa-),  aber  dennoch 
ursprünglich  den  accent  auf  der  endung  gehabt  haben  muss, 
da  r,  wie  ich  mit  Benfey  (Or.  u.  occ.  III,  40)  annehme,  in 
alter  zeit  nur  in  tieftoniger  silbe  aus  ar  entstand.  Ueber  die 
formen  citdna  dyütdna  rühdna  urteilt  Lindner  s.  54  a.,  dass 
„die  kürze  der  Wurzelsilbe  nach  analogie  der  grossen  mehrheit 
dieser  participien  eingetreten"  sei;  auch  hier  dürfte  vielmehr 
eine  verrückung  des  accents  anzuerkennen  sein.  Die  übrigen 
nomina  mit  %  und  u  in  der  Wurzelsilbe  sind  mit  Suffixen  ge- 
bildet, die  in  der  regel  den  ton  tragen;  ihnen  stehen  ebenfalls 
von  «r-wurzeln  entsprechende  formen  mit  r  zur  seite.  Es  sind 
dies  namentlich  stamme  auf  i,  wie  rüci  tvislü  müni  QÜci  plüshi 
(vgl.  grbhi  rsJti)  und  auf  ya  wie  ttijya  citya  bhidya  vidya  biidhya 
(vgl.  drgya),  von  denen  Lindner  98  vermutet,  dass  sie  auf 
secundärer  ableitung  beruhen,  sodann  einzelne  auf  na  (güshna 
Qvitna  sina),  ma  (cüshma  bilma  himd) ,  va  (ishu  aus  ishva  = 
log;  dhrüvi),  mit  denen  sich  vergleichen  trna  ghrshu.  Die  mit 
van  gebildeten  wörter  haben  abweichend  von  der  sonstigen  weise 
den  accent  auf  der  Wurzelsilbe,  wenn  sie  nomina  agentis  sind, 
während  bei  den  verbalabstractis  das  suffix  den  ton  trägt; 
dieses  suffix  ist  wol  secundäre  ableitung  von  va. 

Die  vorhandenen  hochtonigen  i  und  ü  also  entsprechen  den 
oben  aufgeführten  hochtonigen    ä   im  Altindischen    nicht,    viel- 


280  F.  Fröhde 


mehr  stehen  diesen  die  diphthonge  e  und  o  gegenüber;  vgl. 
deshti  ijökti;  bhedati  cödati,  vej)as  röpas,  vegman  ödman,  cetana 
yojana,  vettar  jöshtar,  medhra  yöktra.  Diese  e  und  o  aber 
werden  im  Europäischen  durch  ei  und  wenigstens  im  Griechi- 
schen ,  Altlateinischen ,  Germanischen  durch  eu  reflectirt.  Das 
ei  ist  im  Griechischen  und  im  Altlateinischen  verblieben,  im 
Litauischen  meist  e)  im  Altslavischen  i,  im  Germanischen  1  ge- 
worden. Dass  eu  wie  im  Griechischen  und  Germanischen  auch 
im  Altlateinischen  vorhanden  war,  beweist  das  alte  Leucesie 
(Corssen  Voc.  I,  072),  das  im  grundstamm  mit  skt.  röca-te 
übereinstimmt;  ein  solches  eu  ist  durch  ov  zu  ü  geworden  in 
duco  —  got.  liuha,  erügo  ==  gr.  FQevyto,  uro  —  gr.  svco  skt. 
oshati ,  rüdo  (Plaut.  Pers.  III,  9)  =  skt.  rodimi ,  jügera  =  gr. 
Uvyog,  jümentum  -—  gr.  tevyfxa,  mümen  —  grlvsmia^umen  == 
altn.  Ijomi }  rüminari ,  mag  man  es  zu  skt.  romanWa  oder  zu 
iQ&jyto  ziehen,  rümen  „euter",  wenn  es  gleich  Qsvf.ia  ist.  Im 
Altslavischen  erscheinen  für  diesen  laut  u  und  ju,  im  Baltischen 
au  und  tau  (s.  u.).  Beispiele  für  diese  lautentsprechungen  sind: 
skt.  yokti  =.-  gr.  tevy(vv)f,a,  skt.  deshti  —  gr.  deix(vv)tiu  (lat. 
deico  got.  teiha);  skt.  bodhate  =  gr.  7tet&o/:iai  got  hiuda  lit. 
baudu  altsl.  bljuda,  skt.  jöshati  =  gr.  yevto  got.  kiusa,  skt.  re- 
cati  =  gr.  \\ei7T(D  got.  fc/Ä&a  lit.  /eM  altsl.  Mcq,  skt.  cvetati  — 
lit.  sveiczü,  skt,  mehati  —  altn.  m?</«  lit.  mezü,t  zend.  baodanh  : 
gr.  d/tev^rjg , (skt.  rodana  „das  weinen"  =  flftd-  i'iozan \  skt. 
deshtri :  gr.  detKzrJQiog,  skt:  göktar  -  gr.  uvxTtjo,  skt.  jöshtar: 
gr.  yEvorfjQiov  u.  a. 

Wie  ist  nun  die  morphologische  gleichheit  desjenigen  alt- 
indischen &,  dem  im  Europäischen  e  entspricht,  mit  denjenigen 
e  und  o,  die  im  Europäischen  durch  ei  und  (wenigstens  im 
Westeuropäischen)  durch  ew  reflectirt  werden,  zu  erklären? 
Hier  haben  die  Vertreter  der  ansieht,  dass  e  ei  eu  die  wurzel- 
vocale  seien,  den  leichtesten  standpunet.  Auch  diejenigen, 
welche  bhar  bhaid  bhaudh  als  wurzelformen  ansehen,  haben  be- 
sondere Schwierigkeiten  nicht  zu  überwinden ;  wenigstens  stellt 
sich  für  sie  die  aufgäbe  wesentlich  einfacher  als  für  die  anhän- 
ger  der  älteren  theorie,  die  an  diesem  gesichtspunete  zu  schei- 
tern scheint.  Indem  ich  sie  dennoch  zu  halten  versuche,  gehe 
ich  aus  von  der  frage,  ob  bher  tele  vec/h  (epsga)  altsl.  tekq  lat.  veho) 
aus  bhar  tak  vac/h  (got.  barn  gr.  cfag^Tga,  gr.  rccyvg,  lit.  vazma 
ahd.   w'agari)    oder   diese    aus  jenen   hervorgegangen  sind.     Die 


, 


Der  lateinische  ablaut.  281 

Vertreter  der  letzteren  auffassung  glauben  eine  erklärung  des  a 
in  den  bezeichneten  formen  gegeben  zu  haben,  wenn  sie  sagen, 
bhar   stehe    im   „ablautsverhältnis"   zu    bher.     Allein   der   name 
,, ablaut"  ist  doch  nur  eine  bezeichnung  der   zu  erklärenden  er- 
scheinung,   nicht  eine   erklärung    dieser  selbst.     Wie  ist  dieser 
ablaut  entstanden?     Entwickelte    sich   auf  lautlichem  wege  das 
e  zu  a,   oder  wurde   es  mit   bewustsein   eliminirt   und   letzteres 
dafür   eingefügt,    um    den   „ablaut"    herzustellen?     Der    zweite 
dieser  gedanken  verdient  keine  erörterung.     Was  den  ersten  be- 
trifft, so  ist  zuzugeben,  dass  unter  umständen  durch  einwirkung 
umgebender   consonanten  a  und   o  aus   e  entstehen,    aber  auf 
diesem  wege  würden  sich  nur  wenige  der  in  betracht  kommen- 
den erscheinungen  erklären  lassen.     Fick  (Beitr.  III,  157)  sieht 
in  dem  a  von  einigen  der   hierher  gehörigen   formen  entwicke- 
lung  eines  schwä.     Ich  vermag  dieser  ansieht  nicht  beizutreten, 
einmal   weil  nach    meiner  theorie   das   a  in   formen   wie    xa%vg 
xäfxvo)   sßaXov    lat.   flagrafä   neben    altsl.    tekq   gr.    rifio)   ßslog 
cfleyio  ganz  gesetzmässig  ist  (s.  u.),    sodann  weil  ich  den  vocal 
in  flammet  falx  und  anderen  bildungen  der  art  in  gleicher  weise 
erklären  zu   müssen  glaube ,   wie  den   in  lit.  vazmä   got.  barms 
balys.     Auch  die  etwaige  annähme,  dass  in  irgend  einer  periode 
ihrer   entwickelung   die    spräche   sämmtliche   e    oder   doch   den 
grössten    teil    derselben   in   tieftoniger  silbe   in  a  übergehen 
liess,  in  hoch  betonter  silbe  aber  erhielt,  würde  nichts  über- 
zeugendes  haben.      Ungleich   wahrscheinlicher   ist   offenbar   die 
alte  auffassung;    denn  dass  e  und  o  aus  a  entstehen,    lehrt  ein 
blick  auf  die  germanischen    und  griechischen    dialecte.     Hieran 
schliessen   sich  zwei   andere  fragen :    1 .    auf  welchem   wege  ist 
das  e  aus  a  entstanden?     2.    in  welche   zeit    ist  die  entstehung 
desselben   zu   versetzen?     Auf  die   erste   dieser   fragen   ist   von 
Verner  (KZ.  XXIII,  132  ff.)  und  Scherer  Zur  gesch.  d.  deut- 
schen spr.  s.  76  ff    (vgl.  Joh.  Schmidt   KZ.  XXIII,    356,   G. 
Meyer  KZ.  XXIV,  226  ff.)  die  antwort  gegeben  worden:  e  ent- 
stand aus«  in  hoch  toniger  silbe  durch  ton  er  höhung.     Ueber 
die  anzusetzende  Zwischenstufe  kann  man  zweifelhaft  sein.     Ich 
nehme  an,  dass  sich  zunächst  ein   e«  entwickelte,  das  dem  an- 
gelsächsischen ea   (aus  germ.    a   vor  bestimmten    consonanten- 
gruppen)    glich;    wie  dieses,    welches  nach  Grimm  Gr.  I,  238 
zwar  diphthongisch,    aber  beinahe   kurz  zu  sprechen  ist,    d.  h. 
gleich  einem  kurzen  a  mit  flüchtig  vorgeschlagenen  e,  im  Engli- 

ßciträgo  z.  kundo  d.  ig.  sprachon.  V.  iü 


282  R  Fröhde 

sclien  wieder  a  geworden  ist,  während  ihm  im  Friesischen  bei 
folgendem  r  ein  e  gegenübersteht,  so  entwickelte  sich  das  dem 
a  noch  nahe  stehende  e»  im  Europäischen  zu  e,  fiel  aber  im 
Indoiranischen  wieder  mit  a  zusammen.  Was  die  zweite  der 
aufgeworfenen  fragen  anbetrifft,  so  hat  Curtius  in  seiner  be- 
kannten abhandlung  über  die  Spaltung  des  a-lautes  bewiesen, 
dass  das  e  europäisch  ist.  Weiterhin  wurde  von  Amelung 
(KZ.  XXII,  360)  und  entschiedener  von  Brugman  (Stud.  IX, 
367  ff.,  KZ.  XXIV,  2,  Morphol.  untersuch.  I,  1)  die  ansieht  auf- 
gestellt, dass  die  färbung  des  a  in  die  indogermanische  zeit 
hinaufreiche.  Eine  wissenschaftliche  begründung  dieser  ansieht 
hat  zuerst  Collitz  Beitr.  III,  207  gegeben,  indem  er  zeigte, 
dass  sich  die  palatale  im  Indoiranisehen  vor  a  in  der  regel  nur 
da  finden,  wo  diesem  europ.  e  entspricht.  Denselben  gedanken 
führt  Joh.  Schmidt  KZ.  XXV,  04 ff.  aus.  Gegenwärtig  ist  diese 
auffassung  von  vielen  Seiten  anerkannt;  mich  bestimmt  auch 
folgende  erwägung  ihr  beizutreten.  Wenn  nämlich  das  bezeich- 
nete e  durch  tonerhöhung  aus  «  entstand,  und  wenn  ferner  die 
angeführten  altindischen  4  und  6  mit  demselben  auf  gleicher 
stufe  stehen,  so  wird  man,  falls  man  i-  und  «-wurzeln  anerkennt, 
zu  der  Vermutung  geführt,  dass  auch  sie  durch  tonerhöhung 
aus  t  und  ü  sich  entwickelt  haben.  So  wurde  das  hochbetonte 
i  zu  einem  helleren,  dem  e  näher  liegenden  ^-laut,  den  ich,  dem 
e«  entsprechend,  mit  e.i  bezeichnen  will.  Während  aber  die  bei- 
den bestandteile  des  e"  zu  ä  verschmolzen,  war  das  bei  dem 
ei  nicht  unmittelbar  möglich  und  es  bildete  sich  der  laut  zum 
diphthongen  ei  aus,  in  gleicher  weise  wie  im  Altfranzösischen 
formen  wie  seit  veie  meins  aus  lat.  sit  via  minus  hervorgingen 
(Gaston  Paris  La  vie  de  St.  Alexis  74,  Mall  Li  cumpoz 
Philipe  de  Thaüne  60,  Burguy  Gramm,  de  la  langue  d'Oil  II, 
306),  oder  wie  im  Englischen  das  i  von  chihl  knight  als  ei  ge- 
sprochen wird.  Schwieriger  ist  die  erklärung  des  eu  aus  ü. 
Der  dem  ei  entsprechende  laut  würde  o»  sein,  und  dieser  konnte 
sich  zu  ou  (vgl.  altfranz.  loup  joug  =  lat.  lupus  jugum ,  engl. 
hound  ivound  —  ags.  hund  wund)  und  au  (wie  das  ou  der  an- 
geführten englischen  wörter  lautet)  entwickeln.  Nun  hat  Bez- 
zenberger  A-reihe  d.  got.  spr.  34  a.  bemerkt  und  Beitr.  II, 
141  ff.  ausgeführt,  dass  sich  ein  allgemein  europäisches  eu  nicht 
annehmen  lasse,  da  im  Baltischen  wenigstens  dieser  diphthong 
nicht  sicher  nachgewiesen  sei.     Ist  diese  ansieht  richtig,  so  hat 


Der  lateinische  ablaut.  283 

der  durch  tonerhöhung  aus  hochtonigem  ü  entstandene  diphthong 
indogermanisch  au  gelautet  und  dieses  au  ist  in  den  westeuro- 
päischen sprachen  ,  die  sich  auch  in  betreff  der  gutturale  vom 
Slavolettischen  entfernen,  der  analogie  des  auf  gleicher  stufe 
stehenden  ä  und  ei  folgend,  in  eu  übergegangen.  Die  palatale 
fallen  hier  bei  ihrer  Vereinzelung  minder  in's  gewicht;  der  an- 
laut  von  cödaii  „antreiben ,  beeilen ,  sich  sputen"  caus.  „in 
schnelle  bewegung  versetzen,  dringend^ bitten"  ist  überdies,  wie 
ahd.  sciuzu  (Schmidt  KZ.  XXV,  70)  und  das  begrifflich  noch 
genauer  entsprechende  gr.  artevdto  „in  schnelle  bewegung  se- 
tzen, eifrig  betreiben,  sich  sputen,  dringend  ermahnen"  bewei- 
sen, nicht  ursprünglich.  Sollte  aber,  wie  Schmidt  (KZ.  XXIII, 
352  ff.)  annimmt,  der  in  altsl.  jn  lit.  lau  die  fortsetzer  eines 
früheren  eu  erkennen  will,  der  diphthong  eu  allgemein  euro- 
päisch sein,  dann  würde  die  möglichkeit  vorhanden  sein,  den 
Übergang  des  aus  ü  entstandenen  au  in  den  helleren  laut  be- 
reits in  die  Ursprache  zu  versetzen. 

Schmidt  'KZ.  XXIII,  348;  lässt  auch  diese  ei  und  eu  durch 
tonerhöhung  aus  ai  und  au,  letztere  aber  (Voc.  I,  144)  durch 
%  und  ü  aus  in  und  un  entstehen.  Diese  auffassung  würde  die 
von  mir  behauptete  morphologische  gleichheit  von  e  ei  eu  auf- 
heben, abgesehen  davon,  dass  sie  den  vocalunterschied  in  bil- 
dungen  wie  cu&io  got.  haitan  nicht  erklärt. 

Sind  nun  aber  diese  diphthonge  durch  denselben  pro- 
cess,  der  a  in  e  wandelte,  hervorgegangen,  so  muss,  da  ihre  ent- 
stehung  der  indogermanischen  zeit  angehört,  auch  die  färbung 
des  a  in  die  Ursprache  versetzt  werden. 

C.    Indogerm.  a  —  i  —  u. 
Die  I-  und  i«-wurzeln  zeigen  in  bestimmten  wortclassen  die 
einfachen  vocale  i  und  u,  und  zwar  in  allen  indogermanischen 
sprachen  übereinstimmend.     Vgl.: 

1.  Präsensstämme  auf  d  :  skt.  viddti  ruddti  —  lat.  rxklo. 
Präsentia  dieser  art  begegnen  in  den  europäischen  sprachen 
nur  vereinzelt;  häufig  dagegen  sind  die  dazu  gehörigen  augment- 
präterita   im  Griechischen   wie    tlutov  —  skt.  äricam ,   ijXv&ov 

=  skt.  ruh  dm,  env&ovto  —   skt.  budhdnta.-  Vgl.  Benfey  Gr.     I    > 
s.  160,  Fick  Beitr.  IV,  172.  ^ 

2.  Präsensst.   auf   i/a  :  skt.  jnishyati   -    gr.   c-rrvuo,    skt. 

19* 


284  F.  Fröhde 

küpybti^  —  lat.  <*»£ijj2^hcF^^  —  germ.  svitjan, 

j^-skt.  nijycde  :  gr.  vi'Cto. 

?>.  Präsensst.  der  nasalclasse :  skt.  prushnati  ishndti :  lat. 
dec/üno  aus  *degusno  —  skt.j  ^^^J^*^^  l&t-  "ytttthint,,  skt. 
lumpäutl  —  lat.  ritiupituf;  vgl.  gr.  hiutüvto  irv'ho'ouai  lit. 
hundu  u.  a. 

4.  Präsensst.  auf  *&a  :  skt.  £cÄa&  yuchdti :  gr.  staxio  filoyio 
lat.  misceo. 

5.  Intensiva:  skt.  d&tfo  verijyäte  rerihydte  qöcucan  pöpru* 
lind.  :  gr.  Ttoinvvin  öeidlaao^iai  skekiCio  deidtaxopat  titvotuo, 
deren  ont  späterer  zusatz  ist. 

(5.  Abgeleitete  verba:  skt.  citdyati  vipdyati  rucdyaH  cii- 
cdyati  :  lat.  räfeo  got.  fifapt,  altn.  wjopa  mhd.  wipfen  „schwen- 
ken", lat.  mieo  =  ahd.  i&tät  altsl.  ruzda. 

7.  Redupi.  aorist:  skt.  acikitat  avtvipat  arürucai  abfiblnt- 
dal  :  gr.  7ten;i&eo&ai  7te(piöea0^ai  nenvi^eTo  (Fick  a.  o.). 

8.  Schwacher  perfectstamm :  skt.  bibhidimd  —  lat.  fidimus 
got.  hitum,  skt.  vidmd  —  gr.  Ifytsi'  got.  vitmn,  skt.  vidüshl  —  gr. 
Iiövia,  skt.  bubliujmahe  :  gr.  7t€cpvypevog  iti-irvapai  u.  a.  Der 
kurze  vocal  ist  hier  unursprünglich,  aber  indogermanisch. 

9.  Nominalstämme  auf  a,  i,  u,  ta,  ti,  ca,  ra,  na,  ma  z.  1) 
skt.  yuyä  =  gr.  tvyöv  lat.  jugum  germ.  juka-,  skt.  fwc<$  „leuch- 
tend" =  gr.  dficpi-XvAir]  XvxrjysvrjgS  skt.  SMtqhä'  =  "gr*Vvi^ '■uatt 
«*wy^  germ.  sJfcK^a-  altsl.  sTNtfj/wy^skt.  «ta^==>gr.  o&^,  skt. 
ptäftli  vidhdra  =r  gr.  yl&eog  lat.  vuluus  got.  vidiiho  altsl.  <y- 
r&w«,  skt.  f^Wy^^  gv.  ^sgcaus  *fiofog,  skt.  buddhä  —  gr. 
a-TCvazog,  'skt.  midhä  =X  gr.  ofuxvdg  lat.  mictus,  skt.  W/.-M  — 
lat.  re-lictus  lit.  liktas,  skt.  bnddhl  —  gr.  rcvorig,  skt.  dishtt  - 
ahd.  in-zihf,  skt.  vidyä  =  ahd.  wlzzi,  skt.  rndhirä  =  gr.  %<- 
■d-^og  lat.  m&er  altsl.  rüdrrt,  skt. (ishird  =  gr.  ^fgog,  skt.  budhtid 
=    lat,  finhlut   altn./öMngr.  /?£<<£«£,    skt,  yinJ-knid  :  gr.    ro> 


I 


—    lat.  ftuHlm   altn.  /  5^  V  gr.  7?p«^a^,    skt.  /// 

t)iese\  und  w  stehen  nur  in  ursprünglich  unbetonter  silbe. 
Sie  werden  im  Altslavischen  durch  I  und  w  refiectirt;  in  den 
übrigen  sprachen  sind  sie  erhalten,  höchst  selten  ausgefallen 
wie  in  gr.  Ttsjcvü/tisvog  neben  Jtiwfiai,  rjl&ov  aus  ijkv&ov.  Die- 
sen »  und  m  nun  entspricht  in  gleichartigen  bildungen  von  «- 
wurzeln,  von  secundären  lautveränderungen  abgesehen,  «: 

1.  skr.  fcftfctfi  =  got.  «««??  (vgl.  ave-fiog  lat.  «ni-mits),  skt. 
rdhdti  —  gr.  uld-iü ,    skt.    "7"/'    aus    ''Uijdti   (s.  u.)    —    gr.  a/w 


Der  lateinische  ablaut.  285 

lat.  ago  germ.  akan.  —  Das  zu  dieser  bildung  gehörige  augment- 
präteritum  wird  im  Griechischen  als  aorist  verwendet,  vgl.  sßa- 
Xov  exTctvov  e'Xa&ov  e'/taihov  e'ftaQÖov,  TaQ7tco/ne&cc  (vgl.  skt. 
trpäti),  8TQaqir]v  iddgrjv  ixdgrjv  hidqrjv  eardXrjv  ecp&dgrjv  :  ßsXog 

ÄTSIVCÜ     XctV&dvtO     *7T€V$tO     7Z£Qd(X)      T£QTCO{lCU     TQtCf(jO      ÖSQCO     U.    S. 

w.  Dagegen  sind  formen  wie  iyevovro  sttegov  etsxov  eigent- 
lich die  augmentpräterita  zu  verlorenen  präsensstämmen  mit 
betontem  vvurzelvocal :  lyhovxo  =  skt.  ajananta,  etceüe  ~  apa- 
tat (Ficka.  o.  178). 

2.    skt.  hdryati  —  gr.  %cciqio  aus  *yaQJio,  skt.  mdnyate  —      !  ^ 
gr.  [Aaivof.ictL,  zend.  pathyaiti  —  gr.  ndooto,  zend.  ukhshyeiti  (u 
aus  va)  =  germ.  vahsjan.  - 

o.  skt.  tanötl  —  gr.  rdvv/itai,  ^it.  sanöti  =  gr.  ccvimiJ  skt. 
mmnati  —  gr.  y.d/Ltvw ,  skt.  hvrnatl  =  lat.  fal/o ,  skt.  tPlTft+Mjj 
-:  latr"7n^#*4,^„ygl.  lat.  pando  pango  gr.  Acty/cmu  Xavddrai 
jiav&dvio  u.  a. 

4.  skt.  gächati  —  gr.  ßdoxto,  skt.  prcchdti  =  lat.  jwsco 
aus  *porcsco  u.  a. 

5.  skt.  carkarmi  pä'patan  ddrdarshi  nänadati  :  gr.  XiXalo- 
f.tat  ztTaiviü  \ditTio  daqüäiixio  yagyaiQio  diddoxco  u.  a. 

6.  skt.  ^prdtiyiittl  =v,jr.  jrtrp«^mK  skt.  damdyati  =  got. 
tum  Jan,  skt.  daräyati  —  g&rm.  tarjan  (ahd.  zerran),  skt.  w«r- 
jdyati  =  lat.  mulgeo  u.  a. 

7.  skt.  tatapate  nanaitias  didharam  :  gr.  leXaßeo&ai  d(x- 
7t£7T(xXiöv  XExdqiiEXo  xExadslv  -/.Eydqovxo  zrttcpQctdov  u.  a.  (Cur- 
tius  Verb.  II,  27  ff).  Solche  aoriste  haben  sich  nur  erhalten, 
wenn  entweder  die  üblich  gewordene  präsensform  ein  a  zeigt 
(ka/ußdvü)  ndXXio  y.r}dto  yaiQOj  cpgd'Cio),  oder  die  wurzel  ein  inne- 
res oder  schliessendes  q  enthält  (xExdQTtsxo).  Steht  dagegen 
im  präsens  e,  so  ist  der  wurzelvocal  im  reduplicirten  aorist  aus- 
gefallen, jedenfalls  nachdem  er  zunächst  in  s  übergegangen  war, 
vgl.  sircov  exexXexo  Exsxpov  tTiEcpvov :  Erzog  xsXo/Liai  altir.  bevim. 
Dasselbe  gilt  vom  einfachen  aorist;  vgl.  sßaXov  tXa&ov  s'Xaßov 
iddgrjv  etuxqöov  :  ßdXXio  Xij&w  Xafxßdvio  öeqw  Tcigdco,  dagegen 
toyov  eotcov  STtTOf.trjv  :  eyio  ertw  7tEX0f.iai. 

8.  skt.  vavanmd  tatane  gäcadüs  u.  a.  :  gr.  fiE/na^tEv  n&qxx- 
f.tai  ei[.taQT(XL  soxaX/nai  7C£7taQ/ucu  EoxQa/iifiai  dsdag/itca  7tena&vla 
XeXdo(.ie^a. 

9.  \  skt.  ajä  =  gr.  dyqg,  skt.  khanjci  „hinkend"  =  gr. 
oxa^ßog  altn.  skakkr ,  skt.  kattiw^ ==r*sgf;  *afa»§L  skt.  drbha  = 


286 


•^ 


F.  Fröhde 


caivusi —  s 
aszavh  X- 


skt.  gJiarmd   -    lat.  for- 


gr.  a(>ß0<;  —  skt.  ahi  —  lat.  angvis  lit.  angls,  skt.  Ä7«m/  „wüh- 
lend" —  lat.  cunwulus  —  skt.  tdku  =  gr.  rayvg,  skt.  ««//!(  =a 
got.  aggvus  —  skt.  £&&&$  ?as£a  =  lat.  castus,  zend.  dereta  — 
gr.  dctQTog  — ,skt.  bhrshtt  =  lat.  fastigium,  skt.  ra«#  ==  ahd. 
watist —  skt.p-w^a  =  lat.  caJvus  --  skt.  Jean  yd  »=  gr.  xcavog 

skt.  öpfrf  ,}träne"  =  lit 
wms  got.  varms  u.  a. 

Eine  genauere  ausführung  dieser  aufstellungen  erfolgt  in 
er  zweiten  abhandlung.  Ist  aber  diese  auffassung  richtig,  so 
wird  die  neue  vocalismustheorie,  wie  mir  scheint,  unhaltbar. 
Denn  wenn  i  und  ü  durch  Schwächung  aus  ai  und  au  entstan- 
den, u  aber  mit  ihnen  auf  gleicher  lautstufe  steht,  so  müsste 
man,  um  diese  gleichheit  zu  erklären,  entweder  mit  Amelung 
(Bildung  d.  terapusstämme  durch  vocalsteigerung  im  Deutschen 
s.  38  ff.)  annehmen,  dass  sämmtliche  europäische  ä  aus  ä  her- 
vorgegangen sind,  oder  dass,  während  ai  und  au  in  tieftoniger 
silbe  die  starke  Schwächung  zu  i  und  ü  erlitten,  d  unter  den- 
selben Verhältnissen  unangetastet  blieb,  oder  endlich,  dass  auch 
d  zunächst  geschwächt  wurde,  der  so  entstandene  laut  aber 
später  wieder  in  d  überging.  Mehrfach  ist  auch  die  ansieht 
aufgestellt  worden,  dass  ein  teil  der  ä  wie  die  von  gr.  s'Xa&ov, 
eoctTtrjv  occTtgög,  S7rdyrjv,  irdxrjv  TaxeQog  neben  Irj&io  arjTiio 
7iiqyvvf.tL  rfaio  aus  ä  entstanden  sei,  ein  anderer  dagegen ,  z.  b. 
die  von  e'ßaXov  enaO-ov  i.xqanov  coraX/uca  xiTcdva)  neben  ßtXog 
nivÜog  tqircoi  oreXXto  zeivio  aus  sonanten  n  und  r  oder  aus 
schwä.  Mir  scheint  eine  solche  trennung  nicht  möglich,  viel- 
mehr das  u  aller  dieser  formen  dasselbe  zu  sein.  e'Xa&ov  z.  b. 
verhält  sich  zu  Xqd-u)  nicht  anders  als  edctviov  zu  dql-o/iica,  das 
a  von  s'daxov  aber  wird  doch  nicht  verschieden  sein  von  dem 
von  danveo,  dieses  wiederum  kann  nicht  anders  aufgefasst  wer- 
den als  das  von  yf.df.ivto  ey.aj.tov,  ddf.ivrjf.ti  iddftrjv,  tdftvto  etocftov; 
ferner  ist  das  a  von  e'Xa&ov  tadov  und  anderen  bildungen  dieser 
art  offenbar  dasselbe  wie  das  von  Xav&dvtü  dvddvto,  wäre  es 
also  aus  dem  ä  von  Xrj&io  fjdoftat  verkürzt,  so  müsste  von  letz- 
terem ebendasselbe  angenommen  werden,  dann  aber  weiter  auch 
von  dem  in  lateinischen  formen  wie  pango  tango ;  das  a  von 
eßaXov  entspricht  meines  erachtens  dem  von  ßdXXto  und  dieses 
steht  auf  gleicher  stufe  mit  dem  von  tdoaio  ndooto  dCto  azdCto 
u.  s.  w.,  kann  also  nicht  aus  „liquida  sonans"  entstanden 
sein. 


Der  lateinische  ablaut.  287 

Die  angeführte  ansieht  Amelung's  hat  keinen  beifall  ge- 
funden und  ist  sehr  unwahrscheinlich;  die  beiden  anderen  auf- 
gestellten möglichkeiten ,  die  morphologische  gleichheit  von  ä 
i  ü  zu  erklären ,  stehen  an  einfachheit  jedenfalls  zurück  hinter 
der  aus  der  alten  vocaltheorie  sich  ergebenden  auffassung,  dass 
die  grundvocale  diu  in  tieftoniger  silbe  sich  erhielten,  wäh- 
rend sie  unter  dem  hochton  die  oben  besprochenen  Umgestal- 
tungen erfuhren.  Die  i  und  ü  nun  waren  naturgemäss  weiterer 
umwandelungen  nicht  fähig,  dagegen  hat  das  ä  im  laufe  der- 
zeit seeundäre  Veränderungen  verschiedener  art  erlitten,  von 
denen  besonders  die  folgenden  von  Wichtigkeit  sind: 

1.  Eine  besondere  Stellung  nehmen  die  wurzeln  mit  schlies- 
senden  oder  inneren  r  n  m  (s)  ein,  die  eine  doppelte  behand- 
lung  erfuhren: 

a)  diese  laute  fallen  aus  und  a  bleibt  erhalten. 

Am  häufigsten  schwanden  auf  solche  weise  die  nasale,  be- 
sonders vor  dentalen  in  fällen  wie  skt.  gatdm  yd'tar  für  Cyan- 
id r  =  lat.  janltrices,  ädhara  =  lat.  inferus,  jdnd'mi  aus  *jan- 
nd'mi  (Schmidt   KZ.  XXIII,    278)   hathds   hatds   hathd  gathd        \y> 
gatdm  (Delbrück  93)    yatd  natä  gdti "  u.  a. ,    gr.  exazöv   erta-  *j  *  /, . /: 
ü-ov  ftifictfiev  tardg  zdoig  u.  a.,    lat  (cate/hts  „hündchen^ satd-        ^ 
les  neben  canis  ahd.  hund,  got.  gasinpja;  aber  auch  vor  anderen 
"corisonanten  wird  durch  den  Tiinter  die  silbe  fallenden  hochton 
nasalschwund  bewirkt,   vgl.  skt.  ast  —  lat.  ensis,  vasti  =  lat. 
vexica  ahd.  warnt,  ahi  —  lit.  angis  lat.  angvis,  bahü  =  gr.  rta- 
yi'g  ridyyv,  aüftr4^—  gr.  oPftQQS  lat.lTftfey^  vämä  „schön"  (von  * 

c«n)  ==t  &es.\vanum  (FicS  Worterb.  I,  210),  l^-IJjüj^^gr^^ '-^ 
Z^Tti^  ahd.  "TmLi  u.  a.  Vgl.  Brugmau  Stud.  IX,  299.  325, 
Schmidt  KZ.  XXIII,  272  a.,  de  Saussure  Mem.  s.  20  ff. 
Ob  man  in  gleicher  weise  die  formen  skt.  jd'yate  sdyate  khdyate 
kayamdna  (Delbrück  110)  jdnri  jdmd  „Schwiegertochter" 
mdyd  „trug,  täuschung"  (vgl.  altsl.  maniti  „täuschen"  ahd. 
meini  „trügerisch,  falsch")  gr.  ya/utio  ya/ußgog  von  den  wurzeln 
jan  sau  khan  kan  man  abzuleiten  hat  oder  von  kürzeren  wur- 
zelformen  wie  gr.  ya  (yeydaai  lat.  indigetes)  fiicc  Qts/uawg)  ist 
mindestens  zweifelhaft  (Schmidt  Voc.  I,  37). 

Ausfall  eines  r  ist  nur  im  Sanskrit  nachzuweisen  und  zwar 
auch  hier  nur  vor  dentalen,  die  dann  in  den  cerebral  verwandelt 
wurden;  vgl.  katü  =  lit.  karths,  khdti  --  altn.  skarä,  yatn  = 
gr.  TtXaxvg  „salzig",  kathara   =  gr.  "/.aQteqdg,  na  da  =  gr.  vccq- 


288  F.  'Fronde 


. 


&*}!;>  jada  jdlhu  aus  *gardhü  =  lat.  bardus  gr.  ßgudig,  kdtd  « 
kartd,  bhata  =  bhrtd,  kdta  „geflecht"  —  gr.  '/.vqtog  (Schmidt- 
KZ.  XXV,  72,  Verf.  o.  III,  131),  pdni  (Pauli  Körperteile  p.  21), 
ganä  neben  dyeiQto,  mänavd  neben  jU£7Qai-  (Beitr.  III,  130  f.). 
In  pdnate  =  7t£Qvarai,  pdthati,  nätati  ist  die  accentuirung  der 
Wurzelsilbe  hysterogen.  Derartigen  formen  stehen  in  den  euro- 
jhen  sprachen  in  der  regel  entsprechende  mit  a  gegenüber. 
Selten  fällt  im  Sanskrit  in  dieser  weise  ein  s  aus ,  so  in 
| y#6t!fay&ßrv'l*ytfy ij  „pTelsT^^fiömmi^neben  fornHÄ^^eTt"  germ. 
rnzd-  (;ilt.n.  r-ai-<t)  „waaru",  wol  auch  in  jafhära,  dessen  ///  mir 
die  Verbindung  mil  got.  qißra-  zu  hindern  scheint,  ==  gr.  yaa- 
ttJq  (Curtius  nr.  126). 

b)  diese  laute  bleiben  erhalten   und   das  a  der  wurzel  wird 
reducirt. 

a)  ar  Avird  im  Sanskrit  vor  vocalen  häufig  zu  ir  ur  ge- 
schwächt, vor  consonanten  zu  r,  dessen  stimmton  sich  sehr  ver- 
schieden entwickelt,  zu  //*  ur  ir  ür  tri  ri  ru  ri  rü  ;  ry  wird 
meist  iry  ür//  oder  riy,  r  4-  dental  zuweilen  i-ü  4-  cere- 
bral: üräti ,  turäti ,  bhrshti,  girshdn-  (=  gr.  xaQrjar-) ,  pürnd, 
(jirinä,  krimi  f=  krmi),  ri'yate,  mriydte,  pürydte,  dirydte  (vgl. 
Benfey  Or.  u.  occ.  III,  1  ff.,  Schmidt  Voc.  II,  216  ff.),  v'ind 
„laute"  neben  vänd  von  w.  var  gr.  feg  „sprechen",  vidü  „fest, 
hart",  vildyati  „fest  —  hart  macheTT**;'  aus  *vrdhu  '—  gr.  ßQiirvg  |Lr 
ßglitto,  cuda  ac=  gr.  xogvöog.  Im  Litauischen  entsprechen 
ir  ü  (Fick  Beitr.  IV,  191),  im  Altsl aviseben  ru  In  ri  Vi, 
die  nach  Miklosich  (Ursprung  d.  worte  von  der  form  trüb) 
silbenbildende  r  l  darstellen,  nach  Schmidt  (Voc.  II,  02) 
durch  tri  ürü  Ui  ülü  aus  ir  tl  ür  ul  enstanden  sind;  im  Ger- 
manischen ri  li  ir  il  or  ol  :  vrisan^~=  skt.  vfshan,  ßridjd- 
—  skt.  trti'ya,  rinnan  —  skt.  rnöti ,  li$ti-_  „klugheit,  Weisheit, 
Wissenschaft,  kunst"  4wozu  got.v^sa^r^fTähren"  "tms  „ich  w«is$ 


V 


altsl.  /^^TISfcM^^ßT,lf^terTriV^S72)  =  skt.  rshi  „durch 
Weisheit  geheiligte  person",  ahd.  biricha  =  skt.  bhürja ,  germ. 
filu-  =  skt.  purii  gr.  noXvg,  vüjan  tüjan  =  skt.  vriydte  dri- 
ydte,  völfa-  —  skt.  vfka,  ßorzü-  =  skt.  trshü,  dorsta-  ßorfti-  u. 
a. ,  im  Griechischen  ig  iX  vq  vX  qi  Xf  qv  Xv  oq  oX  qo  eg 
sX  :  x.iQvrj/.u  =  skt.  crinä'ti  (Schmidt  Voc.  II,  254),  dsvdlXXtü; 
skt.  driydte  germ.  tüjan  (Ficka.  o.  I,  106,  Curtius  nr.  264b), 
tpvXXov  —  lat.  folinm,  qlov  =  altsl.  vrichü  lit.  virszits,  rqixog : 
skt.    trti'ya,   Qivog    =    skt.    vdrna    aus    *'varnd,    (pqcyio    =    skt. 


Der  lateinische  ablaut.  289 

bhrjjdti  lat.  frigo,  Xvvtog  —  skt.  vfka ,  qvßog  —  skt.  vrji-ud, 
qiLp  — -  got.  vaurts ,  noXvg  =  altir.  il  germ.  flu-  skt.  jpttrü, 
OTOQW/iu  ==  skt.  strnöti,  OQWf.ii  =■■  skt.  rnöti ,  6XXvf.it  =  skt. 
?7io7i  (Leo  Meyer  KZ.  XX,  313),  ßgozog  =  skt.  ■mrfrE, [JTgoxyr; 
n£QY.vo$  —  skt.  prjJWt  ahd.  forhana  (Fick  a.  o.  I,  142),  fiel- 
Xixög  fiufoyog  =  lat.  wo///,*  grundf.  *marnä;  im  Lateinischen 
«r  2?  «r  «3  H  K  r«  /w  or  ol  er  el  :  hirnea  —  altsl.  r/rünü 
(Möller  KZ.  XXIV,  514),  hircus  hirsutus  :  gr.  q)Qix-  <pQi£og, 
villus  =  skt.  ürna  lit.  w7w«  altsl.  vlüna  got.  y  «/££«,  ttmtl  = 
gr.  gvßög  Qdißog  got.  vraiqs,  tristis  —  lit.  tirsztas  skt.  trshtd, 
nrsus  =  skt.  rksltä,  hqms  =  gr.  At'xog  skt.  vrfat'j  pullus  - 
kypr.  rciXvög,  rltus  =  skt.  ?'£w;  mortuus  mors  =  "a^sl.  »I>w4(>t 
?7rr«iilit.  »^w&s,  2;o^°  —  £r-  ™oXX6g  skt.  pürnä  zena.  perena, 
celhi  =^skt  "girinä  abd.  halla^TpeUo  =  gr.  7tiXvda),^vermis  = 
got.  vaurms  gr.  ^d/zog  (Fick  Keitr.  III,  164)  u.  a.  Eine  völ- 
lige Übereinstimmung  in  dem  die  liquida  begleitenden  vocale 
findet  sich  nicht:  indes  werden  wir  in  denjenigen  fällen,  in 
denen  sämmtliehe  indogermanische  sprachen  die  eine  oder  die 
andere  der  bezeichneten  Veränderungen  des  ursprünglichen  ar 
zeigen,  die  affection  in  die  Ursprache  versetzen  dürfen,  also  in 
fällen  wie  skt.  vfka  lit.  vllkas  altsl.  vlukü  gr.  Xvxog  lat.  lupus 
germ.  volfa-,  skt.  vj-shan  germ.  vrisan-  gr.  qiov  lit.  virszits  altsl. 
vruchu, Jikt.  ürna! lit.  w7/«>  altsl.  pJwttd  lat.  WW«s  got.  ??«//«  cymr. 
r/M?a«JÄt.  r»%Ä<4Jat.  /m//s  lhs^r§»&t£\|Mesfe  auffassung  wird  be- 
günstigt durch  folgende  erwagung.  "Wer  der  ansieht  folgt,  dass 
r  im  Sanskrit  nur  in  tieftoniger  silbe  aus  ar  entsteht,  muss  die 
bejtonung  der  Wurzelsilbe  in  vfka  vfshan  für  unursprünglich 
halten  und  annehmen,  dass  die  Wörter  einst  *vrkd  *vrshdn  ge- 
lautet haben;  nun  aber  zeigen  germ.  völfa- vrisan  (nach  Ver- 
ner's  gesetz),  dass  der  accent  in  diesen  Wörtern  schon  in  der 
Ursprache  auf  die  Wurzelsilbe  getreten  ist,  es  muss  also  schon 
in  dieser  das  r  bestanden  haben.  Nach  der  analogie  dürfen 
wir  aber  dasselbe  erschliessen  für  skt.  tfna  =  altsl.  trinü  got.N 
Paurnus,  kfmi  =  lit.  kirmisJbhfmi  =  altn.  brimi  gr.  (pQiuäo-  j 
oofim  (Bechtel  Sinnl.  wahVn.  71).  Bezzenberger  (Beitr.y 
III,  134)  folgert  aus  dem  t  von  lit.  stirna  „reh"  =  altsl.  sriina 
und  dem  abfall  des  d  in  lit.  ilgas  —  aftsj^ffriflff  gr.  doXipog 
skt.  dirghä  mit  recht  die  litauischen  grundformen  srnd  und 
'dlgas;  ob  aber  hier  "bereits  indogermanisch  r  stand,  lässt  sich 
nicht  entscheiden.     Hiernach  sind  wir,  wie  mir  scheint,  berech- 


290  F.  Frohde 

tigt,  der  Ursprache  ein  sonantisches  r  zuzuerkennen.  Dagegen 
kann  ich  Fick  (Beitr.  IV,  186)  nicht  beistimmen,  wenn  er  das 
griechische  ag,  wo  es  einem  altind.  r  gegenübersteht,  als  ent- 
wickelung  eines  indogermanischen  r  auffasst.  Ueber  formen  wie 
dedagjtica  eyd-agiiai  eGTal/nai  ertagdov  dagrog  df.ialövvüj  (—  skt. 
mrdii  altsl.  mladü)  i&agovg  (==  skt.  dhrshii)  habe  ich  mich  schon  4  ^ 
geäussert ;  ihr  «  ist  ebenso  "zu  beurteilen  wie  das  von  lat.  fasti- 
gium  =  skt.  bhrsliti ,  ■arduas  --  zend..  eredhva ,  argentum  — 
zend.  erezata  (ere  —  skt.  r) ;  wer  also  das  griecfiische  ag  aus 
r  erklärt,  wird  auch  das  lateinische  ar  in  den  angeführten  Wör- 
tern ebenso  fassen  müssen.  Die  einzige  form,  welche  für  diese 
ansieht  zu  sprechen  scheinen  könnte,  ist  ßagrdjtievov  in  der 
grabschrift  des  Arniadas  (Bezzenberger  Beitr.  III,  136);  sie 
würde  meiner  auftassung  Schwierigkeiten  in  den  weg  legen,  wenn 
sie  attisch  oder  ionisch  wäre,  vgl.  jedoch  Curtius  Grundz.5 
s.  596. 

Die  ansieht,  dass  die  „liquida  sonans"  sich  bereits  in  in- 
dogermanischer zeit  zu  entwickeln  begonnen  habe,  ist  meines 
wissens  zuerst  von  B  rüg  man  (Stud.  IX,  325)  aufgestellt  wor- 
den. Derselbe  setzt  aber  die  Vertretung  derselben  in  den  euro- 
päischen sprachen  wesentlich  anders  an;  er  betrachtet,  gestützt 
auf  gleichungen  wie  skt.  adream  —  gr.  edgaxov  im  Griechischen 
ga  la  als  die  regelmässige  gestalt  derselben.  Allein  wenn  in 
formen  wie  edga&ov,  xgadirj ,  dgaiog,  ßgadvg,  7i€q>gay/iihog, 
tfgaovg,  nXaxbg  „salzig",  xgecrog  xgavegog  y.gatvg,  TtTgarog, 
xgadaivio  neben  t'dagttov,  xagdia,  öagrog,  ßdgdiarog  lat.  bardus 
skt.  jada ,  /iscpagyfievog  lat.  farcio,  Üagovg,  skt.  patu ,  xdgvog 
/.agzsgog  -/.agvog  got.  hardus,  thagvog  lat,  quartus ,  lat.  cardo 
das  schwerfälligere  ag  -\-  cons.  in  das  bequemer  auszuspre- 
chende ga  -J-  cons.  übergegangen,  und  andrerseits  in  Wörtern 
wie  bhrshti,  wie  ich  wenigstens  annehme,  das  altindische  r  erst 
nach  der  völkertrennung  entstanden  ist,  so  wird  Brugman's 
schluss  doch  sehr  unsicher.  Dazu  kommt,  dass  ra  gegenüber 
einem  altind.  r  sich  nicht  nur  im  Griechischen  sondern  auch 
in  anderen  sprachen  findet,  ja  dass  im  Sanskrit  selbst  ra  und 
r  öfter  neben  einander  stehen,  man  also  auch  hier  entstehung 
des  ra  aus  r  annehmen  müsste;  vgl.  zend.  ratu  -  skt.  Hu,  lat. 
gracilis  —  skt.  hred,  lat.  iratm  got.  rajis  —  skt.  rta^  lit.  drq- 
süs  —  skt.  dhrshnti,  skt.  rajatd  —  zend.  erezata,  bhragyati  ne- 
ben bhl-gyati,   bhrajjaua   neben  bhfjana    und   bhärjana ,  mrädi- 


Der  lateinische  ablaut 


291 


gams  und  andere  comparative  der  art  neben  ninlü.  In  den 
wurzeln  qrabh  (skt.  qrbhnä'ti  lit.  r/rebln  neben  altpers.  qarb 
Fick  Wörterb.  I,  74),  bhrag  (lat.  'flagro  lit.  blizgu  gr.  ffXeyaj) 
neben  /;/<ar</  (skt.  bhärgas  lat.  fulgeo  Fick  a.  o.  I,  152)  u.  a. 
war  die  Umstellung  sogar  schon  indogermanisch. 

ß)  in  ähnlicher  weise  wie  vor  den  liquiden  wird  tieftoni- 
ges  a  vor  nasalen  in  den  europäischen  sprachen  oft  zu  i  e  o  u 
geschwächt;  vgl.  lat.  dlngva  got.  tuggo  altsl.  jqzgkü  preuss.  in- 
fuwtSf  lat.  ihferus  got.  undar  —  skt.  ädhara  aus  ^andhard, 
lat.  t'mfar  =  gr.  ofißoog  x)  skt.  abhrd,  lat.  ews/s  =  skt.  asi, 
lat.l  defomis  =  gr.  oWjg  aus  *wkffi;c,  lat.  vensica  =  skt.  #as&, 
lat.  loigvo  =  skt.  anäJai,  lit.  minus  --  skt.  #*«&  got.  mundi- 
lat.  wews,  lit.  lengvas  =  lat.  £gp/s  (aus  Hengvis)  gr.  eÄa;^  skt. 
raghü  got.  leihts,  lat.  similis  =  gr.  o^i/aAog,  ahd.  "77»^*^,—  gr. 
tftm§  lat.  aff/'a  (aus  *"2*jj^7  jj°t-  bimdum  —  sktToabandhimd 
u.  a.  t)ie~^nnahme  einer  indogermanischen  „nasalis  so- 
nans"  (Brugman  a.  o)  scheint  mir  bis  jetzt  nicht  erwiesen; 
dazu  fehlt  der  nachweis  von  sprachlichen  erscheinungen  im 
Sanskrit,  wie  sie  sich  für  die  eines  indogermanischen  r  boten. 
Wer  gotische  formen  wie  bundum  auf  indog.  huhu  zurückführt, 
müsste  in  altindischen  wie  babandhimd  an  als  entwickelung  von 
n  ansehen;  gehen  ferner  skt.  abhrd  ^^_jmber  gr.  oitßgog  auf 
idg.  lubhrd^iirück,  so  würde  in  oskisch  anafriss  =  imbribüs 
(Bugge  KZ.  II,  386,  Corssen  Voc.  I,  163,  Enderis  Formenl. 
d.  osk.  spr.  24)  ana,  in  altgall.  ambe  am  Vertreter  dieses?/«,  sein. 
Das  kommt  mir  nicht  wahrscheinlich  vor,  vielmehr  verhält  sich 
skt.  abhrd  zu  lat.  imber  wie  lat.  apis  zu  ahdA^w^)  (vgl.  Schmidt 
Voc.  I,  110),  und  es  ist  sowol  der  nasalschwund  als  die  Schwä- 
chung des  am  zu  im  durch  den  hinter  die  silbe  fallenden  hoch- 
ton bewirkt.  Nachdem  Verner  gezeigt  hat,  dass  das  Germa- 
nische noch  nach  dem  eintreten  der  lautverschiebung  den  freien 
indogermanischen  accent  besass,  hindert  nichts,  auch  für  das 
Altlateinische  das  gleiche  betonungsprincip  vorauszusetzen:  die 
vocalschwächung  in  Wörtern  wie  imber  neben  osk. {anafriss} 
?Hr  neben "S^Jc.  afttgr  §kt*7tntqr ,  ille  neben  altem  ollus  wird  so 
,  begreiflich.  ^  ^^ 

*)  Dass  sktfJ«Är(l  „gewitterwolke,  gewüjjk,  himmel,  athmosphäre, 
iither'  im  Griechischen  -auasfls  durch  ?>J*fi(iQS  auch  noch  durch  äqQos 
,, schäum,  geifer"  vertreten  sein  sollte,  ist  schwer"  glaublich ;  vgl.  vielmehr 
ahd.  sbiwir  ,, schäum"'  aTO^cs';  8*kigr  *dger  ,.geiter"~TTn"d.  Aäbbintt**^. 


292  F.  Fröhde 

Bezzen berger  Beitr.  III,  135  construirt  zur  erklärung 
des  abfalls  des  d  in  altsl.  jqzf/kü  und  preuss.  infuwis  „zunge" 
eine  mit  dng-  beginnende  grundform  und  setzt,  da  lat.  dinyua 
und  got.  tuyyo,  also  alle  europ.  sprachen,  in  denen  der  grund- 
stamm nachgewiesen  ist,  die  entsprechende  affection  zeigen,  wol 
mit  recht  ein  europäisches  dnyvä  an.  Jedenfalls  ist  die 
Schwächung  des  wurzelvocals  hier  älteren  Ursprungs,  wie  wol 
auch  in  lat.  inferus  neben  got.  undar  und  einigen  anderen. 

y)  vor  8  ist  a  in  tieftoniger  silbe  geschwunden  in  den  be- 
kannten formen  des  verbum  substantivum  skt.  smds  sdnti  syä'm 
u.  s.  w.  lat.  sumus  sunt  sim  got.  sind,  sijau  altsl.  sqfi  u.  a. 
Osthoff  KZ.  XXIII,  581  setzt  diesen  abfall  des  a  in  die  indo- 
germanische zeit  und  nimmt  an,  dass  gr.  io/niv  loxi  lat.  estis 
altsl.  jesmü  jeste  lit.  esme  este  den  vocal  von  denjenigen  formen, 
die  ihn  immerfort  behalten  hatten ,  wiederbezogen  haben.  In 
der  dritten  person  pluralis  zeigen  alle  sprachen  übereinstimmend 
den  verlust  des  wurzelvocals,  so  dass  wol  kein  zweifei  sein  kann, 
dass  die  form  indogerm.  santi  lautete.  Auch  für  den  optativ 
ist  Osthoffs  ansieht  sehr  wahrscheinlich,  denn  hier  weicht  nur 
das  Griechische  ab  und  es  ist  leicht  begreiflich,  wenn  diese 
spräche  das  überkommene  *oirjv,  welches  weiterhin  *  irjv  oder 
*arjv  geworden  sein  würde,  durch  wiederaufnähme  des  e  vor 
solcher  entstellung  bis  zur  Unkenntlichkeit  schützte.  Das  ur- 
teil über  eof.iev  laxi  lat.  estis  altsl.  jesmü  jeste  lit.  esme  este 
hängt  ab  von  dem  über  altindische  formen  wie  ckedrna  dkarma 
nniiuu  u.  a.  (Delbrück  s.  75),  mit  denen  sie  auf  gleicher 
bildungsstufe  stehen  (s.  u.).  In  dem  imperativus  lo&i  nehme 
ich  nur  Schwächung  des  ursprünglich  tieftonigen  a  an,  da  hier 
einmal  altind.  edhi  lat.  es  gegen  Osthoffs  erklärung  sprechen, 
sodann  die  annähme  eines  prothetischen  i  (Osthoffa.  o.  s.  583) 
bedenklich  ist;  man  begreift  nicht,  warum  nicht  auch  in  dieser 
form  das  e  wieder  aufgenommen  wurde.  Vielleicht  ist  auch  skt. 
edhi,  das  Schmidt  (KZ.  XXV,  61)  aus  *äzdhi  erklärt,  aus 
*izdhi  in  ähnlicher  weise  entstanden,  wie  das  oben  besprochene 
bodhi  aus  *budhdhi  Wie  in  Yo&l  ist  as  zu  is  geschwächt  in 
skt.  gishmäs  cishdmahe  cishtä  cishijate  von  cäs ,  lat.  hisco  disco 
neben  gr.  xäöKto  ölöccoxio  u.  a. 

2.  In  mehrsilbigen  Wörtern ,  namentlich  in  reduplicirten 
formen  und  compositis,  fällt  tieftoniges  a  besonders  vor  liquiden 
und  nasalen,  aber  auch  sonst,  wo  sich  bequem  auszusprechende 


Der  lateinische  ablaut.  29o 

lautgruppen  bilden,  häufig  aus.  Vgl.  nominalbildungen  wie  skt. 
babhrt  „tragend",  vacrd  „sich  versteckend"  vavrt  „versteck", 
jdghni  „treffend",  jdgnti  „gehend",  sdsni  „gewinnend",  säsri 
„gleitend",  drdhrd  „feststellend",  cäkshmd  „geduldig"  —  äprd 
„tätig",  goghnä  „kuhtödter",  tiwigrä  „mächtig  verschlingend" 
von  den  wurzeln  bhar,  vor,  han,  gam,  san,  sar,  dhar,  ksham  — 
par ,  han,  gar  und  verbalformen  wie  skt.  jighnate  bapsati  abi- 
bhran  sisrate  von  han  bhas  bhar  sar  (Delbrück  107)  —  apa- 
ptat  aeakrat  von  pat  kar  (Delbrück  111)  —  sasrüs  man/ras 
paptüs  saccima  tatne  vavne  cakre  von  sar  mar  pat  sac  tan  van 
kar  (Delbrück  124f.)  —  bharibhrati  pänipnat  ghdnighnat  von 
bhar  pan  han  (Delbrück  loo).  Aehnlich  ist  der  wurzelvocal 
ausgefallen  in  griechischen  formen  wie  trceqtvov  sxexXeio  — 
KTtXero  S71TSTO  l'oyov  ojc&o$cil  lygaofrai  dygo/iisvog  —  niiiTa- 
Liai  —  XoyjM  ui/uvto  uimia  ylyvo/uai   —  lat.  gigno  u.  a. 

o.  Fick  (Spracheinheit  s.  160)  bemerkt  mit  recht,  dass 
die  bildung  des  präsens  so  vieler  bedeutender  verba  mit  dem 
wurzelvocal  e  einen  mächtigen  einfluss  ausüben  musste  auf  an- 
dere sprachformen  und  dass  so%das  gebiet  des  e  sich  weit  über 
die  ursprünglichen  gränzen  ausgedehnt  habe.  Dieser  einfluss 
erstreckt  sich  teils  auf  andere  zu  demselben  präsens  gehörige 
verbalformen ,  teils  auf  die  verbalnomina ,  besonders  die  parti- 
cipia  auf  ta-  und  die  verbalabstracta  auf  H-.  Perfectbildungen 
wie  gr.  Ttercleya  ßfßXefi{iai  lat.  pependi  tetendi  sind  ebenso  we- 
nig ursprünglich  wie  gr.  ltlsuif.iat  l'Csvyuai,  verglichen  mit  nt- 
Ttvof.iai  t6Tvy/.iai.  Verbalnomina  wie  gr.  Acxro'g  ket-ig  lat.  lectus 
lectio  weichen  in  ganz  analoger  weise  von  der  ursprünglichen 
bildungsweise  ab ,  wie  gr.  dsixzog  Cevv.zog ,  deJi-ig  tev£tg  neben 
skt.  dishtd  guktd ' ,  dishti  gukti ,  lat.  d'ictus  ahd.  inziht.  In  gr. 
ßaoxaZa)  neben  lat.  gestare  hat  sich  das  alte  a  erhalten,  weil 
hier  ein  präsens  mit  s  nicht  mehr  vorhanden  war.  Das  zu  lec- 
tus „bett"  gehörige  präsens  ist  im  Lateinischen  verloren,  findet 
sich  aber  in  anderen  sprachen  (got.  liga  altsl.  lest/);  so  erklärt 
sich  das  lat.  e.  neben  dem  a  in  altpr.  lasto  lit.  lastä.  Die 
sammengehörigkeit  von  öa^rl^Xog,  grundstarrim  d'a/.c<h-,  in 
f.ica  wurde  nicht  nielir  gefühlt;  daher  hat  sich  in  ersterem 
alte  a  erhalten.  Abweichungen  der  genannten  art  finden  sich 
in  den  einzelnen  sprachen  vielfach,  selbst  innerhalb  derselben 
spräche  zeigt  sich  mehrfach  ein  schwanken  zwischen  a  und  e 
besonders  im    Litauischen;    vgl.  Kezzenberger   Zur   gesch.  d. 


294  F.  Fiöhde 

lit.  spr.  54  ff.  Welcher  vocal  der  ursprüngliche  war,  ist  nicht 
immer  zu  entscheiden.  Im  allgemeinen  wird  man  da,  wo  eine 
europäische  spräche  a  zeigt,  und  sicli  nicht  lautliche  einflüsse, 
welche  den  Übergang  von  e,  in  a  erklären,  nachweisen  oder  ana- 
logiewirkung  wahrscheinlich  machen  lässt,  demselben  die  Prio- 
rität zuzuerkennen  haben  (vgl.  Pick  Spracheinh.  s.  178);  denn 
die  annähme  des  Übergangs  von  a  in  e  ist  lautgeschichtlich  sehr 
viel  einfacher  als  die  des  umgekehrten  wandeis.  in  lat.  quat- 
titor  scheint  das  a ,  da  in  diesem  worte  alle  europ.  sprachen  e 
haben,  von  quartus  —  gr.  tdragzög  übertragen;  im  Lateinischen 
entsteht  sonst  a  niemals  aus  e.  Die  diabetischen  präsentia 
TQcuro)  zgäcpio  otgacfio  könnten  ihr  a  dem  einfluss  des  q  verdan- 
ken; wahrscheinlicher  aber  ist  mir,  dass  sie  die  erhaltenen  prä- 
sentia zu  den  augmentpräteritis  tiqaicov  tcqäcpiqv  ioTQaqajV  sind, 
wie  wir  ja  auch  im  Altindischen  doppelformen  wie  (lj^£shati\ 
(vgl.  äol.  &e.Qaoz,)  und  dhrshdti  (vgl.  Ü-dgaog),  tärpati  (vgl.  tiq- 
rtoLicu)  und  irpätl  (vglriofi.  haqytrjv)  neben  einander  finden. 
Neben  lit.  javai,  vasara,  aszrü  stehen  gr.  tsd  skt.  ydea,  sag  lat. 
ver ,  lat.  eqnus  alts.  ehu  skt.  eieva;  hier  werden  aber  die  ac- 
centverschiedenheiten  in  betracht  zu  ziehen  sein.  Schon  im  In- 
dogermanischen haben  zahlreiche  accentverschiebungen  stattge- 
funden, und  es  ist  leicht  begreiflich,  wenn  beim  übertritt  des 
hochtons  auf  die  Wurzelsilbe  diese  den  e-vocal  annahm,  der  in 
hochbetonten  Wurzelsilben  der  herrschende  war.  Für  die  diffe- 
renz^der  vocale  in  lat.  ^per  =  ags.  eaföf  ahd.  ebur  altsl.J^ 
jjfm,  lat.  anguilht  —  gr.  eyxtkvg,  lit.  tautä  =  got.  ftiuda,  lat. 
j^  Naurus  ==  ältn.  pjörr  ahd.  stiur,  gr.  OTavgog  =  got.  stiurjan 
und  anderen  Wörtern  der  art  wüsste  ich  sonst  einen  grund  nicht 
anzugeben. 

4.  An  stelle  des  nach  obigem  zu  erwartenden  a  zeigt  das 
Griechische  in  bestimmten  fällen  ein  o  und  zwar  in  weitem  um- 
fange in  Übereinstimmung  mit  dem  Lateinischen ,  so  dass  an 
dem  gräcoitalischen  alter  dieses  lautes  nicht  zu  zweifeln  ist. 
Das  o  findet  sich  1.  in  perfeetformen^wie  yiyova  dsdoQxa  evyj- 
voy^a  2.  in  nominalen  a-stämmen  wie  qWp  lafos^yq  o.  in  ab- 
geleiteten verbis  wie  qoepta)  lat  sorbeo  4 Nn  nominalbildungen 
auf  ma  ta  na  u.  a.;  vgl.  de  Saussure  Memoire  p.  71  ff.  Wo 
derartigen  formen  ein  präsens  zur  seite  steht,  hat  es  in  der 
regel  e  in  der  Wurzelsilbe.  Dasselbe  gilt  von  dem  diphthongen 
ai,  der  in  den  entsprechenden    fällen  im  Griechischen  und  La- 


Der  lateinische  ablant.  295 

teinischen  zu  oi  wird,  während  au  nur  im  Lateinischen  regel- 
mässig in  oh  (u)  übergeht,  im  Griechischen  dagegen  meist  er- 
halten bleibt  oder  sv  wird  (s.  o.)-  Auch  im  Altslavischen  ent- 
spricht dem  griechisch-lateinischen  o  ein  o,  aber  in  dieser  spräche 
sind  mit  wenigen  ausnahmen  sämmtliche  a  zu  o  geworden,  auch 
diejenigen,  die  im  Griechischen  und  Lateinischen  erhalten  sind 
(vgl.  ^i^=  lat.'^^l^.'^iii^Jbsi  =■  lat.  axisMobü  =  lat.  fabaS 
orja  —  lat.  aro  u.  a ) ,  wänrend  a  ursprügliches  ä  vertritt^ 
(Schmidt  Voc.  II,  162f¥.).  In  zahlreichen  fällen  stimmt  ferner 
das  Germanische  im  o  mit  den  südeuropäischen  sprachen  über- 
ein, aber  in  bildnngen  von  consonantisch  schliessenden  wurzeln 
nur  vor  liquiden  und  nasalen;  vgl.  ahd.  bordn  -  lat.  forare,  j 
got.  (/K-baura-  —  gr.  (poqog,  altn.  Itmtfr  —  gr.  (p6$xog,  ItHs^ 
blrrimi  -  gr.  rpty&j),  nhd-f/fof7ffy.  tjti  ^a^%>^rere*  ^gsTT^rA  — 
lat.  porca, )got.  Iiauni  lat.  cornn,  ahd.  miiVt  :  gr.  pvlrf  lat. 
wofa/,  got^^nJj^jL  =  brt-^^/g^ngs  "Tm^-L^rr-  lat.^Swtej^ahd.  farg 
—  gr.  XoQÖöt;,  RgSr-yfotim-*^;  gi^-^ew^r- ags.  pnnian  ===lafT 
tonare'u.  ä.  (Be'zzenberger  A-reihe  s.  45  ftTÜ  Im  übrigen 
entspricht  dem  Verhältnis  von  griech.-lat.  tf  :  o  im  Germanischen 
das  von  e  :  a  wie  im  Litauischen  Hüb  seh  mann  KZ.  XXIII, 
33  ff.  zeigt,  dass  auch  das  Armenische  mehrfach  im  o  mit  dem 
Griechischen  und^Lateinischen  stimmt,  vgl.  r/ochel  -  lat.  vo- 
rdre, g*  obxtc,  N«^  -'*%il^omt^s^r-  diftpemog,^  aber 
daneben  finden  sich  auch  abweichungen  wie  chorkh  —  lat.  qua- 
tiior  gr.  TtooctQ&g,  (jorts  =  gr.  i-'^ov  ahd.  werk,  mard  „mensch" 
■—  gr.  ßqorog,  vard  „rose"  gr.  qödov,  arb  „trinken"  —  £o- 
cpsio  lat.  sorbeo. 

Curtius  (Leipz.  ber.  1867,  s.  15)  hat  erkannt,  dass,  wäh- 
rend im  e  alle  europäischen  sprachen  übereinstimmen,  in  be- 
ziehung  auf  das  o  die  südeuropäischen  sprachen  sich  von  den 
nordeuropäischen  scheiden,  und  demgemäss  (a.  o.  s.  20)  die  ver- 
dumpfung  des  a  zu  o  für  einen  späteren  Vorgang  erklärt,  „der 
innerhalb  der  einzelnen  sprachfamilien  eintrat,  im  südlichen 
Sprachgebiet  freilich  schon  vor  der  aussonderung  des  Lateini- 
schen vom  Griechischen".  Ich  halte  auf  grund  der  dargelegten 
Verhältnisse  dieses  urteil ,  soweit  es  die  consonantisch  schlies- 
senden wurzeln  betrifft,  noch  immer  für  richtig,  höchstens  liesse 
sich  dem  o  einiger  bildungen  von  r-  und  w-wurzeln  ein  höheres 
alter  beimessen;  vereinzelte  Übereinstimmungen  wie  \&t.'\jocus, 
gr.  o%m  =  lit.  jü'kas,  uT^K(m\t  accentueller  dehnung  des  wur- 


290  Th.  Zachariae 

zelvocals  wie  in  tdkas  sedmi  u.  a.  ?)  fallen  nicht  in's  gewicht. 
Die  ansieht,  dass  der  o-laut  schon  indogermanisch  sei,  ist  bis 
jetzt  noch  unbewiesen.  Während  zu  der  annähme,  dass  das  e 
bereits  der  Ursprache  angehörte,  einerseits  die  Übereinstimmung 
sämmtlicher  europäischer  sprachen  berechtigte,  andrerseits  der 
nachweis  von  sprachlichen  erscheinungen  im  Arischen,  die  nur 
so  eine  sachgemässe  erklärung  finden,  fehlen  beide  kriterien  für 
den  ansatz  eines  idg.  o.  Brugman's  schon  oben  erwähnte  ansieht, 
dass  (h  im  Arischen  erkennbar  sei  an  seiner  gestaltung  zu  ä  in  offe- 
ner silbe,  scheint  mir  nicht  richtig.  In  formen  wie  aiägo/uev  =  skt. 
bhdramas,  öiotoqcc  (neben  dioTrJQa  dovrJQa)  =  skt.  ddtd'ram  ist 
der  indogermanische  lange  vocal  in  der  der  hochbetonten  nach- 
folgenden silbe  verkürzt  worden;  ebenso  in  di'oftooog  —  skt. 
dashpdra,  dor.  Thogsg  att.  [tooageg  —  skt.  catvtfras.  Ueber 
andere  gleichstellungen  der  art,  besonders  die  von  bildungen 
wie  (poQog  und  skt.  bhdräs ,  got.  satjan  und  skt.  säddyämi 
stimme  ich  Colli tz  Beitr.  II,  296  bei  (s.  o.).  Mir  scheint 
hiernach  ein  sicherer  beweis  für  die  annähme,  dass  das  behan- 
delte o  schon  der  Ursprache  angehörte,  noch  nicht  erbracht, 
und  ich  verbinde  daher  im  folgenden  die  o,  soweit  sie  nicht 
durch  den  einfluss  umgebender  consonanten  aus  e  entstanden 
sind,  mit  den  a.  Möglich  wäre  es  indes,  dass  vor  r  in  fällen 
wie  skt.  urvärd  zend.  urvara  =  gr.  oluga,  skt.  Lshtird  —  gr. 
£kqov,  skt.  cm  da  —  gr.  v.OQiöög,  skt.  turrdai  „überlegen,  über-  1  J* 
wältigend"  —  gr.  vvQavvog  u.  a.  indogermanisch  war.  Auch 
bleibt  zu  untersuchen,  ob  nicht,  wie  in  den  europäischen  spra- 
chen, bereits  in  der  urzeit  das  v  assimilirenden  einfluss  auf  vor- 
hergehende oder  folgende  a  ausgeübt  hat;  die  Unregelmässig- 
keiten der  w.  bhu  im  Sanskrit  würden  sich  vielleicht  so  er- 
klären. 

Fortsetzung  folgt.  j?    Froh  dp. 


Das  Jainendravyäkaranam : 

eine  Sanskritgrammatik  der  Jainas. 
Ueber  das  Jainendravyäkaranam    hat  bisher  nur  Burneil 
in  seiner  Aindra  school   of  Sanskrit  Grammarians  x) 
einiges  mitgetheilt.     Jetzt  befindet  sich  eine  handschrift  des  Jai- 


*)     p.  7;  11,  note  2  ;  p.  97  ff. 


Das  Jainendravyäkaranam.  297 

nendram  in  der  königlichen  bibliothek  zu  Berlin,  und  ich  beab- 
sichtige im  folgenden  auf  grund  dieser  handschrift  Burnell's 
angaben  zu  vervollständigen  x). 

Das  manuscript,  welches  die  Signatur  MS.  Orient,  fol.  782 
trägt,  ist  modern,  aber  gut  geschrieben,  und  insofern  ein  voll- 
ständiges zu  nennen  ,  als  anfang  und  ende  des  werkes  darin 
enthalten  sind  und  grössere  stücke  nicht  fehlen ;  kleinere  Kicken 
sind  freilich  nicht  selten,  so  fehlt  der  anfang  von  IV,  4  und 
V,  3.  In  der  regel  hat  der  Schreiber  des  manuscriptes  die  lü- 
cken  durch  striche  markiert,  bei  der  Zählung  der  sütra  aber 
hat  er  auf  das  ausgefallene  selten  rücksicht  genommen,  so  dass 
also  die  zahl  der  regeln,  welche  sich  nach  der  hs.  auf  3000  be- 
läuft, in  Wirklichkeit  eine  grössere  ist. 

Die  handschrift  enthält  auf  474  blättern  mit  10 — 11  zeilen  auf 
der  seite  die  sütra  des  Jainendravyäkaranam  mit  der  aus- 
führlichen Mahävritti  des  Abhayanandin ,  oder  Abhayanandi- 
muni  wie  er  sich  in  den  einleitungsversen  zu  seinem  commen- 
tare  nennt.  — 

Von  dem  Verfasser  der  grammatik  ist  wenig  zu  sagen. 
Sein  name  wird  direct  nirgends  angegeben,  weder  in  den  colo- 
phons  der  handschrift,  wo  immer  nur  Jainendravyäkarana0  er- 
scheint, noch  in  dem  commentare.  Doch  mag  er  etwa  Jinendra- 
süri  geheissen  haben.  Nur  eins  ist  festzuhalten :  der  autor  des 
Jainendram  war  sicherlich  ein  Jaina,  wie  schon  aus  dem  ersten 
sütra  siddhir  anekäntat  —  entsprechend  dem  siddhih  syädvädät 
des  Hemacandra  —  hervorgeht,  und  er  ist  zu  trennen  von  dem 
Jinendrabuddhi  2),  dem  commentator  der  Kacika,  welcher  sich 
Qribodhisattvadecrya  3)  nennt,  denn  Bodhisattva  ist  kein  titel 
bei  den  Jainas  4). 

Das  alter  des  Jainendravyäkaranam  zu  bestimmen,  ist  zur 


*)  Wo  ich  im  folgenden  von  Burnell  stillschweigend  abweiche, 
thue  ich  es  auf  grund  der  mir  vorliegenden  handschrift.  Fast  möchte 
es  scheinen,  als  habe  Burnell  eine  von  der  Berliner  hs.  abweichende  re- 
cension  des  werkes  benutzt.  -  Der  ädeca,  von  dem  Burnell  p.  7,  note  2 
spricht,  lautet  in  der  Berliner  hs.  nicht  nas,  sondern  asah. 

2j  Nach  Bühler  war  Jinendrabuddhi  ein  Bauddha  ascetic.  Vgl.  auch 
Burnell  1.  c.  p.  64  note. 

3)  Vorrede  zur  Kacika  (Benares  1878)  p.  3. 

4)  Bei  einem  Jaina  würde  man  etwa  Qrutakevalideciya  erwarten ; 
vgl.  Burnell  p.  103. 

Bei  trage  z.  künde  d.  ig.  sprachen.  V.  20 


298  Th.  Zachariae 


zeit  nicht  möglich.  Wir  dürfen  aber  vermuthen,  dass  das  Jai 
nendram  zu  den  ältesten  Umarbeitungen  des  Panini  gehört, 
welche  bis  jetzt  bekannt  geworden  sind  oder  jemals  zu  un- 
serer kenntniss  gelangen  werden.  Und  diess  besonders  aus  zwei 
gründen. 

Jinendra  schliesst  sich  enger  an  Panini  an  als 
irgend  ein  anderer  aus  der  grossen  schaar  der  späteren  gram- 
matiker  *).  Die  regeln  über  accent  und  veda  lässt  er.  freilich 
aus;  auch  bedient  er  sich  einer  eigenthümlichen  terminologie  — 
er  ist  in  der  Verstümmelung  wirklicher  Wörter  und  in  der  er- 
findung  an  sich  unverständlicher  termini  weiter  gegangen  als 
selbst  Vopadeva  — ;  sonst  weicht  er  aber  von  Panini  in  keinem 
wesentlichen  punkte  ab,  insbesondere  hat  er  sein  grosses  Vor- 
bild in  bezug  auf  die  anordnung  des  Stoffes  sklavisch 
nachgeahmt. 

Später  als  Jinendra  lebte  —  so  vermuthen  wir  mit  Bur- 
nell  —  der  Verfasser  2)  eines  Qabdänu^äsanam,  welches  unter 
dem  altehrwürdigen  namen  des  Qäkatäyana  in  Umlauf  gesetzt 
wurde  und  zu  einer  grösseren  berühmtheit  als  das  Jainendram 
gelangte.  Von  den  kunstausdrücken  Jinendra's  kehrt  nur  eine 
verhältnissmässig  geringe  anzahl  im  Qäkatäyanavyakaranam  wie- 
der; die  übrigen  werden  als  unbrauchbar  verworfen.  Auch  hat 
der  grammatiker  —  nach  den  mittheilungen,  welche  wir  Büh- 
ler 3)  verdanken,  zu  urteilen  —  versucht,  in  bezug  auf  die  anord- 
nung des  Stoffes  sich  von  Panini  zu  emancipieren.  So  giebt  er 
die  sandhiregeln  schon  im  ersten  päda;  Jinendra  hat  sie,  wie 
Panini,  am  Schlüsse  seines  werkes.  Während  endlich  das  Jai- 
nendram 20  adhyäya's  mit  über  3000  sütra's  umfasst,  enthält 
das  Qäkatäyanavyäkaranam  nur  16  adhyäya's  mit  ungefähr 
2230  regeln. 

Nach  Jinendra  und  Abhinavacäkatäyana  trat  Hemacandra 
auf  und  wendete  sich  mehr  der  „Aindra  schule"  zu,  insofern 
wenigstens,  als  er  eine  ganze  anzahl  der  dem  Katantram  eigen- 
thümlichen termini  adoptierte  und  alle  pratyahära's  verwarf, 
jenes  hauptmittel  der  kürze  bei  allen  Päniniya's. 


: 


*)     Candra  vielleicht  ausgenommen;  vgl.  jetzt  W.  Goonetilleke  in  der 
„Academy"  vom  Januar  1880,  -p.  69  f. 

2)  Burnell  p.  103 :  his  name  is  not  known. 

3)  Im  Journal    of  the  Asiatic  Society    of  Bengal    vol.  .33  (1864)  pp. 
202-208;  und  im  Orient  und  occident  II,  691—706.     III,  181—83. 


Das  Jainendravyakaranam.  299 

Als  ein  zweiter  grund  für  das  verhältnissmässig  hohe 
alter  des  Jainendram  kann  der  umstand  angeführt  werden,  dass 
in  demselben,  und  zwar  ganz  in  der  weise  Pänini's  —  im  ge- 
nitiv  —  sechs  autoritäten  citiert  werden,  welche  bis  jetzt 
so  gut  wie  unbekannt  geblieben  sind.  Es  muss  freilich  dahin- 
gestellt bleiben,  ob  nicht  vielleicht  Jinendra  nur  um  den  Pä- 
nini  in  jedem  stücke  nachzuahmen,  einige  zu  seiner  zeit  unter 
den  Jainas  berühmte  namen  „püjärtham"  seinen  grammatischen 
regeln  einverleibt  und  dadurch  unsterblich  zu  machen  versucht 
habe:  sodass  wir  es  also  hier  keineswegs  mit  männern  zu  thun 
hätten,  welche  sich  mit  einem  Gärgya  oder  Senaka  auch  nur 
entfernt  in  bezug  auf  alter  oder  autorität  messen  könnten. 

Die  namen  selbst  nun,  sowie  die  stellen  wo  sie  —  in  der 
mir  vorliegenden  handschrift  —  vorkommen,  sind  die  folgenden. 

Gune  Qridattasyästriyäm  ||  I,  4,  34;    vgl.  Pän.  2,  3,  25. 

Krivrishimrijam  Ya^obhadrasya  j|  II,  1,  98.  P.  3,  1, 
113.  120. 

Räd  Bhütavaleh  ||  III,  4,  82.     P.  5,  1,  8G. 

Rätreh  kriti  Prabhäcandrasya  ||  IV,  3,  175.     P.  6,  3,  72. 

Vetteh  Siddhasenasya  ||  V,  1,  7.     P.  7,  1,  7. 

Siddhasena  ist  ein  berühmter  Jaina  autor  x);  ob  aber  der 
hier  genannte  grammatiker  etwa  mit  dem  bekannten  astrono- 
men  identisch  ist,  lässt  sich  vorläufig  nicht  entscheiden. 

Der  sechste  äcärya  endlich  erscheint  in  dem  letzten  sütra 
des  Jainendram: 

jhayo  hah  ||  V,  4,  120  (nach  der  Zählung  der  hs.);  P.  8, 
4,  62  ff. 

cac  cho  'ti  ||  121 

halo  yamäm  yami  kham  ||  122 

jharo  jhari  sve  !|  123 

catushtayam  Samantabhadrasya  ||  124 

d.  h.  die  vier  regeln  120 — 123  gelten  nur  nach  der  ansieht 
des  äcärya  Samantabhadra. 

Bei  dem  namen  Samantabhadra  kann  man  sich  daran  er- 
innern,  dass   nach  dem   zeugniss  von  Colebrooke  und  Wester- 

])  The  Kalpasütra,  edited  by  Hermann  Jaoobi,  p.  14.  Vgl.  auch 
Weber  Ind.  stud.  15,  281  ff'. 

20* 


300 


Th.  Zachariae 


gaard  x)  eine  grammatik  Samantä  in  der  Madhaviyavritti  citiert 
wird ;  und  dass,  wie  der  Tibetaner  Taranätha  2)  berichtet,  Can- 
drakirti  ein  grammatisches  §ästra  Samantabhadra  in  ausgezeich- 
neten cjoka's  verfasste,  welches  nachmals  durch  das  Candra- 
vyakaranam  des  Candragomin  verdrängt  wurde;  „es  ist  nicht 
bekannt,  ob  jetzt  noch  ein  exemplar  desselben  vorhanden  ist".  — 

Eine  analyse  des  Jainendram  zu  geben ,  ist  nicht  erforder- 
lich, da  sich  der  grammatiker,  wie  schon  bemerkt,  ganz  eng  an 
Pänini  angeschlossen  hat;  nur  selten  erscheinen  regeln  an  einer 
ganz  anderen  stelle  als  bei  Pänini,  und  nur  zuweilen  ist  eine 
von  Pänini  abweichende  anordnung  des  grammatischen  Stoffes 
versucht  worden;  so  z.  b.  in  dem  abschnitte  über  den  agama 
it;  in  dem  letzten  kapitel  der  grammatik,  welches  die  Sandhi- 
regeln  behandelt,  u.  s.  w. 

Durch  auslassung  besonders  derjenigen  regeln,  welche  sich 
ausschliesslich  auf  den  accent  der  wörter  (z.  b.  Pän.  6,  1,  158 — 
2,  199)  und  die  vedische  spräche  beziehen,  ist  das  Jainendram 
erheblich  kürzer  als  die  grammatik  des  Panini,  —  ist  das  ash- 
takam  zu  einem  pancakam  3)  geworden,  und  zwar  entspricht 
Jainendram  buch   I  Panini  1,1  —  II,  4    . 

II  III,  1—4 

III  IV,  1-V,  2,  47 

IV  V,  2,  48— VI,  4 

V  VII.  VIII. 
Die  Qivasütra's   scheint  der  grammatiker  stillschweigend 

vorauszusetzen ;  wenigstens  erscheinen  sie  in  der  mir  vorliegen- 
den handschrift  nicht  an  der  spitze  des  werkes,  weder  im  text 
noch  im  commentar,  und  muss  die  behauptung  des  „Prayoga", 
Jinendra  habe  nur  dreizehn  Qivasütra's  gekannt  oder  erlaubt  4), 
vorläufig  beanstandet  werden ,  zumal  da  der  pratyähära  at, 
welcher  nach  der  tabelle  bei  Burnell  4)  nicht  gebildet  werden 
könnte,  an  zwei  stellen  5)  des  Jainendram  gebraucht  wird. 

*)     Radices  linguae  Sanscritae,  p.  III. 

a)  Täranätha's  Geschichte  des  Buddhismus  in  Indien,  übersetzt  von 
Schiefner,  p.  155. 

3)  Pancädhydydh  paritndnam  asya,  pancakam  Jainendram ;  nshtakam 
Pdniniyam  ;  catakam  stotram  heisst  es  im  commentar  zu  dem  sütra  wel- 
ches Pän.  5,  1,  88  entspricht;  ebenso  paucakä  Jainendrdh;  ashtakdh  Pd- 
ninii/dh;    dvädacakd  Arhatdh  zum  sütra  sütrdt  konah  (vgl.  P.  4,  2,  (J5). 

*)     Burnell,  1.  c.  p.  98. 

5)     Die  eine  stelle  V,  4,   121  siehe  oben  p.  299. 


Das  Jainendravyäkaranam.  301 

Die  in  späteren  grammatiken,  z.  b.  im  Samkshiptasara,  so 
häufige  erscheinung,  dass  die  värttika's  zum  Panini  als  sütra's 
mit  in  den  text  aufgenommen  werden,  findet  sich  im  Jainendram 
verhältnissmässig  selten.  Die  värttika's  werden  vielmehr  in  der 
regel  vom  commentator  an  den  betreffenden  stellen  beigebracht, 
gerade  wie  in  der  Kacikä  oder  Siddhäntakaumudi. 

DieGana's  sind  dieselben  welche  Panini  kennt.  Nur  selten 
bildet  Jinendra  neue  gana's  und  überlässt  es  dem  commentator 
dieselben  auszuführen;  so  hat  er  näsikddi  statt  der  Wörter  bei 
Panini  3,  2,  29.  30,  rahasyädi  vgl.  P.  8,  1,  15. 

Die  grösste  kürze  ist  überall  das  streben  unseres  gramma- 
tikers  gewesen.  Daher  erfand  er  eine  grosse  anzahl  neuer  ter- 
mini  technici;  daher  zog  er  die  Wörter  oder  wörtchen  bei  Pa- 
nini, sehr  oft  auf  kosten  der  deutlichkeit,  möglichst  zusammen. 
Anders  als  aus  dem  streben  nach  kürze  lässt  es  sich  kaum  er- 
klären, wenn  er  z.  b.  aciko  yan  statt  iko  yan  cid  P.  6,  1,  77 
sagt;  oder  necy  ät  statt  ndd  ici  P.  6,  1,  104;  oder  wenn  er 
bha  für  nakshatra  gebraucht.  Hierher  gehört  auch,  dass  bei 
weitem  in  den  meisten  fällen  die  dvandvacomposita  die  endun- 
gen  des  Singulars  annehmen  *). 

Sind  nun  die  regeln  des  Panini  und  Jinendra  im  ganzen 
und  grossen  identisch  —  wenn  auch  nicht  immer  der  form,  so 
doch  dem  inhalte  nach  — ,  so  wird  es  einigermassen  auffallen, 
wenn  dennoch  einige  abweichende  lesarten  sich  finden. 
Zwar  ist  es  möglich,  dass  diesen  Varianten  alte  Schreibfehler, 
missveratändnisse  oder  Verwechselungen  zu  gründe  liegen;  auch 
bin  ich  weit  entfernt,  denselben  eine  grosse  Wichtigkeit  bei- 
messen zu  wollen ;  ich  halte  es  aber,  mit  rücksicht  auf  die  mah- 
nungen  Burnell's  2),  für  nützlich,  sie  (nach  der  handschrift)  hier 
aufzuführen  3): 

Jainendram  II,  3,  81  (P.  3,  3,  99)  nipada  statt  nipata;  was 
nipadyä  bedeutet  oder  bedeuten  soll  sagt  der  commen- 
tator freilich  nicht,  wohl  aber  erwähnt  er  die  lesart  im 
sütra  des  Panini,  woraus  hervorgeht,  dass  er  nipada  im 
Jainendrasütram  wirklich  vor  sich  gehabt  hat. 


*)    Anders  Burnell  1.  c.  p.  99  am  ende. 

2)  Vgl.  dessen  bemerkungen  1.  c.  p.  90. 

3)  Soweit  sie  von   der  autorität  des   commentares   unterstützt  wer- 
den :  blosse  versehen  des  Schreibers  sind  hier  übergangen. 


302  Th.  Zachariae 

III,  3,  202  (P.  4,  4,  97)  mada  statt  mata;  auch  hier  spricht 
der  commentator  von  der  Variante. 

III,  4,  37  utpdda  (P.  5,  1,  38  utpäta);  vom  commentator 
mit  utpäta  erklärt. 

IV,  1,  36  (P.  5,  2,  110)  ajaka  statt  ajaga.  Dass  der  schol. 
zu  Katy.  Qr.  9,  2,  6  gändyajakät  samjnäyäm  hat,  ist 
aus  dem  Petersburger  wörterbuche  bekannt. 

IV,  2,    8    cikhägdläQamyürnägriydm   matoh   (P.    5,    3,    118 

gru°);  daher  (^raimatya. 
IV,  3,  117  (P.  6,  3,  3)  tapas  l)  statt  tamas. 

V,  3,  91  kshipä  (P.  8,  2,  104  kshiyä);  von  commentator  mit 
kshepa  erklärt.  — 

Ich  wende  mich  jetzt  zu  der  eigenthümlichen  termino- 
logie  des  Jinendra  und  gebe  ein  möglichst  vollständiges,  alpha- 
betisches verzeichniss  derjenigen  ausdrücke,  welche  von  Panini 
abweichen  2).  Meine  angaben  stützen  sich  allerdings  nur  auf 
eine  einzige  handschrift,  es  sind  aber  alle  stellen  wo  die  betref- 
fenden termini  vorkommen  —  nicht  bloss  die  sogenannten 
samjnasutra's  —  mit  Sorgfalt  verglichen  worden. 

Manche  ausdrücke  stimmen  mit  denen  überein  welche  bei 
Vopadeva  sich  finden;  doch  ist  an  eine  entlehnung  bei  Vopa- 
deva  wohl  schwerlich  zu  denken,  denn  sonst  wäre  nicht  abzu- 
sehen, warum  er  in  so  vielen  fällen  von  Jinendra  abgewichen: 
särvadhdtuka  ist  ra  bei  Vopadeva,  bei  Jinendra  aber  ga;  jener 
gebraucht  </a;  dieser  ra,  für  dvigu!  Dass  aber  Qäkatäyana  und 
Hemacandra  von  Jinendra  geborgt  haben,  kann  kaum  zweifel- 
haft sein. 

Eine  besondere  besprechung  verdienen  die  namen  der 
vibhakti's.  Jinendra  erfand  das  wort  vibhakti  3)  und  erhob  die 
sieben  buchstaben  dieses  wortes,  indem  er  den  consonanten  ein 


*)     So  lesen  auch  die  Cändra's;  vgl.  oben,  p.  43. 

2)  Die  formen  der  suffixe  etc.  sind,  da  sie  im  allgemeinen  mit  denen 
Pänini's  übereinstimmen,  nicht  berücksichtigt.  Dafür  ist  einiges  andere 
mit  in  den  index  aufgenommen  worden. 

3)  I,  2,  156;  eine  „mahäsainjnä",  wie  der  commentator  bemerkt, 
welcher  über  die  bildung  des  wortes  —  es  ist  eigentlich  das  femininum 
zu  vibhakti  —  hinzufügt:  vibhakticabdasi/a  katham  siddhih  /  vipürväd 
bhajeh  „ktickritau  (sie!)  khäv"  iti  ktic  (vgl.  P.  3,  3,  174)  iasmdt  „kridi- 
kärdd  akter1'  iti  nividhih  /  vgl.  den  gana  bahvddi  uml  Benfey,  Vollstän- 
dige grammatik,  §.  703. 


Das  Jainendravyakaranam.  303 

ä,  den  vocalen  ein  p  hinzufügte  *),   zu  bezeichnungen    für  die 
sieben  casusendungen  ;   also : 

Vrl      Ip      BH«      kp      Kä      Tä      Ip. 
Auch  ist  noch  zu  bemerken,  dass  Jinendra  bei  der  aufzäh- 
lung  der  personalendungen  mit  der  ersten  person  (mip)  beginnt 
und  demnach  die  pratyahära's  min  und  in  bildet. 

aya  —  ärdhadhätuka beiPanini;  ayi  =  anupasarya;  adhl 

—  sakarmaka 
anya  (=■  prathama)  heissen  die  endungen  der  dritten  per- 
son; vgl.  Hemacandra  3,  3,  17  trtni  triny  a  n  y a  yushmad- 
asmadi 
ap  =  caturthi 

asmad  (=  uttama),  die  endungen  der  ersten  person 
drambha  =  ddikarman ;  so  auch  Hemacandra 
in  =  tan 

it  2)  definiert  I,  2,  3:  käryärtho  'prayoyit.     Vgl.    Katantra 
3,  8,  31;  Särasvatavyakaranam  :  käryäyet ;  Hemacandra 
1,    1,   37   aprayoyU;  ebenso   Qäkatäyana   nach  Burnell, 
Aindra  school,  p.  99 
ip  =  dvitiyä;  il  =  shash;  ip  —  saptami 
im  (—    upadhä);  ebenso  Vopadeva 
uc  =  glu;  up  =  luk ;  tis  =  lup ;  also  umat  =  luntat 

eka  (masc;  locativ  eke)  —  ekavacaua;  ebenso  Qakatäyana 
ep   —  yuna;  aip  .—  rriddhi 

kac  =  can;  kä  =  pancami 

ki  (masc;  nominativ  kih,  locativ  kau),  vielleicht  aus  dem 
fragepronomen  kirn  entstanden,  =  sambuddhi 

Icha  f==  lopa),  null,  niete;  I,  1,  61:  ndgah  kham.  Das 
wort  ndga  3)  (verlust,  Schwund),  ebenso  nashta,  yiäcita 
wird  vom  commentator  in  der  regel  für  lopa,  lupta  ge- 
braucht, zumal  in  den  fällen,  wo  er  eine  karikä  so  zu 
sagen  in  die  terminologie  des  Jainendram  übersetzt.    Viel- 

l)  I,  2,  157:  tiisäm  üpparüs  taddhulacah.  Comm. :  tasya  vibhaktigab- 
clasi/a  ha  Iah  f  acac  ca ,  ukdrapakäraparah .  tdsdm  vibhaktindm  yathdsam- 
khyam  samjnd  bhavanti. 

ä)  Comm.:  anvarthd  ceyam  itsamjnd  /  eti  gacchati  naeyatity  it  /  also 
it  =  gantd;  diese  erklärung  kommt  auch  sonst  vor.  Nach  Bühler  ist  it 
aus  iti  entstanden. 

s)     Comm.:  ndco  ' nupulabdhir  abhdvo  'prayoya  ity  anarthdntaram. 


304  Th.  Zachariae 

leicht  ist  ndga  ein  alter  ausdruck  für  lopa;  vgl.  die  ka- 
rikäs  zu  P.  6,  3,  109 
khu  =  samjnä 

ga  =  särvadhätuka 

gl  =  upasarga;  ebenso  Vopadeva 

gu  =  anga;  ghi  —  laghu 

na,  nasal;  ni  =  bhävakarma 


ca 


abhyäsa 

ji  —  samprasärana  ;  ebenso  Vopadeva 
jha  =  gha  (d.  h.  tara  und  tama) ;  jhi 
ni  =  ein;  so  auch  Hemacandra 


üvyaya 


ta  =  nishthä;  der  comm.  nennt  ta  eine  rüpasamjnä 

tä  =  shashthl 

ti  =  gati;  ebenso  Qäkatayana 

tya  =  pratyaya;  so  auch  Vopadeva 

tha  =  abhyasta 

da  ==  dtmanepada ;  di  =  pragrihya;  dl  =  dir  gha 

du  =  vriddha;  ebenso  Qäkatayana  und  Hemacandra 

dyu  (die  hs.  oft  ghu)  =  uttarapada 

dri  =  tadräja;  ebenso  Hemacandra  (?) 

dvi  =  dvivacana;  so  auch  ^akatäyana 

dha  —  sarvanämasthäna ;  dhi  =  akarmaka 

dhu  —  dhätu,  wie  Vopadeva 

nap  =  napunsaka.  Der  commentator  sagt,  dass  nap  ein 
terminus  der  früheren  lehrer  sei;  er  findet  sich,  wie  be- 
kannt, auch  bei  Qantanava;  ob  auch  bei  Qakatayana  ? 

ni  =  nipäta;  ebenso  Vopadeva 

nyak  =  upasarjana 

pa  =  pluta;  pra  =  hrasva 

bahu  =  bahuvacana;  ebenso  Qakatäyana 

bodhyam  =  ämantritam 

bhavat  =  vartamäna;    vgl.   Vop.  25,    1   und  bhavanti  bei 

Ujjvaladatta 
bhd  =  tritiyä;  bhu  =  ghu 

ma  =  parasmaipada ;  bei  Vopadeva  heisst  ma  das  atma- 
nepada 


Das  Jainendravyäkaranam.  305 

min  ~  tin;  mu  =  nadi ;  mrid  =  prätipadika 
mri(?)  =  ämreditam;   das  P.  8,  1,  2  entsprechende  sara- 
jnäsütram  fehlt  in  der  handschrift 

ya  .—  karmadhäraya ;  ebenso  Vopadeva 
yushmad  =  madhyama 

ra   ~  dvigu 

rdjan  und   rdshtra   gebraucht  Jinendra   für  kshatriya  und 

janapada 
ri  =  ru 
ru   =   (juru;    ebenso   Vopadeva;    saru    =   yurumat,    vgl. 

Vop.  26,  190 

va  (so  die  hs.)  =  baltuvrihi 

vartsyat  =  bhavishyat ;  vä  =  prathamä 

vdc  =  upapada;  II,  1,  79  ipdtra  vdk  =  tatropapadam 
saptamistham  P.  3,  1,  92 

vihhakU  =  vibhakti 

vriddha  —  gotra ;  III,  1,  78  pautrddi  vriddham  (ebenso 
Hemacandra  6,  1,  2).  Doch  gebraucht  Jinendra  auch 
gotra  III,  1,  64  —  P.  4,  1,  79,  und  da  bemerkt  der  com- 
mentator,  dass  gotra  ein  terminus  der  früheren  gram- 
matiker  sei  1). 

vya  =  kritya 

sha  —  tatpurusha;  ebenso  Vopadeva 

sa  =  samäsa  (wie  Vop.);  su  =  ghi ';  spha  =  samyoga 

sva  =  savarna;    I,    1,  2  sasthdnakriyam  svam.     So  auch 

Qäkatäyana,  und  Hemacandra  1,  1,  17  tulyasthdndsyapra- 

yatnah  svah 

ha  =  avyayibhdva;  hrit  =  taddhita. 

Der  commentar. 

Der  commentator  Abhayanandin  gibt  in  seiner  Mahavritti 
eine  ausführliche  erklärung  der  sütra  des  Jainendravyäkaranam ; 
er  hat  dabei  allem  anscheine  nach  die  Kä^kä  stark  benutzt, 
doch  müssen  ihm  auch  noch  andere  commentare,  darunter  viel- 
leicht einer,  der  von  Jinendra  selbst  herrührte,  vorgelegen  haben. 

*)    Ueber  Qäkatäyana  vgl.  Bühler,  Orient  und  occident  II,  696. 


306 


Th.  Zachariae 


Die  im  commentare  angeführten  kärikäs  sind  identisch 
mit  denen  welche  aus  den  commentaren  zum  Pänini  bekannt 
sind;  nur  werden  in  der  regel,  wie  bereits  oben  bemerkt,  die 
dem  Jainendram  eigenthümlichen  kunstausdrücke  für  die  pani- 
neischen  substituirt:  näga  für  lopa;  vriddha  für  gotra;  hrit  für 
taddhita;  tya  für  pratyaya,  u.  s.  w. 

P^in  gewisses  interesse  bieten  die  beispiele  des  commen- 
tares,  insofern  Abhayanandin  sich  hier  bemüht  hat,  an  die  stelle 
der  namen  und  Wörter,  welche  in  den  commentaren  zum  Pä- 
nini gebräuchlich  sind  und  immer  und  immer  wiederkehren, 
andere  zu  setzen,  und  zwar  vorzugsweise  solche,  welche  bei 
den  Jainas  eine  besondere  bedeutung  haben  1).  Hierher  gehö- 
ren u.  a. 

Abhayaktmiära ;   Abhayakumara.lt   Qrenikatah  prati  vgl.  P. 

2,  3,  11 
Arkakirti;  Arkaktrtir  Bharatatah  prati 
Arhant  oft;    Arhata   heisst   einer,    dessen  gottheit  Arhant 
ist,  ein  Jaina 

Rishabha,  name  des  ersten  Arhant;   o3m  Rishabham 

pranamata  beispiel   zu  2)    Pän.  8,   2,   87,   wo   die   Sid- 

dhänta  Kaumudi  u.  a.  den  anfang  des  Rigveda  geben 

Gautama(m)  beispiel  zu  P.  4,  2,  64.  3,  101 

Jina   sehr  häufig;   hiranmayam  Jinagriham;   Jinasya  jnä- 

notpattim    anv    dgaman  suräh  8);   dropayati  oder  äro- 

hayati  svargaiu  Jinadharmah;  gamkari  Jinavidyä;  Jinä- 

layag  gobhate 

Jinadatta  oft  statt  Devadatta 

Jainendram  häufig   (statt   vyakaranam),  z.  b.  kraiiude  Jai- 

nendrädhyayanäya  vgl.  P.  1,  3,  38 
tarka,  tärkika;  etam  chättram  Jainendram  adhyäpaya,  atho 


J)  Ein  gleiches  streben  zeigt  sich  auch  in  den  commentaren  des 
Hemacandia  (zu  seiner  sanskritgrammatik),  der,  wie  es  scheint,  ausser 
den  Jainas  auch  den  Qaivas  und  Bauddhas  genüge  thun  wollte.  In  dem 
Laghunyäsa  zu  Hemacandra's  Brihadvritti  heisst  es  einmal  von  drei  bei- 
spielen,  dass  sie  „yathäkramam  ^aivabauddhajatnamatena"  gegeben  seien(?). 
Vgl.  auch  The  Academy  vol.  XI,  p.  51. 

ä)  So  sage  ich  in  der  folge  kurz  statt:  zu  dem  sütra  welches 
Pän. . . .  entspricht. 

3)  Commentar  zu  Hemacandra  II,  2,  38  Jinajannwt&avam  anv  äf/ac- 
chan  suräh ;  vgl.  Zeitschrift  d.  D.  M.  G.  33,  454  am  ende. 


Das  Jamendravyäkaranam.  307 

enam  tarkam  api,  vgl.  die  beispiele  zu  P.  2,  4,  34;  anu 
Samantabhadram  tärkikdh  vgl.  P.  1,  4,  86 

tirthakrit;  tirthakrit  shodagah  (i.  e.  Qäntinätha)  beispiel  zu 
P.  8,  4,  43;  auch  bei  Hemacandra 

Triprishtha;  Triprishtha-Vijayiya  vgl.  P.  4,  3,  88 

Devanandin  (ein  grammatiker,  citiert  in  dem  Laghunyasa 
zu  Hemacandra's  Brihadvritti  und  im  Granaratuamaho- 
dadhi  p.  2,  9  Eggeling) ;  davon  Daivanandinam  aneka- 
gesham  vydkaranam  beispiel  zu  P.  4,  3,  115;  vgl.  De- 
vopajnam(?)  anekageshavyäkaranam  zu  P.  2,  4,  21 

nairgranthyam  s.  v.  a.  arhadrüpani  in  der  erklärung  des 
sütra  varnendrhadrüpdyogydndm  welches  P.  2,  4,  10 
entspricht 

pratihärya ,  mahaprätihärya ;  ashtamahdprdUhäryo  Jinah 
gegenbeispiel  zu  P.  6,  3,  125.  7,  2,  84 

Baladeva;  Bdladeväh  glokdh  solche  die  vom  Baladeva  ver- 
fasst  sind  vgl.  P.  4,  3,  116 

Bähubali(n),  söhn  Rishabha's  und  bruder  des  Bharata ;  Bha- 
ratabähubaliya  beispiel  zu  P.  4,  3,  88;  Bhäratabähuba- 
lika  desgl.  zu  5,   1,   133;  Bahubalivargya  zu  4,  3,  64 

Bhadrabähu;  davon  Bhadrabähava  vgl.  P.  4,  2,  64 

Bharata  vgl.  Arkakirti  und  Bahubali;  Bharata vargya  bei- 
spiel zu  P.  4,  3,  64 

Meghegvara;  adhi  Mayhegoare  Kuravah,  mihi  Kurushu 
MeyheQvarah  beispiel  zu  P.  2,  3,  9  1) 

moksha;  mokshamäryah  beispiel  zu  P.  2,  2,  8  und  gegen- 
beispiel zu  6,  3,  21 

Vasupala  und  Qripäla;  Qraipälavasupälika  zu  P.  5,  1,   133 

Qänticarita ;  (Jänticaritapattakaprasdranam  anu  prdvarshat 
parjanyah  beispiel  zu  P.  2,  3,  8 

Qalibhadra;  anu  Cälibhadram  ddhyäh  P.  1,  4,  86 

Samantabhadra ;  d  kumdrebhyo  yagah  SamantabJuidrasya 
vgl.  P.  2,  3, 10.     Samantabhadram  beispiel  zu  P.  4,  3, 101 

Sätavahanasabha  beispiel  zu  P.  2,  4,  23 

Sinhanandin,  ein  dichter?  upa  Sinhanandinam  kavayah 
vgl.  P.  1,  4,  87;  Sinhanadrydh  (so  die  hs.)  clokäh  vgl. 
P.  4,  3,  116 


*)     Hemacandra  an  der  entsprechenden  stelle:  adhi  Mag adheshu  £'re- 
nikah,  adhi  Qrenike  Magadhäh 


308  Th.  Zachariae 

Siddhasena ;  upa  Siddhasenain  vaiyäkarandk  vgl.  P.  1,4,  87  *) 
Simamdhara;  Shnamdharam  upatishfliate  vgl.  P.  1,  3,  25,  1 
syadväda;  nayate  cärvi  syädväde  vgl.  P.  1,  3,  36  2). 

An  citaten  ist  der  commentar  des  Abhayanandin  verhält- 
nissmässig  arm. 

Beim  namen  werden  nur  citiert  das  Bhäshya  viermal,  und 
einmal  die  Nämamalä  —  oder  vielmehr  eine  Nämamalä,  denn 
es  giebt  verschiedene  werke  dieses  namens  3). 

Von  den  anonymen  citaten  stammt  eine  stelle  aus  Magna 
(I,  47);  eine  andere  findet  sich  fast  gleichlautend  im  Mahäbhä- 
rata  (angeführt  wegen  ädyuna);  sonst  kommen  u.  a.  folgende 
verse  vor: 

anuraktah  c,ucir  dattali  (sie)  grutavän  degakälavit  | 
vapushmän  käntimän  vägmi  dütah  syäd  ashtabhir  gunaih  || 
vgl.  Manu,  VII,  64. 

idam  phalam  iyam  kriyä  karanam  etad  esha  kramo 
vyayo  'yam  anushangajam  phalam  idam  dageyam  mama 
ayam  suhrid  ayam  dvishan  prayatadegakaläv  4)  imä- 
viti  prativitarkayan  prayatate  budho  netarah  || 

kämakrodhau  manushyanäm  khäditärau  vrikäv  iva  | 
tasmat  krodham  ca  kämam  ca  parityaktum  budho  'rhati 
Die  erste  verszeile  auch  in  der  Kacikä  zu  P.  5,  3,   115. 

kälah  pacati  bhütäni,  kälah  samharati  prajah  u.  s.  w.  vgl. 
Indische  Sprüche1  3917  und  diese  Zeitschrift  bd.  V,  p.  61.  Die 
angeführten  worte  stehen  auch  im  Bhäshya  zu  P.  3,  3,  167. 

tasya  Dronasya  samgramah  Säranena  Gadena  ca  | 
yugapat  kopakamäbhyam  manishina  iväbhavat  || 

danena  bhogam  dayaya  surüpam 
dhyanena  moksham  tapaseshtasiddhim  | 
satyena  väkyam  pra^amena  püjam 

J)     Hemacandra  2,  2,  39  anu  Siddhasenain  kavayah 

2)  Ebenso  Hemacandra  (nur  vidvdn  für  cdrvi) ;  die  Käcikä  hat  hier 
lokdyate,  vgl.  die  vorrede  zur  Kägikä  (Benares  1878)  p.  2;  Kram adievara : 
tarke. 

3)  Vgl.  z.  b.  Pischel  zu  Hemacandra  Präkr.  I,  1P6. 

*)     v.  1.  prakrita0  in  dem  Laghunyäsa  zu  Hemacandra's  Brihadvritti. 


Das  Jainendravyäkaranam.  309 

vrittena  janmägram  upaiti  martyah  II 
Beispiel  zu  P.  1,  4,  42. 

Purudevasya  pautro  'säv  Arkakirtir  jitähitah  | 
pälayam  asa  lakshmivän  mänavo  manavih  prajäh  II 
Vgl.  die  Käcjkä  zu  P.  4,  1,  161. 

purushadhvajac,rii)geshu  havirbhüshanalakshmasu  | 
vämacreshthävanindreshu  lalamam  navasu  smritam  II 
vermuthlich  aus  einem  lexicon. 

Qäntinätho  jinali  so  'stu  yushmakam  aghacäntaye  | 
yena  samsärato  bhitir  asinäkam  iha  näcüä  || 
Beispiel  zu  P.  8,  1,  18,  vgl.  die  Käcikä,  und  Kätantra  p.  60. 

Der  anfang  des  Jainendravyäkaranam 

nach  der  Berliner  handschrift  1). 

Lakshmir  ätyantiki  yasya  niravadyavabhäsate  | 
devananditapüje^e  namas  tasmai  Svayambhuve  II 

Siddhir  anekäntät  (1). 

sasthänakriyam  svara  (2).     Pan.  1,  1,  9. 

halo  'nantarah  sphali  2)  (3).     P.  1,  1,  7. 

näsikyo  nah  (4).     P.  1,  1,  8. 

adhu  mrit  (5).     P.  1,  2,  45. 

kriddhritsah  (6).    ib.  46. 

pro  napi  (7).     ib.  47. 

strigor  nicah  (8).     ib.  48. 

hridupy  up  (9).     ib.  49. 

id  gonyäh  (10).     ib.  50. 

akalo  'c  pradipah  (llj.     P.  1,  2,  27. 

acac  ca  (12).     ib.  28. 

uccanicav  udättanudattau  (13).     ib.  29.   30. 

vyämicrah  svaritah  (14).    ib.  31. 

ädaig  aip  (15).     P.  1,  1,  1. 

aden  ep  (16).     ib.  2. 

ikas  tau  (17).     ib.  3. 

na  dhukhe  'ge  (18).    ib.  4. 

')     Sehreihfehler  sind  nach  dem  commeniare  verhessert. 

*|     sya  hier  die  handschrift  (vgl.  Vopadeva  3,  18);  sonst  immer  spha. 


310 


Th.  Zachariae 


kniti  (19).     P.  1,  1,  5. 

idüdeddvir  dih  (20).    ib.  11. 

dmah  (21).     ib.  12. 

nir  ekäj  anän  (22).     ib.  14. 

ot  (23).     ib.  15. 

kau  vetau  (24).     ib.  16. 

unah  (25).    ib.  17. 

um  (20).    ib.  18. 

dädhä  bhv  apit  (27).     ib.  20. 

ktaktavatu  tah  (28).     ib.  2(5. 

samjnä  khuh  (29). 

bhävakarma  nih  (30). 

ci  dham  (31).    P.  1,  1,  42. 

sud  anapah  (32).     ib.  43. 

katih  samkhyä  (33).     ib.  23. 

shnäntel  (34).    ib.  24. 

sarvädih  sarvanäma  (35).     ib.  27. 

va  diksave  *)  (36).     ib.  2S. 

na  ve  (37).    ib.  29. 

bhäse  (38).    ib.  30. 

dvandve  (39).    ib.  31. 

va  jasi  (40).     ib.  32. 

prathamaearamatayälpärdhakatipayanemäh  (41).    ib.  33. 

pürvädayo  nava  (42).    ib.  34,  coli.  7,  1,  16. 

miiasyor  atah  (43).     P.  7,  1,  15.  16. 

tiyasya  niti  (44).     P.  1,  1,  36  värttika  3. 

ig  yano  jili  (45).     P.  1,  1,  45. 

tä  sthäne  (46).     ib.  49. 

stbäne  'ntaratamah  (47).     ib.  50. 

(Lücke.) 
ante  'Iah  (49).    ib.  52. 
nit  (50).     ib.  53. 
parasyädeh  (51).    ib.  54. 
git  sarvasya  (52).     ib.  55. 
tid  ädih  (53).    ib.  46. 
kid  antah  (54).     ib.  46. 
paro  'co  mit  (55).     ib.  47. 
sthänivädeco  'nalvidhau  (56).     ib.  56. 
pare  'cah  pürvavidhau  (57).    ib.  57. 

x)    So  die  handschrift. 


Das  Jainendravyäkaranam.  311 

na  padäntadvitvavareyakhasvänusväradicarvidhau  (58).    ib.  58. 

dvitve  'ci  (59).     ib.  59. 

ip  kety  avyavaye  pürvaparayoh  (60).     ib.  06.  67. 

nacah  kham  (61).     ib.  60. 

ubujus  (62).    ib.  61. 

tyakhe  tyäcrayam  (63).     ib.  62. 

nomata  goh  (64).     ib.  63. 

antyädy  acash  tili  (65).     ib.  64. 

upäntyäl  un  (6^)-     ib.  65. 

yenäli  vidhis  tadantädyoh  (67).     ib.  72  1). 

akshv  ädy  aib  duh  (68).     ib.  73. 

tyadädih  (69).    ib.  74. 

eil  pragdece  (70).     ib.  75. 

va  nämnah  (71).    ib.  73,  varttika  5. 

an  udit  svasyätmanäbhävyo  'taparah  (72).    ib.  69.  70. 

antyenetädih  2)  (73).     ib.  71. 

asainkhyain  jhih  (74).    ib.  37.  Th.  Zaeharuie. 


Vertretung  von  r  und  1  durch  a  im  Griechischen. 

Wenn  man  siebt,  wie  regelmässig  und  in  wie  weitem  um- 
fange im  Griechischen  die  silben  ev  ve  [.ie  sich  zu  a  verkürzen, 
kann  es  von  vorn  herein  gar  nicht  auffallen,  dem  a  als  der  ge- 
schwächten form  der  silben  £Q  qs,  el  Xe  resp.  oq  u.  s.  w.  zu 
begegnen.  Für  a  :  to  glaube  ich  zwei  sichere  beispiele  beibrin- 
gen zu  können. 

(.laTteiv  ist  aorist  zu  Iud(>7tziü  und  kann  daher  nur  als 
(.fQTteiv  gefasst  werden,  wie  es  bereits  Saussure  Memoire  p.  7 
thut.  RV.  854,  7  vam  1  sg.  aor.  zu  vpiöti  kann  hiermit  kaum 
verglichen  werden;  s.  Benfey  Gott,  nachr.  1880,  s.  195  f. 

Ebenso  sicher  ist  a  =  r  in  oxa-Tog  gen.  zu  oxcoq  Koth. 
Saussure  freilich  deutet  a.  o.  p.  225  oxa-vog  aus  oxv-Tog, 
indem  er  okioq  fälschlich  mit  skt.  gdkrt  cdkne  zusammenbringt. 
Es  liegt  jedoch  auf  der  hand,  dass  zu  gakrt,  agva-gaka  „pferde- 


*)  Vgl.  varttika  29  (in  Kielhorn's  ausgäbe  des  Mahäbhäshya,  Bom- 
bay 1878),  und  Paribbäsbenducekbara,  XXX. 

■)  Ganz  anders  lautet  dieses  sutra  bei  Burneil,  Aindra  scbool,  p. 
98.  99. 


312  A.  Bezzenberger 

mist"  vielmehr  '/.öitqog  und  xaxxäy,  lat.  cacäre,  altir.  cacc  „koth" 
und  lit.  szikti  „cacare"  gehören ,  dass,  dagegen  mit  oyj&Q  an. 
JI^S^gSfc^^^-TiIBi^".!,,  ksl.  gfc^/^schmutz"  sfarma  „be- 
sudlung",  skr.  ava^fayxt  „excremente"  zu  verbinden  sind.  Ist 
somit  das  q  in  öxcoq  raoical,  so  kann  oxa-rog  nur  aus  oxq- 
zog  entstanden  sein. 

Demgemäss  setze  ich  auch  rj7ta-Tog  unbedenklich  dem  sskr. 
yakr-tas  gleich,  gf.  jeqr-tos,  ursprünglich  ablativ  zum  nominativ 
jeqor  =  l&t.jecur  =  zend.  yakare.  Auch  töa-tog  :  v'öcoq  av-vdqog 
vÖQaivof.iat  und  övSa-zog  :  ovd-etQ  sind  als  vög-zog,  ov&Q-tog 
zu  denken  (vgl.  Benfey  Gr.  wll.  II,  310).  An  sich  könnten 
vda-  und  ov&a-  ja  ebenso  gut  nasalstämme  sein  —  vgl.  sskr. 
uddn,  ü'dhne  —  aber  ein  solcher  ist  für  vöojq  nicht  im  Grie- 
chischen, für  ov&ccq  nicht  einmal  im  europäischen  Sprachgebiete 
nachzuweisen,  denn  auf  den  ital.  flussnamen \ Oufens  wird  wohl 
niemand  bauen  wollen.  —  Gehört  ra%ög  zu  tq£%üT? 
I  Tür  a  —  l  habe  ich  nur  ein,  leider  diabetisches,  vermuth- 
'  lieh  böotisches  beispiel,  nämlich  yaxov  — ■  yXvxv  in  den  hesy- 
chischen  glossen : | .yetzks  fjdetog;  Faxeiai '  Plv^iiai;  yaxov  •  fjdv,\ 
ylvxv ;  yaxovdta  •  ijdvoftQTa  und  yay.ov7tioveig  '  ^oHCOTrjg.  Von' 
Seiten  des  sinnes  würde  \s  sich  sehr  empfehlen,  aufch  ya-vaco 
als  yX-vdin  zu    fassen  und  damit  zu  ytXuio,  yXijvog  zu  stellen 

^  A.  Fick 

X       _ 


A  im  ablaut  zu  e  und  ö. 


Die  tatsache,  dass  a  häufig  neben  e  und  6  als  ablaut  steht, 
ist  von  de  Saussure  und  Mab. low  anerkannt  und  beachtet 
worden,  aber,  wie  mir  scheint,  nicht  zu  allgemeiner  anerken- 
nung  gekommen.  Diess  veranlasst  mich,  dieselbe  im  folgenden 
noch  einmal  zur  anschauung  zu  bringen,  das  übrigens  im 
wesentlichen  selbständig  entstanden  ist  und  Vollständigkeit  nicht 
erstrebt.  . 

aeocc  „schlief"  .•  ccioteo)  „schlafe"  A  lavto   dass.  (entgegenste-  \ 
hende  Zusammenstellungen  bei  L.  Meyer  KT  zs.  22,  530  ff.). 

ßeßrjxa,  ßrjXog  „schwelle"  1),   dor.  ßovßrJTig  (vgl.  kret.  sp- 


*)  Lat.  betere  (hitere)  zum  beweise  für  die  ursprünglichkeit  dieser  r\ 
heranzuziehen,  wage  ich  nicht  wegen  des  unklaren  osk.  baiteis  auf  dem 
stein  von  Attilia. 


A  im  ablaut  zu  e  und  6.  313 

ßerj   Cauer   Del.   n.  43,   z.  15,   das  Ahrens   II,   338  in   efißj} 
änderen  will)  :\ßwftng,-  ßatvto,  ßdoig.         ^y^yj'^ 

*diijui  „scheuche"  :  ökoxw   „jage"  :  ötdxTOQog.     h*^ 

Lrj&i,  Lrjatov  (Epfcharni)  :  Ltoog  :  Lato. 
J  $bpt£v  ,,  häufe"  :  Üiouög  dass.  :  ^3tfjA,,z\i  häuf".  - 

xij&ig  :  xio&tov  :  xva&og  (aus  *x/ath)g)  und  xdv&aQog 
„bescher". 

xrjfprjv „dröhne",  xexijtp£"t£\hrjx$v  (Hesyeh)  .-xiotpog „stumpf": 
xsxcMprjojg. 

xXrjfta  „sehössling"  :  xXiov  dass.,  ■/.Xo'jfiag'  „Steinhaufen"» 
xXwftaxotig  „felsig"  :  xXdto  „breche". 

TZ&lTTJUtg   :  7lS7TT(OV.a  ."  TCXO.UO. 

Ttrrjaaw  :  TiTOJooio  „sich  ducken"  :  stztoxop  (vgl.  lat.  quac- 
tus  Froh  de  o.  I,  330). 

QrjYWf.iL,  avv6QQt]xvai  (#•  137),  sgQtjyeia  (tab.  Herac.  A.  18): 
sggwya,  qw^  und  qioyftög  „riss"  .-  sggdyrjv,  iTtSQQayrj  (II  300 1 
vgl.  ndd.  irrarl-  Fröhde  K.  zs.  22,  2(59). 

mhd.  rasen  :  sgcorj  „jede  rasche  bewegung"  :  eJ-egdto  „weg- 
werfen". 

ipfjv  „reiben"  (natürlich  nicht  aus  ipdeiv),  xctT-sif.irjf.tai  : 
yj(OQa  „kratze",  xf>co/u6g  ,, bissen"  :  xpdw,  ifiaito  „reiben". 

iprjyw  „zerreibe  :  iptoyw  dass.  :  ifiaxxav  •  Trjv  xpioxTijv  ftaLav 
(Hesyeh),  xpacpaqög  „zerreib bar". 

Die  ablautsreihe ,  welche  diese  beispiele  veranschaulichen, 
ist  innerhalb  einer  spräche  nicht  immer  vollständig  erhalten. 
Unvollständig  sind  z.  b.  die  folgenden  reihen: 

drjto  „werde  finden"  :  öedatog  „gelernt  habend". 

dijg~ofiai  :  sdaxov,  ddxvio  „beisse".  \  .     / 

SQijfiog  „einsam"  :  dgdfisvai  •  ijovyd'Cstv  (Hesyeh).  \\/       r 
j^cT^acht"  :  U7.i'v,    dxswy  „still",   dv.t)  '  tjOcyta  (Hesyeh),    \^ 
uv.aXec-QQUT^g  „sacht  niessend". 

rjTQiov  „aufzug",  sji-rjTQiftog  „dicht  an  einander"  ;  axTOftat 
(—   dtdtoftat),  srcaaovTSQog  „dicht  gedrängt".  /     ^* 

lakon.  HXrjfog  (Ärchäol.  zeitung  34,  49)  :  äol.    sXXatlt.        l/0^ 

'~ixsya]del'<^s(x£)xu^tjnu^i\.lesych;   vgl.  k&y&kce)  :  homer.         / 

'.aik)VTO.  ^-»««^  Ar 

sxrjfc  Ixdrjv,  xalto  „brenne".  Vgl.  lak.  xsavav,  delph.  xrjvav  CIA.\    r     S 
Vif),  kypr.  fuyaxrjvsvg   Philol.  35,  94,  xrjta' Y.aildQftaTa  Hesyeh.  \  \^ 

xlyQijfiL  „leihe"  :  xi/gdu)  dass. 

XTrjo&ai  (Ahrens  II,   131)  :  xTaofiai  „erwerbe". 

Beiträge  z.  kundod.  ig.  sprachen.   V.  01 


i 


314  A.  Bezzenberger 

Xrjyoj  (Ahrens  II,  153)  „aufhören" ;  Xayagög  „schmächtig".    , 
a.7t&hrf*.a  •  aTCtQQtoya  .  Kv/tpwi  (Hesych)  :  Xä>U.g,    Xdxog  „fe- 
tz^»ÜJ^gl.  ljtfr  laG£f^ik!^aH^^  ]/ 

/y^M^-^^-^  *Aow,  Xa/uvgog  ,,keck"(?).    . 
/    lit.  l'ekti  „flattern"  :  Xcntxi'Oo  „zappeln".    IjT 
Tjii^Slit.  ^ftfajtfi  „sich    gelüsten   lassen"  :  [m%Xq(:  „geil" ,    preuss. 


I     (ifjxig  „ermessen"  :  (idxiov  „kleines  maas".    \    * 
lf  r/*  a(irjxpg  „ernte"  (vgl.  mhd.  mcejen)  :  ä/ndto. 

ksl. (mhieti   „meinen"  :  ((ivä(ia,    vgl.   z.  b.  Cauer  Del.  n.     [ 
32  :)  (ivdo(icu. 

7tt]%xlg  (Ahrens  II,  153),  7tr/yvv(u  (vgl.  lat.  pfyi  aber  dor. 
ntTtäya)  :  E7idyrjv. 

delph.  mjXs-,  böot.  txeiXe-  (Meister   o.  s.  228)  :  att.  xtjXe 
„fern"  ;  TtdXai  „eheinals"  (Collitz  o.  s.  101).  ,. 

. 7trJQfit%^(o)7thdio?**q^ %wq(xv  xov>»^ov  (vgl.  got.  fehi^: 
wtd,  >r«e«. 


r 


<, 


Ttag 

7ti(i7tXi](u  :  7ti(i7tXdvai 

7Tl(l7tQrj(ll    :    7tl/U7tQ(XVCCl,    8 (.1711  (.171 QCCO). 

Q*jy°S  „bunte  decke"  :  xQvooQayig  •  %Qvooßetq>eg  (Hesych). 
orJ7tO(icu  „verfaule",  vgl.  arjTcia  Epich.  33  :  EodTCtjv. 
t'oxXrjv,  dor.  E^EaxXr]x6xEg :  cc7tooxXalrj  •  dTto^rjqaivoLxo  (Hesych). 
acprj^  „wespe"  :  acfdxxw  „schlachte". 
%r}Tig  „mangel"  :  yja.xiC.ui  „entbehre". 

XQfjfKx,  XQri(JT<^S   (vgl.  lat.  res   Fröhde   K.  zs.  22,  251  und 
umbr.  yestef,  reste)  :  xQdotuai. 


ßXto&Qog  „hochaufschiessend"  ;  ßXaoxdvio  „hervorsprossen". 
ygcovog  „ausgefressen"  :  yqdoi,  ygaivoj  „nagen**. 
öüjqov  „die   breite   der   flachen  hand"  :  ddgiv  •  07ti&cc(Ujv  . 
IdQxddeg  (Hesych). 

i'ocDg  „liebe"  .-  sgawog  „lieblich",  £Qa(iai  „liebe' 
eqacpoQog  (Hesych)  .•  tcooyöoog. 
lioXi<^(prj(i}^dsiX)]  (Hesych),  7h»4  „gesNtfei"  .-  laXL 
:eg  (Hesych).  ^*v  ^v" 


i     KorjTEg 

^~~        Y.t,viÖ7tExov  „gefährliches  tier",  xvioip  dass.   :  waTixio  „zer- 
reissen"  x). 

*)  Dass  in  xvmp ,  xvdnru)  und  xvtoäaXov  (s.  o.)  echtes  *  eingebüsst 
sei,  ist,  unwahrscheinlich;  das  letzt  genannte  wort  scheint  mit  xtvadog, 
(pvo-)xlvSiog  ,,(e3el-)treiber"    und  xivdwog   zu   an.  hitta  „finden,  treffen", 


A  im  ablaut  zu  e  und  6.  315 

Isyliod-to  „spinne"  .-  xdla&og  „geflochtener  handkorb",  f 

KvajöaXov  „tier,  wildes  tier"  :  xivadog  „tier".  -.f 

xvwdwv  „jagdspiess"  :  xvaddXlerai  •  xviföeTai  (Hesych). 

xco/xa  „schlaf"  :  xdfivco  „ermüde". 

fauJMv  „erwüii^öiiter"  :  ditoXm^i   „geniesse",  lat.   Ltfwnia, 
giiVC^iHimds*  ===  kymr.fWfrtiWL.  körn.,  £«w2ft-"^hilaris,  B&atus". 

fitoXtoip  „strieme" '.•  aifidXtmp  (  —  a^o^ualw^J^^tstriem e " . 

fuoo&ai   (Ahrens    II,   349)  .-  fidofiai,    fiatofiai ,    fiaiftdtD 
(.-  fiävig  Ahrens  II,  153). 

/       evto7Trj&r],  vEvdimqKxL '  T£TaTt£ivtoT(u.xaTa7r£7tlr]xrai  (Hesych) : 
(vdrcij^  vditog  „waldschlucht". 

oIotclotti    „der  fettige  schmutz  der  ungewaschenen  schaaf- 
wolle"  :  onaxlhq  „dünner  Stuhlgang". 

öAiölr^  „wurm"  :  oxaXrjvog  „krumm". 

ow%a)  „zerreibe"  .•  oa%v6g  „locker". 

rtKTiov  :  zexvaiva  x). 

TQioyiü  „nage"  .-  sTQayov. 

tqcücü  „verletze",  TQf.ovf.ia  :  TQavfia. 


\  rtu^l^w  ,,spoTt!^Hi££ke">  &üiTfx£,Ei  •  hirtaitei  .  yrXsvdtei  (He-  !    ly 
sycnfTäTdo&alog  „frevemMfc"  (vgl.  mhdj;^jM^tactei^|ßhler").  I 


oiyavov    „radschiene",    nf-Qiföyava  •  €7tiafftoTQa    (Hesych) 
ayvvfu  „biege"  (:  kaya).  / 

idXsxQavov  :  aXag  ■  Tcr^vg,  l4&afidvtov  (Hesych).     ^/%  A/äri      L, 

aQrjyio   „helfe"  :  aQtoyi]  „hilfe"  (vgl.   lit.  reyeü   „schauen", 
altsächs.  rokian  „sorgen"). 


/  arjfu  „wem?:~?  acorov  „flocke". 
*0mßlrjfia   „wurf",   ißXrjfirjv    u. 


s.  w.  ;  ßhofiog  „bissen"  (vgl. 
-/.aßXtsi  •  Y.axaniv£i  Hesych). 

evlrjQa  „zügel" :  svXwazoi  •  svvcpeig  (Hesych),  Xidfia  „säum" 
(lat.  lörum). 

&rjo&ai  „saugen"  ;  dtoo&ai  •  daivva&aL  (Hesych). 

xQrjfivog  „abhang" :  -/.Qiofiat;  „felsen"  (anders  Bugge  K.  zs. 
19,  420). 

hetja  „mutiger  mann",  hutr  „hass",  nhd.  hast  zu  gehören.  Einbusse  eines 
echten  i  hat  aber  stattgefunden  ausser  in  nvvrog  =  nivvxöq  (gebildet 
wie  "OQVvrog)  in  nvxvög  =  nvxivog. 

*)  Das  «  der  mittleren  silbe  kann  ebenso  wenig  wie  das  in  ovofiatvw 
u.  dergl.  enthaltene  als  schwä  aufgefasst  werden;  demnach  sind  in  der 
von  mir  o.  III,  100  anm.  aufgestellten  regel  die.  worte  „ein  als  schwä 
aufzufassendes"  zu  streichen. 

21* 


k 


316  A.  Bezzenberger 

y.vQTjßcct(x>  „wie  bocke  mit  den  hörnern  stossen"  :  x.Qtoßv- 
Xog  „ein  mitten  auf   dem  scheitel   emporstehender  haarschopf". 

Tcriixa.  „leid"  (Ahrens  II,  153)  :  TaXai-rcioqog  „mühe  er- 
tragend". 

UauTj%Lo  „abreiben,  abwischen"  :  aaioxco  dass.  «w 

itv&Q>'jV>j  „biene"  :   #£W>or|  •  y.yqj^v  .  .z/d'/jovsg -(ilesych).    ; 

X*JQ°S,  „beraubf^S^w^/g  „gesondert,  ohne". 

Dass  a  vielfach  ablautsvocal  zu  rj  und  10  ist,  beweisen  die 
obigen  Zusammenstellungen  zur  genüge,  wenn  auch  nicht  alle 
unanfechtbar  sind ;  was  besonders  gegen  einzelne  von  ihnen  ein- 
gewendet werden  kann  ist:  1)  dass  den  bez.  ^-formen  dorische 
ä-formen  zur  seite  stehen  oder  gestanden  haben  mögen  —  etwas, 
das  nicht  überschätzt  werden  darf,  da  dor.  ä  zuweilen  aus  son- 
stigem r\  hervorgegangen  ist  x)  oder  hervorgegangen  sein  kann 
(vgl.  däXeo/uai  :  drjXeof-iai  {:  ddXkei  •  ■/.axovQyel?) ,  lat.  deleo; 
dßa  :  fjß-r],  lit.  jegä,  F  i  c  k  o.  III,  126 ;  Wqo^ :  ymolvoc.  lat.  ceru, 
Schrader  in  Curtius'  Stud.  X,  321  (aber  lit.  köris);  el.  rrazäg, 
dvars^ä  u.  dergl.  m.) ,  aber  auch  nicht  zu  unterschätzen  ist, 
da,  wie  oben  schon  mehrfach  zu  erkennen  war,  auch  zwischen 
ä  und  d  und  zwischen  ä  und  10  2)  ein  ablautsverhältniss  be- 
steht (vgl.  ädvg  :  evaöe;  &väOY.w  :  &dvdzog;  xcntlg  :  -A.ayy.vXag  ' 

*)  Vielleicht  ist  diess  gerade  durch  den  ablaut  i :  ü  veranlasst,  in- 
dem dem  ä  zu  liebe  4  in  d  verwandelt  wurde.  In  gleicher  weise  scheint 
das  d  von  lit.  bälü  (.•  bülaü ,  vgl.  ksl.  belli)  und  szülü  (.•  szälaü ,  vgl.  lit. 
szeszelis)  entstanden  zu  sein. 

2)  Vergl.  ausserhalb  des  Griechischen  die  german.  ablautsreihe  fa- 
rid  :  för  :  faranz  ,  in  der,  wie  ich  jetzt  annehme  (vgl.  G.  g.  a.  1879,  s. 
819),  zwei  aus  der  grundsprache  stammende  ablautsreihen  ä  :  a  und  6  : 
ö)  zusammengeflossen  sind,  und  lit.  dü'ti  :  preuss.  ddt  (dessen  ä  jedoch 
in  ähnlicher  weise  wie  das  von  lit.  bälü,  szülü  entstanden  sein  kann)  und 
lett.  nätra  ,,nessel"  :  lit.  nutere.  Sehr  zu  beachten  ist ,  dass  auch  &  und 
d  öfters  im  ablaut  stehen,  wie  schon  in  einigen  der  oben  aufgeführten 
Zusammenstellungen  zu  bemerken  war  und  weiterhin  das  folgende  zeigt: 

orJTQK,   ßQrjTWQ    :    elQUVU,    ßftÖXQU. 

.TiiVTrjxovTa,  fetjrjxovTK  :  quinqudginta.  sexdginta 
ri/Acci  :  lat.  dmis. 
( '  ;-     rjfii  :  äv-crivo/LiKi^  crivog  :  äjo  (adügium  aber  gehöht  zu  adigere). 
..Lit.  pTfcftu  ,,mache  breit"   :~*Jil(dü.s "---  nlcavg  :  pl('>u^y^? 
Lit.  s'edmi  „sitze"  .•  sodl't  „setzen". 


)  :   lit.  romas  ,, sanft". 


A  im  ablaut  zu  e  und  6.  317 

xnxiöag  (Hesych) ;  xex/ucuog  :  zdf.iavog ;  %otä(.ti :  Hazctf-inv ;  errtäv  : 
titräf.irjv;  Idttco  :  ela&ov;  trläv  :  rtxla&i;  ßläyd  (Ahrens 
II,  138) :  ßlaydv  •  6  ßdxgayog  (Hesych;  vgl.  ahd.  claga  „klage");  t 
&at;ca  (Ahrens  II,  343),  9rp/w  „wetze"  :  ütoyöüg,  Ted-wytävoi 
„berauscht"  (Hesych)  :  kret.  fpdyqog  „wetzstein";  rtd-äcpe  (? 
Kühner  Ausf.  gram.  I,  832),  reürpca  :  üojrttw,  üwxp  :  zacptov, 
^äf.ißog;  xexläf  Alcm.  7  (Bergk),  xexA^ywg  :  xlaitw  :  xldtü), 
"/.Idyl-io  (vgl.  lat.  clango);  TiiyiQäya^:  xgiotio  :  tvey.gayov,  xgätw; 
Oivayäyoya  :  dyiuyog;  'ioxä^it  :  oxontil-  •  do"/ig-^nHvri  (Hesych);  \~* 
(pä(.ii  :  (piovrj;  gdl;  (gäyog,  lat.  fräga)  „Weinbeere"  :  (>(££,  dass.);  -~-«- 
2)  dass  r]  und  10  nicht  nur  durch  a,  sodern  auch  durch  den  je 
entsprechenden  kurzen  vokal  (e,  o)  abgelautet  werden  (zid-rj^u: 
Ti&£f.tsv,  dldcoi-ii  :  öiöo^uv  u.  s.  w.). 

Die  zuletzt  hervorgehobene  tatsache  legt  die  frage  nach 
dem  gegenseitigen  verhältniss  der  ablaute  e  :  ä,  6  :  ä  und  e  : 
e,  6  :  ö  nahe.  Ich  gestehe,  darüber  nicht  in's  klare  gekommen 
zu  sein;  denn  wenn  jene  auch  weniger  verständlich  sind,  als 
diese,  und  wenn  jene  auch  öfters  neben  diesen  erscheinen  (vgl. 
ßcoTWQ,  ßiöxig  :  ßno-Aw  ,  aber  rcqö-ßaxa;  didcof^u  :  dovog,  aber 
lat.  (latus ;  ii]f.u  :  dvhoo^ai  :  dcpszog,  aber  lat.  sätus;  egcog  : 
sQog,  aber  egavvog;  lit.  tetis  :  thra,  aber  rdtra;  nrjXidvog  (He- 
sych) :  TteXidvog,  lit.  pele ,  aber  lat.  palleo  }  lit.  lekti  :  lekiu, 
aber  XaxTitio),  so  sind  die  ablaute  e  :  e ,  6  :  o  doch  so  natür-  | 
lieh  und  so  weit  verbreitet  (z.  b.  d{irjTog  :  lat.  Dietere ;  X£**r](pe:l  t 
lat.  hebes;  f.trjöo/nai  (ksl.  mera)  :  (.itdof-ica,  germ.  metan;  lat.  [^ 
möles  :  molestus ;  öiöiü/hl  :  dofsvat,  umbr.  purtuvetu,  lit.  daviaü  ; 
ßltjXQÖg  (Ahrens  II,  150)  :  lit.  gleznus  „zart"  u.  s.  w.),  dass 
ich  sie  nicht  für  unursprünglich  halten  kann.  Ich  muss  es  des- 
halb zweifelhaft  lassen,  ob  die  o,  bez.  ä  von  z.  b.  ksl.  Jcolü  „pa- 
lus"  (lit.  M'las  :  an.  hcell  Bugge  o.  III,  103);  ksl.  ocholü  „su- 
perbus"  (irj^i  u.  s.  w.,  s.  oj  ;  ksTr^r^f^  gof.' 
])Yex&L<!<tr/rhL  .,inflekS£  (&rjo&a£~7lfLüodca) ;  lit.  Idpe  fdlwTtrj^) 


Ksl.   reko    „palpelira"   :  lit.   voka   ^äeckeY  •{akesvokä    ,}*« 
lett.  väks  dass.  (azu  vüki  „augenlicder" ;  \g\\omia  •  öipQvdia!:). 

Lit.  (jr'ebti  „harken"  (vgl.  girbsznis  „griff")  .•  sityrobt  (in  zemaitischen    ; 
Schriften)  „ergreifen".  t 

\Ahd.  kndan   „erkennen"  .•  i-yviov,    lat.  nötus  :  lat.  giidrus    „kundig",    t^y^ 
lit.  zmoh.yr^ 
Tvrflios ,    yfytr>iyui,    xualyvr\rog  .-'yveorög   „blutverwant" ,   lett.  fnöts 
„Schwiegersohn"  :  lat.  natu»,  ndtio. 

lar^wriu  :  lat.  strdvi. 


j  KsTn^Wn^hd.  .^fBPTypfeihtpii^c 


318  A.  Bezzenberger 


lit.  Ikamhil^,  „platftiwa^   \xfrn/iUtt>)  ,•    lit.    zägaras    „reis"    (lett. 

I'clnitii\-     <mf.    frm/ifin-    ( :rnit')'i'nr\  •    jrnt.    hluhhin    ( v)..inaniii\  ■    krini- 


ohUgi) ;   got.  frauja n-  ( ;r,Qto'iog) ;  got.  hlahjan  (x.fooooiü);  krim- 
(^oV);    ahd.  jagön   (lco>u'j) ;  ~&kd.  lubon    „laben"    (XuT- 
jcqjjl  aaffll*yMggg  „nh^h   lecltareien  sEfcb&n"   (vafys^ovjl   mhd. 
p^ew '„babkgn"  U^y(^)|  griechischem  o,  oder  a  gleichzustellen     \f 
sind.     Dass  da§  letztere~roöglich  wäre,  lehrt  weiterhin  das  fol- 
gende. 

lat.  aries    (gr.  (a)Qavig  •  elarpog  Hes.?)  :  lit.|  $ 
t        I        lat.  cälim  :  celo.  .  \ 

I         ls    lat.  Mb  :  cepi  :  gr.  -^^^!T 

teti.'facio  :  feci,  osk.  fifikm  (Bugge  Altital.  stud.  s.  31), 
gr.  e'^xa.  Fäcio  verhält  sich  zu  eörjxa  und  Ti&tyu,  wie  diav.- 
toqoq  zu  öuoxw  und  dir}f.n;  es  ist  folglich  aus  dem  schwachen 
perfectstamm  gebildet  und  gewissermassen  ein  präterito-präsens 
(vgl.  sikul.  x«xAüzw,  Ähren  s  II,  328).  Ebenso  sind  nun  ca- 
pto, jacio,  frango  x);  pango  u.  s.  w.  zu  erklären ;  sie  haben  ältere 
präsentia  verdrängt,  welche  mit  den  zugehörigen  perfectis  im 
wurzelvokal  (e)  übereinstimmten.  < 

^       lat.  faTfa^:  gr.^Tytojaai^  „betrftEjqr"  l^vpcpcohog  „nichtig", 
lat.  af-fätim  „zur  genüge"  :  &fjo9oti  :  iraio&ai. 
lat.  lussus  „schlaff' Vg^^Zg^riftss^  :  got.  Uta  :  lailöt. 
/  Ist^mene  „beinahe"  2)  :'  penuria  „mangel". 
^x*lat.  potior  :  7iij(.ia  :  TaXal-rtwoog. 
lat.  rätus,  got.  raßjö  :  lat.  reri. 

lat.  sätus,   saeculum  (Fleckeisen  Fünfzig  artikel  s.  27) 
sevi,  semen. 
l^rnm     jL*}^  sa^rn^  an>s§a#  „kurzes  schwert"  :  ksl.  seka  „caedo". 
lat.  "^päüum  „r1l*^n?Ns>s^it.  Isp^ü^m^Q, hafesn^ :  ahd.  spuot 
-da"  <■■ 


„erfolg* 


lat.  äcipenser,  äquifolius  :  ocior,  wx.vg. 
lat.  amarusj'skr.  amla\  gr.  id/uog. 


t- 


*)  Unrichtig  habe  ich  das  a  solcher  verba  früher  (G.  g.  a.  1879,  s. 
823  f.)  für  schwä  gehalten.  —  Beiläufig  bemerke  ich,  dass  nasalierte  for- 
men, wie  pango,  frango,  tango ,  durch  ihren  ablaut  als  relativ  jung  er- 
wiesen werden. 

2)  Das  ae  dieses  Wortes  steht  neben  dem  e'  von  penuria ,  wie  z.  b. 
das  ai  von  ijjcttcj,  ßaCvw  neben  dem  r\  von  ipijv,  ßovßrjTig.  Vgl.  weiterhin 
saeculum,  paedor ,  ahd.  gen.  So  bekommt  auch  das  verhältniss  von  eot. 
laian ,  vaian,  saian  zu  lit.  löti,  arjfii,  lit.  s'eti  und  von  ahd..;cÄ7efcN  „zifes^ 
lHdi",  gr.  ylatrvi^  rä  XajjnQva^iara  roir  7itqiXi(ftt).atm>^  oior  ri&iiQtg  (He- 
sycn^zu  yÄ^ro^, ,prach^tück' '  ein  etwas  anderes  aussehen. 


A  im  ablaut  zu  e  und  6.  319 

lat.  cano  „singe"  :  cicönia  „storch".  .? 

lat.  cätus  „schar  ftohend,  scharfsinnig"  :  cos  „Wetzstein".  lA 

lat.  acutus  :  dönum.    r •»■»•■w»«»  n .. .  «,,^)WPW%  ^J 

lat.  nätes  :  gr.  viTrog.) 

lat.  paedor  „schmutz,  gestank"  :  xpiöa  „fäulniss".  j 

t  lat.  \a£/s   ,„floss",  ir."  f'/W'^ti^sie   önTTTtderign"  :  anT^a    |4*lt 

\        -"■■■•l"'"  -^^         ■  ■ .1  ■■  Li... .i ,..,  :_...LUI,  ,„  ■ .»i  iifw^  * 

„rudern".      ^ 

"Cl^   phryg.  attagus  Arnob.   178,  19  (Reifferscheid)  ;  attrjyog, 

skt.  chdga ,  germ.  slcepa-  (Fick  o.  s.  169). 

lit.  in-das  „gefäss",  iz-das  „schätz",  nti-das  „gift",  pd-das 
„fundament",  pr'e-das  „Zulage",  su-das  „gefäss"  :  deti  (vgl.  skr. 
-dha  :  -dhä). 

lit.  draskyti:  sndreksti  „zerreissen"  (unsicher  wegen  dreskiü). 

lit.  randh  „finde",  skr.  rädhyaü  „in  die  gewalt  bekom- 
men" :  got.  reda  :  rairoß.  a 

lit.  slapstyti  :  slepti  „verbergen". 

lit.  vagiü  „stehle"  :  vogiaü  :  ksl.  veza  „cella  penaria"  : 
iioyrj  „schirm,  schütz". 

ksl.  mhtib  -,-,te4iculus",  lat.  madeo,  gr.  uaödo)  :  vfäctrNü-    iX" 

,  —-  ■--..     ,       ,      TT*****     ■**— * ■*— "» ■ -  ■!«  ■..■«■»  ',^V-"^V  * 

zog  „mann!,  s^am".  ^V.    x 

IcsTT^oHt  „uBe?"  :  speti  „maturescere". 

german.  blada-  „blatt"  :  mhd.  blwjen  „blasen  ,  schwellen".       ,  *  \ 

got.  fac/rs  „passend",   fdhan  „ergreifen"  :  ga-fehaba  „ehr-     .JA'\0  -J  "*• 


bar"  :  ahd.  fuogt  „passlichkeif 


go€~gatvo  „gasse",  ahd.  gen,  lett.  gaita  „gang"  :  ahd.  gän, 
gdhi. 


ahd.  smul  „klein"  i^^p^^^j^.    ff 

an.  taka  „fasseir*  :  got.  teka  :  taitok.  H 

got.  aleina  „eile"  :  gr.  io?Jvrj. 

germ.  f allem  :  lit.  pü'lu  „ich  falle".  \  j 

got.  gaurs  „betrübt,  traurig"  x),  skr.  ghord  „grausig"  :  gr.   / 
Xwofiiai  „zürnen". 

Dass  der  ablaut  ö  :  a  auch  in  endsilben  eintreten  konnte 
mag  endlich  die  folgende  proportion  lehren: 

skr.  bhärä(mi)  :  jabhära,  xvmo)  :  ttTvcpct,  got.  nima :  nam 
=  skr.  cinve  :  deinvi.  A.  Bezzenberger. 

*)  Aus  *goura-  wäre  got.  *görs  geworden,  wie  got.  bairos  =  skr. 
bhardvas  lehrt.  Nur  wenn  man  von  dieser  form  ausgeht,  versteht  man 
jene.  Vor  der  endung  der  I.  dual.  präs.  war  der  thematische  vokal  in 
der  grundsprache  also  gewiss  vielfach,  möglicherweise  durchaus  lang. 


320  A.  Fick 


Die  neu  aufgefundenen  inschriften  von  Dyme  (Achaja). 

Im  frühjahre  1877  fand  F.  v.  Duhn  auf  einer  reise  durch 
Achaja  in  Kato-Achaia,  dem  alten  Dyme,  eine  reihe  von  in- 
schriften, darunter  4  grössere,  aus  der  zeit  und  im  dialecte  des 
achäischen  bundes.  Der  druck  des  reiseberichts  (in  Mittheil,  des 
Deutsch.  Arch.  Inst.  III,  1878,  s.  G  ff.)  verzögerte  sich  und  so  sind 
die  inschriften,  nach  einer  bemerkung  des  herausgebers  a.  a  o. 
s.  78  „inzwischen  im  Bull,  de  corf.  hell.  II,  40—44  und  94 — 
99  nach  abschriften  des  hrn.  Martha  veröffentlicht  worden". 
Da  die  quellen  des  achäischen  dialects  bisher  nur  sehr  dürftig 
flössen  (C1G.  1542—1558,  Le  Bas  362-373  und  373b),  unsere 
kenntniss  desselben  in  folge  dessen  nur  gering  war  (vgl.  Ah- 
rens  Dial.  I,  234),  so  scheint  es  nicht  unangemessen,  die  in 
manchem  betracht  interessanten  documente  hier  zu  wiederholen 
und  einer  kurzen  besprechung  zu  unterziehen. 

1.  Bull,  de  corr.  hell.  II,  p.  41  s.  (Martha).  Sehr  wohl 
erhaltene  inschrift,  wie  es  scheint,  des  3.  jahrh.     In  Umschrift: 

1  *Eni  &£oy.6Xov  ^giaxoXaida,     2   ßovXdqyjov  Tifioxqdxeog 
3    nqoaxdxa  KvX(X)iog,     4    ygaftfiaxtaxd  dauooi     5    ocpvXdxwv 
Mevdvdgov    6  xovaöe  d  rtoXig  noXl    7  xag  eTtoirjoctTO  ovfi7toXe 
8    (.iTjOavisg   xnf.i7t6lEi.iov     9    y.al   xdfucoXiv   avvdia     10   oauoa- 
vxsg-  ■HQivaaa  xa     11  #'  %va  %v.aoxov. 

12  Oihov  Ggdocovog  13  ^dvxiov  l^Qiaxaivtxov  14  KXsmpdvrjg 
Tiuocpdveog  15  Nixofievyg  Tiuocpdveog  16  L4&avddag  ^Etcevy.- 
xov  17  ^ErtixiXiqg  Kovtovog  18  KXttov  EmzeXeog  19  NUcxq- 
Xog  NiytccQXOv  20  2ain'6ag  Tif.ua  21  EivctQyog  Tifiia  22  ^Aqi- 
oxödaftog  MeyaxXtog  23  Evanxog  Meya^Xeog  24  GQaovßovXog 
!s4d€ifidvxov  25  vlvKiog  Nr/Mvog  26  2dxiQog  L^gloxcovog  27 
Evqxxfiog  QiXoddfiov  28  (Dilöfirjlng  Evötv-ov  29  2woix.Qdxr]g 
^dXe^uovog  30  ^toxiiov  SwoiXQdxeog  31  EvxQazrjg  2xQOfiß(iyj- 
d)a  32  Evdo^og  Qso&vov  33  KXecov  l4Xe(^/)wvog  34  Itvd-itov 
Evt-s'vov  35  ^iercxlvag  jt&Ttx'iva.  36  Bsvodoxog  NevfirjvLov  37 
TifioxXrjg  Xaiqect  38  Ttfttov  EvdvÖQOv  39  QeoxXrjg  ^Lficovog 
40  IIvqiov  IIvQtüvog     41  Uvciovog. 

Auf  der  rechten  Seitenfläche  des  steins: 
42  Nixddag    43  NixdvoQog    44  MevioxQaxo(g)    45  OeonöfiTiov 
46  Jctftovidag     47  JSer/.oXdov    48    Bov$viov    49  ITqoxqizov    50 
Juvlag    51  Qt]Qi'tüvog    52  yleiov  Bov&vwvog    53  JSizccQxog    54 


Die  neu  aufgefundenen  inschriften  von  Dyme  (Achaja).     321 

KXeofpdveog  55  TloXv^evidag  5(5  Mvaoirtnld{a)  57  Sohjl- 
azgazog  58  Jeivia  59  .Jgd/.ag  60  ©sodöVoi;  61  ^a/tildag  62 
Evdgyov  63  Bevoydqrjg  (54  (Üs)£va(>£Og  (55  (2)o')OnZ7tog  66 
(H^axXetda  (57  (Ev^irjXog  68  (!4(7)xAa7r*o&-j>?;  69  (M^)vo- 
dwoog  70  CAo)y.l(X7nodü)oov  71  (lEQ)ucuog  72  (T)liiuovog  73 
OiXtazog  74  (HQa/.ldda  75  JccudzQiog  76  l47toXXocpdvsog  77 
JVtxoax^aroc;  78  Jiovvaiov  79  Läf.i/.uoviog  80  Ileioia  81  (c-^,)- 
cpaiorog     82  Agiozo/Xiog     83  {J)q6(.uov     84  ..(.uovog. 

Der  acc.  pl.  der  consonantischen  stamme  auf  «g  in  7.  8 
avf.i7toX£jiirjOavTig,  9.  10  ovvdiaocoioavzsg  findet  sich  ebenso  3, 
z.  4  SajLiooiocpvlaxsg,  3,  z.  12  Toi>g  eAaffffoyeg.  Man  vergleiche 
damit  die  accus.  7tXeloveq,  yccgireg  des  neuelischen  dialects  (Da- 
mokratesinschrift  Archäol.  ztg.  1876,  p.  183  f.)  und  (drriöei^av) 
(.iväg  öexazezoQtg  der  alten  delphischen  inschrift  bei  Wescher- 
Foucart  Inscr.  de  Delphes  nr.  480. 

3  ÄüA(A,)tO(,\  Der  name  Ä/uAAtg  scheint  kürzung  von  KvX- 
Xdvwg,  wie  ein  Dymäer  des  2.  jh.  CIGr.  1543  (ziov  tzeql  KvXXd- 
viov  avveÖQwv)  heisst.  Aehnlich  hiess  ^EQ/nfjg  KvXXyviog  auch 
KvXXiog  nach  Steph.  Byz.  s.  v.  KvXXqvrj  „xat  KvXXiog  Xeyszca 
EQ/iirjg  KCtzd  ouyx.07vrjv  zov   KvXXrjviog". 

31  2TQ0{iß{ixid)a ,  Martha:  2zoo[,tß(vXid)a.  41  Htsgco- 
vog  ist  sicher.  69  (iHry)vo(J^oc ,  M.:  (Zij)v6dwQog.  72  (T)t- 
/ncovog,  M.  gleich  gut  (2)if.i(avog.  81  (!A)fpaiozog,  M.:  (c'H)rpato- 
zog  wider  den  dialect.  84  ../tuovog  kann  Jäiuovog,  ''Eg/ncovog, 
2d/Litovog,  ^ifuovog,   rrlf.uovog  gelesen  werden. 

Mit  14  Klsacfdvrjg  vgl.  KXeayävrjg  CIG.  2265b ;  das  o  in  46 
Jafioviöag  ist  vielleicht  alterthümlich ;  die  jüngere  Schreibung 
ei  für  7  in  47  NsutoXanv  steht  ganz  vereinzelt. 

Die  namen  23  Evarvzog,  48  Bov&rtov  52  Bov&vtovog, 
51   OrjQviovog  sind  neu. 

2.  Bull,  de  corr.  hell.  II,  p.  94.  Rechts  vollständig,  links, 
oben  und  unten  verstümmelt.     Links  fehlen  11  -  14  buchstaben. 

Der  nachstehend  mitgetheilte  ergänzungsversuch  regt  viel- 
leicht berufnere  an  besseres  zu  leisten. 

Z.  1—12. 

1  .  .  .  .  (htl  x)o7gde  etfiev  zdv  7ioXiz(eiav)  ettoi  2 
(zo/g  ■  doiiev  zat  7t)6Xi  zov  ÜtXovxa  y.olviove{Tv  Jvf.i)ai  3 
(tov  zag  rtöXiog  ovz)a  iXtu&SQOV  xal  f£  8?.£v(&tQid)v  zd  4  (Xav- 
zov  STti  yQCc)f!{iaztf)g  zolg  l4ycuolg  Mev(avÖQid)a  5  (zd  /tiiv 
rjfuov  6v)  zal  TXQiozai  f£a/0;'vwt,    zd    öi  Xontbv     6   (ß,v  ziui  dt- 


322  A.  Fick 


xdzwi  fi)rjvi  wg  ol  ^Ayaioi  dyovTi  •  ei  de  fit)  doli]  7  (to  bXov 
ev  tioi  evi)avTioi  tioi  eni  Mevavdqlda  dXXd  8  (to  rjfaav  fio- 
vov),  firj  eoTio  avtioi  d  noXnela  •  ei  de  Tig  9  (ß%oi  vov  erzog 
tiov)  ertTaxaidexa  [e}ereo)v  rj  Sv/arega  10  (of.ictliY.iav,  Sfio- 
od)ctiu)  eußovXä  6  TtcttrjQ  tov  vo/lii/liov  oq  11  (xov,  rj  fidv  ei- 
fiev  o)vtov  yeveciv  xai  (vew)rsQov  enxa  12  (xaidexa  exeiov  xai) 
tov  vov  7ictid(a  yvrjoiov). 

Z.  1.  2  ejtol(xoig)  „fremden"  oder  im  sinne  von  fieToixoig 

zu  verstehen?    Oder  hcoiirjoav)?     Z.  6  dexdzioi  (oder  eßddfiioi) 

fttjvL     Der  Achäische  bund  zählte  die  monate,  nach  Wescher- 

Foucart  Inscr.   de   Delphes    109   SzQarayeovTog   tiov  lAyaiüv 

y[Aq%mvog  u4lyiQctra  firjvbg  eßdöfiov  xtX. 

Z.  12—25. 

12  st-ofiooci     13  (fievog  de  tov  vo)v  d(X)ixiav lij  oo&wg 

14  ....  (3fioo)do&io  xai  —  oßovXai     15   lovavna 66- 

i-ai  10  —  (x)ai  eot(w)  ....  aav  17  ....  (ei  de)  x*JQa  £Xev- 
(&eQ<x   xai   «£)    eXev&e     18    (qwv   deXrjoei   xoi)viovel(v)  ....  otcü 

19    tcli   yvv(aixi)  Xi     20   yevedi  *  e(l  de   eyoi   vov 

evTog)  enTct     21  (xaidexa  heaiv)  tj  &vyaTeq(a  6fio)odfi     22 

(evog  tov  vöfiiuov  o)qxov  e.fi(ßo)vX(ä  rj  fidv  et;  a)vTcc(g)  elfte  23 
(v  yevedv  xai  v)s(io)tz.(qov  hcTaxaidexa)  eTe  24  (uov)  ....  6 fie- 
vog   dvarc     25  ....  ov  xai  yvvalxa  (xai  yev)edv. 

Die  schwörende  person  z.  21  f.  ist  nicht  die  wittib,  son- 
dern ihr  nächster  verwandter,  der  sie  rechtlich  vertritt,  da- 
her z.  24  {enofivv)6fievog.     Z.  15  dv7ta(Xiv)  =  z.  24  dva7t(aXiv)? 

Z.  25—34. 

25  Id  26  (noyqaipevTio  de)  noxi  TÖfißovXagxov  xai  (ttqoo)- 
TÜTCtv  da  27  (fioaioqpvXdxio)v  y.ai  yqafifiaxiOTav  •  xovg  de  drcoy 
28  {qayevTeg,  vio)v  öfiooafievovg  Tav  dXixiav  xai  dov  29  (reg 
TaXavzov),  xa&wg  yeyqa7tTai,  diaxXaQioodv  30  (rw  al  ovvag) 
viai  wg  iaoTaxa  eni  xdg  ipvXdg  ■  xai  Xa  31  (yövTia  eni  Tav) 
Snaxida,  eni  Tav  dvfiaiav,  eni  Tav  Qeofti  32  (aiav  •  xai 
xoivw)ve6vTiö  S-eoxoXiav  dv  d  noXig  xa&ioxai  er  33  (xcol  fie- 
gei  tioi)  eavTÜv  xai  dgxeiiov  tiov  ts  eig  to  xoivöv  34  (qpo- 
qiov  xai  rc?g  eiocpoojäg  Tag  Te  elg  to  xoivov  xai  ye(govaiav?) 

Z.  26.  27.  Oder  ngoaxdxav  dd(fiov  xai  xafiia)v  xai?  Z. 
28.  29  dnoy(oacpevxeg)  und  döv(xeg)  fordert  der  dialect;  vgl.  1. 
Z.  31  ist  vielleicht  2(xo)axida  zu  lesen,  vgl.  Steph.  Byz.  s.  v. 
dvfirj  :  xai  Jvfir]  rj  %iOQa  ndXai  exaXelxo,  r)  de  rcoXig  JSToaTog, 
vaTeqov   de   xai   f)   itöXig  xai   -r)   %WQa   Jvfiiq   exXrj&rjaav.     Der 


Die  neu  aufgefundenen  inschriften  von  Dyme  (Achaja).     323 

-Xaog  litdzziog  der  inschrift  von  Meliteia  Ussing  2  ist  ein 
Aetoler. 

Die  dritte  phyle  scheint  benannt  nach  Qeaf.ua  =  &eo/uo- 
qjogog,  wie  Demeter  nach  Paus.  8,  14,  4  in  Pheneos  hiess. 
Mit  xafriozai  32  vgl.  W  escher-Foucart  407  d/tOKad-iazdovzeg. 

3.  Bull,  de  corr.  hell.  II,  p.  96.     Rechts  vollständig. 

1  d6(/tiev  x)ai  ex    2  (ygdcpeod-ai)  7toXe/.idgxovg  vrcb  ztov 

8..WV  ziöv  {v)tv6  zag  rcöXiog  Kafreaza  3  ((.levcov  •  e^)slf.iev  de 
Kai  zölg  /rgoozdzaig  Kai  zolg  (eg)aveozaig  eyygdqjeiv  4  {rcoXe- 
udgxovg)  Kai  dauootorpvXaKeg  xa(i)  ygauuaze(a)  Kai  ra/idav,  ol 
dei  5  (eoovzai,  ei  rj)[*i)  rtagade^ovzai  zag  eKyga(cp)dg  rtagd 
tiov  7tQ0Gzazav  Ka  6  (i  Ttdg  ziuv  e..iov)  zwv  vtzo  rag  noXiog 
Ka&eozauevajv  rj  fifj  7idg  ziov  iduo  7  {zav  Kai  egavea)zav  rj 
(.irj  drtodwoovzL  ev  zalg  d/uegaig,  ev  aig  yeyga  8  {nzai  •  ziSezio 
de  ä  y)eQOvoia  9  Kai?  exdazav  äf-iegav  eaxe  Ka  arTodolev  9 
{itgaaaezo)  de  zav  £a)/.tlav  itozi  zo  Kaza  zgi/urjvov  diKaozr]gLOv  • 
ol  de  ye  10  (govzeg,  ei  f.ir)  £af.uio)GOvzi  zovg  rtoXe/iidgxovg, 
avzoi  drcozLvovzio  11  {zav  taidav  Kai  dzif.io)i  6vz(to)  Kai  ev 
zolg  Idya^olg  Kai  Kaza  noXiv  •  ei  de  12  ....  (eg)dvovg  zovg 
eXdaaoveg  cpegovzcov  idaze  13  ....  (z)6v  cpogov  Ka&wg  et-agxüg 
ecpegov,  et-ovaia  e  14  (azco)  —  oet  egavevzav  •  zb  de  döyua 
zovzo  dva     15   (ygaipdvzio  ol  zaf-dai   K)ai   dva&evzw  eig  zb  le- 

gbv  zov  IdrtoXXiü     16  (vog o&ai  zovg  daf.aogyovg  tcozl  zav 

TtöXiv     17  vzavza. 

Der  magistratsname  z.  2  e. ,  tov  ist  nicht  zu  enträthseln, 
etwa  evewv  gen.  von  ol  evvea,  wie  ion.  dexwv,  äol.  nifmiöv'? 
. .  avsozaig ,  z.  3  ist  zu  combiniren  mit  14  egavevzav ;  die  ega- 
veozai  oder  egavevzai  sind  wohl  die  erheber  des  egavog.  12 
(eg)dvovg  scheint  mir  sicher,  Martha  giebt  yavova.  Zu  den 
accus.  4  datuooiocpvXaKeg     12  eXdaaoveg  vgl.  die  note  zu  1. 

4.  Bull,  de  corr.  hell.  II,  p.  98. 

1  KoXovcpiXoKXeoa     2  z  .zadauoKgi     3   ccgxov 

KXetovoa    4   TtoXiaKazeKgiv     5  vozaegorptogeov     6 

LiaeKOTCzovyaX     7    ogdiKicovaeizeav     8    — ovof.iaavz 

wieazt-     9  ivzovxgvooyoov     10   ...aviovrjei7zavzade     11   .. 

urjeiziaXXoovoua     12  oxoXaov/noaxoXaov     13   gaveoa 

ßovXagxov     14  Xaodgo/.ia . .     15  Xagxov  . .  vea     1 6  . 

. . .  iaaoXv(.i7tiyov. 
Von  z.  13  beginnt  ein    neues  decret,  14  {zag  ßov)Xag     15 
{sizi  ßov)Xdgxov  ergänzt  sich  leicht. 


324 


A.  Fick 


Die  Zeilen  1 — 12  sind  etwa  so  zu  lesen: 

1   (Eni  d-£o)y.6lov.  <DtXo/.Xtog     2    7tQoox(d)ta  Ja/no 

3  (xov,  ßovX)dqyov  KXitovog  4  (xovaöe  d)7toXtg  xaxixgiv  5  (e 
üavdxo)v,  ort  \eQ0(piüQ80v  6  (xort  dyaX)/iia  ixorcTov  ydX  7  (xt- 
ov)  •  GgaiKitovct  eYxe  \4vxi  8  (wW)  bvo/.ia  avzjüi  iaxi,  9 
(Ä/iUA)*v  rov  xqvooyoov,  10  (KvXX)dviov  rj  ei  Uavxale  11 
(ovr)i  r;  «t  rt  dXXo  ovo\.td  12  (eVrt,  Mo)oxöXaov  MooxoXdov. 
4  xovaöe  d  7t6Xig  vgl.  1,  z.  6.  5  ugorftogeio  —  uQoavXew 
ist  neu.'  7  xdXxovv  Martha,  dialectwiclrig.  Qgaiyiuova,  Mar- 
tha OQÖrAiojva,  was  kein  name  ist.  Ich  lese  QP^4  statt  OPJ 
und  gewinne  dadurch  den  nainen  Qoaixiwv  gebildet  von  Ggalt; 
wie  KaQtiov  von  7£a^.  ®Q<xiY,idag  kommt  bei  Wescher-Fou- 
cart  Inscr.  de  Delphes  219  vor,  ein  geschlecht  Ogccixidai  auf 
Chios  Bull,  de  corr.  hell.  III,  p.  323  (die  Überschrift  7t. ot- 
zti..  ist  beiläufig  bemerkt  nicht  auf  Poseidon  (!)  zu  beziehen, 
sondern  and  oxxtlag  „in  folge  einer  prophezeiung"  zu  lesen). 
7.  8  Martha:  etxe  dv  xi  (dXXo)  v.xX.,  was  aus  verschiedenen 
gründen  unmöglich  ist.  Ich  nehme  l4vxi-  als  anfang  des  zwei- 
ten namens ;  ebenso  10  rcavxaös,  welches  ich  llavxaXe  lese  und 
zu  HavxaXe(ovx)i  ergänze.  12  MoGyöXaog  ist  vollname  zu  Moa- 
Xog,  Mooxkov,  Mooxojv.  9  (KvXX)iv  und  10  (KvXX)dviov  sind 
wenigstens  acht  dymäische  namen  vgl.  1,  z.  3  und  CIG.  1543,  5. 

5.  Bull,  de  corr.  hell.  II,  p,  99.     (A). 
1  Y.X(r])vioayiafpeQ€nßQoxovzovviov     2  Üeoio  = 
KXtjvtg  L4yia  0eQ8/.ißQOxov  xbv  viov  &eo7g. 

6.  Bull,  de  corr.  hell.  II,  p.  99  =  Mittheil,  des  D.  A.  I. 
A.  III,  s.  73.     (/}). 

vmaiadicovoaxcaQS  =  Nlxaia  Jitovog  yalge. 

7.  Bull,  de  corr.  hell.  II,  p.  100.     (A). 
QiadiooxovQidaxaiQG  =  — Qiu  J  iooy.ovQida  #a?(>£. 


In  dem  achäischen  decret  Boeckh  CIG.  1542,  z.  8  lies: 
Nixeai  KoQQivdöov  Qeomel  statt  Kogoivadov.  KoQQivddag 
(wozu  auch  KoQLvva)  ist  ein  altböotischer  name  vgl.  Hermes 
VIII,  418.  Z.  13  e.ni  da/LiioQ  —  HIA  Bovqiov  ist  zu  ergänzen 
€7il  da^ioQ(yMv  l4y)rjxa  Bovqiov.  —  Für  achäisch  halte  ich 
auch  die  zu  Tegea  gefundene  Xuthiasinschrift  des  5.  jahrhts. , 
welche  Kirch  ho  ff  (Monatsberichte  der  berliner  akad.  1870, 
s.  51  f.)  für  lakonisch  erklärt  hat.  Dagegen  spricht  aber  das 
innere  a  in  yveaioi,  yveaiai,  eßaaovxi,  welches  bei  den  Lakonen 


Die  neu  aufgefundenen  inschriften  von  Dyme  (Achaja).     325 

des  5.  jhts.  schon  in  den  asper  übergegangen  war,  der  Wechsel 
von  ei  und  al,  vielleicht  auch  das  fehlen  des  hauchzeichens  in 
vwi,  sßaaovTi  neben  eßovri.  Auf  achäischen  Ursprung  deutet 
vor  allem  der  name  des  Stifters:  er  heisst  Bov&lag  nach  £ov- 
&og,  dem  vater  des  Achaios  und  ist  söhn  des  Oilaxeciog.  Das 
heiligthum  der  Athene  Alea  zu  Tegea  diente  wohl  nicht  bloss 
den  Spartanern  als  bankinstitut,  war  doch  nach  Paus.  III,  5,  6 

TO    ISQOV   XOVTO    SX    TtCcXcilOV    Il€X07tOVVtj(jioig    TtttGLV    alÖSOlf-LOV. 

7m  den  nordthessalischen  inschriften  trage  ich  nach: 
Larisa   8,    vollständiger   bei    D uchesne-Bayet   nr.    170. 

1  TteiaXXig  2  tcstccXiXkx,  natürlich  zu  lesen:  IlExaXXlg  Hstü- 
Xiaia  vgl.  UhaXog  QsgooXöxeiog  Lar.   14. 

Larisa  15    Duchesne-Bayet  nro.  164.     I  EviTtrtog  Foq- 
ylXstog     2  FoQyovioxa  (DiXot-evidala     3  1Eq(.i<xov  Xd-ovlov. 

Larisa  lf»  Miller  in  Revue  archeol.  X.XVIII  (1874),  p.  161. 
1  evde^ioa  ßaiTrja  2  i7t7tox.Qi7teioo  eidet-ioiao  3  f-.otuu 
ot'x&oviov  ist  zu  lesen: 

Evdeg~iog  Batzrjg 

ll7t7ZOY.Qit£iog         EvÖ£g~Uiog 
cEq/liccIov  Xfrovlov. 
Die  letzten  buchstaben  von  zeile  3  der  inschrift  Phalanna 

2  lese  ich :  TO(.icp(-xxaXo(v)  —  xcofi  (DsxxaXcov  oder  xovfi  &ex- 
xaXovv,  vgl.  0exxaX6g  —  QeaaaXög  in  böotischen  inschriften, 
s.  Meister  o.  s.  190.  A.  Fiele. 


Zur  beurteilung  des  pamphylischen  dialekts. 

I.  Benutzte  quellen. 

I)  Steininschriften. 

a)  Inschrift  von  Syllion  nach  Hirschfeld  Monatsber.  d. 
kön.  preuss.  akad.  1874,  s.  726,  vgl.  Bailie  Fasciculus  inscrip- 
tionum  II,  229 ff. ,  Corpus  inscr.  graec.  III,  1160f.,  Kirch- 
hoff Studien  z.  gesch.  d.  griech.  alphab.3  s.  44  ff. ,  Lebas 
Voyage  archeol.  en  Grece  et  en  Asie  min.  inscript.  III,  nr.  1377, 
explication  des  inscript.  III,  p.  335.  Was  ich  vom  grammati- 
schen Standpunkt  aus  in  bestimmter  weise  auffasse,  gebe  ich  im 
folgenden  mit  gemeinen  typen,  alles  andere  mit  versalen. 

2YJ1EIA  i)    xai    „uagotai     MATE\\\\\\\\NtiEAE?,EA- 

*)     Der  fundort  der  inschrift   legt  die  lesung  ZYA-  nahe. 


326  A.  Bezzenberger 

IV  ..A  2)  2  lA//////AP////////l2ll///02YnAPKAi\AYlllA2°- 
BiAYlEYU//  3  TP  V\ofx[tvroA]/s  3)  E///IIj//TYKIy12BAYV\1- 
I02IIAXI/IIII/1A0II/HI  4  \^//^  y.exQa/nsvOg  EBEWTEHU- 
A12  Ttöliv  AI///  5  oua  7tedexaide-/.cc  fhua  TIKAIMH22A  *) 
6  0^"«  xat  nudfeoa  II02ABATIAPJIENAIIJ  7  ATP0- 
noiai  7ttQTiPEN£AV\Tcaoi  HEW  0Taic[i]  °)  8  eßutldatnv  d- 
ÖQucöva  6)  xaraaraasf/]  9  PAIEHI  ')  KAIMHEIAAE  8)  rt 
x~  £y  H&**0m{>*]  10  IIA2MANETYZ  *)  KAIMHE1A- 
[AE~\  //////TYZKAU ////////  ")  n  OEFEhiolu  ")  l^lodv 
j/llll/I  diy.aaTfJQsg  12)  12  TbAn  KAIN1  13)  2KYJFY  xare- 
/«>|odi;  JLdßfl  13  xa^di;  KA1HAKIANELE  »)  XOi  t-  /Jw- 
Xrjuevvg  X  14  [Äj^/iV/  VWxü/roXig  15)  hyixvii  xav  «oxa 
<</££«)  15  AZWTYMAAIANHArAEöÖw  HATPEKJI^) 
16  dtxccOTrJQeg  xat  dQyvQtöxaL  18)  ,«?}  s^dywdt  K  17  AIIIPO- 
rag  19)  xa&avfaa)  KAlNl  Y\oixv7ioh[g]  18  [dtxajffri^fig  de  xa* 
aQyvQtÖToci  aveav  E  19  AMHE2zlYEBJE(DY2EAAIodv  di- 
>:coTfJQsg  20  ^^  ycWa*  HAIPE  pij  igdytodi  Ij/I/INESA 
21  -odv  a><m  PEEMHE////////////////JAhEV;IIPA  22  j£2  tt£^ 
ye'^ag  HLiaqYrE/////////ETAlKANl<dEA  ™)     23   i'Ti'E  KAIM- 


2)  Der  anfang  dieses  buchstabencomplexes  lässt  sich  leicht  als 
MATEP-  denken.  —  Statt  -RAY-  ist  vielleicht  Uz/  Y  zu  lesen,  vgl.  u.  a. 
xä&rjöv  z.  13.  3)  Vgl.  zz.  14,  17.  Dass  in  dem  worte  ein  stadtname  vor- 
liege, ist  mir  unwahrscheinlich;  vgl.  leQccnölog  in  den  akarnanischen 
inschriften  bei  Cauer  Delectus  nr.  98  und  99.  4)  nvXefj.fjooag'?  nide 
firiaaugl  Zu  MJT^  vgl.  den  anfang  von  z.  19,  PEEMIIE  z.  21,  anm.  8 
und  die  Schreibung  MHEIalOZ  auf  der  von  Bergmann  Hermes  II, 
136  mitgeteilten  inschrift  von  Korkyra  (vgl.  auch  Meister  o.  s.  224). 
5)  Vgl.  den  schluss  von  z.  9.  6)  Dass  dÖQuwv  hier  die  bedeutung  von 
ävSgutv  habe,  ist  mir  unwahrscheinlich;  es  bedeutete  wol  „bildsäule" 
(wie  dvögtäg).  7)  Vgl.  den  anfang  von  z.  23.  8)  Vgl.  z.  10,  z.  23  und 
anm.  4.  9)  Eine  andere  copie  (s.  Lebas)  gibt  E  AZM  u.  s.  w.  10)  av\- 
xvg  xcu  d\ä{ios?  ")  Es  ist  wol  QEFEInolu  zu  lesen.  12)  Vgl.  äixuGTrj- 
gctg  auf  der  lokrischen  inschrift  von  Naupaktus  (Rhein.mus.  26.  39).  Dar- 
nach ist  Ahrens  II,  145  zu  berichtigen.  13)  Vgl.  zz.  14,  17,  23.  14) 
KAIHAKJAN  tirj"?  Vgl.  z.  37.  15)  Eine  andere  copie  liest  V\0/JTY- 
HOAIOZEFETO ,  eine  dritte  l\OIKYHAIÖPFEY  u.  s.  w.  16)  Zwei 
andere  copien  lesen  KAIHOKAAES  =  xccl  oxa  AEZ;  ich  denke  an  das 
arkadische  xäv  (vgl.  die  inschrift  von  Tegea,  Jahrb.  für  class.  philol.  83, 
585).  ")  alQrixaöil  Vgl.  HAIPE  z.  20.  18)  Begrifflich  wol  so  viel  wie 
uQyv(iOTcc/j.iai.  19)  Vermutlich  Zn]AniPOrag  (ein  nomen  actoris),  vgl.  z. 
24,  wo  ebenso  zu  lesen  sein  wird.  20)  Eine  andere  copie  liest  . .  FTAI- 
KAAI&..A,  eine  dritte  AE  E  TAIKA  I&EA-  ytyivrjTai  KaXifrtafä? 
Zu  *KaXl&ta  vgl.   Bechtel  o.  s.   135,   Usener   Rhein,  mus.  23,  316  ff. 


Zur  beurteilung  des  pamphylischen  dialekts. 


327 


HEIAAE  KAINI  2AMAJLM02AMA  24  rtolig  «)  ayeö- 
la  32)  feX£Tco  23j  xai  2IIAni[P0^Tag  ßnfa  KAU '//J/TOIAE  **) 
2ö[Ana](on*'°)>:alOPOFYKAI/l**)  37  JUE.EIE™) 


2Q  lKOKEoüai  TIEPAY*/ 

27  ESFESEKAB.ANBIjJl  27) 

28  E20AIBFATEYAH  28) 

29  -OLOt  ntihg  0MY2Y/J  ™) 

30  xai  ATtkluiva  Hv%{iov\ 

31  //ll///r  suoqY  HAI/// 

32  //////  OEPOWOIMEI 

33  /llll/JYIIAWPIZ 

34  JlJ/jATA  ^axiqypdv 

35  UlllAAllAKAiTIIIUJ 


38  \A2E/Ij/AL 

39  .//////  fr« 

40  I/I/I/I///IIHJ// 

41  ANAXAJU 

42  ///^/  Acqtf 

43  ///O////////0// 

44  /l/KAIEriÖ 

45  KI2HHFJ/ 
4G  s'xsaiv  /l 
47  0TA2A/J 


31 


36  IIIIIT^SIIIIIIIIIIIIIHHII 

b)  Inschriften  von  Aspendos  nach  Hirschfeld  Monatsber. 
d.  kön.  preuss.  akademie  1875,  s.  123  f. 


a)   K0YPA2IQAIM1SA0Y 
KOYPA21QNY2 
JAMIOPFI2Q2A 
nEPTEJQKEIZIIYPrO 
APFYPYMNA20FKATI 

ß)  \l\i.F\\\rOAl2A0OPJl2l\\\ 
NEF°r  °AEI2JAMI0P1  "120 
2AFEPTEJ°KE12EPE 
MNIKAI  rI  YA  °NAAP1  Y 
PYMJSA20IKATI 

y)      0  O  PJ  121 2 
A 0 OPJ 121  Y 


Kovqcioiü   Aif^ivdov 

KoVQCtOlCÜVVQ 

docjLUOQyiotooa 
negtlöiox   slg  x)  nvqyo 
dqyvQv  (xväg  flxavi. 

N]tf[6]7ioXig  Acpogöioilv 
NefojtoXsig  öa/.uoQyiaoj- 
aa  7taQTedcüx>  elg  x)  'Eqs- 
(.ivl  xai  Ttvlwva  äqyv- 
qv  (.iväg  fixccvt. 

A~\cpoQÖLGig  2) 
Acpogöiotv. 


~21)  V\  oixi']nohg?  22)  Heisst  vermutlich  ,,opfergeräte" ,  vgl.  &va&Aa 
und  unten  die  glossen  üyov  und  clyög.  23)  Vgl.  das  nmbrische  formelhafte 
arveitu.  **)  xcttvt'TO)  D.rjOmov"?  2Ö)  Vgl.  z  30.  26)  Vielleicht  6qoj?v 
KAIJI.  Ich  denke  an  oQova  ■ /oqö^  (Hesych)  und  umbr.  arcia,  lat.  aru- 
{spex).  Aber  auch  ogog  ist  zu  berücksichtigen.  27)  ig  /■£'£  txa&eav?  Vgl. 
avsav  z.  18.  Fehlt  zwischen  G  und  A  kein  buchstabe,  was  sich  nach 
Hirse  hfelds  dar  stellang  nicht  entscheiden  lässt,  so  ist  xa&avirii)  17 
zu  berücksichtigen.  28)  fi\4a<fu  i^eurivSi?  39)  üfioat?  30)  eitjf  vgl. 
anm.   14.     3I)   xai   'iyvm'i 

a)  Oder  TMQTtäojxe  ig?  S.  ß,  3.  *)  Die  ergänzung  scheint  mir  durch 
die  Stellung  <ler  buohstaben  gegeben  zu  sein;  anders  Meister  o.  s. 
214. 


328 

S) \   1    j±    A \  1 
YJPAM°YAY 


A.  Bezzenberger 


yYÖQct(.iovav  3). 


2)    Münzlegenden. 

a)  Auf  münzen  von  Aspendos,  vgl.  Eck  hei  Doctrina  m 
moruni  veterum  I,  3.  (J,  25  ff.,  Friedländer  u.  von  Sallet 
Das  kön.  inünzkabinet2  s.  91,  Leake  Numismata  hellen.,  Asiat. 
Greece,  p.  28  ff.,  Mionnet  Description  de  medailles  antiques 
III,  519  ff.,  W  ad  ding  ton  Un  voyage  en  Asie-mineure  au  point 
de  vue  nuinismatique,  V.  artiele,  in  der  Revue  numismatique 
1853,  s.  20  ff. 

a)  E2TFEJUY2  ß)  E2TFEJIY2  y)  EZTFEJHY  6) 
I2TFEJIY. 

b)  Auf  münzen   von    Perge,    vgl.   Revue   numism.  a.  a. 
p.  31  ff. 

MANAWAZ.llFEllAZ  % 

3)   Gelehrte  Überlieferungen  x). 
dßelitjv  •  rjkiaxov  naj.KfvXtoi,  Hesych. 

14 ßtoßag'  o^Aötovig  vtto  llsgycticov,  Etymol.  magn.  4,  53  2). 
ayov-  ev  IltQyrj  tijv  ugeiav  ovzwg  xaXovaiv,  Hesych  3). 
dyog  •  iv  JHgyi]  \lqeia  AQxl(.tidog,  Hesych. 

3)  Ob  diese  inschrift  dem  pamphylischen  dialekt  zuzuweisen  sei,  ist 
mir  zweifelhaft;  dafür  spricht  nur  das  auslautende  v  der  zweiten  zeile, 
das  aber  nichts  beweist,  wenn,  wie  ich  vermute ,  in  'Ydoctfiovctv  ein  bar- 
barischer name  steckt ;  "iXag  ist  ein  bei  Pindar  ol.  11.  18  vorkommender 
name,  welcher  aus  'IöXctog  entstanden  sein  soll,  hieraus  aber  im  pamphy- 
lischen dialekt  nicht  wol  entstehen  konnte.  Noch  weniger  pamphylisch 
ist  die  von  Hirschfeld  a.  a.  o.  s.  124  mitgeteilte  inschrift  1  <$>IAA  2 
MAAITOYZ  =  cptXa  MaXnovg ,  welche  gar  nichts  enthält,  was  man 
mit  gutem  gründe  zur  darstellung  des  pamphylischen  dialekts  verwerten 
könnte.     Ich  habe  dieselbe  deshalb  im  text  nicht  berücksichtigt. 

*)  Die  lesung  MANA'4'A  (=  Anrefiig)  ist  hinsichtlich  des  1>'  nicht 
ganz  sicher.  Den  namen  unmittelbar  auf  den  kleinasiatischen  mondgott 
Men  zu  beziehen,  geht  wegen  des  4  des  letzteren  namens  nicht  an ;  vgl. 
Lebas- Wadding  ton  Voyage  arch.,  explicat.  des  inscr.  III,  215  f. 

*)  Nur  solche  glossen,  welche  ausdrücklich  und  zuverlässig  als  pam-  - 
phylisch  überliefert  sind,  habe  ich  in  die  obige  liste  aufgenommen.  2) 
Bei  Hesych  findet  sich  dieselbe  glosse  als  persisch.  Ueber  Aßüßctg  vgl. 
Ahrens  II.  554;  De  Lagard'e  Ges.  Abhandl.  s.  238,  anm.  7.  3)  "Ayov, 
das  folgende  dyog  und  uyfftXa  (s.  o.  s.  327  anm.  22)  stelle  ich  zu  ilycog, 
skr.  yaj. 


Zur  beurteilung  des  pamphylischen  dialekts.  329 

dyQayofiag    oQvig  xig  vrtb  Haf.HpuXiiov,  Hesych. 

dÖQi  •  avdql .  üaficpvXioi,  Hesych. 

Idfjdtov  fj  Ld&qvei  7taQcc  TlaficpvXioig,  Hesych  4). 

aXßexog  '  ahxög  .  IJegyaioi,  Hesych,  Etymol.  magn.  28.  7. 

dfislvaoig'fjdvoofiov  vitb  üsgyaitüv,  Etymol.  magn.  82.  50  5). 

aQy.vf.ia  •  dyglg  vrcb  üegyalojv,  Hesych. 

ßovQiY.v7iaQLOOog'  ??  dfineXog  .  üegyaiot,  Hesych. 

Zsiyaqa  ■  6  xexxit;  TtaQa  2idrjxaig,  Hesych  6). 

lyxlg  '  6  lyxlvog  .  IJegyaloi,  Hesych. 

yaovag  •  bgyvvog  .  Tlegyaloi,  Hesych. 

yoQyoQag  •  OQvig  .  Uegyaloi,  Hesych. 

Xdcpvrj  '  däcpvr}  .  Tlegyaloi,  Hesych. 

Xdxpa  '  yoyyvXlg  .  üegyaioi,  Hesych  7). 

TtTjQla  •  ld\p\it£vdioi  xrjv  %ü)Qav  xov  dygov,  Hesych  8). 

aaQajiiovg  •  tag  fiaivlöag  .  FEegyaloi,  Hesych  9). 

aiaiXagog  •  itegdi!;  .  IJegyaloi,  Hesych  10). 

(oioorj  •  xovqcc  noid  .  (DaorjXlxai,  Hesych)  n). 

TQif.ilay.ov  •  ifidxwv  .IdöTzhdioi,  Hesych  12). 

vXoyog  •  axQaxög  .  TleQyaioi,  Hesych  13). 

(pevviov  •  fitjdtyrj  odog  .  Tlafiq>vXioi,  Hesych  14). 

'Ev  de  exeQqt  xöri(p  Xeyet  6  avxbg  cHQayXeidt]g  xovg  IlafKpvXlovg 

dXXwg  %aiQELV  x(ij  ß,    rtQOXi&ivxag    avxb  rcavxbg  cpiovrjevxog  .  xb 

yovv   cfäog    gydßog   (paol  •  yal    xb  deXiog   ßaßiXiog  15)  ■  oi'xa) 

öf  (prjoi  yal  xb  oqovw  OQOvßto  Xeyovat ,  yal  7t£Qi07ttofi£viüg  de 

oQovßio  16),  Eustath  ad  Hom.  1654.  20. 

Eviog   yal    evaiog  :  l0   Jibvvoog  •  yal  xb  elg  avxbv  E7tlcpi^eyfia 

Evaot  yal  Evol,  yaxd  yidytovag  '  zlioQtyfi  yccQ  diaXiyxy  ftexaye- 

veoi&Qq  yax  k'vöeiav  xov  o  cpaol  yeyevrjo&ai  eviog '  yal  Evol  yal 

*)  M.  Schmidt  verweist  auf  Bekker  Anecdota  355.  16:  AlSw  •  to 
(tldolov .  xul  rj  aeli]vrj  nctQa  XuXüaloig .  xal  rj  ^inrj  nctQcc  Adxwai.xal  t\ 
TQoqbg  Trjs  si&ctvät; .  xal  6  ßiojxos  6  iv  r>j  dxQonöXti.  s)  Dieselbe  glosse 
bei  Hesych  ohne  den  zusatz  irnb  IJegyitfaiv.  6)  Vgl.  lett.  dfindj'inät  „sum- 
men", lat.  gingrire  „schnattern".  7)  Vgl.  dazu  De  Lagarde  a.  a.  o. 
anm.  8.  *)  Vgl.  got^Jera  „usqos,  xh'fxn".  9)  P.  Bottich  er  Arica  p.  6 
vermutet  fiaivdd'ag.  10)  D.  i.  aiai-X«Qos  „sisi-schreiend";  diai-  =  skr.  titi-,  ] 
titti-  in  titiri,  titliri  „rebhuhn".  1X)  Die  klammer  wird  durch  den  schluss 
dieser  arbeit  begründet.  12)  Vgl.  rgifiiTos  „kleid  von  drillich".  13)  Wol 
nicht  =  avXloyos ,  wie  Hemsterhuys  wollte,  sondern  «=  *o-Xoyog. 
14)  P.  Bottich  er  a.  a.  o.  vermutet  dtjpixrj.  16)  Vgl.  o.  dßelirjv  und 
Ahrens  11.49,  anm. 21.  ,c)  Diess  erinnert  an  dorische  betonungen,  vgl. 
Ahrens  II.  §.  3. 

Böiträs;e  z.  kandi)  d.  \%.  sprachun.  V.  22 


330 


A.  Bezzenberger 


Evdv.E&og  ds  tyovoi  Jcoquiov  xivig  •  tag  ydq  [oi]  Aqyeioi, 
xal  Adxioveg  xal  IIaf.icpvlioi  xal  'EgsxQtelg  xal  'Qqiu/iioi,  ev- 
deiav  xov  ä  7Zoiovvxsg,  daoslav  yaqdxxovai  xdlg  S7ttcpeQO/.t€voig 
(ptovrieOLV,  wg  htl  xov  7toirjocu  noirjal  ■  xal  Bovaoa  Bovba  • 
xal  (.tovoixa  /nioixd  17),  Etymol.  magn.  391.  12. 


IL  Ergebnisse  für  laut-  und  formenlehre  l). 

Von  den  konsonantischen  eigentümlichkeiten  des  pam- 
phylischen  dialekts  hebe  ich  zunächst  hervor  die  an  den  kypri- 
schen  dialekt  (Deecke-Siegismund  in  Curtius' Stud.  7.229) 
erinnernde  beseitigung  von  v  vor  ö  und  x  und  die  gleichzeitige 
Verwandlung  des  letzteren  in  ö.  Beispiele  dafür  aus  der  in- 
schrift  von  Syllion  2)  sind :  dögiiiöva  8 ;  rtedexaldsxa  5,  et-dyiodi 
16  und  20,  ytviodai  20,  ETtirjkodv  11,  xaxs/SQ^odv  12,  xa&rjdv 
13,  xatiqxodv  34,  -oöv  21 ,  -EAAloöv  19  und  wol  auch  HA- 
TPEKAJi  15.  Dazu  kommt  die  glosse  ccöqI  •  dvögi  3)  und 
die  münzlegende  E2TFEJIIY2  (mit  ihren  Varianten),  welche 
insofern,  als  sie  gräcisiert  Ao/thdiog  lautet,  die  Vermutung  nahe 
legt,  dass  in  den  angeführten  formen  nicht  ein  wirklicher  Ver- 
lust des  nasal  stattgefunden  hat,  und  dass  die  vokale,  nach 
welchen  v  dort  fehlt,  als  nasalvokale  zu  betrachten  sind.  Be- 
stätigung findet  diese  Vermutung  daran,  dass  ov  vertretendes  o 
in  den  bezüglichen  formen  —  und  ebenso  in  itvqyo  s.  w.  u.  — 
nicht  zu  v  geworden  ist  (vgl.  unten  s.  332).  —  Ob  ATP01I- 
oiol  Syll.  7  durch  dv&QiorcoiOL  zu  erklären  und  demnach  der 
obigen  liste  anzureihen  sei,  ist  zweifelhaft,  da  sich  in  dem  be- 
handelten dialekt  kein  sicheres  beispiel  für  den  Übergang  von 
#  in  x  findet;  ob  Hvx[lov\  Syll.  30  als  IIv&[iov]  aufzufassen 
sei,  ist  zweifelhaft,  vgl.  A/telliova  xov  Uo'ixiov  in  der  inschrift 
von  Dreros  bei  Gau  er  Delectus  no.  38. 

17)  So  Ahrens  II.  74,  anm.  1;  4>aisford  nolrjcu;  Sylburg  not- 
i\ai,  Bovoa. 

*)  Vgl.  Kirch  hoff  a.  a.  o.,  Siegismund  Pamphylisches  in  Cur- 
tius' Stud.  9.  89  ff.  2)  Dass  diese  inschrift  nicht  sehr  alt  sei,  vermutet 
Kirchhoff  mit  recht;  dass  sie  aber  auch  nicht  sehr  jung  ist,  lehrt  die 
eigenart  des  alphabets  und  wol  auch  das  mehrfach  vorkommende  E  mit 
schrägen  seitenbalken.  Jünger  als  sie  sind  die  Inschriften  von  Aspendos, 
in  denen  sich  mehrere  hellenistische  formen  finden.  3)  Ueber  das  home- 
rische äÖQOTris,  auf  welches  Deecke-Siegismund  a.  a.  o.  s.  230  ver- 
weisen, vgl.  Clemm  Rhein,  mus.  32.  472,  Benfey  Gott,  nachr.  1880,  s.  307. 


Zur  beurteilung  des  pamphylischen  dialekts.  331 

Anderweitige  einbusse  eines  nasals  zeigen  —  von  da/mog- 
ylatoaa  abgesehen  —  deutlich  die  beiden  ersten  inschriften  von 
Aspendos  in  izvqyo  a  4  und  sgei-tvi  ß  3/4  (=  rcvqyov,  eQVf.tviov). 
Ihnen  die  in  der  inschrift  von  Syllion  vorkommenden  formen 
HiiaqY  22  und  31,  HAIPE  20,  OPOFY  25  anzuschliessen,  ist 
in  hinblick  auf  die  in  derselben  inschrift  stehenden  wörter  oder 
zeichencomplexe  noliv  4,  tyeatv  4(5,  dveav  18,  EKAG.AN 
27,  AZWTYMAAIAN  15,  -HA JUAN  13  sowie  auf  die  er- 
haltung  des  o  in  Tzvqyo  bedenklich. 

Digamma  erscheint  in  der  inschrift  von  Syllion  häufig,  vgl. 
fhtia  5,  Ti/udfsoa  6,  -/.axefeQ^odv  12,  ftytxto  24  (vgl.  foyava 
Ahrens  IL  55),  ßofoc  24  und  OEFEIttoXu  11,  (2KYJFY 
12),  FHE  23,  OPOFY  25,  IZFE»  27,  IBFAT  28;  in  den 
inschriften  von  Aspendos  ist  es  durch  cp  4J  und  y  5)  ersetzt, 
vgl.  &IKATI  (ä'xooi)  ab,  ß  b  und  NEl°FoAEIZ  ß  2  (vgl. 
1);  in  den  glossen  dßeXlrjv,  (ß)aߣXiog,  (Aßtoßag),  cußerog, 
oQovßco  6),  tpäßog  ist  es  durch  ß  vertreten  7).  Geschwunden  ist 
digamma  nur  in  der  dat.-plur.-endung  -öl,  in  STiirjXodv  (= 
smefXovTo)  Syll.  11  und  öafuoQyiaioaa  Asp.  a  3,  ß  2/3;  über 
KovqaöLW  s.  u. 

Der  spiritus  asper  ist  in  der  inschrift  von  Syllion  anlautend 
geschrieben  in  Huaqolot  1,  utiaqY  22  und  31,  n6*a  14,  HE- 
WOTaij[i]l  und  HE\\OTai[oi]  9,  HATPEKAJIlö,  HAIPE 
20,  -fiL-^i  31;  er  begegnet  dort  ausserdem  in  NHEAE2  1, 
MO  5  u.  s.  w.  (vgl.  o.  s.  326,  anm.  4),  -TEHIIA12  4, 
-EHI  9,  KAIHAKIAN  13,  -HAVAEoSio  15,  .FHE  23. 
Verlust  des  anlautenden  spiritus  asper  zeigen  in  derselben  in- 
schrift v  13,  V7T6Q  42,  d /.ictzt,  21  8),  vielleicht  auch  dye&Xa 
(vgl.  o.  s.  328,  anm.  23)  sowie  Y1IAPKA  2;  inlautend  ist 
er  dort  geschwunden  in  fsrna  5,  aveav  18  und  vielleicht  EKA- 
G.AN  27.  —  Wie  weit  der  spiritus  asper  zur  abfassungszeit 
der  inschriften  von  Aspendos  in  dem  dialekt  bewahrt  war, 
lässt  sich  nicht  ermessen  —   YJPAMOYAY,   das  aber  nicht 

4)  So    auch   in   der    Hesychischen    glosse   (fiv\y]og  • tvicarrog.     5) 

Vorausgesetzt  dass  *NETOITOAIZ.  griechisch  und  nicht  ein  barbarischer 
name  sei.  6)  B  steht  hier  ganz  ebenso  wie  in  dem  dodonäischen  Evßuv- 
<?Qos  (vgl.  o.  IV.  322  anm.).  7)  Dass  die  Vertretung  von  jr  durch  ip,  y, 
ß  nicht  phonetisch  begründet,  sondern  lediglich  graphisch  ist,  unterliegt 
wol  keinem  zweifei.  8)  Vgl.  Meister  in  Curtius'  Stud.  4.  381.  —  Das 
wort  gehört  zu  skr.  sümd  ,,jahr",  avest.  hama  „Bomraer1',  ahd.  sihnar. 

22* 


332 


A.  Bezzenberger 


in's  gewicht  fallt,  zeigt  ihn  nicht  — ;  in  den  glossen  dßellrjv, 
(ß)aßeXwg(?)  und  dyov,  dyog  —  hier  wenigstens  wahrschein- 
lich —  ist  er  anlautend  geschwunden,  in  vXoyog  dagegen  nach 
meiner  meinung  zugesetzt.  —  Die  oben  mitgeteilte  notiz  des 
Etymol.  magn.  (391.  12)  lasse  ich  auf  sich  beruhen,  denn  die 
erwähnung  der  'Eoexoieig  und  'QqwTtioi  legt  den  verdacht  einer 
textkorruption  zu  nahe.  Dagegen  verweise  ich  noch  auf  ecp 
HEV\OTcci[oi]  Syll.  9,  xa&rjdv  Syll.  13  und  xa&avexto  Syll.  17, 
welches  —  die  richtigkeit  der  o.  s.  326,  anm.  19  ausgespro- 
chenen Vermutung  vorausgesetzt  —  besser  als  xax-ävexio  (vgl. 
lakon.  Kccodveig  Ahrens  II.  37,  69),  denn  als  xa9-&avexto  auf- 
gefasst  wird. 

T  ist  zu  a  geworden  in  xi/Lidfeaa  Syll.  6,  da/.uoQyiaioaa 
Aspend.  et  3,  ß  2  (vor  j),  M&oiv  Syll.  46  (vgl.  Ahrens  II.  63), 
Acpoodioig  Asp.  y  1  und  OLolXaoog  (Hes.),  es  hat  sich  dagegen 
vor  i  erhalten  in  Tceoxi-  Syll.  7  (vgl.  neqx-  Aspend.  et  4,  ß  3), 
fexuct  Syll.  5,  xifidfeaa  Syll.  6,  xi  Syll.  9  und  //xart  Asp.  et  5, 
ß  5.     Vgl.  auch  l^dyoidt  Syll.  16  und  20,  HATPEKAJI  das.  15. 

Auffällig  ist  die  Verwandlung  von  ddcpvrj  in  Xdcpvrj;  auf 
grund  dieser  form  erklärt  M.  Schmidt  die  von  Hesych  über- 
lieferte form  Xloxog  für  pergäisch. 

Doppelkonsonanz  ist  vereinfacht  in  AneXeovet  Syll.  30  (vgl. 
25),  xifxdfeoct  das.  6  (vgl.  WLOodeoaet ,  {.leXixöeoaav  Pind.  0. 
7.  80,  1.  98),  der  dativendung  -ol  und  vielleicht  in  02a  und 
II02A  Syll.  6.     Ueber  eßcoXdaexv  Syll.  8  u.  dergl.  s.  w.  u. 

In  vokalischer  hinsieht  fällt  besonders  der  —  auch  an 
den  kyprischen  dialekt  (vgl.  Deecke-Siegismund  s.  263) 
erinnernde  —  häufige  gebrauch  des  v  auf.  Mit  rücksicht  darauf 
scheint  in  der  inschrift  von  Syllion  die  regel  zu  gelten,  dass 
die  o,  welche  nicht  in  Wurzelsilben  stehen,  nicht  mit  fol- 
gendem t  —  die  Verbindung  ov  kommt  nicht  vor  —  diphthon- 
gisch verbunden  sind,  und  nach  welchen  nicht  v  geschwunden 
ist,  in  v  übergehen;  man  vergleiche  einerseits:  y\oixv7toXig  3, 
14,  17,  eßcoldaexv  8,  xaxefeg^odv  12,  em^XoSv  11,  xad-rjöv  13, 
-EAAIoöv  19,  -odv  21,  ßioX^ievvg  13,  -MANETY2  10, 
-TY2-  10,  Y2  43,  OMY2Y  29;  andererseits;  nöXiv  4.  V\oi- 
xvrtoXig  3,  14,  17,  noXig  29,  izoXig  24,  -TtoXu  11,  wdxa  14, 
02 'A  6,  1102 A-  6,  ATPOJloioi  7,  auagolcn  1,  -oiai  29, 
-odv.  Eine  erweiterung  dieser  regel  —  welche  rät,  Syll.  4 
nicht  xexoaiuevog  zu  schreiben  —  bildet  das  proklitische  v  13. 


Zur  beurteilung  des  pamphylischen  dialekts.  333 

Zweifelhaft  bin  ich  hinsichtlich  des  zweimal  vorkommenden 
huciqY  (und  OPOFY).  Darin  nom.-acc.  sg.  ntr.  zu  sehen,  hin- 
dern die  o.  s.  331  hervorgehobenen  bedenken;  es  für  genit. 
sing,  zu  erklären,  legen  die  inschriften  von  Aspendos  nahe,  in 
welchen  zweifellos  zu  -o-stämmen  gehörige  genit.  sg.  auf  v 
vorkommen  —  aber  wie  soll  man  dieselben  erklären,  da  dem  v 
der  inschriften  von  Aspendos  nicht  der  laut  ov  zugeschrieben 
werden  kann,  und  da  sich  in  der  inschrift  von  Syllion  ol  und 
auslautendes  w  halten,  da  jenes  genetivische  v  also  weder  dem 
gewöhnlichen  und  dialektischen  -ot>,  noch  dem  dialektisch  weit 
verbreiteten  w,  noch  dem  pelasgiotischen  oi  und  wol  noch  we- 
niger dem  kretischen  wi  (Lebas-Waddington,  explic.  III. 
29)  gleichgestellt  werden  kann?  Die  beurteilung  von  huccqY 
—  das  auch  nicht  für  dat.  sg.  erklärt  werden  kann  —  und 
jener  genit.  sg.  auf  -v  (s.  w.  u.)  muss  also  einstweilen  auf  sich 
beruhen.  —  Aus  den  übrigen  quellen  sind  —  abgesehen  von 
den  bereits  erwähnten  genit.  sg.  (äoyvQv  Asp.  et  5,  ß  4/5; 
l4(pOQÖtaiv  y  2,  vgl.  ß  1)  —  Kovoaolwvvg  (==  -vog)  Asp.  et  2, 
E2TFEJHY2,  das  Hesychische  vloyog  und  vielleicht  YJPA- 
MOYAY  Asp.  d  2  zu  nennen;  das  letzt  genannte  wort  ist 
dann  zu  den  arkad.-kyprischen  genitiven  auf  -etv  (Ahrens  II. 
428,  Deecke-Siegismund  s.  246)  zu  stellen.  —  Dass  es 
nvqyo  Aspend.  et  4  und  nicht  nvqyv  heisst,  kann  neben  -oöv 
nicht  auffallen. 

Fragt  man  nach  der  pamphylischen  ausspräche  des  v,  so 
lehren  Kovqctouo  und  Kovgaaiwvvg  Asp.  et  1,  2,  dass  dieselbe 
nicht  =  u  war;  denn  da  diese  namen  offenbar  zu  jon.  KovQrj, 
att.  xoqtj,  lesb.  xoqcc,  dor.  xwga,  thessal.  y.OQfa,  denen  pamphy- 
lisches  *xw^ö  entsprechen  würde  (s.  u.),  gehören,  so  ist  ihr  ov 
unpamphylisch;  da  das  letztere  zweifellos  ü  ausgesprochen 
wurde,  aber  im  Pamphylischen  nicht  durch  v  ersetzt  ist,  so 
kann  dieses  nicht  als  u  gesprochen  sein.  Damit  ist  denn  auch 
bewiesen,  dass  die  genitive  yli^iväov  Asp.  et  1  und  dqyvqv  das. 
5  nicht  auf  eine  stufe  gestellt  werden  dürfen,  und  dass  jener 
hellenistisch  ist  9);  ferner,  dass  *3YdQCt[.iovr]g  Asp.  ö  2  ein  un- 
pamphylischer  name  ist  (vgl.  o.  s.  328,  anm.  3)  10). 

9)  Der  name  AijAvnlog  =  Aipriios  war  in  Carien  häufig,  vgl.  ylyw- 
vo&frrjg  uitfxvaTog  Evöwqov  (Iasos)  Lebas  no.  292,  'Eni  OTe(favrj(f6()ov 
Ai^valov  (Olymos)  das.  no.  331  und  332,  AifiraTog  Ovhndov  (Mylasa) 
das.  no.  408,    'A^ioxiuv  Aifivatov  (Mylasa)   das.   no.  415.     *°)   Er  gehört 


334 


A.  Bezzenberger 


Sehr  beachtenswert  ist  ferner,  dass  sowol  ursprüngliches 
wie  aus  e  entstandenes  i  vor  folgendem  vokal  in  u  d.  i.  ij 
distrahiert  wird  —  ein  Vorgang,  der  aus  dem  Kyprischen  be- 
kannt ist  und  auch  sonst  stattgefunden  hat  (Hartel  Homer, 
stud.  III.  40);  vgl.  die  münzlegenden  EZTFEJIIY2  und  TlPEl- 
IA2  und  die  folgenden  formen  der  inschrift  von  Syllion:  micc- 
qöIol  1,  iiiiccqY  22  und  31,  dnä  5,  fhaa  5  (vgl.  kypr.  f£7Zija 
Idal.  26),  WU023,  HU  ALZ  4,  l£ll\\\  2,  AIMAZ  2,  \AllA 
4,  PIIENAHJ  6,  TEYAII  28,  HE  37.  Die  distraktion  ist 
graphisch  nicht  ausgedrückt  in  den  stein-inschriften  von  Aspen- 
dos, den  münzlegenden  EITFEJIY2  und  IZTFEJIY,  in 
-TtoXu  Syll.  11  (vgl.  kypr.  moXiji  Deecke-Siegismund  s. 
248)  und  vielleicht  auch  in  den  folgenden  bestandteilen  der  in- 
schrift von  Syllion:  BATIA  0,  TYMAAIAN  15,  HAKIAN 
13,  EIE  13  und  37. 

Urgriechisches  ä  ist  erhalten  in  Y.aTaozäoa[i\  Syll.  8,  af-iart, 
das.  21,  öafuoQyiawaa  Aspend.  et  3  und  ß  2/3,  sowie  vielleicht 
in  MATEJI/I,  HATPEKAJ1,  AlUPOvag  und  2nAm[P0]- 
zag  Syll.  1,  15,  17,  24. 

Silbenbildendes  v  erscheint  als  a  in  /Uccti  Aspend.  a  5 
und  ß  5.     Das  alter  dieser  form  erhellt  aus  dem  r. 

Zwischen  s  und  t]  ist  in  den  inschriften  nicht  unterschie- 
den; man  ist  hinsichtlich  ihrer  sonderung  also  allein  auf  die 
„ratio"  angewiesen.  Das  durch  „ersatzdehnung"  veränderte  e 
ist  —  nach  der  analogen  Verwandlung  des  o  zu  urteilen  —  als 
rj  aufzufassen  (also  STti-tjlodv  Syll.  11  =  *€7ti-efXovTO  und 
vielleicht  auch  ^qb(.ivl  Aspend.  ß  3/4,  da  igvf.tviov  doch  wol  aus 
*£/qv^iviov  entstanden  ist).  Für  elg,  argivisches  und  kretisches 
ivg  (Ahrens  II.  104,  anm.  1)  erwartet  man  demnach  *ijg, 
findet  aber  Aspend.  a  4  und  ß  3  ig  (schlecht  gestützt  durch 
-TS  7toliv  und  I2FEB  Syll.  4,  27)  oder  elg.  Ich  denke  man 
entscheidet  sich  für  die  letztere  form  und  erklärt  sie  ebenso 
wie  z.  b.  in  der  delphischen  inschrift  bei  Wescher  et  Foucart 
Inscriptions  recueillies  ä  Delphes  no.  451  und  der  thessalischen 
bei  Ran  gäbe  Antiquites  hellen,  no.  692.  —  In  'Ege/nvi  Aspend. 
ß  3/4  =  *eqvjuviov  ist  e  für  v  eingetreten;  das  e  in  Aneliova 
Syll.  30  für  eine  ähnliche  entartung  zu  erklären,  ist  unzulässig, 


vielleicht  zu  dem  aus  Phrygien  nachweisbaren  tPiXofivtr]g   (gen.  ^iXo^viu 
Perrot  Description  de  l'Asie-min.  p.  118),  der  kaum  griechisch  ist. 


Zur  beurteilung  des  pamphylischen  dialekts.  335 

denn  ^AnelXtov  ist  ja  die  dorische,  auch  inschriftlich  bezeugte 
(vgl.  die  von  Bergmann  Philologus  26.  569  besprochene  in- 
schrift  von  Syrakus  und  die  inschrift  von  Dreros  bei  Cauer 
Delectus  no.  38)  form  von  IdrtolXwv  (vgl.  noch  Ahrens  II. 
122;  Lebas -Waddington,  explicat.  III.  no.  829). 

/  steht  für  et  in  flxccrt  Aspend.  a  5  und  ß  5  (vgl.  Ah- 
rens IL  279,  G.  Meyer  o.  I.  85  f.),  für  e  (vgl.  Ahrens  IL 
207)  in  äÖQiuova  Syll.  8  (vgl.  dvögetova  Herodot.  3.  77),  ffaua 
Syll.  5,  -noltt  Syll.  11  und  IZTFEJIY  (vielleicht  fehlerhaft), 
für  w  in  Ege/uvt  Aspend.  ß  3/4  und  vielleicht  für  tv  in  ^4]g)6g- 
dtotg  Aspend.  y  1.  —  Neben  -vcoKtt  ist  der  genitiv  NeJ-oitoXetg 
Aspend.  ß  2  sehr  auffallend;  vielleicht  steht  in  ihm  et  für  t, 
wie  das  in  späten  inschriften  ja  häufig  vorkommt,  vgl.  z.  b.  l4v- 
toivelvov  und  Idvretrta  bei  Lebas-Waddington,  explic.  III. 
no.  871  und  899. 

Eine  Unterscheidung  von  o  und  w  ist  in  der  ersten  inschrift 
von  Aspendos  durchgeführt  (vgl.  KOYPAZm,  KOYPAZmNYZ, 
rEPTEJnKE,  JAMLOPLLZÜZA  H),  IIYPIO  12);  diess  ge- 
nügt, um  die  wichtige  frage  zu  entscheiden,  in  welcher  gestalt 
durch  „productio  suppletoria"  betroffenes  o  im  pamphylischen 
dialekt  auftrat:  da/iuoQylotooa  lehrt,  dass  ein  solches  zu  10  wurde. 
Demnach  ist  eßtoldoeTV  und  ßioXrjuevvg  Syll.  8,  13  zu  schreiben, 
demnach  sind  Kovgaouö  und  Kovqaaiwvvg  Asp.  a  1/2  im  we- 
sentlichen dialektfremde  formen  (s.  o.  s.  333),  und  demnach  ist 
durch  ersatzdehnung  betroffenes  e  durch  r\  wiederzugeben. 

Silbebildendes  r  erscheint  in  ld\cppqdtatg  und  Idcpoqdtoiv 
Aspend.  y  als  oq  (vgl.  'AcpoqSitav  in  der  inschrift  von  Dreros 
bei  Cauer  Delectus  no.  38  und  latein.  fordas),  dagegen  in 
jteqxt-  Syll.  7,  Aspend.  «  4,  ß  3  als  eq  (vgl.  lat.  por-,  umbr. 
pert).  Berücksichtigt  man,  wie  häufig  die  aus  jenem  laut  ent- 
standenen lautverbindungen  umgesetzt  werden  13),  so  muss  man 

1X)  Das  o  in  SafxioQy-  ist  aus  to  vor  doppelkonsonanz  verkürzt,  vgl. 
SafiioQ[y(Sv  und  ÖKfxco^ywv  auf  den  achäischen  inschriften  Corp.  inscr. 
gr.  no.  1542  (z.  13)  und  1543  (z.  21),  sowie  Sa\fit,oQyioVTog  auf  der  lokri- 
schen  inschrift  von  Chaleion  das.  no.  1567  (z.  3).  M)  Die  inschrift  von 
Syllion  zeigt  öfters  °  für  o  und  O  für  ca.  Dass  darauf  aber  nichts  zu  ge- 
ben ist  lehren  z.  b.  KHoAAZETY  z.  8  und  BOAEMENYZ  z.  13.  13) 
Vgl.  z.  b.  KOIM'IATAI  und  KPO*t>IATAf  (vgl.  xoqvqnri)  in  den  von  Weil 
Mitteilungen  des  deutsch,  archäol.  instituts  in  Athen.  I.  1G5  wiederge- 
gebenen lakonischen  inschriften. 


336 


A.  Bezzenberger 


mit  rücksicht  auf  iregu-  die  möglichkeit  in  betracht  ziehen, 
dass  IJegyr]  —  vorausgesetzt,  dass  diess  der  epichorische  name 
der  so  genannten  stadt  war  —  und  IIPEUA2  (o.  s.  328)  un- 
mittelbar zusammen  gehören,  und  dass  das  eg  jener  und  das  ge 
dieser  form  gleichmässig  aus  silbebildendem  r  entstanden 
seien  14).  Mit  bestimmtheit  lässt  sich  diess  jedoch  nicht  be- 
haupten, da  Flegytj  in  ähnlicher  weise  aus  einem  an  TiPEllA^ 
sich  anschliessenden  epichorischen  namen  hervorgegangen  sein 
kann,  wie  das  äolische  JTt^gaf.iog  aus  Ilgla/iiog  (Ahrens  I.  56), 
und  da  wir  Aspend.  et  4  die  auf  regyn-  beruhende  form  nvgyo 
finden. 

Auf  dem  gebiete  der  kontraktionslehre  kommen  da^iiogyt- 
oiaaa.  (s.  o.  s.  335,  anm.  11)  —  welches  lehrt,  dass  im  pam- 
phylischen  dialekt  o  -\-  €  in  10  zusammengezogen  wurden  — , 
■KaTrjxodv  Syll.  34,  in  dem  t]  aus  «  -\-  €  entstanden  ist  15),  und 
allenfalls  HATPEKAJL  in  betracht;  das  letzte,  wenn  seine 
erklärung  durch  äigfaaoi  richtig  ist  (o.  s.  326,  anm.  17).  — 
Elision  erscheint  in  y.arsfig^odv  Syll.  12,  avectv  das.  18,  xa- 
d-rjdv  das.  13,  xa&aveTio  das.  17,  Y.axr]%o8v  das.  34  und  viel- 
leicht KAG.AN  das.  27,  sowie  in  Ttegtidioyt  elg  Aspend.  a  4 
und  ß  3;  um  so  auffallender  ist  der  hiatus  in  i/citfXodv  Syll.  11. 

Von  beachtenswerten  deklinationsformen  sind  noch  zu  nen- 
die   in   der    inschrift  von   Syllion    vorkommenden   dative 


nen; 


plur.  auf  -oi,  HiictQoioi  1,  ATPOIIotoi  7,  -oiot  29,  nsgriPE- 
NIAWTaioi  7,  Taioi  12  —  nach  welchen  der  schluss  von  z. 
7  und  z.  9  ergänzt  ist,  -HIIAI2  z.  4  aber  nicht  dativ  plur. 
zu  sein  scheint  — ,  der  accus,  sg.  ßofa  Syll.  24,  und  der  nom. 
sg.  Iv-tig  (Hesych)  aus  *lxtivg  (vgl.  Lob  eck  Paralipomena 
p.  171). 

Von  conjugationsformen  hebe  ich  noch  hervor: 
e%sl  Syll.  39,  vgl.  \o\tsi%eig  auf  der  von  J.  Schmidt  K. 
Zs.  25.  38,  anm.  3  nach  Kirchhoff's  mitteilung  veröffent- 
lichten attischen  inschrift.  AvTCiqg  in  dem  neugefundenen  Sap- 
pho-fragment  (Blass  Rhein,  mus.  35.  289)  ist  wegen  des  da- 
neben stehenden  dtdxrjTcu  ohne  becleutung. 


u)  TTPETTAS  wäre  in  diesem  fall  aus  *ITQeytKg  hervorgegangen  (vgl. 
tarentinisch  okCog,  böotisch  hov,  arkadisch  ^taXCa,  Ahrens  11.87).  15)  x«- 
&r]3v  Syll.  13  ist  nicht  ganz  klar;  es  kann  sowol  zu  xa&ifo&ui  wie  zu 
xaH-Tjad-at  gehören. 


Zur  beurteilung  des  pamphylischen  dialekts.  337 

aveav  Syll.  18  (oder  dvrjav  ?)  und  vielleicht  KAG.AN  (oder 
EKAQ.AN,  vgl.  savvrjxs,  Kühner  Gramm.  I.  660)  Syll.  27; 
vgl.  böot.  dvt&iav,  Ttageiav  Führer  De  dialecto  boeot.  p.  12, 
Meister  o.  s.  186,  dve&uav  Bull,  de  corr.  hell.  II.  589. 

ißa)Xdo€Tv  Syll.  8,  das  vielleicht  zu  einem  verbum  ßcoXd- 
£o(.iai  gehört,  vielleicht  aber  zu  ßioXfasvvg  (s.  u.)  in  demselben 
verhältniss  steht,  wie  dor.  idivd&rjv  oder  divdooazo  (Ahrens 
II.  148)  zu  divrj&slg  Od.  x  85,  Karefig^ndv  Syll.  12  und  das 
zu  einem  verbum  *da[jiOQyl£io  —  hinsichtlich  seiner  bedeutung 
vgl.  Siegismund  Pamphylisches  s.  94  —  gehörige  participiale 
dafniogylowaa  Aspend.  a  3  und  ß  2/3,  das  begrifflich  nicht  als 
partic.  fut.  aufgefasst  werden  kann  16);  diese  formen  treten  zu 
den  homerischen  aoristformen  ßrjoeto,  dvasxo  u.  s.  w. 

ßwlrjf-ievvg  Syll.  13,  das  auf  einer  linie  mit  dem  arkadischen 
ddiy.tj(.ievog  (Merzdorf  Sprachwissenschaftl.  abhandl.  aus  G. 
Curtius'  grammat.  gesellschaft  s.  32)  steht. 


Der  im  vorstehenden  besprochene  dialekt  zeigt  in  manchen 
einzelheiten  berührungen  mit  dem  kyprischen  dialekt,  im  allge- 
meinen aber  macht  er  den  eindruck  einer  in  sehr  früher  zeit 
selbständig  gewordenen  dorischen  mundart.  Ueber  die  räum- 
liche ausdehnung  des  pamphylischen  dialektes  lässt  sich  nichts 
bestimmtes  sagen.  Ist  die  von  Hirschfeld  a.  a.  o.  1874,  s. 
716  veröffentlichte  inschrift  im  dialekt  von  Phaseiis  abgefasst, 
so  wurde  in  dieser  Stadt,  welche  z.  b.  Dionysius  Periegetes  v. 
854  f.  zu  Pamphylien  rechnete,  der  o.  erörterte  dialekt  nicht 
mehr  gesprochen;  sie  lautet  in  Umschrift: 

1  6/iioodTto  6  7iQVT~\aviq  Jla  v.al  rAXiov  xat  räv  xal  ....  2 
i/u/ii£)vsiv  tölg  cü/doloyr]f.iivotg  Ttoxl  ....  3  ev'jXaßewg  •  d/iioodv- 
xwv  de  x.ai  ld[_uozcu  ....  4  a  x«  M~\avaaioXog  yqd\pi]xai  xarce 
r....     5   co/.toloyr]?^f.i£voig  e^aiQÜvTsg  to  ßaa{iX-  ....     6  xo]tcc 

öixag  Mavaacolog  Oaarjh 7    //]IT//j  eX  tivtg  öcpdXovti  t(.i 

m*'l\l  8  HIIIUIIlllArmN  de  fyrtQoa&e  avv  ....  11  nAl  Mav- 
aawXog  SftoKoy Adalbert  Bezzenberger. 

16)  Aber  vielleicht  ist  äafiioQy)g  oiaa  zu  lesen? 


A.  Hillebrandt 


William  Dwight  "Whitney,  A  Sanscrit  grammar,  including 
both  the  classical  language,  and  the  older  dialeds,  of  Veda 
and  Brahmana  (Bibliothek  indogermanischer  grammatiken, 
band  II).     Leipzig,  Breitkopf  und  Härtel.     8.     XXIV  u.  485. 

Mehr  und  mehr  hat  sich  in  dem  kreise  der  indogermanischen  Sprach- 
forscher die  erkenntniss  eingebürgert,  dass  die  Sicherheit  der  fortschritte 
ihrer  disciplin  von  dem  umfange  ihrer  einsieht  in  die  einzelnen  indo- 
germanischen sprachen  abhänge,  und  diese  erkenntniss  führte  von  selbst 
zu  dem  bedürfniss  nach  systematischen  einzeldarstellungen,  in  welchen 
an  stelle  eines  allgemeinen  Standpunktes  ein  individueller  träte  und  die 
rücksichten  auf  die  erscheinungen  einer  spräche  alle  anderen  sich  unter- 
ordneten, in  welchen  zugleich  allgemeinen  historischen  gesichtspunkten 
rechnung  getragen  würde  und  ausserdem  die  resultate  der  seit  Bopp  und 
Schleicher  weit  vorgerückten  forschung  ausdruck  fänden.  Dasselbe 
machte  sich  um  so  lebhafter  geltend  als  das  ausserordentliche  anschwellen 
der  über  viele  Zeitschriften  sich  verbreitenden  litteratur  den  überblick 
für  den  nicht  ausschliesslich  sprachwissenschaftlichen  Studien  obliegenden 
mehr  und  mehr  erschwerte,  und  selten  ist  deshalb  ein  unternehmen  mit 
lebhafterem  interesse  begrüsst  worden,  als  das,  zu  welchem  sich  die 
bearbeiter  der  ,, Bibliothek  indogermanischer  grammatiken"  vereinigten. 
Diese  1875  angekündigte  und  1876  durch  Sievers'  lautphysiologie  pas- 
send eingeleitete  serie  hat  jetzt  durch  das  erscheinen  von  Whitney's 
in  englischer  und  deutscher  spräche  ausgegebener1)  sanskritgrammatik 
ihre  erste  fortsetzung  erfahren. 

Die  grundsätze,  welche  Whitney  befolgte,  hat  er  selbst  in  seiner 
einleitung  auseinandergesetzt.  Es  handelte  sich  für  ihn  nicht  um  ein 
tieferes  Studium  der  einheimischen  indischen  grammatik,  auf  deren 
reiche  beobachtungen  unsere  bisherigen  sanskritgrammatiken  fast  aus- 
schliesslich sich  stützen,  sondern  um  die  erforschung  des  sprachzustandes, 
wie  ihn  die  litteratur  selbst  aufweist.  W.  hat  darum  seinen  indischen 
Vorgängern  nicht  die  beachtung  versagt,  welche  ihre  reichhaltigen  an- 
gaben verdienen,  er  hat  nicht  nur  das  bisher  ihnen  entlehnte  material 
aufgenommen,  sondern  auch  die  vor  ihm  noch  wenig  benützten  prätigäkhya's 
in  einer  weise  verwertet  (cf.  §  21,  28.  37.  39.  71.  84  u.  a.),  die  seinem 
buche  als  besonderes  verdienst  angerechnet  werden  muss.  Nur  hat  er 
strenger  als  bisher  zwischen  belegten  und  unbelegten  formen  geschieden 
und  damit  eine  grenzlinie  gezogen,  welche  zwar  nicht  definitiv  sein  kann, 
aber  doch  als  ein  desideratum  der  historischen  grammatik  angesehen 
werden  musste. 

W.'s  eigentliche  aufgäbe  war  es,  in  die  sanskritgrammatik  die 
grundsätze  der  linguistik  durchgreifender,  als  bisher  geschehen  war, 
einzuführen  und  die  spräche  als  eine  historisch  gewordene  zu  betrachten. 


1)  Die  Übersetzung   ins    deutsche,    welche  Zimmer's   zuverlässigen 
bänden  anvertraut  war,  hat  referenten  nicht  vorgelegen. 


Anzeige.  339 

Dies  princip  hatte  eine  beständige  rücksichtsnahme  auf  den  vedadialekt 
zur  Voraussetzung  und  verlieh  Whitney's  buche  Vorzüge,  welche  allein 
genügen  würden,  ihm  eine  hervorragende  Stellung  unter  den  vorhandenen 
lehrbüchern  anzuweisen.  Die  reiche  fülle  neuen  materials,  welches  er 
unterstützt  von  freunden  und  Schülern  aus  allen  teilen  der  vedischen 
litteratur  (vgl.  die  Übersicht  s.  XXIV)  herbeizog  und  in  instructiver 
weise  dazu  verwandte,  über  das  allmähliche  aufleben  und  absterben 
dieses  oder  jenes  Sprachgebrauchs  aufschluss  zu  geben  (vgl.  z.  b.  §  964. 
965.  994.  1044.  1045.  1050  a.  e.  1052  u.  f.),  die  durch  reiche  beispiele 
und  aufstellung  ganzer  paradigmen  illustrirte  Unterscheidung  vedischer 
und  klassischer  flexion  (§  340,  342  u.  sonst),  die  von  der  indischen 
grammatik  vernachlässigte  statistische  beobachtung  des  formenschatzes 
in  älterer  und  jüngerer  litteratur  —  dies  sind  eigenschaften ,  die  es  in 
dieser  ausdehnung  mit  keinem  teilt.  Zu  bedauern  bleibt,  meinem  er- 
messen nach,  dass  Whitney  durch  rücksicht  auf  umfang  und  zeit  sich 
hat  abhalten  lassen,  sein  buch  bis  zu  einen  gewissen  grade  comparativ 
zu  machen.  Wir  sagen  „bis  zu  einem  gewissen  grade",  weil  die  auf- 
nähme aller  verwandten  erscheinungen  und  bekannten  vergleiche  aller- 
dings nur  ein  störender  ballast  gewesen  wäre,  aber  gegenüber  dem  zweck 
und  leserkreis  des  buches  auf  eine  principielle ,  durchgängige  Unter- 
scheidung arischer  formen  und  speciell  indischer  neubildungen,  die 
weder  viel  räum  noch  zeit  beanspruchte ,  hätte  grösseres  gewicht  gelegt 
werden  sollen.  Vielleicht  wären  paradigmen,  etwa  in  der  art  der  Sie- 
vers'sehen,  am  ersten  geeignet  durch  anwendung  grader  und  cursiver 
lettern  solche  unterschiede  hervorzuheben,  und  es  wäre  von  praktischem 
nutzen,  wenn  die  herrn  bearbeiter  sich  entschliessen  wollten,  der  ganzen 
serie  einen  sammelband  „indogermanischer  paradigmen"  beizugeben, 
in  denen  nachweislich  alte  formen  von  speciellen  Sonderentwicklungen 
durch  die  schrift  geschieden  wären. 

Ein  Vorzug  der  Whitney'schen  arbeit  ist  der  grundsatz  die  spräche 
als  accentuirt  zu  betrachten ,  soweit  die  betonung  mit  Sicherheit  auf 
grund  accentuirter  texte  ermittelt  werden  kann.  Abschnitt  IV  des  IL 
capitels  handelt  von  der  betonung  im  allgemeinen  und  enthält  die  lehren 
der  indischen  grammatiken,  die  verschiedenen  arten  des  svarita,  bei 
denen  die  innerlich  nicht  hinreichend  motivirte  Scheidung  in  selbständigen 
und  enklitischen  svarita  beibehalten  ist  u.  a.  m.  Von  besonderem  inte- 
resse  dürfte  der  diesen  abschnitt  einleitende  §  80  sein,  weil  er  die  lehre 
der  indischen  Sprachforscher  über  die  qualität  des  accentes  enthält: 
The  phenoraena  of  accent  are,  by  the  Hindu  grammarians  of 
all  ages  alike,  described  and  treated  as  depending  on  a 
Variation  of  tone  or  pitch;  of  any  difference  of  stress  in- 
volved,  they  make  no  aecount.  Schon  vor  jähren  hatte  Haug  in 
seiner  abhandlung  über  wesen  und  wert  des  vedischen  accentes  warnend 
seine  stimme  gegen  die  behandlung  des  udätta  als  eines  sprachaccentes 
in  unserem  sinne  erhoben,  dieselbe  verhallte  aber  damals  ungehört.  Der 
inhalt  des  citirten  paragraphen  lenkt  vielleicht  das  augenmerk  besser 
als  es  Haug  gelungen  ist  auf  die  willkür,    mit  der   man    den  indischen 


340 


A.  Hillebrandt 


accent  hinsichtlich  seiner  qualität  dem  deutschen  gleichstellt.  Bei  dei 
indischen  ist  tonhöhe ,  bei  dem  deutschen  tonverstärkung  das  charaktc 
ristische  moment.  Ist  auch  jede  tonverstärkung  von  einer  geringei 
tonerhöhung  begleitet,  so  bleibt  letztere  doch  „wohl  zu  unterscheiden 
von  der  eigentlichen ,  absichtlichen  tonerhöhung ,  welche  weit  stärkere 
höhenunterschiede  hervorbringt  als  jene  unabsichtliche"  (Sievers, 
Lautphys.  §  23,  s.  114). 

Es  ist  nun  gar  nicht  abzusehen,  was  denn  die  indischen  phonetiker 
bewogen  haben  sollte  zu  sagen,  der  udätta  sei  höher  als  der  anudätta, 
wenn  er  ihnen  lauter  und  stärker  erschienen  wäre,  ihr  feines  ohr  hätte 
tonhöhe  und  tonstärke  sicher  nicht  verwechselt.  Aber  dennoch  fährt 
man  fort,  dem  indischen  accent  gleiche  einwirkungen  auf  die  wortgestalt 
zuzuschreiben,  wie  dem  germanischen,  ohne  diesen  zwischen  ihnen  her- 
schenden  Widerspruch  auch  nur  zu  beachten.  Dass  im  altindischen 
neben  dieser  betonungsweise  eine  gleiche  Wirkungen  wie  der  deutsche 
accent  ausübende  exspiratorische  ausspräche,  die  man  meinetwegen  ex- 
spiratorischen  accent  nennen  mag,  herging,  ist  sehr  wohl  möglich  und 
wird  durch  manche  erscheinungen  sogar  wahrscheinlich.  Aber  dieser 
zweite  accent  ist  erst  aus  seinen  Wirkungen  nach  qualität  und  Stellung 
zu  erschliessen ,  er  kann  sehr  wohl  mit  dem  udätta  auf  einer  silbe  zu- 
sammentreffen ohne  es  jedoch  zu  müssen  l)  —  ihn  ohne  weiteres  mit  dem 
udätta  identificiren  zu  dürfen,  so  einfach  liegen  leider  die  Sachen  nicht. 
Ich  unterlasse  es  an  dieser  stelle  auf  die  folgerungen  hinzuweisen,  welche 
sich  hieraus  für  den  indogermanischen  accent ,  den  man  mit  recht  für 
musikalisch  hält  (Scherer,  Verner,  G.Meyer  u.  a.)  ergeben,  weil  ich 
hoffe,  nun  bald  an  anderm  orte  mich  darüber  aussprechen  au  können. 

Aus  dem  vielen,  womit  Whitney's  arbeit  unsre  kenntnisse  bereichert 
hat,  hebe  ich  noch  die  eingehende  rücksicht,  welche  die  syntax  erfahren 
hat,  hervor.  Vielfach  stützt  der  Verfasser  sich  auf  die  Untersuchungen 
und,  wie  es  scheint,  mündlichen  mitteilungen  Delbrück' s,  welcher  ja 
die  meisten  Verdienste  auf  diesem  gebiete  der  forschung  hat.  Viele 
syntaktische  beobachtungen ,  die  bisher  zerstreut  lagen,  sind  hier  ver- 
einigt, viele  wohl  überhaupt  zum  ersten  male  gegeben  und  überall 
die   regeln   reich  mit  beispielen    illustrirt    (cf.  z.  b.    über   den  gebrauch 

1)  Z.  b.  auf  den  endungen  der  sg.  schwachen  casus  ruhte  diese 
schwere,  exspiratorische  ausspräche.  Wie  sehr  dieselbe  aber  von  der 
udättabetonung  verschieden  ist,  habe  ich  anderwärts  gezeigt.  Ebenso 
werden  in  der  conjngation  beide  prineipien  zu  unterscheiden  sein. 
hrishyate  beweist  die  Stellung  des  udätta  durchaus  nicht  als  unursprünglich ; 
die  form  deutet  nur  darauf  hin,  dass  der  udätta  es  nicht  war,  welcher 
die  Schwächung  des  ar  zu  ri  vollzogen  hat.  Von  Wichtigkeit  für  die 
bestimmung  der  silben,  auf  denen  ein  exspiratorischer  nachdruck  ruhte, 
dürfte  vermutlich  auch  die  beobachtung  des  versictus  sein.  Man  be- 
achte z.  b.  ,in  der  gäyatristrophe  ydc  cid  dhi  te  vicO  yathd  \  prä  deva 
varuna  vratttm  \  minhnäsi  dyüvi-dyavi ,  wie  wenig  ictus  und  udätta- 
betonung harmoniren.  Mir  scheint,  dass  durch  die  letztere  die  in  auf- 
und  absteigenden  tönen  sich  bewegende  modulation  der  stimme,  durch 
ersteren  eine  im  allgemeinen  der  deutschen  entsprochende  betonung 
repräsentirt  wird.     Ob  es  im  griechischen  viel  anders  gewesen  ist? 


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des  conjunctivs  und  optativs  §  572  ff.,  den  gebrauch  des  futurums  und 
conditionalis  §  948.  949,  die  periphrastische  conjugation  §  1070 — 1075 
u.  a.) ;  nur  einige  feine  beobachtungen  Pänini's  haben  an  einzelnen  stellen 
nicht  die  beachtung  gefunden,  die  sie  verdient  hätten. 

Alles  in  allem  durchweht  ein  historischer  hauch  das  ganze  buch, 
dasselbe  durchzieht  ein  weises  masshalten  gegenüber  neuen  verlockenden 
theorien,  und  man  verspürt  das  feine  Sprachgefühl,  welches  im  grossen 
wie  im  kleinen  den  Verfasser  geleitet  hat.  Wir  heben  noch  den  schwie- 
rigen versuch  die  sandhigesetze  einheitlich  zu  gestalten,  die  darstellung 
der  adverbien  (§  1097  ff.),  des  infinitivs  (§  968  ff.)  hervor  ohne  damit 
die  reihe  dessen  abschliessen  zu  wollen,  was  lobend  erwähnt  werden 
müsste.  Aber  wir  können  auch  nicht  verschweigen,  dass  abgesehen  von 
der  nicht  hinreichend  durchgeführten  Unterscheidung  alter  formen  und 
indischer  neubildungen  noch  einige  andere  übelstände,  wie  uns  scheint, 
vorhanden  sind.  Die  fülle  des  materials  und  die  lichtvolle  gruppirung 
desselben  boten  dem  Verfasser  Schwierigkeiten,  die  er  nicht  immer  über- 
wunden hat.  Zwar  hat  er  durch  anwendung  verschiedenen  drucks  dem 
anfänger  die  trennung  des  haupt-  und  nebensächlichen  zu  erleichtern 
gesucht;  aber  die  kleiner  gesetzten  partien  ergänzen  oft  so  wesentlich 
die  andern,  dass  auch  der  anfänger  derselben  nicht  immer  entraten  kann. 
Hierzu  tritt  bei  manchen  partien  eine  etwas  weitläufige  ausdrucksweise, 
welche  die  Übersichtlichkeit  nicht  sehr  erleichtert.  Vortrefflich  ist  W.'s 
grammatik  für  den  Sanskritisten,  ausserordentlich  wertvoll  für  den 
Sprachforscher,  einen  anfänger  möchten  wir  aber  lieber  auf  eine  knappe 
darstellung  wie  z.  b.  die  Müller's  oder  Kielhorn's  ist,  verweisen. 
Wir  heben  noch  hervor,  dass  an  vereinzelten  stellen  die  tatsacheu 
einen  richtigeren  ausdruck  hätten  finden  Können.  Wenn  W.  die  wichtige 
frage,  ob  i,  u,  ri  in  gewissen  fällen  aus  ai,  au,  ar  hervorgegangen  sind 
oder  umgekehrt,  damit  erledigt  dass  er  pag.  75  sagt:  both  methods 
have  their  advantages,  and  the  question  between  them  is 
one  of  minor  consequence,  which  may  fairly  be  settled  by 
considerations  of  convenience,  so  ist  „convenience" ,  scheint  mir, 
nicht  der  richtige  Standpunkt,  von  dem  sich  solche  fragen  erledigen 
lassen.  Wenn  §  217  gesagt  wird,  dass  final  g  of  »  root  or  stem,  if 
followed  in  internal  combination  by  any  other  sound  than  a 
vowel  or  semivowel  or  nasal,  reverts  to  its  original,  so  ist  da- 
rauf zu  entgegnen,  dass  palatale  nicht  zu  gutturalen  werden,  sondern 
sich  in  vakti,  nvaktha  der  alte  ursprüngliche  guttural  erhalten  hat. 
Ebenso  wird  hau  bei  elision  des  a  nicht  zu  ghn  (§  216.  9;  402;  637) 
sondern  hat  sein  gh  unter  dem  schütze  von  n  erhalten;  a  muss  also  aus- 
gefallen sein ,  bevor  die  ^A-laute  zu  h  sich  wandelten.  Zu  §  88  möchte 
ich  bemerken,  dass  der  auf  den  gesang  bezügliche  ausschliessliche 
notenwert  der  sämavedaaccente  deutlicher  hätte  hervorgehoben  werden 
sollen,  da  unkundige  sonst  leicht  den  tatbestand  verkennen  und  jenen 
gleichen  charakter  wie  den  rigaccenten  zuschreiben  könnten.  Wir  hätten 
gewünscht,  dass  das  erwähnte  vermieden  worden  wäre,  dies  tut  aber 
selbstverständlich    dem    warmen    interesse    keinen     abbruch,     mit    dem 


342 


A.  Hillebrandt 


wir    Whitney's    werk    begrüssen.      Wenden    wir    uns    nun    zu    einigen 
einzelheiten. 

§  78  heisst  es :  a  diphthong  is  protraetcd  by  Prolongation  of  its  first 
or  a-element:  thus,  e  to  ü3i,  o  to  ü3it.  Diese  regel  gilt  nicht  allgemein; 
ausgeschlossen  sind  die  pragrihya-diphthonge  und  solche,  denen  ein  con- 
sonant  folgt.  Vgl.  Aqv.  c,r.  s.  1 ,  5,  9 ;  es  heisst  also  acve3  z.  b.  im 
dualis.    Vgl.  auch  Pän.  8,  2,  107. 

§  240  wäre  es  vielleicht  zweckmässig  ein  perfect-bei spiel  von  dem 
unterbleiben  der  gunirung  im  perfectum  durch  position  langer  wurzeln 
anzuführen,  da  §  793c  auf  diesen  paragraph  verwiesen  ist;  also  nininda. 
Auch  babandha  hätte  mit  rücksicht  auf  papdta  genannt  werden  können. 

§  250b.  Ob  i  in  dadima,  adhitluis  eine  Schwächung  des  „wurzelhaften 
d"  sei,  ist  zweifelhaft.  Da  metrische  lesungen  bisweilen  pa-anti,  da-ama 
zeigen,  so  ist  die  möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass  d  =  a  -\-  a, 
demnach  t  in  dadima  etc.  eine  Schwächung  von  kurzem  «  ist.  Für  stheyäsam, 
deya  in  d.)  möchte  ich  als  entwicklungsreihe  da{dd?)-ia,  data,  daiya,  deya 
resp.  stha  (sthdf)-idsam,  sthaidsam,  sthaiydsam,  stheydsam  ansetzen. 

§  361d.  Der  stamm  dyu  wird  nicht  zu  div,  sondern  div  ist  aus  dyav 
wie  cun  aus  cvan  entstanden. 

§  355.  433.  Bedenklich  scheint  mir  die  trennung  des  d-  und  n- 
Stammes  in  panthan,  ribhuxan  u.  a.;  panthdm  kann  aus  panthdnam  oder 
panthdn-m  (panthan-7n),  wie  Brugman  Gurt.  stud. IX,  307  erkannt  hat, 
entstanden  sein  und  selbst  erst  anlass  zur  entstehung  eines  «'-Stammes 
(wenn  man  überhaupt  einen  solchen  ansetzen  will)  gegeben  haben.  Es 
hätte  also  ein  ähnlicher  Vorgang  wie  bei  ushas  stattgefunden,  aus  dessen 
accusativ  usham  (=  ushds-m)  sich  der  stamm  ushd  vermutlich  erst  ent- 
wickelt  hat.     Vgl.  Brugman,  Kz.  24,  25;  J oh.  Schmidt,  Kz.  25,  15.  24. 

§  492.  Ich  mache  hierzu  auf  die  besprechung  der  dualformen  der 
persönlichen  pronomina  aufmerksam.  Die  von  Benfey  genannten  formen 
sind  um  dvat  (T.  S.)  dvam  vervollständigt.  Es  zeigt  sich  also  eine  sonst 
nicht  vorkommende  Unterscheidung  von  fünf  verschiedenen  dualcasus. 

§  504.  Als  ursprüngliches  neutrum  zum  stamm  ki,  dessen  k  aus 
dem  stamm  ka  übertragen  ist  (Coli  itz  o.  III.  206)  hätte  cid  angesetzt  wer- 
den sollen,  obwohl  es  durch  die  bedeutung  sich  abgezweigt  hat.  Möglich 
wäre,  dass  kirn  gar  nicht  zum  stamm  ki  gehört,  sondern  nur  Schwächung 
von  kam  ist  und  als  solche  mit  der  partikel  kam  zu  verbinden. 

§  513  wäre  es  wünschenswert  gewesen,  einige  beispiele  von 
dem  verschiedenartigen  gebrauch  des  pron.  svayam  (als  instr.  u.  s.  w.) 
zu  geben. 

§  603.  Ich  hebe  hier  die  rationelle  einteilung  der  präsensklassen 
hervor.  Vorangestellt  sind  als  1.  conjugation  die  präsensformen,  welche 
sonst  die  2.  conjugation  ausmachen;  die  nu-  und  u-  klasse  sind  passend 
zu  einer  gruppe  vereinigt.  Die  Whitney' sehe  2.  conj.  besteht  aus  den 
a,  d,  ya-  stammen :  abgezweigt  ist  also  die  äya-  (X)  klasse  und,  wie  schon 
Kiel  hörn  getan  hat,  unter  die  sekundäre  conjugation  gestellt.  Da- 
gegen ist  die  passivbildung  neu  hinzugetreten,  welche  bis  zu  einem  ge- 
wissen grade  auch  nur  eine  classe  der  präsensbildungen  darstellt.     Meiner 


Anzeige.  343 

ansieht  nach  könnte  man  die  ya-  und  die  passivische  yd-  klasse  als  zwei 
Unterabteilungen  zu  einer  hauptgruppe  vereinigen.  Warum  W.  das 
passivum  nochmals  unter  die  abgeleitete  conjugation  aufgenommen  hat, 
kann  ich  dagegen  nicht  einsehen. 

§  621  bespricht  W.  die  imperfectbildungen  der  wurzeln  ad  und  as, 
von  denen  die  erstere  a,  die  zweite«  einschiebt  ,,to  save  the  charac- 
teristic  endings  in  2d  and  3d  sing.  act.".  Die  ,,einschiebung" 
eines  a  bei  ad  halte  ich  für  unrichtig,  die  eines  i  bei  as  für  sehr  zwei- 
felhaft. Es  steht  nichts  im  wege  ädas ,  ädat  für  imperfectbildungen 
einer  a-wurzel  anzusehen,  welche  die  wenig  deutlichen  formen  dt 
(==  ad  -j-  s,  ad  -\-  t)  verdrängt  haben  konnten,  sowie  dsis  an  die  stelle 
eines  gelegentlich  noch  vorkommenden  äs  (—  ds-s ,  ds-t,  cf.  Whitney 
§  636  abs.  3)  getreten  ist.  Auf  die  ansetzung  eines  Stammes  ada  deutet, 
abgesehen  vom  griechischen,  auch  der  zend.  conjunetiv  adhäiti  (cf. 
Bartholoma e  Altir.  verb.  97)  hin.  Ich  möchte  im  anschluss  hieran 
auf  §  560.  615  und  1087c  hinweisen,  wo  W.  ayds ,  aydt  und  paldyate 
mit  der  wurzel  t  verbindet.  So  verstanden  bleiben  ayds  etc.  immer  Un- 
regelmässigkeiten, die  der  hinweis  auf  asdtha,  bravdtha  u.  a.  nicht  be- 
seitigt. Nun  hat  das  Zend  ganz  unzweifelhaft  die  wurzel  uya  (vgl.  z.  b. 
das  partieipium  ayantem),  die  indische  grammatik  erkennt  sie  ausdrücklich 
an,  Grassmann  hat  sie  für  einige  formen  in  sein  Wörterbuch  aufge- 
nommen, und  ich  vermag  nicht  einzusehen,  warum  wir  sie  nicht  zur  er- 
klärung  von  ayds,  aydt,  pliiyate  (MS),  paldyate  herbei  ziehen  sollen,  welche 
sich  ungezwungen  zu  ihr  stellen  *). 

Was  dsis,  dsit  anbetrifft,  so  sehen  diese  mehr  wie  aorist-  denn  wie 
imperfeetformen  aus;  wenn  zur  wurzel  as  ein  perfectum  dsa  (=  ^a?) 
existirt,  so  hat  das  Vorhandensein  eines  aorists  von  der  form  abodhisham 
(dsishatn ,  dsis  =  äsis-s ,  dsit  =  dsis-i)  nichts  unwahrscheinliches ,  auch 
wenn  nur  einzelne  reste  davon  sich  erhalten  haben. 

§  624  bespricht  W.  die  zweifelhaften  formen  wie  ksesi,  jesi ,  josi 
{—  jossi)  u.  a.  und  sagt :  „In  the  Veda  (but  almost  limited  to  RV)  are 
found  certain  second  persons  singular,  made  by  adding  the  ending  st  to 
the  (accented  and  strengthened)  root,  and  having  an  imperative  value. 
There  is  some  difference  of  view  as  to  their  formal  character;  but  the 
most  acceptable  opinion  regards  them  as  isolated  indicative  persons  of 
this  class,  used  imperatively".  Ich  weiss  nicht,  wer  den  irrthum,  dass 
diese  2.  pers.  sing.  ind.  (so  erklärt  sie  W.  richtig)  imperativisch  gebraucht 
seien,  zuerst  eingeführt  hat.  Die  stellen,  welche  ich  nachgeprüft  habe, 
erfordern  dies  nicht  und  lassen  sich  ohne  zwang  in  indicativischem  sinne 
erklären. 

Zu  diesen  vereinzelten  formen  nach  der  II.  (Whitney's  I.)  conj. 
gehört  auch  netha  RV.  10,  126,  2,  welches  Grassmann  für  einen  conj. 
aor.,  Delbrück  (Altind.  verb.  85)  für  „eine  geburt  des  augenblicks,  die 
in   unwillkürlicher    anlehnung   an  das    unmittelbar   vorhergehende  pdthd 

1)  Auch  das  griech.  r\iov  erklärt  sich  leichter,  wenn  wir  auf  eine 
wurzel  uya  {aia)  zurückgehen,  deren  imperf.  dyam  lautet. 


344 


A.  Hillebrandt 


gebildet"  sei,  erklärt,  netha  ist  eine  form  von  gleichem  charakter  wie 
eete,  stuta  u.  a;  d.  h.  sie  zeigt  den  langen  vokal,  wo  man  den  kurzen 
erwartet,  wenn  man  an  den  canon  von  starken  und  schwachen  formen 
glaubt,  Entweder  das  e  ist  ein  eindringling  aus  einem  singular  ind.,  wc 
es  „berechtigt"  ist,  was  nicht  sehr  glaublich  klingt,  oder  —  was  mir  viel 
wahrscheinlicher  ist  —  netha  ist  in  nüyathä  aufzulösen  und  als  eine  ir 
den  rigveda  eingedrungene  form  der  Volkssprache  zu  betrachten1). 

§  694.  Von  der  wurzel  pis  sind  mir  in  den  crautasütren  des 
schwarzen  YV  noch  der  imperativ  piiisa  (pinsdnüni)  und  der  indic.  pinsati 
aufgestossen. 

§  778  hätte  erwähnt  werden  können,  dass  piträ  ohne  sma  auch  mit 
dem  aorist  verbunden  werden  kann;  es  heisst  also  avätsur  iha  purd  chd- 
truh  oder  vasantiha  purd  chdirdh;  aber  nur:  yajati  sma  purd  (Pän.  3,  2, 
122.)  Ferner  wird  bei  einer  mit  nanu  eingeleiteten  antwort  auf  eine 
frage  das  präsens  im  sinne  eines  aorists  gesetzt,  akdrsih  kirnt  nanu 
karomi  bhoh.  In  Verbindung  mit  na  und  nu  dagegen  kann  in  gleichem 
falle  präsens  oder  aorist  beliebig  stehen;  auf  katam  akdrsih  kirn  ant- 
wortet man  mit:  na  karomi  oder  ndkdrsa?n  (Pän.  3,  2,  120.  121).  Fu- 
turbedeutung hat  das  präsens  in  Verbindung  mit  yävat,  purd,  sobald  die- 
selben als  partikeln  gebraucht  werden:  ydvad  bhunkte  \  purd  bhunkte,  aber 
ydvad  ddsyate  tdvad  bhoxyate  (ib.  3,  3,  4)  u.  s.  w. 

§  828  ff.  behandelt  den  einfachen  aorist.  Die  hier  gegebene  dar- 
stellung  unterscheidet  sich,  abgesehen  von  neuem  material,  nicht  wesentlich 
von  der  gewöhnlichen  auffassung.  Formell  scheint  in  dieser  aber  manches 
sehr  zweifelhaft.  Die  aoriste  aganma  und  agman  von  gam  z.  b.  unter- 
scheiden sich  morphologisch  durch  nichts  von  ahanma,  aghnan,  dem  im- 
perfectum  von  han.  Was  jene  zu  aoristen  macht,  ist  lediglich  ihre  be- 
deutung  (cf.  Delbrück,  Altind.  tempuslehre  s.  72);  diese  aber  braucht 
nur  eine  differenzirung  in  der  bezeichnung  der  Vergangenheit  zu  sein, 
welche  erst,  nachdem  eine  zweite  imperfectbildung  die  vorherrschende 
geworden  war,  eintrat.  Ganz  dasselbe  gilt  z.  b.  auch  von  akarma,  akran, 
dessen  or,,unrege  lmässig"  ist,  wenn  man  die  „regel"  von  starken  und 
schwachen  formen  anerkennt;  dann  wäre  aber  auch  ahanma  unregel- 
mässig, die  richtige  form  müsste,  wofern Brugman's  nasalis  sonans  hier 
anwendung  finden  kann,  ahama  lauten.  Jene  regel  hat  indess  ihre 
schwachen  Seiten  und  ist  meiner  ansieht  nach  für  manche  wortgruppen 
der II.  conjugation  gar  nicht  zutreffend,  akarma,  aganma,  ahanma  sind, 
wie  ich  glaube,  nur  imperfeotformen  der  wurzelklasse,  von  denen  die 
ersten  beiden  aor.  bedeutung  angenommen  haben ,  die  letzte  die  imper- 
fectische  behalten  hat. 

§  948.  Einen  eigentümlichen  gebrauch  des  futurums  nämlich  als 
Stellvertreter  des  imperfectums  hinter  worten,  die  ein  sich-erinnern  be- 
zeichnen, erwähnt  Pänini.  Der  scholiast  führt  als  beispiele  solcher  verba 
abhijdndsi,    smarasi    an;    die    Siddh.    kaum,    nennt    smarasi,    budhyase, 

1)  Die  entwicklungsstufen  wären  folgende  1)  näyathä  2)  nü-i-thd 
3)  netha  4)  netha'.  Der  udätta  wird  von  der  exspiratorisch  ausge- 
sprochenen endung  zuletzt  angezogen. 


Anzeige.  345 

cetayase.  In  dem  satze:  abhijändsi  devadatta  Jcäcmiresu  vatsyämah  steht 
also  vatsyämah  für  avasdma ,  welches  auch  eintritt ,  sobald  beide  sätze 
durch  yad  verbunden  werden:  yat  kdcmiresv  avasdma  (Pän.  3,  2,  112. 
113.    Vgl.  auch  3,  2,  114.) 

§  982«.  Das  aus  dem  Qat.  brähm.  für  die  Verbindung  eines  verbum 
dicendi  mit  dem  imperativ  angeführte  beispiel:  tasmdd  osadhinäm  evu 
müldny  ucchettavdi  brüydt  ist  nicht  beweiskräftig,  da  brüyät  —  iti  bruyät 
und  ucchettavdi  ein  unabhängiger,  im  sinne  eines  imperativs  gebrauchter 
infinitiv  ist,  durch  welchen  der  adhvaryu  den  befehl,  die  vedi  in  einer  be- 
stimmten form  zu  graben,  erteilt. 

§  1094:  vpahärikarosi  thou  makest  an  offering? 

§  1100  würde  ich  vicvaha  (vicvaha,  vicvdhd)  von  den  adverbien  auf 
ha  (dha)  trennen  und  als  eine  Verkürzung  von  vicvdhd  =  vicvä  aha 
(ahdni)  betrachten,  auch  wenn  vicvadhd  daneben  vorkommt. 

Capitel  XVII,  §  1136  ff.  enthält  die  stammbildungslehre.  W.  hat  an 
stelle  der  alphabetischen  eine  nach  allgemeinen  gesichtspunkten  geordnete 
gesetzt  und  damit  den  schwierigen  stoff  in  eine  wissenschaftliche  form 
zu  kleiden  gesucht.  Im  allgemeinen  bedarf  der  Standpunkt,  die  bedeu- 
tung  zur  grundlage  der  anordnung  zu  machen  selbstverständlich  keiner 
rechtfertigung ,  nur  ergeben  sich  im  einzelnen  praktische  Schwierigkeiten 
und  bei  W.  kreuzen  sich  offenbar  an  manchen  stellen  äussere  und  innere 
gesichtspunkte,  aus  denen  es  nicht  immer  leicht  ist,  den  leitenden  her- 
auszufinden. 

Wir  nehmen  damit  abschied  von  Whitney's  buche  nicht  ohne  leb- 
haften dank  für  die  mannigfache  anregung  und  belehrung,  die  wir  aus 
ihm  geschöpft.  Von  dem  raschen  tempo,  in  welchem  gegenwärtig  die 
vergleichende  Sprachforschung  fortschreitet,  wird  zwar  auch  dieses  werk 
nicht  unberührt  bleiben ,  es  wird  aber  allezeit  einen  markstein  in  der 
geschichte  der  altindischen  grammatik  bilden. 

Gr.  Naedlitz  bei  Breslau.  Alfred  Hillebrandt. 


Beiträge  zur  neugriechischen  wortbildungslehre.  Von  N.  Dossios, 
dr.  phil.  aus  Joannina  in  Epirus.  Zürich.  Druck  von  Zürcher 
u.  Furrer,  1879.     8.  16  s. 

Herr  dr.  Dossios,  ein  Epirote  von  geburt,  der  sich  bereits  durch 
verschiedene  sprachwissenschaftliche  abhandlungen  über  das  Neugriechi- 
sche bekannt  gemacht  hat,  veröffentlicht  so  eben  die  vorgenannte  dankens- 
werthe  schrift  über  neugriechische  Wortbildung.  Wer  sich  mit  dem  Mit- 
tel- und  Neugriechischen  beschäftigt,  der  wird  wissen,  dass  zwar  für  ety- 
mologie  und  lautlehre  des  vulgäridioms  manches  geschehen  ist  (vgl.  vor 
allem  De ffner:  Neograeca  in  C u  r t.  Stud.  IV),  dass  das  gebiet  der  Wort- 
bildung dagegen  noch  keine  irgendwie  befriedigende  wissenschaftliche 
behandlung  gefunden  hat.  Maurophrydis  giebt  zwar  in  seinem  /loxl- 
(ttov   iaToqCac   rijg  'EXXrjvixijs  yXwaarjg   (Smyrna    1871)  manche    beispiele, 

Heiträije  z.  k  unde  d.  ^'.sprachen.  V.  23 


346 


C.  Foy 


beschränkt  sich  jedoch  auf  die  mit  altgriechischen  suffixen  neugebildeten 
Wörter.  Mullach  behandelt  das  ganze  gebiet  der  Wortbildung  in  seiner 
grammatik  der  griech.  vulgarpsr.  auf  3 — 4  Seiten.  Koraes'  vereinzelte 
bemerkungen  in  den  'lAruxra  kommen  kaum  in  betracht. 

Solcher  dürftigen  behandlung  eines  so  wichtigen  themas  gegenüber 
mu8s  sich,  denken  wir,  nicht  nur  der  gräcist,  sondern  jeder,  der  sich  mit 
der  Sprachwissenschaft  beschäftigt,  aufrichtig  freuen,  wenn  ihm  ein  buch 
vorgelegt  wird,  das  in  ebenso  ausgiebiger  wie  eingehender  weise  die 
Wortbildung  der  jüngsten  phase  des  Griechischen  im  sinne  der  neueren 
Sprachwissenschaft  bespricht. 

Abgesehen  von  einer  11  seiten  füllenden  ein leitung  zerfällt  die  schrift 
(p.  12 — 66)  in  zwei  theile,  von  denen  der  erste  die  „einfache  Wortbildung", 
der  zweite  (p.  44  ff.)  die  „Wortzusammensetzung"  mit  reicher  exemplifi- 
cation  und  durchsichtiger  Classification  behandelt.  Namentlich  im  2.  theile 
hat  sich  der  Verfasser  mit  dem  besten  erfolge  die  eintheilungsprincipien 
angeeignet,  die  Leopold  Schröder  in  seiner  schrift:  „Ueber  die  for- 
melle Unterscheidung  der  redetheile  im  Griechischen  und  Latein.  Leipzig 
1874"  angewendet  hat,  versucht  jedoch  mit  diesen  auch  die  von  Curtius 
vertretene  eintheilung  (Schulgrammatik  §.  359,  Erläuterungen  p.  150  ff.) 
zu  verbinden. 

Der  erste  theil  zerfällt  in  3  capitel:  I)  Mit  alten  suffixen  neugebildete 
Wörter  [p.  12—27:  Wörter  auf  rr\g ,  dring,  (äii\g,  Irrig,  rga,  &qcc,  <uttj,  ixrj. 
Abstracta  auf  aivr\,  /na,  flog.  Adjectiva  auf  vog,  xog,  Qog,  log,  torög, 
rjoiog].  II)  Wörter  neuer  endungen  [p.  27—33:  ohne  fremden  einfluss 
entstanden:  ifiov,  /tdna,  diu,  Cka,  via,  döa,  ovdcc;  —  unter  einfluss  des 
Lateinischen  entstanden:  xla,  ovqa,  drog  (schreibe  ärog) ,  dorjg  (schreibe 
dgig)].  III)  Deminutiva  und  augmentativa  [p.  33—43.  Allgemeines  über 
entstehung  der  deminutiva  und  über  die  endungen  ig,  iv,  t  =  tog,  tov. 
Neugriech.  demin.,  deren  Ursprung  ins  Altgriechische  zurückgeht:  dxrjg 
(schreibe  dxig),  dxt,  trat,  lrar\g  (schreibe  iratg),  novkog,  demin.  auf  ovXrjg 
(ovXig),  ovltt,  ovroixog.    Augmentativa:  hauptsächlich  äoa,  aoog]. 

Obwohl  streng  genommen  die  deminutiva  und  augmentativa  unter  I) 
und  II)  behandelt  sein  sollten,  so  ist  es  doch  bei  der  eigenthümlichen 
Stellung  dieser  formen  im  Vulgärgriechischen  aus  praktischen  gründen 
gerechtfertigt,  sie  besonders  zu  behandeln. 

Der  leser  sieht,  dass  alle  wichtigeren  suffixe  (jedes  mit  mehreren 
beispielen  belegt)  vertreten  sind,  wenn  gleich  der  bescheidene  titel  des 
buches  verbietet,  Vollständigkeit  zu  erwarten. 

Der  zweite  theil  zerfällt  in  4  nummern:  I)  Nominalcomposita  [p.  64— 
53.  Nach  Schröder  eingetheilt  in  immutata  und  mutata  mit  je  3  unter- 
abtheilungen :  Substant. -f  substant. ,  adject.  -f-  substant. ,  numer.  -f-  subst. 
und  für  die  immutata  noch  subst.  +  adject. ,  adject.  -f-  adject  ,  numer.  + 
adject.  Ferner:  Composita  mit  a  privat,  und  mit  fa  und  mit  praeposi- 
tionen].  II)  Zusammengesetzte  verbalnomina  [p.  53—56.  a)  nomen.  + 
verbalnomen.:  Suffix  t«,  o.  b)  verbum  -\-  nomen].  III)  Zusammenge- 
setzte verba  [p.  56—58.  adject.  -f- verbum,  (substant.  +  particip.),  verbum 
j-  verbum.     Sehr    abweichend   vom    Altgriechischen!].    IV)    Copulative 


Anzeige.  347 

Zusammensetzungen  [=  dvandva.  p.  58—62.]  Vorangeschickt  ist  im 
zweiten  theile  eine  bemerkung  über  den  neugriech.  bindevokal  (p.  45), 
angehängt  eine  betrachtung  über  die  bedeutung  der  Zusammensetzung 
[p.  62 — 64.  Determinative  composita,  attributive  composita,  abhängig- 
keitscomposita]. 

Diese  eintheilung  lässt,  denken  wir,  kaum  etwas  zu  wünschen  übrig. 
Wie  sorgfältig  die  exemplification  ist,  beweise  z.  b.  der  umstand,  dass 
wir  allein  unter  der  rubrik  „nominalcomposita"  weit  über  100  beispiele 
gezählt  haben  (die  gelegentlich  angeführten  altgriechischen  nicht  mitge- 
rechnet). 

Was  die  methode  des  Verfassers  anlangt,  so  ist  namentlich  anzuer- 
kennen, dass  er  immer  bemüht  ist,  die  einzelnen  erscheinungen  sprach- 
wissenschaftlich zu  begründen.  Wir  empfehlen  beispielsweise  den  artikel 
über  die  deminutiva  (p.  33  ff.)  zu  lesen.  Oft  sucht  er  die  epoche  zu  be- 
stimmen, wo  gewisse  formen  zum  ersten  male  auftauchen;  immer  aber 
nimmt  er  auf  die  bedeutung  sorgfältig  rücksicht  und  sucht,  wo  eine  ab- 
weichung  vom  Altgriechischen  vorliegt,  dieselbe  zu  erklären.  Freilich 
war  dies ,  wie  natürlich ,  nicht  immer  möglich ;  z.  b.  woher  stammt  die 
intensive  bedeutung  des  Suffixes  #(>«  in  formen  wie  xr\Qt&ou,  fioXvßtöqa, 
xoxxaXrj&Qcc'?  (cf.  p.  17).  Die  fremden  aus  dem  Lateinischen  oder  Romani- 
schen stammenden  Endungen  sind  befriedigend  erklärt,  so  z.  b.  xXa  aus 
cula  oder  tula ,  {navovxXa  =■  panucula ,  atxXct  =  situla  u.  s.  w.)  p.  31. 
Was  die  Schreibung  der  endungen  dtos  =  lat.  atus  und  äris  =  lat.  arius 
betrifft,  so  würde  ich  üxog  anstatt  üxog  (p.  32)  und  ccoig  anstatt  dgrjg 
(p.  33)  empfehlen.  Von  den  übrigen  neuen  endungen  vermag  der  Verfas- 
ser entschuldbarer  weise  ebenso  wenig,  wie  seine  Vorgänger,  die  zwei: 
fxdga  und  CXa  befriedigend  zu  erklären,  auch  für  xoeXXog  und  XtaXög  p.  26 
gesteht  er,  keine  etymologie  finden  zu  können.  P.  25  ist  wohl  nur  aus 
versehen  *[iaxovXog  und  *ßa&vXog  anstatt  *fi.axqvX6g  und  *ßa&vX6g  betont 
worden. 

Alle  berichtigungen ,  die  wir  zu  machen  hätten,  beziehen  sich  nur 
auf  einzelheiten  z.  b.  p.  20  sagt  der  Verfasser,  dass  das  j  in  formen  wie 
fittQfiaQtvjog  gar  nicht  gehört  werde,  sondern  nur  „eine  starke  nasalirung" 
bewirke.  Es  war  zu  sagen,  dass  v  -\-  j  zu  dorsalem  n  mit  nachfolgendem 
halb  vokal  i  (ital.  frz.  gn,  span.  n  cf.  Champagne,  Bologna,  Espana)  wird. 

P.  21  wird  behauptet,  dass  das  i  in  adjectiven  auf  (i)vog  gar  nicht 
gehört  werde,  und  doch  sagt  man  Orj/xeoivog  ebensowohl  wie  OTjfttQvog 
und  TWQivög  wie  xojgvög. 

P.  23.  wird  der  eigenname  'Aifama  für  eine  abkürzung  von  ^AtfooStxt] 
erklärt,  während  es  doch  ein  neugriechisches  adjectiv  atfQäjog  giebt  *). 
Auch  Jrifi^TQco  ist  nicht  =  dr\n7]xi\o  zu  setzen,  sondern  das  vulgäre  fe- 
minium  zu  ArjfiijxQiog. 

P.  51  wird  die  form  taxetXrjg  =  %ttXfav  aufgeführt.    Unseres  wissens 

J)  Uebrigens  haben  auch  andere  'A<fodx(t  und  slygodCxt)  zusammen- 
gestellt, so  z.  b.  Ross:  Reisen  auf  d.  griech.  inseln  II.  1843  p.  115  und 
Kind:  Anthologie.  1861.    p.  209. 


23 


* 


348 


C.  Foy 


spricht  man  dza%ilis ,  und  die  genannte  form  wäre  also  nach  neugriechi- 
scher weise  im  anlaute  mit  t£  zu  schreiben. 

P.  67  wird  die  form  aßiäkog  =  ßcSXos  als  durch  einen  hörfehler  aus 
ivas  ßwkog  entstanden  erklärt.  Dies  ist  unglaublich,  da  sich  das  prothe- 
tische  <r  auch  vor  neutris  und  femininis  findet.  Genaueres  hierüber  in 
meinem  „Lautsystem  der  griechischen  vulgärsprache"  p.  74. 

Ganz  beiläufig  wollen  wir  erwähnen ,  dass  die  vulgäre  färbung  der 
mitgetheilten  formen  nicht  immer  eine  gleichmässige  ist.  P.  28  wird 
z.  b.  Siaifiov,  IvOi/iov,  nctigi/nov  in  mittelalterlicher  weise  mit  v  geschrieben, 
während  doch  p.  24     Xovotixo,  tjcciprixö  u.  ä.  ohne  v  steht. 

Es  erübrigt  uns,  noch  ein  wort  über  die  „einleitung"  hinzuzufügen. 
Dieselbe  polemisirt  zunächst  gegen  die  puristen  im  heutigen  Griechen- 
land, die  fälschlich  bald  treffliche  neubildungen  als  vulgär  verachteten, 
bald  sehr  alte  im  volksmunde  erhaltene  Wörter  als  archaistisch  verwürfen. 
Nun  führt  der  Verfasser  einige  formen  an,  die,  wie  er  meint,  zwar  nicht 
schriftlich  erhalten  wären,  aber  trotzdem  sehr  alt  sein  müssten  oder 
könnten,  darunter  ardla  =  ordlayfia,  vvora  —  vvarayfia,  x).y)oa  =  xkrj- 
(jovofita. 

Aber  welcher  kundige  sieht  nicht,  dass  dies  ganz  vulgäre  bildun- 
gen  sind,  etwa  wie  die  italienischen  aecusa  =  aecusatio,  pesca  =  pisca- 
tio,  predica  =  predicatio,  lega  =  ligatio ,  spia  spion  etc.?  'Pvtqk  ist 
offenbar  eine  mit  der  p.  16  besprochenen  endung  tqu,  gebildete  form. 
Die  glosse  des  Hesychios,  die  M.  Schmidt  als  ,,de  scriptura  suspeetam" 
mit  einem  kreuz  bezeichnet,  kann  kein  zeugniss  für  das  hohe  alter  der 
form  ablegen. 

P.  5  f.  führt  der  Verfasser  volksthümlich  erhaltene  formen  auf,  die 
nachweislich  älter  wären,  als  die  von  den  puristen  empfohlenen.  Darunter 
z.  b.  ävrjyaiog,  makedonisch,  angeblich  =  homer.  vr\yäxiog.  Ich  halte  das 
wort  für  nichts  als  viaxog  mit  der  so  beliebten  vulgären  prothese  von  a. 

Im  principe  aber  können  wir  nicht  begreifen ,  was  für  ein  recht  ge- 
wisse nur  noch  in  einzelnen  dialecten  erhaltene  und  im  alterthume  schwach 
oder  doch  nur  vereinzelt  bezeugte  formen  (cf.  p.  6.  fiüaraxag)  auf  allge- 
meine Verbreitung  haben  sollten.  Uns  stimmt  der  referent  (77.  ITy.)  in 
der  KXeiw  no.  950  bei,  der  jedoch  nicht  sowohl  das  ganze  buch,  als  viel- 
mehr nur  einiges  fehlerhafte,  (hauptsächlich  aus  der  einleitung)  bespricht. 

Zum  schluss  ein  wort  über  den  anhang  p.  65  u.  66.  Derselbe  zeigt, 
wie  schon  die  einleitung,  dass  der  Verfasser  bis  in  das  10.  Jahrhundert 
zurückgegriffen  hat,  indem  die  schrift  des  Porphyrogennetos :  „De  ceremo- 
niis  aulae  Byzantinae"  von  ihm  benutzt  ist.  Im  übrigen  enthält  der  an- 
hang einige  werthvolle  bibliographische  notizen. 

Zur  Vervollständigung  des  ganzen  hätten  wir  nur  noch  ein  inhalts- 
verzeichniss  gewünscht,  so  wenig  die  Griechen  auch  lieben,  Inhaltsver- 
zeichnisse zu  geben. 

Wir  scheiden  von  dem  kleinen  büchlein,  indem  wir  es  dem  gelehrten 
publikum  aufs  wärmste  empfehlen  und  den  aufrichtigen  wünsch  aus- 
sprechen, dass  der  Verfasser  bald  anderes  über  die  vulgärsprache  publi- 
ciren  möge.  ■  Dr.  C.  Foy. 


Anzeige.  349 


Foy,  Dr.  Carl,  Lautsystem  der  griechischen  vulgärsprache. 
Leipzig.  Druck  und  verlag  von  B.  G.  Teubner.  X.  u.  146  S. 
gr.  8.     Mk.  3. 

Der  Verfasser  versucht  in  der  vorliegenden  schrift,  an  welcher  er 
mehrere  jähre  mit  fleiss  und  liebe  gearbeitet  hat,  zum  ersten  male  ,, unter 
benutzung  der  neueren  resultate  der  lautphysiologie  und  der  allgemeinen 
Sprachwissenschaft  in  annähernd  vollständigen  zügen  ein  System  der  vul- 
gär-griechischen lautverhältnisse  zu  entwerfen"     (Vorw.  V). 

Die  schrift,  welcher  wir  diese  wenigen  zeilen  widmen,  enthält  zwei 
bücher;  im  ersten  (s.  1—82)  bespricht  der  verf.  die  consonanten  und 
zwar  §  1  die  tonlosen  explosivlaute  x,  t,  tc,  §  2  die  tönenden  fricativlaute 
y>  $>  ß>  §  3  die  tönenden  explosivlaute  g,  d,  b,  §  4  u.  5  die  tonlosen  fri- 
cativlaute x>  #i  H'i  §  6  die  aspiraten  im  Tsakonischen,  §  7  die  liquiden 
X  und  (?»  §  8  die  nasale  fi  und  v,  §  9  das  velare ,  palatale  und  dorsale  v 
und  dors.  X,  §  10  die  Sibilanten  a,  f,  o,  §  11  die  zusammengesetzten  con- 
sonanten rf,  ra,  rd,  xp,  (fO,  §  12  das  jod  und  den  spiritus,  §  13  den  conso- 
nantischen  zusate,  §  14  den  wegfall  der  consonanten,  §  15  die  Umstel- 
lung derselben. 

Im  zweiten  buche  (s.  83—192)  werden  die  vocale  behandelt  und 
zwar  §  16  die  alte  und  die  jetzige  ausspräche  derselben,  §  17  die  diph- 
thonge,  §  18  die  schrift  und  etymologie,  §  19  der  sporadische  vocalwandel, 
§  20  der  vocalzusatz ,  §  21  der  vocalschwund.  Es  folgt  §  22  ein  capitel 
über  Volksetymologie  und  §  23  eine  rückschau ;  am  ende  befinden  sich  als 
texte  zwei  bekannte  lieder,  ein  zum  ersten  male  gedrucktes  makedoni- 
sches märchen  und  drei  räthsel  mit  Übersetzung  und  erklärung. 

An  seine  schwierige  aufgäbe  ging  H.  Foy  mit  grosser  sorgsamer 
prüfung,  welche  wir  auch  im  verkehr  mit  ihm  oft  zu  bewundern  gelegen- 
heit  gehabt  haben;  was  die  anläge  der  arbeit  betrifft,  so  ist  der  verf. 
der  methode  gefolgt,  welche  ihm  die  natur  des  behandelten  Stoffes  bot. 
Jedes  capitel  hat  seine  passende  stelle ,  so  dass  es  nicht  ohne  schaden 
versetzt  werden  könnte. 

Neben  schritten  griechischer  gelehrten  und  fremder  hellenisten  haben 
H.  Foy  mündliche  mittheilungen  griechischer  freunde  und  der  gebrauch 
des  Griechischen  im  verkehr  mit  Hellenen  aus  verschiedenen  gegenden 
zu  seinem  zwecke  sehr  genützt.  Wie  in  jedem  buche  aber,  so  haben  sich 
auch  in  dem  vorliegenden  ungenauigkeiten  eingestellt,  welche  der  verf. 
in  einer  etwaigen  zweiten  bearbeitung  seines  werkes  zu  berichtigen  nicht 
unterlassen  wird. 

S.  7  ist  zu  bemerken,  dass  sich  neben  GxXißw'O)  (glänze)  noch  ariXt- 
ßoh'w,  welches  dem  altgr.  OTiXßöw  näher  steht,  im  munde  des  Volkes  er- 
halten hat.  —  S.  9  wird  7177/77  {nrixvg)  geschrieben,  während  s.  59  incon- 
sequent  xiapi  (xccvaig)  steht.  —  S.  12  hat  schon  auch  ZxaqXaTog  Bv&vtios 
in  seinem  lexikon  ifjg  xaif  rj/jag  iXlrjvixrjg  diccktxTov ,  dritte  aurl.  Athen 
1874,  (s.  261)  an  die  richtige  etymologie  des  Xayiavixöv  gedacht.  —  S.  13 
möchte  referent  sich  denjenigen  anschliessen,  welche  yXviwvai  (befreie  u. 


350 


P.  N.  Pappägeorg 


entkomme)  von  evXvrow,  welches  schon  bei  Hesychios  (evXvrtooov :  dndX- 
Ittgov;  mit  unrecht  hat  man  in  ixXvrgwGov  ändern  wollen)  vorkommt,  her- 
leiten. —  S.  14  neben  aXCyw  {&X(ßw)  hört  man  noch  mit  eingeschobenem 
ov  CovUyto  und  favUC<o  (favXtiÖ),  so  dass  die  s.  51  gegebene  etymologie 
von  l'ivXtCta  unrichtig  ist.  —  S.  15  wird  yXiOTfoog  (glatt)  von  oXrt&rinög 
abgeleitet;  meiner  ansieht  nach  unwahrscheinlich.  Vgl.  ZxuqXiirog  u.  d. 
w.  &yXiOTQa(o.  —  Nicht  überzeugend  ist  auch  die  etymologie  des  yQrj- 
vin£(o  von  dem  bei  Hesychios  vorkommenden  doQTJvr)v  (dooqvei'v).  —  S.  18 
ßvjlva  findet  sich  wirklich  im  Serrai  von  Makedonien,  wie  ich  aus  gut 
unterrichteter  quelle  erfahre.  —  S.  27  ob  Taijyagi^oj  =  Tr\yavit,<a,  wie 
schon  Koraes  wollte,  möchte  ref.  bezweifeln.  —  S.  29  xoXoxv&rj  ist  viel- 
leicht ein  druckfehler;  es  müsste  entweder  xoXoxv&i  oder  xoXoxv&a  heissen. 

—  Merkwürdig  scheint  mir  die  bemerkung  s.  30  „dies  verb  (xdyrco  = 
xönroj)  hat  ganz  die  bedeutung  von  xvnxto  angenommen  =  schlagen". 
Ich  zweifele  keinen  augenblick,  dass  H.  Foy  so  gut,  wie  ich,  weiss,  dass 
x6(fTto  =  Tt'fivio  ist,  und  notire  diesen  lapsus  fatalis  nur  als  eine  drollige 
fluchtigkeit;  s.  129  anm.  findet  sich  die  richtige  erklärung  =*=  couper, 
schneiden.  —  S.  31  die  form  dxgovfxdt.ofiut,,  von  der  Deffner  ausgeht, 
um  das  d<fiyxgd£o{ictt  oder  dqiyxgipüficu  zu  erklären ,  existirt  noch  heut- 
zutage in  Makedonien :  damit  will  ich  freilich  nicht  behaupten ,  dass  die 
etymologie  von  H.  Foy  unrichtig  ist;  sie  ist  vielmehr  die  einzig  mög- 
liche (Vgl-  auch  ZxagXärog  u.  d.  w.)  —  S.  32  sei  noch  der  eigentüm- 
liche Übergang  des  x  m  '/>  i™  Makedonischen  tpav^axwvoi  =  xavöaxüva) 
bemerkt.  -  S.  66  werden  als  beispiele  des  Zusatzes  J  im  anfang  des 
Wortes  angeführt:  Soidxi  =  ofa|  (doch  auch  oidxiovl)  und  Sexet  =  IxeT; 
letztes  unpassend ;  denn  das  Kretische  dexa!  ist  ein  zusammengesetztes 
wort  von  dd-lxii,  wie  man  noch  im  Makedonischen  Sd-'xtZ  und  ^xü-Sd 
spricht.  —  S.  78  dass  Xctßwvco  =  altgr.  Xwßdto  ist,  wie  schon  ZxagXärog 
wollte,  kann  ich  nicht  wahrscheinlich  finden.  —  S.  94  ist  d&dvfiovfiai 
(=  lv&v[iovpai)  unrichtig;  consequenter  weise  müsste  dann  auch  äx/eXt 
(=  eyxiXvg)  geschrieben  werden.  Ohne  zweifei  ist  nur  d&vfxoijficu  richtig ; 
das  volk  kennt  zunächst  nur  das  synkopirte  &v/uov{iai,  wozu  dann  das 
prothematische  a  hinzutritt,  worüber  s.  1 10  ff".  —  S.  101  das  femininum 
der  adjeetiva  auf  ~gog  geht,  wie  H.  Foy  sagt,  in  der  vulgärsprache 
durgängig  auf  -gr\  statt  -gd  aus.  So  sagt  man  Savxtgrj  =  Stvxiga;  ich 
hätte  noch  bemerkt,  dass  das  wort  jedoch  als  Substantiv  dtvxtga  lautet, 
wie  xttSttQT)  dtvxtga  u.  s.  w.  —  S.  106  werden  mit  recht  alle  lächerlichen 
etymologien  des  w.  ydSagog  widerlegt  und  die  allein  richtige  gegeben, 
woran  schon  auch  ZxagXaxog  u.  d.  w.  ya'iäovgöipagov  dachte.  —  S.  110 
der  Übergang  der  endung  w  der  verba  in  ov  im  Tsakonischen  ist  auch 
makedonisch,  so  xgtäyov,  nivov,  u.  s.  w.  —  S.  117  ich  lese:  „yeXddi,  dy^Xrj11; 
unrichtig;   yeXddi   (yiXddn)    ist    die  &ytlati\  ßovg,  bei  spät.   dyiXdg    -däog. 

—  S.  119  lese  ich:  „^avaxatvovgyaivto  =  vulg.  xaivovgywvoi  „erneuere'' 
von  xaivovgtog  =  xairog".  Das  neugr.  xctirovgyipg  ist  altgr.  xaivovg- 
yog  =  xaivovgyr\g.  —  S.  120  *ydi  —  XySr\.  Doch  giebt  es  auch  deminut. 
iyStov.  —  S.  121  sei  zu  Sovxi  noch  das  eigentümliche  makedonische 
«fotfi  erwähnt.  —  S.  121  „fioidCw  von  ofioios'i.     Doch  opoidfa  im  n.  testa- 


Anzeige.  351 

ment.  —  S.  124  dass  rw(>«  (=  vvv)  nicht  aus  dem  dativ  ry  wQtf,  wie 
griechische  gelehrte  wollen,  sondern  aus  dem  accusativ  ri]  wQit  vulg.  = 
xty  wQav  entstanden  wäre,  will  mir  nicht  einleuchten  ;  denn  der  vulgäre 
accusativ  ist  nicht  ttj  wp«,  sondern  zr\v  &Qa.  —  S.  128  „vonös,  frisch, 
neu  —  veo7iosu;  indess  wohl  richtiger  vianöe  =  vewnös,  wie  fragü  = 
,l£u)Q(ö ,  &ü)qu'c  =  &e<oQtct  u.  s.  w.  —  Aus  s.  142  endlich  sei  hier  noch  be- 
richtigt, dass  fß^ußVt  (=zeit)  nicht  italienischen  (giammail)  sondern  echt 
türkischen  Stammes  ist. 

Bei  unserer  besprechung  hatten  wir  hauptsächlich  den  zweck  zu  be- 
richtigen. Manche  kleinere  versehen  und  lapsus  calami  haben  wir  nicht 
berücksichtigt.  Das  werk  bleibt  auf  jeden  fall  eine  verdienstvolle  arbeit, 
die  einen  wesentlichen  fortschritt  im  Studium  der  griechischen  Volks- 
sprache bezeichnet.  Wir  zweifeln  nicht,  dass  reiche  anregung  von  ihr 
ausgehen  wird  und  dass  sie  jedem,  der  sich  für  Sprachwissenschaft  über- 
haupt interessirt,  willkommen  sein  wird,  da  sie  häufig  in  die  wichtigsten 
fragen  der  gegenwärtigen  Sprachforschung  eingreift.  Sie  enthält  in  knap- 
per gedrängter  darstellung  eine  menge  demente,  aus  denen  sich  eine 
fülle  von  gesetzen  und  anschauungen  wird  entwickeln  lassen  können. 

Jena.  Peter  N.  Pappageorg. 

Miscellen. 

1)  Avest.  ghräghrayd-.  Im  Nirangistän  schliesst  fol.  19b 
mit  den  worten  vigaiti  dim  fra,  unter  welchen  als  fortsetzung 
ghräghr  vorgemerkt  ist,  und  fol.  20a  fährt  fort  ghräghrdyeiti ; 
nach  dem  y  der  letzten  form  hat  eine  spätere  hand  ein  ein- 
schaltungszeichen  gemacht  und  dazu  übergeschrieben  6  nö'U 
fraghrdghräy.  Wir  gewinnen  aus  dieser  stelle  ein  avestisches 
präsens  fra-ghräghräyeiti,  welches  die  herrschende  erklärung  von 
ghräraya-  (in  fraghrärayeiti  vend.  18.  23  W.)  und  gräraya-  (in 
ugrärayäo  yt.  24.  41  und  nicrärayäo  vd.  18.  51  W.,  vgl.  apers. 
niyaträrayam  Beh.  1.  64),  die  man  bei  Bartholomä  d.  altir. 
verb.  s.  90  nachlesen  wolle,  widerlegt;  denn  es  zeigt,  dass  ghrä- 
raya- aus  einem  ghrdghräya-  nicht  entstehen  muste  und  nicht 
entstanden  ist.  Ich  erwähne  diess  wegen  Gott.  gel.  anz.  1879, 
s.  824,  wo  ich  ghräraya-  und  gräraya-  ihrer  bildung  nach  mit 
gr.  algeto,  ayqiw  verglichen  habe. 

2)  Avest.  äQu.  Der  von  Justi  wbch.  s.  75  angesetzte  stamm 
ägus  ist  in  ägu  zu  ändern;  denn  nämyägus  y.  9.  16  W.  ist 
nom.  sg.  von  nämyägu-,  und  ägus  y.  10.  2  W.  ist  mit  Spie- 
gel comment.  IL  112  (vgl.  s.  97)  als  acc.  plur.  (von  ägü)  auf- 
zufassen. Diess  wird  zunächst  durch  ved.  amgü  bewiesen  und 
ferner  durch  die  form  ägavö,  welche  im  Nirangistän  *)  fol.  141a, 
z.  12  erscheint:  cyävantö  aetee  ägavö  anheiß.    A.  Bezzenberger. 

*)  Gelegentlich  der  erwähnung  dieses  noch  ungedruckten  textes  be- 
merke ich,  dass  die  zahlwortform  catanhrd  sich  in  ihm  nicht  nur  an  der 
von  mir  K.  Beitr.  8.  120  hervorgehobenen  stelle  findet;  sie  begegnet 
auch  fol.  94»,  z.  9  —  10  (hier  catanrd  geschrieben). 


352 


Miscellen ,  Berichtigungen. 


3)  aXi-ßdvto  „in's  meer  versenken"  (bei  Callimachos) 
scheint  ßdvio  ==  dvo  zu  enthalten.  Diess  weist  auf  ursprüng- 
lichen ^-anlaut  und  scheint  L.  Meyer's  combination  von  dva) 
und  lat.  im-buo  (o.  III.  75)  zu  bestätigen. 

4)  Kivvctvos  ■  r)  -Koviaxfj  riravog  bei  Hesych  ist  dasselbe  wo 
wie  ttravog;  wir  werden  dieses  also  zu  skr.  citra  „hell"  u.  s.  w. 
zu  stellen  haben.  *     ,-V 

5)  Lat.7«^ft«*,sJUten"  hat  mit  (pfto£ß  „gedHrme"  nichts  zu 
tun;  seine  ableitung^von  fend  „bmdefi"  scheitert  am  vokal. 
Seine  basis  ist  vielmehr  ghidh;  dieselbe  erscheint  in  xi&ctQi] 


Ebenso  verhält  sich   ksl.  zica  „nervus,   filum"  zum  mhd.  g'uje, 


rt 
sv. 


A"  6)  -/iyyhu6±  „knochengelenk  dos  ellbogens  und  Oberarms, 
fugen  und  gelenke  am  panzer,  türangel,  angelzapfen"  und  ydy- 
yi^Qv  „gelenkgeschwulst,  Überbein"  stehen  für  *yhy%&wog  und 
*yXayyfaov  und  gehören  zu  ahd.  cJifenkQn,  mhd.  kfoiyc&i  „knü- 
pfen, binden,  schlingen",  mhd.  [klfH^e..  „turklinke".  —  rMe  aus- 
stossung  eines  von  zwei  aufeinander  folgenden  X,  "die  auch  in 
el'lrjqxx,  el'kyxa,  uloxcc  stattgefunden  hat,  ist  bekannt.     A.  Fiele. 


Berichtigungen. 

S.  26,  not.  1.  Lokänandanätakam :  vgl.  Täranätha,  übers,  von  Schief- 
ner, p.  155,  not.  2.  —  Das.  not.  2  lies  syddvdddl  statt  sydd  vdddt.  — 
S.  36  kridabhihito  bhdvo  dravyavat  prakdcate  vgl.  Kusumänjali  ed.  Cow- 
ell,  Translation,  p.  1  note.  —  S.  37,  z.  6  ist  krti  nach  kvacit  einzu- 
fügen. —  S.  42.  Statt  Kajjata  ist,  nach  einer  gütigen  mitteilung  Prof. 
Aufrecht's,  Kaiyata  zu  lesen.  —  S.  47,  z.  24  lies  udareshtha  statt  uda- 
restha.  —  S.  61,  7  lies  ekaikaco  vinighnanti  und  vgl.  Kam.  Nitisära  I, 
46.  —  S.  61,  30.  Die  stelle  steht  Raghuv.  IX,  61.  —  S.  107,  z.  20  lies: 
Die  inschrift  ward  zuerst  u.  s.  w.  —  S.  108,  z.  4  sind  5  punkte  für 
TOiiai  zu  setzen.  —  Das.  z.  25  Hess  A.  Y4>IF.I.  —  S.  110,  z.  8  lies  tm- 
{itleo&ov.  —  Das.  z.  24  lies  38  statt  36.  —  S.  113,  z.  4  lies  uaxo  u.  s. 
w.  statt  fisTo  u.  s.  w.  —  S.  114,  z.  35  lies:  (paveQos  jji  für  (faveQ((ä)ai]i. 
Hiernach  fällt  die  bemerkung  s.  118,  z.  4  anfang.  —  S.  116,  z.  8  lies 
yAoqaaxoi  statt  ASqüaro}.  —  S.  117,  z.  14  lies  „diesem  urteile"  statt 
„dieser  äusserung".  —  S.  168,  z.  29  lies  „trost"  statt  „trotz".  —  S.  171, 
z.  16  fehlt  nach  „nhd.  haspe  'türband' "  „ags.  hüps  'haspe'".  —  S.  173, 
z.  2  lies  „nhd."  statt  „ahd."  —  S.  278,  z.  1  lies  „Indogerm.  «"  statt 
„Indogerm.  a".  —  S.  325  ff.  Mehrere  wertvolle  ergänzungen  und  Ver- 
besserungen des  aufsatzes  „Zur  beurteilung  des  pamphylischen  dialekts" 
ergeben  sich  aus  einer  arbeit  Friedländers  Zs.  f.  numismatik  IV.  297  ff. 
und  aus  bemerkungen  Deeckes  in  seiner  zweiten  beilage  zu  K.  0.  Mül- 
lers Etruskern2  IL  521. 


353 


Register. 


Sachregister. 


Ablaut  (vgl.  Vokale):  a  im  ablaut 
mit  e  und  6  312  ff.;  ablaut  e—o 
im  albanesischen  184;  dreifacher 
ablaut  (w  —  s — 0)  im  griechischen 
241. 

Aphäresis  s.  Kürzung. 

Assimilation:  griech.  xx  aus  xk 
196.  ' 

Bedeutungswandel  (vgl.  Grada- 
tion) :  mangel-misgunst  241 ;  hirsch 
— widder  240. 

Dekination:  gen.  sg.  auf  -a-xog 
im  griech.  183  f.  312;  gen.  sg. 
der  o-stämme  u.  «?-stämme  im 
thessal.  dial.  2.  5.8;  dekl.-formen 
des  pamphyl.  dial.  336. 

Dialekt-Inschriften:  achäische 
320  ff;  äolische  105  ff.;  böotische 
185  ff.  ;  nordthessalische  1  ff.  ; 
pamphylische  325  ff. 

Gradation:  participia  als  kompa- 
rative u.  Superlative  96  f. ;  kom- 
parativische und  superlativische 
bdtg.  aus  d.  bedeutungen  '—ähn- 
lich', '—darstellend'  u.  s.w.  97  ff. 

Indische  grammatiker  und  lexi- 
kographen  22  ff.  296  ff. 

Infixe:  sskr.  -ak-,  lit.  -ok-  99  n. 

Intensivbildung  im  germani- 
schen 170  n. 

Konjugation:  konj. -formen  des 
pamphyl.  dial.  336  f. 

Konsonanten  (vgl.  Assimilation): 
griechisch:  n,  x  =  q  101. 
196;  konsonantismus  des  pamphyl. 
dial.  330  ff. 


latein. :  c  =  sskr.  fv  178;  b 
aus  g  168;  d  aus  /  79. 

g  er  man. :  k,  h,  g  als  Vertreter 
der    q-reihe    174  ff. ;    labiale  aus 
gutturalen  169  ff.;  v  vor  dunklen 
vokalen  geschwunden  176. 
Kürzung  kompon.  eigennamen  im 
griech.  21  n.  195.  196;    kürzung 
durch  aphäresis  213  f. 
Leh'n  worte:     doppelte    reception 
eines    griech.    wortes    im    latein. 
,  83.  84. 

Suffixe  :     idg.  t'to   =   sskr.  titha, 
griech.  xaxo,  cfxo,  brit.  ted  94  ff; 
sskr.  äka  =  lit.  oka-s ,   lett.  äks 
98  ff. 
Vokale  (vgl.  Ablaut): 

indogerm.  :  system  d.  grund- 
sprachl.  vokalismus  266 ;  vokal- 
reihe d—ai—au  266  ff.;  (U?  274 
ff);  ä — ei — 'du  278  ff.;  a — i—u  283 
ff. ;  'schwä'  94  ff. 

gans kr.:  £und  ü  sekundär  ent- 
•  wickelt  269  f. ;  vokaldehnung  vor 
s  271. 

griechisch:  o  für  «  191.  220; 
e  (i)  und  v  als  schwä  166  ff. ;  « 
aus  r,  l  311  f.;  w  aus  ve  274;  qZ 
=  lat.  er  240 ;  ei  für  £  vor  folg. 
a  213;  i  eingebüsst  315  n. ;  voka- 
lismus des  pamphyl.  dial.  332  ff. 

latein.:  6  aus  ve  274;  au  aus 
av  272;  e  in  fremdw.  für  ei  82. 

g  er  man. :  a  aus  o  176;    u  als 
schwä  176. 
Volksetymologie    in    den   alten 
sprachen,  bes.  im  latein.  68  ff. 


Sanskrit. 


äkokera  70 
ära  70 
irshaya  270 
üka  71 
ünä  270 
rsabhä  184 
kastira  70 
kendra  70 
kesara  70 


II.  Wortregister. 

kriya  70 
car  101 
ciräm  101 
tävara  104 
tävuri  70 
taukshika  70 
dinära  70 
durudharä  70 
dürvä  104 
dÜBhäya  270 
päthena  70 


panaphara  70 
neshürana  70 
yas  270' 
leya  70 
lomägä  71 
vrshabhä  184 
gurpä  270 
cri  182  f. 
snib  270 
sururigä  70 
hä  103 


354 


Register. 


Avestiseh. 

äyu  351 
kharedha  104 
fra-ghräghräyeiti  351 
cataiihro  351 
thanvana  104 

Altpersisch, 
vayiy  94  n. 
vic,a  95  n. 

Griechisch. 
itydXXo/xtu  168 
nyafiai  168 
ayav   168 
äydaatoftat   168 
(iyovQos  240  f. 
iiSttfxvog  94 
l4äidxofiog  91 
l46Qvfitjs  94 
".-/(Twp«  94 
«fuu«  (thessal)  5 

'L4t.(axog  94 
d'i'rvQov  94 
lixdQorv  94 
«Ai'w  168 
dXt-ßSim  352 
füuxoff  167 
l4[ia£6vtg  93 
dfi«Qvoaoi  167 
dfxfitg  168 
dfinXaxtTv  168 
dfMfiOßrjTiw  90 
l4v&iaxwg  75 
Z4vi)-tov  75 
dv&Q<t)7iog  168  n. 
aQtxTos  166 
«(>«t?7,  dqiaxoi   166 
«(MffTf(x5?  168  n. 
aQiGTog  166 
«£>o?  239  f. 
IdavkXiog  94 
'!Aö(»Qog  94 
\4(faiQ(fia  91 
«p^t   168 
ßdnxw  167 
BaaCXeia  75 
ßi7ird£<ü  167 
/?(j«V«ff  1 66 
/Ji'#o?,  ßwrffd?  168 
ßvnxw  167 
/«yyAtor  352 
j'Kxot'  (Hsch.)  312 
yavdhi  312 
ytyyAi^d?  352 
/tiußdg  91 
iutirda  89  f. 


dittxovta)  90 
cJYrtw  270 
etSvn  240 
exa-  94  n. 
'Exßdxava  91 
tXawog  184 
Mos  184 
fArco?  166 
^y«p»Jff  91 
"EvdvfiCwv  92 
"Ev6(oqov  91 
UittiTQanivtiv  90 
"Enaifog  91 
jr*x«-  94  n. 
ß(f4&m  166 
/•£>*£«  166 

fQÜdafxvov,  j()ddi£  166 
.rd(>Ti'£  167 
tffo?  (fffffo?)  184 
xaMt-   168 
Kd/biow  21  n. 
xi/hvio  102  ff. 
xifrdQTj  352 
xlxxavog  352 
xAüw  180  ff. 
xqivü)  166 
xpjof  240 
Xaßovaacj  167 
Attoi>j>|  167 
Arerrfforw .  1 67 
Xmctyög  166 
jluxo?  167 
ficiQfjictQvyr)   167 
fitixtvw  168 
ut'fißktxat  166 
[lexttXXov  91 
fivQxov  168 
vi/£  167 

Vl'fMpT]    167 

vcü  168 

&vixij  (thessal.)  21 
i-uw  168 
oA7r»7   166 
oV«o  104 
ovvfxa  167 
oVu£  167 
oTroord?  95  n. 
oqxv'§  167 
TidXai  101 
nttQdduaog  91 
'  TldqaiGog  92 
JlaQttixKxrjVri  92 
IlttQctndfiiOog  91  f. 
TTttQuniwxat   92 
TTanuxodÖQrjg  92 
nf'Xofiai  101 
ntvofjcei  241 
n{(>xa  166 


nqXv'C  (äol.)    101 
nöaxog  95  n. 
nQtxvög  166 
nxtQvOow  167 

7It'yl»7    167 

jfcxrcif   166 
occXvyT]  167 
a«rrw  167 
aniv&dQv'£  167 
axdxvg  167 
axövv'i  167 
avyxig  91 
avvtÜQiov  90  f. 
ffj'ow  167 
Ovxvo%  167 
xa%vg  312 
TtAf^w  101 
T*7of  101 
r^f  101 
xixavog  352 
T07ZOS    167 
rpf'w  166 
ttJan)  167 
7%»/  74 
(fdpvyi;   167 
(ffrovog  241 

Lateinisch, 
abdomen  78 
Aborigines  77 
acceptor  78 
accerso  78  f. 
accidia  (mittellat.)  7! 
accipienser  78 
adeps  79 
aditus  79 
admirabilis  79 
aemidus  273 
aestus  270 
ajuga  94 
allucinari  79 
amandola  94 
Aperta  86 
apoculo  77 
Appulus  79 
aquipenser  78 
Avellanus  77 
averta  77 
blandior  168 
Boilla  61 
campagi  81 
catacumba  92 
cervus  240 
cliens  176  ff. 
cluere  179  f. 
coacla  80 
coillum  81 
eomesatio  80 


Register. 


355 


Compulteria  80 
conger  80 
conquilium  81 
Consanus  80 
corbis  270 
corrigia  80 
diagrydion  92 
diametrum  92 
dimetiens  88 
directarius  88 
disciplina  89 
electarium  81 
elogium  82 
elucus  82 
Klysii  75 
evallo  82  f. 
excetra  82 
exintero  83 
Exomatae  82 
Exquiliae  81 
lides  352 
frequens  167 
Honorius  75 
imbilicus  83 
im-buo  352 
impotus  84 
inciens  84.  177  f. 
incitega  83 
inclutus  84 
incomium  84 
Ingeniculus  84 
intubus  84 
inula  83 
Latona  86 
mmbus  168  n. 
obrussa  84 
obryzum  84 
obsonium  84 
Paracuntia  92 
pellex  84  f. 
perramus  85 
persona  85 
praesica  85 
propina  85  f. 
Proserpina  86 
recinium  89 
remulcum  89 
resina  89 

retundus  (mittellat.)  89 
sublectare  87 
suggilo  87 
suggultium  87 
supparum  87  f. 
suppellex  87 
Sustinens  88 
transgulare  88 
umbra  104 
Virgilius  75 


Altslovenisch. 
veda.  240 
zica  352 
celo  102 

Preussisch. 
glands  168 

Litauisch, 
dirva  104 
galändu  168 
pa-glöstyti  168 
triszeti  166 
vedü  240 
visas  95  n. 

Gotisch, 
andbahts  93 
asneis  176 
bimampjan  170 
greipan   174 
-nipnan   172 
hröpja  169 
hups  171 
iup  170 
paida  169 
-praggan  169 
raupjaii  174 
slepan  169 
-sliupan   173 
striks   174 
trimpan  174 
J)aurp  170 
vairpan   170 
vans  270 
vepna  170 

Altnordisch. 

bani  169 
eisa  270 
folk  171 
fylgja  67 
gleypa  171 
hönk  171 
huppr  171 
jarpr  169 
knütr  171  n. 
kny'ja  171  n. 
löpp    171 
prik.  172 
püss  172 
rjüpa  172 
ropa  172 
skrapa  172 
slakki  173 
slakr  172 
slapa  172 


sleppr  170  n. 
slok  173 
snarpr  173 
sopa  173 
starf  173 
stjarfi  173 
strjüka  174  n. 
strodinn  104 
strokkr  174 
strykr  174  n. 
styrfinn  173 
süpa  174 
upp  170 

Norwegisch. 

glupa   171 
hempa  171 
hupp  171 
prunke  172 
skrapa  172 
slapa  172 
sloka  173 
snerpa  173 
snop  173 
sopa  173 
stripa  173 
strippe  173 
strokk  174 
strump  174 
stump  174 

Schwedi  soh. 

glupa  171 
prunka  172 
skrapa   17'2 
sopa  173 
stripa   174 
stump  174 

Angelsächsisch. 

clippan  170  n. 
eorsjan  270 
esne  176 
fann   170 
folgian  67 
fulgangan  67 
gelpan   171 
gepose  172 
haca   171 
heäp  171 
hoppan   170  n. 
hype  171 
läccan  171 
limpan   171 
nipan   172 
päd   169 
päd  169 
prica  172 


356 


Register. 


prut  172 
pryte  172 
püse   172 
rimpan  172 
rocetan  172 
scräpan  172 
sleac  172 
slcopan  173 
stapan  169 
steäp  173 
stepan  173 
strika  174 
sücan  174 
süpan  174 
sväpan  173 
väps  170  n. 
vlisp  170  n. 

Englisch. 

fan  170 
gulp  171 
heap  171 
hip  171 
pose  172 
prick  172 
scrape  172 
slack  172 
strip  174 
suck  174 
sweep  173 

Altfriesisch. 

esna  176 
folgia  67 
stupa  173 

Altsächsisch. 

asna  176 
bano  169 
driopan  174 
folgon  67 
höp  171 
skäp  169 
-swipan  169 

Mittelnieder- 
deutsch, 
humpeler  171 
hupen   161 
knoke  171  n. 
knöp  171 
knucke  171  n. 
knuppe  171 
knutte   171  n. 
knüst    171   n. 
prank  172 
pricke  172 
pust  172 


rimpen  172 
schrapen  172 
slank  173 
slap  172 
snopen  173 
strip  e  173 
strump  174 
strunk  174 
stump  174 
stupe  173 

Neuniederdeutsch, 
pogge  169 
puse  172 
scbnökeren  173 

Althochdeutsch, 
asni  176 
aspa  170  n. 
bano  169 
chlenkan  352 
chnodo  170  n. 
chnujthjan  171 
crapho  170  n. 
erpf  169 
-folga  67 
folgen  67 
follegangan  67 
gilumphlih  171 
hako  171 
haspa  171 
houf  171 
hrespen   170  n. 
huf  171 
huennen  170 
knoph  171 
laffa   171 
laffan  170  n. 
lappa  171 
limphan   171  f. 
lispian  170  n. 
pfad  169 
phoso  172 
rimfan  172 
rumfunga  172 
slaff  170  n. 
slah  172 
slaph  172 
snaracha  173 
snerfan  173 
snerhan  173 
stamfön  169 
stauf  173 
strihhu  174 
stumph  174 
süfan  174 
uph  170 
uolaeren  67 


uuafsa  170  n. 
uuanna  170 

Mittelhochdeutsch. 

aspe  170  n. 

gelph  171 

gelücke  171 

gige  352 

klimpfen   170  n. 

klinke  352 

pfat  169 

pfeit  169 

phose   172 

phrengen  169 

phüchen  169 

prangen  172 

pricke  172 

schimpfe  174 

snerfen  173 

striche  174 

strife  174 

strumpf  174 

strunc  174 

stumpf  174 

sweifen,  swifen  169 

volge  67 

Neuhochdeutsch, 
auf  170 
dorf  170 
espe  170  n. 
glück  171 
haspe  171 
häufen  171 
hüpfen  170  n. 
humpen  171 
knochen  171  n. 
knoten  171  n. 
kräppel  170  n. 
lispeln  170  n. 
pfauchen  169 
protzig  172 
saufen   174 
schaf  169 
schlafen  169 
schlaff  170  n. 
schlank  173 
schniegeln  270 
schnucken  173 
schnurkeln  (bair.)  173 
stampfen  169 
sterben  173 
streichen  174 
stricken  174 
strumpf  174 
stumpf  174 
suppe  174 
volk  171 
werfen  170. 


P    Beiträge  zur  Kunde  der  indo- 
501     germanischen  Sprachen 
B4 

Bd. 5 


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