Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at|http: //books. google .com/l
Google
IJber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nu tzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books . google .coiril durchsuchen.
J^^
Beiträge
zur künde der
indogermanisehen sprachen
bcdrauBgegfliMD
Dr. Ad. Bezzenberger and Br. W. Prellwits.
Sechsandzwanzigster band.
Göttingen
VsDdsnhoeok und Rnpreobt
1901.
Inhalt.
Seite
1. Die erbreitenmg der MeniB. Von A, Fiek 1
2. Die einlegang des „Oitos** in die Menis. Von A. Fick ... 22
Zur bildang des sigmatisohen aoristes. Von O. Hoffmann ... SO
Gr. ivQvg mid hom. ivlr^qa. Von Hans BeieheU 44
Lat. ffr%möre$. Von W. Jhreüwäz 46
Die etraskiBchen familiennamen aaf -tru. Von Carl Pauli ... 48
Bemerkiingen zu etruskisohen insohriften. Von EUa Lottes . . 68
Urepmiig und gebrauch des lettischen debitivs. Von /. JBndMn . 66
Iranische namen. Von H. Brunnhof er 74
Emendationen zum Rigveda. (Fortsetzung.) Von H. Brunnhof er . 81
Worterklärung zum Rigveda. Von H Brunhhofer 101
Einige gpriechische namen. Von A, Fiek 110
Beitrage zur lateinischen grammatik. Von O. Hoffmann .... 129
Nachwort zu den emendationen zum Rigveda. Von H Brunnhofer 146
Böotische eigennamen. Von JP. Beehtel 147
6ot. bairau, konjunktiv von indogerm. hh/ro(u). Von A. Benen^
berger - . . 162
Le prime parole della grande epigrafe campano-etrusoa. Von HUa
Lottes 164
Anzeige : Über die spräche der altslovenischen Sawina Kniga. Von
W, N. SUehepkin 161
Etymologien. Von A. Beszenberger 166
Nachtrag. Von H Brunnhofer 168
Das litauische futurum. Von A. Beuenberger 169
Zu den altgriechischen Ortsnamen. Von B, Thomas 188
Etymologien. Von A. Beuenberger 187
Zur gesohichte der lateinischen vooalsynkope. Von GUuseppe Ciardi
JDupr6 . . , 188
Gr. nst^ und n^. Von H BeieheU 228
Die etymologie von Poplicola. Von A, Znnmermanu 228
Zum namen des zeigfingers in den indogermanischen sprachen.
Von M, Niedermonn 281
Gr. diaou aus *sa$s%ki5. Von W, PreUwitz 282
Die griechischen verbandnamen (ethnika). Von A. Fiek .... 288
Die lateinische Y. deklination. Von H. Beidkek 266
Zu den inschriften von Magnesia am Maiandros. Von A, Fiek . 276
Zo no. 26 der inschriften von Magnesia a. M. Von W, FreUmU 291
Die erste person im Lykischen. Von A, Torp 292
Die lateinischen perfecta rettull reppull. Von F. 8toh .... 800
Die etymologie von vis (zu volo). Von A. Zimmermann .... 804
Etymologische forschungen. Von W. Preüwitz 806
Asklepios und die heilschlange. Von A, Fiek 818
Lat umbra. Von W. PreUyntz 828
J. Yalaori, Der delphische dialect, angezeigt von W. PreUwiU . 826
Register. Von W. PreUwüz 829
1. Die erbreiterong der Menia«
An die erste bearbeitung, die „erweiterang'' der Urmenis,
deren umfang oben 24, 1 — 93 bestioimt wurde, schloss sich
später eine zweite, die in yf. Ilias schon als solche erkannt und
als „erbreiterung" bezeichnet wurde, ohne dass es dort geglückt
wäre, diese arbeit der dritten band in feste grenzen einzu-
schliessen. Zwar erkennt man leicht, dass diese zudichtung,
also die dritte schiebt der Ilias, ihren hauptsitz in den büchem
iV bis P hat, yon denen iV S und P, einige ganz junge zusätze
abgerechnet, ausschliesslich yom „erbreiterer^^ herrühren, auch
lässt sich dessen arbeit mit leichter mühe yon der einlage des
Oitos in B bis & und j± 11 absondern, doch wird sie immer
etwas yerschwommene umrisse behalten, wenn nicht ein neues
mittel zur herstellung einer festeren umgränzung aufgefanden
wird. Dieses neue mittel glaube ich in dem principe der yers-
abzählung nachweisen zu können.
Oben 24, 1 — 93 wurde gezeigt, dass die „erweiterung** der
Menis auf einer yerdoppelung der yerszahlen der Urmenis und
ihrer hauptglieder beruht. Die Urmenis bestand, wie oben
21, 1 — 81 nachgewiesen, aus yier hauptstücken zu 517. 451.
451. 517 yersen, alles beruhend auf den grundzahleu 11 und
11 mal 11. Der erweiterer gestaltete seine bearbeitung in der
weise, dass er mit festbaltung der yierzahl yier grössere ab-
schnitte schuf, die wir „bücher'' nennen wollen, denen er den
doppelten umfang der yier hauptabschnitte der Menis gab, also
yier „bücher'* yon 1034. 902. 902 und 1034 yersen. Mit fest-
haltung der yerszahlen in den yier hauptatücken der Urmenis
zerfallte er jedes seiuer yier bücher in zwei gleiche hälften
„gesänge'S die nacheinander 517 öl7, 451 451, 451 451, 517
517 stark waren, so dass die erweiterte Menis jetzt 2 x
1936, das doppelte der yerszahl der Urmenis enthielt, wie das
alles oben a. a. o. dargethan ist
BciMge s. knndo d. iadg. ipnoheii. XXyi. 1
2 A. Fick
Es fragt sich nun, ob nicht etwa der „erbreiterer^^ in der
gleichen weise den umfang seiner bearbeitung regelrecht ge-
mehrt habe, um so mehr, als die Verdopplung der verszahl
auch sonst bei jungem bearbeitem älterer epischer texte eine
rolle spielt.
Wenn der „erbreiterer'* seine nächste vorläge, die „erwei-
terung'* für den zahlenaufbau seiner arbeit ebenso zu gründe
gelegt hat, wie sein Vorgänger die Urmenis, so müsste sein werk
mit festhaltung der vierzahl der theile in vier grössere ab-
schnitte zu 2068 1804 1804 2068, mit festhaltung der acht-
zahl der gesänge der vorläge in acht „bücher'' von 1034 1034,
902 902, 902 902, 1034 1034, endlich mit festhaltung der vers-
zahl in den acht gesängen der erweiterung in sechszehn „ge-
sänge" zu 517 517, 517 517; 451 451, 451 451; 451 451;
451 451; 517 517; 517 517 zerfällt oder doch zerfällbar ge-
wesen sein; die „erbreiterung" im ganzen muss das doppelte
des umfangs der „erweiterung" 2 x 3872 =• 7744 verse be-
tragen haben.
Bei dem anfänglich sehr zaghaft unternommenen versuche,
eine so kühne vermuthung an dem thatsächlich gegebenen,
dem umfange der dem „erbreiterer" einigermassen sicher zuzu-
weisenden partien zu prüfen, ergab sich eine so grosse, im
fortgange der arbeit immer wachsende leichtigkeit, das über-
lieferte in den soeben beschriebenen rahmen einzuspannen, dass
ich die hypothese als erwiesen ansehen muss. In fällen dieser
art fällt das mögliche mit dem wirklichen zusammen: ist es
möglich — und das wird die folgende darlegung zeigen — die
ganze masse der „erbreiterung" d. h. alles dessen, was sich
aus äusseren und inneren gründen als werk einer dritten band
ergiebt, in ein so ausgebildetes und nach analogie vermuthetes
rahmenwerk einzuschliessen, so muss dieser stoff auch in dieses
ursprünglich eingeschlossen gewesen sein, und es ist damit die
feste abgrenzung des bestandes der zweiten bearbeitung, der
„erbreiterung" der Menis endgültig gefunden. Ich habe daher
im nachstehenden die umständliche hypothetische form des
ausdrucks als überflüssig aufgegeben und behandle die sich als
möglich erweisende einrahmung des in betracht kommenden
Stoffes in acht „bücher" und sechszehn „gesänge" von dem an-
gegebenen umfange als etwas einst wirklich gewesenes.
Die erbreiterung der Menis.
Erstes buch « 1034 y.
1.
Der erste gesang der erbreiterten Menis reicht bis zum
Schlüsse von ^ der jetzigen Ilias. Der geforderte umfang von
517 versen ergiebt sich, wenn man von den 611 versen in A
94 streicht: zwei grössere partien, die ganz offenbar einer
jüngsten bearbeitung angehören und einige wenigstens durchaus
entbehrliche vereinzelte verse. Dass die müssige vdederholung
366—392, die durch v. 365 geradezu verboten war, ein ganz
später einschub ist, bedarf keines beweises ; ebenso ist die ganze
Cbryseisepisode 430—487 durchaus müssig und sprachlich ein
cento, meist aus versen der Telemachie zusammengeflickt.
Weiterhin ist v. 63 schon von Zenodot ausgemerzt, da von
officiellen traumdeutern in der Ilias sonst keine rede ist; v. 177
stammt aus £ 890, bei 277 — 9 mit dem Sprachfehler Ilfjlieidri
^il^ (für e^eÜ) schwebte die Thersitesscene, insbesondere B
247 vor, höchst unpassend, da Achill doch könig wie Aga-
memnon war. V. 297 ist häufiger standvers, v. 489 mit dem
unepischen nfjkiog (vlog) oder (nrjktpg) vog ist durch den vor-
hergehenden einschub der Cbryseisepisode veranlasst, 552 stammt
aus J 25, endlich in 567 befremdet u. a. das persönliche object
bei xQataiiuvy das sonst nur mit ole^Qor verbunden ist.
Von den 517 versen, die nach abzug der bezeichneten 94
verse für den ersten gesang der erbreiterten Menis übrig bleiben,
gehören 473 — 43 x 11 der alten Menis an, nur 44 sind
demnach vom erbreiterer zugesetzt, und zwar entfallen davon
22 auf den ersten abschnitt „wie die könige sich schalten^^ und
ebensoviele auf den zweiten „von Thetis bitte/^
Betrachten wir zunächst die 22 ersten verse. 140 — 147
lassen sich sehr wohl vom erbreiterer zugesetzt denken. Sie
sind ja an sich eigentlich überflüssig, doch wird ihr zweck
deutlich, wenn man die erwähnung des Idomeneus beachtet.
Dieser liebling des erbreiterers , den die alte Menis und die
erweiterung nicht kennen, musste schon vor iV, wo er glänzend
eingeführt wird, irgendwo, am besten gleich im anfange, unter
den fürsten und haupthelden der Achäer genannt werden. Für
den erbreiterer spricht auch die bezeichnung Apolls als ^Em^og^
4 A. Fick
die den älteren partien fremd, zuerst bei ihm, in der Agenor-
episode 0 und X, vorkommt. 178 verrätb sieb die jüngere
band durcb die form xaQve^g, wäbrend in Menis und erbrei-
terung nur Y^ataqog üblicb ist. 195 — 6 vorweggenommen aus
208 — 9 sind eben eine „erbreiterung'S sie dienen nur dazu, die
ersten 11 verse voll zu macben.
In 262 — 272 ist eine volle elfzeilige stropbe zugesetzt. Die
verse erwäbnen Nestors theilnabme an dem kämpfe der Ken-
tauren und Lapitben: in der erbreiterung der Teicbomachie in
M webren die beiden Lapitben Polypoites und Leonteus den
ansturm auf die mauer ab. Der diebter bat übrigens aus der-
selben quelle wie der Verfasser der Aspis gescböpft; in 265 bat
Tbeseus einen anderen namen verdrängt: vielleicbt stand bier,
wie im scbild des Heraklos 181 Moipov % ^ Aiinviuldriv TiTaQtj-
GLOv otpv "Agirjog, Für den erbreiterer als vf. von 262 —272
spricbt aueb, bei sonstiger spracbreinbeit ndQviatoi^ YjaQ%La%OLö\
Vielleicht liegt wie bei der Aspis die Kentauromachie des Mele-
sandros von Kolopbon zum gründe. Da Kolopbon von Pylos
aus gegründet ist, so würde sieb in der dicbtung eines Kolo-
pboniers die betbeiligung des Pyliers Nestor am Kentauren-
kampfe sebr wobl erklären.
Aucb in Tbetis bitte lassen sieb 22 verse dem erbreiterer
zuweisen.
Nacb 400 waren es Hera, Poseidon und Atbena, (naeb
Zenodot ApoUon) die den Zeus binden wollten: die ersten beiden
als Zeus gegner zu nennen, lag dem dichter von N und B
jedenfalls sebr nahe. 404 soll den Aigaion mit den hundert -
bändern Hesiods in Verbindung setzen: kannte der diebter
schon die besiodiscbe Tbeogonie?
Die form Bgiagitav macht freilich Schwierigkeit : sie scheint
milesiscb für BgtaQevgy wie milesiscb Ugeiog, Neilefog für te-
Q€vg, Nrjkevg, Vielleicht ist bier Zenodots lesung zu berück-
sichtigen. — 421 — 7 und 488 — 496, letztere mit ausscheidung
von 489 s. o., setzen einen 12tägigen Zwischenraum zwischen
den bader und Tbetis bitte. Als Verzeichnung diente hierbei
V 206 und fl 30 — . -^ 493. Die längere Zwischenzeit wird
aucb sonst in der erbreiterung vorausgesetzt, so durcb T/juorrt
Titk O 76 und in der rede Achills an seine Myrmidonen /7200f.
insbesondre 207. — Die verse 525—7 stimmen in ihrem inhalte
sebr wobl zu der verliebe unseres dichters für leeren pomp und
Die erbreiterung der Menis. 5
prunk; der gebrauch des verbs televraa} — das ältere epos
kennt nur Televrri — wie das substantivische ifiov weisen auf
jüngere abfassung. — 534 — 5 sind blosse zur fiillung dienende
erbreiterung von 533 d'eoi d* ofjua Ttaweg aviatav.
Der schöne pyramidale aufbau des ersten abschnitts „des
helden hader*' ist durch die einlagen des erbreiteres etwas ge-
stört, die haderscene enthält jetzt 27 x 11, Thetis bitte 20
X 11, der ganze gesang 47 x 11 — 517 verse.
2.
Der zweite gesang der erbreiterung nimmt den räum von
B 1 bis ^ 595 ein. Der bestand der „erweiterung'^ beträgt
hier 39 X 11 ss 429, dieser ist von der dritten band um 88
verse vermehrt. Der ältere vers JB 446 + 478 ^vov xqIvov--
reg, ^erä 6i yLQ€i(ov ^AyafiifAvuv ist gespalten, um hinter fiera
de 31 neue verse aufzunehmen, die dann mit %QHiav läyaiiifi"
vojv 478 auf den punkt, von dem die einlage ausgewichen war,
zurückfallen. Die Schilderung von Athenes Aegis mit ihren
hundert quasten, deren jeder hundert rinder werth, stimmt ganz
zu der lust des erbreiterers an pomp und prunk, zu beachten
ist auch der gebrauch von a^iva%oq 447 iiir leblose dinge. —
453—4 würden dem erbreiterer abzusprechen sein, wenn sie
sich nothwendig auf die Volksversammlung des Oitos in JB be-
zögen, aber dem dichter konnte 3 64, dichtung der dritten
band vorschweben, die den Verfasser des Oitos wohl erst auf
die kühne idee der neXqa Agamemnons in B gefuhrt hat —
Die schwane auf der asischen wiese am Eaystros weisen auf
die heimath des dichters hin, die uns später beschäftigen wird.
— Das bukolische gleichnis von den fliegensch^ärmen im kuh-
stadel 469 f., findet sich ganz ähnlich wieder 11 641 f. in einem
einschub, der ganz sicher vom erbreiterer herrührt.
Die verse 478 — 9, die sich unmittelbar an die oben be-
sprochene einlage anschliessen und mit dieser 33 verse aus-
machen, deuten auf eine etwas sonderbare göttermischung, in
dem Agamemnon zugleich mit Zeus, Poseidon und Ares ver-
glichen wird. Wenn der dichter aus der alten Asia stammte,
so können ihm karische kulte vorgeschwebt haben, die den Zeus
als Osogos, griechisch Zenoposeidon und als Zeus Arcios ver-
ehrten*
6 A. Fick
Der zweite zusatz des erbreiterers A 92 — 149 ist in den
vers der alten Menis ftguitog ogova \ Sfia d' akloi kimvrjfudeg
^AxaioL 92/146 künstlich eingeschaltet. Er besteht aus 55
versen, wenn man mit Apollonios den häufigen vers 98 streicht
und 97 iy%iq>aX6vdB liest: „ort ^AnoXXtavvog' noul eyxecpaJiovdey
xat %6v k^^g ä^ereV^ Aristonicus bei Laroche. Auch v. 133,
der aus Z 48 eingedrungen sein mag, aber auch ^ 324 und
g) 10 vorkommt, wird man als ganz überflüssig gerne missen.
Die einlage schildert die thaten Agamemnons: zuerst erlegt er
den Bianor und Oileus, der in seinem namen an das Ttediov
Fikrjiov in der Agenorepisode unseres dichters erinnert. Dann
kommen Isos und Antiochos, zwei söhne Priamos, der eine
vo&oQf der andere yvtjaiog^ an die reihe. Der name Isos für
den vod'og erklärt sich durch hinblick auf ^ 203 in der Tisis,
wo Odysseus als angeblicher vo&og des Kreters Kastor sagt:
dlhi fis laov i&aiyevieaaiv hifia KdatWQ xrl, vgl. auch £ 71
laa q>iXoiat tixeaat — ¥rQ€<pe Theano den vo&og ihres gatten.
v. 122 f. erlegt Agamemnon den Peisandros und Hippolochos,
zwei söhne des Antimachos, der von Paris bestochen die Troer
zu bestimmen versucht hatte, Menelaos und Odysseus, da sie
als gesandte in Troja waren, zu tödten. In M 188 — 9, arbeit
des erbreiterers, wird ein söhn des Antimachos namens Hippo-
machos getödtet. Die namen Hippomachos zu Antimachos
und Hippolochos zu Hippomachos hat offenbar derselbe mann
gedichtet; nur die figur des Antimachos mag einer älteren
quelle entnommen sein: auf die gesandtschaft des Menelaos
und Odysseus nimmt auch die mauerschau des Oitos in F
bezug.
Zweites buch 1034 v.
3.
Der dritte gesang und damit das zweite buch der erbrei-
terung beginnt mit dem das erste buch und den zweiten gesang
abschliessenden verse A 596 cSg o'i fiiv fiagvarro xtX. und
reicht bis M 264. Der erste abschnitt von A 596 bis 848,
zu dem Schlüsse von A enthält 23 x 11 =s 253 verse, wenn
man nach 660 den vers hinzufügt, der 827 auf den gleichen
Die erbreiteruDg der Monis. 7
vers folgt. Vom erbreiterer rühren zunächst die beiden vers*
paare 636 — 7 und 653 — 4 her, die freilich nicht zur Verschö-
nerung des alten textes dienen, beide enthalten Übertreibungen,
wie sie unser dichter liebt, 653 auch ein sprachlich bedenklich
ixeivog statt des epischen y^eivog. Eine grössere einlage der
dritten band bildet die erzählung Nestors von den kriegen seiner
Jugend 664 — 761, eingeschaltet in den älteren vers 664/761, so
dass kein wort der vorläge verändert wurde. Die etwas breite
erzählung passt zu der späteren auffassung von Nestor als der
„guten alten chronik'^, auch in ui 262 f. prunkt der alte mit
seinen kämpfen von anno dazumal. Die Epeier, mit denen
Nestor gefochten, sind vom erbreiterer in N und O vor Troja
eingeführt, Herakles, der nach 690 die Pylier schwer geschä-
digt, kommt auch sonst, in B 250 f. O 640, in der erbreiterung
vor, in der älteren Ilias wird er nicht genannt. Nach 750
werden die epeischen '^Ktogiwve Moklove von Poseidon vor
Nestor gerettet: offenbar ist der gott als ihr vater gedacht,
was in iV 185 f. ganz deutlich ausgesprochen ist: dort erlegt
Hektor den Amphimachos, einen söhn des Aktorionen Kteatos
und Poseidon grollt 207 vl(avöio ftaaovvog. So ergeben sich
auch in dieser einlage bezüge zu der sonstigen arbeit der er-
breitemden band.
Nicht so deutlich verräth sich die gleiche band in 769 —
785, wo das Mevoitiog — iTthsXXa der vorläge nicht ohne
anmut weiter ausgeführt wird. In 785 fällt der einleger mit
inmXle Mevoitiog auf den ausgangspunkt zurück.
Weist man nun dem erbreiterer noch v. 791 oder 793 zu,
so rühren in dem ersten abschnitte des dritten gesanges 11x11
»121 verse von ihm her, die mit den 12 x 11 = 132 versen
der vorläge den ganzen abschnitt auf 23 x 11 — 253 verse
bringen.
Der zweite abschnitt des dritten gesangs reicht von dem
ersten verse in M : ^^Qg 6 fiiv h xhalrjiaL %vl. bis M 264 und
enthält, ohne dass ein vers der Überlieferung zu streichen wäre
264 = 24 X 11 verse; davon gehören 121 = 11 x 11 dem
älteren bestände an, es sind also von dem erbreiterer 13 x 11
= 143 verse hinzugefügt.
Die gross te einlage umfasst 86 — 198. Der inhalt dieses
Stückes stimmt sehr wohl mit anderen partien, die auf den-
selben Verfasser weisen. Die anordnung der Troer in 5 häufen
8 A. Fick
mit nennung der führer kehrt in der erbreiterung von TT beim
ausrücken der Myrmidonen wieder, und die neu eingeführten
befehlshaber der fünf troischen sturmkolonnen in M kommen
alle auch sonst beim erbreiterer vor: Alkathoos in £, Agenor
und Asteropaios in den ihnen gewidmeten episoden in 0, He-
lenes in den kämpfen von iV, Asios, der wagen und pferde in
M nicht aufgeben will, wird in N von Idomeneus vor seinem
gespann erschlagen; ebenso spielt Aineias auch in N, S und P
eine rolle, Akamas kämpft in £*, wird in JT von Meriones, Ar-
chelochos wird S 464 von Aias erschlagen. Die Lapithen, deren
fürsten Leonteus und Polypoites M 127 f. die thore der mauer
vertheidigen, nannte unser dichter schon in der einlage ^ 262 f.;
Leonteus erschlägt 188 den Hippomachos, einen söhn des Troers
Antimachos; zwei andere söhne desselben mannes lernten wir
schon ^ 122 f. kennen.
Wenig geglückt sind die verse 211-— 215, wodurch Poly-
damas einer empfindlichkeit ausdruck giebt, für die man keinen
vorgängigen grund sieht; dem erbreiterer schwebte wohl J^249f.
vor, indem er nicht bedachte, dass diese scene sich erst später
abgespielt hat. Auch die grobe erwiderung Hektors 232 — 5
erklärt sich nur als reminiszenz von 2 284 f. , endlich die den
gesang abschliessenden 256 -264 sollen wohl nur die verszahl
47 X 11 =r 517 vollmachen.
4.
Der vierte gesang reicht von M 265 bis N 360. Er zer-
fällt in drei grössere abschnitte : in M 265 bis N 7 wird in
15 X 11 versen die erstürmung der mauer geschildert. Der
schluss dieser partie und der anfang der nächsten fällt im
wesentlichen mit dem ende von M und dem anfange von JV
der jetzigen eintheilung zusammen. Der zweite abschnitt „wie
Poseidon den Achäern zu hilfe kam" enthält 18 X 11 =- 198
verse; er beginnt mit JV 11 ovd dkaog anonirjv elx^ xgelcjv
^voaix&ijv und schliesst mit dem tode von Poseidons enkel
Amphimachos, der den zorn des gottes noch heftiger entflammt
N 207. Das letzte stück, 14 x 11 = 154 verse stark, N
208—360 lässt sich „Poseidon und die Kreter" betiteln: der
dichter versucht hier die unbezwingliche mannhaftigkeit seiner
Ueblin^shelcjen Idpmeneus upd Meriopes sich aussprechen ^u
Die erbreitenmg der Menis. 9
lassen, dabei kommt freilich auch die kretische neigung zur
Prahlerei — ob vom dichter beabsichtigt? — zum Vorschein.
In dem ersten abschnitte M 265 — N 7 ist nur eine
grössere partie auszuscheiden: die 44 verse 331 — 374, worin
Aias und Teukros dem Athener Menestheus auf sein ersuchen
zum beistände herbeieilen. Das stück rührt von der jüngsten,
attischen redaktion der Dias her und zeigt dementsprechend
schwere Verstösse gegen die altepische spräche: 333 evtiv YdoirOj
337 ßiiaavti^ 339 tQvq>aXei(jSv^ 340 ytal TtvXitoVy 341 neiQiovto
(347 ^ctXQfieig?) Auch 367 6tqvv€tov lg>i wird man bei dieser
Sachlage nicht ändern wollen. Übrigens ist auch die Vor-
stellung von der vertheilung der „thürme** nvQyov der mauer
an einzelne führer nur dieser stelle eigen.
Die überflüssigen verse 283 — 4 werden durch die Sprach-
fehler Xünevvza und dxrälg als jüngster zusatz erwiesen, 288
ist ganz leer, nicht minder 438 und 450.
Von den 165 versen, die nach dieser Säuberung für den
ersten abschnitt des vierten gesangs der erbreiterten Menis
übrig bleiben, stammen nur 88 verse von der band des erwei-
terers her, so dass also 77 vom erbreiterer zugesetzt sind.
Diese neuen zusätze hängen sehr wohl unter sich und mit an-
deren stücken der erbreiterung zusammen: sie dienen der Ver-
herrlichung der beiden Aias und des Teukros, den unser dichter
erst eingeführt hat; auf Glaukos Verwundung durch Teukros
pfeilschuss wird in 77 rücksicht genommen und die letzten
verse N 1 — 7 dienen der Überleitung zum eingreifen Poseidons,
also der einfübrung eines motivs, das ganz und gar eigenthum
des erbreitemden dichters ist.
In oder vielmehr vor der zweiten partie dieses gesangs
sind nur die beiden überflüssig motivirenden verse N 8 und
9 auszuscheiden, dann besteht der überlieferte umfang genau
aus 18 X 11 « 198 versen, die sämmtlich von unserem
dichter herrühren.
Im letzten, dritten abschnitt ist bloss hinter 274 die an-
rede 249 zu wiederholen, dann erhält man die zahl von 14 x
11 "-* 154 versen, die erfordert wird, um den umfang des
vierten gesangs auf 517 ^nd damit dep des zweiten buchs auf
1034 verse zu bringen.
10 A. Fick
Drittes buch 902 v.
5.
Der fünfte gesaog und damit das dritte buch beginnt mit
N 361 "Evd'a fteaaiTioliog usq iwv xril., wodurch die Aristeia des
Idomeneus eingeleitet wird. Ganz ähnlich und vermuthlich
nach diesem vorbilde fangt der fünfte gesang in der durch die
einlegung des Oitos vermehrten fassung und damit die JiofAT^"
dovg dQiotBia £ 1 an: ^'Evd^ av Tvdeidiji. JiOfArjdü %%X. Der
gesang reicht bis N 834, fällt also mit dem Schlüsse von N
zusammen, der jetzt mit unwesentlicher abweichung drei verse
später (838) gelegt ist, die eben so gut den anfang von 3 bilden
könnten.
Der erste abschnitt des dreigliedrigen gesangs, Idomeneus
vorkampf enthaltend, schliesst mit 525, besteht also aus 15 x
11 = 165 versen. Die hier auftretenden beiden kommen zum
grossen theil auch sonst beim erweiterer vor: Asios, Hyrtakos
söhn, der 384 von Idomeneus erlegt wird, fuhrt beim stürme
auf die mauer einen der fünf gewalthaufen der Troer, er fällt
385 vor seinem gespann, das er in M nicht aufgeben wollte.
Deiphobos, der 402 f. den Asios zu rächen unternimmt, theilt
in M mit ihm und Helenes den befehl über die dritte sturm-
kolonne. Ebenso sind die Troer Alkathoos, Aineias, Agenor
und Oinomaos schon in M eingeführt. Der N 422 genannte
Mekisteus wird O 339 erschlagen , Deipyros der N 478 vor-
kommt, erscheint schon JV 92, und über den tod des Ares-
sohnes Askalaphos, mit dem die Aristie der Kreter abschliesst,
erhebt sich O 110 f. ein stürm im Olymp.
Der zweite abschnitt N 526 — 693 enthält allerlei kampf-
scenen, bei denen besonders Meriones, ein liebling des erbrei-
terers betheiligt ist. Die Wiederkehr der gleichen namen be-
weist die abfassung durch denselben dichter: die Troer Thoon,
Adamas der Asiade, Oinomaos, Helenes und Agenor werden
auch beim stürm auf die mauer in M genannt, der Priamide
Polites kommt auch in O vor. Ebenso kennen wir den Mene-
stheus schon aus JV 195 und begegnen ihm wieder in O, wie
auch dem Stichios, Meges und Medon. An umfang ist diese
partie genau der ersten gleich: sie enthält wie diese 15 X 11
Die erbreiternng der Menis. 11
= 165 verse, sobald man einige wenige jedenfalls überflüssige
Zeilen als einschiebsei ausmerzt. Zunächst die übelberüchtigten
658 — 9, wo Pylaimenes trauernd der leiche seines sohnes folgt,
während doch in E sein tod von Menelaos band berichtet wird.
Daraus folgt doch fast mit gewissheit, dass der einleger des
Oitos die fraglichen verse nicht gelesen hat, und somit brauchen
wir sie auch nicht zu lesen, umsomehr als nichts an ihnen ver-
loren ist und noivi^ 659 in einem etwas absonderlichen sinne
gebraucht wird vgl. Hentze-Ameis zu d. St. — Der ab-
schliessende Standvers log ot fiiv ftaQvavro xrX. ist 673 wenig
passend, weil hier ein grösserer einschnitt nicht vorliegt: es soll
überflüssiger weise dadurch markirt werden, dass Hektor, von
dem in den vorhergehenden kämpfen nicht die rede war, in
der nächsten schlachtscene wieder thäiig eingreift. — Endlich
sind noch 7 verse am Schlüsse des ganzen abschnitts zu streichen
693 — 760, weil sie absolut nichts neues bieten. 694 — 7 sind
aus O 333 — 6 einfach wiederholt, auch auf die personalien des
Podarkes in 698 »- B 70ö (schiffskatalog) wird man gern ver-
zichten, weil dieser mann ausserdem in der Ilias gar nicht
vorkommt, endlich 699 — 700 wiederholen den sinn von 693.
Das letzte drittel des fünften gesangs schildert die erneue-
rung des kampfes durch Aias und Hektor. Hier gilt es nur
den allgemein verurtheilten v. 731 und den ebenso unpassen-
den, aus M Hl hierher gerathenen 749 — vgl. Hentze zu d. st. —
zu tilgen ; nach ausscheidung dieser beiden eindringlinge enthält
der abschnitt 12 x 11 » 132 verse. Der Zusammenhang mit
der sonstigen arbeit des erbreiterers erhellt besonders 770 f.,
wo auf Hektors frage von Paris über den verbleib der von
unserem dichter eingeführten, in den vorigen kämpfen verwun-
deten und gefallenen beiden Deiphobos, Helenes, Adamas, Asios
and Othryoneus auskunfb ertheilt wird. Von dem neuen nach-
schub troischer mannen und bundesgenossen werden zwei in S
umgebracht: Phalkes wird S 513 von Antilochos, Morys S 514
von Meriones erlegt.
Die gesammtzahl der verse des fünften buches beträgt
42 X 11 « 462 verse ; die starre regel, die wir oben als mass-
gebend voraussetzten, würde 41 x 11 = 451 verlangen: ein
Widerspruch zwischen theorie und praxis, der hier vorläufig ala
solcher anerkannt wordeu muss,
12 A. Fick
6.
Die nächstfolgende partie N 835 bis S 439 lässt sich ohne
alle mühe zu einem sechsten gesange zusammenschliessen , der
dann in drei deutlich gesonderte theile zerfallt.
N 835 bis £ 152 hält Nestor rath mit den verwundeten
fürsten: der dichter versucht hier in einer art seelengemälde
die verschiedene Stimmung der beiden zu schildern. Agamem-
nons schuld bewusste Verzagtheit wird vom staatsklugen Odysseus
gestraft und tritt in scharfen gegensatz zu Diomedes freudigem
kampfesmuth; auf sein anrathen begeben sich die fürsten in die
Schlacht, und so sehen wir sie denn 380 die Schlacht ordnen
und Nestor 0 370 vater Zeus um rettung anflehen. Der ab-
schnitt enthält 14 x 11 => 154 verse, sobald man nur einen
vers tilgt, sei es v. 70, oder vielleicht noch besser 65 = P 173,
der schon von den alten beanstandet ist.
S 153 bis 351 wird vom erbreiterer das zweite haupt-
motiv seiner zudichtung,- Zeus bethörung durch Hera, eingeführt.
Der abschnitt enthält 18 X 11 = 198 verse, man braucht nur
269 zu streichen, der in den besten handschiiften fehlt und un-
passender weise aus 276 wiederholt ist. .
Auf die künde von Zeus bethörung erhält Poseidon freie
band, offen für die Achäer einzutreten: die Troer werden zu-
rückgedrängt und, worauf alles ankommt, Hektor ausser kämpf
gesetzt. Die 8 X 11 = 88 verse dieses inhalts, 352 bis 439
sind von jeder interpolation frei.
Die 440 verse des sechsten buches ergeben mit den 462
des fünften, wofür nach dem obigen Schema 451 und 451 zu
erwarten waren, für das dritte buch die erforderte summe von
902 versen.
Viertes buch 902 v.
7.
Die verse von S 440 bis 0 404 lassen sich leicht zu einem
siebenten gesange der erbreiterten Menis gestalten. Von der
ganzen masse gehören nur O 390 — 404 der erweiterung an,
alles andere, wohl in sich und mit dem vorhergehenden und
nachfolgenden zusammenhängend, rührt von ups^repi nach-
(lichter her,
Die erbreiterung der Menis. 13
Das ganze zerfallt in drei abschnitte: den angelpunkt des
ersten, der von S 440 bis O 77 reicht, bildet Zeus erwachen
0 4 in dem kritischen momente, den die vorhergehenden verse
schildern. Der umfang des Stückes beträgt 13 X H == 143
verse, sobald man einige verdächtige verse streicht: O 11 wird
uns Hektor blut speiend alfi if^ewv (/efiiwl) vorgeführt, aber nach
S 437 x€laiveq)ig alfi^ ißifieaae (so ist statt alfi dfti^eaae zu
lesen) war das mit einem male abgemacht, im übrigen war er
bloss ohnmächtig. — Die „bestrafung Heras*' 0 18 — 32 ist schon
von Zeuodot mit richtigem takte gestrichen: Zfjpodorog ovdi
olutg v^v xolaaiv trjg^'HQag yQdq>€i Schol. A, sie ist auch mit
mehreren sprachlichen Verstössen belastet. Jedenfalls genügt
die drohung mit schlagen in v. 17.
In O 78 bis 217 wird gezeigt, wie Zeus, um den kämpf
nach seinem willen wieder herzustellen, Poseidon nöthigt, die
Schlacht zu verlassen. Der abschnitt enthält 12 x 11 = 132
verse; zu streichen sind nur 166—7 yidd'evovvrai. asterisci,
OQ^wg 182 — ^3" Laroche und die schlussverse 212 — 7 mit ihrer
lahmen drohung, der erwähnung von ELermes und Hephaistos
unter den feinden der Troer, offenbar mit rücksicht auf die
ganz junge einlage des götterkampfes in Y, und mit dem
Sprachfehler ^Egfietw für ^Egf^elao,
In dem letzten drittel des gesangs, O 218 — 404 wird Hektor
von ApoUon geheilt und stellt mit des gottes hülfe, beides auf
Zeus geheiss, die schlacht wieder zu gunsten der Troer her.
Es braucht in diesem abschnitte kein einziger vers gestrichen
zu werden: die 187 = 17 x 11 überlieferten verse ergeben
mit den 13 + 12 x 11 — 25 X 11 versen der beiden ersten
abschnitte 42 x 11 » 462 verse, also genau den gleichen
umfang des fünften buchs, wodurch die abnormität dieser zahl
schon zu schwinden beginnt; später wird sich die abweichung
noch mehr als beabsichtigt herausstellen.
8.
O 599 bezeichnet Zeus den brand eines der achäischen
schiffe als das nächste ziel der von ihm geleiteten schlacht, der
dann zugleich zum Wendepunkt des ganzen kampfes der beiden
Völker werden solle. Sonach dürfen wir den schiffsbrand in
n 123 als endpunkt des nächsten, achten gesangs der erbrei-
terung ansehen.
14 A. Fiok
Der 80 gewonnene umfang desselben O 405 bis il 123
enthält aus der Urmenis und der ersten, erweiternden bear-
beitung nur die yerse O 40ö bis 418, 592 — 5 und die ganze
partie JT 1 bis 123. Alles übrige stammt von der dritten band,
unserem erbreiterer: er ist es also, den die xenie unserer Dios-
kuren rufen lässt „ich, ich sang den kämpf bei den schififen'^
denn dieser bildet den Inhalt des ganzen gesangs ausser Pa-
troklos bitte in iT. Der umfang beträgt 440 verse, wobei nur
weniges auszuscheiden ist 614 ist Athene unpassend als subject
von entoTQvve 613 eingeschoben: gemeint ist ursprünglich Zeus,
wie in 610 — 613, die zu tilgen kein grund ist; ferner streiche
man 12 21 die überflüssige anrede (TlriXiog vli) und y. 60 — 79,
die schon in vf liias hingerichtet sind. Die sich so ergebenden
40 X 11 = 440 verse, die gleiche zahl wie im sechsten ge-
sang, sind bei 110 (O 514) 154 (O 558) 187 (O 591) 253
(0 658) 297 (O 702) 341 (0 746 ende von O) 385 (H 45),
418 (TL 100) und 429 (H 111), also nach 10, 14, 17, 23, 27,
31, 35, 38 und 39 x 11 stärker eingeschnitten: die elfzahl
tritt also noch deutlich als Strophen bildend hervor.
Die 440 des achten gesangs geben mit den 462 des sie-
benten zusammen für das vierte buch der erbreiterten Menis
den geforderten umfang von 902 versen. Ebenso setzte sich,
wie wir oben sahen, für das dritte buch die zahl 902 aus den-
selben verszahlen des fünften und sechsten gesangs, nämlich
462 und 440 zusammen.
Fünftes buch 902 v.
9.
Mit dem ersten gesange des fünften buches, also dem
neunten bei Zählung der gesänge, beginnt die zweite hälfte des
ganzen in der fassung des erbreiterers, wenn dieser wirklich
den umfang der ersten bearbeitung, der erweiterung, verdoppelt
hat. Nicht ungeschickt ist der schiffsbrand genau in die mitte
der ganzen dichtung gestellt, wird doch auch sonst auf ihn als
den Wendepunkt des kampfes hingewiesen. Bei der bedeutung,
die Zeus der hingäbe seines sohnes Sarpedon beilegt, kann es
nicht befremden, wenn die einleitung zu dem kämpfe um den
leichnam des beiden als endpunkt eines gesangs, des neunten
Die erbreiteniDg der Menis. 15
der erbreiteruDg benatzt wird, der demnach mit il 568 ab-
schliessen würde. In dem räume IT 124 bis 568 rühren von
der dritten band 234 verse her, die meistens kennzeichen dieses
Ursprungs zeigen. 168 — 211 werden uns die Myrmidonen vor-
geführt, getheilt in fünf heerhaufen, deren führer genannt
werden, genau wie unser dichter in M fünf sturmkolonnen der
Troer gegen die mauer der Achäer anrücken lässt. Einen der
80 eingeführten häuptlinge der Myrmidonen, den alten Phönixp
verwendet derselbe noch weiter P 555. Die anspräche Achills
an seine mannen nimmt deutlich bezug auf den vom erbreiterer
eingeführten mehrtägigen Zeitraum zwischen dem hader der
beiden und Thetis bitte, und der rede Achills entspricht die
des Patroklos 268 f. , das vorhergehende gleichnis von den
wespen ist jedenfalls im geschmacke unseres dichters.
An den „mordgeschichten'* 297 — 376 sind meistens die
beiden betheiligt, die erst von der dritten band eingeführt sind:
Meges, der Nestoride Thrasymedes (auch P 705) der Böoter
Peneleos (auch in iV, S und P) Idomeneus und Meriones. Die
beiden gleichnisse, womit die mordscenen eingeleitet werden und
abschliessen, sind wenig glücklich gewählt, verrathen aber jeden-
falls den gleichen geschmack. Noch weniger geglückt ist die
vergleichung der wiehernd rennenden pferde der Troer mit den
zur herbstzeit rauschend fliessenden strömen 384 — 393.
In dem einschub 399 — 118 werden einige von Patroklos
getödtete Lykier namhaft gemacht in ausfuhrung der worte
c^ Yd* dfXLtqoxitwvag kzaiQOvg xtL in der älteren fassung.
Die verse 431 — 457 sind ganz im geschmacke des erbrei-
terers, der es auch sonst liebt, die nächstfolgenden Vorgänge
umständlich vorher zu verkündigen, ohne zu bemerken, wie
sehr er dadurch das interesse an seiner erzählung beeinträch-
tigt In dem hinweis der Hera auf die söhne anderer götter
in beiden beeren liegt auch wohl eine hindeutung auf den söhn
des Ares, Askalapbos, von dem in E und 0 die rede war. Die
einlage ist ganz geschickt in den vers der älteren fassung: vov
di iäiüv slirjae \ nat^Q avdqüv %b d^ewv vs 430/57 eingeklemmt.
In V. 509—530 heilt ApoUon die wunde des Glaukos, die ihm
der dichter beim mauerkampfe durch Teukros beibringen liess:
also deutlicher bezug auf eine frühere partie der erbreiterung.
In V. 536 — 7 hat unser poet zwei seiner leute, den Agenor
und Aineias in den alten vers 535/36 IIovXvdafiavT cTti. Hav*
16 A. Fiok
d^öt&rjv I TS xai ^xTO((a\dlav eingeschwärzt ; endlich in 555 — 568
fordert Patroklos zum kämpfe um Sarpedous leiche auf, mit
dessen einleitung der gesang schliesst.
Der gesang enthält 440 verse, also ebenso viele, wie der
sechste und achte, wenn man wenige unnütze verse streicht:
248, wo Achill ofifenbar zu viel verlangt, 261 — 2, deren erster
schon von den alten athetirt ist: dd^cteiTai. i^&irei xal I/^qioto-
(pdvfjg Didymus bei Laroche; den zweiten wird man gern mit
dran geben. 381 = 866 fehlt in den meisten und besten hs.,
V. 531 ist ein überflüssiger zusatz.
Die innere gliederung des gesangs, ist, wenn man das
flickwerk bedenkt, durchsichtig genug: Patroklos entsendung
wird in 12 x 11, der erste angriff in 9 x 11, die niederlage
der Troer in 9 X 11, endlich Sarpedons tod in 10 x U
Versen berichtet.
10.
Der zehnte gesang der erbreiterten Menis beginnt 17 569
mit dem kämpfe um Sarpedons leiche und schliesst P 182 mit
der einleitung des kampfes um den todten Patroklos, wie der
neunte gesang mit der Vorbereitung zu dem kämpfe um Sar-
pedon schloss.
Von der band des erbreiterers rühren im ganzen 286 verse
her, die zumeist ihren Ursprung nicht verleugnen. In der
partie 569 — 632 fallen zwei Myrmidonen, der söhn eines Aga-
klees und ein Bathyklees : die beiden namen stimmen im schluss-
theil zu dem des Echeklees im Myrmidonen Verzeichnis 11 189.
Weiterhin kämpfen Meriones und Aineias mit einander, Me-
riones auch hier der kretische prahlhans wie in N. Das buko-
lische gleichnis JT 641 f von den sumsenden fliegen im hirten-
stadel hat unser poet ganz ähnlich £469 f. verwendet; die drei
verse sind in den älteren 641/644 eingeschaltet, Stichwort ist
692 — 7 erschlägt Patroklos neun namhaft gemachte Troer:
das stimmt zu 783 — 6 wo ihn der dichter bei seinen letzten
drei ausfällen drei mal neun namenlose Troer erlegen lässt.
In der alten Menis betäubt ApoUon den Patroklos durch
einen unsichtbar geführten schlag, etwa wie die Alben im deut-
schen götterglauben : unser nachdichter hat den Vorgang in der
einlage 792 bis 803 sehr vergröbert dargestellt Ein grund,
Die erbreitenuig der Menis. 17
ihm die allerdings wenig schön gedachten verse abzasprechen,
ist nicht abzusehen, auch beziehen sich 799, 800 auf Hektors
anlegnng von Patroklos waffen in P, die gewiss vom erbreiterer
herrührt
V. 806 — 816 handeln von der betheiligung des Euphorbos
an Hektors erlegung, einer figur, die der bearbeiter geschaffen
hat, um Menelaos vorkampf in P daran zu knüpfen. Ver-
schönert ist freilich die alte dichtung durch diese neuerung
keineswegs.
Menelaos vorkampf in F 1 — 182 rührt ganz vom erbreiterer
her. Menelaos wird hier mit einer gewissen Zärtlichkeit be-
handelt, der dichter zeichnet ihn 679 sogar durch die trau-
liche anrede aus, die mit viel triftigerem gründe die alte Menis
dem Patroklos gewährt hat In y. 24 bezieht sich Menelaos
auf seine erlegung des Hypsenor in S 516 i), der wie aus 34 f.
erhellt, als dritter Panthoide und bruder des Euphorbos zu
denken ist.
Von n 569 bis P 182 sind in der jetzigen fassung 481 verse.
Um die verszahl der gesänge 5 und 7, nämlich 462 zu gewinnen
bedarf es nur einer grösseren ausscheidung: die verse 17 698
— 711 enthalten eine sehr grobe Übertreibung, die selbst unserem
poeten nicht zuzutrauen ist; darnach hätte Patroklos kurz vor
seinem ende so ganz bei wegelang Troja erstürmt, wenn Apollon
ihm persönlich entgegentretend ihn nicht von der mauer zu-
rückgestossen hätte. Sprachlich ist die stelle fast nur ein
blosser Gento s. Hentzes nachweis im anhang.
V. 614 — 5 nach 613 unmöglich, fehlen in den besten hs.,
ebenso 689 — 90, die aus P 177 — 8 eingedrungen sind. Endlich
streichen wir noch 865, der jedenfalls ganz massig ist, da uns
Automedon als knappe Achills hinlänglich bekannt ist
Die gliederung des so gewonnenen gesangs von 42 x 11
— 462 versen ist recht durchsichtig: n 569—692 — 11 x 11
verse, drehen sich um Sarpedons leiche, die 14 x 11 = 154
verse n 694—861 handeln von Patroklos tod , auf /7 862 bis
P 105 geht im engeren sinne der titel von P: MeveXaov aQiareia^
endlich in den 7 x 11 » 77 v. P 106—182 wird der grosse
kämpf um Patroklos leichnam vorbereitet, der den inhalt des
nächsten, elften gesanges bildet.
^) Lies Uav^oov vlov statt noifiiva AacSy?
B«itiistt s. Ini4« d. iaag. ipnslMtt. XXVI. 2
18 A. Fick
Sechstes bnch 902 verae.
11.
Der haupteinschnitt in dem verlaufe des kampfes um Pa-
troklos leiche liegt P 62ö, wo Idomeneus die Schlacht verlässt,
Antilochos zu Achill entsendet wird, und der rückzug der
Achäer mit der geretteten leiche des helden beginnt Setzen
wir hierhin das ende des elften gesangs der erbreiterten Menis,
so erhalten wir von P 183 bis 625 für diesen 443, die sich leicht
auf 440, die yerszahl des 6, 8 und 9 gesangs bringen lassen,
wenn wir die drei v. 216 — 8, deren namen zum theil aus dem
Troerkatalog entnommen scheinen, nach anderer yorgang be-
seitigen d. h. einer noch jüngeren als der dritten band zuweisen.
Die so gewonnenen 440 = 40 x 11 verse gliedern sich
in zwei hauptstücke: mit P 394 ist nach 198 = 18 x 11
versen der höhepunkt des kampfes erreicht, der sich von da
ab bis zum Schlüsse des gesangs in 22 x 11 « 242 versen
allmälig mehr und mehr in einzelkämpfe auflöst.
Das erste hauptstück zerfällt wieder in zwei ungleiche
hälften, indem v. 183 bis 273, also 8 x 11 « 88 verse die
Vorbereitung zu dem gesammtkampfe, der mit iaaav öi nqoTBqot
Tgüüeg ktX. 274 beginnt, erst zum abschlusse bringen.
lieber den dichterischen werth der in diesem gesange ver-
wendeten motive zu urtheilen ist hier nicht der ort, jedenfalls
hängen alle theile sehr wohl zusammen, insbesondere passt
Hektors anlegung der waffen Achills, die so vielfach beanstandet
ist, recht gut in den ersten abschnitt der 88 x 11 verse, die
sich darnach auch „Sammlung und rüstung zum kämpfe" be-
titeln liessen.
12.
Als zwölfter gesang der erbreiterten Menis lassen sich die
verse von P 626 bis S 369 zusammenfassen, welche die ereig-
nisse von der rettung der leiche Patroklos bis zur aukunft der
Thetis beim Hephaistos behandeln. Am Schlüsse dieses so um-
schriebenen abschnitts sind zunächst S 354 — 368 zu streichen
„über deren unhaltbarkeit kaum ein zweifei besteht^^ Hentze
im anhang s. 118. Noch gewisser ist die ganz späte einschie-
bung des Nereidenverzeichnisses 2 39 — 49. Ferner sind P 6ö8
Die erbreiterung der Menis. 19
— 665 auszuscheiden, die mit geringen änderungen aus A 548
— 55a herübergenommen sind. ^ 219 — 221 verrathen sich als
einlage jüngster band durch die erwähnung der trompete, sprach*
lieh durch den ionischen genetiv ^fiOQaioTediv. 2 259 — 260
beziehen sich auf die einlegung des Oitos, welcKis der erbreiterer
nicht kennt. Streichen wir nun noch die drei verse S 300 —
302, worin sich sonderbare kommunistische gelüste aussprechen,
und 2 ly wodurch der neue gesangsanüang markirt wird, so qt"
halten wir für unseren zwölften gesang 462 a 42 x ll, also die-
selbe zahl, wie für den siebenten, neunten und zehnten gesang.
Von diesen gehören dem erbreiterer P 626 — 761, wie P über*
haupt, femer 2 105 — 6 und 117 — 125 mit der erwähnung des
Herakles, den erst die dritte band in die Ilias eingeführt hat.
Der Inhalt ist durchsichtig angeordnet: P 626—754 wird
Antilochos entsendung und der rückzug der Achäer mit Pa-
troklos leiche inl21aBllxll versen berichtet, P 755 bis
2 147 handeln 143 « 13 x 11 verse von Antilochos botschaft
und Thetis Zuspruch, die glückliche ankunft der leiche melden
2 148 bis 239 88 = 8 x 11 verse, endlich enthalten sechs
Strophen = 66 verse Hektors schlimmen rath 2 239 — 296, und
44 n= 4 X 11 verse 2 297—353 die klage um Patroklos.
Siebentes buch 1034 verse.
13.
Zunächst hat der erbreiterer die ihm vorliegende fassung
der erweiterten Menis einfach herübergenommen: in den 396
==: 36 X 11 versen, die wir o. 24 s. 53 f. in 2 369 bis (P 135
der erweiterung zuwiesen, findet sich nichts, was vernünftiger
weise der dritten band zuzuschreiben wäre. Dagegen hat der
erbreiterer die Asteropaiosepisode O 136—226 zugesetzt: Aste-
ropaios wird von ihm M 102 neben den Lykiem Sarpedon und
Glaukos als einer der führer der troischen bundesgenossen ge-
nannt, in P 351 f. als fürst der Päoner bezeichnet^ offenbar in
Vorbereitung zu der grösseren rolle, die ihm vom dichter zuge-
dacht war. Die dem Päonerhelden gewidmete episode in <D
umfasst 88 «• 8 X 11 verse, sobald man wenige kleine ein-
schiebsei beseitigt: 136 — 7 beziehen sich deutlich auf den kämpf
2*
20 A. Fick
des flussgottes mit Achill, müssen also nothwendig fallen, 158
CS B 849 fehlt in den hosten hs. und ist offenbar aus dem
Troerkatalog eingedrungen.
Auf V. 0 227, der aufs schönste zum vorhergehenden passt,
sobald man den kämpf mit dem flussgotte ausscheidet, der ganz
gewiss nicht unserem dichter zur last fallt, folgte bei diesem
unmittelbar 515 und somit eine parthie, welche die Agenor-
episode einleiten soll. Sie besteht aus 22 versen, wenn man
die acht 515 — 525 ausscheidet, die sich auf den götterkampf
beziehen, an dem unser erbreiterer unschuldig ist Die 110 =
10 X 11 von der dritten band zugesetzten verse ergeben mit
den 396 der erweiterung für den dreizehnten gesang einen
umfang von 506 versen, während nach unserer obigen Voraus-
setzung 517 herauskommen müssten: ein geringer Widerspruch
gegen die theorie, der sich sogleich noch mehr verringern wird.
14.
Das ende des vierzehnten gesangs der erbreiterung fallt
mit dem Schlüsse von X zusammen. Von unserem dichter
rühren zwei grössere einlagen her. Zunächst die Agenorepisode,
die von O 544 bis X 20 reicht und, ohne alle einschiebsei
überliefert, 88 d. i. 8 X 11 verse enthält. Der held der epi-
sode, in der ein „retardierendes moment" nicht ohne geschick
behandelt wird, der Antenoride Agenor wird auch an anderen
stellen der erbreiterung mit auszeichnung genannt: M 93 fuhrt
er mit Paris und Alkathoos den zweiten sturmhaufen der Troer,
auch in NSOII ist von ihm die rede.
Mit der klage um Hektor X 405 bis 515 schliesst der
dichter seine bearbeitung mit dem versuche eines seelengemäldes
ab, das ihm freilich nicht voll gelungen ist, doch steht es trotz
einiger fehlgriffe höher als der versuch in S die Stimmung der
Achäerfürsten darzustellen. Die einlage enthält genau 110 -»
10 X 11 verse, so dass die Agenorepisode hinzugerechnet vom
erbreiterer 198—18x11 verse herrühren. Diese zu dea
330 — 30 X 11 zugerechnet, erhält man für den 14 gesang
528 verse. Auch hier hätte man 517 erwartet, doch ist der
umfang des siebenten buchs jeden&lls gerettet, denn die 506
verse des dreizehnten zu den 528 des vierzehnten gesanges geben
für das siebente buch die durch unsere Voraussetzung geforderte
verszahl, nämlich 1034.
Die erbreiterang der Menis. 21
Achtes buch 1034 verse.
15.
Der fünfzehnte gesang der erbreiterten Menis fällt mit dem
siebenten der erweiterung zusammen. Nur die ersten werte
von V 1 ^£ig ot fiiv atevdxovro %a%a TttoXtv rühren vom er-
breiterer her, der den vers, womit sein Vorgänger den siebenten
gesang seiner arbeit einleitete ^^Slg %ov fiiv yt,e:Mvito ^"KOQa ajtavj
{avTag ^A%aioL X 405) W 1 spaltete, um die 110 verse seiner
klage einzufügen.
Ausserdem ist in 'F 113 und 124 Meriones, ein liebling
des erbreiterers, der in der erweiterung nicht vorkommt, für
einen anderen namen eingeschwärzt. 0. 24, s. 3 wurde ver-
muthet, dass hier ursprünglich Automedon genannt war, jeden-
falls war dieser, als Achills knappe und Patroklos freund „der
nächste dazu."
16.
Endlich der sechzehnte gesang der erbreiterang fällt mit dem
achten des erweiterers, in dem o. 24, s. 78 f. ihm zugewiesenen
amfang vollständig zusammen; es ist wenigstens irgend welche
spur der dritten band hier nicht nachzuweisen.
Wie oben 24, s. 62 f. gezeigt wurde, enthalten der 7 und
8 gesang der erweiterung je 517 verse, genügen also dem für
das achte buch und den 15. und 16. gesang der erbreiterten
Menis geforderten umfange.
Sehen wir zum Schlüsse nach, wie weit sich unsere Voraus-
setzung bewährt hat. Wir verlangten, dass die erbreiterung in
genauer Verdoppelung der verszahlen der erweiterten Menis sich
in acht „bücher" zu 1034, 1034; 902, 902; 902, 902; 1034,
1034 müsse einrahmen lassen, und dass jedes dieser bücher
wieder in zwei gleiche hälften oder „gesänge'' zu zerlegen seien,
so dass sich also 16 gesänge bilden Messen, die der reihe nach
517 517, 517 517; 451 451; 461 451; 451 451; 451 451; 517
517; 517 517 verse enthielten.
Die erste der beiden forderungen ist genau und unbedingt
erfüllt, wie unsere vorstehende gliederung der gesammten zweiten
bearbeitung nach den acht büchern von dem geforderten um-
fange vor die äugen führt. Dagegen finden sich in der abzäh-
22 A. Fick
lung der sechszehn gesänge eine abweichung von dem yoraasge-
setzten Schema. Die acht inneren gesänge, also 5 — 12, zeigen statt
achtmaliger wiederholang der verszahl 451, als der gleichen hal-
birung der buchyer8zahl902, vielmehr, wie oben gezeigt, die Zahlen-
reihe 462 440, 462 440; 440 462, 440 462. Diese anordnung
entspricht allerdings nicht ganz der streng durchgeführten Ver-
doppelung der inneren vier gesänge der erweiterung, sie zeigt
aber in sich so viel regelmässigkeit, dass wir hier wohl plan
und absieht des erbreiterers erkennen dürfen, der mit bewusst-
sein das schema 41x11 + 41 xH zuerst zweimal durch 42
X 11 und 40 X 11, und darauf zweimal durch die umkehrung
40 X 11 und 42 X 11 ersetzte. Leichte abweichungen von
der starren regel finden sich auch sonst im Zahlenaufbau der
epen angewandt
Ein zweiter Widerspruch gegen das vorausberechnete Schema
findet sich in den verszahlen des 13 und 14 gesangs. Statt
der zerfällung der buchverszahl 1034 in die gleichen hälften
517 und 517, finden wir hier für den dreizehnten gesang 506,
für den vierzehnten 528 verse, also die regelwidrige Versetzung
einer einzigen Strophe, eine minimale abweichung, die sich wohl
wie in 5 bis 12 aus dem bestreben erklärt gerade Strophen-
zahlen, 42 und 40, 48 und 46 an die stelle der ungeraden 41
und 47 zu setzen, wenn auch die genaue halbirung des buch-
umfangs darüber verloren ging.
2. Die einlegung des „(Htos'^ in die Henis.
Dass in £ bis ^ 77 der Uias eine dichtung eingelegt ist^
die ursprünglich mit der Monis gar nichts zu thun hatte, scheint
mir keines beweises zu bedürfen, vgL vf. Ilias s. 236 f. Ebenso
sicher ist, dass in dem angegebenen räume die einlage selbst, der
„OIto^ '/A/oi;" von der einlegenden band durchaus zu unter-
scheiden ist: die reihe glänzender soenen von „Agamemnons
versuchung^^ an bis zum Zweikampfe Hektors und Aias hebt
sich scharf ab von dem poetisch ziemlich werthlosen kitt, der
dio9e scenen mit einander und der erbreiterten Monis verbindet,
Die einlegung des ,,Oitos" in die Menis. 23
80 dass man oft unwiUkürlich an das bUd vom ochsen und
Pegasos in einem joche erinnert wird. In vf. Dias wurde der
vereuch gemacht, die alte herrliche dichtung von „Ilios ge-
schickt' aus dem minderwertigen füllwerk des einlegers heraus-
zuarbeiten: hier beschäftigt uns eine andere aufgäbe.
0. 24, s. 3 wurde die vermuthnng ausgesprochen, dass der
einleger des Oitos den umfang seiner vork^ge, d. h. der erbrei-
terten Menis um die hälfte vermehrt, also dem bestände der
erbreiterung von 7744 versen 3872 verse zugesetzt habe. Diese
art der Vermehrung ist von vornherein als möglich zuzugeben,
weil die erbreiterte Menis nach unserer obigen darstellung deut-
lich in zwei gleiche hälften zerfiel: 4 bücher oder 8 gesänge
vor und ebenso viel nach dem schiffsbrande, jede dieser hälften
enthielt demnach 3872 verse. Falls die Vermehrung um diese
zahl von dem einleger in derselben weise vorgenommen ist, wie
sie von der zweiten und dritten band ausgeführt wurde, so
müsste nach der einlegung des Oitos das so verstärkte gedieht
auch in der zahl der bücher und gesänge gegen die erbreite-
rung um die hälfte gewachsen sein, also statt aus 8 büchem
und 16 gesängen jetzt aus 12 büchern und 24 gesängen be-
standen haben, oder doch in diese anordnung sich einrahmen
lassen, und zwar müssten den neu hinzutretenden büchern und
gesängen die gleichen verszahlen wie in der erbreiterung, näm-
lich 902 bis 1034 für das buch und 440 bis 517 für den ge-
sang ungezwungen zugewiesen werden können. Sehen wir nun,
wie weit sich diese Voraussetzung bewähren lässt.
Erstes buch 1034 v.
1.
Der erste gesang ist unverändert aus der erbreiterung
herübergenommen; wie oben nachgewiesen, liegt er ganz in A
und enthält 517 verse.
2.
Der zweite gesang in der durch die einlegung des Oitos
vermehrten form der dichtung ist aus B herzustellen, sobald
man den acbiflbkatalog 484—779 und das Troerverzeichnis 816
24 Ä. Fick
bis 877 abzieht Diese 358 ab von den 877 in B bleiben 519
verse; streicht man noch weiter die beiden sprachlich unmög-
lichen B 206 (iva atpiav ßaailevrii NB.) und 224 (ovroQ 6
juorx^a ßowv) so gewinnt man als verszahlöl?, und damit für
das erste buch 1034.
Die einwirkung einer jüngeren band zeigen B 360 — 8 und
803—6, die ganz so aussehen, als sollten sie die Boeotie und
den Troerkatalog vorbereiten, aber die zahl der verse ist richtig,
es hat also bloss eine Umgestaltung einer gleichen zahl von
versen stattgefunden.
Zweites buch 968 v.
3.
Der dritte gesang wird durch F gebildet. Von dem gegen-
wärtigen bestände der 461 verse sind nur wenige auszuscheiden.
Zunächst das gleichnis 10 — 14, das schon durch die sprach-
lichen Verstösse svt oqeoq oder fjv't oqeoq 10 und a^uvm 11
als jüngstes einschiebsei erwiesen wird. 144 „a^CTeerat Äri-
stonicus" ist eine attische falschung, um die Aithra, die mutter
des Theseus anzubringen. 224 ist nicht nur müssig, sondern
auch mit zwei fehlem in dyaaaäfi€&* eldog Idovreg (feldog
fidovteg) behaftet. Der überflüssige v. 263 ist schon durch
Sxaidiv für Sxaiatop genügend gerichtet. 453 — 4 enthalten das
übel gebildete hi&S&avoy, da die verba auf -oyoi sich durchweg
an den zweiten aorist anschliessen, und den Verstoss gegen das
vau in €v %ig Xdoivo; dazu sind die beiden verse nicht bloss
müssig sondern auch dem inhalte nach bedenklich, da Paris ja
durch seinen reichthum in Troja grossen anhang hatte.
Nach abzug dieser 10 verse gewinnen wir für den dritten
gesang des einlegers den auch sonst so beliebten umfang von
451 d. i. 41 X 11 versen.
4.
Der vierte gesang der durch den Oitos vermehrten fassung
fallt nach vornähme einer kleinen Säuberung mit J der jetzigen
Uias zusammen.
Von J 55 — 6 heisst es bei Aristonikos ^^ad'tTOVPtai^* sie
sind in der that unhaltbar. 117 an sich nicht übel enthält den
Die einlegung des „Oitos*' in die Menis. 25
fehler iikkaiv&w für -yot»» und war schon den alten verdächtig :
fja&ewwrai iSstonicns.^ Dasselbe beaseugt derselbe von 140
und 149 9 die neben dem das gleiche besagenden gleichnisse
141--147 nnnöthig sind. 196—7 sind aus 206—7, wie die
alten richtig bemerkten, bloss wiederholt, endlich die 19 verse
232 — 250 bilden einen sehr anschönen einschub in den vers
232 — 51 der vorläge, der das interesse an der folgenden im-
Tcwkfjaig sehr beonträchtigt, wenn nicht gar geradezu aufhebt.
Dazu kommen sprachliche fehler s. vi Ilias.
Hiemach bleiben von den 544 versen in J für den vierten
gesang der neuen fiassung 517 verse wie in 1 und 2, und diese
zu den 451 versen des 3. gesangs ergeben für das zweite buch
968, d. h. genau ein viertel des nach unserer annähme durch
die einl^ung geschehenen Zuwachses.
Das dritte buch 902 v.
der vierten fassung fällt mit E der Ilias, Diomedes vorkampf,
durchaus zusammen: man braucht nur von den 909 versen in
E die hierunter bezeichneten auch sonst verdächtigen oder un-
möglichen verse zu streichen.
Der erste gesang von buch III, also gesang
5
unserer redaction reicht von E 1 bis 453, wo Ares in die
Schlacht eingreift, und damit ein neuer götterkampf eingeleitet
wird. Um die reine halbierung der buchverszahl 902 und
damit den so beliebten umfang von 451 versen zu gewinnen,
braucht man nur 42 und 57 zu streichen, zwei hier ganz über-
flüssige Standverse, die überdies in guten handschriften fehlen.
In 256 mit den unepischen contractionen vq€iv und ia ist,
nebenbei bemerkt, das überflüssige avvwv einfach zu streichen,
dann gewinnt man den untadeligen vers: awlog elfir tQerjv (jl
ouK rjoB TlaXlag lAd'Ova.
6.
In S 454 bis 909, dem schluss von £, gilt es nur fünf
verse zu beseitigen, um auch hier die verszahl 451 herzustellen.
734— '6 sind aus 8 385 — 7 wiederholt, jedenfalls genügt ihr
26 A. Fick
einmaliges vorkommen vollauf; Zenodot hat sie mit richtigem
tacte in E athetirt, dagegen in 3 stehen lassen s. Laroche
zu d. st Von 808, mit genügendem gründe auch von Hentze
athetirt, heisst es bei Didymus: tovtov iroy a%ixov ovx «rpfj-
ad'av yiad'oXov q>aaiv ev raig l^Qiard^ov; endlich 887 ist schon
aus sprachlichen grttnden zu beseitigen: ^wg für Cwog und üor,
wenn aus ^a ionisirt, sind nicht episch.
E 706 ist statt Tqiixov % ai%\itj[tiiv uArtaJuov Oivonaov ze
zu lesen TQixovd % und ^ixtaVw Foiv6fm6v te: T^%iov ist
der eponym des ätolischen ortes Tqixovuov ew. Tqi%oveigj
häufig in den delphischen inschriften, und die jüngere form
AiztiXiov ist nur aus Unkenntnis des vau in Foipofiaov einge-
setzt. — 813 ist der ausgang dattp^ovog Oiveidao nach J 370
datq>Qovog innoda^oio zu berichtigen, endlich 872 lese man
statt vBfjiBoitpfi oqimv vielmehr oqfjv vgl. B 296 vefieai^Ofiai —
daxokdav.
Das vierte buch 990 v.
umfasst Z und H der Ilias. Die verszahl 990, mitten inne
zwischen 968 und 1034, steht von beiden um zwei elfzeilige
Strophen ab.
7.
Der siebente gesang reicht von Z 1 bis 502, wo der schluss
von Hektors verkehr mit Andromache, der die Überschrift von
Z bildet, einen hauptabschnitt in der erzählung bezeichnet.
Man erhält die genaue halbirung der 990 verse des vierten
buchs, nämlich 495, wenn man 433 — 9 streicht, die schon von
den alten athetirt sind — „a^crotJvrat axixoL erttd Didymus*'
LR. — und auch von den neueren durchweg verworfen werden.
Sprachlich mag hier noch bemerkt werden, dass in 386 und
388 nvQyov und tdxogy die in der älteren spräche wesentlich
gleichbedeutend sind, ihren platz zu wechseln haben. Liest
man 386 dki^ im reixog eßa fiiya FiXita und 388 a (iiy dfj
TtQog nvqyov sTteiyofjiiva dnixdwBi^ so schwindet der Verstoss
gegen das vau in der jetzigen lesung 386 ftiqyov eßt] (iiyctv
'Ikiov^ der selbstverständlich in der einlage nicht zu dulden ist.
Die übrigen Sprachfehler in der jetzigen Überlieferung dieses
abschnitte sind schon in v£ Ilias berichtigt.
Die einlegung des „Oitos^^ in die Menis. 27
8.
Die zweite hälfbe des Tierten buchs und damit der achte
gesang des ganzen in der neuen fassung setzt Z 503 ein, wo
die ungleichen brüder sich in den kämpf begeben und umfasst
den rest von Z sowie den ganzen bestand von H, Um hier
denselben umfang wie für 7 zu gewinnen, bedarf es nur det
ausscheidung weniger werthloser und verdächtiger verse. H 47
enthält eine überflüssige anrede, 52 — 3 sind inhaltlich störend,
ja eigentlich unmöglich : die athetese der alten von 53 ist auch
auf 52 auszudehnen. Die öde prahlerei des Aias' in 197 — 9
muss jedenfalls gestrichen werden; die alten gingen noch weiter:
„arfxoi 7tevT8 (195 — 9) d&erovvrcu Aristonicus/* H 334—5
und 353 wurden nach demselben ebenfalls athetirt. 359 — 60
scheinen aus M 233 — 4 eingedrungen zu sein, endlich sind
368 — 9 und 380 überflüssige standverse, die in der besten hs.
fehlen. Zieht man diese 14 verse von den 27 in Z 503 — 29
und den 482 in H ab, so erhält man für den achten gesang
die gleiche verszahl wie für den siebenten, nämlich 495, die
hälfte von 990.
Die festen ionismen in dieser partie sind meist schon in
vf. Uias eliminirt, hier nur noch einige sprachliche bemerkungen ;
Die verse H 132 — 3 mit der unerträglichen form fjßmpL
sind zu gestalten nach A 670 — 1 und darnach zu schreiben:
ot^' Sig TjßaoLiii^ ßla de fiioc i'fiTtedog «ii/, dg ov ht cJxv^oit
{mnanwil Kakddortt fidxovro xvX. Man nahm anstoss an der
Wiederholung von 132 in 157, die aber gerade m. e. recht
hübsch ist. «— H 207 liest man jetzt: auraQ Ind dij ttawa
ffBQi jifidl iaaono tavxrj. Die ionische form twirj beseitigt
man, wenn man n. XQ* ^ioaa%o xaXxov liest; nach M 463 — 4,
wo es von Hektor hdsst Xdfi^ee de x^^^f Ofie^dakiwi^ top
eea%o fteqi xQot, — Für das höchst bedenkliche tji neq av
ovTog — av ist der einlage fremd — H 286 Hesse sich ot x«
7C€Q ovTog einsetzen vgl. 387 aX x« neg v^fii {q>lXov %ai ^Sv yi^
voTto) AI der vorläge ist vielleicht irrthümlicher weise in ^t
ionisirt. — H 453 lies Ttokiaaafiev aQd-fjiijaavjs statt äd-kripctyie
„nach abgeschlossenem vertrage'' nach ff ^2 hf ^tXoTi^n
duTfidyev dQ&fn^aavre.
28 A. Fick
Buch V.
Die verszahl 1012 bleibt hinter 1034, dem umfange so
vieler bücher, ebenso weit, nämlich um 2 Strophen = 22 v.
zurück, wie das vierte buch mit seinen 990 versen die mittel-
zahl 968 des zweiten buches übertrifft.
9.
Der erste gesang des fünften buches, der neunte der vierten
fassung, umfasst 3 der Ilias und enthält 517 verse, also ebenso
viele wie. gesang 2. 4, und 1. 3. 4 der erbreiterten und 7. 8
der erweiterten Monis.
Wir gewinnen diese zahl durch die vornähme einer etwas
umfänglicheren athetese, in dem der bestand von Q 565 verse,
also 48 über die von uns angenommene zahl aufweist. Doch
kann ich mich hier erfreulicher weise durchaus der verständigen
kritik meines freundes Hentze anschlieesen, indem ich alle die
stellen, die in seiner Homerausgabe eingeklammert und in.
seinem anhange zur Ilias mit genügenden gründen verurtheilt
sind, ebenfalls verwerfe, mit alleiniger ausnähme von 185 und
189, die meines erachtens mit unrecht beanstandet werden.
In 185 glaubt man die namen von vier pferden zu lesen und
nimmt darnach mit recht an einem im epos unerhörten Vierge-
spanne anstoss: in Wahrheit werden aber nur drei pferde ge-
nannt, es ist nämlich statt Sav&e ve ttat av nddaqyB xal udL%^(ap
Aa^ftE ze die in der zweiten vershälfte zu lesen xat aYd-tav
Ad^Ttete du „und du schweissfuchs , braver Lampetos*^; das
dritte pferd geht auf der wildbahn, ^ ftaQfjoQitiiaiv^ wie vor
dem wagen Nestors & 81 und Patroklos in 11. Auch 189 lässt
sich sehr wohl halten: ermüdete pferde durch wein zu er-
frischen ist im Süden keineswegs unerhört: schon in Südtirol
habe ich den brauch bei mancher schwierigen bergfahrt be-
obachten können.
Dagegen verwerfe ich mit Hentze v. 6. 28—40. 73 — 4. 183.
224—6. 235. 277. 420—4. 466—8. 475—6. 524—9. 538—41.
548. 550 — 2. 557 — 8, das sind zusammen 48 verse, und diese
von den 565 des buches 3 abgezogen, ergiebt sich für unseren
neunten gesang die zahl 517. Für die begründung dieser
Die einlegung des ,,0ito8<^ in die Menis. 29
athetesen sei noch einmal auf Hentzes anhang zur Ilias ver-
wiesen.
Zur spräche dieses abschnitts bemerke ich noch, dass 487
für l/ix^^^^S selbstverständlich der accusativ, also ItixcciovSy bei
äolischer fassung ^Axaiolq^ zu lesen ist; der acc. ist abhängig
von ^TtiqXv^^ vgl. Ebeling lex. Hom. s. v. Vielleicht ist ^Axaioig
der altäolischen vorläge einfach missverstanden.
10.
Vom einleger rühren in diesem , dem zehnten gesange, A
1 — 11 y also nur 7x11 verse her. A 78 — 83 sind zu streichen
und schon von den alten verurtheilt: ^^äd'esciwtai Aristonicus.
iroi;j:ot^ TMtl ^Aqiatoq>arqg rfd^hei^ naga de Zfjvodovwi ovdi
iyqafporto Didymus'* LR. Nach unserer obigen darstellung s.
beträgt der umfang der erbreiterung, als der nächsten vorläge^
in A 85—595 38 X 11 «> 418 verse, diese ergeben zu den 7
Strophen des einlegers A 1 — 77 hinzugezählt als verszahl des
10. gesanges 495, dieselbe zahl wie in 7 und 8 unserer fas-
sung. —
Mit A 596 beginnt, ohne weitere Interpolation von Seiten
des einigere, die erbreiterte Menis und zwar deren zweites
buch und dritter gesang. Rechnet man zu den übrigen 7
büchem und 14 gesängen der erbreiterung die soeben abge-
zählten 5 bücher und 10 gesänge hinzu, so erhält man für die
durch die einlegung des Oitos vermehrte dichtung 12 bücher
zu je 902 — 1034 und 24 gesänge zu je 451 — 517 versen, und
als geeammtzahl der verse 11616. Vergleicht man diesen neuen
bestand mit dem der erbreiterung, so ergiebt sich ein durchge-
führter Zuwachs um die hälfte des frühern umfangs: aus 8
büchem sind 12, aus 16 gesängen sind 24, aus 7744 versen
sind deren 11616 geworden; es hat sich demnach unsere oben
ausgesprochene vermuthung auf das glänzendste durch die probe
bewährt
Meran, Juli 1898.
A. Fick.
30 0. Hoffmann
Zur bilduBg des sigmatischen aoristoB.
1.
In den Göttingiscben gelehrten anzeigen 1889 no 22 s. 880
wurde von mir für die bildung des sigmatischen aoristes der
vokalischen stamme folgendes gesetz aufgestellt:
„Alle vokalischen stamme nehmen im aoriste aa an. Ist
der diesem aa vorangehende vokal lang, so wird nach gemein-
griechischem lautgesetze die gemination aufgehoben: hifiäaa
aus ^hlfiäaaa. Ist der dem aa vorhergehende vokal dagegen
kurz, so bleibt aa erhalten und wird erst in den einzelnen
dialekten im laufe der zeit vereinfacht: Homer und die Äoler
sagen noch w^oaaa^ die Attiker dagegen wfAoaa,^*^
Dieses gesetz, in meinen griechischen dialekten I 207
II 469 ff. III 568 ff. von mir wieder aufgenommen , hat
W. Schulze in KZ. XXXIII 126 ff., wie er selbst versichert,
„endgültig gerichtet*^ Meines wissens hat es nun bis jetzt nie-
mand unternommen, das gesetz gegen einen solch harten Staats-
anwalt zu verteidigen. Wenn ich diesen versuch wage, so will
ich damit keineswegs den „vätem'' des gesetzes, nämlich
Bezzenberger BB. III 169 i) und Fick QGA. 1881, s. 1429,
vorgreifen, sondern es nur zu verhindern suchen, dass W.
Schulze deshalb eine anzahl von gläubigen findet, weil die
Unzulänglichkeit seiner von ihm selbst als zwingend angesehenen
beweisführung von niemandem ans tageslicht gezogen wird.
2.
Schulze'ns argumentation ist kurz folgende. Aoriste wie
ofio-aatu^ xaU^aai von stammen, die auf einen kurzen vokal
endigen, finden wir nur im Homer und bei den asiatischen
Äolem. In allen übrigen dialekten treten diese aoriste stets
mit einfachem sigma auf und zwar, was ausschlaggebend ist,
*) Dass Bezzenberger's aasfuhrangen den meisten derjenigen,
die sich mit ihnen beschäftigt haben, lediglich aus der anvollstän-
digen wiedergäbe durch Bragmann MU. III 83 bekannt sind, geht
daraas hervor, dass sich Bragmann's drnckfehler „BB. IV 159'^ a. a.
bei Froehde BB. IX 117. W. Schalze KZ. XXIX 266. Verfasser
Dial. 1265. G. Meyer Griech. gramm. ' 611 wiederfindet
Zur bildung des sigmatisehen aoristes. 31
in derselben quelle zusammen mit solchen werten, in denen ein
aus o + a^T + üyt+i entstandenes -aa- nicht verein-
£Etcht ist:
Phalanna- Thessalien ofioaavzeg neben laoofAhw SGDL
no. 1332 95* S9«
Herakleia Sfioaavteg taf. I 118 neben iaaijmi (fünfmal),
iaaovtai (dreimal), idaaad^e^a (zehnmal, aus * k'-öixv-aafied'a)
und dem dativ plur. auf -Hxaai (aus ^-or-cre) z. b. vnaQ%6iftaaaiv.
Aigolis xavofioaai neben iaaafievovg (aus * kd'aa-fihovg)
SGDL no. 3380i6. 7.
Dreros-Ereta: Mus. ItaL III 657 S, w^oaocp Aio, ä^oaa Bs6
neben daaaaaSidaav Cs» Dt«
Gortyn-Ereta: im stadtrecht ofiSaai II 37, dafiäacuTo II 11,
Xaydaai I 5. 24 (vgl. JLaydaaai' äqmrai) neben mto^dattad'd'ai
IV 29, dctrtanrsai V 34 (aus daaa- < *dair-a-), o/rdrroi
oftoftai IV 40. 42 (aus ortoaaoi < *07r(Ji:jibi), idttai VIII 47
(att ovai;, aus iaa0a < ^unria). Femer im Mus. ItaL UI 692
(Sfjiaaap u neben ^u4qm&&v \% (aus ^AqTnaoai < ^l^Qnddoi), in
den Monum. ant. I 47 £f. naq&utkiaav Ci8 neben rtofftiad-^av
Bi9 (aus feoqv4aaaay < *iorii(iy), /ived-d^i B» (aus /ma-at).
Ealymna dvtiaiAoaa» neben diTuxaaito SGDL no. 3591 a«.?.
Epicharm anwlsaa 71s (Ahrens), xaXiaai 19i, huxleae
20 6ö neben ^ot/ 125 130 151, iaaeitai 98i, £00cr 96«, ro<r-
aavtaL 82 ^ u. a. m. Allerdings auch a!il«aao 148.
Da also in diesen quellen ein ursprüngliches oder durch
assimilation entstandenes 0a nicht vereinfacht ist, so können —
folgert W. Schulze — die in ihnen überlieferten formen
ofAoaai, makeaM u. s. w. nicht aus dfidcaaiy xaleaacu hervor-
gegangen sein.
Nach seiner ansieht ist ofiöaaai jünger als dfioaai und erst
aus dieser form weitergebildet. Er vertritt hinsichtlich der
bildung des sigmatisehen aoristes die herrschende ansieht, dass
sowohl an die konsonantischen als an die vokalischen stamme
einfaches sigma trat: e-^eiK-^^Oy *e-At;-0-a, ^wfAO^a^a, Die
letzteren beiden formen wurden schon in urgriechischer zeit zu
^IXücr, *cu/ioa, da einfaches sigma zwischen vokalen gemein-
griechisch in h überging und dann ausfiel. Der einfluss der
von konsonantischen stammen gebildeten aoriste, in denen a
hinter konsonanz sich erhielt, setzte es dann durch, dass das
ausgefallene -o- auf dem wege der formenaui^leichung wieder
32 0. Hoffmann
in die aoriste vokaliseher stamme eingefugt wurde: so entstanden
die neubildungen a^lv-a^a w-fio-o-a. Doch für die aoriste
des typus äfioaa^ hiäleaa war damit die entwicklung noch nicht
abgeschlossen. Sie wurden vom äolisch-homerisohen dialekte
in nähere beziehung gesetzt zu aoristen wie hikaa-aa^ Bvqaa^aa^
deren verbalstamm auf *a- endigt, und von diesen aoristen mit
lautgesetzlich berechtigtem -aa- wurde doppelsigma auf dem
wege der formenausgleichung auch auf die aoriste äfioca^ hui'
Isaa fibertragen: so schuf die zum zweiten male wirksame
macht der analogie die jüngsten äolisch-homerischen formen
uifioaaa^ buileaaa.
Ich werde auf diese erklärung der sigmatischen aoriste am
Schlüsse mit ein paar werten zurückkommen. Vor der band
wiU ich versuchen, die angeblichen argumente für den satz
Schulze' ns 9 dass dor.-thess. ofioaai nicht aus Oficaaai ent-
standen sein könne, als hinfallig zu erweisen und damit der
Bezzenberger-Fick'schen erklärung des sigmatischen aoristes
das feld frei zu halten. Ich hoffe zu zeigen, dass
1. eine lautgesetzliche ableitung von thess.-dor. ofioaai aus
ofioaaai durch die von W. Schulze gegen dieselbe angeführten
gleichaltrigen werte mit erhaltenem -aa- nicht widerlegt wird,
und dass
2. thess.-dor. J/ioaoi, wenn darin wirklich ein lautgesetz-
licher Übergang von -aa- in -a- nicht stattgefunden haben
sollte, auf dem wege der formenausgleichung sein einfaches
sigma für das ursprüngliche doppelsigma bezogen haben kann.
3.
Wenn jemand die behauptung aufstellt, dass in einem be-
stimmten dialekte oder in einer quelle desselben ein -«- zwischen
vokalen nicht aus ursprünglichem -«s- hervorgegangen sein
könne, weil dieser doppellaut unverändert geblieben sei, so
darf er den beweis nur auf die bel^e für ein wirklich unver-
ändert gebliebenes ursprüngliches -ss- gründen. W. Schulze
denkt darüber freilich anders. G^en die ableitung von ofioaai
aus ofioaaai fuhrt er aoriste wie öaoaaa^ai ins feld, in denen
-<ra- aus -va- entstand, und sogar ein onoaaoq mit seinem aus
^i" hervorgegangen -0<r-. Mir ist keine tatsache bekannt, die
uns zu dem Schlüsse berechtigte, dass jedes griechische aa^
ganz gleich ob es aus H xi, aus ti ^, aus t/» aus 0/, aus
Zur bildung des dgmatischen aoristes. 33
a + Oy aus ta %^a da entstanden war, von anfang an völlig
gleich ausgesprochen wurde. Im gegenteil, wir wissen z.b.,
dass ein aus -vi- entstandenes -aa- von einem -aa^ aus -ki»
verschieden war. Da nun, wenn kret.-arg.-thess. ofioaai lautge-
setzlich aus ofioaaai hervorging, diese Vereinfachung jedenfalls
älter ist als die ältesten inschriftlichen quellen, so hindert uns
nichts an der annähme, dass zur zeit, als sie stattfand, das ur-
sprüngliche -aa- eine von dem aus -ri- und -7<r- gebildeten
-aa- verschiedene ausspräche besass. Es lassen sich also falle
wie öaaadai^ai, orcoaaog gegen die ableitung von ofioaoai aus
öfioacu nicht ins feld fuhren.
W. Schulze versucht diese sperre durch einen Seitenweg
zu umgehen. Vor einigen jähren zwar, so versichert er, habe
er sich noch ausser stände gefühlt, den einwurf , dass ein ur-
griechisches -aa- anders als ein aus v + a entstandenes ^aa^
ausgesprochen sein könne, zu widerlegen: „Wenn nämlich
jemand behauptet hätte, dass öaaaaad-av für ofioaai nichts be-
weise, weil das lautprodukt aus dental + a in der kretischen
mundart verschieden gewesen sein könne von dem durch ein-
fache zusammenrückung entstandenen doppelsigma, so hätte ich
mich wohl darauf berufen dürfen, dass nach den sonstigen
thatsachen der griechischen Sprachgeschichte eine solche an-
schauung sehr wenig innere Wahrscheinlichkeit besitze, für eine
vollkommene Widerlegung hätte ich das aber unmöglich aus-
geben dürfen (s. 128)." Gewiss nicht! W. Schulze hat gut
daran gethan, auf ein solches „berufen'* zu verzichten: denn
über eine argumentation mit y,innerer Wahrscheinlichkeit" und
„sonstigen tatsachen der griechischen Sprachgeschichte" würde
man W. Schulze'ns eigne werte gesetzt haben, dass „tat-
sachen durch ein allgemeines raisonnement und zuversichtliche
behauptungen weder ersetzt noch beseitigt werden (s. 126)."
Aber, wie gesagt, Schulze glaubt heute mit mehr als allge-
meinen erwägungen den beweis dafür erbringen zu können, dass
wenigstens im kretischen dialekte das aa in einem von mir
vorausgesetzten ursprünglichen ^o^o-acav nicht verschieden ge-
sprochen sein könne von dem -aa- in diiuiaaa^ und deshalb
gleich diesem hätte erhalten werden müssen: „Heute wissen
wir, dass für die Sonderstellung des kretischen dialektes (wenig-
stens desjenigen von Gortyn) nicht eine feinere Scheidung der
Zischlaute, sondern umgekehrt ein weitergehender zusammen&ll
B«itrtc« I. Inuidt d. indg. qpiMlMn. XXVI. 8
34 0. Hoffmanü
charakteristisch ist. Diese mundart hält nämlich . . . nicht
etwa das aus dental + a hervorgegangene und das durch zu-
sammenrückung entstandene aa aus einander, sondern lässt
beide vielmehr mit dem eigentümlichen Zischlaute, der aus den
konsonantischen jod-verbindungen entwickelt ist (meist aa, att.
boeot r%) in einen laut (^ > 77 > ^d) zusammenfallen.''
Richtig ! In kret. fhed'd'i, Idqxad^d'iy TtOf^T^iad'&a ist das pro-
dukt aus a + Oj aus t + a und aus t + i gleich behandelt.
Aber aus dieser tatsache vermag ich nur den einen schluss zu
ziehen, dass etwa im IV. jahrh. im Kretischen das -aa- in
fheaaiy ^^Qxdaaiy Xaaaa gleich gesprochen wurde. Wenn da-
mals ein wfioaaa noch vorhanden gewesen wäre, würde es
wahrscheinlich auch zu äfio&d'a geworden sein. Aber woher
wissen wir denn, dass nicht wfioaaa bereits zu äfioaa geworden
war, als feveaac noch gesprochen wurde? Ist es denn er-
wiesen, dass das „durch zusammenrückung entstandene'' "aO"
in ßhaaat (ssk. vacatsu)^ dem ich auch gleich eaaofiai an-
schliessen will, völlig gleicher art und ebenso ursprünglich war
wie das 'Oa- in wfio-aaa (vgl. ssk. d-pa-siä-am)? W. Schulze
setzt das stillschweigend voraus: aber das schweigen ist hier
am unrechten platze, denn diese Voraussetzung gehört nicht zu
denen, die keines beweises bedürfen.
In eaaofiac und pheaai hat hinter dem aa wahrscheinlich
oder, um meine persönliche auffassung zurücktreten zu lassen,
möglicherweise noch ein spirant gestanden. Es liegt, wie das
auch Brugmann GR. II 1092 betont, kein zwingender grund
vor, das griechische futurum auf "aw von dem indischen auf
-syämi und dem litauischen auf -siu zu trennen: öei^w aus
*öeix'aiw = ssk. dskäyämi. In ^ea^ajofiav aber konnte durch
den ursprünglich folgenden Spiranten das aa so verstärkt werden,
dass es das -aa- in cifioaaa überdauerte. Das gleiche gilt von
fiteaai. Die lokative der vokalischen stamme i^nnoiat^ ti"
fiijai., noliai^ orofia-at) sprechen dafür, dass die lokativendung
-ae aus -aat^ hervorgegangen ist. Zwar pflegt man für die
endung gewöhnlich nur ein -«- anzunehmen, das hinter den
vokalischen stammen zunächst ausfiel (IWTroit, tifiai) und ihnen
erst nachher von den konsonantischen stammen durch formen-
ausgleichung zurückerstattet wurde. Ich besitze für diese er-
klärung kein Verständnis. Fänden sich noch in irgend einer
anderen spräche ausser dem Griechischen sichere spuren einer
Zur bildung des sigmatischen aoristes. 35
pluralischen lokativendung "Si, so hätte der ansatz eines grie-
chischen -Ol eine berechtigung. Aber die übrigen sprachen
weisen auf eine indogermanische endung -m hin, vgl. ssk. agve--
Su, grfvSrsu, altbulg. rabS-chü genchchü. Wir sind also auf das
Oriechische selbst angevriesen; und wenn wir da mit der an-
nähme einer ursprünglichen endung -aai gleichzeitig die formen
der konsonantischen und der vokalischen stamme lautgesetzlich
zu erklären imstande sind, wenn ferner in homer. yhinjai
Ttivv-aai yenv^am ein *aat hinter kurzem vokale direkt über-
liefert ist, so fühle ich für meine person kein bedürfnis dazu,
einem -oaif mag dieses nun aus -a/i oder einem anderen laut-
komplexe entstanden sein, die existenzberechtigung ohne irgend
einen ersichtlichen grund abzusprechen und dafür einem sonst
unbekannten -at zu liebe die falle der analogiewirkung um
zwei nummem zu bereichem: denn natürlich muss ja dann
auch homer. TtiTv-aai analogiebildung nach ev^aai sein, wenn
wir nicht gleich den radikaleren weg einschlagen und das un*
bequeme -v-oav mit Brugmann 66. ' 237 W. Schulze
Quaest. Hom. 48 einfach in "V-ai ändern! Das eine steht
jedenfalls fest : wer in j-heaat^ von dem zusammentreffen
zweier einfachen ^-laute redet, behauptet etwas, was er
nicht beweisen kann. Der ansatz eines ursprünglichen ^ßhsa-
aat (oder einer grundform, in der die Vorstufe des -aoi noch
erhalten war, also etwa eines */€T60'afi) ist auf grund des
griechischen materiales zum mindesten ebenso berechtigt.
Und damit wird ßheaai als parallele für ein ofiöaaai hinfällig.
Doch ich komme Schulze noch weiter entgegen, ich will
einmal gegen meine bessere Überzeugung annehmen, dass es
sich sowohl bei eaaofiai als bei fheaav um zwei einfache und
echte S-laute handele: auch dann lassen sich beide formen mit
der ableitung eines wfioaa aus aif^ooaa in einklang brmgen.
Wurde -ss- hinter kurzen vokalen im Kretischen, Argivischen
u. 8. w. vereinfacht, so musste allerdings ein ursprüngliches
/«rea-cre lautgesetzlich zu /eVeat und ia-aofiai zu kaofiai
werden. In diese formen konnte aber nachträglich das sigma
des Stammes aus denjenigen formen wieder eindringen, in denen
es erhalten blieb: von adnogf adxea-ipiy aamaq^og u. s. w.
konnte die neubildung odxea-aif von ka-wiy eo*t(o u. s. w. die
neubildung io-oofou ausgehen, ateaai und eaaofiai verhalten
sich dann zu o^oaav genau umgekehrt so, wie es sich
3*
36 0. Hoffmann
W. Schulze denkt: ofidacu (aus ofioaaai) ist dann in jenen
kretischen y thessalischen u. a. inschriften die lautgesetzlich
richtige form, während /heaai und kaoofiai ihr doppeltes -Ra-
statt des zu erwartenden einfachen -0- auf dem wege der
formenausgleichung bezogen haben.
Besser als eaoofiat und ßheaai zeugt ioai für ursprüng-
liches -^-. Diese form ist von dem verdachte frei, dass ihr
-a-a- anders als durch zusammenrückung zweier einfachen s-
laute entstanden sei (stamm ea-, endung -^i). und zugleich hat
die annähme, ihr doppelsigma sei in der griechischen
Sprachentwicklung durch formenausgleichung an die stelle eines
aus ursprünglichem -88- vereinfachten -«- getreten, wenig für
sich: denn solche nichtthematischen zweiten personen sing., in
denen die endung -si hinter verschlusslauten und liquiden stand
(z. b. ein ^J-hL-ci ,,du willst*' =: ssk. vik-^ und die zur Um-
bildung eines lautgesetzlichen *lcrt in la-<rt hätten führen
können, sind im Griechischen nicht mehr nachzuweisen. Trotz-
dem ist der gegensatz zwischen IcqI und einem aus uifioaaa
entstandenen a^oaa nicht unüberbrückbar.
Neben iaai liegt im Griechischen, die form cl, die dem in-
dischen dsi, aw. oAt entspricht und auf ein idg. ist „du bist**
zurückweist. Den glücklichsten versuch, dieses est neben esst
zu erklären, hat Osthoff perfekt 18 gemacht: er nimmt au,
dass im die betonte und esi die unbetonte enklitische form
gewesen sei, dass sich also -«9- nach haupttonigem vokal er-
hielt, nach unbetonter silbe vereinfacht wurde. Was diese er-
klärung empfiehlt, ist die aus dem Griechischen nachweisbare
tatsache, dass ein verdoppelter konsonant sich hinter einem
betonten kurzen vokale lüiger hielt als hinter einem unbetonten
kurzen vokale. Mit eaai auf einer stufe stehen, wenn wir
die erklärung von Osthoff billigen, formen wie ofiocaai^ ofwa-
aag u. a., in denen der accent dem aa unmittelbar vorherging,
und dem el aus idg. esi sind ai^ooa, äfioae, iS/ioaoy, o^oamw
zu vergleichen, in denen das o tonlos war. Freilich müssen
wir die entwicklung von ä^oaae zu äfioae in eine jüngere zeit
verlegen als die entwicklung von essi zu esi > el. Die enkUti-
sche form esi mit einfachem s war bereits indogermanisch, da
dieses -e- im Griechischen zwischen vokalen ausgefallen ist,
während die Vereinfachung des -ss- in äfioaca erst der grie-
chischen Sprachentwicklung angehören kann. Diese annähme
Zur bildung des sigmatischen aoristes. 37
ist aber auch durchaus unbedenklich, da wir weder über die
zeit noch über die genaueren bedingungen, unter denen -a-<7- in
ofioaaai zusammengerückt ist, sicheres wissen; das indische
a-pä-siSam, dessen -siäam Yon Bezzenberger dem griechischen
'Oaa gleichgesetzt ist, giebt uns wohl den Schlüssel zu dem
morphologischen, aber nicht unmittelbar zu dem lautlichen Ver-
ständnis des griechischen doppelsigma's.
Wenn von den ursprünglich durch den verschiedenen accent
bedingten doppelformen aifioaa : o^oooai, diese im homerisch-
äolischen, jene im thessalisch-herakleotisch-kretischen dialekte
die alleinherrschaft an sich riss, so widersprechen das stamm-
betonte eaai, und der auf dem zweiten vokale unbetonte stamm
ofioaa^ einander nicht.
Wie in sa-at, darf ursprüngliches -^s- angenommen werden
in i'a'Cai „bist bekleidet*' w 2öO, Sa-ao F 51 n 199, Ma-aav
„waren" Alkaios 91, l<7-ao „sei** a 302 y 200 Sappho 1^8
(wenn dieses ein alter injunktiv auf -so ist). Alle formen
tragen den akzent unmittelbar vor dem -aü' und stehen also
auf einer stufe mit iaat,
4.
Damit bin ich mit der prüfung der von W. Schulze
gegen die lautgesetzliche herleitung des ofioaai aus ofwa-
aai vorgebrachten formen zu ende; sein Vorwurf, „ich hätte
nicht das bedürfhis gefühlt, die tatsachen zu verhören'^ lastet
nicht mehr auf mir. Freilich wird das resultat dieses Ver-
höres schwerlich Schulze'ns erwartungen befriedigen. Seine
und meine begriffe von „tatsache" und „beweis** gehen weit
aus einander. Er nimmt dinge als sicher und erwiesen an, die
niemand erwiesen hat und vielleicht je erweisen kann. Er
„fühlt kein bedürfnis** dazu, bei formen wie Icraojuoe, fhBOOL
die frage aufzuwerfen, ob jeder zweifei daran ausgeschlossen
ist, dass ihr -aa- wirklich ursprünglich und durch zusammen-
rückung zweier einfachen «-laute entstanden war; er betrachtet
das als „tatsache'S was nur eine unbewiesene annähme der land-
läufigen grammatischen darstellung ist, und gründet auf solche
„tatsachen^' Schlüsse, denen er unbedingte beweiskraft zuschreibt
Mit dem von mir geführten nachweise, dass keine einzige
der mit -acr- überlieferten formen ein einwandsfreier zeuge
gegen die lautgesetzliche zurückfuhrung von öfAoaai auf
38 0. Hoffmann
ofioaaai ist, habe ich selbstverständlioh weder Schulze'ns er-
klärnng des sigmatischen aoristes widerlegt noch Bezzen-
berger's deutung^ um einen schritt gefördert. Ich habe nur
gezeigt, dass unsere erkenntnis die grenze der möglichkeiten
auch heute noch nicht zu überschreiten imstande ist, trotz des
zuversichtlichen „endgiltigen" urteils, das Schulze fällt Das
ist vor mir schon von Bartholomae Studien I 67 ausge-
sprochen: die dürftigkeit des materiales lässt sichere Schlüsse
auf die Schicksale eines indogermanischen -ss- im Griechischen
nicht zu.
Die wenigen formen, für die wir ein ursprüngliches -ss-
hinter kurzem vokale im Griechischen annehmen dürfen,
sind die schon erwähnten verba iaai, toaaiy ^aaOy eaoav^ k'aoo.
Die aoriste rgia^aai^ Telia-aai sind deshalb weniger zuverlässige
gewährsmänner, weil ihr ^ao- nicht ursprünglich zu sein braucht^
sondern (wenn aus ursprünglichem -(r<r- lautgesetzlich -a- geworden
war) auf dem wege der formenausgleichung wiederhergestellt
sein kann (vgl. rsreAea-jUort : eÖBf^-aa), Das gleiche gilt von
den oben besprochenen formen eGaofiai. uud ^eoai. Damit
ist unser material erschöpft.
Noch dürftiger steht es mit den belegen für ursprüng-
liches -aa- hinter langem vokale. Die einzige mir be-
kannte form, in der wir im Griechischen ein idg. -aa- ziemlich
sicher voraussetzen dürfen, ist ^aat » ssk. äs-se, Sie spricht
also für die Vereinfachung des ursprünglichen -aa- in -a- hinter
langen vokalen. Dass sie allerdings für diesen lautwandel
ebenso wenig ein ganz einwandsfreier zeuge ist, wie sTsaai,
tgeaaaL u. s. w. für die erhaltung des -aa- hinter kurzem
vokale, hat bereits Bartholomae a. a. o. betont.
Ich wiederhole es: der für die Bezzen berger- Fick'sche
erklärung des sigmatischen aoristes vokalischer stamme not-
wendigen Voraussetzung, dass ursprüngliches -ss- auf laut-
mechanischem wege hinter langen vokalen bereits urgrie-
chisch (oder jedenfalls in vorhistorischer zeit) zu einfachem -a-
wurde, während es sich hinter kurzen vokalen (besonders, wenn
der acoent unmittelbar vorherging) erhielt und — soweit es
nicht hinter tonlosem vokale allgemein vereinfacht wurde —
erst im sonderleben der einzelnen dialekte in einfaches -$- über-
ging, — dieser Voraussetzung widerspricht keine einzige unbe*
dingt beweiskräftige tatsache des Griechischen.
Zur bildung des sigmatischen aoristes. 39
5.
Doch nehmen wir einmal den unwahrscheinlichen fall an,
es vnirde in künftigen tagen durch eindeutige tatsachen der
strenge beweis dafür erbracht, dass die aoriste ofioaai, dafiaaaiy
oliaai u. s. w. in denjenigen dialekten, die daneben ddaaaa&ai,
iaoßad'ai^ fheaaiy laai u. s. w. besitzen, nicht lautgesetzlich
aus 6f,i6aaai^ dafidaaaiy dXaoaai entstanden sein können, —
setzen wir also das als wirklich bewiesen an, was W. Schulze'ns
argumente nicht zu erweisen vermögen: auch dann ist die von
mir aufgenommene Bezzenberger-Fick'sche Erklärung des
sigmatischen aoristes nicht „endgiltig gerichtet*', auch dann
kann o/aooaai älter und ursprünglicher als 6(i6aai sein. Denn
— und damit komme ich zu dem zweiten meiner sätze —
ofioaai braucht gar nicht lautgesetzlich aus ofioaaai
herrorgegangen zu sein, es kann aus den aoristen langvokaliger
verbalstämme wie Xv-^sai. Ti^fj^aai^f in denen das einfache a
hinter langem vokale lautgesetzUch aus aa entstanden war,
auf dem wege der formenausgleichung einfaches a
statt des ursprünglichen aa bezogen haben. Diese möglichkeit
habe ich in meiner formulierung des „gesetzes'^ keineswegs aus-
geschlossen: ich habe lediglich behauptet, dass das ursprüng-
liche aa ,,er8t in den einzelnen dialekten im laufe der zeit ver-
einfachf sei — ob auf lautgesetzUchem wege oder durch
formenassociation, wird die Untersuchung in jedem specialfalle
festzustellen haben. Es ist durchaus nicht gesagt, dass in allen
dialekten, die ofioaav aufweisen, das einfache a sich auf eine
und dieselbe weise entwickelte.
Die erklärung des ofioaai aus einer formalen anlehnung an
Xvaai. beruht auf der Voraussetzung, dass ursprüngliches -aa^
hinter langen vokalen (also in *Xv'aaai) lautgesetzlich zu -a-
geworden ist. Dass keine tatsache des Griechischen dieser an-
nähme widerspricht, dass vielmehr rfiav = ssk. ds-se ihr günstig
ist, habe ich bereits oben auseinandergesetzt.
Auch sind die bedingungen, unter denen im allgemeinen
eine formenausgleichung stattzufinden pflegt, in diesem falle
vollkommen erfüllt: die angeglichene form (dfio-aai) ist ihrer
vorläge (Xv^aat) in bedeutung und bildung eng verwandt und
steht hinter ihr an häufigkeit des Vorkommens erheblich zur
rück: gegenüber der unendlich grossen zahl der aoriste von
40 O. HoffmaDn
stammen anf lange Yokale bilden die aoriste des typus o^o-itaij
ole-aai nur ein kleines häuflein.
Fralich führt W. Schulze zwei grande gegen die annähme
einer solchen formenaosgleichung ins feld.
In KZ. XXIX 268 hält er sie deshalb für unwahrscheinlich,
weil 6fi6-<f(u für drei Yon einander unabhängige dialekte be-
zeugt seL Ein wunderliches argument! Als ob eine associations-
bildung, die auf der inneren engen Zusammengehörigkeit zweier
formen beruht» nur in einem einzigen dialekte oder nur in
nachbardialekten, die im leihverkehr mit einander stehen, zu
erwarten wäre! Es kann doch Schulze'n unmöglich unbekannt
sein, dass mehr als eine associationsbildung an den Ycrschie-
densten punkten des griechischen Sprachgebietes zu Yerschie-
denen zeiten auftaucht, ohne dass auch nur im entferntesten
an eine entlehnung oder „wellenförmige'^ Verbreitung zu denken
ist. Soll ich dafür noch beispiele geben? Die stamme auf
-cor-, nom. sg. -rjg bilden nach analogie der vokalischen stamme
den akkusativ sg. auf -f/-y (statt auf -£a oder -17): akkusative
dieser art sind belegt aus dem Alt-Attischen (Meisterhans >
105 107), dem Lesbischen (Verf. 6D. n 548), dem Eypri-
scben und Arkadischen (Verf. OD. I 251), dem Böotischen
(hier auf -eey endigend, Meister GD. I 268). Man nimmt all-
gemein wohl mit recht an, dass in eixoai gegenüber dem fei-
%avi fiyuni der dorischen dialekte das -o- statt -a- aus den
zehnem anf -xovta herübergenoromen sei: die form eixoai ist
für das Ionisch- Attische, fürs Äolische (Verf. 6D. 11590) und
fürs Arkadische (Verf. 6D. 1288) bezeugt. Die nrgriechische
participialform *Saaa „die seiende'' = ssk. satt^ im Messeni-
schen Argiyischen Kretischen zu iaaaa erweitert, wurde von den
lesbischen Äolem (Verf. Dial. II 472) und Argivem in Epi-
dauros (S6DI. 3340») und Trozan (SGDI. 3364b»i) nach dem
männlichen stamme ht- » ssk. sant- in eaaa umgewandelt.
Solche belege Hessen sich zu dutzenden anführen. Das auf-
treten derselben formenausgleichung in verschiedenen von ein-
ander unabhängigen dialekten ist ja doch ebensowenig wunder-
bar, als wenn mehrere dialekte unabhängig von einander den
gleichen lautwandel (z. b. von e vor vokalen in i) vollziehen.
Ob die annähme einer associationsbildung wahrscheinlich oder
unwahrscheinlich ist, hängt davon am allerwenigsten ab, ob
diejenige form, deren lautgestalt man auf einen formalen aus-
Zur bildung des sigmatischen aoristes. 41
gleich zurückführt, in einer stadt oder in zehn Städten spora-
disch auftritt. Die intimität der beziehungen zwischen den
beiden formen, deren eine auf die andere gewirkt haben soll,
ist das erste criterium für die beurteilung der grösseren oder
geringeren Wahrscheinlichkeit einer formenuusgleichung.
Noch überraschender wirkt Schulze'ns zweiter einwand
KZ. XXXIII 131 : gegen eine analogische Umbildung von ofioa-
aai in ofioaai unter dem einflusse von Xxjaai soll »,das zeugnis
der inschriften von Gortyn laute einspräche** erheben.
„Ganz ähnlich** führt Schulze aus „wie im sigmatischen
aoriste liegen nämlich die Verhältnisse im dat plur. dritter
deklination, dessen suffixales a lautgesetzlich nur nach konso-
nanten erhalten bleiben konnte, aber durch die macht der
analogie auch in allen anderen formen vor der Vernichtung, zu
der es durch seine freie Stellung zwischen vokalen eigentlich
verurteilt war, bewahrt worden ist. Hier hat sich nun der
einfluss der weitaus überwiegenden formen mit einfachem a als
nicht kräftig genug erwiesen, die pluraldative auf -aav (ursprüg-
Uch dent. + ^9 ^ + ^) ^^ formen mit einfachem Zischlaute
umzuwandeln: kret. ^Aqytad'&i und ßitsd'&i sind oben belegt
worden. Ebensowenig hätte meines erachtens auch die analogie
von üTtevaai Xvaai und genossen ausgereicht, die postulirten
formen ofioaaai xaXiaoav in die lautgestalt der thatsächlich
belegten ofioaai xaUaat, überzuführen^'.
Also — weil aa im dative ßheaai, trotz iW/rot-at, noXt^ai
u. a. nicht per analogiam vereinfacht ist, soll auch ein ofioaaai
nicht durch den einfluss von Xv-aai, in ofiöoai haben umge-
wandelt werden können. Da fragt man doch staunend: wirkt
denn die macht der analogie ebenso ausnahmslos wie ein laut-
gesetz, ist die spräche dazu verpflichtet, eine bestimmte formen-
ausgleichung , die sie in der konjugation eintreten lässt, unter
ähnlichen bedingungen auch in der deklination durchzuführen?
Ich glaube, dass kein einziger Sprachforscher ausser W. Schulze
diese frage bejahen wird. Es wird niemand für die in ver-
schiedenen griechischen dialekten aus alter zeit belegten akkusa-
tive sg. der konsonantischen stamme auf -a-v statt auf -a »
-w (z. b. kypr. dvÖQidvza-v , ijatrJQa-^v verf. GD. I no. 140 1
1348 135 s), die man allgemein und gewiss mit recht als ana-
logiebildungen nach den akkusativen vokalischer stamme wie
liyO'V^ Tvokt-v u. s. w. aufgefasst hat, diese art der entstehung
42 0. Hoffmann
deshalb bestreiten, weil die erste person sg. des sigmatischen
aoristes auf -a « hvi (z. b. kypr. efSQ^a verf. GD. I no. 146»)
nicht durch die gleiche form der vokalischen stamme auf -v
z. b. eXiTTO'Vy slno-v, eq)V'V in kaTtjoa-v umgewandelt sei.
Wer sich aber einmal das recht herausnimmt, von der
spräche zu verlangen, dass sie unter ähnlichen Verhältnissen
stets die gleiche formenassociation vollziehe, der muss wenigstens
diese forderung nur dann stellen, wenn wirklich ähnliche Ver-
hältnisse obwalten. Bei den dativen ßheaat, ^^naoav liegen
jedoch die Verhältnisse nicht „ganz ähnlich'^ wie bei o/aoaaaiy
sondern gerade umgekehrt. Wenn d^o-aai, auf dem wege
der forroenausgleichung aus ofio-aaaL hervorgegangen ist, so
haben die aoriste des typus lu-aat (d. h. aoriste von stammen
auf lange vokale) die vorläge gebildet: die basis , auf der sich
ein einfluss von Iv-aat auf die spärlichere klasse ofichaaai ent-
wickeln konnte, bestand also in der tatsache, dass beides aoriste
vokal isch auslautender stamme waren. „Ganz ähnlich**
würden also im dativ plur. die Verhältnisse liegen, wenn ein
*7i6h-aac durch den einfluss von iTVTtoi-ai TifArj-ai in noXi-ai
umgewandelt wäre. Aber bei ßhsaac ^^Qndaat handelt es sich
ja um konsonantische stamme! Wäre in diesen formen
das -aa- per analogiam durch -er- ersetzt, so müssten wir darin
einen einfluss der vokal ischen stamme (iTtnoiai^ ti^rjai
u. s. w.) sehen: dass aber ungleichartige stamme einander
ebenso leicht beeinflussen, wie gleichartige, wird sich schwer-
lich behaupten lassen, und schon dieses argument würde voll-
auf genügen, um ein ßheaav neben öiaoaai zu rechtfertigen.
Es kommt aber noch dazu, dass die übrigen dative der kon-
sonantischen stamme sich einer Vereinfachung des -aa-
direkt widersetzt haben würden. In fersa-ac, '^^xacr-crt
kam in der doppelkonsonanz der auslaut des Stammes und der
anlaut der endung genau so zum ausdruck wie in ywaiyc-ai^
KvnXoTt^ai. Es würde deshalb sogar nicht wunder nehmen,
wenn ein lautgesetzlich entstandenes /hsac, ^Agndai. nachträg-
lich nach den Vorbildern ywatn-al^ Kvxkoit-ai wieder in fhea-aty
^uäQyLad'OL > ^^Qnao-ai zurückverwandelt wäre. Jedenfalls war
aber das -aa- in J^izea-ai ^Aquaa-ai durch die übrigen konso-
nantischen stamme gerade geschützt, während es in dem
seltenen ofio-aoai gegenüber dem -a- des eng verwandten häu-
figen aoristtypus Xv-aai auf einem isolierten posten stand.
Zur bildung des sigmatischen aoristes. 43
Damit sind Schul ze'ns einwände erledigt.
6.
Bezzenberger's und Fick's erklärung der sigmatischen
aoriste Iv-om^ Ofio-Gaai: 6fi6-aat ist also noch heute ebenso
gut möglich *), wie die von W. Schulze verfochtene. Welche
von beiden ist die wahrscheinlichere?
Setzen wir mit Bezzenberger und Fick das -cra- und
-j- im aoriste der vokalisch auslautenden stamme dem indischen
'Sis' morphologisch gleich und betrachten wir *Xv-aaai
OfiO'Oaai als die ursprünglichen formen, so lassen sich, wie ich
ausgeführt habe, alle drei historischen formen Iv-aai ofio-aaat
und ofio-aai ohne Verletzung eines sicher erwiesenen laut-
gesetzes auf rein lautmechanischem wege aus jenen grundformen
ableiten, oder es ist, wenn wirklich kret. thess. herakl. ofio-aai
xaU-aai sich einer lautgesetzlichen ableitung aus ofioaaav xa-
leaaat widersetzen sollten (was weder W. Schulze noch ein
anderer bis jetzt bewiesen hat), nur für diese formen die nahe
liegende annähme einer analogiebildung nach dem häufigen
typus Xv^aac erforderlich.
W. Schulze muss zwei auf einander folgende akte der
formenausgleichung annehmen: zuerst Iv-aai o/ÄO-a-ai (statt
*XvaL *6in6ai) nach dclx-a-ae, und zweitens homer.-aeol. o^io-
aaat (für ofiihoai) nach reXia-aai aTtaa-aaa&at u. ähnl. Dabei
') Ich meine natürlich in erster linie die ansetzung eines ursprüng-
lichen -aau" in den griechischen aoristen der vokalischen stamme:
denn Schnlze stellt sich lediglich auf den boden der griechischen gram-
matik. Das lautliche Verhältnis dieses -aaa- zu ssk. -sii- will ich hier
nicht erörtern, zumal da wohl keine hofifnung vorhanden ist, dass etwas
sicheres sich je wird ermitteln lassen. Die einwände Brugmann's MU.
in 83 ff. gegen Bezzenberger's gleichung -aaa = ssk. -siiam sind recht
unglücklich, weil ein jeder derselben wieder auf einer unbewiesenen und
unbeweisbaren Voraussetzung beruht. Meines erachtens besteht der eigent-
lich nur von Fick klar hervorgehobene wert der deutung Bezzen-
berger's darin, dass sie die griechischen und indischen aoriste auf das
gleiche bildungsprincip (eine Verdoppelung des aoristischen -«-) zurück-
führt. Dasindische t zwischen den beiden «-lauten, in dem Brugmann
den haupt-anstoss erblickt, spielt gar keine rolle, da es speciell indisch
sein kann und einen idg. laut nicht darzustellen braucht. Aus der glei-
chung ^ia < ♦^-/■€/J-€<ya = ssk. d-ved-isam den lautwert des i be-
stimmen zu wollen, scheint mir recht bedenklich«
44 0. Hoffmann Zur bildung des sigmatischen aoristes.
lässt er die älteste belegte form des Oriecfaischen, nämlich
OjUoWcrt, erst aus dem später belegten o/Äoaai hervorgehen.
Ich für meine person ziehe, wenn ich die wähl zwischen
zwei möglichkeiten habe, die einfachere lösung der komplicier-
teren vor. Doch ist der geschmack in solchen dingen ja ver-
schieden. Hoffentlich haben meine ausführungen den einen er-
folg, dass solche urteile, wie sie Brugmann (MU. III 83 „es
kann... kaum ein zweifei darüber bestehen, dass diese
formen — die aoriste und futura des typus oXe-aa- : oAc-a-,
ofio-aO' : ofio-O" — nach der analogie von verbalstämmen auf
a oder auf dentale explosivlaute . . . gebildet sind"), W. Schulze
und 6. Meyer 66. ^ 611 mit den der Bezzenberger'schen an-
sieht beigelegten prädikaten (,,end gültig gerichtet" und
„unrichtig") gefällt haben, künftighin bei vorurteilsfreien
lesern nur den eindruck unbewiesener behauptungen hervor-
rufen.
Breslau im märz 1899. 0. Hoffmann.
Gr. eupu<; und hom. ^oAripa.
6r. evQvg wird allgemein aus *i'ßQV' mit prothetischem
€- erklärt und soll sich zu ai. urü- aus ^^j-r-ü — ai. d-grti- :
gurü" verhalten. (Vgl. Brg. 6r. gr. * s. 31.) Wenngleich jAw.
vourti- und ai. var- nur auf *ufr' zurückgeführt werden können,
ist für ai. urü- (vgl. Wackernagel Ai. gr. s. 24 u. 42) und
im zusammenhange damit auch für gr. evQvg eine andere er-
klärung notwendig.
Der vergleich mit den ablautverhältnissen von ai. gurü,
-grur neben gar- ist hinfällig, da der lautbestand von ai. ur-ü
infolge des anlautenden u von rar- anderer herkunft ist. Wie
die wurzeln idg. *dieU' (ai. dyau-^ gr. tßv-) und *dei^ (lit
dev') zwei verschiedene schwundstuf enformen idg. *dj[u- und
*d»jf- entwickeln mussten, stehen neben gr. evQ^ aus idg. *eur-
und der für das Ar. vorauszusetzenden grundform *var aus
iclg. *u^' (uor-) die schwundstufenform idg. *ur- und w&J^f
Hans Reichelt Gr. evQvg und hom. evXtjQa, 45
entsprechend aL vr- und var-, jAw. vour-, [ai. wr- : gr. «rp-
«■ *dtjf : *deiu; ai. var-, jAw. f?owr- : *«fer- = *diu' : *dieU'.]
Gr. 'Pcia, ion. 'Pe/ij aus */Q'ۧ-j^ (Pott Et. f. ^ 178,
Brg. a. b.). Hier liegt die mit ai. ur-tn übereinstimmende form
des fem. vor, deren ursprünglichkeit dem spätem eigeia gegen-
über mir durch die betonung verbürgt zu sein scheint. Neben
dem masc. idg. *^V-ttö (aus ursprachlichem *eur^u8 war in
der composition -eir-us geworden, yerf. o. 25, 238 ff.) hat
sich infolge der suffixbetonung des fem. idg. *ur-ui, ai. urm,
gr. ^a aus *UQ'{B)/'ia mit schwundstufiger Stammsilbe ge-
bildet. Im Ai. wirkte das fem. auf das masc. zurück, im Gr.
das masc. auf das fem.
Hom. &üJiriQa; avlrj^ov, SßXtjQov (Hes.) neben lat. lörum
wird gewöhnlich aus *e'/X^riQO^ mit prothetischem €- erklärt
und zur wurzel /eX^ gestellt Erscheint schon diese ableitung
der mangelhaften ausdeutung wegen {ä/to tov rce^ielsla&ai
Tovg ifiayroQ x^^ '^^^ ipficxwv Schol.; Curt. et. ^ 568; Fick
W. s U 236 oder Ttaga tov Hksiv %ovg %7tnovg Doederl. Gl. 470)
gekünstelt, so weist noch die grundbedeutung von lat lörum
„riemen^^ (als gürtel, peitsche oder zügel verwendet) darauf hin,
dass die gr. vorsilbe €<;-, av- die bedeutung des wertes derart
zu specificiren imstande gewesen sein muss, dass evXrjQa auf die
alleinige bedeutung „zügel'* beschränkt wurde. Ich glaube dies
auch etymologisch rechtfertigen zu können. Mir scheint hom.
na^ioy, Tvaqeiai aus * TtaQ'fjf-iovy ^Ttaq^ß-iai in seiner Stamm-
silbe dasselbe element zus enthalten, wie «i;-, ai\ nagy^iov be-
deutet „wange, backe'S bes. von thieren und IL 4, 142 „backen-
stück am pferdezaum". ^Xij^ ist demnach der über die
backen des pferdes gehende riemen, also nur der „zügel''. Die
Stammabstufung dieses dementes ist eine dreifache. *e^ (/ra-
qriiov) : *^. (naQeialy svXrjQa) : *9U (avXrjQOv^ SßXriQOv).
Anmerkung. Ob naqijiov zu der sippe o^s-y bus^
,mund etc.' zu stellen ist, wie J. Schmidt schon angedeutet
hat, scheint mir sehr zweifelhaft; auch sind die lautverhältnisse
dieser sippe noch zu wenig aufgeklärt, um sie mit erfolg heran-
ziehen zu können.
Baden bei Wien. Hans ReicheÜ.
46 W. Prellwitz
Lat. p7^mores.
In seiner habilitationsschrift „die comparationssuffixe im
Lateinischen" (IF. XI, 1 flF.) bespricht herr Ferdinand
Sommer unter den komparativen auch hX. primörSs (s. 64ff.).
Er sieht darin, einem gedanken Pott's folgend mit Osthoff
(IF. VIII, 52) eine analogiebildung und zwar glaubt er den
w^ aufdecken zu können auf dem „diese komparativische er-
weiterung des Superlativstammes p^tmo- unter dem einfluss von
prior^' zu stände gekommen sein soll. Er sagt: „Es konnte
nämlich« denke ich, leicht geschehen, dass bei den begrifflich
nahe verwandten Wörtern priores und primi die genetive prio-
rum und primorum auch formell als gleichartig empfunden
wurden und die folge davon war, dass zu primorum nach dem
Verhältnis prior um zu priores ein nom. primores, dat. primo^
ribus usw. geschaffen wurde'^
Mir scheint es fabelhaft, den Römern, deren sinn für gesetz
und norm ja bekannt ist, eine so geringe fertigkeit im decli-
nieren zuzutrauen. Ich habe diese deutung hier nur als kenn-
zeichen für eine ganze gattung hingesetzt. Betreffs der bedeu-
tung behauptet Sommer, dass sie eigentlich rein lokal, nämlich
„vorderer" gewesen sei. Als beleg führt er Plaut. Trin. 4. 2. 65,
Bacch. 4. 4. 24, Poen. 3. 1. 63 an. Local war die bedeutung
allerdings, der gebrauch aber eigentümlicher weise zunächst auf
körperteile beschränkt und gar nicht komparativisch, sondern
durchaus superlativisch gleich jmmus.
Mich hat die erstgenannte stelle des Plautus vor jähren
bereits auf einen ganz anderen ein fall gebracht, der sich mir
auch jetzt noch zu bewähren scheint. Betrachten wir sie ein
wenig genauer. Ein sykophant ist von Gallicles gedungen, um
einen brief von dem fem geglaubten Charmides an seinen ver-
schwenderischen söhn zu übergeben. Charmides ist aber bereits
heimgekehrt und trifft den betrüger, der ihn gar nicht kennt,
vor seinem hause. Der geschwätzige sykophant erzählt ihm,
was ihn herführe, kann aber dem höchst erstaunten alten nicht
einmal den namen seines auftraggebers, mit dem er so eng be-
freundet sein will, nennen. Devorävi nomen imprudens modo.
Etwas beleidigt erwidert Charmides: Non placet, qui amicos
Lat primöres. 47
ifUra dentis conelusos habet, worauf der sykophant: Atqui etiatn
modo vorsabatur mihi in labris primoribus „und doch sohwebt
er mir eben noch auf der zunge^S in dem er offenbar eine
sprichwörtliche redensart braucht. „Er war mir ganz vorn auf
den lippen^' steht im gegensatz zu intra dentes und zu devo-
ravi, ist also nicht im mindesten komparativ. Labris primoribus
aUingere braucht Cicero (de orat. 1. 19. 87), um eine ganz
oberflächliche beschäitigung zu bezeichnen, in demselben sinne
aber heisst es bei ihm de natura deorum 1. 20: primis, ut diei"
tur, labris gustasse physiologiam, wie ja überhaupt für primöres
in jeder anwendung primi gesagt werden kann.
Wie den lippen wird unser wort in der alten spräche auch
gern der nase als attribut beigegeben. Vgl. Lucil. frgm. 427. 27
Eduxique animam in primoribus naribus, Afran. frgm. in nari-
bus primoribus vix perferre. Lucr. 6. 1191 nasi primoris acu-
men tenue „die äusserste nasenspitze war dünn'' (bei der be-
Schreibung der pest in Athen). Die fingerspitzen sind oft digiti
primöres. Digitis dtiobus primoribus sumere heisst ein wenig
mit zwei fingerspitzen nehmen (Plaut. Bacch. IV. 4. 67ö), vgl.
Cato de re r. 21. 2 u. s. Doch unterscheidet Cicero (Cael. 28)
primoribus labris gustasse hoc genus vüae et extremis,
ut dicitur, digitis attigisse. Die spitze der zehen heisst summi
digüiy Turpilius aber sagt auch (frg. 31) sandalio innixa digi-
tulis primoribus. Primöres dient also besonders zur bezeich-
nung des lippenrandes und der nasenspitze, der teile des ge-
siebtes, dann auch, mit naheliegender erweiterung des gebrauchs,
der digiti.
Danach erklärt sich mir unser wort als compositum aus
primus und os wie primaevus (Catull) aus primus und aevum.
In der declination stimmte labra primora^ nasi primoris,
u. s. w. ganz mit den komparativen überein (vgl. inopum),
konnte daher leicht zu ihnen gerechnet werden. Dann musste
sich aber die bedeutung des zweiten bestandteils, der jetzt bloss
Suffix zu sein schien, verlieren und das wort die allgemeine
bedeutung „der erste, vorderste" erhalten. Wegen dieser ver-
quickung mit den comparativen hat man offenbar auch die
bildung des nominativ singularis vermieden. Denn *primös
od^ *primöris (vgl. muUinominis) wiche von den comparativen
ab, und die notwendigkeit * primor zu bilden, das wieder von ös
abstünde, lag nicht vor, da man ja primus brauchen konnte.
48 W. Prellwitz LaL primöres.
Sehr nahe wird nun uns durch die angeführten belöge die
Vermutung gelegt, dass primäres, zunächst immer nur zu teilen
des gesichtes hinzugefugt, sich erst allmählich einen weiteren
anwendungskreis erobert hat Notwendig ist diese annähme
aber keineswegs. Denn ös heisst ja nicht bloss „mund, gesicht^S
sondern schon in alter zeit ^^vordere seite, rand", wie öra und
das identische äa (s. Bezzenberger o. VI 236), ags. ör, öra
(Kluge PBr. B. VIU 522), worin Joh. Schmidt (Pluralbil-
dung der idg. neutr. 117) nur eine alte nebenform des neu-
tralen ÖS erkannt hat. Primo öre könnte danach ,,ganz vom,
an der Vorderseite*^ übersetzt werden und daraus dann das
spätere primäres entstanden sein, ohne dass die beziehung auf
das angesicht jene rolle gespielt hätte, die anzunehmen die
älteren belege so sehr nahe legen.
Dass hier hypostase eines ablativs (oder vielmehr eines
instrumentals der erstreckung) prima öre vorläge, schien mir
früher sicher. So ist z. b. aus muüis modis das öfter bei Te-
renz und einmal bei Nepos Themist. 10. 4 vorkommende mul-
timodis, aus miris modis ebenso mirimodis (Plaut Trin. 931 s.
Brix zu der stalle) entstanden und aus muUimodis weiter das
späte adjectiv muUimodus (Amm. Augustin). Über andere fälle,
wo nomina aus casus entstanden sind, s. o. XXIV 94 ff. Be-
sonders deutlich ist JuawtrJQiov aus Jil aaniJQty worüber Fick
0. XXII, 236. Jedoch, es kann auch sehr wohl primöres sofort
als compositum in's leben getreten sein wie z. b. primaevus,
muUigeneris, magnanimus,
Tilsit W. Prellwitz,
Die etruskischen familiennamen auf -tru.
Neben den etruskischen familiennamen auf -^ra, -d-uri,
-^uru, '&urna, die ich in meinem vorigen artikel (o. XXV,
1 94 ff.) besprochen habe und die allesamt, wie sich gezeigt hat,
auf einen vomamen als basis zurückgehen, dessen erster teil
ein gottesname ist, während der zweite das wort -^r ^^-yorog,
-gena^^ enthält, giebt es nun noch eine weitere gruppe von
familiennamen, die auf -im endigen.
Carl Pauli Die etruskischen familiennamen auf '4ru. 49
Da von vom herein» lautlich sowohl wie im bau der formen,
eine gewisse ähnlichkeit dieser namen auf -tru mit den obigen
auf -&ura u. s. w. besteht, so erhebt sich sofort die frage, ob
nicht diese formen auf ^ru auch von ähnlichem Ursprung seien,
wie jene, d. h. ob nicht auch sie als basis einen vornamen ent-
hielten, dessen erster teil ein gottesname sei, mit dem dann
das -tru des zweiten teiles zusammengesetzt sei.
Auch hier wird zunächst eine Zusammenstellung des
materials in derselben weise, wie bei den inschriften mit -^r-,
zu geben sein. Die einschlägigen formen sind die folgenden.
1) pulenas • veldar • lariaal acnatruak • avils • LXXV —
Tarquinii — Ga. no. 800.
„Velthnr Pulenas, äes Laris und der Acnatrui (söhn),
afmorum LXXY^^
2) pt^enoB ' vel : larisal LXXV acnatrucUc * ^nxi^äus —
Tctrquinü — Ga. no. 801.
„Vel Pulenas, des Laris und der Thanchvil Acnatrui (söhn),
annorum LXXV.
apcriru.
3) ram&a : apatrui : lar&al : sex * l^r^olc • ale9nal —
Tarquinii — Fa. no. 2335 c.
„Ramtha Apatrui, des Larth tochter und der Larthia
Alethnei^^
4) larS' ' am^al - plecus : clan : ramd-fajsc : apairual i
Tarquinii — Fa. no. 2335 a.
„Larth, des Arnth Plecu söhn und der Ramtha Apatrui^^
Grabschriften von mutter und söhn.
apaiatru.
5 a) ram^a huzcnai ^i : ati : nacnva : lar&ial \ apaior
trus Tarquinii — Fa. suppl. I, no. 436 a.
b) ram9a : huzcnai : 9ui : eesu : afi : nacna : lar&idl :
apiatrus Tarquinii — Fa. suppl. I, no. 436 b.
„Ramtha Huzcnai liegt hier in diesem grabe des Larth
Ap(a)iatru'^
B«iMce t. Innil« d. iadg. ipmilttii. XXVI. 4
50 Carl Pauli
veratru,
" 6) «i • vercUru \ iiqxdia^ — Clusium — Fa. suppl. I, no.
251 bis i - CIE. no. 1566.
„Vel Veratru, der Uphalia (söhn)".
7) Id' • ve[r]atru \ wpaliasi — Clusium — Fa. suppl. I,
no. 251 bis k = CIK no. 1567.
„Larth Veratru, der Uphalia (söhn)''.
Grabschriften zweier brüder.
8) Is vera\iru \ freias — Clusium — Fa. suppl. 1, no. 251
bis 1 = CIE. no. 1569.
„Laris Veratru, der Freia (söhn)".
9) Aule • Veratrg \ AuUs — Clusium — Fa. suppl. I,
no. 251 ter aa = CIE. no. 1571.
„Aule Veratro, des Aule (söhn)''.
Die inschrift ist in lateinischer schrift.
10) qpflla : vercUrsa \ lavtnüa : purnal -^ Clusium — Fa.
suppl. I, no. 251 bis h - CIE. no. 1570.
„Phila, des Veratru (gattin), die freigelassene der Purnei".
Ohne zweifei eine griechin.
IIa) Aa * vercUrunia | velu — Clusium — Fa. suppl. I,
no. 222 bis a - CIE. no. 2162.
b) ha ' veratrunia -^ Clusium — Ga. no. 343 = CIE.
no. 2163.
„Hastia Veratrunia, des Vel oder der Velui (tochter)^'.
a. Grabziegel, b. OUa, beide auf dieselbe person sich be-
ziehend.
12) Hastia • Veratronia — Clusium — Fa. suppl. I, no.
251 ter z = CIE no. 1572. Gleichfalls in lateinischer schrift
geschrieben.
lemnüru.
13) petrus : veldt^r : lemnitru — Surrina — Ga. no. 74S.
„Velthur Petrus Lemnitru".
faltru.
14) 0 faltru tüis dunum dede — Tuder — Fa. no. 85.
„Autus FaUronius Tifio donum dedit^'.
Die inschrift ist umbrisch, aber mit etruskischen elementen.
Ein solches ist auch der name faltru. Dass wahrscheinlich
Die etruskischen familienDamen auf 4ru. 51
das Q hier nach den wert f (nicht h) habe, davon habe ich
Altit. forsch. III, 123 gehandelt. Die frühere lesung und deu-
tung <»hal trutitis ,,Ahala Truttidius" ist zu yerwerfen.
15) hatrunia : l : vipiä \ murinasa — Glusium — Fa. suppl.
I, no. 251 bis o.
„Ha(l)trunia, die lauinid'a des Vipi, des Murina (gattin)'^
Die form hatrunia steht in Clusiuni lautgesetzlich für
faltrunia. Auch über diesen namen habe ich Altit forsch. III,
123 gesprochen.
fiistntru.
16) vd • faatntru ' ad- — Clusium — Fa. no. 562 ter g =
CIE. no. 941.
yyVel Fastntru» des Amth (sohn)^\
17) ad' ' fasntru * sinunias —• Clusium — Fa. spL III,
no. 212 = 6a. no. 179 = CIE. no. 3038.
9,Arnth Fasntru, der Sinunia (söhn)''.
18) ^a : cupdnei : fastntrusa — Clusium — Fa. no. 494
bis c ^ CIE. no. 1326.
„Thana Cupslnei, des Fastntru (gattin)".
20) .... fastntru : marcnäl — Clusium — Fa. no. 562
ter f — CIE. no. 946.
„. . . . Fastntru, der Marcnei (sohn)^^
21) ol : hasMru : marcnal — Clusium — Fa. no. 562
ter 6 =» CIE. no. 945.
„Val Hastntru, der Marcnei (söhn)".
22) aJ^ • tutna • hastntru • sutnal — Clusium — Fa. no.
562 ter b - CIE. no. 942.
„Arnth Tutna Hastntru, der Sutnei (söhn)**.
23) 9ana ' tutn fu • faltuäla • mqrcnäa — Perusia — Fa.
no. 1818.
„Thana Tutnei Fastntrui, des Maroni Paltusa (gattin)'*.
tutn fu ist äbkürzung für ttUnei * fastntrui.
Neben diesen formen auf 4ru steht nun noch ein weiterer
name, der seiner ganzen erscheinung nach mit ihnen verwandt
sein kann und dessen belege ich daher gleichfalls hier anfüge.
Es ist dies der name
52 Carl PauU
»ac(u)t(u)ra.
24) lar» : »acutura ^ Gluaittm — CIE. no. 2818.
,,Larth Thacutura'^
lar» ' »acprq • Clusium — CIL. no. 2319,
„Larth Thactra".
25 a) v2 : ^actara : 19^ : aülias : | — Clusium — Fa. no.
b) vi : »actara : l» : aulia? i2558ter— CIE.no. 2320.
„Vel Thactara, des Larth (und) der Aulia (söhn)''.
Doppelinschrift auf den beiden selten eines grabziegels.
25) hastia : d'octrei : quliaS : 'd ' — Clusium — Fa.
no. 48 «- CIE. no. 2321.
„Hastia Thactrei, der Aulia (und) des Yel (tochter)*^
Die erste frage, die sich hier erhebt, ist die nach dem Ver-
hältnis dieser formen zu denen auf -^ura u. s. w. Unter diesen
letzteren gab es auch solche auf — &uru (diese zeitschr. 25, 203),
die sich in --^ru zusammenziehen, und da es feststeht (cf. Deecke
in Malier Etr. 11 ', 413 sqq.), dass im Etruskischen nicht selten i
und ^ mit einander wechseln, so könnten die namen auf -4114 mit
denen auf ^^ru identisch sein. Aber andererseits ist auch die
möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass zwei verschiedene bil-
dungen vorliegen. Es muss versucht werden, festzustellen,
welche dieser beiden möglichkeiten thatsächlich vorliege. Die
familiennamen auf -^ra u. s. w. waren abgeleitet von Vor-
namen auf -^ur, und so wird sich die Untersuchung zuerst
darauf richten müssen, ob sich neben den formen auf -^ur bei
denselben vomamen auch die Schreibung mit -iur finde. Das
ist nun in der that der fall. Es waren der unmittelbar beleg-
baren vomamen auf -^r vier, nämlich am&ur, lardw, vel^r
und tin^r. Von diesen haben lar^r und vd9ur nun wirk-
lich formen neben sich, die mit t geschrieben sind. Die belege
sind die folgenden:
vdtur — Bologna — Fabr. suppL 11, no. 1.
veliur • lard" — Viterbo — Deecke in dieser zeitschr.
I, 108. no. XVn.
laturus ipianus apan in — „des La(r)tur Ipiana geschenk
(ist) dies^' — San Zeno bei Bozen — Fabr. no. 23.
Über Worttrennung und deutnng dieser inschrifk habe ich
Altit. forsch. I, 101 gehandelt. Damach steht die form laturus
far larturuB, genetiv von lartur.
Es liegt nahe, anzunehmen, dass diese beiden namen veUur
Die etruskischen familiennameii auf -tru. 53
und lartur nur lautliche nebenformen von f>el9ur und lar9ur
seien, und Deecke (Eta:. forsch. lU« 124) sieht die sache in der
that so an, allein notwendig ist diese annähme keineswegs, es
liegen vielmehr gründe vor, die gegen sie sprechen.
Zunächst ist es ja zwar richtig, dass im Etruskischen
Tenues und Aspiraten mit einander im Wechsel sich finden,
allein, abgesehen von fremdwörtern, ist dieser Wechsel im ganzen
doch nicht sehr häufig und im allgemeinen hält das Etruskische
beide laute reinlich aus einander. Zwar sagt Deecke (in K. 0.
Müllers Etr. 11 >, 412): ,,Die aspiration ursprünglicher tenues,
bei fremdwörtem auch hin und wieder einer media, ist eine in
der etruskischen spräche weit verbreitete erscheinung'S und er
fugt dann eine lange liste bei, in der dieser lautwandel statt-
finden soll; allein von dieser liste wird, bei kritischer Unter-
suchung, wohl die reichliche hälfte der gegebenen beispiele zu
streichen sein. Deecke selbst hat das gefühlt und fügt vor-
sichtig hinzu: „Ebenso ist es nicht sdten zweifelhaft, ob zwei
lautlich nur durch aspiration unterschiedene stamme auch wirk-
lich identisch oder von vorne herein aus verschiedener würze
oder bildung entsprossen sind^^
Weiter sollte man glauben, dass, wenn wirklich zwischen
unseren formen auf 4ru und denen auf '9(u)ru Zusammenhang
vorhanden wäre, doch bei irgend einem der belegten gentil-
namen irgend einmal die beiden suffixformen ^ruwud -dru mit
einander wechselten. Aber das ist nicht der fall, es giebt dafür
auch nicht ein einziges beispiel. Auch das spricht dafür, dass
beide bildungen von hause aus unverwandt sind.
Dazu kommt endlich noch der umstand, dass sich in den
obigen beiden vomamen die doppelformen vd&ur, lardur und
veUurj laHur ohne gleichsetzung mit einander völlig genügend
erklären lassen. So wie wir nämlich im Ghriechischen z. b. ein
'drcoXkoyhfig und ^ATtoHoöwfog neben einander haben, so kann
auch im Etruskischen eine bildung auf ^dw „-^m/g^* eine solche
auf '4ur ^^-dmqogf^ neben sich haben und letztere zu dem ver-
bom turce „dedä" gehören. Das ist um so wahrscheinlicher,
als wir in dem götternamen muani(u)m» (cf. die belege so-
gleich) eine bildung besitzen, die in ihrem zweiten teil die
Wurzel tur „geben" sicher enthält.
Damit würde dann zugleich bereits die bedeutung dieses
-^; wie es vdtur und lartur bieten, gefunden sein. Und da-
54 Carl Pauli
mit würde uns dann wahrscheinEch auch weiter die bildnng
unserer namen auf -tru erschlossen sein, dieses freilich nur
unter der Voraussetzung, dass dies -tru für -tum stände. Das
lässt sich allerdings nicht unmittelbar beweisen, denn bei den
oben belegten namen findet sich immer nur der ausgang in
'tru, kein beispiel einer form -turu. Dennoch aber ist es wahr-
scheinlich, dass dies -^r« für -turu stehe. Dafür haben wir
zunächst die analogie der formen auf ^^uru und -^ru. Wenn
dort letztere form aus ersterer hervorgegangen ist, so ist der
gleiche Vorgang auch für -tru wenigstens nicht unwahrschein-
lich. Dafür haben wir weiter den soeben schon erwähnten
gottesnamen inuant(u)m8j der ganz sicher und ohne jeden
zweifei in seinem zweiten teile die wurzel tur „geben" enthält
Dieser aber ist auf dem spiegel von Tuder (Bull. 1886, 232)
mfujqntums, dagegen auf der Statuette von Gortona (Fabr. no.
1055 bis =» CIE. no. 447) muantmS geschrieben. Und dafür
haben wir endlich den oben unter no. 24 sqq. belegten familien-
namen S'ac(u)4'(u)ra. Das Verhältnis der hier sich zeigenden
bildung auf 4ura zu 'tru ist natürlich kein anderes, als das,
welches oben in -dura zu 'S'(u)ru vorlag, d. h. -a und -u sind
die gentilsuffixe und die basis endigt auf 4ur. Hierbei darf
ich freilich ein bedenken und eine möglichkeit nicht ver-
schweigen, die der form d'acutura ihre beweiskraft nehmen
würde, die nämlich, dass das u in -tura nur svarabhaktischer
natur wäre und sein dasein dem vorhergehenden u verdankte.
Die zahl solcher svarabhaktischen laute ist im Etruskischen
recht bedeutend (cf. Deecke in Müllers Etruskern II *, 353 sqq.),
und gemeiniglich nimmt dort ein solcher die klangfarbe des
vorhergehenden vokals an. Diese möglichkeit werden wir aller-
dings offen halten müssen und werden 'zugeben 'müssen , dass
das 'tru auch für -iaru, -teru oder allenfalls auch -tiru stehen
könnte, aber andererseits ist auch das möglich, dass nicht das
zweite, sondern das erste u svarabhaktischer natur sei, denn
auch diese erscheinung findet sich nicht selten, und dann ist
das u von 4ura echt und auch -tru mit warscheinlichkeit als
für 4uru stehend anzusehen. Welche dieser beiden möglich-
keiten vorliege, lässt sich im augenblick nicht entscheiden, aber
mir scheint, die grössere Wahrscheinlichkeit sei für -turu. Bis
zum nachweise, dass es anders sei, nehme ich also an, wenn
auch nur bedingt, dass das •tru für -turu stehe, dass dies -iuru
Die etruBkischen familiennamen auf -tru. 55
als basis auf vorDameii mit -tur, wie veltur, larlur, zurückgehe,
und dass dies 4ur zu turce „dedif^ gehöre, so dass also die
bildungen auf -tur den griechischen auf "dw^g (oder -doTog)
entsprechen würden. Und unter dieser Voraussetzung ist als-
dann auch das nebeneinander der formen auf -^tir und -tur
völlig klar, denn, wie im Griechischen z. b. Qeoyovog und Beodovog
neben einander bestehen, so im Etruskischen vel&ur und veltur.
Und wie nun im Griechischen beide bildungen, die auf
-^wog und die auf -dinog^ vielfach theophorer natur sind, wie
ein grosser teil der etruskischen bildungen auf ^dwr mit Sicher-
heit, andere wenigstens möglicherweise als gleichfalls theophor
sich herausstellten, so liegt es nahe, dasselbe auch für die
namen auf 4ur zu vermuten , und in der that haben wir ja
in vdiur und lartur bereits solche theophore namen auf 4ur
vor uns (cf. oben pag. 62), sofern sie mit Sicherheit „a Jano
dolus" und „a Marte datua" bedeuten.
Von dieser grundlage aus werden nun die einzelnen gentil-
namen auf -^ru zu untersuchen sein, ob und welche götter-
namen in ihrem ersten teile enthalten seien.
Bevor ich aber in diese Untersuchung eintrete, ist noch
ein einwand zu erledigen, der möglicherweise g^en meine an-
nähme, 'tru stehe für ^uru und gehöre zu iur „geben'S von
vom herein erhoben werden könnte. Man könnte die bildungen
quinquätrtis, sexätrus, triätrus, septiftUUrus, deeimätrus (Festus
254 MiL) vergleichen, die bei Tusculanem und Faliskem für den
so und so vielten tag nach den Iden in gebrauch waren und für
bestimmte feste, die alsdann gefeiert wurden. K. 0. Müller (Etr.
n *, 48 not 29 a) und andere halten diese bildungen für etrus-
kisch. Unter dieser Voraussetzung könnte man dies sufüx -tru,
welches ja ein sicherer u-stamm ist, mit dem -tru in apatrUj
veratru identifizieren und in diesem ein blosses ableitungssuffix
sehen wollen. Aber diese annähme lässt sich leicht wider-
legen. Die drei formen triätrus, sepiitnätrusj deeimätrus zer-
legen sich nur in tri-ätniSy septitn-äirus, deeim-airus, und auch
für quinqu-ätrus und sex-otrus ist eben diese Zerlegung wahr-
scheinlicher ^). Dadurch wird die identifizierung mit unseren
Personennamen unmöglich, denn lemnitru und -^acuiura ent-
halten am ende des ersten teiles gar kein a. Beide bildungen
haben also mit einander nichts zu thun.
>) S. o. 23, 68 n. Pr.
56 Carl Pauli
Nunmehr kann ich mich dem nachweise der in unseren
namen auf -iru enthaltenen göttemamen zuwenden. Ausser
den in den oben schon genannten vdtur und lartur steckenden
göttem ve(i)lan „Janus" und la(u)ran „Mars*' wären also die
götter oder göttinnen acna ; apa und apaia , vera oder veran
(beides ist möglich), lemni, falan und farian nachzuweisen.
Von diesen ist der fälan, auf den faltru zurückgeht, dessen
basis ^falpiur lautet (cf. diese zeitschr. 25, 219), ohne weiteres
klar; so wie fahles auf ^fah^^r „a Caelo genUus'' zurückging
(cf. 1. c), so faltru auf ^fcH'Qtur „a Cado dolus''. In faiUntru
ist der erste teil, das fastU' ohne zweifei desselben Stammes,
wie der vomame fasti (perusinisch), hastia (clusinisch), dessen
grnndform somit fastia lautet. Das hat auch Deecke (Etr.
forsch. III, 364) bereits gesehen, nur irrt er, wenn er fadntru
direkt von fastia ableiten will, da in Wirklichkeit beide formen
nur seitenverwandt sind. Ab grundform des gottesnamens
fcLstn- ergiebt sich vielmehr ^fa(u)8km, gebildet mit demselben
sufBx -an, das wir soeben in *falan hatten und mit dem auch
eine ganze reihe anderer göttemamen, wie turan, laran, 9e9an,
tnean, alpan, veilati, aran u. s. w«, gebildet ist Da in der
flezion dieser namen das a des Suffixes schwindet, wie ich be-
reits anderweit (cf. l^tud. ded. ä C. Leemanns 228 u. diese zeit-
schr.) nachgewiesen habe, so ist auch hier das fastn- in der
Zusammensetzung die völlig normale form für *fastan. Dass
dies fcistan für fauatan stehe, habe ich soeben schon angedeutet
Die vokale au und ä wechseln im Etruskischen sehr häufig: so
haben wir neben einander raufe (z. b. Fa. no. 1307 s= CIE.
no. 3556) und rafe (z. b. Fa. no. 1309 - CIE. no. 3558),
aauturine (z. b. Fa. no. 1751 bis "- CIE. no. 4443) und saUire
(z. b. Fa. no. 702 - CIE. no. 2736), lautni (z. b. Fa. no. 596
— CIE. no. 2196) und latni (z. b. Fa. no. 1218 == CIE. no.
4028), laucane (z. b. Fa. no. 646 — CIE. no. 2374) und laeane
(z. b. Fa. no. 1623 — CIE. no. 3353) u. s. w. (cf. Deecke in
Müllers Etr. 11 >, 370 sqq.). Der gleiche Übergang ist für fasti
und *fa8tan freilich nicht direkt nachweisbar, denn das genti-
licium [fjaustinefi], welches Gamurrini in seiner no. 181 liest,
beruht auf falscher lesung (cf. CIE. no. 1973) ; allein aus den
lateinischen namen Faustus und Fausta, auch Faustia (z. b.
Qruter 1138 no. 6 als cognomen, wie es scheint, und unmittel-
Die etruskischen familiennamen auf -iru. 57
bar gleich dem etr. fasHa, folgt dies au auch fUr das Eiaiis-
kische.
So weit die form! Was nun die persönlichkeit dieses
fa(s)tan anlangt, so li^ es nahe, zunächst an den Fausttdua,
den gemahl der Acca La(u)rmtia, zu denken, die ja selber
auch einen etruskischen namen trägt , sofern das lat La(u)'
rentia gleich dem etr. lam&ia ist, auch hier mit dem gleichen
Wechsel des au und dL Das suffix in Faustulus ist ja freilich
ein anderes, als in fastan, und keins von beiden kann aus dem
anderen hervorgehen, allein wechselnde suffixe bei ein und dem-
selben gottesnamen finden wir auch sonst So haben wir z. b.
neben einander lat Jüno, etr. uni ("- Junta) ^ so im Etruski-
schen selber neben einander vdxans und vdxanUj alpan und
alpnu, zipna und zipanu. Es könnte also an und für sich
auch etr. ^fasian und lat. Faustulus derselbe gott sein, denn
dass in dem angeblichen hirtenpaar Faustulus und Acca La^
rentia der letzte niederschlag eines götterpaares stecke, wird
wohl niemand bestreiten. Da es ein hirtenpaar geworden ist,
80 würden es ursprünglich ohne zweifei hirtengottheiten ge-
wesen sein, die hier vorliegen. Aber trotzdem somit möglich
wäre, dass etr. ^fastan und lat Faustulus ein und derselbe
gott sei, so wird dennoch nur entferntere Verwandtschaft vor-
liegen. Denn es ist ein anderer lateinischer gott vorhanden,
der nähere anspräche auf den *fastan erhebt Dies ist der
Faunus. Ein hirtengott auch er, aber in dieser form mit
*fasian unmittelbar identisch. Es giebt einen etniskischen
Vornamen turan, dessen regelrechter genetiv turns belegt ist
durch tue : ecnate : turns — Volsinii vet — 6a. no. 582.
„Tite Ecnate, des Turan (söhn)''; dies turan aber ist der name
Turnus des Vergil Gegen die gleichung aber Iau(st)nf48 :
*fa(u)8tan 3= Turnus : turan ist nichts einzuwenden. Dass
in dieser lautlage das st im Lateinischen ausfallen musste, ist
selbstverständlich, während im Etruskischen, das ja gegen kon-
sonantengruppen weniger empfindlich ist, das st von fastntru
sich zu erhalten vermochte. Auch vor l ist das st unseres
namenstammes geschwunden in dem lateinischen gentilnamen
Folius, älter Födius, den Mommsen (röm. forsch. I, 115) mit
recht auf Faustilius zurückgeführt hat. Dies aber ist die regel-
mässige ableitung von Faustulus^ wie famüia von famtdus,
SiciUa von Siculus, Hostüius von Hostulus, dem deminutiv zu
58 Carl Pauli
Hosim, Caecilius von Caectdus u. s. w. Damit ist also der in
fadntru zu gründe liegende gott endgültig als der Faunm
nachgewiesen, und es heisst somit der dem fastntru als basis
zu gründe liegende vomame *fastviur „a Fauno datus**.
Der name einer göttin liegt vor in acnatru. Zwar würde
die endung -a in acna- an sich nicht weiblicli zu sein brauchen,
denn es giebt im Etruskischen eine ungemein grosse zahl männ-
licher formen auf -a^ allein der name der göttin ist direkt
nachweisbar.
Es giebt eine göttin aucena, die auf einer prilnestinischen
cista erscheint Mit diesem aucena ist das aena- unmittelbar
identisch. Über den Wechsel des au und ä ist soeben ge-
sprochen worden, der ausfall des inneren e aber ist so gewöhn-
lich, dass es dafür keiner belege bedarf. Deecke (in Müllers
Etr. II ', 334) handelt von dieser synkope und giebt 88 bei-
spiele des ausfalles allein vor folgendem it. Zu ihrer sachlichen
deutung verhilft uns die Hesychiusglosse avTC^hog- ^(og vrtd
TvQ^wv, Mommsen (unt. dial. 349) und andere nach ihm
haben das zwar in avai^ktog ändern wollen, aber, wie ich glaube,
zu unrecht Die glosse steht an ihrer richtigen stelle unter
ovx- und ist somit ganz unverdächtig. Der Wechsel der suffixe
hindert nach dem, was ich soeben unter *fa8tan bemerkt habe,
die identität keineswegs. Mit der deutung als „Aurora^ stimmt
auch die darstellung aufs beste. Die Aucena fährt in voller
bekleidung auf einem wagen daher. Ihr vorauf geht ein knabe,
sicher der morgenstern. Unter den drei pferden ihres wagens
sind zwei schlangen, seitlich von jenen ein löwe sichtbar. Das
ist das getier der nacht, welches vor dem herankommenden
morgenrot entweicht. Das gegenstück der Aucena auf der an-
deren Seite des deckeis ist die Venus,
Damit ist das acnatru allseitig erklärt, und es bedeutet
der als basis ihm zu gründe liegende vorname * a(u)c(e)natur
somit: „cA Aurora datus^.
Ein gottesname lässt sich auch für apcUru nachweisen.
Bezüglich dieses namens habe ich früher (Etr. fo. u. stu. III, 60)
angenommen, dass apatru für aupairu stehe und zu lat OpUer
gehöre, somit in au-patr-u sich zerlege. Das ist lautlich und
begrifflich auch jetzt noch völlig untadelig, denn so gut von
Opiter im Lateinischen die gentilnamen Opüreius, Opiironius
herkommen y so kann etr. aupatru davon herkommen, ja es
Die etruskischen familiennaTnen auf -tru. 59
würde nach den gleichungen etr. pumpu, lat. Pomponius; etr.
petru, lat. Petronius; etr. veratru, lat. Veratronius mit lat.
Opitronius unmittelbar identisch sein. Und auch vonseiten der
bedeutung würde nichts auszusetzen sein, denn au-patr- würde
\yEv7tcn(aq^*' bedeuten. Aber dennoch halte ich selber jetzt
diese deutung nicht mehr für richtig. Die analogie der übrigen
formen auf -trUf so wie die form apaiatru, von der sogleich,
machen es mir jetzt geratener, auch in apatru einen gottes-
namen zu suchen. Und in der that lässt sich ein gott apa
ohne weiteres nachweisen. Es ist nämlich sehr einleuchtend,
dass mit dem apa in apairu die weiteren formen apasi (Fa.
no. 2057, aus Surrina), südetruskischer genetiv von apa, und
apastanasar (Ga. no. 794 aus Tarquinü) zusammengehören.
Die erstere form erscheint in einer aufzählung der ämter des
verstorbenen, und es ist sehr möglich, dass in dem teile, der
die form apasi enthält, eines priesteramtes erwähnung ge-
schieht und dass apasi „des (gottes) apa'^ bedeutet Entspre-
chende genetivische göttemamen in priestertiteln finden sich in
lateinischen inschriften zahlreich, z. b. pantifex Vestae, flamen
Martis, pontifex Volcani, sacerdos Süvani u. s. w. (Wilmanns,
Exempla index). Das apastanasar befindet sich in der Tamba
dfgli Äuffuri, und zwar neben der person eines der „attguri o
sacerdoti^ zur rechten der gemalten thür auf der frontwand.
Es ist mir kaum zweifelhaft, dass auch die von links nach
rechts verlaufende Inschrift neben dem priester zur linken als
tanasar zu lesen sei, wie in der that auch die Notizie degli
Seavi (1878, 130) tanasa(r) lesen. Daraus folgt doch wohl,
dass apastanasar zwei worte enthält, nämlich apas tanasar, und
dass diese als „priester des apa*^ zu übersetzen sind. Auch in
reg. 14 der Placentiner bronze begegnet ein abgekürztes ap,
in dem freilich Deecke keinen göttemamen, sondern, mit dem
c der folgenden zeile zusamn^en, „eine hinweisung auf den
nahen westpunkt" sehen wollte. Mir ist ein abgekürzter götter^
name wahrscheinlicher, dann aber natürlich nicht apiu, sondern
apa. Aber auch ohne dies unsichere ap dürfte die existenz
eines gottes apa genügend nachgewiesen sein; das weitere über
sein wesen und seine bedeutung verschiebe ich für eine andere
Untersuchung.
Zur seite des apa scheint eine weibliche gottheit apaia
oder apia gestanden zu haben, wie sie i^us den formen apaioUrt^
60 Carl PauU
und apiatru (oben no. 5) sich ergiebt Ein weiterer direkter
nachweis derselben scheint sich indes, soweit ich sehe, nicht zu
finden.
Auch der in vercUru steckende göttemame ist nachweisbar.
Zwar einen namen veran (masc.) oder vera (fem.), was an sich
beides möglich wäre, vermögen wir nicht nachzuweisen, aber
wohl eine andere bildung von dem gleichen stamme. Des
Faunus gattin wird Verüia genannt.
Da wir nun in den namen vda^ri und aneidura den
Janus, in dem namen venelia9ura seine gattin gefunden
haben (cf. diese Zeitschrift 25, 220), und da wir femer oben fest-
gestellt haben, dass der in fasiniru steckende gott *fa8ktn der
römische Faunus ist, so ist es von vom herein nicht unwahr*
scheinlich, dass uns auch seine gattin begegnen würde. Und
sie eben finde ich nun in der in verairu enthaltenen vera. Die
form Verüia ist eine koseform, denn das -üia sind deminutiv-
suffixe, das Vera ist die dazu gehörige kurzform ohne diese
Suffixe. Dass koseformen mit einfachen kurzformen in der
namengebung abwechseln, lässt sich sowohl bei Etruskem, wie
Römern auch sonst nachweisen. So haben wir z. b. etr. cupdna
(Fa. no. 638 = CIE. no. 2060; Fa. no. 638 bis ^ CIE. no.
2054) mit kosesuffix l neben cupma (Fa. no. 538 » CIE. no.
1442; Fa. no. 638 ter b « CIE. no. 2052) ohne dasselbe, beide
formen aus derselben familiengmft ; so lautet der &milienname
etr. venzile (Fa. no. 793 = CIE. no. 1437) in lat-etr. form
Vensiua (ebendort); so heisst ein und derselbe mann in lateini-
schen inschrifben bald Proculua, bald Procua (CIL. IV, no. 1016
und 1081; cf. das. index). Bei dieser Sachlage hat es nicht
das geringste bedenken, anzunehmen, dass die göttin Verüia
auch Vera habe genannt werden können. Ob auch das Veris
fructus in der achten region des Martianus CapMa (cf. Deecke
Etr. fo. IV, 18), falls die lesung richtig ist, etwa auf unsere
göttin bezug habe, muss dahin gestellt bleiben, da, soweit ich
sehe, sachliche anhalte fehlen. Damit dürfte die göttin vera
für den familiennamen veratru genügend nachgewiesen sein.
In lemnüru würde ein göttername *lemni zu suchen sein.
Ein solcher name kann im Etruskischen sowohl männlich (-t *»
^ie = ius), wie weiblich (-t "- -ia) sein, es könnte somit ein
Lemnius oder Lemnia darin stecken. Nun ist Lemniue ein
beiname des Hephästus, Lemnia ein solcher der FaUae (cf.
Die etniskischen familiennamen auf -^ru. 61
Boscher, Lex. d. myth. ü, 1937/38), und da beide gottheiten,
erster^ als aedlans, letztere als mmrva, auch in Etrurien yer^
ehrt wurden, und da ferner die gleiche bezeichnung Al^aUa
für Lemnoa und für JSZfra gilt und damit gewisse beziehungen
g^eben scheinen, so könnte das *lemni wohl der ,,Lemnier*'
Hephaeatus oder die „Lemnierin^^ Minerva sein. Für möglich
halte ich das. Allein es giebt noch eine andere möglichkeit,
die mir persönlich wahrscheinlicher dünkt. Die form letnni
kann im Etruskischen für lemuni stehen, eine lauterscheinung,
so gemein, dass es besonderer belege dafür nicht bedarf. Nun
haben wir die römische Tribus Lemonia, von der Paul. Diac. 115.
Mü. berichtet: „Lemonia tribus a pago Lemonio appellata est,
qui est a parta Capena pia Latina.^ Der pagtis Lemonius
wird eine wenigstens zum teil etruskische bevölkerung gehabt
haben — die parta Capena, TusctUum und Praeneste beweisen
es — , und so wird auch sein name etruskisch sein. Das findet
einen halt an den Lemures, die offenbar etruskisch sind. Der
kult an den Lemuria hat ganz etruskischen Charakter, und
der name ist, wie Wissowa (in Roschers Lex. d. mythol. II,
1938) mit recht sagt, etymologisch völlig dunkel, denn die
herleitung von Betnuria ist ja natürlich unfug. Ich glaube
also, man wird nicht fehlgehen, wenn man die Lemures als
etruskischer herkunft ansieht, neben ihnen noch einen gott
Lemonius m etr. ^lem(u)ni annimmt und diesen in *lemnitur
findet^ so dass es bedeutet „a Lemonio daius*^.
Der letzte noch übrige familienname ist 9acuiura, In ihm
würde also ein gottesname ^^ac(u) stecken müssen, falls auch
er eine theophore bildung ist. Auch dieser gottesname ist,
wenn auch auf einem kleinen umwege, sicher nachweisbar.
Schon oben (pag. Ö6) haben wir gesehen, dass im Etrus-
kischen die laute au und ä vielfach wechseln. So kann also
auch in unserem namen das ^ac- für ^auc- stehen. Dies vor-
ausgesetzt, ergiebt sich die fragliche gottheit sofort. Der vater
des Turnus heisst bei Vergil (z. b. Aen. X, 616) Daunus. Wie
nun Turnus auf etr. turan (cf. oben pag. 57), wie Fau(st)nus
auf etr. *fa(u)sta,n (cf. oben pag. 57) ging, so geht Dau(c)'
nus auf etr. *da(u)can, und dieser ^9aucan ist der in %^acti-
tura steckende gott. Es ergiebt sich also jetzt, dass von den
oben erörterten beiden möglichkeiten eines svarabhaktischen
u in ^acuiura die zweite die thatsächlich vorliegende ist und
62 Carl Pauli Die etniskischen familiennamen auf -tru.
dass somit ^acSiura (äi ^adura steht Die analogie von vd-
^r für vdx^r, von lar^r für lar^^r n. s. w.« über die ich
diese zeitschr. gehandelt habe, zeigt uns, dass auch *&actur,
die basis von ^adura, für *9a(u)cfftur steht und somit „a
Dauno daius'^ bedeutet.
Es hat sich somit ergeben, dass, wie in den nameui die
mit -di^r gebildet sind, so auch in denen mit -iur mit mehr
oder minderer Wahrscheinlichkeit im ersten teile göttemamen
enthalten sind und dass wir somit in diesen zwei gruppen von
namen solche von theophorer natur vor uns haben.
Aber mit diesem ergebnis ist die Untersuchung noch nicht
abgeschlossen, es schliessen sich vielmehr noch einige weitere
fragen daran an. Wir beobachten erstens, dass es neben vd-
ihir die vomamen vd und velia, neben tin9ur den gentilnamen
tin, neben arn&ur die vomamen amd" und am9ia, neben lar-
9ur die vomamen lar9 und lar&ia u. s. w. giebt, ebenso, dass
neben fastntru der vomame fadia, (ebenso neben ^n^pü auch
&ania und ^ana) stehen, und es wird zu untersuchen sein,
welches das Verhältnis dieser kürzeren namensformen zu den
längeren mit -dtir und 4ur zusammengesetzten sei. Aber
zweitens erheischen auch die göttemamen selbst noch eine
weitere Untersuchung. In der besprechung der namensbil-
dungen auf -^ur und -tur habe ich mich damit begnügt, die
gottheiten, deren namen in dem ersten teile jener formen ent-
halten waren, nur überhaupt nachzuweisen, bin aber auf die
gottheiten selbst nicht näher eingegangen. Allein es knüpfen
sich an diese gottheiten eine reihe weiterer fragen teils ge-
schichtlicher, teils sprachlicher art an, die von grosser Wichtig-
keit sind, und so wird denn in einem besonderen artikel auch
auf diese dinge eingegangen werden müssen.
Drittens aber steht noch eine weitere frage mit unseren
namen in Zusammenhang. Gestützt auf die thatsacbe, dass der
otruskische name der Stadt Volaterrae mit dem familiennamen
vela&ri gleichlautend ist, wird man zu untersuchen haben, wie
das Verhältnis etruskischer städte- und familiennamen zu ein-
ander überhaupt sei. Auch diese frage ist von nicht unerheb-
licher geschichtlicher Wichtigkeit.
Auf die erörterung dieser drei fragen werden sich dem-
Elia Lattes Bemerkungen zu etruskischeD inschriften. 63
nach drei weitere abechnitte meiner Untersuchung su richten
haben.
Lugano. Carl Fault.
Bemerkungen za etroskiBehen i
Zu der abhandlung von C. Pauli o. XXV, 194—227 er-
laube ich mir ein paar thatsächliche berichtigungen mitzuteilen.
199 9 23. 24 »ined.«: beide inschriften sind schon ?on
Pellegrini in Not. de Scavi 1898. 312 nr. 41. 42 gedruckt,
von Nogara im Annuario della R. Acoad. Scientifico-Letteraria
di Milano 1898 — 99. 137 = ö. 41 des ausz. nach autopsie re-
vidirt und von mir das. verbessert worden; nur dass sowohl
Pellegrini als Nogara in nr. 23 arnda statt amda\l und 24
hadia statt ßania sahen.
201, 52: die lesung vezOmei ist durch CIE. 1624 f>(ejz-
d(ma) bestätigt (St it. di fil. class. V 268) ; tiamurrini schrieb
pevzd.kii nieder, Pauli schlug ve ve&rna vor, ich pe v(e)Z'
e(ma).hii; vgL Not. d. Sc. 1880. 445 u. 504 tab. 15 ni larisa
larekenas ki, F. 3b6 i .l(are) .aUni .v(duä) .capi.ci (anders
Pauli CIE. 129 durch emendation und identificierung mit
F. 169), F. 2301 et vesana matuesi, Rendic. Ist. Lomb. 1900.
357 fg. mii nü eii tu neben mi ni di ti.
204, 63: in den angeführten Not de Sc. 1894. 51 steht «
die inschrift nicht, die, so viel ich weiss, überhaupt unedirt ist ;
die das. 52 veröffentlichte, welche ich auch aus mittheilungen
von Milani und Nogara kenne, obwohl ganz verschieden (mi :
eapra : calianaä-: larßal \ äepuä : amdaliäla curmialx)^ hängt
augenscheinlich mit derjenigen, die also zuerst hier an's licht
tritt,, zusammen, da wir in dieser äepuala, in jener äepttä treffen ;
in einer anderen , die . ich nur aus einer indirekten nachricht
von Nogara kenne, scheint curfsjnialisa ä§pu .... zu stehn. Das
denkmal, das mit dieser geziert ist, ebenso wie jenes, wo man die
mit ffi« capra beginnende liest, sind in der privatsammlung des
herm Giulio Terrosi, in Florenz, wie ich soeben er&hre, aufbe-
wahrt, welche leider im September und october der zwei letzten
jähre geschlossen war. Was mudurintd betrifft, in dem schönen
64 Elia Lattes
abklatsche yon Nogara, las ich ganz Uar und sicher nicht
"ßurinal, sondern -durtnal (möglicherweise für -Butinal); da-
gegen mu* ist ganz unsicher und könnte wohl auch etwa nu-
sein, wie mir Nogara mündlich bemerkt
206, 73: ich ergänze [aluJmnaSuraa, weil in derselben
inschrift z. 5 alumnaße, z. 7 alumnad stehn, vgl. G. 802. 4 cexa-
8ie:eur, das. 7 desnei.-dura, Mummienb. U 10. 13 IV 9 raxO.
iura und IV 13. IX 6 raxB.tur, VI 15 rax.ture mit F. « 1
vdtur und G. 574 veUurus für den von Pauli 207 behandelten
vddur; ausserdem vgl. evüiuras der Magliano-inschrifti mit
GIE. 1546 Uurkfe] für 1552 turke und das gewöhnliche turce,
und mit F. * 371 patiiunua für 367 fz. partunm. Wir kennen
also schon vier etruskische Wörter, die keine personennamen
sind und doch auf -dura -iura 4ur(a)4ure endigen (vgl. Saggi
e Appunti 220 fg.), und zu diesen würde sich gut [alujmna-
eura8 reihen; dagegen das 224 vorgeschlagene [veUuJmnaduras
ist ganz unwahrscheinlich , weil die inschrift ausser den zwd
ersten zeilen, die die weitschweifige zwöl^liedrige nomenolatur
des verstorbenen enthalten, keinen einzigen personennamen in
den sieben übrigen zeigt. Vgl. noch maristura prusuneiura
puriisura.
207, 2 »ined.« steht schon in Not. d. Scavi 1887. 346.
208, 3: das Vorhandensein von amßur braucht man nicht
indirekt aus amdruda zu folgern; es ist direkt bezeugt von
Bull, inst 1884. 184, wo Heibig ar,,dur ca..ar
atinate niederschrieb, und Pauli GIE. 3698 amSia . cai . am-
' Bai . aentinates herstellte, anstatt einfiEush ar[n]dur ca[i Jar^
[ndal.sjftinate (St itaL di filoL class. VII 498) zu ergänzen.
208, 4: die lesung ist nach autopsie von Undset bei
Bugge Beitr. I 196 im einklang mit v. Duhn Bull. Inst 1878.
50 in aerii.na verbessert worden; demgemäss muss man die
bekannte partikel na (vgl. GIE. 1516 mi na tiurk[$], 304 me
na me ea na mit F. 2581 ea.na ftnxtu und sowohl mit G. 366
me nu turu als mit Not de Sc. 1887. 494 tab. 16. 5 a nace
me uru, F. 2596 mit Gorss. I 719 na tap teee u. anderes mehr)
von dem personennamen acrü ausscheiden, das übrigens zu dem
damit verglichenen aeri besser passt als das angebliche acriina.
216: nicht allein die drei hier, als die einzig vorhandenen,
angeführten beispiele bezeugen den jedenfalls seltenen gebrauch
des Vornamens in genitiv als muttemamen, der also heutzutage
Bemerkungen zu etrualdschen inschriften. 65
nicht mehr als »etwas unerhörtes in den etruskischen inschriftenc
erscheint Da nämlich jetzt auch Pauli in SafMs und danasa
wirkliche muttemamen anerkennt, und da ausserdem wir, vier-
tens, eine lat etr. GIB. 2882 Titia Tkannae f. kennen (vgl
Pauli Etr. st n 27), so kann man vermuthen, dass, fünftens,
auch er jetzt GIE. 255 la(rd) evenU 6a(naä) als solcher art
halte, und nicht mehr da. in ca(eä) oder c€i(upnal) emendieren
würde, wie er früher noch im texte that, eben weil jene art
»sehr selten ist«. Ähnlicher weise, sechstens, CIE. 462 Sana :
tetnei : fa : preMesa, wo nach Pauli »num fa. recte lectum
Sit, valde potest dubitari« und »si recta est lectio, non licet
interpretari fastiaä, cum matris praenomen adiciatur nunquam«,
und ebenso, siebentens, CIE. 977 l(ar)d . cae . eple \ hastisa, wo
hastisa sehr wohl einerseits zu fa(8tia4) andrerseits zu danasa
passt, desto mehr da wir, achtens, aus CIE. 918 mre husüe hastis
kennen, für den die für 764 ramßa.haatiä von Deecke vorge*
schlagene erklärung, dass hastiä familienname sei und lat.
Hastius entspräche, sinnlos wäre. Und so weiter bis vielleicht
schon jetzt zu der von den Etruskem beliebten zwölfzahl;
übrigens wie wäre es anders zu erwarten, da, wie Pauli selbst
zu der sedraäAnschnlt bemerkt, in solchem falle »hominem in-
ferioris conditionis spurium fuisse et eam ob rem pro patris
matris praenomine uti fädle intellegitur« ? Unter so viele
tausenden von grabschriften können wohl ein oder auch zwei
dutzend zu solchen »homines« gehören.
221: der Zusammenhang zwischen rnuantmäl und mean,
eben durch vergleich mit muvalxls und meal%l8, ist schon von
mir Saggi e App. 221 nachgewiesen worden.
222 : nicht nur auf der Placentiner bronzeleber cd alp ce,
sondern auch ganz ähnlicherweise 6. 804. 5 cvl ee; und da hier
fna fne folgen (vgl. F. 2335 iure fne siOvas, F. 1916 taf. 38
aaar fnu) und ce, um von anderen stellen zu schweigen, klar
und allein auch auf einem vulcentischen cylix F. 2198 und auf
einer amphore aus Caere F. 2410 zu lesen ist, so halte ich ce
auch auf der leber für vollständig: der rost wird wohl keine
Schrift sondern etwas anderes w^gefiressen haben; vgl. übrigens
auch Not d. Sc. 1895. 335 ceä.
Mailand. Mia Laitea.
B«itrl8« >. kudA d. iiidg. apnelieii. XXVI.
66 J. Endzelin
ürBprong und gebrauch des lettischen debitivs.
Für den ausdruck der notwendigkeit besitzt das Lettische
besondere verbalformen, die von Hesseiberg in seiner „letti-
schen Sprachlehre^' den namen eines „debitivus" erhalten haben,
von Bielenstein aber mitunter ganz unpassend als passiva
bezeichnet werden. Die formen werden gebildet aus dem prae-
fix ja' (nach Bielenstein, Lett. spr. § 4ö6, dial. auch ;d-)
und der betreffenden verbalform, die dabei, mit der einzigen
ausnähme von man jhbüt „ich muss seines in der gestalt der
III. p. praes. erscheint, während das logische subject stets im
dativ, das object dagegen meist, namentlich in der jetzigen
Schriftsprache, im nominativ, seltener im accusativ steht: man
jhSd saüsa maize oder auch tnan jhed saüsu malzt „ich muss
trockenes brot essen'' ^). Da wir in den verwandten sprachen
nichts entsprechendes kennen, und der jetzt so gebräuchliche
debitiv im lettischen Volkslied, das meist eines recht alten Ur-
sprunges sein muss, sich nur ziemlich selten findet, so drängt
sich von vorneherein die Vermutung auf, dass der debitiv eine
speciell lettische, verhältnissmässig späte neubildung ist Um
den gebrauch desselben recht zu verstehen, muss man erst über
die form sich aufklärung verschaffen; es hat aber meines
Wissens bisher niemand, ausser Bielenstein (Lett. spr. §§456
und 457), auch nur den versuch gemacht, eine erklärung über
die entstehung des debitivs zu geben. Es wird dienlich sein,
zuerst über die form, in der das verbum erscheint, ins klare
zu kommen. Es liegt auf der band, — und soviel hat auch
Bielenstein erkannt, — dass die form nicht von anfang an
mit der IIL p. praes. identisch gewesen ist Denn wäre -M in
jhed wirklich von jeher die III. p. praes., so würde erstens die
construction man jäed maize resp. malzi hinsichtlich ihrer be-
deutung kaum erklärlich sein; zweitens müsste man dann ein
praeteritum man ^jäede für wirkliches man bija jäed, ein fu-
turum man *jäSdi3 für wirkliches fnan bÜ8 jäid, einen conditio-
^) Es kann auch noch die copula ir „ist" hinzutreten : man ir jä^d
malze resp. maist; in den meisten fallen aber fehlt dieselbe. Ist das
verbum mit einer praeposition zusammengesetzt, so tritt ja- vor die
praeposition, z. b. tev ja atzet „du musst hingehen*^
Ursprung und gebrauch des lettischen debitivs. 67
nalis man *jäistu für wirkliches man btUu jhSd erwarten; end-
lich wäre dann die abweichende form man jäbüt ganz unbe-
greiflich, wo das verbum in der gestalt des infinitivs erscheint,
denn alle abweichungen von einer norm beruhen, wenn sie nicht
reste einer ursprünglicheren bildungsweise sind, entweder auf
lantgesetzen , oder sie verdanken ihren Ursprung falscher ana-
logiebildung oder auch dem einfluss einer fremden spräche.
Dass zur erklärung von jhbut einer der drei letzteren falle in
betracht käme, das ist weder nachweisbar, noch auch über-
haupt wahrscheinlich; es bliebe demnach nur die möglichkeit,
dass jhbüt der rest einer ursprünglicheren bildungsweise ist, die
von der jetzigen mit ihrer UL p. praes. verdrängt worden sein
muss. Jetzt freilich glaubt das Sprachgefühl, dass der debitiv
mit hilfe der III. p. praes. gebildet wird, und daher findet man
jetzt, wohl mehr in büchem, als im volksmunde, neben man
jabiU auch die Verbindung man jäir in derselben bedeutung
gebraucht. Etwas ähnliches findet man bei der bildung des
debitivischen relativs, des modus der oratio obliqua: nach dem
verluUtniss des relativs viilä edüi „edere dicitur'' zu dem indi-
cativ viM 6d „edit'^ hat man nämlich zu dem indicativ wAam
(tr) jbSd „edendum ei est*\ neben der älteren form viiam esät
jäed „edendum ei esse dicitur'S auch einen relativ viiiam jäSdiU
oder gar die pleonastische Verbindung viüam esut jäidtU mit
derselben bedeutung gebildet; analog gebildete nebenformen
weisen auch die übrigen tempora des relativischen debitivs auf
(80 z. b. im futurum: viAam büÜU jäedvtt neben vvham büOU
jä4d). Es fragt sich nun, welche form denn eigentlich von der
UL p. praes. verdrängt worden ist? Bielen stein (Lett spr.
§ 459) hält die zur bildung des debitivs angewandten verbal-
formen für „pure praesensstämme, hinter denen ein personal-
sufifix nie geschwunden^' sei. Aber ganz abgesehen davon, dass
die abstraction „purer praesens-stämme^^ sehr auffiillend wäre,
machen sich gegen die annähme derselben auch alle die 'gründe
geltend, die oben gegen die III. p. praes. angeführt sind. Denn
was Bielenstein zur erklärung der beiden seiner annähme
widersprechenden formen jäbüi und jäet „man muss gehen''
vorbringt (es sei das -t derselben weder mit dem sufiSx des in-
finitivs, noch mit der endung der III. p. praes. identisch, son-
dern „vielmehr identisch mit dem Charakter der classe V, der
hier zur hilfc herbeigezogen sei, um der vocalisch auslautenden
6«
68 J. Endzelin
yerbalwurzel einen festeren halt zu geben'^01 is^ ebenso will-
kürlich wie hinfällig. Ich meinerseits nun bin fest überzeugt,
dass -6ä^ in jditU wirklich der infinitiv ist, und dass bei der
bildung des debitivs ursprünglich die verbalform immer der in-
finitiv war. Bei dieser annähme lässt sich nun auch die con-
struction des debitivs leicht erklären. Es dient nämlich, wie
im Litauischen und Slavischen (beispiele findet man bei Del-
brück, Vergl. Syntax II 461), so auch im Lettischen der blosse
infinitiv mit dem agens im dativ zum ausdruck sowohl der
möglichkeit, als auch der Willenserklärung und notwendigkeit:
mtÜW siha aildUes, mämv/i' jaüka patunät BV 3235 i) „die
sonne ist warm, (man kann) sich (an ihr) wärmen; das mütter-
chen ist anmutig, sich zu unterhalten (as in der Unterhaltung)'^;
lai stäv^a virmnUe ptünv/iSem uzmestes BV 2765, 2 „es möge
der wipfel stehen bleiben für die vögel, sich darauf zu setzen'*;
kümM laüza zagariAus pädei pirti kurindt BV 1268, 1 „die
taufzeugen brachen reisig, dem taufkind die badstube zu heizen'^;
devu mvu kumdi^u räzu därzu nüecSt BV 3523 „ich gab (der
Schwester) mein rösslein, den rosengarten abzueggen''; lu^igam
man dzivut BV 83 „lustig muss ich leben*'; pe degsnUa tev
gulM BV 1243 „bei der schwelle sollst du schlafen"; tani pa-
iam vecam btU BV 32ö0 „der soll selbst als alt gelten"; ku,
mämiAa, man dartt? BV 87c „was soll ich, o mütterchen,
thun?" iuden bija tev guUi cüku mideenl BV 1580 „heute
solltest du im lager der Schweine liegen"; pasM bija bärenUi
BV 4167 „man konnte (oder: soUte) eine waise erkennen";
mums büs devu bUea uh mtlet „wir sollen gott fürchten und
lieben"; tev nAÜ8 zagt „du sollst nicht stehlen"; man ir rak-
stit (Biel. Lett. spr. II 210) „ich habe zu schreiben". Aus
einem solchen gebrauch des Infinitivs muss sich der debitiv
entwickelt haben, und so findet man auch im Volkslied zu-
weilen neben dem infinitiv in Varianten auch schon den debitiv
in derselben bedeutung: ptUnMem jäuzmetas BV 2765, 2 a neben
uzmestes; devu savu kumeliAu, ruzu därzu jäeci BV 3523, 9
neben nüecet; lustigami jadzivu BV 83, 1 neben dzMU; Süden
bija tev jägul BV 1580, 3 neben gulM, Aus den angeführten
beispielen sieht man aber auch, dass nicht das praefix jdr dem
') Mit BV bezeichne ich die von Baron nnd Wissendorff unter
dem namen Latuju dainas herausgegebene Sammlung der lettischen
volkiUeder.
Ursprung und gebrauch des lettischen debitivs. 69
debitiv den ausdruck der notwendigkeit verleiht, sondern die*
selbe schon in der Verbindung des blossen infinitivs mit dem
dativ des agens enthalten ist; das praefix ja ist somit nichts
ursprünglich wesentliches bei der bildung des debitivs (neben
tarn jäiüt älteres tarn hütt)^ sondern kann nur eine verstärkende
bedeutung haben. Was ist nun dieses jdr? Aus dem Letti-
schen wird dasselbe wohl kaum sich erklären lassen; am nächsten
liegt es, an die sicherlich aus dem Deutschen entlehnte be-
jahungspartikel ja , Ja'' zu denken , doch stimmt ihr jetziger
gebrauch wenig zu dem debitivischen jh^. Wohl aber dient im
Mittelhochdeutschen die partikel jd (oder ja) , unmittelbar vor
dem verbum stehend, zur bekräftigung einer behauptung; ich
führe ans W. Müller' s mittelhochdeutschem Wörterbuch einige
beispiele an: ,j& hän ich angeste vil"; ,J& waere des ze viP';
,J& I&ze ich dich vil gerne leben''; „j& muoz ich tr&ren iemer
m6'^ Dass man diesen gebrauch der partikel auch in den
Ostseeprovinzen gekannt hat, lehrt uns z. b. folgender vers
(4661) aus der livländischen reimchronik: ,Jö sehe ich rischer
beide vil"; nur dass hier jö für j& erscheint. Ich glaube da-
her, dass die Letten von ihren deutschen herren die partikel
ja mit der erwähnten gebrauchsweise entlehnt haben, und dass
dann im laufe der zeit jä, ähnlich der negation ne (z. b. ne-
biU\ mit der verbalform durch den accent sich zu einem wort
vereinigt hat {ji^Mjt), Anfangs wird man wohl, wie im Deut-
schen, die partikel verschiedenen verbalformen vorgesetzt haben,
bis man endlich den gebrauch derselben auf den imperativischen
(debitivischen) infinitiv eingeschränkt hat (imperativische aus-
drücke nehmen bekanntlich mit besonderer verliebe verschiedene
affirmative partikeln an). Femer wird man anfangs die par-
tikel nur in positiven sätzen gebraucht haben {tev jäbüt, aber :
tev nebüt, oder: tev nav bat); die jetzt gebräuchlichen formen
des negativen ausdrucks (praes. nav jäbüt, fut. nebüs jäbüt,
praet nMja jäbütj cond. nebütu jäbüt) konnten erst dann ent-
stehen, als die partikel jä mit der verbalform schon ein un-
trennbares wort bildete, und man die ursprüngliche bedeutung
der Partikel schon vergessen hatte. Für ja- erscheint dialek-
tisch, und zwar meines Wissens in Fehteln (Mag. d. lett-liter.
ges. XVII 1, 103) und in Ohselshof unter Linden (Livland),
auch jur\ nach' mündlicher mitteilung eines meiner landsleute
und, wie es scheint, auch nach Mag. XVII, 1, 103 ff. ist das u
70 J. Endzelin
in diesem ju kurz; BV 3523, 9e (in einem vom philologen
K aal in aufgezeichneten liede) aber lesen mt ßleci, also doch
wohl auch mit langem u, wenn anders kein versehen vorliegt
Dieses jü- stammt doch wohl aus derselben quelle wie ja- und
ist also wohl die lettische wiedergäbe des mhd. jd, das wir in
dem citat aus der livländischen reimchronik sahen, wie denn
deutsches o in lehnwörtem lettisch durch a oder durch u
wiedergegeben wird (Biel. Lett. spr. I 470). Es fragt sich nun,
auf welche weise der Infinitiv bei der bildung des debitivs durch
die III. p. praes. verdrängt worden ist. Den anlass dazu müssen
die verba der themavocallosen conjugation gegeben haben, bei
welchen die III. p. praes. mit dem infinitiv formell zusammenfiel
(z. b. ^ und früher *'iti). War die partikel ja mit dem infinitiv fest
zu einem untrennbaren ganzen verschmolzen, so konnte auch der
ursprüngliche sinn der Zusammensetzung leicht in Vergessenheit
geraten, und in dem Sprachgefühl konnte die jetzt herrschende
Vorstellung auftauchen, es werde durch die partikel ja-, und nicht
durch die verbalform selbst das sollen oder müssen bezeichnet
Hatte man aber erst diese Vorstellung sich gebildet, so lag es
oft näher, in debitiven wie jhet -U nicht für den infinitiv, son-
dern für die lEL. p. praes. zu halten. Wie schon oben gesagt
ist, kann das logische object beim debitiv im nominativ stehen
und auf diese weise das grammatische subject im satze werden ;
da nun das praedicat meist ein verbum finitum ist, das in der
person sich nach dem subject richtet, so konnte man geneigt
sein, in Sätzen wie man saüsa malze ^jäSst (lit. '48t berechtigt
uns, diese form auch für das Lettische als die ursprüngliche
III. p. praes. anzusetzen) das -^ von *ß&t, um eine gewisse
congruenz zwischen dem grammatischen subject und praedicat
herzustellen, für die IIL p. praes. anzusehen. Hatte man sich
aber diese anschauung angeeignet, so konnte, als die jetzt ge-
bräuchliche neubildung ed neben der alten HI. p. praes. *e8t
aufkam, für das missverstandene *fie8t auch das jetzige jäe<2
eintreten; das -Sd von jäSd konnte aber (neben dem infinitiv
est) dann auch formell nur noch als die lU. p. praes. ange-
sehen werden. Jetzt besitzt das Lettische nur noch spärliche
reste der themavocallosen conjugation (cf. Biel. Lett spr. §§
407, 409, 414, 417, 418), aber früher war ohne zweifei auch
im Lettischen diese conjugation stärker vertreten, und zu ihr
gehörten auch wohl einige viel gebrauchte verba (et, düt, ist
Ursprung und gebrauch des lettischen debitivs. 71
o. a.). So konnte es geschehen, dass nach dem vorbild der
verha der themavocallosen conjugation auch in der themavoca-
lischen conjugation (wo von jeher der infinitiv eine andere ge-
stalt hatte, als die III. p. praes.) die III. p. praes. für den in-
finitiv in den debitiv eingeführt wurde (z. b. *jäne8t zu jänes).
Dass in jdbüt der infinitiv sich noch erhalten hat, erklärt sich
dadurch» dass die zu büt gehörige III. p. praes. ir von einer
ganz andern wurzel abgeleitet ist, und die änderung von jäbüi
zu jäir (diese form hört man jetzt auch , wie oben gesagt ist,
gelegentlich im munde grammatisch geschulter Letten) allzu
gewaltsam war, um durchgeführt zu werden. Auf diese weise
denke ich mir den lettischen debitiv entstanden, und ich glaube
nicht allzukühne hypothesen vorgetragen zu haben. Jetzt lässt
es sich verstehen, weshalb man im praet. z. b. bija jäed (und
nicht *jäSde)y im fut. hus jäM (nicht *jäidis) sagt; ebenso
lässt sich jetzt die construction beim debitiv begreifen. Wenn
Delbrück (Vergl. Synt. II 441) den gebrauch des lituslavi-
schen Infinitivs auf 4i aus einem ursprünglich dativischen sinne
ableitet, so kann ich ihm darin in bezug auf das Lettische nur
beistimmen, und auch formell wäre es meiner ansieht nach
nicht unmöglich, in diesem infinitiv einen alten dativ zu sehen.
Und so finden wir im lettischen Volkslied zuweilen für den in-
finitiv (den dativ eines alten nomen actionis) auch den dativ
des jetzt gebräuchlichen nomen actionis auf »Sana^ z. b. dAäu
9a9u kufneli'Au ruzu därza ecSäan* *) BV 3523, 6 neben ruzu
därzu nuecei ibidem. Bei diesem dativischen infinitiv konnte
beim praedicativen gebrauch desselben von jeher (vgl. Del-
brück, Vergl. synt II 461 ff.) das von der verbalhandlung
betroffene substantivum im nominativ stehen; eine unmittelbare
fortsetzung dieses gebrauches ist der nominativ des objects beim
*) Nach der för die metrik der lettisohen Volkslieder geltenden
rege], dass die letzte silbe eines jeden trochäisohen dimeters kurz sein
muss, haben wir nach ecSian nicht die jetzt gebräuchliche, aus der pro-
nominalen flexion (z. b. tal. Mal) herübergenommene endung -at, sondern
die alte endung -t für *ai zu ergänzen, die sich im Altlettischen des
Mancelins, Adolphi, der Volkslieder (z. b. BV 13S2, 2; 1768; 4009; 4188)
und dial. (cf. Bezzenberger, Sprache d. prenss. Letten 121) und in
■dverbiellen Wendungen, besonders nach praepositionen (z. b. pßhbirUki^
UdzmaU, pa reizi, pa (e'di; ieti dwrit u. a.), auch im jetzigen Lett. sich
findet.
72 J. Endzelin
debitiv. Der nominativ beim debitiv ist so gebräuchlich, dass
zuweilen auch das object eines im infinitiv oder supinum
stehenden transitiven verbum, welches seinerseits von einem
debitiv abhängig ist, vom debitiv attrahiert im nominativ er-
scheint (vgl. Mählenbach, Austrums 1895, 32), z. b. tnan
jäet teteris äaüi „ich muss gehen, ein birkhuhn zu schiessen'*.
Im Zusammenhang damit steht es, dass dialektisch auch das
object eines von vajaga „oportet^' abhängigen infinitivs im no*
minativ erscheint, z. b. (nach Bezzenberger, Spr. d. preuss.
Lett 131, anm. 3) zirga vajadzes mazgdt „man wird das pferd
waschen mfissen*'. Wie aber das object des infinitivs auch im
accusativ stehen konnte (ku, mämi'/ia, man darttl), so erscheint
zuweilen auch beim debitiv das object im accusativ (rüiu därzu
jäeci); wenn das object ein pronomen personale ist, so dürfte
der accusativ die regel sein, z. b. man tevi jämäca „ich muss
dich lehren" (tu jämäca scheint unmöglich zu sein). Nach
einer negation ist vielleicht auch der genitiv des objects beim
debitiv möglich; sichere beispiele habe ich im augenblick nicht
Zuweilen hat man einen doppelten dativ beim debitiv, den dativ
des subjects und den dativ des indirecten objects, wobei miss-
verständnisse durch den Zusammenhang in der regel beseitigt
werden, z. b. man jämaksä ztdam parädi (möglich ist auch die
Wortfolge: man ildam p. j\) „ich muss dem Juden schulden
zahlen'^ Auch das prädicatsnomen steht beim debitiv im dativ,
z. b. lustigami (man) jädztpu BV 83, 1 „lustig muss (ich)
leben". — Es muss noch etwas über den gebrauch des debitivs
gesagt werden. Wie schon oben erwähnt ist, wird durch den
infinitivus cum dativo einerseits das bezeichnet, was geschehen
kann, andererseits dasjenige, was geschehen soll oder muss;
beide bedeutungen haben sich im debitiv erhalten, wenn auch
nicht in gleichem maasse. Die möglichkeit kann heutzutage
durch den debitiv nur noch dialektisch bezeichnet werden. Nach
Mag. d. lett-liter. ges. XYII 1, 103 erscheint in Fehteln der
debitiv in dieser bedeutung stets mit dem praefix ju-, z. b. man
nav jued „ich habe nichts zu essen'' ; upes lld kumelini, nav
tdUu jupagan' „auf der bachwiese sind die rösslein , nirgends
können die jungen kühe geweidet werden^'; während die not-
wendigkeit daselbst mit dem praefix ja- (oder auch : jär» ?) aus-
gedrückt werde. Doch lässt sich dieser unterschied der bedeu-
tung von ;u- und ja- sonst nicht constatieren : einerseits soll
Ursprung und gebrauch des lettischen debitivs. 73
nach einer mündlichen mitteilung in Ohselshof unter Linden
(in der nächsten nachbarschaft von Fehteln) das praefix ju-
auch die notwendigkeit bezeichnen (z. b. mapi nav juSd „ich
brauche nicht zu essen^'); andererseits kann auch der debitiv
mit ja' die möglichkeit ausdrücken, so z. b. lat stävhja virsunlte
ptänvüem jäuzmetoB BV 2765, 2 a (in einem lied aus Alt-Pebalg);
devu 8(ivu kufneliAu räzu därzu jäeci BV 3523, 9 (aus Peters-
Kapelle, Märzen, Zirsten u. a.)* In früheren zeiten muss dieser
gebrauch des debitivs mehr verbreitet gewesen sein; so kann
nach L. Behrsin (Austrums XV 338) man jäed bei Fürecker,
der sein Lettisch in Kurland erlernt haben muss, noch die be-
deutung haben „ich habe (etwas) zu(m) essen". Heutzutage
kann dieses in der Schriftsprache nur lauten: man ir ku est;
es wird die alte infinitivconstruction beibehalten und vor den
infinitiv meist eine relative form (pronomen oder adverbium)
als ergänzung zu demselben eingeschoben, so noch z. b. lat
patek galtUnite, kur putnam uzmestes BV 2765 neben putninem
uzmestes; devu savu kumeliiiu, küecH räzu dhrzu BV 3523, 5 g
neben räzu därzu nuecet. In der Schriftsprache ist eben der
debitiy nur noch ein modus necessitatis (der begriff der passi-
vität, den Bielenstein ihm zuschreibt, ist dem debitiv ganz
fremd: das object kann auch im accusativ stehen). Und zwar
bezeichnet der debitiv die unbedingte (die objective) notwendig-
keit (wenigstens in der auffassung des redenden), die wenigstens
für den augenblick nicht abgeändert werden kann (z. b. tev
jädzer tija bez cukura „du musst thee ohne zucker trinken",
weil im augenblick kein zucker da ist); während vajaga cum
infinitivo etwas, insofern es erspriesslich ist, als notwendig be-
zeichnet (die subjective notwendigkeit; z. b. tev vajaga teju bez
cukura dzert „du musst thee ohne zucker trinken", weil zucker
dhr schädlich wäre). Da aber die auffassung des redenden ver-
schieden sein kann, so wird auch zuweilen der debitiv für va-
jaga gesetzt, und auch das umgekehrte dürfte (wohl nur selten)
eintreten. Hat das verbum ein object bei sich, so kann für den
debitiv auch das part. praes. pass. (als ein part. necessitatis,
das aber weniger stark, als der debitiv, die notwendigkeit be-
tont, und mehr im Volkslied, als im alltäglichen gebrauch
sich findet; vgl. auch Bielenstein, Lett. spr. U 189 ff.)
eintreten, z. b. tä zemUe man minama, tas müziiiis dztmjamis
BV 113, 2 „diesen boden muss ich treten, dieses leben muss
74 Brunnhofer
(ich) leben^S neben tä zemtte man jämiti, tos müziAi jädztvC
BV 113.
J. Endzdin.
Iranische namen.
1. Karmpaluk, der skythlsehe name der Maeotis.
Ttetzes in seinen Ghiliades (ed. Kiessling VIII, gesch. 222,
V. 773, pag. 312) berichtet:
Tdig Sxv^aig atTtj naQfinaXovx, i^ At/uvij xA^atv (pigei.
Td Kag/nfraXovx ö* kXXtjvia&iv noXiq ix^vfov Xeyei.
Tb Kaqfi yotg TtoXvg axv&mwg^ t6 de TtaXovx ix^veg^
Kai tdxa ^ arjjiiaivovaLf ro yuaQfinaXovn^ Mauovig,
Diese etymologie ist in gerade umgekehrter Wortfolge wahr,
nämlich so, dass KaQfi-TtaXovn zu übersetzen ist IxS'vwv ncXig^
nicht TtoXig ix^vwv. Das nag/Ä ist nichts anderes als der gen.
plur. karaAm von zendisch Arara, m., Fisch, und TtaXoim ist die
Weiterbildung eines nomens *palu mit dem suffix ka, das viel-
leicht in TtaXovx diminutivische, hypokoristische kraft hat. Das
*palu aber ist natürlich » TtoXig und gehört zum zendischen
pouru =7 TtoXvf skt puru, Bezzenberger fragt in Ficks Vgl.
wb. d. indogerm. spr. ^, p. 252 wegen des altpersischen gen.
plur. paruvnäm an, ob man eine altpersische starke form pdru
= got. ßu ansetzen dürfe? Das skythische (d. h. hier: zend-
iranische) TtaXovx verlangt sogar diese form, lieber xaga
vgl. noch mein „Vom Ural bis zur Gangä", pag. 49.
2. Der bosporanisehe könig Satypos und sein sehn Metrodorus.
Der name des königs der Sinter bei Polyaen (ed. Woel£flin,
c. 55, pag. 328 — 329) und der seines sohnes sind iranisch. Der
name SaTvgog ist nichts anderes als graecisiries *Shaiyri s=s
kappadokischem *^av&vQi im monatsnamen ^a^Qi und dieser
entspricht dem namen des kriegsgottes Khshathra vairya. S.
La gar de, Ges. abhh. pag. 260; 262, Der name MrjtQodwQog
Iranische namen. 75
ist als MiTQoöw^og zu fassen und dieser entspricht, als graeci-
sirung, dem bekannten pontischen färstennamen Miihradäta.
8. Kappadoklen.
Lagard e, Ges. abhh. pag. 257 hält den keilinschriftlichen
namen Katpattdca für syrisch. Dem widerspricht aber Polybius
(ed. Didot, Paris 1839), fragmenta historica et geograph. 10.
'^EavL Ö€ to ovof^a {Kannadoydag) üegoixoy. Wir werden also
eine etymologie aus dem Zend versuchen müssen. Nun heisst
es von Thogarma, dem lande Armenien und Kappadokien, im
Propheten Ezechiel 27, 14: „Die von Thogarma haben dir
pferd und wagen und maulesel auf deine markte gebracht''.
Und ebenso heisst es von Paphlagonien, das mit Kappadokien
nach Strabo stammverwandt war und mit diesem letztem lande
politisch immer zusammengehörte, in der Uias II, 851, es sei
das staoimland der maulthiere:
naq>X(xy6v(üv . . . o&ev ^/tiiovfov yevog dyQOvegdwv,
Im hinblick auf diesen weitverbreiteten ruf Kappadokiens,
das land der maulthierzucht zu sein, erkenne ich in kcUpa,
•MtTina das zend wort iathwa, das maulthier (s. Justi, Zend-
wörterb. pag. 77). In iuka erblicke ich die sanskritwurzel
*tuk, enthalten in vedisch tue, f., kinder, nachkommenschaft,
*tuka ist das ungunirte skr. tokd, n., nachkommenschaft, kinder.
Kappadokien bedeutet demnach „land und leute der maulthier-
zucht".
4. Kaphthor.
Der biblische name von Kappadokien, nhnoD Kaphtkdr,
bei den Septnaginta Katp^oguifty Fatpd'OQUiu^ Xa(p&OQUi^ ist
nichts als eine semitisirung des iranischen Haftdrang, im sinne
von Norden, also das Haptairifiga des Avesta, die Saptd
Rishayäk des Veda, das stembild des grossen baren, das als
der heerfuhrer des nördlichen stemenheeres galt.
5. Pomaxathpes, der mörder des Krassus.
In der schlacht von Karrhae (Plutarch im leben des
CrassuSy cap. 31) tödtete den Crassus ein Parther, namens
Pomaxathres {tov de Kgdaaov ovo^a nof^a^dx^gtjg Ildgi^og
anixtuvB»), Der name ist iranisch und entspräche zendischem
76 Brunnhofer
^upamakhshathra ,,der höchste fiirst'^ Demnach wäre wohl
der könig der Parther selbst es gewesen, der den Grassus ge-
tödtet hätte. Dies würde auch zu dem berichte des Plutarch
stimmen, der erzählt, nach einigen hätte ein anderer den Grassus
umgebracht und Pomaxathres nur dem leichname den köpf und
die rechte band abgehauen. Der abfall des anfangsvocals eines
namens ist in den iranischen sprachen etwas ganz gewöhnliches,
insbesondere bei namen, die mit a und upa anfangen. S.
Lagarde, Armen, stud., pag. 124, no. 1788.
H. Brunnhofer,
Emendationen zum Bigveda.
Trotz der wunderbaren reinheit, in welcher der Rigvedatext
Jahrhunderte, zum theil Jahrtausende lang auf mündlichem wege
fortgepflanzt worden ist, haben sich in die Sai{ihitä dennoch
eine anzahl augenscheinlicher wortverderbnisse eingeschlichen,
die zum gi*össten theil, wie dies schon Roth nachgewiesen hat,
auf gehörfehler zurückzuführen sind, mehrfach aber ihren grund
auch darin haben, dass die spätere zeit der vedischen periode,
also die schriftgelehrten der Br&hmana- und Sutraliteratur, die
alten, aus der iranischen zeit stammenden Wörter nicht mehr
verstanden und ins Sanskrit umzudeuten versucht hat. Durch
\Veber*Försters und meine Entdeckung des ungeheuem
alters des Bigveda (s« Sitzungsberichte der Berliner ak. vom
21. juU 1898, pag, 9—10; vgl ebendas, Weber 14. Juni 1900;
ferner Brunnhofer Verhandl d. Berliner ahthropol. ges. 13. mai
1899: Herkunft der Sanskrit-Arier aus Armenien und Medien
pag. 478 — 184; 20. Januar 1900: Das alter des Rigveda nach
massgabe der A^vinau-hymnen pag. 80 — 8l)), ist nunmehr meine
schon 1884 ausgesprochene ansieht (s. Ueber den uisitz der
Indogermanen), dass die kaspischen länder der stanmisitz der
Sanskrit-Arier gewesen sein müssen, durch historisch-astronomi-
sche berechnung zur thatsache geworden. Hatten aber die
Sanskrit -Arier Jahrtausende lang in Armenien und Medien
mit den Zend-Iraniern und Ario- Hellenen nach barlich lu«
Emendationen zum Rigveda. 77
samniengewolmt, hatten zend- iranische stamme durch kriege-
rische bundesgenossenschaft oder Unterwerfung sich den ein-
tritt in die brahmanische opfer- und Staatsgenossenschaft ge-
bahnt, so konnte es nicht fehlen, dass ihre Stammesdialekte
vielfach auf das von ihnen erlernte Sanskrit einwirken mussten.
Ich habe solche rein iranische Wörter im Bigveda schon 1889
im ersten bände meiner „Urgeschichte der Arier'' aufgezeigt,
ich habe dann zu anfang dieses Jahres (1899) in meinen „Homeri-
schen räthseln" an dem adjektiy ari-dhdyas den nachweis gefuhrt,
dass sogar noch altarmenische Sprachelemente im Rigveda vor-
hegen, insofern aH-dhdyas nur „dreimelkig'' bedeuten könne,
arl also das altarmenische eriy drei, sein müsse, das sich zu
der bedeutung sehr, die man ari im Sanskrit giebt, völlig ana-
log dem Übergang des lateinischen tres in französisches iriSf
entwickelt hat.
In den folgenden textverbesserungen bin ich auf diesem
w^e weiter gegangen und denke manche, in der bisherigen
erklärong des Rigveda wirkende tradition für immer kri-
tisch aufgelöst zu haben. Andere werden mir auf diesem wege
nachfolgen, wobei dann der fall eintreten wird, „dass man sich,
wie Weber (Sitzgsber. d. Bl. ak. vom 22. juIi 1891, pag. 45)
gesagt hat, „billig wundern muss, dass nicht mehr derart
bereits ans licht gezogen worden ist".
Rig. I, 53, 5.
sdfß dewfä' pränuUyä vtragushmayä
göagrayägvävatyd rabhemahi \\
Ludwig übersetzt: „Die göttin Pramati, die die stärke der
beiden, die durch rinder vorzüglich, reich an rossen, die mögen
wir in unsere gewalt bekommen." Die Grassmann'sche Über-
setzung ist zu frei, um hier berücksichtigt werden zu können.
Was nun „die vorsieht, (denn das heisst doch prdmati)
die die starke der beiden" betrifft, so erinnert das drastisch
an Falstaffs „discretion is the best pari of valaur.^ Ich fürchte
nur, mit dieser „vorsicht^^, die „des muthes bessre hcUfte^^ sein
soll, hätten die Sanskrit-Arier weder kühe, noch rosse er-
beutet, noch Indien erobert. Ihr wagemuth stützte sich aber,
wie wir aus dem schlachtlied Rigv. VI, 75 wissen, bekanntlich
nicht auf die vorsieht, sondern auf die kraft ihrer bogensehne :
78 Brunnhofer
dhdnranä gä dhdnvandjim jayema u. s. w. Hätten sie sich
auf die „göttlicbe vorsieh t'^ verlassen, so hätte sich an ihnen
Hamlets wort erprobt: „So macht bedenken aus uns allen feige/'
Allein die Sanskrit-Arier waren beiden, getrieben vom manyü,
dem Urbild der homerischen fifjvvg^ dem furor teutonicus. Athar-
vaveda lY, 32, 1 heisst es: sähyätna däsam äryam tvayd
(Manyu). „Mit dir, o heiliger zom, wollen wir den barbaren
und den Arier überwältigen'*. Ich glaube desshalb, dass die
stelle der Verbesserung bedarf und schlage vor, mit einer
leichten änderung zu lesen:
mm devyd' prämatyd virdgu^hmayd.
Der Padap&tha müsste also lesen: prd amdtyd und die
stelle übersetzt sich nun so:
„Möchten wir göttlichen machtglanz, heldenstarken « der
uns vor allem kühe, sowie auch rosse verscha£ft, gewinnen*'.
Die göttliche amdti ist die unwiderstehliche wucht, mit
der Savitar und Mitra-Varuna ihre strahlen, die Maruts ihre
blitze aussenden. Vgl. Grassmann im vedaglossar unter dem
wort
Rigv. I, 116, 24.
ddga rd'trir dgivena ndva dyun
dvanaddham Qnathitäm apsv ätUdh \
tiprutatfi rebhdm uddni prdvriktam
ün ninyathuh sömam iva sruvina ||
„Den zehn nachte durch sein missgeschick, neun tage ge-
fesselten, den ins wasser gestossenen, den zerschmetterten
Sänger, den auseinandergerissenen, in die wogende flnt ver-
senkten, habt ihr (AQvin&) herausgelootst wie den Soma mit
dem löflFel".
Das partic. praet. vipruia würde „den zerflossenen'' be-
zeichnen. Da dies aber o£fenbar hier nicht gemeint ist und
nicht gemeint sein kann, wie gnathüd beweist, so hat Ludwig
daraus ganz einfach den eigennamen des unglücklichen sängers
gemacht, als ob damit die frage nach der bedeutung von
vipruia gelöst wäre. Grassmann willkürlich: „Umspült vom
meer".
Nach massgabe von I, 117, 4 muss aber vlruta gelesen
werden :
Emendationen zum Rigveda. 79
dgvani nd güJhdm Ägvinä durivair
rkhirn nard vrishanä rebhdm apsü
sdm tarß rimtho viprutarß ddnsobhir
nd vdm jü'ryanti pürvyä kritä'ni \\
yyWie ein von übelthätem verstecktes pferd, o A^vinau, habt
ihr den seher, den sänger, ihr helden, ihr stiere, den in den
gewässeroy ihn, den auseinandergerissenen, habt ihr durch eure
wunderthaten wieder zusammengefügt. Nicht altern euch die
heldenthaten früherer zeiten".
Zusammenfügen {sam-ri) kann man nur etwas auseinander-
gerissenes (vZ-rt^a), nicht etwas zerflossenes {td-pruta). Da
beide obige stellen inhaltlich sich auf dieselbe wunderthat der
beiden Agvinau beziehen, so kann demnach auch oben Rigv.
I, 116, 24 nur viruta gelesen werden.
Fernere bestätigung dieser correctur bieten folgende stellen:
Rigy. IX, 112, 1: nddm bhishdg — ichati „zerbrochenes sucht
der arzt^S Rigv. X, 39, 3: yuvä'm id dhur bhishäjd nUdsya
dt „auch des verrenkten heiler nennt man euch'* (Ludwig).
Das vi-ruta entspräche einem lat. di-rutua, a, um.
Rigv. U, 7, 1.
grishthaivi ydvishfha Bhdrata
Agne dyumdntam ä hhara \
vdao puruspriharii rayitn \\
Ludwig übersetzt: „0 Agni der Bharata, jugendlichster,
bring trefflichsten, glanzvollen, vielbegehrten reichthum, guter^^
Hier wird und muss griahtham auf rayim bezogen werden.
Allein dies ist dennoch die frage. Wir haben es hier nämlich
mit einer Conventionellen anrufungsformel zu thun, mit der im
Rigveda der feuergott so oft angeredet wird; (reshtha yavishtha,
einer formel, deren etymologischer inhalt schon dem vedischen
sprachbewusstsein der indischen urzeit verloren gegangen
war, da der Superlativ (reshfha = zend. graesta^ stets auf das
verbale gri bezogen und mit herrlichst, best u. s. w. übersetzt
wird. Aber das höchste lob, mit dem Agni gefeiert wird,
ist, dass er, der sich ewig gleich bleibt, eben desshalb bald als
der uralte bald als der ewig junge gepriesen wird. Er ist
djara, unaltemd Rig. I, 144, 4; VI, 4, 3; X, 88, 3; X, 156, 4
u. s. w. Er ist der jugendlichste, ydvishfha Rigv. U, 7, 1;
80 Brunnhofer
V, 26, 7; VI, 5, 1; Vm, 91, 20; X, 1, 7 u. 8. w. Aber er
wird Rigy. YIII 11, 10 sowohl der alte, als der junge genannt
{san^c ca hötä ndvyagca satsi). Den Schlüssel zur etymologie
des grishtha bietet Rigv. I, 161, 1:
kim u grishihah IHiri ydvishfho na ajagan.
Ludwig übersetzt diese frage der Ribhu so: ».Warum ist
der vorzüglichste, warum der jugendlichste zu uns gekommen ?"
Im commentar zu dieser stelle (s. Rigvedawerk, bd. V,
pag. 509) bemerkt er, aber ganz richtig: „Da grishfhah und
nicht jyeshfkah gesagt ist, so ist kein gegensatz zu ydvishthah
ausgedrückt, sondern beides als vorzug gemeint. Der dichter
hat vielleicht grishthah als gegengewicht zu yavishfha gewählt*^
In letzterm falle würde ydvishthah einen leisen tadel enthalten,
Agni würde als grünschnabel hingestellt, woran bei der erha-
benen heiligkeit des gottes gar nicht zu denken ist Sondern
grishtha muss, wie Ludwig richtig empfand, den gegensatz zu
ydvishfha ausdrücken, d. h. , griskthah bedeutet ursprünglich
„der älteste*^ in demselben sinne wie die Marutas Rigv. V, 60, 5
gefeiert werden als brüder, die „ohne ältesten, ohne jüngsten'^
sind (djyeshfhä'so dkanishthdsa eU). Und so, als gott, der zu-
gleich „der älteste und der jüngste" gast ist {grishfhanrn ydvish-
tJuim dtühim) gilt er dem dichter Praskanva Kanva Rig. I, 44, 4.
Wenn somit grishthah „der älteste*' ist, so entsteht die
frage: von welcher etymologischen grundlage aus? Das Sanskrit
kann nicht die quelle sein. Vom Zendverb zaresh^ altem
(Partie, praes. zareshyant, alternd) konnte aber das partic.
perf. pass. zareshta, „gealtert" gebildet werden oder von der
einfachen wurzel zar ^ skt. jar (jzi, altem) der Superlativ
^zarista (vgl. auch armen, ger, greis, Lagarde, Arm. stud.
pag. 70, no. 1046), der dann vom sanskritischen Sprachgefühl
auf grt bezogen werden musste.
Verhält sich dies aber so, dann muss an unserer stelle
Rigv. II, 7, 1 der acc. ^eshtham geändert werden in den voc.
gresluha, der dann zu yavishtha stimmt. Die stelle übersetzt
sich dann so : „0 ältester, o jüngster Bharata" !
H. Brunnhofer,
(Fortsetzung folgt.)
Emendationen zam Rigveda. 81
Emendationen zum Sigveda.
(Fortaetzimg.)
lügv. n, 31, 3.
änu nü sthdty (wrikäbhir ü'tibht
rätham mähe aandye völjasataye || .
Ludwig übersetzt: „begleite uns mit feindlosen hülfe-
leistongen unsem wagen zu grossem gewinne, zu kraftgewinne".
Grassmann: „Er geht zur band mit hülfereicher förderung
Nun unserm wagen, zu erlangen grossen preis'',
„Feindlose hülfeleistungen'^ sind eine contradictio in ad-
jecto« also etwas total unmögliches, in keiner spräche wird je-
mals so etwas dagewesen sein, daher denn Grassmann das
avrikd mit richtigem takte als hülfreich übersetzt hat Es
ist jedoch immer wieder daran zu erinnern, dass Ludwig, da
er sich mit recht zunächst an den» wenigstens scheinbaren,
Wortlaut des textes anschloss, traditionsgemäss nicht anders
übersetzen konnte, als „mit feindlosen hülfeleistungen'S denn
die tradition behandelt das wort avrikd durchgehends als
a+vrücd „wolflos''. Dass avrikd an manchen stellen diese be-
deutung hat, ist nicht im geringsten zu bezweifeln. Z. b.
Rigv. VI, 4, 8:
nü' no Agne avrikibhih 8va«U
vSshi rdyöh pathibhih pdrshy dnhah \
Ludwig: , Jetzt also, o Agni, auf feindlosen pfaden des
reichthums besuche zum heile uns, rette [uns] aus bedrängniss".
Reichihum ist im Rigveda soviel als grosser viehbesitz und
für diesen viehstand „wolfssichem" weidegang zu erflehen ist
etwas dem hirten ganz angemessenes. Hier ist avrikd ganz
unzweifelhaft ein compositum von vrikd mit der negationspar-
tikel a. Dagegen möchte ich fär avrikd als attribut solcher
Wörter wie ü'ti hülfe, sdkhi freund, sakhyd freundschaft, pdyü
hüter, hirt, vdrutha schütz u. s. w. an eine andere etymo-
logie denken. Oder vielmehr, ich erblicke in avjrikdj wenn es
attribut jener begriffe ist, ein zwar mit avrikd „wolfefrei" gleich*
klingendes, aber etymologisch gänzlich verschiedenes wort Und
zwar möchte ich schreiben dvrikd und dieses ableiten von d-vri,
für welches verbum Grassmann die bedeutung ansetzt: „umgeben
mit, reichlich versehen mit", was vortrefflich zu uti, sakhyd
u. 8. w. passt In dem von demselben verbum abgeleiteten
B«ltiftgo s. kude d. ind«. sprseUn. XXVI. 6
82 Brunnhofer
adjektiv ävcwana haben wir ein synoDymum, für das das Peters-
burger wörterb. bd. I, pag. 707 die bedeutungen kennt: ,«be-
deckend, verhüllendes als subst. neutr. ,,das verdecken, ver-
hüllen etc. AUes w<i8 zum schütze dient, schild. Wir dürfen
also für *ävrikd die bedeutung aufstellen: »fSchützend, schutz-
reich, huldvoll*^
Vielleicht gehört hierher auch das Zendwort avare, schütz
(Justi Zendwb. pag. 34), das man zwar für eine nebenform von
zendischem aivanhe = Dat sing, dtnue des veda ausgiebt, das
ich aber lieber für zwar volksetymologisch auf wurzel av
„schützen^' bezogen halte, etymologisch jedoch als *ävare =
skt *ävar, dvri au£fassen möchte. Von diesem im Sanskrit
nicht nachweisbaren verbalnomen *ävar, dort wäre dann das
adjektiv dvrika durch das suffix ka abgeleitet wie eri-kd, m.
geschoss, von W. sri hineilen, fueh-ka trocken, von W. ^ush
trocknen, dörren u. a. m.
6.
Rigv, IV, 33, 7:
Dvd'da^ dyu'n ydd dgohyasya
ätiihyi rdnann Bibhdvah sasdntdh \
sukehiträkrinvann dnayanta eindhün
dhanvätifhämnn öshadhir nimndm ä'pah ||.
Ich übersetze:
„Als zwölf tage die Qibhu sich der gastfreundschafb des
Agohya erfreuten, in tiefem schlafe ruhend, da schufen sie
dann herrliche gefilde, führten sie die flüsse wieder heraus,
breiteten pflanzen über die wüsten, in die niederungen die wasser'^
Wie längst erkannt, ist hier die rede von dem todesschlafe
der Qibhu, der Schöpfer der Jahreszeiten. Während der zwölften
schläft das jähr im hause der wintersonne, die in den nebeln
verborgen ist Aber sowie die zwölften vorbei sind, treten die
jahreszeitenkünsüer ihren rundlauf um die erde wieder an, das
jähr beginnt von neuem, die im eis erstarrten flüsse thauen auf
und in den thälem grünt es und blüht es wieder. Ganz das-
selbe besagt Bigv. I, 161, 11:
udvatsv aemd €ikrinotanä trtnwii
nivdtev apdh svapasydyA narak \
dgohyasya ydd dsoHand grihi
tdd adyidam Sibhavo nä'rm gaehaiha |
Emendationen zum Rigveda. 83
Ich übersetze:
„Auf den höhen habt ihr ihm (dem sterblichen?) gras ge-
schaffen, in den tiefen wasser durch eure kunstfertigkeit, o
männer. Dass ihr in tiefem schlafe ruhtet im hause des Ago-
hya, das, o ]|^bhu, wiederholt ihr heute nicht^^
Hier und in der vorhergehenden stelle dreht sich Alles
um die frage: wer und was ist der angebliche Agohya? Die
tradition und die Sanskritphilologie übersetzen es^ wie dies bei
der lesart dgohya überhaupt nicht anders möglich ist, mit:
^der unverhüllbare , der nicht zu verbergende''. Das ist nun
freilich das haare gegentheU dessen, was in der natur der dinge
liegt Das adjectiv dgohya ist ein attribut des Savitar, des
Sonnengottes y und zwar des lebenweckenden » fruchtbarkeit
schaffenden Sonnengottes der gemässigten zone, nicht des
Sonnengottes Indiens, wo die flüsse im winter nicht gefrieren,
sondern des hochlandes Kabulistans oder Kaschmirs, wenn nicht
Irans. Man schläft aber nicht bei leuchtendem sonnenglanz,
was doch bei der lesart igohya „nicht verhüllbar'^, vorausge-
setzt werden musste, sondern in der abwesenheit des tageslichts,
im dunkel der nacht, wo die sonne sich im gegentheil verhüllt
hat (vgl. Rigv. I, 117, 5: sushupv^nsani nä Nipiter upasthe
suryanjli . . . tdmasi kahiydntam) und selber tief eingeschlafen
ist Das erfordert aber nicht einen dgohya, sondern im gegen-
theil einen ägohya, einen „tief sich verhüllenden*^ Damit sind
wir bei dem punkte angelangt, wo die vedische mythologie ihre
aufklärung erhält aus der homerischen. Der dgohya ist näm-
hch Aßx^Siyvyog^ der könig des landes 'Siyvyia^ wo die nymphe
KakvtpWy „die sich verhüllende'' d. i., die finstemiss des nordi-
schen winters, wohnt Ogygia ist die personification der Winter-
sonnenwende, als welche sie Hahn schon in seinen mythologi-
schen parallelen pag. 186 erkannt hat, während die insel Aiaia
die Sommersonnenwende ist. Vgl auch noch Hahns sagwissen-
schaftl. Studien pag. 410. Ausführlicheres darüber in meinem
Homerwerke.
7.
Rig. V, 43, 13.
jtdhamasir brihäddivo räräno
• • *
vigvebhir gantv ömabhir htwändh \
6*
84 Brnnnhofer
gnÖL vdsäna öshadhtr ätnridhras
tridhdtugriflgo vrishabhö vayodhah g
Ludwig übersetzt: ,^qt komme der sehr verständige, der
hohe am himmel, schenkend, gerufen mit all seinen freunden,
der mit den Gnäs wohnt in den pflanzen, nicht schädigend,
mit dreifachem home er, der lebenskraft schaffende stiert
Sehr frei, mit unberechtigter bedeutungsum Wandlung von
brihdddiva und ämridhra übersetzt Grassmann:
„Der hochbetagte, starke Spender komme.
Gerufen her mit sämmtlichen genossen,
Umschaart von weibem, von gewachsen, rastlos.
Der kraftverleihnde stier mit dreien hörnern*'.
Was mich in dieser Strophe beschäftigt, das ist Päda 3:
gna vdsäna öshadhtr. Es ist unmöglich g^iä' zu übersetzen
„mit den Gnäs'S d. h. mit den göttlichen frauen^' und der
accusativ plur. öshadhtr ist kein locativ öshddhtshu. Zunächst
also ist der participialsatz vösäna öshadhür „die pflanzen
schmückend, kleidend'' klar, vgl. Rig. IV, 18, 5: dtkam vdsäna
(Indra), sein gewand anlegend, so auch VI, 29, 3 und X, 123, 7.
Was ist aber gna ? Es kann nicht etwa apposition zu öshadhtr
sein, denn niemals heissen die pflanzen gna, aber ebensowenig
kann es von Brihaspati, dem in Strophe 12 angerufenen und,
wie der anklang brihdddivo in str. 13 schliessen lässt, auch in
Str. 13 herbeigewünschten gotte heissen, er kleide die göttlichen
frauen an. Aber was ist denn nun gnä'*^ Ich glaube, es hat
mit den göttlichen frauen gar nichts zu schafl'en. Sie mögen
durch einen ungeschickten redaktor aus reminiscenz an str. 6,
wo der dichter die mahitn ArämcUim . . . Gnä'r(i devfm „die
grosse Armaiti, die göttliche Gnä" anruft, in die Strophe 13
gerathen sein. Da an dieser stelle ohnediess metri causa ge-
lesen werden müsste: gnaä' vdsäna, was sich aber aus obigem
gründe verbietet, so lese ich , um die erforderliche silbe zu er-
halten: agnä' vdsäna, im sinne von agnaü „im feuer'*. Agni
ist das im ßigveda so oft besungene lebensfeuer der pflanzen-
weit. So heisst es I, 98, 2: Agnih , . . vigvd öshadhtr ä'
vivega „Agni ist in alle pflanzen eingegangen". Die stelle
agnd' vdsäna öshadhtr bedeutet also: „im feuer die pflanzen
kleidend", sei nun der betreffende gott ßrihaspati oder, wie
Grassmann vermuthet, der gestaltenbildner Tvasbtar.
Rmendation zum Rigveda. 85
8.
Rigv, VI, 75, 1.
Jimü'tasyeva bhavati prdtikam
yid varmt yffti samdddm updsthe
liudwig übersetzt traditionsgemäss: „Wie der donnerwolke
antlitz ist es, wenn der gepanzerte wandelt im schoos der
schlachten".
Das wort jimüta „gewitterwolke^S das sich nur auf die
Yorli^ende stelle oder vielmehr auf die uralte missdeutung
dieser stelle stützt, ist eine homunculusexistenz. Desshalb denn
auch die verzweifelte etymologie Djjvaladatta's in den Upädi-
sütras UI, 91 (ed. Aufrecht pag. S3): jivana^ jalam mütrayati
srävayatUi „sie harnt (resp. lässt fliessen) belebendes wasser'^
Ursprünglich, d.h. etymologisch ist das wort ßmüta nichts
anderes als *jyd-müta, wo jyä nach analogie des vedischen
instrumentals üti' für ütyä', zusammengezogen ist in ^, jimüta
bedeutet also : „von der bogensehne abgeschnelltes tnüta kommt
von der dem lateinischen mopSre entsprechenden sanskritwurzel
mtv, bewegen, schieben, es ist das part. praet. tniUa, z. b. in
käfna-mtUa „von liebe getrieben" Rigv. V, 10, 10, 11; nicht
„von liebe verwirrt^^ wie Weber übersetzt in den sitzungsber.
d. Berl. ak. 1895, pag. 13 (was vielmehr kätna^müdha erfor-
dern würde). Wir gewinnen auf diese weise ein bild, das viel
prägnanter ist und drastischer wirkt als der vergleich mit der
gewitterwolke. Die stelle lautet nun : „Es ist das bild eines von
der bogensehne abgeschnellten'' (pfeiles), wenn der panzerheld
sich in den schoos des Bohlachtgetümmels stürzt". Das gleichniss
passt auch zu dem ganzen, vornehmlich die kraft der bogensehne
verherrlichenden inhalt des Schlachtliedes. Der hymnus ist ein
lobgesang auf den skythischen bogen, wie ihn die alten Inder
noch zu Alexanders des grossen zelten fährten und wie ihn
noch Airian in seinen Indischen nachrichten, kap. 17 be-
schreibt:- „Das fussvolk hat einen bogen, der ebenso hoch ist,
als der, welcher den bogen trägt. Diesen stellen sie am boden
auf, stemmen sich mit dem linken fuss dawider und spannen
ihn so, indem sie die sehne erst rückwärts ziehen. Ihrem pfeile
86 Brannhofer
fehlt nämlich wenig zu drei eilen und nichts vermag dem von
einem indischen schätzen abgedrückten pfeile zu widerstehen,
weder ein schild, noch ein panzer, noch eine andere noch so
starke schutzwaffe". Desshalb denn auch das gleichniss Rigpr.
in, 53, 24 (nach Ludwig): „0 Indra, diese Bharata denken
nicht an nähe und nicht an ferne; sie treiben das ross wie
einen nie versagenden helfer; als hätte es der bogensehne kraft
(jyä'vajam), fuhren sie es in den wettkampf S
Wie nun aber das adjektiv jtmtUa zu der substantivbedeu-
tung „gewitterwolke*' gekommen sein mag? Ich glaube, es
giebt dafür keine andere erklärung als folgende. Gewisse
stellen des Qatapatha-Br4hmana verrathen, wie schon Spiegel
erkannt hat (Eranische alterthumskde., bd. I, pag. 458), irani-
schen einfluss, d. h. das Qatapatha-Br4hmana, so gut als schon
der Rigveda, stammt zum theil von brahmanisirten, von hause
aus iranische dialekte sprechenden, das Sanskrit mit iranischem
Sprachgefühl handhabenden verfietösem. Von solchen brahmani-
sirten iranischen vedainterpreten mochte das wort jimüta auf-
gefasst worden sein als eine Zusammensetzung von zendischem
zint (Justi, Zendwörterb. pag. 125) = zima (— skt. hima) der
winter, und dem sanskritischen üdha „hergeführt" partic.
praet. von w. vah, führen, tragen, also „vom winter herbei-
geführt", was dann auf die gewitterwolke bezogen wurde.
lieber prätika „bild" ist noch zu vergleichen die reiche
auseinandersetzung von Arnold Hirzel, gleichnisse und metaphem
im Rigveda, pag. 42—43.
9.
Rigv. Vn, 55, 2—4.
Ydd arjuna Särameya
datdh piganga ydchase
tt'va hhrdjanta rishtdya
üpa srdkveshu bdpsato
n{ shü svapa \\ 2 \\
stenarfi räya Särameya
tdskaram vd punahsara
stotfi'n Indrasya räyasi
kirn asm 6k n duchundyase
ni shü svapa \\ 3
Emendationen zum Rigveda. 87
tvdfri sükardsya dardrihi
tdva dardartu säkardh \
statfi'n Tndrasya räyari
kirn asmän duchundyase
ni shü svapa \\ 4 ||.
Grassmann tibersetzt diesen beschwöningsspruch, den nach
seiner, ich glaube, richtigen ansieht ein verstorbener an die
beiden hunde des todtenrichters Yama richtet, ganz hübsch so:
„Wenn weisser Särameya du,
Wenn branner du die zahne fletschst,
Dann leuchten sie den Schwertern gleich
In dem gebiss des schnappenden. — 0 schlaf in ruh !
0 S&rameya, bell den dieb,
Den rauher an, o lauf zurück!
Was bellst du Indras sänger an?
Warum willst du uns böses thun? — 0 schlaf in ruh!
Den wilden eher packe an,
Der eher stürze sich auf dich !
Was bellst du Indras sänger an?
Warum willst du uns böses thun? — 0 schlaf in ruh !'^
Merkwürdig ist, dass weder Ludwig, noch Grassmann in
Strophe 3 keinen anstoss an mkara genommen haben. Was
soll hier das schwein, das doch in der vedischen so gut wie in
der spätem brahmanischen mythologie gar keine rolle spielt?
Und was soll gar das schwein im vorhof der Unsterblichkeit?
Aber es handelt sich hier nicht um ein schwein, sondern um
den Soma handelt es sich, um den gukrdp der in der Svara-
bhaktiform *gukara, nach analogie von Indara (Rigv. II, 11 , 1 ;
13; IV, 17, 1; VI, 20, 11; 12) und MOhara für Mithra (Mi-
^agagy vater des Diophantus, eines truppenführers des Mithri-
dates, Memnon £rg. 87) vom ersten aufzeichner des textes miss-
verständlich als sükard gehört wurde. Durchgehends heisst im
Rigveda der Soma (ukrd „der leuchtend helle*^ Der Soma,
also der ^ukrd, verleiht nach vedischem glauben dem sänger
Unsterblichkeit, ganz wie auf iranischem boden im Avesta der
Haoma seinen Verehrern die beste der weiten, nämlich den
himmel, sichert Der sänger Indra's, von diesem glauben durch-
drungen, redet den höUenhund Yam&'s an: „Ja komm mir nur,
bestioi da wirst schon seheui wie es dir ergeht!*' Denn der
88 Brunnhofer
säDger Indra's weiss, dass Soma, d. h. der mond, ein gewaltiger
kämpfer ist, dessen furchtbare waffen seinen Verehrer vor jedem
feinde schützen. Soma heisst ja tigmchfringa ,fmit scharfen
hörnern versehen", seine waffen sind spitzig (tigmäni dyudhä).
Der imperativ dardrihi steht im sinne eines conditionalsatzes.
lieber Soma als krieger s, Hillebrand, Vedische mythologie,
bd. I, pag. 336—346.
10.
Rigv. VII, 69, 6.
Ndrä gauriva vidyütam trishänd'
Ä8mdkam adyd savanöpa ydtam.
Ludwig übersetzt diese an die Agvinau gerichtete anrede
wörtlich also: „Ihr beiden, wie wilde rinder dürstend nach
blitz, kommt heute zu unserm trankopfer^S Ludwig vertheidigt
seine Übersetzung, die dem vorhandenen Wortlaut folgt, mit den
werten: „Diese stelle hat viel kopfzerbrechens verursacht; wir
sehen aber nicht ein wie hier der blitz anders verstanden
werden kann, denn als Vorgänger des regens, und warum nach
dem gesetze der poesie hier nicht das praecedens für das con-
sequens soll stehen können. Wer kann ernsthaft glauben, dass
hierunter vidyut der Wasserspiegel (nach Grassmann) soll ver-
standen sein? Man könnte dabei an das opferfeuer denken,
das ebenso wie blitz den regen, die darbringung erwarten lässt''.
Das ist ein gewagter versuch, um mit dem vidyütam fertig zu
werden, denn vidyut bedeutet blitz und nur blitz und dass
stiere nach blitz dürsten, geht schon über das bohnenlied. Der
von Ludwig auch hier wieder mit unrecht abgekanzelte Grass-
mann hat das richtige erkannt oder vielmehr geahnt. Denn
nirgends giebt er für seine Übersetzung einen grund an:
„Wie büffel lechzend nach dem Wasserspiegel,
0 männer kommt zu unsern tränken heute^'.
Statt vidyütam muss gelesen werden *vaidhyudan vom
zendischen vaidhi, armenisch get, fluss, Wadi und udan, n.,
Wasser.
Dieselbe Verwechselung kommt schon Rigv. I, 39, 9 vor:
äsämibhir Maruta a na ütibhir
gdfUä vrishtim nd vidyütah \
Ludwig: „Mit euern vollkommenen bülfeleistungen kommt
EmendatioD zum Rigreda. 89
zu uns, o Marut, wie blitz und regen^S Es miisste wörtlich
heissen „wie blitz auf regen'' und so übersetzt auch Grassmann.
Der regen folgt nun aber umgekehrt auf den blitz. Es ist
desshalb hier zu schreiben : vaidhyudah, wo udäh der plur. von
ud, f., wasser. Die stelle wird dann lauten:
„Mit ganzen hülfen kommt, o Marut, zu uns her,
Wie wildbachfluth dem regen folgt^^
11.
Rigv. VII, 83, 2:
ydträ ndrah samdyante
kritddhvajo ydsminn djA'
bhdvati kirß cand priydm \
ydträ bhdyante bhüvand svardrigas
tdtrd na Indrävarunä'dhi vocatam |
Ludwig übersetzt: ,,Wo die beiden um eine fahne geschaart
zusammengeben, in der schlacht, wo es nichts liebes giebt, wo
die das licht schauenden wesen fürchten, dort spracht ihr,
Indra und Varu^a, über uns euern schütz aus*^
Die Übersetzung ist voUkommen traditionsgemäss, aber es
ist merkwürdig, dass der sinn derselben noch niemandem kopf-
schütteln erregt hat. Was sind denn das für ndrah, avÖQeg^
„beiden", für die es in der schlacht „nichts liebes'^ giebt; in
der Schlacht, wo die das licht schauenden wesen „sich fürchten^S
obschon Indra und Varuna ihren schütz über sie ausgesprochen
haben? Können denn beiden zugleich memmen sein? Grass^
mann hatte mit seinem feinen poetischen takt offenbar ein ge*
fühl dafür, dass hier etwas gesagt ist, was sich mit dem
heldenthum schlechterdings nicht verträgt. Dieses richtige ge^
fühl verleitete ihn aber, den klaren wortsinn des traditionellen
textes unberechtigterweise folgendermassen zu variiren:
„Wo banner tragend männer sich entgegengehn
Im kämpf, wo alles liebe auf dem spiele steht.
Wo alles bebt vor dem, der sonnengleich erscheint.
Da sprechet muth uns zu, o Indra- Varuna''.
Grassmann fasst hier svardHgas als ablat. sg. und bezieht
es auf Indra (so im Wörterbuch), ohne zu bedenken, dass
Indra- Varuna ja gerade im gegentheil von den wesen um
schütz angwnfen werden.
90 Bninnhofer
Nun ist es mir zwar schon lange aofgeüallen, dass ein im
Rigveda öfters ausgesprochener wünsch ist, unversehrten leibes
(arishta) aus dem kämpfe hervorzugehen. Ich gestehe, dass
mich hier ein räthsel anstarrt Ich kann mir diesen wünsch
um so weniger erklären, als er gleich in der ersten strophe
des berühmten schlachtliedes Rigv. VI, 75 ausgedrückt wird:
dnaviddhayä tdnvä jaya tvöm „mit unverwundetem leibe siege
du!" Gab es in der geschichte der menschheit eine periode,
die den heroismus, die ethische fahigkeit, für die erreichung
eines idealen zieles leib und leben einzusetzen , noch nicht
kannte? Ragt diese periode der vorgeschichtlichen menschheit
vielleicht noch in den Rigveda hinein, dessen A$vinau-hymnen,
die doch noch nicht einmal die ältesten sind, in das jähr 6000,
wenn nicht ins zwölfte bis vierzehnte Jahrtausend vor Chr.
zurückschliessen lassen? S. Weber -Förster's und meine
berechnung in den o. pag. 76 citirten abhandlungen. Diese frage
scheint mir in bezug auf die Sanskrit- Arier des vierten bis sechsten
Jahrtausends vor Christus um so berechtig^r zu sein, als bekannt-
lich im Rigveda auch von der jagd auf grosse raubthiere, von
denen doch Iran und das Pandschab wimmelten, noch nicht die
rede ist. Der löwe wird im Rigveda nur gefangen, niemals aber mit
wurf- oder stoss- oder hiebwaffen erlegt. Uud so die andern
Würger, denen man mit fanggruben oder fangnetzen beizu-
kommen suchte. Ich wundere mich, dass Zimmer in seinem
Altindischen leben, s. 243—246, wo er die jagd behandelt, dem
psychologischen räthsel dieser erscheinung nicht näher getreten
ist Doch Zimmer wollte ja freilich nur das leben und nicht
die Psychologie des Veda darstellen.
Wie so ganz anders stehen die dinge im indischen epos!
Der heroismus des Mah4bh&rata ist von einer grandiosität,
die derjenigen der skandinavischen recken oder derjenigen der
beiden des Nibelungenliedes in nichts nachgiebt Vielleicht ist
der heroismus überhaupt erst eine der grossen culturerrungen-
schaften der an der schwelle der geschichte angelangten
menschheit Und so finden wir denn schon im letzten buch
des Rigveda (X, 154, 3) folgende stelle:
yS yüdhyarUe pradhäneshu
gü'räso yi ianütydjah \
„die in den schlachten kämpfen, die beiden, die preisgeben
ihren leib". In diese spätere zeit gehört wohl auch der aus-
Emendationen zum Rigveda. 91
druck rana, m. n., „die lust*' d. h. die kriegslust, der kämpf,
die Schlacht, ganz wie im Homer x^Qf^V nicht nur, wie x^Ql^^^
die freude im allgemeinen, sondern vorzugsweise die Streitlust,
den kämpf bedeutet Und wenn dem Herakles und lolaos im
Hesiod (also doch auch schon in der nachhomerischen zeit)
Schlachtgetümmel Ttolv q)iXt€Qa &oivvjq ist oder wenn es im
fragm. GGXXin (s. Hirzel, gleichnisse und metaphem im Rig-
veda pag. 87) heisst: ^uxHidagj noUfiff nexctiPiOTag ^t;r« doLti,
so ist das die . reine Unschuld gegenüber der todesverachtung,
dem Sterbensenthusiasmus und dem heldentrotz, die im Mah^
bhärata besungen werden. Duryodhana bekümmert sich um die
ihn rings umschwirrenden pfeile so wenig wie ein elephant um
regentropfen. Karna sagt zu seinem vater, dem Sonnengott
Surya, der ihn auffordert, sein leben nicht so gleichgültig aufs
spiel zu setzen: „Mir ziemt ruhmvoller tod, nicht ruhmloses
leben, nach rühm strebe ich selbst um den preis des lebens,
denn rühm ist Unsterblichkeit'*. Duryodhana endet mit den
Worten : „Mit gerechtigkeit habe ich das reich bis an das ferne
meer hin beherrscht und in ehrlichem kämpfe die feinde be-
standen. Jetzt finde ich den schönsten tod, indem ich meinen
geCallenen freunden nachfolge in das paradies der beiden; wer
ist glückseliger als ich?** Wunden und tod in der schlacht
öffnen die thore des himmels, dagegen schliesst furcht und
flucht den himmel zu. Der tod im kämpfe ist der weg zu
Indra. Apsarasen heben die mit wunden auf der brüst ge-
&llenen beiden auf ihre wagen und fähren sie unter pauken-
schall dem himmel zu. S. über den heroismus im Mah&bh&rata
das reiche Stellenmaterial bei Adolf Holtzmann, Zur geschichte
und kritik des Mahäbhärata (Kiel, 1892), pag. 40, 47—49, 50,
72, 90. lieber den heroismus der Deutschen, Skandinavier und
Kelten s. Holtzmann (vater), Deutsche MythoL, pag. 197 — 200.
Die Schilderung der todesverachtenden kampflust, wie sie das
indische epos seinen beiden nachrühmt, wird übrigens historisch
bestätigt durch das zeugniss des Ammianus Marcellinus, der
von den Parthem, diesen letzten trägem vedischer traditionen
am ursitz der vedischen Sanskrit -Arier, folgendes berichtet
(Lib. XXin, 6, 44 ed. Uardthausen, t. U, pag. 329): feri sunt
Wie habitatares (die Parther um Charax, Apamea, Artacana,
Hecatompylos) pagarum amnium atque pugnaces eosque ita
certamina juvofU d beüa, ut judieäur inter äUos hamines beatus,
93 BruiHihofer
juif in proelio profuderü animam; excedetites enim e viia for^
tuüa eonviciis insectantur et degeneres et ignavoa. In ein voll-
ständiges System gebracht erscheint der heroismus des indischen
alterthums in der Nitipraka^ikä (ed. Gast. Oppert in seinem
buch On the Weapons, Army Organisation and Political Maxims
of the Ancient Hindus, Madras, 1880) (loka 244 — ^263, pag.
125—129.
Wiewohl es nun in hohem grade gewagt ist, aus lebens-
anschauungen des Mah4bhärata Schlüsse zu ziehen auf den
Rigveda, der um mindestens ein Jahrtausend vor dem epos
liegt, so erscheint es mir doch unmöglich, dass ein schlacht-
lied sich in ausdrücken der feigheit bewege. Ich möchte dess«
halb die stelle canä priydm lesen canä'priyam, d. i. ctmd
dpriyam „nichts unliebes'' d. h. „liebes, freudiges'', und für
bhdyante schreiben bhdyanti, sodass also der betreffende Päda 3
nun bedeutet: „(wo) die sonnengleichen (nämlich die ndrah^
die beiden von Päda 1) die wesen in furcht versetzen". Die
Strophe lautet nun in der Übersetzung:
„Wo die beiden um eine fahne geschaart zusammengehen,
in der schlacht wo es eine lust ist, wo die sonnengleichen
(beiden) die wesen in furcht versetzen, dort spracht ihr, Indra
und VaruQa, über uns euern schütz aus".
Eine ähnliche verkehrung des textes in sein gegentheil hat
eine brahmanische memme in Rigv. I, 100, 17 am namen eines
schlachtrosses vorgenommen, wo schon Ludwig (Rigvedawerk
bd. V, 29) fragt, ob nicht Abhayamänah geschrieben werden
müsse für Bhayamänah,
12.
Rigv. Vm, 17.
Ä no gantam rigddasä
imdqi stöinam purubhujä \
kriidifi nah sugriyo narä
imd' ddtam abhishfaye |
Ludwig : „Kommt zu uns, vertilger der vertilger, zu diesem
Stoma, ihr reich an genuss, macht uns hochherrlich, o beiden,
gebt uns das irdische {imd\ neutr. plur.) zur erhaltung".
Unter den nicht gerade wenigen wörtem, welche die veda-
philologie noch unter dem einflusse der brahmaniscben etymo*
Emendationen ^nin Rigveda. 93
lo^e missdentet, ist rifddas hervorzuheben. Es wird als com-
positum TOD riga + adas „die Zerstörer verzehrend'^ {adas von
W. ad, essen, verschlingen) erklärt Daher denn Ludwigs
„vertUger der vertilger'S was ganz an Hegels definition des
rechts als der „negation der negation^' erinnert Ludwig findet
es (bd. in, pag. 341 seines Rigvedawerks) „merkwürdiges dass
^besonders die Marut, dann aber auch Mitra, Varu^a, Aryaman,
die Aditya, die Agvinau, Agni, Soma, Vi^ve Dev&h öfters rifddas
heissen^S Schon der umstand, dass gerade die götter des
geistes, die Aditya „feindeverzehrer" heissen sollen, muss stutzig
machen. £s ist denn auch einleuchtend, dass die traditionelle
ableitung des wertes nicht die richtige sein kann. Wir müssen
vielmehr trennen ri + gddaa und ri als abgekürzt aus ari
auffassen, nach analogie so mancher andern wörter, insbeson-
dere im Lranischen, die ihr anfangs-a eingebüsst haben. S. mein
Iran und Turan pag. 68. Ueber die wurzel gad, schmücken
8. Roth zu YAskas Nirukti pi^. 83. Das adjektiv rifddas —
*arigäda8 bedeutet also „sehr schmückendes dann „sehr pran»
gend, sehr sich auszeichnend, sehr herrlich, sehr siegreich*'
u. 8. w. Diese bedeutung wird an obiger stelle besonders unter-
stützt durch die bitte an die Agdnau: kritäm nak sucHyo
„macht uns schön glänzendes was direkt eine ausführung des
verbalgehalts von ri^ädas ist.
Dass rifddas seine anfangssilbe a eingebüsst hat, geht
übrigens metri causa hervor aus Rig. VI, 51, 4: ried'dasak
satpaitnr ddabdhdn, wo gelesen werden muss: arigä'dasah
sitpattfir ddabdhdnj (ich flehe an) „die hochherrlichen, die
wahrhaften herren, die unbethörten^S
13.
Rigv. IX, 10, 8.
nd'bhä nd'bhifß nd d' dade
^edkskuf cU sü'rffe sdcd \
Hier ziehe ich die Übersetzung Hardy's, Vedisch-brahmar
nische periode, pag. 31 jeder andern vor: „An den nabel (der
götter)^' heisst es von Soma, „bindet er unsem nabel, auch
(unser) äuge (bringt er, d. h. nach dem tode vgl. Rigv. X, 16, 3
„Zur sonne geh das äuge'*) zusammen mit der sonne. Somit
ist der Ursprung des menschengeschlechts in der sonne^S In-
dem ich diese stelle nabhä nd'bkkit nd a dade mit dem namen
d4 Brunnhofer
des Nä'bhanMühfha zusammenhalte, gelange ich zu folgendem
ergebniss. Näbhanedishfha lässt sich bekanntlich nicht trennen
von der Zendform des namens, nämlich Nabanazdktaf folglich
muss beiden eine urform zu gründe liegen. Ich erblicke die-
selbe in * nabha-nadh-ish^a „den nabel nähendst^^ Daraus
konnte sich nach der analogie des imperativs daddhi „gieb^S
im iZend dazdi, im Veda dehi, die iZendform Nabanazdisia, im
Veda Na'bhanidhishtha entwickeln. Dass das wort schon sehr
alt sein muss, ergiebt sich auch aus der analogie von zendischem
Mazda gegenüber vedischem medha. Wenn aber dem werte
die Wurzel nadhj nahen (vgl. vi^&fo) »- nah (vgl. vrii-na „einen
Scheiterhaufen schichten, d. h. binden^' Curtius, Grundzz. d.
griech. etym. *, pag. 295) zu gründe liegt, so scheint es mir
nunmehr wahrscheinlich, dass an obiger stelle Rigv. IX, 10, 8
nicht zu schreiben ist nd ä dade, sondern dass sie ursprung-
lich gelautet haben muss: *nahädadhe — nahäni dadhe, wie
es in der Brähmanasprache lauten würde. Ob dieses hypothe-
tische *nahädadhe „er nähete** schon sanskritisch ist oder viel-
mehr noch der indogermanischen Sprachperiode angehöre, das
zu entscheiden überlasse ich der Sprachvergleichung.
Nä'bhanedishtha hat eine namensverwandtin in der geburts-
göttin StntväR, die ich ableiten möchte aus w. äi nähen, binden
und *ntvdlt = *näbhila, also wiederum „die den nabel
nähende'^ Sinlv&li ist übrigens mondgöttin und zwar crescens.
Ich möchte desshalb daran erinnern, dass Sin der mondgott
der Sabier von Harrän war (s. Ghwolson, Die Sabier, bd. 11,
pag. 158 und 808—809) und dass in der wüste Sin der berg Sinai
einen mondtempel hatte. Doch darüber bei anderer gelegenheit
14.
Rigv. X, 40, 1.
In diesem hymnus an die Agvinau, der den erklärem noch
viel zu schaffen machen wird, will ich vorläufig nur eine stelle
(Strophe 1) als der Verbesserung bedürftig hervorheben:
Rdthofqi y&'ntarß käha kö ha värp. nard
prdti dyumdntaTn suviiäya bhüshati \
präiaryd'vänam vtbhvhm vigi-vige
vdstar-vador pdhamänaifi dhiya ^^dim}\
„Euem wagen, den wohin? gehenden, wer, o beiden, rüstet
ihn euch, den glanzvollen, auf dass seine fahrt zum heile ge-
Emendationen zum Rigveda. 95
reiche, den frohaaf brechenden, weit herum wirkenden , von
stamm zu stamm, Ton haus zu haus &hrenden| mit dem ge-
danken zum segen?^^
Hier gebietet das vigi-vife „Ton stamm zu stamm** das
nachfolgende vddar-^wutor, das bedeuten würde: ,,yon morgen-
röthe zu morgenröthe'' zu corrigieren in völ itar^västor „von
wohnstätte zu wohnstätte*'. Ich glaube, es liegt in diesem
wiederhergestellten västar-'Väator ein beabsichtigtes Wortspiel
Tor mit dem västor^^iHutor der Strophe 3.
Die emendation v(( siar'Vdstor erhält übrigens ihre bestäti-
gung durch Rigr. I, 123, 4, wo es von der morgenröthe heisst
grihAin-griham aikand' yäiy dehä „haus für haus besucht die
morgenröthe".
15.
Rigv. X, 61, 16.
In dem langen , räthselvoUen hymnus auf die Vi^ve De?&
lautet Strophe 16:
ay^ stuiö rd'jd wndi vedhd
aipdg va vipraa taraii sväsetuh
sä kakshtpontarn rejayat so Ägnim
nemhß nd cakrdm ärvaio raghudrü |
Ludwig übersetzt : „Hier der gepriesene könig [Soma] ward
ab ordnender priester [zugleich] verehrt, der sänger kommt
über die wasser, selber die brücke; er hat den Kakshivän, er
hat Agni in bew^gung gesetzt, wie des rosses schneUlaulend
rad den radkranz*'.
Deutlicher Grassmann: „Dieser gepriesene huldvolle könig
[Soma, nach S&yana] wird gerühmt; der weise setzt über die
wasser, seine eigenen brücken habend; er setzte den Kakshivat
in bew^gung und er den Agni, wie den radkranz, wie das
schnell laufende vom renner gezogene rad".
Worauf hier alles ankommt, das ist die bedeutung von
kaisMvai. Bfit dem dichter dieses namens hat das wort hier
nichts zu thun, es ist appellativ, doch ist ein „gurtenbegabter"
Agni sinnlos. Oanz anders stellt sich die sache, wenn wir das
k streichen und lesen akshivaniam „achsenbegabt", „an der
achse laufend". Adalbert Kuhn hat für den am rad herum-
sausenden Ixion die an das lat. cixis, die achse, anlehnende
96 Brunnhofer
form akshivän „der acbsenträger, der radträgldr^* als etymolo*
gische gnindlage angesetzt (herabkunfb des feuers ^, pag. 69).
Diese von Kuhn erschlossene form liegt an unserer vedastelle
thatsächlich vor. Ebendoi-t hat Kuhn das in rasendem Um-
schwung rollende feuerrad des Ixion einen niederschlag der
Vorstellung eines sonnenrades genannt Ich glaube, an unserer
stelle ist wirklich von einem durch könig Soma „durch um-
drehen einer achse in der nahe des Wagenrades^* erzeugten feuer
(Kuhn pag. 44) und zwar im sinne eines über allerlei gewässer
setzenden Johannisfeuerrades die rede, eines rades, dessen
rollendem übersetzen über bäche und teiche ein Somazechgelage
folgte, analog der von Jacob Grimm beschriebenen feierlichkeit
der loslassung des symbolischen sonnenfeuerrades am Johannis-
abend zu Konz an der Mosel, wo ebenfalls eine weinzecherei
den abschluss bildete. S. Kuhn pag. 44 und 95.
1&
Rigv. X, 68, 1.
Udaprüto nä vdyo rdkahamänä
vä'vadato abhriyasyeva gköahdh \
giribhraj'o nötmdyo mädanto
Brthaspaiitn abhy ärkä' anävan ||
Ludwig übersetzt: „Wie im wasser schwimmende vögel,
wenn wache haltend, wie der lautdonnernden wasserwolke tönen,
wie bergdurchbrechende ströme frohlockend haben unsere lieder
Brihaspati zugetönt'^
Ludwig nimmt also keinen anstand, die lesart rdk^nmiä^
für ursprünglich zu halten. Es liegt jedoch auf der band, dass
für die participialattribute vä'vadatah und mddantah ein syno-
nymes attribut auch für den ersten P&da gefordert wird, ein
beiwort, das nicht die träge ruhe zum inhalt haben kann.
Schon Grassmann hatte im Wörterbuch zum Rigveda unter rd^
kshamäfiä bemerkt, die lesart sei vielleicht verderbt und hatte
dafür fragend ydkshamdnd empfohlen. Allein, wiewohl diese
correctur ohne zweifei ein besseres synonym für vdvadatah und
fnddantah vorstellen würde, da die wurzel yaish, obwohl keines-
wegs ganz klar, rasche bewegung nach einem ziele hin be-
zeichnet, so liegt sie doch ¥rieder zuweit von dem überlieferten
Wortlaut ab. Wie dies bei Grassmann mehrfach vorkommt,
Emendationen zum Rigveda. 97
hat ihn bei der Übersetzung der richtige poetische takt geleitet
und ihn die atrophe folgendermassen sinngemäss übersetzen
lassen:
„Wie vögel, die im wasser plätschernd kreischen,
Wenn sie sich bergen, wie gewitterwolken
Wie wogen, die durch felsen tobend brechen,
So schallen dem Brihaspati gesänge^'.
Wie gesagt, Orassmann hat hier unbewusst das richtige
getroffen, indem er die vögel „kreischen^* lässt, während er
freilich an rAkshamanä festzuhalten scheint, wenn er sie „sich
bergen'* lässt. Vielleicht gelangen wir durch Rigv. IV, 45, 4
auf die fahrte nach der dem unmöglichen rdkshamdna voraus-
gegangenen ursprünglichen lesart. Es heisst da:
hansä'so yi väm mädhumanto asridho
hiranyaparnä ühüva usharbüdhah \
udaprüto tnandino mandinisprigo
mddhvo nd mdkshah sdvandni gachathaJh \\
Ich möchte mich auf die räthselhaften ausdrücke asridhah,
mandinispri^h, ükuvah hier nicht näher einlassen und vers 4
halte ich ohnediess für verderbt Die attribute aber zu den han-
sä' sah, den gänsen, sind ähnlich wie die von Rigv. X, 68, 1
zu den vdyah, den vögeln, also zunächst udaprutah, dann
mandinäkj das an mddantah erinnert, wie das vä'vctdatah an
ahüiHih anklingt, das offenblo: nichts, wie Ludwig will, mit
Wurzel vah, ziehen, zu thun hat, sondern ein onomatopoetischer
ausdruck ist wie das deutsche uhu. Das ühüvah tuharbudhah
fasse ich als „mit geschrei die morgenröthe weckend'^ Welcher
art dies geschrei ist, darüber belehrt uns die stelle Rigv. II, 39, 3.
Der betreffende hymnus ist allerdings einer der jüngsten des
ganzen Rigveda, die ewig wiederkehrenden iva gemahnen völlig
an den ebenfalls späten glossatoren-cento Rigv. X, 106. Die
bilder von II, 39, 3 sind aber natürlicherweise indisch, dürfen
also für X, 68, 1 herbeigezogen werden. Es heisst da in
n, 39, 3:
cakraväkiva prati vdstor usrd
arvdtfica ydtain rcUhyha cah'ä |
Ludwig: „Wie die zwei Gakrav&ka (männchen und weih*
chen) beim tagesgrauen, ihr rothen (A^vinä), kommt heran wie
Battiig« «. kanda d. iad«. tpnMkMi. XXVL 7
98 Bitinnhofer
wageurSder!*' Das usrd erinnert an MrofM/aparnA und das
eakrA am ende des Terses wiederholt onomatopoetisch das anch
im namen der gänseart Cakrav&ka angedeutete geschrei kra^
hra. Es ist die von der indischen kunstpoesie verherrlichte
gänseart anas casarca^ von welcher die indischen dichter fabeln,
das männchen sei des nachts vom weibchen ^getrennt, in der
morgendämmerung aber liessen sie ihr, gleichsam die morgen-
röthe weckendes, freudengeschrei erschallen. Also diese cakra-
v&ka sind unter den viycA von Rigv. X, 68, 1 verstanden,
deren geschrei hra kra uns nunmehr berechtigt, die falsche
lesart r&hshamäna zu verbessern in die richtige krdkshamdf^,
„kreischend**, von der im Rigveda noch zweimal wieder-
kehrenden Wurzel kraksh, laut aufkreischen, z. b. Rigv. VIII,
65, 11:
dnu tvä R6daA ubhi
krdkshamänam akripetäm \
rndra ydd dasyuhä'bhaoahW
„Dir seufzten beide weiten nach.
Dem schreienden, als, Indra, du
Zum tödter der dämonen wardst**. (Grassm.)
Ausser dieser stelle begegnet die wurzel kraksh noch in
dem compositum vanakrakshd „im walde kreischend", Rigv.
IX, 108, 7;
ä' sota pari 8hifU:ata
ag/vanji nd stimam aptürani rajaatüram \
vanakrakshdm udaprutam |
„Presset ihn, giesset ihn, den wie ein ross gleichsam wasser
ersiegenden (?), raumdurcheilenden stoma, den im walde auf-
kreischenden, im wasser plätschernden**.
Ludwig möchte hier, an stelle von s^dfna, loblied, setzen:
sAmOj und es unterliegt keinem zweifei, dass auf Soma ange-
spielt wird, aber eben nur angespielt, wie im Rigveda bei
Wortspielen, wie dem vorliegenden, so oft; ich glaube desshalb,
dass in Mma nur ein beabsichtigter anklang an sdma er-
blickt werden darf, wobei denn die ausdrücke vanakrak-
shdm uddpnUam ihrerseits wieder an die cakraväkagänse er-
innern.
Emendationen aum Rigveda. 09
18.
BigT. X, 78, 8; 0.
ashfaü puttä'so Ä'ditBr
yi jätä'i ianPäe pdH \
devd'n 4pa pmU MpiM^h
pärä Mikiöndäm äeyai || 8
mjMhhih piurait ÄdUif
üpa prdü pürvjfdfß fugdfin \
pntfä'yai mHtydifB tiM
pünar Märt&nddm ä'Nu^fät \\ 9
Ohne diese beiden stropheü ztt fiberset^eti, mache ich auf-
merksam auf die merkwürdigen flbereiflstimitiühgspatikte , die
zwisdhen diefietn tedahymnüs nüd der GylfaginultigBagä der
eddA vorliegen. Auf dieselben näher einzugeben, würde sich
reichlich lohtien, ich begnttge mich hier, der rautnerspftrniss
wegen, auf dies räthsel bingädeütet ztt haben. Ich gebe atts
der Qylfagintting nttr, was sich mit Mftrt&tida berührt
„Die Hei warf Odiü hinab nach Niflheini nnd gftb ihr
gewalt über die neunte weit, dass sie denen Wohnungen an-
wiese, die zu ihr gesendet würden, solchen nämlich, die vor
alter oder an krankheiten starben. Sie hflt da eine grosse
wohnst&tte; das gehege umher ist ausserordentlich hoch tmd
mit mächtigen gittern verwfthrt".
Der Hei, die von Odin in da6 reich des dunkeis hinabge-
worfen wird, damit sie da in ihrer höhle die todten aufiiehnie,
entspfflcht in unserm vedähyntnus, der Zwar spät verfasst ist,
aber uraltes kosmogoniscbes träditiönsWäterial verwerthet, der
rfttbtfelhafte MAtiända, den man, ich weiss nicht worauf ge-
stützt, mit „söhn des des", d. h. VCgel, wiedergiebt. Allein
das wort würde höchstens übersetzt werden können mit „söhn
des eieS eines sterblichen", was einfach abgeschmackt wäre. Hier
liegt ein falsch gehörtes wort vor. Ich schreibe Märtdntra
„berr der todtenhöhle" (itinto-afi/ra)". Sofort begreift sich
nun die bemerkung, Aditi habe den Märt&^da (d. i. den
^Märt&ntra) zum berm des todee gemacht (mntydve . . .
ä'bharat).
100 Brunnhofer.
19.
ßigv, X, 89, 13.
änv dha mä'sä dnv id vdnäni
dnv öshadMr dnu pdrvßUkah \
änv Tndram ridatA v&wgäne
dnv dlpo ajihata jä'yamänam \\
Lad¥rig übersetzt: „Die monde, die bäume, die kräuter, die
berge, die lauten beiden welthälften, die wasser kamen [giengen]
Indra nach, als er geboren ward'^
In dieser dunkeln stropbe des dunkeln bymnus des Benu
Vai{;y&mitra, in dem ich schon in meinem Iran und Turan
auf iranische demente aufmerksam gemacht habe, kann in
Päda 1 das wort mä'sä, monde, unmöglich richtig sein. Un-
möglich können die monde dem Indra liebend nacheilen, es
giebt nur einen mond, aber mdsa bedeutet nur mond oder
monat. Hier muss also entweder ein textfehler vorliegen oder
mäsä muss iranisch erklärt Verden. Ich hatte für dha mä'sä
zuerst schreiben wollen ähanä'sä „die schwellenden, üppigen
somastengel'S aber das nachfolgende öshadhih scheint es zu ver-
bieten, d. h. überflüssig zu machen. Und so möchte ich mich
denn entschliessen, mäsä zu erklären als den plural des Zend-
adjektivs masha (Justi Zendwb. pag. 230) „eilend, kommend'^,
es liesse sich sogar an Zend fmMshyaj der mensch, denken. Ich
möchte also die stropbe so übersetzen:
„Eilends giengen dem Indra, als er geboren ward, nach
die bäume, die kräuter, die wolkenberge, liebend {vävafän£) die
beiden Rodasi (die beiden gemahlinnen des Rudra und des
Varu9a), die (himmlischen) was8er'^
Für dha mä'sä liesse sich auch an ahanasah, die morgen-
röthen (s. Rigv. I, 123, 4), denken.
Oder darf man statt ajihata vermuthen: *ajihas(a)ta „sie
lächelten ihn hold an*S aor. &tm. von W. has? Und dhä, die
tage, mä'sä, die monde?
20.
Big?. X, 105, 7.
vdjrarß ydf eakri suhdnäya ddsjfave
hirtmafö hMmän \
druiahanur ddbhutani nd rdjah \\ 7 ||
V- ••:
EiDendatioDen zum Rigveda. 101
„Lud¥ng übersetzt: (Bildete) „den donnerkeil, der dem
schnell getöteten Dasyu einzeln zerschnitt die därme, des un-
gebrochenen kiefer wie der wunderbare raum'^
Ludwig bezieht das perfekt tatäksha der yorhergehenden
Strophe 6 noch auf vdjram zu anfang der Strophe 7, ich glaube,
mit unrecht. Ich erblicke in kifttnägö hirimän ein beabsich-
tigtes Wortspiel , schreibe dru^hanur für : drutahaimr und
rakshdh für rdjah. Ich übersetze' die Strophe so:
„Er (Indra), der den donnerkeil schuf zur erfolgreichen
tötung des dämons (den donnerkeil) der da die gedärme-
zerreissend ist, der goldene, der Aru^atöter, der da erschlägt
das furchtbare riesengeschlecht'^ Das gerundiv suhdnäya
ddsyave entspricht durchaus dem häufigeren vriirdfya hdniave
RigY. m, 37, 5; VIII, 12, 22, oder dem rakshdse hdntavd'u
V, 2, 10. In hirima^ erblicke ich kein adverb auf g(M, son-
dern ein compositum, worin ich Hirt mit Lud¥rig zu dem lat.
Ai/t, gedärme, mofa, zerreissend, zermalmend, zürn lat modh
rare halte. Der dämonentödter Indra kann nicht selbst dr^-
hanu „unzerbrochene kinnbacken habend^' sein, denn er selbst
zerschlägt ja den kinnbacken dem . gewitterdämon Vritra,
aber Äruga-han ist er, „tödter des oder der Aruga", mag nun
Aru^a sein was es will, ich denke, es ist ein mit disyu syno-
nymes wort. Femer ist rdjah sinnlos, es kann nichts anderes
als falsch gehörtes rakshds sein, wozu ddbhuta „übematüi-lich,
übermenschlich" sehr- gut passt Der accusativ ddbhutarß nd
rakshdh ist noch abhängig von der yerbalkraft der wurzel han
in *drugahanuh.
Berlin, Oktober 1899. Brunnhof er ^
Worterklänmgen zum Bigveda.
1. vSptis, hagel.
Rigv. I, 80, 12.
nd vipaed nd tanyatd'
Tndra/ifi Vrürö vi bibhayat \
abfiy ^o^ vdjra dyasdh
iahäerabhrishHr äyqtq ||
102 Brunnbofer
Ludwig iibenetzti »^Niolit diiroh lied, und nioht durch
donner hat Vritra den Indra in furcht gesetzt, auf ihn drang
ein der eherne keil mit tausend schneiden, preisend seine
Selbstherrschaft".
Grassmann siebt ein, dass v^ms unmöglich „lied" bedeuten
könne, mindestens nicht in dieser eusammensteUung mit donner
und übersetst so:
„Durch rasohheit nicht, durch donner nicht
Erschreckt den Indra Vritra je^* u. s. w.
Was vipod ist, scheint mir durch folgende parallelstelle
zur obigen strophe beweisbar. Es ist Rigv. I, 32, 13:
ndfsmai vidtfün nä tanyatüh sishedha
nd yi'm miham akirad dhradünitß ca \
Tndrßg ca ydd yuyudh4'te A'hig ca
utdtparVbhyo maghdvd vi ßgye |
Ludwig: „Nicht hat ihm der blitz, niqbt der donner ge-
holfen, noch die hagelnde wölke, die er ausgebreitet; als Indra
und der draohe kämpften, da bat ai^ch für die Zukunft Mag-
havan gewonuen",
Das lied besingt den sieg des mit der frühlingssoune den
¥nnterdrapben bekämpfenden Indra. Vgl, Goetbe's Faust:
„Vom eise befreit sind ström und bäche
Durch des frühlipgs milden, belebenden blick.
Im tbfde grüpet hoffnupgsglück.
Per alte winter in seiner schwäche
Zog sich in rauhe berge zurück.
Vqp dorther sendet er fUehepd nur
Ohnmächtige schauer körnigen eises
In streifen über die grünende flur.
Aber die sonne duldet kein weisses*^
Nicht vipaa und nicht donner hat dem winterdrachen ge-
holfen, beisst es I, 80, 12. Nicht blitz, nicht donner, noch die
hagelnde wölke I, 32, 13f D^ pun vafra, wofür auch vifra
vorkommt, im Avesta „schnee'' bedeutet und diese bedeutung
(s. Hom, Neupers. etym. pag. 47, no. 202) durch das neupers.
berf, pehlewi vafr, kurdisch vafr, befir, bafer, berf, a^han.
väwra, Schneeflocke, plur. schnee, belutschisch barp bestätigt
wird, so kann nach massgabe dieser faktoren vipas wohl kaum
etwas anderes bezeichnen als: hagel
Worterklärungen zum Rigreda. 103
Die griechische mytbologie hat den hagel ab drachen«
zahne aufgefasst, über deren streitbare brat die aonnengötter
Kadmos und Jason fViyasvan?) mit leichtigkeit herr. werden;
S. Hahn, Sagwissenschaftl Studien jmg. 189, anm, 18.
2, jMubharman, donnerkeilträger.
Rigv. I, 103, 3.
8d jdtubharmd QraddAdhäna öjah
puro viMUnddnn acarad vi dä'sih \
vidvd'n vajrin ddsyave hetim atsya
äryatß sdho vardhayä dyumndm Indra ||
Ludwig übersetzt: „Mit des j&tü last seiner stärke trauend
wanderte er dahin sprengend die bürgen der D4s46, kundig, o
keilbewehrter, wirf den pfeil auf den Dasyu, mehre der Arya
herrliche Übergewalt, o Indra".
Grassmann umschreibt das von Ludwig unübersetzbar ge-
fundene jätü'bharmä mit „gebomer kämpfer'S leitet also jätu ab
Ton W. Jan, zeugen und einer W. bhar, bhfi, kämpfen, die aber
nur aus dem slavischen barithssya kämpfen, erschlossen werden
kann. Was letztere wurzel betrifft, so könnte man sie in Bha-
rata, das etwa dem russischen boriz kämpf er, krioger, ent-
spräche, finden, wozu dann die „allesüberwindende göttin Bhä-
rati" {detA' Bh^raÜ vi^dtürtih Ry. II, 3, 8) stimmen würde,
wogegen freilich Gustav Oppert, On the arigincd InhabiUints
of Bharaiavarska ar India (Leipz,, 1893) die Bharata für die
Barrhai des Ftolemaeus und diese für die Bhärs, Mdrs, Mhdra,
Mahdrs, Mhairs or Mers, ja „to a certain extent" für die
Barbara or Varvara, d. h. für Jbarbariansf^ erklärt (pag. 38).
Ob bharman von der W. bha/r kämpfen, abgeleitet werden
soll, die im Veda als verbum finitum nicht nachweisbar ist,
sondern nur noch im vorindiscben namen dor Bharata, der
„kämpfer" überliefert ist, ist eine frage, deren entscheidung
von der bedeutung von jMu abhängt Ich halte jdtu für ein
zendwort, abzuleiten von W. jan, schlagen, entsprechend dem
zendwort jdtkwan, „schlagend", janthtva, tödtend. Der jdiu
ist der vajra, der donnerkeil und jatü' bharman ist ein syno-
nymum von vajrabhrtt, vajra/vdh, „den donnerkeil (in der band)
tragend", väjrob^hUf vdjrahasta, wfjrßdakMiffa. Pie unmittel-
104 Brannhofer
bare erklärcing dieser Wörter bietet Rigv. 11, 16, 2: hdste vaj-
ram bharati.
Der jdtubharman „der donnerkeilträger" hat übrigens
einen doppelgänger in vriäMprabharman Rigv. V, 32, 4:
tydm cid eshdni wadhdyä mddantam
mihö ndpäiani suvridkam tamogä'm \
vrühaprahharmd Dänavdsya bhdtmain
vdjrem vajri' ni jaghdna ^üsknam
Ludwig übersetzt:
„ihn, der an der göttlichen speise dieser [lebenden] sich
berauschte, der wölke kind, den stark wachsenden, im dunkel
befindlichen [vielmehr: wandelnden], hat, der den stierkräftigen
schleudert [vielmehr: in der band trägt] des D4nava zomfeuer,
mit dem keile der keilbewehrte, ni^ergeschlageu, den Qushna".
Also der vrishaprabharman ist „der den stierkräftigen
schleudert [oder vielmehr: in der band trägt]. Er ist der
vajrin „der donnerkeilträger'' wie schon oben Rigv. I, 103, 3.
Grass mann freilich macht aus ihm einen „dem der kräftige
[Soma] vorgesetzt ist^S
Ein anderes j(!Uii begegnet Rigv. X, 27, 11, wo es Grass-
mann mit , jemals, überhaupt'S als accus, eines neutralen subst.
von W. Jan, zeugen, erklärt Die jatd anakaha duhifä* ist
dort einfach die „von geburt'^ (instrumental) blinde.
Oh jätusthira, den Ludwig als eigennamen auffasst, der
aber nur beiname des Indra sein kann, in Rigv. II, 13, 11 den
„von gehurt kräftigen '* oder .,den donnerkeilkräftigen'* be-
zeichnet, kann kaum entschieden werden, das nachfolgende
sdhasvat lässt eher auf „den donnerkeilkräftigen'' schliessen.
3. vasarha s altpers. vazraka, gross.
Rigv. I, 122, 3 :
mamdüu noA Pdrijmä vasarhd'
mamdttu Vd'to apä'ifi vrishanvän \
Ludwig: „Es erfreue uns Parijman, der den frühling zu-
rücklässt (bringt), es erfreue uns V&ta, der stierkräftige (regner)
der wasser".
Grassmann :
„Erfreun soll uns der stürm, der früh den feind schlägt,
Erfreun der wind, der regen uns herbeifuhrt* ^
Worterklärangen zum Rigveda. 105
Entgegen diesen beiden etymologien von vasarhd', die beide
das wort als compositam fassen, und entgegen der von mir in
meinem „Iran und Turan'^ (1889) pag. 29 aufgestellten ablei-
tung des wertes, wonach es den „frühlingspender*^ {hd tsa zend-
form der Sanskritwurzel sd » san) bedeuten soll, möchte ich
jetzt in dem wort gar kein compositum sehen, sondern darin
das altpersische wort *vazarka = vazraka der keilinschriften
erblicken, das „gross, stark** bedeutet. Ich erinnere dabei an
den altpersischen personennamen Tow-ofa^xijg — *ianU'Va2'
raka „leibesstark** bei Ktesias (& Keiper, Die Perser des
Aescbylus pag. 107). Keiper interpretirt diesen namen noch
näher als „an leib, körper stark, mächtig'*. Das ^ repräsen-
tirt, wie bekanntlich in so vielen andern fallen, das aa oder M.
Dass in dem hymnus des Kakshivat Dairghatamasa sprach-
demente vorhanden sind, die dem Iranischen angehören und
sich schlechterdings nicht aus dem Sanskrit verstehen lassen,
das beweisen die Wörter der Strophe 4: prd mdtdrd rdspi-
ndaydiyihf worin ich (Iran und Turan** pag. 28) anklang, aller-
dings nur gehöranklang an das pehlewiwort raspina „herbst**
gefunden hatte, während ich die stelle selbst in prdmdtarav
agpinasya yavinah „die beiden gebieter des rossegefilds * aufge-
löst hatte. Obwohl ich die Schwierigkeit dieser erklärung
gegenwärtig stärker empfinde, als vor zehn jähren, wässte ich
doch noch keine ansprechendere zu geben.
Zu dem an jener stelle gesagten füge ich gegenwärtig
hinzu, dass dem femininum gvetand' (dem infinitivischen dativ
fvetand'ffai „zur hellwerdung'*, Ludwig) ganz merkwürdig das
russische neutrum gvetdnie „hellwerdung, anbruch des tages**
entspricht.
4. sina, waffe, donnerkeil.
Rigv. II, 30, 2;
yö Vritrd'ya simtm dtrabhariskyat
Ludwig: „Der auf den Vritra da die waffe schleudern
wollte**.
Grassmann: „Wer dort das gut dem Vritra rauben
wollte**.
Woher anders ab auf seine etymologie von wurzel sd,. san
„erlangen** gestützt, Grassmann dem Substantiv sina die b^-
106 Brunnhofer
deutung „habe, gut^* zuertheilt, weiss ich nicht und was sollte
denn übrigens das dem Vptra geraubte gut sein? Ich glaube,
Ludwigs Übersetzung ist annehmbarer, wiewohl auch für
Orassmanns Übersetzung der W. bhar mit „rauben'' (vgl. russ.
brcUh wegnehmen) sich die beweisstelle Rigv. X, 46, 16 anfuhren
liesse, wo bharcUi selbst nach Ludwigs commentar (Rigveda*
werk, bd. IV, pag. 410) die bedeutung „raubt, hinwegnimmt'^
hat.
Da sich in diesem hymnus unverkennbare iranische wort-
und lautelemente vorfinden, so wird es gestattet sein, auch in
sina ein solches zu erblicken. Schon Bradke hatte in seiner
abhandlung über Dyaus-Asura (1885) pag. 96—97 erkannt:
„dvariM (in Vfikadvarw str. 4) sieht vde eine eranische form
8= dhvaras aus . • . Vrikadvaras könnte also die halbsanskriti-
sirte form eines eranischen eigennamens Vehrkadvaranh sein'^
Ich füge dem hinzu, dass die in str. 8 erwähnten „teufelsver-
ehrer'S die (^ndikä, deren könig Vrikadvaras ist, ( Vrikadvanuo
Ä'surasya lA'rdn str. 4), und die der dichter Giitsamada und
gott Indra auf den tod bekämpfen {l'ndro hanti vjrishabhdifi
Qdndikänam) sich passend erklären aus zendischem ßoiida,
hexenmeister, Zauberer (Justi Zendwb. pag. 121; Spiegel,
Avesta-Gommentar bd. I, pag. 405).
Auf grundlage dieser zwei iranischen Wörter erlaube ich
mir, das subst. sinaj das nach dem Zusammenhang nur s=
vajra^ donnerkeil, sein kann, zu erklären aus armenischen zind^
bewaffiien (Lagarde, Armenische stud., pag. 54, no. 783), es
bedeutet also „wafie^'.
5. riku paddm, sandwüste.
Bigv. IV, 5, 12.
gihä'dhvandh paramdni ydn no cutya
riku pciddrri nd niddnd agantna \\
Ludwig: „Zu einem entfernten orte sind wir ohne tadel zu
erfahren [bereits] gekommen".
Grassmann : „Zum letzten ziel des weges sind wir heimlich
gekommen wie zu leerem ort, verhöhnet (?).
Das wort riku [paddm] wird von der tradition als tikia,
leer, erklärt, von W. ric^ räumen. Das wäre zunächst desßrtum^
wüste.
Worterklärungen zum Rigveda. ' 107
Darf man das wort rSku zasammenstellen mit dem Ba-
latschi-wort rik, r^, sand, sandige stelle, sandbägel, wozu
Geiger, Etymologie des Balutschi, pag. 143, no. 37 noch neu-
persisoh rSk, kurdisch rih, rih, afghan. rig stellt? S. auch
Hörn, Etymol. des Neupers. pag. 142, no. 642.
Sollte im PAda 3, entsprechend dem riku paddm des P&da
4, vielläoht gelesen werden dürfen : gihäfß dhänvah paramdfn
ydn no asga? «»in das versteck der wüste, deren höchstes terrain
uns gehört^* P Der gen. sing, käme von dhdnus, wie ianvds von
tanuj und i^^him, hätte, wie das synonyme dhdwwHj auch die
bedeutung von „wüste^^ Die gükä dhänvah wäre dann der
tautologische ansdruok fiir räm paddm. Wenn rdku nach
massgabe des Balutschiwortes rSk den „sandhügel^' bezeichnet,
so würde dann paramdm vollkommen dazu stimmen.
Die aweite stelle, wo rihu paddm vorkommt, ist X, 108, 7 :
agdgß nidkih Sarame ddrümdhno
gibhir ifvAhir vdaubhir ngrishfaf^ \
rdkAanti tdm Pandyo yi $ugepd'
riku paddm diakam ä* jaganüha |
Ludwig: „Steinernen boden hat diese Vorratskammer, voll-
gestopft mit rindern, mit rossen, und mit guten dingen; die
behüten die P«^, die guten wächter; zu einem weit entfernten
orte bist du umsonst gekommen*^
Uebereinstimmend Orassmann, nur dass dieser riku paddm
mit ,4eer ist der ort^* wiedergiebt und ddribudhnah „auf fels-
grund ruht der schätz hier'^
Hier möchte ich in bezug auf die bedeutung „sandwüste,
sandhügel" aufmerksam machen auf das attribut ddribudhnaj
das o£Fenbar zu riku vorzüglich paest.
6. fignd, erbse.
Rigv. X, 33, 3.
musho nd gignd' vy bdanti mddhyäh
statä'rani U gatakrato |
Die vieluiQstritteoe stelle, worin die gignä im sinne von
Phallus b^ld diese, bald jene rolle spielen, erhält vielleicht
ihren ganz einfachen und ansprechenden sinn, wenn wir die
geographische provenienz dieses bymnus ins äuge fssseu und
in fignd ein imnischee wort, wenigstens lui dieser stelle, er-
108 Brunnhofer
kennen.' Dass der hymnus auf das hochland von Iran gehört,
beweisen wohl die Pdrgavah, die Perser, in str. 2 und beweisen
die mädhydh, die panzer, als die „medischen^S die Nöldeke
und Weber in ihnen erkannt haben. S. Weber, Magavyakti
Nachtrag p. 812. Vielleicht finden sich in dem hymnus .und im
namen des dichters Kavasha Ailüsha noch andere anhaltspunkte,
die zu der annähme des iranischen Ursprungs des hymnus berech-
tigen. Halten wir diesen fest, so dürfen wir ^^i^nd an dieser
stelle vielleicht erklären als sanskritisirten reflexe eines arme-
nischen sisemy gen. sUeran, erbse, welches Lagarde, Arme-
nische Studien pag. 136, no. 1996 mit dem lat. eicer identi-
ficirt Oder hängt gi^d in der bedeutung „erbse'^ irgendwie
zusammen mit dem persischen kishnak, oQoßoQy syrisch kusan^
oQoßog (s. Lagarde, Ges. abhh. pag. 59, no. 149)? Ich kenne
aber allerdings kein persisches wort, dessen anlautendes k einem
sanskritischen g entspräche. Ist diese etymologie angängig,
dann übersetzt sich die stelle so:
„Wie die mause erbsen zerfressen, so mich, den lobsänger,
0 hundertkräftiger, die sorgen^^ Zu den gifnd, die die mause
fressen, vgl. Horaz, Satiren, buch II, 6, 116 — 117 in der fabel
yon der stadtmaus und der landmaus: Die landmaus erklärt:
me 9Üva cavusque
TtUus ab insidiis tenui solabitur ervo.
Es ist darnach zu berichtigen, was ich 1889 in meinem
„Iran und Turan'S pag. 46 über die stelle geschrieben Iiabe.
7. äkrd = lat. acer, ahom.
Mg?, X, 77, 2.
divda putrd'sa Üd nd yeHra
ÄdUy&sas te äkrä nd vdvridhuh ||
Ludwig: „Des himmels söhne haben sich angestrengt wie
hirsche, wie säulen wuchsen die Aditya in die höhe'^
Grassmann: „Die söhne des himmels gingen wie hirsche
gereiht, sie, die Aditya, wuchsen wie heeresbanner empor^S
Weder „säulen'^ noch „heeresbanner*' wachsen, was bei
dem realismus, durch den sich die poetischen bilder des Rigr.
1) Oder Tgl. lit. sztksznä feineB, rar Torfertigang yon riemenseag
flregerbtea leder? Panit veiyleiobt gr. ttian«¥u Fiok ^.I, 434. Pr«
Worterklärungen zum Rigveda. 109
aaszeichnen, die unzulässigkeit der beiden Übersetzungsversuche
bedingt. Ich erblicke in akrd an dieser stelle das lat acer,
ahom, einen bäum» der bekanntlich zum riesen heranwachsen
kann. Vgl. aber ihn aus antiken quellen Hehn, Kulturpfl. *,
pag. 491; 240. Für das bild des wachsthums bietet sich
Rigv. Vm, 13, 17:
l'ndraffi kshanVr avardhayan vatfä'iva.
Ludwig: „(Den) Indra hat die menschbeit gross werden
lassen wie baumäste*'.
Grassmann:
(Gunst suchend Hessen wachsen ihn
Die priester durch der opfer streu),
Den Indra der gewässer flut
Wie zweige ihn.
Beide Übersetzungen sind unmöglich, die kshoni's sind die
suid'sa indavah des P&da 1 der yorhergehenden Strophe, näm-
lich ^die gepressten tropfen** des Soma. Diese sind es, die den
Indra wachsen liessen, wie das astwerk und gezweige einen
bauHL
Die Übersetzung „säule*^ sucht mit material aus dem Rig-
▼eda und Homer nicht ohne geschick, aber erfolglos zu retten
Arnold Hirzel , Gleichnisse und mataphern im Rigveda (Lpz.,
1890), pag. 105.
Ich übersetze also: „Die Aditya wuchsen wie Ahome empor**.
8. rakshäa, riese.
Die im veda und epos yielberufenen ungeheuer, die rak-
ahds, n. (räkahcuta, m., ist episch), haben ihren namen zweifellos
von Wurzel 2 raksh „beschädigen**, zend. rakhg und rctsh, be-
schädigen. Vielleicht kehrt das wort auf europäischem boden
wieder im albanesischen rekes, m., riese. S. Meyer, Etymol.
wb. d. albanes. spr., pag. 363.
Berlin. Brunnhofer.
110 A. Fick
1. Einige grieohiBohe namen.
Die mschriften auf altkorinthischem thongeräth, deren ent-
zifferung von filass Sammlg. 3119 — 3156 so sehr gefordert ist,
enthalten viel interessantes für die griechische namengebung.
Es mögen hier einige belnerkangen in diesem sinne folgen.
3119 d. ^Ef^et(og) ist natürlich Ev»etög, mit ß flir i;, was ja
auch sonst vorkommt. Der name ist alt ttHd gut, ein
Ev9e%uaw Kvda^fjpauvg wird von Demosthdtiefii 1356 er-
wähnt und eine koseform 8^<^ wird uns noch später
beschäfügeü.
3119 h. 51 ?o „Da ein fuohs unter einer tanne vorge-
stellt ist, so vermuthet Röhl gelstreioh ^oi^Uig) — dluh
ntj^ Hesych'^ Vielleicht nicht weniger geistreich wäre
9o(liavflg) nach Timokreon von Rhodos ora iyta lAÖnn
nolovqig^ hfri xal SUai aXtArr^Mg; „wiewohl Röhl auch an
?o^f denkt (auf dem verlorenen theile der tanne, nach
der äsopischen fabel)" Blass.
8130 Ftn&ßa beweist für digamma im anlaut Somit stellt
sich der name, den ich früher wie ngiafiog und iZ^i^
für „troisch^' hielt, eu der anlautgroppe Fmia- in J^«xo-
fujia ju IL. /cxa- gehört wie /exora- zu /sxcJti fhbtni;
ßwdßolog und fmmf^ffsg ist d«r mit und nach dem
willen tri£Ft und wirkt.
3133. In Jidai/iop ist wohl kein mit reduplication gebildeter
name zu erkennen, und die Verbindung von Jtd- mit an
teitr „fröhlich" GP * 98 entfernt sich zu sehr vom grie-
chischen spracbboden. Vielmehr ist Jid- mit Bboü-^
0avd' in Bojld-mnog von ^eodo- ^ xP^eddavo^ in parallele
zu stellen. Eine Jidovri fuhrt PB. an, Ji-^mnfjg und
Ji'q>ikog haben ebenfalls Ji^ für Jio- nach dem alten
dativ Jt. Also wäre Jid-aiftay ein mann, „dem das leben
von Zeus gegeben ist'' vgl. Evaiiov : Auaif GP. * 60«
3143. Mit Sq>62Togf wenn so zu lesen, kann man aq>iqit€t' %ä
aq>OQa divÖQa und ag>o((Tdv Ufiow Hesych vergleichen.
Auch in den hier überlieferten namen lässt sich das rei-
zende spiel des wechseis von voll- und kosenamen beobachten.
So liegt neben
1. Einige griechische naroen. 111
nolvliiidag 3124 : jidiiag 8147.
3140 (Amphiareos auszug) Aivinna : 3130 (Hektors auszug)
Ahm (zu alvoQ „schrecklich** ine auch Aivelag).
3151 wird ein pferd 0iQrig genannt Der voUname dazu ist
0€fi''niiog, so hiess der renner des königs Hieron von Sy-
rakus nach Find. Ol. I 18.
„Gekappte" kosenamen bieten 3126 und 3127, beide mit der
darstellung einer eberjagd. Neben TloXvdioqog steht 3126
ein noXväag^ und zum nolwpag dieser yase giebt die an-
dere 3127 den vollnamen Ilokvipafios her.
Hier sind zusammengehörig zu denkende paare mit dem-
selben namen in der voll- und koseform ausgestattet Ein ähn-
liches beispiel bietet die Dias in den namen der beiden Pria-
mossöhne ltir$upopog und *^Am(pog* ii 250 nennt Priamos
unter den ihm yerbliebenen söhnen einen l4vTiq>ovog; ein Pria^
mide ^Arsiqiog tödtet J 489 einen gefährten des Odysseus und
wird selbst A 101 — 109 von Agamemnon erlegt. Auch in
historischer zeit vertheilt man so voll- und kosenamen auf ein
brüderpaar wie bei ''//TTro^xog und ^lfvnlag\ ein erlauchtes bei-
spiel im Deutschen sind die brüder Karlmann und Karl.
Übrigens geht der name ldv%i(fovog wie *Aif%iipavfig auf die
blutrache ffwog dvti <p6iyov. Der name JaUpovog auf korin*
thischer vase 3130 ist an sich unbedenklich , doch ist er viel-
leicht, wie Blass bemerkt, für Jatpoßog verschrieben.
J 395 ist Aito^ovog der vater des Kadmeers nolvg>6v'
tifg^ dem namen nach „der leibhafte 06vag^\ dieser persönlich
gedacht» wie Hesiod in der Theogonie 228.
^Yüfilpag va 06yovg %% Ma^ag % ^Avä^xtäalag %€
die Owoi unter den kindem der Eris aufzählt (3135 deutet
Blass HvcfAijva auf Vafiijya; könnte nicht ^Yofiiva gemeint sein?
vgl. l^fig>itQEta 3119?) Übrigens sind die namen Avtotpopig
und üoXwpovttjg ganz offenbar nach Av%6JivKog und jivKo^
g>6vTfig gedichtet. —
Man könnte versucht sein auch die namen der eng ver-
bundenen gottheiten Ai^ala und Ja^ia mit hinblick auf
^Av^iitiftog' ^SQfi^g Hesych aus einer wurzel herzuleiten. Setzt
man für av|(M in Av^&qfiog den gewöhnlichen aorist av^atu^
so gevrinnt man ein gottesbeiwort av^aidafu>g^ und aus diesem
würde durch kürzung vom und hinten Av^aia und Jofua
112 A. Fick
hervorgehen. Doch mag Jai^la^ lakon. Jaiwla auch wie Jri^ti
koseform zu JctfiavfjQ sein.
Dagegen sind die namen der drei attischen tbauschwestern
Aglauros, Pandrosos und Herse aus einer blossen beschreibung
des thaufalk ^qüij hervorgegangen. Man braucht nur die
namen, ganz unpersönlich gedacht, in dieser folge zu lesen, so
bedeutet: dylavQdg fiavdfoaog fgot]^ der form nach ein drei-
gehobenes verslein oder der schlnss eines hexameters, nichts
anderes, als : „die bei heiterer luft — äyhxog — ai^ — alles
beträufelnde, — navÖQoaog — bethauung — tgarf^. Wie wenig
man hier ursprünglich auf die Schaffung wirklicher d. h. mit
dem scheine der möglichkeit ausgestatteter namen ausging,
zeigt die beibehaltung der endung -og in ^uiyhxv^g und Ilav-
ÖQoaogj die doch einem richtigen frauennamen gar nicht zu-
kommt Wenn nun eine ^ulyXocvQog auch als mutter der drei,
darnach 'AylavQideg genannten angegeben wird, so ist auch
das peinlich richtig, denn thaufall tritt bekanntlich nur bei
heiterer luft ein.
„Dass Inachos und Ino zusammengehören, ergiebt sich aus
der Hesychglosse: 'hax^ia* koQtij ABvno^iag iw K^fjtfji^ and
VycQ^oi;^' vf. 0. 22, s. 62, wo auch ^Ivtanog fluss auf Delos
dazu gestellt wurde. Ursprung und bedeutung dieser namen
lässt sich durch einige Hesychglossen aufhellen. Wir lesen da:
Iva aar mnaxiai. xatarthiaai. xaraßoleiv,
Ivaaato' yxnixetv. htd&ofsp (purgierte)
iväa^ai' hoMvovad-ai. xal nQotea&ai.
ivfjd'Blaa' wxd'aQ&elaa. nww&eiaa,
lvii(4evog' i^shivf hixevovfieyog^ tovt eati rtfoiifievog
dq>^ ol xai iniqivog (bei Hippokrates) leyevai und
Ivwvxar ^waiv (?)
Das wort gilt für ionisch, aber ivdaai und ivdatno be-
weisen für sein vorkommen auch ausserhalb der las.
Vergleicht man Ivdactvo mit idwdaavOj hnj^elaa mit dv^
rq&eiaay so kann man kaum zweifeln, dass hier wie in dvpctfiai
die Verallgemeinerung eines alten präsens auf -yä, -yä vorliegt.
So führt uns das aktiv iydaai auf ein altes präsens tvä-fii :
ipä-fUTj und dieses deckt sich mit dem ved. ünd4i iäruU zu
tif-, dessen bedeutung „in rasche bew^;ung setzen, werfen,
(wafiidn) schleudern, wirbeln machen, entsenden; intrs. eilen''
mit der glossierung von Iva- y^iunaßaleiVf TV^tea&ai** u. s. w.
1. Einige griechische namen. 11$
sehr wohl stimmt. Wie sich hieraus die bedeutung „ausleeren
d. i. purgieren*' entwickelt, zeigen die glossen.
Hiernach lässt sich der alte flussname ^'Ivaxog genügend
deuten, -xog steht nach altbeliebter kürzung für -^o/og^ -%ovg
„aufschüttung, schutf' u. s. w. ähnlich wie in ndlv-ßog^ ßotj^
d'Sgy xuiAOQi^j JoQtMfoog für ßovg, -^ofag, -90/0$, -aaofog^
und wird der bei starkem gefalle jedenfalls viel scbotter und
Schlamm absetzende bach sehr passend als xovv Tunaxifov
oder Tunaßakhav benannt %ovg erkenne ich jetzt auch in
nir^axogy namen einer felsparthie bei Ghaironeia, vgl. nizigtfjiai
nqpyfinriiai im hom. hymn. Apoll. 383, also eine steinschüttung,
eine vermuhrung, wie man in Tirol sagt. Xovg erscheint auch
in 2lf6Ta-xoiov kastell Böotiens, dagegen gilt der name des
kyprischen flusses Smqa%ag oder 2i%Qa%og für semitisch. Mit
der Verwendung von ha^ in der Zusammensetzung vergleiche
man die von da/uy«- in JafiPO'fAevevg ^ Jaiiv^ayo^ag^ JafAV*
i/r/rog, Ilokv^fiva und mit der koseform 'Ini den sagennamen
Das so erschlossene verb vvijfÄi, XväfAev ist vielleicht auch
in der von mir 0. 25 s. 227 f. behandelten amorgischen in-
schrift zu erkennen. Hier glaubte ich das hinter avßcmHv
überlieferte evivafisv in tvinaptev s= i^viKafiev ändern zu müssen;
liest man h-lvafiev als imperfekt von Xyrjfii mit ^-, so würde
ein iveßaXlo/^ep vgl. ivaaat - xavaßakeiv, icavaxiav wohl passen ;
doch kennen wir den gebrauch des verbs nicht aus Ißbendigen
beispielen sondern nur aus den nicht allzuklaren glossemen bei
Hesych. Wie steht es mit iaveTQ Thera 4790 d? Die basis
von iva-y äol. iwa- aus thva^ ist iha- in iaivw^ IdofUUy la-^fcg
d. i. iha-^g, sskr. tü- in üi4d^ iäi^rd, wie da/xa- die basis von
dafiva- ist.
Die zweite von mir a. a. 0. behandelte inschrift von Amor-
gos wird wohl besser gelesen: ^'E^aaig' (ab ea^ove ^Enafieivan^
d. i. (Ich bin) Erasis, mich — Epameinon, mag man das verb
auffassen, wie man will. Der name ^'EQooig ist jetzt auch sonst
belegt: Smlg. 3933 Rhodos heisst es ^EQaTonf ^Efdaiog Ke-
dQSihag; auf Thera findet sich der name CGI. 3 n. 335.
BMtrife I. kui4a d. indg. spiMheii. XXVI. 8
114 A. Fick
2. aoq>6gj iniaaog>og,
Prellwitz hat im etymologischen Wörterbuch 8.294 f. die
erklärung von aoipdg wiedergegeben, die Osthoff (Paul u. Braune's
beitrage XIII, 423) geliefert hat. Er hat sie dann aber mit
recht aufgegeben und o. XXII, s. 86 versucht, die alte Zu-
sammenstellung von aoüfoq mit oaqri^ zu rechtfertigen. Auf
einen andern weg der erklärung aber weist die Zusammen-
setzung inLaaoq>oq , die im testament der Epikteta z. 199 f.
mehremale als titel eines beamten, og %ig dvaei zag d'vaiag vor-
kommt. Hierzu bemerkt Blass in seiner bearbeitung der in-
schrifben von Thera Sammlung 4706: jyi7tiaa(Hpog nur hier vgl.
für die bildung irtiaxoTtog, eq>OQog; der zweite theil muss den
verbalstamm, von dem auch aoq>6g kommt, enthalten". Dieser
verbalstamm wird nach iftlvQOTfog : T^ine^-j qtOQog : q>iQ€ —
doch nur a€g>e — oder vielmehr nach €m-aaoq>og ursprünglich
aa€<pe- gelautet haben. Nun ist zwar ein stamm a€g>€' nicht
nachzuweisen, aber der anlaut a (aa) kann im Griechischen
aus einem anderen volleren hervorgegangen sein und noch mit
diesem abwechseln. In einigen fallen liegt so neben a ein an-
lautendes xff. Zum beispiel in
adydag' ßldog (ävqov rj tpdydag Hesych, auch xfßayddv; die
salbe, von den komikern erwähnt, kam aus Aegypten ; auch
das wort? Es liesse sich deuten als ipayda verwendet vgl.
tpcmjav und \pa%%riQ : %prj%%Qa bei Hesych von tfßtjxo»,
aaia%6g* ilaia d'Xaati} Hesych vgl. tpaiOTOv Aristoph. Plut
138, wozu die erklärung bei Hesych xpataTa : ahpita
ilal(üi öedevfAeva^ beides zu xpaiOTog zerrieben me rpaiafia
und tpälfia zu ipaiaaadixi^ xpaUad-ai und dies zu ^ffijv d. i.
aa&Qog gut attisch, auch bei Pindar und Herodot: neben t^a-
d'aga' &id-Xaa%ay aad^qa^ ^Q^j da&ev^, tpa&vfd und t^cr-
d'ea' xfßwfAia; tpad'oXleiv' nvij&eip Hesych und weiter noch
die glossen tptod'iov' vb irtoxarto %ov afvov und xpia&ux
(aus Pherekrates) %ä %ov aQvov aTCod'QavafiaTa. Zu gründe
liegt eine Weiterbildung von xlßijv (tlnj^&e-) t^a%^e-, tpw&e.
Neben tpddvg \\eg^ tpad-v- in xfßadv-Qog. xprj^w zu ^^-y
x^faiio wie xv^-d^w zu nvijv xvaiü).
2. aoqxig^ inUaaoquq. 115
aaXayel' TaQdaaei^ aala^ai' nunankvaai^mv^aaif aalaxd^iv
aeiox^iy und \p€xhiaaai bei Aristoph. Lys. 84, und so auch
aaXog, aaksvw zu xffdkXw? Tgl. rpaklg — nal %a%eux nivfjaig
Hesych.
aalvyd' 17 (fvrex^g xivrjaigf wozu schon W. Schmidt ipalig ver-
gleicht und aakvyijv' t^v ysvofiimjv idvfjaiv ex v^g xara-
q>OQag zov aTgdiivov ovto} nakeiad-ai apaai und ipakvywv
ivTOi yßdkvyag Tag keyofievag tlwxdg (motten, Schmetter-
linge) a(Aev¥Ov xai Tovg da&evelg Oftiv^rJQag Hesych, von
ihrer zuckenden, vibrirenden bewegung.
Sanqxu neben VangnOf wie die dichterin sich selbst nannte,
Snxqxav Kyrene sammig. 4833, Vatpig, Vatpidai attischer
demos; dazu auch Vonpig,
adgiv OQviov ßlöogy ofioiov tpdQtai (lies yjaQi?) vgl. rpdQig'
üdog vatogf TQiijgavg von tpaiQio. Ist aat^oi ursprünglich
identisch mit tpaiQw?
oavxQog^ aavyLQonodeg = tpavTCQogy \pavx((6noda bei Anti*
machos.
aaxvov da&evig, xavvov „zerrieben, zerreiblich^' zu tpOKvdv
v^v \l)(a%%riv fiä^av^ tpcmvtJQ : xpi^urga zu V'^xai : ipfjixia.
aelfp'a* axotia' Kg^Teg üe&jch zu tlßiq>ag, doch ist das ci be-
fremdlich, etwa sekundäre dehnung des nominativ ae(p?
aekXi^ead'ai' xpeXkit^ad^ai Hesych von tpeXXog stammelnd.
aiäyoveg kinnbacken wohl sicher zu xffiw^ tplaaiy xpirjvat^
xpifjoar tfftDfÄiaai, Parallel gebildet ist d-iayoveg,
aivdg abfallende frucht, offenbar == tpivdg und dies von
q>9ivdg nicht zu trennen, ebensowenig wie aivofiaij xpivo-
fiai und fpQ'ivu}, vgl. xpiaig' aitüileia Hesych = q>d'ioig,
ai%%a hirtenruf bei Theokrit wird auch als i^ctra ange-
geben.
a IT Tag' OQVig noiog' tvioi de tov ipiTTOnov kiyovaiv Hesych
vgl. aiTTaxij^ OiTTaxog » tpiTTaxTj^ \f)iTTa%6g Papagei .
(Wohl fremdwort).
aoid'ijg xfßi^VQog' dila^cJy' didßokog und tpoidtjg el' dka^tHv
(^uäTTixoi' XdXog' orwfAvkog).
awxia bei Herodot in xara-oüix^ zerreiben aus tlßdxfo zu V%^
Anderes ist unsicher wie z. b. aiTog zu xlßlaai vgl. xpiTTva'
yßfafiia. ^^TTiXoi.
8*
116 A. Pick
An diese reihe schliesst sich aotpo^ ereioaoipog an, wenn
man es als abgelautet aus dem verb tpigm betrachtet. Die be-
tonung von aoq>6g ist regelrecht, wie in T0fi6g schneidend neben
tofiog schnitt. Das verb tpig>a} ist als solches nur bei Hesych
überliefert: tpiq>w didoixev^ iv%qin€i^ Ivrcei, ip^ovrl^ei. Die
bedeutung „bedenken, sich kümmem'V tritt deutlicher hervor in
der ableitung dtpeq^g' ätpqovxtaxov. 2<Hpoyd^g (Daidgai und
atpeq>i€av' dfÄelcSy bei Hesych» sowie in ^^fiescnpiq>ew fisra-
lukeiad'ai, und fievatpigna^ fieraßovlevQfiai. Darnach wäre der
iniaaoq>og ein iTtifiakfjjnjg von opfern, jedenfalls passend be-
nannt
^Axpiqjfvig heisst ein Athener guter zeit, ein anderer '^^e-
q>iiav. Der name gehört zu den gewagten, pikanten, die wie
KdkXaiaxQog auf der grenzscheide zwischen lob und tadel
stehen. Sorglos sein kann schaden bringen, aber wer als
OvTiaXiywv Hans Ohnsorge durchs leben geht, ist mit innerer
gemüthsruhe gesegnet, die allen schaden reichlich aufwiegt.
ao<p6g ist bekanntlich dem epos ganz fremd, aoq>ia kommt
nur einmal O 412 vor in der arbeit des erbreiterers, der weit
umhergeworfen, auch sonst allerlei dialektisches in seinen Wort-
schatz aufgenommen hat. Jedenfalls stammt das wort auch
aus einer mundart, vielleicht aus dem Attisch-Ionischen. Uebri-
gens lässt sich auch nicht behaupten, dass aao<p6g aus xpoq)6g
entstanden sei, es kann in xlji<pw und aaog>6g eine verschie-
dene behandlung des ans noch unbekannten ursprünglichen,
vorgriechischen anlauts vorliegen, wie in d-eivu): 7t€g>veiv^
atikkio : GTtoXdgj atrjQi^ofdai : aurj^iTtTU} u. a. Hierüber wird
erst eine eingehende Untersuchung der griechischen anlaute a
und xff licht verschaffen können.
3. Zur thessalischen mundart
Bei Kupritzi 2 stunden von Sophades, dem alten Kierion
ist eine bronze aufgefunden, deren schrift in den MDA. 21,
s. 248 veröffentlicht und von R. Meister in den berichten der
K. Sachs, ges. d. w. 1896 s. 252 f. einer eingehenden bespre-
chung unterzogen worden ist Mit recht bemerkt derselbe, dass
sie „an die spitze aller thessalischen inschriften zu stellen" sei.
Der schrift nach stammt sie noch aus dem 5. jahrh. v. Chr^
3. Zur thessalischen mundart. 117
die 6- und o-laute sind nicht geschieden, der hauch wird he«
zeichnet, und das digamma hat die auch sonst in Thessalien
übliche form des E ohne mittelstrich. Sie lautet, in cursiv-
Schrift wiedergegeben:
eahvloQeovTog g>ii.ovniohvioa
&ST0V10I, edoxcev ooxaiqoi tom
oqtvd'ioi wxvzoi xai yeveLxavJ^
oixi<naiaxai x^Bfiaaiv aavkia
5 vnareleiav xev/Qyezave
noieaav nevrayainey aray
laiairia 'tavtanoQßaivoi/to
vtayov %ov Bnearanowae
10 aqyvqta teaßelqHxioartoX
OfÄßva eaoae (in klein, schrift) OQearaoq>€Q&iQav
Die inschrift ist bis auf die letzten buchstaben tadellos er-
halten und, von dem fehlen aller interpunktioD abgesehn, gut
geschrieben, nur z. 5 steht, veranlasst durch die ähnlichkeit
von E (digamma) und E ev/Qyercnf statt 9v/€QysvaK
Wir lernen viel für den älteren thessalischen dialekt aus
diesen wenigen zeilen. Die meisten punkte hat Meister schon
a. a. o. hervorgehoben.
Z. 1 hvXoQiovTog beweist, dass die alte gemeingriechische
flexion der verba auf eto auch bei den Thessalem ursprünglich
brauchlich war und erst später allmählig durch die jue- weise
verdrängt ist; bisher war nur diereXel bekannt, präsens, wie
Prellwitz dial. thess. s. 5 richtig gesehen hat, aus dii — dia
und reXel «- tbUbi. Hiemach behandelten die altem Thessaler
diese verba ganz wie Homer: eo blieb offen, ee wurde contra-
hiert, und die fit -weise drang ein wie im homer. g>o^fievai.
Auch die äolische weise in no^to ddmijei ist jetzt bei den
Thessalem zu belegen: in der inschrift von Larisa im Bull.
Corr. Hell. 13, 378 von Fougeres herausgegeben, geben die
Larissäer einem manne xaTomeiowd'i h ^(oQiaa) das bürger-
recht, wozu Hoffmann Dial. 2 n. 17 richtig bemerkt: „xcrroiXfii-
ow^i ist B xctToixijovTi^\ Ob das ov = to aus dem nominativ
nach der jetzt so beliebten erklämngsweise „verschleppt'S oder
ob dem steinmotzen die zweifellos damals schon herrschende
vulgärform Hotoixovwv in den sinn gekommen, ist hier ja gleich-
118 A. Fick
gültig. ^^jua(7iy z. 4 ist das erste beispiel der alten kürzern
dativform der consonantischen stamme, vorher kannten wir nur
thessalisch -eaai. Also auch ursprünglich -at und -eaai neben
einander wie bei Homer. Fast noch wichtiger ist das ange-
hängte V vor Yocal in xQ^f^^^^'^ äavkiav. Früher galt das
fehlen des v ifpeXx, als eine hauptdifferenz zwischen den Äolem
und der spräche des epos. Äusserst interessant ist iS^ccponnadfjv !
Die vollere form i§ neben ig BE)iq>al(o z. 10 stimmt zu der
regel, die Blas s auch für i§ und €x- aufgestellt hat; der mangel
des nasals findet sich auch in avanalov ,yZuchthaus, arbeitshaus''
„von Suidas aus Isaios angeführt, wo jetzt dvayxäiov herge-
stellt (!) ist^' Passow u. d. w., doch wird es auch durch den
namen des attischen demos ^AvccKoia verbürgt. Endlich wird
durch d, wohl als öd zu denken, wie im Boot, und Lakonischen
eine besonderheit in der ausspräche des ^ bezeichnet wie im
Aeolischen durch ad. Zu iftearanovra mit seiner einbusse der
reduplication genügt es auf Meister zu verweisen.
Die ersten beiden zeilen sind sachlich sehr schwierig. Der
gebrauch von ig = i^ vor der amtsbezeichnung ist befremdlich
— sollte ^g „es war'' zu lesen sein? Und wer sind die aus-
steller der Urkunde? Wie es scheint, die Gsrarvioi, aber schwer-
lich wird man eine grössere gemeinde dieses namens in Thes-
salien auffinden. Ausserdem steht dann hviog, der homerische
genetiv, hier zuerst in lebendiger spräche erscheinend, ohne
nähere bestimmung da: der Hylore kann doch nicht bloss als
söhn des Philonikos bezeichnet sein. Auch der Anklang von
hviog d-eroviOL an vlog d'srog hilft nicht weiter, denn die hviog
d-sTwviai als einen magistrat zur vornähme von adoptionen zu
nehmen wäre doch gar zu abenteuerlich.
Vielleicht hing unsere platte mit einer grösseren reihe Ur-
kunden zusammen, deren erste die ausstellende bürgerschaft
nannte, deren name dann in den folgenden als selbstverständlich
weggelassen wurde? Da die Urkunde vollständig zu sein scheint
darf man in den ersten buchstaben eg schwerlich die KuQi^eg
suchen? — Was ist hvlog QBxiavioi? Ich sehe in dem zweiten
werte den thessalischen genetiv auf -oi und betone demnach
GsTtavioi. Zwar lautet der genetiv daneben, wie auch sonst in
der Thessaliotis auf -w in OiloviTtWj BeXtpalw^ aber es giebt
auch sonst spuren, dass beide formen neben einander gebraucht
wurden. So liest man in einer Inschrift, die „vennuthlich dem
3. Zur thes8aliscben inundart. 119
alten Gyrton zuzuweisen'' ist, sammlg. 1328 neben KaXUnnoi
Bovßioweloi in der nächsten zeile Oildygov Meveazaioi, wozu
ich vor 15 jähren bemerkte yyOi)idy(f(w ist schwerlich aus (Dt-
IdyQoi verschrieben, sondern die genetive auf ta lagen wohl ur-
sprünglich neben denen auf ot, wie bei Homer ov neben oio^\
Ein zweites beispiel führt Prellwitz s. 37 aus Phalanna
Sammlg. 1329 II a 15 an in &Qaavlaog Sipivlov, wo ich beide
namen getrennt und Sifivkov als dativ gefasst hatte, aber da die
namen dieser inschrift durchweg den vatemamen neben sich
haben, sehe ich jetzt mit Prellwitz in 2ifivkov den genetiv
und stimme aus demselben gründe Hoffmann bei, wenn er
Gr. dial. 2, s. 13—14 auch TriUq>ov in Toifovla TrjUq)ov der-
selben inschrift als genetiv fasst.
Ein weiteres beispiel hätten wir in unserer Urkunde: OiXo-
viyuo hviog Qerfovioi würde demnach heissen: Ph. des sohnes
von Theton'* ganz nach homerischer weise wie in KaTtcnnfCog
viog^ NtiXfitfüi t;Ii, üoiavTiov vlov. Alterthümlich und ganz
homerisch wäre dann auch die ableitung mit -m>^, wofür in
Thessalien sonst -ewg üblich geworden, also hviog Gevtavioi wie
Telafioiviov viov, Qiiiov wäre richtiger kurzname zu Ev-^^Bzog
altkorinthisch, sammlg. 3119 a. ^E/d'ezog geschrieben, (Ev^a-
%iwv Kvda9tivaiBvg Demosth. 1350) GP * s. 145. Sonach möchte
ich die datierung der inschrift lesen: hvktDQiovrog OiXovixw
Qevwvioi edamav nämlich die aussteller der dieser vorhergehen-
den und angehefteten Urkunden.
Der annähme einer mischung von cd und oi ist auch die
läge von Kierion nicht ungünstig: zwar noch zur Thessaliotis
gehörig, wo ta allein herrscht, grenzt es doch an die Hestiaiotis,
insbesondere an Matropolis, wo man mit oi bildete, wenigstens
nach AiovTog Üctvoavialoi MoTQOTtoXlta sammlg. 361 6 zu
urtheilen. Auch später zeigt Eierion in seiner spräche spuren
fremder einwirkung. Eine jüngere inschrift von Kierion publi-
dert von Fougeres im Bull. G. H. 13, 400 f. — Hoff mann
no. 63, weist dative auf oi und av auf: MdaQxoi Aiv^iov üeQ-
Ttewai Pövfiaioiy MaaQ/KOi Fatov üotilXioi u. a. Ohne zweifei
ist hier nordgriechischer einfluss von Epeiros und Aetolien her
zu erkennen, wo bekanntlich die locative auf oi und at die
alten dative auf oit und äi fast verdrängt hatten. Sogar der
name der Stadt hat sich geändert: der zuverlässige Fougeres
liest iy KiaQ^Loi)^ während die münzen nur KuQisiutv zeigen.
120 A. Fick
Mionnet III 281. Die inschrift stammt aus der zeit des nach
der Schlacht bei Kynoskephalai errichteten jüngeren Thessaler-
bundes. Daranf weist die datierung der Urkunde: (STQ(XTay)ev'
Tog tovv nwd-akovv nBiaadrd(QOv) , wodurch Prellwitz er-
gänzung von sammig. 361 ne(r&alovv) statt des früher ge-
lesenen ne(Xaayiotrfdovp) als richtig erwiesen ist.
In ^Ooiatao OBQeKQ(XT(el(o) am Schlüsse der Urkunde ist
das erste beispiel des alten volleren ausgangs des genetivs der
männlichen a-stämme als thessalisch überliefert, wiederum ganz
homerisch, wo a 40 'Oqiaxao, also derselbe name im genetiv
vorkommt. Diese alte und jetzt auch als altthessalisch erwie-
sene form ist auch in der alten, von Kirchhoff Hermes XX
155 — 157 behandelten grabschrift einzusetzen, die auch sonst
sehr unglücklich auf den stein gekommen ist. Hier ist statt
nvQ(if)iada hög ov% %%h. offenbar ursprünglich IIvQQiddao, kög
beabsichtigt gewesen und der zweite vers durch einfugung eines
zwecklos übertreibenden noXlov und augmentiemng von dme
ganz verdorben. Der Verfasser der ganz hübschen verse hat
geschrieben und so müssen wir sie lesen:
Mväfi ifil IlvQQiddao^ hog om rjrtiaTazo qfBvyfjv,
aXH av&e Tteq yag %agff dqioxBViov &dve.
Ähnlich ist die inschrift eines grabsteins von Arkesine auf
Amorgos, sei es durch den Steinmetzen oder durch eine unge-
schickte mittelperson gröblich entstellt Die sehr alte inschrift
lautet:
dtjfÄavveTijaefiifiv \ rjfiaTrjakafi^ayoQ \ eta
Sobald man hier die beiden Wörter eifii und fiv^fia um-
stellt, ihnen also dieselbe Stellung giebt, die sie in fiva^^ ifil
der Pyrrhiadasinschrift einnehmen, entsteht der tadellose und
zweifellos vom Verfasser beabsichtigte trimeter:
Jtlfiaivhfig ixvffi Ufju %fig ^afÄifjayÖQeu)
nur mit der freiheit, den altionischen diphthong sw dem me-
trum zu lieb in zwei silben aufzulösen. Man hüte^^ich hierin
eine alterthümlichkeit zu wittern : die Nikandreinschrift beweist,
dass die ionische Vertretung des urgriechischen do schon diph-
thong war, als sie noch rjo lautete. E. Hoff mann meint
freilich zu 191, in *Ex€%qa%ldeu) (piXog vog (Amorgos) sei sta
synizese von €ai wie in d-mv aus ^6cJv. Vielmehr umgekehrt:
wo -«ctf, -ficuy in ionischen genetiven zweisilbig misst» ist diese
3. Zur thessalischen mundart. 121
messung streng genommen wider den dialekt, und nur durch
den verszwang entschuldigt.
Durch blosse Umstellung eines wortes werden auch die
verse der grabschrift von Erythrai E. Hoffm. n. 61 geheilt.
Wie H. Röhl sah, ist das wort fi^ttiQ aus dem ersten verse
zu entfernen und in dem zweiten hinter OapangiTf] einzusetzen;
so entsteht das metrisch richtige bruchstück eines distichons
— uu— ui-r_ rode aijfi eTtid'fpia S'avovtL
ÜHxvoycQiTfj (itJJTfiQ ftaidi xaqit/opihnri.
Ob auch 0avvoxQh7j zu schreiben wäre? Das namenwort
0avO' in Erythrai beliebt (Wavotifiog Bechtel U. 206) wird
in dkxppod-ifiig immer w geschrieben vgl. Hffm. Dial. 2, Ö82.
Zuweilen scheint die fassung von versen auf den steinen
die metrische lesung geradezu absichtlich erschweren zu wollen.
So war der vers E. Hoffm. 268.
Jioyivr^ avi&fjKev udtaxpi'Ovhvvg Ksg^xk^og
für die lesung bequemer geschrieben:
Jioyivijg dvi^x ^^ia%iXkjov kvvg K&pakijog
'vXkog und -vXog können unbedenklich als gleichwerthige kose-
formen mit einander wechseln.
Ebenso liest sich die inschrift E. Hffm. 39
'lariaievg fx ave^xev KdlXtavog vTteQ • <pll* "uiTtoXkov
wenn man schreibt
^lOTiaevg [i ävidtjxe KdXatvog vrtSQ' (pil* ^*Aft.
freilich kann man sich für "^lariauvg auf die messung B Ö37
TtoXvatdqrvhiv d^ laxiaiav berufen, doch sprach man zu der
zeit der abfassung, um 200 v. Chr. sicherlich ^lauaeijg.
Endlich stört in E. Hffm. 91 die volle form yvtavoiavv ganz
zwecklos den vers, der vielmehr y^anoig verlangt:
^Egarjigy yvanolg rcaai Xinovaa Tto&ov.
In fällen dieser art ist man ebenso berechtigt den stein
wie den codex zu corrigieren, hier wie dort ist das alte und
ächte wiederherzustellen. Anders freilich, wo die eigennamen
sich gegen den verszwang sträuben oder offenbare Unfähigkeit
auf dem steine stammelt. —
Der Überschrift zu lieb möge eine bemerkung zu thessali-
sehen namen den schluss dieser Thessalica bilden. 0. Hoffm.
* 8. 474 sagt : „In einigen thessalischen kurznamen ist a regel-
recht verdoppelt worden'^ Es folgen diese namen: Mvaaaag
aus Kierion, die übrigen fünf ^Ayaaaag ^Aaaag '^fieiaaag
122 A. Fick
Nixaaaag und Iletaaag, sämmtlich aus Pharsalos. Ich glaube,
dass hier nicht die in kosenamen allerdings übliche nnd be-
rechtigte Verdoppelung vorliegt. Diese wäre hinter langen vo-
calen und diphthongen in Mvdaaag Nvmaaag *u4f4eiaaag be-
fremdlich, auch kämen wir damit auf lauter namen, wie
Mväaag u. s. w., die sonst kaum zu belegen sind. Vielmehr
ist -aaag hier die bis jetzt auf Pharsalos und Kierion be-
schränkte Umgestaltung der ganz gewönlichen namen auf -olag^
worin ai in -aj und weiter in -aa sich verwandelt hat, wie
äolisch xqvaaog aus XQ^^jos^ XQ^^f'^S- ^ür diese erklärung
spricht der umstand, dass in Pharsalos und Kierion die sonst
doch so beliebten namen auf -alag gar nicht neben denen auf
-^aag vorkommen; die einzige ausnähme macht Sovaiag in col. 4
der grossen inschrift von Pharsalos n. 326 unter den letzten
ohne vaternamen aufgeführten, vielleicht gewesenen sklaven:
2(oaiag ist bekanntlich ein häufiger sklavenname. Dagegen
finden wir in Larissa 1321 das patronym ^AyBiaiaiog und unter
den Krannoniem des Verzeichnisses in 345 zweimal -den namen
u4vaiag. Femer erklärt sich bei unserer annähme, dass in
Pharsalos das a der kosenamen vor o und io (ov) nicht ver-
doppelt wird. Wir lesen in n. 326: Avaog 2,9. ^'Ovaaog 3,i. —
^u^Qxeaow 4,25. '^oovyeiog 2,34. ^vaovveiog 2,2. Mvaaov-
veiog 3,48 — so. Ilavaovv 1,36. 3,44 und Xqaiaovv 3,4i.
Ein weiterer beweis für unsere annähme liegt in dem namen
*^fielaaag. Dieser gehört offenbar zu afABtxpaa&ai^ in namen
bis jetzt nur in * u^fietiplag ohne erhaltenen voUnamen belegt;
von demselben verb ist der ebenfalls für Pharsalos 326, 3, 5
bezeugte name ^^fioißag abgeleitet Nun würde ein '^fieiipag
nach syqaxpE 345,8, oir/QaxpEiv 345, 21, oyyqdrpavrag 345,44 zu
urtheilen sein xp im Thessalischen bewahrt haben, aber aus
^AfAEtxptag^ "ipjag^ -ipaag d. i. -naaag konnte, ja müsse viel-
leicht -naag werden.
Sonach setze ich 'Ayaaaag^ ^u^fdeiaaag, ^Aaoag^ Mvaoaag^
Nixaaaag^ Ylsiaoag der reihe nach den wohlbezeugten und
meistens häufigen namen ^^yaaiag, ^u^fisiipiagf 'uäalag (ion.
^ Aairjg) Mvaalag^ Nixaaiag^ Tleiaiag gleich, woraus ich sie
durch akzentänderung entstehen lasse. Wahrscheinlich ist der
ton zurückgezogen : in ^atäg würde sich das t behauptet haben,
das nur bei vorhergehendem ton sich in j verwandelt So fände
sich denn auch bei den Thessalern eine spur von jener baryto-
4. Oxxniag köuig von Kyme. 123
nierung, die von den Aeolem Eleinasiens jeden&Us schon im
4. Jahrhundert so consequent dnrchgefuhrt worden ist.
4. Ovaviag könig von Kyme.
In den auszügen aus den historien des Nikolaos von Da-
maskos (Müller frg. hist. Graec. III) findet sich ein bericht
über die gründung von Phokaia, der mir nicht nach gebühr
beachtet zu sein scheint. Es heisst dort a. a. o. p. 387
no. 53:
*'Oti ^lüfveg iv twi rtQog ^ Ogxofieviovg nokifitoiy natadga-
fi6vT€g ctvTfSv tag xiifiag^ ywäluag alxia<xi'(OTOvg noUag fjya-
yovTO, xaraTtakXtxKevovTeg de avrdg, naidag i^eyivvriaav. ^Ytco^
TQag>€iarjg di twv vo&wv veoTtjtog ovn ollyfjg, deiaavreg ol
yvijaiov ht tijg xiogag avtovg i^aviaztjaav. Oi di elg QoQiyiov
t^g ^ArsiTüflg ärtoxtoQi^aavTag y ^yefdövag avTÜv nQOorrjaafdevoiy
ofiov TOig *'lwoiv i^ifcXevaon^. Svviqiaav de avtölg rtoXXoi ile-
Xonowriaioi' axif^Bg di ftgog %Ck ^'Eqinai Talg vavoi nai xiva
vtiaida xaxahxßofAevoi ovx hiag xijg i^rteigovy noXkwv ai^oig
ßaqßagwv i7ti6vT(ov, dvteixov x^arorvTcg, aal sTti viva l6g>ov
Tfjg '^TtBiQOv neqaoavTBgy xo [di] fiexa^ Tcdv xofwvvai dievoovvxo,
Kdrxav&a xsixodo/neiv xwlvovxog cAxovg Meweio x^g Kv^irjg
xvqdvvovy og xoxe xiov xavxrji x^^^^ h.qdxUy Ovccxiag adek-
(fbg avxov q>iXiav nai imyafiiav avvxid^exai ftgög avxovg ini
xüii iyulvov xaxalvaaiy %ai avxdig x^Qctv dovvai avxdqxrj, Ol
di (OfAokoyrjaav ixetvoig ts xal xwv KvfAaiofv oaovg idvvavxo
{iftrjydyovxo) xai i7tۤ^k9ov ini xov Mivvrjv. Taxi) di Ttai
xov dijfiov nqog&BfAivwv avxm vLXtJaag (ndxr^i naqadldfoai xoig
Kvfialoig xov ddelg^dv^ ol di Ix x^^Q^ ßaldvxeg avtov xati-
levaavj xal xov Ovaxiav eaxijaavxo ßaailia» ^O di ev&iwg
xag TXQog Owxaiag avv&ijxag Tj^iov einTtedovv, ag vTtig x^g
ixeiviov ilsv&BQiag avvi&evxo' ol di iTteia&tjaav xal x^g yrjg
i'doaav.
Der text scheint, von einigen Unebenheiten abgesehn, die
dem epitomator zur last fallen mögen, auf den ersten blick
formell ganz verständlich, späterhin werden sich freilich allerlei
sachliche bedenken ergeben.
Der ganze bericht ist von der Vorstellung beherrscht, dass
124 A. Fick
die besiedlung loniens durch einen einzigen heereszug bewirkt
sei. In Wahrheit waren es einzelne schwärme, die sich im laufe
von Jahrhunderten dort festsetzten. Die ionischen zuziige aus
Attika waren die letzten, sie trafen dort auf ältere Siedlungen
anderer stämmme, mit denen sie im laufe der zeit verschmolzen.
So auch in Phokaia. Hier siedelten, vne in Teos (Paus. 3, 6, 3)
Minyer aus Erchomenos, später gesellten sich zu ihnen lonier
aus Attika, die sie, wenigstens im anfang, zu bürgern geringeren
rechts herabdrückten, bis die gesammte bevölkerung als glied
dem ionischen bunde beitritt
Wie musste die sage, die nur einen gründungszug aner-
kennt, diese Verhältnisse ausdrücken? Nach ihr zogen Minyer
und lonier zusammen aus, aber die Minyer als unebenbürtig,
vox^oiy als bürger geringeren rangs. Dieser zustand musste er-
klärt werden, und da ergab sich ein krieg und in folge davon
verkebsung und unehelicher nachwuchs ganz von selbst, wie-
wohl von einem kriege zwischen loniern und Erchomenos sonst
nichts bekannt, wie er denn auch nur ad hoc ersonnen ist.
Mit den kriegführenden loniern können nur die Athener ge-
meint sein, die mit Stammesnamen ^Idoveg hiessen. Mit den
^Idovsg kXxexiTtDveg N 685 sind die Athener gemeint : Xiyev rovg
^Axhjvaiovg sagt der scholiast D, und Solon nennt (Aristot
Ttolit, Ad'rjv, V, 2 Blass) Attika nQeaßvzdrfiv — yaiav ^laovlag.
So sagt denn Herodot I, 143 ganz mit recht, dass die Athener
sich erst später des loniernamens geschämt hätten, der ihnen
also von haus aus doch zukam, wie er denn an eben der stelle
kurz vorher Athen eine stadt der lonier genannt hat.
Uebrigens sind die namen ^Idojv und *'lu}v nicht schlechthin
identisch: ^Idiov mit dem attischen reinen a ist der vollname,
*'l(jjv und ^lag daraus gekürzt; aus ionischem Vifoiy konnte nur
ionisch '/«tSy, '/cJv, aus ^Idutv nur attisch ^Idv werden, wie aus
Tlmdißv attisch Ilaidv in Tlaiavia und die kurzform Tlaicjv in
Tlaiovldai erwuchs.
Minyer von Erchomenes waren es also, die lange vor der
Zuwanderung attischer laonen Phokaia gegründet haben. Hier-
für spricht auch der name des orts. Die alten dachten dabei
freilich an die Phoker, was um so verzeihlicher ist, da ja
Phokis an das gebiet von Erchomenos gränzt, aber aus Oo)-
Kei;g bildet man nicht Otixaia. Steht einmal die herkunft der
ältesten Phokäer aus Erchomenos fest, so liegt eine andere
4. Ovccvlag könig von tCyme. 125
ableitung weit näher, die den namen mit einer örtlichkeit im
gebiete der mutterstadt in Verbindung bringt. Der Kephissos,
der die mauern von Erchomenos bespült, verschwindet den Ko-
paissee durchfliessend „in der bedeutendsten der Katabothren,
die sein wasser der tief eingeschnittenen bucht von Phokai
(jetzt bucht von Skroponeri) zuführt". „Im alterthume (Ptol.
III, 15, 9) scheint hier ein ort Phokai gestanden zu haben".
Bursian I 196. Vor der bucht liegt eine insel, jetzt Gratzu
genannt, worin trotz Bursians zweifei I 214 die insel zu er-
kennen ist, die Plinius H. IV. 12, 30, 62 Phocasia nennt. (Duh
xaaia ist vom locativ QkawaL zu (ZkJxat gebildet, wie QijQäaia
die insel „bei Thera" von &i]QaaL : G^Qa,
Erchomenos war vor alters ein mitglied des bundes .der
sieben Seestädte, muss also trotz seiner binnenländischen läge
mit seinem gebiete irgendwo das meer berührt haben. Da liegt
kein punkt günstiger zum Inivuov als die tiefe geschützte
bucht von Phokai, und was war natürlicher, als dass auswan*
dernde Erohomenier den neu gewonnenen seeplatz nach dem
hafenorte der heimath benannten, um so mehr als er dem alten
auch ähnlich war: auch hier eine tiefe bucht mit vorliegenden
inseln, Boo/LXBitav vrjaoi nennt sie Kiepert Atlas von Hellas
bktt IX.
Wenden wir uns jetzt dem wanderzuge der attischen laonen
zu! Dass dieser von Thorikos, einem hafenorte im Südosten
von Attika ausging, wie der bericht meldet, ist so natürlich,
dass die angäbe durchaus nicht zu bezweifeln ist. Dagegen er-
giebt eine genauere prüfung der betreffenden stellen deutliche
spuren, dass der lonierzug ursprünglich nicht auf Phokaia zu
gerichtet gewesen. Es heisst, die lonier hätten auf den Her-
mos, das kann doch nur heissen, auf dessen mündung zu ge*
halten, und dort zuerst ein inselchen, dann auch einen auf dem
festlande gegenüberliegenden hügel besetzt. Nun ergiesst sich
ein nördlicher nebenarm des Hermos nahe bei dem hohen hügel
von Leukai und gegenüber liegen die Myrmekes genannten
inseln. Diese hätten die auswanderer zuerst besetzt und wären
von da auf den hügel von Leukai hinübergegangen. Als sie
diesen durch molobauten mit der insel, zur gewinnung eines
geschlossenen hafens, verbinden wollten, wurden sie von Mennes,
dem tyrannen von Kyme gehindert und genöthigt sich an dessen
Inruder und nebenbuhler Uatias anzuschliessen: diese ganze
126 A. Fick
darstellung stimmt vortrefflich mit den topographischen Ver-
hältnissen an dem nördlichen mündungsarme des Hermos.
Es fragt sich, wen wir unter den feindlichen brüdern Ua-
tias und Mennos zu verstehen haben. Ovaviag ist deutlichst
ein Spitzname; er bedeutet „gross- oder langohr", und ist ge-
bildet wie z. b. (i/nlas* 6 /ueydkovs iHfAOvg ijiunf, 6 $vqva%eqvog
Hesych. Nur dialektisch verschieden ist ^ÜfonLrig^ so heisst ein
Satyr von seinen thierisch zugespitzten obren auf einer vase,
die den tanz von Satyrn und Mänaden darstellt Kirch ho ff
Alph. 111.
Mipvrig ist ebenso deutlich ein kosename mit verdoppeltem
consonanten zu einem vollnamen auf Meve^ oder -uiyfjg. Es
gilt also den versuch, hier den Spitznamen, dort die koseform
durch den wirklichen und den vollnamen zu ersetzen.
Bei Heraclides Pont TceQi nokiteuav heisst es Müller frg.
bist gr. I p. 216 unter KvfAaiwv 3: ^Eqpiodixriv de ywaixa %ov
Oqvywif ßaaiUfog Mida (paai xaüJUi öicupi^iVy akka xal ao^
(pijv elvai xae Texyixi^v xal nqvnrpf v6(4iafia xoyjai Kvfiaioig
und bei PoUux IX, 83: clr« fDeiötov rtQdnog exoifje vofiiafta^
eitB Jijfiodlxr] (sie!) i; Kvfiaia awoixtjaaaa Midai twi 0qvyi'
Ttaig 6^ rjv ^Ayafiifivovog KvfAaiunf ßaoilewg.
Dieser könig Midas ist eine historische gestalt: er weihte
nach Herodot 1 14 seinen thron nach Delphi und ist dies weih-
geschenk „das erste sichere datum für den beherrschenden ein-
fluss, den das orakel über die griechische weit hinaus gewinnt^'
E. Meyer GdA. II 279. Wenn ein zweifei bestehen konnte,
ob Pheidon von Argos — etwa 700 bis 670 v. Chr. — oder
Demodike von Kyme, zuerst münzen geprägt, so ergiebt sich
für könig Midas als gemahl der Demodike etwa die gleiche
regierungszeit, also die erste hälfte des siebenten Jahrhunderts;
noch näher lässt sich die zeit seines todes bestimmen, da er
nach Strabo I 3, 21 sich selbst den tod gab, um den unter-
gang seines reiches durch den ansturm der Kimmerier nicht
zu überleben; der erste einbruch der Kimmerier erfolgte aber
erst etwa 675—670 v. Chr.
Die sage von den langen obren des urkönigs Midas, die
er wohl seiner berührung mit den Satyrn und Silenen verdankt
^- oben lernten wir 'ßj^ariTjg als namen eines Satyrs kennen
— ist jedenfalls alt, von seinen eselsohren wusste schon Aristo-
phanes Plutos 287 Miöag fiiv ovv^ ^V wt^ opov laßtjte. Da
4. Ovartag könig von Kyme. 127
nun die sage vom urahn mit leichtigkeit, wenn auch zunächst
nur auf dem wege des witzes und Spitznamens, auf den gleich-
namigen jungem Phrygerkönig übertragen werden konnte, so
dürfen wir mit Sicherheit in unserem griechenfreundlichen könig
Langahr — Ovauag — ^on Kyme, den Phrygerkönig Midas,
den gemahl der königin Hermo- oder Demodike ron Kyme er-
kennen, der in unserem berichte könig von Kyme heisst und
sich auch wohl in Wirklichkeit nicht mit der rolle des Prinz-
gemahls begnügt haben wird.
Wenn der böse könig Mennos in der sage zum bruder des
guten königs Langohr gestempelt wird, so geschieht das nur im
Interesse der dramatischen darstellung, welche gegeusätze gern
als feindliche brüder auftreten lässt. In Wahrheit ist Mennes
Vertreter eines anderen volks, und da er weder Grieche noch
Phryger sein kann, so muss er Lyder oder in der spräche des
epos Mäoner gewesen sein, denn diese waren es, die am nächsten
die griechischen ansiedlungen in jener gegend bedrängten. Da
nun M&fnjg die richtige koseform zu einem namen auf -ftivfig
ist, so dürfen wir in ihm den Talcufiimjg erkennen, von dem
in dem Troerkatalog B 864 — ö die rede ist:
MijuHfiv (w Mda&kfjg te xai ^*Avtiq>og ^ytjadaihjv^
vle TaXaifidysog, tw FvyaiTj vexe klfAvt],
Der name Talaifiivtjg ist selbstverständlich rein griechisch,
gebildet wie ^AX^aifihnfig^ vielleicht Übersetzung eines lydischen
namens. Auch die namen der söhne sind griechisch: Mia&Xrjg
wird soviel als Mda^^hjg sein (vgl. fiiaza^ >» fiaata^ Hesych)
und gehört zu den namen^ welche den mann nach seiner klei-
düng — fidalrig Aidiov xaAov eqyov Alkaios — bezeichnen,
und ^^vTupog ist gekürzt aus ^Aif%i(povogy und deutet auf die
barbarische sitte der blutrache, qKjnfog avxl qxivov, —
Versuchen wir nun die thatsachen wieder herzustellen, auf
deren bearbeitung unser bericht beruht. Da ergiebt sich etwa
nachstehende darstellung: In alter zeit, vielleicht in näherer
oder weiterer folge des einbruchs der Böoter in das reich der
Minyer und Kadmeier siedelten sich seefahrende Minyer von
Erchomenos im gebiete von Kyme an und nannten den ort
Phokoia nach Phokai, dem hafenplatze der mutterstadt. Viel
später, jedenÜEills nicht lange vor 700, setzten sich laonen von
Thorikos in Attika aus an dem nördlichen mündungsarme des
Hermos fest, besetzten zuerst eine der inselchen Myrmekes,
128 A. Fick
gingen dann auf den hohen hfigel, auf dem später Leukai lag,
über, wurden aber in ihrem vorhaben hügel und insel durch
einen dämm zu verbinden, durch die Mäoner (Lyder) unter
könig Mennes-Talaimenes gehindert. Darauf verbündeten sie
sich mit könig Midas-Uatias von Phrygien und seinem anhange
in Kyme, besiegten mit ihm die Lyder, verhalfen ihm zur herr-
schafb in Kyme und erhielten zum dank die alte Minyerkolonie
Phokaia ausgeliefert. Sie eroberten die Stadt und drückten die
alten bewohner zu bürgern geringeren rechts herab, was die
sage durch die abstammung von kebsweibem aus Erchomenos
motiviert, die sie an die spitze des berichtes stellt.
Mit dieser darstellung stimmt es sehr wohl, dass nach
Paus. 7, 3, 10 die Phokäer erst dann in den ionischen bund
aufgenommen wurden, als sie sich aus Erythrai und Teos Ko-
driden geholt hatten Ed. Meyer GdA. II lö6. Ionisch war
Phokaia eben erst nach 700. Als die Phokäer Lampsakos
gründeten (653 v. Chr.) gab es, wie Gharon von Lampsakos
(frg. 6 Müller) berichtet, schon Kodriden in Phokaia, d. h.
Phokaia war schon dem ionischen bunde beigetreten; der bei-
tritt muss also zwischen 700 und 653 erfolgt sein, vielleicht
veranlasst durch die schrecken des einbruchs der kimmerischen
horden.
Als quelle des Nikolaos könnte man die xviaiQ 'IwviaQ des
Ion von Ghios annehmen, und dafür selbst den ionischen gene-
tiv Mhvsa) anführen. Doch kann dieser auch einem jüngeren
epischen gedichte entnommen sein, wie denn der name Ovaziag
vom epischen ovav^a^ nicht vom ionischen wta abgeleitet ist.
Auch sind die angaben, die Pausanias im anfange des 7. buchs
dem Ion entnimmt, von Chios, der Vaterstadt des dichters, ab-
gesehen, viel oberflächlicher und zeigen nichts von der breiten
anläge und dem poetisch wirksamen gehalte unseres fragments.
Es ist ein wirkliches sagengeschichtliches epos, das hier im
auszuge vorliegt, und so darf man hier vielleicht einen direkten
oder indirekten auszug aus der Phokais des Phokäers Thesto-
rides vermuthen. Leider ist über den inhalt dieses gedichts
nichts überliefert, aber schon der name lässt vermuthen, dass
darin von Phokaia und den Phokäern die rede war, wie in der
^Id^iortigy ^At^igj Javatg^ OeaTtoonig, &vjß{ug von den im ütel
genannten Völkern und Städten; auch die IZeQCijig des Choirilos
hiess so von den Persern, wie der zweite ütel des gedichts
4. Ovtttiaq könig von Kyme. 129
„Tce neQOixa^* beweist (Kinkel frg. ep. p. 266). Dazu konunt
noch, dass die Pbokais in Phokaia von dem Phokäer Thesto-
rides verfasst ist, wenigstens ist kein grund abzusehen, warum
man die autorschaft des Phokäers Thestorides bezweifeln sollte,
mag nun Thestorides sein eigentlicher oder der name seines
(priesterlichen) geschlechts sein, wie der seher Kalchas bei
Homer Oearoffldfig heisst. Die sage, dass Homer der eigent-
liche Verfasser und von Thestorides bestohlen sei (Vita Hom. 10)
wurde ersonnen, als man den gesammten epischen vorrath in
den bänden der rhapsoden auf den namen Homer übertrug.
Nachträglich bemerke ich, dass auf die herrschaft der
Phryger in Eyme auch der name des Ascanius portus, nach
Plinius in der südlichen Aiolis, deutet, wenn Kiepert blatt IX
ihn richtig westlich von Kyme angesetzt hat.
Heidelberg im mai 1900. A. Fiek.
Beiträge zur lateiniBchen grammatik.
-gh- im Inlaute zwisehen vokalen.
Nach der landesüblichen anschauung ging idg. §h gh be-
reits im Uritalischen in die tonlose spirans h über: dieses h
soll vom Lateinischen im inlaute zwischen vokalen unverändert
erhalten sein. So lehren u. a. Stolz H6L. I 261 291, LG. > 72.
Lindsay 298. Brugmann GR. I * 551. Sie stützen sich
dabei im ganzen auf drei oder vier etymologieen, deren beweis-
krafb nicht bestritten werden kann:
veho : oxog „wagen" : ssk. vdhati „fährt^' : got. ga-ivigan
„bewegen'^ ags. w'egan „bewegen, tragen, bringen'', altn. vag-n,
ahd. wag-an „wagen'' : zd. vazaiti „fährt'' : lit. veiü „&hre" :
altbulg. vezq. Stamm idg. vegh-.
mihi, umbr. mehe : ssk. mdhyam. Stamm idg. me§h'.
lUn, mnis (zum kurzen S vgl. Bechtel NGGW. 1899,
8. 185 ff.) aus ^apUken- : ssk. ptäiän plihän „milz" : a^Xijr,
anldxya : altbulg. dezena. Stamm idg. spl9§hr.
Beitiig» 2. kande d. ind«. ■piaelMn. XXVX. 9
130 0. Hoffmann
träho „Ziehens dessen h wohl sicher aus gh entstand,
wenn auch die unmittelbare gleichsetzung mit got Pragjan
yflaufen" oder mit altn. draga „ziehen", ssk. dhrdjaii ,yzieht'*
nicht statthaft und die mit altbulg. trezaii „zerreissen'^ zweifel-
haft ist.
Diesen einfachen werten dürfen wir wohl einige kompo-
sita hinzufügen, in denen h aus gh zwar ursprünglich den
an laut des zweiten gliedes bildete, die aber schwerlich als
Zusammensetzungen empfunden wurden, da die simplicia nicht
mehr in gebrauch waren. Dahin rechne ich:
prS-hendo, schon bei Plautus gelegentlich zu prSndo
kontrahiert: vgl. xayd^vw „ich fasse, umfasse", stamm x^^'
aus *gh9nd', der schwachen form zu ^ghend-. Ohne nasal er-
scheint der stamm als *ghed- in germ. (^0<an „argreifen, er-
fassen", got. bi-güan „erlangen", ags. bi^üan^ alts. bi-g'itan
„erfassen".
CO 'hör 8, cö-hortis zu hortus : x^<^S v^^ gehege", stamm
*§her' „fassen, einfriedigen", davon *§h9r4U = latein. *hor-ti'
„die einfriedigung, das zusammenschaaren".
nt-hil, alt nthU.
blmus „zweijährig" aus ^bi-himus, eigentUch „zwei
winter alt". Vgl. ssk. himd-s „frost, schnee", himä „winter" :
zd. zima- m. „winter", aus idg. *§htmo; ^ghtma-.
Alle übrigen werte, in denen man ein -A- aus -gh^ zwischen
vokalen hat finden wollen, müssen bei seite bleiben. Überein-
stimmend treten Brugmann GR. I * 672 und Stolz LG. ' 75
für die ableitung von mäior aus *magiö8 ) *mai08 ein, und
Brugmann a. a. o. lässt für äio mit rücksicht auf ad-agium,
pröd'igium eine grundform *äg^ als möglich gelten. Konse-
quenterweise dürfen wir dann auch m€io auf *meig^ {ofilxifo
: ags. migan : ssk. m^hati „harnt") zurüqlcfuhren, zumal da
ein lautlicher Übergang von *meiho in mHOf den Lindsay
LL. 466. Stolz HG. 122. Brugmann GR. I > 679 an-
nehmen, unerwiesen und unwahrscheinlich ist: denn eine „so-
genannte ersatzdehnung" (Stolz a. a. o.) fand in einem ur-
sprünglichen *meiho nicht das geringste feld für ihre thätig-
keit. Für incohare, das nach Bugge ASt. 34. Bersu
Gutt. 188 zu osk. kahad „capiat" gehören soll, hat Thurn-
eysen KZ. XX.VIII 156 eine ganz andere ableitung vorge*
schlagen. Endlich können komposita wie prae-hibeo, pro-
Beiträge zur lateinischen grammatik. 131
hibeo, nemo aus *n^Mmo unter dem einflusse von habeoy
hämo stehen.
Den belegen für -A- aus -^h- steht eine ansehnliche zahl
von Worten, in denen -^- der lateinische Vertreter eines ur-
sprünglichen -gh" ist, gegenüber. An wiederholten hinweisen
auf dieselben hat es nicht gefehlt (vgl. zuletzt noch Planta
OU. I 441 ff.). Wenn sie trotzdem in unseren grammatiken mit
stillschweigen übergangen werden, so erklärt sich dies wohl nur
daraus, dass man bisher nicht versucht hat, sie nach bestimmten
gemeinsamen eigenschaften, durch die sie sich von veho, mihi
u. 8. w. unterscheiden, zu gruppieren.
In v&o, mihi, Vkn, träho etc. geht dem -A- aus ^A- ein
kurzer vokal vorher; hinter einem langen vokale ist idg.
-gh' nie durch -A-, sondern regelmässig durch -g- ver-
treten. Das beweisen:
fllgo „schlage" aus *bUigh%fi : got Uiggwa, ahd. Utu-
um „ schlage ''' aus urgerm. ^bli^^ö' : idg. *bhPigh^ö' (Lett-
ner KZ. XI 200. J. Schmidt Vok. I 108); vgl. über gemein-
germ. -^j- aus idg. -ghu^ Zupitza Gutturale 98 ff. In got.
Uaggw, ahd. hlou ,,schlug'* übertritt in die «-reihe, wie in bid-
ja : bad zu nei&u. Lautgesetzlich hätte aus *hUigh^ im
Lateinischen ^fitvo werden müssen: der verlust des ^ stammt
aus flixiy flicium, wie ja auch das ältere fivo durch das aus
fixi, fidum abgeleitete jüngere figo (stamm *dheigh\^) ersetzt
ist, vgl. Bersu Gutt. 1Ö4.
8ügo „sauge" : altn. süga, ahd. ags. sügan : ir. s&gim
„sauge", stamm *sügh'. Man pflegt lat sügo mit ags. sücan
„saugen" zu verbinden und aus diesem sücan einen stamm idg.
süg- „saugen" (neben idg. sügh- «= germ. süg-) zu erschUessen.
Doch ist die trennung des einzeldialektischen süc- von dem ge-
meingermanischen süg- hart und durchaus nicht notwendig.
Denn ags. sücan kann auf *süg-nän zurückgehen (Streitberg
UG. § 127). Die ablautstufen praet siak sucon, part. socen
und das seltene* nomen soce „saugen" (mit einfachem k)
widerstreben dieser deutung nicht: sie beweisen nur, dass die
schon im ürgermanischen aus *süg'ndn über *sükkan entstandene
form sukan nicht mehr als nasalpräsens empfunden wurde,
sondern sich dem ablautenden präsenstypus lüJean, süpan, sü-
gan u. s. w. anschloss und mit den zu dieser ablautsreihe ge-
hörenden Stämmen sauk- säk- ausgestattet wurde.
9*
132 0. Hoffmanü
ve-stigium „fussspur^' : ssk. stigh-^ stigh-ncf-ti „geht Ichs,
schreitet vor^* : avelxio : ir. Hagaim ^^gehe'S inv-tiagam ,,am-
bulamus" : lett staigdt „gehen 'S diga „pfad*' : altbulg. stig-
fUf-di „erreichen, nach etwas hin gelangen^' : got. staiga, ahd.
steig „steig, pfad" u. s. w. Pott EF. I i 198 I « 721. Cur-
tius 6E. « 195. Breal-Bailly EL. 434. Stolz HO. 396.
Kluge DE. 8 377. Niedermann IF. X 254. Das ve- ist
verschieden, aber noch nicht sicher erklärt worden. Etwa die
„weg-stapfe?"
trag um „Schleppnetz*^ Serv. Dan. zu Verg. Georg. I 142,
nach dem gleichbedeutenden trägtda mit ä anzusetzen, eines
Stammes mit träko (s. oben), also ^tragh- : *trägh'.
vägor, vägitus „klägliches geschrei (bes. vom kinde^S
vagere : •qx'J^ dor. fdx& (ark. faxoQy kor. fäxvg) „geschrei,
lärm", laxüi aus * ft-Jraxta „wehklagen, schreien (vom kinde,
vom verwundeten)", layrl u. a. m. Vgl. Fick VW. I * 542.
Prellwitz GE. 116. Vaniöek LE. « 259 u. a.
rüga „runzePS ar-rügia und cor-rügus „Stollen im
bergwerk*' PL 33, 4 (21), 70: o-qvxi] „das graben", TOiX'ioqvxog^
O'Qvoata aus *oßt%-iitf: Curtius GE. * 349. Vaniöek LK *
242. Fick VW. I * 526. Prellwitz GE. 230. Allerdings
könnten arrugia, corrugus als keltische worte aufgefasst werden.
lix, l^g-is „gesetz** : altn. Ipg, ags. lagu „gesetz" zu
legh- „liegen" Lottner KZ. VII 167, angenommen von Cur-
tius GE. 6 364. Vanicek LE. « 248. Fick VW. I * 539.
Bechtel Hauptprobleme 173. Streitberg IF. III 325 u. a.
Da wir durch feihüss feihüis Cipp. Abell. 31. 45 wissen, dass
die Osker auch hinter langen vokalen -A- aus -gh- sprachen,
so würden osk. UgatfüsJ ligatuis Gipp. Abell. 10 6 7 = lat.
Ügati ISgatis, osk. ligud ligis tab. Baut 19 24 25 s= lat. legt,
Ugibus die ableitung von lat. %- aus ^ligh- verbieten, wenn
osk. Hg- und latein. ISg- urverwandt und aus einem gemein-
italischen worte unabhängig von einander entsprungen wären.
Dies anzunehmen sind wir aber nicht gezwungen. Die worte
%- und l^ätus können aus der lateinischen rechts- und amts-
spräche von den Oskem entlehnt sein, deren dialekt mit man-
chen lehnworten aus dem Lateinischen durchsetzt war.
pagus „gau", pagina „blatt papier", com-'päges
„fuge, zusammenfügung" : ahd. fägen „passend verbinden",
ags. fSgan (aus *f6g%an) „fügen, verbinden", ge-fegt „gefüge",
Beiträge zur lateinischen grammatik. 133
mhd. tyüge „fuge^S stamm *pagh'. In dem griechischen niff^
„zusammenfügen** in TtTJy'W-fii^ Tt^y^fia „gefuge**, Ttäyiog u. s. w.
scheint -y fiir lautgesetzliches -x &us ^^^ korrekten ^y- „aus-
einanderbrechen** in ^i^y-vv^fÄi^ ^/y^^a^ ^y^^y ^ccy^ u. s. w.
herübergenommen zu sein. Das umgekehrte in dixofiai für
altes dhuofiai nach ^cu.
'ä-go, 'T-go als bildungssuffix von verbalabstrakten wie
imä^o, orf-go u. a. (Stolz HOL. 527) lässt sich mit den nord-
und westgermanischen besonders von schwachen verben gebil-
deten verbalabstrakten auf -unga aus *'iin'gha' verbinden, wie
ahd. lad-nnga zu /(u/dn, warn^unga zu warnö-n, deren Hjf- man
ohne genügenden grund auf idg. ^k- zurückzufuhren pflegt
(Brugmann GR. II 253, Wilmanns DG. 11 « 369 ff.)-
In mehreren fallen lässt es sich nicht entscheiden, ob -g-
einem ursprünglichen -^- oder -^A- entspricht: die betreffenden
Worte sind nämlich ausserhalb des Lateinischen nur in den
slavisch-baltischen sprachen, in denen die aspiratae lautgesetz-
lich in mediae übergegangen sind, zu belegen. Vgl. lat. figo
„stechen, anstecken** : lit deg-ia „sticht** (stamm *dheigh' oder
*dheig'); lat. vägina „scheide** : lit. wöz-iu „etwas hohles
über etwas decken, überstülpen*' Fick VW. IV ^ 261 (stamm
*vägh' oder *väg-); lat. flägitium „schände, Unehre** : lit.
Udgas „kraftlos, schwach, elend** Prellwitz BB. XXV 280 ff.
(Stamm *bhlägh' ^mlägh- oder ^hhläg- *mläg; für -gh- spricht
ßlflX'Qog „schwach**, wenn dieses mit Prellwitz dazuzustellen
ist. Anders über flägitium üsener Rh. mus. LVI 5 ff.).
Ein beleg für -h- aus -^A- hinter langem vokale ist mir
nicht bekannt möio lässt sich, wie schon oben bemerkt
wurde, auf eine grundform *fneigiö zurückführen. Dass praeda
aus *prai'hedä entstanden sei, ist eine der vielen lehren, die
sich unbewiesen und ungeprüft von buch zu buch fortpflanzen:
die berufdng auf pr^hendo schadet dieser ableitung nur. Als
vorläuferin der klassischen form praeda ist lediglich praida in
praidad €IL. I 63 64 - XIV 2577 2578 zu belegen, wenn diese
inschrift ein wirklich echtes altertümliches gewand trägt. Dieses
praida kann unter der Voraussetzung, dass es ein kompositum
mit prai- : prae- ist, im zweiten gliede den stamm dö- : clä-
„geben** oder besser dh^- : dhä" „setzen, legen** enthalten: ich
verweise auf lit. prerdai „die zugäbe, draufgabe**, ssk. pra-dM-
134 0. Hoffmann
nam „kampfespreis^S dhä-nam „kämpf espreis, beute'S a&la
TtQO'Ud'ivai u. a. m. Formell stünde prai-dä- als stamm den
indischen Zusammensetzungen mit -dht- (schwache stufe zu dha-)
gleich, z. b. ni-dhi- „das hinstellen, auftragen; der schätz, hört"
(neben ni-dhä' „fanggam, schlinge") u. a. m.
Die zweite klasse der belege für -g- aus -gh- besteht
aus solchen werten, in denen dem ursprünglichen -gh- ein
kurzer vokal vorhergeht. Im gegensatz zur vorigen klasse ist
ihre etymologische deutung mehrfach unsicher, da ihr Stamm-
vokal in den aus den anderen sprachen zum vergleiche heran-
gezogenen Stämmen nicht immer seinen gewöhnlichen Vertreter
findet. Ich stelle zwei werte voran, in denen auch Brugmann
Ber. d. sächs. gesellsch. d. wiss. 1895, s. 36 das g als lautge-
setzlichen Vertreter eines ursprünglichen -yh- anerkennt:
figüra „gestalt, figur", stamm *dhigh': dass -g- aus fitigö
figuif4s figlintis, in denen -gh- hinter n und vor l regelrecht zu
-g- geworden war, auf figüra per analogiam übertragen wurde,
ist möglich, aber nicht zu beweisen.
Itgürio „lecke" zu Xsixio, ssk. leh-mif got. bi-laigon „be-
lecken" u. 8. w.: von der annähme, das -g- stamme aus lingo,
gilt das eben zu figüra bemerkte.
Nach Brugmann soll urital. h aus idg. §h im Lateini-
schen vor u, vor ur ul aus idg. r l und vor ^ zu einer zeit
noch Spirans gewesen sein, als es vor den übrigen vokalen
schon zum hauchlaute geworden war. Jene Spirans wurde dann
im anlaute „durch Verlegung der spirantischen artikulation in
die lippengegend" zu bilabialem f- (so in fundoy ftdvos neben
helvos, furcä)j während sie im inlaute vor u in -^- überging
(so in figüra, ligürio). Diese theorie besitzt weder innere
Wahrscheinlichkeit noch festen halt an sprachUchen tatsachen.
Dass die spirans h sich vor halbvokalischem u länger be-
haupten konnte als vor reinen vokalen, begreift sich leicht:
weshalb aber von den vokalen gerade u die spirantische aus-
spräche eines vorhergehenden h länger geschützt haben soll
als die übrigen, dafür wird sich schwerlich ein triftiger grund
anführen lassen. Und wenn Brugmann diese behauptung,
was den aulaut betrifft, mit fud^ „giessen" {xew : got. giutan)
begründet, das seiner ansieht nach nur aus chud-, nicht aus
hud' hervorgegangen sein kann, so ist dagegen zu bemerken,
Beiträge zur lateinischen grammatik. 135
dass diesem einzigen stamme, in dem f- vor einem nrspüng-
lichen u die stelle des h- vertritt, mehrere worte gegenüber
stehen, die ein f- unter gleichen bedingungen auch vor ur-
sprünglichem e und 0 aufweisen. Ich nenne nur: fei, feJlis
„galle'S xoloq x^^V nS^U^^S ^^^s- ^b^* //^v^; altbulg. zliU^
„galle''; fovea „grübe" aus *ghe^!eia, xieia Nikander, x«i^
Homer „höhle" aus '"xeAtf; forus „gang, schiffisgang, sitz-
reihe'S XOQog „reihe, reigen'', lit. zäras „reihe, Ordnung, art des
gehens". Um seiner regel das leben zu retten, übergeht Brug-
mann (auch im grundriss I * 552) diese worte mit still-
schweigen: nach meinem urteil kann ihre etymologische deu-
tung denselben grad von Wahrscheinlichkeit beanspruchen wie
die Zusammenstellung von fundo mit giutan, gegen die sich
z. b. Osthoff MU. IV 99 ff. ausspricht So bleibt also von
Brugmann's lehre nur der eine satz als wahrscheinlich richtig
übrig, dass sich f-, wenn es einem ursprünglichen gh- ent-
spricht, nur aus der spirans ch- und nicht aus dem hauchlaute
A- entwickelt haben kann. Es fehlen aber genügende beweise
dafür, dass ch- gerade vor u länger als vor den übrigen vokalen
als Spirans gesprochen wurde.
In figüra und ligürio wird deshalb g ^ gh hinter kurzem
vokale nicht aus seiner Stellung vor u, sondern auf die gleiche
weise, wie in den übrigen worten, in denen ihm andere vokale
folgen, zu erklären sein:
n^g-ötium: dem ersten glied entspricht genau ved. na-hi
„nicht" ^ lit. ni^i „nicht" (Brugmann GR. II 1116. Stolz
H6L. 261) und der bildung nach auch ov-xi; von nee aus ne-
que ganz zu trennen. Wahrscheinlich ist neg ötium als satz-
kompositum entstanden (vgl. neg ö'tium est mit haud (ftium est
bei Terenz).
n^g-äre ist ein flektiertes n^- aus *n^'^hi (vgl. n^-ötium)
„nicht"; zu vergleichen sind ahd. bi-jehan „bekennen'S nhd.
„bejahen verneinen", griech. aid^io von al,
ligö „hacke" : htxoLivtn „grabe um, hacke'' : ir. laige (aus
*lagiä) „der spaten". Vaniöek LE. > 248. Bersu ßutt. 189.
Fick VW. II * 238.
eg-nre, ^g-enus, ^g-es-tas, Sg-es-tösus, ind-tg-us,
ind-tg-ire : ax^via „mangel, armut" Aeschyl. Agamn. 402 Ki.,
axJjV Theokr. XVI 33, xway-ijx^g' fthrig^ VXV^^S* nevol ntwxoi
Hesych, ^avio* ntis/x^^ Suidas. Diese Zusammenstellung ist
136 0. Hoffmann
alt, TgL Pott EF. I 1 200. Curtius GE. » 191. Vaniöek
GLE. 21. Prellwitz GE. 42. Leo Meyer YG. I > 912.
Ist ax^v bei Theokrit wirklich aus dex^ kontrahiert, wofür man
Hesych's äex^eg' nirr/reg anführen kann, und von Valke-
naer richtig als „nichtbesitzend'' erklärt, so wird in dieser
Umbildung des ursprünglichen axify eine volksetymologische
Spielerei zu suchen sein. Ob i^x'P' bei Hesych den vollen stamm
igh' enthält oder als dorische form aus äex- kontrahiert ist,
muss dahin gestellt bleiben. Jeden&lls steckt der starke vokal
in '^^•av'W und nTeav^xtSf dessen ß^-stamm in eg^es-tas wieder-
kehrt.
rigäre „bewässern'S rtguus : got. rig-n, altn. reg-n, ahd.
reg-an „regen'' Pott EF. I ^ 257. Schade AH. > 706. Bersu
Gutt. 189. Kluge DE. « 313. Wahrscheinlich ist *regh' eine
Sandhi-form zu ^mregh* in ßfix^ „benetzen'' : lett. mergdt
„sanft regnen", tnerga „sanfter regen".
rtgMre, rigescere, rigor- „in die höhe ragen, empor-
starren, steif sein, Starrheit, Steifheit" : mhd. r'egeny ragen
„ragen, starren, hervorragen", rag- „steif, starr" : a-^oi eigentl.
„hervorragen über jemanden'^ d-(^6g „hervorragend" : lit. rägtis
= altbulg. rogü „hörn" Fick VW. I * 527. Prellwitz
GE. 34.
ligäre „anbinden, verbinden, umgeben" (balteus loricam
ligat) : leixijy „flechte an bäumen und auf der haut, moos auf
steinen" (eig. „das anhaftende, das umgebende"). Vielleicht
gehört auch ahd. slingan „winden, flechten" dazu, mit übertritt
in die e-reihe.
Ist in diesen fällen -g- wirklich auch hinter kurzem vokale
aus -gh- entstanden — was für einige der stamme als wahr-
scheinlich gelten darf — , so erhebt sich die frage, worin der
unterschied zwischen t;^, tm/ii etc. einerseits und n^äre etc.
andrerseits besteht Ich möchte sie wenigstens mit einer Ver-
mutung beantworten:
Während in viho, mihi, trdho, lien, cöhars, nihil^ * bihtmus der
accent dem -A- unmittelbar vorhergeht, folgt er in histo-
rischer zeit nach dem dreisilbengesetz dem -9- in figura,
Ügurio, negotium^ ndgäre, ligonem, ^^re, eg^nus, rtgdre, rtgö're,
rigorem, tfgäre, oder liegt, wie bei ind-^lg-w, auf dem zweit-
vorhergehenden vokale. *fUhöj *lihö „hacke"^ *r{ho, *riheo,
*Uho „binde" können leicht durch den einfluss der weit häufiger
Beiträge zur lateinische» granimatik. 137
Yorkommenden stammesformen negd-, ligon-, rigdr u. s. w. ihr
-A- zu gunsten des -^* aufgegeben haben. Umgekehrt kann
*cog6rtem dem nominative cöhors gefolgt sein. So bleibt als
wirkliche ausnähme nur pre-hindo übrig, das in historischer
zeit nie den accent auf dem pre- getragen hat. Wurde dieses
verbum etwa doch noch als kompositum empfunden? ^).
IL
ludo, ludOB : loidos.
Für das gewöhnliche lüdos „spieP' gebrauchen einige in-
schriften die seltene form loidos loedos. Drei von ihnen,
die der fundstätte, dem alter und dem inhalte nach eng zu-
sammengehören, setzt man ans ende des IL jahrh. ▼. Chr.: CIL.
I 565 566 - X 3776 3779 mit loidos, CIL. I 567 - X 3778
mit loedos. Erst aus augusteischer zeit, aus den letzten jähren
des I. jahrh. v. Chr., stammen die Fasti Esquilini (CIL. I 1,
ed. alt. p. 210 211) mit loid. Cereri^ loi(di) und unmittelbar
darunter loed(i), und die Fasti üaeretani (CIL I 1, ed. alt.
p. 212 213) mit neunmaligem loedi. Diesen inschriften schliesst
sich Cicero de leg. II 9, 22 mit loedis (überl. loedis mit u über
oe im Leid. B, ludis im Leid. A) an.
Eines steht fest: zu der zeit, aus der alle diese denkmäler
stammen, war der lautliche Übergang eines ursprünglichen oi
in U im Lateinischen bereits vollzogen. In jenen drei inschriften,
die das älteste zeugnis für loidos enthalten, steht neben coira-
verunt, loidos (565), coiravere, loid. (566), coeravere, loedos
(567) der akkusativ murum. Nun wissen wir nicht nur aus
den inschriften, sondern auch aus der litteratur, dass moiros
die altlateinische form für mürus war, und die etymologie des
Wortes schliesst sich als dritter zeuge hierfür an (vgl. moenia,
pomerium „maueranger^^). Daraus also, dass mürus mit ü auf-
tritt» folgt notwendig, dass der lautliche Übergang von oi in ü
bereits abgeschlossen war und dass coiraverunt (pälign. coisa-
tens) lediglich mit archaischer Orthographie für das gesprochene
cüraverunt geschrieben sein kanu. Gewiss liegt nun die Ver-
mutung nahe, dass auch in loidos : loedos von der kuratorial-
1) Soeben kommt Birt's neues buch über den Hiat bei Plautus
in meine h&nde. Es schliesst sich mit der lehre vom Übergang des -gh"
in die spirans -A- der valgaransicht an, ohne dass neues beweismaterial
beigebracht wird. (Correktomote.)
138 0. Hoffmann
Orthographie des U. und I. jahrb. ▼. Ghr. die ursprüngliche
form des Wortes, das zu dieser zeit bereits als lüdos gesprochen
wurde, festgehalten worden ist. Und daran knüpft sich dann
ganz natürlich der weitere schluss, dass auch lüdo „ich spiele'^
aus *loidö hervorging. Gegen diese, soviel ich sehe, allgemein
vertretene auffassung von lüdos und lüdo erheben zwei tatsachen
der Stammbildung und lautgeschichte einspruch:
1. Ein präsens ^loido mit der ablautsstufe des perfekts
ist nach den für die bildung des präsensstammes geltenden
regeln nicht zu rechtfertigen: wir erwarten "^leido oder *l^o
dafür. Überliefert ist *loido nicht, sondern nur lüdo: ja, die
form ludutit neben coiravü CIL. I 1166 ist älter als alle in-
schriftlichen belege für loidos.
2. Der ursprüngliche anlaut loi- war im Lateinischen
bereits in Zi- übergegangen, ehe der wandel von oi über oe in
ü begann (vgl. Hirt Arkiv f. Nord. Fil. XH 83):
liquit : lHotne : got. laihv (zu leirrw : got. leihvan :
reUquus u. s. w., ablaut leiq- : loiq- : Bq--),
llher „frei", inschriftlich Uiber CIL. I 192 (ältester beleg),
Uiberarei CIL. I 199 (117 v. Chr.), leiberei, leü>erei8, leiberorum
CIL. I 200 (111 V. Chr.): altlat. loebertatemy loebesum » übe-
rorum bei Festus.
Itbare „spenden'' : loißatai' anivdet, d-vei Hesycb, de-
nominativum zu loißa „spende, trankopfer" (die e»-stufe in
leißw). Gleichen Stammes ist:
libum „opferkuchen'' aus *Zotfrom.
Itra „furche, ackerbeef, de-lirus : ahd. wagan-leisa
„wagen-spur'S mhd. leise „spur" : altbulg. Uchü „ackerbeet"
aus *loisäf Hoiso- (stamm Heis- : Hois-). Das altlät. Üra bei
Pompon. 158 Ribb. Non. 17, 32 stellt die mittelstufe zwischen
her- und Ur- dar.
ob'llquus „schräg, schief", linquier „schief gehen'' (ablaut
*loiq' : *fö}-).
Um US „schlämm, der sich unten im wasser absetzt, unrat" :
ags. Hm, ahd. leimo „lehm" aus *loimos Kluge DE^ 242.
Von lüdus abgesehen ist kein einziger beleg für lat
lü- aus idg. loi' vorhanden. Warum Stolz LG.* 36 die der
bedeutung wie der form nach tadellose Zusammenstellung von
lügeo mit levyaliog „traurig, jammervoll", Ivy-Qog aufgiebt
und dafür das abliegende koiyog „verderben, tod" : lit. ligä
Beiträge zur lateinischen grammatik. 139
„krankheit** zum vergleiche heranzieht, ist mir unverständlich.
Ebenso wandelt er auf Seitenwegen, wenn er mit Bechtel
Zitterl. 22 lüridus „blassgelb, fahP' mit dem nur von Hesych
überlieferten XeiQOi:' 6 iaxifog xal wxQog . . ^ vov fuyLQOv kaytav
und mit lelgiov ,,lilie^' verbindet. Die bedeutung ,ybla8s*' hat
sich bei leiQog^ wie Prellwitz G£. 178 mit recht annimmt,
erst aus dem ursprünglichen „dünn, schlank, schmächtig" ent-
wickelt, vgl. lit. leilas „dünn, schlank". Mit Froehde KZ.
XXII 2öOff., dem sich u. a. Vanicek LE.» 92 Prellwitz
6E. 360 angeschlossen haben, stelle ich lüridus zu x^'^'^Q^f
xi^-^fog (ans *xkoß-eQ6g) „blassgrün, fahl" : über lat /- aus hl-
a* idg. ghl- s. unten s. 14(). Endlich versteht es sich von
selbst, dass glü-ten „leim", wenn es mit yloi^g^ lett. gtiwe
„schleim", altb. gle-nü „schleim" u. s. w. von einem stamme
glei- : gloi- igli- abgeleitet sein sollte (Persson Wurzelerw. 130
fuhrt es mit lit. gliaü^mas, lett. glu-ms „schleimig" auf gleu- :
glu- zurück), nichts gegen einen Übergang von oi in i hinter
anlautendem 2- beweist. Denn dieses kann als „helles"
oder palatales l gesprochen sein, das einen wandel von oi über
&i in % begünstigte, während ein „dunkles" oder velares / hinter
g sich mit ai gut vertrug.
Ein Iaidos liesse sich also nur so rechtfertigen, dass wir
es mit Saussure Mem. d. S. L. VI 75 Windisch BSÖW.
Phil.-hist. XXXVIII 245 auf ^doido-s = altn. teitr „fröhlich,
munter" zurückführten und den ersatz des d durch l in eine
zeit verlegten, als der lautwandel von hi- zu Iv- bereits abge-
schlossen war. Ehe wir aber nicht wissen, ob und unter wel-
chen bedingungen ein ursprüngliches d im Lateinischen in l
hat übergehen können (Conway IF. 11 157 ff. Stolz H6. 234 ff.
LG. '70 Brugmann OR. I* 533 ff. und die hier angeführte
litteratur), ist es bedenklich, die zahl der beispiele durch ein
höchst unsicheres stück zu bereichem. Ausserdem würde ein
*daido als Vorstufe von *lüdo dieselbe Unregelmässigkeit in der
Stammbildung zeigen wie *loido.
So werden wir denn zu der Vermutung gedrängt, dass loi-
dos gar nicht die lautliche Vorstufe von lüdus bildet, dass es
überhaupt der lebendigen spräche nie und nirgends angehörte,
sondern lediglich als missgeburt der Orthographie ins leben
trat, indem oi für ein ursprüngliches oder aus eu ou hervorge-
gangenes ü geschrieben ist. Ein solcher missgriff konnte leicht
140 0. HoffiuauD
geschehen zu einer zeit, die den alten diphthongen oi nicht
mehr als gesprochenen laut, sondern nur noch als orthogra-
phische antiquität in coirare, oinos (gesprochen curare, ünos)
kannte, und er erklärt sich aus der absieht, das sprachliche
gewand eines aktenstückes oder gesetzes so altertümlich wie
möglich zu färben. Die frage, weshalb dann in jenen drei in-
schriften nicht auch moirum geschrieben und so eine wirklich
echte archaische form wiederhergestellt ist, findet damit ihre
beantwortung, dass die formel loidos fecerunt neben der formel
(murum, portas, turreis etc.) fcuiiundum cairaverunt steht und
dass lüdos am ehesten gerade durch ein benachbartes coirare,
dessen oi ausserordentlich zähe bis in spätere zeit in der schrift
festgehalten wurde, orthographisch beeinflusst werden konnte.
Überhaupt war lüdos „spieP' ein in gesetzen und Urkunden
nicht seltenes wort und konnte deshalb eher mit altertümelnder
Orthographie loidos geschrieben werden als müros.
Durch beseitigung des pseudo-archaischen loidos ist nun
auch der weg zu einer befriedigenden etymologischen deutung
von lädo und lüdos geebnet Wie clau-d-o zum stamme kläf^
(lat. cläV'is : dor. xAä-£^), cü-d-o aus *ceu-d'0 zum stamme
ieti- (altbulg. kovq kujq „schlage, schmiede'S lit. kduju „schlage,
schmiede", ahd. houwan), fü-d-i aus ^feu-d-i oder * fou-d-i
zum stamme gheu- „giessen" (x^w aus *xe/-ctf, got. giu-t-an)
gehört, so kann der stamm lü-d^ (aus leud- in lüdö, aus loud-
in lüdos) mit -d- aus einer wurzel *leU' erweitert sein. Dieses
leu" „scherzen, spielen'' aus *Aleu- = idg. *ghleu- ist in gr.
X^vT} „scherz, spott", ags. glioj gliowes „scherz, spass'S lit.
glau-d-as „kurzweil'' enthalten. Mit dieser etymologie steigt
die zahl derjenigen fälle, in denen idg. ghr- ghU im Lateinischen
durch hr- hl- hindurch zu r- /- geworden sind. Einen solchen
lautwandel erkennen freilich unsere grammatischen handbücher
nicht an; sie lehren ohne ausnähme, dass idg. ghr- ghl- im
Lateinischen durch gr- gl- vertreten seien. Die zum grössten
teile schon von Fr o eh de KZ. XXII 250 ff. gesammelten acht-
baren zeugen für den Übergang von ghr- ghl- in r- l- werden
von Lindsay 298 § 33. Brugmann GR. I « 574 § 635.
Stolz LG. 3 73 mit stillschweigen übergangen; in der HGL. 292
nennt Stolz zwar den aufsatz von Froehde, führt aber kein
einziges der worte an, sondern begnügt sich damit, ausdrück-
lich hervorzuhebeui „dass die annähme der eben erwähnten
ßeiträge zur tateiniscfaen grainmatik. 141
lautverbindung {ghl- ghr- für historisches {- r-) keinerlei be-
rechtiguDg hat'^ Um ein unparteiisches urteil zu ermöglichen,
stelle ich die worte, in denen man gr- gl- aus ghr^ ghU ab-
leitet, den belegen für r- l- aus ghr- ghU gegenüber.
gr- gl" aus ghr- ghUi
gradior : ssk. grdhyaU „schreitet rasch auf etwas los*' :
altbolg. gr^cUf „ich komme", mit anlautendem gh- anzusetzen
wegen des gotischen grids „schritt''.
g lab er „glatt, kahl'' (stamm ^gkUulh-) : altbulg. glad^äcü
„glatt" : lit. glodüs „glatt anliegend (vom haar)" : ahd. glat
„glänzend, glatt". Möglich ist freilich auch die Verbindung
mit ylaqwQog in der bedeutung „glatt, poliert" (Prellwitz
GR 61).
grando „hagel" : altbulg. gradU „hagel" : auf idg. gh--
weist ved. hradüni „hagelwetter". Doch kann dieses, das zu
hrddate „lärmt, tönt" gehört, von grando ganz getrennt werden.
Nur für das erste dieser drei worte steht der anlaut gh^
so sicher, wie ihn die etymologische deutung überhaupt zu er-
weisen vermag. Wenn man schon bei den zwei übrigen worten
zweifeln kann, ob der ursprüngliche anlaut gh- oder g- war,
so ist vollends alles übrige, was man für gr- gl- aus gkr- ghU
angeführt hat, ein höchst unsicheres material. grätus und
grätia pflegt man jetzt nicht mehr mit x^Q^Sf xaiQu : lat.
hor4or : osk.-umbr. her^ „wünschen" : ahd. ger-ön „begehren" :
ssk. hdryämi „begehre'* zusammenzustellen, wie das noch Leo
Meyer VGGL. I « 363 Vaniöek LE. « 93 Wharton EL.
42 45 thun, sondern vielmehr mit ssk. gr^nd-H „preisen, ehren",
gür-täs „angenehm, willkommen" — lat. grätus, gürti-s „das
preisen, das loblied" »> lat. gratia : lit. glr-H „rühmen", gir^
tas „gepriesen" (Fick GGA. 1881, 1425 flf. VW. I * 402
Brugmann GR. I * 474 Stolz LG. * 61). grämen „gras,
kraut, pflanze" braucht nicht zu got. alts. ahd. gras „gras,
kraut", mhd. gruose ,Junger trieb" zu gehören, sondern kann
mit Persson Wurzelerw. 123 ff. Stolz HGL I 158 mit ger-
men „schössling, Stengel", germinare „hervorspriessen", alts.
krüd „kraut" oder auch mit ygaa-ug „grünfutter" verbunden
werden. Zwischen grundio „grunze" und engl, grünt „grunze"
schiebt sich ygi^to aus *y^'dicci, altn. krytja „grunzen". Für
gläcies, glaesutn, glärea, glfscere lassen sich bedeutungsverwandte
wurzeln mit ^- und gh- nachweisen.
142 0. Hofibann
r- l' aus ghr- ghU :
rüo aus *hrtju> „stürzen, niederfallen" neben in-gruo, con-
gruo (mit lautgesetzlichem -^- aus -^A- hinter -n-) : lit griü^
wu griu'ti „zusammen fallen, in trümmer fallen*' : ev~xQ^^
„hineinschlagen*' : ssk. hru- „beugen, stürzen, beschädigen'^
Für eine trennung von -^ruo und rtw ist zuletzt noch wieder
Solmsen LL. 128 132 eingetreten, ohne mich zu überzeugen.
Mit der Vermutung, dass in rüo zwei ursprünglich verschiedene
verba zusammengefallen seien, eines mit der grundbedeutung
,,graben'' (altbulg. ryjq), das andere mit der bedeutung „reisse,
raffe" (ssk. rdvati „zerschlägt", altbulg. rüvetü „evellit"), ist
die wichtigste bedeutung von rUo, die sich genau in -gruo
wiederfindet, nämlich „stürzen, fallen", nicht ausreichend er-
klärt.
rävus ,ygrau" : altn. grdr, ags. gräg, ahd. grdo, grdwe
„grau" aus urgerm. *gr^wo-. Genau in gleicher weise ent-
spricht ein lateinisches -äv- einem west- und nordgermanischen
-äW" (aus -9uh) in gnävus „tatig, rührig", i-gnätus : altn. kndr
„tüchtig, kräfdg" (stamm ^knawo-), flavus „blond, gelb" :
altn. blär „blau", ags. bläw, ahd. Uäo (Kluge DE. « 47). Ob
hier verschiedene ablautsstufen vorliegen — da lat. -At;- aus
'öü' entstanden sein kann, läge es am nächsten, an e : d zu
denken — oder ob durch -u- in einer der beiden sprachen der
vorhergehende vokal umgelautet ist, mag vorläufig dahin ge-
stellt bleiben.
rüdus „zerbröckeltes gestein, schutt" : altn. griM „gestein",
alts. griot, ags. griot, ahd. grioz „sand, kies" : lit. grüd-au
„ich zerstampfte", grMas „kom", vgl. Fick VW. I * 418.
stamm ghreud-,
lendes „laus-ei, nisse" : ]it, gllnda „laus-ei, nisse", stamm
ghlendr : ghbnd. Dieser beleg ist ganz besonders schlagend.
lüridus „blassgelb, fahl" : x^Q^g, x^^Qog aus *x^/-
^Qog „blassgrün, fahl", stamm ghlo^- : ghlöyr, vgl. oben s. 139.
Dazu endlich lud-o, lüdus.
Man wird zugeben müssen, dass diese belege für r- l-, was
die Sicherheit der etymologischen deutung betrifft, hinter den
Worten mit gr- gl- nicht zurückstehen. Ausser der etymologie
aber haben wir nichts, was zur entscheidung der frage bei-
tragen könnte: aus den Schicksalen des inlautenden -gh- vor
Beiträge zur lateinischen graromatik. 143
r und l lassen sich keine Schlüsse für den anlaat ziehen. Den
grund für die doppelte behandlung des anlautenden ghr- ghl-
vermag ich vorläufig nicht sicher anzugeben: eine Vermutung,
die ich schon länger hege, gedenke ich demnächst in anderem
zusammenhange vorzutragen.
in.
Inquam.
Durch die zahlreichen deutungsversuche, die lat inquam
erfiEÜiren hat, ist bis jetzt leider nur gezagt worden, wie schwer
es hält diesem verbum beizukommen. Zu den Verfechtern der
von Pott EF. 1 1 86 180 (1833) aufgestellten gleichung inquam
» ssk. Jchyä-mi „scheine, sage an'* gehören noch Fick VW.
I * 32 Prellwitz GE. 283 Vanicek EWLSp. « 64. Be-
liebter ist es augenblicklich, mit Pott KZ. XXVI 209 und
Stolz Verbalflexion I 20 als grundform ^insquam anzusetzen
und diese mit in-seque — ewsney in^sequis u. s. w. zu verbin-
den: ob ifijt<ai7i dabei als „konjunktiv" (Stolz LG. ' 185 Pott
a. a.o. Lindsay LL. 524) oder als „injunktiv*^ (grundform
^en'Sqä-m nach Brugmann GR. II 956, vgl. I * 766) aufge-
fasst wird, macht für die lautgestalt des wertes nichts aus.
Wenn Lindsay LL. 546 inquam auf *ind'Vequam zurückfuhrt,
wenn W harten EL. 48 ein *inquo „ich sage'^ in dem kom-
positum co-inquo „ich beschneide" sucht, wenn endlich Sü tterlin
IF. IV 101 inquit mit eine verbindet (stamm eiq-, e^neq-;
inquit : Äfteiv — lifiquit : leineiv) und dieses von ssk. ävöccU,
Finog u. s. w. ganz trennt, so sind das alles doutungen, deren
kühnheit sich nur aus der Schwierigkeit der aufgäbe begreifen
lässt Ich will im folgenden nicht den verzweifelten versuch
machen, den bisher aufgestellten grundformen für inquam eine
neue hinzufügen ; ich stecke mir nur das nähere ziel, die latei-
nischen formen inquam, inquis, inquit im Griechischen nachzu-
weisen.
Wie an inquam, sind an eju/rc^, ion. eftntjg „doch, den-
noch'' bisher alle etymologischen deutungsversuche gescheitert:
man hat den verbalstamm /rä-, das nomen Ttag herangezogen
(Brugmann GG. ' 548), aber damit weder die bedeutung
noch die verschiedenen formen der partikel zu erklären ver-
mocht. Es sind das im wesentlichen drei.
t44 0. Hotfmann
tfiftäv ist die von Pindar gebrauchte dorische form:
Pyth. V 56 Nem. VI 4 XI 44 X 82 (an der letzteren stelle
ist die länge des ä metrisch gesichert).
e'fiTtäg steht bei Pindar Pyth. IV 86 237 (die zweite
stelle verbürgt die länge des ä) und wird von den tragikern
und Theokrit als dorische partikel gebraucht. Diesem dor.
Sfinäg entspricht das ionisch-homerische e^ntjg. Vielleicht
hat es noch eine dritte form mit kurzem a gegeben. Bei
Kallinos fragm. lie ist efinag in dem yerse aiX 6 fiiv ovx
ifinag di]fÄWt tpilog ovdi Tto^eivog überliefert. Alle heraus-
geber haben mit vollem recht ein dorisches efinäg bei einem
ionischen elegiker für unerhört erklärt und das homerische
efÄTtrjg dafür eingesetzt. Doch fällt es schwer die frage zu be-
antworten, wie diese einzige dorische form in den text des
dichters hineingekommen ist. Und da wir bei Pindar und in
der tragödie l/u/rä finden, so wird die Vermutung, dass es neben
e'fiTtäg : efiTttjg ein Bfinäg gegeben habe, nicht ganz abzuweisen
sein.
EfATtot ist die dritte der formen: Pindar Nem. IV 36 (a
gesichert), Sophokles Aias 563 im Trimeter und bei jüngeren
dichtem.
Mit sfATtäg^ SfiTtrfif das häufig mit dXla und di verbunden
auftritt, wird im allgemeinen ein gegensatz, eine einschränkung
zu einer vorhergehenden tatsache oder behauptung eingeführt:
die Übersetzung „doch, dennoch, trotzdem^' wird in den meisten
fällen dem sinne gerecht. Eine feste Stellung hat die partikel
nicht: wir finden sie im anfange des satzes^ an zweiter oder
dritter stelle (hinter dlka, dkXa nai etc.) und mitten im satze.
dieser gebrauch, die lautgestalt und die verschiedenen formen
der partikel sind erklärt, wenn wir in ihr ein flektiertes verbum
sehen und die Trias e/u/räy, efinäg (efinäg), efinä den drei
lateinischen formen inquam, inquis, inquit gleichsetzen.
Dass lat. inquam aus *inquäm dem e'fiTtäv lautlich ge-
nau entspricht, bedarf des beweises nicht.
Den stamm inqut- fasste bereits Bopp VG. I * 214
richtig als „Schwächung'' von inquä-. Genauer gesagt: tit^f-
ist aus inquä-, dem schwachen stamme zu inquä-, hervorge-
gangen, indem sich nachtoniges ä in e umwandelte. Die formen
inqui'S inqüi-t inqui-mus inqüt^tis verhalten sich also zum
stamme inqua^ genau so wie si-sd-a $i-8(t4 si-sUrmtis sisU-tis
Beitrage zur lateinischen grammatik. l4d
zum stamme st-stä- = i-atä". Fraglich bleibt nur das eine,
ob die schwachen stamme si-^ä- inquä- nur in den ursprüng-
lichen pluralformen ^sistä-mus "^sistä-fis *inquä'mu8 ^inqttä^tis
lautgesetzlich in sisISh inqul- übergingen und schon mit diesem aus
-o- entstandenen -I- den Singular eroberten, indem sie hier die
alten formen ^sista-s ^sütä-t ^inquäs *inquä't verdrängten,
oder ob sie zunächst in ihrer ursprünglichen lautgestalt in
den Singular drangen (*sistä'8 *inquä'S u. s. w. für ^sistä-s
*inquär8) und sich dann auch in diesen singularformen lautge-
setzlich in *8i8^ ^inqrn- umwandelten. Unmöglich ist das
letztere nicht ; die Untersuchungen über die Schicksale des nach-
tonigen ^ in lateinischen endsilben sind noch nicht abge-
schlossen. Von sfiftäg: ion. efinvig unterscheidet sich inqws
dadurch, dass es, genau so wie si8^8 reddi'8 u. s. w., den ur-
sprünglich nur im plural auftretenden schwachen stamm in den
Singular eingeführt hat Der gleichen erscheinung begegnen
wir in dem dorischen e^nä » inqult und in dem efinäg des
Kallinos (— inquU), wenn , dieses richtig überliefert ist. Ver-
gleichen lassen sich einerseits ovtä und dnrjiqa »• *an^i'pQa^
andererseits do^g d-i-g S-g.
Aus der ursprünglichen bedeutung der griechischen Par-
tikel ,,sag' ich, sagst du, sagt er*' erklärt sich leicht ihr ge-
brauch in historischer zeit: die alte stehende formel äXÜ c/u-
TTÖg, dlX^ Efimiig („aber, sagst du'*) erinnert unwillkürlich noch
an das lateinische at — inqui8, das einen einwurf einleitet
(z. b. Lukrez I 897 „at saepe in magnis ß montibus, inqui8^
ut aUü^ u. s. w., I 803 „at manifesta palam res indicat, in-
quis, in aurasf*).
Breslau. 0. Hoffmann,
Nachwort zu den emendationen zum Bigveda«
(Oben s. 76 u. 90.)
Prof. Weber erklärt sich in einer freundlichen korrespon-
denzkarte aus Friedrichsroda vom 23. sept. in hinsieht auf die
Provenienz und das alter der ältesten theile des Rigveda nicht
mit mir einverstanden. Seine berechnung in bezug auf die
Afvinau, die als das gestirn der Zwillinge am morgen vor
MM«» X. ksnde d. indf. ipniekeii. XIVI. 10
146 ßrunnhofer
Sonnenaufgang am himmel gestanden hätten, gründe sich auf
die hypothese, dass dieser zwillingscharakter der Ägvinau in
indogermanischer zeit existirt habe, vorausgesetzt noch
dazu, dass die Afvinau mit den Dioskuren identisch gewesen
seien. Die von ihm und Förster gemachte berechnung beziehe
sich nicht auf den Rigveda.
Indessen gilt hier folgendes. In meinem vertrag über „das
alter des Rigveda nach massgabe der Afvinau-hymnen'* (s. oben
pag. 76) habe ich aus den bestimmten angaben des Eratosthenes
und Hyginus nachgewiesen, dass die Griechen noch in den
spätesten Zeiten ein klares wissen davon hatten, dass die Jtoa-
novQOi das gestirn der Zwillinge (didvfiOt^ gemini) seien. Den-
selben beweis, dass die A^vinau das gestirn der Zwillinge (yamau,
yamalau) seien, habe ich aus der astrologie des Balabhadra, vor
allem aber, was das entscheidende, aus dem Rigveda selbst
erbracht, wo in hymnus III, 39, 3 ganz unwidersprechlich die
Afvinau vom commentator Sftyana als die Zwillinge erklärt
werden. In demselben vortrage hatte ich dann ferner die
mythologische identität der kqv\nskU-Ji6axovQOi aus einer
ganzen reihe von parallelsagen und übereinstimmenden sym-
bolischen funktionen beider halbgöttergestalten zur gewissheit
erhoben.
Wenn also die Agvinau noch im Rigveda als zwillingsge-
gestirn, das in der morgendämmorung vor aufgang der sonne
am himmel stand, poetisch verherrlicht wurden und zwar aus
der spontanen begeisterung heraus, die der anblick des morgen-
himmels hervorrief, so hat die berechnung Försters, dass diese
constellation nur unter dem 40 — 42° nördlicher breite und
zwar etwa 6000 vor Chr. möglich gewesen sei, auch noch für
die ältesten theile des Rigveda kraft. Bei der annähme von
Webers hypothese, die constellation, die Förster auf das früh-
lingsaequinox bezieht, beziehe sich vielmehr auf das winter-
solstitium, würde dann zweifellos, wie Weber es für die indo-
germanische zeit berechnet, das alter der ältesten Rigveda-
hymnen in eine zeit von 12000 bis 14000 vor Chr. hinauf-
reichen.
Uebrigens führt mein schon 1889 in meinem „Iran und
Turan'^ historisch-geographisch geleisteter nachweis, dass der
Hiranyagarbhahymnus (Rigv. X, 121) nur in Armenien habe
gedichtet worden sein können, insofern nur vom Sabelan aus
Nachwort zu den emenrlationen zum Rigveda. 147
der dichter zugleich den Ras&strom (den Araxes) und das meer
{samudra)y nämlich das Kaspische, habe erblicken können, zu
demselben resultat. Denn die geographische provenienz eines
hymnus bildet begreiflicherweise zugleich den massstab für
dessen relatives alter. Wenn also, wie ich (s. oben pag. 76)
gezeigt habe, das zugthier der ÄQvinau, der eselhengst {räsabha)^
als iranisches zugthier, einerseits über Indien, also über den
35sten grad nördl. br. hinausweist, andrerseits die thiergeo-
graphische breite des Vorkommens des esels im alterthum nicht
über den 42° nördl. breite hinausreicht, so ist damit wieder
die relative breite gegeben, innerhalb deren die ältesten Agvi-
nauhymnen hatten gedichtet worden sein können.
Zu demselben resultat führt F. K. Oinzels abhandlung
„lieber einen versuch, das alter der vedischen
Schriften aus historischen Sonnenfinsternissen zu
bestimmen*' (Sitzungsberichte der kgl. böhm. ges. d. wissen»
seh., mathem.-naturwissenschaftl. classe, Prag 1894). Oiuzel
berechnet nach angaben Ludwigs das alter der Svarbhänu-
finstemis (Rigv. V, 40, 5) auf den 5. okt. 1977 v. Chr., dies
aber ausdrücklich unter der ihm von Ludwig gemachten an-
gäbe, dass sämmtliche, im Rigveda erwähnten Sonnenfinster-
nisse, ausschliesslich einem streifen zwischen den Meridianen
70 — 76° östl. länge und 29 — 34° nördl. br. angehören. Dar-
nach hat GKnzel die Svarbhänufinsternis auf das bogens^ment
Bombay-Madras lokalisirt. Nun hält Ludwig (s. Ginzel pag. 8)
die Svarbhänufinstemis für „die jüngste des Rigveda", an-
drerseits hatten die Arier um 2000 vor Chr. kaum erst das
Pendschab betreten , geschweige dass sie schon Südindien
erobert gehabt hätten. Weist aber die Svarbhä^nu-sonnenfinster-
niss über Indien hinaus nach dem nordwesten, so gelangt man
an der band der fortgeführten bogenlinie Madras-Bombay direkt
nach Südkaspicn und zu einer periode von mindestens 3000
vor Chr.
Berlin. Brunnhofei*.
eigennamen.
Keine griechische landschaft hat bisher dem namenwörter-
buche eine solche fülle interessanten materials zugeführt wie,
10*
148 P. Bechtel
BöotieD. Prachtstücke -wie Osioflovog^ Bionnaatog^ Klevairt^
nog leben im herzen aller kundigen. Die folgenden bemer-
kungen sollen darauf hinweisen, dass die erde noch immer
freigiebig ist
1. Tevfiaaiyeveig.
In der Revue des etudes greques 1899. 53 ff. hat Theodore
Reinach zwei tanagräische inschriften veröffentlicht, die in enger
beziehung zu einander stehn. Der tempel der Damater und
der Kora soll in das innre der Stadt verlegt werden. Die erste
Urkunde bewahrt die namen der tanagräischen damen auf, die
sich verpflichten für die kosten aufzukommen, die aus der
tempelverlegung erwachsen. Die zweite, die rückseite des
gleichen Steines füllende, verzeichnet die namen der schönen,
die garderobegegenstände in den tempel gestiftet haben. Da
nur wenige persönlichkeiten beiden listen gemeinsam sind,
lernen wir aus ihnen die namen einer nicht unbeträchtlichen
zahl von Tanagräerinnen und ihrer väter kennen, die in den
letzten Jahrzehnten des 3. Jahrhunderts gelebt haben.
Unter den subscribentinnen wird eine ^Ercixagig TevfjLaai^
yi[viog] (z. 73) aufgeführt. Der name ihres vaters erweckt
unser interesse. Der herausgeber nennt ihn »bizarre et inconnu«,
und hält für möglich ihn mit dem wortstamme in Zusammen-
hang zu bringen, von dem Tevfiijg {noTafiog &rjßwv Hes.) und
Tevfirjoaog ausgehn. Gegen diese vermuthung spricht, dass die
böotische gestalt des wortstammes TevfiO' aller Wahrscheinlich-
keit nach Ttevfio- lauten würde ; denn dass der name Tevfifjaaog
in engster Verbindung mit dem namen der phthiotisohen Stadt
stehe , deren bewohner IlevpLatiot ^) heissen (Fick zu Coli,
no. 3806 nachtr.), scheint mir nicht zu bezweifeln. Die com-
bination von Tevfiaai' mit TevfiriaaSg unterliegt aber noch zwei
weiteren bedenken. Eine inschrift, die drcolayiTTaa^r/ bietet,
würde den in Tev^riaaog durch aa bezeichneten laut nicht mit
a wiedergeben. Und wenn Tevfiaai- auf den Tevfirjoaog zu
beziehen ist, wie kommt i in die compositionsfuge? Ich setze
1) DasB die Uivfiaiioi Phthioten sind, hat Köhler Ztschr. f. namism.
12. 110 ff. gezeigt. Bei Brugmann Grieoh. gramm. '116 werden sie za
den Böotern gerechnet, trotz dem hinweise Heads (Bist. num. 256),
Dittenbergers (I6S 1 no. 3287), W. Schnlzes (GGA 1897. 910) auf Köhlers
abhandlung.
Böotische eigennamen. 149
Reinachs nicht annehmbarem vorschlage einen andren entgegen :
ich sehe in Tevuaai- den aoriststamm von Tevfidofiai. Dies
verbum ist bisher nur aus der Thebais des Antimachos bekannt
gewesen, und zwar hat sich Antimachos seiner bedient, um den
namen Tevfitjaaog etymologisch zu deuten i). Wackernagel, der,
wie ich selbst, von der Zusammengehörigkeit des tevfiaofiai
mit avest. iyaoman-' (werk) überzeugt ist, hat vor jähren aus
dem erscheinen des t bei dem ionischen dichter gefolgert, dass
dieser das verbum von den Böotem habe (EZ. 28. 121). Wir
lernen aus dem erscheinen des elementes tevfiaair in einem
tanagräischen namen, dass die Böoter das wort Tevfiäofiai
wirklich besessen haben. Wackemagels schluss gewinnt also
an Sicherheit. Der bedeutung nach kommt dem so verstandnen
Tevfiaaiyiveig der 6P > 85 aus Attika nachgewiesne name
^Q^iyewjg so nahe wie möglich.
Aus der reihe der übrigen neuen namen, die durch die
beiden documente ans licht gekommen sind, seien nur zwei er-
wähnt, um deren Verständnis der heransgeber umsonst bemüht
gewesen ist Bifimv^ jetzt auch aus Akraiphia bekannt ge-
worden (BGH 23. 194 no. le, 200 no. 8»), kann aus Qefiiaanf
verkürzt sein wie l^ad auf dem tanagräischen grabsteine I6S 1
no. 618 aus ^Aatonti (Fick GGA 1883. 121). Und Ti^ivag
(Bs7. 98 ) zeigt die gleiche bildungsweise wie ^laxivag^ [J](a^
Qivag in Tanagra selbst (IGS 1 no. 585 III9, no. 537 ai4),
Tlovd^ivag in Chaironeia (IGS 1 no. 3313s), üeiaivag auf Thera
(161 3 no. 79?), Haidivag in Pharsalos (Coli. no. 326 UIso. si).
2. MwXiowog.
Eine anzahl neuer conscriptionslisten aus Akraiphia, alle
jünger als die mitte des 3. Jahrhunderts, hat Perdrizet BGH
23. 193 fiF. veröfiFentlicht. Wir lernen durch sie etwa zwanzig
namen kennen, die sich grösstentheils an schon belegte an-
schliessen lassen, theilweise aber doch auch sprachgut enthalten,
das im namenbuche bisher noch nicht vertreten gewesen ist.
1} Steph. Byz. Tevfitiöao^ , ogos Bowntag .... ixXri^f\ «f* ovttog^ tag
UvttfAuxog ngtartM SrißtitSos
ovvixd ol Kqovldri^f oc [n] (liya ndötv dydaaei,
150 F. Bechtel
Zu der letzten klasse gehört der in der Überschrift ausgehobne,
den ich der zweiten liste (z. 25) entnehme. Der herausgeber
hat sich bemüht ihn zu erklären, hat sich aber den weg zur
richtigen interpretation durch die betonung MwUovzog ver-
sperrt. Die Inschriften gehören einer periode an, in der die
Böoter V in bestimmter läge mit lov bezeichnen; so bietet die
zweite, die uns hier beschäftigt, z. b. ^iova[iav]oQ. Sobald
man dem iov in MQAIOYTOI den gleichen werth zuspricht, wird
der name durchsichtig: man erkennt dann in ihm das als
nomen proprium verwendete participium auf %6g des fast ver-
schoUnen verbs fitaluo, dessen bedeutung aus der Hesychischen
glosse fÄtSlvg' 6 a/na&ijg, Sogfoxlrjg de Oaldf^ai' fie^wkvafiivri'
Tta^eifiivr] hervorgeht. Mtihovrog gehört also in die reihe der
einstämmigen Spitznamen, deren zahl durch die neuen con-
scriptionslisten auch sonst Zuwachs erhält: sicher in *0(fvdl'
l€i(g) 1) no. 286 (der söhn heisst FovQig) und in KoaxovXog
no. 7 17 (Perdrizet bemerkt gut: c'est un sobriquet pris du
langage de la corroyerie), vielleicht in SMupiag no. 5»s (einer
der ein andipiov trägt?) und in TAPIOYI no. b%7 (lOY auch
hinter labialis für v?).
Schliesslich noch zwei namen, durch die dem namenbuche
die demente ^A%Qai<pu>' und Myjiog zugeführt werden: ^A%^
q>iXlu (no. I19) und ^Eyx-OQ^ag (no. 3is, no. 89). Wie ILiui-
tkXei Verkürzung zu IlTwiddwQog^ JlTwionJisigf IlTioiOTifiog ist,
so weist ^ AyLQfifpiXkei auf voUnamen zurück, die auf dem gliede
*u4xQfiq>io- aufgebaut waren. Ein vater, der seinen söhn z. b.
'^yLQrjq>ioiikeig nannte , sprach in der benennung den wünsch
aus, der söhn möge seiner Vaterstadt zum rühme gereichen,
oder der ^Anokhav ^ AxQT^fpiog (ihn bezeugt Steph. Byz. unter
^^XQaiq>ia) möge ihm rühm verleihen. Der sinn von ^Eyxdgiiag
ist ohne weiteres klar; wem der Homer lieber ist als der Wille-
halm, dem fällt vielleicht über ihm der vers ein dog di vi fi
ixvÖQa ekelv xal ig oQfd'qv eyx^og ek&eiv.
1) Vgl. Strattis bei Athenaios p. 621 f:
^wUt^ ovdiv, näaa Grißaitav noXig,
oTtird-otdav, (OS kiyova\ ovofAaCfTi'
Böotische eigeoDamen. 151
3. fadtiaiog.
Der selben zeit, wie die conscriptionslisten von Akraiphia,
gehört eine von Collin BCH 21. 553 ff. herausgegebne Urkunde
von Thespiai an, über die kürzlich Meister gehandelt hat
(Leipziger sitzungsber. 1899. 141 ff.). Zu den bereicherungen,
die sie für grammatik ^) und Wörterbuch abwirft, gehört der
name ßadaiaiog. Ich glaube ihn etwas anders analysieren zu
müssen als Meister. Nach Meister ist er ein kurzname, der
auf To fddog oder /ad- zurückgeht und sich der bildung nach
mit »kurznamen von der art Tifiijaiog^ "^Egfitjaiog, Jtiaiog^
2faoiag<i vergleichen lässt, »die von voUnamen wie TifirjaidtjfÄog,
^Effirjaiaya^y Jmai^Bog^ SoHJixQaTrjg abgeleitet sind, nach deren
analogie auch ein voUnamen wie z. b. ^ßaöoHjld'aog gebildet
werden konnte«. Aber derartige voUnamen sind bisher nirgends
zu tage gekommen; es wird sich also empfehlen nach einer
erklärung zu suchen, die ohne sie fertig wird. Das lexikon
des Hesych gibt sie an die band. Hier begegnen wir den
glossen adovotov aqaaxov^ aifiqxovov und ddovaiaaafievof
dulofievoif ofioloyovfievoi. An die zweite hat Kumanudis ('£9.
dgx* 1884. 134) bei der Veröffentlichung einer attischen inschrift
aus dem ende des 4. Jahrhunderts erinnert, die man jetzt
CIA 4 suppl. 2 no. 252 e findet Z. 13 ff. dieses denkmals
heisst es: e[l]vat di a[vTbv nai ^ ^d']\7jvaiov aal <pvlijg tmxI
di][fiö\v K[a]l q>QaTQ[iag elvat \ ajvTwi ddovaiaaaa&ai, tjg av
ß[o]vlfiTa[i\. An der authentidtät von ddovaid^ofiai^ damit
auch von ddovaiog^ kann also kein zweifei walten. Attisches
adovaiog — so ist doch wohl zu schreiben — verhält sich zu
Fad6v%' wie ysQOvawg zu yeQorr'f SKOvat^og zu ßenoyT-^ l^eA-
ovoiog zu id'ikoyf-^ wie ind. sähantya- (siegreich) zu sdhanU.
In dem namen /adwaiog erkenne ich das böotische, als nomen
proprium verwendete äquivalent des attischen adovaiog. Diese
auffassung wird nach keiner seite der rechtfertigung bedürfen.
1) Für die formenlehre fällt das perfectam duacM^uxi ab (z. 2
att. SuUlr^Xv^i)^ auf das man nach der präsenefonn unBiXd^iUjvtiq (I6S 1
no. 1748a t 1749«) gefasst sein musste. Nun ist wo! Dittenber^efs er-
gänzung un%il[€Uv\^iQVXi^ auf dem tfaespisohen steine IGS 1 no. 17d6s
nicht mehr zu halten; vielleicht haben in der lüoke, die Lollings ab-
sohrift hinter AREIA angibt, seichen gestanden, die der Steinmetz aus
versehen eingegraben hatte und wieder ausgemeisselt hat.
152 A. Bezzenberger
Niemand bezweifelt heute, dass die assibilation des % durch
consonantisch gewordnes i eine gemeingriechische erscheinung
ist, dass also das t von TtevroKuitiot erklärt werden mnss,
nicht das a von fadwaiog. Und was die function des adjectivs
ßaöwaiog als eigeuname anlangt, so kann daran erinnert werden,
dass auch das adjectivum i&ekovatGg an die gruppe der mit
^Ed'sXo' beginnenden namen angeschlossen und schon im 5. Jahr-
hundert in Attika als eigenname verwendet worden ist.
Die hier gegebnen ausfuhrungen waren niedergeschrieben,
als mir aus andrem anlasse die inschrift CIA 4 suppl. 1 fasc. 2
no. 53 a wieder unter die äugen kam. Gleich in der dritten
zeile heisst es: ^J0210[2 ejlyre' Igxoat to hiegov zo Koöqo
wxl To NeXiog yual %Bg Baaikeg .... Da treffen wir also unsren
freund in Athen.
Halle (Saale), 20. juni 1900. F. Bechtd.
Got. bairau, koigonktiv von indogerm. }>Mro(n).
Auslautende gestossen betonte langdiphthonge der grund-
sprache haben ihren zweiten bestandteil entweder in einigen
sprachen aufgegeben und in andern teils überhaupt, teils
nebenbei bewahrt, oder allgemein verloren. Eine änderung
der betonungsart der betr. endsilbe vrird durch sein schwinden
nicht herbeigeführt. Beispiele: ved. a§t&u^ a^ta, got. ahtau,
gr. oxTcJ, lat. octö u. s. w.; ved. devdu, devd, an. tvau, gr.
&€(0y lat am&ö, lit. baltü-judu, asl. raba ; gr. 7t6Xfji{?)^ got
bcdga (anstai = anstsi oder — anstsj-i?), ved. cynd, lit. szcUi;
ved. sdkhä, gr. ^ijtw. Vgl. J. Schmidt KZ. XXVU 377, Hirt
Akzent s. 117 f., Wackernagel Altind. gramm. s. 106ff.
Hiemach ist es zulässig, die in avest peregä, gr. e^foi, lat
lego, lit. ioezü, got. ba{ra u. s. w. enthaltene gestossene endung
ö auf ou zurückzufuhren ^) , und da allein hierdurch die ein-
fachste aller bisherigen erklärungen von got. bairau *) haltbar
1) Hirt Indog. forschungon I 22S möchte sie als öt ansetzen.
2) „bftiraa genau gleich griech. conj. (p^Qto*^ Kögel Zeitschrift f.
d. gymnasial Wesen XXXIV 406, vgl. Wiedemann lit. praterittim
i. 160 anm.
Got batrau, konjunktiv von indogerm. bh^ro(u). 153
wird, da sogar bairau ohne die herleitung von baira aus bheröu
überhaupt nicht befriedigend zu erklären ist, so zweifle ich
nicht, dass dieselbe das richtige trifft — Dass im Gotischen
das indikativische -ou als a, das konjunktivische dagegen als
-au erscheint, ist möglicherweise eine folge der indogermani-
schen Satzbetonung (vgl. z. b. tat tvä yämi RV. I 24, 11, y<i^
tvä yami RV. X 47, 8), denn die lautliche behandlung eines
Iherö'u und eines bhirou vollzog sich unter verschiedenen be-
dingungen.
In den meisten bisherigen behandlungen von bairau ist
dieses mit b€rjau, bairadau, bairandau, bairaidau, bairaizau,
bairaindau zusammengefasst, und eine einheitliche erklärung
aller dieser formen versucht Jellinek und Hirt halten eine
solche sogar fiir „offenbar^* erforderlich (Hirt a. a. o. VI 59).
Ich kann mich hierdurch indessen nicht abhalten lassen, bairau
und birjau von den übrigen eben erwähnten formen zu trennen
und in dem au von bsrjau (und auch von viljau) mit Kögel
a. a. o. einen eindringling aus bairau, in -dau, -^ndau dagegen
mit Westphal Philos.-histor. grammatik s. 175 ff. (vgL z. b.
Mahlow Lange vocale s. 107, Thurneysen KZ. XXVII 175)
mediale endungen zu sehen, die als solche den sanskritischen
aktivendungen -tu, -ntu ebenso gegenüberstehen, wie die
medialen endungen -tai, -ntai den aktivischen 4i, -nti, -zau
endlich halte ich für eine durch -^au, -ndau veranlasste Um-
formung von* 'ZU s= skr. -sva.
Die nebeneinanderstellung von bheröu (skr. bhara-mi) —
skr. bharä-vah (— got bairos BB. V 319) — skr. bharä-mah
lässt u als die eigentliche fiexionsendung von bheröu erscheinen,
und es ist verführerisch, dieselbe endung in lit sakaü, sukaü
(d. i. sakä'Uj sukä-u) anzunehmen. Allein dem vriderraten
preuss. po-sinna „ich bekenne", laipinna „ich befahl'', deren
-a kaum anders, denn als -a = -ä-a « -ä-ö zu erklären
ist, und die dadurch für die annähme eintreten, dass sakaü,
sukaü (und ebenso sakyezau, sükczaü) die litauische endung
der L sing, -praes. -i* — -ö(t4) enthalten (vgl. Wiedemann
a. a. 0. s. 161, 171) i).
Die einzigen formen, in denen ausserdem diese flexions-
1) Aach die erklärung von sakaiy aukai aas «aA:ä+t, sukä+i (t en-
dung der IL siug. praes.) halte ich für richtig. Dass aber dies -t das
von Mt sei (Bragmann Grundriss II, 2, s. 1344), glaube ein anderer.
1«54 Elia Lattes.
enduDg (u) vermutet werden kÖDDte, sind skr. dadaü, papraü
u. s. w. Aber auch hier kann ich sie nicht anerkennen. Es
ist zwar denkbar, dass im Altindischen der singuIar perf. akt.
von z. b. prä ehemals gelautet hat: I. paprdu, *pap'ä, II. pa-
prdtha, III. paprd, dass in folge der Verwendung von paprd
als I. und III. person auch paprdu als III. person gebraucht
wurde, und dass die verba auf ä ursprünglich also nur in der
L person sing. akt. den ausgang äu hatten. Da aber wahr-
scheinlich das lateinische t;-perfekt und das suffix des particip
perf. akt. (skr. väms u. s. w.) das u von dadaü, papraü u. s w.
enthalten, so wird in diesem ein stammbildendes dement zu
vermuten sein (Fick Gott. gel. anzeigen 1883 s. ö94, vgl.
Benfey Kurze sanskritgram. s. 146 anm. 2), denn dass (wie
Colli tz Amer. Journal of philology IX 47 anm. anzunehmen
scheint) so bedeutende formengruppen durch ein personal-
suffix beeinfiusst oder gar hervorgerufen seien, würde mir selbst
dann wenig glaubhaft erscheinen, wenn dies suffix eine grössere
rolle gespielt hätte, als die vermutliche personalendung u.
Ä, Bezzenberger.
Le prime parole della grande epigrafe campano-etrusca.
1. Della grande iscrizione etrusca trovata a S. Maria di
Capua (Bücheier Rh. mus. 55. 1 — 8, cf. Lattes Rendic. Ist.
Lomb. 1900. 340 — 371 e 541 — 562) manca il principio; e di
quella della 61 linee, interamente o parzialmente superstiti,
che per noi e la prima, si legge ancora soltanto
luvacü . ^'uxu
dopodiche svanirono :»sei lottere«, la prima delle quaU »fu
forse a«. Ora in luvacü possiamo con sicurezza separare come
parola intcra vaeil, perche abbiamo, fra due interpunzioni,
1. 4. 5. 6. 12 vacil appunto, 3 suvacü, 6 — 7 niianeva^illeOam,
12 erivacü, 14 üucuvacil, oltre forse 46 vac[ü] capoverso.
Puö poi esso vacil confrontarsi con akil o acil, acril (nome
proprio di persona), avil o aivil ('anno', la seconda forma non
ben sicura), arü ('Atlante'), cafatü (n. pr. di pers., ricusato dal
Pauli Altit. Stud. III 41 -43), Oanxvü (lat. etr. 'TanaquiP),
eil, petrnil (n. pr. di pers., Pauli come sopra), puil, ril ('anno',
Le prime parolc della grande opigrafe campano-etrusca. 155
Pauli ^eta'), ruvfil (n. pr. di pers., Pauli emenda ruvfiffs]) suSü
(ora anche GIE. 3306), tariUs, timcvil (deita), titil (n. pr. di
pers. ricusato dal Pauli), usil (^Sole'). Inoltre 8ta txicil a vad^
che occorre 18 — 19 volte nella M(ummia), come F. 2101 e
F. ^ 117 svalce avil a F. 2273 svalce avl, come nella nuova
iscrizione E(trusco) G(ainpana) 1. 22 usüi a M. VII 13 udi (cf.
M. V 21 uüane-c), come Not d. Sc. 1889. 337 seSilans a
s'edlans' ('Vulcano'), e forse come akü o acU a EG. 59 e M.
V 18 aclxa (cf. M. VIII 16. X 9 adxn) : puö pertanto vacil
nou differire da vad, se non sotto il rispetto fonetico o grafico ;
e conferma di tale conghiettura forse offre il fatto che EG. 6 — 7
a niivacüledam precede vacil . sav . cnes . ünamulirizilepicas,
donde forse risulta aversi ünam (cf. tdi con EG. 30 ululepa e
26 acar.Upa, 23 aciiul con 10 $ii, 14 tii, 44 rü ecc. secondo
Rendic. cit. 3d7 sg.) fra due vacä, analogamente a M. VIII
16 — 17 vad etnam e XI 4 vad hexz etnam, se itnam sta a
etnam come pitrunia itruta a petruntcU e etru.
2. Pertanto, sebbene i testi cou vad non sembrino pre-
sentare finora spiccata e sicura somiglianza con quelli della
iscrizione capuana in cui occorre vacil, puö tornare non inutile
al futuro interprete di questa che qui si riassumano le osser-
vazioni di fatto cui i primi danno Inogo. Vale a dire primie-
ramente, quanto alla connessione di vad con etnam, pare essa
dimostrata, oltreche dalle due frasi riferite (§ 1), si dall' essere
appunto vad e etncun le due voci piü frequenti della Mummia,
dove einam s'incontra 40 volte, si dal mancare tanto etnam,
quanto vacl, nelle colonne IV e IX, laddove vad s'incontra 6
volte nella colonna VII, nella quäle etnam si presenta 16 volte;
inoltre tanto vacl, quanto eltiam paiono connessi con vinum,
giacche leggiamo dair un canto M. XI 2 vacl vinum e 4 hetum
vinum Oil vady e d'altro canto troviamo etnam e vinum associati
del pari coUe voci aisna, acilO ame e hexz o hexs'd; abbiamo
cioe: M. XI 12. 14 e XII 1—2. 9 etnam aisna - VI 13
etnam eisna, IX ;^ 1 aisna Hindu vinum, IV 22 eisna pevax
vinum; M. YII 14 acü ame etnam, VIII 5 — 6 mula-x kusina
vinum paiveism acilO ame, 8 — 3 vinum afdlJO ame mula hursi
(cf. VIU 3 mula hursi puruOn vad); M. XI 4 vacl hexz etnam,
IV 9. IX 6 — 7 hexs'o vinum = IV 14 hexs'd vinm. lo so-
spetto del resto pur sempre (cf. Saggi e Appunti 42. 67. 71.
141, Ultima colonna della M. 6. 3, 17) che etnam designi uu
156 Elia Latte8
sacro liquido simile al vinum; che aisna significhi all' in circa
'sacravit', acU ame s ctcüß ame circa 4n -ili ama\ hexz =
hexsO circa ^faecavit' e he(c)Uim (cf. hectam con ataiun per
^AnTotiwv) circa ^faecatum'; e che mula hu(r)8ina equivalga a
mula hursi (cf. larOia larßi, titia tüa tut, Hnia tina ecc). —
In secondo luogo, sembra esservi speciale relaziono fra vad e
ara, giaccbe vediamo M. III 16 — 17 e VII 17 vcicl ara, VII 21.
VIII 10. X 4 vacl ar, sieche supplisco G. 802. 3 vacß] ard;
cf. altresi F. 2240 (tav. 41) usi are con M. VIII 9 vad usi. —
Terzo, abbiamo M. V 16—17 vacl seguito da citz, 19 citz vad,
VII 2. 3. 5 etnam ciz vad (cf. XI 4 vad hexz etnam). —
Qaarto, pare vad essere connesso con Scanin ad avere richiesta
la societä di vocaboli in -in; troviamo infatti M. lU 15 vad
an scanin s= 16 m s*canin , . . ,fz (forse [h^xlfz, cf. sup.
vaH hexz, h€%sO e penezs' nel cippo di Perugia A 16) vad,
X 11 — 12 vacl s'canin, V 16 vad ßesnin, X / 2 vad cesasin.
lo conghietturo pur sempre che -tn> diverso da in = ein ==
eim = ei particola congiuntiva, possa tenersi per nna prepo-
sizione suffissa e posposta e che Scanin possa per avventura
significare all' incirca *in scamno' (cf. Saggi e App. 19 no. 30,
4ö. 116 ecc, Rendic. Ist. Lomb. 1894. 638 sg. p. es. favin 4n
fovea' = faviti come suOiti 'in sepulcro', ecc). Sospetio pero
che spetti altrove M. VII 16 ßezin fler vacl, per confronto con
III 15 Oezi vad, con Oezine tre volte e Oezince pur tre volte.
— Quinto, incontriamo vad M. III 15 seguito e VII 2. 3. 5
preceduto da ceia, ch'e forse feminile di ce (cf. Larice Lari-
ceia, Afrceia, Hu8tileia\ nome di deita nel templum di Piaoenza
e in G. 804. 5: in tal caso bene andrebbe va^l preceduto o
seguito da ceia, con Eü. 6 — 7 vacil leßam, perche anche leOam
e noto e certo nome di deitä; inoltre bene andrebbe con M.
Vni 9 vacl t4si, se tisl va con u$il e sta a questo come EC. 23
ri . tur . zaes . x^ & 22 ril .tur , zaes . %a0. Sarebbe mai quindi
vacil e sarebbe vad nome di deita al pari de' loro socii hOam,
usi e probabilmente ceia? A favore sta anche la ricordata
congruenza di va^l ara con usi are (Deecke emendava arfcje);
e sta eziandio la circostanza che in G. 802. 3 a vacßj arO
precede i ce%a a . . e segne c . . . . elisva : ora ce%a,
come dimostrai, spero, nei Saggi e App. 95 sq. (cf. Rendic. cit
1900. 550) fu nome di deita, e . . . elisva riesce analogo ad
edausva nota dea e a selasva, auch' esse verisimilmente nome
Le prime parole detla granHc epigrafe eampaho-etrusca. 157
di deita. Prova piena di siffatta condizione s'ayrebbe anzi per
vacl, se col Breal Mem. de la soc. de ling. IX 35 invece di
F. 2484 lasa veeu si leggesse vecl e questo si pareggiasse con
vcid; ma ne tale pareggiamento per ora puö ammettersi, come
da nessuno si ammette quelle di den con clan, sebbene il ge-
nitivo di questo suonö clens\ ne quella lezione puö accettai-si,
81 perche il finale 4 si vede ben chiaro (Corssen I 246 tav. 7),
si perche leim vecu riceve conferma da Not. d. Sc. 1886. 360
Icisa vecuvia, da CIE. 1499 sg. vecui e da etr. lat. Begoe Ve-
gaia. Piuttosto un ulteriore argomento per la divinita di vacl
vacil viene forse oflferto da F. 2033 bis fa 5 (cf. F. » p. HO
confermato per autopsia dal Deecke ap. Krall ÖC' s. v.) vticl .
larß : su si; abbiamo in fatti EC. 3 suvacü . sipir , 8U, ossia
vacil fra su e s'i (cf. 1. 8 piras e pires, 11 pire^ 18 /t»), corae
ivi davanti a «u e ^i, e abbiamo nella M. V 10. 14 eiser s'i-c
s'eU'C (forse *dei Seiaque Sivaque, cf. EG. 11 isum a zudevai
a pire forse 'deorum et Zuslevae et Pirae'), e M. II 12. V 8.
•XII 2 aiseras' s'eus' — V. 20 eiser as s'eus (forse *Deae [et]
Sivae').
3. Gonnesso con vad apparisce vadtnamj noto solo da tre
luoghi della Mummia: VI 10 fra due Bezerij al primo dei
quali seguono le parole laivisca lustres' fler; VIII 1 fra esvita
e esvüi, ossia preceduto da esvita (cf. esvi-s', cinque volte nella
formola x^^' ^^'-c fasei, con lautnita o latUnida feminile di
lautni)^ congiunto mediante la particola in al nome di deita
culs'cva^ e parimeute seguito dopo spe4ri etnam e depo la par-
ticola ic (cf. ix ine ininc) da eavüi enas ; XII 9 preceduto
dalla cifra per ^oinque' (|||||), che VII 12 precede ugualmente
all' analogo cr^nam, al quäle segue ivi e XI 14 Oesan, nome
della dea Aurora, al modo che a vacUnam segne in ctUs'cva,
Cosi pure M. ^^ 3 all' analogo calainam precede il numerale
du, preceduto da putnam, che il confronto con pute (nove volte)
puis (M. XII 4 e G. 799. 6) mostra essere diverso (cf. i genti-
lizii ecnatna venatnal ecc. con ecnat venate ecc.); a putnam
precedono poi le parole neri canva carsi, di cui per lo meno
le prime due sono verisimilmente nomi di deita (Saggi e App.
110 sg. e cf. lat. Nervo). Gosi ancora l'analogo suntnam sta
M. XI 13 fra tuxla-c eOri e cexa, dove questo, come gia si
avverti, e nome di deita e tu(n)x(uJla'C probabilmente e parola
numerale (cf. dunxtdem dun du). — Avendosi M, VIII 16 — 17
lo8 Elia Lattes
viicl einam, conghietturo il Deecke ap. Krall s. v. che 4nam
in vadtnam e calatnam si potesse ricondurre a etnatn; tale
spiegazione proposi anch' io Saggi e App. 136 sg., e la rin-
saldai osservando, fra Paltro, che come davanti a vacltnam e
cntnam sta la cifra per ^cinque', cosi abbiamo M. VII 5 la
cifra QD, ossia O «> 1000, in Ane di una linea dove occorre
etnam^ linea preceduta da tre altre, nelle quali pure si legge etnam;
e furono forse piu di tre, giacche ad esse precede una di cui
quasi nulla piu si legge, mentre poi mancano prima chi se
quante altre. Appresso pero venne alla luce l'epigrafe etrus-
cheggiante (Hermes, 31. 467) di Novilara, dove 1. 8 — 9 incon-
trasi kaiatnenis, affine, come sembra, di calatnam»
4. Ritorniamo ora alle prime parole della grande iscrizione
campano-etrusca. Separate vacä, resta davanti ad esso lu che,
seguendo a lacuna, potrebb' essere il residuo della parola pre-
cedente, quäle aiu calu velcialu (cf. velcialual e trej)aliMl) malu
(cf. Novilara 1. 6 dalu)^ acüu crapüUf atdu apulu fulu, aplu
suplu, auslu (cf. frazlU'S'). Ma puö lu tenersi anche per pa-
rola intera : abbiamo infatti EC. 13 pricelutule, 8. 28 pricipen,
22 tule, 8. 18 tuleiluc e 19 üuc (cf. 8. 18 ilucu, 14 üueuvacil,
21 Uucuper, 28 miilucve 29 ilucui)^ 14 tuleaq>€8^ 19 tuleleOam;
donde risulta essere price e ttde voci compiute, e pero tale
potersi reputare anche lu (cf. 30 . . . asei .lu ). Giä del
resto un siffatto vocabolo era occorso negli epitafiii GIE. 2418
^ana : lu : anei : sepusa, dove secondo il Pauli y>lu nomen
gentile abbreviatum est«, e 3104 larOi qu \ tüi : lu; per contro,
quanto a UIE. 4258 . . . j . Ju cni.la., che il Pauli eraenda
lu . cqi . la . »ita ut lineae quae in principio cernuntur fortuitae
sint«, perche lo riferisce alla madre di 4259 Lartia . Caia .
lAici , f, osservo che il prenome Iv(ci) abbreviato non s'incontrö
mai finora, e ben di rado pur l'intero lud; sieche forse meglio
si leggerä lucni^ quäle sta, per confronto con F. * 32 = F. •
313 lucini, e si prescinderä dall' immaginata relazione coli'
epitaffio latino di Caia, tanto meno probabile se alla lacuna
iniziale si supplisca p. es. con [6]a(na) e si ravvisi l'avanzo
di un a nelle linee che si suppongono fortuite. — Abbiamo
poi GIE. *3244 lu : venOace, uno »titulorum spuriorum« che
»ex eadem fabrica Clusina originem ducere et similitudine
quadam inter se vocabulorum, ut ita dicam, ficticiorum et litte-
rarum ductu probatur« (Pauli) : nie ne tutti falsi mi paiono
Le prime parole della grande epigrafe campano-etrusca. 159
qaei titoli, ne tutto parmi falso ne' titoli falsi (cf. Studi ital.
di filol. class. VII 489 — 492); e torna in ogni caso noteyole che
anche *3243 ; le : sa | x^ (Pauli sa . , .. x^ia ), coUa prima
a capovolta, come la seconda di *3242 tatifa e come quella
di F. 2481 prumadej concorda con EC. 2 saxnel.., se leggasi
aaxne l[e] ; \\ quäle le poi, che ritorna *3290 le : teti : lania :
tinei, occorre in EG. 5. 5. 19 rizüe, secondo risulta da 19
rizimafiy b picas .ri .sav 3 rileOam, 21 rieleSam e 19 rizile-
ziz : riin; arroge forse mani U in *3262 manüe . tirfiani . eine
di contro a lari U in Mus. ital. di ant. class. I 363 mimulu"
larile züimlax (cf. mi, mulu, lari, ndax e EC. ö. 6. 19. 21 zi
con 19 zirz e 18 li-s). Va eziandio forse con lu^ e ne diffe-
risce solo graficamente, luu della lamina di Cainpiglia, Not. d.
Sc. 1895. 339, 1. 8 — 9 Bapinta . tV. ceusn ,inpa . Oapicun . i \
luu.Bapicun .eee'.zeris j se non si tratti di iluu; e si scam-
bierä forse luce a suo tempo con lu la voce hMi di M. VI
14 — 15 acaie titisin s'arve luSti, dove Uns in luSti richiaroa
CIE. 371 tins hä, che pero inclino a credere diverse e da
luOti e Ah lu, e mando piuttosto con F. 2095 Suluter (ossia
Su luter) e con CIE. 3879 lutni (cf. CIL. XI 2045 Ludniae).
Bens! suggerisce forse luOti l'integrazione ludfti] nell' epigrafe,
Not- d. Sc. 1887. 438 , aließi : fräst tezis : lud... (cf.
Bugge Etr. u. Arm. 92 sg.) scritta interne al foro di una lam-
pada aretina; del resto luOti e luB , . . potranno anche man-
darsi co i due lursB del piombo di Magliano.
5. Rimane s'uxu . . . o suxua . . ,, dove anzitutto non ri-
pugna air etrusco suxu come vocabolo completo, foggiato al
modo di zux^ uxu auxu axu, zixu lixu cerixu; cf. altresi hucu
apucU'Sj caeu, cecu lecu precu, velicu Oanicu muOiku-s, carcu
prcu vescu (cf. Üscv) ceneu. Torna pero piü probabile, dato
lo Stile della nostra epigrafe, si debba suxu,, o s'uxua scom-
porre in s'u e x^- Invero anzitutto s'u fra due interpunzioni
s'ha alla I. 3 preceduto da su vc^cü si pir, dove incontriamo
nn altro su, verisimilmente non diverse, salvoche sotto il ri-
spetto grafico, dallo su testö detto, perche del pari allato a si
(cf. 18 s'in come nella Mummia) troviamo si in 1. 11 sirieimu
(cf. 3. 2 ri con 32 ri-z, 11 numerale ci e F. 2269 A« == F. i 72
mu confermato da F. ^ 43 mo; inoltre abbiamo \. A is e 61
is, oltreche -off -is' allato ad -as -is (1. 5 lunas', 19. 21 pris\
5. 6 picas, 16 naiiuras =17 [najciums, 19 lis). Forse poi
160 E!lia Lattes Le prime parole della grande epigrafe etc.
8U e SU non differirono, saWoche riguardo alla grafia, da zu
che incoDtrasi 1. 27 zficexinilatei (cf. 9 11. 23 zu-s, cexa c(%e
e forse 50—51 fcjexi-s, 24 laiei) : infatti giä ricordammo (cf.
§ 4) analogamente s'i si zi; cosi pure 1. 35 zal e 22. 28 sal,
come M. X 20. 21 zal e VII 7. XII 11 sal; cosi ancora ac-
canto a -as' -as e -tV As teste veduti, I. 19 zi-z e 32 zi-z;
cosi del resto giä in altre note epigrafi etrusche p. es. suci
zuci, s'ulus zulus', dis'u (Novilara tisu) ßizu, 8ane zanes' sarve
zarvp., sätvi zalvi, sece zec, seri zeri, avlea aüles auUz, tes ßes
tez, cainis cainiz, camis' camiz, cetüxus cealxus cealj^ (tutti
tre nelle Mummia), veU' vels vdz, caresri heczri, hemsince Oe-
zince (entrambi nella Mummia), caps'nas capsna capzna, pus'na
puizna, felsnal felznal. D'altronde appunto nelP alfabeto
etrusco del vaso nolano F. 2767 in luogo dell' elemento 8,
yedesi ripetuto 1 'elemento z, come in luogo del q> s' ha il v in
apparenza e in realta il f latino (cf. p. es. CIE. 2421 nasBcUnei
velzncU apparenti per mandatnei fdznal, F. 2168 vulunice appa-
rente per ftdunice con f latino inyece del normale f etrusco),
e come nell' altro alfabeto campano-etrusco F. 2766 in luogo
deir elemento k vedesi ripetuto l'elemento c,
Quanto poi a x>< • • o x^ • - •; ^ I* ^2 xei.ffi.xu: ci mostra
XU vocabolo perfetto, quäle apparisce altresi da 1. 8 x^jE^er e 10
XU8CUV per confronto con 21 ilucuper, 19 üuc.uper, 8. 18 iliicu,
Not. d. Sc. 1887. 17 peras da solo su vaso di Nola, 7 suL
scumnemar, M. VIII 11. X / 6 Bull. Inst. 1882. 244 une, M.
X 3 tnarem. Incontriamo poi 1. 18 x^^,8,x<^^ ^ 25 x^O.ce:
Iq.xuO, dove xues (cf. 24 — 25. 30 zae.8 con 22. 23 zc^s) e
XuO ben si possono stimare rispettivamente il geniüvo e il lo-
cativo singolare di x^ P®^ confronto da una parte con 1. 8
pire8 6 3 pir, 21 tule8-^iu (cf. 2 ai, 35 aie, 20 aius, 12 aium
incerto) e 9. 10—11 tul, d'altra parte con F. » 419 — 420
8u0i^ — F. 2335 s'uditi *in sepulcro' locativo di 8'udi; cf.
altresi M. VIII 8 zineti ramueB e VI 5 hanupe&i laeti con
VI 3. X 6 hanupes'y XI / 5 hanupes, X 6 laes, come EC. 28
tuleti e 21 tules teste allegato. Come poi x^^ X^^f ^^^^ ^*
23. 25. 30 zae8 (o zae.8) x^y 27 tae,8 x<^% 56 — ^57 esares x^^
(scritto tsart - 8 al modo che zae.8 e iae,8\ Infine fra' rari
esempli di %- per c- iniziale avendosi xt^^^^ por l&t. Quarius
(cf. x'^^f^i^l^'\ gioverä per x^ ricordare CIE. 446 M. X 4 (in-
certo) XII 12 cu-s^ probabilmente nome di deita, forse attestato
W. Stschepkin Anzeige. 161
anche dal nome del dio retioo-latino (hulanus (Due iscr. prerom.
63. 77, Rendic. Ist. Lomb. 1900. 367).
Milano. Elia Lottes.
W. N. Stschepkin. Über die spräche der altslo venischen
Savvina Kniga.
Im letzten hefte des archivs für slavische philologie, bd.
XXII. 247 — 255, erschien eine anzeige meines buches über die
spräche der altslovenischen Sawina Eniga. Diese anzeige, die
von einem jüngeren österreichischen Slavisten, Herrn V. Vondräk
stammt, giebt zu einigen recht ernsten einwendungen anlass. In
ihr überwiegt das polemische element dermassen, dass der Verfasser
einer sachlichen besprechung der von mir erörterten fragen wo
möglich ganz aus dem wege geht. Er scheint es meistentheils
nicht angezeigt zu finden, seine höchst allgemein gehaltenen rügen
mit beispielen zu bekräftigen.
So fertigt z. b. Vondrak die einleitung meines buches, welche
die hauptresultate meiner arbeit zusammenfasst, mit folgendem
echt lakonischen satze ab: „In derselben ist vieles, was besser
ungedruckt bliebe'' (s. 249). Ein Schlussresultat meiner beob-
achtungen, die behauptung, der Schreiber der Savvina Eniga
habe seiner mundart überall recht entschlossenen ausdruck ge-
geben, sucht Vondrak mit ein paar billigen witzen zu beantworten.
Inzwischen stützt sich meine erwähnte behauptung auf recht viele
specielle gründe, die im buche selbst bei der Untersuchung der
lautbezeichnung schritt für schritt dargelegt werden und von einer
anzeige, die in einer ernsteren wissenschaftlichen schrift erscheint,
nicht schlechtweg todtgesch wiegen werden sollten.
S. 247 behauptet Vondrak wörtlich folgendes: „Nebstbei
macht vieles, was uns da geboten wird, auf uns den eindruck,
als ob der reelle boden der thatsachen verlassen und man lieber
mit einer art imaginärer grossen auf dem gebiete der Sprach-
wissenschaft arbeiten würde, ja es hört diese Wissenschaft bei-
nahe auf, eine Sprachwissenschaft zu sein, sie grenzt schon hart
an eine art uns vollständig unverständliche metaphysik''. Von-
drak unterlässt es auch biet an beispielen zu erläutern, worin
diese metaphysik eigentlich besteht. Sonst hätte ein unbefan-
gener leser gleich erkannt, dass es sich nur um solche fragen
der lautphysiologie und lautlehre handelt, welche in Deutschland,
auf dem gebiete der indogermanischen Sprachwissenschaft^ nament-
lich seit ihrer zweiten aufblüte, unumwunden gepflogen und er-
örtert werden. Die Slavistik hat noch leider nicht überall das
glück gehabt, in den kreis dieser sprachwissenschaftlichen ent-
IMfcri«« s. kiuia« d. tuä%. ■|h«o1m&. XXVI. 11
1B2 W. N. Stschepkin
?rickeluiig gezogen su sein, und darin liegt vielleicht der haupt-
grund jener wiederholten klagen Vondraks über die Unklarheit
meiner erörterungen.
Die Verständlichkeit einer schrift hängt jedenfalls ebensoviel
vom schreibenden wie vom lesenden ab. Fast könnte es nämlich
scheinen, der recensent habe das buch nur flüchtig durchblättert,
oder er beherrsche die russische spräche nur dürftig. In der
vorrede, ganz vorne, (s. XII) sage ich z. b. ausdrücklich, dass
ich mich mit lautgesetzlichen fragen befasse und vor allem das
Schicksal der sla vischen halbvocale untersuche. Und dennoch
wundert sich Vondrak zweimal (s. 248 u. 249) nicht auch an-
deres in meinem buche zu finden, namentlich keine analyse des
Wortschatzes oder der slavischeu redaktion der Übersetzung des
evangeliums. 8. 250 ergeht sich Vondrak in pathetischen redens-
arten, um am ende zu erklären, dass ich mich vor dem zuge-
ständniss des höheren alters der Glagolica vor der Cyrillica —
scheue. In der vorrede meines buches (s. II), deute ich an, dass
ich die hohe Wahrscheinlichkeit dieser hypothese Sft^&rik's in
vollem masse anerkenne und nur die Verwahrung mache, dass
ich die Wahrscheinlichkeit eines directen glagolititchen Originals
der cyrillischen Savvina Kniga methodologisch nicht als eine
neue stütze jener hypothese betrachten kann. Die vielen und
verschiedeneu beweise für das glagolitische original des denkmals
scheint Vondrak auch übersehen zu haben, denn er redet nur
von einem (s. 251X der ihm missfallt, und fordert andere, die er
in meinem buche hätte finden können. Nicht besser steht es,
wenn Vondrak behauptet (s. 252), ich wäre nicht näher auf die
bedingungen eingegangen, unter welchen die vocalisation der
altslovenischen halbvocale stattfindet. Ich hätte nur darüber die
Worte fallen lassen, die bedingungen seien dieselben, wie im
Russischen. Diese werte stehen wirklich auf s. 107 meines
buches. Doch es folgt weiter (s. 169 — 186) ein grösseres kapitel,
wo ich diese äusserung berichtige und die bedingungen der voca-
lisation in den einzelnen slavischen sprachen eingehend betrachte.
Etwas ganz ähnliches wiederholt sich, wenn Vondrak auf die
formen der participia em» hußwv, eü-bme Xaßovt^g (für gewöhn-
liches altslovenisches Hin,, HM-bnie) zu reden kommt. Er verwirft
die möglichkeit, dass e- dieser formen sei lautgesetzlich aus jh-
entstanden, denn er glaubt annehmen zu müssen, jedes jb (besser
wäre es, von ältestem j|t- und i- auszugehen) im anfange des wertes
wäre bereits „in den allerersten anfangen des Slavischen" zu t
geworden. Vondrak theilt uns mit, em», exiiiuc beruhe auf ana-
logie von Seiten solcher composita wie rka^Mi», vba-eMiiiDe. Diese
möglichkeit wird auch in meinem buche erwähnt (s. 305). Dabei
übersieht aber Vondrak gänzlich, was ich in den berichtigungen
(s. 306) für den Vorzug der rein lautgesetzlichen erklärung von
eiA'k anführe. Die slavischen sprachen scheinen nämlich darauf
zu weisen^ dass im anfange des wertes nicht jedes jh (^ ii- u. i) ge-
Anzeige. 163
meinslayiscb zu i wurde. Es müssen eben schon in der sla vischen ur-
.sprache zweierlei halbvocale unterschieden werden: geschwächte
vor Silben mit volllautenden vocalen und stärkeren halbvocalen,
stärkere -^ vor silben mit geschwächten halbvocalen. In der
einzelentwickelung der slavischen sprachen unterlagen die ge-
schwächten halbvocale meistentheils dem Schwunde, die stärkeren
— der vocalisatiou, d. i. einer dehnung bis zum kurzen volllaut-
vocal mit änderung der unbestimmten, durch reduction hervorge-
rufenen qualitäty in eine bestimmte. Nur gemeinslavisches ;V
mit geschwächtem h scheint zu t geworden zu sein, jh- mit stär-
kerem h ging wohl unverändert in die einzelnen sprachen über,
um im Serbokroatischen und theilweise im Slovenischen zu ja-,
in den übrigen slavischen sprachen zu je- zu werden.
Öfters wirft mir Vondrak vor, ich hätte nicht den muth
gehabt eine bestimmte meinung zu wählen. Ich habe allerdings
viele fragen angeregt ohne mir einzubilden, vor ihrer endgültigen
löeung zu stehen. Vondrak scheint es aber nicht zu ahnen, dass
die all wissen heit bei einem forscher nichts gutes zu bedeuten hat.
Der geist der Unfehlbarkeit weht uns auch aus allem entgegen,
was Vondrak neues oder festgestelltes vorzutragen glaubt.
Die Probleme vom Ursprung des slavischen schriftthums und
von der heimath des Altslovenischen stehen für alle slavisten
als wichtige kulturfragen da. Aber ohne die waffe der neueren
vergleichenden Sprachwissenschaft geht ein theil der slavisten wie
echte antiquarienliebhaber zur lösung dieser fragen. Tiefsinnige
paläographische und lexicalische erwägungen dienen nach wie vor
als hauptmittel für die starren geister. Und es wird mit längst
verbrauchten Zauberformeln ewig neu ein unaufhörliches ödes
spiel getrieben. Ein beispiel, das ich der anzeige Vondraks ent-
nehme, möge genügen.
8. 249 belehrt uns Vondrak über den localursprung der
Savvina Eniga: sie soll irgendwo in der nähe der slovakisch-
russischen Sprachgrenze entstanden sein, einst habe der gelehrte
geradezu ans russische gebiet gedacht Wir erinnern uns
wirklich Vondraks launenhafter gedankenäusserung über den Ur-
sprung der Savvina Kniga und der Suprasler handschrift, der
beiden grösseren cyrillischen denkmäler des Altslovenischen aus
dem XI. Jahrhundert. Wir waren jedoch auf die neuerliche auf-
erstehung solcher meinungen nicht gefasst. Denn für einen
Philologen, der in die beschafifenheit der altrussischen redaction
des Altslovenischen festen einblick gewonnen hat, bleibt die
russische herkunft der beiden letzterwähnten handschriften des
reinen Altslovenisch einfach ausgeschlossen. Vondrak gehört
aber augenscheinlich zu einer art slavisten, die ftir die feineren
lautlichen eigenschaften der mundarten, wie sie aus den ältesten
quellen des Slavischen zu uns reden, keinen sinn bat Todt
seheinen ihn diese alten pergamente anzustarren. Für ihn ist
auch daher die geographische fixirung eines denkmals sehr leicht :
164 W. N. StRchepkin
AIP wird einfach nach vereinzelten, zufälligen und meist willkür-
lich erklarten merkmalen vorgenommen. So auch iu unserem
falle. Denn es glaubt Vondrak, es könnte der ausdruck rb rocne^A
üg navdoxüov Luc. X 34 — statt rb rocriHHiiA der anderen
denkmäler — für die Savvina Kniga die nähe des slovakischen
oder klein russischen gebietes verrathen! (s. 249). Wer so was
behauptet, der operirt — und zwar im besten falle — mit argu-
mentis a silentio. Denn, gesetzt das wort rocno^a »herbergec findet
sich in den jetzigen südslavischen sprachen garnicht wieder; ist
das ein logischer grund anzunehmen, das wort wäre auch nicht
altslovenisch ? Ist damit wirklich bewiesen, die altslovenische
mundart der brüder CTrillus und Methodius, oder eine der vielen
mundarten späterer abschreiber aus den Jahrhunderten IX — XI
hätten das wort nie gekannt? Hat nicht schon Drinoff darauf
aufmerksam gemacht, wie vermeintliche Pannonismen oder Mora^
vismen sich zuweilen in den lebenden mundarten des Bulgari-
schen wiederfinden? Geben wir jedoch zu, das wort rocnoA« sei
zweifelsohne ausschliesslich westslavisch (den dialectischen an>
Htrich des Kleinrussischen mitgerechnet) ; darf deswegen ein ernster
forscher sich aus den vielen möglichkeiten nur die eine heraus
nehmen, dass ein altslovenisches denkmal, welches das wort
rocno^a enthält, selbst an der westslavischen Sprachgrenze ent-
standen ist? Und wie wäre noch diese unklare Vorstellung zu
verstehen? Meint Vondrak, dass der schreiber der Sawina
Rniga ein Westslave war? Dies ist ebensowenig möglich, wie,
das8 er ein Russe war. Oder glaubt er, der schreiber redete eine
altslovenische mundart Nordungarns, die noch im XL Jahrhundert
ihr dasein fristete? In diesem falle dürften wir verlangen, dass
der dialect der Savvina Kniga auch in seinem lautsjstem wenig-
stens etwas historische Verwandschaft mit dem Weetslavischen
aufwiese, wie es bei den glagolitischen Kijewer blättern der fall
ist, deren echt altslovenische mundart das organische merkmal
(;, k*t -" c, flf; — z, stj, sk' — §6 aufweist *). Davon ist aber
in der mundart der Sawina Kniga keine spur. Denn wenn sich
Vondrak noch auf die paar mal vorkommende endung 3. sing,
plur. praes. .Tb statt -n. zu stützen glaubt, so beweist diese en-
ilung — man deute sie« wie man will — herzlich wenig; sie ist
ja auch aus dem Zographos-evangelium bekannt, ganz zu schweigen
von den Novgoroder blättern und von dem Ostromir, wo man
sie freilich — und zwar unbeholfen genug — als lauter Ras-
1) Im Archiv für slayisehe philolofde bd. XX. 1--13 n. bd. XXII.
99— 45« kehrt sich Jftgic mit aller möglichen energie (regen dieM luisicht
Miklosiob^s und Kortnnstoft, die auch ich für die allein möfrliche halte.
Jagio hiUt die phonetik der Kijewer blätter für eine künstliche oonta-
min»tion Ttm Alteloveniteh und Mährisch. Der streit um die Kijewer
bl&tter spitet. sich in einer methodologischen principienfrmge tu. An
einem anderen orte hoffe ich danoleiren« wie Jacic^s beweisgrvnde theils
auf dialektiswhen irrwegen beruhen, theilt gegen ihn reden. —
Anzeige. 165
sismen wegdisputjren möchte. Einzelne splitter eines nordalt-
slovenisohen grenzdialectes konnten übrigens sehr wohl durch die
slavische Völkerwanderung des V — VII. Jahrhunderts nach dem
Süden verschlagen werden, in eine beliebige landschaft Bulgariens
oder Macedoniens. Was sollte in diesem falle einem philologen
bei der geographischen fixirung einer solchen mundart ihr dialec-
tischer Wortschatz helfen? Endlich konnte das wort rocaoAt» wie
andere mehr, während der pannonischen periode der slavischen
liturgie auf dem wege des schriftthums der altslovenischen litte-
ratursprache einverleibt worden sein. Von den vielen ist sich
Vondrak nur des einen weges bewusst und zwar nicht des
besten.
Die wissenschaftliche wie die litterarische richtung Vondrak 's
zwingt mich, bevor ich schliesse, noch zu einer an kurzer selbst-
anzeige zu greifen. Mein buch hat eine einheitliche wissenschaft-
liche aufgäbe, welche Vondrak ganzlich verschweigt: an der band
einer sprachquelle, welche mit grösserer klarheit eine lebende
altslovenische mundart des XL Jahrhunderts zum ausdruck bringt,
unternahm ich einen historischen vergleich des altslovenischen
mit den heutigen mundarten des Bulgarischen, um auf grund
der gewonnenen thatsachen den Verwandschaftsgrad beider sprachen
festzusetzen. Der besagte vergleich hat mich zum Schlüsse ge-
führt, dass jene complicirten und langsamen processe, in denen
die lautliche Veränderung der halbvocale ^ und t bestand, im
Altslovenischen wie im Bulgarischen — so weit der vergleich
reicht — durchaus identisch waren: beide sprachen kannten die
vocalharmonie, (d. i. den Übergang von ^ zvl h vor weichen und
von h zu ^ vor harten silben mit volllautendem vocal oder stär-
kerem halbvocal), beide weisen die rundung des h nach den
lauten ä, z, d, it, zd auf, wodurch h in dieser läge allmählich
in vielen dialecten zu ^ wurde; beide sprachen erlitten einen
frühzeitigen seh wund der geschwächten halbvocale in gewissen
consonantengruppen ; beide entwickelten dialectische Übergänge
der stärkeren halbvocale: des ^ zu o, des h zu e. In beiden
sprachen wurden die resultate aller dieser lautveränderungen auf
dem wege der analogie theils vermannigf altigt, theils ausgeglichen
und zwar auf nämliche weise in den nämlichen grammatischen
kategorien. Die aus der ganzen entwickelung der halbvocale
resultirende dialectische gliederung beider sprachen war durchaus
dieselbe. Es zerfielen nämlich beide in drei hauptdialecte, deren
erster gar keine vocalisirung der halbvocale kannte, der zweite
beide halbvocale vocalisirte: % zu o, t» zu €, der dritte ^ behielt
(d. h. die qualität des lautes, denn quantitativ wurde der halb-
vocal auch hier zum kurzen volllautvocal) und nur 6 zu e ver-
änderte. Der erste dialect, noch erhalten in den vorlagen des
Zographos-evangelium's und des Ostromirs, dann in der Savvina
Kniga und in einem theile der Suprasler handschrift, verschwand
früh, indem er wahrscheinlich in den beiden andern unterging;
166 A. Bezzenberger
der zweite lebt noch im Macedonisch-bulgarisclien, der dritte im
Ost bulgarischen fort. Nach dem inhalte der besprochenen laut-
lichen processe zu schliessen, musste ihre entfaltung gewiss einige
Jahrhunderte in anspruch nehmen. Während dieser Zeitspanne
besassen also Altslovenisch und Bulgarisch ein einheitliches terri-
torium und wir können nicht umhin sie als dialecte einer
einheitlichen spräche zu betrachten. Das liturgische Altslovenisch
des IX. Jahrhunderts — soweit es aus quellen des XI. erschlossen
werden kann, — weist in seinen wesentlichen, sprachgesohicht-
lichen lautmerkmalen die meisten verwandtschaftszüge mit jenen
Büdostmacedonischen mundarten auf, deren eine, die von Sucho,
von Oblak (Macedonische Studien, Wien 1896) beschrieben wurde.
Es ist kaum zu bezweifeln, dass die mundart der slavenapostel
in den bereich dieses südostmacedonischen dialectes fiel. Ob der
letzte zur zeit der entstehung des slavischen schriftthums weiter
nach Westen und bis nach Thessalonich reichte, oder ob er den
beiden brüdern aus anderen Ursachen geläufig war, bleibt vor-
läufig dahingestellt, ist auch von keinem belang. So weit mit
der geographischen fixirung des Altelovenischen. Wer heute ein
mehr anstrebt, und zwar nicht an der band der dialectischen
lautgeschichte, läuft gefahr, die pfade der Wissenschaft zu ver-
lassen und in der luft zn schweben.
Timonino, den ' : ,. 1900.
2. juh
W. SUchepkin,
Etymologien.
1. In der erklärung von got. auraht „grab, grabstätte^' ist
man bisher über J. Grimm Kl. Schriften II 243 nicht hinaus-
gekommen, dessen gleichstellung von aürahi und tircfus in-
dessen keinen beifall gefunden hat. Sollte aurahi nicht ver-
wandt sein mit lat. Orcus? Wegen der Überlieferung und der
älteren erklärungen dieses namens s. Preller- Jordan Rom.
mythologie 11 62 f.
2. Wie lett. Itdf, nordlit. lyg „bis" zu lit. lygus „gleich, eben*'
verhält sich begrifflich lit. ik), Ik „bis" (ikikdl, iköl „bis dann**,
ikszidl „bisher**, iHdl „bis dahin**, ikmetis, ikmeiingas ,, zeitlich**,
„doczesny**) zu lat. aequus, skr. ^ka „einer**. Den bedeutungen
dieser Wörter ordnet sich auch der gebrauch des lettischen und
preussiscbea verallgemeinernden präfixes ik unter (lett. ikdinas
Etymologien. 167
yytäglich^S ikkatrs „ein jeder'\ ikwtns dass. [lit. ikwisnas bei
Miezinis vennutlich hieraus entlehnt], pr. ikai, ickai „wann,
ob"), und ich trage daher kein bedenken, halt, ild, ik mit ciequfis,
ika etymologisch zu verbinden. Vgl. Bielenstein Lett.
spräche II 104 and wegen des von ihm berücksichtigten lit.
jäcus, äcu8 Brückner Lituslav. Studien I 87.
Andere verwandte von lat. uequtts sind möglicherweise lit.
aikazius (aus aiqg^'tths) „eben, weit, geräumig'', aikszte „ebene
fläche, horizont'^ (bei Bretken „hof*S „dimstis"), vgl. lat. aequor.
Ich halte es indessen für nicht unmöglich, dass diese Wörter
mit äiazkuB (iszkus) „deutlich*' zusammenhängen. Vgl. lit.
laük($s : gr. l^iaaw,
3. Griechisch diaivw „ich benetze" (bildung wie fjtiaivu),
Wurzel meva-) gehört zu dem gleichbedeutenden deia), womit man
längst ahd. zawa „tinctura", zaujan „tingere" verbunden hat.
4. Lit dimsti-s „hof, gut" und „hofraum an den gebäuden"
(so in der Bretkenschen bibelübersetzung II Mos. 27. 9). fem.,
ans d9m'SfO' „haus-stelle" vgl. gr. da^^aq u. s. w. „des hauses
waltend" (J. Schmidt Neutra s. 221 f.) und an. nau-«t „schiff-
schuppen" u. s. w. (ebenda s. 346). Der übertritt von (/»m-sto-
in die t-deklination bedarf in hin blick auf die Utauischen com-
positionsregeln kaum einer orläuterung. Über lit namai, woraus
J. Schmidt eine schwache form von do/Aog folgern will, s. BB.
XXI 303 anm.
5. gr. qfiOQog, q^iegog „leuchtend, glänzend, hell", dann
„fett, strotzend", (piagvvei.' hxftriQvvei (Hesych) aus *(pia9Qd-Sy
vgl. {pai(a)6g „dämmerig", lett gdüchs „hell, klar, leuchtend".
Man brachte den ablaut ai : i; das q> ist aus qnxia- über-
nommen.
6. Ägs. bearcian „bellen", engl, bark, an. berkja „bellen,
poltern, toben" : zem. burg'eti „unfreundlich sein, brummen,
zanken", burghus „brummbart", lett bdrgs „streng, hart, un-
freundlich, unbarmherzig". Anders Zupitza Gutturale s. 160.
Als Wurzel vermute ich bhereg, wozu auch an. braka „pras-
seln, krachen", ahd. prcAt ,ylärm" gehören können.
7. Wörter wie nhd. schenken, bescheiden ^ beschUden, ags.
bryttian mit ihren ganz klaren bedeutungsentwicklungen geben das
recht, lit. Umti „gewähren" (laima lerne saulüzes denät§ Schleicher
Lesebuch s. 8) „bestimmen", lett nü-lenU „bestimmen, verfügen,
urteilen, prüfen" zu asl. lomiti „brechen", apr. limtwei dass.,
168 Brunnhofer Nachtrag.
lett. HnU „ zusammenbrechen ^S gr. vwXefiig „unablässig" zu
stellen, und da hierdurch Ihnti, nü4efnt den ihnen bisher feh-
lenden anschluss in dem lituslavischen sprachenkreis gewinnen,
Unmiti u. 8. w. aber ein litauisches etymon erhalten, und end-
lich Wörter wie limti und limtwei ohne zwingende noth nicht
von einander gerissen werden dürfen, so empfiehlt sich diese
Zusammenstellung in jeder hinsieht. Die ursprüngliche bedeu-
tung von limti mag „(einem ein stück brot) brechen" gewesen
sein. Die besondere beziehung des wertes zu Gott und dem
Schicksal kann durch den anklang an Idima veranlasst sein,
braucht aber keinesfalls ursprünglich in ihm gelegen zu haben.
Vgl. den gebrauch von lit. llktif lett. likt : tatai Diewo likta
Br. P. 97, Ponas Diewas likens ira das. 130.
Dasselbe begriffliche Verhältnis wie Ihnti und limtwei zeigen
skr. bhdjati „austeilen" und bhandkti „brechen", und ich sehe
keinen triftigen grund, dasselbe hier andere zu beurteilen als
dort.
8. Aßl. ob-resti „invenire, acquirere", sü-resti „obviam fieri"
(präs. -r^tq)^ russ. obresti (präs. obritü) „finden, erwerben, an-
eignen, erlangen" : su-resti (prät süreczau) „erwischen, ab-
fassen" (Lit. forschungen s. 163).
9. Griech. oiXvg „weh, Jammer, unglück" aus oi'd/t-g, 6-/tdjv^g
scheint im ablaut zu lett. waidit „wehklagen, klagen, jammern",
waidi „wehklage, jammer, not" zu stehen und hiermit zu
lett. ivai „wehe, ach", got. vai, ahd. as. we, lat. v(ie zu gehören.
A, Bezzenberyer.
Nachtrag.
Bezüglich kämamäta (oben pag. 80) macht Weber bemerk-
lich, dass er in Kuhns Ztschr., bd. VI (1857) pag. 318 eine
w. mii, flechten, nachgewiesen habe, aus n^elcher müta im sinne
des skt. mugdha (w. muh), verwirrt, herrühre.
Berlin. Brunnhofer.
A. Bezzenberger Das litauische futurum. 169
Das litauische faturum.
Mit ausnähme von Ascoli ^) sehen alle, die sich in neuerer
zeit über das dorische futurum geäussert haben, in diesem
etwas von den Griechen gemachtes, oder doch eine bildung,
die erst unter ihnen „futurum^^ geworden sei '). Ascoli da-
gegen hält -Uü) und -a^oi für eine doublette und lässt ihre
Verschiedenheit durch verschiedene betonung bedingt sein.
Auch mir erscheint das dorische futurum als eine alte
bildung, aber nicht etwa, weil sjo- aus aejo- entstanden sein
kann, sondern weil mir genau dieselbe bildung in dem gewöhn-
lichen futurum der litauischen Schriftsprache vorzuliegen scheint.
Wegen der formation und der heutigen flexion dieses
tempus verweise ich auf die grammatiken. Dass beides alt ist,
ergibt sich aus der Übereinstimmung, die der hauptsache nach
Litauisch und Lettisch in dieser hinsieht zeigen, und aus den
älteren litauischen sprachquellen. Moswid, die Forma chrikstima
und Szyrwid bieten übereinstimmend ausschliesslich die heute
regelmässigen finiten fiiturformen. Als belege führe ich an 1) aus
dem katechismus von 1547 (Lit. lett. drucke I): I sing, dasiu
14is; n sing, prieleisi löao, ßinasy 19i, rassy 19«; I plur.
karaliausim 32 ss, busim 32s s; 11. plur. nepapeiksit, pcuiarisü,
btisit, turesit, paßysyt, prisiartysyt 48off-; lU. sing. plur. bus
13i8, 14i79 (^ttnes bi, negatis öe, nares 693, 2) aus der Forma
chrikstima: L plur. bmim 42i6; II. plur. imsU, rassite 3Ö4,
iuresite SSs, darisite 38i6, le; UI. sing. plur. bt48 3Ö4, 426, ras
39s4, 436, aptures 4296, jrattö 43«, negeUxBs 43?, padces 438,
3) aus den Punktay sakimu: I. sing, bilinmu Sse» iszüausisiu
9i; IL sing, htm I618, 3öso; L plur. dcmsime 6O10, priüaime
13486, mustisime 134 le, regiesime 138 18, 1448o; 11. plur. fi-
wisite 614, imsitet rasite 154s8; III. sing. plur. bus I619» 154s,
aiaya, atims 358, atakirs 38i9, sudegim 38ao, regies 4394.
Abgesehen von einer unwesentlichen differenz in der
III. person stimmen mit diesen formen bekanntlich genau über-
1) SprachwissenBchaftliche briefe s. 66 f.
2) Bechtel Gott, nachrichten 1888 s. 402 ff., Brngmann Grundriss
II, 2, B. 1101 , JohansBon De derivatis verbis contract. s. 209, Mahlow
K. Zs. XXVI 586, 0. Meyer Griecb. gram. * s. 618, Solmsen E. Zb.
XXXn .M7.
BtiMg« B. kuida d. indg. ■piMhtB. XXVI. 12
170 A. Bezzenberger
ein die präsensformen der meisten litauischen verba, deren in-
finitivstamm auf e ausgeht und deren präsens, um mit Schleicher
zu reden, „mittels j gebildet ist'* — und zwar nur diese; also
z. b. myUti, I. sing. präs. myliu, I. plur. präs. mylime. Auch
diese Übereinstimmung zeigen bereits die ältesten litauischen
texte. So der katechismus von 1547: I. sing, tihiu II17, 12t,
7, 9, 11; II. sing, galt 61s, nary löa9; I. plur. apturim 24io»
iikim 249, ä2i, it, is (auch in dem neu gefundenen Moswidschen
text); II. plur. turü 5 91, 7i, regit bt%\ III. sing. plur. nar
butii*i tur öa» 10, tik 1389,86 = tijk 187, mijl 16i9f., negai
099 *- negal le (daneben stawi, stawij IÖ9«). Ebenso die
Forma chrikstima : I. sing, tikiu 3688 , 376 , s , noru (ungenau
geschrieben) 37 10; II. sing, tiki 3689, 88, 37«, nori 379; I. plur.
ttMrim 339» 3691, 3799, 40i, girdim 33i8, 349, negalim 3699;
II. plur. turäe 3497, neturit 38 17, 94, 4091 ; HI. sing. plur. iur
339,16, 36i9, 387, 3998, negäl 43 1, reg 43i9 (daneben netiki
438). Vgl. unten s. 177 anm. 1. — Da die zu dieser gruppe
gehörigen verba auf -w-eti (z. b. aw'i^i, stow'4t%) in der I. sing,
präs. auf -wm endigen, wie auAüy stöwiu, dagegen yerba, die
im infinitiv auf -au-ti ausgehen und deren präsens gleichfalls
mit j gebildet ist, in derselben form die endung -auju haben,
wie keliduti : kdiduju ^) (aber I. sing, prät keliawaü) , so ist
hieraus geschlossen, dass in z. b. awiü und keliduju verschie-
dene bildungen vorliegen, dass dort ursprünglich ein hiatus
bestand, und dass z. b. awiü ehemals awiju, oder vielmehr —
worauf das nichtpräsentische e hinweist — aweju (avSjö) ge-
lautet habe (J. Schmidt K. Zs. XXI 28öf.; Gott. gel. anzeigen
1879 s. 919 anm.; Wiedemann Handbuch der lit. spräche s. 31).
Diese aufstellung hat zwar nicht allgemeine anerkennung
gefunden, ist aber nur von einem ihrer gegner, von Brugmann,
in einer weise behandelt, die eine präcise erwiderung zulässt ^).
Nach Brugmann Grundriss II, 2 s. 1063 ff. gehören lit.
verba wie awiti : awiSH zu einer classe von verben, „bei denen
dem 'iO' [des präsens] ein -^- zur seite steht^^; dies -jb- „stehe
1) In prateritis wie griöwiau ist das nach tc stehende t bekanntlich
etwas ganz anderes als das t von awiü (dort tau =s eu). — Beiläufig be-
merke ich, dass in föUen wie griduti : griöwiau das iau der wurselsilbe
für tau steht (dagegen g4kiii : gatoo),
2) Vgl. Johansson a. a. o. s. 191, Streitberg PBB. XIY 225, Ur-
germ. grammatik s. 302, Berneoker Indogerroan. forschungen YIII 197.
Das litauische futarum. 171
im Baltisch-Slavischen regelmässig im ablaut mit 4-''. Dem w
von awiü u. s. w. misst er keine bedeutung bei: „Für ältere
zweisilbigkeit der suffixform -io- sind aviü araviü .... u. dgl.
darum nicht beweisend, weil sie durch die personen mit stamm
(W-^, srav-i' veranlasst sein können^^ (s. 1081).
Da lit kraüjaa, naüj(M ss skr. kravya, ndvya sind, so hätte,
wenn Brogmann im recht wäre, an stelle von aioiü früher
^aujü stehen müssen. Hiervon liegt aber awiü zwar nicht nach
der zahl der laute, wohl aber nach der ausspräche so weit ab,
dass Brugmanns Vermutung über die entstehung von awiü sehr
unglaubhaft ist und nur dann als maassgebender einwand be^
trachtet werden könnte, wenn er nachweisen würde, dass eine
flexion *aujü — auA, äwite dem litauischen obre jemals anstössig
gewesen wäre. Dies ist aber so wenig zuzugeben, dass diese
Vermutung für mich aus der behandlung von avciü u. s. w. ganz
ausscheidet, obgleich ich, wie sich weiterhin zeigen wird, für
ätoime selbst eine Stammübertragung annehme %
Noch grösseres gewicht als hierauf lege ich aber auf an-
deres. Streitberg PBB. XIV 225 meint in bezug auf die frag-
lichen verba allerdings: „den infinitivstamm auf e, den das
Baltisch-Slavische besitzt, können wir bei seite lassen, da es
sich nur um die präsensflexion handelt'^ Unzweifelhaft darf
man die Sache aber auch anders ansehen (vgl Bartholomae
Studien z. indogerm. Sprachgeschichte II 150), und Streitberg
wird weder leugnen, dass man grundsätzlich immer versuchen
muss, die verschiedenen stamme eines verbs zu vereinigen, noch
dass in der regel ein nicht-präsentischer stamm auf ^ einen
präsens-stamm auf -e- oder -eje- zur seite hat. Da -e- in un-
serem falle nicht in betracht kommt, und die annähme eines
Überganges von -eje- in -ie- unbedenklich erscheint, so könnte
man es freilich unter systematischem gesichtspunkt für nicht
viel mehr als einen streit um des kaisers bart halten, ob awiü
— awUi auf aveje- — at«- oder auf avie- — ave* beruht.
Allein die annähme einer verbalklasse der letzteren art steht
1) Beiläufig sei bemerkt, daas präsentische pluralformen mit t vor
den personalenduDgen im Preassischen und Lettischen stark gewuchert
haben (pr. pogaunimai^ kirdimm : dinkauunai; lett. fimm, rtdfim :
l>rä^'fn), im Litauischen dagegen aus berechtigten stellen verdrangt
sind (gdunam; kenezA, kenM — keHenam), und dass, soweit sie sich
ausgebreitet haben, dies nur in der bescheidensten weise geschehen ist.
12*
172 A. Bezzenberger
auf thönernen fassen. Manches, was Brugmann für sie geltend
macht, begründet sie nicht; so ahd. doUm (Grundriss IIj 2,
s. 1064), das nicht zu lit tyl'M (präs. tyliü) gehören, sondern
seinem stamme nach mit griech. raXai- (Fick Gott. gel. an-
zeigen 1883 8. 587) identisch sein wird (vgl. ahd. siomen :
lat. consternari ^) J. Schmidt Festgruss an Roth s. 185). In
anderen fällen erscheint in der tat neben präsentischem io (Jo)
nicht -präsentisches S, z. b. fjtaivio^ l-fiai^y, fiefidvtii^ai. Da
aber, wie Brugmann nicht unerwähnt gelassen hat, neben fiaivuf
lit. menü (inf. min&i) und neben (x^fiavtniai /ae/atjva steht, so
lässt sich in diesen fällen ebenso wenig ein unmittelbarer Zu-
sammenhang zwischen präsens- und nichtpräsensstamm be-
haupten, wie z. b. bei ßlantia — ißldßrjVy ßlaßijaofiai. Ein
solcher Zusammenhang liegt aber — und dies ist für mich aus-
schlaggebend — bei awiü, äwime, aw'Sti oder girdzü, girdime,
girdeti klar am tage; eine form bedingt die andere: ständen
awiü, girdzü nicht neben aw'iti, girdlSti, hätten diese nicht jene
zur Seite, so kämen ämme^ girdime und awiü nicht Tor. Folg-
lich steckt in amü — awUi eine konjugation, in welcher das
präsens unbedingt einen nichtpräsens-stamm auf e erfordert,
und als solche kennen wir mit Sicherheit ausschliesslich die von
z. b. q>il€(o, — Übrigens gehört, wie schon erwähnt wurde, trotz
hent&i zu kenczü keüczam (vgl. Schleicher Gram. s. 245), zu
reikUi reikia (reykiamu, reykia Punktay sakimu 142i, 135i7).
Warum sieht Brugmann nicht hierin, sondern in awiü, äwime
— awiti die Vertretung von fiaivo/Äat iiddvfiv?
Endlich fehlt vollends der nach weis einer indogermanischen
konjugations-klasse mit io(joJ : F im präsens- und e im nicht-
präsens-stamm. Brugmann vermutet sie bloss (Grundriss II, 2,
s. 1057, 1063 f.) und stützt diese Vermutung lediglich auf das
zeugniss unserer litauischen verba und der ihnen entsprechenden
altslavischen wie smrtzdq : smrbdiäi — srnndM (lit. smlrdzu :
smlrditne — smirdeti). Andere werden dagegen meinen, dass
die Vereinzelung dieser konjugationsweise sehr vernehmlich für
ihre unursprünglichkeit zeuge. — Der unterschied zwischen
aslav. smndi' und lit. smirdt- scheint mir für die beurteilung
1) Skr. janati führe ich nicht auf gen^mUt (vgl. Hirt Ablaut 8. 98),
Bondem jani^nthii (zen9nai4i) zurück, indem ich (wie in vielen anderen
fällen) nicht in- sondern suffigierang von nä{i) annehme. — Ebenso scheint
Bmgmann a. a. o. s. 973 jSnati aufzufassen.
Das litauische futurum. 173
des letzteren bedeutungslos zu sein (vgl. Wiedemann Lit. Prä-
teritum s. 168). Mit lat. capis — atuiis hängt er sicher nicht
zusammen (vgl. vielmehr die litauischen präsentia auf -;u und -yju).
Die zurückführung von awiü auf *avejö (genauer: avSjö) ist
also durch Brugmann nicht erschüttert. Dagegen ist sie (was Brug-
mann nicht zu bestreiten scheint) lautlich zulässig ^), gibt zugleich
die einzig denkbare lautliche erklärung von atviüy dewiü, sramü,
alöwiu, ist femer aus systematischen gründen geboten und be-
deutet endlich insofern einen erheblichen vorteil für die litaui-
sche grammatik, als sie ihr eine grosse, alte verbalklasse (griech.
q>il€w^ qtiXiqaw u. s. w.) fast unberührt erhält, die ihr sonst
fehlen würde. Brugmann lässt dieselbe, ohne dass ich das
warum einsehen könnte, durch die verba auf -ai4- infin. -yti *)
verdrängt sein und sieht allein in wejü (infin. wyti) ein präsens
auf -ejöf indem er es in ^-^io zerlegt (Grundriss II, 2, s. 1142 ff.).
Wäre dies richtig, so würde es die herleitung von awiü u. s. w.
aus avijö u. s. w. doch nicht widerlegen, weil die behand-
lung einer zweisilbigen form nicht den maasstab für die beur-
teilnng einer dreisilbigen abgeben kann *). Aber der etymologische
Zusammenhang, in dem wejü steht (vgl. Leskien Ablaut der
Wurzelsilben s. 288 und ausserdem skr. vdyati : vavau, uia,
gr. 6&6vriy urkelt. vedo Stokes Urkelt. Sprachschatz s. 269,
1) Obgleich die betonung der singalarformen awiü^ girdsni, at^,
girdi ihr nicht eDtsprichi Da nämlich 1} z. b. die II. plur. präs. äwitej
gudite wegen der geschleiften betonung der Wurzelsilbe nicht auf * ave-
jiUy *girdej^ beruhen können (BB XXI 295) und also beweisen, dass
z. b. ^avejd betont war wie ai. patdyat und 2) in iniinitiven wie w&fst*
(reflex. werHes) aus *V0riUje (vgl. ai. istäye, vPUdye^ Bütdyt) keine Ver-
schiebung des hochtons auf die gestossene endsilbe stattgefunden hat
(vgl. II. sing. präs. u>«rÜ)y weil solche formen früher dreisilbig waren
{*pef8tej'e), so sind für z. b. *av6jö^ *g%rdijd nicht awiü^ yirdzü, sondern
*ämuj ^gtfdeu zu erwarten. Da aber in der I. und II. sing, litauischer
zweisilbiger prftsensstämme mit geschleifter (wefeza-) oder neutraler
{sitka-) betonung der hochton sonst immer auf der endung ruht, so lag
die Verwandlung von *dwiu in auriü so nahe, dass die betonung dieser
form ihrer herleitung aus *av6fi nicht ernstlich widerspricht.
2) Dieselben scheinen mir durch J. Schmidt Festgruss an Roth
8. 184 im wesentlichen erledigt zu sein.
3) Dass in a&e/l, ahejoa (skr. ubhdyä) das e erhalten ist, wird durch
die analogie von dwejlf trefl bewirkt sein, deren « durch dwejoa, trejos
gehalten wurde (dwejl, tr&ft [skr. dvayä, trayd] wären sonst zu duü, M
geworden).
174 A. Bezzenberger
lit äusti u. 8. w.), erweist Brugmanns erkläruDg dieser form
als irrig.
Besteht nun aber die erklärung von atviü durch av4jö zu
recht, so ist, wenn nicht ein zufall angenommen werden soll,
die äexion des futurums atcSsiu ganz ebenso zu erklären, wie
die mit ihr übereinstimmende von atoiü, so entspricht das nor-
male litauische futurum dem futurum doricum» so ist {aw'S-)8iu
die genaue litauische wiedergäbe von (ix7rQaX')ai{o,
Wenn J. Schmidt Pluralbildungen s. 424 ff. diese Schlüsse
nicht gezogen hat, so kommt das wohl nur daher, dass er in
nordlitauischen formen wie süksiam die einzig echten litauischen
futurformen sieht. Diese sind aber gleich den lettischen auf
'Säm, 'Sam (Lett. dialektstudien s. 164) und den nordlitauischen
auf -^am (z. b. säksam BB. VIII 106 f.) von derselben herkunft
wie die formen auf -sim (vgl. Kurschat Gram. § 1165). Den
schlagenden beweis hierfür bietet Dowkonts zemaitische gram-
matik, indem sie an stelle aller verbalen endungen -im, ^ü
die endungen -em, ^et vorschreibt; also: müem „amamus'S
müet; tnüiesem, milieaet; fnüiekem, müieket (ebenso müemas
part. präs. pas.); butumem, butumet ^) (Prasmi^ s. 97 ff.). Da
ferner der zuweilen vorkommende optativische gebrauch des
litauischen futurums ebensowenig die optativform desselben be-
weist, wie dieselbe anwendung des griechischen futurums dies
zu einem optativ macht, so fehlt jeder äussere anlass , formen
wie dü'sim mit J. Schmidt für optat aor. zu erklären (aus
*dü8lm, vgl. skr. di^mdhi). Allein auch sonst ist diese er-
klärung zu beanstanden. Ich will nicht gegen sie einwenden,
dass das nebeneinander von -sim und -dm im Lettischen (Lett.
dialektstudien s. 164) jenem einen ausgeprägten indikativ-
charakter gibt, denn hier könnte der schein trügen. Aber ich
muss gegen sie geltend machen, dass sie der Wahrscheinlichkeit
gar zu wenig rechnung trägt, insofern der sigmatische aorist*
1) Hiemeben bietet Dowkont als I. dual, btuiau^ huiumiau, was für
Inuiawa, btUumünaa steht and zum überflass beweist, dass miliesem,
hutumem for mt^Matam , btUumiam eiDgetreten sind. Aach das Nord-
litauische hat im optativ die endung^en -mem, -met (0(t)<timem, a{%)tufn0t
and demgemäss II. dual. a{%)UimM *» -tumetau bei Dowkont). — Rag-
niter formen wie hutumem ^ btUumet (Schleicher Leseb. s. 214, 280, 288;
hfüwnit Mitteil, der lit. litter. gesellschaft I 86) sind aus der II. sing,
auf "iumei {^veikiumei Schleicher Leseb. s. 238) gefolgert.
Das litauische futurum. 175
bis auf einen kümmerlichen rest (die Dowkontschen formen auf
'Sai Geitler Lit stud. s. 60, preuss. boasai) in den baltischen
sprachen sonst verschwunden ist, dieser rest aber auch aus
dem Optativ stammt und anders, als dü'sime, gebildet ist. Wie
könnte es da wahrscheinlich sein, dass ein zweiter optativ des
s-aorists in demselben Sprachgebiet zu einem lebendigen tempus
hätte werden können. Endlich habe ich mit Brugmann a. a. o.
8. 1101 anm. einzuwenden, dass „idg. -f- im Lit lang geblieben
wäre'* ^). Wollte man sich dem gegenüber auf die optativ-
endungen -bime, -bite berufen, welche J. Schmidt K. Zs. XXIV
305 für optativformen von bUi „fuit*' erklärt (ohne sich indessen
über die entstehung ihres t deutlich auszusprechen), so würde
man hiermit nichts erreichen, denn eine lautliche Verkürzung
von % kann auch hier nicht stattgefunden haben'), und die
richtigkeit dieser erklärung ist nichts weniger als ausgemacht.
J. Schmidt hat sich zu ihr durch den gegensatz süktum^ei
(IL sing.) — 9iMum4>ime etc. bestimmen lassen; aber in den
ältesten litauischen texten fehlt derselbe (dotunUri, saugatumbi,
laildtufnbi Z. geschichte d. lit. spräche s. 213, schtp^umbi
Lit. lett. drucke I lOtt, butumbi das. 17u, negautumbi das. 3438,
neaplestumbi das. 36», walgitumbim, giertufnbim das. 13i7, bu*
tumbim das. Idss« iwhmaktumbym, tikietumbim das. 208, 9, gin-
tumbintj giwentumbtmy tarnautumbim, nesektutnbim das. 23ssffM
prieynUumbi, gedotunUnt üelichowski M. Mosswida Waitkuna
przeklad litewski u. s. w., Poznan 1897 *), pamsdetufnbi, apdowa/no»
1) Das von Dowkont mit Vorliebe gebrauchte suffix, von dem
Geitler Lit. stndien s. 76 spricht, enthält nicht langes i, sondern einen
auf « beruhenden laut. Es ist also als -sinM anzusetzen. Vgl. Beitrage
z. geschichte der lit. spräche s. 109 anm., Gott. gel. anz. 1885 s. 911
anm. und husena^ etssna in Miezinis' Wörterbuch.
2) Das Y von bit beurteile ich wie Wiedemann Lit. präteritnm s. 141,
obgleich ich an der kürze des inneren % von hUi nicht zweifle (P. F. Ruhig
Anfangsgründe der lit. grammatik s. 78 and Phil. Ruhig Betrachtung
der lit. spräche s. 62 schreiben bitti). Die kürze wird ans hü in Inti einge-
drungen sein. Vielleicht ist hiti überhaupt jünger als bil^ und dies steht
für hUö (IIL sg. med.). — Das bei Dowkont für hüh vorkommende 6t (dijwas
zino kijno jautej, bi m%no werszej Dajnes s. 166} legt es nahe, auch hüi^
lett. hü auf hi : hü „sein" zu beziehen. Aber ich glaube doch, dass mit
Brückner Lituslav. Studien I 72 in hiU^ hü das poln. hyU zu sehen ist.
S) In der II. plur. opt. folgt Moswid im katechismus der flexion
der prüsens-stämme auf-to- : iaekmaktunÜHi^ atmitiiumhtit Lit, lett. drucke
176 A. Bezzenberger
ttsmbi, pttstiprintumbi Lit. lett. drucke 11 3öts, si, apsaugatumbi,
palatkUumbi das. 37 ss» gaututfibim das. SSe, turetumbim 346,
stuszitumbim das. 41it), und -ftet kanu daher nicht als ein sicherer
fuhrer gelten, sondern eine der zahlreichen neubildungen des
lit Optativs sein ^). Sind überhaupt in diesen endungen selb-
ständige verbalformen zu erkennen? Die alten lettischen formen
sarrgahtubam *), sarrgahtubaJU (Bielenstein Lett. spräche II 160),
verglichen mit Ididiba (ebenda s. 372; vgl. lit. haczeibigi Z. ge-
schichte d. lit. spräche s. 267) weisen auf einen anderen weg.
Ich halte also lit. sfiksime, süksite t&r echte futurformen
und siJcsiam u. s. w. für nebenformen derselben (über ihr Ver-
hältnis s. w. u.). Aber ich gehe noch weiter, indem ich auch formen
wie dü'sme an das gewöhnliche futurum anschliesse (vgl. Schleicher
Gram. s. 227, Bechtel Lit. lett drucke lU s. LXXXVII,
Wiedemann Handbuch s. 120). J. Schmidt a. a. o. wendet
hiergegen ein: „So wenig wie gedimes sein t verliert, konnte
dü'sime zu dü'sme werden^^ Die möglichkeit dieses Verlustes
ist indessen nicht nur nicht zu bestreiten (vgl. die imperativ-
formen mokiktes, wcdgikt u. s. w. Z. geschichte d. lit spräche
s. 221), sondern ist in formen wie g&limes höchst wahrschein-
lich vorgekommen. Wie Schleicher bemerkt hat (Gram. s. 246)
sind „gerade in dieser classe [gMhüa, atciü u. s. w.] die alten
formen auf -mi sehr häufig^'. Er schliesst hieraus, dass die
betr. verba „stammverba'' sein. Da sie dies aber, wie J. Schmidt
selbst zuerst erkannt hat (K. Zs. XXI 285), nicht sind, muss
I 18,0} preinUumhet 18asf fniUiumbßiese 16,. Ebenso überhaupt im plural
imperat. (imkiet 4ie» eiküt 35], prileiskiet So,, tarikiem 21 jy n. s. w., bukem,
dukM^j ffarbink&my penoeraket in dem von Gelichowski veröffentlichten
text) — nicht aber im futurum und in den prasentien wie girdgä (vgl. oben
8. 169 f., unten 8. 181 anm. 1). Die Forma chrikst. unterscheidet sich hier-
von indem sie auch in der II. plur. opt. -t- zeigt: prieifntumbiUf apäumo*
iumhiU ^A^y neczedüumbüe ^ waditumbü, wettufMt A0^,„ (dagegen:
klauaikmne 889, mehkemoai din, 87 m, 41«» paklausücem 40,, dSJum^gar»
binkem^ laufmnkem^ dekawok&m 4^iff„ leiaket ^B^ 40,o, nsdremsket SS^
40ii, praaekiket, esehkokei, tunakenket Sö«, bilok^t 86}, buket,pildiket 42 1,, „).
1) -t als endung des II. sing. opt. zeigen auch die heutigen formen
itin^tumi (Kursohat Gram. § 1 168), iszlt(i)iumif reflex. btji'tumya (Prökuls).
2) Die „Dispositio" bietet eaUubem, eaUubei u. s. w. (Königsberger
Studien I 198). — Es ist wohl nicht von bedeutung, aber immerhin zu be-
merken, dass lett. büaehu nicht nur I. sing. fut. ist, sondern auch die
lautliche Vertretung von lit. btietc , buezau (I. opt.) sein kann.
Das litauische futurum. 177
z. b. siötemi aus der flexion von st6mu erwachsen sein, und
ich weiss nicht, wie dies andere hätte geschehen können, als
dass siöwime, stöwite u. s. w. zu *8t6wine, *8tötote wurden und
dadurch das präsens von stow'M in die mi-konjugation über-
führten. — Allein bei der beurteilung des Verhältnisses von
dü'ame zu dü'sime kann die lautlehre ganz aus dem spiel bleiben,
da dü'sme eine aus dem gewöhnlichen futurum erwachsene
neubildang sein kann, und zwar eine neubildung auf grund
der ni. dü's. Ich verzeichne einige analoge fälle.
1) eüü u. s. w.: eÜ BB. IX 334.
2) tdskite u. s. w., gebildet aus veZ'd(f)-ki u. s.*w. Prusik
K. Zs. XXXm 157 f.
3) zin6tüJt aus zindtü (J. Schmidt bei Wiedemann Hand-
buch s. 112); ebenso n^sztuwa (Kurschat Gram. § 1158), gdlX-
tuica (Mitteil. d. lit. litter. gesellschaft I 84) aus nisztü, gät&ü.
4) zindfuumu (Kurschat Gram. § 1159; der ausspräche
nach -tuuMu) für zinötumiau (oben s. 174 anm. 1; vgl. ikiau
Kurschat a. a. o., bukiau Prasm% s. 60) im anschluss an zinoiü
(für zifMuW'iau).
Zweifelhaft ist folgender fall. Szyrwid bietet in den Punk-
tay sakimn als endung der L plur. optat. 4ume (darüume,
turetume, eytume galetume, btUume, med. iynJäumes, wadintumes
LLD. IV 8i, 32i9y 33t, 649, 144$!) neben 4umite (nicht 4umet
Schleicher Gram. s. 229) in der IL plur. {tikietumite , kintetu-
mite, etfiumite, izibtumüe ebenda 2l8, 3288, 147s7), -tumei in
der II. sing, (buiumey ebenda 738i, ieytumey 985) und 4u in der
IIL (gayietu, gaktUj butu ebenda 998, 136, 348o)- -turne kann von
letzterem {4u) aus gebildet, kann aber auch durch die aus-
stossung von "im- vor -m«- (Z. geschichte der lit. spräche s. 91)
aus 4umime entstanden sein.
Die möglichkeit des hervorgehens von dü'sme, dü'ewa aus
dü's und der futurcharakter dieser formen ist daher nicht zu
bestreiten — es sei denn, dass man d^s selbst dem futurum
abspenstig machen will. Dies liegt nahe, denn es ist zweifellos
sehr merkwürdig, dass selbst die mundarten, welche ein
türi, gvli (III. präs.) erhalten haben, ein düsi (III. fut.) an
sich nicht kennen ^). Da aber die III. fut. im medium auf
1) So die ninndart Szyrwids. Unter verweisang auf &t», aiayB u. s. w.
oben 8. 169 hebe ich ans den Punktay sakimn hervor: I. plnr. präs. re-
gime llj, 21,,, 144,, turitM 29,1, 148,«, 144^^; II. plnr. Howüe ISö^^ff.,
178 A. Bezzenberger
-n-s ^) endigt, so ergiebt sieb bierans, dass d§s tnabar Mtti gebuitet
bat ') und nicbt eine injonktaYform des sigmatiscben aoiists ist.
J. Scbmidt hat die eben erledigten formen nicbt in's feld
gefnbrt, macbt dafür aber geltend, dass „die formen anf -sime
und -rnne nicbt dorcbw^ yerschiedenen dialekten angebören'S
und dass in einer erzablung aas Kakscben formen anf -siie und
.«fe darcbeinander gebrancbt sind, „sonst aber in ibr kein ein-
ziges unbetontes i anterdrnckt ist*\ Da aber z. b. infinitiTC
auf -tB, 4i und -4 (so z. b. in Godlewa und im Ragniter dialekt),
oder die IIL optat. buiü und bit (z. b. im Ragniter dialekt,
▼gl. die Jurkscbatscben märcben) mnndartlicb neben einander
Torkommen, da Scbleichers gewäbrsmann Kumutat hütumj pa^
rödytai und fvefUumei gebrancbt bat (Lesebucb s. 194, 238), so
widerspricbt das unmittelbare nebeneinander von d&'sime und
dÜsme meiner erUärung von dü'sme nicbt, und ebenso wenig
tut dies die andere eben angeführte beobachtung J. Schmidts.
Ein Ton Jurkschat aufgezeichnetes märcben aus Galbrasten
(Mitteil. d. lit litter. gesellschafb I 83) zeigt die längeren und
kürzeren futurformen auch neben einander {bandyswaj lipshca
u. s. w.) und bietet ausserdem die starke Verkürzung trinktäk
(von iHnkteliti, sonst trlnktereti). Endlich begegnet für Jcüines,
das J. Schmidt aus dem erwähnten Kakscher märchen anfuhrt,
sonst oft genug kilnds (ebenso dyumas für dywinas, doch ist
letzteres jünger), und das wort für „teufeP' scheint Kumutat
nur in der synkopierten form wünies gebraucht zu haben.
»edüe 135m ; pari. pr&s. pas. regimat Ib^, neregimos 15»; III. Bing. plor.
prii8. turi 9^, 28«, 26,tf miU U^, priguU 14„, 17,,, iüi SSj«, girdi^ regt
43m» M9 regisi 114m, ^^g*^ • • • ^^g^ 79,, galt 24] s, 138,3 (daneben gtd
116,, negid 15,, 16,,, worin aber das weiche / zu beachten ist).
1) desiß Panktay sakimn Sn, kieUis das. 9,, papiktmtis das. 18^1
rupiniis das. 26,.
2) Man berücksichtige hierbei ausser tur, gal u. s. w. und regi-ti ,'
regi-$ s. 177 f. anm. z. b. die behandlung der präsentischen endnng -^t und
der imperativendun^: -ki. Ich gebe hierfür folgende belege 1) aus der
Sprache Moswids: do$U Lit lett. drucke I Ide, etii das., lOi,, II5, 13s4,
prade$ty$e das. 9,5 — dott das. 13,, eai das. 13|o; fttiA:* das. 12|,, tureki^
negimki n. s. w. das. lOtsff* — oteik das. 12,,, dok das. 28,i, noeykitdci
ir gMek, sussimilk ant mtuau wieschpatie, sustimilki im Celichowskischen
text, 2) aas den Punktay sakimu: duotti 26^. 28ii, iid^osti 16„, etii
2I141 26,0, deHü 11„ 16|i — aiaduoal 15„, nuMe$i 17,, 134^, pritiegi
U„f ineyt 21i, (aber alk&taj trokixia 15i,i megiia Ui,).
Das litauische futurum. 179
Dürfen hiemach dü'sim, dü'siam und dtCsme als echte
futurformen und sprösslinge eines und desselben Stammes
(dösejfh) gelten, so ist es nichts weniger als wahrscheinlich,
dass zwischen ostlit. büstas (<— nordlit. büaas — büsiqs Univer-
sitas linguarum Lituaniae s. 30) und schriftl. büs§8 ein wesent-
licher unterschied bestehe, dass jenes „wirkliches part. fut.^S
dieses aber „part. des aoriststammes büS"** sei (J. Schmidt a. a. o.
8. 426). bus^ scheint mir vielmehr für biMiqs zu stehen ^) und
mit büsius identisch zu sein. Die lautliche rechtfertigung dieser
ansieht geben z. b. die von Moswid (der durchaus nicht „nieder-
litauisch'' geschrieben hat) gebrauchten formen Heidenezias
Ldt lett. drucke I 63, kUidenezius das. 25 19, gieidenezius das.
22«, 27s9y gieidenczias das. 248s, gUidenM das. 26s9, aüeidemj
gieidem das. 235, e, kientenczius das. 28 17, mMenczius das.
31 9t , verglichen mit aieyses in dem Celichowskischen text (vgl.
aieisenii Forma chrikstima 3öief.)> di® zugleich paiauczem,
mddzem Lit. lett drucke II 348, se, 37 n, wefczqs (J. Schmidt
K. Zs. XXVI 382) u. s. w. als neubildungen erscheinen lassen.
busius ist der nom. sg. masc. fut act. Szyrwids (Lit. lett
drucke IV 35 le, Dictionarium anter przußfy); von gleicher art
und zugleich die einzigen partic. fut. -formen, die ich ausser
busius in den Szyrwid'schen texten gefunden habe, sind der
nom. pl. bf4siu und der acc. sing, numirsiunti Lit. lett. drucke
IV 107io, 51s8. Hält man neben diese formen Szyrwids flexion.
des finiten futurums (oben s. 169) und die äemaitischen partic.
fut. bmint, businti, basenti (Prasm% s. 62), so liegt der verdacht
nahe, dass sie nach dem vorbild von z. b. szaukiuncio,g%eydtiun6iu
Lit. lett. drucke IV 33i8, 6O18 (III. präs. szaükia, geldzia) neu
gebildet seien, und dieser verdacht scheint durch turiunti das. 42ie
bestätigt zu werden. Allein diese form ist zu verwerfen, denn
Szyrwid braucht, soweit ich sehe, sonst niemals 'iunt- statt
des participialen Stammausganges 'int-, und seine spräche zeigt
1) Hierauf weist auch das particip fut. pas. Nach Schleicher Gram.
8. 98 und Mielcke Anfangsgründe (1800) s. 96 endigt es auf -atma-«, da-
gegen nach Ruhig Anfangsgründe (1747) s. 77 auf -aema-i, und eben diesen
ausgang bieten die ältesten mir bekannten belege dieser form (Beiträge
z. geschichte der lit. spräche s. 227). £r setzt gleich lett. -seham (Bielen-
stein Lett. spr. II 190 anro.) den futurstamm auf -ata- voraus, und es
scheint, dass -sefna-s fast erst vor unseren äugen unter dem eiuflusq
vQn 'Snne so •mnio*« geworden sei.
I8t> A. Bezzenberger
Die ia fiir den stammcharakter i finiter verbalformen. Ich gebe
hierfiir unter hJnweis auf oben 8. 169 (futurum), s- 177 (■tumüe')
und 8. 177 anm. folgende belege (wenn nicbt anderes angegeben
ist, aus den Punktay sakimn): iuris 76ja, 148ii (ebenso Dic-
tionarium unter bez Üölä and bezprzygdvntf), turin6iu 77ia,
iurititiemus 145ii, turinSios 68i«, wwaregU 8ii, regindio 135«,
icisagalis 9ii, 73ip, per<falin6iam Tiae, wisagalindiami löSis.
ttorint 14s, 142ii; autraukikime 152ii, äuokite, berkUe, barüi-
kite 145«, imkite 14ötB. — Diese formen ergeben aber nicht
nur die dialektwidngkeit des angeführten turiunti, sondern
zeigen zugleich die unznlässigkeit der zarUckfiihrnng von busiua
auf busint- und beweisen überhaupt, dass busius seinem stamme
nach eine ursprüngliche bildung ist
Hatte ich nun recht, silksime und niksiam zusammenzu-
fassen und beide formen auf einen futurstamm suksejo- zurück-
zuführen, so muss — da biisius von büsiam, sük^m nicht ge-
trennt werden kann — auch bütius auf einem fnturstamm auf
■sejo- beruhen, und zwar unmittelbar, ohne umwege. Dies wäre
aber unmöglich, veno Wiedemann (Handbuch s. 31, 123) darin
vollkommen recht hätte, dass aus eje, ejo in nicht wurzelhafter
silbe im Litauischen i geworden sei. Ich erkenne dies teilweise
an, weil die meines erachtens einzig richtige beurteilung der
verba sramil : sratcäi hierzu nötigt, aber ich muss andrerseits
aus biisius die unvermeidliche konsequenz ziehen, und kann
daher nur annehmen, dass in der ange^benen stellang eje zu t,
eja dagegen /u in »ui-ili'. !):i^ i-iiiiiigi;, was sich in saclilicber
beziehung hiergegen eiuwendui] Itisat, sind die tonnen srAicime,
g'editne u. 8. w. (I. plur. präs.). Sie erledigen sich aber durch
die annähme, dass in der präsens- und futur-Hexion von i. tk
srawäi ausgleichungen stuttgef linden
srätoiame u. s. w.), und diese annähme wird i
biisius an die band gegeben, sondern nueh dui
heiten mylitn — tni'/lium, süksitn —
gefälliger aussehen, wenn man sie ii
Paradigma, als wenn man die einen,
formen durch äussere einmis
nehme also an, dass früher tlekJi
srawiü (aus srnwe.iö)
«ratoi (aus snr
«rSww (aus srawig^
Das litauische fatarum. 181
sräwiame (aus srawejamö) sraw&iame (aus sraw^ejamö)
sräwite (aus srawejetö) srawesäe (aus srai^ösejetö).
Dieser fiexion entsprechen büsius, ateyses vollkommen; es
widersprechen ihr aber die ihnen zur seite stehenden partic.
präs. auf -ifU- wie türfs i), die also notwendigerweise neubil-
dungen sein müssen. Die erklärung dieses gegensatzes wird in
der grösseren Seltenheit des partic. futuri zu finden sein, von
der man sich durch meine anfuhrungen aus den Moswidschen
texten und den Punktay sakimu bereits überzeugt haben wird.
Man wird niemanden widerlegen können, der türint- für
eine lediglich durch turüe^ turi veranlasste Umbildung von
turiant' hält; scheinen doch auch türime, tun lediglich durch
diese an ihre stelle gebracht zu sein. Aber, wie ich glaube,
ist bei türint noch etwas anderes in betracht zu ziehen, und
dies ist indirekt auch für die entstehung von türime, tdri be-
deutungsvoll gewesen, denn es ist nicht wohl zu verstehen, dass
türite, turüa, turi ohne äussere Unterstützung ein übergewicht über
türiame, *türia, turiant- gewonnen haben sollten. Ich meine die
ursprüngliche stammabstufende deklination der -n^-stämme. In
hinblick auf sie ist anzunehmen, dass in der flexion des parti-
cips z. b. der prasentia turiü, penü ehemals die stamme turiant^
und iuri(fynt-, penant- und penint- neben einander vorkamen.
penint' wurde aufgegeben, da es von der sonstigen präsensflexion
von peniti zu sehr abstach, turint- dagegen fand an turi, türite
und türita einen halt und hob zugleich ihre Stellung. Das
ergebniss dieser Verbindung hat sich oben bereits gezeigt; in
einem teile des litauischen Sprachgebietes wurden tiiriame, tt^-
riawGj türia, türiani- durch tiirime u. s. w. ersetzt, während
sie in dem anderen — unterstützt durch die Zweideutigkeit von
turiu, vgl. ariü : äriame — tiiriie, türita, türint- sich annäherten *).
1) Moswid braucht roerkwürdigerweiBe tikienenami Lit. lett. drucke
I 26i4, UkenÜemus (neben tikima) in dem Celichowskiichen Tedeum, sonst
in den betr. fällen nur -tni» : nehtrinte Lit lett. drucke I I6i«, turiniima
das. 274, iurinesüu das. 64, turineziui das. 25^* goiUnUnu das. 8O19,
ttawinetiut das. 26,9, narinezus Tedeum (vorwort). Die forma chrikstima
bietet: Ukinezuiu 86 m» tikinet&iseia 8699, viaaagaliniighi 8639, wi$$agalifU^
ioya 874, 40i9, wisaagaUais 37i„ 41„ noritU 8815, 8O14.
2) Vgl. MahlowB erkl&ning von bidjan — hidon u. s. w. (Lange
vocale 8. 48 f.). — Ein ähnlicher ansgleich hat möglicherweise im präsens
von aslav. ehaOti u. s. w. stattgefunden. Vgl. lit. A;«iM»ä : kentHi.
182 A. Bezzenberger
Ebenso wie türfs verhält es sich anscheinend um Dowkbnts
busis, bu9irUi (oben s. 179). Allein ich glaube, dass diese
formen erst aus bus^, busenti (beruhend auf büsiqs, büsianti)
entstanden sind, denn Dowkont bietet auch das seiner fiexion
des finiten futurums entsprechende busenti und schreibt müis,
girdint (gerund.) im gegensatz zu anderen zemaitischen texten
(vgl. z. b. begtd^nt, beregi^nt Palangos Juze s. 10, 11, 13)
und teilweise gegen seinen eignen sonstigen Sprachgebrauch
(vgl. gölintys — idrentys, gilentea, nebtörmti Bud^ prat
s. 2, 3, 8). Dass in Zemaitischen endsilben nicht selten %
für e (^) steht, habe ich BB. X 312 f. nachgewiesen. — Ich
stelle also Dowkonts (bu-Jsis gleich Szyrwids (bu-JHus und dem
preuss.-litauischen (bu-Js^, dessen oblique casus (&iid0nc2:ou.s.w.)
ihr e aus dem nominativ bezogen haben. Wenn ich daher bu-
eint für die entstehung von burimef bis(i) keine bedeutung bei-
messe ^), so ziehe ich darum doch nichts von dem zurück, was
ich oben über türp gesagt habe, sondern nehme vielmehr an,
dass die flexion von turesiu durch die von turiü beeinfiusst ist.
Um nun die ergebnisse der vorstehenden Untersuchung zu-
sammen zu fassen, so hoffe ich in ihr gezeigt zu haben:
dass litauische futurformen wie dü'siam, d^'sime^ dü'sme
nicht wesentlich verschieden, sondern aus einem und demselben
stamm erwachsen sind;
dass dieser stamm dem des dorischen futurums entspricht;
das das stammbildende dement des litauischen futurums
in der flexion desselben ehemals teils sia, teUs tsi lautete;
dass sich durch konsequente durchführung von sia das
nordlitauische und zemaitische, dagegen von ai das süd- und
ostlitauische finite futurum ergab;
dass sia sich im partic. fut. allgemein erhalten hat
Was schliesslich das verhältniss des litauischen und dori-
schen futurums zum skr. futurum auf -sga- betrifft, so sieht
Ascoli a. a. o. in den futuren auf sejo^ und ttjo- lediglich ver-
schiedene accenttypen. Er berührt sich hierin mit Fick, der
xqIww und das futurum mqiviw ursprünglich nur durch den
1) Dass voD hfSmaiwt' eine schwache Stammform im LitaaisoheD nicht
sicher nachzuweisen ist, ist vieUeicht in Verbindung damit zu bringen,
dass das altind. pari. fut. act den starken stamm bevorzugt. — An-
scheinend echtes -nnt- liegt vor in oetlett. AyifnSt, mHoiU (gemnd.) Kos-
Bowski Gramatyka s. 18, 22.
Das litauische futurum. 183
accent verschieden sein lässst (Gott. gel. anz. 1881 s. 1438).
Aber diese berührung ist nur ganz äusserlich, denn während
Fick xgiww auf %QLvej(i und ngiriu) auf xQiviju} zurückfuhrt,
lässt Ascoli 'Sejo aus -ajö durch die entwicklung eines dünnen
vokales entstanden sein. Ich bedaure, ihm hierin nicht folgen
zu können, sondern erkläre das verhältniss von -^sejo- und -{/o-
in der oben angegebenen weise Ficks, ohne indessen seiner
auffiassung von xQiwoi und XQivio) zuzustimmen.
Die vorstehende abhandlnng ist am 7. Oktober v. j. behufs ihrer
Veröffentlichung herm Dr. Prellwitz übergeben. Weit später erhielt ich
durch die gute Meillets einen aufsatz desselben, der im november v. j.
gedruckt ist und sich mit ihr eng berührt (M^moires de la societ^ de
lingnistique XI 297 ff.), aber ohne einfluss auf sie geblieben ist
A, Bezzenberger,
Zu den altg^riechischen ortanamen.
Zu einer gesamtdarstellung der altgriechischen Ortsnamen
hat A. Fick eine grundlage geschaffen durch seine in dieser
Zeitschrift veröffentlichten aufsätze: Bd. 21, 237 — 286. Bd. 22,
1—76 und 222—238. Bd. 23, 1—41 und 189—244. Bd. 25,
109 — 127. Zu diesen im folgenden einige bemerkungen.
yyEüvofiog l6q)os bei Gela: envofiog übermässige^ 21,256.
Das wäre eine sonderbare benennung für eine so unbedeutende
höhe. Wir werden hier keine Zusammensetzung von ix und
vofiog haben, sondern ein von envifiea&ai gebildetes adjektiv,
wie vrrovofiog von vTtovifisad'ai stammt. Jenes verbum aber
zeigt Soph. Ai. 369 ovk aipoQQOv exveficl ftoda; die bd. „hin-
aussetzen'S und Hesych. und Suid. haben die glosse ixveyifif)"
%ai' i^fjk&etf^ e^KTai. Der begriff des verteilens ist in den der
bewegung übergegangen, wie bei vcjfidcjy das erst distribuere,
dann versare bedeutet. Somit dürfte Exvofiog (l6q>og) als
„vorsprung'e zu erklären sein.
fyOx^ höchste kuppe von Süd-Euböa als ^halt' des landes^'
21, 260. Auch das wäre eine recht auffallende bezeichnung.
Nur als Vermutung wage ich zu äussern, dass der name von
einem ox»] herkommt, das gleichbedeutend mit i^oxq ist Für
exsiv =s i^ixeiv „hervorstehen*' kann ich keinen beleg anführen,
doch sind rückwirkungen von compositis auf das simplex nicht
ausgeschlossen.
ndvodfjiog (seil, hfiijv) wird 22, 7 und 23, 225 erklärt
184 Robert Thomas
als ^ybafen, der bei allen winden das auslaufen ge8tattet*^ Dazu
22, 2; „OQfAog die rhede, als 'auslaufe ort der oq^ij^^. Fick
sucht also eine Verbindung zwischen SQfiog und oQfi^ herzu-
stellen, während sonst die Wörter mit gutem gründe ausein-
andergehalten werden (vgl. Prellwitz); denn die beiden be-
griffe sind im Griechischen scharf geschieden. oQfiog ist der
ruhepunkt des Schiffes und steht nur zu der vorhergebenden
fahrt, nicht zu der nachfolgenden in beziehung (vgl. auch
OQfiio)^ OQIitCjb)). 6Qfii], OQfiäa) dag^en sind ebenso ausgeprägte
begriffe der bewegung. Ich kann mir nicht denken, dass
sich diese Scheidung erst nachträglich herausgebildet hat. Sgfjiog
„ankerplatz'^ ist dasselbe wort wie og^iog „schnür, kette" (von
äiQü}); man band die schiffe am strande an (IL 1, 43ö t^v d*
eig 0Q/40V TtqoiQeaaav eQSVfioig, ex d* evvag Sßahovy xorä de
Tt^fivtjai edrjaay). Also ist nävoqfiog Xifii^v (Od. 13, 195) ein
hafen, der ganz ankerplatz ist, der überall das anl^en ge-
stattet, also ein guter, tiefer hafen.
y^MvQfifixeg hiessen klippen und Sandbänke; . . . der
Vergleichspunkt liegt wohl in den starken einschnitten'^ 22, 40
(dazu MvQfiijxiov 23, 212). Ich möchte das tert. comp, in dem
wimmelnden durcheinander hervorragender felszacken sehen.
Interessant ist, dass auch das italienische formica in der schiffer-
sprache die (blinde) klippe bezeichnet (vgl. formicare wimmeln,
formicolaio gewimmel).
^^Gdkafiai j. Kalamata in Messenien: 9aldfirj zelle''
23, 28. Kalamata steht nicht an stelle des alten Thalamai;
übrigens gab es auch im alten Elis einen ort dieses namens.
&alafirj ist nicht „zelle**, sondern „loch, höhlung'S auch wohl
„Winkel, Schlucht" (Polyb. IV 75 von dem ort in Elis: elg %d
X^iov, o xalovai Galdfiag, dia t6 %i^v tb %<tüQav vi^v niqi^
avtov (nevrjv ävai xai dvaifißoKov %6 %b %ü)Qiov anqay^dtsvvov
xai dvafCQoaodov). Nach PoUux 2, 75 hiessen die nasenlöcher
^aila/uat. ^aXo/ii; ist eine doublette zu &dXafiog wie xaldfirj
zu xdlafiog. d^dlafiog aber ist gleichen Stammes mit ^oJLog,
^dXaaaa und german. dal (nhd. thal); s. Prellwitz und Fick
22, 11. Der gemeinsame begriff ist „Vertiefung". So konnte
man duht^Aog für den untersten Schiffsraum gebrauchen (Athen.
II 87 D) und die dort rudernden ^aldfiioiy ^alafilzai nennen.
Wenn ^dlafiog in die bed. „wohnung'' übergeht, so haben wir
darin ein interessantes sprachliches zeugnis für höhlen- und
Zu den altgriechischen Ortsnamen. 185
gmbenwohnungen der uraseit. Ich hofiEe der sache bei anderer
gelegenheit weiter nachzugehen.
yyAv%aL in Thessalien am Tempepass, löseplatz"' 23, 190
Genauer „einkehr*^ (vgL -Mnahüta),
^.KofMnäaiov ort in Arkadien, zu nuofinäCjUi prahle?"
23, 214. Vielleicht ist eher an die grundbedeutung von xo/u-
ftätta zu denken, die sich aus yuofinog s= strepitus (z. b. U.
11, 417 xofATtog odomiov) und dno-itofifra^fa (Anth. PaL VI 54
XvQag ansiiuofATtaae tof^da „zerknallte") erschliessen lässt. War
ein Wasserfall in der nahe des ortes?
Evf^vaXog — EvqvvßuoQ (namen des von Dionysios ge-
bauten kasteUs bei Syrakus, unweit des heutigen ortes Belve-
dere) betrachtet Fick als Weiterbildung von evqvg mit dem ad-
jektivischen ausgang Sko^^ 'ijJiog. Gewöhnlich nimmt man Zu-
sammensetzung mit ^log (alog) nagel an. In diesem fall wäre
EvQ. wohl „nagelkopf". Free man (Gesch. Siciliens, dtsche.
ausg. V. Lupus 1 534) übersetzt „Breitnagel" und fügt bei: „der
schmale rücken ist der stift des nageis, Belvedere sein köpf ^
Das ist verkehrt, schon deswegen, weil dergleichen metaphern
nicht gepresst werden dürfen. Die ableitung von eigvg mit
'älog passt nicht zu der örtlichkeit, die eher schmal als breit
zu nennen ist. —
„Die landschaft ßtofioi in Aetolien wird wohl nicht von
^altären', sondern von 'stufen' des gebirges den namen haben,
indem ßtofiog in der alten spräche soviel als ßa^fiSg ist"
22, 239. Vielleicht erklärt dieser gebrauch auch den namen
Inbomon, den ein teil des ölbergs in einem altchristlichen
Itinerarium führt (vgl Itinera Hierosolymitana ed. P. G^yer
Vindob. 1899, S. Silviae per^rinatio, p. 83: subitur cum ymnis
in Inbomon, id est in eo loco, de quo ascendit Dominus in
caelis u. ö.).
Bei ^OXvfiTtia (23, 206) kann an den „Olymp im idealen
sinne als den wohnsitz aller götter der oberweit" jedenfalls
nicht gedacht werden, da noch bei Homer ^'Olvfinog immer der
berg, nicht der von dieser anschauung losgelöste „götter-
himmeP' ist.
In einer gesamtdarstellung der altgriech. Ortsnamen müssten
auch die mittel- und neugriechischen Ortsnamen, soweit sie
nicht slavischen oder romanischen Ursprungs sind, berücksich-
tignng finden. Denn manche von ihnen weisen auf das altertum
Beitxig« s. kuuto d. iad«. ipnMbw. XXVI. 13
186 Robert Thomas Zu den altgriechisclieD ortsnamett.
zurück und sind uns in der alten litteratur nur zufällig nicht
erhalten; so der name der festung von Nauplia, Palamidi,
von dem Gurtius (Peloponnesos II 390) schreibt: „Merkwürdig
ist der klassische name der festung, den die fränkischen er-
oberer als bergnamen vorgefunden haben. Er ist auch gewiss
nicht im früheren mittelalter ersonnen worden, sondern durch
mündliche Überlieferung erhalten aus einer zeit, da auf der
höhe ein heiligtum des Palamedes stand; darnach hiess der
berg Palamedion, wie das Menelaion bei Sparta vom grabtempel
des Menelaos*^ (Im allgemeinen s. Gurtius, Pel. 189). Und
wenn das an stelle eines Apollotempels auf der passhöhe
zwischen Athen und Eleusis erbaute kloster Daphni heisst, so
geht der name doch wohl auf den lorbeerreichtum des ehema-
ligen heiligtums, also ins altertum zurück.
Andere neugriech. Ortsnamen sind wenigstens als parallelen
interessant, wie Astros (städtchen am Oolf von Nauplia) zu
*'^at(}Ov (23, 31), AüviQiov (23, 213) — vielleicht geht übri-
gens auch dieser name ins altertum zurück, vgl. LoUing in
Bädekers Griechenland * s. 272 — , Myli bei Argos zu Mvkai
(23, 30), Vathy auf Ithaka zu Äf^og (23, 20), Itea, der
heutige hafenplatz für Delphi, zu iSUea (23, 23) u. s. w.
Dass das fortleben der aus dem altertum bekannten Orts-
namen zu berücksichtigen wäre, ist an sich klar.
Einigemal führt Fick auch parallelen aus dem Deutschen
an. Ich erwähne zum schluss noch einige von den vielen, die
sich namhaft machen liessen. Zu Ortsnamen wie u^iyeiQog,
jQvg, KvTtoQiaaog (23, 23) wäre zu vergleichen Birnbaum
(in Posen), Pyrbaum (in der Oberpfalz) u. a., zu der be-
Zeichnung vieler passe Ilvlai (21, 283) die in den Alpen so
oft wiederkehrenden Thörlen, das Eiserne Thor, vielleicht
auch die Tauern; zu IIijliov oqoq (21, 245) der Tegel berg
bei Füssen (tegel = lehm), zu Arjvog (23, 29) Kaltem bei
Bozen; Kwog %tq>ahti (21, 268) ist unser Hundshaupten
(dorf in der sog. Fränkischen Schweiz), ^l7trcoxeq>alog (23, 224)
Rosshaupten (so heissen zwei dörfer im bayrischen Schwaben);
AsvMusxqa (23, 34) Weissenf eis, Lichten fels. Wie ein
berg in Argolis Kgeonwlov oder KqbIov hiess (21, 269) so
giebt es eine Fleischbank auch im Wilden Kaiser bei Kuf-
stein.
Augsburg. Robert Thofnas,
A. ßezzenberger GtymologieD. 187
Et3rmologien.
1. Durch den aufsatz Liden's „Ein baltisch-slavisches an-
lautgesetz*^ (Göteborgs högskolas ärsskrift 1899, IV) ist sehr
wahrscheinlich gemacht, dass anlautendes t^ im Litauischen
und Lettischen zu / geworden ist Man darf also vermuten,
dass lit Iditna (Idimd Eurschat, laima Schleicher) „glück,
glücksgöttin^S lett. laime „glück, Schicksal ^^ anlautendes v
verloren haben. Als (v)laima^ {v)laime erinnern aber diese
Wörter nach form und bedentung lebhaft an osk. valaemom
(tapttcam) „das (öffentliche) beste*' und an das valaimas puhlum
(puklu) der Vibiainschrift, das zwar nicht ganz klar ist, aber
zweifellos einen mythologischen gehalt hat, der dem begriff
des Schicksals nahe steht. Darf man diesen ausdruck statt
als „beste der kinder ^) als „der Besten kinder^' deuten >), so
träte er der lettischen laimes-mäie g^enüber und böte ein
analogon zu den „gottes söhnen^', »»gottes töchtem", „sonnen-
töchtem^^ der baltischen mythologie.
valaifno-, dessen a für indogerm. 9 stehen kann, ist von
Bugge und anderen mit lat. vaUrej von Ebel K. Zs. VI 421
mit got vaüa, ahd. wela, wola verbunden '). Trifft letzteres —
wie ich glaube — das richtige, so wären valaimo^ und {v)laima
verwandt mit lit. wUes „die geisterhaften gestalten der ver-
storbenen*', lett. weH „die geister der verstorbenen '' („die
holden" [vgl. lit iMffti „wünschen, gönnen^', lett w(Ut „gönnen,
erlauben, wünschen''], „die Manen"), sowie mit lit wSinas
(wHnias), lett. wdns „teufel", das nicht anderes ist, als ein zu
*U}eU gebildetes maskulinum (vgl. aMinca, äwifUMs, z^rinaa u. s. w.
BB. XXI 296 anm. 2). Der lettische Sprachgebrauch lässt die
Zusammengehörigkeit von wdns und weH noch deutlich er-
kennen (Ulmann Lett Wörterbuch).
2. Lett baurüt „brüllen der ochsen, namentlich wenn es
mit erdauf werfen verbunden ist", if-baurdt zinus „vom ochsen
gesagt, der brüllend erde aufwirfk", baurät „mit hunden jagen",
1) Bücheier Oskische bleitafel 8. 16 {puklo- rs skr, puträ „söhn"?)
Ganz anders Bagge Altitalische Studien s. 8 ff.
2) In zeile 4 kann valaimaa puklutn gleich dem folgenden aku von
leginm abhangig sein.
8) Das von ihm vorausgesetzte *valai wird in lit. vaiai (Lit. for-
schnngen s. 194) schwerlich zu erkennen sein.
18*
188 A. Bezzenberger Etymologien.
lit uz-si'buryti „sich ereifern, erzürnen, zornig sein" und asl.
burja Sturm = russ. hürja, poln. burza (woher lit. bürys
„regenschauer"), russ. burüm „brandung, jähriger stier'', buryga
„ausgefahrnes loch auf der strasse'S bümtij ^yStürmisch", wr.
bur{6 „zerstören, umstürzen'S poln. burzy6 „ungestüm erregen,
beunruhigen" beruhen auf einer wurzel beur^ : bür- „toben",
die mit k erweitert erscheint in: russ. bürkai% „werfen,
knurren", poln. burkrufd „ausschelten, murmeln", burezeS
„kollern, rollen, knurren, schwirren" und lit. burkszndfa (kriusza
) l&ng^) „es prasselt (der hagel an*s fenster)", burkUnti (für
*burknifUi? aus dem Polnischen entlehnt?) „unter dem hart
undeutlich murmeln".
Hierzu gehört wohl auch lett buru burdm „über hals und
köpf", während lit. bürys „grosse menge, grosser häufe, herde,
schaar", lett. büra „menge" eher auf skr. bhuti „viel", avest.
büiri „fülle'' zu beziehen sein werden. — Ausserhalb der litu-
slavischen sprachen ist dies beur^ : bur- nicht sicher nachzu-
weisen; am ehesten kommen dafür gr. qiVQta und skr. bhurdti
(Prellwitz Etym. Wörterbuch s. 350) in betracht Auch die
Verwandtschaft von lat. furo, füria scheint mir erwogen werden
zu dürfen (vgl. Froehde BB. XXI 326).
Begrifflich und auch lautlich berührt sich mit lett. baur^y
if-baurcU eng lit. tnauriti „wühlen", isz^mauröti „aus wühlen,
ausscharren". Ich halte dies aber für zufällig und beziehe
mauröti auf an. tnaurr, ags. myra, krimgot miera, ndd. mlre
„ameise", indem ich in mauröti eine ableitung der wurzel
dieser Wörter und also nicht ein von ihnen ausgegangenes
denominativ sehe. Ein solches ist dagegen norweg. maura
„fleissig arbeiten, wimmeln, herumkriechen, jucken, stechen".
A, Bezzenberger.
Zur geBchichte der lateinischen vocalsynkope.
§ 1. Zusammenfassende darstellungen der synkopeerschei-
nungen im Lateinischen sind bei Brugmann Grundr. I '215 ff.,
Stolz Hist gramm. I 201 ff , Lindsay Lat. lang. 170 ff. zu
finden. Solmsen in seinen Stud. z. lat. lautgesch. und Skutsch
Forsch, z. lat. gramm. u. metrik I haben vereinzelte falle einer
Giuseppe Ciardi-Dupre Zur gescbichte u s. w. 189
näheren prüfung unterworfen. Neuerdings hat Sommer in
seiner lehrreichen abhandlung über 'die komparationssuffixe im
Lateinischen' (IF. XI 1 — 98) manche die synkope betreffende
frage erörtert. Leider ist eine abschliessende behandlung dieses
gegenständes, wenn auch die synkope in den italischen sprachen
gleichwie in allen, deren akzent einen vorwiegend exspiratorischen
Charakter hat, den wichtigsten lautvorgängen angehört, noch
nicht gelungen. Um zur ausfüUung dieser lücke in der latei-
nischen lautlehre einigermassen beizutragen, beabsichtige ich
das betreffende material so vollständig als möglich zu sammeln
und noch einmal zu sichten, um die gesetze ^er erscheinungen,
wovon die rede ist, ins rechte licht zu stellen.
Nur kurze unbetonte vocale werden ausgestossen. Eine
hochtonige silbe kann ihres vocals nur dann verlustig gehen,
wenn sie einen zweiten Sonorlaut enthält, der beim ausfallen
desselben den wortaccent bekommt und zugleich sonantisch
wird. Dabei handelt es sich nicht um eigentliche synkope,
sondern um samprasära^a , wie es nach indischer weise heisst.
Als beispiel sei testis 'zeuge' angeführt, das, nach Skutsch o.
XXIII 100—104, auf *te(r)st%8, *tr8ti8, *tristü {^tristos) zu-
rückgeht: zwischen *trüti8 und *tri8ti8 ist also eine mittelstufe
^tfristis vorauszusetzen. — Naturlange vocale entgehen regel-
mässig der synkopirung. Was die sogenannten 'positionslangen'
betrifft, so hängt ihr ausfall von speciellen bedingungen ab:
z. b. nach ^, oder zwischen n^ m, und nd, st findet die syn-
kope statt (audio aus *dtibizdiö, v9ndo aus *vinomdö, s&squi'
aus *semi8que-y n. dgL), unterbleibt dagegen nach liquida (fere-
trwn, praeferictdum d. h. '^praefericlom, u. dgL). — Im allge-
meinen spielt die natur der umgebenden konsonanten beim
ansstossen eines vocals die erste rolle: dafür sollen die nach-
stehenden Untersuchungen den beweis erbringen. Hie und da
wirken andere faktoren mit, z. b. die qualität des zu synkopie-
renden vocals, die quantität der vorausgehenden silbe i), die
Silbenanzahl des wortes und das redetempo. Ferner hat man
mit zeitlichen und örtlichen Verschiedenheiten zu rechnen.
Z. b. geht die synkope eines nach liquida bezw. nasalis stehen-
den vocals in die zeit der älteren lateinischen, wahrscheinlich
1) Daw in gewissen fallen auch die qaantität der folgenden lilbe(n)
mitgewirkt habe, glaube ich nicht behaupten zu können. Vgl. unten § 8.
190 Giuseppe Ciardi-Dnpre.
uritalischen , betonung hinauf, wie surculus (^süroeolos)^ ünde-
dm (aus "^oinomdecem od. ^otnozdeeem)^ anculus (aus *dmH-
cohs) usw. lehren: dagegen fallt die synkope von ^ (apricus :
aperiö, suprSmus : superus usw.) in die zeit der neuen beto-
nung, da nachtoniges ^ vor r nicht ausgestossen wird (vgl.
uienis, procerSs, csteri, alter, aUerum, superus u. dgl.). Unter
den lateinischen mundarten zeichnete sich, wie es scheint, die
von Praeneste durch die neigung zur synkope aus ^). Im echt-
römischen Latein, worauf unsere Untersuchung beschränkt ist,
sind dialektische eigentümlichkeiten in beziig auf die synkope
kaum zu konstatieren. — Endlich hat man die Stellung der
silbe, der der synkopierte vocal angehört, im werte zu beachten,
denn andere gesetze gelten für auslautende als für inlautende
Silben. Demgemäss theile ich das material meiner forschungen
ein.
I. Die synkope in mittelsilben.
§ 2. Die synkope tritt regelmässig in folgenden fallen ein:
(1) nach liquida; (2) nach nasalis; (3) nach liquida (bezw.
nasalis) + consonant; (4) nach dem halbvocale ^; (5) nach
consonant -f ^ ^^^^ ^ + consonant
Für die synkope nach liquida kommen folgende beispiele
in betracht:
[A] nach l:
(idultua aus *ddolito8, part. praet zu adoleö, wie abolitus
zu aboleö. Die ^b-verba bilden das part. praet. durch an-
fügung eines -t- an die wurzel, das wahrscheinlich mit dem
Suffixe des präsens verwandt ist, und die Schwundstufe desselben
vertritt: z. b. ai. corita- zu cordyaii 'er stiehlt'; bodhüa- zu
bodhdycUi 'er erweckt, mahnt'; ai. vartüd-, got frchwardif-s
zu ai. vartäyati 'er setzt in drehende bewegung', got /ro-
wardjan 'verderben, entstellen'; ai. vosüd-^ got. unm-ßs 'be-
kleidet' zu ai. vasäytUi 'er bekleidet', got. ga-wasjan 'sich klei-
den'; lat. tnonüus zu moneö. — Mit adultus etymologisch ver-
wandt ist das adjektiv altus, das keine synkope aufweist, denn
es ist mit dem particip altus (zu alö, wie actm zu agö) iden-
1) Freilich lässt sich das nicht ausmachen, soweit man mit bloss
graphischer nichtechreibnng von vocalen su than hat Vgl. StolsHist,
gramm. I 20 n. 207.
Zur gescbichte der lateinischen vocalsynkope. 191
tisch, dessen nebenform alüus eine analogische neubildung nach
mofiüus, genitus u. dgl. ist.
cdter aus *aUUro$, es verhält sich zu * alias wie lat dexter
(» * deJm-tera-s) zu gr, d^^io^ 'rechts'.
fidca statt fülica 'blässhuhn' ist nach Skutsch I 113 in
einem yerse des Furius Antias bei Gellius 18. 11. 4 zu lesen.
hcUlux 'grosse zehe' (Löwe prodr. 273) nach Schmidt
Pluralbild. 183 aus ^hüo-doiJc'S oder * häli-daih-s. Der erste
theil dieses compositums ist mit asl gaUrm 'gross', pol. a-gtt
'der allgemeine', der zweite mit an. tä, ahd. ziha 'zehe' (vgl.
Kluge Et wb. d. d. spr. * 433) zu vergleichen.
pöpulnus pöptdneas aus *popalino$ *pöpaline(i)as : pöpulua
'pappel'. Vgl. faginiM : fägus, gr. cof^ivag, lavQivog, q>^yivog.
Nach pöpulnus {-neus) ist ficulntis (-neus), statt des zu erwar-
tenden *ficinas (^-tieias)^ gebildet
ülna aus *öl(ijnä *älenä — gr. wUvrj 'ellenbogen'. Dass
die laute l, n in uina erst secundär zusammengekommen sind,
ergiebt sich aus dem unterbleiben der assimilation, die bei ur-
sprachlichem In regelmässig eintritt: Ygl, cMis aus ^calnis (lit
kdlnas 'berg'), aUus aus ^alnas (asl. lani, ce. lani 'im vorigen
jähre' aus *alni). Daher ist die von Meringer Sitzber. d.
Wien. akad. CXXV 2, 42 (früher auch von Brugmann Morph,
unt 2, 173, jetzt nicht mehr, vgl. I * 368 u. 424) verfochtene
annähme, ulna enthalte die Schwundstufe -n- wie gr. tSlXov
Ti^v %av ßqaxiavog yuafinr^v Hes. (aus *wkvo^v) und ai. än/-^
'zapfen der wagenachse' (aus "^ärni-s » idg. '^ölm-s)^ abzu-
lehnen.
fxJnus vulnus: gr. dilh6eg' aqnjfLsg iq t,üav Sfiaiav ^sXiaarj
(Hes.), ags. cwelan 'sterben', ahd. quelan 'heftige schmerzen
haben' qiiäla 'beklemmung, marter', airl. at-ba*U 'er stirbt', lit.
gäti 'stechen' (von der biene) gelanls 'stachel' gää 'schmerz',
asl. z€Uh *leid, schmerz'. Die erhaltung der gruppe In weist,
wie bei ulna, auf die existenz eines ursprünglichen lautes zwi-
schen l und n hin. Es ist daher eine basis ^valenos- ^vdenos-
anzusetzen: vgl. facinus und gr. xifisvag ^).
1) Nach L. Meyer KZ. XXIII 68 und G. Meyer Gr. gr. ' 187
loll tTülnii« mit gr. ouJli} ^narbe, zugeheilte wunde', ai. wrana-^ vrofta-m
'wunde, schaden' vrmsMna'fn 'durchbohrung' verwandt sein, und auf eine
WS. ^ifUn- (Schwundstufe: frfn- » lat. voln-, gr. ^oXv-) zurückgehen. Nach
Hoff mann o. XVIII 292, der diese ansieht gutheisst, sei die erhal>
192 Giuseppe Ciardi-Dupre
caldus 8oldu8 valdS werden unten besprochen.
Die Synkope nach / fand auch in griechischen lehnwörtern
statt: Pollüces (Plaut. Bacch. 894; PoloceB CIL. I 55 add. s. 554;
Folauces Eph. Ep. I 18; dass. Pollux durch volksetymologische
Umbildung) aus * P6l(u)deuc&t , gr. nolvdsvxrig; balneum (da-
neben balineum) aus ^balaneom ßalavelov nebst seinen ablei-
tungen bcUneolum balneäris balnedrius (balinearium CIL. I 1166)
balneätar {bälineator Plaut. Rud. 527 hs.) u. s. w.
Hier seien noch einige Wörter erwähnt, die man als belege
für die synkope nach / citirt, jedoch mit unrecht, meines er-
achtens. — Osthoff in seiner abhandlung über ^'dunkles und
helles / im Lateinischen" (Trans, of the Ämer. Phild. Assoc.
XXIV [1893] 8. 50 — 65) hat das gesetz formulirt, dass e vor
/ + consonant (die gruppen U, 1% ausgeschlossen) zu o wird,
und daraus den schluss gezogen, It, Iv seien in ceUis, tneltom
(=s ^meliorem' P. ex F. 122 ed. Müller), helvos erst secundär,
durch Synkope aus ^celeiis (vgl. yiveaig)^ ^mdetom (vgl. eXeTog,
axeleT6g)y *heleffos (zu * helvos, as. gelo gelwes, ags. geolo, lit.
zelvas 'grünlich' wie ion. -Mveog^ kypr. xevevfdv zu att. xevog^
ion. xHvog) entstanden. Diese auffassung ist ganz unrichtig.
cdtis ist kaum ein altererbtes wort: es kommt erst in der Vul-
gata vor, und ist wahrscheinlich ein (keltisches?) lehn wort
(Skutsch o. XXII 126 f.) ^). Was meüom betrifft, ist seine
existenz selbst zu bezweifeln : in der that wurde das wort rndtom
in der neuesten von Thewrewk de Ponor besorgten aus-
gäbe des Festus durch die lesart mdiosem ersetzt. Die her-
leitung von helvos aus *heleiy^ ist zwar richtig, der Übergang
aber von *heley^ zu helvo- vollzog sich nicht durch synkope,
sondern durch reducierung des diphthongs zu monophthong,
vgl. denuö aus *d6 nouö, induö aus *endo^ö, vidiM aus *^{doiUi
tung des In der sonantischen natur des / zuzuschreiben, wie in gr. ntX-
vtifitti, Ttilvov' ipawif, KvTiQioi Hes. (vgl. GGA. 1889 s. 897 f.). Abgesehen
davon, dass es keinen grand gibt, die Bmgmann'sohe erklämng des -ly-
(I ' 859) abzuweisen , ist die Zusammenstellung des -ai. vratfo- mit lat.
ooMtM unmöglich geworden, seitdem Rozwadowski Quaest. gramm.
etc. ser. alt. s. 8 nachgewiesen hat, dass vrotui- ein idg. r enthält (vgl.
poln. rtma 'vulnus [ictns]*, serb. räna^ bulg. slov. rdna^ polab. rono, ce.
rWna),
1) Ygl. verhandlangen der Berlin, gesellsehaft f. anthropologie 1894
8. 851 ff. B.
Zur geschiebte der lateinischen vocalsynkope. 193
a. dgl. Auf einer linie mit helvos steht ervom aus ^erof^om
*erogifom (gr. iqißivSog OQoßog ^kichererbse'). — Endlich lässt
Kretschmer Einleit. i. d. gescb. d. griech. spr. 164 tnalva
aus *mal(a)^ä ^maltzgaä (gr. iaolXoxtj 'malwe') herkommen, aber
mit unrecht, denn -aZ- vertritt in malva, vde in palma (gr.
TtaXa^f], airl. Idm, shd.folma 'band') ein idg. langes^ (Brug-
mann I « 479).
[B] nach r:
corgö ('apud antiquos pro adyerbio quod est profecto po-
nebatur' Fest. «S7) 'mit der richtung, mit recht, fürwahr, wahr-
lich'. Es handelt sich um eine erstarrte casusform mit vorge-
setzter Präposition (vgl. gr. htnoäoiv, vfrigfiofoy^ lat. Uieö aus
*inslocö, denuö aus *dinavö, profecto aus *pr6faetöy lit, atgäl
^zurück, rückwärts' zu gäUns ^ende', isztes 'fürwahr' zu tesä
'Wahrheit' u. s. w.), d. h. ein *c6m regöj woraus zunächst
*cof'r(e)gö oder *corr(i)gö. — Andere derartige bildungen sind
ergo erga. Ersteres kommt aus ^iregö oder ^irogö (vgl. toga :
tegö, procus : precor, abl. pondö : pendö u. s. w.) 'aus der
richtung ss aus dem recht, aus dem gründe: daher, desshalb,
folglich, also' her (Vanicek tir. lat. et. wb. 778), das zweite
aus *i rega oder ♦^ rogä 'aus der richtung her, in der rich-
tung auf, gegen hin, gegenüber' (ebd.). Die ursprünglich lokale
bedeutung lässt sich in dieser plautinischen stelle erkennen
(Truc. 405): tonstricem Suram | novistin nostram quae erga
aedem sese habet?
fernie aus *fer(i)m^, Superlativ zu fere (Lindsay 561,
Stolz 206, und neuerdings Sommer IF. XI 210, der Ver-
wandtschaft mit firmus annimmt, aber nicht denselben stamm
in beiden bildungen; dagegen Breal Journal des Savants 1898
s. 33 hält, gewiss mit unrecht, fermB für eine doublette von
firme),
fordm kann nicht von der wurzel bher- 'tragen' getrennt
werden ^). Ob es die Zusammensetzung des nominalstammes
1) Niedermftnn IF. X 227 h< fordu» für identisch mit ai. gar^
hhadhä' 'leibesfraoht gebend, schwängernd' (zu gärbha-s Leibesfrucht', gr.
ßQiffog 'frncht im matterleib', asl. XrM^ ^füllen') nnd setzt einen stamm
* gfforhho-dhd-s an, woraus *fforb(iJdo» ^^orhdo» *jfardo8^ endlich durch
volkaetymologisohe aolehnung «aferre (vgl. /brmiea, nach N. aus *i^or-
miea s ai. vahntkihs 'ameisenhanfe') */orda8. Eine solche etjmologie
kann ich nicht als richtig betrachten, denn ich glaube nicht, die auf»
194 Giuseppe Ciardi-Dupre
*bhorO' oder '^bhoro- (gr. q>oiia) mit einem -dAo- bzw. -rfo-
yertrete, wie S kutsch F46 annimmt, oder eine ableitung von
*fweö (gr. q>OQi(jü)i wie torridus von ^orr^d sei, lasse ich dahin
gestellt sein.
hömos aus *höiörino8. Zu gründe liegt die als adverbium
erstarrte instrumentalform *hö iarö 'heuer' (ahd. hiuru aus
hin järu) : av. yärd^ got. jer, aisl. dr, ahd. ^ör *jahr' *).
hortor aus *horitor (3. sg. horitätur bei Diomedes OLE.
I 382. 23). Frequentativ zu *Äortor {harüur 3. sg. ebd.).
lardum neben dem seltner belegten laridum (vgl. Georges
Lex. d. lat. wf. s. v.), aus *laridom : gr. Iä(jiv6g 'fett', dessen
Wurzel Zä- in kiru. £e. loj 'speck' wiederkommt. — Fälschlich
setzt W bar ton Academy 681 eine basis ^dastdom an, und
vergleicht diese mit gr. drjfnog *fett' aus *daafi6g *).
morbus aus *morO'dho-8 : ai. mära- * tötend, verderbend'
mara-s 'tod, pestilenz', lit. märas 'tod, pest' (Solmsen KZ.
XXXIV 31).
portö aus *porüö : *poreö (— idg. *poriiö 'ich bringe
hinüber, schaffe herbei', ai. pärdyati 'er geleitet hindurch', got.
farjan 'fahren, schiffen') wie monüö zu mon^ö. Man hat es mit
der Wurzel per- 'durchdringen, hinübergehen' zu thun, die in
den indogermanischen sprachen öfters belegt ist: ai. piparti 'er
setzt hinüber, fuhrt hinaus' pärä- 'hinüberfahrend', gr. neigw
'durchdringe, durchbohre' noQog 'durchgang, Übergang, weg'
Tcegdto 'dringe durch' negä 'weiter' niqav 'jenseits', lat. perttus
'erfahren', got. faran 'wundem, ziehen', aisl. fara 'sich be-
wegen', ags. faran 'sich fortbewegen', got. fairra, aisl. fjarre,
ags. feor 'fern, weg', asl. perq 'ich durchmesse einen räum,
fahre'.
fassuDg von fordu9 ('bos forda quod fort in ventre' Varro LL. 6. 15)
sei dem volke gel&afig, ebensowenig diejenige von /onntea, die bei Ser-
vius ad Aen. 4. 402 angefahrt wird: 'sane formioa dicta ab eo qnod
ore micas ferat'.
1) Ob gr. iqog 'jabr' &qü 'Jahreszeit, zeit' hierher gehört, wie
G. Meyer Or. gr. » § 214 und Prellwitz Et. wb. d. gr. spr. 370,
nach Pott und Gurtius, annehmen, oder zn ai. oora-« ' Wochentag' zn
stellen ist, lässt sich mit Sicherheit nicht entscheiden.
2) Nach einer besseren etymologie ist Sufiog (urspr. 'brennbarer
Stoff) aof *iu^(i6g zariickzuföhren nnd mit dalm 'brenne' (aus *da^im)
dätg, dttog 'fackel' ai. dunöti 'brennt, quält' zu vergleichen.
Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 195
purgö wohl aus pürigö, vgl. clärigö. Die lesart pürigö ist
bei Varro r. r. 2. 4. 14 in zwei hss. bezeugt. Bei Plautus:
exparigö (Capt 616, Mil. 497 u. 517), perpürigö (Mil. 774).
*8ordu8 (wozu sordidus wie flaccidus zu flaccus, squäiidus
zu squalus, nividus zu mw« u. s. w.) aus ^ioro-dhos (oder
*8ar0'd(h$?) : ru. 5or6 'schmutz, dünger' (Pokrowskij KZ.
XXXV 232 f.; anders Nied ermann IF. X 230, der an der
alten etymologie [got. swaris 'schwarz'] festhält).
surculua ('surum dicebant ex quo per deminutionem fit
surculus'. P. ex F. 423) aus ^süroqelo-s: deminutiv zu sürus
*pfahr 0.
virtüs aus *y.iro4üi- zu *|/iro- wie servitüs zu servo-s.
Hierher auch die nominalstämme ear-n- und far^ {*bhar-8-).
Die ursprachliche abstufung der en- und ««-stamme ist dadurch
gestört, dass bald die eine, bald die andere stufe sich auf kosten
der übrigen verallgemeinert hat, und die entstehung von ver-
schiedenen Paradigmen verursacht. Z. b. in homö hominis
(= *hofn^S8 od. *hamone8)j ordö ordinis (= *ord^i^ od.
*ordönfy)y genus generis (= ^geneses)^ tempus temporis (=
^tempos^) hat die e- ev. die o-stufe den vortheil über die
übrigen gehabt Dagegen in edö edöniSj Uro iirönis, honar
(honöa) honoris (» ^honöses) wurde die dehnstufe verallge-
meinert. Von vornherein gibt es kein hinderniss, die stamme
car-n- und ^far-s- aus der Verbreitung der nullstufe zu er-
klären, aber die thatsache, dass sonst die Verallgemeinerung
dieser stufe im Lat ein unbekannter Vorgang ist, legt die an-
nähme nahe, dass das zusammenfallen der «n- (bezw. es-) mit
der n- (bezw. s-)stufe von der synkope verursacht wurde. Ob
farina (zunächst aus *farrina *farsina) auf '^bhar-s-Xnä (asl.
braShno aus ursl. *borshno) oder auf *bhar'(e)8'inä (got. bari-
zeins 'gersten') zurückgeht, lässt sich nicht ausmachen.
Aus den composita von rapiö, die gewöhnlich keine Syn-
kope aufweisen (arripiö corripiö dtripiö usw., wahrscheinlich
nach der analogie zwischen arripiö : arreptus und acdpiö :
aceeptus, confieiö : confectus), kommen hier in betracht: surpere
(die belege bei Georges Lat. wf. s. v.; dazu surpuit Martial
1) Die kürze des u hat Stowasser Gomm. Wölfflin. 26 ff. nach-
gewiesen. »Urus verhalt sich zn ai. sväru-ß 'opferpfosten' wie gr. vnvo^
nz ai. iväpna'S 'schlaf, traam', lat. $omnu9^
196 Giuseppe Ciardi-Dupre
12. 29. 10 u. 12); erpe (in Plaut. St 716 statt des überlieferten
eripe von Skutsch I 36 anm. wiederhergestellt). Von einem
adjektiy *üsü-r(a)p(h (wobei ^rapo-i rapid wie *capo- [occupö,
nüncupo] : capiö) ist üsürpö hergekommen.
Die composita von regö haben theils die synkopierte, theils
die unsynkopierte form: pergö porgö surgö, aber arrigö corrigö
dirigö erigö porrigö surrigö. Es ist bemerkenswert, dass letz-
tere nur transitive bedeutung haben, erstere überhaupt die
intransitivische ^). Das erklärt sich meines erachtens dadurch,
dass der Zusammenhang zwischen regö und seinen composita,
dessen bewusstsein die erhaltung ev. Wiederherstellung des vo-
cals in erigö porrigö usw. zuzuschreiben ist, bei intransitivischem
sinne minder durchsichtig geworden war.
Die Synkope nach liquida ist auch in den oskisch-umbri-
schen dialekten bezeugt: vgl. culchna (auf einem campanischen
thongefässe) aus gr. xvXixvii (woher auch lat. culigna entlehnt
ist) 'kleiner kelch', und die umbr. imperative kartu 'distri-
buito' kumaUu eamoltu 'commolito' veltu 'deligito vel sim.'
ehudtu 'edicito, iubeto' holtu '?' amboUu '^ambulito' [zu amtu'-
lätö wie lavitö zu lavätö] arpeUu 'adpellito'. Prinzipiell steht
also nichts im wege anzunehmen, dass die anfange der Synkope
nach liquida auf die italische urzeit zurückgehen. Was die ein-
zelnen besprochenen beispiele anlangt, kann man freilich daraus
keine sichere folgerung ziehen, denn das gesetz, wonach ein
vocal nach liquida ausgestossen wurde, galt auch noch im
sonderleben des Lateins und wirkte in verschiedenen zeiten.
Z. b. ist die synkope in olfaciö (= *olefdciö) jünger als die
lateinische akzentverschiebung: dass sie unter der älteren be-
tonung nicht stattfinden konnte, darauf weist der umstand hin,
dass eine solche Zusammensetzung in jener periode noch nicht
zu fester worteinheit verwachsen war, wie aus der nichtschwä-
chung des ä (vgl. conficiö aus * cönfaciö u. dgl.) erhellt. Gleich-
wie in olfaciö ist die synkope in calfaciö (s. die beispiele bei
Deecke Facere und fieri s. 47) neben calefaciö, und arfaciö
(Cato r. r. 69. 1 und 157. 12) zu beurtbeilen.
In einer reihe wörter ist die vocalausstossung jünger als
der rhotacismus:
1) S. bei Georges Lat. Wf. i. v. die belege för porgö «s parrigd.
Seltener kommt nirgö in der bedentung von iurripö (z. b. PlAut. Epid.
BohluBSvers: htmbos 8urgiie atqm egtoUiU) vor.
2ur geschichte d^ lateinischen vocalsynkope. 19?
ardus (Lucil. 27, 40 ed. M., CIL. I 577»,«, ferner, nach
Skutsch I 43, Plaut Aulul. 27, Pen. 266) neben aridus aus
*afndo8 : äreö 'bin dürr' assus ara (altl. äsa) 'Scheiterhaufen,
altar' (eigentl. 'brandstätte') , vo. asif, inarr. asam u. aaOj ai.
äsas 'asche, staub' (Osthoff PBB. XIII 396) lit. ai»Ü8 (: as-
- lit. aitrüs : lat. äier. Prell witz o. XXI 71 «f.).
iurgö iurgium aus ^io^-agö, -io-m. Es ist ein compositum
aus der wz. ag- (vgl. den aufsatz L. Meyer's o. VI 130 — 137).
Die unsynkopierte form obiurigandum in Plaut. Mero. 118 (vgl.
RitBchl opusc. phUol. U 426 ff.).
örnus aus ^örinos » *ö8ina8 oder *a8eno8 : gr. [ax€Q-']talg
Sireisspappel' (Fick Vgl. wb. I * 373 und o. XVI 171, Prell-
witz Et. wb. d. gr. spr. 42 und o. XXIV 106, Johansson
IF. II 52), air. hu*nn*u8, nkym. onnen 'esche' (Brugmann
I ' 772), lit. ü'sis, asL jasem jascnb 'esche' (Solmsen KZ.
XXXIV 32 anm., Pedersen IF. V44f., Brugmann a.a.O.).
vema aus *verina — ^^esinä 'der im haus geborene
sklaye' : ai. vdsati 'er verweilt, wohnt', got. tcisan, ahd. iceian
'bleiben, verweilen, sein' ^),
Ob vetemus aus ^t^tesinos (zu veius, gr. ffrog 'jähr', ai.
vatsd^s 'Jüngling' usw.) herkommt, oder nach alternus, paternus
u. dgl. gebildet ist, bleibt unsicher.
Endlich ist die synkope in ccUdus, soldus, vald^ später ein-
getreten als in haUux PMüx, wie das unterbleiben der asstmi-
lation von Id zu II uns lehrt.
§ 3. Einige forscher nehmen an, die synkope nach liquida
sei nicht ohne mitwirkung anderer fieiktoren eingetreten, und
die unsynkopierten formen ealidus, gdidus, yrirUtis usw. seien
ebenso lautgesetzlich wie ccUdus, vcide, hämus, surgö usw. ent-
standen, anter anderen bedingungen als diejenigen, die die syn-
kope verursachten. Zwei theorien wurden vorgeschlagen.
Von Planta I 214 hat im Umbriscben einem auffallenden
gegensatz zwischen dem imperativ auf -etöd (-üöd) und dem
1) Gonwsj Vemer's law in Itsly 6 und Walter Bhotaeism in
the old italian laognages 14 setzen einen stamm *f)49nä an, denn sie
nehmen einen lantwandel von «n zn m an, was anch Deecke Falisker
188 (Falentus ans *FdU9no§, eavema aus *edve9na) sugiebt, m. e. an-
richtig. Ohne zureichende gründe trennt Fröhde BB. XVI 212 vema
von der wz. fte»- Sirohnen' nnd vergleicht es mit lit. wirgtu leibeigner'
wargine 'leibeigensobaft'.
198 Giuseppe Ciardi-Dupre
particip auf -ekh (-ito-) bemerkt: das ^ (t), das im imperativ
(mit ausnähme der n-stämme) regelmässig synkopiert wird, ist
im particip durchaus erhalten, z. b. impt aitu = *agetöd,
deitu sa *deiketöd, dirstu ^ ^didetöd, aber particip muieto —
*mugetom, maietu =a ^maUtomy oseto a= ^opseUL Daraus
glaubt er die folgerung ziehen zu können, der unterschied
hänge von der natur der endung ab: *lm imperativ stand das
e zwischen dem hauptton und der gewichtigen endung -töd
4üdj während im part. sicher im nom. sg. masc. auf -is aus
'tos (tagez, ^segez, *mdUz etc.), vielleicht auch vor anderen
leichten endnngen wie z. b. -öm die synkope unterblieb und ^
von hier aus dann auch in die übrigen casus eingeführt werden
konnte, so nom. pl. tasXür abl. pl. vuflUis pro^esUlr (fiir den
abl. sg. fehlen beispiele)". Danach >) scheint von Planta die
vermuthung möglich, dass lateinische doubletten wie ccdidua
caldus aus einem urlateinischen paradigma nom. sg. *calidos
acc. *calidam gen. caldz abl. ccddö (sidy.calde) usw. zu erklären
seien. Stolz 203 (und IF. IV 233 ff.) und Sommer IF.
XI 4 ff. haben sich dieser theorie angeschlossen; Sommer aber
nimmt an "dass synkopierung eines zur zeit der uritalischen
anfangsbetonung auf die akzentuierte silbe folgenden kurzen
vocales hauptsächlich dann erfolgen konnte, wenn dahinter noch
mehr als eine more stand; es wäre dann ganz gleich, ob das
quantitätsthema des betreffenden wertes ^u_, J.wuu oder
jLkj^kj usw. gewesen war". Ein hübsches beispiel dieses ge-
setzes sei das pron alter =& ^aU-t^ra-s gegenüber dem adv.
attrt^. — Andrerseits glauben Osthoff Arch. f. lat. lex. IV
464 f. und Skutsch I 46 ff., das Sprechtempo habe bei der
Synkope eine rolle gespielt: ärdus sei ^eine schnellsprechform',
äridua ^eine form der geringeren geschwindigkeit', was man mit
anderen Worten eine allegro- bezw. lentoform nennen kann.
— Ich weise beide hypothesen zurück, indem der einfluss der
analogie bei den unsynkopierten formen mir nnverleugbar er-
1) Diese hjpothese einer näheren prüfnng unterwerfen kann ich
augenblicklich nicht Beilanfig sei darauf hingewiesen, dass maktu^ das
von Planta durch ^moiitum^ wiedergiebt und dem impt. kumaUu eomoUu
entgegenstellt,' von Gonway Italic dialects 681 f&r einen imperativ (au
-moftti wie lat. /sroitö znfervitö) gehalten wird. Vielleicht ist es nicht
unmöglich, dass andere imperative auf -^to -«tu an instamme ansu-
reihen sind.
Zur geschichte der lateiDischen vocalsynkope. 199
scheint. In der tbat gehören alle wörter, bei denen die Syn-
kope unterbleibt, bestimmten kategorien an, wobei die Wörter,
die der synkope unfähig waren, die übrigen davon zurückhalten
konnten, d. h. [1] nomina auf -ico- : alica, fulica, väricus,
tüieus u. dgl.; [2] participia auf -t-to- : aboliius, meriius;
[3J nomina auf -tu- : dliiu9 ^nährung', atMlüus, apfritus; [4]
nomina agentis auf -tar^ : holitor; [5] abstrakta auf '4äJt : am^l-
ritas, Caritas, crüdäitäs usw. i); [6] adverba auf 4us : caeliiuSy
gentflüus, oculüua; [7] adverbia auf -ter : aliter, celeriier, du-
riter usw.; [8] verba frequentativa: quaerHö^ valitöy volitö; [9]
zusammengesetzte verba aus legö {coUiffö, düigö usw.), ligö
{aUigö, coUigö usw.), linö {ittinö, relinö), rapid {arripiö, corripiö
usw.), regö (arrigö, dirigö usw.) etc. Umgekehrt waren die Wörter,
wo die synkope eintrat, isoliert und daher analt^schen ein-
flüssen unausgesetzt Bei hallux homus ornus vema gab es
keinen anhält zur bewahrung des vokales; bei vclnus war das
einzige facinus unfähig eine Wirkung auszuüben. Entscheidend
scheinen mir hortor, portö, fordus. Warum qtiaeritö, volüö aber
hortar, portö? Durch das verhältniss qtMeritö : quaerö, volitö :
vdö, wurde der charakter eines frequentativum für quaeriiö
und volitö bestätigt, und die endung -itö (vgl. habitö : hiAeö,
vomito : vomö u. dgl) als dessen kennzeichen empfunden. Da-
gegen, bei mangel an einem *poreö, *horior (letzteres gerieth
früh ausser gebrauch), wurden hortor, portö nicht mehr als
frequentativa angesehen. Ebensowenig konnte, da ein *foreö
(» gr. fpoQiw) oder *foru8 (: gr. gH)Qä) nicht vorhanden war,
*forido8 in candidua : candeö candor, pnücidus : müeua, fnor-
hiduB : morbus u. dgl. einen schütz vor der synkope finden.
Dass die erhaltung des vokales analogischen einflüssen zu-
zuschreiben ist, dafür spricht auch der umstand, dass, wenn
synkopierte und nichtsynkopierte formen nebeneinander stehen,
letztei'e überhaupt der hochsprache, erstere der Umgangs- bezw.
der Volkssprache angehören *). Eine bekannte stelle Quintilians
(inst, orat 1, 6, 19) ist darüber lehrreich: ^'Sed Augustus
quoque in epistolis ad C. Gaesarem scriptis emendat, quod is
1) Wie könnte man in quaerito quMrüäre, volitö volitäref sowie in
den abstrakta auf -täs (gen. -tätis asw.), die erhaltang des t durch die
Planta-Stolz-Sommer'sohe theorie erklären?
2) Skntsch I 46 ff. hat diesen umstand anerkannt: er findet aber
darin eine stütze für seine lehre des Sprachtempos, m. e. unrichtig.
200 Gioaeppe Giardi-Dapre
caUdum dioere quam eaUum malit, noo qaia id non sit lathmiD«
aed qnia odioram sit et, at ipse Graeoo verbo significaTit, ne-
^U(jy€t^\ Daraus eigibt sich, dass adidus statt ealdus zur
seit des Augnstos ab ein veraltetes im orogaog zu yennddendes
woit angesehen worde. Unter den von der Aj^ Pr. GLK.
IV 198 Terpönten wortformen findet man ealda and virdü. Die
romantscfaen sprachen weisen auf synkopierte lateinische grond-
formoi hin: z. b. «rat» (it. ermo, sp. yermo, mm. ermu\ virde
(it. sp. nun. verde, fr. vert), ealdu (it sp. caldo, fr. diaud,
mm. cold), soUu (it saldo, fr. eoud, sp. sueUo) usw. i). Fand
die erhaltong des vokals in aläer, dürUerj äridus, ealidus o. dgl.
durch anlehnnng an gewisse wortkat^rorien statt, ist es selbst-
verständlich, dass sie von der grammatischen gelehrsamkeit
der q^:echenden abhing, und daher vorzugsweise in der spräche
der gebildeten kreise zu erwarten ist.
§ 4. Als beispide der synkope nach nasalis sind folgende
Wörter aaznfnhren:
jüncus ans *jaimeo8 : m. ir. aom, gen. aime (stamm
matUö (^mantare saepe manere' P. ex F. 119) aus ^manUö
zu maneö wie momiö zu moneö. Mit maniö ist ommentans (liv.
Andron. bei Fest 218), Maniuma (zu ^maniar wie Ptausmmims
zu pUnuar) zu erwiLhnen.
numeupö aus ^nomthcapö. Der erste theil weist den ersatz
eines n- durch einen o-stamm auf, was in Zusammensetzungen kein
seltner vorgai^ ist: v^. Jkomteida aus ^hinuhcaida, «mgui-soga
(zu sanfuem-, denn scmyufs ist eine neubildung), m/ao-ßatfi^gf
dKfto-deww usw. (Bragmann II 26).
fameepe (Slxog scn/nov^ init^foirjUav Gloes. Philox. 141. 48)
ans ^fomheap^ : pmms 'drnse' (P. ex F. 276).
pnmdimm ans ^j^rdm-ecltoii» (Hirt Idg. ablaut 83).
pHiieeps ans ^prümhcap^.
Mbra aus ^a^mi-übra über *98BAra, Infolge der akzent-
vwschiebung £snd die Vereinfachung des U statt: vgl. mamiäa
(zu flNOiiifiia) ans ^fiMiifiiiii'fla.
eesqui-, sestertius aus *semisque-, *sem%sieriias.
sineiput. Es wird nach der gewöhnlichen annähme, die
auf die alten grammataker zurückgeht (vgL Diomedes GLK.
l)Mejer-Lübke Gramm, d. roman. spncben I 261 {ygL auch 54).
Zur goschichte der lateinischen vocalsynkope. 201
I 436, Velius Longus VII 7), als ^semi^aput aafgefasst. Neuer-
dings aber hat Wackernagel (bei Niedermann £ und I
im Lateinischen 31) eine verschiedene erklärung Yorgeschlagen,
denn er nimmt an, ainciput sei aus ^aifino-captU entstanden.
In lautlicher rücksicht sind beide erklärungen zulässig ^), was
die bedeutung betrifft, ist die Wackemagel'sche widirschein-
lieber.
tinca aus *timica : ai. timi'^ 'fisch, raubfisch'. Dieses
wort kommt zuerst als eigenname bei Cicero Brut 172 und
Quintilianus 1. 5. 12 vor, dann als fischname bei Auson, Mo-
sella 125. In letzterer bedeutung lebt's im Romanischen fort:
ital. sard. tinca prov. ienca.
Haus (nlMus) aus ^oj^Uhs.
undecim aus *ufiamdecem bezw. *ü*nozd€cem *)•
vendö aus *venamdö, woneben venum dö (dare) eine neu-
bildung ist.
vindemia aus *vtno-demia.
Hierher gehören auch die deminutiva auf -ellus, -iUus,
"llltis, -öUus z. b. gemdlus aus *gemen(oJlo8, femeUa aus */«-
men(o)lä, catBlla aus *catBn(o)lä, lupülus aus *lup^n(o)lo8,
8uülu3 aus *8uin(o)los, vülum aus *vin(ojlofn, persölla aus
*per8on(o)la, carÖUa aus *corön(o)lä.
Sehr unsicher sind folgende beispiele:
anqutrö aus *dna'quai8ö nach Lindsay 578, aber aus
* dmbhi'quaisö nach Stolz 390. Beide annahmen sind mög-
lich. — Wahrscheinlicher ist die herleitung von antemna aus
^dna4em''na (anders freilich Stolz 308). Ganz fraglich ist die
bildung von antestarlx v. Planta 1 475 setzt ein ^ana-testärX
voraus, dag^en Brugmann I * 861 *anti'te8tärJ; Lindsay
578 hält beide annahmen für möglich.
cante statt canüe kommt in einem bruchstücke des Carmen
Saliare vor, doch bleibt es unsicher ob man mit einer synko-
1) Der lautliche gegen die ableitang aas *iemi-eaput von W. er-
hobene einwand, dass der Übergang von 'ene- zu -ine- den lateinischen
lautgesetzen wiederspricht, ist nicht überzeugend, denn der wandel von
"öne- zu -üne- (nuneupo) liefert zu -fnc» «e ~$nc eine gute parallele.
2) Ton einer grundform * otj^om-cftfi^fi auszugehen, wie Bartho-
lomae Grd. d. iran. phil. I 1. 112, hat man keinen grund, denn der
stamm ^oj^ 'ein' (av. äeoa- ap. atoo- '6in' gr. dlog kypr. ol^og 'allein')
scheint im Lat. völlig untergangen zu sein.
Mtrtftt B. kBBte d. iadff. ■pcMhm. XXVI. 14
302 Giuseppe Ciardi-Dapre
pierten form zu thnn hat, denn es kann ein überbleibsei der
atbematischen flezion sein ^). Jedenfalls hat das gewöhnliche
eanäe durch systemzwang das i bewahrt, ev. wieder beigestellt
maneeps (gen. mancupis nsw.) inaneupö, mancupium aus
'^manu-cap-. Neben manu- (lat manu-s, umbr. manuve 'in manu')
existierte der stamm man- (umbr. manf *manus' (aca), aisl. mund
*hand', ags. mund, ahd. munt 'schütz, band'), und Ton vom-
herein steht nichts im wege anzunehmen, maneeps u. s. w. seien
aus dem letzteren gebildet Die umfarbung aber des wurzel-
haften a zu « setzt den einfluss eines tt-vocals {u, o, au) in der
Yorausgehenden silbe yoraus (Parodi, St itaL di filol. class.
I 411 f.). In mantäum (aus ^-ierg-do-m) mantäium (woraus
mantüe und, nach monUe, mantUe) maneiölus {manetoUs tenellis
Laev. bei Gellius 10. 7) maäumum mansuüus, wo jenes krite-
rium unterbleibt, kann man sowohl ^rnanu- als * man^ ansetzen.
Es ist bemerkenswerth, dass die synkope nach nasalis nicht
nur in offener silbe, wie nach liquida eintritt, sondern auch yor
gewissen kousonantengruppen, namentlich yor nd und st {zd?)^
vgl. vendö aus ^venomdö^ undecim aus *un&mdecem (od.
^ü'nozdecem?)^ sssqui- aus ^semisque, ssstertius aus ^ semistertios.
Daraus folgt die möglichkeit das plautinische misterium für
ministerium durch regelmässige synkope zu erklären: dann wäre
minister ministerium von magister magisterium gestützt.
Umgekehrt ist das gebiet dieser art synkope dadurch be-
schränkt, dass sie dann unterbleibt, wenn eine zweite nasalis
nach dem vocale liegt. — Dass der vokal in n — m erhalten
bleibt, ist keinem zweifei unterworfen >). Für m — n liefern
fSmina (eigl. *die gesogene' : fsläre, gr. drjaazo *er sog*, Otjkq
'mutterbrust' usw.); fiemitia (zu norw. biUema 'hautbläschen',
dial. schw. bläna aus wz. bhU- ^schwellen' [Persson Stud. z.
1) Die lesart eanU wird die richtige sein ? Man hat auch mit der
möglichkeit einer falschen Überlieferang zu rechnen , wenn es sich am
das Carmen Saliare handelt.
2) Freilich versucht Wharton Class. Rev. VI 1 1 f. tMrma aas * nön-
mä *nön(i)mU herzuleiten, er denkt aber nicht (ebd. 258 f.) an eine lant-
gesetzliche entwicklung von *nönm!& aus *nöfitma, sondern nimmt an,
grcma 'surveyor's pole' und forma 'outline' haben den trieb gegeben,
aas *fidfitm5 ein zweisilbiges wort zu machen. Unrichtig ist die von
Lindsay 271 vorgeschlagene herleitnng von earmengermen aus *ean(%)-
meuj *gen(i)men.
Zur geschiohte der lateinischen vocalsynkope. 203
lehre y. d. wurzelerw. u. wurzelvar. 173], nicht zu gr. 9)^-
jMonf); geminus; mminö; cantäminö; cöminus; eminus, und die
endung --mim der 2ft plor. pass. den beweis. Die ausnahmen
sind nur scheinbar, denn alummu (eigentl. part pass. zu €Uö,
also 'genährt, erzogen'), edumna (•- 'celsa' eigentl. 'die erhabene'
: coUiSy ex-cdlö, gr. xoXiuvos 'hügel', got. haUus 'fels', ais. hallr
'hiigel, abhang*, lit kdlnas 'erhebung, berg* käti 'heben'), pi-
lutnnoe ('pilis armati* ^) Fest. 244), Vertümnus Vartumnus 'der
gott alles wandeis und wechseis' (zu vertö)^ und die etymolo-
gisch unsicheren aerutnna (zu gr. aläyog 'schmerzlich, traurig' ?
Fröhde 0. VII 325), autumnus (zu ais« auA' 'reichthum',
Schrader Sprachw. u. urg. > 440 [?]), Pfcumnus PUumnus
'brüderliche ehegötter des alten Rom', VUumntM 'ein gott, der
den kindem das leben spendet' Vciumnus Volumna 'gottheiten,
denen man die neugebome empfahl', ccUumnia (aus * ccUü-mn-iSL
zu calvi 'ausfluchte suchen' — acümen^ volümen : acuö, volvö)
enthalten die schwache stufe -rnnth des Suffixes "fnenO" (vgl.
Brugmann 11 155). Die nebenform domnus zu dominus ist
wahrscheinlich eine in appellatiyischen anwendungen entstan-
dene abkürzung, wie ital. sor s= signor(e)j sora » signora >).
§ 5. Ein zwischen liquida bezw. nasalis und vocal liegen-
der oonsonant legt der synkope kein hinderniss in den weg,
wie es aus folgenden beispielen erhellt:
[A] { + consonant:
fulmen aus *fulg(u)men ^fidg-i-men : fulgeö wie documm-
(tumjj aus ^doC'i'^nen(U>m) zu chceö.
mvlctus aus ^molgitos (?). Die Unsicherheit hängt davon
ab, ob das c, dessen erhaltung den beweis für das frühere
Vorhandensein eines vocals zwischen demselben und dem t
liefern soll (denn ursprüngliches -Ikt- wäre uritalisch zu 4^-
geworden vgl uUus : vlciscor; fvUus : fulciö; muUa, 0. moltam
'multam' u. matar 'multae' : mulcare), nicht andrerseits nach
analogie von mula^ (oder zur Scheidung von multus 'viel'?
Brugmann I > 668) wieder hergestellt sein könnte.
1) Hier hat das suffiz -tnCe}nO' die bedeatnng 'mit etwas versehen,
ausgestattet', so wie -Uh in auniüt, or?ftl<fis, eineiSUi»j eormUU n. dgl.
2) Der vooativ domnel kann als eine ^allegrofonn' angesehen wer»
den, da es nm ein intexjektionsahnliohes wort handelt, oder, nach
Sommer's aasdrack (IF. XI 5) 'molto-allegro-form'.
14 •
204 Giuseppe Ciardi-Dupre
[B] r + consonant:
forcf,p8 ('forcipes dictae sunt quod forma capiant, id est
ferventia' P. ex F. 65) aus ^formo-cap-s.
forctus (•forctum pro bono dicebant' P. ex F. 73) aus ^for-
güö8 part. prät. zu einem ^forgtö *bhorg4iö (ai. barhdyati
'kräftigt, stärkt'). Die synkope wird durch das c bestätigt,
denn urspr. -rkt- wäre zu -rt- geworden vgl. fortis o. fortis
'fortius, potius' aus *bhjyh46-s (— ai. hfähd-),
Marpor 'söhn des Marcus' (CIL. I 1076 u. viell. IV 1906)
aus Mardpor *).
ornö aus ordinö, das nach ordö ordin- rückgebildet
wurde.
quernus aus *querc(i)no8 : quercus wie fäginus : fägtts
u. dgl. — Anders, und m. e. unrichtig wird quernus von
Stokes o. XI 71 und von Meyer(-Lübke) KZ. XXVIIl 171
erklärt. Dieser leitet es aus *que8ino8*) her, jener aus *qerno-
(air. crann ^baumstamm').
tostus aus *torsiio8j part. prät. zu torreö = ^tors-iiö (ai.
taradyati *er lässt dürsten', ahd. derriu *ich mache trocken,
dörre'), vgl. monitus : moneö, ai. corita- : cordyati u. dgl.
[C] n + consonant:
cunctor aus *concitor. Eä ist ein denominativ aus *hon'
quo- (ai. ^ankita- *besorgt, ängstlich vor').
cünctus aus *coenquUo8. Es ist ein, wie penitus, in adjek-
tivischer funktion gebrauchtes adverbium zu ^co-en-quo-, das
eine bildung wie longinquos propinquos aufweist (Brugmann
Totalität 20 flF.).
deinceps vielleicht aus *deinde-cap-8.
quindecim aus * quinque-decem, quingentl (arch. quincentutn
Fest. 338) aus * quinquecenti , qutndus aus *quinqueto8 (zu
Quintus wie ai. paTtcatha-, air. cöked zu gr. ftifÄTtrog) ').
1) Entstand Marcus selbst vielleicht aus * 3farticosf
2) Wäre diese erklärnng richtig, würde quernus auf derselben
linie mit ornus, verna stehen.
3) Absichtlich habe ich nicht, in dieser reihe impedire itnperäre
angeführt, denn ich ^(laube nicht, sie seien synkopierte formen aus indu-
peräre indupedirey wie einige forscher annehmen, sondern halte letztere
für poetische, der lebenden spräche fremde bildungen, wie auch Schulze
Quaest. ep. 15 anm. meint.
Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 205
[D] m + coDSonant:
Hierher gehören alle mit der präposition *ambhi (ai. abhi,
av. aüvi, ap. abii/, gr. äiaq)!, as. ahd. umbi) gebildeten Wörter :
anc(ze8ti8 ('ancaesa dicta sunt ab antiquis vasa quae nunc cae-
lata appellamus, quod circumcaedendo talia fiunt' P. ex F. 15)
aus * dmbhi'kaidHchs ; ancentus (CIL. X 4975, wo Momuisen
bemerkt, dieses wort sei bei Ammianus Marcellinus in folgenden
stellen statt des überlieferten 'accentus' wieder herzustellen:
'dato aeneatorum accentu sollenniter signo ad pugnandum'
[16, 22, 36], *aeneatorum accentu signo dato ad progrediendum'
[24, 4, 22]); anceps; ancilia ('quod ea arma ab utraque parte
.... incisa' Varro I. 1. 7, 43); anculus (-» ai. dfÄq>inolog);
amfäriam (^pro ambftbus partibus' Gloss. Epin. 1 f. 35); am-
fractus amfractärius amfragösus; amflexas; amplector u. ver-
wandte; ampendices ('dicebantur ab antiquis quod circumpen-
derent' P. ex F. 16, 3); ampsanctus ('loci ampsancti, id est ab
omni parte sancti' Serv. ad Aen. 7, 565); anquirö (? s. oben);
amseges ('amsegetes dicuntur quorum ager viam tangit' P. ex
F. 16); amsedeö ('amsedentes circumsedentes' Placid. p. 8 D),
amtermini ('qui circa terminos provinciae manent' P. ex F. 13).
Dass der beispiele dieser art synkope, in vergleichung mit
denen der synkope nach einfacher liquida bezw. nasalis, sehr
wenige sind, ist keine befremdende thatsache, denn, durch zu-
sammenstoss des dem vocal vorhergehenden konsonanten mit
dem darauf folgenden wird ersterer überhaupt verändert oder
ausgestossen, so dass der wurzelhafte theil des wortes und dessen
Verwandtschaft mit anderen Wörtern unverständlich werden.
So z. b. würden aus farcimen^ sardna, algidus, algificus, *f ar-
men (zu farciö)y ^sarna (zu sarciö), *aldu8 *alficus (zu cUgeö)
entstehen, wenn der vokal nicht erhalten oder wieder herge-
stellt würde.
§ 6. Synkope nach ^ weisen folgende wörter auf:
aububulcus ('pastor ovium' Löwe prodr. 348) aus ^aui- oder
^a^O' : idg. ^agih, lat. avilla ägnus, gr. dinvög *lamm'.
auca auceps aucupium; augur augurium; auspex auspidum
aus *a^i'Jca u. s. w. Als erstes glied der Zusammensetzung
kommt der stamm *ajii' Wogel' (lat. avis, arm. hat, gr. ä-eTog)
vor.
audio aus *Auizdiö : gr. alaOdvofiat 'nehme wahr'. Dar-
aus ergiebt sich, dass die synkope nach ^ älter ist als der
2()6 Giuseppe Giardi-Dupr6
schwand des z vor d, dem ein ^avidiö wäre nicht zu audio
geworden.
autumö, ein denominatiy von ^autumo- ^oifiYunto- : oYw
(» ^oßm). Lindsay 180 u. 235. Wharton Et. lat. s. v.
cautus ("tO') catUus {4U') cauior cauHö aus ^ca^i- (cavitum
CIL. I 200 «. 7 cavüionem P. ex F. 43): caveö. Vgl. monitw
(4(h u. -^u-) manitar monUiö : moneö.
daudö aus ^clä^ido : c2S9i9y gr. xAij^i; xA«/$ 'schüsseF.
faustus aas ^fd^estos : /at'or. Vgl. Aones^ua : Aoitor.
«fi^Iana nicht aas ^joft-^lans sondern aus *jöueS'glan8
*jau(z)glan8. Als erstes glied ist ein gen. sg. anzusetzen
(Von Planta IF. anz. X 58).
öpüer ('opiter est, cuius pater ayo yiyo mortuus est' P. ex
F. 230) aus *ö/f^o)'p(Uer eigentl. 'der den grossvater als vater
hat'. Das ( für au ist eine vulgärlateinische eigenthümlichkeit.
paueua aus ^pa^icos; pauper aus ^pd^o-paros (ygl. opi-
parus).
raucus aus ^rauieos : ravis 'heiserkeit'.
Die adjektiva ^audos (gen. sg. audi yon S kutsch I 44 in
Plaut. Bacch. 276 wieder hergestellt, audeö atuiäx, dagegen ge-
wöhnlich afridus^); crüdus aus * cref/todo-s *) zu cruor, gr. xQiag
'fleisch', ai. kravi^ 'rohes fleisch'); nudua aus ^no^odos ^noqiio-
d<h8 (zu ai. nagni-, got. naqaßsy lit. nägas, asl. nag^ 'nackt');
üdu8 (neben üvidus) aus *ü^odos ^ügtiodO'S (zu aisl. vgkua
'feuchtigkeit , nässe'?). In atidus gravidus pavidua üvidus ist
der vocal nach der analogie von lepidus rapidus u. dgl. wohl
erhalten ev. wiederhergestellt
Eigennamen [1] auf -^üo-, --iliO' : Ätdus Äulius (neben
Ävüiua CIL. I 85 » XIV 3069, Äirilia IX 5699), CauUus
neben Cavüius CIL X 1292), Cltüius (CIL. Xn 1185, Cloulias
I 381, I 1297 » IX 4463, XIV 2820, neben auüiua Cloelius
a= * Clovüius), Jüius Julius (neben Juüius inschr. in Ann. inst
arch. 1880 s. 249, aus *J(wüiu8), *Poulio8 (gen. sg. Pauli CIL.
I 1556, n 401, 4970, neben PuüiafsaxaJ Fest 330); [2] auf
1) Bartholomae o. XVII 120 erkennt in audeö keine synkope
an, sondern die Schwundstufe einer bisyllabischen wnrzel a^dh- (ai^lov
avidus : audeö as a/|di : av^m). Diese annähme scheitert daran, dass
arspr. *audh- zu ^aub- geworden wäre (trotz Geci's ansfuhmngen in
Rendio. Aecad. Linoei V, 4 (1896) ss. 616—686, vgl. besonders s. 620).
2) Anders jetzt Hirt Idg. ablaut 103 [Ck>rrectamote].
Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 207
-ido", -idiO' : Audius (neben AvidiuSj Avidiänus etc.)» Caudiua
(wohl aus *Cavidio8\ Claudius (aus *Clavidio8 : Clavius —
Avidius : Aviua); [3] auf -tc»o« : Aucius (neben Avicitis); [4]
auf ■4siio- : Chtstius No8tiu8 (? über das o vgl. unten) Bustiua
(aus *Nevi8tio8 : *Neiti8to8 *) u. s. w. =■ Lepidiu8 : Lepidu8
u. dgl.).
Den Wörtern, die ein 0)f (=s urspr. o^ oder ejf) enthielten,
ist «ine besondere betrachtung zu widmen. Davon weisen einige
regelmässig die synkope auf:
brüma aus ^breuimä. Diese grundform behauptet neuer-
dings Sommer IF. XI 210 gegen Osthoff Morph, unt V. 91
und Fick Et. wb. 11 * 179 die *brehufHä ansetzen.
curia aus ^eö-^iriä zu *^ir0'8^ (lat. vHr, ai. vird-s, air.
fer, got. wair, lit vyrtu 'mann'). Die abweichende von Stolz
253 f. verfochtene ansieht, wonach curia (d. h. ^quoiaiä) mit
Quirftia auf eine wurzel *qei8' zurückzuführen wäre, gilt mir
als unwahrscheinlich >). Überdies kann ich mich nicht ent-
scheiden, cäria von vo. cohueriu (Von Planta I 279, über die
bedeutung des h vgl. IF. anz. X 57 anm.).
obtürö aus *obto^€rö, eine bildung wie modero u. dgl.
prüdens prüdentia aus '*pr6^%id'. Rückbildungen sind
prapideö Providentia,
rü8 aus ^reuo8' : av. ravanh.
rürsum (rüraus)^ 8ur8Uin aus *ri'^r30', ^si-^orso-.
8aiü8, mit aälvus zweifellos verwandt, aber in bezug auf
die bildung nicht genügend erklärt. Es sei mir hierüber folgende
vermuthung erlaubt. Dass ein stamm ^saU^o- dem adjektiv
8alvu8 zu gründe liegt, ergibt sich daraus, dass ein urspr. Ij^
zu U geworden wäre (vgl. pallor pallidtM : lit pahas 'grünlich' ;
poUen aus * polten : pulvis aus ^pole-^es- u. dgl.). Von ^sale^o-
1) Paali Altit. sind. II 140 f. macht darauf aufmerksam, dais in
mancher idg. spräche eigennamen ans snperlativstämmen gebildet wer-
den: vgl. ai- Jye^tha-i Nediftaa-s Vaaiffha-s ^ravitiha-s ^re^fhchs, gr.
"Aqunog KdlluiTog Kqojunog Mfyunos IlUtatog, lat. Postumiu».
2) Dazu bemerkt v. Planta IF. anz. X 57: "Mit einer solchen wz.«
etym. ist für die sachliche Zusammengehörigkeit, die doch den ansgangs-
punkt bildete, nichts gewonnen. Gehören die beiden werter wirklich
etymologisch zusammen, so kommt man, da curia wohl = *e6^%ria ist,
für Qtftrites auf * Coifir^tea mit vortonigem u wie in eluaea usw., vgl.
ferner itaL quaUo aus eoadu» u. dgl.".
208 Giuseppe Ciardi-Dupre
wurde das abstraktum *8aleu(htüt- *salou(o)tüt' eigentl. 'Voll-
ständigkeit, unverletztheit', und daraus durch synkope *8alüt€U',
und schliesslich durch haplologie salüt- >).
In einer zweiten reihe von Wörtern erscheint neben der
Synkope die reducierung des oui bezw. o^e zu ö:
nündinum {noundinom CIL. I 196 *•), aus ^na^endino-
(ai. dina-m, lit. d'enä ^tag*) : nondinum,
*nouno8 (acc. pl. f. nounas CIL. X 2381), aus *nouenO'8 :
nönus nönaginta nongenth
üpiliö (Yerg. ecl. 10, 19 hss. M. u. R., Apuleius passim) :
öpiliö (von Servius a. a. Vergil's o. und von Caper 6LK.
Vn 112 in a. V.'s o. gelesen). Über die etymologie und die
bildung des wertes gehen die ansichten weit auseinander. Es
handelt sich um ein compositum, dessen erster theil sich mit
dem stamme *out- (lat. avis, gr. o'ig usw.) deckt. Der zweite
theil ist nach der gewöhnlichen annähme ein von der wz. quel-
'hüten' (gr. aUnoXoq 'ziegenhirt' ßovKÖkog *rinderhirt') abge-
leiteter stamm'). Dagegen setzt Ceci Rendic. Accad. Lincei
V, 4 (1895) 8. 530 f. zwei parallele stamme an: *aui'quolO'S
(wz. q}*el') und * oup-pdiö (mit ai. pdld-s *hüter, hirt\ aja-pätä-s
avi-päld'S go-palds verwandt). Aus dem letzten soll das plau-
tinische öpiliö und die italischen eigennamen osk. U'pü(iei8)
'Opilii' Upils 'Opilius' pel. Obelies 'Opilius' Ohel 'Opil-' ») her-
kommen.
Drittens weisen folgende nur die reducierung zu ö statt
der synkope auf:
contiö aus *c6ysntiö, Rückbildungen sind Convention con-
venif.
fötus aus *fo^itO'8 : foveö =■ monitus : moneö. Gleicher-
weise fötus (gen. -tüs) fötor fötnentum föculum aus *fauitu'8
^fo^itör- usw. (Zur etymologie s. o. XXI, 163). Wie fötüs usw.
zu foveö verhalten sich mötu8 mötu8 (gen. -tüs) mötor mömen'
tum (aus ^mo^itO'8 usw.) zu inoveö, und vötüs zu vof>eö (wz.
•if^gttA- : u. vufetes vufru). — Dagegen setzen lötiLs lötör lötiö
1) [Vielmehr steckt ai. üH-t im zweiten teil. Pr.]
2) Das p a idg. 0f weist auf dialektischen Ursprung von üpüiö
(vgl. lupua, bda).
3) Diesen eigennamen, nebst lat. Opilius, halte ich vielmehr für
eine ableitung von Ops,
Zur geschichte Her lateinischen vocalsynkope. 209
lömentum einen stamm mit langvocalischem diphtbong yoraus:
*/ajA- (vgl. gr. ftkwtog zu *7tXwfw). Ebenso totua tomentum.
Nbla (osk. Nüvlaniis 'Nolani') aus *Noiiela.
Omen (altl. ösmen) aus *6y^mnen : gr. oXo^iat (— *dj-iaiPfiaC),
Roma aus *Sro\gfemä, Vgl. Geci Arch. Glott. Ital. s.
p. VI 19.
Unsicher ist die von Geci ebd. vorgeschlagene herleitung
von rörärii (Non. Marc. 532 ed. M., P. ex F. 359) aus ^roii-
es-arioi (gr. igewar, i'Qevva, aisl. raun). Derselbe aber erkennt
die möglichkeit an, rorärii auf eine wz. *röw- (gr. iQioi^
'rasche bewegung' ^uo^iai *ich bewege mich', ags. rötfan^ aisl.
röa 'rudern') zurückzuführen *).
Als regelmässige entwicklung ist im allgemeinen die
Synkope anzusehen: die abweichende behandlung wird analogi-
schen einfiüssen oder speciellen lautgesetzen zuzurechnen sein.
Das G für ü (» 0)f) beruht auf analogischer anlehnung in
fotus fötör usw. (nach föveft), motus mötor usw. (nach m^eo),
votus Votum (nach voveo), nonus nönaginta (nach növem), und
wahrscheinlich in nontiäre (nach nötitia)^ opilio (nach öf>is)y
omen ostnen (nach ös). contio ist vielleicht folgenderweise zu
erklären: die unsynkopierte form *ciiuentiö wäre bis zur zeit
erhalten geblieben, wo die assimilation des nachtonigen vokals
an den hochtonigen stattfand, dann wurde *c6i^ntiö zu *c6^'
ontio und schliesslich, mit lautgesetzlichem Schwunde das ^
zwischen gleichen vokalen, * coontio contio. Bei Nola, Nostius,
Borna spielten wahrscheinlich dialektische eigenthümlichkeiten
eine rolle.
§ 7. Synkope nach consonant + s:
dexter dextimus aus *di1csitero-8 *di1csitiii^0'8 : gr. ds^tög,
ai. daksind- däkamor, av. daäina- *dexter', Ht. deszine 'rechte
band', asl. desbm 'dexter'. Dass ein vocal vor dem t wegge-
1) Unrichtig ist die von Kuhn KZ. III 898 ff. herrührende an-
nähme, wonach gloria auf ^^le^-es-iä (vgl. ai. ^avasyd-m ^ruhm, ruhmes-
that') zarückzafuhren sei. Unlängst hat Stolz IF. X 70 ff. diese ety-
mologie einer scharfsinnigen kritik unterworfen, und die Zusammen-
stellung jenes wortes mit glarii ^fiv&oXoyog^ (CGIL. II 34, 15), unter Vor-
aussetzung einer abstufnng ö : ä wie in rädere : rädere, wahrscheinlich
gemacht. — Unentschieden bleibt ob öiium aus *oi4etio'm entstanden
sei, oder ein vulg&rlateinisches ö für au enthalte und mit aututnnue
aisl. audr 'reichtum' zu vereinigen sei.
210 Giuseppe Ciardi-Dupre
fallen ist, ergibt sich aus der erhaltung des Xf denn urspr. -Jcsf-
wäre zu -sU geworden: vgl. z. b. Sestiua aus *8extio8, iUüstris
aus *illouc8tris *).
mixtus aus *mixitos : ai. mek^ayati 'er mengt mit'.
pono aus ^po-Jcsino : ai. k^iH-^, av. äiti-i *wohnung, siede-
lung', gr. "Axiaiq 'ansiedelung', as. sethal, abd. sedal 'sitz, Wohn-
sitz' usw. (wz. Tcpei' nach Brugmann 1 > 790). Regelmässig
ist das particip postm ; dagegen ist die gewöhnlichere neben-
form posäus wohl eine rückbildung aus posui nach dem Ver-
hältnisse genitus : genul, habitüs : habu%, oder nach der analogie
des Simplex süus.
praestö vielleicht aus ^prai-ksitod >).
samo aus ^supa-emo (vgl. sudineo aus ^ supa-ieneö). Das
archaische prät. surSmit (P. ex F. 425) ist lautgesetzlich aus
*8up8'Smä ^su(8)8B'fnit entstanden, surempsit (ebd.) ist nach
der analogie der sigmatischen aoriste umgestaltet, ebenso wie
compsi (statt ^cömif aus *c6-SfnJ), dempsi (statt ^ dornt aus
*di'Smi). Endlich wurden nach campst comptus : cotno, demp^
demptus : dsmo die classischen formen sumpai sumptus ge-
bildet
Mit dieser erscheinung in Zusammenhang steht wohl die
spätlateinische Synkope nach 88 bei Superlativstämmen: pientiam'
(CIL. III 4462) pientismo (VI 13432, 19877) didciamo (VI 13714)
felicisma (ebd.) dulcismo (IX 6270) harümae (EE. VIII 266).
Darüber vgl. Sommer IF. XI 256 f.
Die Synkope eines kurzen vocals nach 8 + consonant ist
nur in hoapea (aus *höstipoti8), soapes (nach Prell witz aus
*8Östipoif'8 *s^f.8tipoti8 : Sii. avasti-^ * Wohlsein, glück') sicher be-
legt. Unsicher ist die herleitung von aeatumo aus ^aisd(i)-
tumo (Bartholomae XI 91; vgl. Brugmann IF. I 171 und
Ceci Rendic. Accad. Lincei V 4 (1895) s. 636).
§ 8. Die Präpositionen *apo (ai. dpa, av. apa, gr. cr/ro,
got. af, ahd. cJ)a) *opi (zu ai. dpi, gr. im) *x^po (ai. üpa,
av. tipay gr. J/rd, got. uf) werden in zusammengesetzten nomina
1) In sextua ist das x wahrsoheinlioh in anschlass an $6x ortho-
graphisch erhalten.
2) ßeraht die Vereinfachung der gruppe -xi- auf der länge der
vorhergehenden silbe?
Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 211
and verba zu ab, ob >), sub: z. b. abdieo aas * dp(o)'dica(i)o,
dsper aas ^dp(o)'$php'0'S (— ai. apctsphüra- Siregstossend'
Osthoff IF. VI 14 ff.), officium aas ^ 6p(i)'faciofn, obtineö aus
*6p(i)'tene(i)o, suffrägium aus * xüp(o)'frägiom usw. Die media
statt der ursprünglichen tenuis ist vor tönend anlautendem
compositionsglied entstanden, und von solchen fallen aus in der
Orthographie verallgemeinert '). Vielleicht gehört auch optimm
hierher, denn man kann es auf eine grundform * öp(i)t'^fno^8
zurückführen, eine bildung derselben art wie ngoTSQog 'vordere',
ai. pratard-m 'weiter, künftig' zu ttqo 'vor', lat. exterus zu ex
usw. •).
Hierher gehört proptervus (von proiervus wohl zu trennen)
aus * pr6p(e)te8u0'8 : gr, nQOTtettjg (vgl. Fröhde o. XVII 316).
In allen besprochenen Wörtern handelt es sich um die
Synkope eines nach tonloser labialis stehenden vocals. Da-
gegen zeigen lepidus rapidus sapidus tepidus trepidus die be-
wahrung desselben in derselben Stellung. Der gegensatz erklärt
sich daraus am besten, dass man es im ersten &lle mit viersilbigen,
im zweiten mit dreisilbigen Wörtern zu thun hat. Wir werden
also das gesetz formulieren: Nach tonloser labialis (oder nach
tonlosem verschlusslaute im allgemeinen?) tritt die synkope in
drittletzter silbe ein. Ist das gesetz richtig formuliert, kann
man die von Fay Class. Rev. XI 93 und Prellwitz o.
1) Im lat. oh scheint mit *ojn ein *obhi (su ai. abhi 'auf, zu' [von
abhi 'zu beiden seilen, um' «» idg. *^hi zu trennen], aal. oH) zu-
sammengefallen .
2) Hie und da kommt auch die lesart op vor: op tuam (Plaut.
P8. 944 im cod. vet.) op p»eeatum (Ger. Heaut. 990 im cod. Bembinua).
8) Als eine neubildung nach UgUumu» finUumus ist opUuma (CIL.
1 1016 » VI 1958) anzusehen.
4) Brugmann I ' 216, Stolz 99 u. a. nehmen synkope des re-
duplications vocals an in rettuti aus *r^tCeJttdif reppuli aus *r6'p(e}puU^
reecidi aus *r^^ejeidiy repporX aus *rS^eJper% n. dgl. Dieser an-
nähme kann ich nicht beistimmen, in ruoksicht auf proiuli (warum nicht
*protkdt ans ^prö-iMiukf) propuU (warum nicht *propputif) u. dgl.
Vielmehr sind formen wie rettuk reppük u. dgl. durch haplologie aus
^reppepuU *rott€tuk zu erklären. Der doppelte konsonant ist durch
assimilation des auslautenden d der präposition (red- in redambulo re-
dauBpieö redhiheö r$dipi$eor redhosUö redanUruö redigd redimd rediniegrö
redütor rodamö reduleero redtndütu» redmv&niö redoptd redoperio) an den
anlautenden konsonant des verbums entstanden.
212 Giuseppe Ciardi-Dupre
XXII 62 anm. vorgeschlagene erklärung von vüricus aus *fd-
p(a)trico8 (vgl. ai. re-mö^ar-) billigen (anders Brugmann I * 99,
II 180).
§ 9. In propter, aus *propü&r, ist der vocalverlust, wie
Sommer IF. XI 5 annimmt, wohl dem häufigen gebrauche
dieser partikel in proklitischer Stellung zuzuschreiben, wie bei
iuxta aus *iugista (in gegensatz zu magister).
Im Vulgärlatein scheint die synkope zwischen dentalen in
vorletzter silbe stattgefunden zu haben : adgret(i)ti8 egrettus aus
*'gr€d(f)tos (zu -gressus = *'gred40'8 wie elicitus zu adlectu8\
mattus aus *mad(i)to8 (zu madidus wie stuUtis zu stolidus, oder
wie lit. tvirtas 'fett', le. twirts zu asl. tvr^d^) *). Der Volks-
sprache gehört ebenso frigdo- (für frigido-) : 'frigida non frigda'
App. Pr. GLK. IV 198, fridam CIL. IV 1291, frigdtn-, (beispiele
bei Georges Lat. wf. s. v.) tnfrigdo Fragm. Bern. GLK. IV 34,
frigdaria Lucil. 8, 12 ed. M. Auf *frigdo- geht auch ital.
freddo zurück.
§ 10. Ein kurzer nachtoniger vor r stehender vocal
(namentlich ^, denn urspr. ä und i werden in dieser Stellung
zu c, und ö, ü bleiben unverändert, vgl. leporis arbaris fulguris)
wird nach folgenden gesetzen behandelt: I. In dreisilbigen
Wörtern wird d, wenn kein st bezw. sp vorhergeht, beibehalten:
procer^; Uterus; alter alter um; ceterl; ittferus, superus; lacer
lacerum; Interim; iterum; impero, superö u. dgl. Dagegen
scheint der vocal in uter utrum, citra citro, contra, infrä (aber
altl. infera nach Prise. 2, 30, 3; infera CIL. I 1166), suprä
(dafür supera nach Prise, a. a. o. in Gic. [ex Arato] nat. deor.
2, 42, 106 [bss. supra]^ und CIL. I 1011), ultra uUro ausge-
fallen zu sein. Vielleicht handelt es sich um bildungen mit
der schwachen form -tro- des Suffixes: vgl. lit. katräs 'welcher*
(zu ai. kataras, gr. TtoieQog 'wer von beiden'), ai. ätra *hier,
dort, da' tätra *dort, dorthin' ydtra *wo, wohin', got hidrS
'hierher' jainfrö 'dorther' hwaprö 'woher' usw. Was citrä
1) Unrichtig wird futtiUs von Stolz 514 u. a. mit egret(tjus auf
eine linie gestellt und von einer basis *füd(i)to- hergeleitet. £& ist
vielmehr als ^füiüis (vgl. narrö » *nard) aufzufassen, d. h. als eine
bildung aus der wz. *§he^ (gr. /^cu usw.) 'giessen', wie fertihs aus bher».
— In eette, aus *cedate, ist die synkope, wie Sommer a. a. o, annimmt,
ein effekt des Sprechtempos»
Zur geschichte der lateinischen vocnlsynkope. 2l3
infrä und andere partikeln betrifft, die als präpositionen ge-
braucht zu werden vermögen, könnte die synkope bei prokliti-
scher Stellung eingetreten sein. — II. Nach st bezw. sp wird
e ausgestossen: magister minister (gen. -tri); räpistrum 'eine
art rübe' (ans ^räpis-tero-m); *filia8ter (gen. -tri) und die
übrigen bildungen auf -aster (vgl. Sommer IF. XI 31 ff.);
campester, *Nemester (aus Nemestrinus 'haingott' Arnob. 4, 7
zu erschliessen), paluster u. dgl. (vgl. oqeatEqoq 'bergig, auf
bergen lebend', ayqoxB^q 'auf dem felde lebend' usw.); hime-
stris (mit Übergang in die t-flexion), menstruus (zu ^menstro-
wie annuus zu anniMt) ; sinister sinistrum (daneben, nach dextera,
sinistera Plaut. Merc. 880, Ter. Eun. 835); noster nostrum,
vester vestrum; extra (altl. exträd CIL. I 196; daneben extera
nach Prise. 2, 30, 3). Diesem gesetze scheinen folgende bei-
spiele zu widersprechen: asper asperum (daneben asprU Verg.
Aen. 2, 379, asprös Stat. Theb. 1 , 622 u. a. vgl. Neue Latein,
form. II ' 15), dexter dexterum (daneben freilich auch dextr-,
vgl. Neue II * 8 — 15), exterus, posterus, prospems, vesperus
vespera. Im allgemeinen sind diese ausnahmen aus der analogie
des typus alterum, lacerum zu erklären, jedoch können in ein-
zelnen fallen besondere gründe mitgewirkt haben. *pro8prus
wäre schwer auszusprechen gewesen, exterus und posterus
nicht nur nach superus infertis, sondern auch nach exterior,
posterior, dexter- aus * diJcs(iJteros ist vielleicht lautgesetzlich,
da die gruppe -oetr- erst secundär entstand ^). Bei vesperus
vespera kann theils die analogie von vesper vesperis (wo ^ eine
stütze in verber, -eris, tübery -eris, agger, -eris u. dgl. fand),
theils die anlehnung an gr. ^artegog kaniga eingewirkt haben.
— III. In der vorletzten silbe der viersilbigen wörter scheint
e vor r synkopiert zu sein, wenn die drittletzte einen der Syn-
kope unfähigen vocal enthält: porcMra aus *p6r cetera 'mutter-
schwein', fabatrum 'kern der bohne' aus "^fdbätero-m, acc. pl.
ungulätros ('ungues magnos atque asperos Cato appellavit' P. ex
F. 379), ßiatrum (CIL. VIII 2848). Vgl. Sommer IF. XI 16
u. 33. In matertera unterblieb die synkope um die gruppe
'Hr^ zu vermeiden.
1) Die häufigkeit der synkopierten form dextr- erklärt sich daraus,
dass die neignng zu dieser art synkope bis zur spätesten zeit blieb;
▼gl. ital. destrOf asproy vespro in gegensatz zu laeero.
^14 (jrioseppe Ciardi-Dupre
§ 11. In nucUus aus *nucul^^ >) (nucuUus Plaut. Capt.
65Ö, Gore. 55) haben wir das einzige classische beispiel der
Synkope vor l in nachtoniger silbe. Bei saedum neben saeeubnn,
pödum neben pöctdum u. dgl. handelt es sich nicht um die
Synkope y sondern ist -dum die regelmässige endung, wofür
-culum nach der analogie der deminutiva aof -qe-Uh (vgL u.
stnthsla 'struem, libum') später eingetreten ist*). In cirelös
(Acc. tr. 100 ed. R., Verg. Georg. 3, 166), neben gewöhnlichem
drculus ans *eirco4(h8, ist vielleicht die Synkope der vorher-
gehenden grappe r + consonant zuzuschreiben. Sonst findet
sie nicht vor l statt, vielmehr entwickelt sich ein vokal zwischen
consonant und l, z. b. flebüis aus ^fi^is (suffix -dUo- mit
secundärem Übergang zur i-deklination), singtdus aus *semdo8,
angulus aus *ancU>8, fistvHa aus *fisUa usw. In nudeus war
wahrscheinlich die viersilbigkeit die Ursache der synkope, so
wie in puUieus des unterbleibens der anaptyxis.
Das gesagte gilt nur für die dassische spracha In der
späteren bezw. vulgären spräche tritt die synkope vor l regel-
mässig ein: z. b. anida (App. Pr. 6LK. IV 199, 1) €mglu8
(197, 22) artidus (197, 21) badus (197, 22) baph (- vapulo
199, 14) capklum (198, 54) fada (198, 23) iuglus (197, 22)
iuvendus (197, 29) tnaselns (197, 20) odus (198, 18) arida
(198, 11) neptida (199, 1) tpedtm (197, 20) staUum (198, 27)
taUa (198, 23) irMa (199, 9) vedus (- vehdns 197, 20) ver-
nadus (197, 21) vidus (- vihdus 197, 21) crusaum (CIL. XI
3303) Rrodaea (XV 1157). Die romanischen sprachen bestä-
tigen einen solchen thatbestand: z. b. ital. 9ecekia (vulg. lat
sicla)^ itaL parecchio, fr. pareü, sp. parejo, prov. pardk usw.
(vglat. paricUh)^ ital. trAbia tr Abiare, sp. ^Ib trülarj afr.
triUeTj pg. Mtta trähar (vglat ^rt6<a trtUar^), ital. vecAio,
fr. vjeä, prov. 9>e{A, sp. rjtf;b> PS- ^'^^ (vglat oecio-) usw.
§ 12. Eine Wirkung des akzents erscheint in der synko-
pirung von €tspretum aspredö asprüü'dö im gegensatz zu cuper
asperum; in €g^rt'cus AprUis g^enüber aperiö; in postridie
postremus : pasterus; in «cpremtis : superus; in exträneus ex-
1) Es ist ein deminutiv sn m» *niu8*.
2) Der im classischen seitalter venchwnndene formontenchied
iwiscken beiden wortkategorien wird von Plsntiit noch beibehalten, denn
er wendet -eolo- itatt -do- nur um ende eines kalbvenes *metri causa'
an, wie s. b. in Capt. 440: periolam vitae meae tao stat pericolo.
Zur geschichte der lateinischen vocatsynkope. Slo
tremus eaiHnseeus : exterus; in altrinsecua : aüer aüerum; in
[paterj patratus d. h. *mit der patera' : patera *). Wir können
danach annehmen, dass vortoniges e vor r, nach der akzent-
yerschiebung synkopiert wurde. Das unterbleiben der synkope
bei imperätor operösus veteränus usw. ist leicht zu erklären:
vgl. imperö, opera operor^ veteris (gen.) >). Derselbe Vorgang
erscheint in disciplina (zu disdpulvs)^ cöpUUa (Lucr. 6, 1086).
Freilich ist bei der synkope vor l schwer zu sagen wo die
Wirkung der vortonigkeit aufhört und diejenige der Volkssprache,
die sowohl in vor- als in nachtoniger Stellung zur vokalaus-
stosBung hinneigte, anfängt. Das ist z. b. der fall mit catlüiö
(Plin. n. h. 16, 94) cathsUr (Vitr.) zu catulus, speclätor (CIL.
X 684) zu specidor, quaglätor (CIL. XIV 25) zu coagulö usw.
U. Die synkope in endsilben.
§ 13. Die synkope in endsilben wird von eigenartigen
gesetzen geregelt, mit deren erforschung wir uns zu beschäf-
tigen haben. Die vertheilung des Stoffes geschieht am besten
nach der qualität des synkopirten vokals.
ä bleibt ausser betracht, da es in ursprünglich auslauten-
den Silben nicht vorkam. Das historisch in nominal- und ver-
balendungen erscheinende ä (z. b. acc. sg. rosam, 3. sg. impf.
amäbat, präs. subj. legat) ist aus älterem ä durch secundäre
abkürzung entstanden.
Ebenso von ^ kann man absehen, denn ^ (« ^, ä) bleibt
vor complicirtem consonanten unverändert (z. b. auspex, iners,
seges >» *8egets, u. s. w.), und fällt vor einfachem consonanten
mit t zusammen (z. b. gen. sg. generis aus *gene8e8, 3. sg. präs.
Ugü aus ^leget usw.). Geht quattiwr auf *quetyXre8 (ai. catva-
rctt, gr. dor. Thogeg usw.) zurück, so liegt es nahe, die synkope
des S anzunehmen, denn der Übergang des 6 zu I ist vielleicht
als jünger zu betrachten: doch kann quattuor die form des
neutrum *qf*et^öri (ai. ccUväri, ags. fiower, lit. ketuH, vgl.
Schmidt Pluralbild. 191 f., 227) vertreten. Sonst ist das ^ in
Schlusssilben eine kürzung aus älterem e : nom. sg. pater fraier
u. dgl., 3. sg. präs. ind. splendet, subj. amet, fut. leget u. s. w.
1) Ob das griechische lehnwort cupresatu (xvna^iaaos) ans ^eüpfaj-
r$$9U8 (wie nueleua ans *nüeuleo$, anter der älteren betonang) oder aas
*eup(aJrd99U8 (wie poHrldie n. dgl.) entstanden sei, bleibt nnentsohieden.
2) Valglat. vtf^räntM bei Schachardt Vokal, d. Valgärlat. II 424 f.
218 Giuseppe Giardi-Dupre
mors aus ^mortis : ai. mf^ 'tod', lit miriis, asL su-
mr^t ds.
pars aus *partis, in ablaut mit portiö. Hierher auch
expers.
BWS {sortis Plaut. Gas. 580), aus ^sarctis ^srgti-s : ai.
sr'ftif' 'Schöpfung, wesen, natur' (vgl. Osthoff o. XVU 158 ff.)?
Bfit 9ar$ sind die composita consors exsors zu citiren.
Hierher wohl die volksnamen: Laurens {Laureniis Enn.
ann. 15 ed. M.), Tiburs {Tiburiis Gato orig. 2 fr. 61), Veiens
(aus *VeieiUis).
Ob ifigens und lens einen i-stamm enthalten, bleibt un-
sicher. Lindsay 274 fuhrt ingens auf eine basis ingenti- d. h.
*^0n^<$* ^unknow, uncouth' zurück. Aus derselben wurzel
^eM- 'kennen' wird ingens von Danielsson Altit stud« IV
149 f. erklärt; doch setzt er einen consonantischen stamm *tn-
gen-i- voraus. Endlich stellt Fay Class. Rev. XI 12 f. ingens
mit ai. fnahänt- 'gross, wichtig' (und mit loc. pl. aghäsu RV.
10, 85, 13) zusammen, und erklärt es aus *7pgh'int-. — Für
lenti' scheinen nom. sg. lentis (Prise. 7, 64) und acc. lentim
(Gato r. r. 35, &)lum. 2, 10, 15), abl. lent% (Titinius com. fr.
163 ed. Ribbeck) zu sprechen.
beispiel gestützt, vieknehr spreohen dominus gemimu ierminua dagegen.
W. Schulze KZ. XXYIII 270 anm. fuhrt vehemena auf ^vSkw^mefU-
(vgl. ai. ayuffnant' 'der ein langes leben hat' zu ayuf- 'leben') zurück,
doch aoheitert eine solche erklärung wohl daran, dass sie auf der unbe-
wiesenen, sogar nnwahrsoheinliohen theorie, z sei im Lateinischen vor
tönenden versohlusslauten (namentlich 6, d) und nasalen ohne ersatz-
dehnung ausgefallen, wenn es einem nachtonigen vocal folgte, begründet
ist. Nach einer dritten auffassung wäre die nebenform vem&ns, die für
manche stelle bezeugt wird (vgl. Lachmann Comm. in Lucr. s. 132 t.),
als die ursprüngliche anzusehen: vhMfu d. h. ^vemetUia sei eine bildnng
derselben art wie vi-tSniM f>e-eor» usw. und bedeute eigentlich 'sinnlos'
dann 'rasend, heftig'; die form vsketneni sei durch Volksetymologie ent^
standen. Dagegen sucht Nie d ermann IF. X266f. nachzuweisen, dass
vemen$, als die 'allegproform' zu vehemens (« * osiUitiMto«) anfgefasst, die
quelle der lateinischen bildungen mit anlautendem vS- ist (tücors, vesä-
fiti«, v9grandi$, tüpaUidui, wüseus 'wühlerisch, heikel, keinen rechten
appetit zeigend' aber nicht vUeus 'freasend, zehrend' das als eine retro-
grade bildung von veseor d. h. *«y4>Meor erklart wird). Meines erachtens
ist die frage über die etymologie von pehmiMM noch eine offene. —
Was eihnenB anbetrifft, kann man eine grundform * efU-menÜ-s ansetzen,
aus der wz. *Uei' (dazu Schwundstufe *i^ in d. holdf).
Zur geschichte der lateinischen yocalsynkope. 219
Über fims, pans, mans s. unten.
Eine ausnähme zu [A] liegt in mUis^ rBtis, vUia vor ^), die
nach der analogie des typus ovüj ciUis, rätia u. dgl. umgebildet
sind. Was mUü anlangt, ist die Umgestaltung am leichtesten
erklärlich, da im Lateinischen die parisyllabische deolination
bei den adjektiven die geläufige ist >). Bei rstis und vUia ver-
mag ich nicht zu sagen, was für ein besonderer grund den
anstoss dazu gegeben hat Dasselbe gilt für die ausnahmen zu
[C]: semetUis, sentis.
Um die behandlung von -dia zu erforschen haben wir ein
dürftiges material zur Verfügung. Man kann jedoch annehmen,
dieselben gesetze, welche wir für 4i8 ermittelt haben, seien auf
diesem gebiete gültig. In der that, stellen sich fidis, pi^isy
rUdis, sädis, trüdis zu cuHs, nätia u. dgL zur seite, und dem-
entsprechend zeigen Concors (neben coneordis CaeciL com. fr.
109 ed. R.), discors {discordis Pompon. com. fr. 165 ed. R.),
ecccors, tnisericors, söcorsj v€cors die Synkope nach liquida, wie
ars, pars u. dgl, auf ')•
Die Synkope bei -pis und -bis scheint regelmässig zu sein:
corbs (Fragm. Bob. GLK. V. 561) neben dem gewöhnlichen
cor bis; ops Ops inops neben dem seltneren Opis (P. ex F. 211,
Hygin. fab. 139, Fulgent. myth. 1, 2); scobs (Prise. 7. 40) neben
seobis; serobs (Prise. 7. 40, Fr. Bob. GLK. V. 561, Colum.
passim) neben scrobis; orbs (nur bei späten schriftsteilem:
Yen. Fort 9. 3. 14, Vita S. Mart. 4. 583) neben gewöhnlichem
orbis.
Die mit capU- zusammengesetzten ancq^^ bieeps, praecsps
hatten eine ältere form *^€apis (vgL procapis 'progenies quae
1) Absichtlich citire ich nicht den angeblichen nom. sg. fütü
'waeeergeschirr'. Ein solcher nominativ ist anbelegt, der acc. fuüm
(Yarro 1. 1. 5, 25, 119) ist ein &nu^ JüySftepov.
2) Die adjektivische funktion war vielleicht die nrsache wanrni bei
noiiräa veitrS» ArpinS$ a. dgl. die endnng 'U$ langer als bei <föf, ti$ usw.
am leben erhalten wurde. Bei Arpiniäs nnd die übrigen völkemamen
kann die thatsaohe dasu beigetragen haben, dass sie am gewöhnlichsten
im ploral gebraucht wurden.
8) Dass alle composita aus -eord- in die »-flexion bei der Zusammen-
setzung übertreten seien, ist von vornherein wahrscheinlieh. Vgl. bmo-
ffiMM ^oui geminum est nomen' (P. ex. F. 26. 86) eogndmmii (Plant.)
imMfans (PUn.; dagegen muAffonis Ovid., hifora Vitruv.) üiquip^dii
(Mart Galg. de arb. promif. 3. 1).
16 ♦
220 Giuseppe Giardi-Dupre
ab uno capite procedit' P. ex F. 281. 22), woraus zunächst
*'Cipi8 (vgl. ancipes Plaut. Rud. 1158, praecipes ib. 671, mit
-M yielleicfat in anlehnung an superstes, antütes u. dgl.). Die
classische endung -eq^s wurde wahrscheinlich durch die com-
posita mit cajp- (aueeps, princepg u. dgl.) beeinflusst — Meiner
ansieht nach sind trabs, urbs wurzelnomina auf b, denn die
nebenformen trabis, urbis kommen nur in späten texten ver-
einzelt vor, und daher können als ruckbildungen betrachtet
werden. Ähnlicherweise sind die isolirten nominativformen nubs
(Liv. Andron. bei Serv. zu Aen. 10. 636) und serps (Yen. Fort
8. 6. 195) analogisch gebildet, denn die synkope der endungen
4)98, -pens ist keineswegs anzunehmen.
§ 15. Synkope des o. Zunächst wollen wir die silben
-ros, 'loa berücksichtigen. Wenn ein oonsonant diesen endungen
vorausgeht, schwindet das ö und wird das r bezw. / zu r bezw.
L Als beispiele hierfür seien erwähnt: ager aus *ager(8) "^agrs
"^agros (ai. djras *trift, flur', gr. ayQog 'feld', got akrs *flur,
acker'), imber (mit Übergang in die i-flexion) aus ^f^ibhrös (ai.
abkrä-m, av. atpra- ^ wölke', gr. dq>Q6g 'schäum'), mctcer aus
*macro8 (gr. ficcKQog 4ange'), integer aus *entagros (zu tangö).
Dabei handelt es sich nicht um eigentliche synkope, sondern
haben wir mit dem sogenannten samprasärana der indischen
grammatik zu thun, das sowohl in schluss- wie in mittelsilben
(vgl. ageUus aus *agerlo8 *agrolo8, mäteriera aus *inätroteray
8acerdö8 aus *8dcrodöt8) erscheint Dagegen tritt die synkope
nach kurzem vocal ein: z. b. gener (aus * generös)^ socer (aus
*80cero8 *8i^Jcuros, gr. exvQog^ ai. gvdgura-e, lit ezeszuras
'Schwiegervater'), puer (aus ^paueroe); asper miser prosper
pauper tener satur; alle ^ero-stämme; fatntd (aus *famelos,
nicht aus * famlos). Als ruckbildungen sind inferus superus
exterus posterus properus prosperus camurus aemidus famvlus
pendulus tumidus usw. anzunehmen. Sommer 47 f. hat die
meinung ausgesprochen, die synkope sei in zweisilbigen wörtem
lautgesetzlich unterblieben, und beruft sich auf den gegensatz
f^rus : semifer (mit kurzer offner paenultima) (vgl. cUiis : in-
tercus). Ist diese meinung richtig, so müssten t^iV (aus ^viros)
und far (aus ^bharos) analogische ruckbildungen sein: für vir
denkt Sommer an den von triumvir, decemvir einerseits, und
von den auf -r auslautenden verwandtschaftswörtem wie gener
socer levir pater, namentlich von uxor, ausgeübten einfluss
Zur geschichte der lateinisofaen vocalsynkope. 221
ifar citirt er nicht). — Nach langer pänultima erscheint die
Synkope weder in zwei- noch in mehrsilbigen Wörtern (z. b.
clsrus amärus v^us sevSms dirus märus pürus matürus), und
es hindert nichts anzunehmen, dieser thatbestand sei der laut-
gesetzliche.
Da -ri', 4i' in bezug auf das samprasära^a mit -^o-, -Uh
hand in band geht (vgl. hibemus aus *h%brinos, facultas aus
*faciüä8 u. 8. w.), so ist von vornherein wahrscheinlich, 4%8,
-rü seien ebenso der synkope unterworfen, aber in der that
kann man dafür kaum ein paar beispiele anfuhren, denn, in-
folge des häufigen Übertretens der ro-, -/o-stämme zur i-fiexion,
bleibt es in einzelnen fallen unsicher, ob es sich um einen -ro,
'lo- oder um einen -ri^, -2f-stamm handelt Wahrscheinlich
waren dAil (neben debäts)^ pugü vigil echte /i-stämme.
Die endung 4o8 scheint in derselben weise wie -Hs behan-
delt zu werden.
Nach Brugmann Ber. d. k. sächs. ges. d. wiss. 1893
8. 144 anm. geht fons auf den im gottesnamen Fontus erhal-
tenen stamm *dhon4a-s zurück, worauf wohl die o-stufe der
Wurzel hinweisen soll. Die Wurzel sei dhen- 'fliessen', ygl. ai.
dhdnati ^flieset, rinnt' (so auch Bugge Gurt, st IV 343 f.,
BB. XIV 78, Fick I * 74 u. 463, Persson St 145; nach
Von Planta I 453 sind vielleicht hierher auch die flussnamen
Don, Donau zu ziehen >). Der Übergang zur consonantischen
(bezw. f-declination) sollte im nom. sg. *font(oj8 und gen. pl.
*fontum geschehen. — Gleicherweise geht man auf *mon-tO'8
zurück, WZ. men- 'hervortreten, sich erheben' (vgL S-mineö «m-
1) Über die etymologie dieses Wortes gehen die ansichten weit
aaseinsnder. Maarenbrecher N. jahrb. f. philol. CXLV 199 stellt /ans
zu fene^tra und fahrt beide auf ws. dhen- 'öffnen' zurück (s. Brugmann
n 1483). Nach Breal MSL. VI 116 f. heisst fons 'endroit oü Peau heurte,
on eile jaillit' und geht auf die wohl bekannte ws. ffifhen^ 'schlagen, ver-
letzen' znr&ck (der bedeutung wegen, sei auf gr. nfiyt <ce qui perce le
lol ä la fagon d'un pieu qu'on fiche' hingewiesen). Johansson Beitr. z.
gr. sprachk. 116 verbindet fons mit gr. ij^^a^ (gen. *g>^ßfrog) und
lässt den stamm */on^ aus ^/ouni- herleiten: das r sei im nom. sg.
*föur- ans ^fröu-T' durch dissimilation verschwunden. Endlich sei die
ziemlich verbreitete ansieht erwähnt, wonach fönt" einem *§h^owt-' (wz.
§hsff-' 'giessen', gr. x^^) entsprechen soll (einen stamm ^gho^O'Wt' anzu-
setzen, hindern die romanischen sprachen, die ein <f erheischen, wah-
rend aus */ifoni- nur ^/ol^Jon^ ^fönit- entstehen konnte).
222 Giuseppe Giardi-Dupre
mineö pramineö, wozUi nach 6. Meyer Et. wb. d. alb. spr. 255,
alb. maje 'spitze, gipfeP : s. auch Persson KZ. XXXUI 292 f.).
— Gewöhnlich wird pons mit ai. path- 'pfad, weg*, asl. pqh
'weg' zusammengestellt, wobei unentschieden bleibt, ob es ein
oonsonantischer oder ein t-stamm ist^). Ich vergleiche viel-
mehr pons mit gr. Ttovrog 'meer' nicht nur in rücksicht auf
die Wurzel sondern auch auf die flexion *). — Nach dem ge-
sagten können frauduUns (Plaut.) opulms (Sali., Apul.) nkiens
(Horat.) die lautgesetzliche entwickelung von *"lml(o)s vertreten,
und daher fraudvlentus u. dgl. rückbildungen nach den casus
obliqui sein.
Für die synkope nach liquida gibt es ein beispiel: puls
aus *polt08 (gr. noltog *brei').
Die belege für die synkope nach langem vocal sind: dam-
näs Sanas, inquiSs irrequüs mansues. Dagegen sind inqiMütus
u. s. w. und die participia auf -atus, -Uus, »Uus u. s. w. als
analogische rückbildung zu betrachten.
Was die endung -cos betrifft, kann ich mich darauf be-
schränken, auf Sommer 49 zu verweisen, der sich folgender-
weise ausspricht: 'freilich finden sich berührungen zwischen
k' und X;o-stämmen auch in anderen idg. sprachen [Brugmann
2, 239, 384 f.]; die grosse ausdehnung jedoch, die der Übergang
in die konsonantische flexion speziell im Lateinischen genommen
hat, so namentlich bei den adjektiven auf -ix = -teos^ -äx =
"Oeos [vgl. das Keltische], legt die vermuthung nahe, dass der
deklinationswandel durch lautliche Vorgänge unterstfitzt wurde,
so, indem der n. sg. mask. auf -äcas usw. lautgesetzlich zu -ax
wurde".
§ 16. Synkope des ü. Das einzige beispiel soll caelebs
sein, das nach Solmsen KZ. XXXIV 35 f. auf * caivüe-bhu-s
(zu ai. lUvaUi' 'ausschliesslich, einzig*, also ^allein lebend') zu-
rückgeht. Der annähme dieser synkope widerspricht die durch
1) Im Ai. wechseln in der flexion von paih^ die oonBonantiBchen
und die »-formen ab : Instr. sg. ptEihä dat. sg. pathe loc. sg. paihi gen.
loc. dn. patho9 acc. pl. paihaa gen. pl. paihämj dagegen instr.-dat.-abl. du.
paihMjfam instr. pl. patMbhü dat.-abl. pl. pathibhyM loc. pl. patUu
Die übrigen casus folgen einem n-stamme.
2) Wurzelverwandt sind aUe untereinander. Für die bedentungs-
entwicklang vgl. mit pwu : nomo^ das verhältuss av. p9r9Uh 'brücke' :
ag8./ori{, abd. vmi 'fort'.
Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 223
keinen analogischen einfluss zu erklärende erhaltung des ü in
der dativ-ablativendung -bus. Ich nehme vielmehr an, die flexion
Yon caelebs sei nur in den casus obliqui lautgesetzlich. Aus
gen. sg. ^Cüj^ibfi-is dat. *cc^libi^i usw. konnte nur caelibis,
cadibi (vgl. dubius aus *dU'bh^^8; amabö amobam aus *amär
bhu'ö, *amahh'^'^m) entstehen. Zu caelibis, caelibi wurde ein
nom. caelebs gestellt, nach dem Verhältnisse princeps : principis,
ufis : urbis usw. Vgl. auch Prellwitz o. XXII, 114, nach dem
überhaupt nicht von -^bhü auszugehen ist, sondern von M^
'scheinen'.
Florenz. Giuseppe Oardi'Dupri.
Gr. nsiQw und orpo.
Die idg. wurzel *per, *por, zu der gr. /ret^cti aus "^ne^-ina
gehört, drückt die Vollendung einer nach vorwärts gerichteten
bewegung, bezw. eines nach einem bestimmten ziele hin ge-
richteten bestrebens aus. Aus dieser grundbedeutung erklärt
sich die grosse menge stammverwandter wörter : I. Die Wörter,
denen die bedeutung 'durchdringen, an das ziel oder ende ge-
langen' zugrundeliegt. Gr. TteiQiOj neqaia 'dringt durch', nof^
'weg' {ftoqeMa^ noglCai), ifji'fgo^ 'reisender', ai. päram 'ende,
grenze', porah 'das jenseitige ufer', prantak 'rand , säum', gr.
fteQa 'das jenseitige land', fKSQatfj ds., TteiQaQ 'ziel, ende',
nsQalvw 'vollende', neiforr/ 'spitze, nadel', fteiga 'schärfe', ai.
parvan- 'abschnitt', gr. Ttgifivov 'Strunk', Ttfjvnvog 'der äusserste',
Ti^jAVf] ' schi&hinterteil ' , diafinsQig 'durch und durch', dia^
nffvaiov 'durchbin', {-fregeg in diafiTtSQig ist das neutrum des
selben Stammes, der in ä''ftB(i)(i4a'iog 'unendlich' vorliegt; dazu
dia'iTqvau)v y dessen nqva- die schwundstufenform zu -negeg
ist (Prellwitz Et. wb. 261 stellt ngifAvov, nqvfAvog zu an.
frakkr u. s. w., idg. *preg, *preng 'stark sein' ; das geht wegen
Ttv/AOTog nicht an, siehe unten), got. faran 'fahren', f&ra 'seite,
gegend' u. s. w., ahd. vurt, aisl. fi^rdr 'bucht', lat. portus
'hafen', porta 'zugang', porto 'führe, kelt. -rüum 'vadum', russ.
parofm, ahd. farm 'fähre', aw. p^r^iu- 'brücke'. IL Die wörter,
denen die bedeutung 'hinüberfuhren, verkaufen, handeln' zu«
224 Hans Reichelt
gründe liegt: gr. ftBQcua^ nifgvTiiJii^ ttiTtfjiawa 'verkaufe' fc6qvti
Werkänfliche dime'i ai. vya-priya- 'beschäftigen' vyä'pärah 'ge-
schafft pan- aus ^parti- 'handeln', lit pdnas 'verdienst', pelnyti
Verdienen', perkü 'kaufe', priläs 'preis', lat pretium 'preis',
(Prell witz 0. 23.2ölf.), inter-pres &as *°pr0t8 'Zwischenhändler',
air. renim 'verkaufe'. HX Die Wörter, denen die Bedeutung 'er-
fahren, versuchen' zugrunde liegt: neiQa 'versuch', TteiQotay
fteiQa^ta 'versuche', ai. ni-punah 'gewandt, erfahren', lat. ex-
periot 'versuche', re^perior 'finde', perUus 'erfahren', perictdutn
'versuch', lit. prantü 'verstehe', prdtas 'verstand'.
Alle diese Wörter gehen also auf einen gemeinsamen idg.
stamm *per, por zurück, der in den verschiedenen abstufungs-
formen als *per, *por, *pr, *per, *pör (*prSy *pro) erscheint.
Ich gebe zu, dass sich gegen manches der angeführten Wörter
wegen seiner Zugehörigkeit einspräche erheben liesse, doch hoffe
ich mich durch die folgenden ausführungen rechtfertigen zu
können. Die reihe der aus der wurzel *per zu erklärenden Wörter
ist noch nicht erschöpft. Es steht mit ihr zweifellos noch eine
anzahl adverbialer, bezw. praepositionaler formen in engstem
zusammenhange. Der reine stamm liegt in ^per (lat. per^
umbr. per-, lit. p^, got. fair-) vor. Auf diesen stamm müssen
einzelne zu adverbien erstarrte kasusformen zurückgeführt
werden, die zusammen die declination eines einsilbigen neutrums
ausmachen [vgl *döfn, *dö 'haus' : ^detn-ö 'baue']. Die grund-
bedeutung ist etwa: "strecke (der durch das ziel abgegrenzte
weg), ziel, Zeitraum, Zeitpunkt, ende". Es mag diese ansieht ^)
1) üebrigens steht diese ansieht nicht vereinzelt da: id^. *a$U\
(ai. ä)ni\ 'gegenüber', gr. avtt 'gegenüber', lat. afUe 'vor', got. and 'gegen',
jit. aSU ^aaf) wird wie gr. avra 'gegenüber' (avrriv) als kasus eines mit
ai. drdal^ 'nähe, ende', got. andeis 'ende' und lat. antes 'reihen' zu-
sammenhängenden Stammes aufgefasst. *afUi ist regelmässiger locativ,
avra, avrriv regelmässiger instrumental ^atUijt, ^antem [vgl. Verf. BB.
25, 288] EU einem stamm *arU: Idg. ^ifT^os Hrans* (ai. tirdh, aw. iard)
ist genitiv eines Stammes *<«r- (za ai. *^f- 'bohren', gr. retgm n. s. w.),
dessen ursprüglicher nominativ ^(ir nur in osk. teerlüm]^ ierüm 'land,
gebiet', air. tir aus ^ter-i 'gebiet' vorzuliegen scheint. Der bedeutung
wegen vgl. die sippe *per' : gr. nigag ^ziel, ende' — rigfia 'ziel, ende';
ai. parvan 'abschnitt' — osk. terüm 'stück landes'; ai. pärdm 'ende,
grenze', pärah 'jenseitiges ufer' — ai. itram 'ufer, rand' ; netgta : ntQ- :
nd^( s Tiigot : ti^ : ai. iirdh. lat. irans ist zu terra aus ^ter-ea zu
stellen; vgl. ai. Hrah aus fiip$ : »oQtf'fi ns iram aus ^trfe- : ters^-a.
Gr. neiQfo und tcqo. 225
befremdend sein, allein die vergleiohung mit den declinations-
yerhältnissen der einsilbigen neutra, wie sie Meringer S. Wien.
AW. 125, 2 untersucht hat, unterstfitzt dieselbe wesentlich.
Zu dem verbum *d€mö *baue' gehört das neutrum *döfnj *dö;
zu "^perö ist allerdings kein *por(*pärJ oder *po(^pe) zu
finden 9 doch beweisen mir formen wie air. air[inaU ^admodum
lentus neben gr. ngti-triv 'jährlich' einerseits und gr. na-yuxv
'hart', TtozL 'zu' neben /r^ri, aw. paüi neben ai. prdU, hom.
TtvfjLotoq 'der äasserste' neben rtffvfivog andrerseits, dass es einen
ursprünglichen nom. *per thatsächlich gegeben hat und dass
zu einem nom. *pGr die nebenform *po noch vorhanden ist.
Gr. nto-yta» ist nach Prellwitz a. o. 269 zu n^yog 'stark'
zu stellen : ''starr nach der alten mode, vgl. ognjvo7twy(av^\
Diese erklärung scheint mir gerade so gekünstelt, wie die aus
Ttvyw, Tttoytov ist in nw^wv zu trennen; -^tay gehört zu gr.
yipvgy lat gena 'kinn' und nw zu ncQ-^ Ttqo-, miywv ist also
das, was vor oder an dem kinn ist, der 'hart'. VgL g>koy6g
Tewyan^ 'der hart, rand der flamme' Aisch. Ag. 291. Zu gr.
TtoTi^ aw. paüi und Ttvfjicctog vgl. die ablautverhältnisse von
idg. *§rGu 'handmühle'. Meringer a. o. lit glr-na \ 9i, br6 ^^
§r : §ro. In idg. zeit standen bereits die nom. *§räu und *§rö
nebeneinander; der gemeinsame genitiv war *§i^u^08 (*^tfr-
nuuas). Als aber der nom. durch das -n- des obliquen kasus
erweitert wurde, entstanden neben nom. *§rö^ formen wie
cymr. bretvan, got qaimus aus *§re^(m-, *§em^', neben nom.
§rö formen wie lit glrna, ahd. quim aus *^n-, ^§em mit
Verlust des stammhaften -u-. Gr. Tto^c : Tew-ytav •- ftoQ-og :
^rnoQ*. Hom. Tcv/Aorog aas Ttofiatog ist nicht mit osk. postnom
zusammenzustellen. Osk. posmam ist wohl wie pustm(a8) aus
post-mam entstanden. Planta 2, 207, Fr. Sommer IF. 11,209.
*n6^a%oq aus *noitQk'tog ist direct mit Ttfiftv-ov, nqvfAV'og zu
verbinden. nO'ficnog : Ttw-yov ä TtQS-fivov : n(fij^T7iv, Ferner
ist das bestreben des nominativs sich zu vergrössern und das
Vorhandensein des aus den obliquen kasus stammenden -n ein
beachtenswerter anhaltspunkt Neben nom. *döm^ dö 'haus'
steht gr. dofAog^ ahd. zimbar aus . *dein''r(h und dcJ/ua, difiag
mit a aus 9; vgl. gr. niga 'jenseitige land', ai. pärdm 'ende',
hom. TtÜQQQ 'ende' und gr. niqag 'ziel' {rteQaivw)^ Tttqovtj
'spitze', lit. pelntu u. s. w. Neben nom. *ö8 'mund' steht lit.
ü'st-as 'flussmündung', preusa aust-in 'mund'; vgl lit. pröt-as
226 Hans Reichelt
Verstand', lat. inter-pre(t)'8 ^zwiscfaeDhändler' u. s. w. Neben
nom. *dör {*döru) *holz' steht an. trog, ahd. mhd. troc aus
vorgerm. ^drukö- [Kluge Wb. ^ 382]; vgl. lit. prikis ^preis'
(perkü 'kaufe'). Neben dem idg. nom. *e8, isf 'blut' steht ai.
dsrg; vgl. gr. Ttgay-og^ Ttgay-^a *that', nga^ig ^geschäft' aus
"^pfg-. Neben nom. *rföw *haus' steht aw, nmäna-, damanti'
aus *dman' [Meringer a. o.]; vgl. lat prönus 'vorwärts ge-
neigt'. Lindsay Lat. gr. 371. Lat. prönus kann aber auch
aus *proven-08 entstanden sein, wie ncniAs aus * noven-os, vgl. ai.
pravandh 'abhang'. Dafür spricht dor. n^Qänjgs^us * ftQa-faV'ijg
=- *Pr-W&(^)' [oder aus ^pfn-?]. Weitere parallelen werden
später zur spräche kommen.
Idg. *per (lat. per, lit. per, got fair-) ist der reine stamm,
wie er in *per'ö vorliegt Die bedeutung ist entsprechend
'durch'; daneben mit der bedeutung 'durchaus, ganz, sehr' gr.
7C€Q, lat per- (magnus), lit per- (saldüs), air. er- (chosmil).
Ich sehe keine notwendigkeit gr. nig aus ftegi zu erklären,
wie es häufig geschieht Sowohl gr. Ttig wie alle andern ange-
führten formen sind suffixlose locative, wie gr. ev-dov aus *-dom
'drinnen, im hause', o-vokalismus zeigt wahrscheinlich lat. por-;
doch ist mit Lindsay a. o. 678 die möglichkeit zuzugeben,
dass in lat. por- eine idg. nebenform pf, wie etwa in got. faur,
vorliege. Dazu osk. per-t 'trans', vgl. pamphyl. TtegT-idtiUfM;
got fairra aus * fair -na 'fern' und fairneis 'alt'; ai. par-ut
'im vorigen jähre', gr. Ttegvoi, an. / fiord, air. onn-urü,
Idg. *prö 'vor, hervor' (ai. pra-, lat. pro, gr. rtgo^ air. ro-,
got. fra-, lit. pro-, asl. pro), *prö (lat pro, lit. pro, asl. pra).
*prd kann keine kasusform unseres neutrum's sein. Man könnte
vermuthen, dass es entweder eine aus der komposition losge-
rissene form ist, die in dem -o den kompositionsvocal erhalten
hat, wie gr. vöqo- (neben avvÖQog, ved. anudrdh) zu vdwQ^ oder
ein [in der komposition reducirter] nom. *prö, der durch Um-
stellung aus *pör oder durch eindringen des r aus den ob-
liquen kasus aus *pö entstanden ist. Letztere annähme wird
wahrscheinlich, wenn man zu gr. /r^Vt — kret. noqxly lat port-
in portendo aus port-tendo . oder zu aeol. Ttqeg aus * nqew-g^
lett pret, preti(m) — pamphyl. 7r6^-[€dwx€ vergleicht Die
beste erklärung dürfte aber die sein, dass *pri eine kasusform
eines aus *per-, pr- gebildeten o-stammes ist [vgl. gr. Ttgo-
ftoQoi'^eVf osk. perum, ai. pärma]. Dafür spricht vor allem
Gr. Tteiqw und rtqo, 227
die komparatiyische bedeutung Wor' und ai. parah 'der andere',
welches wort in seiner bildungsart an lat. ali-us erinnert An
den locatiy *ali mit der bedeutung 'dort' ist das o-sufGx ange-
treten: *^^ali-08, der dort (nicht hier) befindliche, der andere".
Fr. Sommer IF. 11. 3. Ebenso ist an den locativ *per das
o-suffix getreten: ^per-os 'der durch, vom (also nicht da) be-
findliche, der andere'. Ich sehe in *pro den instrumental zu
*per-0'^ der in der komposition aus *perö reducirt worden ist.
Ebenso, wie ai. parah 'der andere, der fremde, der feind' und
zugleich 'der vorzüglichste, beste' bedeuten kann, begegnen sich
in *prS die gegensätze 'für' und 'gegen' {7tq6tv u. s. w.). Diese
eigentümliche erscheinung erklärt sich daraus, dass die kom-
parativische bedeutung durch ein vorhergegangenes urteil be-
dingt ist, in dem gegebenen falles die Sympathie des urteilenden
zum ausdruck kommt Dazu: ai. prdti, gr. Ttqojt u. s. w.,
asl. proii; ai. prdtara-, gr. nqoTtqog (doppelbildungen wie lat
superior, dexterior vgl. Fr. Sommer a. o. 97); gr. nQOfioSy
nqaiiog 'der vordere', ngv^jovig (kret /r^o-ro^ig) 'fürst', got
fruma, fram-, lit plrmas 'der erste', umbr. protnom; ai. prd^
thamdk 'der erste' ; umbr. per-ne 'vorn' ; ai. prä4dr 'früh', osk.
pruter (pruter pan ^priusquam'); ai. präk 'bevor, vor', praö
'östlich' (A;-stamm; Bartholomae IF. 4, 121 ff.). Neben idg.
*her, *kor 'hörn, haupt' steht gr. m^vs, x^r-, aw. srvä; vgl.
ai. purvah 'der vorderste' (ap. paruviyatah 'von früher her'),
asl. prbvyj. Zu gr. nfftot 'früh' aus ftQüif-i (Tr^oiux, fSQmog)^
lett prä'-jam 'hervor', ahd. fruo, frö aus *{pröu) pro vgl. idg.
*döru 'holz', §önu 'knie' und gr. ytovla aus *ywy/-'ia. Dazu
ngünog 'der erste, vorderste' (dor. rtQarog) aus * rtQiaF^cnogy
*pfu'^ilj,-to8; nQtarjy 'vordem' (dor. ftQoy) aus *7tQ(o/'aVy *pfVf'V^^
Neben idg. ^«r- 'körn' steht got kaum, asl. zrbno, lat. gränum
aus *^fw-; vgl. lat. pran-dium 'frühstück' aus ^pfn-.
In ai. pu/rdh 'vorn, vor', aw. parö 'früher', gr. n&qog
'früher, vor' liegt der genitiv ^pfr-ös vor. Syntactisch ist er
als partitiver genitiv aufzufassen, wie die homerischen localen
und temporalen genitive.
Ai. pare 'darauf, feinerhin', gr. nagai- (in TtaQatßarrjg),
lat prae 'vor, bei', osk. prae, umbr. pre, got. faura, ahd. fora
(Collitz BB. 17, 17), lit pre aus idg. *prr'ai, *pr'ai dativ.
Eine syntactische erklärung vermag ich nicht zu geben. Dazu
lit. prisz (&- stamm wie ai. präk, praö) und preez-ais (n&cb
228 Hans Reichelt Or. jtUQio und nfgo,
Delbrück vg^ synt 589 I. PL), lat prae-Ur 'vorbei an^
ausser', umbr. pre-tra 'priores'.
Ai. pdram 'nach', pdra 'weiterhin', parä 'fori, hin' gr. naga
'neben, bei', niQä 'ultra', lat. perem- in perendie 'übermoiigen'
aus idg. ^pTT-^n^, *per'7fi. Vgl Hirt Akz, 226, Verf. BB.
25, 232.
Ai. pdri 'um', aw. pairi 'um', gr. negi 'um' aus idg. *per-i
loc. ; daneben die suf&dose form *per, s« oben. Dazu gr. neQi-^
'ringsum' (A;-8tamm), rt^iaaog aus *n^i'tiag 'überzählig'«
Vielleicht gehört auch idg. *pri (lat. pri, päL pri, lit pri, asl.
prif got. fri, hieher; es könnte ebenso gut ein loc. sein, wie
*p(r)ra% ein dativ. Es ist aber auch möglich, dass es einen
nom. *pör-i oder ^pr-i g^eben hat. Vgl. Jfia %a nom. pl.
'dickicht' zu *doru 'holz' (Meringer a. a. o.). Dazu gr. Ttgi-p
'früher', lat. prior 'der frühere' aus *j>r»-MW- (pal. pri4ram\
priS' aus priris- (pri-ios-) in pris-cus 'alt', pria4inu8 'ehemalig'
(Fr. Sommer a. a. o.) primus 'der erste' aus * j^rj-t «-mti« u. s. w.
Nach den obigen ausführungen rekonstruire ich die ur-
sprüngliche flezion folgendermassen :
Nom. (*pör), *per; *pö.
Es lässt sich schwer entscheiden, ob der ursprüng-
liche nominativ nur o-vocalismus gehabt hat. Doch
halte ich den ansatz eines nom. *p9r yom stamme
*per für durchaus berechtigt.
Gen. ^prr-os
Dat. ^prr-ai, ^pr-atj ^per-ai
Instr. *prr'Pfn, ^pTT-fß, ^per-^ ^per-ip.
Loc. *per, *per4, ^pr-i (*psr?).
Baden bei Wien, 26. Sept. 1900. Hans Beiehdt.
Die etymologie von Poplicola.
Skutsch fasst in Fleckeisens jahrb. suppl. XXVH p. 101 f.
Poplicola als entstanden aus poplicula, dem deminutiv von pd-
pulus „pappel". Ich sehe davon ab, dass bei pöpulas als
A. Zimmermann Die etymologie von Poplioola. 229
nebenform pöpius (anders ist es mit poptUus) bis jetzt nicht
nachgewiesen ist, dass auch die ableitungen, so z. b. pöpuletum,
populeus, pöpulifer — poplifer würde eine schöne parallele zu
poplieula ergeben — die form ohne u nicht bieten; ich sehe
davon ab, dass wir poplicola erst in folge von analogie aus
poplieula hervorgehen lassen müssen: aber, wogegen sich mein
Sprachgefühl bei dieser etymologie sträubt, das ist die annähme
der deminutivendung „cula^. Mochte in päpulus ursprünglich eine
deminutivform schon enthalten sein oder nicht, dem volke musste
das wort seiner form nach nur als ein deminutivum erscheinen.
Dann aber konnte als die Steigerungsform des deminutivs nur
i,ellu8(a)^ an den stamm herantreten. Vgl. populus, popeUuB —
auch in diesem wort ist „tdus^* nicht deminutivendung — oeu-
lus ocdlua, tabula tabdla, arcula arceUa etc. Vgl. femer dazu
noch Diomedes Gr. 1. I 326 f. Priscian (Hertz 102, 20 f.) lässt
sich über den gebrauch des diminutivsuffixes „culu8(a/^ folgen-
dermassen aus: „a primae vero vel secundae declinationis
nominibus nullum invenitur diminutivum in has desinens
formas'' und wenn nun auch nach Stolz H. gr. II p. 577 diese
regel durch einige wenige ausnahmen durchbrochen wird, so
findet sich unter diesen ausnahmen doch keine, die auf ein
wort mit der endung ulu8(a) zurückgeht. Denn oUa, wozu sich
Th. Prise. 4. 1. die form oUicula findet, konnte, wenn wirklich
es aus einem deminutiv, welcher endung auch immer, entstanden
ist, in dieser form unmöglich mehr als solches gefasst werden.
Wenn ßomolog^) einen ochsenhirten bezeichnete, dann konnte
doch wohl poplicola einen völkerhirten bezeichnen. Poplicola
als eigenname war dann ebenso möglich, wie die bei Bechtel-
Fick p. 83 und 236 citierten Aa^ßwtaq^ noifi-ayÖQog, Iloifi-
a¥iaq. Die form poplicola schliesst sich der bildung nach genau
1) Die dem gr. 'xolos genau entsprechende form — eohis haben
wir noch im völkemamen Aequicolus — vgl. CLL. I p. 664 elog. XXV
rex Aequ§ieohi9, das ? wohl bei Aequieolus in anlehnung an ausdrücke
wie A^quieoUntj AequieuUar hervorgerufen — und in „vuico/ti«". Vgl.
c. gl. II 207, 68 „vtoctf/tM 66(3v inifitXriTi^s^^, Aequicohu : Poplieola »
p&diaequud : lus^qua (Apuleias). Beide eigennamen sind nicht bloss in
ihren vollformen, sondern auch in der karzform ans überliefert. Aequi-
eohu : Aequus ^ Poplieola : PopUus, CLL. I 116 b A^quieoku bedeutete
nrspr. den einen gleichen räum beackernden, der name war also wohl
bei der aufteOang der l&ndereien aufgekommen. Aquteulus (Pfahlbaner?)
Yerg. Aen. IX 684.
230 A. Zimmermann t)ie etymologie von t^oplioola.
an agriecia'y hat dieser urspr. den den acker umwandelnden
bezeichnet, so jener den sein volk umwandebiden, schützenden;
ist doch Ägricda auch ein häufiges cognomen im Latein ge-
wesen. Die bedeutung ,,Yolksfreund'^ hat das wort erst viel
später bekommen, als das verbum colere seine bedeutung nach
dieser seite hin erweitert hatte.
Nun soll nach Marx Studia Luciliana p. 74 der beiname
der Mucii Seaevola nichts anderes sein als das deminutiv von
setneva im sinne des moetinum subrectumque Signum , des
Wappens der Mucii, und dem entsprechend möchte S kutsch
die pappel als das insigne der g. Valeria ansehen und den
beinamen ebenfalls von dem wappen herleiten. Aber das alles
ist doch sehr unwahrscheinlich. Wie viel leute des namens
Link bezw. Linke laufen im deutschen reiche herum, deren
Urahnen doch offenbar ihren namen daher erhalten haben, weil
sie, wie man hier in Schlesien sagt, linkser waren! Männer
des namens Sxaiog finden wir bei Pape angeführt, und Scaevus
Memor war ein tragischer dichter zur zeit des Domitian. Es
ist doch viel wahrscheinlicher, dass Seaevola deminutiv des
häufigen c. Scaeva ist als des appellativums scaeva in einer
ganz entlegenen bedeutung. — Vgl. SuUa neben Sura. —
Seaeva aber ist neben Scaevus als name ebenso entstanden wie
Alba neben Albus, Casca neben Cascus. In erster linie kommen
doch bei der cognominalen benennung körperliche eigen-
tümlichkeiten in betracht, und zum ausdruck derselben waren
nicht bloss adjektiva recht geeignet — vgl. z. b. Sempronius
Longus — sondern auch substantiva mit adjektiven im ablativus
qualitatis. Dexjenige, der später Scaeva bezw. deminutivisch
Seaevola hiess, war ursprünglich der homo ^) scaeva (manu),
der Alba oder Casca hiess, der homo alba, casca (comä) —
cascus wie cänus hier gleich grau — . Ich erinnere hier zum
vergleiche nur an den Wettiner Friedrich mit der gebissenen
wange, an die „Grosskopf, Breitkopf, Linke'* u. s. w. Nun be-
schränkte sich das c. Seaevola ja gar nicht auf die Mucii. Ein
P. Septimius Seaevola findet sich z. b. in den Verrinen I 13.
38 u. s. w. Ebenso gab es nach ausweis der fasti coss. neben
den Valerii auch Gellii Poplicolae, einen M. Antonius Publicola
1) Wie Uu9Q sp&ter allein die Unke band bedeutete, eo wohl aueb
9ea$ta; wir sagen doch aaoh „<2t« /mAtf".
Max Kiedermann 2uin namen cles zeigfingers a. s. w. 2dl
finden wir G. I. L. VIII 15929, einen Vipstanus Poplicola
XIV 2795, bezw. VI 2002 n. 8639.
Somit kann ich die von mir BB. 23. 86 gegebene und in
der hauptsache mit der alten übereinstimmende etymologie des
namens Poplicola für falsch noch nicht ansehen.
Breslau. Äug. Zimfnermann»
Zum namen des zeigfingerB in den indogermanischen
sprachen.
Albrecht Weber im festgruss an Rudolf v. Roth (Stuttgart
1893) 8. 136 macht auf eine stelle im Qatapatha-Brähmana
(XII 2, 4, 5) aufmerksam, wo es von den fünf fingern heisst:
»Dies ist der kürzeste, dies ist der grössere, dies ist der grösste,
dies ist der welcher am meisten speise verzehrt, dies ist der
breiteste. Er hält damit zusammen den bekannten deutschen
kindervers: »Das ist der daumen, der schüttelt die pflaumen,
der liest sie auf, der trägt sie heim, und das kleine fingerchen
hier frisst sie ganz allein« (cf. Simrock, Deutsches kinderbuch '
[1857] s. 6 no. 27). In einer Variante dieses sprüchelchens
(Simrock a. a. o. no. 28) ist es der zeigfinger, der die pflaumen
isst. Beide, zeigfinger und kleiner finger werden mehrfach im
vedischen opferritual beim essen erwähnt. »Offenbar, sagt
Weber, wurden beide finger beim herausholen der speisen aus
der Schüssel und beim auskratzen der schüssel nach vollendetem
mahle speziell verwendet «. Eine bestätigung dieser ansieht
soweit sie den zeigfinger betrifft, liefert uns, was Weber unbe-
achtet oder wenigstens unerwähnt gelassen hat, der name, den
dieser finger im Griechischen, im Litauischen und im Bretoni-
schen und Eymrischen führt Griechisch heisst der zeigfinger
Juxctvog, was klärlieh zu leixof 'ich lecke' gehört. Im Litaui-
schen haben wir smilim (Kurschat) oder smUinis- pirsztas (cf.
mittheilungen der litauischen literar. gesellschaft I 391) zu
1) Dass im altertuxn allgemein — nicht bloss von den Valeriem —
popUeola als deijenige aufgefasst wurde, der popalum oolit, dafür bieten
nns die not. Tironianae und das c. gl. einen beweis. Denn c. gl. II
269, 36 heisst es „(fi^^oxi^cfi); pMusoW^ und in den not. Tiron. folgen in
der mbrik „de agricnltnra", die mit colit beginnt, aceoio, püblicolaj
ager etc. Vgl. hierüber Heraens in Wölfflins Arch. XII p. 29«
232 W. Prellwitz Gr. aiaaw aus *samkjlö,
smaüüs 'naschhaft', nach Mielcke auch lUius, was dem griech.
Xixctpog entspricht ^). Die Bretonen benennen den zeigfinger
als biz iod d. i. »breifinger« (iod — bouillie, mets compose de
lait et de farine cuits ensemble et qui est la principale nour-
recture des paysans bas-bretons [Le Gonidec]) und entsprechend
heisst er in Wales bya yr med {uwd s= hasty-pudding, bargoo,
pape, porridge). Schliesslich sei noch erwähnt, dass in dem
kinderliedchen no. 30 bei Simrock der dem daumen nächste
finger leckfeng d. i. leckfinger genannt wird und dass sich
dafür in der Altmark die bezeiohnung pöttchenlickr »töpf-
chenlecker« finden soll (cf. Pott, Zeitschrift für YÖlkerpsycho-
logie und Sprachwissenschaft XII 163).
La Ghaux-de-Fonds, 19. october 1900. Max Niedermann.
Gr. dtaaw aus *saisikiö.
^Aiaaui kann, da ihm bei Homer das digamma fehlt, nicht
zu yt% gestellt werden; auch das lange f von aixi^ bliebe so
unerklärt. Fröhde's ansatz (o. XX, 204^ von aiaikio, das er
zu ai. t^ate, e^- stellt, hat das bedenklicne, dass die bildung
des ganzen wertes dabei unverständlich bleibt.
Dagegen wird diese vollkommen klar, wenn wir *8ai$Aj^
als intensivum von yseiko, arlk betrachten, nach dem typus von
ai. dedtpyate von dip, dedwyate von div, wie ihn G. Burchardi
o. XIX, 169 ff. 197 festgestellt hat. Als wurzel betrachte ich
somit »Ik, Seiko, sik in ixo;, der. «Ixco, ^'xoi, n^iaaofiaij ft^oi^.
Für diese wurzel, deren sprösslinge in den idg. sprachen ich
im Gr. et. wb. unter fnua aufführe, habe ich als grundbedeu-
tung „hinreichen, wonach die band ausstrecken'* angesetzt,
saiHkiö diaau) heisst intransitiv losfahren nach einem ziele zu,
transitiv aus der band schleudern, schwingen, auch steht Soph.
Ai. 40 x^Q^ ^ object zu y^ev. Es zeigt sich also wirklich als
intensivum grade zu jener bedeutung.
Die laute fügen sich dieser ableitung ebenso gut wie die
Wortbildung und die bedeutung. Zunächst wurden beide a zum
hauch, in ailaato aber schwand zuerst der anlautende hauch
infolge von dissimilation und dann der im innern. Vgl. avog
=s lit. saüsaa.
Tilsit. W. P^eUwitz.
1) Eine nachbildung nach gr. It^avog dürfte digütu gu&taUr bei
HieronymoB in Jesai. 11, 40, 12 sein.
1) In der Meroeler gegend habe ich bUCdiaiH» („schfisselleoker*')
für Zeigefinger gehört. Ne. fahrt auch 9maiiu$ für seigefinger an. Pr,
A. Fick Die griechischen yerbandnamen (ethnika). 233
Die griechischen verbandnamen (ethnika).
Die Dachstehende skizze ist zu dem zwecke entworfen, an-
schaulich zu machen, dass auch die yerbandnamen (ethnika)
der Griechen, zunächst die namen der Stammes-, Staats- und
stadtgenossen, nach denselben grundsätzen wie die übrigen
eigennamen gebildet sind, also in dasselbe grosse System einge-
gliedert werden können und müssen.
Vollnamen auf -d/wsg.
Sehr alt und verbreitet ist die benennung griechischer
Stämme als -^dfoveg. Die bedeutung dieses den schlusstheil
bildenden alten wortes a/(ov ergiebt sich aus der vergleichung
mit ättag (aßiTag) „freund, geliebter^^ äita bei Alkaios; nach
Theokrit Idyll 12, 14 6 Seaaalög unot dtTtpf nannten die
Thessaler so den geliebten; in hf-ipjg scheint sich Sog mit sskr.
€Cv<iS „gunst'' zu decken; das verb lebt im lat. aveo und sskr.
dvat ütd gern haben, sich gütlich thun, fördern u. s. w.
-aFioifj das für sich allein nur in dem namen der ^'Aoveg^
alter bewohner Böotiens erscheint, ist gebildet wie dqvjytivy
rffpoi^eg' vir^tpoweg Hesych.; xctfrjq>6v€g zu naw'rjqnjg wie ^a/wy
zu svtnjg. Am Schlüsse von compositen findet sich -d/tav ver-
einzelt auch im nomen: so in didvfi-dtav^ dtt-dtav; ionisch
attisch oiffifav würde dorisch oqydoiv lauten, wie 'Alufidav :
^^IxfidfOP IrdfAx^oy, ionisch Ma%iuiip : Maxatav; ionisch ^itav
wozu ^mvlt] (sicl) bei Archilochos, lautet dorisch ^dv aus
^dwv ; auch att. anottiiav ist hierherzuziehen : OTiatitavog aus
aTtari^ovog. Dorisch xoivdv geht auf noivcuav zurück, aber
Ttoivio-vog ist von KOiyu)- in moivd^aaa^m gebildet. Will man
diesen ausgang -acov als „suffix^' benennen, so mag man es
thun; auch hier ist wie so oft z. b. im deutschen -thum und
-lieh, ein altes ursprünglich vollbegriffliches schlusswort zur
blossen ableitungsform herabgesunken.
Die mit -aW, dorisch -dv zusammengesetzten stammnamen
herrschen im N. und NW. des griechischen landes vor, sind
dagegen im 0. und S. nur vereinzelt erhalten.
Am Hämos wohnten, um im hohen norden zu beginnen,
die ^Ayqiaweg^ ein Päonerstamm, aber griechisch benannt. Sie
BilMC« s. kude d. iMlg. iiitMhMi. XXVI. " 16
234 A. Fick
hiessen nach Steph. auch ^^ygiai, l/iyQdioi TSTQaavXXdßws,
^'Ayqaoi und Idygutg^ mal to nTtjTixcv ^AyqiytAv; der name ist
also ganz wie ein griechischer vollname gekürzt: l^yQiag wie
noveldag : TIoTeiddtaVf l^yQäiog wie Eq^oioq : *^EQfida)Vj ^AyQievg
wie uälvi€vg : Aiviäv,
An der grenze lUyriens finden wir die ^EyxBhav^gj die mit
verkürztem namen auch ^Eyxslalg wie ^Ayfiäig und Aivievg^
und ^yxiXaioi hiessen. Die Schreibung *EyyEl5veg beruht wohl
auf der makedonischen ausspräche des namens vgl. Strabo 326
MkiOi de Hat avfiTtaaav vqv fJtixqt KoQxvQag MoKedoviav nQoaa-
yoQevovaiVj ahioXoyovvTsg aiia^ ovi xai xavi^ai xal diaJiixTwi
Tcal xXa/ut;dt aal älXoig TOiOvroig %Qiiv%ai naQaTtXrjaiwg. Ob
der name griechisch oder bloss gräcisiert ist, ob die leute ur-
griechischer oder illyrischer herkunft waren, ist ungewiss, die
sage setzt sie mit Kadmos, dem eponymen der Kadmeier in
verbmdung.
In Epeiros sassen die '^xraye^. *AqK%amv ist von aQTi%og
bär gebildet wie Awuiiav von XvKog wolf. Im Deutschen liegt
ähnlich Bern-win (Förstemann I 237) neben Wolfwin (Fö. I 1357).
Man könnte sich auch an die ^Aqmddag neben den AvTnaovldai
erinnert fühlen.
Ebenfalls in Epeiros hausten die ^Avivrav^g (Auvtavi
Smlg. 1336). Der name gehört zu tivtov kq>&w Hesych; n
steht dialektisch für v^, t erklärt sich durch die aspirierte
ausspräche des v, also Tivrog aus Tiyhd'ogy wie kretisch Tvcewog
aus dyhascgy und ist so %iv%6g mit tiv&og „kochend heiss''
identisch. Ursprünglich war ^Auvräveg gewiss ein Spitzname:
er bezeichnete die leute als „rohfleischesser^S wie Thukyd.
3, 94, 4 von den Eurytanen Aetoliens berichtet: (iifAog)dyoi
elaiv^ (ag Xiyovrai, Den Griechen war der genuss rohen fleisches
ein barbarischer greul, schinken und rauchfleisch war ihnen
nicht geläufig.
Der name eines dritten epeirotischen Stammes TaXaiäreg
{Talaidv Smlg. 1349,. Talaiaveg 1349, 10) enthält vorn takai-,
wie in Takai-fiivijg und jahxi-Hpifuv vgl. taXa-fteigiog und talaai-
g>^v; ihrem namen nach hatten die leute ihre lust am tragen
und wagen.
Am oberlaufe des Acheloos (Inachos) waren die ^A&a^
fioifsg zu hause, deren name an ^apiiag^ ^afAvog^ ^aftivog
^'Ad'fiO'VOv anklingt; sie sassen wohl im „tann*^ Ohne zweifei
Die griechischen verbandnamen (ethnika). 235
ist ^^d-äfiag vtoQy der sagenkönig der Minyer, eponym der
Athamanen, wie Jvfiag der Jvfiävsg, oder me Tev&gag zu
Tev&Qctria steht Eine weitere kürzang von ''^d-dfiag liegt in
lofififjg : Tafifji€(o ^yatga nannte Kaliimachos , wohl nach
Anakreons Vorgänge, die Stadt Teos, als deren gründer Atha-
mas galt, wie denn Anakreon seine Vaterstadt ^^&afiarrida
genannt hat. Die verdoppelang des fi ist in kurznamen regel-
recht, T für ^ erklärt sich aus der aspirierung des fi, wie sie
in Mhei^iag und sonst auch in der schrift ausgedrückt wird.
Ebenso erklärt sich pto^Xog Anakreon 88 für (ic%l6g aus
fihoxXog; ^mug bei Herodas 3, ÖO wohl aus Hipponax, sonst
Qccxig^ steht für qhaxig, ^anQaog Bechtel Ion. inschr. 19, 67
für ^iaxQhaogt va^yijJUa ionisch neben d-OQytjlia 0. Hoffm. 3,
s. 602 entstand aus -StcQhyi^lia.
Von N. nach S. haben sich die Aivtöv^ vorgeschoben : der
schifiskatalog nennt sie neben den Perrhäbem, in geschicht-
licher zeit wohnten sie am oberen Spercheios als nachbarn der
Malier. Nach Stephanos Hyovfai yuai Aivuig^ ihr land heisst
Alna und Alvig^ nuxi ^ivvog noxafibg avr^g. Vielleicht sind
sie von diesem flusse benannt, oder nach dem lande Aivia^
wie die OoiTiavEg von Ooivia, Die Vorsteher des Stammes
biessen Amaq%ai^ wie die der Dorier am Pamass Jü)fia(fxai.
Da die Dorier erweislich aus dem norden vorgedrungen
sind, dürfen hier die Jvf^aveg eingereiht werden; der eponym
heisst bei Apd. 2, 8, 3, ö Jvfiag, wie wir oben ^A^äfiag als
eponym der Athamanen fanden. Jvfiag kommt als heroen-
name auch bei Homer vor. Darf man Jvf^ay s Jvfiatay zu
di-dvfiaoiy stellen? oder mit diesem zu dSfiog? Dann wären
die Dymanen die „hausleute^^ im gegensatze zu den ^^YXlsig den
„kriegsleuten"' vgl. nq^U^g und preuss. li^tn^ „kämpfen".
Den Westen von Mittelhellas nahmen die ^Axaqväveg ein.
Zur deutung des namens verhelfen die Hesychglossen xafyrj'
^fiia und avTomoQvog' avto^ijfiiog. Die l^naqyaveg erfreuten
sich hiemach der straf- oder leidlosigkeit ; ähnlichen sinnes
sind die städtenamen ^A-aivti und *Aiifaig>iov^ zweifellos zu
axqaignnjg „unversehrtes in Akarnanien selbst *Alv^€ia zu akv^*
aXvnor Hesych {Ivyja zu Xvygog Xsvyaldog). Zu xa^yiy, avTo-
yuxfrog, gehört zweifellos der beiname ApoUons Kaqn^Biogj als
gott des strafenden Verderbens. Weiterhin ist desselben Stammes
i&/^, dorisch Kdq. Die Keren sind ursprünglich strafgeister,
16*
236 A. Fick
wie Rohde Psyche I, 10 und a. a. o. schön nachweist. In He-
siods Theogonie heisst es von der nacht 217 xal K^Qog eyei-
veno vrileoftoivag. Dazu stimmt sehr schön lit. kora strafe,
weniger slav. kara „rixa'S Vor Akamanien lag eine insel
KaQvag; hängt ihr name mit dem der Akamanen zusammen?
In Akamanien wohnten die OoiTiäveg (OoiTiävog Smlg.
1380 a) dazu Ooiriai' rcolig *u4yuaQvaviag^ liyejai nai OoiTior
%ai xo BdyvKdv Ooirievg aal Ooitioiy wg ^EUdvinog kv %6ig
TQ(oixoig Steph. Auch hier wird von dem ethnikon auf -av
auszugehen sein, wenn der name mit tpölTog^ (poiria) umher-
schweifen zusammenhängt; davon kann der ort nicht wohl un-
vermittelt genannt sein, wohl aber von g>oiTiäoveg leuten, die
ihre freude am umherschweifen haben. Mit OoiTiog^ Ooirievg :
0OITIQV vergleiche Aiviog Aivisvg : uilviay.
Im innem Aetoliens wohnten die EvQvrävag nach Thuk.
3, 94 ap^doaroTccToi yJiuiaaav xal wfiiHpayoL. In heroischer zeit
spielten sie eine rolle: ihr eponym ist Eurytos, der grosse
schütz und herr von Oichalia. ^Qvrog geht gewiss auf ivqvto
und so auf die Spannung des bogens; nach Thuk. a. a. o. waren
die Aetoler seiner zeit sämmtlich xffiXoL leicht bewaffnet.
Im westlichen Lokris gehören hierher die MvSveg^ falls
Paus. 6, 19, 4 die Myanen, welche waffen als siegesbeute nach
Olympia gestiftet hatten, in den MvovAg erkennt, die Thukyd.
3, 101 in Lokris nahe der phokischen grenze ansetzt. Steph.
sagt unter Mvovia — ol TtoXizai Mvoveg und nennt die Stadt
weiterhin Mviav — oi rtolitai Mvoveg, wo cod. A die richtige
form Mvurveg bietet. Mvwv zu Mtdv (= Mvatav) wie "/aiy zu
'/oy — Ycfcfiy. Am weitesten nach osten sind die ^Idoveg vor-
gedrungen, die vielleicht aufis engste mit den "u4ovsg, alten be-
wohnern Böotiens, zusammenhängen, so dass Yocuv der vollname,
"Wfüv daraus gekürzt wäre, wie bei uns During „Thüringer^* aus
Hermun-dure gekürzt ist und diesen alten vollnamen späterbin
geradezu vertritt. Hierfür lässt sich die länge des er in ^Aoveg
im gebrauche der dichter anfuhren, die sich aus der dehnung
des vocalanlauts des zweiten compositionsgliedes erklären würde.
Der name der ^Idoveg, der berühmteste dieser gruppe, ist
vollkommen deutlich. Die formen anlangend bemerkt Stephanos
richtig: 'idiov xat ^Iijwv (altionisch) — hi di töv 'Idwv ^Idv (do-
risch), kurznamen sind ^'Itav 'lag ^lanog. Mit dem vollnamen
hiessen die Attiker ^Idoveg, für die von Attika ausgehenden
Die griechischen verbandnamen (ethnika). 237
kolonisten wurde die kürzung ''/oiy üblich, die später auch für
die Athener galt, so lange sie sich nicht des namens schämten.
Das erste glied 7- gehört zu läo^ai ialrw iegog aus is-. Die
volle bedeutung „heilfreund, heilesfroh^' liegt noch in *Iav-laxogj
von dem es Schol. Ar. Plut. 701 heisst „mot de fCQooTi&iaaiv
^iaviaxor xat l^le^voQa^^ nämlich zu 'laaw und Ilavmeia und
sonstigen heildämonen. 'lütpidsg oder 'iioviadeg hiessen heil-
kräftige quellnymphen in Elis Paus. 6, 22, 7, auch der fluss
'7iay in Thessalien wird von seiner heilkraft also heissen. "IwVy
der eponym der *'lafV€g ^Idorsg^ ist söhn des heilgottes ApoUon
li^irOg^ der als solcher wohl selbst ^Idatv hiess, wie der heilgott
verkleinert als Uarlaxog erscheint Der gottes-, beiden- und
Stammesname war ursprünglich ein und derselbe, wie ja auch
ApoUon von Athenern und loniem als navQmog verehrt wurde.
— Ähnlich tragen die Sachsen den verkürzten namen ihres
kriegsgottes Sahs-nöt, des schwertgenossen.
Im Peloponnes finden wir den ausgang -crcor nur in stamm-
namen Arkadi^s. Hier leiten sich alle Arkader von Lykaoniden
ab, die als söhne eines völkervaters Lykaon gedacht und benannt
sind. Ursprünglich fiel auch hier, wie bei den laonen, gottes-,
beiden- und stammesname zusammen: Zeus Avuaiog hiess mit
voUnamen ^vxdaty, wie der heros und sein volk. Der volle
ausgang hat sich hier unter dem schütte des mythos erhalten.
Ebenfalls auf -aiov ging ursprünglich der name der It^reg
aus, die den NW. Arkadiens, die Azania, bewohnten. Ob der
attische demos Azenia hiermit zusammenhängt? Vielleicht ist
eine alte, nicht contrahierte kurzform ^A^dv = att. li^ijv an-
zunehmen, wie eine solche wohl in KefpakXdv s attisch-ionisch
K€(paXli]v vorliegt. Im hom. hymnos auf den Delischen Apoll
209 ist das überlieferte l^^avrida xov^v (Koronis) ganz un-
nöthig in *AC,avida verändert : ^'AC/oig g. "u^avwog steht zu !^av
wie *A&d^ag zu *A9a(iäy^ Jvfiag zu Jvfidr. ^^evg hiess nach
Paus. 9, 37 ein Minyerfürst zu Erchomenos, der name verhält
sich zu Ifi^dtov wie ÜOQ&evg zu IloQ^oiünf. Koronis heisst sonst
tochter des Phlegyas, des eponym en eines zweigs der Minyer;
derselbe wird als ^'AJ^ag^ vater der Koronis, und als Minyer-
könig 'Al^&jg benannt, weil S^a und g>liy€iv, (pkeyv-dcg sinn-
verwandt sind. —
Wie in den stammnamen ist der ausgang -cfon^ in den
238 A. Fick
beiden und götternamen stark vertreten, während es in histo-
rischen menschennamen kaum vorkommt
Es sei hier nur an die heroischen namen bei Homer I^/äv-
^a(ov liTCiaawv l/iQeratov u4.X%fjidwv ^[yisrmov Avuatav Maxotmv
und an die götternamen ^EQ^awy Iloaeiddwv Ilaiawv erinnert.
Stammnamen auf -o/reg, -wTcegy 'tartoi
Wie Ed. Meyer Glesch. d. alt 2, 44 hervorbebt, tritt eine
anzahl meist nordgriechischer stamme durch die gleiche namen-
endung -^n^ -tc, (art- in eine nähere Verbindung.
In Makedonien finden wir die ^AiQoneg^ auf die auch der
makedonische königsname ItiiqoTtog weist: ^AiqoTtBg- M9vog
TQOtX,iiva xatoixovv xai iv Maxedovlai yivog ri xal oqv^a
xiva Hesych. Nach Aristot H. A. 6, 1,3 sind die vögel des
namens die bienenwölfe, die sonst ^iqoTteg heissen. Vgl. aeQideg'
jnihaaai, Hesych? Nördlich von Edessa sassen die ^'AXfimneg^
vermutlich nach aXiia hain benannt, also „hainleute".
Aus Obermakedonien, der landschaft Deuriopos drangen
die JwQiOTceg (Jovq-, JevgloTceg) vor, für die beim weiteren
vorrücken der kurzname Jiaqieig üblich wurde. Das land der
Dorier heisst JwQig, ihre Vorsteher am Parnass J(OQid^aiy ihr
eponym JwQog. Jwqio — ist wohl die vollste form zu Sqio —
wald, so dass die Doriopen als „waldleute" benannt wären.
Makedonisch daQvkXog eiche steht im richtigen ablaut zu dwgv
= ai. däru. Der jedenfalls poetische name für den eher doxe-
diOQog lässt sich als dvaxi^(0(^'g ),den spiess bestehend'' dvax^
to SoQv deuten. Der makedonische flussname Exidtt>Qog könnte
als /exi-dwQog „vehens arbores^' verstanden werden.
Der name der Jqvoneg verhält sich vielleicht zu dem der
JiOQiofteg, wie die Gauta Schwedens zu dem Gut-thiuda der
Goten. Doch ist auch hier ein gleichlautender vogelname zu
beachten : mit ÖQvoip schliesst Aristophanes vögel 305 die reihen
der 18, zu je 6 auf den vers vertheilten vogelnamen 303—6,
wozu die Hesychglosse gehört: ÖQvotpy OQveöv ti dioupiqov %oZ
ögvoHoldmov.
Im Pindos sassen die JdkoTteg; man vergleiche die Hesych-
glossen doXoTta' yuxzdayiOTCov , /adoTQOTtov und doXortevei' |y«-
ÖQsvBi; ^ dolwTtig Oiviiag wigri heisst Deianeira bei Soph.
Trach. 1050. Vielleicht soll der name dem wild auflauernde
Die griechischen verbandnamen (ethnika). 239
fallensteller bezdichnen, doch gedieh auch das klephtenhand-
werk in diesen bergen zu allen zeiten. Als aiisgang erscheint
iolog im namen der l^fjupi-^oloi Triphyliens.
Die ^EkXoTieg wohnten um Dodona, das selbst ^EXXoTtla
und'!EXila hiess, kurzname der "EHofteg ist ^'Elloi schon bei
Homer JT 234 dfupt JESEAAOl d. i. äfiq>i di a "'EXloiy
woraus durch falsche worttrennung die Silloi geworden sind.
In weiterer ausdehnung wurde 'lEilAot, noch mehr ^ElXtjvBg zum
allgemeinen griechischen volksnamen; ^EXkoi' 'iBUfjveg oi iv
JwSnirfji xai ol leQÜg Hesych, wo man wohl lesen muss: ^'Ellfj-
v€g xai ol h JwSwtnji Ugelg; 'Ellag ist von ^EXXog abgeleitet.
Die etappen für die ausbratung des namens sind noch zu er-
kennen : ^EXkAg um Pharsalos, 'TiXkrjvBg die mannen Achills, die
Achäer von Phthia im schiffskatalog, die landschaft Hellopia auf
Euböa, und im hymnos auf den Pythischen ApoUon ^ElXig
Mittelgriechenland im gegensatze zum Peloponnesos.
HXoxjß »yfisch** hat mit den Hellopem nichts zu thun: der
fisch ist h-loxp „in schuppen^' vgl. illonag i%&vg „beschuppte
fische*' Hesiod Schild 212, von Xon- — XsTtlg^ Xomg „schuppe".
Die'^kXofteg heissen wohl von ihrem wohnsitz in dem SAog,
der reichen niederung um Dodona, von der es in Hesiods Eöen
heisst IWt Tig ^EJiXonit] ftolvJiijiog ^ evlelfnov.
MiQOfteg sollen die alten bewohner von Kos geheissen haben.
Der name lässt sich, wenn griechisch, verschieden deuten : fiigotp
braucht gar nicht componiert zu sein: es kann wie otiQotp zu
aatQanvwj so zu fiagipai^ ßifdifßai d. i. fiqd^pm gehören, dann
wären die alten Koer räuber fiaQftvieg gewesen, wie die Sivtug
von Lemnos. Aber fiigotp hiess auch, wie das sich darauf rei-
mende aiQotp der bienenwolf. Endlich giebt es noch ein homeri-
sches beiwort der menschen — (leqoTtvmv cry^^irc^y. Dies
stammt nicht von ^i^g und OTT-stimme, so dass es die „artiku-
liert redenden'* menschen bezeichnete, vielmehr gehört es zu
fi€^- in fidf-f^fioa tAeQfifjQi^f fiig^ifira „gedenken'^ wie ard-Qwrtog
nach Bezzenberger zu fiir^fjoa^ fia^-elr vgl. cech. mudrak ein
verstiindiger.
Olvßneg hiess eine Phyle in Kyzikos; der name ist deut-
Uch.
Ob beroennamen wie KhtQotp^ MotpOTt-^ Ililoifß auf alte
Stämme gl. n. schliessen lassen, bleibe dahingestellt: IblüOTCowricog
fiir Itikonog vijoog heisst „insel des Pelops; sicher ist die
240 A. Fick
bildung aaf -o;r acht und all^iechisch ; al^tp^ /^votp, folpotff,
fi^Jiotpt XaQOtfj. Dieser ausgang gehört meist zu 07t sehen,
bezeichnet aber auch allgemein die richtung wohin, die be-
ziehung auf etwas, ist also für die sprachempfindung frähe zum
blossen „suffix^^ geworden.
Auf -wreog finden wir in Epeiros KoQiwTtol Smlg. 1339 »
KaQtonoi 1350 und Kaaawnoi zu KaaawfO]' rtoXig h Mokty-
mal Steph. und daneben Kaaaioftf]. Diese namen gehen wohl
ursprünglich auf örtlichkeiten, sicher gilt dies von Koihanoi
in Epeiros Smlg. 1354. Koihaftog heisst ,,hohl anzusehen"
oder „mit hohlen öffiiungen^' OTtiq öffiiung, und ist Eurip. Iph.
Taur. 263 als adjectiv zu belegen. Aber nicht die Koihanoi
sind „hohl*S sondern ihr land, ursprünglich müsste demnach
das ethnikon auf -^mog ausgehen wie EvQWTtiog in Epeiros
Smlg. 1339 und ^ÜQüiTtiog; der gegensatz von svQWJtog ist
atevwTtogf ein ^ÜQfOTtog ist auch für Epeiros bezeugt.
Vereinzelte ausgänge.
Der ausgang -^i/o in *Ax'Oißol findet sich ebenfalls in
dem nomen dfjv-aiog lange lebend E 407, also in dem sinne
von ori/cur. Aber die eigentliche bedeutung von al/o^ ist „gang,
bewegung". Diese liegt in äifolog „beweglich'* deutlich vor;
mit xo^d'aioXog ist no^^-aii^ gleichwerthig, äixTj ist dem-
nach aüüf] zu schreiben und iiaowy attisch aiaaw als aifiiy'w
zu denken, gebildet von aUx^ wie ipoivlaow von g>oivi^.
Zu ^Axoi/og verhält sich ^foXog^ der eponym der ^la-
Idg^ wie der windbeherrscher ^Yolog der Odyssee zu dem
Sternen- und windgotte IdoTQ-^xiog (besser l^üTg-aiog?) der
Theogonie. Schwierig ist die deutung des anlauts: sind die
'Ax-aifoL soviel als fjiax-<xi/oi „schlachtgänger", etwa wie lit.
kar-eivys „krieger^', wörtlich „krieggänger"? Aber eine Verkür-
zung von f^ax"''] zu äx- ist nicht nachzuweisen, ebenso wenig
die von Syx-og zu ox-i wodurch wir „speerschwinger" gewinnen
würden, auch ein früher gewagter sprung über die grenze zu
den germanischen Ingaevonen sei hiermit förmlich und fderlich
zurückgenommen. Vielleicht gab es ein altes adverb axt-, o^e-
neben Syxh ^yx^" niiahe*'? Dann wären die ^A%'<xifoi als
„draufgänger'' äyx^'f^oloi^ cfflnji-fiaxoi benannt und auch für
Wxi-iU€v(, Lix«->tcc/io$ liesse sich dann eine deutung finden.
Eine spur von diesem a%i' ist vielleicht in aocov ,,näher" zu
Die griechiscben verbandDamen (ethnika). 241
erkennen, wenn dies aus axijov, axjov entstanden ist; aus
oiyxjov mÜBSte äolisch alaaov geworden sein, wovon wenigstens
nichts verlautet.
Kdl-ai&oi, Smig. 1354. 1355 (ebenda auch KiJLai9og) bei
Steph. „Kelaid-or e^og QßOTtQiatindy 7tqoo9%ig %rji QsrraXiat
^Piavog (T. UyovTai nal Kelaid-eig^'' (wie Kvpai^eigy negai^elg^
eponym niqai^og). Vermuthlich KBhxi-aid'og „schwarzbraun**
wie die ^id-ionegy "Italoi, Ooivi%Bg nach der färbe; Homer
nennt sie AX^meg vgl Qqai%eg^ Tif^filueg Oolvixeg.
Den gleichen ausgang zeigt Kvvaid'a in Arkadien, ein-
wohner Kvraid-eig wie KeXai^eig. ,j^i^ heisst ein pferd
Agamemnons V^295 „die braune** wie ai^mv. Hängt xi;y- mit
Tivaviog zusammen? Kw-ait^og ist alter mannsname, Kiv-al&a
heisst eine ziege Theokrit Id. 5, 102; xw- zu x«y- (a/iy)f wie
TvpdaQcdai zu lakonisch TivdaQidai? Lit szvinas heisst „blei**.
IleQai&eig im gebiete der Mainalier Paus. 8» 27. 36 schliessen
sich im namen an die Kelaid'eig und Kwai&elg; der eponym
heisst Paus. 8, 3, 4 IHgaid-og vgl. Kilai&og, Die Zusammen-
setzung mit neQ a= TtßQi ist klar, weniger klar, ob die benen-
nung ursprünglich auf den ort oder die bewohner geht.
KaHl'-xoivoi hiess nach Kiepert Atlas v. Hellas VH ein
stamm nördlich von Epeiros. Der name klingt griechisch
„schönes gemeinwesen bildend**, ist aber vielleicht bloss gräcisiert.
Idqyohxg {atgatog) im Rhesos 41 ist wohl neubildung,
vielleicht nach ^AfyoXlg seit Herodot, aber woher dies? Die
Römer bildeten von Messana: Mesalla.
TQiTeohaaor eihog &ea7tQ(o%iiwVf ovg nai Tfinoliaalovg
xalei ^Piavog iv tm neyreKaidsKaTwi Steph. (TQL7to)llaioi Smlg.
1360,6 vgl. Ttoliaaavxog und ^okioaoyofiog hei Aeschylos. iTo-
Xiaao- fand sich ursprünglich wohl nicht im ausgang, also sind
die TQtfcokioaoiy -avoi etwa als TQiTeoliaaovof^oi zu denken?
MoXoaaog ist verständlich, wenn man iaoIo" mit f4(Slog
(^'Aqrpg) gleichsetzt, oaog ist dasselbe wie in JoQv^aog, Aao-
ooog neben doQvaaoogj laoaaoog^ die kriegerischen Molosser
wären dann sehr passend benannt.
Die namen TQlq>vloc iftid nafAg>vloi sind deutlich.
Zusammengesetzt mit afitplj ^, /ra^cr, vTcal,
In den stammnamen, die vom afiq>i enthalten, ist das ver-
242 A. Fiele
hältnis der beiden theile nicht immer klar; so in ^Afjifpi-ioXoL
in Triphylien vgl. J6i-07tig^ * uifiq>i'loxoc in Akamanien, be-
wohner von Argos Ampbilochikon vgl. ^Ytcoi-Ioxioi in Epeiros.
Die ' A(iq>iryLxvovBg hiessen später als TteQiHtiovegf dfjiq>iftBqntL%iovBg
Kallinos 1, 2 *Afig>i'iiTioveg ,,umwohner'^ ; xrvoy- gehört wohl zu
^dg „die von rings her vereinigten'^ Dagegen sind die nach-
stehenden mit er, nagd und vftai zusammengesetzten starom-
namen aus einer adverbialen Verbindung dieser praepositionen
mit einem davon abhängigen lokalkasus hervorgegangen.
''£]/x^$ pl. ^'EyyL^fjzsg soll nach Bekker Anecdd. Choiro-
boskos die ^Eteöxgrjreg genannt haben: aus h KQijttji konnte
sehr wohl "Eyx^g entstehen, wie eydixogj irtaQOVQog aus iv
dUfjtj irc aQOVQai, Aus ftoQ aXa entstand IlotQaXoi (Attika),
aus der Verbindung von nai^a mit einem lokativ auf i adjec-
tivische stammnamen auf log^ denen die gaunamen auf ia {yrjß)
zur Seite stehen. So JlaQavaioi in Epeiros am äusse ^vag »
^Awog^ IlaQcnctjiplaioi^ naganorafiioi , noQaawTtioi; naoa--
KVTcaQioatoi und TlaQiiQeioi.
Mit dem epischen vnai für vTto ist der name der 'Y>roi-
Xoxioi in Epeiros zusammengesetzt, vgl. ^u^fnpiloxoi.
Ethnika nach den landschaften geordnet.
Makedonien.
MttKsddv ist gebildet wie MvQfiidiav und ^Anidwv : ^Aiti-
dovBg und ^Arcidav^eg hiessen die Peloponnesier, *Anid6vBg di
nal Ol ^Aquadeg Steph. unter *Aftia. Mit (lonudvog „hoch'*
fällt das adjectiv Mansivog ^^makedonisch" zusammen. Zieht
man auch das allerdings spät bezeugte fjirpudavdg heran, so er-
hält man die abstufung fimedopog : Mokböwv : ficmedrog ■- Ufa-
nsivog. Die Makedonen hiessen so als „hochländer'S der alte name
des landes war Mcmha zu neQi-ii^xBvog^ also (lihwiog : MSmita.
Eigenthümlich ist die bildung der ethnika auf --axa in
Jiaarai zu Jlor in Pierien, ^EoQdiovaL zu ^Eoqdolj KvQQ^aTai
zu KvQQog^ Av/K^atai zu Avynog (auch KvQQiazai und Av^
ynioTcu ist überliefert) und '0^£<rra«, dies wohl von OQog „berg'S
also als ^OQia-avai zu denken. Der makedonische mannsname
nevxeazag geht auf ix^-nevKrjg oder ein ethnikon.
Steph. bemerkt' unter *EoQdaioi : die ^EogSot iuXi^dTjoav xai
*Eo((diaiai dno %ov ioQÖify^^ (ag Avdbg AvdiJ^w {Avdiatw)^
Die griechischen verbaDdnamen (Ethnika). 243
richtiger jedoch sagt er unter Jlov : Ilavaavlag de Jtaarag
qniai' Mcnuddrtop yccQ 6 %inoqj ^Ogiaiai ^vyKfjataL Übrigens
wird uns derselbe typus in Epeiros und Thessalien begegnen.
Zur deutung hat man sich an den ausgang -to in oiiie''%f]g^
g>vli-%ag^ Tßyßd-zag zu halten, -ava ist dieselbe bildung aber
von a- s= iü' „seines vgl. juvfj'Orig neben f^fj-vig. Strabo 330
fr. 20 heisst es vom flusse Erigon: hc TqixXa^ftav ^itav di
^Oq^axbiv xai T^g ÜBhiyovlag. Hier kann ^Oq9a%w¥ nicht
richtig sein; am oberen Erigon neben den Pelagonen wohnten
die Doriopen und so mag der durchsichtige name der TqLtXaqoi
an die alte dreitheilung der Dorier-Doriopen erinnern, deren
name, wie der der Almopen schon oben besprochen wurde.
Epeiros.
Unter den epeirotischen stammen nennt Steph. Xaovia
nach Proxenos aufzahlung die ^AiivfjtovBg. Mit recht bemerkt
dazu Meineke: „lidem esse videntur qui supra ^'Aiivfivor e&vog
^TceiQtaTiiioy, ^Ptarbg .... keystai xal * ^ixvfivaiog yuoi '^iivfi-
vaia. Dazu ^Afiv^vtav gen. pl. Smlg. 1346. Ursprünglich hiess
es ^ui^vfioveg gen. pl. 'AfivfiviSr stammabstufend, wie in Ma-
xsödip : Mooißdvog aus Man^dväv,
Ebenso scheinen die X6ovBg und XotSroi : e9vog QBOTCQOh
Tixov zusammenzugehören als Xdforeg gen. pl. XcnmSr. Übri-
gens wird das „klaffen'' wohl nicht auf die leute, sondern auf
das land gehen, vgl. Xdov berg in Argolis und Xaa alte Stadt
in Elis (kluft).
Den ausgang -op^g zeigen auch die sonst unbekannten
Magdöreg : ^Tteigutiiidv Mdyog. EvTtohg Iloleai : „xat Xao-
rury Kai üaidviov wxi Maqd6viav^\
Die Bvkkioveg mit der Stadt Bvlhg gehören wohl schon
nach lUyrien; oder ist makedonisch ß ßir tp eingetreten?
0vXlog heisst ein gelurg in Thessalien, OvXhg eine landschaft
am Pangaion.
Die inschriften von Dodona geben einige stammnamen in
eigenthämlich gekürzter form wieder.
So lesen wir Smlg. 1334 den genetiv ^'O/u^oXo^, ebd. 1347
den plural ''Ofiqpa^^. Die leute sind offenbar dieselben, die
Rhianos iv zeTaQtwi QsaaaXixüv nach Steph. unter nagavaioi^
^Ofiq>aJLiijag genannt hat Ihren wohnsitz nennt Steph. ^O/aqxi'
iUoy — eavi xat &9r%aliag. Die namen, die Rhianos iu seinen
244 A. Fick
Q^aoaliiia nennt, werden desshalb oft nach Thessalien versetzt,
auch schwankten die grenzen beider landschaften. — Die ent-
wickiung von ^O/Kpali^sg zu "OfAg>ak€s kann nur durch ver-
änderten akzent, indem der nebenton auf der ersten silbe
mächtig wurde, vor sich gegangen sein.
Tleialog lautet der genetiv eines ethnikons Smlg. 1352 mit
et für I in jüngerer Schreibung. Tleialog ist aus Tleiakijog oder
-Uog gekürzt wie ^'O^ffaXog aus ^Oiifpah^og s. o. , das erhellt
aus Ilidleiaj noXig QeaaaliHi^ vnb to KeQKetiov oQog, to
ed'vindv IIialBvg Steph. nialiog^ vielleicht ursprünglich ein
nordgriechisches wort, heisst wie /r/oiy „fett'^
Strabo nennt IlaQWQaioi als epeirotischen stamm. Smlg.
1355 lautet der name {T[oi)Q(aqog^ im genitiv TlaQWQov 1350;
beide namenformen beruhen auf IlaQWQeiog und dies auf naQ*
0Q€i. „am berge".
Der Stammesname XiQaÖQog smlg. 1352 geht auf einen
Ortsnamen, der sich nach x^Q^S ^og „gemülm'^ und x^H^^Q^
„giessbach" nur als Xeqidqa denken lässt. Auch hier hat das
ethnikon eine starke Verkürzung erlitten : XiqaÖQog aus Xc^a-
dqdiog wie üdQiOQog aus naQfoqaiog (oder doch IlaQiiQeiog).
So erklärt sich auch der sonderbare stammname 'OvojtBQ"
vog. „Eselfersen'' oder „Eselschinken'' werden die leute schwer-
lich genannt sein, aber gegen einen Ortsnamen ^OvovniQva
wäre nichts einzuwenden: ^'Ovov yvad-og hiess die halbinsel
westlich von Kap Malea, und niQVtj' Svioi f^eta %ov t JIziQVfj
(Hesych.) ein vorgebirg von Aigina. Also wohl ^Ovojteqvog aus
'OvoTtBQrmog wie üdQWQog aus IlaQtoQaiogj XeQaÖQog aus X«-
QaÖQaiog,
Die TdlaQßg sind irgend wie von zakaQog flechtkorb be-
nannt, vielleicht nach ihrer milchwirthschaft von käsekörben
Od. 9, 247. TakaQia hiess eine ndhg SvQanovalünf' Beonofi-
Ttog SV OikiTtnixtSv // Steph. Tdlageg verhält sich zu TakaQiay
wie nieQeg zu Ilugia s. u.
Proxenos nennt Steph. Xaovia unter den epeirotischen
stammen die KaaaüiTtoi^ zweifellos die bewohner von Kaaatanri *
TtoXig iv MoloTToig — to id^iKcv Kaoatoftaiog xai Kaocio^
mog. — ^HQodwQog de Kaaatanovg avrovg qnjoiv ^ytatüg xax(?$"
meint Stephanos. Vielmehr haben wir hier die echt epichonsche
namenkürzung, wie in TldQiOQog : UaQtoi^iog zu erkennen. Der ort
heisst bei Strabo 324 KaaaioTtrj ygLKaQiWTtog neben KdQwrtog 8.u.
Die griechischen verbandnamen (ethnika). 245
Das ethnikon KothanoL wurde schon oben auf einen Orts-
namen zurückgeführt, wie Kaoatanol auf KaaatOTtäiog von
KaaawTtfi zurückgeht.
Für KaQKüftov Smlg. 1339 liest man KoQwitov 1350, was
an ^Afiimoi^' Aff^oi zu ^Ayqiai ^uiyQiäveg und Kaaaalnri neben
KaaaiOTtt] erinnert. Die Kägeg^ die Bhianos ir rijt ^ (Beaaa-
Xinüiv) erwähnt „kTtra de Jwvertlvoif dtoiQ dvoxald&ia KäQ€g
Steph. unter J(av€%%ivog^ tragen vielleicht einen aus KaQ-WTtog
gekürzten namen. KoQwrtog kann aus Ka^tandg entstanden sein.
Wie überall in Griechenland ist die ableitung vom lokativ
auf i auch in Epeiros zur bildung der ethnika sehr beliebt.
EvQWTtiog Smlg. 1S39 geht auf einen ort EvQWfcog zurück vgl.
Stephanos unter EvQWTeog* — vö edytxov EvQdjtiog wg 'ß^co-
niog. Auch in Epeiros soll es einen ort Oropos gegeben haben:
%ai nifAnvri iv BeaTtQwriai sagt Steph. bei aufzählung der
Städte dieses namens.
Die Xi^fulioi. smlg. 1347 scheinen eine kalte gegend be-
wohnt zu haben, wenn der name mit x^A'O" ^^ dva-xifiog,
xlfietlov zusammenhängt. XsifACQiov heisst ein vorgebirg und
hafen in Thesprotien Thukyd. 1, 30. 46 und Dodona trägt
n 234 das beiwort dvax^lfieQog, XtfAwkiot geht auf XifjiwXdg
wie Aitiilioi^ 'Xla auf AlTwlogj und wie af4aQ%(oJi6g von aiaaf'
reiv^ Al%(aX&g von aitüvj so ist XifuaXog von %vfiAv » x^i-
lAsiv frieren abgeleitet; möglicherweise würde Xi(iwXu>v besser
mit Bi geschrieben.
Die ^Yftai^koxt'Oi wurden schon oben erwähnt und mit den
lififpiXoxoi, in Akarnanien verglichen; sehr merkwürdig ist hier
die erhaltung des altepischen vnai neben vno.
In TqmoXiaaoi neben TgiTtoXlaoi ist ao^ zu ojoy aao
gewandelt wie in Kaaawav] aus Kaa(a)i6n7j; bei Aeschylos
schreibt man Ttohaaovxog^ noliaaovoiiog wohl besser mit ein-
fachem 0.
IlaQWQäiog, verkürzt zu IlaQWQog s. o. beruht auf ftagoh
Qea SS TtQQWQua^ wenn man nicht ein übergreifen des aus-
gangs -aiog annehmen will.
Unter ^'AiAVfivor edyog ^HnuQfazixov bemerkt Stephanos :
lAyetai aal ^AfiviAvaiog not ^A/avfAvaia, Dies ethnikon erklärt
sich, wenn wir ^A^v^vog^ wie oben geschehen, nach analogie
Maiudwv : MaxBÖvog als ursprüngliches adjectiv zu ^Afii^ivw
auffassen. Dann ist ^A^v(ivd (sc. ycua) das land der 'AfiV"
246 A. Fick
fwves^ and hiervon regelrecht das ethnikon l^fivfivaiog abge-
leitet, wie ^Eleäiog von 'Elia und Tvfiq>aiog von Tv/mpi.
Zu Kolrtälog smlg. 1350 — jedenfalls mittelbar von xdil-
ftog — und ToQvdaiov 1339 fehlen die Ortsnamen; einen ort
Toqvmi in Thesprotien erwähnt Plutarch Anton. 62. Nach einem
manne sind die revoaioi benannt e&vog Molooalag^ änb
Fwoov afgKjOvtog avTwr* ^Ptavog iv tevädTtai Qeaaahxw Steph.
Inachriftlich erscheint der name mit v : Fewalov smlg. 1367,
wie umgrirahrt Joaoavog neben Strabos Jviarai.
Geradezu einen nmniwüiamen tragen die 'Afiyrtar e&vog
QßüftQümxdv jifiivog rrveiovreg *AfiV¥V€»^^ (wohl aus Rhianos)
nai ^AfiatoviXfjg iv %rji %wf¥ ^ftsiQünwv noXitelai Stepb» Vom
könige Amyntas benannt? wie könig Philippos die Kreniten
OiUnncvg üfv6iÄaa&^?
Die ethnika auf -ivog gehen auf den ausgang 'lo zurück,
mag damit der Ortsname schliessen, wie in Aßovtiop : Aeov-
jfivogj oder eine kürzere form des ethnikons auf -lo dabei über-
sprungen sein, wie in ToQag {Taqdvtiog) Tofowrivog. In
Epeiros ist 'Ivog vertreten durch 'AQyvfßror eihog 'H/r«!^-
TiKov Steph. zu diffVQiov silberbergwerk, 'Afffvqia ort im kappa-
dokischen Pontos, l^dyvQia in der Troas.
d(av€%%ivoi' e^og Molocainov^ "^Piarbg 6' GeoaaliKwy
„avTOQ JwretTivoi Id* ozQrjQoi Kegalreg^^ mai iv Ttji ^ „efttä
öi Jtavstilvov^ maq dvoxaid&ux K&Qeg^*, Der Ortsname, der zu
gründe liegt (Jwpmior?) wohl zu dova^ „röhr''. Woher hat
Passow unter dovc^ „dorisch dalyof, ionisch dovra^?^*^ Boisacq
weiss nichts von dorischem duha^^ sonst könnte man lettisch
dohne^ d. i. däne „schilf, binsen^^ dafür geltend machen, dovm-
wag als beiname ApoUons geht auf dova^ ^rohr, pfeil^^
KaaTQivoi hiessen die bewohner von KBO%qia^ das gebiet
KeaTQiyrj bei Thukyd., in Thesprotien, doch vgl. Hesych Ke-
azQiriKol ßoeg * ol h Xaovlai- ^ yaq Xaoyla Ttforegor KeoTQhfj
ftQoafiyoQSveTO (?)•
Für OTtlairog Ethnikon Smlg. 1359. '1362 ist vielleicht
^Ortlaivog zu lesen und von einer örtlichkeit abzuleiten, die
etwa „hufplatz^* bedeutete, von Snlij huf, wie onXia bei Hesych;
^*OnJiairog „waffen belobt'^ wäre doch ein allzu pomphafter
name.
Im ausgange von KßQoirßg mag -ir aus -trog verkürzt sein,
wie in vafuvi neben iaf^iyrji.
Die griechischen verbandnameD (ethnika). 247
Eigenthümllch ist die Verwendung von -zog fiir -Tag in
epeirotischen stammnamen. Strabos Jviatai 326 sind wohl
zweifellos dieselben leute, die inschriftlich Joeaatol heissen:
Joaaazog Smlg. 1350, 4, mit o neben i;, wie umgekehri; in-
schriftlich rewaloi neben rsvoäioi beim Stephanos. Dieselbe
oidiiiig in 'Tyx^atov Smlg. 1349, wir dSrCm denmach -arog
als Vertreter des makedonischen -atag ansehen, ebenso -tog
für -zag in KXa^iarog Smlg. 1339, ^0Qiat(6g) 1366, wohl zu
Harreum Liv. 45, 26, vgl ^^Oqiov tonog KjQiqzrjg Steph. <Z>ot-
va%6g Smlg. 1351 zu einem Ortsnamen Ooiva vgl. (poirog
„brann^*; KoQza . . . 1367 und tov 1346 sind vidleicht
zu Kxxqzatov zu verbinden.
Hierher gehört vor allem der volksname QeaftQUprog, ge-
bildet wie ^u4ftod(ot6g und Boianog. Vielleicht war der aus-
gang '%ag in Epeiros ganz durch rög verdrangt, denn die
'u^fifrQcaiiuirai^ ^AnBi^xiu und ^uiiivvtai wollen nicht viel be-
deuten: Amprakia war eine kolonie von Korinth, ein gemein-
wesen der Epeiroten gab es erst in hellenistischer zeit, und die
^Apivvzai tragen einen makedonischen königsnamen. Das eth-
nikon ^Onovog Smlg. 1349 erinnert in seinem ausgange an
'Ertovia' noXig^ ^ vvv ^A^ßqanla^ fj 7c^j€qov JIoQaXla nai oi
oixovweg Steph.; ^(hcovog mrd für *Ofroviog stehen.
Die Js^oQoi wohnten im norden nahe der illyrischen
grenze, daher ist der name wohl nicht griechisch — vgl. illy-
risch JaaaaQiJTai daaoaqta — man könnte sonst an di§aa^ai
^Aqvja denken.
Die ^Adttfi&yeg ^Artwareg ^EyyßlSreg Talaiaifeg und
^'Ellofteg wurden schon oben angeführt Die grosse fülle von
stammnamen erklärt sich aus den politischen zuständen des
landes, das ganz in der alten gauverfassung stecken blieb und
sich nicht zur bildung der hellenischen polis erhoben hat. Für
die griechische Volkskunde sind die eben betrachteten namen
darum vdchtig, weil sie mit voller Sicherheit den acht- und
altgriechischen Charakter der bewöhner von Epeiros darthun,
der nicht weiter angezweifelt werden sollte. Erst nachdem
Aemilius Paulus das kernvolk der Molosser nach dem siege von
Pydna in die Sklaverei verkauft hatte, drangen die lUyrier in
das entvölkerte land vor und Epeiros wurde „zweisprachig",
wie es Strabo kennt.
248 A. Fick
Westhellas.
Ob die Taphier und Teleboer, um mit den westinseln zu
beginnen, griechischen Stammes waren, firagt sich hier nicht,
die namen sind jeden&lls griechisch. Die Tmpioi heissen so
als bewohner der insel Tmpog^ und diese ist als „grabinseP'
Tcupa-rtjaog benannt und nach ihr und ihren bewohnem die
umliegenden inseln r^oi Tdq>un.
Der name der Ttileßocu ist durchsichtig, aus vijiU und
ßoi] zusammengesetzt, aber die deutung ist nicht ganz sicher:
weithinrufer? oder weithingerufene? als %ij]ihJiti%oi ininutvQoi?
ßoij bedeutet schon im homerischen ßoj^v dya&og den Schlacht-
ruf und die Schlacht, heroischer Vertreter der Ttjlsßoai ist
vielleicht TtiXtfioxog.
KegKiHop ist, wie das doppel-A zeigt, kurzname; der voU-
name ist nicht wohl anzugeben, wenn auch deutliches x&palij
zu gründe liegt, wie denn als eponym Kitpalog genannt wird,
der auch dem attischen demos KetpaXi^ zu seinem namen ver-
holfen haben soll. Der Ortsname K&faJüoidiov jetzt Ge&lu, auf
Sizilien geht auf Tuq>al'Oidt]g „dickkopf * wie xvloidiatü auf
Kvloidag; auch A&paloyrjaog name einer insel vor der Krim
ist zu beachten.
Kephallenia bildete eine tetrapolis, sie war unter die vier
Städte Same, Pronnoi, Krane und Pale getheilt UgtSyroi ist
eigentlich gekürztes ethnikon, die Stadt hiess mit vollem namen
nQ€ivaoog Strabo 455. Statt der Pronnoi nennt Liv. 38. 28
neben den Cranii, Palenses und Samaei die Nesiotae, offenbar
auf grund einer anderen kürzung von ÜQwivaaog^ wie die 'JSxa-
to-rijatoi sich selbst Naaiwtai nannten. Die namenreihe ist
demnach: IlQfovaaog {IlQfavaatoi) und hieraus vom ersten tbeil
n^fdSyyoi^ vom zweiten NaoiiOTai.
Sagenberühmt und nur der sage bekannt sind die Kureten
von Pleuren. Der name ist kein ethnikon von haus aus: xov-
(fiJTeg ^Axmtav heisst bei Homer die junge mannschaft, die da-
neben auch novQOi ^Axaiiav genannt wird. Auch bei den Kureten
Pleurons findet sich die doppelbezeichnung : Kovqiov hiess berg
und bürg über der Kuretenstadt Pleuren und Stephanos be-
richtet unter KovQrjg ^^nat Kovqsvq ftOQayuyov xai KovQeiog
Tiai KovQeia^^ In den folgenden werten „xai KovQiaaa dijlv^
xcii^" ist für KovQioaa zweifellos Kovgfjooa zu schreiben ge-
Die griechischen verbandnamen (ethnika). 249
bildet von Kov^j -wog wie KQ^aaa von ÜC^ijg, Mayvtjoaa von
Mdymjg.
Die ethnika ^Aaaqväveg^ OoiTaveg und *AfJupiXo%ot sind
schon oben zur spräche gekommen.
Der Aetolemame ist schon bei Stephanos richtig gedeutet.
Da heisst es unter Ai%whig' „Ibrt xat ahiaXog ini^nov Ttaga
^fia %6 aiTäiy^^; also aiTwXog zu aheiv aivijaw wie afuxQzwXog
zu aiAaqrräv a^aqftiq'afa. Klingt dieser sinn von Alzfolog noch
Od. 14, 329 durch? Jedenfalls ist der dort genannte Ai%iaX6g
dviJQ ein „heischender'S ein bettler.
Die einbrechenden Nordgriechen sind auch sonst als bettler
und landstreicher benannt. Qsaaalog^ einheimisch nerd-alogy
stimmt wesentlich zum ahd. bitä, pitil zu got. hidjan „bitten*^
der bettelmann der Odyssee Iros hiess mit eigentlichem namen
^uiqvalog^ in ihm werden die von Arne in Thessalien einfallenden
Böoter, die ^AQvaioi Bouinoij verhöhnt, und der dorische He-
raklide, der Korinth eroberte, heisst in der sage iM^i^g „der
landstreicher". So sind Ahtalog und Ilet&aXög ursprünglich
schimpf- und Spottname gewesen, die von den siegem nachmals
als ehrennamen adoptiert wurden; ein treffendes beispiel bietet
die geschichte des Geusenamens.
Stämme in der später dem Aetolerbunde angeschlossenen
uiitwXia iTiUtrjTog waren die 'O^ioi^ Thukyd. 3, 9, 4, die
Strabo 451 mit kürzerem namen ^Oq>ieig nennt, von og>ig
schlänge, aber in welchem sinne? „Schlangenverehrer?" oder
anwohner eines baches ^'Otpig (so hiess der bach von Mantineia)
oder ^Otpiiav?
Bwfioi^ Xoapoi yAtwXiag^ oi xaroixovvreg Bwfjiiijg' Qavuv'-
didrig zfiTtji c. 96 jfBwfjii^^g xat Kakli^g^^, dlX^ eatir dnö vov
Btifiiog^ tag dnb %ov Xijaiog Xrjauvg^* Steph. Unter den
Bwf^ol sind wohl eher „stufen", vgl. ßad'fiog^ als „altäre" zu
verstehen. Btofii^g geht wohl auf Bu^iiov^ gebiet der Bio^oij
wie KaXhijg auf Kakhov. Diese von Thukydides neben den
Bwfiiijg genannten Kalh^g sind die bewohner ^on KdXXiovj
dem gebiete des orts, der mit voUnamen KaXUrtokig heisst. So
sind die KaXXiüg dieselben, die in den delphischen inschriften
als KulXiTtoXitai bezeichnet werden.
In i^Ttodunoi findet sich derselbe ausgang vor wie in
BeoftQorgoi und Boianol. Zu gründe liegt wohl an:ovg g.
aitodog „fusslos d. i. unwegsam".
BtiMi« z. kaiMto A. lad«. ■pmaktB. XXVL 17
250 A. Fick
Ähnlich heissen die l^negawoi so, weil sie in „nndurch-
dringlicher" landschaft wohnen; die eigentliche bedeutung von
aTgiQctvjog ist ,,nicht durchzukommen" (jteqalvia). Tlegctwia
TtöXiQ AhiüXiag Steph. ist, allerdings ohne rücksicht auf den
sinn, aus 'ATtBQorcia gekürzt Die ^^yQoioij in unwegsamen,
noch jetzt mit dichten Waldungen bedecktem berglande sesshaft
(Bursian Gr. g. 1, 140) sind von ayfa jagd als »Jagdleute,
uteidmänner'' benannt, wie ApoUon dygaiogy Artemis dynala.
Das ac^ectiv erfordert auch hier, wie immer in adjectivischen
ethnicis ursprünglich den zusatz oydQeg.
Dem sinne nach stimmt, was aus Aetolien in der Hesych-
glosse Idyqe^ovag berichtet wird: d^rjQoraij ftOQdifjtixoL Boi(o-
voi — xal tSjtog iv ^hwJUai, zunächst doch bezeichnung der
bewohner dieses ortes.
Der name der Aonqoi ist dunkel, die Hesy chglosse kenQoi *
c^oi %i^ ihupaiiov {xagdttav?) giebt keine aufhellung. Dagegen
erklärt sich der bergname '*OloKQog bei Pydna sehr wohl aus
o- „mit" und im zweiten gliede zu -Jlox^o-g abgeläutetem A«x^ff
„mit geweihzacken versehen"; ähnlich heisst eine klippenpartie
am brocken y,die hirschhörner".
Die westlichen Lokrer nannten sich selbst FeandQioi^ wie
sie auch den abendstem in ihrem Siegel führten, bekannter
sind sie unter dem Spitznamen der 'O^olai.
Dieser sollte, von o^iv abgeleitet, die leute als „stinker"
bezeichnen, welcher gestank dann verschiedentlich hergeleitet
wurda Sprachlich ist nichts einzuwenden: o^ltjg wäre von
o^w gebildet, wie fiaiyo-Xrig, fuayO'Xrjg^ olg>6'Xf]g^ bnvid-Xfjgj
gtaivO'Xrjg von fialrofiai^^ filayw^ oupfo, onvlw qHUvto. Doch
stimmt mit dieser ehrenrührigen deutung nicht Skymnos 316 — 7,
wo es von den epizephyrischen Lokrern heisst:
Aaiv d' anoixoi %wv ^OTtowzitav A^ot^/u^Vy ¥yiOi de ^o-
XQWv qHxav %wv iv ^Ol^oXaig. (£ßi sollen nach Suidas die
feile %wv ovdy^tov geheissen haben, vgl. lit. Ma haut
Thessalien.
Der Thessalemame lautet im eigenen lande net^aXog, in
Böotien OeraXög, OerraXdg Smlg. 906. 708, attisch Bervaldg;
das Stammverb ist ^iaaea^aiy q>aav6g in Qioq^otog Böoter
Smlg. 488, wozu n69og\ ihm entspricht germ. hidjan und zend.
jaidhyümi „ich bitte". Hiernach ist die deutung des namens
Die griechischen yerhandnamen (ethnika). 251
nicht zu verfehlen: Oev^kög ist wesentlich gleich mit an.
bidhil, ahd. pitil, mhd. bitel, nhd. bittel, hier und da noch für
den fireiwerber gebräuchlich. Die erklärung des namens ist
unter Ahwldg gegeben.
AtfAOVBq heissen die Thessaler zuerst bei Pindar. Der
namenausgang cä/itov, doch wohl „kundig" wie cSfiot^a SijQrig
Homer, war besonders in Thessalien in ^AvÖQaiiuav^ ^InnaifAia»
üblich, und so bezeichnet ^fioy&g vielleicht die Thessaler als
leute, bei denen die -ai^<uy*namen gebräuchlich, wie man bei
uns von den Brunonen, Ottonen, Weifen spricht. Doch könnte
AX^foy auch speziell kürzung von ^IftTt-alfitav sein.
Der kern des landes hiess ^Afjyog neXuayiMj&v^ d. h. wenn
a^og oben richtig als „mark'' gedeutet ist, die pelasgische
d. h. den Pelasgem abgenommene mark, wie es bei uns eine
windische, d. h. wider die Wenden errichtete mark gab.
Diese mittellandschaft umlagern im norden die TleQQaißol^
neQaißolf vielleicht zu fteQfa-y 7re^*grenze „die an der grenze
weidenden''; neg-Qo ßoi zu fgaißog got. vraiqs krumm, „sehr
verdrehte leute" wird man schwerlich annehmbar finden.
^'itolov OQog IlsQQaißiag' ol o2xotbT«$ "/oiioi Hesych. Dar-
nach lasen einige B 749 %m 6^ Sq* ^ItoXoi inovto statt %m
d' *Enijv€g F. Dazu iwlov iiihxiß Hesych, eigentlich „rost-
farben" zu iogy flog „rost"; man könnte sehr wohl lesen: %m
di FiwXoi ^ftovto. Die leute waren wohl weniger braun, als
ihr land, to ^Itolov Sqog. Nahe an sie grenzten die Kekai^eig :
^^iTceg, die ganz ähnlich nach der braunen färbe benannt
sind.
Nachbaren oder ein stamm der Perrhaeber waren die
^£fiq>ieg e&vog ngoaexig folg IlBQQaißoig^ ^Ewnäiog EvQOfftrii'
j^oiKSOvaiv ^I/itpi^y TIsQQaißot^ vgl. ifitffag' ^ev^ag. Gerralol
und ifitffiog' TIoaBidwv 6 ^vyiog Hesych.
Dem n. oder nw. Thessaliens gehören wohl auch die '£^-
viarai an e&vog GeaaaXiag dnb ^E^iazov vwv Neomokifiov
TToidfay evog tag ^Puxpög f xal e. Der eponym lässt vermuthen,
dass der stamm ursprünglich nach Epeiros gehörte, dort fanden
wir den „makedonischen typus" auf -inag in JvioTai neben
Jveaavog. Dieser findet sich auch in den namen der unter-
worfenen Urbevölkerung Thessaliens Tlepiavai und Meviatai^
die sicher von den siegem herrühren. Prellwitz denkt bei
neviarai an lat. penes, aber man kommt mit Ttivofiai aus —
17*
252 A. Fick
vgl. Ttevri^ arm — wie für Mwiazat mit /u^ai, vgl. die ^ivoia
auf Kreta. Sonst hiessen die &eaaakonfietai neXazai und
TlQoaneXaTai „zugewandte leute^'. Die endung -vög für -vag
findet sich vor im ethnikon von Gomphoi an der grenze von
Epeiros und von dort her eingedrungen; die münzen der Stadt
haben neben rofiq>iaiy die aufschrift roiiq>i%ovv. Dies ist nicht
aus rofig>i%aovy kontrahiert, sondern geht auf das ethnikon
rofiq>i,t6g. Die ethnika auf -%6g sind bei den nordgriechen
beliebt: 'Ogearog Maked. == 'Ogiazag Arch. Ztg. 38, 159
(nach PB. auch ^vyxriaTog Lyncestus bei Vitruv) „am häufigsten
in Epeiros — Joeaa'rdg Kla&iavog ^Ogicewog ^Yyxea%6g Ooi-
va%6g lehren uns die dodonäischen inschriften kennen'^ Yf. zu
smlg. 334.
Die thessalischen Tetraden sind gleichförmig benannt, die
einwohner auf -oiTag, die landschaften auf -tizig : ^Ea^riaiwrig^
TleJiaayicSTigf Qeaaaltwtig d. i. Tlerd'aliüiTig und Od-iwtig. In
der Hesdaiotis wohnten die Hestiäer d. i. FeaTuxloi, die nach
der hazia oder der göttin d. n. benannt sind , in der O^iwTig
die 03-101, die vom lande 0d'ia den namen führen: von O&ia
ist 0d'uiwag s ionisch 09Li^rig von 0dioi 0d'i(6Tf]g 09imig
gebildet
Schliessen wir unseren rundgang mit den Magneten. Die
ableitung des namens aus Mwudciv : Manedvog : Maydv-tjg ist
schon oben gegeben, es sei hier nur noch bemerkt, dass die
ursprüngliche betonung Maytrifs Mayvrjtag aufgegeben wurde,
durch den einfluss der Magneten Kleinasiens, die als Aeoler
den akzent zurückzogen.
Das bindeglied zwischen Makedonen und Magneten bilden
die nisQegy die bewohner der landschaft niegia zwischen Olymp
und meer. Der landesname ist deutlich : JtUtqa ist das feminin
zu Ttiwv und Iluqla entspricht zufallig dem sskr. pivaii „die
fette*^ Aus TIuQia ist der volksname nieQsg durch kürzung
hervorgegangen, wie wir solche in den epeirotischen stamm-
namen so häufig fanden, vgl. z. b. TdloQeg neben TaJLaQia,
Jedenfalls sind die TlUgeg ursprünglich nicht als „die fetten'S
sondern als bewohner eines fetten landes gedacht.
In sagenhafte vorzeit versetzen uns die namen der Minyer,
Phlegyer und Lapithen. Man beachte, dass die drei verwandten
Stämme gleichmässig mit schliessendem ä benannt und Mivvai
und 0XeyvaL sprachlich noch näher durch den gemeinsamen
Die griechischen verbandnamen (ethoika). 253
ausgaDg ihrer namen auf -vä verknüpft sind. Eine deutung
der namen unterlässt man besser, da sie zu wenig handhaben
bieten, jedenfalls sind in Minyern und Phlegyern nicht die alt-
indischen menschheitsväter Manu und Bhrgu zu suchen.
Ganz mythisch sind die Myrmidonen, das volk Achills.
Die alten sahen in ihnen „ameisen", was im hinblick auf fiVQ-
juoi* fjivQfirixeg Hesych und thiernamen wie %ev9(^doiv wald-
biene, veQr/dahf holzwurm, x^Aidoiy schwalbe sprachlich wohl
möglich wäre. Vielleicht erinnert man besser an fivffiog' q>6ßog
zu fWQfiOi* (poßoi xevoiy fiOQfivpWy fiOQ/id und fiofißgoi d. i.
fio-fjidfji und fieQfieqog, und bildungen wie vrj%Bd6vBgy jUfiAij-
dovBg, lat. formidines. Achill ist als söhn der Thetis, in der
Maass die Demeter ^safto-^hig erkannt hat, eine chthonische,
aller heiterkeit haare gestalt, ein fürst der schrecken.
Osthellas.
Oben wurde der name der Stadt Phokaia von der bucht
Phokai am ausflusse der katabothren des Kephissos abgeleitet,
es steht nichts im wege ebenso mit dem namen der Phoker
Oameig zu verfahren; sprachlich ist es jedenfalls ganz unan-
stössig, 0(axevg als bewohner von Owxai zu deuten, wie ila-
tQ€vgy Qeameigy Ilotvuvg regelrechte ethnika zu IIa%qaiy
Qiüftiaij Ilarviai sind.
Auch die sage deutet hierauf: in den nachtragen zu He-
siods Theogonie heisst es 1004, Aiakos habe mit der Nereide
Psamathe den Phokes erzeugt, den ahnherrn der Phoker. Ebenso
Pindar Nem. 5, 13. Dieser setzt den Aiakos zwar schon nach
Aigina, doch gehört der vater des Peleus zweifellos ursprüng-
lich nach Phthia in den Süden Thessaliens. Darnach hätten
sich „Aiakiden'' d. h. Süd-thessaler an dem sandigen strande
der bucht von Phokai festgesetzt, dort den namen 0wrMlg an-
genommen, und wären unter diesem in das Kephissosthal und
an den (Pamass vorgedrungen. Hierfür lässt sich auch der
name einer alten Phokerstadt NavßoXug gelten machen, die
Paus. 9, 33. 39 erwähnt und nach der ein Phokerfürst Iphitos
B 518 Navßolidfjg benannt ist Sehr wohl stimmt dazu auch
der dialekt von Phokis, der kaum noch spuren der alten Aeolis
zeigt, die nur in Delphi noch stärker hervortreten. Jedenfalls
war die Wanderung über die meerengen zwischen Phthia, Eu-
boia und Osthellas bequemer, als durch den leicht zu sperren-
254 A. Fick
den engpass der Thermopylen. So siedelten sich Hestiäer in
Histiaia auf Euboia an, ebenda finden wir eine landschaft
Hellopia, die von den Hellopem um Dodona Siedler und namen
empfing» und auf diesem wege ging auch der name Hellas nach
dem östlichen Mittelgriechenland über.
Die Abanten, einwohner von Abai im thale des Assos, eines
nebenflusses des Kephissos, hätten sich nach den angaben der
alten von den Amanten in Epeiros abgezweigt, vielleicht sind
sie über Euböa gekommen, jedenfalls ist ^'Aßa^ g. vrog von
^'Aßai abgeleitet, wie ^*Yag von 'To, 0lByvav%Bg von OXsyva^
^A^vfiaXag und ^AQiaßag Yon ^'^fivulai und ^ Ablaßt},
Mit den Hyanten um Hyampolis, den nachbam der Aban-
ten, gleichen Stammes war nach ausweis der namen, die west^
lokrische gemeinde, die Thukyd. 3, 101 "^Ydioi, nennt Ihre
xcJjui; hiess TIolis^ worin wir ein gegenstück zu ^Ydfi-fvolig
erkennen dürfen; ursprünglich hiessen beide gaue ^'Ya und die
mittelpunkte derselben *Ya TtöXtg^ oder schlechtweg IloJLig.
Auf die ältere bevölkerung von Phokis weist der name der
AloJUösiQf deren Stadt nach XakKidäig : Xalxig ursprünglich
AioXig geheissen haben muss; ebendahin die äolische neben-
form BahpoL von Jslq>oi neben den sonstigen spuren der Aiolis
in der mundart von Delphi.
Im dialekt der Böoter, dessen quellen jetzt so reichlich
fliessen, unterscheidet man deutlich zwei verschiedene bestand-
theile, altachäisch- äolische und westgriechische, also eine
mischung der beiden alten haupttypen, die von den Griechen
selbst richtig erkannt und als äolisch und dorisch bezeichnet
sind, vgl. 0. Hofimann de mixtis Gtaecae linguae dialectis.
Diese mischung erklärt sich aus der geschichte der bevöl-
kerung des landes: die sagenberühmten Staaten der Minyer,
Phlegyer und Kadmeier wurden von einbrechenden Westgriechen,
den Böotern, überrannt, und so entstand das mischvolk der
Aiolelg BoiunoL d. i. der Alotüg %al Boionoi; aus dem
missverständnis dieses namens entsprang der irrthum, als seien
die Böoter die echten und echtesten Aeoler.
Der name der IlQOvacTaiy nach Stephanos e^og Bouiniag
und mit dem citate „BoMurcJy de %iveg to Ttdlai IlQOvaavai
xaXioytai" belegt, hat keinen realen inhalt: rrgovaazcti heisst
„vorbewohner*^ zu vaaaaa^aiy vaUiv wie fiera'ydarrjg und der
Karer Ndatijg im Troerkatalog. Ebenso leer ist der name der
Die griechischen verbandnamen (ethnika). 255
Exnjveg oder Eyxrtivegt er „bedeutet wohl nur ansässige^' Bur-
sian 8. 202 zu iyxrijtjd'aif Synrtjaig; die form ohne nasal er-
innert an böot ercTtaaig,
Die ^'AovBg^ deren name am ^ Aoviov fcediov bei Theben
haftete, bezeichnen vielleicht den weg, den die ^laoveg bei ihrer
Wanderung nach Attika genommen haben.
TififiiKeg werden von Lykophron und Menelaos in seiner
Thebais nach Steph. als urbewohner Böotiens genannt. Der
name ist gebildet wie Atd'Tueg Oolvliug und geht vielleicht wie
diese auf die färbe, doch ist ein reflex von altir. temel dunkel-
heit, SLg^ ßitnm dunkel, s. tdmas dunkelheit im Griechischen
nicht nachzuweisen.
Deutlich weist auf vorgriechische bevölkerung Böotiens der
name Tlehxyiay g. nakayovtog. Einen neXdyoyra zeugt nach
Apollod. 3, 12, 6 der flussgott Asopos und Kadmos folgt der
stadtgründenden kuh nach Theben awrvx^ ^ '^oig ßovKo-
lioig TlelayovTog. Der volksname TleXayiinf g. Ilekaydvog passt
nur im nom. und voc. in den hezameter, dichter gaben ihm
daher die flexion mit t, die übrigens nur bei der betonung
IleXaywv möglich war, wie auch homerisches SafTnjdovrog neben
SaQTtfjdSvog auf barytoniertes SoQTtiqdwy zurückgeht nach der
feinen bemerkung bei Hesych unter SoQftijdorrog : sau de
Aloh/KTi and ev&eiag trjg SoQTtijdiav. Im kämpf am flusse, 0
der Dias, werden ebenÜEtlls unter dem verszwange zu TleXayaiv
die obliquen casus Ihjleyova 0 159, nrßsyovog 0 141 gebildet,
wie man bei dichtem auch Mantidovlrj findet.
Die Pelagonen, deren eponym Pelagon ist, heissen sonst,
wo sie in Griechenland als urbewohner erscheinen, IleXaayoiy
die also einst, wie in Attika, auch in Böotien sassen, wie denn
die Thraker in Phokis um Daulis und als Ogcunidai in Delphi
wohlbezeugt sind.
Der name der Kadmeier ist ganz durchsichtig: nadfiog
verhält sich zu nenadfiivagy wie ytaafiog zu yiaaaaa&aiy xeMta-
fiivog und wie xoofiog zu Ksa-dvdfa^ dorisch neben KaaadvÖQa.
Alle drei wortformen sind auch sonst zur namengebung ver-
wendet in ßjuadfiog KaaiivXog EvKOOfiog Kdafimitog GP. *.
'OTtlodfiia hiess eine phyle in Mantineia, Hera ^Ortloa^ia im
Peloponnes: jenes aus ^07cXox{o)dfÄiaj dieses aus ^OTclox(o)afÄia
zusammengezogen. Als nomen ist Kadfiog erhalten in der He-
syehglosse: TMÖfiog* ddqvj Idgfog, aanig. KqrpBg^ d* i. waffen*
256 A. Fick
schmuck. Der xddfiog Bijßaiog ist der heerbann von Theben,
KadfABloi die dazu gehörigen mannen, die Kadfisla der wafifen-
platz von Theben. Als burggeist der Kadmeia ist Eadmos
schlänge oder schlangenfüssig, als gründer und könig ist er der
ytoa/Äonolig^ wie die Lokrer, der noofiog^ wie die Kreter ihre
bürgermeister nannten, der xocfÄijTWQ lawv des epos. Aus dem
genetiv von KadfÄeloi geht Kadiiuwv g. Kadfielüfvog hervor, wie
^Axqetiov „Atreide" aus dem genetiv von ^Atqüoi, — Die her-
leitung des namens Kdöfiog aus dem semitischen kedem „morgen-
länder" kann nur noch als curiosum erwähnt werden. Man
stelle sich doch einmal vor, wie sich der fremdling bei den
leuten als „kedem*^ einführte. Die Fqaioi sind die bewohner
der landschaft rQoiaf des landstrichs um Oropos, als attischer
demos später Fgct^g genannt. Bei Stephanos heisst rQäia* 6
TtoXiTijg Fgaiogy eine Ttolig 'EgevQiagy weil Oropos eine Zeitlang
nach 411 im besitz der Eretrier war. Eponym der rQoioi ist
Fgägy den Strabo 582 als eroberer von Lesbos nennt. Die
Stadt Graia im schiffiskatalog ist sicher Oropos, wenn auch
einige, offenbar des namenklangs wegen darin Tceva-yga sehen
wollten. Die Ffamol sind zweifellos ursprünglich die bewohner
der Oropia, die Thukyd. 2, 23, 2 TlefaiTtij nennt, wofür wohl
zweifellos richtig jetzt FQaixrj gelesen wird. Die rgalueg waren
nach Stephanos uiioXäig oi to Tldgiov oixovyreg; F(fdi§^ ge-
bildet wie Ggal^j verhält sich zu rQainogy wie iihpi^ dreifuss
zu mensa Delphica, Jelq>ii€rj tgaTue^j oder wie Aionu^* %ih,^
(Hesych.) zu Aionuxfj (xt;^^), offenbar, wie die benennung nach
Aiakos, dem Schutzheiligen von Aigina, zeigt, ein erzeugnis
äginetischen kunstfleisses. Mit diesen FqoLUeg von Parion haben
die YqaiMg' — nagä ^^hciAotvi al vwv ^Ellijvwv firjriQeg xal
TCOQot 2og>0Klei ev Tloifjiiaiv Steph. nichts zu thun. Das wort
stammt aus Alkmans bearbeitung der Odyssee: er nannte so
die heroinen der Nekyia, von denen es X 225 heisst: al de
ywahieg r^Xv^ov; diese nannte Alkman mit hinblick auf ygaiai
und reimend auf ywäinag als „altfrauen'' yQaixeg.
Wie die Fgaioiy FQatxoi als Graji Graeci in Rom zu der
ehre kamen, das gesammtvolk der Hellenen zu bezeichnen, ist
nicht klar; vielleicht bildeten die Fgaloi, Fgamoi den haupt-
bestand der ältesten bevölkerung von Kyme in Eampanien : die
Graia ist von Chalkis nur durch den engen sund des Euripos
getrennt. In den besiodischen katalogen fr. 19 ist Graikos ala
Die griechischen verbandnamen (ethnika). 257
söhn des volksvaters Deukalion schon als Vertreter des gesammt-
volks zu verstehen. Zur betonung bemerkt Stephanos: rb de
rQoixog TO xvQiov ßagvveraij tö ovv i^vinov o^wstai vgl.
TevxQoi' 6^6v(ag ol TQiSegy anb Tbvhqov vov JSka/uoyd^ot; Kai
^löaiag vvfiq>rig Steph.
Dass die Böoter spätere eindringlinge in die nach ihnen
benannte landschafb sind, berichtet die Überlieferung; dass sie
den Stämmen des nordwestens angehören, zeigt ihre mundart,
die von äolischer beimischung abgesehen, im lautstande den
typus des nordwestens, der y^nördlichen Doris'*, wie man sie
nennt, aufweist. Dazu kommt ihr name: Bouarog ist gebildet
wie ^Aitodiotog^ GeartQwvog und enthält den ausgang -to^, der
im norden und nordwesten -vag vertritt, oder damit wechselt
s. 0. Vielleicht lässt sich aus dem namen auch der weg er-
mitteln, den die einwanderer genommen: 0. Hoffmann erinnert
an Boiov in der Doris und das Boiov ogog an der grenze von
Epeiros und der Orestis. Bequemer war freilich der zugang
von Thessalien über Euboia her, und man könnte sich sehr
wohl vorstellen, dass ein epeirotischer stamm, immerhin vom
Boiongebirge, in Thessalien eingedrungen, und von da durch
die Thesproter verdrängt über Euboia nach Böotien eingewan-
dert sei. Die herkunft zunächst aus Thessalien wird durch den
beinamen ^AQvaloi und die ansiedlung thessalischer namen wie
^Aifvri^ KoQdiveiaj KovQoJUog bewiesen. Ging der weg über
Euboia? ^Oq>sX%a hiess nach Lykophron ein berg auf Euboia,
^(hpihsag nach Plutarch Kimon 1 der könig, der die Böoter aus
Thessalien nach Böotien führte. Die Verbindung zwischen
Thessalien, Euboia, Osthellas ist auch sonst vielfach zu belegen.
Zu dem oben bemerkten kann man noch die Überlieferung der
Gephyräer in Attika stellen, die aus Eretria in Euboia ins
Asoposthal und von da nach Athen eingewandert sein wollten.
Ihr dienst der Demeter W^ata weist nach Achaja im süden
Thessaliens, wo die Demeter in Pyrasos hochverehrt wurde.
Auch in Thessalien gab es eine Stadt Eretria „IW xoi Qaeaa"
Xiag*'*' sagt Stephanos, ein Xalyuadonov ogog nennt Ap. Rh.
1, ÖO neben Pherai, Chalkodons söhn Xalutadovriadr^g heisst
im Schiffskatalog der führer der Abanten von Euboia. Der
name dieses Ghalkodontiaden *EX€q>i]vwQ geht übrigens wohl
nicht auf die alten, biederen Abanten, sondern die „alle weit
betrügenden*' (iksqHxlgw betrüge) chalkidischen kaufleute.
258 A. Fick
Durchsichtig sind die böot. ethnika, Grjßay&^eig im Aso-
posthale und ^irtfcoTai am Helikon. Koloiq)Qv^ hiess nach
Hesych ein ogog Bouinlag^ nach Stephanos hätten die W^rt-
xovdvleigj vermutlich als bewohner dieses berges, Kololtp^vyeg
geheissen. Der sinn dieses namens erhellt aus Hesyohs Koloi-
ipqv^' TavayQoiog dleKVfvdv^ zusammengesetzt aus xoXoiog
zank, streit und q>9v^y wozu (pQvyilog kleiner TOgel. Die kampf-
hähne von Tanagra waren berühmt. Als ethnikon ist KoXoL-
q>qvyBg jedenfalls ursprünglich Spitzname.
Aus Euboia gilt es noch einen hübschen kurznamen zu
verzeichnen: Steph. MäxQig, 37 Evßoia' 01 olxovvveg Md-
xfwvegy nicht wie Mamquvg von Mcolqiq^ sondern einem vor-
schwebenden: McnLQO-vfjaog entnommen. Die einwohner von
MdxQa hiessen nach Stephanos vom voUnamen McatQa vijaog :
Attika.
Ein verbandname für die gesammtbevölkerung von Attika
ist vor der einwanderung des 'Idovsg — ^'lanfsg nicht nachzu-
weisen. Nach der Staatsgründung durch Theseus wurde der
loniemame durch ^A^rpfaloi verdrängt, ursprünglich adjectiv,
daher die Athener zu allen zeiten als avdqeg ^Adrpfoioi ange-
redet wurden. Sehr hübsch ist die kürzung des feminins
* Adrjvailg zn^Avd'lg, wobei ^A&'^vai als zweistämmiger voU-
name behandelt ist Vom namen des landes sind gebildet: von
'^xri/ ^Awtaiog als eponym belegt und ^AttvMg für ^AxtiTcdg
vgl. rgatnog, XalnidiTtog u. a. KQCtvad ndXig und K^avad hiess
Stadt und land „dtä xo Xenroyetay elvai^^. Apollodor nennt als
tochter des eponymen KQCtvaog Kqavoa) und Kgavalxfzfj, Die
deutung des letzten namens als Zusammensetzung von üqovov
und aYxjüfi „ii^it einer lanze von kornellenholz'* giebt keinen
passenden sinn, auch kann der name unmöglich von denen der
Schwester Eranae und des vaters Kranaos getrennt werden.
KQavaixfif] ist vielmehr als Kgavaal-xf^t] zu verstehen und zur
vergleichung ugayaiJTiedog im hymnos auf den Delischen Apoll
472 heranzuziehen, wo Delos sagt „liQavctiJTisSog Blfii^*; XQcnuxij'
ist hier ionisch für ugavaai-^ wie ionisch ^Al^tjfiivfjg für ^AXd'ai-
fiivrjg. Im ausgang -xi^fj ist eine verkürzte form zu xafia-i zu
erkennen, xQavaai-xf^ri heisst also soviel wie TtQovailfveöog „fels«
Die griechischen verbandnamen (ethnika). 259
gründig*^ und ist YoUname zu Kqav&a^ woraus dann das eth-
nikon K^ctvaSg und der eponym des namens hervorgehen.
Die herkunft der ethnika auf -aaiog, 'ijatog aus den loka-
tiven auf -äa«, -rjai ist bei einigen attischen demotennamen
besonders deutlich, weil hier die betr. ethnika und topika neben
einander liegen.
So 'ijaiog neben -tjoi in:
6 JlevTelrjciog Jd^og = 6 nerrelijai^ Xld-og von IlevTeXij.
^Ewxlr^aiov fest des Zeus ^ExäXsiog : ^Enakrjai zu Hekale.
Olv^aiog 6 ^EQfiijg : Olv^ai „zu Phlye^S und daneben 0lvd'
-aciog neben -aai in:
BQiaaiog zu Bgiaai : QQia
nrei^daiog zu ÜTeliaai : n%eXia und 0vJi4iawg (warum er?)
zu 0vl^ai : 0vXij.
Wie ist ^^vayvQdaiog zu ^^vayvQOvg, Oleiaaiog zu 0l€iovg
zu beurtheilen? Für 0leidau>g ist sicherlich von 0Xeux aus-
zugehen, weil sonst -vv erhalten sein würde; aber attisch Tei-
&Qdaiog geht auf Tei^Qog avtogy den älteren namen des ortes.
Das demotikon BvTtsrauiv zu Svnen] ist deutlich aus dem
gen. pl. EvTietaitop entstanden als elg xwv SvTgeralünff ver-
selbständigt mit akzentveränderung wie in^ ^^sfiiaitiv : 6 fifjv
6 %wv '^^sfiiaiiav von ^^^efilaia Artemisfest.
Peloponnesos.
Im Peloponnes sind die ethnika meist von landschaft- und
Städtenamen abgeleitet, und zwar gewöhnlich von lokativen auf
ly me ^u^Qyiioiy ^ayiedaifioviOL von ^'Aqyüy Acmsdaifiovi^;
^Hhiiog von ^Hlei-y Fdlei neben Fall; IIvhoL von TIvXi =
TlvXoif wie in Ttav-dtifii; von Meaadva : Meaaavioi; in '^x^-
geioiy KwovQioi stehen die landschaftsnamen auf -sia^ -la jeden-
falls parallel, beide beruhen auf adjectiven.
Nach der Verzeichnung Kadfielog : Kadfiaiwv ist ^Aqyeiiov
aus dem gen. pl. von ^Agysiog gebildet, vermutlich aus dich-
tem stammt die Hesychglosse ^AqyBlwvag tovg ^Agyeiovg;
richtig bemerkt Stephanos unter ^'Aqyogi xal ^AQyBiiovsg Idyov-
Tai wg Kadfiei(oveg.
Ein versuch zur bildung eines vollnamens liegt in 'Agyo-
Xag vor bei Steph. aus Aristophanes "H^faüiv und Euripides
260 A. Fick
nieia&BVBi belegt. Dazu ^AqyoXlg und ^u^gyadeg' (eldog tpvrov
xat) ^^Qyelai ywalxeg Hesych.
OrigiDell ist die kürzuDg Aaxwv für uiaxedaiiLioviog, auch
dem gebrauche nach eine ächte koseform dem vornehm offi-
ziellen Aomedai^oviog gegenüber.
Zu ^EUnrj bemerkt Stephanos: 6 7toXixr}g ^Ekmwviog drtb
Tov xTLOTOv ^Eliücjvog, richtiger von ^EXitlwv = 'EkUtj^ wei\
kXiyuov „weidicht^' sinngleich mit dem kollektiv gedachten eXlxr]
„weide" ist. Ebenso heisst es Steph.: "^Ifiog' TioXig Bouariag.
— t6 i^mov — ^ uiXfxiüVLog. Zn Nv^qxxgr noXig ^u^^adiag
(Paus. 8, 34, 6) war das ethnikon Nvfig)aaiog xal Nvfiq>aala
nriyr] Steph. Vielleicht ist a hier schlechte wiedergäbe eines
^ und dies dialectisch für d, wie in Seysatatirj. Auch ^u^Qua-
aidrjg liesse sich so erklären.
Vom alten lokativ auf -rjVy €v (vgl. s. agnau zu agni)
stammen die ethnika auf evg wie ^AlyiaXevg^ Meyagevg, Von
den Ortsnamen auf -eia bildet man den bürgernamen auf -evg
nicht auf -eievg^ wie Mavrivevg zu MavrivBia. Daher ist auch
^OdvaaBig in Spanien nicht als plural vom heroennamen ^OSvo-
aevg aufzufassen, wie o. 23, s. 244 geschehen; sondern die
^OSvaaeig sind die bewohner der Stadt ^OSvooBia: xai h vfji
^IßtjQiai ^Odvaaeia noXig deUwrat Strabo 149, nach 157 ober-
halb Abdera im berglande der Turdetaner gelegen. Da nun
die bürger für die Stadt genannt werden können, heisst es bei
Steph. ganz richtig: ^Odvoaeig noXig ^IßrjQiag. Aber wenn es
weiter heisst dgaevixwg' xai z6 i&vinbv o/doiov^ (og ^AtoQvug
{%ai JiTtaiBlg) scheint der sing. ^OdvaoBvg gemeint zu sein:
^OdvaüBvg als Ortsname wie MBviXaog Sagrtriddv TeXa/iciv u. a.
s. oben 23, 242. Für das sinnlose aQaBvixtjg ist kviKiug „im
Singular" zu schreiben. Also: 'OdvaoBig' TtoXig ^IßrjQiag* (xai
^OävooBvg) evmwg' xal ro edyixov ofAOiov, wg 'u^taQvevg wie
auch die stadt hiess. Die bürgernamen auf -tag sind beson-
ders von städtenameu auf -a sehr beliebt wie in niaS-fai,
TsyBO-taiy Kaqva'Xai u. a. SftaQVidTtjg ist nicht von STtaQra
sondern von STtagvia abgeleitet, was für die herleitung von
dem pflanzennamen artagvog ,, spart" spricht: aTtagrid wäre ein
„Spartfeld" vgl. Ttgaatd. Das jedenfalls nur poetische ^uägyeitO"
XTjg ^^QyBiwTig ist regelrecht von ^Agyelog gebildet wie Od-iw-
trjg ip&iwtif von ^&log.
Die griechischen yerbandnamen (ethnika). 261
Schon dem epos sind die stammnamen ^u^Qnddeg^ Javaoij
'ETteioi und Kotvyuaveg bekannt.
^^Qxaösg wurde von den Alten auf aQurog „bär'^ oder
vielmehr „bärin" bezogen und durch die Kallistosage erläutert:
^AqKag sollte der söhn der bärin von Zeus sein. Die deutung
der Arkader als hären findet heute noch beifall, doch stehen
ihr schwere bedenken entgegen: die einbusse des % in afpizog
ist sonst unerhört (angebliches aQ%og bär und aQTuXog bären-
junges sollen wohl nur die ableitung von *Aq%ag stützen) und
-agy -ddeg von thiernamen bezeichnet nur weibliche thiere, wie
alyddeg dfivädeg neleiddeg u. a., und so kämen wir nur auf
bärinnen, nicht auf hären.
Sonst werden die nomina masc. auf -ad, -odsg nur von
adverbien auf -ade und -adijv gebildet, wie qfvydg von q^ads
„zur flucht'% Xoyddag zu loyddrjVy fii^ydöeg zu faydäf/v = fuy-
drj¥ filyda. So kämen wir auf eine basis agnaÖBy die wir aus
dem Griechischen selbst erklären können, ohne zu lat. arca
und arx unsere zufiucht zu nehmen. Von €Qeßog ist elgeßads'
elg egeßog (Hesych.) gebildet, ei im anlaut ist ausdruck der
vocalverschärfung unter dem ictus: die glosse stammt aus dem
epoSy das nicht die folge von vier kürzen duldet. Wie iqißada
von Sgeßag^ konnte man aQTtads von oqnog „abwehr^S bilden
(bei Alkaios : oQuog lax^^oi ßilßog und basis zu dfniaaai) ; von
OQxada aber ist ^AfTuUsg richtig abgeleitet wie gwyddeg von
qwyade; Svdgeg ^AqwÖBg wären demnach die „zur abwehr"
verbundenen mannen.
Die *E7teioi sind bei Homer die herren von Elis. Mög-
licherweise sind sie als ,,draufgänger'^ von iniivai benannt,
entsprechend unserer oben versuchten deutung von *Axou,oL
Javaoi heissen bei Homer die Argeier und wie ^Agyetoi
weiterhin alle Griechen (Achäer). Vielleicht hängt der name
mit ddvog „ddvag' fieQidag KoQvafioi*^ (Hesych.) zusammen und
bezeichnete ursprünglich bloss die geomoren, die erbgesessnen
bauem von Argos. Dazu würde wohl passen, dass ihr eponym
^'Aqyog awÖQOv ibv Javaog Ttoirjaev Mwiqw Hesiod frg. 97.
Vielleicht ist übrigens auch hier vom landesnamen auszugehen
vne bei Kranaa = Attika. Kann es für zuÜEill gelten, dass die
beiden gegengestade, die ^A%%aj Attika, und Argolis und ihre
bewohner reimweis benannt sind: K^ixyaa : Javad^ KQcn^aoi*
Jaraoi ?
262 A. Fick
^^ftidcn^eg soll nach jüngeren dichtern uralter name der
Arkader und Argiver gewesen sein : ^AgxddBg 'Anidav^g Ap.
Rh. 4, 263, nach Rbianos bei Stephanos war es Phoroneus' söhn
ApiSy og Q ^AnLvjv iqxxviCß %ai avigag ^^ftiSavfjag. Nach Steph.
hiessen Argiver und Arkader auch ^^7tid6veg^ was an fitpuda-
vog : Maiudoiv erinnert. Homer's 07117] yäia zieht Rhianos
fälschlich hierher; ^Ania ßovvig wird von Aeschylos Suppl. 117.
127 Argos genannt. Apidanos hiess ein fluss Thessaliens, sollte
die benennung 'Anidav^sg bloss die herkunft der Peloponnesier
aus Thessalien bezeichnen? oder hängt der name der Jonfooi
mit ^Ani'davrjsg zusammen? Schwerlich, da dieser erst spät
bezeugt ist
Ob die Kaukonen der Odyssee Griechen oder barbaren
waren? Jedenfalls sind sie ganz von den Kaukonen zu trennen,
die in K 429 Y 329 als bundesgenossen der Troer genannt
werden, nach den alten bald für ein e^og naq>Xixywlag ij
Sxv&iag, nach andern für Kaunier(I) gehalten. Der name er-
innert an die vogelnamen nuxvKaXiag und %avxlaXog bei He-
sych, lit. haükdU ein vogel am Haff und kauk4i schreien. Vgl.
stammnameu wie ^Aiqotj) Miqoxp Jqvoifß KoXoiq>QvyBg 0k€yvag.
Ausserhalb des mutterlandes.
Die einwohner der ^EnaTOvfjaoi nannten sich selbst offiziell
Naaiakai Smlg. 304 A 40 ; dieselbe Vertretung fanden wir oben
für die bürger von ÜQiipaaog = ÜQwyvoi auf Kephallenia, die
bei Livius Nesiotae heissen.
Sehr hübsch ist die kürzung des ethnikons Mvrih^väiogj
von der Stephanos unter MvriXijvri berichtet. Nach Hekataios,
heisst es dort, ist die Stadt benannt irtö MvriXijvrig t^g Md^
xagog (des Schutzheiligen von Lesbos) 7/ IliXonog 9vy(nQ6g, ol
öi S%i MvriXtjg rjv 6 oixiOTijg. 01 di äno Mvranfog tov TloaU"
diovog xai MvriXijnjg' S&w MvT(ayida xaXei vrpf Aioßov KakXl-
fiaxog iv rtSi tetäq^ioi^ TIoQ&iviog öi Mvrwvidag vag Asaßi-
utag q>rjai, Xeyovzai de Mvzotveg aal Mwafvaioi yuxl MvrtXij'
väioi. Die namen der angeblichen gründer MvrlXTjg und Mv-
tüfv sind selbstverständlich von denen der Stadt und der bürger
hergenommen. MvviXtjg ist gekappter (zweistämmiger) kurz-
name von MvTtXTj'-vaiog und Mvrtaveg hiessen die Mvri'Xfjväioi
wie uiaxtüveg die udcme-daifiövioi. Ob der name der Stadt
Die griecliisclien yerbandnamen (ethnika). 363
zweistämmig ist? pivwig „das innere der sepia^' vielleicht diese
selbst und Irpßog trog, bebälter?? Jedenfalls ist der stadtname
als zweistämmiger gedacht, als man die korznamen Mvultjg
und Mvziov aus dem bürgemamen bildete, wie ^A%9lg auf der
Zerlegung von ^A&rjvai in A9' und i^vai beruht. Mv%wv als
gründemame schliesst sich der schier zahllosen reihe der fjqia^g
Ktiatal an, die das ethnikon der gründung als namen tragen,
deren man einige GP. * s. 363 verzeichnet findet. Sohn Posei-
dons heisst Myton als grfinder einer seestadt Das ethnikon
Mvvunf wird auch als männemame verwendet s. GP. * 337.
Usener sieht göttemamen s. 327 in Mtkmv das lat m(ito
„penis*' und den phallischen gott Müttnus. „Was ist davon
auf griechischem boden geblieben? Nur auf Lesbos erzählte
man von einem söhn des Poseidon Mvrtavj nach dem die
hauptstadt Mytilene und die insel selbst Mvronflg benannt war'S
Also der müto wurde söhn Poseidons und gründer und bürger
(s. o.) von Mytilene. Mehr kann man billiger weise von einem
noo^tay nicht verlangen! Übrigens ist die gleichung müto:
Mvtwv auch sprachlich unmöglich, da ü in mäto, wie mhd.
meidem ,,heng8V' und zend. maSthman „Vereinigung, begattung**
zeigt, aus oi entstanden ist.
Die urbewohner von Rhodos nannte man ^iyvrirsg und
Fv^Tsg nach Stephanos: rvijteg' e&vog olx^äav r^y 'P6doy. Mif9ev
%ai lyvfiveg oi i&ayepeig' leyerai yoQ xoe fierä %ov l ^'lyrrfweg
vgL ^'lyvijvsg oi xai XfOQig tov l liyonai tjg eXQfjtai h t^ y.
Dazu jjtyrriveg attice scribi dicit ApoUon. de pron. p. 330* Mei-
neke. 7 ist Fij in ßlv fidiog aus svi vgl. s. avid; das digamma
ist in Bhodos früh verschollen und durch den hauch ersetzt
Über die nationalität sagt der name nichts aus, iyvijg ist eben
— i&ayer^gj von interesse ist nur die kürzung von ^I-yrqg zu
Fremde ethnika.
Die namen fremder Völker wurden, wie alle fremdnamen,
von den Griechen sehr frei bebandelt und volksetymologisch
umgewandelt So wurden aus den P&rsa lUgaai mit anklang an
ninofjgy ntgaevgy Ttigacu ; neQüintolig ßaalksiog afQaTog heisst
das Perserheer Aeschylos Perser 65 ; aus den Killaku machte man
KiJUneg nach GQaiTieg rQaiTug und unter den kaukasischen
stammen entdeckte man sogar ^A^xaioly ^Hvlo^oi und Tvvda«
'264: A. Fick
Qidai. Assur gab, als ^u4aavQiog in '^a- und -aigiog zerlegt,
den volksnamen der Svqol her, und aus der benennung der
Kappadoken A&nuo^avqoi zog man den namen Svqioi, wie He-
rodot 1, 72 sagt oi de KaTcnadoiMxi in EXhiptav JSvqioi ovo-
fid^ovfai; doch werden die namen 2vqoi, und SiQioi von an-
deren anders gedeutet.
Die Lykier der Troas, die nur der erste theil der Ilias
kennt, sind die Mannen des Lykaon, dessen söhn Pandaros sie
fuhrt, also uiüuoi für ^vnaovioi,, und so nannte Poseidippos
nach Steph. unter ZiXeia die Lykier der Troas geradezu Ly-
kaoniden. Auch die Lykier Lykiens, die sich selbst bekanntlich
Tramele Tsgfiilai nannten, sind wohl als eine abzweigung der
^vnadvioi benannt, die nach Stephanos unter AvMiovia auch
^vyuiovsg und uivxaveg hiessen, also scheinbar einen acht grie-
chischen Stammesnamen trugen ; doch wird hier wohl nach Ka-
taovioL zu schliessen die Umformung eines einheimischen namens
▼erliegen.
Häufig werden auch fremde, und zwar insbesondere wilde
und fabelhafte Völker mit ganz griechischen namen ausgestattet
und zwar nach ihrem aussehen die AiMoTtBg die „braunge-
sichter'S nicht neger ! mit anschluss an al&otp und die griechi-
schen ethnika JoXoneg jQvoneg JwQlonag '*Elkofteg.
Stephanos MaxQOxeq>a3ioi ngog toig Kolxoig^ mit dem
citat (aus Hekataios?) „ol yäq 'HidUvveg %al MccKQOxigHxloi xal
Tlvyfiäioi,^*^ sind nicht yerschieden von den Mcex^oive^, ol vvv
Sawoi^ die ebenda, an der grenze von Kolchis oberhalb Trape-
zent zu hause waren. MdxQfav ist richtige koseform zu Ma^
KQO"iidg>aXog, Die KwoyUq>aXoi Herodots 4, 191 sind wohl die-
selben, die Aelian KvvofVQÖaütTtoi nennt. Die ^Hfilxweg „halb-
hunde'^ nach xifiid'itav yivog ävÖQWv sahen wohl ähnlich aus.
ApoUod. 2, 1, 4 heisst es vom Aigyptos: r^v MeXa^nodtav
XOJQCiv dtp kavTOv dvoßaaev u4Xyv7ttov. Ob die Aegypter von
den Griechen nach ihren „schwarzen füssen^* benannt sind,
oder weil sie auf schwarzem erdboden fcidov wohnten?
Auf rcovg gehen auch die namen ^AvtlnoÖBg und 'iQxt;-
Ttodeg, sowie die fabelhaften Sxidnodeg^ SvQov&onod&g und
OslloTtodeg auf der insel 0eU»ci.
Nach ihrer tracht sind die Meldyx^i^^^i^ benannt, nach
ihrer nahrung die ^InnrifioXyoi und mit dem ausgang -^yoi
die ^^YQiO'y ^^HQidO'y ^Avdqo^y ^ ^v&Qiano-y T^xro-, ^Ekeq>arfO''y
Die griechischen yerbandnamen (ethnika). 265
^iTtnO"^ *Ix9vo-^ KQeW'^ Aiato-^ MdLivo-^ Movo-, Moaxo-^
^Oq>io-f ndfi'y JToilt;-, ^Pi^o^f 2iT0'y 27t€Q^ato^ und SrtBQfiO-j
Urspriinglich ist hier avdQeg beigefügt gewesen, den reigen
eröffnen Homers avögeg Awtaqmyoiy ßahxvfpfayoi avdQeg heissen
die Arkader schon bei Alkaios, dv^Q OLTtnpayog ist bei Homer
allgemeine bezeichnung der menschen, aus dem adjectiv yhxxTO-
q>dyog N 6 ist Hesiod. frg. 189 schon der volksname rloniTo-
qxiyoi geworden.
Von der wohnung sind benannt die Idlßl-^vMi ,,Alpenbe-
wohner" Strabos, wozu man den Al{9)ßiwVy Ligurer, söhn
Poseidons ApoUd. 2, 5, 10 stellen mag, jedenfalls Vertreter der
▼on Herakles d. i. den Griechen bezwungenen urbewohner
Liguriens.
Die MaaovV'Oixoi hiessen so von ihren holzthürmen, ge-
kürzt auch Mooavpoi und Moaaweg ?gl. Hesych fiOQcweg'
iftdi^eig- nvgyoi, xai (Mocaweg) €&¥og Sxv9t.x6v.
SdiHHUüOL war eine alte benennung der barbaren, Termut*
lieh von ihren stein Wohnungen?
Späte kürzungen ursprünglich zweiwortiger namen:
^EXev&iqa KiJUxla — ol oix^TOQsg ^EXev^eQOKilixeg, vvv de
EXev&BQixat Steph. und Aißveg o\ vofiddeg „schweifende Libyer**
heissen bei Appian Nofidöeg^ woraus die Römer Numidae ge-
macht haben.
Die Phönizier sind von den Griechen zweifellos als avÖQeg
(poivixeg „rothbraune leute*^ bezeichnet, woraus der eigenname
Ooivixtg hervorging, der sich gut an ^^ixeg Tififilxeg an-
schliesst. Lat Poenus beruht auf der kürzeren form g>oiv6g,
dd-ipotvog^ Qkiivoddfiag als vater der Segeste ist der „Punier-
bezwinger".
Heidelberg 31. Januar 1901.
A. Fick.
Baitrtc» K. kand« d. iwäg. vpatknt. XTVl. 18
266 Hans Reiehelt
Die lateinische V. deklination.
Die frage nach der herkunft der lateinischen V. deklina-
tion ist noch immer nicht gelöst. Man hat in der mehrzahl
der hierhergehörenden substantiva sogenannte i!?-8tämme zu er-
kennen geglaubt, obwol die thatsache, dass diese Wörter im
nominativ sing, ein end-« angenommen haben und vielfach
nebenformen auf -iä aufweisen, zu berechtigtem zweifei anlass
gibt Lindsay Lat. gr. 394 spricht die vermuthung aus,
dass der ^-vokal des Lateinischen und der baltisch-slavischen
sprachen eine modifikation aus ursprünglichem a unter dem
einfiuss des vorausgehenden y-lautes sein könnte, bemerkt aber
am Schlüsse seiner ausfuhrungen über die i^-stämme: Nach
alledem wird der Ursprung der lateinischen V. deklination etwa
der gewesen sein: zu den l^-stämmen res und spes und dem
ac^stamm dies gesellten sich verbale ^-stamme wie sordes (vgl.
aard&'facio, sardi^bam) von sordes, facies (vgl. facU^m) von
facio, species (vgl. speciS-batn) von spicio. Die beiden letzten
gaben den anlass, dass falsche formen von andern Verbal-
substantiven wie rabii" statt rabia, progenie- statt progeniä^,
permitii-, statt permitiä, ülüvis- statt ülüviä- und mit der zeit
auch andere substantiva, z. b. segniüR- statt segnüiä-, vasUtie-
statt vastitiä- u. s. w., in die Schriftsprache eingang fanden*'.
Der grund, dass man in der hauptsache zu keinem befrie-
digenden resultat gelangt ist, liegt in der falschen beurtheilung
der -f ^-Stämme. Ich glaube BB. 2ö, 234 ff. nachgewiesen zu
haben, dass die ts-stämme ursprünglich mit den i'-stämmen
identisch waren und durch analogiebildungen , die insbesondere
von der tö-stammclasse ausgingen, eine scheinbar selbstständige
femininalclasse ergaben. Daraus erklärt sich im Lateinischen
einerseits das häufige schwanken zwischen der III. und V. dek-
lination, andrerseits die auffallende erscheinung der nebenformen
mit 'iß'. Ausserdem ist noch die ielio klasse der verba in be-
tracht KU ziehen, da ein grosser teil der hierher gehörigen
substantiva zu ihr in beziehung steht.
Die lateinische V. deklination. 26?
I. Die stammbildnng.
Der V. lateinischen deklination gehören sowohl wurzel-
stämme als auch abgeleitete stamme an, die sämmtlich mit
einer einzigen ausnähme auf einen i'-diphthong auslauten.
a) Die wvnetottmme.
Die deklinationsverhältnisse der wurzelstämme mit sonan-
tischem auslaut (auf ij ^^ r, l, m, n) sind ursprünglich fast
dieselben, wie die der abgeleiteten stamme mit gleichem aus-
laut. Der wesentlichste unterschied liegt in dem gebrauche des
nominativ -a bei den wurzelstämmen auf i (vgl. ai. roh neben
sdkhä) und in den akzentverhaltnissen.
r9s 'gut' aus idg. *re(i)'9, ai. rdh, wie ai. panthäh, aw.
pantä, gr. oqoijq^ lat. verres. Neben ai. rdh steht brhäd-^ih,
wie aw. hü^dä neben ai. svcnihth, aw. b^r^zai-dü (zu "^dhöi-
'einsieht') und gr. dßafcoTfjg neben ai. ddmpatih vgl. lit. re-j-u
'schichte auf. ai. rdh hat die dehnstufe in allen kasus beibe-
halten (ray- vor vokalen, rä- vor konsonanten) , während aw.
räjf' und lat. r98 noch in einigen kasus die tiefstufe zeigen:
aw. raya I. S. aus '^r^ (Bartholomae Grd. d. iran. Phil.
§ 193) neben ai. räyd, rayqm G. P. aus '^ret-öm neben ai.
rOffdm, lat. rftn A. S., dessen -em wie bei den meisten j-stämmen
aus der konsonantischen deklination herübergenommen ist, statt
^ri-m; r8 Ab. S. ist wahrscheinlich ein alter lokativ *ri(i).
rem und ri Hessen sich aber auch aus ri-ifp, (vgl. ai. sürä-
dhydm, gr. ipdQavüav Verf. BB. 25, 235) und r/-^ (vgl. aw. raya,
ai. 9(Mkhya) erklären, wenn es sicher ist, dass lat. i bei voraus-
gehendem konsonanten ausgefallen ist, wie für het^i aus idg,
"^ghies- angenommen wird, vgl. Lindsay Lat gr. 203.
spSs „hoffiiung" aus idg. *sph^i)-8 : vgl. ai. Sfhäyati,
sphlrUp-, Mi. spi/u, asl. spijq. Ob in ai. sphi-rd-, idg. *i oder
*9 vorliegt, lässt sich ebensowenig entscheideui wie bei lat. j^ro-
spe^rus, da im lat. in unbetonter offener silbe sowol a (aus
idg. *9) wie i za e werden konnten, vgl. dnis, ciner-is neben
gr. TLOVigj %wia. Allerdings gewinnt die annähme, dass altes i
vorli^e, an Wahrscheinlichkeit, wenn man gr. a^-^g (Fick
G6A. 1894, 247) und X-g>&i'f4og heranzieht. Dann hätten wir
als ablautsstufen idg. ^sphei- : iplki-, aphi-; eventuell *«pA9- :
18 ♦
^68 fiaos Reicheh
*8ph9. Die normalstufe "^sphei- liegt in sp^-i G. S. vor. Von
sp^ A. S., sps Ab. S. gilt dasselbe wie von r^, re,
dils „himmel, tag" aus idg. *dii5(yL)-Sf gr. Zrig^ der ein-
zige )f-stanim der V. dedination; daneben idg. dj^-s, ai. dyäuh,
gr. Zsvq^ an. tyr vielleicht in nUrdiüs-iertius. Die tiefstufe
♦rffjf liegt in di-i G. S. aus '^di^-ei(?) (ai. divdh, gr. ^iog)
und elt-^ aus dti^-f^i (ai. div-am, gr. Ji-a), die normalstufe
*^i^- in t/or-f8 G. S. aus '^(({V^-o« und Jothem A. S. aus (fiisjf-^i
(vgl. ai. krdt-vah, gr. ^^ot/yog aus "^yovf-og und gr. ^J«of aus
^f^deZ-og), sowie in der komposition vor: jü-glana ^Jiog ßaXawo^
und Ju'(p)püer aus '^cfin«-.
b) Die abgeleitstM ttinMie.
ftdes Vertrauen' aus idg. *bheidh^i)'8, gr. nu9ip aus
idg. bheidhöi. Daneben gr. nüaig^ neiai-otQOvog, lat fIdUus
(in mediugfidius) und fidS-lis, Vgl. got. bidj-au, gr. hti^tj-v^
* ni&ßi- in hom. /ri^crai, iTti^aa. Wie verhält sich lat. ^^<a(fö,
gr. 7t€i&«it zu gr. neiaig und in welchem Verhältnis steht der
nominalstamm zu dem verbalstamm?
Erstere frage glaube ich bereits in meiner arbeit über die
abgeleiteten |- und u- stamme (BB. 25, s. 238 ff.) gelöst zu
haben, wo ich die reduktion des ursprünglich dehnstufigen
nominativs gewissen akzentverhältnissen in der komposition zu-
schrieb. Die j-stämme hatten dehnstufigen nom. mit suffiix-
betonung. Daher erscheint die Wurzelsilbe allgemein in der
tiefstufe. Trat nun ein i'-stamm als letztes glied in die kom-
position, so musste durch den eintritt der enklise die endsilbe
am meisten reduzirt werden. Es entstanden also nom. mit der
reduktionsstufe -i, -t-s, die dann auch auf das simples über-
tragen wurden. Das Italische, Keltische und Germanische
haben durch die ihnen eigentümliche Verstärkung des eicspira-
torischen akzents nom. mit der Schwundstufe entwickelt. Der
historische Vorgang lässt sich am besten an dem idg. t-stamm
*pot€i' *herr' zeigen. Nom. idg. ^poUi, "^pM, gr. {ÖBtt^ynim^ :
ai. ddmpatfh, lit. t^zpatis — ai. piJtO^f gr. nooig^ lat pcHs :
lat. impos (*poi8), got. brüßfaßs [lit. veszpats-päis]. Im Osldsch-
Umbrischen ist das -i- der endung durchweg sjnkopirt Im
Germanischen finden wir neben den schwundstufigen nom. noch
alte nom. auf *'iZf run. hlewagasttE, sisi.g^9ir neben lat hoMSy
asl. gosth : got gasts; air. faith aus *^ätP' stellt sich ni lat
Die lateinische V. deklination. 269
viUis, wie aisl. gMr zu lat. kostis. So erklärt sich gr. neiaig
neben nu9i^ als ein aus der komposition losgerissener nom.,
wofür auoh die Wurzelbetonung spricht. Hirt Idg. akz. s. 216
erklärt die akzentverhältnisse der i-stämme durch die annähme
eines idg. akzentwechsels« «^Da in den meisten kasus die en-
dungen betont waren, so überwiegt ndturgemäss in den einzel-
sprachen die endbetonung. Wahrscheinlich lag noch im Idg.
im nom. akk. instr. sg. und akk. plur., beim fem. auch im nom.
plur. der ton auf der Wurzelsilbe". Die annähme eines idg.
akzentwechsels lässt sich allerdings rechtfertigen, aber nicht im
sinne Hirts. Die Wurzelsilbe der ji-stämme ist der regel nach
unbetont (tiefstufig), da der ton auf dem suffix oder der kasus-
endung lag, und zwar im nom. akk. lok. sg. nom. (akk.) plur.
auf dem suffix, in den andern kasus auf der endungssilbe. Dass
sich trotzdem vielfach wurzelbetonung findet, erklärt sich aus
dem einfluss der komposita, wie schon Wheeler *Der griech.
nominalakzent' s. 34 für das Griechische erwiesen hat a/rd-
fiaig = ai. dpiicitih. Tteiaig aus j^rtuaig neben nei&if,
Dass zwischen der nominalen i'-stammclasse und den ii?/ib-
verben gewisse beziehungen bestanden haben, ist selbstverständ-
lich. Hirt Idg. akzent s. 191 bemerkt sehr richtig: „Verbum
und substantivum hängen derart in ihrer ganzen bildungsweise
zusammen, dass man nur gut thut, die parallelen zu ziehen''.
Trotz der ausfuhrungen Streitbergs PBrR 14, 224ff.
und Hirts a. a. o. s. 193 ff. sind die Verhältnisse bei den i«/jK>-
Verben durchaus nicht so komplizirt, wie jetzt allgemein ange-
nommen wird. Bartholomae ^Studien z. idg. Sprachgeschichte'
hat durch den ansatz der ablautsstufen 9i^, e- und i- die er-
klärung wesentlich vereinfacht
Nach Hirt, der in der hauptsache Streitberg folgt , sind
mindestens folgende klassen zu unterscheiden.
I. i ist nicht praesenssuffix sondern gehört zum stamm.
U. i ist praesenssuffix und erscheint daher nicht in den
andern Stammformen. Diese klasse hat nach Brugmann Grd.
2, 1059 zwei abteilungen, je nachdem a) die Wurzelsilbe den
wortton hatte und vollstufig war, oder b) in der Wurzelsilbe
Schwundstufe herrschte, und der ton auf dem suffix lag, analog
den o-verben.
IIL -ib im praesens steht neben einem zweiten stamm auf
-^ (oder -ä) aus *-6| (oder -*ä|).
270 Hans Reiohelt
Diese einteilung lässt sich nicht aufrecht erbalten (abge-
sehen von der I. klasse). Dagegen spricht nicht nur der Zu-
sammenhang mit der nominalen jC-stammklasse, sondern auch
der umstand, dass dasselbe idg. verbum in den einzelsprachen
verschiedenen bildungen folgt, was infolgedessen auf einen ge-
meinsamen Ursprung schliessen lässt Zum beweis dessen führe
ich folgende beispiele an:
lit. szlove *ehre', gr. KXeiw Werkünderin' statt "^KUd aus
*xAe;:-Oi- (vgl. IlBidtS^ Afftiu) : gr. %kuia 'mache berühmt'
aus *xl€/'i'^, lat. daeo 'höre' aus *devei'ö. Dazu lit szlövi-nu
'preise', idg. ^Tdo^Sd)', *^^ö6V" * *Äfc?f«|- : *Jele^i'.
lit. srave 'Strömung' : lit sravi-ü, sratfef-o/u 'fliessen', gr.
i^^vvj-v 'floss', idg. *8roj^(i)', *sryß(i)' : ^sro^i-,
lit gUlia lager' : lit guli-u *lege mich', gr. ßdllw, eßlvj-to
'werfe', aw. ni-yraire 'sie werden geworfen' Bthl. Grd. d.
iran. phil. s. 79.
gr. xoQig 'gunst' : gr. x^t^, ^cr^-y 'freue mich', ai. Aary-
ämi 'begehre'.
lat famSa 'hunger' : gr. x^^^^ »us •%aiM|-cü, kxavtj-v
'gähne'.
got grips 'der schritt' : lat. gradi-or 'schreite'.
gr. ^i}Vig 'groll', ^avia 'raserei' : gr. fiaivofiai^ efiarrj-v
'rase'.
gr. fiveia 'erinnerung' aus ♦^we-a, an. mun(rj, mon(r)
'sinn, unterschied' : ai. mdn-ys 'glaube, gr. fis-finfj-fiai 'erinnere
mich', lat re-mini^cor 'erinnere mich', got. munan 'meine',
lit m$nüj min'iti und menü, miniaü 'gedenke', asl. mibnlti
'meine', air. do-moiniur 'puto'.
lat Serie s 'reihe', gr. oeiQd 'seil', aeQig' ^üHnrjg 'Hesych' :
gr. eYgup aus *ae^i-ctf 'knüpfe'.
lat facies 'erscheinung' fax, faces (Paul. Festi s. 87)
'fackel' : gr. nanpaaaw aus "^ -qiocKjrta 'schimmere'. Dazu fctce-
tus 'glänzend' ^).
lat. fides 'vertrauen', gr. IIsi&w 'Überredung* neben rteioig :
got. bidj-a 'bitte', gr. im&fj-v. Dazu lat fidi-us 'wahrhaftig'
und fide-lis 'treu'.
lit skyle 'loch', gr. axalig 'hacke' : lit sküi-ü (schlage
feuer an) spalte mich', skeliü 'spalte', gr. anuxllw aus axal^-w
1) Daza lit iväke 4icht', woraaf mich Prellwitz freundlichst aof-
merksam macht
Die lateinische V. deklination. 271
'scharre'. Dazu f^r. axalri-vog^ <nt6li'0g 'krumm', idg. "^skdi-,
"^akU' : dcKlJei' «— gr. axaklta^ lit skiliü, akdim : gr. crxürili;-iioV,
lit. skyle (mit secundärer dehnaog nach Wiedemann Lit. gr.
8. 20).
gr. idia 'ersoheinung' aus '^idfii-a, ai. vidyd 'fassen' : ai.
tndydte 'er wird bemerkt', lat. frideö 'sehe', got wUan 'beob-
achte', lit. pahvyd&Uf pa-'vydüti 'bendde', asl. vizdqf vidHi
'sehe'.
lat acies 'schärfe', an. egg, eggiar 'schneide', ahd. ekka,
mhd. ecke : an. eggia 'anreizen'.
lat species 'erscheinung', gr. onumid 'warte' : ai. paägati
'spähe', gr. axoftifo 'spähe', lat specio 'sehe nach etwas', ahd.
spekan 'spähe'. Dazu lat »pecie-tas, auspici^um.
Brugmann und Hirt haben das -a- der verbalen ä^
stamme mit dem ä der femininen a-stämme identifizirt Vgl.
H. M. Chadwick IF. 11, 169: „With regard to the origin of
these stems the Suggestion of Brugmann (Gr. 2, § 487) and
Hirt (Idg. akz. § 197) Claims attention. According to them the
ä of these stems is identical with the -d* of feminine substan-
tives. We have already mentioned that the connection between
verbal and nominal o-stems is of great antiquitj, and there are
two further points in support of the theory. (1) The oldest
Stratum of feminine s-stems consists largely of verbal abstracts
(cf. Hirt akz. § 197, 271). (2) These stems likewise show as
a rule either reduced or o-vocalism in the root-syllable and are
accented on the stem-final".
Ich identifizire aus denselben gründen das e(i) der ver-
balen jhstämme mit dem der nominalen {-stÄmme. Es steht
hier wie dort ei- mit efj i- und i- im ablaut lat. fide^ ver-
hält sich gr. ini^-v^ wie lat fidi-as zu got bidj-ii. Wie in
lat fidH G. Sg. aus *fidei-f (vgl. gr. ^nei^oi-og), liegt in hom.
nt^awy hti^aa zu '^/rt^si-o» der eigentliche stamm idg.
^bhidhei- vor. Die von Streitberg Urgerm. gr. s. 300 so ge-
nannten starren ji!s/jK>-bildungen, zu denen got. bid-^ gehört,
sind nichts weiter als durch den themavocal erweiterte <f-
stämme, die infolge der betonung des themavocals sowol Stamm-
silbe als ableitungssufifix reduzirt haben. Ob lat. ßds-^bam mit
lit vidMlavau und asl. vidä-cKkh gleichgebildet ist, oder wie
legibam der analogie der II. konjugation gefolgt ist, ist zweifel-
haft Es liesse sich zwar gr. nU&w und kTtidtj-p heranziehen;
272 Hans Reiohelt
dann könnte man annehmen, dass die yerba der DI. konjaga-
tion in der imperfektbildung stammen gefolgt sind, in denen,
wie bei fvio, das -^- urspränglich war.
lit. Bzlwie verhalt sich zu lat clueö aus '^deui^'^, wie gr.
%kBiv6g aus *ids/i'v6g au xleita aus *xiU/i-ai. In lat. dueö,
sowie in allen hierhergehörigen verben der II. konjugation ist
die dehnstufe des suffizes durchgeführt (vgl. ai. rdh, mydh u. s. w.),
während im lit und asl. das praesens die tiefstufen I und % auf-
weist. Asl. fi&If , viciüfj, lit -vydzu, -vydi neben lat videö,
vidss. Doch ist das nebeneinander von formen wie lat. jacio
und jaceo, pavio und paveo beachtenswert.
Neben den starren ii^/ib-bildungen verzeichnet Streitberg
a. a. 0. noch abgestufte ie, ib«bildungen. ^^Wie beim nomen
im Litauischen käis neben kSias steht, so erscheint auch beim
verbum neben der vollstufenform des suf&xes die Schwundstufe.
Und zwar kann diese doppelte gestalt haben: 1) Einsilbiges
-jlWi<>* wird in unbetonter Stellung zu kurzem «. — 2) Neben
dem einsilbigen ie/fb findet sich unter den von Sievers PBrB.
5, 129 £ festgestellten bedingungen zweisilbiges -ißliß^. In der
Schwundstufe muss alsdann die länge, d. h. I, auftreten. Wie
das Germanische und — nach E. Berneker und P. Giles —
das Lateinische darthun, erscheint die zweisilbige vollstufe und
damit die langvokalische Schwundstufe regelrecht nach langer
Wurzelsilbe. So erklärt sich die lateinische doppelheit:
capio farcio
capis farcu
eapit farcit
capimf4s far&Smus
capitis fareUh
capiunt fareiunt.
Streitberg's ansatz der vollstufe mit |«/ib und die heran-
ziehung von lit. küis neben leglias ist hinfällig. Wie sich bei
den nominalen i'-stämmen ^- (-ojh) als vollstufe ergeben hat,
ist auch hier -et- und nicht -ie- als vollstufe anzusetzen. Ich
verweise auf Bartholomae's 21. bis 25. klasse im grd* d.
iran. phil. 1, § 142 -- 146. übwol Bartholomae den Zu-
sammenhang dieser klassen betont hat, kann ich ihm in den
details nicht folgen.
j Aw. ni-yraire 'sie werden geworfen' (gr. i'ßlijtOj lit guUii)
21. klasse und ap. agarbajfnh, ai. g^bhüydti (vgL lat ^^vid^^)
Die lateinische V. deklination. 273
23. klasse «dthalten die dehnstufe des Suffixes idg. *^'. Die
23. klasse ist durch den thema?okal erweitert Vgl. lat plebes
und plebeius.
jAw. nUhiSöü <du setztest dich' 25. klasse und jAw. g9u-
rvaya ^ergreife', ai. grbhdyatUas 'die ergreifenden' 24. klasse
enthalten die vollstufe idg. *ei. Die 24. klasse ist durch den
themavocal erweitert ^). Vgl. ai. astki und gr. octiov.
jAw. nyä-mrf^a 'er sagte sich los', ai. (AravU (Caland
KZ. 32, 302) 22. klasse enthält die tielhtufe -f-. Hierher ist
lat. capio, capis und farcio, farcfö, ahd. hiffu hiiris und got.
sökja, Böheis zu stellen; ebenso lit. s&lziu, sedi zu sediti und
asl. Oedq, sedüi zu sedeH, desgleichen formen wie ai. svdpimi
neben asl. Shpljif, lat. petUus neben gr. f/m^-y (Bthl. a. a. o.).
Bevor ich zum eigentlichen thema zurückkehre, möchte ich
noch die Schlussfolgerung aus meinen ausfdhrungen über die
ie/^ verba ziehen. Die ie/io verba bildeten ursprünglich
eine gemeinsame stammklasse mit dem suffix -ei- {ei
und t, i), die mit der nominalen 6j|'-stammclasse in be-
Ziehung stand. Akzentverh<nisse und die erweiterung durch
den themavokal haben schon in ursprachlicher zeit die einheit-
lichkeit gestört. Ich behalte mir eine nähere bogründung für
eine die ielio verba behandelnde arbeit vor.
plebes 'masse' aus idg. *plidhei'^ plebes wird wegen gr. nkij'
^$, fteoi-rrhi^g allgemein als ein es-stamm behandelt. Ich
sehe in pleb^e(i)s und gr. Tglrj&^tg dieselben ableitungen aus dem
erweiterten stamm ^pledh-, wie in ai. pur-t, gr. f^oX-ig und
aL pur-iih, gr. ftok^vg aus dem unerweiterten stamme ^pel-, pl-.
Ausserdem spricht für die annähme eines i- Stammes noch
plä)H'US und die nebenformen des nom. plMns und plebs.
fames 'hunger' (gr. xalvta^ exdyfj'V 'gähne'; wie oben) schwankt
zwischen III. und V. deklination. Ursprünglich folgte fames
der V. deklination. Vgl. Prise. 6, 11, 59 s. 704. "Fames,
famei dicebant voteres, unde adhuc fame producitur in abla-
tivo." lat. facies 'erscheinung', acies 'schärfe' spectes *er-
scheinung' series 'reihe' sind bereits zur spräche gekommen.
Alle Wörter der V. deklination, die im nom. sg. auf -ies aus-
■ ■■ ■^■■M» ß 0 ■■■■ ^ »■» ■ ^ , ^.....M^IM.^.MM ■■■■
1) Nach Bartbolomae ist die 24. kksse aai der 28. faervorge»
gaogen, indem das suffixale ä im anschlnss an die formen der kausativa
nnd denominativa durch a ersetzt wurde.
274 Hans Reichelt
gehen und wirkliche j^-stämme sind, lauteten ursprünglich (wie
fides, plä>e8, fames u. s. w.) auf -es aus. Das j- der endung
stammt aus den obliquen kasus ^).
pro-genies 'geschlecht'; got. kuni, kunßs 'geschlecht', gr.
yivva ans *ysvi'<t ^geschlecht' ') : gr. yeivofiai aus ^yer^-^fiai
* werde geboren', 9a, jdy-e ^ werde geboren'. Dazu bi, fänih
'frau', got. qens 'weih'; gr. ymj^iog ^echt', lat. gSni-m *8chutz-
geist'. per-niciea Werderben'; got niMS, nawis ^der todte' .
ai. ndi'jfoti, jtw. na^tfeiti 'er geht zu grund'. Dazu lat. inter-
necies (Gloss. phil., Isid. or. 5. 26) inter •necium (Not Tir.
p. 123).
Alle übrigen wörter schwanken zwischen der I. (-j0-) und
V. deklination (vgl. Lindsay, Lat gr. s. 397 f. und Neue
'formenlehre' I ', s. 370 ff.). Sie sind ursprüngliche iä-stämme.
Die formen mit -je- sind falsche analogiebildungen, durch
Wörter, in denen das i der obliquen kasus in die ganze dekli-
nation eingedrungen war, wie facies u. s. w., veranlasst.
n. Die kasusbUdung.
a) Singular.
Nom. Es stehen urspiünglich nom. auf -es, -is und 2
nebeneinander, plebes, plebis (plebs). Das suffix -%, nur noch
in Weiterbildungen vorhanden (dätrT-x, genetri-x, jüni^x, regl-na)
ist durch die gewöhnlichere endung 48 verdrängt worden. So
erklärt sich, gerade wie im Germanischen, der übertritt der
lat. adjektiva auf -u« in die t-declination durch den einfluss der
femininbildung '). lat svavia 'süss' aus *8Vädvi8 ^svadvl, got
sfüsde/^'SiBmm) neben ai. wädüh, svodvf, gr. ^diig, ^iela.
lat gravis 'schwer' aus * gravis, * gravi (idg. *^^rjft-),
neben ai. gurüh, gurvt, gr. ßafvg^ ßageia u. s. w. In lat jfrfi-
mus 'erdhaufen' scheint noch der alte stamm *grU' aus idg. *gvrth
bewahrt zu sein; ich teile ^grO-humus, vgl. Inmus 'zweijährig'
aus *bi'himu8 Hoffmann BB. 26, 130.
1) Vgl. nnten unter kasaabitdung. 2) Vielleicht ist gr. yevta aus
*yev€i-€i ontstanden, und nicht aus * y€V€ffux oder *yiViifä (lat. generSre).
3) Vgl. im Litauischen den übertritt der adjektiva auf -im in die
l«0/]^o- deklination : lit. leHgvaa (lengvus) deicht' neben gr. ika^vi u. s. w.
nach lengvl, tevaa aus ^Utwas 'dünn' neben ai. ian^ a. s. w. und viel-
leicht erdvas Mocker'; wegen seines auffallenden d, vgl. IViedemann
Xiit gr. 8. 34, 35.
Die lateinische V. deklination. 275
Desgleichen levis, brevis, tenuis und moUis.
In Wörtern wie fae-ies, spec^ies ist das i teils durch den
einfluss des obliquen kasus, wie akk. und instrum. sing, und
der yerba fac-iö, spec-iö, teils nach der flexion yon dies durch
die ganze deklination beibehalten worden, facies nom. statt
*faces nach faci^ akk. und fa4^e instrum., wie faeiebam statt
^facebam nach faciö; vgl. gr. fpiqovoa (ursprünglich ^q>sqovx%\
das durch den akk. tpigovacip aus *g^efovTiqi in die -ijä-dekli-
nation gedrängt wurde.
Gen. Als die ältesten formen des gen. müssen die auf
'ies ^) angesehen werden ; Ygl. lit. zoleSj kdrvis. Der ursprüng-
liche gen.-ausgang der /-stamme war idg. *'i'OSy *'i-es (neben
*'ei8, *ois). Zur Charakteristik des femininums wurde dieser
ausgang in den meisten einzelsprachen bald durch den der iß-
Stämme *'iäs ersetzt, der im Lat. und Lit durch den einfluss
des nom. in -ies überging, lat facies neben materias. Zu
dieser zeit mag der formenaustausch zwischen den lat. i- und
iä-stammklasse rege geworden sein.
Die bildung des gen. -ieT ist nach dem muster des gen.
der io-stämme auf *iäT erfolgt Die gen. auf -i -% und -e- i,
facti und fidBi enthalten die voll-, bezw. nullstufe des ableitungs-
suffixes — e(i)' und -t-.
Dat. I^ach Lindsay a. a. o. s. 442 standen in idg. zeit
wahrscheinlich die doppelformen -ei und -e nebeneinander.
Dann sind fidej fame alte lokative, vgl. lit. zolij-ß, szirde.
Violleicht war fidii eine echte dativform *fidi^ai, gleichwie
fidei aus ^fidei-ai? vgl. ai. sdkhye^ dvayS, Die Verhältnisse sind
hier sehr verwickelt, da sich gen. und dat. ausgeglichen haben.
Akk. Die ursprüngliche form des akk. scheinen mir die
Wörter bewahrt zu haben, die im nom. auf *iS8 ausgehen: z. b.
faci^ aus "^faci-rfi, vgl. ai. surdrdhydm, gr. q>iQOv0ay, Alle
übrigen wörter der V. deklination haben die endung der kon-
sonantischen Stämme -em aus *'7ii angenommen (s. oben).
Abi. Die formen auf -e können entweder alte lokative
auf -e aus -ei oder instrumentale auf -e aus -em sein ; in ihnen
ablative auf -^d zu sehen, ist gewagt, da diese sehr späte
1) Neoe lat. &>rmenlehre * s. 874 f. fahrt aach genitive auf -es an,
z. b. Jides. Obwol sfch dieser gen. ausgang bei den t-stämmen sonst
nirgends findet, möchte ich ihn doch aus idg. *0i-M erklären (vgl. irn
aus *trei-M)' Dann läge hier die älteste form des gen. vor.
276 A. Fick
neubildungen sein müssten. Ich sehe in den formen auf -ie,
wie fcudS, specis alte instrumentale (vgl. ai. sdkh-ya, aisl. brude
u. 8. w.) und in den formen auf -S, wie fidS, re alte lokative
(vgl. ai. agnä, lit BzaU).
b) PlunO.
Nom. fidis ist dieselbe bildung wie trSs.faciea hat unter
dem einfluss von dies das i aus dem sing, herübergenommen.
Akk. Der akk. enthält die endung des nom.
Der gen. und dat. ist nach dem muster der j^, bezw.
d-stämme gebildet.
Baden bei Wien, am 7. Mai 1901.
Hans Beichelt.
Zu den inschriften von Magnesia am Maiandros.
Die inschriften von Magnesia a. M. (IMM.) haben von
Otto Kern Berlin 1900 eine durchweg mustergültige bearbeitung
erfahren. Möge es mir gestattet sein, einige partieen der treff-
lichen arbeit mit wenigen bemerkungen zu begleiten.
Der erste abschnitt handelt von der entdeckung der in-
schriften, der zweite s. V — XXVI bringt die Zeugnisse der
Schriftsteller und die aussermagnesischen inschriften. „Er-
schwert wurde die Sammlung der Schriftstellerzeugnisse*' be-
merkt der vf. s. IV „dadurch, dass die überUeferung nicht
immer klar zwischen Magnesia a. M., am Sipylos, in Thessalien
unterscheidet", es ist gewiss zu billigen „dass in zweifelsfallen
hier eher zu viel als zu wenig aufgenommen worden ist".
In einem falle glaube ich den zweifei des vf. beseitigen zu
können, nämlich in betreff des hübschen, Peisandros von Rhodos
zugeschriebenen epigramms, das der vf. s. VIII unter n. XXII
(bei Bergk PLG. II * 24) anführt:
^^vdqi jLiiv ^iTtTtaifiiov ovofi tiv, %7t7Viai de IIodaQyog^
xal xvvt ^ij&agyog, xai ^egartovri Baßrig,
&saaalog Ix KfiJTfjg Mdyvrig yivogj ASfiovog viog^
älsto d' SP n^fAOLffiigy 6§vv ädtj awayrnv.
Zu den inschriften Yon Magnesia a. M, 277
Wie Bergk a. a, o. meint „Thessalus fuit equus, Greticns
canis, Hippaemon Magnesius^*. Dann hätte sich der dichter
sehr ungeschickt ausgedrückt: eher würde man in gleicher
reihenfolge wie in 1 und 2 Geaaalog auf den Hippaimon, hc
Kgvjtrjg auf das pferd und Mayvrjg auf den hund beziehen,
u4ifi€f¥aq vioq fiele dann, freilich höchst unpassend, dem knappen
zu. Wirklich scheinen die werte so bei Pollux VI, 45 ver-
standen zu sein, wenn es dort heisst „ov^e /ui^y ovdi 6 Mdyvfjg
xvoiy ro ^Iftnalfiopog xv^fia 6 Ari&ütqyog^ dvwwfjiog x%X.
In Wahrheit gehen die worte des zweiten hexameters, was
übrigens auch Bergk a. a. o. weiterhin als möglich zugibt,
sämmtlich auf Hippaimon, einen ritter aus Magnesia am Mai-
androe.
Diese Stadt galt für eine Ma/i^roiy anomia %wv h Bew-
TttXii/ nat Kpi^w Strabo 636 und zwar war dies die meinung
der Magneten selbst, wie in IMM. 17, der in Magnesia um
200 ▼. Chr. abgefassten gründuugsgeschiohte der Stadt berichtet
wird. Hiemach waren thessalische Magneten nach Kreta aus-
gewandert, hatten dort eine Stadt zwischen Oortyn und Phai-
stos und erst von da aus Magnesia am Maiandros gegründet.
Auf eben diese Vorgeschichte der Magneten am Maiandros
deutet das epigramm, wenn Hippaimon dort heisst:
BBOüakig ht, Kffijtijg Maymjg yivog
d. i. seiner herkunft nach aus Thessalien über Kreta her stam-
mender Magnete, wobei die worte allerdings gewissermassen
nach rückwärts zu lesen sind. Wie hier ein Magnete Thessaler
heisst, so nannte der Koer Philetas die Koerinnen Thessalie-
rinnen: BeaaaXal' ai KiSa$ Tvaga 0ih[€at Hesych: Kos und
umliegende inseln beherrschten nach II. B 678 f. Pheidippos
und Antiphos ^Baoalov vle diw.
Einen weiteren beweis, dass Hippaimon wirklich Magnete
von Maiandros war, liegt in dem, was Ailian V. H. XIV, 46
(bei Kern s. X n. XXXII) von der kampfweise dieser Magneten
berichtet: Ol Maiavdutf ftaQOixavvteg MdyptitBg ^Eqmoioig
TtolefioSvteg &Uia%og täp Inniiap ^yer aivm avavQctViiaTtp^
9fjil<n^ xvva inal otKovTiatijv olxhrjp. Beim angriff warfen
sich, wie weiter erzählt wird, zuerst die hunde auf den feind,
dann schössen die knechte, und nun erst brachen die reiter
gegen die erschütterten reihen vor. Jetzt wird uns das ganze
epigramm klar : es ist die grabechrift auf einen ritter aus Mag-
278 A. Fick
neeia a. M., der mit knecht und p&rd und hund im kämpfe
gefallen and in deren mitte begraben war. Auf dem grabmale
war er selbst, sein pferd, sein hund und sein knecht abgebildet,
und die inschrift nennt alle mit namen, die sämmtlich auf alte
gute zeit deuten: er selbst heisst ^Innaififav uüfiovog^ so dass
söhn und ?ater, yoU und gekürzt, einen der altthessalischen
namen auf a%(iwv „kundig" tragen, die für Thessalien so be-
zeichnend waren, dass man die Thessaler selbst uüfioveg und
Thessalien Al^ovLa nannte. Auf den alten pferdenamen ilo-
öaQyog reimt sich der name des hundes uiiq&oQyog „Tückebold'S
und BaßriQ, häufiger Bäßvg^ ist ein bekannter sklavenname,
wahrscheinlich ursprünglich phrygischer herkunft. Hit Baßa
beginnt die phrygische inschrift auf dem Midasgrabe. Dass ein
Rhodier Peisandros die inschrift verfasst, braucht gar nicht be-
zweifelt zu werden. Vielleicht war Magnesia einst mit den
Rhodiem im kämpfe gegen Ephesos yerbündet, und fiel Hippai-
mon als ihr bundesgenoss in der viel umstrittenen Rhodischen
Peraia. Auch lässt sich die inschrift sehr wohl in den Rhodi-
schen dialekt umsetzen: Man braucht nur ^r ia tjg zu verwan-
deln. Die zusammenziehung von ea zu i; in äftj ist nicht
dialektwidrig.
„Die Stadt Magnesia'', deren inschriften von Kern ge-
sammelt sind „ist im j. 400/399 gegründet worden'' IMM. XXIX.
Aber ausser der kurzen n. 1, die Kern der schrifb nach noch
ins 4. oder in den anfang des 3. Jahrhunderts setzt, sind alle
jünger als 300 v. Chr. Darnach lässt sich ermessen, dass die
in Magnesia selbst in der heimischen spräche abgefassten
nummern nur wenige sparen des ionischen dialekts enthalten
werden, denn dieser war schon beim beginne der diadochenzeit
fast völlig erloschen. Nur in einzelnen erstarrten formein der
kanzleisprache, titeln und namen hat sich Ionisches erhalten.
So in n. 1 — 10, den der schrift nach ältesten nummern die
dem alten kalender angehörigen ausdrücke: n. 1 -^m'i/g, n. 2
dixofAtp^irji^ n. 6 devvi(ft]$ vovfAip^iijg neben TtQO^mcn^, nffotdqiav^
noXitßiccyj oetiXuav — und die monatsnamen l^yvvjitop n. 1
neben uiyyeiak 100. 111. Kavfrjiiiy n. 4 neben Kav(few 15.
HO. 113, naiXeiüiv n. 2 neben nalletuy HO.
Dem kataster gehören an in n. 8 v^g yrjg ^fAi(ff]g {ij
keiag) und tfji dyQomirji neben fQimovta^ tdiaxociiOK
2u den Inschriften von Magnesia a. M. 279
Vereinzelt ist der ionismus in Maxsdior i^ Aiyiwvy gen.
yon AiyaL (oder vielleicht besser ^ly^iov gen. von AiyBcti^
vgl. Steph. Byz. unter Alyai : to i^mov dftb fiiv diavXkaßov
^XyaXog^ anh de VQiavlXdßov svfijTai xai ovxwg ^iyeäTfjg^
wozu Meinecke bemerkt „Itaque in superioribus Stephanus
etiam formam ^i7«(i)a, vel ^iy$(i)ai commemoraverat'^) Aus
der kanzleisprache stammt in n. 2 oTeXsirpf ionisch für mi^
leicev neben Ttgoedgicev z. 18/19. In n. 98, anordnung des festes
für Zeus Sosipolis aus dem 2. jht. v. Chr., hat sich in einem
amtstitel der sog. milesische genetiv auf €w erhalten; tov leQiw
xai T^g ie^iag lesen wir dort dreimal. Aebnlich wird der ge-
netiv \nndqixfiia des amtstitels iTtTva^r^g ,,wie Mordtmanns Zu-
sammenstellung Mittheil. X 202 zeigt, auch in der römischen
zeit noch fortgesetzt^* Bechtel I. I. zu n. 100.
Der „milesische genetiv'' ist auch anzuerkennen in der
Hesychglosse Inniw dvaßmov, imßa%ov^ wo M. Schmidt un-
richtig \n7tiw(g) ergänzt. i«^ai ist ursprünglich richtiger ge-
netiv zu Uip^g — \€Qavg\ erst als ie^g untergegangen, bildete
man zu iBQifa den nominativ ieQiwg.
In 98 z. 31 ist auch als rest der sakralsprache das alte
wort avtfffog „Ziegenbock" erhalten, das als altionisch be-
zeichnet wird (s. Kern a. d. st.).
Nur in wenigen personennamen haben sich ionische laute
erhalten. So in dem (ächten?) Dareiosbrief 115 JoQeiog o
'Yatdanaw; ein Magnet 0(fi]T(OQ erscheint n. 90, l^le^^vtoQ
öfter neben ^^vxdviaq 31 u. 32; endlich in einer grabschrift,
wie es scheint, aus dem ersten jht. v. Chr. ein verirrtes ?/ in
'Hyttüaydim.
In Ortsnamen, insbesondere den flumamen der magnesischen
gemarkung, hafteten ionische reste mit grosser Zähigkeit, und
haben sich solche bis in die römische zeit behauptet. In 113,
unter kaiser Claudius abgefasst, wird z. 23 eine MiiAtj Kadvlrj
in der nähe von Magnesia genannt und in n. 116 aus der
Hadrianischen zeit begegnen die flumamen der feldmark von
Magnesia, immer im genitiv: l^ddvtjg; rqvXUtjq Kvßiadlfjg
ABOvwifjg' IlevQieyrog ebenda z. 37. 47. 63 ist aus IIe%Qh]vxog
und dieses aus IlevQij&ftog genitiv zu ttsvQijsig „felsig" ent-
standen, in acht ionischer weise wie ^x^ijvta (oder schon
TjXiBvta? xvfAora bei Archilochos, teXhjvt ema bei Tyrtaios.
280 A. Pick
Anch der florname Ovqwv 116 ist wohl auf ionisches ovqos
„grenze'^ zu beziehen.
Die lange erhaltung der alten dialektischen lautform in
diesen flumamen erklärt sich nur daraus, dass sie aus dem
alten kataster, der gleich nach der gründung der Stadt aufge-
stellt sein wird, immer unyerändert heriibergenommen sind.
Die«nummem 16 — 84 beziehen sich auf das fest der Leuko-
phryena. Sie zerfallen in zwei klassen: es sind entweder „die
Urkunden, auf die sich die magnesischen gesandten bei den
zum feste eingeladenen fremden königen und Staaten berufen,
oder es sind die briefe und psephismen dieser" Kern s. 13.
Die letzteren sind meist im dialekt geschrieben und damit auch
von sprachlichem interesse, wenn sie gleich aus einer zeit
stammen — um 200 v. Chr. — wo der Untergang der mund-
arten schon besiegelt war und sie nur noch ein schein- und
schattenleben führten.
Wir beschränken uns hier auf die im thessalischen, lesbi-
schen und arkadischen dialekte abgefassten Urkunden.
N. 26, das psephisma einer thessalischen Stadt, ist leider
sehr zerstört, doch lässt sich auch ausser Keras ergänzungen
vielleicht noch einiges erkennen. Z. 2 neva o lies i\pag>iaT]ei
€v a\y]€{fia vgl Sammlung (Larissa) 345, 4 ixpoupiatat tS reo-
Z. 18 ara • . h&lvay ua&er a.,o
„Für drei buchstaben ardllav^^ (vielmehr vier nach ataXlop
z. 27) „ist kein räum vorhanden'^ Kern. Vielleicht iv Trajara-
[da] Xi^Ipup? zu naofäg „verhalle". Für siod^ew ist wohl
iaa^er^ d. i. Soa9ev(a) «-• ead^era zu lesen, mit thessalischem
iaa- — > ^-, zu hcTi&iyai „ausstellen, aufstellen, damit es ge-
sehen werde, zur schau stellen z. b. pofio^^ Passow. Es ist
hier die rede von den mitgebrachten aktenstücken der gesandten,
den yeyQafifiipa in z. 17, die der allgemeinen kenntnisnahme
zugänglich gemacht werden sollen.
Dagegen geht z. 28 auf die aufstellung des besdüusaes dar
Stadt
^aq>ia]fia avdactptag eaaafwy noQa ....
Zu eaaafior fragt Kern „^^ JSajcioy?" aber das müsste
thessalisch iv Sdfiov heissen. Vielmehr ist eaoafiov zusammen-
Zu den inschriften von Magnesia a. M. 281
gesetzt aus thessalischem ioC' — ht- und a^fia^ gebildet wie
ifti- und neQi-atjfAogj o-, o^'*, «v-orijjuos, mit iaa- «-• fc- in dem
sinne von «cHlijilo^; bLüfjfiairup kommt Soph. Elektra 1191 yor:
no^w tovt i^BOijfifpfag ncntöv,
Z. 24 oü$ x' ifCKniaroi o dafiog.
Verständlicher wäre der conjunktiv iftmaetai, zu inia%a^
TOi, wie oix6 — xi$ — ^J? dwaBtai conj. zu di;yarat in der
alten thessalischen inschrift 'JBgp. o^x. IV p. 223.
Der dialekt scheint gewahrt zu sein: nach oyyQatffir z. 29
und ^«01^!^ 22, d-eovfog äl, d'BovQodmov 30, ovg 29 darf man
ovaXovfia z. 29 ergänzen (Kern: avaixofi«),
tig Gat xig z. 30 (relativ!) wird wohl dem magnesischen
abschreiber zur last fallen, auch hat vermuthlich derselbe z. 18
ßJad-n der vorläge in ela^it verwandelt, weil er iaa «» fc^
nicht verstand, und dafür eig vermuthete.
In n. 52, dem dekret einer lesbischen Stadt „ist der dialekt
von dem magnesischen Schreiber fast durchweg entstellt" be-
merkt Kern. Doch gibt uns dies nicht das recht zu dialekt-
widrigen ergänzungen. So ergänzt K. z. 5 änddümlar h wi,
wahrend die jüngere lesbische Aeolis doch nur 6 als relativ
verwendet.
Z. 6 ifi(pavl^oia[illo[ti yvdweg: warum nicht o[tti?
Ebd. hauwoig ,[t6v ^$6v. Besser tavtoi€l[i tw #«oy, wie
Kern richtig z. 20 yey^fAfi4po[iai ergänzt ; z. 34 dag^en irtäy^
yell6ptia0i[y h^ statt •^teaai [cy.
Auch z. 8 stand auf der vorläge o%ßo(Aivoia{i) nicht OBßo-
fievoig *l4^miv; der dativ pl. hat sonst immer die äolische volle
endung auf *ai: z. 7 iv Jet/poiai^ 32 ^BWQOiai, 40 toig ngea--
ßevwaiai.
Z. 11 fällt dar greulige fehler s^aq>iafiwoi bvti jeden&Us
dem magneten zur last; vielleicht hatte er eben — nach Kern
hat derselbe mann n. 16 — 84 geschrieben — n. 41, 16 auf dem
dekret von Sikyon oftodeÖMyfiiyoi ivTi eingemeisselt; der Les-
bier hat selbstverständlich eiai geschrieben.
Z. 17 steht auf dem steine avyysvrja, offenbar für das acht
äolische avyy&nfjPy wie schon Kern verbessert; der Schreiber
dachte an avyyeria vgl. avyy^iag 38, 20.
Z. 28 rmg re 9va$ag; die vorläge hatte selbetverstandlich
vaig te ^vataig vgl. die akkusative 23 wmg d-eoigf 38 ^«en^i^ dvo.
B«iM^ t. kasO« 4. iaif. i^cmImb. IXVI. 19
282 A. Fißk
Zu 30 didoHrdtti (statt didoad'ui) kann ' richtig sein , wenn
man äolisch dlikav (aus öidofjv oder didmijr) vergleicht
Z. 36 iftayyBkltaai ov d-BiOQOi; w für ciiii nach . jüngerer
ausspräche ist kein fehler vgl. 36 iv vojita neben 40 ,%a sp
pofiioif dagegen steht z. 38 im gen. tta O^qmm oh yerkehrt fär w,
z. 36 TtoQa Mayrrfti^ ist zu berichtigen nach z. 32.^a^ Mayrrj^
%iov^ vgl. 28 noQ avTtay; ist auch z. 16 Ttagnakeioiai für na^ax,^
zu lesen?
Möglicher weise hat der lesbische Verfasser auch z. 13
«xig^ß^tov, 37 xEf^ovtjfSia und 21 o^ (statt cvif)^ vielleicht selbst
z. 14 fioiaixop statt fAovaixov geschrieben.
Dagegen ist in OTKodidorreg 15 für amv"^ ^«rs^i^y 17 für
TTfid-, ÖBffia^ai für d«x^, xot^Trc^y etpeaTioVy xa^rjwj statt xair-
TQTtaqy eTtiOTioVy Hatfinfi die bildungssprache schon in den
äolischen text eingedrungen gewesen.
Bei dem versuche, die lesbische vorläge wiederherzustellen,
ist dem texte nothwendig die jüngere äoliJBohe akzentuierung zu
geben. Wie Alkaios und Sappho totonten, wissen wir nicht, wohl
aber, dass die Lesbier vom 4. jht ab den akzent mit den he^
kannten ausnahmen durchweg zurückgezogen haben. Mit [ ]
sind die ergänzungen der lücken, mit ( ) falsch ausgelassenes,
mit ( ) falsche zusätze, mit grossen buchstaben der ersatz für
falsche laute des abschreibers bezeichnet. Auch aus dieser
möglichst gereinigten form des aktenstücks' ist, wie eine ver-
gleichung mit Hoffmanns Gr. dialekten II ergibt, neues für den
lesbischen dialekt nicht zu entnehmen, doch ist es mundartlich
so gut öder übel abge&sst, wie man für die zeit seiner ent-
stehung — um 200 v. Ch. — nur erwarten kann.
In den ersten fünf zeilen erkennt man nur: 1. *'Eyyw 6
dSfiog — 2. CTtid'ava — 3. d Ma[yviJT[<av — 4. (ou .... Jtovi-
ai€{$ E\v — 5. TcT 'Ay — ]}fHiq>uap,a\ dftidümlav h. %m efiq>a
n^oia[i\ o[tti yvoywsg] XQV^^^ iavtOia[_i toy 9iar
top h Jihpoiai Iciiar mal afisivo[v l/iju«-
vai aۧofiivoia(i)*'A(ftBfiiv AwiMHpqvavo^y
xai vopLiaaavxBaai %av tB noXiv xai tot j^d
10 QCtp igctv Tuxi aavlov i'fifiBvai i\paq>ia(iBvol
bIJSi avrcBJiBifiv va dfffp^htdi %ag nokiog
avTüfv 'A^rifiidL jiBunotpqvava dw TtivtB i"
%iia» 9vaiap xoe ftoa^ayvQiy nun htB^Eifiar xa[e.
^ aytat^a atB(paifL%av laoTtv&iör fiotaiKov nal
15 yvfivixov xal fVr/rtxoy, dvMiLav anodidovvBg
Zu den inschriften von Magnesia a. M. 283
Xaqiy tS evsQyhiSi^ utai ita(f{a)iialeloiai top da-
liov (piXov eovra wu avyyivijN fieiix^ '^^^
^vaiav %cd rag 7tavayv((iog xai top hcfxE^
ifiav], duXix^öav di xat oi fCQeaßevzai mcth
20 ^{ovld'wg Toig iv %m tf)a<piofian y^Qa^uiyo[iai
tag [(pt]loufiiag ovdev ikXeinov%eg' omag ^Qv
6 dS]iiog q>aivrfBai ifi navti wxIqu)i xav t€ nQ[6g'
to\ig &ioig evaißeiay cni^v xal %av nqog M[a
y]yt[S€ig avyyeyaiav nai apiXiav Ji<xri^[^aiy,
25 d\y\a\9a tvxo' didoxd'ai vm ddfjiwL iTtaipe-
a]ai [fi^ Mayvtjvag ini ra €vaB{ß]eiai %a ftffog
%b i9[«]u>y %al iTtl TUL Bvvolm rat tz^ tov 7t6li[p
di%Bo9ai de naq oSottav %aig je &vala{i)g xat
tw oB/iova iaoftv&iovy efifievai de aal %äy no-
30 hv xat Tav ^c^^oy Xqov xat cavXovy xa^a-
TceQ Mdyvtjfteg d^ioiaiy did(aa9ai de xai
Toig irvayyelXovreaai ^ewQOiai ftag Mayp[Ti
ftav eVg %e haf^av xai egfiatiov x[(Ul] ^evun
oa]aa xal Toig tä Tlv&ia i7iayyelX6v\%']e!aai> {h
35 v\6fAüi yeyi(a7tvaij xal ervei xe xa^'jxri 6. ayw[if
x\ai iTtayyeULoHJL oi ^etnQOv oi itä(f(a) Mayvtj^
r]aiv, x^Q^^^^'^^ ^ däfiog %w iirjwo[g[ %&
^ 0]Qg>el(ü(i) %ä oxjwxaiöexaTa d-etOQOig d[vo i^
a]7tav%iav r'Üy nokitay^ dof^evai de xai od[t.
40 oy] rolg nQeaßevTaiai ra iv vofuoi diaxo[ata? K.
Das psephisma von Megalopolis n. 38 ist von dem magne-
sischen abschreiber fast noch übler als das lesbiscbe zuge-
richtet, doch gestattet die länge desselben vielfiach die fehler
nach den.. das richtige enthaltenden stellen zu verbessern.
Die genetive üvS^ayogill z. 3 neben IIv^ayoqAl 4 und
^AQxeoiWY 54 zeigen deutlich, dass hier überall der arkadische
genetiv auf -av gestanden, den der abschreiber nicht verstand.
Die genetive auf tau ftoi Jiowaiwi AafiTtenai fallen ebenfalls
dem Magneten zur last, vermuthlich veranlasst durch nv^a-
yoQWi^ das er wohl für arkadisch hielt
Z. ß ifiev zunächst für elfieVf dagegen 18. 21. 37 eivai;
die vorläge hatte zweifellos das richtige ijvai^ z. 6 schwebte
dem abschreiber M^ußi' In der gktch^i Verbindung n. 16» 7 vor;
aus ipoi. machte Br.dpai^. , . . ^ . .,.
X9*
284 A. Fick
Z. 12 IV Toig EXkavag und 20 tovg avyyeveag sind zu be-
richtigen nach q>ilog 20. 21 anQOipaaunog 21, %og — WM^rjfte-
vog 22, ccwog 25, T^toxoaiog, tog 28, vog aywvag 38, 49, roa-
yt;y rog aAAog 49.
Z. 48 ii' TOi$ POfiog kann er voig vofioig oder ty trog yo/iog
gelesen werden.
Z. 14 «xex^c^tov 44, iV9iia%uqopi z. 33. 39 heisst es «xe^i;-
Z. 20 ist avvav^Biv f&r awavisy eingetreten, vgl. 21 fveqy^
ti]p (für sv€^6tripai?).
Z. 21 ^^og TToyrag, 24 rcQog afifie^ dagegen 25 richtig
Ttog avtogy 26 7toO€defynf%o, 49 ^og Tog aUog.
Z. 24 a^jue „uns", richtig 22 tog %ai afie ectpjfievogf vgl. 19
a^€T€Qai. Der absohreiber ist auch z. 12 in roi$ für tog auf
lesbische formen gerathen.
Z. 46 Ta^ TToiUt aber 10. 18 richtig noli.
Z. -47 ßwXevüovtai ist wohl verschrieben für -accirroi, für
didovai 56 stand in der vorläge didovffi oder didocri vgl. 34
Ttoiwai^ 37 a^ioai.
Das relativ Sg kommt nur in den adverbien xa^ 9, 3i6
29, xa9'(og 37 vor, sonst fungiert, wie in den übrigen arkadi-
schen Inschriften, nur 6 als relativ: 16 (aytawct) tw tid-ei^ 24
tav exouv enteveiccv 28 do^ecxog, rog 9HOfiia9Vf 34 aytara^ top
Ttoievai 40 ra yeyQOfifiBva rjv. Hiernach darf man vermuthen,
dass auch z. 4 in der vorläge ip TOi, statt ii» oi gestanden habe.
Z. 43 d-ewQiav: schreibe &aaQiay nach &BaQiai 44.
Die versehen des abschreibers 10 aqfioCfivtoig toig für -roig,
ebd. ly toig xpaq>ia^aTi für rot, 11 ivig>ayiKop f. ivmpaviCpfP^ 13
fra^crxaA«vrco$, oig f. -TCtiy, cog, 23 XQOVfog f. xc^^^^i «x^yrag für
exovTtav (25 oKrxa scheint blosser Schreibfehler für aviTta) sind
schop von Kern berichtigt.
Bei möglichst wohlwollender Voraussetzung würde das
aktenstück, wie es aus der band des Megalopoliten hervorging,
etwa nachstehende gestalt gehabt haben:
nQeoßsvT&p Hai d-ea[QWv ft]a[Q]ayeyo[vAt(Op] rt[a((a toi däfioi
%wii Mayviftütv %(av ini Maidvdijol [0iil/ax[ai %ä JTvJhv-
yoqAYy Kopufpog Tw{i) Jiowalta(C)y Aofinitta^j^ tä [iTv-
&ayo^
qaY xai dnodorrwp td ^^lOfia^ iv (t)oi 7uneiux[^iovo
5 c xQTfjafidg 6 yeyonig vno %ol *^7t6lixovi toi tr ^€i[(f>oig]y
Zu den inschriften von Magnesia a. M. 285
Xtiiov HNAl wxi afieirov toig aeßofti^oig ^'^fVBfnv
^evxtHfiivfpm xoi tov nokiv nun top x^^*^ leQOtP %al
aavXop POfiiZoai(v) aal Jtegi %öv Xomwv nic^üUy) im-
Xex^iaai Tca^ä t]xoy rag IvtoloQ naga toi Idlai nö»
10 M [x]ai aqfAoC/dvtSig TOig Iv TOi(g) tlßd^iafxati yeyQOfi^
^hoig, lvEq)dviJ^OP de xot top wg ^eäg initpavHav
%ai Tov yeyopäaop bno %6ig ngoyopoig Iv Td(f)g ^EXlet'
Pag evxefiorlav xai nagoMtkertoiN, wg moSixn"
Tat ä nolig täp ntxpdyvqiP xai %ap hf^HQiocp nun top äyta^
15 pa ax^ffavltav iaoitv&i[6\p %6p %b nov[ai%^p xai yvfiPi-
xop xai inmxop, top %i&ei tat ^Aqti^idi tat AtvxotpQfiPol
ö dSfiog tdifi Maypijtiop^ xai vw ftohp xai top Xfti^oy
avtßp iegay xai aavlop ^f&oi, %äi 6i ncJu tat ifierifcti
nci%Qi6p iaTi(p) fAciXiOta fiip tag t&p d't&p tifiag avplalv^
20 IK^)^' ^^^^'^^ di xat ta(^)g üvyywiag xai tpiXog opteveg-
yetijp Ip to Anffotpaalatog qtalpea&at ^Hpcu (plXog ft(Q)dg
ftdptag tbg xai afie iaQfjfiipogy tßp de Maypvjtwp tßp
and MatdpÖQOi ix nalai&P fiiv XQOPtoN ixoPtStN &)p6o)g
7t[ß]dg äfiif av(.iq>avBg de jcoujaoptwp tap exoiep ixte*
25 PEictp xai atgeaiPf opl'xa naqeyipONto nog avtog TtQeaßei-
ovteg IlQo^epog ^Ayig 'AQiatoniiiAtop' edpowg te yaq noa^
di^OPto oi Mdypf/teg xai ¥dwxap ip top teix^afibp tag
ftohog dageixog tgiaxoalogy tbg ixS^iae(p) 'Ayafii^a^
tWQj dib a ndkig ßefipaiiipa tag te avyyevelag xai
30 fpikiag xai noptiop tdip yeyopotiop evypw^d'
Piop vnb täi TtdXi tat Maypijtofp artodixetai ta[g]
9vaiag tag *A(fceiAidog tag ^evxoq>gvtipag xai tap exe-
X^giap xai tdg ay&pag otetpapitag XaoTtvd-iog tbp te
fiovaixdp xai yvfiPixbp nai inntxdp^ tbp ftoUvai o\ Ma-
35 ypfjfteg dixalop dnodiddpteg x^9^^ ^^^ eiegyitidi xai
xad'ayefiOPt rag ftdXiogy xai top ndXip xai top x'^ü^^
^Hpai avttSp iegdPf xa&iog 6 d'ebg ^gtiae(p)y xai d^MOi
oi nagayeyop&teg ngecßevtai xai d^eAgoi' tolg d'eAgoig
toig inayyiXXoai tap ^alav xai ixexfjglap tag Idgti^
40 fiidog tag udevxotpgvripag ddtw S&ep6Xag 6 ta^ilag
oviKpOQOtg Iplf^iop"] xm ta
Ip toig p]6^o[ig yeyQa']fÄ^ipa ijp dldoa&ai^ ta laa yga-
tfßdtü) iP r]av ^eAglop^ iv de to Xoinop tl del dldoa&ai
tatvi tat ^eaglai lpla[t]iop ^IvexdxBgoPy
45 Oi P0fAoyqdq>0i o\ iv tal ini Avxip\ta'\ eteiai ygdipav'
286 A. Fick
teg imdei^dvTtov Tat 7t6Ji(e)if wg oi TCoiX%ai ßwXtv-
aQvrai negi TOivi' xto((aadv%iav de ol vofioy^ipoi
iv t6(i)g PO flog nat %avyv(y) %i\y i\uxHqiav^ xat %bg
äywvag %oavv(v) yQcnpdw<av Ttbg tbg ülXog
50 axBqxxntag^ ihg av^tpccvig ylpr]Ta[i T]o'ig Mdyvtj-
aiv, 8ti a TtoJiig tag tb %&i» 9t(a¥ &vaiag awav^ßi
xai tä vno toig avyysyiai xai <plXoig xai [ev]voiOig
ä^itofiiva VftoKovsi' S'eaqodoKog xaraatd^
NixtjQarog ^A^ealXAY' ido&tj toig '9'eaQOig hti
55 tav noivdv latiav tag nohog ^vacu oig xat toi
d'Bol Saov Ttai avtol didöNai xai ^ivia toig ^eaQoig
td ix tw pöfitay ov&afiiQOP.
In dieser allerdings nach möglichkeit gereinigten ge-
stalt, enthält das stück nur wenige Verstösse gegen den
dialekt. Für dm durchweg dno 4. 23. 35, dix^a^ai 14. 31
und -TOi für -rot in dnodixetai 31, anodixf[fai 14, ßwlev-
awvtai 46y yivtjtai 50. Bedenklich ist das v in topw'v 48,
toavvp 49 (der Schreiber dachte wohl an vvv) neben taivi
44, toiPi 47.
Der dialekt ist in unserer inschrift besser gewahrt, als die
späte abfassungszeit eigentlich erwarten liesse.
d'eäQog aus d'eäfoQog, wie arkad. ^E^fiavog aus 'Effidfovog
liefert die bestätigung von QeaQidag Megalopolit Hoffm. n. 17, 2. 4
Gut und alt ist das regimen von vrcö und Ttafd mit dem loc-
dativ; von iv mit acc., von dfto mit dem dativ: oTto Maidv-
dgoi z. 23, entsprechend den ftrkad. inschriften bei Hoffm.
dfii 22 „uns'' ist Hoffm. 1, 258 einzufügen. Hübsche belege
zu der /ue-weise der verba auf -ew bieten naqaxaXhttaif 13 und
noiivai 34; yeYorwaav 12 ist nach yeyovtag gebildet, ia^fiivog
22 ist mir nicht klar, schwerlich von aiQiw abzuleiten. Be-
sonders interessant ist die behandlung des innem -pa-. Neben
ndvai 8, noiivai lesen wir diakex&eaai 9, vofii^oai 8, ircay-
yiXloal 39, d^ioai 37; darnach ist für didovoi 56 entweder
didovai oder diddai zu schreiben.
Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass in der perio^e des
absterbenden dialekts, der unsere inschrift angehört, das innere
-v(7- der analogie des schliessenden -vg gefolgt ist Wie aus
Toyg, tavg zunächst toag, taag^ dann tog, tag wurde, so aus
-avaiy -evoi, -ovai : -acai^ -eaai (in iiakex^iaui) -oae^ und
endlich -aai, -eai-, -oat. Die gleiche entwicklung fand in ArgpB
Zu den inschriften von Magnesia a. M. 287
statt: in der mit der unseren gleichzeitigen inschrift von Argos
n. 40 lesen wir z. 18 eTtayyeHovai und in der nächsten zeile
19 iftayyiHoaai y wozu Kern richt^ bemerkt: „der nasal ist
hier assimiliert*'.
Der ertrag der IMM. an griechischen personennamen sei
hier in aller kürze zusammenge&sst. Zunächst für die yoIU
namen.
^ AyluGtihrig Ithaker 36, die ältere form zu ^AylAmiXtjq Megara
GP. » 42.
Zu dem genetiy ^Hffonv^ov M. 105 4. • bildet Kern den nomi-
natiy ^H(ionv^fig\ 6P. * 245 werden JrjfiO'y ^HgO', Jü^f/r^o-
ftv9os aufgeführt
SvrTvxfjS Ilvd-ayoQOv Magnete 302, zu dem bisher allein be-
legten weiblichen n. Svvtvxfi OP. * 257.
Neue YoUnamen sind:
Zu -af^og : JiOvvanxQXOS ^otfAniavog M. 88, 62, anderer Wva-
^Y^QO^ 79 » za GP. * 101, Zai-o^XOS Knosier 3. jh. 67 9
GP. « 133.
Zu rßiogi
nv96'ßiog M. 26 GP. « 245.
*Hilo-x^crTi]^ M. 3. jh. 5?. Nach Kern verschrieben für ^HltO"
Kiifotrig; so hiess nach PB. ,,ein präfect des fiscus in Rom
bei Zosimus 5, 35. 45". Vielleicht ist doch ^Hlo- anzuer-
kennen, wie ^l Sonne neben fjliog: den rater Epicharms,
der sonst 'HXio&dXrig heisst, nennt Heradid. Lembus frg.
hist..gr. in, 170. 8 'mo-»dXf]g. GP, « 136 ist nachzu-
tragen : ^HXionXrjg, könig von Baktrien, söhn des Eukratides
2 jh.
Nvfig>6''loxog lAqtefiiSwQQv M. 275 zu GP. * 225.
Taano-^ivfjg TaaiM^ivov M. sieger im Pankration, CIA. 11
2, 967, 56 2. jh. ist der YoUname zu
TdoKog h noXifitoi Lakone Smlg. 4437, ^AptifAaxov Taanav im
Amyklaion ebd. 4515 (4. jh.?) nach Meister zu der stelle
auch in Kreta: TdoTcog jQvTtavog.
Der name TaayLO'fiivrjg ist hybrid: Tasco- ist keltisches
namenwort YgL GP. ^ LXXVUI gaJl. Tasco-Yanus, brit. Tascio-
Yanus: Taseins, Tascillus Tasci&ca und Moritasgus (?) Wohl
durch galatische söldner nach Griechenland gekommen.
288 A. Fiok
Vater und söhn fahren Tollnamen, in denen ein elemait
das gleiche ist:
l4va§ijp(0Q ^Ava^iXQatavg M. 129.
^AQi4i%6fia%oq '^QiOToxXiog M. XIV n. XIX.
^rjfjiayoQas JrjfAOxaQidog M. münze XXII.
Qe6g>iJiog QeodoTov M. 208 1.
NUaiög Nvia(ixov Gonnos 33 1.
SiaainXilg Jio%Uog Magnete und sonst
0ihffftog SvQCcvinfcov M. 815.
Voll- und kosename vertheilen sich auf vater und söhn:
QevdtoQog Jwqov Magnet 2$.
^iTtTtalfiiüv u^Xfiovog Mäyvtjg epigramm des Peisandros s. 0.
MdvÖQfig MavdQolvtov IX u. XVI.
Bemerkenswertbe kosenamen sind:
^^lUag Magnete 321 zu -aXJLog GP. > 54. Mit neqlaUog vgl.
TtBQi navTuxv efifievai akXwv A 287.
N^aig g. Nijaiog Parier 50 s.a. Zu JYijaoxX^g GP. > 215.
Nvaiog Magnet 122 f. zu NvaavÖQog? oder kürzung von Jio-
vvaiog?
Towiog Magnete 94 10» T. ist koseform zu Evz6viog nach PB.
„vater und die söhne {Evtovioi) Anth. app. 356'*. Vgl.
06wiog zu TuaUpovog GP. * 281.
Xigavg Medidpu^g Akamane 31 4 zu Xc^i-, gebildet wie*'/nr-
jtvg u. a. GP. > 26.
XvXiag 323 bleibt dunkel „der name ist neu^^ E. Vgl. äxvlog
„8aftreich'^
XaQfioawog M. 283 4 ist an die gruppe XoQfio- GP. * 290 an-
zuschliessen als „angelehnter name^S
Kalender- oder geburtstagsnamen führen:
NevfAont in ^^latayogag Nsvfiwvog Magnete 101 öfter» gekürzt
aus NivfjtrivLog, maskulin zu Niovfiii Tanagräerin GP. * 296.
Tquiag in KalXidva^ Tgitiov auf magnesischer münze ZXIU;
zu Tgltog TQUiog TgirvXlog GP. » 296.
Göttemamen werden in älterer, frommer zeit nicht für
menschen gebraucht s. GP. * 304 f.
^Eqiidag heisst allerdings ein Magnete, Zeitgenosse des Mithri*
dates bei Plutarch, Kern IMM. XVI, aber der gott hiess
damals ^Egfiijg.
Zu den inschriften Yon Magnesia a M. 289
Unter Alexander Seyerus gab es einen yQafifioteig ^Effi^g to ß.
auf Magn. münze XX V, einen arzt M. uävQ. ^EqiiiJQ nennt
IMM. 119 19. ^EQfiuag kann ursprünglich koseform zu
EQfiO'iyirrig u. 8. w.) gewesen sein.
noivf] 276, wenn — > ilotyi/ straf- und plagegeist, jedenfalls
höchst singulärer name.
An heroennamen für menschen verwendet sind neu und
GP. * 307 f. nachzutragen :
Sovag in 0il6§€yog Bovarrog M. 352 1. jh. y. Chr. kann nur
auf den ätolischen beros &6ag geben, nach dem auch sonst
in Aetolien und lasos männer heissen; aber die form
Govag (aus Sofag) ist neu, und, wie es scheint, äolischen
Ursprungs.
Kgtid'evg auf magnes. münzen IMM. XXIII, und (DiQrjg g. Oi-
Qf/Tog Magnete 18. 19. 61 sollen wohl an den Ursprung
von Magnesia als Ttolig uAoklg erinnern: die heroen Kre-
theus und Pheres sind söhne des Aeolos.
Kr€<nog Moqifjtov Magnete 107 n. Nach dem Molionen, bruder
des Eurytos.
udvKiofiT^drig heissen IMM. nicht weniger als zehn Magneten,
wohl nach dem könige der Doloper auf Skyros.
nnvnBaiXag in !/fi^£/<idai^^ JTi^anrca/Aa Magnete 11»; der beld
war in Pyrasos zu hause, grenznachbar der Magneten
Thessaliens.
IMM. 5i9 erscheint ein ^AQx^Xaog AlqoTtov Mcmsdwv. Vater
und söhn fuhren die namen makedonischer könige, ^Iqo-
nog ist soviel als ^Aiqonog^ wie der name sonst lautet.
In den GP. > wäre hinter den namen aus der heroenweit
s. 314 ein abschnitt einzufügen:
Namengebung nach historischen personen z. b. ^Aatvayrig
yqafAfxcttiyuog Westermann Vitae p. 363, l4xaiiiivrig Delpher,
JaQeXog, Kgolaog, Va^i^iJTtxog u. a. Besonders die namen der
makedonischen könige und der diadochen : l^juv^ra^ , ÜB^d/xxag,
Oiidftftogf besonders ^^Xi^avdqog; unser ^Af^ihtog AIqotcov
reiht sich hieran. Unter den diadochen: ^AvriTtctffjogj Jfjfifj'
TQiog, IlToXefiaiog u. s. w. Aehnlich wuchern bei uns die
preussischen königsnamen Friedrich und Wilhelm.
Zu den für menschen verwendeten thiernamen GP. * 3 14 f.:
rqiawif auf magnesiBchen münzen XXX; wenn so und nicht
200 A. Fick
Tj^MToiK oder Tdacß/v zu lesen ist^ vgl. Fglamp* vg' l^Qiato^
.. . g>ayrig ii ovofia ögo/aiatg vevixrptSrog h X)h)ßnl(f avddiov
Hesych.
*ArroXX6dwQog Kaqvtortog Magnete, auch in Ephesos GP. * 315,
vgl. xoQViOTndBg' yuavwTteg Hesych.
^vxtrog^vnov in Same auf Kephallenia 3. jh. 35 1. GP. > 319
zwischen Kogmlvog und üo^lvog einzufügen.
Tlit^liov auf magn. münze XXin, wohl wie ni9wv und nlt&toi^
zu m»ri%og aflfe, GP. « 321.
2iivllLwf auf magnes. münze XXIII. Zu oyLvXkov* n^ %vva
liyvaiv Hesych vgl. axiUa|, gebildet vom thiemamen wie
jäxQidiiov u. s. w. aufgezählt GP. * 319.
GP. * 324 zu ^'Av&qamog^ ^Avd-QWTviXog :
*Av9qianlaiiog^ Prytane in Korkyra 44|.
Zu GP. * 330 benennung nach leuchtenden körpem.:
0waq)OQog NinavoQog Magnete 110b, zu q>moq>6qog (daffjg)
morgenstern.
Ein flussname als menschenname — zu GP. * 347:
AYyv7trogl4va^^Qog Magnet 15 ae. Weitere belege des namen
giebt Kern zu d. st.
GP. * 360 kann man zu den berufs- und standesnamen nach-
tragen
Q^ffifrwQ Magnet 90 1.
Ursprüngliche Spitznamen sind sicherlich
BatTaXivog 64 diminutiv zu ßontaXog Weichling , oder noch
schlimmeres, und
JSlvdQutv Magnet 14« = atvdgwv benennung der dovloi MniovXov
in Kreta (aii^-d-^o^ s aiV'a-Qog zu alvof^ai).
n. 308 heisst es: 1) aogog IdnokXiovidog tilg Miwiwvog z^g
xakov/üivfig ^Hdijag (d. i. ^deiag). Man sieht bier, wie der
später übliche name ^Hdeia aus einem beinamen ent-
sprungen ist.
88, c siegt an dem feste der ^Pwfioia zu Magnesia iv %wi aywvi
tgaywduSv
iloXeinaiog Jiodioqov ^Eq>iaiQg
dgafioTi, KXvTaififjaTQa,
Darnach scheint die Schreibung des namens mit fiv auf
späterer umdeutung und entstellung zu beruhen. Der name
tritt dann in enge Verbindung mit Mtj^twq Priamide bei Homer,
tdya-, und nolvfiijaTWQ. .^iTTteff/vjaTQa heisst .dia toohter ^
Zu den inschriften von Magnesia a. M. 291
Erysicbthon bei Nikander, sonst MijatQa genannt; auch die
Danaiden d. n. werden nun wohl besser Hypermestra und
Mestra zu scl^reiben sein.
In einem anhange über Apameia am Seleias weist Eduard
Schwartz nach, dass Mearpnj „die hellenisierte form des ein-
heimischen MaiS&n oder Mtt&n'' ist nach Nöldeke »^ein kleiner
Staat in der gegend von Badra am unteren Tigris, der hauptort
war Snaalvov x^ga^^ auch wohl schlechtweg . . . XaQa^ ge-
nannt Also ist der anklang an fidaf] ein trug und darnach
das 0. 22 s. 228 bemerkte zu berichtigen.
Walsrode bei Hannover im Juni 1901.
Ä. Fick.
Zu no. 26 der inschriften von Magnesia am Haiandros.
In dem bruchstück des beschlusses einer unbekannten thc«-
salischen Stadt, dessen Verstümmelung wegen der mundartlichen
abfassung so bedauerlich ist, findet sich, bisher unerkannt, eine
Thessalien allein eigenthümliche wortform.
Z. 25 heisst es: .
ot;x]< fioyop xoT tov Sfioyiveiav \ [%ai q>iliay] ^ (d. i.
alla) xai xitr vav oXop uiNFF^.IN
Kern'slEtngabe zufolge ist der undeutliche buchstabe nicht
^ gewesen, kann aber als a gelesen werden. Trotzdem schreibt
Kern cri7^(i/f)ty, was aber hier nicht in den sinn passt und
weiter unten z. 29 richtig thessalisch ovyQa\fi[iv] heisst. Zweir
fellos hat in der vorläge yiNFPESIN d. i. avygeaiv gestanden,
das thessalische wort für alq^aiv, nQoaiqeaiv (freundliche ge-
sinnung) auf inschriften in andern mundarten, wie z. b. der
arkadischen o. s. 285 z. 25. Man denke an ftq(>avYqi[_ai an
der sinnverwandten stelle S6DI 361 Bis [inaivBiad'cti] ^lowa
itta TtQoai^Qdlai %qlv |[ lx«t .] . . . und an iq)avyq€v9'uv der
grossen inschrift von Larisa 345 z. 41, das gleich ifpaigovy"
Tai ist.
Also wird man auch am schluss wohl für Kerns ergänzung
aifidTj vielmehr avy^i^ einzusetzen haben.
Königsberg i. Pr. Mittelhufen. W. PreUwüz,
292 Alf Torp
erste person im Lykischen.
Schon Savelsberg (II 61) hat hinter ^i ^mis, akk sing,
und plur., das pron. poss. der 1. person Termutet. Dass diese
Yermutung, die auch Imbert (Mem. VIII 453) billigt, das rich-
tige trifft, ist sehr wahrscheinlich. Das wort findet sich T. L.
106 (Lim.). Die inschrift fangt so an: „In diesem grabe ruht
(oder „soll ruhen^') Sbikaza, mitglied der Mindi des Pdd§ni (?)'S
und der schluss derselben lautet:
&urUa : seflnaha : epfUe : ladq : ^i : seüdeitnis : ^is :
86 melebi : se tideimi:
„den verbundenen (?) mitgliedern (sei das hineinlegen erlaubt?)
nach meiner frau und meinen kindem'S
Dass ladq ^mi und tideimis ^is n\it dem sonstigen ladq
ehbi und tideimis ehbis parallel gehen muss, liegt auf der band.
Wenn also ^ni nicht mit ehbi gleichbedeutend ist, was wir nicht
annehmen können, so bleibt nichts übrig als darin das posses*
sivum der 1. person zu sehen. Ein derartiges überspringen
von der 3. zur 1. person ist in den griechischen inschriften
Lykiens etwas ganz gewöhnliches, z. b. CIG 4216: Safifiiag
xaTeoxevaa€v to fiyrnaeiov eavTfp xai \ ywaixi avrov ^v^aei
Navijidog nai Tolig tixvoig \ ?/ tolg h, tovrotv iaofxhoiq ixyo'
voig fiov xal [yvvaixi] rov viov fiov . 4228: xorea-
Tuvaoev tovto to fiVfjfiBiov 'Enaya\9og KqatiQov ictvt^ xai
ywaixi xal zixvoig xai \ zoig i^ aitwp rixpoig y9Pfia(o)iiiipoig'
firjdevl I de i^iatu) ivdtiipai i) d-eivai elg zovto to lAmqfAÜonf^
ixtdg I iav furj aitog iyw iTtitQiifjw • 4230: fH dum
] xav€axeva[a]€[y'] to fjiv[r]]i[ieiov eavrij x[a]i %oig
— — xal fiov . 4232: ^vq. JSvig>a¥og \ ^Eq^
fioXvxov I xareaxevaaev xal iftilygatpsv fistä \ to irtag>^v$ \
i^i «lg ti/v [o]oto&ijxriv . 4299: to fiv[fifiü]ov wxtmt^
xevaaato Evtvxo[g] | — — — €a[v]T(^ xai yvvaixi [a]vt6[jS]
EvnXoi[(je x]ai tixvoig avtaiv [x]ai olg av \ [a]aig äv e/rivf^Ji-
tp(o u. 8. w.
Indem ich au den betreffenden stellen einen solchen Über-
gang annahm, habe ich in den verbalformen auf -^q (-jfq)
(prfinavaxq, agq, piyaxq, axq) ein prät 1. sing, vermutet (siehe
meine Lyk. beitr. U 9 ff., IV 2ä Christiania Videnskabsselskabs
Die erste penon im Lykischen. 293
Skrifter. 1898). Diese formen sind freilich als solche noch
nicht festgestellt, andererseits ist aber auch die Unrichtigkeit
dieser annähme nicht erwiesen. Vielleicht kann ich im folgen-
den etwas zur stütze derselben beibringen.
Ich will im folgenden den nachweis versuchen, dass auch
in einigen anderen inschriften die rede von der dritten in die
erste person übergeht. Ist das richtig, so wird unsere kennt-
niss des Lykischen eine erweiterung erfahren. Wir werden
dann im stände sein sowohl das pronomen der ersten person
wie die entsprechende form des verbums zu belegen.
Die betreffenden inschriften sind T. L. 128 und 135 (beide
aus limyra).
T.L. 128: 1. [ejbette : [krustt$]h : aravaziya : meyad^ : hrusUi :
irtb^etneh : tideri : przzidi : ax<j^i : eihehi :
2. . .ti üa : isbaai : amusiyani : Uli : se
[IJqda : Huve : hrppUadi : tike : meite : nalau :iiQe\
ara . .
„Dies Heroon(?) des Krttstti(?) machte Krustti, Trbb^ni-
mis söhn "•
ti in der zweiten zeile ist wahrscheinlich das relativum,
vielleicht ist [aejti zu ergänzen. Was zwischen ti und isbazi
stand, zu erschliessen ist leider unmöglich; wahrscheinlich ent-
hielt die lücke eine nähere bestimmung des wertes i$bazi „grab-
räum''. Das relative ti weist auf iä>azi: „und der grabraum,
welcher ". tdi bezieht sich auf iabazi. Das wort be-
deutet entweder „hier^^ oder, wenn Bugge recht darin hat te
mit iUe gleichzustellen, „drinnen''. Mit siyani teli vgl. ehdi
siy^ni, siyani teli se [l]qda *) wie 58 : siyani teli se lada „ruht
(oder „soll ruhen") hier (drinnen?) und die frau'*. Es bleibt
amu. Was bedeutet dies wort? Es ist darin entweder eine
an das Subjekt des verbs siyani gefugte bestimmung, oder dieses
Subjekt selbst zu sehen. Enthält das wort eine bestimmung,
so könnte natürlich an verschiedenes gedacht werden, z. b.
„allein", „tot" u. s. w. Allein atnu wird kaum so aufgefasst
werden können. Das verb siyani muss ein Subjekt haben, mit
dem das folgende „und die frau" verbunden wird. Sonst wird
in ähnlichen Wendungen entweder der name des graberbauers
1) So liest Ealinka, evident richtig. loh hatte frQher Mdda ge-
lesen (IT 99).
2d4 Alf Torp
wiederholt, z. b, T. L. 101 mefUepitqti zahqnuf $e ladq, 102
m^ MepiUfti irjixutrazi se ladu ehbi, 90 [menjefitepiiqti krixmmq
sey ^ liisqirahfi, 91 [mene MepüqtiJ xlppasi se ladu ehbi,- 93
[me]i fiftepjiftqiji upazi se ladu ehbi, 57 mei MepitqU idq
tnaxzzq.ee ladq, 145 mei fltfpitqti hlq se lad[q]y 149 me iye ne
hrppitqü Hhe iyamaraye übe ladi ehbi, — oder es tritt statt
dessen ein demonstratives pronomen ein : 111 [sefUqpiJiq^i
ebefine ebei, 131 mene fUepüqti eb^n^ se ladq ehbi, 84 mete
fUatqti eb^n^ hqtq se ladqj 134 meiiTi^^) tUepiU^i, \\2 me ne
fUepitqti, 88 me n« atepüc^ii Mipa tezi se ladq ehbi, 94 me ne
MepitqU hrzzi prfinavi se ladq ehbi, 77 me iye ni hrppitqht
tike mmq ladq^ 49 me iye nepe mati tike, 150 se iye ne
hrppüqti tike kbi hrpp iye mei tqti. Wenn, wie ich annehme,
die lücke zwischen [sejti und . . . ila eine bestimmung zu id>azi
enthielt, kann das sabjekt nicht dort gestanden haben; die
lücke kann überhaupt das Subjekt nicht enthalten haben; denn
dass dieses durch isbazi und noch ein (auf -ila endigendes)
wort von dem dazu gehörigen amu getrennt sein sollte, ist ohne
beispiel und ganz unwahrscheinlich. Auch wäre . . ti vor dem-
selben ganz unverständlich. Es findet sich also zum verbum
siyani kein anderes Subjekt; folglich muss amu selbst dieses
Subjekt und kann keine an das Subjekt gefugte bestimmung
sein. Das stimmt auch genau zu 58. Wie dort in dem satze
sbelimi siyani teli se lada das vor siyani stehende sbelimi und
das nacbgefügte se lada „und die frau" die Subjekte bilden, so
in dem satze amu siyani teli se lada das vorgestellte amu und
das nachgestellte se lada. Das subjekt amu wäre entweder ein
Substantiv oder ein pronomen. Ein Substantiv passt aber hier
nicht; ein solches müsste wohl einen titel angeben; in diesem
falle wäre es aber natürlich nach dem namen krustti angebracht
und könnte nicht diesen namen aufnehmen oder denselben ver-
treten, amu müsste also jedenfalls ein pronomen Sein. Dass
wir nun hier ein sonst nicht vorkommendes demonstratives
pronomen vor uns haben sollten, dass also an die stelle des
gewöhnlichen ebe hier ein anderes, amu, getreten sein sollte,
ist sehr unwahrscheinlich. Dann bleibt aber wohl kaum ein
anderer ausweg übrig als in amu das pronomen der 1. person
zu sehen. Wir gewännen somit ein lykisches amu „ich". Diese
farm liegt nun von fmi „mein^^ nicht allzu w^t ab; vielleicht
steht gar amu hier für *^mu, so wie diese Inschrift auch siyani
Die erste persön im Lykischen. 295
für sijfi^i hat. Auch die verwandtsobaft der form mit griech.
ifii wäre augenfällig. Das Lykische hätte also bei diesem pro*
nomen den stamm der casus obL auch für den nominativ an-
gewendet, vgL altir. me „ich^S
Ich glaube gezeigt zu haben, dass die annähme, amu.her
deute nichts viel wahrscheinli(dikeit besitzt, dass sogar der
ganze Zusammenhang in dieser inschrift diese bedeutung beinahe
fordert Wenn sich aber für diese annähme nicht Aoch weitere
stützen finden liessen, wäre sie dennoch nur als eine ziemlich
unsichere zu betrachten. Solche stützen glaube ich aber bei«
bringen zu können.
Neben, der vollen form amn wäre eine kürzere pro- und
enklitische mu wohl denkbar. Diese form finde ich Stele Xanth.
Nord. z. 4: mefifnje mu axagq. o^xogq i^^ ^^^'^ verbalform von
derselben ait wie agn T. L. 149 (=: ^Xf)» uach meiner Ver-
mutung 1. pers. prät Vor. dieser 1. pers. prät. steht also mu
„ich'<. T. L. 40 (Xanth.) hat:
mravaziiya : ebe[%y]
a : me prfinavaxq
. u . uhcAi : . üi : ah
qmadi : ariinadi
Hier ist uhcAi ein wort für sich, vgl. 43: triyatrbbahi :
pflnufahi : uhaki. Zwischen prfinavaxq, nach meiner Vermutung
1. pers. prät. („ich baute*^), und ühahi steht -u, ebenfalls ein
wort für sich (in der kleinen lücke zwischen u und uhahi hat
wohl kein buchstabe, sondern die interpunktiön (:) gestanden).
Nach dem obigen mu axßgq wird wohl die ergänzung [m]u
sehr nahe liegen. Auch T. L. 149 (Rhod.) z. 13 eb^ me piyaxq
m .... I mupfhme mi^te (Beitr. II 13) wäre demnach wohl
piyaxq m[u . . .] zu ergänzen.
Eine weitere stütze meiner annähme finde ich in unserer
inschrift selbt Die inschrift endigt so: tiuve hrppüadi : tike :
meüe nalau tike ara . . Hier bildet tiuve hrppüadi tike den
Vordersatz, der nachsatz fängt mit meite an. Der Vordersatz
bedeutet etwa: „wer {ti) etwa (uve, Beitr. III 29) jemanden
{tike) hinzulegt" (hrppitadf). Nach sonstiger analogie mfisste
der nachsatz bestimmungen darüber enthalten, wie der hinzu^
legende zu bestrafen sei. Dass dies hier nicht der fall ist,
zeigt das hier auch im nachsatz auftretende iite; daa sich in
996 Alf Torp
keinem anderen naohsatz findet und unmöglich mit irgend einem
strafansatze zusammenzubringen ist
Dieser naohsatz ist also nicht nach dem gewöhnlichen
muster gebildet. £inen Strafansatz enthält er nicht, auch keine
yerwünschung; denn das letzte wort des satzes ara . . yerbietet
diese annähme, ara . . ist, wie die insohrift 135 zeigt , in
ara[pqj zu ergänzen, das gewiss von aravMJya nicht wesent-
lich verschieden ist. Diese inschriften haben vieles gemein.
Beide sind von einem söhne Trbb§nimis gesetzt, beide haben
ticUri = tideimi, in beiden ist das grab arcMfaziya genannt,
für aravaziya haben beide weiter unten araeq. araftq] zeigt,
dass in dem satze tneite u. s. w. etwas gesagt wird , das sich
auf das betreffende grab bezieht; also ist auch eine Verwün-
schung ausgeschlossen. Das verbum des satzes muss nalau sein.
Wenn dies eine form der 3. pers. sein sollte, dann könnte diese
nur der imperativ sein. Die 3. imper. endigt aber nicht auf
-1«^ sondern auf -tu oder -du (mit der einzigen ausnähme esu
Iotcii, das auf irgend eine weise aus *0S^ entstanden sein muss).
Auch müsste, wenn nalau imperativ wäre, der satz einen verbot
enthalten; denn in diesem falle wäre ja tike jemand' als das
Subjekt zu nehmen; beim imperativ wird aber immer die nega-
tion ftty nicht ne oder na gebraucht Ist nalau somit kein
imper. 3. pers., so ist das darin steckende yerb nicht alahati,
was übrigens auch formell kaum möglich wäre. Wenn nalau
somit keine form der 3. pers. sein kann, so kann es nichts
anderes sein als die 1. pers. präs. Ich teile in na lau ab und
sehe in lau die der 3. präs. lati entsprechende 1. pers. Für
dieses verbum habe ich früher (Beitr. I 32, III 12 tt.) die be-
deutung „will** angenommen. Jetzt möchte ich Bugge bei-
stimmen, welcher es mit „admittif übersetzt na ist aus ne
durch assimilation an das folgende lau entstanden, vgl. sa ladt
T. L. 27 B. se ladt. Der nachsatz wäre also etwa: „so lasse
ich niemanden zu ins grab". Freilich schliesst sich dieser
nachsatz sehr schlecht an den Vordersatz an. Eine Verbindung
wie diese: „wer etwa jemanden hinzulegt, so lasse ich nie-
manden zu ins grab*S ist zwar eine grobe anakoluthie zu
nennen, aber dass sie eine ganz unmögliche oder undenkbare
sei, lässt sich keineswegs behaupten. Einerseits scheint es
kaum möglich unsere stelle anders aufzufassen, andererseits
Die erste person im Lykischen. 297
wird, wie ich glaube, die richtigkeit meiner erklärung auch
durch T. L. 135 gestützt
Diese inschrift wird von Kaiinka folgendermaassen trans-
scribiert:
1. aß.fin.J a[rau>]az[ijä m]e [prjiinawfatjg , [ujwata
trbbSntmeh tideri seb&a ehet&me[h]
2. t[iderij . . . e. . .ihe , . . mi me ije , .a. [rju iice arawä
se ne teseti tubeUi trmmi[li]
3. s . , , . fr , , . i , , J fnifit . . a
Mit der durch diese transscription angedeuteten au£EMSung
bin ich in vielen punkten nicht einverstanden. Zuerst scheint
es unmöglich — u tike aravq von — u fike arafvqj in der
eben behandelten so eng verwandten inschrift T. L. 128 zu
trennen. Das thut aber offenbar Kaiinka, indem er 128 das u
als falsch auffasst; er giebt nämlich die stelle so wieder: mei
U naflja (u) tike afrja . . Wenn aber beide inschriften das-
selbe 'U tike aravq haben, dann ist es doch wahrscheinlich,
dass auch das dem -u unmittelbar voraufgehende in den beiden
inschriften dasselbe ist Vor dem -f« scheint T. L. 135 ein a
möglich, vor diesem fehlt ein buchstabe, der { gewesen sein
könnte, vor diesem fehlenden buchstaben steht a, also: afljqu.
Vor diesem wäre also ein n erforderlich; der, wie es scheint,
sehr undeutliche rest des buchstaben deutet zwar nicht auf n,
aber der buchstabe muss doch ein n, wenn auch ein miss-
ratenes gewesen sein. Das dem vermuteten fnjafljqu un-
mittelbar voraufgehende war meines erachtens nicht ye sondern
ae; wenn zwischen se und [n]a[l]qu ein buchstabe gestanden
hat, kann dieser i gewesen sein: sei. Zu meise vgl. 29 z. 6,
wo zwar Kaiinka auch tneiye liest, wo aber das 9, jedenfalls in
der gegebenen kopie, ganz deutlich ist.
Auch den anfang der inschrift hat meines erachtens Ka-
iinka falsch aufgefasst Er nimmt an, dass zwei personen das-
selbe grab gebaut hätten, -uvata Trbb^nimis söhn und Eb§la
Ehet§mis sehn. Das ist aber nicht wahrscheinlich. Sonst
finden wir kein beispiel dafür, dass verschiedene personen ein
gemeinsames grab gebaut haben, wenn diese personen nicht
mann und frau (wofür viele beispiele), oder vater und söhn
sind wie 6: eft^n^ Maiq mene pr^navqf^ pulentfda muUiyeeeh
se dapara pulenydah — — . hrppi lada epttehi se tideime
„diese grabkammer bauten Pulenida Mulliyesis söhn und Da-
Baitiif» s. kvnid« d. indg. ■ynehtn. XXVI. 20
298 Alf Torp
para Pulenidas söhn fiir ihre firauen und kinder*'. T. L. 48
(Xanth.) und 78 (Tyssa), wo mehrere personen als Subjekte
auftreten, ist nicht vom errichten sondern vom sichaneignen
des grabes die rede (siehe darüber Beitr. IV 10 ff.). Auch die
namen wären auffällig. Da kein lykisohes wort mit b anfangt,
ist nicht se b^la abzuteilen, seb^ wäre jedenfalls, wie auch
Ealinka meint, in s'eb^la zu zerlegen; hier würden wir jedoch
se oder sey eb^ erwarten; denn das e in se wird sonst nicht
vor namen elidiert. Ein name, der mit Ae „dieser'* anfangt,
ist auch wenig glaublich. Ich glaube also nicht daran, dass
z. 1 zwei personen genannt seien, welche ein gemeinsames grab
erbaut hätten. Dann hat natürlich z. 2 nicht mit tpderi] an-
gefangen. In dieser zeile könnte k . .ihe den gedanken auf lAi
,ein fremder* hinführen; es könnte hier yielleioht ein verbot
gegen das beisetzen eines fremden ausgedrückt sein. Das geht
aber nicht: weder Jdn noch kbiyehi lassen sich aus dem
k..ihe herausbringen. Dagegen ist wohl die richtigkeit folgen-
der ergänzungen schwerlich anfechtbar. Die buchstabenfolge
t ,..%,, k..ihe .. .tn^^) deckt sich, wenn wir von dem ersten
Worte absehen, völlig mit derjenigen in T. L. 59 z. 2 — 3:
[meiyjadi : tike : tihe \ zumm[^]. Also ist, wenn auch in 135
der rest des buchstaben, der vor dem ersten i stand, eher auf
r als auf d hinweist, doch so zu ergänzen: t . [aJ4i[tiJk[et]ihe
[zurnjtn^ Das erste wort ist dann wohl t[ij „welcher'S In
diesem falle ist [tijke wohl nicht das Subjekt, sondern ist mit
[zurnjm^ zu verbinden: „irgend welchen schaden" (Beitr. I 24).
Das nach [zumjm^ stehende mei gehört diesem satze an, vgl.
adi mey-q tike x^tikf tisfike T. L. 89 und 90, wo die Wortstellung
eine andere ist; dieser satz ist nämlich ein bedingender (vgl.
Pedersen KZ. 37 205); an unserer stelle liegt ein relativer
vor. Denselben platz wie hier hat mei in dem relativen satz
T. L. 80: tiyenede x^^^ti tike mei.
Also t[i ajdi [tijkfe tjihe [zum]m^ mei „wer iigend wel-
chen schaden an irgend welchen (toten) hier thut". Über tihe
siehe Beitr. III 26. Der folgende satz se [n]a[l]q,u tike aravq
„und ich lasse niemanden zu ins grab'S kann natürlich nicht
1) Wie z. 1 zeigt, können zwischen t nnd « höchstens S, nicht 4,
zwischen t und k nur 2, zwischen k und ihe nur 2, zwischen « und m 8
buchstaben gestanden haben.
Die erste person im Lykischen. 299
mit dem vorhergehenden yerbunden sein. Wo ist also der
demonstrative satz? Dieser kann nnr in den worten seb^la
eke^me gesucht werden. Hier muss ich vorläulBg seb^ auf-
geben; dass das wort mit ehe „dieser^* zusammenhängt, ist
offenbar; was ist aber -la? Das hat kaum etwas mit laH zu
thun. Eher ist an Zusammenhang mit ebeli zu denken. Das
eigentlich bedeutungsvolle wort ist aber meines eraohtens e^-
t^me. Ich halte dies wort für im wesentlichen identisch mit
hM^i „schuldig" (T. L. 65, 91, 149). Das verhältniss zwischen
ehd^e und htt^mi ist wohl so aufzufassen, dass in hU^mi die
beiden ersten vokale — wohl wegen endebetonung des wertes
— unterdrückt sind. Ich halte htt^mi für ein aus e&e^e durch
ein suf&x i abgeleitetes wort, diei^me zeigt eine nicht geringe
ähnlichkoit mit ahata, ahatahi, eheiehi (siehe Beitr. IV 26 f.).
Vielleicht war die eigentliche bedeutung des wertes „dem oAa-
tahi verfallen, dem a. gegenüber schuldig*^ eb^, das ich, wie
gesagt, der form nach nicht zu deuten vermag, bezeichnet viel-
leicht diejenigen, denen gegenüber der frevelnde ehet^me ist,
etwa „den hiesigen^S vgl. 149: hU^mi qnabah^ „schuldig den
Rhodiopoliten (?)*' (Beitr. 114). Dass e&^a ehet^me der demon-
strative satz, und dass ehei^me = fui^i ist, mag auch darin
eine stütze finden, dass in der inschrift T. L. 91 auf einen
mit dem relativen satze 135 fast gleichlautenden Vordersatz:
adi iike Hhe zufmjmq, ein nachsatz folgt, der hU^i enthält:
meveiff e9u hU^i.
Ich übersetze also die inschrift T. L. 135 so: „dieses He-
roen (?) baute .uvata Trbbgnimis söhn; und den hiesigen (?) (ist)
schuldig (derjenige), welcher irgend welchen schaden an irgend
welchen (der toten) verübt; und ich lasse niemanden zu ins
grab; und er (näml. der trotzdem jemand begrabende) soll
zahlen, was die lykische Satzung (s. beitr. IV 10) ist ".
In der inschrift T. L. 128 haben wir also in dem einen
satze das pron. amu, in dem anderen die verbalform (na)lau
gefunden. Es ist nicht möglich lau für eine form der 3. pers.
zu halten; sie muss also die der 1. pers. sein. Dann erhebt
sich aber die Vermutung beinahe zur gewissheit, dass amuj für
welches die Verbindung, in der das wort steht, auf die bedeu-
tung „ich" hinweist^ aoeh wirklich diese bedeutung hat. amu
und lau stützen sich gegenseitig.
Ist aber lau wirklich die form der 1. pers. präs., so ist
300 Alf Torp Die erste person im Lykischen.
hierin für den indogermanischen Charakter des Lykischen ein
weiteres zeugniss gewonnen. Denn eine präsensflexion : 1. pers.
sing, lau (aus *laö)i 3. sing, laii, 3. plur. *l(fti, 3. sing, imper.
^latu, infin. *lqne müsste doch wohl als indogermanisch ange-
sprochen werden können.
siy^i zeigt keine personalflexion : es heisst amu aiyani wie
d^ditni siy^ni. Das deutet natürlich darauf, dass siy^i kein
verb. finit. ist. Wir müssen in siy^ni entweder einen infinitiv
(in einem anderen kasus als die inf. auf -ne, -na?), etwa: „(ist)
zu ruhen'S oder ein particip sehen.
Christiania, juni 1901. Alf Torp.
Die lateinischen perfecta rettoli reppulT.
Die von Gorssen herrührende erklärung der lateinischen
perfektformen repperi retttdi u. s. w. aus *rip(e)perl rit(e)tuli,
welche meines wissens die allseitige anerkennuug der gramma-
tiker und Sprachforscher gefunden hat, ist von Ciardi-Dupre
bd. 26, 211 ^ dieser Zeitschrift bestritten worden, indem er sich
folgendermassen äussert „Dieser ansieht kann ich nicht bei-
stimmen, in rücksicht auf protull (warum nicht ^proUull aus
*prO'1[e]jtultT) proptdl (warum nicht *proppulif) u. dgl. Viel-
mehr sind formen wie rettuli reppuli u. dgl. durch haplologie
aus *reppq>uli *rettetult zu erklären. Der doppelte konsonant
ist durch assimilation des auslautenden d der präposition {red-
in redamhulo . . . .) an den anlautenden kon8onant[en] des yer-
bums entstandenes Wenn nun auch die möglichkeit der ent-
stehung unserer formen auf dem angedeuteten wege durch
haplologie oder silbenschichtung gewiss nicht geläugnet werden
soll, ist andererseits die frage nicht zu umgehen, ob wir zur
ansetzung der grundformen *red'tetuli *red'peptdi überhaupt
berechtigt sind. Und diese frage, glaube ich, muss in vernei-
nendem sinne beantwortet werden. £ine durchmusterung der
zahlreichen komposita mit red- und re- zeigt uns die Verwen-
dung der ersteren form, abgesehen von den Zusammensetzungen
mit vokalisch anlautendem grundworte ^), wie redambulö redeö
1) Natürlich brauchen wir hier Bpätlateinische bildungen, wie r$a''
dunätiöf reaedificoy rsea^inänio u. a. nicht zu berücksichtigen.
F. Stolz 301
u B. w., mit zweifelloser Sicherheit und ohne irgendwelches
schwanken nur in den formen des Zeitwortes reddö reddere,
die in red^dö red-^ere zu zerlegen sind, femer beispielsweise
red'dimua red-^itia (aus ^red-damus ^red-datia)^ eine ansieht,
die mir gegenüber einer anderen noch in meiner laut- und
formenlehre ^161 hervorgehobenen möglichkeit insbesondere
wegen des altlateinischen futurums reddibö aus ^red-dabö (die
belege bei Wagener -Neue III ^ 329 f., vgl. auch Brugmann
Grundriss II 906) den vorzug zu verdienen scheint Neben
dem eben erwähnten rtddö sind nur noch formen von redücö
wiederholt handschriftlich mit -dd' bezeugt, z. b. redducere
reddue und andere von Wagener-Neue 11 ^ 923 f. aufgeführte.
Dass auch die alte grammatik, abgesehen von den perfekt-
formen, die den ausgangspunkt dieser auseinandersetzung bilden,
nur in compositis mit re-, deren grundwort mit d- anlautete,
die gemination des anlautenden konsonanten kannte, ersieht
man aus der von Wagener-Neue a. a. o. angeführten stelle des
grammatikers Longus, der die Schreibung redducere als falsch
erklärt. Die wemgen sonstigen belege, darunter insbesondere
die Schreibung rdligiö (Kühner Lat. gramm. I 629) sind alle
mehr oder weniger zweifelhaft und können daher nicht ins
gewicht fallen. Wäre aber wirklich red- auch in der Zusammen-
setzung mit konsonantisch anlautenden Wörtern durchaus ver-
wendet worden, so hätte sich das auslautende d von red- jeden-
ÜEtlls folgenden anlautenden bcfglpst assimilieren müssen,
und man müsste daher (gewiss nicht ungewöhnlicher als afferö
differö effero) erwarten, formen anzutreffen wie ^rebbellis *rec-
einö ^refferö *r egger ö ^rellegö *repparö * reeseer ö *retterö.
Aber von solchen Schreibungen weiss unsere Überlieferung nichts.
Immerhin liesse sich vielleicht hiefür folgende erklärung ver-
suchen. Die durch assiroilation entstandene doppelkonsonanz
bat sich nur unter dem schütze des hochtons gehalten {riddö
riddinus ridducem Plaut. Gapt. 623 nach einer konjektur
Schneiders), während sie bei vorrückung des tones zur ein-
fachen erleichtert wurde, daher redücö u. s. w. ^). Diesem
erklärungsversuch könnte zu willkommener stütze dienen das
eben erwähnte Verhältnis von rediicö zu riddö und die that-
1) Vgl. bist, gramm. 1, 225 und laut- und formenlehre ' 55. £in
neuer beleg ist Macäius zu maccw (Otto Neae jahrb,, suppl. 24, 802),
302 F. Stolz
Sache, dass weitaus die grössere mebrzahl der Zusammen-
setzungen mit re- der oben angefahrten bedingang entsprechend
nach dem dreisilbengesetz den hochton auf der dem r«- folgen-
den silbe tragt. Sodann mässten nach diesen, wie gesagt, weit
zahlreicheren fällen mit der durch die yerschiebung des hoch-
tones bedingten und gerechtfertigten einfachen konsonanz auch
sämmtliche übrige umgestaltet worden sein. Gegen den eben
vorgeschlagenen erklärungsversuch lässt sich aber gewiss mit
fug und recht einwenden, dass dann doch auch bei Zusammen-
setzungen mit anderen präpositionen, die genau denselben Sach-
verhalt aufweisen, auch dieselbe erscheinung der erleichterung
einer doppelkonsonanz sich finden müsste, also z. b. *aHngö
* eamütö fär aUingö eammütö. Da dies nicht der fall ist, scheint
es mir auch geboten, von dem oben mitgetheilten erklärungs-
versuch Umgang zu nehmen und bei der alten anschauung zu
verbleiben, dass in unseren Zusammensetzungen die form re-,
nicht red- vorliege. Freilich vermag ich nicht zu sagen, warum
gerade nur reddö von konsonantisch anlautenden Wörtern der
form red-, wenn ich bildlicher weise so sagen darf, den Vorzug
gegeben hat, aber lieber will ich diese Singularität in kauf
nehmen, ohne sie erklären zu können, als die unbegründete
annähme machen, es sei auch in allen übrigen fällen vor kon-
sonantischem anlaut des grundwortes die präfixform red- ver-
wendet worden. Und wir haben ja dasselbe re- in re^rö und
*ree(h, das bekanntlich in reciprocus vorliegt^), sowie in den
umbrischen formen revestu restatu restef resU. Sind die
eben vorgebrachten ausfährungen richtig, dann ist aber auch
sicher den von Giardi*Dupr6 angesetzten grundformen *r#d-
tetull ^red^epuli der grund entzogen, und nur ^re4etuli *re-
peptdf sind berechtigt. Natürlich können die formen rettult
repperf daraus nur durch den Schwund des vokals der redup*
likationssilbe entstanden sein, den ja auch Giardi-Dupr6 in dritt-
letzter silbe nach tonlosen verschlusslauten zuzugeben nicht ab-
geneigt zu sein scheint*), und die alte Gorssensche ansieht
1) Corssen Krit. naohtr. 186 f. und Bragmann Rhein, mus. 43, 402 f.
Vgl. auch hist. gramm. 1, 429 und Lindsay Lat. Langu. 591.
2} Vgl. das 8.211 formulirte „gesetz'*: „Nach tonloser labialis (oder
naoh tonlosem versohlnsslaute im allgemeinen?) tritt die synkope in dritt-
letzter silbe ein**. Dazu dürfte die fussnote 4) gehören, für die im texte
keine sah! ausgesetzt ist.
Die lateinischen perfekte rettnlil reppull. 303
bleibt somit aufrecht Die richtigkeit dieser ansieht wird aber
auch noch dadurch bestätigt, dass neben den regelmässigen
Schreibweisen recidere, repertre sich auch reccidere reppmrlre
finden. Sie stammen natürlich aus dem perfectum, wo die
doppelkonsonanz -cc- -pp- auf lautgesetzlichem wege zustande
gekommen war. Und es ist also natürlich nicht ein spiel des
Zufalls, dass gerade nur von diesen zwei verben ^) sich neben-
formen mit doppelkonsonanz finden, nicht aber von einem an-
deren. Damit scheint auch von dieser seite durchaus glaub-
haft, dass wir in re-cidö re-periö das ursprüngliche zu sehen
haben, wie in re-cinö re-citö re-coquö re-parö re-pedö re-petö
re-ptOö u. s. w.
Nachdem durch die vorstehenden ausführungen den von
CSiardi-Dupr6 aufgestellten grundformen thatsächlich der boden
entzogen ist, müssen wir auch noch des einwurfs gedenken,
warum nicht auch *proUulJ *proppuli gebildet worden seien.
Diese beiden formen sind theoretisch natürlich gerade so
berechtigt, wie reittdi reppuU; wenn sie nicht überliefert sind,
so wird der grund wol darin liegen, dass o von pro- in diesen
formen lang war. -Hinter dem langen vokal von pröttUf pro-
pult ^ war doppelkonsonanz vollständig überflüssig, da die silbe
ja als solche lang war, und brauchte daher auch in der schrift
nicht ausgedrückt zu werden. Man darf damit wol auch den
bekannten fall vergleichen, dass nach langen vokalen und diph-
thongen die doppelkonsonanz -ss- vereinfacht worden ist,
worüber es genügt auf bist, gramm. 1, 311, laut- und formen-
lehre > 77 f., Lindsay Lat. langu. 110 ff. zu verweisen.
1) Daas nicht auch ^reppettö, *r§Uundö nach rßpjmk r^Uudi ge-
sprochen und geschrieben wurde, wird kaum mehr als zufall sein. Oder
sollte der umstand, dass wir es in diesen beiden fallen mit einer schweren
mittelsilbe zu thun haben, der einführung der doppelkonsonanz hinder-
lich gewesen sein?
2) Wenn auch bei Lucretius 4, 194 (193 Bemays) und 6, 1027
(1025 Bemays) in dem versschluss 'provehat aique propellat' pr^fOUäi
gemessen ist, so wird dadurch doch nicht die richtigkeit der im texte
gemachten ansätse pr9tuk und pröpuU irgendwie in sweifel gesogen.
[Anders über ret^dö usw. Osthoff Parerga 42 f., der aber reppuU
reUuU gar nicht erwähnt. C.-n.]
Innsbruck. F. Stolz,
304 A. Zimmermann Die etymologie von vis (za volo).
Die etymologie von tAs (sn volo).
Die älteste form haben wir in dem vais der Duenos-
inscbrift; denn sowohl Thnrneysen K.Z. XV h. 2 s. 204 wie
L. V. Schroeder Jahreshefte des östr. arch. inst, ni 1 über-
setzen da vais mit ^^dn willst*'. Stolz H. gr. I p. 142 erklärt
dem entsprechend veis — cf. Plaut. Pseud. 47 — bezw. vis als
die in tonlosigkeit entstandene form z. b. in formen wie si vu,
qui vis. Da vois dem nach der analogie von fers geforderten
vols ziemlich nahe kommt, so handelt es sich för uns nur
darum, den Übergang you / zu t fürs Italische bezw. Lateini-
sche auch sonst nachzuweisen. Nun habe ich diesen wandel
von l zu f nachgewiesen im Rh. m. 55 p. 486 f. und 56 p. 320.
Dabei fiel freilich die hauptmasse der beispiele auf die Verbin-
dung „konsonant + 1 + vokaP' z. b. Ciassicius CLL. III 9809
neben Ck^ssicius CLL. 14851 ; aber auch die Verbindung „vokal
-f ^ -f konsonant'^ ist hiefur nicht ohne beispiele. Schon
von Planta II p. 556 n. 296 giebt umbr. Voisiener mit lai
Votsieni und umbr. Vois. mit lat. Volsii wieder. Es braucht
dieser Übergang nicht auf etruskischem einfluss zu beruhen ; denn
neben einem Glusiner Ä. Voesius CLL. XI 2.505 finden wir einen
Praenestiner Cn. Voesius CIL. XIV^ 3014 und in Umbrien gab es
nach Conway The Italic Dialects ind. in s. v. eine g. Voesi-
dena. Im CLL. XV 3162, also auf einer römischen inschrift,
begegnen wir dem namen Saisa, während bei Bücheier carm.
epigr. n. 318 die entsprechung Salsa sich findet. Ja selbst für
Numidien lässt sich dieser Übergang belegen; denn CLL.
VUI 1249 steht BalsiUec Imüconis f., aber YHI 5057 Numida
Baisälecis f. Diesen beispielen des Übergangs von 2 zu t in der
Verbindung „vokal -^ l + s" schliesst sich passend vols vois
an. Dem einwand, warum denn nicht auch voU und voUis zu
voit und voitis geworden ist, begegne ich damit, dass mir noch
kein fall des Übergangs von / zu i vor t aufgestossen ist, wäh-
rend ich abgesehen von obigen beispielen von l vor s noch
hier erwähnen kann soivit für sdvü Eph. Ep. VIII 3 p. 588,
duic für dtdc(i) CLL. VI 21435, Eipinicus CLL. XU 5695(6)
für 'ElfciviTiogy Paipennius CLL. VIII 9218 neben Palpenia
CLL. Vffl 16514.
Breslau, A, Zimmermann.
W. Prellwitz Etymologisclie forachungen 305
Etymologische forschimgeii.
I. Gr. fidatig, fidati^j naa&Xti.j lit. mästigHi,
möstagüti.
0. XXIV y 106 habe ich auf die Übereinstimmung von
fiaOTiyow und lit. mästisgüt aufmerksam gemacht, ohne die
etymologie aufzuklären. Seitdem habe ich bei Heydekrug selbst
kq määagüji? „was fuchtelst du (mit der peitsche) unnütz
herum?'' gehört und glaube auch den inneren Zusammenhang
dieser auffallenden ähnlichkeit aufdecken zu können.
Maatiyow (Herod., att.) ist wie der homerische aorist
fidövt^etf von fidatiSt fidatlyog „ geissei ^' abgeleitet. Neben
diesem den concreten gegenständ bezeichnenden wort>) findet
sich in mehr abstracter bedeutung bei Homer fidarig und hie-
Yon kommt das verb fiaoriwy das medial IL XX, 171 vom
löwen gebraucht wird: ovifß de ftlevgdg te tuxI Xaxia dfigxyFiQ-
(o&ey fiaarlerai. Mdarig ist also eigentlich nomen actionis auf
"Tig Yon yfiaa^ der wir als bedeutung „mit der peitsche, den
armen ausholen, herumfuchteln'' zuschreiben dürfen.
Es läge nahe, auch fido&lfi und ptda&higy die Hesych be-
zeugt, dazu zu stellen. Indessen die bedeutung digfia^ mal ino-
öfjfia g>oivixovv xai i^y/a, difpd'iifa passt nicht und ausserdem
ist das homerische Ifiaad'Xf] zu berücksichtigen. Die annähme,
jenes jüngere wort sei aus diesem älteren durch lautliche Ver-
kürzung entstanden (Gurtius Grdz. * 394), werden wir heute
nicht mehr billigen, aber zweifellos konnte im sprachbewusst-
sein sophodeischer zeit ifida&Xfjy eine ableitung von ifidaowy
Ifidgy mit fidongy irnüxi^y fiaaviydta zu einer gruppe zusammen-
1) Von Diomedes heisit es J]. XXIII, 500 bei den kampfspielen :
fjtaOTi aikv flttwe nartofiaSov im peitschen weit aasholend (eigl. von der
Schulter hernieder, mit dem ganzen arm), dagegen 510 xlTvi i* aga
fjitttntya not\ Cvyov, Auch an der andern stelle, die fddartg bietet, Od.
XY, 182, wo es von Telemach heisst: ^ xal tnnouv fiaoriv ßali ist
nicht die geissei, sondern ein sehlag mit ihr gemeint.
Wie ist fidtnt^ daraus entstanden? Es läge nahe, es fSir eine zu-
sammensetznng mit tniCto zu halten, fimm-criY oder fiaü'CTTy^ ergäbe
fjtttorty; vgL lat. im^o. Doch wegen der litanischen formen empfiehlt
sich hier Zurückhaltung. Man könnte allerdings das IT von mäd^üti
dem diphthong von ai. Ujate „ist scharf, schärft*' gleichsetzen.
306 W. Prellwitz
treten und nach dem vorbild dieser kürzeren formen sein an-
lautendes i au%eben. So erklärt sich auch, dass in fiaod'Xfj^
fiaod'Xfjg offenbar mehr der stoff betont wird, während bei
fidati^^ fiaariw u. s. w., die Lob eck (Pathol. el. I, 76) ebenfalls
aus *ifidaTi^ erklären wollte, offenbar die bewegung das wesent-
liche der bedeutung ist. Ihr wurzelverbum haben wir in fiaio-
fiai zu erkennen.
II. Gr. fiaiofiaif f^V^^p ^^ay. mach-, lit. mozötu
Sehr gut macht Gurtius » 312 auf IL V 748 (- VIU 392)
aufmerksam: ^'H^fj de fidariyi d'oßg ijtefialw ag^ tftftovg ^)
und leitet wie 6. Meyer Stud. V, 111 udarig Yon fiaiofmi
ab, das vielleicht für *fidaiofim stehe. Dies wird durch das
futnr fidaoofiai und den aorist ifiaoadfiipf bestätigt. Oebraucht
wird fioiofiai sonst z. b. vom tasten mit ausgestreckten bänden.
So heisst es Od. IX, 441 von Polypbem ftdvtanf ditay hee-
fiaiero vma 446 %dv (sc. %Qidv) iftifiaaadfietfog ftQoaeqnj^ von
Enrykleia, die beim waschen ihres herm narbe fühlt: yvia $
inifiaauafievr] (Od. XIX, 468). Unser „antasten" ist gemeint,
wenn Agamemnon schwört, seine band nie nach Brisräs ausge-
streckt zu haben: dUL^ b^w aTtgowifucavog hi xJuaijiaiv ifi^-
aiv (II. XIX, 163), dagegen inl^aarog bezeichnet den bettler
(Od. XX, 377) entweder ids einen, an dem sich jeder vei^eifen
darf oder als abgegriffen, schmutzig, schmierig. Auch in diAq>i'
fidaaa&€ vQdfte^g anoyyoig (Od. XX. 152) ist jener die -^nuMS
verdeutlichende gestus *) deutlich.
Zu ihr stelle ich jetzt auch fujltj „die sonde". Es dürfte
aus *fAdalä „Werkzeug zum tasten^' entstanden sein, wenn es
nicht die unten zu besprechende kürzere wurzelform enthält
Das Slavische scheint eine langvocalische form unserer
Wurzel in mahati, mahnqti „schwingen'', maSiH se ruere, poln.
machaö, mach streich, russ. mcichatt zu bieten (s. Miklosich
Vgl. wb. d. slav. spr. 180), das Litauische ausser in möstagüti
auch in mostereti (Meiinis 141) und mozAti (Kurschat) „womit
hin und her fechten, wedeln, schwenken'* % Ob z in asl. ma-
1) Vgl. aach II. XVII 480 fidar&yi ^ in^iaU^o &€ivw.
2) Vgl. die einleitung zu meinem etymol. wb. d. gr. ipr. i. X.
S) Yerschieden davon ist lit. maKdU „beschmieren'* (Geitler), apmo'
Mi betfinchen, die Braokner (s. 110) mit recht lur entlehnt h<. Aller-
Etymologische forschuDgen. 307
zaii „schmieren'' modo „Sl, salbe, butter'S auf sd zurückgehe,
wie in lit. mozöti, wenn dies echt ist, kann ich nicht aus-
machen. Spuren von sl. z i&r sd, zd bespricht Miklosich Vgl.
gram. I * 271; vgl. Pedersen IF. V, 36. Immerhin mag hier
slayolettisch *mäzd^ vorliegen.
Doch wäre es vorschnell, der gewöhnlichen annähme, dass
slav. eh (k) aus s entstanden sei, folgend aus russ. macha^ ein
slav. mäS' zu erschliessen. Ober das slavische ch für idg. 8
hat nämlich H. Pedersen IF. V 33 ff. mit dem ergebnis ge-
handelt, dass 8 nur inlautend nach f, i, ä, u, r, k, q zu urslav. ch
geworden ist, das durch die erste palatalisierung zu ^, die
zweite zu 8 wurde. Die oben genannten verba können danach
also doch nicht als beweis für idg. mos angesprochen werden,
vielmehr muss ch bereits in dieser form innerhalb des Slavi-
sehen als Wurzelerweiterung an mä (s. u.) angetreten sein, oder
mit anderen Worten : nach dem Verhältnis von asi. duchati neben
dunqii von asL ustnichcUi 8^ zu smijati 8q ist zu manqti „in-
nuere'S tnajati „vibrare'' auch m<ichaH gebildet worden.
IIL Gr. fialofiavy ^aa%i^Q^ iiaatqortoqj fiavlig,
lat. malus, lit. mästas, mäsinti.
Eher scheint maS" vorzuliegen in lit. mast(i8 „eile'S d. h. der
ausgestreckte arm ^) und in lett. masts, für das Ulmann die
bedeutung „e. fischzug; die mast bei der treibjagd, klapper-
jagd" angiebt; Nesselmann hat aus Prökuls *) auch lit. mastas
„fischzug''. Dies passt zu der bedeutung ^»suchen, streben nach
etwas", die ini^aioiiai bei Homer auch hat und Hes. in
dings darf man nicht mit ihm beide formen aaf wr. mdzae, obmdaad
(woher mtuepa „Schmutzfink", vgl. int/Aoaros) zurückfuhren; das i der
zweiten erklart sich ans einer dem asL maia „salbe** entsprechenden
dialectform, die auch „färbe** bedeuten muss, wie asl. mas^ salbe und
färbe bedeutet; hieraus ist bekanntlich lit. mostUj motii^ mdtiyti ent-
lehnt.
1) Auch lat. mSlus aus * masdos == nhd. mast (eigl. ausgereckter
arm ?) mag hier seine wurzel finden.
2) Das homerische dfAtpiiAaaaa&ai t^ni^ag anoyyoig legt die Ver-
mutung nahe, das auch lit. mazgSii „abwaschen** (nicht „baden") lett.
mß/gdt ds., poln. mastgao „besudeln** hierher gehört. Jedenfalls ist das
auch neben der alten Zusammenstellung mit ai. majjoH taucht unter,
lat. m^go (Fiok ^ I, 109, J. Schmidt Neutra 157 f. n.) zu beachten.
308 W. Prellwitz
fiaaaai' Cf/r^aai bezeugt. ^) Griech. jtiaari/^, ^aavQog sucher,
ei. fiaoTQdai (s. o. XVII, 169), fiaargiar al twv a^örviov
ev^wai^ fiaaTsvei' CrjTelj iQBvvqy xpfilaq>^, imCritei zeigen sie
ebenfalls. Auch fiaatQOTtöq' dvatQOTtog, TtavoS^yog, dnat&iv.
6 tag ywainag i/ avdgag ngoaxalüv Kai fdavU^tav, ij Ttgoayw^
yog (Hes.) gehört hierher. Es ist ein kompositum mit -o/r-
y,aüge'' im zweiten teil (o. XXII, 97 n. 1 12), wie die stelle des
Aristophanes (Wölk. 967) avtdg kovrov Ttqoaywyevwiv %dlg otp"
d'aXfidig verstehen lehrt *). Auch fiavUCto, das Hesych zur er«-
klärung von fiaatgonog braucht und fiavlig dürfte sich als
fia(a)'vXid' erklären. Das suffix ist dasselbe vertraulich demi«-
nuierende wie in fiargvlt]^ woher (Äor^leioVf das Hesych aus
Menander anfuhrt mit der erklärung vStrog twv no^evovrajVj
TOvriüTi. fto^elw, onov oi ^iaatgofcol, ijrot fiavhaval diitQi'
ßov. Auch diese bedeutungsnüance findet sich im Litauischen:
mäsifiti heisst „locken, begehrlich machen". So Kurschat
II 244; Nesselmann kennt aumasinti „vexieren, zum besten
haben'S
IV. Gr. fiOTQvktjj ftaTiJQ, fiatevu^ fiatiwj fiaQtjy fidki]^
/aaaxälti; lat. manus, lit matytij lett. mdtit, ksl. fnotriti.
Hier in nanqvXrj finden wir eine ableitung von fiovtjQ'
knioxoTtog^ kftiCfjTuiv, €Q€vvrjTrfi (Hes.) ^), das auf die kürzere
wurzelform /la- zurückgeht, wie auch ^aTtjoar ^aaxevüai^
^rjv^oaij fiareV CfiTei (aeol. i§ kziqfa d* ^bqgv fidrijg Theoer.
29, 15). MazBvw kommt schon U. XIV, 110 vor: iyyig äv^g
— ov dtj^Q fdatevaofiev. Die bedeutung „tasten*' liegt wohl
dem lett. matü „fühlen, empfinden, merken zu gründe", während
lit. matyü „sehen", ksl. tnotriti „spectare" eigl. „mit den äugen
suchen" bedeutet haben wird. Vgl. dazu auch fidtay* ^ Xvy^,
ivioi di /icrroxog i] fiavanov (Hes.). Wir haben hier also eine
Wurzel jim- belegt, der wir nach dem bisher gesagten die be-
deutungen „die bände wonach ausstrecken, mit den armen aus-
holen, schlagen, streichen, tasten, suchen" beilegen müssen.
Sollten auf sie nicht auch lat. ma-nus, gr. fid-qr] ^hand', zu-
1) Vgl. 0. Hoff mann Dial. IL 240. S. 260 wird f&lBohUoh \^^ar-
darin gesucht.
2) fiaaTQCHpos rä uvric (Hes.) ist mir anklar.
3) Woher fjuxTiiQ^v^iv f^atnivtiv, C^rcfv,
Etymologische forschungen. 309
rückgehen? Die liand kann die „ausholende, winkende" oder
„tastende^' ebensogut sein wie die „schlagende^^ (deya^, vgl.
auch Bezzenberger Urkelt. Sprachschatz 141) oder die
„klatschende^^ naXd^ri (nXijaoaw) lat palma, ahd. fdtna u. s. w.,
womit wieder nhd. fühlen wurzelhaft verwandt ist. Evfiagijg
yyleicht, bequem" vergleicht sich ganz dem air. solam „schnell,
bereit", cymr. hylaw „expeditus, facilis*^ (S tokos Urkelt spr.
240, urkelt. * su-plätnos).
Auch das unerklärte fiohj „die achsel" in der wendung vfto
fidlrjg ÖOQV, ^upldiov^ iYxsiQidiov (pigeiv kann sehr wohl hier-
her gezogen werden, selbst das gleichbedeutende (iaaxakri mag
dazu gehören. Es bezeichnet ja die achselhöhle, die stelle, wo
der leib an der achsel sich „gabelt". Also zu a%aUq „gabel"
yskha spalten (s. axaW) gehört wohl der zweite teil. Ma-
oxäkri ist gegensatz zu üniXoq (s. d. im etymol. wb. d. gr. spr.)
das von yskelo in lett. achkdt „spalten" kommt, und auch mit
ahd. sculdra, nhd. sdiuUer (s. J. Schmidt Kritik der sonanten-
theorie 40) verwandt ist. Cymr. gafl m. „feminum pars inte-
rior" gehört so zu ahd. gabala^ nhd. gabeL S. Stokes a. a. o. 105.
Ma-axalfi also entspricht in der bedeutung „achselhöhle" ge-
Wissermassen jenem cymr. gafl.
V. Gr. fiwod'aif fitSlogy fiuiXvg^ ixstaii^viog^ fitaviti^
fiuyiog, fiäti^j ß6t%aiog^ fiatdiOf av%6^axog^ lit mötif
monai, lett. mänis, tndnitj mäfchs, mdditls, slav. maniti,
zamarij germ,mö, nhd. mühen, müde, ir.mon, in-madae,
madae.
Diese wurzel ma ist mit langen vocal im Lituslavischen
viel&ch belegbar. Lit. möju, möti heisst „winken, zuwinken,
zunicken, durch mnken etwas zu verstehen geben sowohl mit
den äugen als mit der band" moj'öti, pamöti auch „mit dem
schwänz wedeln" (vgl. o. fiaauerai), atmöju durch winken oder
kopfschütteln verneinen, mit dem stock ausholen" (vgl. ^ßiip
iniiiaUa»ai Od. XIII, 429, XII, 172), ummöju „hole aus", und
ans dem artikel ma „winken" bei Miklosich Vgl. wb. d. slav.
spr. 8. 179 führe ich wegen der reichen bedeutungsentwicke-
lung folgende wörter an: asl. manc^i, majati, pomavati „winken'^
namanq se jemu edo^ev aizip; nsl. majati „schütteln", bulgar.
nuMfa se „zaudern, staunen", c. manouii, mavati „schwingen",
klr. majaty „bewegen", mane äa kamu po ädoä „es kommt je-
310 W. Prellwitz
mand etwas in den sinn'S russ. majaH^ „bewegen, schwächen",
majata, majeta ,,8chwere arbeit'*. Zu diesem letzten wort tritt
ahd. muoen, mhd. müefen, nhd. sidi mühen, die mühe, müde^ wie
fiwlog „kämpf' fuiSlvg „von anstrengung ermattet". Die vocale
jener drei sprachzweige sind sämtlich doppeldeutig als idg. ä
oder d, doch germ. möjan ist schon längst mit fuSlog an-
strengung, mähe vei^liohen, wozu kret ayrcifiolsp ss dfiq>ifntH
leiv (ges. ▼. Gortyn z. b. I. 1), aus Hesychius fimk^ewai'
fiuxfjasTai, ninQcnf&^aercu. gehört^).
Aber auch fiäaS'ai {fnofie&a* ^jj^oSfisv, fißäo' ^i/vci, fiaitai'
^flTBif texvd^etai) „streben'S eigl. „sich lebhaft bewegen, mühen"
kann im vocal ganz gleich lit möti gesetzt werden, zeigt also
die Wurzel zu fi&log „kämpf' in einer bedeutung, die wir oben
bei fioiofiai und seinen ableitungen kennen gelernt haben.
Dieselbe aber erscheint im Slavolettischen noch mehrfach in
bedeutungen, die wir o. schon im Griechischen beobachtet haben,
und auch hier von der grundbedeutung ,>(mit deu armen oder
bänden) uraherfechten^' ableiten. Lett. mdnis „der gaukler",
lit. mönai Zauberei, lett. mani „gaukelbilder, trugbilder'S nUinigs
„betrügerisch", tnänÜ und mänit verblenden, täuschen, be-
trügen" gelten Brückner (s. 109) für entlehnt aus dem
Slavischen (vgl. asL tnaniti „täuschen, trügen", klr. mana,
obmany omana „trug", pomanyty „verlocken", prymaA „Ver-
lockung", wr. mai/i „betrüger") während Fick und Miklo-
sich (Vgl. wb. 8. 109) Urverwandtschaft annehmen. Dies thut
auch Bezzenberger, der im altkeltischen Sprachschatz (Fick
^ n, 217) ir. man „tücke", lat. manticulare vergleicht und
weiter Zugehörigkeit von 1. meniiri behauptet Dem widerspricht
aber lett. mäfchs „gaukler", mdfehi „gaukelbilder, phantasieen"
mäfchiÜs „gaukelei treiben, faxen machen", mädtÜs ds., das
gewöhnlich „sich zubereiten, unternehmen" heisst und das
reflexiv von madü „mit der band winken, herbeischaffen, zu-
rechtlegen" ist Diese reihe zeigt, dass mäfchs auf *madios
zurückgeht und dies beweist, dass das n in mänis^ für *mani(»,
nicht zur wurzel, sondern zum suffix gehört *)• Lett. mäni,
1) Aach lutF^x^l^^ f^^'X^'^
2) Ai. mäyd „konstgriff, wanderkraft, list, trag, t&asoliang, gaa-
kelei" (aach personificirt and so im „schleier der Maja" gebraaoht),
bisber za fUfios gestellt, könnte die brücke zu. dieser gnippe zeigen:
mi+t : m«. In fu^fio^ mag aasserdem redapUcation vorliegen wie in
Etymologische forschungen. 311
lit mönai (plar.) ist also von den phantastischeil, beschwörenden
bewegungen des Zauberers za verstehen und so kann asL ma-
niti yyWinken^^ auch zur bedentung „täuschen, trügen" ge-
kommen sein ^). Doch ist noch ein anderer weg denkbar. Es
könnte nämlich auch auf dem urwort von nsl. zaman, uman
„vergebliches kr. mani zaman ds., c. tnani, mani „zufällig" be-
ruhen, wie lat. frudrörl auf fmstra. Merkwürdigerweise hat
meines wissens bisher niemand jene werter mit gr. fietafniviog
„vergeblich, ohne erfolg", fiforiij' oliytoQiay fnoviog' ftawaiogy
dxQBiog (Hes.) vei^lichen, obwohl die Übereinstimmung voll-
ständig ißt. Auch diese gruppe gehört zu unsrer yma, mö.
Die bedeutungsentwickelung ist dieselbe bei den gleichfalls
verwandten fjuizaiog^ fjidtfjVy fiaTtj^ juarofoi, ficevirj und lässt sich
bei diesen Wörtern noch wohl verdeutlichen. Matdta bedeutet
n. XVI, 473 f. „thue einen fehlbieb" an:aaadfieyog ToyüjTcag
aoQ na%iog TtOQa fjUjQOv c^ag äniKOiffe 7ta(fi^0Q0v ovi* ifiävTjaev.
IL V, 233 wird es von rossen gesagt, die in der Schlacht aus
furcht etwa um sich schlagen: jU^ vio fih dsiaayre fAccnjaerov
ovd' iS'ihqKov hLq>eqifAsv TtoXifioio, überhaupt bezeichnet es mit
der negation ein zum ziel führendes, schnelles handeln, so dass
man es allein etwa mit „säumen" übersetzen kann (vgl. o. s. 309
bulg. tnaßi se „zaudern, staunen"). Die Vorstellung der zweck-
oder erfolglosen bewegung, die dem gr. fiavdw wie dem lit.
mästüffMi eigen ist und die im Slavischen z. b. in klr. navmany
,«aufs geratewol" hervortritt, zeigt sich recht deutlich in dem
nachhomerischen adverb fidttp^. Im Prometheus des Aeschylos
fragt Kratos den weichherzigen Hephaestos vi fiiHeig yuai
xatoi%%it/u fidvriv; und mahnt ihn dann vd iiijdh ^tpekovwa
fifj ndvei fidTfjv, Ich halte es der form nach für einen instru-
mentalis entsprechend dem preuss. auf -an, lit q ebenso wie
ox^ijv („eben") zu oKfi^ „die zeit der kraft". Durch anhängung
von 'Og (s. o. 24, 105 f.) entstand daraus axfirivog (Od. 23. 291).
Das Substantiv, wovon jenes f^dftjv stammt, findet sich
mehrmals bei den tragikem und meist im plural. Mrj dXJi eüp
ofioitag xat itat^g %ov aov fidzag entgegnet Klytaemnestra
(Ghoeph. 911) dem empörten söhn, dieser aber erwidert fi^
^liyjfi %ov novovvt eao) xa^fjfiivtj^ hält also die f^drai („ver-
asL mamüi „täasclieii, anlocken", Sech, omam bland werk n. a. bei Mi-
klosiob YgL wb. 182.
1) Gehört auch das sanberkrant fiSXv hierher?
312 W. Prellwitz
fehluDgen'^) gewissennassen für verknüpft mit dem nwüv. In
den suppl. 783 (Eirchhofif) bezeichnet es ,,da8 hin* und her-
rennen der Verfolger^*. Die einzahl findet sich coUeotiv ge-
braucht bei Soph. frgm'. 730 (Nauck) oSvt %oi ^qov fidtag,
Matiio ist gebildet wie die lateinischen frequentativa und in-
tensiva z. b. citare, dictare. Im Griechischen sind sie nicht zu
einer festen kategorie ausgebildet^ um so deutlicher aber sehen
wir hier ihre entstehung. Matti ist ein abstractam anf -ia
nach art der o. 25 s. 281 besprochenen ableitungen von nomi-
nibus and verbis, die an sich ja schon eine Wiederholung oder
eine eigenschaft als folge einer handlung bezeichnen wie lit.
aukatä ,,drehkrankheit^^ Vgl. J. Schmidt Neutra 27. Mätri
entspricht also gewissermassen dem russ. majata ,, schwere
arbeit", von majaü y^bewegen, schwächen'^ und muss zunächst
eine zwecklose anstrengung, dann ein unruhiges, erfolgloses,
schädliches verfahren bezeichnet haben. Mdraiog geht darauf
zurück wie dixaiog auf dlxjjy artovöälog auf anoviy (s. vf.
Jahresbericht über die fortschritte der classischen altertums-
wissenschaft bd. GVI, 1900 s. 72), und es scheint schon eine
sehr alte bildung zu sein, da es sich auch im Keltischen findet.
Wenigstens erschliesst Stokes s. 206 ein urkelt. mataios „ver-
geblich" aus ir. in-madae „sine causa", madae ,,vergeblich",
madach (gl. cassa), madaigim „frustror'^ Das a dieser Wörter
kann auch auf keinen nasal zurückgehen und widerlegt so
die von mir im etymol. Wörterbuch angenommene herleitung
von fioraiogy fjUZTtjv aus ymen, die ja auch in der bedeutung
nicht recht passt. Jene substantiva auf -ta, die den verben
auf 'taio zu gründe liegen, sind eigl. feminine abstracta von
participien auf -tös und so gehört zu fidta ein masculinum */ua-
vog^ erhalten in avzöfiotog. Dies bedeutet eigl. „von selbst be-
wegt" (z. b. von drei fussen des Hephaest) „aus eignem antrieb",
später „willenlos, zwecklos, zufallig", to avtofiatov ist das, wo
tiefere einsieht oder fursorge, Selbstbestimmung als folge be-
wussten denkens fehlt; vgl. z. b. Arist. Phys. 2, 6 und Plato
Prot 323 c.
Wir haben ma- und mö- als einfachste formen der wurzel
kennen gelernt. Wie weit fufiadg u. s. w. zur ersteren, wie
weit zu (Aifjiova gehört (s. W. Schulze Qu. ep. 366 u. nach-
trag), wird selbst bei genauerer Untersuchung kaum festzustellen
sein, ^aifidtü gehört natürlich hierher. Hier zeigt sich ein
^ Etymologische forschungen. 313
langer vocal (fiolfiriaa, ^aifioiwot u. ä.), den wir uns als a
oder S vorstellen dürfen. Frübef dachte ich, wie Schulze a. a. o.
an mä, vielleicht ist aber auch mS möglich, denn in fisfiaora
qwXa (Roehl 393) wie im Homerischen fiefiadrsg kann metrische
dehnung vorliegen« Auch an *fiSfiaaf6Teg ist vielleicht zu
denken. Liegt mS „hin und her bewegen'' in lett. mile „zunge,
Zünglein der wage, klöppel der glocke, dorn in der schnalle''
vor? Ist ym^ „innerlich erregt sein" in fiaivofiai im gründe
damit identisch? Über dieses vgl. J. Schmidt K.Z. 37/45.
Königsberg i. Pr. Mittelhufen.
W. PtMwitz.
Asklepios und die heÜBchlange.
Im ältesten glauben der Griechen spielte die schlänge, der
drache, eine grosse und vielfältige rolle. Besonders befremdlich
scheint es auf den ersten blick, wenn man diesem naturgemäss
gefürchteten und verabscheuten wesen die kraft krankheit zu
heilen, ja sogar todte zum leben zu erwecken zuschrieb. In
solcher rolle erscheint die schlänge in dem merkwürdigen be-
richte bei ApoUodor 3, 3, 1 — 2, den ich hierhersetze, weil er
mir werth scheint bis ins einzelne hinein betrachtet und ge-
deutet zu werden. Es heisst dort: rXatbcog (ein söhn des
Minos) m vijniog vtvoqxwv ^ (ivlav dicinwv Big fieXiTog Ttid^ov
itBOixJv dfti&avev, dq>avovg de ovrog aitov Mivwg noXlrjv
^fjTfjaiv noiovfjievog neQi v'^g evQijaefog efiavTevero. KovQtjreg
de etnov avxfai TQiinßdfiaxov h %aig dyiXaig e^eiv ßovv^ %6v
de Tfjv TovTTjg &eav agiOTa eludaai dvnj&irfa aal ^üpra top
naida dnodiiaeiv. avyxkfjdevtwv de TtSv fidvreotp TloXvidog 6
KoiQayov vi^v xQoav %ijg ßoog einaae ßdrov naQTttai xai ^rftelv
vor Ttaida dvapcaad'eig diA Tivog fxavreiag dvevQe. leyovrog de
Miv(oog OTi del aal ^tuvra dnoXaßeiv cevvov, dnenXeia&ti avv
rät veaqwi. iv äfitixccyiav de molk^i vvyxdviov elde doduovra
int top veKQOP lovra' tovtov ßaldv Xld'wi dftenteive^ deiaag
fiij K av avxbg velevrijariL, ii %i %d aaSfjia Ttdd-oi. Sgx^^f' de
SreQog doduiov, mal d^eaadfxevog vexQOv %6v TtQwrov äneiaiv^ elra
vfto(nQiq)ei noop xofÄi^wfif, xal jav%rpf iTtiTi&fjaiv irtl nop tI
BtiMge I. kud« d. indg. ipneh«!. XXVI. 21
314 A. Fick
tot eti^v aä^a* iTCive^eufrjg di t^g 7t6ag di^iatfi, d'Boaoiiievog
di Ilohüidog Kml d'avfjidaag rqj^* avv^v nomv nqoaeyipuav tctii
teS rkßcvx&v adfiOTi aviavtjaep. äfcolaßwv di Mivwg tbv näida
Die in sioh wohl abgeBohlossene erzählung stammt ver-
muthlich auB einem manÜBohen gedichte und legt wiederum
zengniflB ab für die hohe begabung der Griechen zur noyelle,
od^ der epiaehen erzählung. Die kürze des auszugs lässt
einiges dunkel und der aufhellung bedürftig erscheinen.
So ist nicht verständlich, was die werte fivlav öicinioi^ be-
deuten: das kind starb „auf der jagd nach einer fliege''? Alles
wird klar, wenn man zu fiviav ein ausgelassenes x^^^V^ ^^'
gänzt Die xaAx^ fivla war ein kinderspiel, das bei Pollux 9, 123
beschrieben wird: raivlai tw 6q>d'aXino neQiatpiy^avTog hog
Ttaiöogy 6 fiiv 7t€QiaTQiq>evai xtiQvvTtov' j^x^lx^v fivlav dtjQdau)^*^
Ol de äfgoKQivdfuvoi ^^tjfdaeigf diX ov XTjiffsi" (die längen
— ^1 — -^1 s-l— passen trefflich zu dem kindersingsang , den
man zu hören glaubt)* axvTeai ßvßUvoig avvbv TcaiowjiVy ?aig
vufog avv^ laßfitiu*
Es ist dies ganz dasselbe spiel, das in Italien mosca cieca
„blinde fliege'^ heisst und von Salvatore Farina in der novelle
Mio figlio s'innamora s. 42 f. so anmuthig geschildert wird. In
Deutschland heisst es, jedem deutschen kinde bekannt „blinde
kuh". Man beachte die reihe [ivla xakyfSj^ mosca cieca,
blinde kohl
lAvkof i^ma» unserer erzählung bedeutet also „beim
blindektthspiel''.
Auch die werte tig (iih%og Ttidviv Tteadov dni^avep lassen
sich anschaulicher macheu. Die kinder spielten auf dem hofe,
dabei fiel der kleine Glaukos durch eine kellerluke in ein fass
mit bonig, ohne dass es eins der kinder in der aufregung des
s|)iels bemerkta Wir müssen hier an eins der mannshohen
fäsaer denken« in d^ea inhalt das kind spurlos verschwinden
kennte. Die absonderliche todesart wird ursprünglich anders
gedacht sein: das üallen in den honig muss sich auf das ßsU*
x^oaro»^, die todteon^nde beziehen, ähnlich wie die formel
Sgi/fog ig fd£ &uvQ$f Bmlg. 16&4 auf die honiggemischte milch-
ependfi^ die latUt^^a ydlocKzog Eur. Or. 115.
Die JBkuretea als weissagende wesen gehören zur kretischen
sta£Eiiige, auch der geleierte seher Polyidos war vielleicbt in
Asklepios und die heflschl&nge. 315
einer älteren ÜEtssuiig Kreter, wenigsten« ist der name seinei
vaters Koiranos altkretisch: eo heiart Dias 17, 611. 614 der ans
LyktOB auf Kreta stammende wagenlenker des Meriones. Po-
lyidoe ist berufsname fiir einen sdier, der ab solcher an keis^fL
ort gebnnden ist, Iloiv/idfog ist ,fder vielmssende^S und er*
innert an den „doctor Allwissend '' des deutschen marchens;
ans fidfag (vgl. altatt. livoi „die zeugen^') wird regahreobt
äolisch -j-tdiog, doriseh -fliog; Sophokles hat frg« 357 u. 3&8
nohjidog gemessen. Homer kennt einen seher üoiaiidog iL
13, 663:
Bvxijpmf Ilohfidov ^wtiog vl&g — Ko(fiv^o&i oinla poiiop^
darauf hin ist Find. Ol. 13, 105 der KoinariiaQ d. i. Pelyidos
Korinthier; dem widerspricht nicht, wenn als heimath des sehers
bei ApoUod. a. a. o. Argos genannt wird, das im alten sprach*
gebrauch Korinth mit befasste. Paus. 1, 34, 5 und Diod. Sir.
4, 68 wird Poljidos an den grossen seher Mdiampos and die
Melampodiden angeschlossen. Jedenfalls konnte anetalit Polyidos
irgend ein anderer Seher genannt werden.
Ebenso ist es mit Glaukos, Minos söhn. Er ist bloss das
object für die berichtete wunderwirkung. Der name ist ge-
wählt im hinblick auf den Meerglaukos, den rlcevxog MOPviog
van Anthedon, der durch den genuss einer aiei^foog noa nacdi
Aeschylos im Glankos Pontios £rg. 27. 28 immer neu belebt,
wie Glaukos, Minos söhn, durch das Schlangenkraut wieder
lebendig wird.
Die ansprechende sage ist von Sophokles dramaftisi«t
worden. Der titel des Stückes „Mocnr^i^" seigt, dass die he-
ntfung der seher, von Apdlod. nur durch die worte nxTxiUf-
^kntav di %&» fiavvswv angedeutet, grösseren umfang annahm,
wie denn der name eines der fremden seher, Oofierog^ eines
Sohnes des Teiresias (Nauok frg. trgg. 360) überliefert ist:
^cv^og Qafuvog Tai^Miov naig' Soq>onkijg Mldweaiv,
Femer hat Sophokles die farbenwechselnde brembeere
(ßoMog) durdi die frucht des maulbeerbaums, der 0v%ipu»9g
ersetzt, der, wie die verse frg. 362 berichten, zuerst weiss
blüht, dann rothe beeren trägt, die bei der reife schwarz
weiden.
Auch Enripides hat den Stoff in einer tragödie »,Pol]r}dos
oder Glaukos'' bebandelt. In den vecsen des frg. 637 berichtet
Polyidos, wie der fing des meeradlers von der see her aufs
21*
316 A. Fick
land ihn überzeugt habe, dass die leiche des Glaukos auf dem
lande, nicht im meere zu suchen sei.
Aelian tadelt N.A. 5, 2 Euripides, dass er den Polyidos
habe eine eule sehen lassen und daraus geschlossen, dass er
die leiche des Glaukos finden werde; es gebe nämlich in Kreta
gar keine eulen. Hieraus geht hervor, dass Hyginus 136 den
zug in seinem berichte, dass Polyidus — yidit noctnam super
cellam vinariam sedentem atque apes fugantem, was ihn zur
entdeckung der leiche in dem fasse mit honig geführt, dem
drama des Euripides entnommen hat. Ueberhaupt haben beide
Tragiker den Hyginus beeinfiusst. Aus Sophokles nahm er den
maulbeerbaum „vitulum — arbori moro similem esse".
Ob auch die sonstigen abweichungen in Hygins berichte
aus der tragödie stammen, ist ungewiss. Bei Hygin spielt das
kind ball — pila ludit — , wird Apollon, nicht die Kureten be-
fragt, das monstrum des bunten kalbes ist noch viel grösser:
es wechselt ter in die colorem — per quatemas horas; der
seher wird mit dem toten in dem grabmal eingeschlossen
und ihm ein schwert mitgegeben, mit dem er dann die schlänge
tödtet, statt wie bei Apollodor Xid'ioi, ßalwv. Nach belebung
des knaben hören vorübergehende beider rufen, und melden
das Minos, der nun das grab öffnet, den söhn lebend empfangt
und den seher mit reichen geschenken entlässt
Die griechische erzählung von der heilschlange hat eingang
in das deutsche Volksmärchen gefunden. Anfang und ende des
Grimmschen märchens von den drei schlangenblättem n. 16
lauten allerdings abweichend, aber das mittelstück ist geradezu
aus Hygin entnommen, wenn auch mit mancher feinen aus«-
malung. Ein junger kriegsheld, heisst es bei Grimm, freite eine
Prinzessin, obgleich diese von ihm das gelübde verlangt, sich
nach ihrem tode mit ihr lebendig begraben zu lassen. Sie
stirbt, und nun tritt die entlehnung aus Hygin deutlich her-
vor. Ich setze die partie hierher, da sie zugleich ein hübsches
beispiel von selbständiger bearbeitung eines entlehnten sagen-
Stoffes bildet. „Als — die prinzessin — «odt war, da erinnerte
sich der junge könig, was er hatte versprechen müssen, und
es grauste ihm davor, sich lebendig in das grab zu legen, aber
es war kein ausweg: der könig hatte alle thore mit wachen
besetzen lassen, und es war nicht möglich dem Schicksal zu
entgehen. Als der tag kam, wo die leiche in das königliche
Asklepios und die heüschlange. 317
gewölbe beigesetzt wurde, da ward er mit hinabgeführt, und
dann das thor verriegelt und verschlossen.
Neben dem sarg stand ein tisch, darauf vier lichter, vier
leibe brot und vier flaschen wein. Sobald dieser vorrath zu
ende ging, musste er verschmachten. Nun sass er da voll
schmerz und trauer, ass jeden tag nur ein bisslein brot, trank
nur einen schluck wein und sah doch, wie der tod immer näher
rückte. Indem er so vor sich hinstarrte, sah er aus der ecke
des gewölbes eine schlänge hervorkriechen, die sich der Idche
näherte. Und weil er dachte, sie käme, um daran zu nagen,
zog er sein schwort und sprach „so lange ich lebe, sollst du
sie nicht anrühren" und hieb sie in drei stücke. Ueber ein
weilchen kroch eine zweite schlänge aus der ecke hervor, als
sie aber die andere todt und zerstückt liegen sah, ging sie zu-
rück, kam bald wieder und hatte drei grüne blätter im munde.
Dann nahm sie die drei stücke von der schlänge, legte sie, wie
sie zusammengehörten, und that auf jede wunde eins von den
blättern. Alsbald fügte sich das getrennte aneinander, die
Schlange regte sich und ward wieder lebendig, und beide eilten
mit einander fort. Die blätter blieben auf der erde liegen, und
dem unglücklichen, der alles mit angesehen hatte, kam es in
die gedanken, ob nicht die wunderbare kraft der blätter, welche
die Schlange wieder lebendig gemacht hatte, auch einem men-
schen helfen könnte. Er hob also die blätter auf, und legte
eins davon auf den mund der todten, die beiden andern auf
ihre äugen. Und kaum war es geschehen, so bewegte sich das
blut in den adem, stieg in das bleiche angesicht und röthete
es wieder. Da zog sie athem, schlug die äugen auf und sprach
„ach gott, wo bin ich?'^ „Du bist bei mir, liebe frau", ant-
wortete er, und erzählte ihr, wie alles gekommen war, und er
sie wieder ins leben erweckt hatte. Dann reichte er ihr etwas
wein und brot, und als sie wieder zu kräften gekommen war,
erhob sie sich und sie gingen zu der thüre, und klopften und
riefen so laut, dass die wachen es hörten und dem könige
meldeten. Der könig kam selbst herab und öffnete die thüre,
da fand er beide frisch und gesund, und freute sich mit ihnen,
dass nun alle noth überstanden war".
In Wahrheit freilich war die noth, wie der fortgang des
märchens zeigt, noch nicht vorbei. „Es war mit der frau eine
Veränderung vorgegangen" heisst es weiter, sie wurde ihrem
318 A. Fiok
lebensretter nntreu und stellte ihm nach dem leben, das ihm
nur die drei Schlangenblätter wiedergaben. Hier kommt die
in aller natorreligion tief wurzelnde Vorstellung zum ausdrucke
dass die einmal den unheimlichen todesmächten yerfallene seele
zum lebenfeindlichen gespenste wird, das selbst die nächsten
angehörigen mit unheil bedroht —
Den glauben an die heilkraft der schlänge finden wir auch
in der bekannten erzählung von der ehernen schlänge, deren
anblick den bisa der fieurigen schlangen heilte, also eine art
gegenschlange, gegengift 4. Mose 21, 69. Der dienst erhielt
sich bis zum konige ffidria, dieser „zerstaess die eherne schlänge,
die Mose gemacht hatte, denn bis zu der zeit hatten ihr die
Under Izraele geräuchert, und man hiess sie Nehufihan''
2. Könige 18, 4 ^).
In Ghriechenland ist die Verehrung der heillrandigen schlänge
eng mit dem knlt des heilgottes Asklepios verbunden. „Das
gewöhnliche symbol des Asklepios war die schlänge** P(reller)
Rob(ert) s« Ö25f. In seinen heiligthümem wurden schlangen
unterhalten. In der burlesken darstellung einer inkubation im
Asklepieion Aristoph. Plutos 649 f. zischt Karion, um sich eines
topÜBB mit brei zu bemächtigen c^^ Ttagelag w o^iq\ die
schlangen mässen also dort frei umhergelaufen sein. Dasselbe
ergibt sich auch aus Plut 732, wo auf den pfiff des gottes
zwei grosse schlangen aus dem tempel hervorschiessen, dem
blinden Plutos unter die aufgelegte binde kriechen, ihm die
äugen belecken und diese dadurch heilen. Hier dienen die
schlangen geradezu als heilgehülfen. In n. 114 der heilungs-
geschichten von Epidauros Smlg. 3389 heisst es : avijQ daxtvlov
ld9i] ifteh otpiog. Auch wird die tempelschlange beim opfer
mit bedacht, wie in Kos, s. Herondas 4, 90
ig te ti^9 tQtiylfpß
top niXopop ¥p9eg tot dgänoptog tvgnjjdtog.
Ja der gott selbst erscheint als schlänge in der stiftnngs-
legende des Asklepieion von Stkyon: g>aai di {ol SiiwiiviOi)
a^unv ^ ^'EftidavQOv xoinadijpai top &edp ini tßvyovg ^fno-
1) Dazu bemerkt auf meine anfrage, hülfberait wie immer, mein
freund Ferd. Jasti, „dass hebr. na/tii von n4fx^ „zischeln" (von
schlangen) „schlänge" bedeatet, dass aber n^tiitön 2. konige 18, 4 von
aramäisch iM/cii „ers, knpfer** oder naher von hebr. tie/nl«^ ^erz^ knpfiBr"
abgeleitet wird.
Asklepios und die heilschlange. 319
ptov SqAxopii eix&afiivov Paus. 2, 10, 3. Hier haben wir
den beweis in bänden, dass ursprünglich die schlänge, ab In-
haberin wanderbarer heilkraft gedacht, selber das gottlich Ter-
ehrte weeen, die heilgottheit war. Nicht jede Schlangenart
genoss solche Verehrung, selbstrerständlich keine giftige, es
waren, wie wir aus Arist. Plut 690 ersehen, die TtoQelai Stpaigf
von denen es bei Hesych heisst: otpeun^ diog fieyalag nagsutg
exoy^f^' i!ccv%a de fjniava öaTcvei dv&QcSftovs. Bei Harpokration
heisst es p. 147, 4 naqilai oq^ig (/ffifiocd'hnjg iniq Kttjai"
gxSrfog). notQÜai ovofAdCjortal tivsq oq>eig naga td ftageictg
fiBi^ovg ^eiv, fog xai Kqativog h TQO^vltoi vTtoarnialvBi.
Demosth. de cor. 260 schildert den Aeschines, wie er bei der
Sabaziosfeier tobt „Tovg oq>Big xovg noQuag &Ußwp*\
In Lakonien wurde Athene unter dem beinamen Pareia
verehrt: vijv ii ht ^j^QTUxdlag hwüiv Ix Jbtigrnig l/t&ijvSg
faTTpuev iftUlriaiv Ha^elag ayaXfia h vnal&Qwi Paus. 3, 20, 8.
Athene ist auch sonst eng mit Schlangendienst verbunden, be-
kannt ist ja die heilige schlänge, die ohovQog otpig in ihrem
tempel auf der bürg, nach der Sophokles sie dqaiMxvXog nannte.
So hiess sie denn bei Sparta selbst rtaQ^ia^ wie sie in der Me-
garis h ^A9rpfag ^i9vlag xakovfihwv amoniXwt Paus. 1, 5, 3
ai&via „tauchervogel , mergns*' genannt und offenbar auch als
solcher gedacht wurde.
Minos zeugte kinder ix üageiag vvfÄqnjg ApoUod. 3, 1, 25;
als nageia ist auch die Echidna Hesiods zu denken, wenn es
Theog. 298 von ihr heisst
^fiiov fiiv vvidg>rjv ekinüfmda naXXiftdQeiov
rjpiiov (f avxe niXtOQOv oq>iv —
So ist denn auch die schlänge, deren ft6a dem Minoskinde
Glaukos das leben wiedergibt, zweifellos als rtagelag oq>ig zu
denken.
Dass Asklepios wirklich ursprünglich die göttlich verehrte
Pareiasschlange war, wird noch weiter durch die etymologie
seines namens erwiesen. Verfehlt ist die Verbindung mit lat.
8calpo(l)f einzig richtig die Zusammenstellung mit ayuxlana^ei
^ifißerai und anakndfyiv* ^e^ißtoSag ßadtCßtv^ beides bei He-
sjch. Mit der erstem form axaAa/r-a^My stimmt die thessa-
lische namensform ^Aüxtxhxntog in ^^oxalaTtiodovQog Phalanna
Smlg. 13308, wozu ^AawxXSg Hermion 3398 b ti eine koseform
ist, vgl. Wox^g aal '^axlrjnag ol 'AaulriTta Mitth. 10. 13 n. 1.
320 A. Fick
l^GTiKäTt' verhält sich zu ma^^r- wie tivQrfffi zii totQaaatOj
joqaxq. Zu ayuxhX'oCßiv stellt sich die form ^AaxctXnioq^ die
PBob. s. 522, 3 aus Kreta belegt. In Aiaiiahxnuo^j wenn eine
solche griechische namensform dem lat. Aesculapius zu gründe
liegt, ist wohl eine intensivbildung mit ai- wie in nat-^paoato
dai'dalJUo u. a. zu erkennen, ai statt aU stimmt in der ein-
busse der aspiration mit iuBOtinovta der alten thessalischen
Hyloreninschrift s. o. 26, 118.
Auch der name des Asklepiaden üodaletgiog erklärt sich
YÖllig, wenn man eine beschreibung der heiligen heilschlange
darin sieht Die Zerlegung in Ttoda „den fuss" und Isigiog
(vgl. lit. leüaa schmal, dünn), und demnach die deutung: tov
Ttoda IsiQiov ex,(av ist gar nicht zu verfehlen und zu umgehen.
Nun wäre allerdings „schmalfuss" für einen beiden, als welcher
Podaleirios im epos erscheint, ein wenig passender name, desto
mehr für eine schlänge, oder schlangenfUssiges wesen. Die
namen Asklepios und Podaleirios bezeichnen ursprünglich nicht
verschiedene wesen, sondern malen nur dieselbe heilschlange in
verschiedener aktion: als l^axXTjftidg bewegt sie sich in Win-
dungen daher, axalrtd^er ^efißtodtSg ßadi^ei^^ üttaXartatfii' ^ju-
ßeraij als üodaXelgiog steht sie aufgerichtet da auf spitzzu-
laufendem fiisse. Man vergleiche dazu die darstellung der
Asklepiosschlange in der kunst: y,sie wurde gewöhnlich aufge-
wickelt ruhend, oder mit emporgerichtetem oberleibe wandelnd
abgebildet" PRob. s. 525.
Dieser Schilderung reiht sich KoQwvig an, später als mutter
des Asklepios gedacht, ursprünglich wohl nur die weibliche
heilschlange, die wir oben als ^A^va üageia und vvfiqffj
nccQela und Minos weih kennen lernten. Mit der krähe xo-
Qcivf] hat Eoronis wohl nichts zu schaffen: sie ist die sich
ringelnde, zusammengewickelte schlänge, xoQwvldsg heissen die
gebogenen schiffe bei Homer, noQaivri alles was sich krümmt.
Ursprünglich gehören l^axXriTcidg tjöb KoQwvig auch metrisch
zusammen, wie IIodaXeiQiog ^di Maxatav.
Der letzte name ist nicht direkt zu fidxtj zu stellen, son-
dern zu fifjxog ("KccKOVy voaov). XuQOfidxcci hiess die hand-
werkerpartei in Milet, nicht weil sie mit der band kämpften,
sondern wirkten: fJifj%og iirj%avrj und fiäxsad'oti sind von der-
selben sippe, zu fi^x^ gehört (jLa%aLqa\ an die grundbedeutung
Asklepios und die heilschlange. 321
y^Yennögen" schliesst sich „gegen wirken, wehren" an, ccfiaxog
ist soviel wie dfiijxctvog,
Ist Asklepios ursprünglich schlänge, so erklärt sich auch
das Opfer des hahns, das ihm dargebracht wurde: der hahn,
erst um 500 v. Chr. in Griechenland eingeführt, ist späterer
ersatz für einen vogel überhaupt (umgekehrt hiess ^ o^ig
später die henne), ein vogel ist aber für die schlänge ein schwer
zu erlangender und desto willkommnerer leckerbissen. In Thel-
pusa — Paus. 8, 25, 11 — ist aus der turteltaube TQvytav, der
alten nahrung v^qnq der Asklepiosschlange TQvytifif die amme,
17 TQoq)6g des Asklepioskindes geworden.
Versuchen wir nun dem gedankengange nachzuspüren, der
zur Verehrung der schlänge als eines heildämons führte. Zwar
ist die Vorstellung von Schlangenklugheit uralt und nicht bloss
bei den Indogermanen nachzuweisen, heisst es doch 1. Mose 3, 1:
„Und die schlänge war listiger denn alle thiere auf dem felde,
die gott der herr gemacht hatte", und selbst die heilschlange
ist auch sonst verehrt worden, aber der weg, auf dem die
griechen zu ihrem Asklepios gelangten, hat doch besondere
Stadien durchlaufen. Ausgang ist hier die künde der kräuter,
die man der schlänge zuschrieb. Wenn sie durch gras und
kraut sich daherschlängelt, hat sie zu solchen Studien die beste
gelegenheit, und wenn der bergdrache Ilias 22, 93 f. grässlich
blickend voll wuth um sein loch sich ringelnd den menschen er-
wartet, dann hat er „böse kräuter gegessen", ßeßQumtig xcnu
gxxQficnia liegt er da. Aber die schlänge kennt auch ein an-
deres kraut, das ihr die kraft gibt, ihr leben zu verjüngen,
wenn sie die alte haut abwirft und damit das alter abschüttelt.
yiJQag „das alter" hiess geradezu die abgestreifte schlangenhaut
und To yiJQag hcdvvav — Aristoph« frieden 336 — sich ver-
jüngen. Dies zaüberkraut, diese noa a einwog , galt es der in-
haberin, der schlänge, abzugewinnen. Willig gab sie es nicht
her, der drache ist ja durchweg und nicht bloss dem Griechen
— man denke nur an den nordischen Fafnir -r- der neidische
schatzhüter, es galt also die schlänge freundlich zu stimmen.
Nicht jede schien zu diesem versuche geeignet, der giftigen
traute man nur böses zu — so wählte man die pareiasschlange,
die ijiuata daxvBt dvd'Qcijtovg, Auch gaben die grossen backen
ihrem gesiebte ein etwas menschlicheres, freundlicheres aussehen.
So nahm man denn die pareias in pflege und hut, gab ihr
322 A. Fick
quartier und gute nahrung. Aber auch so gab sie ihre geheim-
nisse nicht jedem preis, nur ihrem pfleger, dem priester, liess
sie solche in der geheimnisvollen ofifenbarung des traumes zu-
kommen: das ist der Ursprung der inkubation, der sich zwar
der patient selbst unterzog, aber doch nur auf Weisung des
priesters und im tempelbezirke.
Im weiteren fortschreiten des religiösen denkens genügte
die Vorstellung einer ursachlos der schlänge einwohnenden
kenntnis nicht mehr : sie musste diese selbst von einem höheren
wesen erhalten haben. So trennte man den gott von seinem
fetisch, den Übergang bildete vielleicht die Vorstellung von einem
Schlangenkönige, wie die inder einen solchen kennen, bei den
deutschen ist's eine Schlangenkönigin. Wenn Asklepios die
schlänge speisend und tränkend dargestellt wird, so ist er es
jetzt, der das lebenskraut, den lebenstrank der früheren inha-
berin mitzutheilen die macht hat. In solcher macht heisst er
als der kraftspender die kraft selber — ^loxvg — der später
zu seinem vater erhoben und noch später als solcher durch
Apollon verdrängt wurde.
An den lebenstrank knüpft sich die kur durch tränke, wie
an die rrSa die kräuterkur. Später wurde auch die luftkur
herangezogen, und so hiess Asklepios dyla6n:rjg und alylcnjg.
Das sind natürlich jüngere namen, die erst entstehen konnten,
als sich zunehmende ärztliche einsieht bei den Asklepiaden
entwickelte.
Die heimath des Asklepiosdienstes war Trikka am Lethaios
„^qp* (jj 6 l^axlriTtihg kiyerai yevvrid^vai^*^ Strabo 647. Dort
in seiner ursprünglichen gestalt als schlangendämon gehört er
zu den lokalen höhlengeistern, über welche Rohde's Psyche so
viel licht verbreitet hat. Schon als schlänge gehört er in die
unter weit, daher heisst es, Zeus habe ihn mit dem blitz er-
schlagen mit der neuen motivierung, weil er gegen die weltord-
nung todte erweckt habe. Apollon verlässt in folge davon den
Olymp, d. h. er geht als Ischys in die unterweit. Von Trikka
aus hat sich der Asklepiosdienst über ganz Griechenland ver-
breitet, und auf dieser Wanderung die spuren des alten höhlen-
kults fast völlig abgestreift. Asklepios wurde der göttliche
patron der heilkunst.
Vom epos wurde Asklepios und sein geschlecht heroisiert
und vermenschlicht: Podaleirios und Machaon sind als söhne
Asklepios und die heilscblange. 323
des untadligen arztes Yor Sion als ärzte thätig, von ihrer
dämonischen natur keine spur. Überhaupt konnte das epos
die alten höhlengötter als solche nicht brauchen, es hat sie
durchweg in beiden der vorzeit umgewandelt: so wurde der
Zeus Trophonios von Lebadeia zum tiefbaumeister, die Dios-
kuren von Sparta, die Molionen von Elis, Amphiaraos von Oro-
pos waren ursprünglich an ort und stelle hochverehrte dämonen,
im epos sind sie blosse heroen, auch Odysseus gehört hierher
als inhaber eines orakels in Aetolien nach Aristoteles frg. bist.
Graec. II 147. 131.
Walsrode im october 1901. A. Fick.
Lat. umbra.
Lat. plüma, lit. plimksna, „feder^'; lat. umbra, lit unksna
„schatten*^; ksl. utro „tagesanbruch^S got. üJUvö, lit. ükas.
J. Schmidt Kritik der sonantentheorie s. 107 giebt die
schöne vergleichung und erklärung: „Lat. plüma aus *pluxma
oder plunxma : lit. plünksna feder vielleicht aus *plunk^na
(vgl. vandena ans vadens, got. vatins) zu abd. fliogan'\ Ich
nehme das thatsäcbliche hiervon durchaus an, und sehe
^plunksmna als gmndform von pldma und plünksna an.
Diese etymologie fuhrt auf eine neue erklärung von lat.
umbra, an dem man sich so oft vergeblich versucht hat Von
den beiden erklärungen Bezzenberger's (o. I, 342 zu ai.
andhäs „blind'S o. V, 104 zu ovaQ „im träum") ^) nehme ich
soviel an, dass ich br auch aus sr entstehen lasse. Bedenken
wir noch, dass neben r- sehr oft n-suffixe liegen (s. J. Schmidt
Neutra 172 ff. Johansson Beitr. z. gr. sprachk. Iff., o.
XVin 1 ff. ')), wird die vergleichung von umbra mit lit. unksna
,,scbatten" tadellos erscheinen. Auch hier gehört der guttural
1) Stolz H. Gr. I. 2. 326 veimischt beide: ^yUnUfra aus onsra
ai. andhd-^\ wofür er allein verantwortlioh bleibt.
2) 8. 84 dieses aufsatzes wird Bezzenberger's vergleiobung mit
ovoQ modifioiert angenommen. Aber gegensatz zn oV'Uq ist vn-a^.
324 W. Prellwitz Lat umbra.
zur Wurzel. Denn als solche ist für das litauische wort bereits
die von ükstos „es wird trüb wetter" erkannt ^), das weiter zu
got. ühtvö „morgendämmerung" gehört. Die bisherigen zu*
sammenstellungen von ühtvo mit ankstl „früh'S ai. aktä, lat
nox, vi^ u. s. w. (s. J. Schmidt Neutra 212 ff., kritik der so*
nantentheörie 153) lehne ich alle eben des lit. üksta wegen ab.
Auch dass got. ühtvö einen nasal verloren habe, lässt sich nicht
mehr mit Sicherheit behaupten. — Zwar Szyrwids unhma könnte
für '^ankana stehen, wie Nesselmann richtig bemerkt, aber üksta^
apsifücsta „der himmel bezieht sich mit wölken", ükc^ „dunst,
nebel, trübe wölken^', i^na trübes wetter, üzüksmis „vor wetter
geschützter ort" zeigen, dass der wurzel ü zukommt Und
Mezinis, der anksti mit a schreibt, hat s. 262 neben uksmS
und pauksmis auch paunksniSy wenn er auch das einfache
unksna nicht kennt. Also hat unksna altes, echtes u. Auch
ksl. iäro „tagesanbruch" dürfte hierhergehören; denn es kann
für *üläro stehen und gleich got. ühtvö eigl. „dämmerung"
bedeutet haben. Schon Berneker IF. X, 156 erklärt es für
nötig, dies wort und seine verwandten (Miklosich Vgl. wb. 373)
von Sei>$ zu trennen, und hier zeigt sich uns der richtige weg
der erklärung. Brugmanns Zusammenstellung mit ju^ u
'schon' (Grdr. 2. 186) erschien auch Berneker nur als not-
behelf.
Mit unksna das gleichbedeutende lat. umbra vergleichen
heisst also für dieses *unxra als grundform ansetzen. Aus
dieser müsste *un8ra, *unßra, ^unfra, umbra geworden sein.
Über sr zu fr-, -br- s. Fröhde o. XVI, 207.
Ich sehe nichts, was dieser erklärung entgegenstünde.
Dass die wurzel ükj unk sonst im Lateinischen gar nicht be-
legt ist, darf nicht dagegen geltend gemacht werden, da umbra
in jedem falle isoliert dasteht. Umbria das „schattenland^S
ähnlich benannt wie das Ühtland in der Schweiz oder wie
Austria, hat seinen namen offenbar von den südlicheren La-
tinern erhalten.
1) Berneker Die preuss. spr. b. 280; er schreibt fälschlich iÜUta
und behält die vergleichang mit ankstl bei. Eine Vereinigung mit äklas^
aquilus, anksH wäre aber höchstens möglich, wenn man neben ük ein
äuk- ak : ä% annehmen will, wofür sonst kein anhält besteht. Denn
ßvTtflXmg* ttoQ vno TvQ{Q)tivtSv bei Hesyohius kann dafar nicht gelten.
Königsberg i. Pr. Mittelhufen. W. PreUtcitz.
W. Prellwitz Anzeige. 325
J. Yalaori. Der delphische dialect Göttingen Vandenhoeck
und Ruprecht 1901. 83 s. 8°. 2.60 M.
Nachdem J. Baunack's ausgäbe der delphischen inschriften
in der Sammlung der griechischen dialect-inschriften fertig gestellt
war, lag es nahe, den delphischen dialect einer zusammenhängen-
den darstellung zu unterziehen.
Die vorliegende arbeit will ein bild der lautentwickelung und
der flexionsgeschichte entwerfen. Sie giebt geordnet in der üb-
lichen weise eine Übersicht über das material, die dem kenner
ähnlicher arbeiten wohl nützlich sein kann. Im übrigen muss darauf
aufmerksam gemacht werden, dass V. ganz nach der Schablone
arbeitet^ und dass seine infolge allzugrosser kürze oft undeutlichen
behauptungen nicht wörtlich zu ndbmen sind. Das zeigt gleich
der erste satz: 1. „a entspricht einem attischen «". Nichts kann
unrichtiger sein, und der vf. meint das auch gar nicht» will viel-
mehr nur sagen, dass im delph. dialect bisweilen da a erscheint,
wo im Attischen e steht Einen lautlichen Übergang von a zu
e nimmt er wohl selbst in keinem der fälle an. So* verträgt sich
mit dieser ersten behauptung auch die scheinbar widersprechende
zweite: „a entspricht einem att o". In diesem stil wird die
ganze lautlehre abgethan. Ich habe in dem Jahresbericht über
die griechische dialectforschung (Bursian's jahresber. bd. 106.
S. 99) eine andere nicht so äusserlich schablonenmässige behand-
lung vorgeschlagen und erlaube mir den herm vf. darauf hinzu*
weisen. Es ist durchaus nötig, dass zunächst in den fachschriften
die fortschritte der Sprachwissenschaft wirklich durchdringen. Ist
es denn nicht gradezu traurig, wenn ein schüler Job. Schmidt's
in einer diesem meister gewidmeten sprachwissenschaftlichen arbeit
über ^ATtiXltav zu L^Tvoklfav unter dem Vordersätze „« entspricht
einem att. o" handelt, obwohl er nachher selbst erklärt, „das o
gegenüber dem e ist unursprünglich'M Soll man sich dann noch
darüber wundem, wenn die nichtfachleute über jene äusserliche
beurteilung nicht hinauskommen? So verteidigt im Bull, de corr.
hell. XXIV, 1900. 241 J. Demargne kret ßtirwi (» ßiOTq))
mit dem hinweis auf ^^ftiXXwv : ^SkTtdlkwv und ein deutscher
Philologe von unzweifelhaften Verdiensten wie Hill er von Gärt-
ringen druckt so etwas nach (Hermes 1901. Bd. 36. S. 453)!
Offenbar befriedigt es ihn nicht, aber die Sprachwissenschaft hat
dafür zu sorgen, dass solche ganz oberflächlichen vergleichungen
überhaupt verschwinden.
Wenn man nichts besseres beizubringen wüsste, bliebe die
neue kretische form völlig unklar, ja man müsste sie für einen
Schreibfehler halten. Eine lautliche parallele dafür könnte man
höchstens in thess. du « öia oder amorg. Jievvowt finden, die
aber an sich auch unklar sind, also nichts erklären können.
326 W. Prellwitz
Vgl. O. Hoffmann Die griech. dialekte III, 256. Dagegen die
wortbildungslehre wirft ein helles licht auf unser kret ßlerog.
Indem ich auf meine auseinandersetzung o. 25. 281 f. verweise,
führe ich hier nur olxittjg neben dfjfidTtjg, epidaurisoh ^^tßOLog
und ^^IQoaiog an. So stehen ßiezog und ßlovog als ableitungen
neben den Stammformen /?/o-, ßU- ^). Vgl. auch i.iyofiieif liyere.
Doch kehren wir wieder zur behandlung des delphiflchen
dialects durch Valaori, speciell seiner auseinandersetzung über
^u^nelXanf ^Anokhav zurück. Er führt als beleg der ersteren
form nur den monatsnamen ^ jiit^lXoiiog an, den er in der her-
gebrachten weise von ^AitilXiav ableitet. Aber gerade die del-
phische Labyadeninschrifb sollte uns jetzt richtiger urteilen lehnen.
So gut wie die aiteXhüa^ opfertierspenden zur anilXoLj der Ver-
sammlung der phratrie, kann auch der monat nach diesen in ihm
abgehaltenen ^ ^TtilXoLi benannt sein. Dann erklärt sich auch die
Wortbildung, die bei ableitung von '^neklwv unverstandlich ist^
und es passt sehr gut dazu, dass der ^ulfceklctZog der erste monat
der ersten i^afirjvog ist Baunack setzt dies in der aDmerkung
zur Labyadeninschrift alles auseinander, ja nur eines haaree breite
fehlt ihm bis zur richtigen erkenntnis, wenn er sagt: „Das haupt-
fest waren die *^7tikXai: es hat eben davon seinen namen, dass
im monat ^^TteXXaiog die verschiedenen phratrieen gleichzeitig
aTteXlag abhielten", arteklalieiv ist nicht bloss, wie B. sagt, aus
den grammatikern bekannt, sondern vor allem aus der ^ijvQa des
Lycurg (Plut. c. 6), jedenfalls vor dem verdacht, v(m ^Jifrelltav
herzukommen, sicher. Überhaupt, wo wird jemals ein fest nach
dem monat und nicht viel mehr umgekehrt der monat nach seinem
hauptfest benannt? Hierfür bietet der anfang des vierten teils
der Labyadeninschrift den besten beleg : regelmassige festschmause
sollen sein ^^niXkai xat Botnuhia^ Bi^^Za, ^aidaq>6Qia, ÜOi-
T^nia nai ^ag>Qi[a x]al &eo§€via .... tuu HtiQmleia
1) Yorauagesetzt wird dabei, dass die kret. Inschrift als ein einiger-
massen zuverlässiges zeugnis der mundart gelten kann. Hiller y. G.
nimmt ihr diese eigenschaft zwar, indem er oav xata ffirifioa[v\vav als
zeichen von „anconseqaentem dorismas" anffasst. Er scheint das wort
nämlich von ^/ui?, der. <fafAa abzaleiten, während es doch ohne zweifei
9K ifptffioavva «» hom. i<ffri/Aoavyfi (von trifji&, V^sel) ist. Bemerkenswert
ist die behandlung der zusammenstossenden vocale, für die man elision
des a von xatd erwartet. Sie erinnert an neugr.^a *;^oi = ;^a l/oi (Thnmb
Neugr. volksspr. § 10).
Die ganze insohrift lautet (nach Hiller von Oärtringen):
[TJ^ftiy Jio]
2o\, XvwaQtaaHpä, Kvlidpu^ aifivuv ayotlfM
TCfio^Y iajaatv aav xaja(fii\fioc[v]vav,
avixa ol xara vvxta dii[ipQ\aSi£y el x€v iv iad-löii
[ix /]ail€7rot7 ßUrou arai xal [Iv ^<r[t/fo«.
jiv&€fAa o
Anzeige. 327
und diesen festen entsprechen sicher die delphischen monatsnamen
Bovxäriog^ ^Hqaiog^ Jaiäag>CQiogy noiTQOTViog^ Qao^iyiog und
^H(^jLSiüg und der ätolische uiaiffQiaiog 1902 s , der phokische
uiäg>Qiog 1728 s, 1877 1. Also wird auch der ^^TtelXalog nach
den uiTiUXkai benannt sein, ebenso der '^jt^lXuiUiv in Tenos
(Newton Ans. inscriptions of the Brit Mus. nr. 377, 15) ^). Das
neue buch über den deljdiischen dialeot belehrt uns hierüber
nicht, die ^ AniXkai fuidet man darin überhaupt nicht, die
aTteiXaiCL oder äniXlAxia nur als „spenden'' s. 79 unter den ganz
dürftigen lexicalischen notizen s. 79 erwähnt Allerdings haben
die Delphier selbst in späterer zeit den ^AneXkalog f^ijv auf
ihren gott bezogen, wie der nur einmal vorkommende fii^v ^IdftoX"
IwvoQ (1931) zu lehren scheint. (S. Kschoff Leip. stud. VII, 363).
Auch in XdXeiov finden \ni einen ^^rceiJiäiog (1927s) und
einen fi^v ^^TtcXhavog (2300 s). 'Hier fehlt es an sicherer er-
kenntnis, noch mehr im folgenden punkte.
Was für ein fest waren die notvgoma^ Nun, da der
IIoiZQOTtiog in den december/januar fällt, feierte man offenbar die
VQ07t€ci x^^i^^^'^^ i^ 1^™» ^^^ „zukehrung'' der sonne. Aber
wenn das richtig, was mag wohl der ^ EvdvOTtotXQOTitog der
andern Jahreshälfte sein, der in den april/mai fallt? Ich vermag
das rätsei nicht zu lösen, glaube aber auch nicht» dass Usener
(Götternamen s. 79) es gelöst hat *). Der herr vf. aber leugnet
diesen monat überhaupt, indem er Johannes Schmidt 's (KZ.
XXXTIT, 394) Vermutung folgt, der aus i^imvbg ivdvg noiTgo-
Tiiov** „delphisch ivövg innerhalb" entnahm. Aber wie denkt V.
sich f^ivdvg mit dem dativ IIoiTQomtDi*\ wie er selbst s. 25
citirt? Dass ein lehrbuch über den delphischen dialect diesen monat
ohne jedes weitere wort der aufklärung aus der weit schafft, ist
denn doch erstaunlich.
Das umfangreiche material ist eben gar nicht ausgenutzt.
Auch die sprachwissenschaftliche litteratur wird zwar öfters citirt,
aber es fehlt dem vf. nicht nur an eignem urteil, sondern auch
an beherrschung der deutschen spräche. Besonders da, wo er
1) Auch HmXXaSj ^mXXrlg^ ^AniXXi^^og u. ä. wird man nan eher auf
den jimXXalog beziehen müssen, was schon Bechtel-Fick Gr. Personen-
namen 8. 64 als möglich erklären. Die belege fHr das f von jiniXXtaiß
schwinden also sehr zusammen.
2) Usener stellt ^EvSvs a Mios. Eher ist duvto, fv^vats' xawa»
^vats (Hea.) oder dva^ in dem ersten teil zu Sachen wie vielleicht auch
in dvaiqog' vno Maxedoveav /^rjv (Hes.). Dann müsste man eine ver*
Schiebung des monats von der Sommersonnenwende annehmen. Oder
sollten *SpSv9nonQ6nut die wendung der sonne zur vollen sommerkraft
feiern? Dann wäre an neQi^vaai' n^qiSvvaatu (Hes.) ^deva, du „stark
sein" in SinrnfiM (Fick Vgl. wb. ^ I 457) und zwar an ein wurzelneutrum
düü' zu denken.
Jedenfalls hat der noirqonioi 6 divregos in nro. 2090 (der zeit
nach identisch mit 2176), 2161, der ebenso wie der nongoTiios 6 ngtL-
TOS in der ersten Jahreshälfte und wohl nur im Schaltjahr vorkommt|
mit dem ^Efifdwmonqomog nichts zu thun.
328 W. Prellwitz Anzeige.
eigene ansiohten darzulegen versucht, macht sich dieser doppelte
mangel peinlich fühlbar.
Seine darlegung über eigi^va elgdva, die gut die hälfte einer
Seite einnimmt, schliesst mit der denkwürdigen erklärung, dass
(nach Ejetschmerl) hier ein Wechsel von ä mit e vorliege, aber
jedenfalls das t] noch nicht klar sei. Danach hat er die vorher
citierten bemühungen der andern gelehrten, das, wie er selbst lehrt,
jüngere ä zu erklären (denn rj ist neben ^ifr^a, ei(pf;xa, att. elqfijvrj
natürlich), offenbar gar nicht verstanden. S. s. 9.
Dass strittige punkte, auffallende erscheinungen wie tj neben
et aus ersatzdehnung ^) klar hervorgehoben, die verschiedenen
Zeiten angehörigen quellen auseinander gehalten werden, ist da-
nach nicht zu erwarten, öfters finden sich ganz verschieden zu
beurteilende dinge nebeneinander oder nicht zur sache gehöriges
herbeigezogen. Dass dies urteil z. t. noch nicht scharf genug ist,
wird folgendes lehren. S. 39. § 28 absatz 4, der über „yX für
xk" (richtiger wäre ^X zu yl) handelt, heisst es: „Statt iy Jia-
ßvaäav will Baunack (Verbess. u. nachtr. zu den delph. inschr.
p. 957) iy ^o9Q(J!iv". Zur sache gehört das ja zwar gar nicht»
immerhin aber staunen wir über die kühnheit solchen woUens,
sehen nach und finden: Baunack verbessert nachträglich einen
druckfehler seiner eigenen anmerkung, wo der setzer statt des
unbekannteren koppa ein phei angebracht hat, V. aber fasst dies
als änderung im text des Steines auf.
Die 3. sg. impf, von elfil heisst in den tempelrechnungen
aus der zeit Alexanders (nro. 2502 Bss) echt dorisch ^g, in
einer freilassungsurkunde viel späterer zeit (182 v. Chr. nro. 2061«)
kommt Tjv vor. Dies ist natürlich aus der Umgangssprache ein-
gedrungen, V. aber erklärt jenes altdorische ^g s. 41 § 29 als
ergebnis einer assimilation eines auslautendem v an anlautendes
(j. Und doch folgt auf rjg an jener stelle eine pause und dann
vocalischer anlaut: ^Etvf^dpdagl
Man sieht, die bahn für eine wissenschaftliche behandlung
des delphischen dialectes ist noch frei. Eine sehr dankenswerte
Zusammenstellung des materials bietet jetzt Dr. Carl Wendel
in seinem „Wortregister zu den inschriften von Delphi"
in der Sammlung der griechischen dialect-inschriften bd. IV. IL 2,
worauf ausdrücklich aufmerksam zu machen ich nicht unterlassen
wUl.
1) S. 16, fitodu (vgl. 8. 76) wird hier ganz übergangen.
Königsberg i. Pr. Mittelhufen.
Register.
329
Register.
I. Sachregister.
Ablaut: spuren alten declinations-
ablauts in den g riech, stamm-
namen 243. Ursprüngliche ab-
stufung der n- stamme im Lat.
195; der participia auf -rU 181,
der participia auf -m«fio (lat.
mino) zu mno 302 ff. , lat. -Uro-
zu 'tr<h 212 f.
Accent: eine spur des idg. satz-a.
153; betontes idg. mm (2. sg. zu
0smi) wechselt mit enklitischem
ssi 36. a.-wechsel zwischen einem
oxytonirten ethnioon und dem
gleichlautenden individualnamen
257; zur betonung der lit. yerba
auf -Hl 178 n. Wirkung des a.
bei der lat. vocalsynkope 204 f.
Composition: kurzung des zweiten
gliedes von Zusammensetzungen
113. Vgl. eigennamen u. stamm-
bildnng.
Gonju Ration: Bildung der inten-
siva im Oriech. und Sanskrit
232. Die endunff der 1. sg. prs.
ö aus öu entstanden 153; diegot.
endungen auf ^au, -dau, ndau :
skr. tu, niu ■» tai^ rUai : ti, nU
158, die lit. endung -du 153,
skr. dadttü n. a. 154. — Das
dorische futurum gleich dem
litauischen 169 ff. (anders noch
s. 34). Das lit. futurum in den
dialecten 174, formen ohne «' 177;
die lit. conj. klasse der verba
auf -uf, eti ist gleich der gr. von
fpikita, (pdfjauf 172 ff., der lit.
Optativ in den dialecten 174 n., in
alten texten 175, sein Ursprung
176. Bildung des sigmatischen
aorists , bes. der aoriste auf -<rora
soff., die conj. der verba con-
tracta im ThesB. zunächst gleich
der gemeingriechischen, dann all-
mählich in die f(«-conj. überge-
führt 117. — Das e im imperf.
der lat. 3. ooi^. 271. — Lit.
neubildungen auf grnnd einzelner
conjugationsformen 177. — Der
lett. debitiv eigl. ein infinitiv 68,
der infolge des zusammenfallens
mit der 3. pers. sg. ind. bei den
thematischen verben durch diese
verdrängt wurde 70.
Gonsonanten: behau dlung zweier
aufeinanderfolgenden,ursprünglich
mit 8' anlautenden silben im
Griech. 232. — Aspirata för
tenuis neben v in griech. dia-
lecten 234, tenuis für aspirata in
der nähe von fA, ^' 285; ver-
schiedener Ursprung von aa und
dem entsprechend verschiedene
behandlung 23 f., bes. im Kre-
tischen 34. Thessal. aa für
ai vor vocal 122; thess. <f für C
118, V ifptXxvOTix&p im Alt-
thessal. 118. Aul. a neben an-
lautendem ijf 114. — Lat. anl.
/- aus anl. gh 134 ff., /• ans hl-
139 f. 142, gr, al aus idg. ghr^
ghl 141 ; idg. ^A wird inlautend
nach kurzem betontem vocal zu
h 129 ff. nach langem vocal und
unbetontem kurzen zu g 131 ff.;
idg. M^ zu lat. U 203, lat. Ict
durch Synkope entstanden 203;
lat. IffznU 207, -xr- zu -br- 324.
Declination: zur decl. einsilbiger
Wurzelneutra im Idg. 225 ff. —
Instr. sg. der ä-stämme auf -Sn 311.
Dat. plur. der 3. decl. im Griech.
35, altthessal. «r» neben jün-
gerem 'iaa& 118; gen. auf -foi von
nominativen auf ris im Milesi-
sehen 278. — Ursprung der lat.
5. d. 266, Verwandtschaft zwischen
ie und t-stämmen, Vermischung
mit «a- Stämmen 266 ff. casusbil-
düng der 5. decl. 274 ff. — Ver-
wandlung der feminina auf •? in
solche auf -m, wodurch im Lat.
und Germ. Übergang der adjeo-
tiva auf -us in die t-decl. veran-
lasst wird 274 f.
IMtftg« s. kn<l« 4. Indf. Bpraehvn. XXVII.
99
»0 ^
330 Register.
Dialecte. Zum lesbischen d. sehen 110 f., zu den i. von
281 ff., zum arkadischen 283ff. Amorgos 113, zu thessali-
zum thessalischen 280f.; zur sehen 116 ff., zu metrischen
Stellung des boeotischen d. griech. i., deren verse entstellt
257; Verbindung von Thessalien, sind 120 f. Eine kretische i. 826.
Euboea und Osthellas 257. Reste Lehnwörter: griechische I. im
ionischen d. in den inschrifben Lateinischen und Oskischen 196,
von Magnesia a. M., besonders polnische im Litauischen 175 n.,
in den ausdrücken des katasters lettische im Litauischen 167.
278 f. Oeschichtlicher hintergrund L y k i s c h : Wahrscheinlichkeit indo-
der gründungssaffe von Phokaea germanischer herkunft des L.
123 ff. — Yergleich des Alt- 299 f. Endune der 1. pers. sg.
slovenisohen mit den heutigen auf -u 296 f., das pron. pers. der
bulgarischen mundarten 165. 1. pers. amu und mu 294 ff.
Die mundart der slavenapostel Prasensflexion 800.
südostmacedonisch 166. Monatsnamen: die griech. m. von
Eigennamen: Über iranische von festen hergeleitet 325 ff.
e. 74, neue griechische e. auf Mythologie: Asklepios eigl. eine
den insohriften von Magnesia a.M. heilschlange 319 ff.; fiber die heil-
287, vater und söhn führen voll- kraft der schlangen 813 ff.; heimat
namen, in denen ein dement des Asklepiosdienstes 322 f.
gleich ist 288, namengebung nach Ortsnamen s. eigennamen.
göttem 288, heroen 289, nistori- Präfixe: vor consonantischem an-
sehen personen 289, nach tieren laut lat.r«-, nicht r««^- 300 ff. Die
289 f. — Über einige griech. e. Verdoppelung des folgenden con-
120 ff. Kosenamen neben voll- sonanten folge von syncope des
namen 111, 234, 249, gekappte reduplicationsvocals 800 ff. (anders
kosenamen 111, 118, 262, ein- 211 n. 4).
stämmige 149. 288. Spitznamen Rigveda: alter und heimat des R.
von personen 290, Spottnamen der 145 ff., iranische spuren im R.
Nordgriechen 249. Ethnioa ge- s. 76 ff., bes. 80. 100. 103. R.
bildet wie personennamen 233 ff., I, 53 s. 77 f.; I, 80, 12 s. 101 f.;
kürzung zweistämmiger Völker- I, 103, 3, s. 103; 116, 24 s. 78 f.;
namen 124.244.258. 260. 262. — 117, 4 s. 79; 122, 3 s. 104; II,
Zu den griechischen Ortsnamen 7, 1 s. 79; 30, 2 s. 105; 31, 8
183 ff. 8. 81; IV, 5, 12 s. 106; 33, 7 s.
Ethnica: s. eigennamen. 81 ff.; V, 43. 18 s. 83f.; VI, 75, 1
Etrusker: eigennamen der £. auf s. 85; Yll, 83, 2 s. 89 ff.; VIII, 17
'tru und iur »- gr. -diSgos 48 ff., s. 92 f.; IX, 10, 8 s. 93; X, 83, 3
bes. 55. — Etr. Wechsel von s. 107 ff., 40, 1 s. 94, 61, 16, s.
au und a 56, von tenues und 95 f., 61, 16 s. 95 f., 68, 1 s. 96 f.,
aspiratae 53. Svarabhaktivocale 72, 8, 9 s. 99, 77, 2 s. 108 f., 89,
54. Bemerkungen zu den e. in- 18 s. 100, 105, 7 s. 100 f.
Schriften 68 ff. ; zu den ersten Stammbildung: wurzelstamme auf
werten der grossen campano-e. U, eu 267 f., abgeleitete nominale
inschrift 154 ff. stamme auf it, t («o) 268, verbale
Homer: An das ursprünp;liche ge- 269 ff.; nomina auf 0, ei, i neben
dicht vom zom des Achill sohloss verbis auf eio 270; das -ä und •«
sich zunächst eine erweiternng, der verbalstämme identisch mit
dann eine erbreiterung 1. Die dem -ä und -9 der femininen sub-
versabzählung ein mittel zur fest- stantiva 271 ; tb und i nach langer
Stellung des urspr. umfangs dieser Wurzelsilbe neben io und f nach
teile 2 ff. kurzer Wurzelsilbe bei den tb-
Inschriften: bemerkungen und verben im Germanischen und
ergänz nngen zu den insohriften Lateinischen (vollstufe des
aus Magnesia a. M. im thessal. suffixes ist, «t, ei) 272 f. Übergang
lesb. und arkadischen dialekt von o- in t-stämme in der oompo-
280ff., 291, zu den altkorinthi- sition im Lateinischen 217.
Register.
331
Saffize : Idg. r- und it-suffixe neben-
einander 328, grriech. -oy 233, -Sw
242, -orra 242; etnica auf -tos im
Nordgriech. 252. 257, ow, -ovrog
neben -tuv, • ovog 255; nominative auf
-oyy aus dem gen. plnr. entstanden
256. 259, auf -äorroc, -fitnos aus
dem loo. plur. auf -ä<r<, ijor« 259,
auf 'U)g aus dem loo. auf -i 259,
auf 'dg, d^os aus adverbien auf
-d^i, dirfv 261 auf -€vg von loo.
auf 17V, €1; 260. Von Ortsnamen
auf -<Mx wird das ethnicon nicht
weiter auf -€t€vc, sondern nur
auf tvg gebildet 260, s. -wog, lat.
inu8, ulnus bei stoffadjectiyen 191,
lat. sU 216, lens neben UfUu9 222,
-eUus, eUu8, ühts, dilus 201; lit
masculina auf imw neben fem.
auf -e 187.
Synkope: s. yocale.
Syntax: zur s. des Infinitivs und
debitivs im Lettischen 68. 71 f.
Vocale: Behandlung auslautender,
gestossen betonter langdiphthonge
im Idg. 152; Wechsel von o und e in
der Wortbildung 326; von o und
0 in epirotischen namen 246 f.;
lat. anl. loi- wurde zu &, bevor
der wandel von ot zu 00, t« be-
gann 138. — Vocalsynoope im
Lateinischen 188 ff., im Oskischen
und Umbrisohen 196, einfluss des
folgenden vooals ist dabei nicht
nachzuweisen 198; die erhaltong
des vocals erklärt aus den Wir-
kungen der analogie in wort-
gruppen 199. 205. 209. Die syn-
oope unterbleibt zwischen m-n
und n*fn 202 f. — Zweierlei halb-
vocale in der slavischen urspraohe:
geschwächte vor silben mit voll-
lautendem vocal oder stärkerem
halbvocal, stärkere vor silben mit
geschwächten halbvocalen 163.
Wortbildung: ursprl. selbstän-
dige Wörter als 8uf6xe: -a^pov
233 ff. 238, -on, -am, -wno 288 fi.
w. durch hypostase in lat. pfi'
mSre» 46 fi.
Sanskrit.
akts^ 824
akrä 108
dgohya 88
äfda 224 n.
(Mi 224 n.
aridhäyat 77
doat 238
avrhd 81
iffOii 112
Uta 178
ütd 288
ti^' 208 n.
^ka 166 f.
kamamüia 168
kfUi 210
jätubharman 103
jtmüta 85 f.
tarfäyati 204
Urä9 224 n.
dkr^jati 130
fiahi 185
mpuna 224
mbhansdhi^iha 94
ptHleaiha 204
pa^ 224
II. Wortregister.
para 227 f.
paratn 228
pari 228
panti 226
parS 227
pdrena 226
parvan 224 n.
pära 223
pM 208
puräs 227
purva 227
pro- 226
prathamo 227
pravanä 226
prS^r 227
pranta 228
o/iAan 129
W%ah' 204
&A4;Vi^t 168
bhanäkti 168
&At«r<«^' 188
ftAii'rt 188
mäyS 810 n.
mMfayaÜ 210
raÄ^ifo 109
rdoaii 142
rö« 267
rieätUu 98
r^ 106 f.
t?<fyii<t 178
vavau 178
vasarha 104
t?Sra< 194 n.
o^M 101 f.
vyäpSra 224
vroMa 191 n.
fonkHa 204
ppfuS 107
fraf ^ 80
sina 105
«oaru 195 n.
wid 268
Art» 142
Iranisch, f A vestisch
unbezeiohnet.)
kathwa 75
Kanna^Qxia 75
bibl. KaphiMr 75
ÄMtra 74
pers. AmAimA; 108
jaidhyümi 250
ap. Tayuofa^xijc 105
taro 224 n.
22*
332
Register.
dotnSna 226
nigraire 270
nmäna 226
ap. paruviyaiah 227
paro 227
IIojda^dS^QflS 75
psretu 222 n. 223
fttiiVt 188
Dpers. berf 102
maMman 268
ap. vazraka 104
oa/Va 101
vifra 101
np. r^ 107
bosporan. £dTv^ 74
«Aä<« 216
ap. Bhiyätt 216
Bkyaoma 149
Skythisch.
KaqfATiuXovx 74
Armenisch.
stiM/ 106
Griechisch.
::4/Sa; 254
ctßXriQ<nf (Hes.) 45
thess. ayyQsanf 291
^^Jlai/^df 112
^^^ato« 250
uiy^tfAOVig (Hes.) 250
lAygiävig u. ä. 233 f.
maked. Idiqomg n. ä. 238
a£;^fyc( (Hes.) 186
jiiävig 237
epidaur. uiCiaios, ^Co-
aws 326
"A^fiavig 234
At^uees 241
Ai^loms 264
c^rxi; 232. 240
Atfjiovis 251
AlfiwCa 278
Aivtävsg u. ä. 235
AioXiSiXg 254
«roAo; 240
atnokog 208
maked. Atenos 289
aia^avofAM 205
ion. AtaxQaag 285
a/aao) 232. 240
o;(V(xf 233
AhtoXog 249
uixaqväveg 235
dxfir^v 811
äxfinvog Sil
IdxQaüptov 235
^fjrrofrof 258
:<Aiiri7; 249
I^JU^af 288
maked. ^Alfirnntg 288
aZi/Ca (Hes.) 235
l^AvC^Mx 235
thess. liifjLiUfaag 122
jifivuvoi 243. 245
uifAvfiovig 248
*4fA(p^xTvov€g u. ä. 242
jivayv^daiog 259
^ycMMxra 118
avaxalov 118
oy^^fti^ro; 239
arra 224 n.
afT^ 224 n.
:^oyc; 233. 236. 265
inmianf 283
boeot. d7r€U^c(/)ofT£(
151 n.
dor. d;r€Ua(c»r 826
delph. uiTtmai 326
delph. :^7raAaw 326 f.
ten. AmXXauov 327
jiniUw 326
jimqovTol 250
aniQiCaiog 223
dnfiv^a 145
L4;rto 262
^nidavijeg 262
"ATudoveg 262
^Anodonot 249
änQOftCuamog 806
'^^öJUx; 259
J^^oA^.260
*'AQyog nelaayutov 251
'AQxddeg 284. 261
*AQxaa(Sijg 260
aQxiaaat 261
*AQXTäv€g 234
"Analog 249
a^ij; 267
*^or6^ 285
thess. *^orxaJUx;r»o( 819
hermion. 'Aaxalag 309
kret. *^(rxixjl;r»d( 320
'AaxXag 319
"AaxXfinäg 319
"AaxXfiniog 819 f.
äororoy 240
düxi^otQog 238
'^r^/f 258. 263
'^T^vrayff 234
^Amxog 258
avili^^oy 45
Ai^aia 111
avof 232
avToxaqißog (Hes.) 285
avxofjtmog 312
'Axai^og 240
dx^Q^ig 197
ajlfijv 185
dxvff^io. 185
dy/i<pig (Hes.) 116
dipsipitüv (Hes.) 116
"Ay/i(fftjg 116
*Ail/€<püap 116
/9aJUoi 270
BeXfpoi 254
kret. /Sc^o» 325
ßXrixQog 133
/9oi7^; 113
BoMtiroc 257
delph. Bovxdrta 327
ßovx6Xog 208
/9^<;t" 136
BQtaQihv 4
Boi^o^ 185
yiivoutu 274
yci^ea 274 n.
TlEyoaro» u. ä. 246
yXafpvQog 141
Tip«^? 256
^^a£»f( 256
ripatx£; 256
r^ffixo^ 256
yQuOTtg 141
Ti^o» 256
rj^aoiy 289 f.
y^vfoi 141
delph. Atf^atpoQiog 327
(Ta^a; 167
^«ju/ix 111
lak. AafjLoUt 112
Aavaoi 261
(foi^ac (Hes.) 261
maked. SdgvXXog 238
SixofiM 183
däXXi&tg 191
dionorrig 267 f.
<f£uf0 167
Sixouat 133
<fi7fcoff 194 u. n.
dutCvto 167
ÖMfin^Qig 223
duLTtQvawv 223
Aidaarat 242
AiSaCßiov 110
aeol. dtSwsd^i 282
boeot.(f «caac/Jt^cMTC 1 51n.
AoiaoTog 246. 247
AoXomg 238
douog 225
AoQvaaog 113
AQvoneg 238
Register.
333
Jviariu 246. 247
Jvfiävsg 285
/Iwßntlvoi 246
^ttqCs n. ä. 288
^Eyyilävig 284
"'Byxi^g 242
^E(y)xT7tvis 256
!ey;^cjldv€c u. ä. 234
h'X^^ 142
*E^4aTM 251
€/ 36
dor. «fx» 282
'"Expofios 183
!Elc^ikiff 257
liKUiivcf n. ä. 289
'^BXlones u. ä. 289
mo^/ 289
ifinä 144
ifinäv 144
f/Änäs, tl/ÄnäsC^) 144
ifÄTtrig 142
liNfoy 226
delph. *EvSv9nonQ07iios
327
#yi?i}f 233
thess. i^ttxaSdriv 118
^EoqdtaTM 242
*Eneio( 261
inC(Aaatog 306
ther. l/i/itrao^oc 114. 116
boeot. fnnaaK 255
i^ßiv&og 193
Mgiwa 209
1^17 112
thesB. iaaafiofv 281
#(ra/ 36
Bvxa^fiog 255
ct/li/pa 44. 45
BvQvaXog 185
ciwvc 44
JEvQvwävig 286
BvQWtiog 245
*ExiäioQog 288
boeot. Fa^t&aios 151 f.
i^a/to 110
>rAr«oc 268
f »Ol 282
delph. *H^aw 327
delph. ^jffgaxUios 327
il;fcrr» 185
*ri 132
i^fff (Hes.) 135
GaXaftat 184
delph. Gto^ivMg 327
€^anqmt6g 247
6K<r(ria6f 249 f.
^my6vig 115
eio^pc#toc 250
^i/avro; 289
^Quiatog 259
Iff/ro) 113
Vßxoff 236
*IttvCaxog 237
iaofAat 118
Vaw£ff 236
/apoV 113
7aff 124. 236
l«;t'i 132
7acuy 124
/<r^a 271
ioD. /£^^ai( 279
rxoi 232
'//i^^£; 251
Ifjtipag 251
tfi^iog 251
Wcra» u. ä. (Hes.) 112
"/rayoff 112 f.
•/raril2
i(f>&ifiog 267
ra>;ioy (Hes.) 251
"/wAov 251
*'/(w 124. 236 f.
KadfxiTot 256
KuSfiog (Hes.) 255
xddfÄog 255 f.
üTaAZaiff u. ä. 249
AcxAcn/^oi 83
Jir<t(»i'£M>ff 235
Kd^fl (Hes.) 235
Kdgvog 236
Xa^(£)a);rd( 245
KaafAvlog 255
xdaaaad-ai 255
KaaaaiTiol 244
xixadfjtivog 255
Kilai&ot u. ä. 241
ion. x£y£off 192
kypr. x€V€v^6v 192
att. x€rdff 192
KtadvdQu 255
A€^aUffy 248
KiipaloCdiov 248
Ä-i}? 235 f.
A:a»x£c 263
iCAf^o) 270
xAi7/ff 206
KXvraifii^aTQa 290
KotltonoC 240. 245
Kolol(fQv^ 258
dor. xotyar 283
xotvtovog 233
KofATtiamv 185
xoQv&aUi 240
Koqtavig 320
xoafiog 255 f
Xoi;^( 248
JTov^foy 248
Kqavttlxfiri 258
xTiavfjxfig (Hes.) 135
JiTv^^^crra« 242
^dxan' 260. 262
Zä^iydff 194
aetol. Aatf^idiog 327
phok. Aa(fQiog 327
Z€^^M>y 139
Xfi^oV 139
i«*;^^ 136
Acv>/aZ/off 138
XiXt*v6g 231
^0x^0/ 250
Avyxriaxai, 242
Avypdff 138
Avxtttav 234. 237
^vxryoff 290
Avxioi 264
^vra^ 185
Mayvi^g 252
finloiiat 306 ff. 310
fialaxv 193
Afffxfdojy 242. 243
Maxtdvog 242. 243. 252
Maxira 242
Afax^^ 258
MdxQotveg 258. 264
^aAi7 309
MaiTtreuff 260
^a^^ 308
^aa;>iij(ff) 305
fxdati^ 805 u. n.
fActarig 305 u. n.
fiaarCüi 305 f.
el. fjLaajqdai, u. ä. 308
fiaOTQonog 308
fiaOTQog 308
fjLuaxdXn 309
/u<tTaM>c 312
^Marav (Hes.) 808
ILiardü} 311
fÄOTaxog (Hes.) 308
^oTcrv 308
/iaT^(y) 311 f.
/ucrnj^ 308
fiOTQvlri 308
Mttj^aoyy 320 f.
/uayi} 310 n.
fiaxofJLtti 310 n.
/nt/natüg 312 f.
Miviarair 251
M^vy»?ff 126 f.
MiQomg 239
Mearjvif 291
fjiixafjitaviog 309
fieravaarrig 254
Mejuxoiov 1 1 8
334
Register.
(uraxlf^iftfü (Hes ) 116
(iifioi 310 n.
thess. Mvaaaas 121 f.
/^vo£a 252
fjLoxXog 235
Mvctviq 236
Mwrv^g 286
MvQfitixeg 184
MvQfJLtdovis 258
fivQfJLos (Hes.) 253
MunXrjvTi 262 f.
Muratig 262
AfuTOiy 262
boeot. AfoiJlcot/ro; 149
^(SAoff 310
ficOfAt; SU n.
^oiilv; 310
fictfyiij (Hes.) 311
fiwvMg (Hes.) 811
NvutfttiSiog 260
JV^i^tfM); 288
yftiA«^^; 168
dor. ^wav 233
ion. Sweanf^fi 283
SvntTauAv 259
^MTorci; 260
o(ai (Hes.) 250
t)CoiUK< 250
d^^yi; 173
oiCvg 168
ofo/uai 209
OtvtSnts 239
ofo» 206
''Olox^of 250
X)Xvfi7i(a 185
''O^wccAc; 243 f.
^Ovoneqvog 244
'OnXodfx(a 255
'OnXoafjL(a 255
*0^^(rra» 242
o^o/So; 193
o^t;;^i7 132
OyarUts 126. 128
ovli} 191 D.
Oi/^aiy 280
ovx^ 135
t)y«ra(ff) 257
'CkpuZs 249
'O^M>i^; 249
"0/1? 183
att. Hatavta 124
alt. Ilaiovtdair 124
naupaaam 270
TraXdfAri 193
navd^aoi 112
ÜovoQfiog 183 f.
Tra^ 228
naQaißoTfig 227
Uaee^a 319 f.
naqelag 319
nuQi^MV 45
na^ol^Bv 226
Traeo; 224 n. 227
naqio^log 242. 244. 245
Tiaff 143
ndaXog (gen. s.) 244
^e<^ 228
nrc»^^ 223. 225
nrc^ 223. 224 n.
TTcrcrtc 268 f.
nikaywf 255
IZcAara« 252
ntvimM 251
nevTeXrjatos 269
7r€^ 226
^^e<* 223. 225
m^ivto 223
UigavT^a 260
TT^^ac 224 D. 225
niQdxfi 228
TTC^aoi 228 f.
9r£^^ 226. 228
TT^^«^ 228
mguraos 228
^€^1^ 228. 225
mQ(Q)aißol 251
mgaui 268
pamphyl. m^iSatxe 226
niqvat 226
thess. JIsTd-aXog o. ä.
249 f.
mTQctxog 113
ion. IliTQ^evTog 279
UevfjidTioi 148
TtTjyvvfJH 133
IlfiXiyova 255
/7/:E^€f 252
nlXvafAai 192 n.
kypr.7riAyoy(He8.) 192 n.
ninQaaxa 224
Ilnd'iojv 290
no^aXtiQiog 820
delph. ^oir^;r»oc 327
HoXvßog 113
noqvti 224
TTO^; 223
kret. Tro^r/ 226
nrdr» 225
ngayog 226
nQofiog 227
nQävr^g 226
dor. nQÜTog 227
ngiuvov 223
aeol. nr^^ff 226
TtQfjTrv 225
71 ^/y 228
TT^ 223. 226
Tieo/I 232
7tQoia0ofia& 232
TtQOfiog 227
ngavaarai 254
n^oaneXärM 252
kret. TtQOTov&g 227
9r^r£^f 227
;r^r« 225. 226
TiQvXäig 235
nqviAVog 228. 225
TtQVTOVig 227
n^wt» 227
TT^^ 227
ÜQiupaaog 248
;roa)froc 227
TTviiOTOc 228. 225
natymf 225
^ax<c 235
'Pemk 45
ion. *Pe/i7 45
aaydag 114
ora^^ 114
aa^Qog 114
oro/^ 115
aaundg 114
aaXayet 115
aoXa^A 115
(raJloc 115
aaXvya 115
Santfm 115
(ra^«y 115
(ravx^f 115
aatftr^g 114
aa^viv (Hes.) 115
(TfiO)« (Hes.) 116
acJlI/Ccor^a» 115
atäyweg 115
<r«yaf 115
aivofAai 115
atToc 115
or^rra 115
<r«7Taxöf u. ä. 115
<rxaAa;ra(€« (Hes.) 819
axaXfjvog 271
axoA/c 270
«rxoUa» 270
(TxaJlTraCfiV (Hes.) 819
ax^jlo; 808
axoXiog 271
iSxvAi^oyy 290
aoC9fig 115
(To^o; 114. 116
£jtagTiaTfjg 260
anXttyxya 129
otttA^v 129
tfr^e^V^ 239
XvQtot 264
ZvQot 263
üfp^gta (Hes.) 110
OfffiXos 267
ctpoqtay (Hes.) 110
£(p6^og 110
«yj^aJl/c 309
criu/oi 116
TaloiTM; 234
TdXa^eg 244
Tdfifjirig 235
7ava>'e<>^ 256
ion. ra^^JlMx 235
Taaxofiivfis 287
Taaxo; 287
Tix9)«o« 248
Te^^Qdatog 259
rf/i^fki 224 n.
TifAfiXxH 255
r^i^jt4a 224 n.
Tivfiaofjiai 149
boeot. Tivfjiaatyivits 148
r^yrc^v (Hes.) 234
7V>iv»off 288
TgixXaQOi 243
TQinoXutaot 245
7(^v^ä^ 321
'YdfiTtoXis 254
TJlilÄtff 235
*r9rai%io« 242. 245
^pcMOf 167
4>&taTag 252
if^Cvm 115
4>^icuri}( 252
ipucQog 167
tpUQog 167
4>Xftdaiog 259
*PonhttVig 236
ipqvyCkog 258
^vXdaiog 259
^v^ 188
4»fkMr€rc 253
;^a/vaF 270
Xaoy«; 243
Xavvoi 243
X^ifJtaqqog 113
mil. YiiqofidxM 820
XiQooqog 244
Xi/iOJJUo« 245
;r^i;ii 140
;^A«^d; 139
yßay^dv 114
tfHxS^dXXiiv 114
iffad^agd 114
VKt^£a^ll4
tfntd-vQog 114
■i/MX^Qa 115
tlMuard 114
Register.
xlfoxniQ (Hes.) 114. 115
\fßaXaaa€ir 115
V/aA^f (Hes.) 115
*Pdjt<pai u. ä. 115
V^a^f^ 115
ipavxQog 115
V;£Ud; 115
ipiipag 115
Vr^^£« (Hes.) 116
V^ 114
t//i7;)fai 114. 115
y/^ifvat 115
V/f)'«; 115
ipivofiai 115
V'Ari^ 115
i/f/rra 115
\fß^Trax6g u. ä. 115
V/irr/a (Hes.) 115
xjfof^g 115
yßtu&ut 114
xjtfo&Cov 114
«f'iu^^ 115
«l'w;^« 114 f.
*.ßyi;^to 83
"Äyv/off 83
M^a 194 n.
(5^; 194 n.
Lateinisch.
a& 211
valg. adgretftjua 212
aduUua 190
Aequicohta 229 n.
asquor 167
aequua 166
oertimita 203
^«sctf^^tis 320
aeHumo 210
agnus 205
äto 130
a/t^ 198. 200
o/ttM 227
öfter 191. 198
afttfs 190
a/i«mntM 203
amfäriam 205
am/Texu« 205
amfractuB 205
ampendiees 205
ampUcior 205
ampsane^tM 205
am<0i20o 205
amseges 205
aneotf^tts 205
ane«fi<u« 205
aneeps 205. 219
ancuia 205
aneukis 190. 205
335
an^tro 201. 205
an^0 224 d.
an/emna 201
an^«rmtm 205
an<0« 224 n.
anUstärt 201
aprietu 190
aquüus 324 n.
ära 197
ardii* 197 f.
Sreo 197
ar/Scto 196
örtV^tM 197 f.
arrügia 132
ar« 217
durper 211
ati6ti^20ti« 205
dtfca 205
aticep« 205
^ficftM 207
auiitfo 206 u. n.
atf<^ f s avu^J 206
audio 189. 206
AudiuB 207
ati^tir 205
^u/tM 206
auspex 205
au^fimo 206
tfu^timnus 203. 209
aveo 233
at;t2^ 205
balneutn 192
&fmtis 130
drüma 207
caelebB 222 f.
eoMtfs 200
ealfaeto 196
calidus 200
ealumnia 203
co/oi 203
can^ 201
Caudius 207
Cat«/ttM 206
cau^tM 206
eavema 197 n.
ceftM 192
e«^ 212 n.
ctcer 108
eint« 267
Claudius 207
elaudo 206
C^vuM 207
ctemeM 217 f. n.
C^^tM 206
C^t7tW 206
CluUuB 206
C7ti«<ttM 207
eohoTB 130. 217
a36
Register.
coinquo 14S
arch. eoiraverutU 137
eohitnna 208
eompäge9 182
ameoTB 219
eotUio 208
eorbs 219
cor^o 198
earrügus 132
eö« 216
criMltM 206
eunetor 204
eünetus 204
OMTÜI 207
DaunM 61
<;«6t7 221
deineeps 204
ciS^rtM 138
<;«ntio 192
c^Mitfr 191. 209
dexHmua 209
<;tM 268
£2omntf« 208
dd8 216
BgHiu» 185
€^^« 185
egeitM 135 f.
egreUus 212
er^ä 193
er^ö 193
drvom 193
Bxperior 224
eAerus 211
/oci^tM 270
/öcte« 270. 273
Falernus 197 n.
/ami« 270. 273
/br 220
/orfna 195
FaunuB 57
F<ifM<t«/t«« 57
Faiuiu9 56 f.
/dfM^tf« 206
/mtna 202
jMMtra 221 n.
/ifTui« 193
fidiM 268. 270
yt^o 131. 133
ßgüra 134
>-mtM 198
ftvo 131
ßägüium 138
^oti« 142
flemina 202
/i^o 131
/oiM 221 n.
Ponte« 221
forceps 204
fwretuM 204
/(>riiM 198 f.
/ormtca 198 n.
fors 217
/or^M 204
foru9 185
FöCsßius 57
/0<fM 208 f.
/bo«a 135
/tifea 191
fuhnen 203
/tffiiio 134 f.
furia 188
/t#ro 188
/ti<<t7t> 212 n.
gens 217
germen 141
germinäre 141
^/o&tfr 141
^/arM 209 n.
^förta 209 n.
gUia 216
^/Ö^m 189
gnävus 142
gradior 141
GyMct 256
Gy<{;t 256
grämen 141
grando 141
gratia 141
grätu9 141
gravis 274
grundio 141
-^rtio 142
grümus 274
Wim; 191
A«/i;o« 192
A«rt 267
horior 194
Aörnu« 194
Aor^or 194. 199
hospes 210
hospss 217
t/tßo 198
ineohars 180
indXgus 135
indupsdirs 204 n.
induperäre 204 n.
tn^09M 218
tn^am 143
inUrnecies 274
irUerpres 224. 226
yü^/an« 206. 268
/ttt&'tf« 206
/ü/ttM 206
jüneus 200
JtSno 57
jMr^o 197
jurgium 197
jtf^Bto 212
lardum 194
/^«moma 61
Xamuria 61
ImmIm 142
^Mw 218
alÜ. ^a 188
£ix 182
/»5<ir0 188
/»5er u. ä. 188
ft5tfm 138
tieft 129
i^tfre 136
A^o 135
hpürio 184
/ifi^ter 138
/tra 138
/»« 216
altl. loehertaUm 138
altl. loebesum 188
arch. M2a« 187. 140
lörum 45
/detM 208 f.
iudo 138
fodtM 187. 140
Uigeo 138
AirtVftM 138. 142
mäior 180
ma/^umtim 202
fiitftiM 807 n.
maha 193
tnaneeps 202
ffumetipnim 202
manotipo 202
manciolus 202
mansuetus 202
nuinto 200
manfö/e 202
manß/ttfffi 202
mantelum 202
mantttfii/äre 310
man^t/e 202
MarOurna 200
mofiue 808
Marcus 204 n.
Marpor 204
ma<te« 212
mediusfiditts 268
mdtb 130
me/^om 192
mene 217
msfUirt 310
miAt 129
mtetertum 202
mixtus 210
altl. motiroe 137
mons 221 f.
R^lister.
337
morftiM 194
mors 218
mSiuB 206 f.
muleare 208
muietus 208
muUa 208
mtfto 268
narro 212 n.
fM^öre 185
negöUum 135
nt%«7 180
Nöia 209
nönÜäre 209
IMfMM 208 f.
iVbf^fM 207
noufuu 208
HO« 824; aift?. 217 n.
n«^ 220
nändinufn 208
fMMiHMtaHitM 268
nüdus 206
iMin^upo 200
o5 211
ofyurigandum 197
o&ft^iM 188
obtürd 207
o/yScttiffi 211
o^actb 196
öffMft 209
omsiMfitoiM 200
epaio 208 f.
0;n/tiM 208
öpäer 206
Opdtfr 58
cp« 219
opUmua 211
(>r6« 219
Oreua 166
omo 204
omiM 197
alat. 08tnen 209
ö^Mffii 209 n.
pägina 182
|M^ 182
jpoMia 198
jiancep« 200
panus 200
^ar« 218
paueu$ 206
pauper 206
/»er 224
per&ndü 228
|i0r|jro 196
jMrSstiltfm 224
perUua 224
pemiciss 274
spatl. /MÜsfi^Mmo 210
päumiMM 208
pM«« 278
/lAima 828
Pöilüees n. ä. 192
/»MIO 210
pons 222
PopUeola 228 ff.
|>CfpifMMM 191
/»^iuln¥« 191
por^o 196
pcrta 228
|>or<o 194. 199. 288
pwrku 228
p09ÜU9 210
/HMilM 210
Potf/t 206
prae 227
praeda 188
praeBto 210
praeUr 228
altl. oraidad 188
/iranattf m 200
prehendo 180. 187
pr«<uim 224
j^* 228
primdre» 46 ff.
l^rfmtM 228
prineept 200
l>r»or 228
|irf«ciM 228
/irtcttiHM 228
pro 226
proeapu 219 f.
profeeto 193
progemeB 274
pröfitM 226
propter 212
proptervua 211
proioenu 267
prüdens 207
/w^t7 221
l\«aKi 206
ptir^o 195
quagläior 215
quemus 204
jtiiM 216
^«ru^tM 204
^tfu^tfetm 204
^tf tii^Mi^t 204
QtitVt<0< 207 n.
^m^iM 204
ratMm« 206
rSotM 142
r^eeid&re 808
rM^oew« 802
reperio 224
r«pp0rfr« 802
r?« 267
reero 802
BaitflfB B. kvnde d. indg. apiMlim. XXVI.
rif9r€ 186
n^^r« 186
rif/eseere 186
rt^tttf« 186
J2dma 209
rörärii 209
rikifM 142
rüga 132
ruo 142
rMTMim 207
rür9U9 207
rü« 207
RuttiuB 207
«a/M« 207 f.
Seaevoia 280
<eo6« 219
«6ro6« 219
8ilibra 200. 202
««f|W 220
suqui' 200
M<<0r<tfM 200. 202
sexhiM 210 D.
nneiput 200 f.
singuiuB 214
aordiduB 195
«(>r« 218
«CM^M 210. 217
<p9« 267
ni& 211
ai^o 181
aümo 210
«iiprimtM 190
turcuhts 190. 195
Burempsü 210
alat. «tirAittit 210
Mir^o 196
9urp«r€ 195
«tirtM 196
^«rra 224 n.
U9ti8 189
«tVica 201
idm«wtum 208
to«<ti« 204
tötiM 206
traht 220
^«^m 182
träio 130
^oiM 224 n.
irtäirus u. ä. 55
IWiMM 67
üdua 206
mAm 201
fdna 191
tim5ra 828
{Tmftrui 824
ündeeim 190. 201 f.
üpiUo 208
urft« 220
23
338
Register.
üiSrpo 196
vae 108
vSjfina 138
vSaor 182
vMemenB 217 f. n.
veho 129
vendo 189. 201 f.
F«rt JM 60
oama 197 a. n.
VB8ear 218 n.
f^<0tt« 218 n.
veattgium 182
viacolus 229 n.
vyt/ 221
ofiuitffnfa 201
vir 220
otrMM 195
tTiitrtictM 212
volnus 191 a. n.
vStus 208 f.
Oskisch.
eukhna 196
%atöi» 182
/i^<{ 182
moUam 203
p«r^ 226
jpMfftom 225
pruter 227
ttfnlm 224 n.
Up%l(iei$J 208
valaemam 187
Umbrisch.
amboUu 196
maf^ 202
motor 203
periM 227
|»r« 227
preira 228
promom 227
re- 802
c?u/'0<0« 208
OK/rti 208
Italienisch.
BOT 208
«ora 208
Keltisch (Altirisch
anbezeichnet).
airmaU 225
mir. aoin 200
o^^O; 191
bret hiz iod 282
eöieed 204
cymr. ^o/t 809
huinniuB 197
tn-fna<{M 812
2dm 193
madaeh u. ä. 812
madae 812
mon 810
r«fi«m 224
tir 224 n.
Albanesisch.
mq/e 222
r«;i£« 109
Slaviso'h.
(Kirchenslayisch anbe-
zeichnet.)
wr. hiHe 188
hufja 188
rass. MrAofr 188
golimü 191
jVMdfiti 197
kara 286
»cAö 188
ruB8. loj 194
2om«^t 168
rass. mqfata 812
mq/'o^' 809
moAa^f a. ä. 806 f.
mamüi 811 n.
kir. tnana 810
0. mani, mant 811
tnatu^i 809
manät 810
mash 307
maith' m 307
maz^a 307 n.
p. tnazaac 307 n.
molrt^ 808
obrisH 168
poln. o;V» 191
pra 226
rass. poromU 223
rana 192 n.
rtivefir 142
riaq 142
ksl. «20MfMi 129
rass. sarü 195
«fir^«<i 168
trOati 180
^JkiM 212
fi/ro 824
}U»h 191
Preassisch.
atM<tn 225
tkai 167
&W«?M 167 f.
ulifU 285
Litauisch.
o^jl 173
aiknte 167
aikmtut 167
ditsA»!« 167
aA;^ 824 n.
anktÜ 824 a. n.
«rfad/ 198
6i& 175 n.
6tift 175 a. n.
bhUdlaOU 282
hiÖgoM 138
zem. fttfr^^MM 167
zem. hurgUi 167
ftiiriUMt 188
burkmsndja 188
ftüryt 188
i{]^fa 188
dtmstia 167
ifire;! 173
gmi 191
^Ufia 225
^rfo' 141
glaudas 140
gUaürmu 189
^tffutö 142
^ru^t 142
^rtiilM 142
grüdau 142
^/m 270
Uck, \k 166
a»iB«^ 166
Uzku9 167
tM?« 198
ifcora 236
Uima 168. 187
2ifm<t 167 f.
mannU 807
ma«ar^t 305
magtaa 807
mo^yfo' 808
maur6t% 188
mazg^i 807 n.
mono« 309
möitagM 306
mosUrHi 806
ffio«<U 807 n.
md<t 809
mozöti 806 u. n.
fiama? 167
/»atinAMiM 824
|>eftMM 224 f.
pef- 224. 226
perkä 224. 226
jpA^iiAvmi 328
praniü 224
|»r^ikM 224. 226
Register.
339
pr^ 227
prU» 227
pri 228
pro 226
prötas 224 f.
rifu 267
akOiü 270
«ibyff 270
Mfiatli^ 282 u. n.
«tU/ttM 281
9pVu 267
«iirrf^t 168
tst^Miia 108
9»iav! 270. 272
fyl»i 172
Mrta$ 212
iiifcimd 824
ükaa 824
lUifte 824
tM«t5tfryfe* 188
unktna 828
dm 197
ü'9ia9 225
vofa« 187 n.
vmü 173
of/lM 187
lo^AfMM 187
wA^gas 197 d.
werginS 197 n.
t0<Klftf 188
Mdo« 192
M9dke 270
Lettisch.
&lr^< 167
hauHU 187 f.
Mra 188
huru hurdm 188
gdüeh» 167
^^itw 189
OcIftMM 166
ikkairia 166
tähffiPM 166
Unmeamdte 187
«c;/'166
^Mii< 168
m^ft 810
mdnU 810
mini/ 810
mäfehg 810
fiMT^a 186
tnergdi 186
ndlmii/ 167 f.
iM*«< 226
präjam 227
«ooi 168
«mmI« 168
waidi 168
ir«2t 187
Gotisch.
andeis 224 n.
otiroAt 166
hairau 152
180
181
ijan 250
hUggwa 180
/o/rra 226
/arirn 223
/mir 226
faura 227
/#r<i 223
/ri 228
gras 141
CfTMl« 181
krimgot. miera 188
M^iM 274
qaimuM 225
sfoarts 195
Pragfan 180
M^ö 824
om 168
ooOa 187
Altnordisch.
62dr 142
braka 167
dSrMra 180
m^< 142
kndr 142
ikry(;0 141
maurr 188
naiM^ 167
raun 209
«1^0 181
t9 191
tsär 189
^0^ 226
o^^ 206
Schwedisch,
dial. blina 202
Norwegisch.
hlama 202
OMi^ 208. 209
maura 188
Angelsächsisch.
beoretan 167
et0«üafi 191
/^rofi 182
gUo 140
4:r4: 142
A»^ 182
mund 202
myra 188
sücan 181
Englisch.
ftarA; 167
Altsäohsisch.
gslo 192
iMif 141
Niederdeutsch.
Uekfeng 282
Althochdeutsch.
&/50 142
hltuwu 181
M>tf 131
derrtu 204
ifaöm 172
flUgan 828
/b/ma 198
/^dfi 182
fuH 222 n. 228
^fa< 141
grMo 142
Xttmi 194
praht 167
^^ 191
«Im^ofi 186
8ttU 216
waganhita 188
t0^ 168
saira 167
s<iiiy;afi 167
aha 191
stm6ar 225
Mittelhochdeutsch
MM 251
gruose 241
meidem 268
Neuhochdeutsch.
^aM 809
fiUM< 807 n.
müken 810
m«<i0 810
sehuUer 809
dial. pättehenUekr 232
Etruskisch.
oeiuifrw 49
aMiia 156
apauUru 49. 68
opiMt 59
apatknuuar 59
opa/ni 49. 58
340 Register.
awtfiXug (Hes.) 66. 824 hi 158 VolaUrrae 62
aueena 58 muani(u}rn» 58 f.
€inam 155 f. ffriee 158 Lykiach.
fah^M 56 <til0 158 amu 293. 299
faUru 50. 56 turan 57 ^t 292. 294
faHntru 51 ^uree 58. 55 nm 298
^otfti^tira 52. 54. 61 um 57 mu 295
eins, hatruma 51 vae»/ 154 f. nalau 296. 299
^aHtir 52 f. vaeltnam 157 «ty^t 298. 300
lahirus 52 oeAur 52 f.
Umnitru 50. 60 f. vara^rti 50. 59 f.
Druck der Univ.-Bachdmokerei von £. A. Huth in Götiingen.
Beiträge
zur künde der
indogermanisehen sprachen
Dr. Ad. Bezzenberger mid Dr. W. Prellwitz.
Siebenimdzwanzigster band.
Gattingen
Vandeohoeck and Ruprecht
1902.
Inhalt
Seite
De vooalibaa prodaotis Latinaa vooes terminantibas. Von Otorg
Wedding 1
Beitrage zur Geschichte der indogermaniBchen koigagation. Von
HoM lUieheU 68
Der Imperativische Infinitiv in den homeriBchen gedichten. Von
C. Sentze 106
Leo Meyer, Handbuch der griechischen etymologie. Angezeigt von
A, Bezzef^erger 187
Lat. prömulgäre. Von Onueppe Ctardi-Dupri 185
Sanm cniqae. Von Giuseppe Ciardi-Dupr^ 187
Lettische etymologien. Von J, Endz^Hn 188
Griech. y^^- Von F, Beehtel 191
Zu den altgriechischen Ortsnamen. Von W. PrellwUz 192
Etymologien. Von Wiedemann 193
Vedisch Hufe. Von W. Neiseer 262
Phrygisches. Von Alf Torp 280
Rhodische Beitrage. Von J?. NaehmanBon 291
Contribations to Old Italic Etymology. Von Louie J7. Oray . . 297
Zar declination der lettischen bestimmten adjectiva. Von J. EndzeUn 810
Lettische comparativbildaugen. Von J, JBndzeKn 815
Za den lettischen Zahlwörtern. Von J. JBndzeUn 819
Lettische etymologien. Von J. EfidzeUn 829
Zur i-epenthese im Latein. Von A. Zimmermann .'..... 881
Homerisch xcxa^dra. Von W. Prelhoitz 882
Ferdinand Sommer, Handbuch der lateinischen laut- und formen-
lehre. Angezeigt von W, Prellwitz 888
Register. Von W, PreUwitz 884
De vocalibus produotifl LatinaB voceB tenuinantibiui.
I.
Fonnae in a produetam exenntes.
L Nominativus et voeaUvus ag. primae deelinatümis.
Quia in lingais Indogermanicis nominativum singularis
primae, qaae appellatur, declinationis exiisse constat in a litte-
ram produetam, quam servaYenint integram Sanscritica et
Graeca: dgM, xiiijä^ faoile saspiceris in Latina quoque lingua
eam esse longam. Nihilo setias non est dubinm, quin Plauti
aetate baec syllaba iam fuerit correpta. Haud raro enim apud
bunc poetam eis deprehenditur locis, qui nullo modo admit-
tunt produetam, velut ultima tbesis iambici senarii et trochaici
septenarii. Ut unum afiferam exemplum et alterum ^):
Gas. 114: Ex sterculfno effösse, tua illaec pr&edä sit?
Capt. 488: Pergo ad älios, v^nio ad älios, deinde ad &lio8:
ünä res,
quorum exemplorum numerus facile potest augeri'). Sed bis
lods repugnant plus quam yiginti, quos usque ad id tempus
adbibent viri dooti planum ut faciant ipsa Plauti aetate nomi-
nativum sg. primae declinationis desiisse in a litteram produe-
tam; pauci contra banc sententiam dixerunt argumentationem
accurate non facientes ') , ut qui loci a longam confirmare vi-
dentur, eos denuo necesse sit congerere et considerare. Atque
primum quidem disseram de eis, qui exstant in diverbiis, quod
1) Plaotos adhibetur ex reoensione Leonis.
2) Yide: Epid. 295. 574. Merc. 857. Mil. 267. 972. Pers. 150.
615 al. . .
3) Inprimia R. Mneller, de Planti Epidico, pag. 41 sqq. et C. F. W.
Maeller, plaatinieche proBodie pag. 1 sqq.
9«iteiffe f. kmide d. iadff. fimelMii. XXYII. 1
2 Georgius Wedding
nomen eas comoediae partes significare yolo, quae non mutatis
modis pronuntiabantur ^).
In senariis iambicis:
Asin. 762: Ne epfstulä quidem lilla sit in a6dibu8.
Bacch. 255: Volcänus, Söl, Lunä, Dies, dei qu4ttuor.
Bacch. 584: Quae te mala crux ägitat, qui ad istünc modum.
Bacoh. 893: Minerva, Lätonä*), Spes, Opis, Virttis, Venus.
Gist 55p: Vt res gestä ^it. || Vtinam audire nöu queas.
eist. 606: Nata, inquam, meo ero est filiä. || Gerte modo.
Gurc. 461: Sequimini. || Leno, cärve in te sIt morft mihi.
Epid. 498: Potuit: plus iäm sum liberä quinquennium.
Mero. 26: In6ptia stultlEtiaqtt^ 6deo et tdmeritas.
Poen. 85: Altera quinquennis, altera quadrimnla.
Poen. 1052: Haec mihi hospit&lis tesserä cum ill6 fuit.
lam yideamos, num bis undeoim versibus vis tribuenda sit
et auctoritas.
Luce, ut aiunt, est clarius tribus versibus, si ea ratione
leguntur qua supra, metrica inesse raenda. Guilelmo Meyer
enim acutam debemus observationem , quam dipodiarum legem
appellare consuevimus. Guius legis verba sunt haec '): er [der
Ordner der altlateinischen iamben und trochaeen] liess die 2.
Senkung der iambischen und die 1. Senkung der trochaeischen
dipodie mit der folgenden hebung nur reine, nicht unreine Ver-
bindung eingehen, d. h. er liess die 2. hebung der iambischen
und die 2. hebung der trochaeischen dipodie nur iambischen,
nicht spondeischen oder anapaestischen wortschluss bilden
durch dieses altlateinische dipodiengesetz erklärt sich, warum
im 2. und 4. fusse des senars, im 2., (4) und 6. fosse des iam-
bischen septenars und octonars und im Übergang des 3. zum 4.,
1) Yersne, in quibaa a nominativi sg. primae declinationiB producta
est, oontolerant: Gorssen, über ansspraohe, vooalismnB und betonong
der lateinisohen spraohe II 499 sqq., Bäoheler-Windekilde , gnmdrifls
der lat. declination pag. 21, Neue, lat. formenlehre I 4, Stadelmann,
de quantitate vocaliam Latinas voces terminantium pag. 7 sqq.
2) Latonam ponit Stadelmann 1. c. pag. 16 in numero Graecoram
nominam propriorum, qnod nemini eam persaasuram esse oonfido.
3) Wilhelm Meyer, über die beobachtuDg des wortaocentea in der
altla|einiBclien poesie, abh. d. I. kl. d. k. bayr. ak. d. wiss. XVII, I. abt,
pag. 43.
De vocalibus prodactift Latinas voces tenninantibus. 3
und des 5. zum 6. fiisse >) des trochaeiscben septenars der regel
nach nur iambische, nicbt spondeische oder anapaestische be*
tonte wortschlfisse stehen.
Ab hac lege cum abhorreat y. Cist. öß5:
Vt res gSstä sit || Vtinam aüdire n6n queas,
Guieti sequemur partes, qui tamquam praesentiens et divinans
transposnit voces res et gesta:
Ut gesta res sit 1 Vtinam audire nön queas.
Cum altera lege metrica pugnat v. Cure. 461 :
Sequimini. || Leno, c&ve in te sit mörä mihi.
Nam A. Luchs, qui de paenultimo iambici senarii pede instituit
quaestionem *), huius pedis thesin syllaba brevi ef&ci non posse
ostendit nisi bis condicionibus :
1. „si Yocabulum non minus quattuor syllabarum finem ver«^
sus occupat velut Amph. 24:
Verum profecto hoc p6tere me pr^c&rio ').
2. ,,8i yocabulum creticum vel paeonem quartum aequans
yersus finem efficit^) yelut Asin. 803:
Tum 81 Coronas, serta, ungu6ntä iüsserit.
3. ,,si thesis pedis antepaenultimi duabus breyibus syllabis
ita efficitur, ut yerbum paeonem quartum efficiens verbo
iambico excipiatur, — | «i^a^j- | u^ || ;
4. ,,ut yooabnlo in syllabam brevem desinenti saccedant pri-
mum anapaesticum verbum, deinde verbum iambicum, -i*
5. ,,contra si ita sunt vocabula syllabaeque distributa, ut
deinceps sese excipiant pyrrhichius (vel syllaba producta),
iambus, iambus — m/^j (vel ^) | u-c | ujl jj , non admiserunt
poetae iambum" *).
His legibus cum repugnet finis versus Gurc. 461 : . . . .
sii morä mOii, i. e. jl | ujl | ujl ||, aUo modo necesse est di-
metiri: sU möra mihi (ss _tf^^ j u^), atque, ne versui insit alte-
rum mendum metricum, post verbum cave probare hiatum ^) :
1) Exceptus est primus pes trochaici septenarii.
2) In Gnilehni Stndemand stndiis, I, 1 sqq. — cf. Meyer, 1. c.
pag. 89 sq.
8) In locam exemploram, qaae Luchs affert ex Phaedro, substitui
Plautina. 4) Luchs, I. c. pag. 6. 5) I. o. pag. 13.
6) 1. c. pag. 14. 7) quem recepit Leo.
1*
4 GreorgiuB Wedding
Sequimini. || Leno, o&ve | in te sit möra mihi,
qni hiatus, quamqoam non est l^itimus, in tot invenitur yer-
sibus, ut in eo agnoscendo nihil sit diffiicultatis et offensionis ^).
Versus Bacch. 255 autem:
Volc&nas, Söl, LunS, Dies, dei qn&ttuor
claadioat deficiente caesura semiquinaria neque semiseptenaria
recte effecta. Quare omnes fere fabularum Phiuti editores
Guieto snasore nomina propria Solis et Lunae transposuerunt,
id quod Corssen, ut servet a litteram productam, refutare studet
his verbis *): „Es ist der sache nach natürlicher, dass erst Sol,
dann Luna genannt wird^^ Ego quidem eins partes non se-
cutus sim: contra verisimilius mihi est in hac enarratione oon-
iungi Solem et Diem quam inter hos interponi Lunam; quam-
quam omnino non postulandum est, ut in eins generis enarra-*
tionibus poetae ratione disponant nomina et ipsi usque quaque
secum consentiant '). Neque tarnen nego usu receptum esse
ordinem, quem inscriptiones quoque testantur, ut primo loco no-
minetur Sol, secundo Luna, sed haec ipsa res nescio quem
librarium videtur commovisse, ut nomina Solls et Lunae trans-
poneret.
Porro yersum Bacch. 584:
Quae te mala prux ägitat, qui ad istünc modum
hac ratione non praebent codioes BCD, sed codicum ab Italis
oorrectorum scripturae; atque cum BCD pro relatiyo quae ha-
beant formam jui, satis apparet illam formam quae Italorum
esse coniecturam scilicet improbabüem. Relinquam in medio,
quem ad modum emendandus sit hie versus^): id unum constat
dimetiendum esse: . . . . te mala crux.
Deinde fides deroganda est versui 26 prologi Mercatoris:
Ineptiä stultitiaque &deo et temeritas.
Nam in Mus. Rhen. XXVI vol. pag. 437 recte exposuit Dziatzko
hanc prologi partem non esse Plauti, sed mali poetae infacetam-
enarrationem, qui, ut iam R. Mueller et C. F. W. Mueller per-
1) Fortasse transponendam est:
Sequimini. | Leno, cave sit in te mora mihi.
2) 1. c. II 461.
3) Merc. 5 »ol ponitnr ante hinam^ sed v. 4 nox ante diem.
4) Seyffert proponit: qai(d est? qaae) te m&la erax . . . .; Leo:
(die) qaa6 te mala craz.
De vocalibus produotis Latinas vooes terminantibus. 5
spexerunt ^), contra sermonem Latinum v. 28 et 30 posuit
coninnctiondm et sine dubio ob eam causam, ne nominatiyum
sg. primae declinationis terminaret in a litteram productam.
Persuasitne sibi iste malus poeta a litteram in inepUa, quod
dnae sequuntur consonae, produci vi positionis? Si minus,
agnoscenda est RitscheHi coniectura
ineptia Ätque stultitia ädeo et temeritas,
cum vis crediderim tarn malum poetam forma illa rarissima
(vel exemplis non confirmanda) ineptiea, ut suadet Lachmann,
usum esse.
Versui Asin. 762 autem non inest auctoritas, quia cum
hiatu eum legere licitum est Vnlgo eum dimetiuntnr editores:
Ne epistulä quidem üUa sf t in aedibus ;
cum hiatu *)i
Ne epistulä quidem | Ulla alt in aedibus.
Kam quamquam controversia, utrum hiatus in semiquinaria
iambici scnarii legitimus sit necne, diiudicata videtur non eum
esse legitimum >) , tamen permulti exstant versus , in quibus
idem invenitur hiatus velut:
Amph. 143: Ego häs habebo | üsque in petaso pfnnulas.
Amph. 976: Nunc tu divine | hüc fac ädsis Sösia.
Most 549: Dixi h6rcle vero | ömnia. || Ef miserö mihi.
Quod pertinet ad versum Bacch. 893:
Minerva, L&tonft, Spes, Opis, Virtüs, Venus,
non abest suspicio eum non recte esse traditum ^), cum, quid
hoc loco sibi velit Latona, nemo facile dicat Sed faciamus
codicum lectionem esse veram, ego quidem hanc anteposuerim
dimetiendi rationem:
Minerva, Lätöna, Spes, Opis, Virtüs, Venus ^),
etsi haud ignoro Plautum raro et oertis condidonibus thesin
solutam eo modo effiBcisse, ut syllftba eam interrumpat finalis *);
1) R. Maeller, 1. o. pag. 51 ; G. F. Mneller, 1. c. pag. 8.
2) quem oommendat Leo. 8) Gf. Klotz, altroem. metrik, pag. 166 sqq.
4t) Adnotat Leo: Luna Bergkias op. 1. 86; nee transponendo (Spe9^
Latona Ometos) Latonae nomen probabilios fit nee si Minervae qaadri-
syllabum faoias.
5) Antepaennltima in Latona breviator ex lege iamboram oorrep-
tionis. Gf. Skntsoh, Vollmöllen jabresber. Ar rom. pfailol. I 88 sq.:
„eine iambisohe silbenfolge, die den ton auf der kürze tfftgt oder der
die tontragende silbe anmittelbar folgt, wird pyrrhiobiioh",
6) Gf. Klotz, l 0. pag. 807.
6 Georgias Wedding
oeque tarnen dubito, quin Hautus in nominibus propriis, quae
hunc explent yerBom, illam Hoentiam sibi adsamere potuerit,
praesertim cum omnes fere poetae in nominibus propriis alü
aliam non repudiaverint lioentiam ^).
Qui factum sit, ut in yersu Gist. 606 syllaba, de qua quae-
rimus, videatur esse producta, non difficile est exponere:
Nata, inquam, m6o ero est filia. || Gerte modo.
Gonstat enim inter metricos Plautum ante mutatam personam
admittere hiatum; et hunc ubi scaenid admittunt poetae, ibi
syllabam ancipitem non alienam esse, quis est, qui nesciat?
Leigitimus est in diaeresi iambici septenarii et octonaiii hiatus *),
legitimus eodem loco syllaba anceps *). Neque desunt exempla,
quae in eadem sede, in qua syllaba ultima est nominis ßia,
ante mutatam personam confirmant inveniri hiatum, velut:
Gura 41: Oblöquere. || Fiat m&xume. || Etiäm taoes? *).
Merc. 490: T&nti quänti pöscit, vin tanti illam emi? || Auo-
t&rium ^).
Poen. 191: Aphrodfsia hödie sunt {| Sciö. |{ Oculös volo %
Gedo, inquies, versus, qui eodem loco, quo superiores hia-
tum, syllabam praebent ancipitem, i. e. brevem : vide sis Leonem
ad Amphitruonis versum 719, qui tarnen etiam versus affert, in
quibus ante personam mutatam est syllaba finalis dubiae natu-
rae ^), et nonnuUos, qui hoc loco non praebent mutatam per-
sonam. His omissis exemplis quippe incertis sunt octo, de qui-
bus dubitare non licet:
Amph. 719: Verum non est puero gr4vida. || Quid igit&r? |{
Ins^nia.
1) Haie looo similllmi sant versus Cist. 512 sqq. 519:
Enim vero {ta me Idppiter
Itaqae m6 Inno itaqne länus (sie Ambrosianas I) iia — quid dieam n6soio.
Estne Bacok. 893 LaUma a librario posita pro ,Ianas* vel ,Iana^?
2) Yelnt: Ampb. 190. 208. 260 etc.
3) Yelat: Ampb. 196. 215 eto. 4) Yel. : maxumS'. || Etiam taoes?
5) Cum trocbaionm septenariam interpretentur metrici esse iambi-
cum senarium cretioo antecedente:
quaria arsis iambici senarii respondet sextae trocbaioi septenarii.
6) Vel. : seid'. || Oculös volo,
7) Velut infinitivi praes. act. in -re, qa<tfam s finalis utmm pro«
ducta Sit an brevis apud Plautum, denuo ostandi oportet.
De vocalibus productis Latinas voces terminantibus.
Asin. 828 : Age decambämus sis, pat^r. | Vt idsseris ^).
Epid. 485: Reor et pecc&tum l&rgitör. H Immo haec east.
Merc. 901: Die igitür, ubi illa est? I In nöstris aedib&s.
Aedis probas.
Pers. 482: Quid agis? || Credo. | Vnde agis te, Dördal^? ||
Credo tibi «).
Poen. 722: Quid si änimus esse nön sintt? || Esto ut sinit.
Rud. 975: Märe quidem commune certost ömniblis. || Adsentio.
Trin. 1185: Miseria (üna) uni quidem hominist ädfattm. ||
Immo hoic parumst ').
An ex bis coUiges versibus syllabam finalem dativi-ablativi
plur. -bm (aedibus^ omnibüs) olim in lingua Latina foisse pro^
ductam? an, quia legimus Dordale, olim vocatiTum sg. sec. ded.
missum esse tibi persuadebis in e longam? At neque syllaba
finalis 'bus neque e vocativi ullo tempore fuit producta, id
quod, cum respondeant formae : Scr. matr-bhycts : Gall. fiarffe-ßo :
Lat nuUri4>u8 et eque : IW^re, linguae nos docent cognatae.
Maxime; sed qua de causa syllabam sine uUa dnbitatione bre-
vem eo loco longam servatam esse arbitrabimur, a quo syllaba
anceps non est aliena?
Restat, ut verba faciam de tribns versibus Epid. 498. Poen.
85« 1052, in qnibus tria vocabula vel tres formae, quae aurea
Latinitatis aetate sunt dactylica, creticae videntur esse:
Potuit: plus i4m sum liberä quinquennium.
Altera quinquennis, altera quadrimula.
Haec mihi hospit&lis tesserä cum illö fuit.
Facile superat difficultatem Leo, qui Plautum dactylicis pro
creticis usum esse formis identidem contendit ^). Neque quis-
quam negabit nonnullis locis vel diverbiorum dactylicas traditas
esse formaSy ubi creticas metrorum postulat ratio velut:
Capt. 11: N^&t hercle ille | ultimlls. accedito.
Cure. 438: Quia nüdiusquärtus venimüs in G4riam.
Men. 327: Proin tu ne.quo äbeas löngifts ab 4edibu8.
Meu; 5ü6: Sanum est, adulescens, sincipüt, intellego.
1) Weise tribnit huno verBum alten fabalae recenrioni.
2) HiatuB inter öredo et tmdei
S) adfaUm : syllaba brevis et hiains.
4) Velnt ad Men, 762: Jüia oreticas at alia daetylioa in hac prae-
sertim fabola.
8 Georgias Wedding
Men. 921 : Pötiönis &liqaid prfus quam perciptt ins&nia i).
Merc. 920: Omnibus bic lüdific&tur me modis. Ego stültior.
Neque tarnen mihi qoisquam probabit Plautum ipsum ut
in bis versibus ita in aliis dactylioas posuisse formas pro cre-
ticis. Quaenam causa fuit, qua hoc ut &ceret, commoveretur ?
An nostris temporibus philologi bos versus facile supplere pos-
sunt, Plautus ipse non potuit? Immo corrupti sunt versus»
neque explicare dif&cile est, qui factum sit, ut vocabula dacty-
lica eaque praecipue in tertio et quarto pede iambici senarii et
in quinto et sexto trochaici septenarii reperiantur. Dipodiarum
enim lex facit, ut, si prima syllaba solutae quartae arseos iam-
bici senarii vel sextae trochaici septenarii est syllaba finalis,
quae antecedit theseos syllaba, eam brevem esse oporteat, h. e.
tertia arsis iambici senarii vel quinta trochaici septenarii saepe
una cum sequente thesi et prima syllaba solutae arseos (quar-
8. T«l 6. 4. Ttl 6.
tae vel sextae) efficit dactylum (^ u ytf[J\) *). Atque si quovis
modo vocabulum, quod alteram solutae arseos effidebat sylla-
bam, deletur corruptela, dactylica forma creticae vice videtur
fungi. Emendandi sunt igitur versus Gapt 11. Cure. 438.
Men. 327. 506. 921. Merc. 920, emendandi Epid. 498. Poen.
85. 1052, in quibus syllaba Plauü aetate sine dubio correpta
longa videtur esse, cum vix serio ea re nitare, quod ter corrup-
tela insinuavit eos in versus, qui nominativum sg. primae de-
dinationis continent, singulis autem locis formae: tUtimus, veni-
mu8f UmgiuBf sincijmi, percipü, Omnibus creticae videntur esse ').
Quamquam, ut supra dixi, in bis omnibus versibus emenda-
tiones proferre non difficile est verisimiles aut probabiles ^),
tamen eas, quae usque ad id temporis sunt prolatae, valde
dubito accipere ^).
1) Skntsoh, Wolffl. arohiv XII, 212 oontendit in hoo versu formam
pereipä Bervaviase nltimam prodaotom; nnm recte?
2) Vel rare: \t,u u «c^[u]. Of. psg. 28.
8) Hano argamentationem, nt iia dioam, praeiadicinm esse non me
effagit. Sed accnratias non prios iudioare possamus qaam de daotyliois
apnd Plaatom formis necessaria institata est qaaestio.
4) Epid. 496 transponit FleckeiMn fnifi^iMfifMiMfii et $um |j(<ra,
Poen. 1062 Mneller : t9$90ra et emn ülo fkni, •— Poen. 86 propomt Klots
(pag. 276): Altera qninqaennis, Altera (6rat) qnadrimula.
6) Gf. Yahlen, Hermes XVII 606 sqq.
De vocalibus produotis Latinas voces terminantibus. 9
Quoniam illis undecim versibus iambicis senariis auctori-
tatem non inesse satis demonstrayisse mihi videor, conyertite
Dundam animos ad trocbaicos septenarioa, ex quibas adhiben-
tiir yersus tres:
Gas. 814: Di bercle me cupiunt servatum. lam öboluft Gäsinä
procul.
üurc. 602: Pater istiim ^) meas gestitävit. |l At mea matertera.
Pers. 516: Qaae istaec Fortuna lucrificast? H Istas qnae no-
rdnt roga.
Ex qaibas minimi pretii est versus Pers. 516, cum inter se
discrepent Ambrosianus et Palatini. Hi enim versum prae*
bent, ut supra enm attuli, longe aliter autem Ambrosianus:
LVGRIFERAESTFORTVNA, qua in lectione nihü est offen-
sionis. Iure igitur legemus hunc versum:
Qu&e istaec lücrifera est Fortuna. | Istas quae norunt roga >)
cum hiatu legitime in diaeresi et ante personam mutatam *).
Versus üurc. 602 traditusne sit recte, et Leo dubitat et
G. F. W. Mueller. Atque Leo, quia corruptelam opinatur esse
ante personam mutatam, in editione scribit:
Pater istum meus gestitavit * || At mea matertera
in adnotatione adiciens : fort gestitavit (olim). Gontra G. F. W.
Mueller coniunctionem at corruptam esse suspicans dicit 1. c.
pag. 9 : ich für meine person glaube nicht, dass man in irgend
einer spräche so disputieren wird: „den ring hat mein vater
getragen''. „„Aber meine tante"". Atque hoc quidem assen-
tior Muellero corruptelam non esse in eis verbis^ quae facit
Planesium, sed in eis, quae Gurculio. Responsum autem, quod
reddit parasitus, Mueller neque perspexit neque, quae coniunc-
tioni at inest vis adversativa, tanti fecit, quanti est facienda.
Atque, nisi omnia me fallunt, vera huius versus interpretatio
est haec: „mein vater hat den ring getragen^'. „„Aber meine
tante hat doch — '*'% i. e. mediam Gurculionis orationem Pla-
nesium interrumpit verbis^): mater ei utendum dederat. Quae
cum ita sint, non alia coniecerim opus esse mutatione nisi post
coniunctionem at addere particulam enim ^) vel pol, quas non
raro coniunctionis at augere vim satis notum est:
Pater istüm meus gestitavit. || At (enim) mea matertera — .
1) soll, anukim, 2) Ambrosiani lectionem recepit Leo.
8) Gf. pag. 13. 4) Similiter res se habet Merc, 431.
6) De hac particala vide Bris ad Irin. 706.
10 Georgius Wedding
Qui in V. Gas. 814 nominativum sg. primae dedinationis
exire oontendunt in a produotam:
Di hercle me cupiunt servitum. lam öboluit Casinft procul,
eroentiuntur; nam neque in Ambrosiano neque in Palatinis
traditns est nominativus C€uina sed potius Camtu«. Quae lectio
sine dubio est prava neque, ut confirmetur, proferri potest,
quod y. 8ö9 ridicule dicit Pardalisca:
Lübet Ghalinum quid agat scire, noYom nuptüm cum novo
marito.
Nostro looo enim (v. 814) nemo loquitur nisi Lysidamas,
qui primam huius versus dicit partem, aut Olympio vilicuSi
quorum nterque ignorat Gasinam esse revera Gadnum >)• Fien
ergo non potest, ut formam Cosinus probemus, sed emendatio
incerta est et ambigua*).
Quoniam quattuordecim illi versus, quos, ut a litteram
nominativi sg. primae declinationis productam esse confirment,
ex diverbiis afferunt viri doctisaimi, sine dubio sunt reiciendi,
eo magis diffidemus eis, qui adhibentur ex canticis, atque om-
nino valde miror, quod talibus locis iterum iterumque nimiam
vim et auctoritatem tribuerunt viri docti tribuuntque, quamquam
neminem e£Fugit, quam dubia canticorum sit ratio metrorum.
Sunt autem hi novem versus, qui afferuntur:
Aulul. 13ö: Da mi, öptuma feminä, manüm *).
Bacch. 1128: Pol hödie altera iam bis detonsa certost ^).
Gas. 655: Dicäm. Tua ancills, quam tuö vilicö vis^).
Gas. 696: Quid üxor meä? Non adiit atque ademit^).
Gas. 743: Genä modo si sit cocta^).
Men. 762 : Quidnam höc. sit negoti, quod filia sie ^).
Pseud. 1278a : Id fuit naeniä lüdo ?).
Trin. 251: Nöx datur: dücitur f&miliä tota^).
Truc. 4Ö9: Lucri causa av&rä probnim sum exsecüta *).
1) Pardaliscae aut Chalini ipsius verba non sunt, qaia hae per-
sonae non prodeunt ante v. 816.
2) Catüna procul non legi potest, ne CäMS tribrachyn efficieni
iotam habeat in paenaltima.
8) Dimeter iambicus acat — femina est vocativus, sed non detri-
mento erit de hoc versu iam hie verba faoere.
4) Tetrameter bacchiacas acatalectus. 6) Paroemiacas.
6) Dimeter bacchiacas cum Reiziano (u^u.^).
7) Trimeter creticas catalectioos. 8) Tetrameter creticus cataL
9) Tetrameter bacch* acat.
De vocalibus productis Latinae voces terminantibus. 11
Quia versum Anlnl. 135 dimetri seqauntur iambici ^) :
Vbi ea est? Quis eist nam öptami^?
Tu. I Tüne ais? | Si negas, n^gö.
Decet te equidem vera pröloqni;
Nam optuma nullä potest eligi,
facile adducti sunt viri docti, ut, etsi numeri sunt deformes,
versum 135 quoque dimetrum crederent esse iambicum >). Sed
com paulo post nova huius cantici pars a creticis incipiat Yer-
sibus :
V. 142: D& mihi | öperam amabö. | Tuast , ütere atque impera
si quid vis.
11 Id quod in rem tuam optumum esse ärbitror, ted id mönitum
advento •),
mihi dnbium non videtur esse, quin prior quöque pars (v, 135
— 141) cretico a versu ceperit initium:
Da mihi | optuma femina manum ^),
i. e. dimeter creticus cum clausula .uu^.*)/ quo versu iden-
tidem usus est Plautus velut:
Most. 339: Ecquis hie est? || Adest || Eü, Philolaches.
iDter dimetrum autem creticum et clausulam .w^u_ syllabam
admitti ancipitem nullo intellegitur negotio et confirmatur
y. Bacch. 1112:
At mihi Chrysalüs öptumus homo.
Secundo loco detrahendus est v. Bacch. 1128, qui, ut supra
dixiy Yulgo legitur, tamquam si bacchiacus sit tetrameter acata-
lectus. Sed quid nos impedit, quominus sequamur Leonem^ qui
suadet:
Pol hödie alt[e]ra ^) iäm bis detonsa certost
i. e. bacchiacus dimeter acat cum Reiziano, qui Yersus fre-
quenter occurrit apud Plautum:
Gas. 649. 650: Malüm pessumümque hie modo intus apud nos.
Gas. 658; Virö quae suo interminetur: vitam.
1) Goets-Schoell in hac oantioi parte omittant ictas.
2) Inprimifl G. F. W. Maeller et Leo.
8) Sunt oretici tetrametri cnm clausula: -^u^u^u.
4) Post mM est hiatus (non legitimus) ut in v. 142.
5) De clausula »uc'u.. of. Leo, die plant oantica, pag. 11. 12,
6) aUra ; ^Uerü a d§xtra : dexUra.
12 Georgias Wedding
Gas. 662: Insöctatur ömnis domi per aedis ^).
Similiter res se habet in versu Gas. 696. Atque opinatur Leo
hunc quoque versum ut Bacch. 1128 esse bacchiacum dimetrum
acatalectum cum Reiziano eum legi iubens hunce in modum:
Quid uxor m^ä nön adiit &tqae ademit,
vel mea per synizesin:
Quid üxor mea nön adiit &tque ademit,
quae vera Leonis videtur esse sententia. Sed metrici nos do-
cent bis condicionibus eo loco, quo est pronomen mea, pyrrhi-
chium >) non admitti, et Skutsch synizesin ostendit verborum
velut mea, mea^, tuo aliorum eiusdem generis apud Plautum
esse reiciendam '). Quae cum ita sint, Leonis lectio versus
Gas. 696 probari nequit; neque tamen coniecturas necesse est
versui inferre aut transponere voces, sed aliam proposuerim
dimetiendi rationem:
Quid üxor mea non Ädiit ätque ademity
i. e. dimeter bacch. catal. dochmio non dissimilis ^), quem clau-
sula sequitur iambica (dimeter iamb. cataL). Inter utrumque
Colon autem, ut frequenter, syllaba est anceps. Neque omittam
nonnullos afferre locos, in quibus Plautus eadem ratione dime-
trum bacch. catal. cum clausula coniunxit iambica ^) :
Men. 972 in systemate bacchiaco:
Recördetur id, qui nihili sunt, quid eis preti %
et similiter Amph. 638:
Parümper datäst, dum viri mei mihi potestas videndi fuit,
i. e. dimeter bacch. acat. + dimeter iambicus catal. +
dimeter bacch. catalecticus 7),
Etiam versus Gas. 655 neque vim habet neque aucto-
ritatem. Ad versum 654 enim adnotat Leo : „dicam (AP) (id est
in fine versus) secundum P dic&m, tua ancilla
1) Gf. Leo ad Gas. 649. 660.
2) Gf. Klotz, 1. c. pag. 848: die zweisilbige senkang [wird in
bacchien] nie durch wortschliiBB von der folgenden hebang abgetrennt,
sondern durch bindnng mit der folgenden hebung in einem worte mög-
lichst schwach und unselbststandig erhalten.
8) Satara Viadrina, pag. 122 sqq.
4) Gf Leo, die plant, cant , pag. 15. 6) Gf . Leo, 1. c. pag. 16. 16.
6) Parvi momenti est, quod in hoc versa dimetrum bacch. catal.
sequitur dimeter iamb. acatalectus.
7) Versus Bacch. 1128 quoque (cf. pag. 11) eodem modo legi potest
ao Gas. 696: Pol hodie alterft iam Ihs detönsa certost.
De vocalibus productis Latinas vooes terminatibtts. 13
quam tuö vilicö vis^)*'; et Goetz-Schoell yerbam dieam sine
adnotatione tribuunt versui 6ö4. Adbaeret igitur in Ambro-
siano dicam versui 654 *) , in Palatinis autem , si Leonis recte
perspexi adnotaüoneniy in initio positum est versus 655. Atque
quis est, qui dubitet, quin cum Ambrosiano verbum dicam
tribuendum sit versui 654 (id quod fadunt Leo, Goetz-Schoell)?
Quo fity ut uterque versus (654. 655) sit sine offensione:
654 : Possum scire ego Istuc ex te quid negötist? | Dicam.
Tua incillä, qu4m tu tuö vilico vis
Dare üxorem, ea intus — .
V. 654 igitur est bacchiacus trimeter acat cum Reiziano'),
y. 655 bacchiacus tetrameter acat
Eiusdem generis versus est Truc. 459:
Lucri causa av&r& probrum sum exsecüta,
qui versus .ab omnibus fere certissimum habetur documentum
etiam aetate Plauti syllabam, de qua dicimus, fuisse longam,
quia eo loco, quo adiectivi cwara est syllaba ultima, in tetra-
metro bacch. acat. usque quaque habeat Plautus productam.
Sed recte Klotz exposuisse mihi videtur rem aliter se habere.
Guius viri doctissimi deliberatio est haec^): „Überall, wo auch
sonst selbstständig verwandte metrische nüka zu einem grösseren
fAhQov zusammentreten, ist hiatus (und syllaba anceps) in
der diese glieder markierenden hauptcaesur zulässig. Wo aber
durch die caesur auch nur ein unselbstständiges, hyperkatalek-
tisches glied entsteht, ist diese asynartetische behandlung aus-
geschlossenes Afferuntur exempla hiatum et syllabam ancipitem
admitti in diaeresi septenariorum et octonariorum, et iambi-
corum et anapaesticorum , et in diaeresi creticorum tetrame-
trorum. Et pergit Klotz, pag. 181: „Nach denselben grund-
sätzen wird sich in den bacch i sehen tetrametem der hiat
(und syllaba anceps) in der hauptcaesur nach dem zweiten
fusse halten lassen, wenn man auch dagegen, vgl. Müller, plant,
pros. 619 fg., bedenken erhoben hat Denn er wird durch die
analogie der trochaeischen hauptcaesur der trochaeischen sep-
tenare und octonare genau so gerechtfertigt, wie der. hiat in
1) — cuu^u^o.i — o-£ — , ut videtor, colon u— u_u — et di-
meter baooh. acat. 2) Gf. apograph* Ambros., ed. Studemund.
8) Idem venus Gas. 659:
Qaid 6rgo ? | Ah — || Quid est ? | Interemere ait velle vitam.
4) altröm. metrik, pag. 180.
14 Oeorgins Wedding
der haaptcaesar der iambiBchen langzeilen^'. Neque deficiant
exempla hano rem confirmantia, ex quibus tria adhibere satis
erit omissis nonnuUis aliis quippe corruptis aut incertis:
Truc. 463 : Vosmet iam vidStifs, ut ömata incedo ^).
Men. 968 : Yt äbsente erö rem | erf diligenter *).
Rud. 194: Tum | h6c mi indecöre, | inique, inmod^ste*).
Vt igitur in bis versibus et hiatus (legitimus) admissus est
et syllaba anceps, ita Truc. 459 avara desinere potest in a
brevem, atque supervacaneae sunt in versibus Truc. 468. Men.
968. Rud. 194 coniecturae Muelleri, Ritschelii, Vssingii, inu-
tilis Truc. 459 Seyfferti avare *).
V. Trin. 251:
Nöx datur: dücitur f&miliä töta
vulgo habetur pro cretioo tetr. catal. Quod rati Brix-Niemeyer
in quarta quoque Trinummi editione narrant ut in hoc versu
ita aliis locis Plauti, Ennii, inscriptionum ex satumiis compo-
sitarum a litteram nominativi sg. primae declinationis productam
esse. Sed huius versus fides infirmatur, quod paulo ante repe-
ritur alter, qui eodem loco, quo in v. 251 ultima est syllaba
in famüia, syllabam habet sine ulla dubitatione brevem:
248, 249: Nön satis id est mali, ni ämplifis etiam ^).
Sunt enim utriusque versus (248. 249 et 251) numeri:
248. 249: -c^wu^u ^kj^jm^^tt
251: .1.U I.KJ (i^uuujltt
Quae cum ita sint, quisnam a finalem contendere audebit in
famüia hie esse productam? Sed deliberatio omnis est haec,
quomodo horum versuum interpretemur numeros. Neminem
e£fugit priorem partem creticum esse dimetrum acat., quem
sequitur clausula .^u.u. Atque nisi omnia me fallunt/ haec
1) Mueller supplet: videtis (me).
2) (tarn) r$m reoeperant Ritschi, Vsüng.
3) Fleckeisen transponit: indecöre mi.
4j Qui in bacohiaoi tetr. diaereai admitü Byllabam ancipitem non
credit, ei suadeo, ut hos versus intellegat esse dimetros bacchiacos acat.
cum olausala Reiriana:
Trac. 468: Vosin^t iam vid6tls, ttt 5m&ta inoedo.
Men. 968: Vt &bsente ero rem | Sri diligenter.
Rad. 194: Tum | hoc mi indecöre, | Inique, inmod^ste.
Inter dimetros et olansulam adinittitur syllaba anceps.
5) Leo hoc quoque loco evitat diffioultatem amplitu esse creticum
contendens.
De vocalibus produetis Latinas vooes terminatibus. 15
olausula adonio simillima. (vel adonius Ipse?) eadem eet, quae
praeter alios locos invenitur Rud. 668:
(Seimus: tanto) in metu nunc sumus imbae,
cuius clausulae prima arsis soluta est in v. .Trin. 251, altera in
V. 248. 249.
Paulo longius mihi repetendum est in v. Men. 762. Goetz-
Schoell et in hoc et in eis tribus, qui sequuntur, yersibus
omiserunt ictus, quod numeri sint incerti. Leo aatem illum
versam nos dimetiri iubet hunce in modum:
Quidnam höc sit negöti, quod filiä sie i),
in editione dicens fabularum Plauti ter repetitum esse u^_
v^-c u-L. yj^M. (i. e. bacchiacus dim. acat. cum Reiziano) cum
clausula o^_u-l._ vel Reiziana. Sed necesse videtur accurate
hos versus afferre:
Quidnam hoc sit negöti, quod ffliä sie
Repente expetft me, ut 4d sese irem.
Nee, quid id sit, mihi certiüs facit, quid
Velit, quid me accersat ■).
Antecedunt bacchiaci tetrametri *) ; a v. 764^ alterum incipit
systema bacchiacum, cuius in fine est iambicus dim. cat.:
774: Id est quod siispicäbar.
Quod ad Leonis versus inde a 762 ad 764 dimetiendi pertinet
rationem, non eam laudaverim, cum pronomen quid, quod ille
tribuit versui 763a, in codicibus adhaereat v. 764. Atque etsi
hanc rem per se non magni esse momenti haud ignoro, nostro
loco duae obstare mihi videntur causae: primum quidem huius
cantici cola in codicibus usque quaque perbene seiuncta sunt,
deinde manuscriptorum lectione servata nulla versus 763ft et
764 dimetiendi est difficultas:
763&: Nee quid id sit, mihi certius facit
764: Quid velit, quid me accersat
\if\j t ,
763a est dimeter bacchiacus cum clausula (iambica) u_u. ^),
quae non raro cum versibus bacchiacis coniuncta est, velut:
1) Gf. pag. 7, adnot. 4).
2) Vel: vBlIt, qaid me accersat (clausala Reiziana).
8) Excepto venu 760, in quo corruptela etiam numeros turbaviise
videtur. 4) Gf. Leo, die plaut. cant., pag. 22.
16 660i|;iu8 Wedding
Poen. ^52. 253 : Qui^soo. | Ergo amö te. Sed höc nunc respönde
Mihi: sunt hie omnia.
Rud. 205: Ita hie sola sölis locis compotfta sum.
Man. 764 autem est bacchiaons dim. acat; quamquam mihi
verisimile est eum legendum esse:
Quid velit, quid me(d) accersat,
h. e. iambicus dim. catal., qui ut
Id est, quod süspicäbar
alterum systema bacchiacum (inde a v. 764a ad v. 773), clau-
dit primum. Sed numeri veisuum 762 et 763 nobis nomina-
tiyum ßia interpretantibus esse dactylum sunt hi:
762: ^^^ — v-^— ^^wu .
763: u^«u^^ u^«^-
vel •): u-/ u-z-u t- .
Atque versum 763 sine dubio proximum est legere:
Repente expetit me, ut äd sese irem,
i. e. bacchiacus dim. acat. cum clausula Reiziana. Verum,
qtiod fUia sie usj\j^ in v. 762 vix colon illud est iambicum
u.u_, de quo supra yerba feci, sed potius anapaestica videtur
esse clausula. Eins generis autem clausulas Plautum recepisse
et praecipue bacchiacis coniunxisse cum versibus nemo infitias
ire potest. Exempli gratia conferas:
Cist. 8: Pol isto quidem nos pretiö facile est frequent&re *),
i. e. dimeter bacch. acat. cum paroemiaco. Iure igitur versum
762 interpretari mihi videor esse bacchiacum dim. acat. cum
clausula anapaestica (monometro anap.), quam clausulam, cum
simillimi sint numeri:
762: quod filia sie: luu_
763: ut ad seseirem: uu.i
etiam in v. 763 deprehendi crediderim.
Versum Pseud. 1278s , quia anteeedunt cretici, ante id
temporis dimetiebantur viri docti, perinde ac si sit creticus
trimeter catal.:
1) at äd 9esSf \j\j^ per legem iambomm oorreptionis.
2) tU coniungi potest cum prima huiuB versiiB parte: repdnU ex-
ptitt tne ut , . ,\ inter primum colon et olausnlam est syllaba anceps.
8) Non nego clausulam uu^uu^, ut videtar, in hoo quo versa
762a (et 763?) inTeniri. Sed non est dabium, quin tempus postenuon
Bcientiam nostram aucturum sit olausnlarum.
De Tocalibus prodoctis Latinas voceB terminantibus. 17
Id fiiit na^uft ludo.
Sed j^eterquam quod eius geaeris versus apud Plautum non
occurrit, altera hunc versum dimetiendi exstat ratio:
Id ftit naenXä lüdo,
i. a clausula anapaestica (paroemiacus); ^eadem, quae in fine
versäum creticoruin iavenitur Rud. 216 a:
Me nunc miseram ^sse ita uÜ sotn.
lam unus superest versus Gas. 743 isque dubiae naturae;
quiy ut supra dixi, vulgo legitur:
Graft modo si sit cöcta,
i. e. paroemiacus. Atque hoc ut aocipiamus, suadere videtur
versus, qui antecedit, idem paroemiacus:
Quid nunc? quam möx recreas me;
dissuadetur, quod in Ambrosiano versus 743 non eodem or-
dine sub v. 742 scriptus est^), id quod ea de causa factum
videtur esse, quo facilius alium versum atque antecedentem
esse appareat. Neque quidquam impedit, quominus — ut iam
Leo quamquam dubitans suspicatur — eum interpretemur esse
iambicum dimetrum catal. cenä modo si sit cöda, praesertim
cum pauk) ante alter reperiatur dimeter iambicus (acat):
V. 732: Mane. H Quid est? Quis hie est homo? *).
Demonstrasse mihi videor illorum trium et viginti versuum
Plautinorum, in quibus nominativus sg. primae declinationis
cadere videtur in a prodnctam, partim admittere syllabam an-
cipitem, partim esse corruptos, partim in metrorum ratione
dubiae naturae, ut omnibus vis deroganda sit atque auctoritas.
Longe inoertiores autem, quam de quibus supra verba feci
versibuB, sunt ei, qui adhibentur ex poetis et inscriptionibus *)
eiusdem fere, qua fiiit Plautus, aetatis. Quae exempla ad nnum
omnia reiedt Stadelmann *) solum omittens versum Naevii, quem
iambicum senarium esse contendit Gorssen Aussprache II 450:
Atqu6 prius päriet locustft Luc4m bovem.
1) Tide apograph. Ambros., ed. Studemund, et Leo, Die plant.
Gant. pag. 48.
2) Sic Goets-Sohoell. Nescio qua de causa Leo in editione notet
trochaeoB.
3) Ex Scipionnm afferuntur elogiis : formS (£. Schneider, Exempla,
88/}, 3), /amä (Schneider 90, 3), t^ä (Schneider 91, 4), quae formae,
com uaqae ad id temporis Baturniorum ratio metrorum non sit per-
specta, nihil valent. 4) L. c. pag. 7. 8.
IMtrtf« 1. kuiA« 1. indg. ipnMlMB. XXVU. 2
18 Georgias Wedding
Sed primum pagnat in hoc venu nomen locusta cum dipodiarum
Idge ^)i quia paenaltima producta efficit thesin quartam iambici
senarii; deinde Varro, qui profert illa verba, tantum dicit:
Äpud Naevium : Atque prius pariet locuUa Lucam bovem. Luca
bo8 eUphcu. Quae res cum ita se habeat, eodem iure atque ex
fabula* quadam Naevii iudicabimus potius illa verba sumpta
esse ex Belle Poenioo, id quod suspicantur Ottfr. Mueller et
Luc. Mueller verba a Varrone allata duobus tribuentes versibus
saturniis *). Negari igitur non potest aetate Plauti ^llabam,
de qua quaesivimus, fuisse correptam, quae correptio sine ulla
dubitatione permultis annis ante facta est, ut neque inscrip-
tiones neque aevi vetustioris poetae hanc syllabam servaverint
productam.
De vocativo sg. primae declinationis paucis possum absol-
vere. Apud Plautum neque exemplis ostendere possumus hunc
casum exire in syllabam brevem neque in productam, cum,
quibus locis occurrit, in eis admittatur syllaba anceps >). Nam
etiam in v. Gura 192^), qui yulgo legitur:
Ebriolä persölla, nügae ? | Tun meam Venerem vituperas ?
non vis est et auctoritas, quia dimetiri licet:
Ebriolä persöUa, nügae? | Tun meam • . . . ^).
Sed exempla aetate Plauti vocativum desiisse in a brevem per-
multa ex Ennio, aequali fere Plauti, petere possumus:
Ann. 30 (L. M.): Eurydica prognatä, pater quam noster amavit
34: Postilla, germanä soror, errare videbar.
38: His verbis: o gnatä, tibi sunt ante ferendae,
aliis locis. Dtrum autem vocativus in a brevem terminans
(velut ßiä) olim propria fuerit ^) forma an ortus sit ex nomina-
tivo *filiä, diiudicare non possumus, quod in lingua Latina ex
utraque forma eam, quae cadit in a litteram correptam, eva-
dere oportebat.
1) Cf. pag. 2. 2) L. MueUer, Bell. Poen. V. 74. 76:
atque prius pariet looasta
Lucam bovem.
Baehrens, Frg. poet. Rom. p. 9:
atqa6 priüs pariet | bovem locüsta Lüoam.
3) uknünhä (Pen. 279 : nescio, inquam , olmitribä tu) est stirps in
a masoulini generis.
4) De venu Aulul. 186 of. pag. 11. 6) Sic Leo.
6) Cf. Bskr. nom. ambä (mater), voo. amba.
De vocalibus productis Latinas voces terminantibus. 19
2. Nominativus et voeativus notninum propriarum Oraeccrum
in -ag et -tig *).
a. Nominativus.
Qaaestio, quam Stadelmann L c. pag. 18 de liis insiituit
nominibus, parum est felix, quod simul de nominativo verba
fecit et vocativo; quo factum est, ut omnia miscuerit et turba-
verit, planum fecerit nihil.
Quod ad nominativi pertinet syllabam ultimam, qua sit
natura, non facile est decernere, cum saepissime nomina repe-
riantur aut in exitu versus aut ante vooalem, ut propter eli-
sionem natura syllabae finalis perspici non possit
Apparet tarnen Plautum bis nominibus propriis usum esse
littera fiuali a deiecta. Versus Plautini autem, quorum ratio
habenda est, sunt tres:
Amph. 438: Quis ego siim saltem, si non sum Sösiä? te interrogo.
439: Vbi ego Sosift nolim esse, tu esto s&ne Sosia.
1024: Sosia. | Ita, sum Sosiä, nisi me esse oblitum existimas *).
Quibus ex versibus nihil valet Amph. 438, quia pro te
lidtam est scribere ted^):
Quis ego süm saltem, si nun sum SösIä? te(d) int6rrogo^). '
In versu 1Ü24 autem dimetiri possumus:
Sosia. B Ita, sum Sösiä, nIsi me esse oblitum existimas,
quam dimetiendi rationem ut accipiamus, suadetur, ne ultima
ante diaeresin thesis duabus efficiatur syllabis ^).
Sed si spectamus versum 439, nominativus Sosia longa vi-
detur terminari syllaba. Cui rei, nisi omnia me fallunt, haec
repugnat deliberatio: nomina velut Sosia (Sü}aiag\ poeta {noiti-
Tijg), nauta (vccvifjg) ex lingua Graeca in Latinam translata in
hac declinantur secundum primam, quam dicimus, declinationem;
1) a litteram nominativi sg. Graecormn nominum propriorum fe-
minini generis velut Scapha, Myrrina^ Philumena etc. doQoit Stadelmann
1. c. pag. 16 sq. usque qaaque apad Plaatum et Terentium eos locos
teuere, ex quibus de quantitate nihil ooncludi possit.
2) Stadelmann affert praeter hos versus Amph. 828:
Nam quom de illo sübditivo Sosia mirümst nimis (I)
8) Mueller, Nachtr. pag. 2.
4) Leo hoc qnoque loco 8o$ia creticum esse contendit.
6) Cf. Klotz, 1. c. pag. U6. Skutsch, Sat. Viadr. pag. 141.
2*
20 Georpus Wedding
unde efficitar, ut nominativos SoHa, poeta, nauta respondere
necesse sit nominativo primae declinationis Latinae, cuius lüti-
mam etiam in nominibus feminini generis apud Plautum brevem
esse snpra demonstravimus ^) : ergo fieri non potuit, ut nomina-
tivus Sosia mitteretur a Plauto in syllabam productam. Quae
sententia duabus adiuvatar causis: primum Amph. 439 unus
eet versus >), in quo nominativus nominis Graeci in -ag longa
terminatTir syllaba, deinde non difficile est transponendo bvic
loco mederi:
Vbi ego nölim Sösia esse, tu esto s&ne Sösia<^),
id quod eo magis commendatur, quia nominativus Sosia cre-
berrime deprehenditur ante vocalem ^). Huc accedit, quod apud
Terentium Ulis duobus locis, in qnibus nominativus nominum
eiusdem generis ac Soaia non ante vocalem aut in exitu versus
aut in diaeresi iambici septenarii vel octonarii reperitur, duae
eum sequuntur syllabae (breves):
Eun. 707: Die dum hoc rursum, Chdereä tüäm vestem detraxit
tibi?
Phorm. 484: Pfaaedrid tibi ädest. | Vbinam? || Eccum ab sda
palaestra exit foras,
quae res, nisi faUor, nos dimetiri iubet: Gha^ret tüam; Phae-
driä tibi ad6st.
b. Vocativus.
Optima Latinitatis aetate poetas hunc casum duplici effe-
cisse modo: et in -ä et in -a nemo ignorat:
Ovid. Met. V. 242: Te tamen, o parvae rector, Polydectä, Se-
riphi.
Horat sat. IL 3, 187: Ne quis humasse velit Aiacem, Atridä,
vetas cur?
1) Geteram nomina masoalini generis secundam primam deolina-
tionem velat agricolä^ 9cr%hä, legirupä in llngua Laiina nanquam casum
reotnm misisse videntur in a prodaotam.
2) Incertos est versus Ennii Ann. 19 (L. M.):
Doctu' parens Anchisä, Yenas quem pulchra dearum,
quem versum soribit Vahlen:
Dootusque Anchisä, Venu' quem pnlcherrima diuro.
S) Mueller pag. 9; Nachtr. pag. 2.
4) Nominativus Sona apud Plautum undevicies occurrit, aed sep-
ties in fine versus: Amph. 148. 888. 898. 400. 408. 956. 1002; novies
ante vocalem: Amph.: 387. 894. 411. 427. 598. 609. 615. 918. 619.
De vocalibus productis Latinas voces terminantibus. 21
contra per a productam:
Hör. carm. IL 4, 2: Xanthiä Phoceu. Prius insolentem.
Verg. Aen. X. 229: vigilasne, deum gens,
Aeneä? Vigila et velis inmitte rudentis.
Quid veri est similius quam Plautum quoque et Terentium
et seryavisse a litteram productam, ut est apud Graecos, et
seeundum Romanos usos esse a brevi, quae duplex consuetudo,
cum forma Oraeca et Latina essent simillimae, facile potuit
se insinuare? Atque forte accidit, ut apud Plautum uno loco
perspici possit, qua quantitate sit syllaba finalis vocativi:
Asin. 740: Leönidä, curre, öbsecrö, patrem hüc or&to ut veniat,
i. e. seeundum Graecos ^); eadem ratione Terentius Heaut. 406:
Salve, 4nime mi. | 0 mi Gliniä, salve. | Vt vales?
Verum sive brevis sive producta a littera esse potest:
Andr. 301: Quid ais, B^rrifl? däturne illa P&mphilo hödie
nüptum? I Sic est.
Ean. ÖÖ8: Chaerei, quid est quöd sie gestis? quid sibi hie
vestitus quaerit? >)
Phonn. 154: Phaedrifi, patrem ut extimescam, ubi veniat in
meutern eins advdntil ')
3. Nominaiivus^accusativus plurolis neutrius generis.
Nominativum-aocttsativum plur. neutr. gen. olim desiisse in
a litteram productam non solum dooent linguae cognatae vdnt
Ved. ytiigä, Got. juka, sed in lingua Latina ipsa numeralia in
-ginta, quae nominativos-acousativos plur. neutr. gen. esse satis
constai, semper a litteram servaverunt productam, cum, ante-
quam eorum a correpta est, obriguerint. Hanc autem correp-
tionem iam aetate Plauti factam esse eo ipso apparet, quod
saepe a uominativi-acc. plur. neutr, gen. invenitur in ultiina
thesi iambici senarii et trocbaici septenarii velut:
Most. 49: Tu förtun&tus, ego mis6r, patiündä sunt.
Most 417: Prof6cto ut liqueant ömnia et tranquillä sint.
1) Non iure igitur transponit Maeller, 1. o. pag. 9: ctirre, ih9eer6^
Lsdmdä ...
2) Anieposuerim : 0^adreä, quid est quöd 9ie , ne theain so-
latam intermmpat syllaba finalis {Cha4reä, qtOd \ M quöd. ....).
8) Praepono; Pha4dn4^ p^em ut MimUeam . . . ., üf, adnot, 2)«
22 Georgias Wedding
Trin. 861: Quam magis specto, minas placet mi haec homi-
nis fades; mirä sunt,
ninltis aliis locis. Ut autem a viris doetis versus allati sunt,
in quibus a littera nominativi sing, primae declinationis pro-
ducta sit, ita opinantur esse versus, qui a productam nomiua-
tivi-acc. plur. neutr. gen. confirment ^). Atque vulgo ex Plauti
fabulis haec promuntur exempla ^) :
ex diverbiis:
a. ex iambicis senariis:
Pseud. 563: Me idcirco haec tänta fäcinorä promittere.
b. ex trochaicis septenariis:
Asin. 199: CeterS quae völumus uti Oraeca raercamur fide.
Men. 900: Quae me cUm ratüs sum fäcere, ea ömniä fecit
palam.
Mil. 1314: Quid vis? || Quin tu iübes ecförri omnift quae isti
dedi?
Mil. 1338: £xite &tque ecferte huc intus ömniä quae isti dedi.
Mil. 1408: Obsecro hercle te, ut meä verba aüdids prins qu&m
secat.
Rad. 1086 : Et crepündiä. || Quid, si ea sunt aüre&. H Quid istdc
tua? «)
Quibus Septem versibus fidem esse derogandam censeo.
Versum Mil. 1408 enim dimetiri licitum est cum hiatu legitimo
in diaeresi *•) :
Obsecro hercle te, üt m^ v6rba aüdiis prius qu&m secat ^),
et in V. Rud. 1086 ante personam mutatam syllaba admittitur
anceps, ut mutatione:
Cum crepündiis. | Quid . . . • ,
quam commendat Leo, non opus sit, quamqnam in eadem fere
re Plautum non nego scripsiase cum crqmndüs Rud. 1362 sg.:
una istinc cistella excepta est modo
1)-Gf. Corssen, Aassprache IT, 460. Baecheler-Windekilde, Deoli-
naiion pag. 40. Stadelmann, 1. c. pag. 28.
2) Omiti eo8 versus (iamb. sept. oct., anap. sept. oct.), in qaibus
syllaba, de qua dicimos, eam tenet sedem, in qua admittitur syllaba
anceps, velut in diaeresi: Amph. 1065. Asin. 419. 618 . . .
8) Rad. 1216. 1222 :
Omniän licet? | Licet, sed sein quid est quod te volo?
0mnifi(n) licet? N Licet: tibi rnrsum refero gritiam,
a producta est vi podtionis.
4) Cf. pag. 18. 5) Sic Leo,
De Yocalibas prociuctis Latinas voces terminantibus. 23
Cum crepündiis, quibuscom bödie filiam inveni meam,
et similiter Gist. 709: cistellain cum orepundiis.
Qood pertioet ad formas: Ot&^ä (Asin. 199), ömtM (Men.
900. Mil. 1314. 1338), fäcinora (Peeud. 563) »), non aliter de
eis iudicandum est ac de förmig Ub^ä, aWk'ä, ömmbas, vem-
müSf de quibus accurate verba feci pag. 8 et emendandos esse
versus, in quibus oceurrunt, ostendi. Atque in uno quidem
versu (Asin. 199) emendatio probabilis tamquam ipsa se praebet:
CSterüm quae völumus üti Graeca m6rcamür fide *),
vel quam ego anteposuerim emendationem :
Cetera qu4e (nos) völumus üti Graeca mercamür fide ').
Difficilius autem est versibus Men. 900. Mil. 1314. 1338.
Pseud. 563 mederi, id quod vulgo fit transponendo: Men. 900:
omtiia ea^); Mil. 1314. 1338: omnia isti quae'^); supplendo
Pseud. 563: fäcinora {his) •). Neque vero bis coniecturis satis
habeo fidei, sed versus Men. 900. Mil. 1314. 1338 cum hiatu
legere praefero quamquam non legitimo:
Men. 900: Quae me cläm ratiis sum fäcere | ea | omntä fecit
palam ''),
Mil. 1314: Quid vis? | Quin tu iübes ecferri | ömnlä quae | isti
dedi?
Mil. 1338: £xite ätque ecferte huc intus ömniä quae | isti
dedi «),
versum Pseud. 563 desperans probabiliter corrigere.
Ad hos Septem versus autem diverbiorum accedunt sex ex
canticis:
Men. 974: Verberä cömpedes ').
Pers. 761: Quorum öpera haec mihi facilia factü &ctft sunt
quae volui ef&eri ^<>).
Poen. 253: Sunt bic omniä quae ad deüm pacem oportet ^^).
1) Cf. pag. 8 adnot. 2).
2) Sic Leo. 8) (nos) add. Fleckeisen. 4) Bothe.
6) Bitschi et TaubmanD. 6) Ritschl.
7) Fortasse posi omnia pronomen interponendum est velat hie.
8) Versus Mil. 1314 et 1888 sunt sine offensione, si pro relativ!
fonna quas ponimns rariorem: quia, de qua vide sis infra:
omniä qula isti dedi (?)
9) Cretious dim. acat. 10) Anapaestions oct,
11) Bacchiacns tetr. acat.
24 GeorgiuR Wedding
Rad. 199: Is Davem atque ömnia perdidit in mari ^).
Rad. 215: Algor, error, paTor, me ömnift ten6nt *).
Rad( 933: Oppidä circümvect&bor; übi nobilitas m6a erit
cUra >).
Atque primum reioiendos esse ostendam illos tree Yorsos
samptos ex Radente. V. 199 enim altima adiectiTi amnia
syllaba eum cretici tetrametri tenet locam, quo syllaba aBceps
admittitur et hiatus *). Quae res bis confirmatur versibus :
Asin. 134: N&m mare band est mar@, vös mare acerrumuin.
Asin. 137 : Qua6 dedi et quöd benö feci, at posth&c tibi ^).
Rud. 233: Gerto vox miiliebrls aüris tetigit meas;
hiatus autem invenitur:
Asin. 135: Nam in mari repperi | hie elavi bonis.
Gas. 149 : Quändo is mi et filio | ädvorsatür suo.
Gas. 190: Nee mihi iüs meum | öptinendi öptiost
Rud. 950: Sed boni cönsili | ecquid in te mihist?
Quod cum ita sit, iure versum Rud. 199 legemus:
Is navem ätque ömniä perdidit in mari.
Quis autem nobis persuadebit versum Rud. 215:
Algor, error, pavor, me ömnia tenent
creticum esse dim. acat. + clausulam _w_u. ^), cum iam
supra viderimus '') Plautum identidem creticos coninuxisse cum
clausula .c»ww. ?
Quia circum versum Rud. 933 reperiuntur anapaesti, dissua-
detur, ut eum compositum esse interpretemur ex trochaeis.
Neque haec res editores effiigit fabularum Plauti, qui omnes
recepisse videntur:
Oppida circümvect&bor.
Vbi nöbilit6s mea erit clara,
i. e. paroemiacus et anapaesticus dim. acatalectus.
Etiam versus Men. 974 et Poen. 253 altera legendi sunt
ratione: v. Men. 974, cum anteoedant versus baccbiaci (praeter
V. 973) et sequatur eiusdem generis tetrameter, facile adduci-
mur, ut dimetiamur:
Verbera compedes ^)y
1) Greticae tetr. acat.
2) Greticiis dim. acat. cam daasala — u_v^—
8) Troch. oct. 4) Gf. pag. 18. 5) De hm^ cf. infira.
6) De hac clausula vide Leo, 1. o. pag. 8 sqq.
7) Pag. 11. 8) Sio Leo.
De vocalibus productis Latinas voees terraiDantibus. 25
i. e. bacchiacns dim. catal., qui paulo ante (v. 972) reperitur
cum cUusala iambica^): Recördetur id, qui nihili sunt, quid
eis pieti.
Versus autem inde a Poenuli 252 usque ad 254 disponit Leo
(nescio, num oodicum secutus sit dispositionem ; nihil enim ad-
notat) hunce in modum*):
Quiesco. I Ergo amö te. sed böc nunc responde
Mihi: sunt hie ömnia,
quae ad deum ^) pacem oportet adesse? 1 Omnia äccurävi,
i. e. bacchiacus tetrameter acat. + bacchiacus mon. cum clau-
sula w.u. ^) + bacchiacus trim. cum Reiziano.
lam unus superest versus Plautinus Pers. 761, qui ipse
nos admonet, ne aetate Plauti litteram a, de qua dicimus,
fuisse productam temere concludamus, cum syllabam longam
non dif&cile sit romovere. Qui versus vulgo legitur:
Quorum öpera haec mihi facilfa facti! facta sunt quae
volui effieri;
C. F. W. Mueller autem, cuius partes sequitur Leo, proponit <^):
Quorum' öpera haec mihi facilia factü facta (haec) sunt,
quae volui effieri,
quam lectionem non dubito recipere.
Neque usquam alibi in litterarum Römanarum monumentis
exstat locus, qui syllabam, de qua verba facimus, longam esse
possit probare. Nam versus Ennii Ann. 300 (L. M .) sine dubio
est corruptus ^):
Eloqueretur et cunctä malaque et bona dictu;
itetnque corruptela insinuavit in Ann. v. 93:
92 : CSonspicit inde sibi data Romulus esse f propriam ^)
Auspicio regni stabilitS scamna solumque.
Atque ego quidem inter siabilüa atque scamna coniecerim
omissam esse coniunctionem e/, quam librarios frequenter omi-
sisse nemo ignorat:
1) Gf. pag. 12. 2) Goeiz-Sohoell soribnnt ioiiboB omissiB:
263. 254 : Sant hie omnia, qaae ad deum pacem oportet adesse ? 1 Omnia
accuravi.
3) Non recte Leo : quae ad deüm , quo icta , nisi fallor, no-
tare vult, deum per synioesin esse legendum. Cf. pag. 12.
4) Cf. pag. 16. 6) L. o. pag. 13.
6) Cf. Vahlen, Mas. Rhen. XIV 665 et L. Mueller in editione reli«
quiarum Ennii, 7) Vahlen: prtora; L. Mueller: proprüim^
26 Georgias Wedding
Auspicio regni stabilita (et) scamna solumqne.
Vnas, qui ex Terentii fabulis affertur yersus, dubiae est
naturae :
Ad. 612: Membra metu debiliä sunt: aniinus timöre^):
sunt oboriatnbi: ^uu cuu cuu.wj Longe aliter autem
dimetitur Spengel:
Membra metu debilia sunt:
Animus timore obstipuit,
i. e. trocbaicus dim. cat et iamb. dim. cat >).
Ut igitur in linguae Latinae monumentis usque quaque a
littera nominativi sg. primae declinationis brevis est, ita nomi-
natiTus-accosativus plur. nentr. gen. in a productam desinens
nusquam deprebenditur, sed buius vocalis correptio eodem fere
tempore facta videtur esse, quo a nominativi sg. primae decb'-
nationis correpta est.
4. AMativm sg. primae declinationis.
Abiativum sg. primae declinationis exiisse constat in -dd,
id quod aevi vetustioris testantur inscriptiones, in quibus inve-
nitur: Binnad% praidad*)] et senatus consultum de Baccba-
nalibus ^) (a. u. c. Ö68) semper ponit litteram d *), quamquam
dubitari nequit, quin illa aetate haec d aut non dicta et audita
sit aut tenuiter; nam apud Plautum a ablativi frequenter eli-
ditur velut:
Ampb. 193: Praeda ätque agrö | adöriäque adfecit populäres suos,
et multis aliis locis. Neque mirum est, quod ablativus d littera
abiecta apud omnes scriptores Romanos mittitur in a pro-
ductam.
5. Secunda persona sg. imperativi praes, ad. primae conith
gationis.
Secunda persona sg. imperativi praes. act quattuor coniu-
gationum respondet secundae personae sg. indicativi praesentis,
1) Sic Fleckeisen, Vmpfenbach.
2) Verg. Aen. III 464 legitur graviä vi arseos, quippe quae forma
tribrachyn efficiens in versu heroico locam habere non possit.
3) Schneider, Exempla 117: Äf. Claudius M. f. eanaol Hinnad eepä.
4) Schneider, I. c. 119: 3f. Fourio C. f. trüntnoa müüart de prai-
dad MaurU deded, 6) L. c. 97.
6) Velut: s^nUntiad^ 0ßd,
De vocalibus prociuctis Latinas voces terminantibus. 27
scilicet praeter id quod iroperativi formae s littera carent finali :
laudä'S : lauda; deU-s : deü; legis : lege^); ctAidl-s : audi,
Quod cum ita sit, a imperativi usque quaque productam esse
exspectamus. Neque tarnen paucis accidit lociSf ut haec syllaba
brevis videatur esse, sed exempla ipsa facile nos docent hoc
factum esse ex ea lege metrica, ex qua, si verbi iambici ictus
est in paenultima vel sequitur productam, haec corripitur >) :
satis erit unum exemplum afferre itemque alterum:
Cure 38: luventüte et püeris liberis, ämä quid lubet
Cure. 708: Quändo vir bonü's, respönde quod rogö. | Rögä
quod lubet.
6, Antidea, antea ^), postideä, pastea, posliUä, intereä, praeterea,
eäpropter *), qua-prapter.
a litteram homm adverbiorum productam esse ex bis in-
tellegimus versibus Plautinis:
pofiideä:
Aulnl. 118: Nunc quo profectus süm ibo: pöstideft domum.
eist. 784: Vbi id erit factum, ömam^nta pönent: pöstideft
loci %
itemque semper cadunt in a productam podeä ^, pastiUä '),
interea % pnietera •), proptereä ^^), quärpropter ^^).
Quibus in adverbiis baeret controversia, utrum -eä (et
qua') ablativus sg. sit primae declinationis an accusativus plur.
neutrius generis. Hoc contendit inprimis Gorssen ^'), qui a
productam accusativi plur. neutr. in bis adverbiis servatam esse
coactus est opinari: fieri non potuisse, ut olim praepositiones
1) leg}f pro ^le^, quia t brevis finalis in Hngaa Latina non serva-
tor sed nratatnr in -^; cf. nominat. tnarif pro *fnaft,
2) Gf. pag. 6, adnot. 5).
8) Adverbiis onMeä et anieä Plaatus non ntitnr, sed pro bis ad-
verbio anU,
4) Cf. Lucret. IV 837 (Lachm.) :
Deztera eäpropter nobis simnlaora remittunt.
5) Stieb. 97. 768. 6) Most. 135. Poen. 147.
7) Poen. 467. 760.
8) Asin. 480. Men. 446. Mil. BIO. Pers. 172. Pseud. 266. Rud.
226. Stieb. 81. Trac. 32. 9) Aulul. 567. Merc. 88.
10) Mil. 1257.
11} Epid. 42. Men. 714. Most. 278. 825. Poen, 1386. Irin. 80,
12) Ansspraobe II 456 sqq.
28 Georgias Wedding
ante, past, inter, praeter, propter, coniungerentur cum ablativo,
deinde cam accasativo. Sed primum quidem scriptum videmns
in senatns consalto de Bacchanalibus i): sei ques eeerU, quei
arvorsum ead fecisent, quam suprad scriptum est, h. e. prae-
positio adversus (adversum), a qaa aurea Latinitatis aetate
pendet accusativas, cum ablativo coniangitur in bac inscrip-
tione tarn accurate scripta, ut ead errorem esse fabrilem dici
non possit Deinde in tabula Bantina*) reperitnr: post exac,
qnae forma qain ablativns sing, sit feminini generis, dubitari
neqnit Qnamquam igitnr in Latina quoqne lingua praepo-
sitiones ante, post, inter, praeter, propter fortasse cum ablativo
coniungi potuerunt, tamen baec adverbia non crediderim ea
ratione orta esse, ut praepositio et forma (ablativns) pronominis
determinativi a praepositione pendens coalescerent, potins vera,
nisi £alIor, interpretatio ducttur de adverbiis eiusdem fere ge-
neris interibi et postibi. In bis enim bina adverbia {inter +
ibi, post + ibt) copulando iuncta esse neminem efiEugit Non
aliter res mihi se habere videtnr in adverbiis interea et postea,
in quibus adverbia (praepositiones) inter sive post coniunetae
sunt cum adverbio (ablativo) eä, non aliter in ceteris eiusdem
generis ')k
7, Otfrö *), exträ, infrä, inträ *), supra, uUrä.
Ex bis apud Plautum mittuntur in a productam:
extra:
Aulul. 711: Nam ego dSclinävi paülulüm me exträ viam.
supra:
Cure. 477: Gonfidentes g&rrulique et mälevoli suprä lacum.
Pers. 819: Ego pol vos eradicdbo. | At t6 ille, qui suprft nos
h&bitat.
Quomodo de his adverbiis et praepositionibus iudicandum
sit, apparet ex s. c. de Bacch., in quo scribitur exsirad% su-
1) Schneider, I. c. 97. 2) Zvetsjeff, pag. 76 (8), 77 (23).
8) Gf. pottmodo^ deforas. Cf. Skutsch, Jfthresber. für roman. Philol.
IV 76.
4) eitra, infra^ ultra, nisi fallor, neqae apud Plautum neque apud
alinm illius aetatis poetam tali loco inveniuntar , ut do ultimae natura
quid ooncludi possit.
5) Gf. Eon. Ann. 118. 422 (L. M.).
6) Gf. Oioorum thtrad.
De vocalibus productis Latipas yoces tenninantibus. ^
prad: sunt igitur ablativi sg. primae declinationis, qoi postea
d litteram finalem abiecerunt.
8. Contra.
De adverbio et praepositione contra, cuius forma simillima
est adverbiis cUra, extra, seorsam disserere oportet, quia in
diyersas abiernnt partes viri docti, utrum aetate Planti contra
mitteretor in a productam ^), qua aurea terminatnr Latinitatis
aetate, an in a brevem '), in qnam adyerbium frustra oUm
desiisse infra videbimus. Faciamus nos omnino ignorare, qnae
ultimae sit natnra, et coactos esse ex servatis linguae Latinae
monumentis usque ad Lucilium coUigere, qua quantitate fuerit
syllaba finalis. Atque sunt hi versus, in quibus contra oocurrit,
scilicet omissis eis, ubi a littera eliditur vel in eo est loco,
quo sine dubio admittitnr syllaba anceps:
Ampb. 217: Prodücit ömnem exercitüm. Contra Telöboae ex
öppido Legiönes educünt suäs.
Pseud. 156: Adsfstite ömnes contra me et quae löquar advör-
tite änimum.
Rud. 242 : Accede ad me &tque adi o6ntra. || Fit sedulo.
Truc. 124: Fer cöptra manum et pariter gradere.
Naev. praet. 6 (I 278 R.):
Gömiter senem sapientem contra redhostis? || Min salust?
Ennius (Ann.?)'): Quis pater aut cognatus volet nos contra tuen.
Ennius (Ann. ?) ^) : Contra carinantes verba atque obscena pro-
fattts.
Att. 538 (1 205 R.) : Quem neque tueri contra neque affiari queas ^).
1) Cf. Stadelmann, 1. c. pag. 22 sq.
2) InprimiB Ysener, Ind. icboL Gryphiivald. 1866, pag. 10 sq.;
Bergk, Anslantendes D im alten Latein, pag. 82; nuper Skutsch, Plant,
and Rom. pag. 8. 8) L. M. fab. 428. 4) L. M. fab. 444.
6) Nonias 158, 14 affert ex libro XX Villi Luoilii verba: nunc tn
contra venia vel qai in nuptiis velaese necea te nee aine
permitie. Qnae verba valde cormpta correadt Yaener, 1. c.:
nunc tn
contra venia, nt qai in naptia veraere neceate
nee aine permitie.
Longe aliter aatem L. Mueller in Nonii reoenaione
non tu
contraheria? volgi imperiia veraere neoeaaeat
nee aine permitie.
30 6eorgitt8 Wedding
lam singulos perlustremus versus. In primo quidem Amph.
217 contra desinit in a productam:
Prodücit ömnem exercitdm. Contra Telöboae ex öppido.
Ex contrario dnbitari nequit, quin eadem syliaba brevis sit
Pseud. 156:
Adsistite ömnes contra me et quae löquar adyortite dnimum,
quo in yena syliaba, de qua dicimus, ultimam ante diaeresin
iambici septenarii effidt thesin. Sed in versibus Rud. 242.
Truc. 124. Naev. praet 6 utrum contra in brevem mittatur
syllabam an in productam ^ non potest diiodicari. Nam Rud.
242:
Acoede ad me 4tque adi cönträ. || Fit sedulo,
a littera in ea sede est cretici tetrametri, in qua syllabae brevis
loco identidem succedit producta velut:
Ampb. 236: Höstes crebri cadunt, nöstn contra ingruont
Cure. 109: Sine, ductim. Sed hac äbilt» hac persequar.
Rud. 243: Cedo manum. || Accipe. || Die, vivisne? öbsecro,
in multis alüs versibus.
In versu Truc. 124 autem duplex dimetiendi exstat ratio:
Fer contra mänum et pariter gradere,
vel:
Fer contra mänum et parit6r gradere,
quo in versu numeri ^«i^wuu^ (dactylus, anapaestus) eadem
ratione et eodem iure coniunguntur quo Mil. 1024:
Age age üt tibi maxume oöncinnümst. || NuUümst höc stölt-
d%ü8 säxum.
Denique.Naev. praet. 6 legi potest:
Cömiter senem sapientem cönträ rödhöstis? || Min salust?
vel:
Cömiter senem sapientem cöntrft redhostis? || Min salust?
ut a littera sit in thesi, quae indifferens est rhythmo 0*
Dubiae naturae est versus Ennii;
Quis pater aut cognatus volet nos contra tueri,
quem ex Annalibus sumptum et bexametrum esse cOntendunt
alii '), alii ex fabula quadam, velut Vahlen , sed qui nos ponit
post quis, haec verba suspicatus esse reliquias duorum versuum
iambicorum senariorum ') :
1) Ut eanirä ridhoHis legamas, laadetur, ne lyllaba finalis intemim-
pat solutam theain. 2) Bergk, Ribbeck.
8) Vablen, Ennii tra^. rel. 448. 444.
De Yocalibus productis Latinas voces terminantibus. 31
yj^Kj quis no8 p&ter aüt cögnatus yoiet
Contra tueri — o— v^^-v^.. *).
Neqae tarnen, nisi fallor, pronomen nos opus est transponere,
et coniecerim haec verba ex tragoediae (yel comoediae) cuius-
dam parte petita esse, qnae trochaicis ex septenariis erat com-
posita:
-£.v^.u, .u. quis p&ter aut cögnatüs volet
Nos contrft tueri — u, _ u— u, — o_ *).
lam neminem effugiet nihil hie esse certi, nihil explorati.
In altero yersu Enniano et verba incerta sunt et numeri:
Contra carinantes yerba atque obscena profatus,
quae scribit Vahlen (Ann. 181. 182):
contra carinantes
Verba (atra) atque obscena profatus.
L. Mueller autem baec verba ex cantico fabulae cuiusdam esse
suspicans adnotat anapaestos (y. 444. 445 fab.):
V.W.V/W contra carinantes
Verba aSqtte obsc6na profatus.
Denique syllaba, de qua dicimus, brevis aut producta esse
potest Att. 538 (R.):
Quem neque tueri contra neque äffari queas,
vel:
Quem neque tueri contra neque äffari queas ').
Omissis igitur omnibus locis incertis restant duo Amph. 217
et Pseud. Iö6, quorum alter a finalem in contra praebet pro-
ductam, alter brevem. Quod cum ita sit, triplex exstat ratio:
aut Plautus promiscue usus est formis contra et contra; aut,
ut apud Plautum deleatur forma contra, corrigendus est versus
Ampb. 217; aut huic poetae (simulque ceteris) deroganda est
forma contra. Quomodo diiudicandum sit, non ex his duobus
versibus (Amph. 217. Pseud. 156) ipsis colligere possumus, sed
deliberandum est, quaenam ratio sit verisimilis. Primum con-
tenderim Plautum non promiscue usum esse formis contra et
eonirä; id quod eo ipso apparet^ quod Plautus accuratissime
_M . ■ !■ ■ ■ ■ ■ I - - ' ' ■ - ^ - ■
1) L. Mneller ex his verbis restitait trochaicam septenarium
(y. 428):
Qdis pater oonträ tueri nos aut cognatös volet?
2) Primnm pedem troohaici sept. dipodiaram legem neglegendi
habere licentiam satis constat. Cf. W. Meyer, 1. c. pag. 48,
8) Cf. pag. 30 adnot. 1).
3S Georgias Wedding
et diligenter seiuAgit breves vocales et productafi neque unquam
eandem formam modo mittit in longam modo in brevem sylla-
bam. Ergo nobis diiadicandum est, utra ratio vera sit, terau-
nayeritne Piautas adverbium contra brevi an producta yocali.
Videamus, quibus argumentis haec adiavetur ratio, quibas illa.
Litteram a productam esse confirmat:
1) Versus Plautinus Amph. 217.
2) Quod aegi*e adducimur, ut adverbium €on4ra divellamus
a formis ex-ira, in-tra etc.
3) Quod Oscorum contrud ^), Lat. oonU'ö-- in cantrö-^enria
etc. etiam formam contra pristinum esse ablatiTum indieat et
respondent formae: contrud, contrö- : contra = cHrö, inirö :
citrä, inträ.
Brevem autem ultimam esse nihil confirmat nisi:
versus Plautinus P^eud. 156.
Mihi quidem haec aigumenta spectanti non dobium videtur
esse, quin semper ultima in contra fuerit producta atque hoc
adverbium ut suprä ex suprä^d, extra ex ex-tra-d ortum sit ex
*contra'dy atque eo magis hoc ut credam adducor, quod etiam
in nonnuUis aliis versibus in ultimam thesin ante diaeresin
iambici septenarii insinuavit syllaba longa, ut emendare necesse
sit. Huc accedit, quod non diffidle est explicare, quonam modo
factum sit, ut huius versus modi turbarentur. Est enim in v.
Pseud. 156 altera corruptela, cum apud Plautum contra non-
dum sit praepositio, a qua pendet accusativus, sed usque quaque
adverbium, id quod perbene intellegitur ex versu Gapt. 664:
At ut confidenter (hömo) mihi contra ästitit.
Quae res cum ita se habeat, versum Pseud. 156 scriptum
fiiisse coniecerim:
Adsistite contra omnes mihi 6t quae löquar advörtite
&nimnm,
atque nescio quem librarium Plautinum adverbii contra usum
ignorantem coniunxisse vocabula contra et mihi atque correxisse
contra me, quippe qui contra praepositionem coniungi sciret cum
accusativo *).
1) Tab. Bant. 11, 17, 26: eontrud exeie.
2) Corrigendas est etiam v. Pers. 18:
Qois iUic est qai contra mi astat? || Qufs hie est qui sie contra
mi 48tat,
in quo bis traditam est: contra ms.
\
t)e vocalibus productis Latinas Yoces terminantibus. 33
9. Frustra.
Adverbium frustra Qptima Latiuitatis aetate desinit in a
Utteram produotam. Quod antea effecisse trochaeuip neque
apud Plautum unquam efiScere spond^um diu perspexerunt viri
doctissimi ^) hos afferentes Septem versus, in quibus frfsstra
cadit in a brevem:
Merq. 528: Nunc, muUer, ne tu friisträ sis, inea nön es, ne
4rbitrere,
et sexies in fine iamhici ^enarii vel trocbaici septenarii ne
fru^rä sis: Capt 854. Men. 69?. Peirs. 140. Rud. 969. 1255.
Truc. 754.
Manifestum .igitur est adverbium fru^ra non esse ablativum
ag« primae deoUnatipnis sed alium casum sive nominativum sg.
primae declinationis sive nominativum-accusativum plur. neutrius
generis'). Foimek frustra autem postea orta est propter simi-
Utadinem adverbiorum citra, extra.
• • »
10. Ergä, iuxta, qua^ unä^).
Gute ea linguae Latinae adverbia, quae exeunt in d, pri-
stinos esse ablativos supra intellexerimus, iure etiam adverbia
eryä, iuxta% qua, unä eiusdem generis esse formas iudiöabimus,
quia, ubicumqüe occiimint, longa terminantur syllaba.
IL Ita, ita-que.
Qua quantitate littera a in adverbiis. üa et »to^jt/e apud
Plautum fuerit, difficile est perspicere, quia persaepe ictus est
in paenultima vel sequitur ultimam: itä, ttä ^.
Äpud Ennium autem haec adverbia efiicere pyrrbichium
nos dooent hi versus Annalium:
1) Vsener, 1. c. pag. 18. Spengel, Piautas, pa^. 628q. Skatach,
forsch. I, 8.
2) Cf.. Skotaeh, 1. c. pag. 8 adnot 1): aaoh dem plaatiaisehen ge-
brauch von firmtra erscheint e« lucht auageaohloasen, das« fruMtra ein
nominativ war. Das betreuende Substantiv (sei es nan *fnutra oder
*frustrum) Hegt dem verbam fnutrari eu gründe.
3) Adverbium etrcä ante saec. VII. a. o. c. non reperitur.
4) Quae adverbiorum «rgu et umta sit etymologia, non liquet.
Vid. Lindsay-l^ohl, die lat. spräche, pag. 671 et 678. — Cf. •rgo : ^äzsnutfö:
inträ,
IMtrtc« «. kn^ d. iad«. ■pnMtoa. XXVU. 3
34 Georgine Wedding
33: Et ripas raptare locosque noYOs. Itä sola.
119: Et simul effugit speres itä funditu' nostras.
Atque multi exstant versus Plautini, ubi ictus est in syllaba
'ta et dnae sequuntur syllabae, quaruiu prima una cum -td
efficit arsin solutam, altera thesin. Cuius rei exempla sunt
haec:
Bacch. 751: Quia mi itd Ifibet: pötin ut eures te atque ut ne
parc&s mihi.^
Gas. 17Ö: Itd sölent omnes quae sunt male ndptae.
eist 151: Itä pröperävit de pu6Ilae pröloqui.
Cure. 48: Quid it&? || QuIa proprium fdcio: amo pariter simul.
Mil. 1260. Tene me, öbsecro. || Quor ? || Ne cad4m. || Quid iU?
I QuIa st&re nequeo.
Most 685: Itä m6a cönsilia undique öppugn&s male.
Poen. 691: Quid itä? || QuIa, (a) miiscis si mi bospitium quae-
rerem.
Pseud. 77 : Quid itä? || Genus nöstrum semper siccoculüm fiiit
Praeter hos versus comprobat syllabam brevem Rud. 212:
Aüt viam aut semitam mönstret ita nunc,
i.e. creticus dim. acat cum clausula — ouu — .
Tarnen non mediochs ezstat numerus versuum, in quibus syl-
laba -/a producta videtur esse, quos, etsi de parte eorum iam
verba feoit G. F. W. Mueller^), non super vacaneum erit denuo
accurate componere.
1) Ex diverbiis:
Amph. 1077: Tua Brömia ancüla. ||Tötus tüneo, itä me incre-
pttit' luppiter.
Amph. 1081: Amphftruo: it& mihi änimus etiam nunc abest.
I Agedum expedi.
Asin. 18: Ita te obtistor per senectntem tuam.
Aulul. 69: Queo cömminisci: itä me miseram ad hünc modum.
Gapt 93: Ita nunc belligeränt Aetöli cum Aleis.
Gapt 372: Quom servitutem itä fers, ut ferrf decet
Gas. 343: Tibi et Ghalino: itä rem nätam int611ego.
Gist arg. 10: Itäque lege et rite civem cögnitam.
Gurc. 667: Quam ob rem istuc? | Quia ille itä reprömisit
mihi.
Merc. 762: Mihi quidem hercle. || Itä me amäbit luppiter.
1) L. c. pag. 14. 16.
De vocaIibu8 preductis Latinas yoces terminAntibu8. 35
Mil. 1047: Qua ab illa? n&m ita me öocurs&Dt multae: metni-
Bfsse haud pössum^).
Most 389: Silin babes, si ego ädvenieDtem ita patrem ÜEici&m
tttom.
Poen. 586: Vfx qnidem bercle, itä pauxiUast, Higitulfs primö-
ribus.
Poen. 705: Quid itä? || Quia aürum pöscunt praesent&riam.
Poen. 1258: Num hi f&lso oblectant gaudiö nos? || At me itS
di senrent.
Trin. 447 : Homo ego sum, homo es tu : itft me am&bit Idppiter.
Truc. 276: Ne &tti|^ me . || Egon te t&ngam? Itä me amabit
s&rculnm.
Ad bos versus aeoedunt duo ex diverbiis Terentianis:
Eun. 697: Fraterne? || Itä. || Quando? | Hodie | Qn4m
dudüm? II Modo.
Phorm» 542: Itane? | Itä. || Sane hercle pälcbre su&des:
etiam tu hinc abis?
2) Ex canticis:
Amph. 635: Itä dis est pl&oitum, volüptatem ut maeror comes
consequ&tur *).
Gapt Ö02: Itä me miserüm restitändo retinendo').
Pseud. 1253: Itä victu excurato, ita münditiis dignis').
Tantus numerus versuum primum iegenti bonam praelucet
spem eis posse probari adverbium ita apud Plautum re vera
terminari syllaba producta. Sed accurate hos yersus perlu-
straotes videbimus omnes fere alio modo legi posse, nonnullos
sine dubio esse comiptos.
Atque ex illis undeviginti versibus, qui exstant in di-
Torbiis, primo loco detrahendi sunt quattuordecim, quos cum
hiatu legere licitum est:
a) cum hiatu legitime in diaeresi:
Amph. 1077: Tua Brömia ancilla* | Tötus timeo, itä me in-
crepnit lüppiter.
Most. 389 : Satin habes, si ego idvenientem itä patrem faci&m tuom.
Truc. 276: Ne ittigis me. | Egön^) te tingam? ftä me a-
mibit s&rculum.
b) cum hiatu legitime ante personam mutatam^):
1) Sic Mneller. 2) Bacchiaous hexameter.
3) Bacchiaons tetrameter acal.
4) Yel: 6gön te tingam? ... 6) Gf. pag. 6.
9*
36 Georgias Wedding
-• «
Merc 762 Mihi quidem bercle« || Itä m^ smÜni luppiter. ;..
Ter. Eun. 697: Frateme? | Itä. || Qaando? || Hödie. | Quam
.d«4üm? I Modp.
Pborm. 542: Itane? || Itä. | Sane hercle pälcbre soädes:
etiam.ta hteo abisM.
i c) cum hiatu in caesura iambici senarii, de quo vide sis
sapra pag. 5:
Aulttl. 69.: Queo cömmtnisoi: | itä me miseram ad büiie modum.
Gapt. 372: Quem servitutem | itä fers, nt ferri decet.
Gas. 343: Tibi et Gbalino: | itä rem n&tam intell^o. *■ ■ ,
Cure. 667 : Quam ob rem istac? | Quia ille | itä reprömiattmibi ,*).
Trin. 447: Homo ego Bum, homo es tu: | itä me am&bit lüppiter.
d) cum biatu quamquam non legitimo'): . -
Ampb. 1081 : Ampbitmo: | itä mäi änimue itiam nilnc abeet.
I Agedum expedi ^).
Poen. 566: Vix quidem bdrcle — itä pauxfllast -^ d%itiiliB
/ primöribus •).
Poen. 705 : Quid it& ? | Quiä ' aürum pöscunt praesent&rivun *).
Seoundo loco reieoerim TeiBus Asin. 18. ^t Pöen. 1208,
it quibus pro me et te substituendae sunt formae med et ted:
Asin. 18: Itä ted obstestor per senectutem tuam ^).
Poen. 1258: Nnm bif&Iso oblectant gaudio nos? || At med itä
cU serrent^).
Porro V. Mil. 1047 non ea ratione 'traditua est, qua iB«in
affert Mueller^), sed -potius: «
Qua ab illarum? uam Itä me öccnrsant moltae': meminisse band
pöseom.
Deinde corruptela est in versibus Gapt. 93 et Gist. arg. 10.
; — S ■ ■ I I. I II
1) Gf. Eun. 409 : Perpaucoram hominam. | Immo nüllomm arbitror.
Phorm. 146: Quod det fortässe ? | Immo nil nisi spem meram, ' ^
porro Phorm. 968. Adelph. 604. 767. Spengel,Ter. Andr. XXXHI: [der hiat
ist] also auch hier [beim personenWechiel, fiberliefertj vor intenjekÜOROn
oder den inteijektionen nahe kommenden adverbien.
2) Yel: Quam ob rem istnc? || Qnii^ .illi<c> itä i^prooDsit niihi. .
8) Gf. pag. 4. 4) Sic Leo. . ' ' .
6) Hiatus, nisi fallor, defenditur, quia üapauxtlkui est parenthens.
6) Gf. Luchs, Herm. VIII 114. — Hiatum in hoc versu accipere
non necesse est, cnni anfte personam mutatam admittitür syllaba anceps :
Quid üaf I Quia ofirum ...
7) Forma Ud tradita est in codice D. .
8) Cf. Wackernagel, idg. forsch. I 410. 9) Cf. supra pag. 35.
De vocalibus prodüctis Latinas voces termiuHntibus. 37
In hoc enib v^rsa — ut ^ praetermittam enm non'in fabula
ipsa exstare 8^ iii argumento ~ a^yerbium Uaqiie Ifi^egre qaa-
drat in sensum :
9. Ifequirens seryos reperit quam proiecerat.
Itäque lege et rite ciyem cognitam
Altesim^rchus, üt Ärat n&istQS, piSssidet,
maximeque desidero yöces' civem cogniidfn aperte et concinne
öbüittncias össe cum eis, quae antecedunt, yerbis. Quod cum ita
fi^i ego qnideiid legendos esse cbniecerim hos yersus:
'; Iteqnirei^s sSrvbs r6perit qti&m proiecerat,
lliämque legb i^t rite ciyem cögnitäm
AicSsiitt&rchas, üt erat n&ctus, pdssidet,
cum ex ülamque, äläqtie facile comiptela üaque eyadere pötuerit.
In yersa Capt 93. autem, si legitur:
Itä, nunc bi&Ihg^i^^tA^^U cum /^eia .
tiorhati sunt mimer;, quia neqne: semjquMaaria neque semisopto-
nt^iTi^. ez^t caeisuira. .Nßque tarnen dimetiri suffioit:
, .!> ; Uü, nüi^c bell^^prant Aetoli cuQi | Alais
cum^ hii^tii (i^on legitiimo) iptar cum et Meis % ne paenultima
pjPOduGt^ in 4fiQli quurtam iainbici senarii effioiat thesit^» id
quod; C1U& lege pugnat dipodiarum >)^ Cum igitur yerba: Äetdli
cu/^,,-Ä\^ i. e, ^-£._^u~ in .fin^ yersus sint sine offen-
ßif^^Q, men^um in prim.^ huius. yersus parte es^Q apparet,
praesertim < cutti : verba, . qi|a^ aatecedunt, cupi yersu 93 non
coj&cinno sint ooniuncta. £mendationa. igitur opus est, sed pro-
bf^bilejod 9«t yerisimilem confiteor jone nescire, ut in prima yeir-
sua 9«ii parte Qoacti sipaus p^neye crucem, ,ut aiu^t, desperationis.
,;.Rflstat, ut yerba faciam de Ulis tribus, qui ex canticis
petiti ^ttut, y^rsibus:, Amph. 63ö. Capt. 502. Pseud. 12j^.
r Ex quibps diu porrectus est y, Amph. 635, cum legatur:
liS jdi(yi)s est placitum» yoluptatem ut, maeror comes conse-
., •..: .•,.»•......■ , .quifeur»).
Cap^« 502 a|it0p dnbiae est naU^rae. Quam ob cau^m Goetz-
Schoell omiserunt ictus, yerum Leo proponit:
' Itä me m^erum restit4ndp
., tletinendoque l&ssum reddiderunt,
adp^tans: trochaei esse videntur^).
1) Hiatum aeeipiuiit Goetz-Söhoell, Brix-Niemeyer, (Leo?).
2) Cf. pag. 2. 8) Sic Leo.
4) Troohiuous dim; aoat.4- itVQob. mou« aoat.+ ii^yptellioiii^
38 Georgias Wedding
Denique versum Pseud. 1253 praebet Ambrosianas:
Ita victu excurato ita magnis munditis, dis dignis,
quem suppleverant Goetz-Schoell :
Itä victu exc&rato, itä magnis munditiis di(vi)8 dignis,
et Studemund, stud. I 404:
Itä victu excärato, itä magnis munditiis (et) dis dignis,
uon bacchios esse intellegentes sed anapaestos.
Nullus igitur exstat locus, quo üa (vel üa^que) producta
terminetur syllaba. Cum autem omnia adverbia, quae in lin-
gua Latina exeunt in a, mittantur in a productam, olim fuisse
verisimile est formam *itä (etymologia est obscura), sed cui
per legem iamborum correptionis ipsis antiquis temporibus sub-
iit forma iUL
12. Quia.
Coniunctiopem quia deducendam esse Gorssen >) sibi per-
suasit ex instrumentali sg. relativi pronominis qu% et ex adver-
bio iatn: *qutiafn, qua ex forma tamen nuUo modo evadere
potuit pyrrhichius qtM, Nam praeterquam quod t productam
desideramus ext + i ortam, intellegi nequit, qui factum sit, ut
m littera finalis interiret et ne vestigium quidem sui relin-
queret. Huc accedit, quod quae vera huius adverbii sit in-
terpretatio, est in promptu: sei licet nominativus -accus,
plur. neutr. gen. pronominis relativi et eins stirpis, quam
hoc pronomen recepit ex interrogative'). Inde intei* se re*
spondere apparet formas "^quiä et qui-ä ut *marj-a et mari-^^
etsi iam apud Plautum nusquam, ut videtur, quia relativi fun-
gitur vice*). Cum autem a litteram finalem nominativi-acc.
plur neutr. gen. Plauti aetate correptam fiiisse supra demonstra-
visse mihi videar, quid verisimilius est quam in coniunctione
quia quoque ultimam non servatam esse productam, prae-
sertim cum legem iamborum correptionis {quiäy quiäj.) ultima
ut breviaretur, eo facilius efficere oporteret? Hoc confirmatur,
quod, ubi apud Plautum finali ictus est in syllaba^), usque
1) Aasspraohe II 850. 2) Cf. Leo, plaut. forsch. 287.
3) y. eist. 682 exhibent oodices B' et C: Kunc vestigia hie si
quia sunt noacitabo, led in hoc venu nam forma quia recipienda sit,
eo magis incertom est, oam hao bacchiaci tetrametri sede pyrrhichios
non admittatnr nisi certia oondioionibaa. Cf. supra pag. 12. Ambigai
sunt etiam versas: Mil.. 1314 et 1888|; of. pag. 23.
4) Pleromqae deprehenditor : quiM vel quXlä ju
De vocaIihu8 produotis Latinas voces terminantihus. 39
quaque (nno excepto loco) duae sequuntur syllabae, qnarum
prima cum syllaba -a arsin efficit solutam, altera thesin:
Epid. 177: Qaiä bcitumst eam tibi vivendo Tincere. | Oh.
Pen. 255: Qai& m^o amico amiciter hanc commoditätis eöpiam.
Pers. 546: Nisi quia spScie quidem edepol liberälist, quisquis est
Trin. 938: Nisi qaiä lübet experiri, qao evasünist denique.
Truc. 786; Nfsi qui4 ttmeö tamen»)
Neque tamen desunt, qui uno utique yersu coniunctionem
quia efficere iambum contendant: Merc. 395:
Qui Ter6? | Quid non nöstra förmam habet dign4m domo.
Quod ego non crediderim. Nam cum pauIo post inveniatur:
V. 405: Neque sinim. H Qui vero? | Quia illa forma m4trem
f&milias,
lacile adducimur, ut in versu 395 quoque suspicemur eadem
ratione ictus distributos fuisse: qui viro?lQu{ä, atque ante
qui vero alibrario coniecerim interiectionem quandam (fortasse
ah) esse omissam *).
n.
Formae in -e exenntes.
i. Ablativus sg. in ^ tertiae dedinaiionis.
In tertiam, quae dicitur, linguae Latinae declinationem
satis notum est duas confluxisse declinationes : et stirpium in i
et earum, quae desinunt in consonam; quarum declinationum
haec ef&cit ablativum in-e'), ills, in-F, quae orta est ex-%d. Au-
rea Latinitatis aetate promiscue uterque profertur ablativus,
quia partim stirpium in i desinentium receperunt -^ finalem ea-
rum, quae in consonantem exeunt, partim stirpium in conso-
nantemexeuntiumasciyeruntiproductam. Sedusqüead idtemporis
contenderunt viri docti aevo yetustiore ablativum sg. stirpium, quae
cadunt iü consonantem, servatum esse in -9 ex -id, quem ab-
lativum genuinum esse opinantur alii, alii eum re vera desiisse
in -&? {4d) : *aer^, *nofniniÜ, et eos in -ed -id i *igned (: iffns)
1) Reliqua huins Tersns pars prave tradita est.
2) Gf. Maeller, naohtr. pag. 3.
3) HaeQ forma est vetustus locativus: g§n&r9 ex gener^ : scr. jäna$i,
40 Georgias Wedding
aerid^ »tominici ortos esse analogiam). Atque reperitur abla-
tivus in-^ faisce in vorsibus Plautinis*):^
Amph. ^42; Nümquid Tis? | Vt quom ibsim me >me8,. oiet^am
te.absentö tarnen^).
Ampb. 826 : Ainpbitruö alias, qui forte ted bino &bsente tarnen ^).
Amph. 860: Qaldqaid est, iam ex Naücrat^ cogn&tO: id cö-
gnoqo&m meo.
Asin. 873 : Ille opere foris fiaciündp Ito^as nöota (ad nie) &i-
Yenit*).
Bacch. 628: M61t^ m&la me in pectore nunc &cria &tque acerba
eveoiant
Gas* 140 ; Qaasi müs, in medio p&riete vors&bere.
Gas. 318: Gum e4dei^ qaä ti^ semper. | Güm oxore mea?
P^rs. 41: Qaöd . tu me rogte; nam tu aquam a pomice nunc
postulas.
Pseud. 761: Omnes ördine sab sjignis dücam.leglones meas^).
Ex quibus exemplis certissima sunt neque allo modo reicienda:
Naucrate, aperS, pectarS, uxari, ardine, Qaomodo de bis iudi-
cabimus formis? Utrum formam in ^dy -i pristinam esse pu-
tabimus, ex qua postea eyaserit forma in -e? An re vera abla-
tivus olim desiit iu:*^? An ei in^-^ effecti sunt analogia?
Minime, cum stirpes in oonsonantem desinentes ablativum neque
unquam in -da (-Id) efficere potuerint neque in -id, -e; et
cum neque ex ablativo in -^ (-icQ neque ex illo in -id, .-i ex-
sistere potuerit ablativus in -^. Aliam igittir has formas inter-
pretandi rationem necesse est inire^ quam rationem, qiiae
vera sit, aevi yetustioris nos docent inscription'es/ JIn bis
enim. deprebenduntur pari modo formae : (letate '^, honare^)
tempe8tate% aire^^). et praeter bos : airid^^), cönventio-
- t ^^ * * -•'' .I-»».«
nid^^)^ virtutei^^), Quibus ex formis olim abiativuin slir-
' ' ' ' ' ■ * . .
1) Gf. Cormen^ aüssptiaehe II 462; Btieobeldr-^Windekildei pag; 96
iqq. ; StaMriianii»* L o. pag. 67 sqq* 40. 41. . f
2) Omifti eo8 varsus. aflGarre, in qiaibas (MMurmnt a)>latin itirpium
in t exeantiam velat eanü {carne AT) Gapt. 914; pturU (CD, parte B)
Men. 478; 9orti Gas. 428; motu (E, sscr. mf<t-) Mil. 707, et incertos velut
Capt. 807. Pieud. 616. 938. 1312, alioi.
3) God. abierUem, 4) Sic omnes Codices.
5) (ad me) adiecit Fleokeisen. 6) God. ordines^ correxit Soaliger.
7) Schneider, 1. c. 91,2. 8) Schneider, 1. c. 91,5.
9) 1. 0. 96,6. 10) l c. 24. 11) I. c. 181.
12) L c. 91,6. 18) 1. 0. 91,6
De vocalibus produotis Latinas Y0ce8 terminantibus. 41
pium in t desineiitium ooagis quam aurea LatiDitatis aetate in-
sinuavisae apparet in eas stirpes, qqae cadunt in consonantem,
aiqoe looativum i, qui ablativi fungitur vice, summovisse.
Qttod cum ita sit, non in errorem indncemur formas nAsentl,
Naucraie, aperSf pedore, pariet^. uapm'e, pumice, ordine inielle-
gentes substitntas esse a librariis in locum earttniy quibus usus
est Plautus : absenti, Naucrati, aperi ^), pectori, parieti, usporl,
pumici, orßini, yel absentei, aperm, ardinei etc., praesertim ciim
nonnullis in versibus vel Codices pr^.ebeant formam in i ex-
eantem velut:
Gapt 258: Quös tarn gr&ndi sim merc&tus praesenü pec6nia*).
Mil. 1341 : Bene quaeso inter yös dic&tis mi med absentf tarnen.
2. . AbUxtivm sg. quintae dedinatianis.
Ablativas sg. stirpiuni in e exeuntium usque quaque desinit
in e longam, cuius rei apud Plaatum quoque multa reperiuntur
exempla, velut:.
Baccb« 827: Quanto in periclo et qu&nta in pSmicie siet,
aliisque in versibus >). Neque dubium est, quin ablativus in -e
;velut r9, fide ortns sit ex *red, ^fidsd^ quamquam eins g<9neris
exemplum non est servatum. Nam in ßis quoque versibus, ubi
posit ablativum sg. quintae declinatfonis deprehenditur hiatus
velttt: ;
Mwc. 629: De istacrd | argütus es, nt pä.r pari respöndeas.
Pseud. 19: luv&bo. aut re | aut öpera et cönsiliö bono,
vix credibide est, formam r9d. esse restituendam.
.Ceiterum n^nnulU; exstant versus, in quibus hie .ablativus
brevi videtur terminari syllaba, velut:
Pers. 243: Fid^ dat& cred&mus. | Növi : omnes sunt lenae. le-
vifiäae,
sed haec correptio, ubicumque occurrit, effecta est vi Ißgis iäm-
borum correptipnis.
3. Secunda persona sg^ impercUivi ad. secundae conitigationis,
Haec quoque forma nusquam cadit in e brevem. Nam ut in
1) corpüfi praebet etism lex lalia munioipalis, Schneider, 1. c.
812, 122. 2) VE praeMnÜa,
8) Quintae deolinationis est etiam nomen fmnei. De ablativo vide
Ann. liö. Cist. 45. Most. 198. Pers. 818. SÜoh. 216.
42 Georgias Wedding
prima coniugatione secunda persona imperativi praesentis act.
— quippe caret 8 littera finali — respondet secundae personae
indicativi praesentis velnt: laudä : landab ^), non aliter respon-
det gauds formae gaude-s. Longam syllabam autem oonfirmant
apud Plautum:
Ampfa. 848: Exlepol me lubente f&oies. || Qaid ais? responde
mihi.
Amph. 1110: Ne pave: sed Angues oculis ömnis circamTisere,
permultique alii versus *). Ubi e littera brevis videtur esse,
eam breviat lex illa iamborum correptionis, ut creberrime in
imperativis: cdr^ döci, hdb^, iüb^, mdn^, mön^, tnivg, tde^f
tifi^, v<ä^ vid^.
4. Infinüivus activi in -re.
De infinitivo praesentis activi nuper verba fecit vir doctissi-
mus Solmsen ^) non modo infinitivum in -r^ contendens, id
quod nemo negat, esse vetustam locativum (viverif : sscr. *ß'
vdst), sed etiam servatas esse formas in -r^ et vivere respon-
dere sscr. jivdse, Atque Solmseni ipsius verba sunt haec^):
„. . . . fragen wir, was aus idg. ^gtyi^Ssäi = ai. fivdse im latei-
nischen werden musste, so muss die antwort lauten: zunächst
vivere. Nach dem bilde, das die inschriften uns gewähren,
dürfen wir diese Orthographie in plautinischer zeit noch durch-
aus erwarten, und ich meine, wenn wir nun im Plautustext
tatsächlich noch infinitive activi auf -ere finden, so dürfen wir
sie unbedenklich den ai. auf -äse gleichsetzen*'.
Antequam videamus, quae sint exempla Plautina in -ri,
paucis liceat confirmare iam Plautum sine dubio infinitivum in
-re misisse in e brevem :
Mil. 82: Vt Sit ubi sedeat, lUe qui aüscult&r^ volt
Trin. 734: Par&ta dos domist: nisi 6xspect&r6 vis.
Merc. 250: Capram &bduxisse, et coepit inrider^ me.
Trin. 661: Perpeti nequeö, simül me piget parüm puderä te.
Cure. 74 : Me, te atque hos ömnis. || Tum tu Venerem vömer^ vis.
Gas. 853: Paene exposivit cübito. |i Cubitum ergo ir^ volt
1) Cf. siiprs pag. 27.
2) Reperiuntur formae: deiponde^ gaudi, hahif ttt6«, mahe^ paoi,
resfiondif talvi, taee, ienS, vali, vide.
3) Idg. forsch. IV 240 aqq, 4) I. c. pag. 960.
De vocalibus productis Latina8 voces terminantibus. 43
Stich. 419: Ere, si ego täceam sei loqadr, soio sdr^ ie ^).
Quibus ex yersibus Plauti aetate ayllabam -re infinitivi
satis apparet fuisse correptam. Versus autem, in quibus infini-
tivus cadit in e longam, sunt hi:
a) Ex diyerbiis:
Asin. 250: Atque argento cömparindo fingere fall4ciam.
Merc. 934: Stültus 6s: noli Istuc, quaeso, dicere. || Gertum
exsequist.
Mil. 848: Numquain edepol vidi promerö. Verum hoc erat
Mil. 1316: Tibi salütem me iusserunt dloere. || SaWae sient.
Pseud. 355: Ego scelestus nunc argentum prömere possüm domo.
Pseud. 1003: Null&m salütem mittere script&m solet?
Trin. 585: Nam certumstsine dote haüd dare. || Quin tui modo.
Truc. 425: Non aüdes iliquid mihi dare munüsculum?
Ad hos versus Plautinos adicias duos:
Tit. 105 (R. Com.): Ipsüs quidem hercle dücere sane nevolt.
Ter. Andr. 437: Potin es mihi verum dicere? || Nil fäcilius.
b) Ex canticis:
Most. 696: Völuit in cübiculum abdücer^ me anus >).
Most 710: Peius posth&c fore quam fuit mihi ').
Pseud. 1299: Cum corolla ebrium incedere? tl Lubet ').
Rud. 209: Quae mihist spes, qua me vivere velim >).
Rud. 244: Tu facis me quidem ut vivere nunc velim ^).
Numerus sane non mediocris. Sed primum fides deroganda
est quattuor versibus: Merc. 934. Mil. 1316. Trin. 585. Ter.
Andr. 437, quia in eis syllaba, de qua quaerimus, est ante mu-
tatam personam, ubi syllabam admitti ancipitem identidem
supra vidimus ^). Item quattuor reiciendi sunt: Most. 696.
Pseud. 1299. Rud. 209. 244, quos versus alia ratione ac supra
dimetiri licitum est:
Most 696: Völuit in cübiculum abdücerS me anus.
Pseud. 1299: Cum corolla ebrium inceder^? || Lubet
Rud. 209 : Quae mihist spes qua me viverä velim,
qui tres versus sine ulla dubitatione cretici dimetri acat. sunt
non cum clausula _vv.u., sed potius cum clausula _ u^v» —
1) Praeter hos versa« of. Guro. 178. Pers. 515. Tmc. 223. Merc.
644. Poen. 555. Stich. 301.
2) Gf. Baecheler-Windekilde, 1. o. pag. 120.
3) Greticus dimeter acat. cum olansnla: — u-.u_.
4) Greticus tetraneter acat 5) Gf. pag. 6.
44 Georgias Wedding
Versus Rüd. 244 äutem:
Tu facis me qiudem ut viverS üüiiG velim
est creticus dimeter aicat. cum clausula .u_u_, cuius prima,
thesis hoc in versu duabus efficitur syllabis brevibus.
Deinde minimi est pretii versus Most. 710:
Peius postb&c for^ qu&m fiiit mihi,
cum inter colon creticum et clausiilam ^^..u. syllabam anci-
pitem licitum sit ponere ^).
Porro incerta sunt verba 'Htinii, cum, ütruin haec verba
unius versus sint an duorum, nesciamus. Atque mihi quidenü
verisimile vic|etur esse ea duobus tribuenda esse Versibus:
..... ipsüs quidem hercle dücere
Sane nevölt . . . . ,
nisi fallor, iambiois senariis (vel octonarii^ ').
lam quinque supersunt versus:
Asin.250: Aique argento comparando fingere falläciam.
Mil. 848: Numquam edepol vidi prömere. Verum hoc erat.
Pseud. 355: Ego scelestus nüpc argßntum prömere possüm domo.
Pseud. 1003: Nulläm salütem mittere scripiam solet?
Truc. 425: Npn aüdes, äliquid mihi dare munüsculum '),
ex quibus facillimum est.corri^ere yersun^ Pseud. 35^ , cum
scribatur: »
£go scelestus« nunc argentum prömerlS pötis süm domo.
Qui versus iure in süspiciönem nos adducit etiam quattuor
reliquos non recte esse traditos atque de formis: flng^, prö-
mere, nOUeri, i&u däre eadem ratiotie iudicandum esse ac de for-
mis velat ämnibüs, 9ifiknü8, aiiis eiusdem generis, de quibus
acourate supra pag. 8. feci verba. Quae nes tcum ita se habeat,
iam nemo dubitabit, quin Plautus infinitivum prafisentis act.
usque quaque terminaverit in e brevem^).
Sed sententiam suam ut confirmet, pergit vir doctissimus
Solmsen ') : wir haben ein schwerwiegende^ iQeugniss für den
r •■ ■ ■ : , : ■ ' ;
1) Cf. pag. 24.
2) Etiam trochaici sept. esse possant: S4ne nevolt . . . .
3) Faoile est transponere: <2<^0 mihi munuteulufn,
4) Versnm Pers. 642: Iam de istoc rogare omitte. Non vides
nolle loq'ai,
iam correxit Camerarias:
I4m de istoo rogare omitte. Nön vides noUe (e)1oqm,
6) 1. 0. pag. 260.
he vocalibus producti$ Latinas vooes terminantibus. 46
actiTischen gebrajuch des infiniÜYS auf *i in der formel^ dorcb
die der cen8(^ das volk zum census berief und die uns Varro
L. L. VI, 86 aufbewahrt hat: si quis pro se prove aüero ratio-
nein dari volet, lam supra cuui de tertiae declinationis abla-
tiyo in e feci verba, depionstravisse mihi videor, quid fidei in
tali re Ijbris habenda sit manuscriptiß. Tarnen hoc levius, gra-
yius autem iUud: eodem iure ac contendit Soknsen hanc i in
dari esse productam, alter dicet atque affirmabit in bis ver-
bis yetustissimis servatam esse i brevem finalem locativi, ex
qua postea evadere öportebat e brevem, neque quisquam facile
eins refutabit sentenuain.
Neque vero opinionem viri doctissimi Solmsen confinnant
inscriptiones, etsi verba eins iam supra allata.: „...tivere.
Nach dem bilde, das die inschriften uns gewähren, dürfen wir
diese Orthographie in plautinischer zeit durchaus erwarten^S
nobis iniciunt suspicioriem in inscriptionibus infinitivum praes.
act per vicem mitti in I, £, EI, quae ratio scribendi syUabam
finalem ortam esse confirmat ex diphthongo. Hanc yariam
enim scribendi rationem praebent inscriptiones in infinitivp
praes. pa&sjvi: pakari ^)y [dehjontiari «)/ fieri^) : darei*),
legei^)l contra in-finltivus praes. activi usque quaque ter-
minatur ütterä e : cedre «), (compramesise) ^), audeire «), eire •) . . ,
Quod cum ita sit, iure adducimur illam. sententiam ut recipia-
mus, in lingua Latina ab initio locativum sg. velut viver^ ex
*viver%, SBcr. *jlvä8i functum esse vice infinitivi praes.
activi, dativum velut a^i ex -äi, sscr. äje vice infinitivi
praes. passivi.
i. Ädverbia in e (abUxtivi aecündße dedinationis).
Formae faeil^m$d^% rected^^), Oecornm amprufid ^^) (im-
probe) satis ostendunt eins generis ädverbia exiisse in litteram
. 1 ■ ■ I I I IM _!■ ■ ■ * _•
1) Schneider, Exempla, 19. 2) Schneider, 1. o. 292, 8.
8) L. c. 298, 48, 70, 78.. . 4) L. c. 298, 9, 69.
6) L. c. 298, 18. 6) L. c. 95, 9.
7) L. 0. 97, 14. — De ajUaba altima infinitivi perfecti eadem ra«
tione iudicanäam est ac de altima infinitivi praesentis activi.
8) 8. c. 298, 71. 9) S. c. 298, 78.
10) 8. c. de Baoch., Schneider, 1. c 97, i27.
11) In inaoript. FaÜsc, Schneider, 1. c. part. sec. 17.
12) Lex. Bant. 30, Zv pag. 78. '
46 Georgius Wedding
d et veterefi esse ablativos. Cum aateiii post longam voealem
d littera finalis saeculo sexto a. u. c. tenuiter audiretur, adyer-
bioram quoque evanescere coepit. Neque enim exemplis pro-
bare posBumus Plautum bis formis in -Sd usum esse, frequenter
autem eis in -6:
Gurc. 44: Nempe fauic lenöni qui bic babit&t? || Recte tenes.
Cure. 375: Verum hercle vero cum belle recögito,
permultis aliis locis.
Verum duo adverbia, bene et tnale, iam apud Plautum et
Ennium cadunt in syllabam brevem, quamquam ex illo poeta
certum exemplum afferri non potest, quia, ubicumque oceur-
runt, ictus est in paenultima borum adverbiorum vel sequitur
ultimam (bin^, milM, vel: b^fi^-L, mäl^^); sed in Annalibus
Ennii nonnulli exstant versus, ex quibus hanc e Ulis tempori-
bus correptam fuisse satis apparet, velut:
105: Accipe daque fidem foedusque feri benS firmum.
107: Se fortunatim, feliciter ac benS vortat.
Tarnen tres adhibentur versus Plautini, in quibus e littera,
de qua dicimus, producta videtur esse:
Asin. 137: Quae dedi et quod benS feci, at postbac tibi ^).
Epid. 378 : Nimis döctus ille (est) äd male faciendum. || Me
6quidem certo.
Rttd. 1316: Di | hömines respiciunt: bene ego binc prae-
d&tus ibOy
Qui tres versus tamen nihil valent, quia littera e eum tenet
locum, ubi admittitur syllaba anceps *).
Iam exsistit quaestio, qui factum sit, ut e finalis in bene
et mcde corriperetur, cum in ceteris adverbiis, quorum paenul-
tima et ultima efficiunt iambum, etsi eorum syllaba finalis iden-
tidem apud Plautum vi legis iamborum correptionis breviatur s),
1) Greücns tetrameter acat.
2) De versa Asin. 187 vide supra pag. 24.
8) Velut maxuna Mil. 1024 :
Age age üt tibi maxame coBcinnümst. || Nallümst hoc stolidius säxum.
proiperi Pseud. 674 :
Pro lüppiter, dt mihi, qufdqaid ago, lepide omnia prösperSque eveniont.
probi:
Fers. 178 : Ovis si in ladttm iret, potuisset iam fieri «t probS littera«
soirel.
Fers. 756: Eas v6bi8 h4beo gr&tes atqae ago, qaia probt snm ültus meum
inimicum.
De vocalibus productis Latinas voces terminantibus. 47
ultima servata sit producta. Atque nisi omnia me fiillunt,
correptio in bette et male duabus effecta est ex causis: primum
quia pluB sermone terebantur ceteris, deinde correptionem acce-
leraverunt formae instrumentalis , quae semper carebant littera
finali d: *bene et *inale; i. e. promiscue olim baec profere-
bantur formae: ablativi: *bened, *m<ded, *b4n^, *malH, postea:
*bene, *fnale, bin^, m(ÜS; et instramentales : *bene,*tnal€,bin^,
mäUj quibas ex formis solae servatae sunt correptae : beni^ et
5, CotUlie, hodie, meridie, postridie^ ^idie,
Haec adverbia, übicumque occurrunt, in e litteram mittun-
tur productam. Originem unde ducant, sintne locativi an
ablativi, dubium est, quamquam, cum frequenter coniun-
gantur formae velut die quarti, die septimi, die crcutini et com-
posita po8trt-4ie, pri-die, merl^ie priore in parte locativum
continere videantur, suadetur, ut die locativum esse credamus,
qui i litteram abiecit finalem. Sed fauic sententiae offidt, quod
Faliscorum foied i), etsi haec ipsa forma quomodo intellegenda
sit non plane liquet *), ablativus singularis quintae declinationis
in -ed videtur esse, qui d litteram servavit pristinam.
Pauca verba mihi facienda sunt de adverbio hodie '). Quod
omnes fere ortum esse interpretantur viri docti ex hö-die^)
quippe o littera correpta , quia duo coaluerint vocabula '^),
Profecto, negari nequit identidem in lingua Latina, duo ubi
coaluerunt vocabula, primae vods vocalem finalem breviatam
Psead. 608: lam p61 ego hunc strdtiotioam nanÜam advenientem probS
peroutiam.
In adverbiis maxumcy prospere lingua Latina correptionem non reoepit,
quia haec adverbia non iambum efficiont (ut olim bene, mah^ ego^
quoii) sed creticum.
1) Deecke, spräche der Falisker pag. 155: foied * uino • pß/o '
kra * kart/o*
2) Deecke, 1. c. : „ foied scheint eine verunglückte Faliskisirung des
lat. hodie zu sein, in gegensatz zu kra = eraSy sei es verstellt aus
*fodie oder entstellt aus *fodied mit ablativischem J. . . . verfehlt ist
die form in jeder hinsieht, entscheidend falsch des /". — Sed cf. pag.
48,4).
8) De perendie vide Skutsch, Jahrb., suppl. bd. 27. pag. 93 sqq.
4) Nonnulli ex hoi-4ie; cf. VaniSek, etym. wört. pag. 124, el
* hoi'die'i,
5) Vide Buecheler, Wölfflins archiv III 145. Skutsch, forsch. I 8.
48 Georgias Wedding
esse ^). Sed baec correptio cum persaepe non reperiatur, mea
quidem sententia necesse est ostendere, quae sint leges, ex
quibus primae vocis syllaba finalis raodö oorrepta sit modo
servata pcodttcta *). Quibus ex legibus una, nisi fallor, mani-
feista est: haue correptiönem non effectam esse, ubi illam syl-
läbam finalem olim sequebatur consonans, quae eam, at ita
dicam, tuebatur et defendebat, ut quödrcä ex quö^-ciroä^)
omiiibus temporibus o litteram servavit productam. Formam
*hödie autem qui acceperunt, non alia ex forma eam dednoere
possunt atque ex *hödce'dis vel *höd'd%e, quibus in formis con-
sonantes d et c impedivisse necesse est, qnominus hodie eya-
deret forma. Praeterea nonne miraris, qaod in adverbiis coti-
düf merUdie, postri-die, prl-die primae partis syllaba finalis
non correpta est, sed in hodie ? Quaenam res in hoc adverbio
correptiönem efiecit, prohiboit in illis? ^).
Quae cum ita sint, mihi quidem non dubium videtur esse,
quin forma hodie non ducenda sit ex *hö^ie, ^hödee^die, sed
et]fmologiam non proponere mälo quam incertam proferre vel
prävam.
m. Formae In i exeuntea.
. Quia i brevis finalis in lingua Latina non servatur, sed
mutatur in e brevem^), illam omnibus in formis, in quibus
deprehenditnr , productam esse oportet. Quae i finalis partim
proles^ ut ita dicam, est pristinae vocalis f, partim orta ex
diphthongis -äi, -Ä, -öi.
. Atque i pura sine dubio reperitur in numeirali vigifiUj quae
forma vetustus est nominativus-accusativus dnalis neutrins ge-
neris nata ex idg. vis^nUl. Nam idg. fenU-, lat -^tU* respondet
stitps Sanscritica in consonantem desinens -^a^ in Urim-fiU',
1) Yelnt «Tim ex «tu«; cf. seine, Sohneider, Exempla 298, 54.-
2) Non dabito, quin inprimis iotas respiciendos sit et enoliaiB.
3) Haeo forma servata est Schneider, Exempla 293, 18.
4) Qaod in inscriptionibtis Faliscis / littera {foiedj scripta est poo
A {hodie), minimi est momenti. Cf. Felena pro Helena (Schneider, I. c.
42), Fereles (1- o. 46), Foraiia (1. c. 200).
6} Cf. supra pag. 27, adnot. 1).
De Yocalibus productis Latinas roces terminantibus. 49
catvarim-gdt, pafica-gdt, üt autem ad stirpes neutrias generis,
quae exeunt in consonantem, velut ahan (tag), jagat (weit)
efficitur nominativus-accusativus dualis: ahan-t, jagcU-i, ita ad
stirpem -gat effici potuit nominativus-accusativus dualis -gc^l ex
-g^mt'i, quam ad formam referenda est forma vi-gint-4.
Deinde pristinam i inyenimus in genitivo singularis secun-
dae, quae dicitur, declinationis. Quam rem maxime testantur
stirpes in -jo, quas usque ad medium saeculum septimum a. u. c.
t stirpis et eam i, quae genitivi est signum, contrahere non
solum poetae illius aetatis ostendunt, sed etiam inscriptiones :
Saetumi ^), cbedifici •), benefici «), consüi *), iudici •), municipi •).
Cum autem eaedem voces in -ja in locativo i stirpis et i loca-
tivi, quam ortam esse ex diphthongo -ei satis constat, nunquam
contrahant, id quod apparet ex versibus Ennii, quos affert
Apuleius Apol. 39 7):
Omnibus ut Glupeae praestat mustela marina,
Mures sunt Aeni faspera; ostrea plurima Abydi
Mytilenae
Est pecten charadusque apud Ambraciai finis;
Brundisii sargus bonus est: hunc magnus si escit,
Sume tibiy apriclum scito primum esse Tarenti ^),
et ex Terentii v. Eun. 519:
Bus Sünii ecquod häbeam et qu&m longe & mari,
Yocalis f locativi ex diphthongo orta non eadem esse potest
atque % genitivi, h. e. dubitari nequit, quin » genitivi pura sit
et pristina (cf. Job. Schmidt apud Mahlow, die langen vocale
A E 0 37 sq.).
1) Schneider, Exempla 28. 2) 1. c. 295, 99.
3) 1. 0. 337, 3. 4) 1. c. 293, 57. 6) 1. c. 295, 85.
6) 1. c. 312, 149, 152, 154.
7) Gf. Mueller, Ennii Sat. 51 sqq. — Baehrens, Frg. poet. Rom.
pag. 130.
8) Sic fere verba corrupta restituenda esae censeo neqae intellego,
quam ob caasam L. Mueller pro JBrundmi scribat ablativom Brundiaioj
praesertim cum locativi Chtpeaej Aeni, Abydi, Mytilenae, Tarenti hunc
defendant locativum. — Ceterum cf. Athen. III, pag. 92 d: jiQx^aTQarog
d* iv raatqovofiCai (prial'
tovg fivg Alvog ^x^i fiiydlovgf otn^iui d' "jißvSog,
rag a^xrovg IlaQiov, jovg 6k xtivag r MvrUfjvri'
nUiarovg <f' ^Afiß^xCa na^ix^i, xal anXava fier avwdhf ....
B«lkrig« I. kund« d. indg. ipnehen. XXVII. 4
50 Georgias Wedding
Denique eadem i pura deprehenditor in secunda persona
imperativ! activi quartae, quae appellatur, coniugationis : audi :
audi'8 ^).
Eas formas autem, qnarum i finalis in lingaa Latina orta
est ex diphthongis 'äi, -^, Si, satis erit breviter componere'):
a) ex äi:
1) InfinitiTOS praesentis passivi; agi: Sscr. dje.
2) Secunda persona plar. passivi -min^; legimini: inf.
Xeyifjievai (?) »).
3) Prima persona sg. ind. per£ act.; Lat. ttdudl : Sscr.
tutudi (hoc primus intellexit Fick 6GA. 1883. 588).
b) ex Si:
1) Locativos sg. secundae declinationis.
2) Dat. : iUi, isti . . . «).
3) mffii, tun, aibf, Ose. tifet, stfet,
4) uM, i&f.
c) ex Öi:
1) Nominativus plur. sec. decl.: poptUf : fesceninoe : oixoe.
2) Dativus sg. pron. determ. : ei ex "** ejo-i (cf. dat. quo~i).
3) Nominativus sg. qu% ex *quo-i, Ose. poi.
Unde i ducat originem in genitivo sg. primae et quintae
declinationis: -es-i, -e-t, et in dativo sg. tertiae declinationis
(ex äi?) et in tU-i^) buc illuc interpretatione trahunt viri doc-
tissimi.
Non necesse videtur esse de Omnibus bis formis ex dipb-
tbongo natis accurate disserere, sed de una itemque altera verba
facere non erit alienum.
1. LocoHims tertiae declinationis.
Quanto opere in tertia declinatione permixtae sint decli-
natio stirpium in i et in consonantem exeuntium, iam supra,
cum de ablativo disputarem ^), exposui. Atque ut in boc casu
ita in locativo quoque accidit, ut Plauti aetate locativus in f
1) Vide mipra pag. 27. 2) Cf. Solmsen, idg. fonoh. lY 241.
8) Contra Bopp contendit legimitix eandem esse formam ac Xiy6fuvo*
seil. Bits,
4) Hae formae etiam dedaci possnnt ex *iUo%^ *iitai.
6) Cf. Job. Schmidt KZ. XXXU 407 sq.
6) Pag. S9 sqq.
De vocalibus productis Latinas Toces terminantibus. 51
plus stirpium in consonam exeuntium occupaverit quam aurea
Latinitatis aetate, neque exstare videtur versus^ in quo hie poeta
usus sit locatiyo in -9 ^); forma in i autem in bis deprehen-
ditur Yorsibus:
Cüst. 156: Fuere Sicyoni iam diu Dion^sia.
Merc. 606: Si neque hie neque AcheruntI sum, übi sum? {{
Nüsquam gentium.
Cist 226 : Me hos dies sex rürl cöntinuos *).
Aulul. 454: Temperl, postquam implevisti fusti fissorüm
Caput •).
Merc. 255 : Ad pörtum hinc &bii mäne ctim lucT simul ^).
Mil. 995. Qui aücupet me quid agam, qui de vesperT viy&t
suo?
Gapi 111: Her! quos emi de praeda & quaestöribus >).
Forma rurf est locativus stirpium in i, rur^ ex *ruri
locativus stirpium in consonantem desinentium ^). Rem ita se
habere negavit vir doctissimus Jobannes Schmidt ^) locativum
in -^ contendens ortum esse ex -e, cui formae respondeat Sscr.
agnd, Gr. 7r6Ai}-t. Sed haec comparatio quamquam scite facta
tarnen est reicienda, cum, quomodo et qua de causa in lingua
Latina ex formis velut *rure evaserit forma rure, hac ex sen-
tentia intellegi non possit
2. Mihi, tibi, sibi; ibi, ubi; quasi, nisi.
Lex iamborum correptionis e£Eecity ut horum vocabulorum
1) Libris manasoriptis fides non habenda est.
2) rtirf : Gas. 781. Most. 799. Ter. Phorm. 868.
8) tempert : Gas. 412. Gapt. 191. Epid. 406. — iemperJl Rad. 921
yi legis iamborom correptionis. 4) luet: Men. 1005. Stich. 864.
5) Aerv locativus est stirpis in $ desinentis; cf. hea- in hesternus,
6r. jifO^ip. — Praeter v. Gapt. 111. heri apud Plautum: Amph. 799. Gare.
17. Most. 958; her^ autem vi legis iamborum correptionis: Amph. 514.
Gurc. 18. Pseud. 148. Stich. 516.
6) Nnm iamPlautus signifioationes et formas: ruft, auf dem lande,
et rur)fj von dem lande, seiunxerit, dubium est, cum neque forma ruri
uaquam dimetiendi ratione postuletur et nonnullis locis, ubi optima Lati-
nitatis aetas utitnr forma rurlf^ in omnibus oodioibus tradita sit
forma rtirt, velut
Most 1076 : Enge, Trdnio, quid ^tur ? || Y dniunt rüri rdstioi,
et Truc. 669 : Mirdm vid6tur, rüri erilem filium
Strab4cem non rediisse.
(codd.: rurier iUm filium,) 7) KZ.XXVII 290.
4*
52 Georgias Wedding.
iambicorum partim omnino fierent pyrrbichia, partim syllabam
productam modo servarent modo corriperent.
Adverbium qtum quamquam in nonnullis inscriptionibus
invenitur forma qtMsei^) poetae semper terminavisse videntur
i brevi, cum ei pauci yersus, in quibus efficit iambum, nibil
yaleant. Corruptus enim est y. Lucr. 11 291:
Et deyicta quasi ^) cogatur ferre patique,
quem yersum iam correxit Lacfamann:
Et devicta quasi (id) cogatur ferre patique.
In V. Poen. 241 autem:
Quasi Salsa müriatica esse autumäntur
Codices non tradunt ^uasi^ sed : quam sl salsa .... et Mil. 798 :
Militi üt darem : quaslque egö rei sim interpres. | Audio,
eodem iure dimetiri licet: quasique ^o, etsi verisimile est inter
ego et rei cum Bitscbelio interponendum esse pronomen ei et
legendum:
Militi üt darem, quasique ego (Si) rei sim interpres. | Audio.
Nisi^) criaberrime apud Plantum desinit in syllabam brevem
{nisi, ntst-L.), nonnullis locis autem in i productam:
Gas. 699: Nisl se sciät vilicö non datum iri^).
eist. 61: Quid dicäm, nisl stultitia mea me in maerorem
rapi[tl?«)
Poen. 243: Nisl multa aqua üsque et diu maceräntur^.
Poen. 325: Opsecro hercle, ut mulsa löquitur. | Nil nisl later-
culos.
Rud. 1092: Hie nisl de opiniöne certum nil dicö tibi.
Quamquam fortasse versibus Gas. 699, Gist. 61, Poen. 243
derogabit quispiam auctoritatem (vide sis adnot. 4). 5). 6).),
tamen eos defendunt versus Poen. 325. et Rud. 1092, in quibus
quin nisi mittatur in i productam dubitari nequit.
Pronomina mihi, tibi, sibi'^ nnnquam apud Plautum effi-
ciunt pyrrhichium nisi vi legis iamborum correptionis, neque
usquam finis versus iambici senarii vel trochaici septenarii in-
1) Yelut lex Bantina, Schneider, 1. c. 292,12; lex Acil. repet., 1. c.
293y 41. 2) cod.: quaei.
3) In insoriptionibas identidem nisei, velat 8. c. de Baoch., Schneider
. c. 97, 8, 16, 21. 4) A; NISI, P: m. Ni s^e (?).
6) Yel: Qaid dicini, nisl Btdltiti4 mea md(d) in magrerem rapi[t]?
6) Hermann: nin (<i>. 7) Gf. pag. 60«
De vocalibus productis Latinas yoces terminantibus. 53
venitur velut : dicere tibi vtät Postea autem usque quaqne hae
formae promiscue in i longam terminantiir et correptam.
G. F. W. Mueller ^), quem sequitur Stadelmann *), in fabulis
Plautinis nusquam inyeniri exemplum coniendit, quod ibi et
ubi in longam cadere syllabam confirmet. Tamen nonnulli
versus, in quibus nibil est offensionis, i litteram praebent pro-
ductam :
Pseud. 425: Proficfscii ibI nunc öppido öpsaept&st via.
Aulul. 507 : Sed hoc etiam pülcrumst praequam ubi sumptüs
petunt.
Aulul. 700: Ibo intro, ubi de cäpite meo sunt cömitia.
Gapt. 955: Quid me oportet fäcere, ubi tu t&lis vir falsum
aütumas?
Gas. 245: Vnde is, nfli? Vbl fuisti? Vbi lustritu's? Vbi bibisti?
Gas. 875: Neque quo fugi&m neque ubi lateam neque hoc de-
decus quömodo celem.
Gist 735: Grepündia üna. || Est quidam homö, qui illam aft se
scire ubi sit.
Poen. 702: Quid mülta verba? F&ciam, ubi tu l&yeris.
Rud. 1347: Tecum hoc habeto t4men, ubi iur&yeris').
Sed mirum mihi videtur esse, quod ex his novem versibus
in octo ante adverbia ibi et ubi deprehenditur Tocalis^), atque
iure quaerimusy num haec res forte facta sit, praesertim cum
etiam in t. Rud. 1347 non difficile sit vocabula tecum et tamen
transponere :
Tamen h6c habeto tecum ubi iuräveris.
Suntne hi novem versus legendi cum hiatu? Haecine ad-
verbia a Plauto usque quaque consilio sie posita, ut, quae vera
1) 1. c. pag. 28. 2) 1. 0. pag. 69.
3) Dubito de versa Trao. 698:
Vbi male accipier mea milil peoüoia,
qui, oum finis verbi interrampat thesin alteram solutam, non recte tra-
ditos videtnr esse, atque coniecerim:
Vbi m&le (ego) accipiar mea mihi peoünia.
4) Etiam in omnibns fere oeteris versibus, quomm aliis alia ex
causa non vis inest et auctoritas, ante formas ib* et ubJ est vooalis:
Amph. 1094. Gapt. 605. Gas. 73. Curo. 340. Aalul. 439. Bacch. 17. 431.
765. Cist. 717. Men. 280. Most. 315. 327. 380. Fers. 630. Poen. 853. 855.
Pseud. 138. 490. 1259. Rad. 930. 1236. Tnio. 360. 914. — Sed of. Asin.
709 «t>?). Poen. 718 (ibi quai retteuU) Gist. 717 {tua fM), Pseud. 1278
(syllaba anoeps). Truc. 506 : quin übt natust : quin Ubi n4tu9 M, —
54 Oeorgius Wedding.
ultimae sit natura, perspici non possit? Aegre hoc ut credam
addncor; tarnen hocine fieri non potoit?
Ut autem post Plantum sine dubio promiscue proferuntur
formae: mihi, mihi, tibi, tibü, sibi, siln, ita etiam formae übi et
ubi, m et üü. Cf. Ter. Phonn. 827 :
Hoiusce habendae. Sed ubI n&m Getam invenire pössim,
quo in versu i litteram breviatam esse vi legis iamborum eorreptio-
nis non crediderim^).
IV. Formae in 0 exenntes.
Operae pretium non videtur esse accurate de eis disserere
formis, quae usque quaque in lingua Latina cadunt in o pro-
ductam yelut dativus sg. secundae declinationis : -ö ex -öi*):
Gr. 'tot, ablativus eiusdem declinationis : ö ex öd^ nominativas
sg. in ö tertiae declinationis, (homö\ prima persona sg. activi:
ferö : q)iQ(üy imperativus in -fo ex -töd^ itemque omittere possum
verba facere de formis dualis amböf Gr. afiqxa^ octö : oiMid^ *duö:
dvw, ex quibus duo^ ut apud Graecos quoque usitata est forma
dvo, nusquam in lingua Latina ö pristinam servavit productam,
cum unus, qui o longam comprobare videtur versus, nihil valeat:
Mil. 1384: Duo di quem cürant. | Qui duO? i Mars et Venus.
Nam ante personam mutatam admitti syllabam ancipitem iam
supra identidem intelleximus.
Quaerere autem necesse est tribus de formis : egö^ modo,
cito, utrum servatae sint in lingua Latina an in earum locum iam
Plauti aetate successerint formae correptae ego, modo, citS.
1. Ego.
Permultis in versibus ictus est in paenultima pronominis
ego aut in ea quae sequitur ultimam sy Uaba, ut, quae ultimae
Vera sit natura, propter legem iamborum correptionis perspici
non possit. Nonnulli autem exstant versus, qui aetate Plauti
docent o finalem in ego sine dubio fuisse correptam:
Men. 279 : Quisqnis (<iui8) egö sim >) ?
1) Gf. pg. 56. — t producta servatnr in compositis : alibü, ibatUm,
{üi(d4m Baoch. 818); utwibiqu;
2) Vide eis inscriptionem illam: Manios med fhefhaked Numaeiou
3) Quin hio finis verana fuerit, non eet dubium.
De vocalibus productis Latinas Toces terminantibus. 55
Mil. 1138: N6mm6in pol vldeOi nisi hunc quem völnmns c6n-
yentum. H Et egö tos ^},
qnibus in versibus, cum Plautus ultimam iambici senarii et
trochaici septenarii thesin non ea efficiat ratione, ut illam ex-
pleat sjllaba vi legis iamborum correptionis breviata, haec lex
valuisse nequit.
Sed non mediocris versäum affertur numerus, in quibus
pronomen ego in productam cadit syllabam, id quod alü viri docti
contendunt*), negant alii *). Sunt autem qui adhibentur versus hi:
1) Ex diverbiis:
a) ex iambicis senariis:
Asin. 810 : Sequere h&c. Egone haec p&tiar aüt taceam? Emori.
Aulul. 570 : Non p6tem 6g9 quidem hSrcle. II At ego iüssero.
Bacch. 196: Eg9n ut, quöd ab illo ättigisset nüntius.
Gas. 781: Gena übi erit cöcta; egO ruri cen&vero.
Gas. 786: Tandem ät fveniamus lüci; eg9 cras hfc ero.
Epid. 389: EgO me excrudare ^nimi, qu&si quid filius.
Men. 544: Fi&t. Gedo aürum, egO manüpretiüm dabo.
Merc. 544: Tandem fmpetr&vi egOmet me üt corrümperem.
Mil. 142: In eo concl&vi egö perfödi p&rietem.
Mil. 554: Fateör. | Quid ni fate&re, egO quod vlderim?
Mil. 1379: EgO f ^^^ conveniam illum, ubi ubi est gentium.
Trin. 173: Sed nunc rogare egö vidssim te volo.
Truc. 357: Vah, v&pulo hSrcle egö nunc, ätque adeö male.
b) ex iambicis septenariis:
Gist. 745: Quid istüc negöti est? Aiit quis es? || EgO sum illius
m&ter.
c) ex trochaicis septenariis:
Aulul. 457 : Göctum egö, non y&pul6tum, dudum cönductüs fui.
Bacch. 571: Töllam egO te in cöllum atque Intro hinc aüferam.
I Immo ib6, mane.
Gapt. 1021: Sed die 6ro : p&ter meüs tune Ss? || Egö sum,
gn&te mi.
Gurc. 294: Tristes ätque ebrioli inc6dunt : eos egO si offendero.
Gurc. 305: Ha&d magfs cupis quam egO te cüpio. | 0 mea op-
portunitas.
Men. 651: Quis is Mena^chmust? || Tu istic, inquam. || Egone?
Tu. I Quis 4rguit.^
1) Gf. Gurc. 104. 2) Bueoheler-Windekilde, 1. c. pag. 27;
Neue-Wagneri 1. c. II 846. 3) G. F. W. Mnell^r 1. o. pag. 80 iqq.
56 GeorgiuB Wedding
Men. 934: Quid, ego? | Dixti insänus, inquam. || EgOne? || Tu
istic, qul mihi.
Men. 1125: Mi germäne gemine fräter, sähe. ElgO 8um Sosicles.
Merc. 470: Füisse credo, praeut quo päcto egö divörsus distrahor.
Pers. 198 : Eo ego. 1 1 säne. Egö domum ibo. Face rem hanc cum
cur& geras.
Pseud. 624. 625: Immo adest || Tun ättulisti? I Egömet |l Quid
dubitäs dare?
Rud. 730: Ita hinc egö te orn&tum [te] amittam, tüipsus teut
non növeris.
Rud. 779: Abi modo, ego dum hoc cürabö recte. || lam egO re-
venero.
Rud. 1184: Sümne egö scelestus, qui illunc hödie excepi vidulum?
Rud. 1410: M&xime. || Pro illo dimidio egO Gripum emittam manu.
Stich. 293: Ad me adiri et süpplicäri egömet mi aequom censeo.
Stich. 720: Nolo egö nos t prosumo bibere. Nülli rei erimus pöstea.
Truc. 526 : Töllere, it4 dolet itaque egö f medulo, neque etiam
queo.
2) Ex canticis:
a) ex anapaestis:
Poen. 1 185 : Spero equidem. || Et pol egö, quem, ingeniis quibus
sümus atque &liae, gnösco^).
Pseud. 939: Sed egö quae tibi bona d&bo et faci&m, si hanc
söbrie rem äccurässis.
Rud. 190: Hancine egö pärtem cäpio ob pietatem praecipuam?
b) ex bacchiacis tetrametris acat.
Truc. 453: Egö prima de me, domo docta, dico.
Truc. 464: Puerperio egö nunc me(d) esse aegram adsimulo.
c) ex creticis tetr. acat.
Trin. 282: Nölo egö cum improbis te viris, gnäte mi.
Sed ex his duodequadraginta versibus, in quibus o finalis
pronominis ego producta videtur esse, detrahendi sunt undevi-
ginti, quos cum hiatu legere licitum est:
1) cum hiatu legitime in diaeresi:
Merc. 470: Füisse credo, praeut quo päcto egö divörsus dis-
trahor.
Bud. 1410: M4xime. || Pro illö dimidio egö Gripum emittäm manu.
Stich. 293 : Ad me adiri et süpplicäri egömet mi aequom censeo,
1) In hoc versu et Rad. 190 egö legendum esse in theai veraas
anapaestici contendit Seyffert, Bars, annal., 1896, pag. 260. 261.
De vocalibus productis Latinas voces termiDantibus. 57
2) cum hiatu legitimo ante personam mutatam:
Men. 651: Quis is Menaechmust? II Tu istie, inquam. | Egone?
II Tu. II Quis 4rguit?
Men. 934: Quid, egö? || Dixti insänus, inquam. || EgÖne? || Tu
istic, qui mihi.
Fers. 198: Eo ^go. || I sane. egÖ domum ibo. Face rem hanc cum
cur& geras.
Pseud. 624: Immo adest. || Tun ättulisti? || Egömet. || Quid du-
bitäfi dare?
3) cum hiatu in caesura iambici senarii^):
Aulul. 570: Non pötem egÖ quidem | hercle. || At ego iüssero.
Bacch. 196: Egon üt, quod &h illo | ättigisset nuntius*).
Gas. 781: Cena übi erit cöcta; j egÖ ruri cenävero*).
Men. 544: Fi&t. Cedo aurum, | egÖ manüpretiüm dabo.
Mil. 142: In eö conclävi | 6gö perfödi p&rietem.
Mil. 554: Fateör. || Quid ni fatedre, | egÖ quod viderim?*)
Trin. 173: Sed nunc rog&re | egÖ vicissim te volo.
Truc. 357 : Vah, y&pulo hercle | egö nunc, ätque adeö male.
4) cum hiatu quamquam non legitimo^):
Aulul. 457; Coctum | egö, non väpulätum, düdum cönductüs fui.
Men. 1125: Mi germäne gemine fräter, säWe. | egÖ sum Sösicles.
Rud. 779: Abi modo, 6go dum | h6c cur&bo recte. || lam egÖ
revenero *).
Rud. 1184: Sümne | egÖ scelestus, qui illunc hödie excepi vi-
dulum.
Deinde sine uUa dubitatione corrupti sunt versus quattuor :
Gas. 786. Mil. 1379. Stich. 720. Truc 526, in quibus iam supra
comiptelae sedem cruce illa significavi usitata 7). Tum in Septem
yersibus tam facile est emendare, ut rationi dimetiendi egö iure
anteponamus emendationes :
1) Cf. supra pag. 5.
2) Leo : iUoCy quod verisimile est.
3) Hoc in versn alterum est mendum metricnm, cum paenultima
producta looativi rüri quartam iambicinseDarii effioiat thesin; cf. pag. 2.
4) Hiatus in semiseptenaria. 5) Yide sis pag. 4.
6) Sic hunc versum ut legamus, praecipitur, ne paenultima in
curäbo tertiam trochaioi septenarii effioiens thesin cum dipodiarum
pugnet lege.
7) Geterum Truc. 626. meliore ratione quam supra legitur:
Tollere, ita dolet itaque eg5 f medulo, neque etiam queo.
58 Oeorgius Wedding
Asin. 810: Sequere h&o (med). Egone haeo p&tiar aüt taceam?
Emori ^).
Baech. 571: TöUam Sgö ted in cöUum atque intro hinc aüfe-
ram. || Immo ih6, mane ').
Gapt. 1021: Sed (tu) die or6 : pater meus tüne es? [| Egö sum,
gn&te mi ').
Cüst. 745: Quid istüc negöti est? Aüt quis es t(u)? || Eg5 sum
Ulf US m&ter^).
Cure. 305 : Haüd magis (me) cupis quam Sgö te cupio. || 0 mea
öpportünitas *).
Epid. 389 : EgÖ me(d) exeniciare &nimi, qu&si quid fiOius ').
Truc. 453 : Egö prima de me(met)9 domo docta, dico ^).
Deinde duobus versibus non inest auctoritas, quia inter se
discrepant libri manuscripti: yersum Merc. 544 praebet Ambro-
sianus, ut supra eum attuli:
Tandem Impeträvi egOmet me üt corrumperem,
Palatini autem hoc in yersu yeram seryayerunt lectionem:
Tandem impeträyi ut egömet me corrumperem.
Contra Rud. 730 ordo yerborum praeponendus est Ambrosiani:
Ita egö te hinc omätum amittam, tu ipsus te ut non
nöyeris,
quem yersum non recte exhibent Palatini:
Ita hinc egO te orn&tum te amittam, tu ipsus te ut non
nöyeris.
Postremo tres yersus aliam admittunt dimetiendi rationem:
Poen. 1185: Spero equidem. | Et pöl Sgö quöm, ingenüs
quibus sümus atque &liae, gnösco >).
Yersum Rud. 190 constare existimayerim ex duobus iambicis
dimetris catal:
1) (med) adieci. cf. Asin. 941:
Immo intro potiüs. Sequere h4c me, mi anime. | Ego vero sequor.
2) D habet: tet.
3) (tu) supplevit Hayet, recepit Leo.
4) M t(u) soripsi pro codioum lectione : est, in qua es tu yestigium
Bui reliquisse yidetur.
5) (me) Fleokeisen, Goetz, Leo. — Goetz-Schoell in editione :
Haud magis cupis quam egö te cupio. || 0 mea öpportünitas.
6) me(d) recepit Leo. 7) me(me(), suppleyi.
8) Gf. Klotz, 1. c. pag. 119. 128 sqq. — De dactylo + anapaesto
(»<i^uuu^) cf. supra pag. 80.
De Yocalibus prodactes Latinas voces terminantibus. 59
Hancine egö p&rtem cäpio ob pletatöm praecfpuam,
praesertim cum in hoc ipso cantico reperiantur yersuB iambid,
in quibus omnes fere theseis syllaba longa efficiontur yel du-
abus correptis, ut illi yersus, qaamqoam iambici, anapaesticis
similes yideantur esse et ex uno loco, in quo una syllaba bre-
yis explet thesin, yersum iambieum esse appareat Vide sis
yersum 185:
Nimio höminum förtunae minus miserae memor&ntur,
iambicus dimeter acat cum clausula Reiziana (yel anapaestica?).
Similiter res se habet in yersibus huius cantid 218 et 219:
Nunc qui minus seryiö, quam si seryä forem näta?
Neque quicquam umquam Ulis pröfuit, qui me sibi eduz-
erunt,
quorum yersuum alter est iambicus dimeter catal. cum clausula
Reiziana ^), alter iambicus septenarius.
Versus Truc. 464 autem esse potest bacchiacus dimeter
catal. cum clausula iambica (iamb. dim. catal.), quos yersus
iam supra *) demonstrayi identidem apud Plautum esse con-
iunctos:
Puerperio egö nunc me(d) esse aegram adsimulo;
inter utrumque colon admittitur syllaba anceps.
Iam tres supersunt yersus Cure. 294. Pseud. 939. Trin.
282:
Tristes &tque ebrloli incedunt: eos egO si off^ndero.
Sed egö quae tibi bona d&bo et faci&m, si hanc söbrie
rem &ccur&ssis.
Nölo egö cum improbis t6 yiris, gn&te mi.
Atque ego quidem, cum ceteri quinque et triginta yersus,
in quibus ego in syllabam productam cadere videtur, nos dece-
perint, bis tribus quoque fidem esse derogandam censeo, prae-
sertim cum, ut iam supra exposui, Plautus nunquam eandem
yocem yel formam hie terminayerit in yocalem productam illic
in breyem. Quod cum ita sit, mihi quidem non est dubium,
I ■ '■■■■■
1) cuius nameri anapaestis suiit simillimi«
2) Gf. pag. 12.
60 Georgius Wedding
quin iam Plauti aetate pronomen ego nusquam effecerit iambum,
sed potius usque quaque pyrrhichium, etsi confiteri debeo, quo-
modo Uli tres versus Cure. 294. Pseud. 939. Trin. 282 pro-
babiliter emendandi sint, me nescire ^).
2. Cito, modo.
Adverbia dto et modo optima Latinitatis aetate cadunt in
syllabam brevem. Atque est controversia, utrum aetate Plauti
horum adverbiorum ultima iam fuerit correpta an post hunc
poetam facta sit correptio. Sed non desunt versus, in quibus
littera o finalis, de qua dicimus, est producta, qui versus
omissis incertis ') sunt hi:
a) citöi
Gist. 748: Elöquere, unde haec sunt tibi, cit9, crepündia.
Ter. Andr. 474: Hui, täm cito? ridiculum: pöstquam ante
östium.
Heaut. 375: Sed qu&m cito sunt cönsecütae mülieresl
b) modö\
Asin. prol. 5: Age nunc reside, cäve modo ne grätiis.
Asin. 869: Täce modo. Ne illüm (m)ec&stor mlserum ha-
bebo. II Ego istüc scio >).
Aulul. 239: Dum modo moräta recte veniat, dötatäst satis.
Capt. 458: Ad fratrem modo captivos älios invisö meos.
Merc. 426: Täce modo: senex est quidam, quf illam m&n-
davit mihi
Merc. §75: Hüc secündus v^ntus nunc est; cäpe modo vor-
söriam.
1) Vix credibile est v. Pseud. 9S9 dimetiendum ease:
Sed eg^ quäe tibi bonS dabo et faclam bi | hano söbrie rem docar48Bi8,
ne initio versas tres se excipiant proceleusmatioi. Sed veraas Trin. 282
fortasse legendos est cum hiatu non legitime:
Nolo egÖ cam | improbis te viris, gnate mi.
2) Velut: cüo-, Asin. 745. Bacch. 202. 541. Gas. 685. Gist. 748
(ante personam mutatam) Men. 225. Mil. 1358 (iU eilö vel üe cÜi).
modo: Amph. 644 (Goetz - Schoell omittant ictus, Leo bacchios esse
censet) Asin. 876 (cum hiatu in diaeresi legi potest). Gas. 758 (a. pera.
mut.) Gurc. 655 (a. pers. mut.) Merc. 607. Mil. 984 (a. pera. mut.).
Rud. 951.
3) (m)€eastorf oorrexi. Vulgo: ne (ego) iUum ecaetor.
De vocalibus productis Latinas voces terminantibus. 61
Most. 326: Cäve modo, ne prius in via accümbas.
Most. 994: Non ^quidem in A^ptum hinc modo yectüs fui.
Poen. 926: Näm et hoc docte cönsul^ndum, qu6d modo con-
cr^ditumst.
Pseud. 689: M^um mendäcium, hic modo quod subito c6m-
mentüs fui.
Mea quidem sententia dubium esse nequit, quin in bis ver-
sibus et cito et modo efficiant iambum, h. e. quin Plauti aetate
hae syllabae nondum fuerint breviatae. Quae res confirmatur,
quod, ubi utrumque adyerbium apud Plautum effieit pyrrhi-
chium, ultima corripitur vi legis iamborum correptionis ^) neque
unquam eam occupat sedem, in qua syllaba natura brevis postu-
latur >). Vi eiusdem legis autem postea acddit, ut omnino bis
in adverbiis o finalis corriperetur. Quod in cito paulo post
Terentium factum videtur esse, cum post hunc poetam forma
cito nusquam reperiatur; diutius autem servata est forma modö^),
qua etiam Lucretius nonnullis usus est locis velut:
n, 1135: Plura modo dispargit et ab se corpora mittit
II, 941: Ne congressa modo vitalis convenientes.
IV, 1181: Vna modo, causas abeundi quaerat honestas ^).
Atque mihi quidem verisimile est ob eam causam modo
diutius fuisse in usu quam cito, quia yerborum conformationes
ut omni modo, unö modo, nullö modo, quarum adverbialis fere
est significatio^ semper in modo o finalem seryayerunt pro-
ductam.
Bestat, ut yerba faciam, unde adyerbia modo, modo, cito,
cito ducant originem. Atque nisi omnia me fallunt, ut in ad-
yerbiis bene et male% in bis quoque fieri potuit, ut ex duplici
orerentur forma. Neque enim negari potest olim fuisse abla-
tiyos *ciiöd, *modöd et instrumentales *citö, *modö, quae for-
mae, cum d littera ablatiyi deiecta confluxissent, non aliam
formam parere possent ac cito, modo, ex quibus yi legis iambo-
1) Velut: cWS-, Gas. 744. Mil. 266. Most. 847. Pseud. 168. Ter.
Adelph. 448. m6dS\ Amph. 286. 696. Asin. 86. 168. 170. 240. 887. 467.
902. 927 eto. etc.
2) Velut in ultima thesi iambici senarii et trochaici septenarii.
8) Sine dubio Romani quodam tempore usi sunt et forma modo et
modo^ ut et tibi et tttX,
4) Gf. Lachmann ad Lucr. II 1186.
6) Vide supra pag. 46.
62 Greorgius Wedding De vocalibus prodactis Latinas etc.
rom correptionis et quod sermone terebantur adyerbia, nasci
oportebat formas dtö et modo.
V. Fomuie in ü exeimtes.
De fonnis in u productam desinentibus breyi praecidam,
quippe quae formae nee numerosae sint neo praebeant difficul-
tates, quas denuo necesse est vocare in quaestionem.
Nam formas in ü nominatiYi-accusatiYi sg. neutrias generis
quartae, quae dicitur, declinatioms yelut cornü re vera vetustos
esse nominatiTOS-acc. pl. neutr. gen. docnit yir doctissimus
Johannes Schmidt, die plaralbildongen der idg. neutra, pag. 49.
Deinde praeter eiusdem declinationis dativurn in -uei ^;, -ul,
cuius interpretatio dubia est, omnibos temporibus in usa fuit
dativas in -ü *), qaem non modo Latinum esse, sed Italicum
maxime Vmbrorum confirmat datiyus: trifo ').
Ablativus sg. autem olim desiit in -üd, cuius formae ezem-
plum seryatum est in s. c. de Bacch. 13: promagistratud *),
postea — nee mirum — usque quaque in u mittitur pro-
ductam.
Quem ad modum interpretandae sint formae diu et nocHi,
utrum locatiyi sint necne, dubium est. Nam in noctü ex -ou :
Sscr. aktaü amplissima reperiretur stirps »öu, quam in lingua
Latina seryatam esse aegre crediderim.
Bestat, ut yerba faciam de pronpmine tu. Quae forma
cum Omnibus temporibus cadat in u productam, ducenda est
ex Idg. *tü, cf. ags. ßü = angL thou, ahd. du, altpr. tou,
altsloy. ty; sed dubium esse nequit, quin praeter Idg. tu iam
fuerit forma tu, quam maxime testantur gr. rtf , lit tu, ahd. du,
do: cf. Joh. Schmidt, pluralbildungen der idg. neutra 219.
1) Cf. Schneider, 1. c. 805, 12: 9enatu0%.
2) Yelut Mü. 1078 :
Quid est? Vt Indo? H Nequeo h^rcle equidem risU meo moderarL |
Cf. Pseud. 806. Rad. 294. — Sapinnm in -ü : dieiü, audiUi etc. eandem
esse formam satis constat.
8) Buecheler, Ymbrica, pag. 109.
4) Forma incisa magisirahio sine uUa dnbitatione error est fabrilis.
Hans Reichelt ßeitrg. z. gesch. d. indogerman. konjugat 63
Beiträge zur gesohiohte der indogermanischen
koigogation.
I. Die abgeleiteten 6^'-st&mme.
(vgl. BB. 26, 284 ff. ; 26, 266 ff.)
Die Yorliegende arbeit behandelt diejenigen yerba der so-
genannten ib-klasse, die einen zweiten stamm auf S haben.
§ 1. Es ist wohl keine klasse des idg. yerbalsystems, ob-
wol sich die bewährtesten forscher an ihrer erklärung yer-
suchten, in dem masse verkannt worden, wie die io-klasse. Der
grund hiefiir liegt hauptsächlich darin, dass man das t-element
auf das praesens beschränkte und vom thematischen vokal nicht
loszutrennen wagte ^).
Die Verhältnisse bei dieser klasse sind durchaus nicht so
verwickelt, wie die neuesten Untersuchungen ergeben haben.
Die trennung in verschiedene weitere klassen, für deren not-
wendigkeit besonders Streitberg PBrB. 14, 224 ff. und Hirt Idg.
akzent, 192 ff. eingetreten sind, hat die erklärung nur erschwert.
Bartholomae, der so oft tiefer blickt als seine fachgenossen,
ist der einzige, welcher den Zusammenhang der verschiedenen
bildungstypen erkannt hat. Dadurch, dass er für den zweiten
stamm auf -9 (oder -A) die entstehung aus -^' (oder -ai) nach-
gewiesen hat, hat er die grundlage für das richtige Verständnis
der in frage kommenden verba geschaffen. Vgl. Studien zur
idg. Sprachgeschichte 2, 142 ff. und Grd. d. iran. phil. 1, 79 ff.
§ 2. Nach Hirt, der in der hauptsache Streitberg folgt,
sind mindestens folgende klassen zu unterscheiden.
I. i ist nicht praesenssufGx sondern gehört zum stamm.
n. i ist praesenssufifix und erscheint daher nicht in den
andern Stammformen. Diese klasse hat nach Brugmann Grd.
2, 1059 zwei abteilungen, je nachdem a) die Wurzelsilbe den
wortton hatte und vollstufig war, oder b) in der Wurzelsilbe
1) Wie ich den mitteilnngen über die 46. Versammlung deatscher
Philologen und sohulmänner (in Strassburg) lA. 12, 849 entnehme, hat
prof. Lenmann bei besprechnng der vierten praesens-klasBe im Sanskrit
das praesenssnffix ^a in t + « aufgelöst und damit die forschong auf
die richtige bahn gelenkt.
64 Hans Reichelt
Schwundstufe herrschte, und der ton auf dem suffix lag, analog
den o-verben.
III. -ib im praesens steht neben einem zweiten stamm auf
"€ (oder -a) aus *-^ (oder *-öi).
Abgesehen von der L, der wurzelklasse lässt sich diese
einteilung aus zwei gründen nicht aufrecht erhalten. Erstens
ist das i nirgends praesenssuffix ; es muss vielmehr überall auf
einen zweiten stamm auf ^ oder a/ bezogen werden. Und
dann lassen sich auf dieser grundlage nur wenige der hierher
gehörigen formkategorien verstehen.
§ 3. Die verba der ib-klasse zerfallen in zwei haupt-
gruppen, je nachdem der zweite stamm auf -a oder e ausgeht
Wie ich eingangs erwähnt habe, kommen hier nur die verba
mit einem zweiten stamm auf ^i in betracht. Die wichtigsten
anhaltspunkte für ihre erklärung sind der Zusammenhang mit
der nominalen ^i-stammklasse und der umstand^ dass dasselbe
idg. verbum in den einzelsprachen verschiedenen bildungen
folgt, die in folge dessen einen gemeinsamen Ursprung haben
müssen. Vgl. :
ai. gödh 'licht', got. hugs, as. hugi 'sinn' : ai. gücyati
'leuchtet', got. hugjan 'denken'.
ai. raclh 'licht', ksl. ludh 'licht' : gr. Xevaaw 'schaue' aus
*lsvin-(üy lat. lüceö 'leuchte'.
ai. vartih 'umlauf : lit verczü 'kehre um', ksl. vrbätq
'verto'.
ai. kavih 'klug' : gr. xoew 'merke', lat. caveö 'hüte mich',
aw« hadiä 'sitz' : lat. sedeö 'sitze', lit. sedMi, ksl. sediti
'sitzen'.
gr. xoQiQ 'gunst' : gr. xaigWy ixdqrp^ 'freue mich', ai. här~
yati 'er begehrt', umbr. heris 'vis', lit. ger'eß-s 'freue mich'.
Dazu got. grsdus 'hunger' (Hirt SBtr. 23, 291).
gr. analig 'hacke', lit. skyle 'loch' (mit sekundärer dehnung
nach Wiedemann Lit. gr. s. 20) : gr. anuillw 'scharre' aus
*axaXj(-(u, lit. sküiü, skUti 'schlage feuer an'. Dazu gr. analrj-
yo's, OKoh-ds 'krumm'.
gr. fivela 'erinnerung' aus ^^ive^-a^ an. mun(r) 'sinn, unter-
schied', gr. iifjvig 'groll', ^avia 'raserei' : gr. ixaivoixai^ (ifidyrjv)
'rase', fii-fÄvy-fiai 'erinnere mich', ai. manyate 'er glaubt', got.
mtman 'meinen', lit menü, min&i 'gedenke', ksl. mhnjq, mtneti
'meine', air. dthmoiniur 'puto'.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 65
gr. löia 'erscheinung' aus *fideiraj ai. vidyd 'wissen', :
lat Video 'sehe', got. witan 'beobachten', lit. pavydzu.
lat. fidBs 'vertrauen', gr. Ileid'w 'Überredung' neben nelaig :
gr. (rteid'ü)), ifti&rjv^ got. bidja 'bitte'. Dazu lat. fidius 'wahr-
haftig' und fidilis 'treu'.
lat. caedis 'mord' : gr. ^x/^co 'spalte', lit skedzu 'spalte'.
lat. aedes 'feuerstätte' : ai. idhy&te 'wird angezündet'. Dazu
lat. aedliis, osk. Aüfineis 'Aedinii'.
lat. aci^B 'schärfe', an. egg^ eggiar 'schneide', ahd. ekka,
mhd. ecke : an. eggia 'anreizen'.
lat. per-niciBs 'verderben'; ai. nd^ati, aw. nasyeüi 'er
geht zu grund'. Dazu lat intemecies (Gloss. phiL, Isid. or. 5. 26)
inter-neciüm (Not. Tir. p. 123).
lat. series 'reihe', gr. eigio 'knüpfe' aus ^aeqtria,
lat. facies 'erscheinung', fax, faces (Paul. Festi s. 87)
'fackel', lit. zväke 'licht' : gr. Ttaiqxiaow 'schimmere' aus
^-qxxKk'U). Dazu lat. facstus 'glänzend'.
lat. spedes 'erscheinung' : ai. pdgyati 'er späht', lat. spe^
ciö 'sehe nach etwas'. Dazu lat. specietas, au-spici-um,
got. kuni, kunßs 'geschlecht', lat. pro-geniSs 'geschlecht',
gr. yiwa 'geschlecht' aus *yevji,'a : gr. yeivofxai 'werde geboren'
aus *YBVt,-o(xavy ai. jdyati 'wird geboren'. Dazu gr. ofÄoyviOQy
got. samakuns 'verwandt', lat genitis 'schutzgeist'.
got. grißs 'schritt' : ai. gfdhyati 'er ist gierig', lat. gradior
'schreite'.
got. gumSj ahd. chumi 'ankunft' gr. ßaivw 'gehe', lat veniö
'komme'.
lit akls 'äuge', gr. caae 'äugen' aus *o%i-B : gr. oaao/Aai
'sehe' aus ^oxi-o^iai^ got. ahjan 'glauben'.
lit. rud\8 *ro8t' : lat. rubere 'erröthen', ksl. rtdeti s^ 'er-
röthen'.
lit qulis 'lager' : lit guliti 'lege mich', ai. gUÜi 'er ist er-
schöpft', aw. ni-yräire 'sie werden geworfen', gr. ßäkXia 'ich
werfe'.
lit zine 'künde' : ahd. ir-knau 'weiss' aus *§nei'ö.
lit szlove 'ehre', gr. KleicS 'verkünderin' statt *£l€(u aus
*xAe/-ot- (vgl. Jlei&cSy ^rjrcu) : gr. kAc/ch 'mache berühmt'
aus *iiXef-i-(Oy lat disteo 'höre' aus *clevei-ö. Dazu lit. szlövi-nu
'preise'. Idg. *Jcloue(i)', *Ue^ö(i)' : ^Ue^i- : *Heyi'.
B«itrift s. kondt d. indg. •pnwlieii. XXVII. 5
66 Hans Reichelt
lit. srove 'Strömung' : lit. srcm-ü, sravej-au 'fliessen', gr.
i^rj-v 'floss', idg. *8raue(i)-, *srtii(ij' : *sr(mi-.
lit dväse 'hauch' : lit. dvesiü 'atme', düsiü, düseti 'atme'.
Dazu gr. d-eiog aus *^/eoi'Og 'göttlich', lat. Für ins aus */eu-
si-us, vgl. Petr, Krok VI 6, 248 f.
lit. grobe 'beute' : al grbhnämi 'ergreife', lit. gröbiu 'raffe,
packe', gräfiu 'raffe, harke' Brugmann Grd. ' I, 152.
air. cruim 'wurm', ai. krmih 'wurm', lit. kirmis 'wurm' :
ai. kramyati 'er schreitet'.
§ 4. Brugmann und Hirt haben das -o- der verbalen
s-stämme mit dem a der femininen ö-stämme idenüfizirt. Vgl.
H. M. Chadwick IF. 11, 169: „With regard to the origin of
these stems the Suggestion of Brugmann (Gr. 2, § 487) and
Hirt (Idg. akz. § 197) claims attention. According to them
the ä of these stems is identical with the -ä- of feminine sub-
stantives. We have already mentioned that the connection
between verbal and nominal es-stems is of great antiquity, and
there are two further points in support of the theory. (1) The
oldest Stratum of feminine o-stems consists largely of verbal
abstracts (cf. Hirt akz. § 197, 271). (2) These stems likewise
show as a rule either reduced or o-vocalism in the root-syllable
and are accented on the stem-final".
§ 5. Ich identifizire in gleicher weise das (e)i der ver-
balen 612-stämme mit dem der nominalen «j^-stämme. Es steht
hier wie dort ei- mit ei-, f- und t- im ablaut. lat. fide-s ver-
hält sich gr. iTti^Tj-Vy wie lat. fidi-^M zu got. bidj-a. Die von
Streitberg Urgerm. gr. s. 300 so genannten starren il^/io-bil-
dungen, zu denen got. bid-ja gehört, sind nichts weiter als
durch den themavocal erweiterte ^i'-stämme.
Neben den starren j(>/|b-bildungen verzeichnet Streitberg
a. a. 0. noch abgestufte ^, jfo-bildungen. "Wie beim nomen
im Litauischen kSlis neben kSlias steht, so erscheint auch beim
verbum neben der vollstufenform des Suffixes die Schwundstufe.
Und zwar kann diese doppelte gestalt haben: 1) einsilbiges
'i^li^' wird in unbetonter Stellung zu kurzem i. — 2) neben
dem einsilbigen ielio findet sich unter den von Sievers PBrB.
5, 129 ffl festgestellten bedingungen zweisilbiges -jie/io-. In der
Schwundstufe muss alsdann die länge, d. h. f, auftreten. Wie
das Germanische und — nach K Berneker und P. Giles —
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 67
das Lateinische darthan, erscheint die zweisilbige yoUstute und
damit die langvokalische Schwundstufe regelrecht nach langer
Wurzelsilbe. So erklärt sich die lateinische doppelheit:
capto
farcio
capis
farcis
capit
farcit
capimus
farc%mu8
capitis
fcH^cUis
capiunt
farciufU.
Streitberg's ansatz der yoUstufe mit j^/iq und die heran-
ziehuug yon lit kSlis neben kilias ist hinfallig. Da sich bei
den nominalen ^-stammen -ei- (-oi-) als yollstufe ergeben hat,
ist auch hier -^- und nicht -ie- als yollstufe anzusetzen.
§ 6. Wie für die nominalen «is^-stämme, deren bildungs-
typen nicht weniger yerschieden sind, lässt sich auch für die
yerbalen £^-stämme ein einheitlicher Ursprung nachweisen. Die
ablauterscheinungen der beiden Stammgruppen sind dieselben.
Die silbe ei bewegt sich je nach dem akzent in den ablaut-
stufen ei (e) : ei : l, i; sie ist hier wie dort ursprünglich be-
tont gewesen, wodurch sich die grosse anzahl schwundstufiger
Wurzelsilben erklärt. Allerdings darf man diese yerhältnisse
nicht nur auf das praesens beziehen. Bezzenberger BB. 26,
s. 171 bemerkt sehr richtig: "Unzweifelhaft darf man die sache
auch anders ansehen (ygl. Bartholomae, Studien z. idg. Sprach-
geschichte 2, 150), und Streitberg wird weder leugnen, dass
man grundsätzlich immer yersuchen muss, die yerschiedenen
Stämme eines yerbs zu yereinigen, noch dass in der regel ein
nicht praesentischer stamm auf e einen praesensstamm auf e
oder eje zur seite hat".
§ 7. Dass die idg. grundsprache nicht aus wurzeln, son-
dern aus Worten bestanden hat, wird wol niemand bezweifeln.
Trotzdem darf man aber den wurzelbegriff nicht ohneweiters
fallen lassen, da ihn grammatische abstraktionen notwendig
machen. Ob die wurzel als solche jemals in sprachlichem ge-
brauche stand, ist einerlei; auf jeden fall ist sie noch für die
zeit, wo die spräche unserer forschung erreichbar wird, d. h.
historisch zu werden anfangt, hinter dem schleier yon ablaut-
und flexionserscheinungen deutlich erkennbar. Die wurzel
braucht deswegen nicht immer einsilbig gewesen zu sein. Für
6*
68 Hans Reichelt
uns ist eben alles wurzel, was sich bei mehreren etymologisch
zusammengehörigen worten als gemeinsames element ergibt.
Es ist nun die frage, ob wir im vorliegenden falle die
Silbe ei zur wurzel zu rechnen, also von zweisilbigen wurzeln
auszugehen haben, oder ob wir in der silbe ef ein ableitungs-
suffix sehen müssen.
§ 8. H. Hirt Der idg. ablaut s. 25 — 153 hat eine neue
theorie der idg. wurzeln aufgestellt, indem er sie auf uridg.
basen zurückführt, aus denen sich seiner ablauttheorie gemäss
die historischen formen der einzelnen sprachen entwickeln.
Nach seiner einteilung gehören unsere verbalstämme zu den
zweisilbigen schweren basen und zwar zu den eo^Si-basen.
Ich stehe auf dem Standpunkte Bartholomae's, nach dem
si (Bartholomae's ai) kein wurzelhaftes, sondern ein stamm-
bildendes Suffix ist, wofür ich einerseits den Zusammenhang
mit den abgeleiteten nominalen ^ji-stämmen, andrerseits das
Yorhandensein der zahlreichen formen von der einsilbigen, un-
erweiterten wurzel geltend mache. (Ich sehe nicht ein, warum
dieser annähme die infixtheorie entgegensteht, wie Hübschmann
lA. 11, s. 52 einwendet. Der nasal kann ebensogut, wie vor
dem zweiten vokal der basis, auch vor dem ableitungssuffix,
das sich mit der Wurzelsilbe eng verbunden hatte, infigirt wor-
den sein) Hübschmann a. o. s. 52 ^ hat bei der besprechung
von Hirt's exH-hsksen schon auf mehrere fälle aufmerksam ge-
macht, die die vermuthung zulassen, dass Si ein stammbilden-
des Suffix war, und hat dabei auf die iranischen Verhältnisse
ein besonderes gewicht gelegt:
idg. ^od-ei- neben *od 'riechen' : gr. otjia^ lat. olSre, lit.
ü'dzu neben gr. od-fii^y lat. od-or, ol-fadö.
idg. ^men-ei- neben *men 'denken' : ai. mänyate, gr. fjiai^
vofxai^ got. munan, lit. minMi, ksl. mhnBti neben ai. fnatdh,
matih.
idg. ^uer-ei' neben *^er 'sprechen' : gr. elgw, lit. reju
neben lat. ver-bum, got. waür-ds, lit var-das.
idg. ^ud-ei- neben *^el 'wählen' : ai. Vfnäti, ksl. vdEti
neben lat. vd, lit. pa-vel-mi, ai. vr-täh.
idg. *^eid^i- neben *^eid 'sehen' : lat. vidSre, got. toitan,
lit porvydeti, ksl. vidHi neben aw. vis-tö.
idg. ^keuk-ei- neben *keuk 'leuchten' : ai. gücyati^ got
hugjan neben ai. gukrdh, aw. suxrö.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 69
idg. *bheudh-ei' neben *bheudh 'erwachen' : ai. bMhyati,
lit. budeti, ksl. btdUi neben ai. buddhdh.
idg. *ieudh-ei' neben *ieudh 'kämpfen' : ai. yüdhyatij lat.
iubire, lit judeti neben ai. yuddhdh.
idg. *grebh'ei- neben *grebh 'greifen' : ai. grbhnaü, lit.
grebiu neben aw. g9r9pta', np. jrm/'^
idg. *8lcheid-ei' neben *8lcheid 'spalten' : gr. axi^(o, lat.
caedes, lit. skedzu neben ai. chinndh, lat sos^t««.
idg. *gh>en'ei' neben *gh>en 'schlagen' : gr. d-elvw^ lit.
^^^t neben ai. Adn^i^ lit. pf^t.
idg. •^«r-^- neben *ftfr 'bohren' : ai. ttryati, gr. Telgn)^
lat. ^n-ri neben ai. tUtar-ti.
idg. *der-ei- neben •d^r 'spalten' : ai. d^myät, gr. ^e/^,
idaqviv^ lit. dtrfi^ neben ai. (/^r^t, (2rtoA^ gr. dgatog.
idg. ^uerg-ei' neben *iförjr 'abhalten' : lat urgSre, lit. »er-
ifü neben lit. vargas, ksl. vra^.
idg. ^f^r^-«!- neben *ffer^ 'wenden' : ai. vart{h, lit verczü,
ksl. vTbätq, vrbteti neben ai. i;ar^i, vrttdk, lat iY>rmi«.
§ 9. Hirt unterscheidet bei den zweisilbigen schweren
basen noch monophthongische, die sogenannten «^/-basen (§ 187
— 443). Auf dieselben hier näher einzugehen, besteht keine
Veranlassung. Ich will nur vorausbemerken, dass Hirt in seiner
beispielsammlung eine anzahl von stammen unter die ^/-basen
eingereiht hat, die eigentlich zu unseren stammen zu rechnen
sind.
Das ableitungssuffix ist also in der vollstufe als -^ijf-auszu-
setzen. Infolge des akzentwechsels innerhalb der äexion unter-
liegt es dem quantitativen ablaut. Seine ursprünglichen ab-
lautsverhältnisse haben sich aber nirgends vollständig erhalten.
Wie beim nomen, so wurden auch beim verbum schon in ur-
sprünglicher zeit durch betonungsverschiedenheiten eine reihe
von nebenformen entwickelt, die in ihrer neuen gestalt ver-
kannt und von der eigentlichen stammklasse losgetrennt wurden.
Die Ursache der betonungsverschiedenheiten ist teils in der
komposition (durch den eintritt der enklise) und dem übertritt
in die thematische äexionsweise , teils in der beeinäussung
durch formen vom unerweiterten stamme zu suchen.
70 Hans Reichelt
I. Das praesens.
a) Singular.
§ 10. Nach Hirt Idg. ablaut s. 108 bilden die exe^-hasen
das praesens verschieden. Die reinen ea;et-basen haben im sg.
den akzent auf der ersten silbe: vSideimai, pl. veideimi^ » idg.
*oiidimi, pl. mditnis, vgl. ksl. vidüi, pl. viditm (statt *vhdifm).
Die exBi-hsaen mit n haben im sg. den akzent auf der zweiten
®ilbe der basis: ghrebh-nrs'i'mai, pl. gkrebh-n-ei-mis =» ai.
gfbhnäini, pl. grbhmmdh.
§ 11. Ich glaube, Hirt wird diese verschiedene praesens-
bildung ^der ex^»-basen' nicht vertheidigen können. Es sprechen
die infixtheorie und der thatsächliche formenbestand zu sehr
dagegen. Ai. grbhäydti (ap. agarbayah, aw. g^urvain) enthält
die ursprüngliche praesensform des sg. vom erweiterten stamm
*ghfbh'ei', nur dass es durch den themavokal vermehrt ist.
Wäre der akzent wirklich auf der ersten silbe gelegen, so
müsste eine form *grdbhtti (thematisch *grdbhyati) entstanden
sein, die nach infigirung des nasals ^grdbhnfti gelautet hätte.
Da eine solche form nirgends zu finden ist, wird man zugeben
müssen, dass auch 'die reinen «o^'-basen' im sg. den akzent
auf der zweiten silbe gehabt haben. In der that finden sich
neben den thematischen formen, wie ai. grbhäydti^ noch die
ursprünglichen athematischen: got. habais, habaiß geht, wie
Bartholomae a. o. s. 147 nachgewiesen hat, auf idg. *kh9bh-ei-
si, *lch9bh'ei-ti zurück. In ai. praai, gläti, psdti, gr. (rtifj)"
TtXrjfAij (riytfrjfiij lat. habss, habit und in ahd. habSm, hcAes,
hobst liegt die idg. nebenform auf ^-e-mi, ^-e-si, *'e-ti vor.
Vielleicht ist auch lesb. q>LXri(XL u. s. w. hierherzustellen, wenn
die aeol. flexion der verba auf -eoi nicht als gr. neuerung be-
trachtet werden muss. Die ursprüngliche flexion des sg. ist
demnach :
idg.
ai.
gr.
lat.
got
ahd.
*kh9b}^e(i)'-m%
Tl'TQrjfÄl
habSm
*kh9bh'^i)'Si
präsi
tl'TQfjg
habia
habais
hohes
*hh9bh4(i)4i
gUUi
Tl^QrjOl
habet
habaiß
habet
vgl. ai. prdsi 'du füllst', gr. Tti^rtXrjiii 'ich fülle' neben lat.
pleö 'ich fülle' aus *pl€i-ö; ai. gldti 'er ist erschöpft', aw. m-
Beiträge zur geschiebte der indogermanischen konjugation. 71
yraire ^sie werden geworfen' neben ai. gldyati : gr. ßaXho
'ich werfe', MßXriv 4ch wurde getroffen', lit. gidiü, gulMi ^schlafe';
ai. mldti 'er erschafft, wird weich' neben rnlayati : gr. (ivlXw
'mahle', ksl. mdjq 'mahle'; ai. psdti 'er zehrt auf neben gr.
xpy aus *tprii'U 'er reibt'; gr. vi-^Qfifii 'bohre' neben ahd. drau
'drehe' aus *tr^ö : ai. tfryati 'er setzt über', gr. velgw 'reibe',
T8^w 'bohre', lat. (terö), tn-vi 'reibe', lit. tyriü 'erfahre', ksl.
thrqj treti 'reibe'; gr. TtifA^ftlfjf^i (nach Ttifi-nXdvfo) 'fülle' wie
oben; gr. efi^Ttl'TtQrifjii 'ich stecke in brand' neben ruaa.prSjUf
prUi 'schwitze, siede'.V Ferner die praesensformen des Singulars
von: goi. pah an, sAiA.dag9n 'schweigen', lski.tacere 'schwei-
gen'; got. toitan 'auf etwas sehen', ahd. wizen 'sapientem
esse', lat vidsre 'sehen' : lit. pa-vydzu, -vyd&i 'beneide', ksl.
vizdq, vidUi 'sehe'; got. liban, ahd. leb^n 'leben' : gr. (aJLelqm)
^liq>rjv 'salbe'; got. munan 'gedenken', ahd. fir-monSn 'ver-
achten' : ai. mdnyate 'er denkt' s. § 3; got. toeihan, ga^weihan
'weihen heiligen', umbr. e-veietu =« ^-veig-S-töd 'voveto' vgl.
Osthoff IF. 6, 39 ff.; got. ana-silan 'still werden', lat. allere
'schweigen'; got. toahan 'wachen', lat vegere 'wecken'; got
haban 'haben', lat habere 'haben'; got ga-ßarban 'sich
enthalten' : kQ\.trbplja, inpSti 'dulden'; got trauan 'trauen' :
pr. druu^, druwU 'glauben' (dazu pr. druwi, druuns 'glaube');
lat. sed^re 'sitzen' : ahd. sizzu 'sitze', ksl. sSzdq, sSdSti 'sitze'
8. § 3; lat rubBre 'roth sein' : ksl. rbzdq, n>dUi 'erröthen' s.
§ 3; lat valEre 'stark sein' : lit galiü, gdlM 'kann'; lat
mordSre 'beissen' : BLi.mrdndti 'er reibt', lit mirdziu 'bin im
sterben'; lat. olSre 'riechen' aus *od^e : gr. o^co 'rieche', lit.
ü'dzu, ü'sti 'rieche'; lat lucSre 'leuchten' : gr. Xevaaw 'schaue',
lit IdiMu 'warte'; u. a.
§ 12. Die gr. formen zeigen reduplikation. Dass bei den
abgeleiteten verbalen ^-stammen in der reduplikationssilbe der
i-vokal erscheint, ist nichts auffallendes, da die schwundstufige
Wurzelsilbe mit dem ableitungssuffix gleichsam eine einsilbige
diphthongische basis, wie etwa ai. bibhemi oder cikemi repräsen-
tirt: gr. vi-^Qfj-fjii. 'bohre' aus *tirtrei^ni (zu ahd. dräu 'drehe'
aus *trei-ö) vgl. aw. didaüi 'er sieht' aus *dhi'dh^'ti. Gr.
'Tti'Ttltj-fjiLy m^Ttltjfii 'fälle' aus *pi'plSi'ini (zu lat pleö aus
^plsi-ö)^ '-ni'TtQfj'fjiiy nlfATtQVj^i 'fache an' aus *pi^pr^'mi (zu
russ. prSju, preti 'siede'). Die schwachen personen dieser gr.
verba flektiren wie die der gleichgebildeten monophthongischen
72 Hans Reichelt
wurzelstämme, was Brugmann mit recht dem einfluss von prae-
sentien wie Yattjfii^ Xataixev zuschreibt. In ai. U-tar-ti *er ge-
langt hinüber', pi-par-ti, pi-pra-ti 'erfüllt' ist das i der redup-
likationssilbe aus formen wie *ti4rSi'ini {tixQtifjii) u. s. w.
herübergenommen.
In andern fällen lässt das I der reduplikationssilbe auf das
ehemalige Vorhandensein solcher ursprünglicher praesensformen
schliessen und findet darin seine erklärung. Ai. djijanat 'er
wurde geboren', aw. zizandnti *sie gebären', gr. yiyvofiai 'ich
werde', lat gignö *ich erzeuge' nach *g'ig'n^ti, vgl. ai. janiSva,
lat. -genies, got. kuni 'geschlecht' ; gr. fjilfivct) neben ^evo) 'bleibe'
nach *mimnüti, vgl. gr. ^ef^ivrj'Ka, lat. maneö 'bleibe'; ai. api-
patat 'er fiel', gr. njfTtrto 'falle' nach *pipts^i, vgl. gr. Ttitviia
'falle', das auf *|?a^«-^imi zurückweist, miKov 'feder', lat. (petö),
petl'Vi; gr. ivlartto 'ich sage' nach *8i8kvSiti, vgl. gr. ly-^a/nj-aw,
an. skald 'dichter' statt skdld aus *8k^i)'dla' Liden BPrB.
15, 507. ahd. sagen; ai. siidati 'er sitzt', gr. l'^o), lat. sidö
'setze mich' nach *$izdeiini, vgl. lat. sedeö 'sitze' u. s. w.; ai.
ßghnatS 'er wird geschlagen' nach * ghnghvn&iti, vgl. gr. d-eivto
'schlagen', lit. gen&i 'äste abhauen', genys 'specht', ksl. zbnjq,
z^ti 'schneide'. Hom. ortHTtew) 'begaflfe' nach *i^kf>eüi, vgl.
gr. oooofxai 'sehe', oaae 'die äugen', lit. aVis 'äuge', ferner gr.
OKvm 'zaudere', wenn man es mit Meringer S. W. A. W. 125 II.
s. 14 hieherstellen darf, das wie Ttitvita aufzufassen ist. [Ai.
ikßai^ 'er sieht' {äikaiäi, Ikäitdh) hat von akäi 'äuge* das 8
übernommen; hom. Ttaq^Bv^on^lTtr^ 'mädchenbegaffer' ist ein
ursprünglicher e^-stamm wie öeaTtotriq^.
b) Plural.
§ 13. Für den plural fordert Hirt mit recht formen wie
*vidim4s, enklitisch *vidimi8, *vidU(h)i, enkl. vidit(h)i, *(vi'
dinti) ^vidioH. Die formen mit -2- begegnen uns in ai. hravi-
mah, lat. sagimus, got. sökeip, ksl. viditm für *vhdiim (vgl.
bzdifm)^ die enklitischen in ai. svapimah, lat. capimus, (ahd.
hiffemss nach hiffent » lat. capiunt)^ lit. vydime. Nach Bar-
tholomae a. o. s. 157 ff. ist das -i- von bravimi ^) etc. von
1) Hübschmann I.A. 11, s. 46 nimmt an, dass ai. hratimi für
älteres * bravimi s idg. *mriwmi steht. Aber die art ond weise, wie
er sieh mit aw. vyamvritQ und mraoSire (a. o. s. 55) abfindet, ist wenig
überzeugend.
Beiträge zur geschicfate der indogermanischen konjugation. 73
hanse aus nur im praeteritum heimisch gewesen und erst von
da aus in das praesens gedrungen. Da sich aber im Aw. die
praesensform mraväire findet^ nehme ich keinen anstand, ai.
bravtmi etc. dazu in direkte beziehung zu bringen.
Es scheint sich hier die urar. flexion *bravdiini : *bravi-'
mds ausgeglichen zu haben. Im Awesta ist die lautgestalt des
sg., im Altindischen die des plural auf die ganze flexion ver-
breitet worden. Vgl. gr. Bitig : eYijte neben lat. sies : sitnus.
idg.
ai.
lat.
got.
ksl.
*fndimis
sOgimus
[sökjamj
viditm
*vidUhi
sägltis
sökeiß
vidite
*vidinti
[sägiuntj
[sökjandj
ahd.
[vid^thj
lit.
*mdifni8
svapimah
capimus
[hiffemEs]
vydime
*mdÜhS
svapüha
capitis
[hiffet]
vydite
*vidi'^i
[capiunt]
[hiffent]
§ 14. Die ursprüngliche Verschiedenheit in der flexion des
Singulars und plurals lässt sich ausser bei den verben der ai.
9. praesensklasse nirgends mehr nachweisen. Aber sie ist in
vielen fällen noch deutlich erkennbar, da in den einzelsprachen
teils die flexion des Singulars, teils die des plurals durchge-
drungen ist, was bei formen desselben idg. verbums hinlänglich
gewähr bietet. Man hat dabei an dieselbe ausgleichung zu
denken, wie bei ai. bravtmi und aw. mraväire. Vgl ksl. viditm
=B lat. aägJmus und vid^h =» lat vidSnt, Eine parallele bieten
die nominalen ef und e^f- stamme: vgl. die deklination von
hom. ßaaiXsvg, gr. ^gcDg, Ttohg (ftolstog) und die von gr. nSlig
{Tcohog)^ ai. gauriah, nadiah, ndpfyah.
§ 15. Bei den verben der ai. 9. praesensklasse, in denen
vor dem ableitungssufiix ein nasal infigirt wird, ist die ursprüng-
liche praesensflexion unverändert erhalten: grbhnämi, grbhndsi,
gfbhndti, gxbhnlmdh, grbhnUhd, [grbhndnti]. Vgl.:
ai. dinigdt ^) 'spalten' : gr. dBiqiOy idaQrjv 'schinde', lit.
diriu, dirti 'schinden'.
ai. mfdnati 'reiben' : lat. mordeö 'beisse', lit. mirdziu 'bin
im sterben'.
1) Wegen des alters dieser praesensbildung vgl. BartholomaQ
Studien II, 176 ■, Wackemagel Ai. gr. XXIH ».
74 Hans Reichelt
ai. gfmdti (e^fffciiS) 'zerbrechen' : gr. KsiQto, htaQrjv 'scheere',
lit. skiriii, skirti ^schneide'.
ai. jifuUi (jtyatB) 'überwältigen' : gr. ßiviü) 'beschlafe', lit.
HW^} i'9y^^ 'erlange'.
ai. gamntfe gamaydts (gamyati) 'mühen' : gr. xojueo) 'pflege',
xdfivü), xeTLfXfj'Tca 'mühe'.
ai. pcndti (pü'ryarnäna) ^fülle' : ai. prdsi s. § 11.
ai. VfTiati 'wählen' : dor. Aj aus •/Aij6-et 'er wünscht', lit.
vä^yju 'wünsche', ksl. veljq, vdsii 'befehle'.
ai. jändti 'er weiss' aus '''^^-n-^-^ got. kunnaip ^er weiss'
aus * gTSrn-^i-ti : ahd. ir-knau 'weiss' aus *§nei'ö. Dazu lit.
zine ^kunde'.
ai. gfbhndti (grbhäyiti) 'ergreift' : lit. gr'ibiu 'harke'.
ai. dhunlyai 'schütteln' : gr. 9vvm 'tobe', lit. pr%-dv'4ja8
'dumpfig'.
Dazu gr. niTVfjfiv 'breite aus' aus * pdl-n-ei-mi : lat. pateö
'bin offen'; got kunnais, kunnaip s. o.
gr. dwio) 'tobe' neben ai. dhunlyät, xovvitü aus *xoßvi(o
'merke' neben gr. xoitjf lat. caveö, oytviw 'zaudere' aus *okV'
n-ei-ö neben oaaofÄai 'schaue' aus *oh>'i-0' sind durch den
themavokal erweiterte formen dieser praesensklasse. Air. arc^
chrinim 'zerfalle' neben ai. gpfidti uod -gninim 'erkenne' neben
ai. jändti sind mit gr. xll'vo) 'beuge, neige' aus ^xIlv-i-ü) neben
ahd. hlinem 'lehne' aus idg. ^Ui-n-emi gleichgebildet.
§ 16. Auffallend bleibt freilich der umstand, dass wir im
praesens nirgends der vollstufe des suf&xes -ei- begegnen, wäh-
rend die mit -ea- abgeleiteten verba (ai. 5. und 8. praesens-
klasse) im Singular des praesens fast nur die vollstufe des
sufißxes aufweisen ^). Allein die voUstufenform -ejf- ist auch
dort nicht ursprünglich. Hübschmann a. o. s. 57 hat hervor-
gehoben, dass für wurzeln, deren praesens sowol nach der 5.,
wie nach der 9. ai. klasse gebildet wird, entweder verschiedene
basen angenommen werden müssen, oder dass das eine der
praesentia eine jüngere neubildung sein muss. Ich halte dafür,
1) Ich glaube nicht besonders hervorheben zu müssen, dass die
abgeleiteten verbalen -ei^-stamme ihrerseits mit den abgeleiteten nomi-
nalen -e|<-stämmen im zusammenhange stehen. Vgl. gr. d-qaavs *kühn',
lit. drqMÜts 'dreist' : gr. dttgoito *muthig sein', S-a^atvto ^ermuthigen',
ai. dhfßtfoti 'dreist sein'; lat. arduus 'steil' : ai. fdhnoti 'gedeihen'; gr.
o^vs 'scharf : ai. kfnatdi 'wetzen'; gr. xo^vf 'heim' : ai. kpfomi 'machen'.
Beiträge zur geschiebte der iDdogermanischen konjugation. 75
dass die -^- und -n-ejf-praesentia ursprünglich geradeso wie
die -ei' und -n-^/-praesentien im sg. die dehnstufe des Suffixes
entwickelt hatten. Vgl. ai. ürnduti neben vinoti 'bedeckt' und
kSnäuti 'wetzt'. Nach abfall des i oder ^ in der Stellung vor
konsonanten lauteten daher die formen beider klassen gleich.
Idg. sipiemi, 8fr(r)emi konnte sowol aus *stpteiini^ * strCrJeimi,
wie aus st^neumi, 8tf(r)eumi entstanden sein. Auf grund sol-
cher gemeinsamer formen sind dann neubildungen nach der
einen oder andern klasse erfolgt ^) :
ai. vfnoti, aw. vdrdnvaite neben ai. vpri&ti 'wählt' : dor.
Xfi * wünscht', ksl. veleti s. § 15.
ai. dhün^ti neben dhuniyät 'schütteln' : gr. dvvea) *tobe',
lit. pH-dv'iSjas 'dumpfig' s. § 15.
ai. prnuyät neben ai. pfniti, püryamäna s. § 11.
Umgekehrt ist ai. mindti, minit, 'er schädigt' neubildung
zu minö'ti, gr. fjuvv&o}^ lat. minuö 'vermindere', got. mins 'we-
niger' aus *minyriz F. Sommer IF. 11, 61). Zu ai. mindti ist
dann mlyate nach jindti-jiyate, prinäti-prtyate, lindti-liyate
gebildet worden.
§ 17. Von den wenigen wurzeln der ai. 8. praesensklasse
gehören 5 sicher zu unseren stammen.
ai. manute neben mdnyate 'denkt', got. munan 'gedenken'
§3.
ai. tan(fti 'streckt', gr. tdvvfiat 'strecke mich' neben gr.
telvü) 'strecke', lat. teneö 'halte'. Dazu gr. taivicc 'streif, binde'
(gr. TiTaivü) 'dehne' lässt nach § 12 auf ursprüngliches *^i-
tneiti schliessen).
ai. vanö'ti neben vaniäat 'lieben', gr. oveiaq 'nutzen', lat.
venenum 'gift'. Dazu got. tvinja 'weide'.
ai. hanoti 'schlägt' neben jighnate § 12.
ai. tarnte neben ttryati § 12.
Meiner ansieht nach liegt in diesen neubildungen, denn als
solche müssen sie aufgefasst werden, der beweis, dass die ur-
sprünglichen praesensformen idg. *wi^(^«^ett, *t'Q,(n)-^ti, *ytV'(^)'
eti, *gh^'(f,(n)'^ti, *tr(r)-eti existirt haben müssen, ksanö'ti
'verwundet' (gr. xteivtOf utivw^i) ist zweifelhaft, kar^ti 'macht'
1) Vgl. die Übertragung des lokativausganges -äti der ai. ti-stämme
auf f-fitämme, die durch die gemeinsame sandhiform -ä (aus -«ti, -äi)
ermöglicht wurde. Meringer BB. 16, 224.
76 Hans Reichelt
(karünam *handlung, heiliges werk', kdrvaram *that' vgl. Hirt
Ablaut § 484) und sanoti 'erlangen' (gr. rjvvto 'es wurde voll-
endet', got. sniwan 'eilen' Hirt a. o. § 538) gehören offenbar
zu den ^-stammen.
•
§ 18. Die praesentia, in denen die ursprüngliche singular-
flexion beseitigt ist und die durchweg das i oder i des plurals
verwenden, sind ziemlich häufig. Nicht selten bestehen die ab-
lautsstufen l und i nebeneinander ^),
L Praesentia auf idg. *L
lat. fardö, farcis 'stopfe' : gr. q>Qäaa(a, ifpQayrp^ 'stopfe'.
lat. paviö, pavfs 'schlage' : gr. Ttalto 'schlage' aus * ftaf-^tOf
lit. piduju 'schneide'.
lat. feriö, feris 'schlage' : lit. bariü 'schelte', ksl. borjq,
brau 'kämpfe', ahd. berjen 'schlagen'.
lat. sägiö, sOgls 'spüre' : got. sökja, sökeis 'suche', gr.
tjyeoiAav 'führe'.
lat. veniö, venfs 'komme' gr. ßaivw 'gehe'.
got. ßaürseip mik 'mich dürstet' : ai. tfSyati 'er dürstet',
torreö 'dörre'. Dazu gr. laqaid 'darre'.
got. ßugkja, fugkeis 'meine' : lat. tong^re 'denken'.
got. födja, födeis 'ernähre' : gr. rcatiofiai. 'esse' aus *p9t'
^i-ö- *); ksl. pitsjq 'nähre'.
ksl. sSzdq sSdiäi (sedSii) 'sitze' s. § 3.
ksl. tnhnjq, mhniäi {mtnHt) 'meine' s. § 3.
ksl. vizdq vidiäi (videti) 'sehe' s. § 3.
ksl. rhzda, rbdiäi (rbdsti) 'erröthen' : lat. rtibSre 'roth sein',
8. § 3, § 11.
ksl. bbzdq, bbdüi {bhdeti) 'wache' : ai. büdkgats 'er erwacht',
lit. (bundü) bad'eti 'wachen'.
ksl. svbäta, svhtiäi (svUSii) 'leuchte' : lit. szveczü, szvesti
•leuchten', szvH&i 'flimmern'. Dazu ksl. sveHa 'kerze' aus
*8vetja, got. hvaiteis 'weizen'.
ksl. vrbätq, vrbtiäi (vrhteti) 'wende' s. § 3.
ksl. veljq, veliäi (velsU) 'befehle' s. § 15.
1) Im Lateiniechen und Germanischen ist der gebrauch des t und
t 80 geregelt, dass •%• nach langer Wurzelsilbe und in mehrsilbigen
Wörtern, -t- nach kurzer Wurzelsilbe auftritt.
2) S. § 20 anmerkung.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 77
ksl. trbpUf, trbpiäi (trbp^i) 'erdulde' : got. ga-parhan «sich
enthalten' s. § 11.
ksl. gorjq goriäi (goreti) 'brenne' : gr. (»igofiai), id^sQfjv
'warm werden'.
II. Praesentia auf idg. i.
ai. vdmimi 'ich erbreche' : gr. ifiito *speie' aus *vemei'd,
lit. vetniü, lett. vemju 'erbreche mich'.
ai. imper. stanihi : tanyati 'er rauscht', gr. aTeivo) 'stöhne',
an. siynia 'stöhne', lit. stenü, sien'iti 'stöhne', ksl. stenjq «seufze'.
ai. imper. janiäva : jdyate 'er wird geboren' s. § 3.
ai. imper. gamiäva, gamiSva : gamyati 'er müht sich' s.
§ 15.
lat. specio, specis 'sehe' : ai. pagyati 'er späht' s. § 3.
lat cupio, cupis 'begehre' : ai. kupyati 'gerät in aufregung\
ksl. kyplj<f 'siede'.
lat. gradior 'schreite' : ai. grdhyati 'schreitet rasch los auf
etwas' 8. § 3.
lit. girdeü, gifdime, gird^i 'höre' : gr. q)QäC,(a 'gebe zu ver-
stehen'.
lit. galiü, gälime, galeti 'kann' : lat. vcUeö 'bin stark'.
lit sraviü, srävime, srav&i 'fliesse' s. § 3.
lii pa-vydeu, -vydime, -vyditi 'beneide' s. § 3.
lit. sMzu^ sMimej aedUi 'sitze' s. § 3 i).
§ 19. Ueber die lit. formen hat zuletzt Bezzenberger in
seinen beitragen 26, 171 fif. gehandelt. Nach ihm sind die
praesensformen der lit. verba auf -tu, deren infinitivstamm auf
e ausgeht, mit der vollstufe des ableitungssufGixes -ei- anzu-
setzen: ai>iü — *avijö. Vgl. auch Wiedemann Lit. gr. § 203.
Bezzenberger macht gegen Brugmann Grd. 2, s. 1063 ff., der
diese verba in die klasse einreiht, bei der dem -iß- des prae-
sens ein "E" zur seite steht, formen wie aviü, sraviü, deviü u. s. w.
geltend, an deren stelle nach der analogie von kraüjas, naujas
=a ai. krävyam, nävya- früher *aujü, *8raujü u. s. w. hätte
1) Dazo noch menü statt *memu zo minHi 'gedenken', stenü statt
*iteniu zu iteniii 'stöhnen'. Vgl. Hirt IF. 10 23: "Um das fehlen des j
im lit. praes. zu erklären, muss man darauf hinweisen, dass i zum teil
lautgesetzlich geschwunden ist, z. b. in tylü aus *iyliü-tylHi 'still sein',
galä aus * gaUü-gaiHi, Solche falle können vorbildlich gewirkt, und ein
menü an stelle von truniü gegenüber gr. /iiaivofAa&-^/navrip herbeigeführt
haben."
78 Hans Reichelt
stehen müssen. Dieser einwand scheint allerdings mit rücksicht
auf die verba auf -auju, wie mduju ^streife' neben lat. movere,
piduju 'schneide' neben gr. Ttaitü, lat. paviö berechtigt. Allein
die Wurzelgestalt der verba auf -auju erklärt sich aus der
thematischen flexion, während die verba, wie araviü u. s. w.
athematisch flektirten. Es kann sich also nur um die I. person
sing, handeln. Gerade so, wie von avis 'das schaf der dat sg.,
dessen endung aus der -iä-deklination herübergenommen ist,
äviai statt *aujai und der gen. pl. aviü statt *auß^ lautet, weil
in allen übrigen kasus lautgesetzlich die wurzelgestalt av- steht,
ist nach formen wie avl, ävite die L pers. amü gebildet worden.
Es liegt also kein grund vor, für aviü eine andere erklärung
zu suchen als für piduju. Vgl. Bartholomae, Studien 2, s. 151 :
''Die in lit. pchvydzu, vydi, vydime etc. vorliegende flexions-
weise ist gewiss alt; sie entspricht der von lat. capiö^ capis,
capite u. s. w., darin -is z. b. unmöglich aus -{esi gedeutet
werden kann".
§ 20. Die grosse menge der thematischen nebenformen,
die es ja auch bei den verwandten nominalstämmen gibt, hat
in vielen fällen die ursprünglich athematischen formen des
praesens verdrängt. So sind im Griechischen überall die athe-
matischen formen durch thematische ersetzt worden. Der
themavokal tritt an alle drei ablautsstufen des Suffixes an:
I. Praesentia auf *-ci'-o/g:
ai. gldyati 'er ist erschöpft' : ai. gl&ti 'er ist erschöpft',
aw. ni-^räire 'sie werden geworfen', gr. ßaklto 'werfe', ißdXrjv^
sßlrjv 'ich wurde geworfen', lit. guliti 'ich lege mich'.
ai. mldyati 'er erschlafft, wird weich' : ai. mlänti 'sie er-
schlaffen', gr. (AvlXw 'mahle', ksl. mdjq 'mahle'.
ai. gfbhäyäti 'er ergreift', aw. g9urväin 'sie ergriffen' : lit.
gr&nu 'harke'.
aw. väöäyöü 'er möge zurückstossen', gr. wd^ito aus *fiödh'
(^-ö 'stosse'.
gr. ifiiü) aus *^emei-ö 'speie' : ai. vamüi 'er erbricht', lit.
vemiü, lett. vemju 'erbreche mich'.
gr. OQx^of^at aus *fghei-0' 'tanze', ai. xghäydte 'er bebt'.
gr. Ttariü) aus *p^ei'ö 'schreite' : ai. panthäh aus ponth-
6(0-8 'weg', lat. pons 'brücke', ksl. pqth 'weg'.
gr. ^o(pew aus ^sj^h^-ö 'schlürfe' : lat. sorbeö 'schlürfe',
lit. srebiü 'schlürfe', ksl. sniljq.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 79
gr. xoi(o aus *ko^ei-ö 'merke' : ai. katHh 'seher', lat caveö
'hüte mich*.
gr. veUta aus *kvel^-ö *heende' : lit keliü *hebe'. Dazu
lit. k&ias 'weg'.
gr. tpy aus *tpi]-iei 'er zerreibt' : ai. psäti 'er zehrt auf,
bhasüah 'zu asche gerieben' vgl. Brugmann Ghrd. II s. 961.
dor. ly aus */lri'i€i 'er wünscht' : ai. Vfiuüi aus ?fr"W-
^(O'ti *er wählt', lit vSlyju 'wünsche', ksl. veljq, veliäi 'befehle'.
Vgl. Brugmann a. o.
ahd. ir-knau aus *§n€X'ö 'weiss' : ai. jändti aus ^^-n-e-ii
'er weiss', got. kunnaif aus *^-ti-cjf-<i 'er weiss'. Dazu lit.
zine 'künde'.
ahd. drau aus *tr9irö 'drehe' : ai. ttrycUi 'er setzt über',
gr. TeiQ(o 'reibe'.
lit. ger'Sj&-8 'freue mich' : ai. hdryati 'er begehrt', gr. xaLqta
'freue mich', umbr. heris 'vis'.
lit. r'eju aus *%rSi-ö 'brülle los' : gr. elga) 'rede', dor. /pij-
Tßö 'vertrag', lat. rear 'meine' (früher 'spreche, sage'). Vgl.
V. Sabler KZ. 31, 283.
ksl. govijq 'verehre' : govljq, goviäi, lat. faveö 'bin gnädig'.
Dazu ai. hdvi-ma 'anrufung'.
ksl. gr^jq 'erwärme' : gorjq, goriäi 'brenne', gr. {^igo^av),
id-cQtpf 'erwärme'.
ksl. pitijq 'nähre', gr. Ttaviofiai aus ^pdtei-o- 'esse' (mit
sekundärem ablaut) ^) : got födjan 'ernähren'. Dazu ksl. piHa
aus *pitja 'nahrung' und got födeins 'nahrung'.
II. Praesentia auf -iCiJ-ole.
gr. tdtct) 'schwitze' : ai. svidyati 'er schwitzt', ahd. swizzu
'ich schwitze'.
gr. TT^oi 'säge' : gr. jteiQWy €7tdppf 'dringe durch'.
lit väf/ju 'wünsche' : dor. l^ s. o.
lit. kirmyjü 'schlafe' : ai. gramyati 'er wird müde'.
in. Praesentia auf i-oje.
Die praesentia auf i-oje zerfallen nach Brugmann Grd.
2, 1059 in zwei abteilungen, je nachdem a) die Wurzelsilbe den
1) Die Würzelsilbe ist mit HabBchmann a. o. s. 54 als päii anzu-
setzen. Der eigentümliche ablaut von gr. natiofiai <esse' und ahd. /a-
hmga 'nahrung' muss auf die nebenform ^päi (got föth'an) bezogen
werden.
80 Hans Reichelt
worttoD hatte und yoUstufig war, oder b) in der Wurzelsilbe
Schwundstufe herrschte, und der ton auf dem suffix lag, analog
den o-verben.
Wie ich schon oben hervorgehoben habe, hatten sämmt-
liche abgeleiteten ei^-verba ursprünglich sufGixbetonung. Es er-
scheint daher die Wurzelsilbe in der überwiegenden mehrzahl
schwundstufig, gleichgiltig, ob das ableitungssuffix durch den
themavokal erweitert war, oder nicht. Bei denjenigen verben,
wo trotzdem Wurzelbetonung vorherrscht, beruht diese entweder
auf analogie nach den o- verben oder sie stammt von formen,
die aus dem unerweiterten stamm gebildet sind. In letzterem
falle ist die vollstufenform der Wurzelsilbe wieder eingeführt.
gr. öeiQü) neben södQtjVy lit. diriü nach (gr. d^^-co), ai. ddräi.
gr. TeiQü) neben ai. tfryati, lit. tyriü nach (lat ter^), ai.
Htarti.
gr. S-eivw^ lit. geneti neben ksl. zbnjq nach ai. hdfüi, aw.
jainti.
gr. OTeivüif lit steneti, ksl. stenjq neben an. stynia nach
ai. stanihi, stcm,
gr. ifiiw, lit. vemiü nach ai. vamanti,
gr. ägo) nach lat. ver-ium.
ksl. veleti nach lit. pa-vdmi.
Von diesem gesichtspunkte aus gebe ich die beispiele, ohne
die 2 abteilungen Brugmann's zu berücksichtigen:
ai. ndgyati, aw. nasyeiti ^er geht zu gründe' : lat. pemiciis
8. § 3.
ai. manyaU, aw. manyete ^er meint' : gr. f^alvo^ai s. § 3.
ai. hdryati 'er findet gefallen an etwas' : gr. x^^Q^ 'freue
mich', umbr. heris *vis' s. § 3.
ai. kupycUi *er gerät in aufregung' : lat. cupiö s. § 18.
ai. büdhycUi 'er erwacht' : lit. budeti s. § 18.
ai. lubhyati 'er empfindet verlangen' : lat. lubet. 'es ist ge-
fällig', got lubains 'hoffnung'.
ai. yüdhyats 'er kämpft' : lat iubeö 'befehle', lit jud&i
'schwanken'.
ai. idhy&te 'er wird angezündet' : lat. aed^ 'tempel, feuer-
stätte' s. § 3.
ai. fücyati 'er leuchtet' : got. hugjan s. § 3.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 81
gr. deiQO) aus *d£g|-ai, idäqvjv 'schinde' : ai. drnTydt
'spalten', lit. dirül 'schinde'.
gr. aiq(a 'knüpfe' : lat. series s. § 3.
gr. Tf/^co, %BQiw 'reibe' : ai. t^ryatl 'er geht hinüber', lat.
(^erö), trl-vi 'reibe', lit. tyriü 'erfahre'.
gr. xaiqta aus *xri'^i hc^^QV^ 'freue mich' : ai. hdryaii 'er
findet gefallen an etwas' s. o.
gr. OTtalgtOy ia/coQrjv 'zapple' : lit. spiriü 'stosse mit dem
fiisse'.
gr. ßdXlo) aus *ßh'(o, ißaXrjVy i'ßlijv 'werfe' s. § 11.
gr. axaXlco 'scharre' : lit skiliü s. § 3.
gr. fivlXü) 'mahle' : ai. mläti s. § 11.
gr. d'eivto aus *^«y|-aiy 'schlage' : ai. hanydti 'wird ge-
schlagen' 8. § 12.
gr. aveivto 'stöhne' : ai. tdnyati 'rauscht', an. stynia 'stöhne',
lit stenü, sten&i 'stöhne', ksl. stenjq 'stöhne'.
gr. reivü) 'dehne' : lat teneö 'halte', ags. ßunjan 'dehnen'.
Dazu gr. taivla 'streif.
gr. ßalvü) aus *ß'Q'Jr^ 'gehe' : lat veniö 'komme', got qums
'ankunft' s. § 3.
gr. fialvo^ai 'rase' : ai. mänycUS s. § 3.
gr. naio) aus *7ra/i-a) 'schlage' : lat. pavio, paifis 'schlage',
lit. piduju 'schneide'.
gr. xXelw 'schliesse' : gr. xloiSg 'kette', lat dävis 'Schlüssel',
air. dum 'vincö' (Windisch IF. 3, 83).
gr. xleito 'mache berühmt' : lat. dueö s. § 3.
gr. axi^ti) aus *axidi'(o 'spalte' : lat caed^ 'mord', lit
skidziu 'spalte'.
gr. 9^a^co 'teile mit' : lit. girdzü, girdüti 'höre'.
gT.vvaava aus ♦y^yi-w 'stosse' : ksL pro-noziti 'transfigere'.
Dazu lett nazis 'messer', ksl. noz/b 'messer'.
gr. Xsvacü) aus ^Aßtncj^-co 'schaue' : lat lüceö 'leuchte' s. § 3.
gr. oaaofiat 'sehe' : got. ahjan 'glauben' s. § 3.
gr. naL-g>daa(o 'schimmere' : lat. faciSs 'erscheinung' s. § 3.
got bidja 'bitte' : lat fidSs s. § 3.
got hugja 'denke' : ai. göcih s. § 3.
lit. skiriü, sklriame^ sklrti 'trenne, scheide' : gr. naiqio^
hjiqriu 'scheere'. Dazu skirejas 'Schiedsmann'.
B«itr&ge i. künde d. iiidg. spnelien. XXVII. 6
d2 Hans Reichelt
liL sküiü, tkÜiame, skiUi 'schlage feuer an' : gr. (nLollio
s. 0.
lit. spiriü spiriame spirH ^stosse mit dem fasse' : gr.
analqtüj ianaqffp^ 'zapple' s. o.
lit. tyriiiy tyriame, tirti 'erfahren' : gr. ral^ 'reibe' s. o.
lit. diriü, d^riame, dlrti 'schinde' : gr. duQWy idti^v
'schinde' s. o.
lit. laukiü, laükiame, läukH 'warte' : gr. lavaaw s. o.
lit. vemiüf vSmiamef virnti 'speie' : ai. vdmüi s. § 18.
ksl. fnelj<f meljeH (mlsti) 'mahle' : gr. f^vXXw s. § 11.
ksl. wj(fy vrjeäi {wHi) 'concludo', lit. vertu, vSriame, virti
'schliesse' : lai operiö, operis 'decke'.
ksl. etnjq, irnjeü (z^i) 'schneide, ernte' : gr. &eivw s.
§ 12.
ksl. borjq, borjeäi (brcUi) 'pugno' : lat. ferid s. § 18.
air. -ISciu 'lasse' aus *le%h^jp : ai. ricycUe 'er lässt frei',
gr. llaawfi&f' idacofiev Hesych. vgl. Brg. Ord. 11 § 707, § 719.
air. do muiniur 'meine' aus *in'^i-ö : gr. fxalvofxai s. § 3.
§ 21. Im Ai. und Aw. gibt es noch praesentia auf -ai-a.
Nach Bartholomae ist diese praesensklasse aus der auf -eE|-a-
hervorgegangen, indem das suffixale ä im anschluss an die
formen der kausativklasse durch a ersetzt wurde. Vgl Studien
2, s. 93. Ich nehme keinen anstand ar. -ai-a direkt aus idg.
-^i'O/e zu erklären und verweise auf aw. k9r9naiva neben Äs9r9-
nctaiti, ai. krnö'ti, gr. ^aqam aus *^aQaa/ü} neben &aQavvw^
ai. dhfäniftiy hom. oqiofiav aus *0Qef'0^f4ai neben OQWfii, ai.
ai. gfbhdyantah 'die ergreifenden', aw. gdurvaya 'ergreife' :
ai. grbhäydti s. § 20.
ai. turdyati 'er setzt über', ap. viyatarayämah 'wir setzen
über' : ai. ttryati s. § 20.
ai. pcUdyanti 'sie fliegen', aw. apatay9n 'sie stürzten' : gr.
ftitviw s. § 12.
Leider bietet das Gr. und Lat. nur in seltenen fallen eine
sichere gewähr dafür, ob praesentia auf -«cü, -eö mit idg. *^-o/«
oder *-e|-o/e anzusetzen sind.
§ 22. Wenngleich Brugmann Grd. 2, 1 144 bedenken trägt,
die kausativklasse mit den ib-klassen zu einer gruppe zu ver-
einigen, möchte ich doch einige punkte dafür geltend machen.
Beiträge zur geschickte der indogermanischen konjugation. 83
Schon Brugmann hat als charakteristisches dement dieser ver-
balklasse das 'wurzeldeterminativ' -i-, das dem determinativ -ti-
parallel ging, mit dem f von praesensformen wie ai. omTti in
nächste beziehung gebracht Wenn man dazu den umstand,
dass es schon von idg. zeit her kausativa mit tiefstufiger Wurzel-
silbe gegeben hat, in betracht zieht, kann man noch weiter
gehen und das Suffix -ei- mit dem unserer stamme identifiziren.
Denn auch bei unseren stänmien ist es keineswegs auf das
praesens beschränkt.
So sind formen wie lit. manyk, sakyk 2. imper. sg. und
ksl. vraätq zu den in § 18 angeführten praesentien auf idg. i
zu stellen. Meiner ansieht nach bildeten die lit verba auf -aU;
-yti ihr praesens ursprünglich wie ksl. vraUq, waiiäi, bezw«
thematisch wie väyju und gaben erst unter dem einfluss der
verba auf -au, -oti diese bildungsweise auf. Vgl. Wiedemann
Lit gr. § 204: ^'Der praesensstamm auf urlit -ä ist hier jeden-
falls jünger als der infinitivstamm auf urlit -i-y der allen
ausserpraesentischen formen zugrundeliegt; dabei ist zu be-
achten, dass im praeteritum die endungen 1. sg. -au usw. ohne
Vermittlung eines j an das stammauslautende urlit -i- antreten,
wonach dieses sich in ij auflöst und mit den endungen des
praet zu den endungen 1. sg. -iau, 2. sg. -ei, 3. sg. -e usw.
verschmilzt". Die praesensflexion auf -au ist ursprünglich nur
bei den verbis auf -oH üblich gewesen. Da aber -P- die tief-
stufenform zu stammen auf -Si- und -dir sein konnte (vgl. da--
raü, daryti ^machen' : gr. ÖQaia und manaü, manyti ^denken' :
gr. efidvriv)^ sind auf grundlage von tiefstufiigen formen neu-
bildungen mit willkürlicher Verteilung von -^i*- und -äi- ge-
schaffen worden. So kommt es, dass zu den lit. kausativa, die
mit dem suffix -e/-^ -i- abgeleitet sind, praesentia auf Hiu ge-
bildet werden konnten. Ein ähnlicher voigang war bei den
aL verben, deren praesens nach der 5. und 9. klasse gebildet
werden kann, zu beobachten. S. § 16. Nach Brugmann a. o.
s. 1144 erklärt sich die ksl. praesensflexion dieser verbalklasse
am einfachsten daraus, dass -f- aus dem infinitivstamm in sie
übergeführt wurde. Für mich unterscheidet sich vrastq, vratiäi
von vrbSUf, trUiäi s. § 18 nur durch den vokalismus der
Wurzelsilbe.
Dass bei den kausativformen von wurzeln der «-reihe die
Wurzelsilbe fast immer die 2. voUstufenform o hat, halte ich
6*
84 Hans Beichelt
oiclit for arspraiig^iciL Ich glaube vielmehr, da» der c^-vokm-
Bamtii von denominatiTen jerhea stammt, denen aabstantha
auf ejo zpgnmdeliegen, und schreibe aoch die eigentnmliche
bedeotiing dem einflnaBe derselben zn« Nach dem mnster von
ipofiw za q>6fag {(piQfa)^ qwßita zu q>6ßog {q>ißoiuu\ rffOfUw
zu tfidnog {%Qinfa) ist ai iärdffoUf gr. %of£w hol xo^og^ ai. ^o-
nayoH zu tänah, gr. 'rirog, ai kfänayati za gr. xf«m»g, gr.
anoftiof za anSfiog n« & w. gebildet worden^).
§ 23. Ich hoffe, durch meine ansfahrangen gezeigt za
haben^ daas die abgeleiteten <i^ferba ursprünglich eine einheit-
liche praesensbildung hatten. Infolge des akzentwechsels , der
auch fär die flezion der abgeleiteten i^-nomina angenommen
werden muss, erscheint im singuIar die dehnstufe des suffixes,
im plural die tiefstufe. So erklärt sich in den einzelsprachen
das nebeneinander Ton yerschiedenen praesensbildungen der-
selben wurzeL Vgl.:
ai. prnäHf pü'ryamana 'füllen', trv^j i^ryate *zerbrechen\
ganmlii, gamyati 'mühen', klignatij JcH^yaU 'quälen', pruknänt,
dpruSyat 'spritzen', gr. tc^^oi, T«/^ctf 'reibe', dijittiy bCqw 'spreche',
dvpiWf 9vvia (aus *9wx'w) &vw (aus *dvi'a}) 'tose', öxvew,
oaoofiai 'sehe', %ovviw (aus *xo/viw)y xoiw 'merke', lat. paveöj
paviö 'schlage', frequensj farcio 'stopfe', ahd. hogSn, got. hugjan
'denken', ahd. haben, as. hSbbian 'haben', ksl. govejq, govljq
'verehre', gr9jq 'wärme', gorjq 'brenne'.
Anhang.
Neben lat. fi(Ü8 'vertrauen' steht gr. nev&w 'Überredung',
neben lit. szlovl 'ehre' gr. KUiiS 'verkünderin' statt *KX€(o s.
§ 3. Das ableituDgssuffix erscheint also auch in der zweiten
vollstufenform. Die falle sind allerdings sehr selten. Von ver-
balformen sind hier in betracht zu ziehen:
ksl. znaj(f *kenne' aus *§nöi'ö, gr. s'/vwv neben ahd. hnau
aus ^ffnei-ö vgl. Brugmann a. o. s. 960.
gr. tpuiü) 'zermalme' aus ^bhsöyö neben i//^ s. § 11.
ahd. blauen 'blühen' aus *nüöi', gr. Bßhn' ig>avri Hes. vgl.
Hirt Idg. abl. § 293.
1) loh werde diese erBoheinang in dem II. beitrag ^das partizipiale
nomen' eingehend behandeln.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 85
ahd. ^sprauen 'sprühen' aus *8pröi' neben gr. analgw,
ianaQfiv, lit. spiriü s. § 20.
ahd. glouen 'glühen' aus ^ghlöi- neben lit. ilejä 'dämme-
rung'.
n. Der praesensaorist.
§ 24. Nach Hirt a. a. o. war der sogenannte praesens-
aorist in seiner bildung von den praesentien nur durch den
akzent verschieden, der im sg., du. und plur. auf der zweiten
Silbe der basis lag, in folgedessen alle numeri festen vokalismus
zeigen. Von Hirt's *veid^ z. b. ist der aoriststamm veidei =
idg. *videi', vor konsonanten *wie-.
Ich kann mich hier Hirt vollkommen anschliessen. Die
abgeleiteten ^ji-verba hatten durch die ganze flexion des prae-
Sensaoristes suffixbetonung.
idg. *videim gr. sfidvtjv lit. miniaü
*videi8 ai. faräih if^dvrjs minel ksl. h^
*videü dgaräU^) ifiävfi mtne bS
*videiine(n) ifidvfjfiev nilnime
*mdeite ifAavtjre mln&e
*videint
ai. agaräit, gr. hcaQtjy lit. skyre >) ; ai. aprät, lit. pyle; gr.
ifxavrjy lit. m%ne; gr. MßXrfv^ ißaXrjv^ lit. gHHe; gr. iartaQ^y lit.
spyre; gr. idd^y lit. dir^, düre; gr. iQQvrj (lit. arove) ; gr. eliftri
(lat. liest) ; gr. i^e-rddyt], lit. pläke; gr. itpvri^ ksl. bS •) u. s. w.
§ 25. Neben dieser ursprünglichen aoristflexion hat sich
unter dem einflusse der enklise eine zweite aoristflexion mit
tiefstufigem suffix -i- entwickelt Sie ist nur im Ai. und Aw.
erhalten. Wir verdanken ihr Verständnis den ausführungen
Bartholomae's, Ar. forschungen 2, s. 69 ff. und Studien 2,
8. 158 ff. Das hauptgebiet der i-formen ist die 2. und 3. p. sing.
1) Vielleicht ist hierher aw. sanät zu stellen. Vgl. Bartholomae
Grd. d. iran. phil. 1 § 142.
2) Nach Wiedemann annrsprüngliche dehnong, vom praeteritam
imiaü aasgegangen, lit. praet. s. 117 ff. Vgl. aber Bartholomae IF. 3,
s. 55 ond unten § 46.
8) Hirt a. a. o. § 411 setzt mit rücksioht auf lat. fuam, -ham^ gr.
91/1} eine basis hhewä an. Lat. fe-ttts, ß-öy gr. (pt-rv, (ft-rva, iipvrf^ ksl. b$
aber weisen auf idg. *6A]^a|-.
86 Hans Reichelt
idg. ividim ai. agrabhim
ividis agrabhih
MdU agrabhU
ai. agrabhU neben lit. grebe; ai. adhumt {dhunlyat s. § 15);
ai. agarU neben agaräit; [ai. spanh neben gr. iandqri s. o.;
avamU neben lit. em^; ai. agamlt : QdmyaU, gr. xofiecu?].
§ 26. Im Ai. sind die echten l-formen von formen des
-i^-aoristes schwer zu unterscheiden. Der umstand, dass die
singularen aktiyformen des t^-aoristes normal die dehnstufe des
Wurzelvokals, die i-formen aber die Schwundstufe hatten, ist
nicht immer stichhaltig, da durch syntaktische verschweissung
der beiderseitigen formen eine ausgleichung der Wurzelsilbe er-
folgte. Wenn ich Bartholomae Studien 2, s. 164 recht ver-
stehe, stellt er auch alle aoriste, die in der Wurzelsilbe kurzen
o-vokal haben, zu den i-formen.
§ 27. Nach Wiedemann liegt dem lit. praeteritum auf
-iau ein sekundärer stamm auf -6 zu gründe, an den nach art
der unthematischen flexion die personalendungen getreten sind.
Dieser sekundäre stamm, dessen -E mit der ableitungssilbe der
€ii-verba (in der dehnstufenform) identisch ist und ursprünglich
nur bei diesen verben berechtigt war, wurde im Litauischen
auch auf verba anderer bildungsart übertragen.
§ 28. Im Arischen gibt es praeterita, die die vollstufe des
ableitungssuffixes aufweisen. Vgl. Bartholomae, 6rd. d. iran.
phil. 1, § 146 und Studien 2, 127. Sie bilden die Zwischen-
stufe zwischen ai. agaräit und agarity vgl. vrnoii neben
ürndiUi.
aw. niihidöü 'du setztest dich' aus *'89dei8 : lat. sedeö usw.
aw. yazaSta 'er verehrte' : gr. S^oiÄai^ Syiog.
III. Der arische passivacrlst.
§ 29. Bei der frage nach dem Ursprung dieser spezifisch
arischen formkategorie, kommen wesentlich drei punkte in be-
tracht: 1) der indogermanische lautwert des endungs-t; 2) die
qualität und quantität des wurzelvokals, 3) die bestimmung der
form an sich.
Osthoff bei Streitberg IF. 3, 390 sieht in den formen des
ar. passivaorists nominale $-stämme mit o-stufiger Wurzelsilbe,
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 87
Mit den wenigen beispielen aber, die namentlich aus dem Grie-
chischen dafür geltend gemacht werden, ist die existenz von
idg. i-stämmen mit o- stufe des wurzelyokals durchaus nicht
ausser frage gestellt. Denn gr. T^o^ig, tQ6q>is erklären sich
einfjAcher durch beeinflussung von tfoxog^ TQ6q>os, während für
gr. noXig tiefstufige Wurzelsilbe angenommen werden muss.
Nach Hirt Idg. ablaut s. 49 liegen die reinen stamme von
a^^wurzeln vor. Auch er nimmt o-stufige Wurzelsilbe an, for-
dert aber für das endungs-t entstehung aus idg. $. Die über-
wiegende mehrzahl der formen aus der älteren spräche gehört
jedoch zu unseren stammen und macht somit eine andere er-
klärung notwendig.
ai. OfOri : frnäi% gr. tuIqü); assdi : lat. sedeö; apäH : gr.
ftiTvew; (Uäri : tiryati; agami : gr. ßalvo); avSdi : lat. videö;
aröci : gr. leiaaw; abödhi : büdhyati; agöci : gucyati; äjani
(jdni, jani) : jäyatS; aw. jaini : gr. &elv(o.
Das endungs-f ist zweifellos die tiefstufe der ableitungsilbe
-^/ die länge des wurzelvokals muss in der feststellung der
form ihre erklärung finden. Da es vom arischen passivaorist
nur eine einzige person, die 3. person sing, gibt, wird man
wohl mit Streitberg von einer nominalform auszugehen haben.
Dafür spricht auch der nahe Zusammenhang zwischen verbum
und substantivum, sowie die grosse zahl der augmentlosen vedi-
schen passivaoriste. Die wurzelgestalt aber und die auffallende
endung -i erschweren die bestimmung der kasusform, die ein
nominativ sein müsste, ganz erheblich. Ich möchte deswegen
den Ursprung dieser formkategorie in der komposition suchen
und fasse die einzelnen formen als losgerissene erste glieder
auf. Wenn ich auch aus dem Altindischen keine belege dafür
zu geben vermag, finden sich doch einige in den andern spra-
chen. Ich verweise auf die bei Osthoff 'Das verbum in der
komposition' angeführten beispiele aus den germanischen din-
lekten: an. fleygi-hviUr *ein losgelassenes, verbreitetes gerücht',
fletfgi-gaflok 'wurfspiess' : verbum fleygja biegen lassen, werfen';
fl€ßdi4>akki 'bei der Überschwemmung bedeckte bank', fUßdirsker
'beim hochwasser überschwemmtes felsenriff' : verbum ftoßda
'fluten machen, überschwemmen'; sendi-bad 'übersandte bot-
schaft', sendi-skip 'abgesandtes schiff' : verbum senda 'senden'
an. fleygi-, fkedi-, sendi- sind nomina aktionis zu den entspre-
chenden schwachen verben. Unter an. sendi-^kip dürfte ur*
88 Hans Reichelt
sprünglich 'sendungsschiff, schiff der sendung' verstanden worden
sein, woraus sich später die passivische bedeutung ^abgesandtes
schiff* entwickelte. Da aber nominalstamm und verbalstamm
der form nach zusammenfielen, verlor sich allmählich der no-
minale Charakter des ersten gliedes, wodurch der verbale fälsch-
lich zur alleinigen geltung kam. Ich spreche daher mit aller
reserve die Vermutung aus, dass die arischen passivaoriste solche
missverstandene nomina aktionis sind, die aus der komposition
losgerissen in ihrer passivischen bedeutung als verbalformen
zur Verwendung gelangten.
Ich zweifle nicht, dass sich, wie Streitberg ausfuhrt, aus
^6^q>ig (oder welcher form immer) mit zu ergänzender kopula
sss 'es findet tadelung statt' bei passivischer wendung des ge-
dankens leicht die bedeutung ^es wird getadelt' hätte entwickeln
können, aber dann würden die ai. formen das nominativ-« bei-
behalten haben. Denn an neutrale verbalabstrakta auf -f ist
kaum zu denken.
IT. Der sigmatische aorist,
§ 30. Es wird allgemein angenommen, dass im singular
des sigmatischen aorists wurzelbetonung herrschte, während der
plural wie bei allen athematischen bildungen die endung be-
tonte. Daher abstufender vokalismus : idg. * t^r-i-s-ni, pl. trCr)"
i^s-mi. Der typus der e:r6i-basen, wie ihn Hübschmann a. o.
im sinne Hirts darstellt, sieht allerdings ganz anders aus:
uridg. ghribheisem^ pl. ghrebhsismi » idg. ghribhiS7p>, pl. ghre-
bhlsmi B- ai. *grabhtfain, pl. *gYbhT^mä, belegt dgrabhU^ agrahh-
iärnuy grabhi^fa. Auf diesen typus liesse sich aber nur eine
geringe anzahl der uns überlieferten formen zurückführen ^).
Und gerade ai. agrabhU neben den bei Hirt angeführten ctstä-
nU, avSdU ist als beispiel schlecht gewählt, da es gar kein
sigmatischer aorist ist, vgl. Bartholomae, Studien 2, s. 166.
**6egen die formale gleichsetzung von agarit, agrabhik, mathit
u. s. w. mit gärU, jävih etc. , also gegen ihre einstellung im
1) Hirt hat eben viele eigentliche '«rtfi-basen' (d. h. abgeleitete
verbale «j-stämme), deren formen hier berücksichtigt werden müssen,
nicht erkannt. Aafifallend ist, dass er ai. astänit, lit. stenHi basis Hene
§ 880, bei der erklärung des «-aorist's den «xet-basen znweist § 818 b.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 89
i^-aorist spricht entscheidend die Unmöglichkeit, das i von
agarlt, agrahhih von dem äi in agaräü, affrabaiäam zu trennen.
Dass man aber von einem irgendwie aus dem i^-aorist hervor-
gegangenen garlh nicht auf garaih kommen kann, diese annähme
dürfte heute schwerlich mehr auf Widerspruch stossen. Das t
in agar% agrabhit hat zum i#-aorist keine genetischen bezieh-
ungen; es ist das gleiche wie in ä^t, worin noch niemand einen
i^-aorist hat finden wollen, wie in gdrltöh, gfbhUdh und ähn-
lichen nominalbildungen".
§ 31. Einen ai. i^-aorist hat es nicht gegeben. Die ver-
einzelten formen agrabhiärna, agrabhiäfa beruhen, wie Bartho-
lomae a. o. nachgewiesen hat, auf kontamination. So ist z. b.
die 2. plur. agrabhJ^fa durch kontamination von *agrabhiäta
und *agrabhUa zu erklären. Die i-formen des i^-aorist's sind
neubildungen, ausgegangen von der 2. sing, auf -iä. "Neben
ar. *auädü stand nun in gleicher funktion *agrabhiä, jenem in
der flexionssilbe bis auf die vokalquantität gleichend. Bei
dieser ähnlichkeit konnten Verwirrungen nicht ausbleiben. —
War nun erst einmal das dem 7-aorist entstammende -i^ und
'U ^) völlig im li-Aorist eingebürgert, so währte es wieder nicht
lange, bis umgekehrt dem i^-aorist zugehörende ausgänge in
den l-aorist eindrangen. Und mit der zeit wurden i und is-
aorist völlig zusammengeschweisst. Wie neben vädiäma, avä^
di^ur etc. avädU steht so jetzt auch neben matht^ und mathU
ein mathi^fana u. s. w." Ich weiche nur in einem punkte von
Bartholomae ab, indem ich für unsere stamme die erklärung
des ai. i aus idg. i beanspruche und so die Verbindung mit
dem H von agrahaiäam, gr. eiprjaa herstelle.
§ 32. Die abgeleiteten verbalen ^^-stämme zeigen im sig-
matischen aorist die tiefstufe des ableitungssuffixes i.
d) Singular.
Die Wurzelsilbe ist dehnstufig.
1) ^'Das völlige durchdringen von -tt hängt mit der wirkang der
aaslaatgesetze zusammen; ihnen zufolge musste (absolut auslautendes)
ar. 'üt zu -is werden; eine solche endung für die 3. sing, konnte sich
aber dem deutlich charakterisirten -if der % gegenüber auf die dauer
nicht halten, da ein derartiger teilweiser zusammenfall in den ausgängen
der 2. und 8. sing, sonst nicht vorkam". Bartholomae a. o. s. 166.
90 Haus Reichelt
*idg. *8€d4-^'^ 2ä.a8Sdi^am
*8ed4'8'8 asadih statt *a8ädih lat. 88di8t% air. dolJUcis
*8ed"ir84 asadtt %\Aii*a8ädih dolJlHc
ai. adarit : dpilyät, gr. de/^ü^; ai. ätarit, tärifat :
ttryail, gr. teifw; ai. adhävU (neben adhuviU) : gr. 9vvm\
ai. atänit : gr. teivw; ai. agärit : lit. ^rji^; ai. aA^lnt^ :
gr. 9eiV(o; ai. acdlrl^ : gr. rsUctf; ai. äindhiffä statt *a^ic2-
Afjif.Ai nach indhdts : idhy<xts, lat aedS8; ai. asädit, lat 8^(i-
»«^«; lat vEni8t% aus ^gvitn-is- : gr. ßalvo); lat. fldisti aus
*bheidh'i8- : /!(2^; lat vfdiati ans *uSid'i8- : ai. avSdi^am,
lat f^id^d; lat Hj^tiis^t^ *air. 'I9ci8 aus *lSik(^)-i8' : lat
Ich leugne nicht, dass lat. s^i ^) ebensogut ein altes per-
fekt (*idg. 8e'Zd') sein könnte, und stütze mich lediglich auf
ai. a^oc^H^ neben aw. niähidöiä. Wegen lat vf^cfty f^t, 2f^t^
/"fdi verweise ich auf Wiedemann Ldt praet s. 111 ff. Mit ai.
avidi^am, lat. t^idts^t wird vielfach gr. ydaa^ eidea 'wusste' zu-
sammengestellt. So erklärt Brugmann Grd. II § 836: ^^^daa^
HÖea 'wusste', bildete das praet. zu olda 'weiss', vgl. air. ro-
fetar *ich weiss' mit -es- oder "is-, ai. d-v^dif-am mit -gs-, lat
mdi8-ii8 mit -/«-". Bei dieser auffassung bliebe abgesehen da-
von, dass sich die Suffixe -es-, -dS" mit -i8- nicht vereinen
Hessen, zum mindesten die herkunft des -es- bei einem stamme
auf -^|- fraglich. H. Zimmer K.Z. 30, 222 hat den richtigen
weg eingeschlagen, indem er air. rofitetar als kontaminations-
form aus idg. *e vidis-r 3. pl. act. » air. fidisar, fitar und
*e vidi8-nio 3. pl. med. = air. fidiset, fitet erklärte und so mit
ai. dvHi^am und lat v%di8ti in einklang brachte, "rofitetar
gab mit den nach ihm gebildeten rofitemnar, rofiiid das modeil
ab, wonach der singularis in analogie von niarla88ar, niar-
la88air : niarla88atar etc. umgestaltet wurde : rofäar 'ich weiss',
rofiiir 'er weiss'". Gr. t^d^a, udea ist gar kein sigmatischer
aorist, sondern mit aw. niähidöiä gleichgebildet : rjdea^ eidea =
B'Hi-^i'W'i vgl. Idia = */£d-€t-ä.
ß) Plural.
Die Wurzelsilbe ist tiefstufig.
\) Vgl. Brugmann IF. 8, 802 f.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjagation. 91
idg. *89d4^'in4.
Die belege sind sehr spärlich. H. Zimmer a. o. hat auf
ai. idhifimahl, ruci^lya und gmi^iya aufmerksam gemacht. Ich
stelle noch ai. püri^fhäh dazu.
ai. idhi^^mahi, indhi^ya neben aindhiffa : ai. idhydU,
lat. aedes s. o.
ai. gmi^iya neben gamiffam : gr. ßaivw, lat. veniö.
ai. rticifiya neben rociäiya : gr. Xevaaio s. § 3.
ai. püri^thah neben apärit : ai. puryatnana s. § 11,
air. *f%d%aar s. o.
§ 33. Nach dem überlieferten formenmaterial zu schliessen,
haben die singularformen mit dehnstufiger Wurzelsilbe die herr-
schaft erlangt. Es gibt auch formen mit vollstufiger Wurzel-
silbe : aL ayödhU : yudhyatS, lat. jubeö; ai alöbhit : lübhycUi,
lat. lubSt; ai. bödhi^at : büdhycUS, lit. bad'äi : ai. fö(»A : (ücyati,
got hugjan; ai. avEdlt, lat. vidisti. Durch -das zusammenfallen
von formen des -t^-aorists mit dehnstufiger Wurzelsilbe und von
formen des praesensaoristes mit schwundstufiger Wurzelsilbe
sind die ursprünglichen ablautverhältnisse stark getrübt worden.
Es sind daher auch formen mit vollstufiger Wurzelsilbe nicht
au£fallend.
§ 34. In den ksl. aoristen auf -Ech^J die wie ai. agrah-
äi§am, gr. inpriaa gebildet sind, ist der einfluss von futurbil-
düngen wie ai. gläsyati — lit. gideaiu, ai. mnOsyati — lit. mt-
nesiu (s. § 36) unverkennbar. Vgl. Brugmann Grd. 2, 1186 f.
z. b. ksl. vid^'ech^, lit. pa-videsiu; ksl. mhn'ich^f lit. min-^u
u. s. w. Ich stelle hierher auch formen wie zrSchh, zhrSch^,
trSch^, vreclvh^ 1nlSch^, mrich^, die man aus *ierch%, terch^ usw.
durch metathesis zu erklären pflegt, und zwar aus folgenden
gründen. 1) Die in betracht kommenden verba sind sämmtlich
abgeleitete e^-stämme; 2) in den quellen finden sich häufig die
Schreibungen inf. mhrSti, ztritij aor. mhrSch^, zbrSch^; 3) die
andern idg. sprachen haben korrespondirende bildungen.
ksl. meljq, mlsti, mlich% *mahlen' : ai. ml&ti, amlosyatäm,
nUatäh 8. § 11.
ksl. hrq, trsH, tbreti, ir9ch^ 'reiben' : gr. TiTQtjfiif lat.
terOj tr^vi, trltu8 s. § 11.
92 Hans Reichelt
ksl. zhrq, zrSti, zhreti, zrech^, ztrSch^ *fre88en' : gr. ßi-
ßqw-aTMa.
§ 35. Der ausgang der III. plur. des perfekts im Latei-
nischen ist -erunt Man erklärt die endung -^^nt gewöhnlich
als 3. plur. des hiftsverbums ^sein', indem man sie mit gr. -Eactv
(III. plur. plusqupf.) vergleicht Ich möchte lat. -irunt aus
*i8(mf erklären und wie die II. sing, und plur. dem -t-s-aorist
zuweisen: -ia-ont statt -is-xft, wie capiunt statt ^capi-'QJt,
y. Das fiitumm«
§ 36. Für bildung von formen mit futurbedeutung diente
im Indogermanischen das suffix -si-o-y welches im Ar., Gr. und
Balt.-Slav. belegt ist. Leider sind die akzentverhältnisse noch
nicht genügend aufgeklärt. Vgl. Hirt Idg. akzent s. 204.
War das suffix -sio- ursprünglich betont, dann müssten
Wurzel- und ableitungssilbe in der tiefstufe stehen: idg. *m'(^n)-
p-si-ö-. Im Ai. aber, wo thatsächlich suffixbetonung vorherrscht,
erscheint die Wurzelsilbe fast durchwegs in der vollstufe. Ich
schreibe diesen merkwürdigen umstand dem einfluss der aus
dem unerweiterten stamm gebildeten futurformen ^) zu, die im
Lit Wurzelbetonung haben: vgl.
ai. vedißyati neben vStsyati, gr. aüaofiai ; ai. vartiäycUi neben
vartsyäti, lit. versiu; ai. mani^yB neben mqsyatS; ai. tanisycUi
neben tqsydiS; ai. janisyati neben aw. zqhyamanqm; ai. han-
i^dti neben hqsycUi.
Der akzent von ai. *vdrt8yati, * tqsyate ^) hat dann später
seine Stellung wieder nach vartiäyäti usw. geändert Ursprüng-
liche formen mit tiefstufiger Wurzelsilbe sind ai. guriäyats neben
gari^ati : grnämi 'preise' ; ai. gfhUyati neben grdhl^yati, grak-
i^yati : gfbhndtni 'ergreife'.
§ 37. Wahrscheinlicher aber ist, dass die abgeleiteten
verbalen «i'-stämme wie im praesens und praesensaorist auch
im futurum die ableitungssilbe betonten, da hierin das Ai., Gr.
und Balt.-Slav. übereinstimmen: idg. * fn(V'M'i(30'^i'O- =■ ai.
*tnnasya', gr. *iÄcevr]ao-, lit. *miw^o-.
1) Nach Brugmann Ord. II s. 1092 hatten die ai. formen mit 'iiya-
den -fs-aorist zur grandlage, vgl. ai. vddifydti zu dem aoriststamm vedi§-
in d-vedi^-am, 2) Vielleicht ist ai. fisyati aus * ffe{n)'Si'eti ent-
standen, also eine form mit dehnstufiger Wurzelsilbe.
Beiträge zur geschichte der indogermanisclien konjugation. 93
ai. gläayati, lit. fful&iu; ai. psäsyati : psati; ai. a-mlasya^
tarn : mldii; ai. mnäsyati, gr. f^avijaofxai^ lit. minesiu; gr. «l-
di/crcd, lit. pcMnfdesiu; gr. ^vTJaoinai^ lit. sravesiu; hom. tci^ow
: lat. ^e«; gr. xaiqriöw für ^xaqvjOüiy lit. geresiüa; gr. o^ifaai i)
lat. oter^; gr. Ttlijao» : nifiTckrjfii; gr. Tcnjaofiat : 7ti,%vi(a\ gr.
yevT^aofjiai : yeivofiai.
Das e der gr. fatura auf -£C(i, die von unsem stammen
gebildet sind, gehört zum suffix * -esi-o vgl. Bartholomae BB.
17, 109. Es liegen also futurbildungen vom nnerweiterten
stamm vor.
gr. tev-iw : ai. tani-^yati; gr. d«^ : ai. dari-fyati; gr.
T«A-cS : ai. cari-iyati, gr. d-ev-eo) : ai. hani-äyati; gr. xc^-cü :
ai. gari-^ati; gr. ifi'Ovfiai : ai. vami-äyati u. a.
Tl. Das perfektom.
§ 38. Obwohl fast alle abgeleiteten ^n^-verba das perfek-
tum aus dem unerweiterten stamm bilden, finden sich doch im
Ai., Gr. und Lat. vereinzelte formen, denen der erweiterte
stamm zugrunde liegt.
Die Wurzelsilbe ist tiefstufig, das ableitungssuffix erscheint
in der dehnstufe:
ai. paprau, paprd, lat plevi vgl. Fick GGA. 1883 s. 594;
ai. jagläu, gr. ßißXtjf^ai; ai. mamnau, gr. f^sfivrjiiai; ai. mam'
Idu : (lat. molui); ai. jagfidu : (lat. genui); ai. papsäu; lat.
(T^t^; gr. Tchqrifsai,^ Ttiulrjraiy yLSxdqrjftai, u. a.
Das u der ai. und insbesondere der lat. formen ist bis
jetzt noch nicht befriedigend erklärt; es kann aber schwerlich
etwas anderes sein, als das u, das uns schon im praesens be-
gegnet ist und das von den abgeleiteten ^-stammen her-
stammt '). S. § 16. ai. paprdu, lat. plevi ist demnach [auf
ai. prnuyoty gr. noXvg^ lat. plus (s. § 44) bezogen] dieselbe
1) Gr. 6^r^an ist kompromissbildang and steht för dSram, Vgl.
Hirt IF. 10, 28.
2) Aach F. Sommer Lat. gr. 606 f. leitet das lat. v-perfekt von
den fi-verben ab; er lässt jedoch die ai. formen unberüoksichtigt and
geht speziell von lat. füvt aas: "Als *füm (anthematischer aorist) za
^fü-aif ^/ü-ff-ai umgebildet wurde, löste man bei der Silbentrennung
^fu-ffüi das -t^t u. 8. w. als suffiz ab und übertrug es auf alle vokali-
sehen verbalstämme". S. dazu § 44.
94 Hans Reich elt
bildung wie ai. cuk^näva von k^näumi 4ch wetze\ Für den
abfall des endungs-a (bezw. -e der III. pers.) in den ai. formen
yermag ich keine erklärung zu geben. Ai. paprätka 2. pers.
ist aus *paprä(^)4ha entstanden.
Der bindeyokal ai. i, lat. i.
§ 39. P. y. Bradke IF. 8, 123 ff fuhrt den perfektischen
'bindeyokal' im Altindischen imd im Griechischen auf den aus-
lautenden yokal der sS^tämme zurück und weist darauf hin,
dass derselbe Ursprung auch für den lateinischen und gotischen
bindevokal geltend gemacht werden könnte. Demnach läge in
ai. i, gr. a, lat. t; got. u die Vertretung von idg. 9 vor. Für
die abgeleiteten ^-stamme muss diese im prinzip zweifellos
richtige erklärung dahin modifizirt werden, dass für das ai.
und lat i entstehung aus idg. i festgesetzt wird. Das a der
gr. perfekta rcercold'afiBv^ ti&vafiey usw. bleibt besser aus dem
spiel, da es wahrscheinlich aus der 1. sg. und 3. plur. des
perfekts und des sigmatischen aorists stammt
Bradke a. o. 135 f. nimmt mit recht an , dass die an-
knüpfung der perfektischen personalendungen mit dem binde-
vokal i nach der qualität der wurzel geregelt war, und stellt
folgende Schemata auf.
«^/-wurzeln:
jagrdbha *jagr(ä>hitha jagrdbha *jagf'bhimd jagfhhä jagfbhir
papdta ^papdtüha papdta paptimd paptd paptür
a«t/-wurzeln :
vavdrta ^vavätitha
vavdrta
vavximd
vavj'tä
vavfiür
aaaäda sasdttha
sasdda
^ssdmd
sedd
sSdür
{*8azdfnd
sazdi
sazdiir)
Bei der Scheidung in sef- und aiti/-wurzeln in der indischen
grammatik kommen nicht immer die idg. Verhältnisse zur gel-
tung. Von den beispielen, die Bradke s. 126 anfuhrt (ausser
den genannten noch jajdna, tatdra, jagdma, cdkdra)^ sind
sämmtliche abgeleitete <;i-8tämme. Eine teilung nach der qua-
lität der Wurzel ist hier wenigstens nicht nothwendig. Der
bindevokal, der vor den konsonantisch anlautenden endungen
auftritt, ist die tiefistufenform des Suffixes -«/-. Formen vom
erweiterten und unerweiterten stamm gehen nebeneinander. Die
rigvedischen Schemata, die Bradke s. 137 aufstellt, bedürfen
daher keiner besonderen behandlung.
Beiträge zur geschichte der iodogermanischen konjngation. 95
papata papdUha papdta paptima paptä paptür
sasdda aasdttha saadia aedimd sedä sSdür
jagrdbha jagrdbha jagrbhmd jagrbhd jagrbhiir
vavdrta vavartkita vavdrta vavftmd vavfid vavftür
vgl. ai. sidimd, lat. sBdimus; ai. vavarthüd, lat. vertimus;
bL viveditha, lat. vÜUmus; [ai. jagamäha], lat. venimus; ai.
ienimd, alat. te^inimus; ai. babhüvimd, lat. fuimus.
TU. TerbaladjektiTa.
§ 40. I. -tO'f part perf., meist passiv. ''Bei den eigent-
lichen Partizipien ist im Idg. die endbetonung allgemein, was
wahrscheinlich aus einer zeit stammt, in der die passive bedeu-
tung noch nicht durchgeführt war". Hirt Idg. akzent s. 270.
Wurzel- und ableitungssilbe erscheinen infolge der endbetonung
in der tiefstufe: idg. *^id'i4ö'.
ai. rucitdh 'leuchtend, glänzend' : ai. rucih 'licht'; ai. vi*
dUdh 'erkannt, bekannt' : lat. videö; ai. tnrdüdh 'zerdrückt,
gerieben' : ai. mrdnati] ai. trfitdh 'durstig', got. faursißs
'durstig' : got faurseiß mik; ai. aphuritah 'zuckend, zitternd' :
gr. Oftaigo); ai. güäal^ 'verschlungen' : ai. gputti; ai. kupüah
'erzürnt, zornig' : ai. kupyati; lat. licUtis : licet. — ai. fami-
tah : gamyati, stanüah : ^anihi, lat. genüus : -geniis können
nicht mit Sicherheit hierhergestellt werden.
§ 41. Alle übrigen bildungen sind durch beeinflussung
von praesensformen zu erklären.
a) Die Wurzelsilbe ist vollstufig (vgl. gr. daigw statt ^daifta
aus * driö (lit diriü) nach ai. ddr^. ai. bhasitah 'zu asche ge-
rieben' : bdbhastij bhdsat; ai. patitah 'gefallen' : ai. pdtati; lat.
vomitua : wnno, molüus : molo. Vielleicht auch ai. galitah 'ver-
schwunden, fehlend' : ai. galati, ai. carüdh : ai. cdrati.
ß) Die ableitungssilbe erscheint in der dehnstufe; die
Wurzelsilbe ist tief stufig, vgl. ai. nd&ti, psäti usw. § 11.
ai. mlätdh, aw. mrätö 'durch gerben weich geworden' : ai.
mläti ; ai. prätdh 'gefallt', lat im-pUtus : ai. prasi ; ai. psatdh
'gegessen' : psäti; ai. mnotah 'erwähnt' : ai. tnnäti; gr. ßltjTog
'geworfen, getro£Een' : ai. gläti; gr, ^rjvdg 'verabredet, bestimmt
: lit. refu; gr. Tftjrog 'durchbohrt^ : gr. Wr^i/jut; lat. erStus :
96 Hans Reichelt
gr. luiQio; an. trüaSr 'gläubig' : an. trüa; ksl. gritb 'erwärmt'
: grejq.
y) Die ableitangssilbe hat die tief stuf engestalt -r-; die
Wurzelsilbe ist meist tiefstufig, vgl. § 18.
ai. gxbhUdh, gthUdh 'ergriffen' : ai. dgrhUäm, grhiikos,
grhi^a; lat. cupitus : cupiö^ cuplvi; peiUus : '^petiö *petlre
(R. Thumeysen KZ. 30, 492).
§ 42. Es finden sich auch formen vom unerweiterten
stamm vgl. Grd. ü, 208 ff.
a) Mit tiefstufiger Wurzelsilbe.
ai. t?ütdh 'gefunden, erkannt, bekannt', aw. vistö 'ge-
funden', gr. a-iarog, ungekannt, unkundig', air. ro fess 'scitum
est', got un-vis 'ungewiss' : lat videö, ksl. videti; ai. sattah
'gesessen' ^), lat. ob-sessus — aw. pcisu-äctstö 'viehhürde', an. sess
'sitz', lat. sulhsessa 'hinterhalt' : lat. sedeö, ksl. sSdsti; ai. ha-
tdh, aw. jatö 'geschlagen', gr. qxnog 'getödtet', lit. gifitas 'ge-
jagt, getrieben', ksl. zq-tb 'gehauen, gemäht' — ags. güä 'kampP
: gr. 9eivw^ lit. geneti; ai. matäh 'gedacht', lat com-mentus,
got munds 'gemeint, gedacht', lit mifUctö, ksl. mq-h — ai. ma-
täm 'meinung', gr. avtS/iccvog 'freiwillig', lat. com-mentum
'einfall, erfindung', air. der-met 'vergessen' : got. munan, lit
mineti, ksl. mhnSti; ai. vfUdS^ 'versus', lat vorsitö {versus) —
ai. vrttäm^ ksl. vrhsta 'bewandtnis, befinden', lit. värstas 'pflug-
gewende' : ksl. vrhtsti; ai. gcUdh 'gegangen', gr. ßotvog 'be-
treten, gangbar', lat circumventtis, lit pri-gimtas 'angeboren' :
gr. ßaivüfy lat. venia; ai. btiddhdh 'erwacht', gr. a-Ttvatog 'un-
bekannt, unkundig' : lit budeti, ksl. bbdsti; ai. dfiäh 'gespalten',
aw. ddTdtö 'geschnitten, gemäht', gr. dqatog^ Sagt 6g 'geschun-
den', lit. nU'dirtas 'geschunden' : ai. dffftycU, gr. ldaqriv\ ai.
tatdh 'gestreckt, gedehnt^, gr. %€n;6g 'dehnbar', lat. tentus : lat.
teneö; air. tati 'durst' aus *trst6- (W. Foy IF. 6, 338), got
fdursteij ahd. durst : got. paurseip mik.
ß) Mit hochstufiger Wurzelsilbe.
lat Visus, got. un-veis 'unwissend, unkundig', ahd. wis
'weise' aus ^ueiMo- (oder ^ItHo- neben ai. vUtdh usw.); ahd.
kind 'kind' aus *§entom neben got. qina-kunds 'weibgeboren';
ai. spaftah 'ersichtlich, klar', aw. avi-spaStö 'belauert, ange-
1) bal. nüia ^sitzend' aus idg. *n%'9t4o- far "** m+ed-f^. Bartho-
lomae Grd. d. iran. phil. § 96, 1.
Beiträge zur gesdiichte der indogermanischen konjugation. 97
feindet\ lat. adspectus aus ^speh-to-; gr. w-rceiOTog deicht
überredbar', lat. fisus neben gr. niatog ^treu, zuverlässig'.
§ 43. IL -no-, part. praet., meist passiv. Da das suffix
-no^ betont war, müssten auch hier wurzel- und ableitungssilbe
in der tiefstufe stehen: idg. ^td^-nö-. Es sind aber fast nur
formen mit dehnstufiger ableitungssilbe erhalten.
ai. pränah ^gefüllt', lat. plsnus, umbr. plener 'plenis' : ai.
prüse; ai. mlänah 'welk' : ai. mldti; aw. ynänö (vgl. Bartho-
lomae Grd. d. iran. phil. § 209, 3); ai. kranä ^gem, willig, so-
fort' : (ai. cärati) gr. TeUto; gr. anaXrjvog *krumm' : oyiaXX(a;
ksl. mhnSm : mhneti; ksl. videm : vidSti. Hierher gehören
ferner die germ. infinitive: got munan, liban, ahd. lebsn usw.
§ 11-
Formen vom unerweiterten stamm sind aw. p^ranö 'gefüllt
voll', got. fiUls : ai. prndmi; ai. chinndh 'zerbrochen, zerrissen'
: gr. cTx/^ccii); aw. asna-, äsna- *nahe' aus *äzdna' : ksl, cho-
diti% vgl. ai. nedTyah 'näher', dsanna- 'nahe' Bartholomae IF.
5, 367, w. f. kl. phil." 17, 1223.
Neben den partizipialbildungen aus dem unerweiterten
stamm stehen solche, in denen der vokal der tiefstufigen Wurzel-
silbe gedehnt erscheint.
ai. jätäk, aw. zätö 'geboren', lat. gnätus, nätüs^ gall. cintU"
gnätm 'erstgeborner' neben got. -kunds, kunßs; ai. ghatdh
'tötend, schlag, tötung*, gr. dyri%6g 'sterblich' neben ai. hcUäh;
ai. vamtdh 'ausgebrochen'; ai. gürtäh, gürnah 'gebilligt, will-
kommen, angenehm', lat. grätus 'willkommen, angenehm', lit.
girtcis 'gerühmt'; ai. mürndh 'zermalmt, zerbrochen', alat. tnal-
täs 'moUes', air. blaüh, mlaüh 'weich' — lit. mütai 'mehl' neben
ai. -rnfnah; ai. dwnäh 'zerrissen, gespalten' — nkjmr., corn.
dam 'teil, stück' neben ai. dfi^h; ai. gimah 'verschlungen', lit.
girtas 'betrunken'; ai. pürtdh, pürndh 'gefüllt, voll', air. län
'voll', lit. pünas 'voll' neben ai. pftäh; ai. tirndh 'überschritten,
durchgemacht', türtah 'schnell'; ai. jürndh 'alt' — ai. jirndm
«gebrechlichkeit , alter'; gr. tlrjTog 'duldend, standhaft', lat.
lättis — lit. tiltas 'brücke' — neben ahd. gidult 'geduld'.
1) ai. Ui^tah 'pfeilköcher', das gewöhnlich aas ^tpuh erklärt und
zar warzel *tel-[^i- ^tragen' gestellt wird, gehört nicht hierher. Vgl.
Bartholomae JA. 12, 28 und IF. 8, 187 f.
2) Oder zu lat. »edeö^ Siehe § 60.
BetMge s. knnd« d. indg. spxaelMii. XXVIl. 7
98 Hans Reichelt
§ 44. Bezüglich des wechseis von tr und är im Arischen
und Lit.-Slavischen schliesse ich mich den ausführnngen Bar-
tholomae's KZ, 27, 205 und Bezzenberger's bei v. Naegelein
*Zur Sprachgeschichte des Veda' 32 an, die darin den einfiuss
eines folgenden vokals sehen. Vgl. Wackernagel Ai. gr. 29.
Ich habe in § 16 die thatsache, dass viele ai. verba das
praesens sowol nach der 5., als auch nach der 9. praesens-
klasse bilden, auf grund ursprünglicher praesensformen erklärt,
die in beiden klassen gleich lauteten. Ebenso ist der Wechsel
zwischen formen der 4. und 8. ai. praesensklasse zu erklären,
wie überhaupt zwischen formen der abgeleiteten verbalen ei-
und e^-stämme. Die gemeinsamen formen, von denen neubil-
dungen nach der einen oder andern klasse erfolgt sind, sind
die des praes. sing, auf *-e-mf, *-6-äi, *-e4i aus *-e3f-w», *-«*-
mi usw.
Da nun bei tie&tufengestalt der Wurzelsilbe in ein- und
demselben verbum der stimmton der liquidasonans bald dem
einfluss eines folgenden t, bald dem eines folgenden u ausge-
setzt war, kann es nicht wunder nehmen, wenn ir und ür
nebeneinander erscheinen.
idg. ^ter-ei' 'durchdringen'.
ai. ti'ryatf, lit. tyriü — ai. tirdti, Hrndh [tiram 'ufer',
iirdh 'durch'],
ai. tariUB, turvati, arm. ihaXowl^)^ gr. r^t/ai, t^x^^
lit. trükstu, ksl. tryti — ai. turdti, türtdh, türnah
[turdh 'beschädigt'],
idg. *g^er'€i' 'singen'.
ai. grnamiy lit. giriü — ai. sam-girate.
gr. yrjQV(o [yijßvff, dor. yaqvq 'spräche'] — ai. gurdte,
gilrtäh, gürndh.
idg. ^g^er-ei' 'verschlingen'.
ai. grndmif lit. geriü, ksl. zrUi — ai. girati, gilitah,
girndh.
[aeol. diqqa 'hals' aus *d€Q/'ä Kretschmer KZ. 31. 397]
— [Utgurklys 'kröpf, 'ks^.gr^lo 'kehle'] ksl. zrhti'
idg. *pel'ei' 'füllen'.
ai pcnami, präsi [pdrlndh 'fülle'], gr. nifinXrifjLi usw. —
lit. pilnas 'voll'.
1) Vgl. Meillet M6m. soc. ling. VIU, 158 f.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 99
ai. prnuyät, [gr. nolvg 'viel'] lat. plevi, plus ^) — ai.
pürnäh, pur t Ah, [purüh 'viel', ksl. pHm].
idg. *der'ei' 'spalten'.
ai. drniyät, lit. diriü — ai. dfrnah,
ai. därüh 'zerbrechend' [ai. däru 'bolzscheit', gr. öoqv
'balken', lit. dervä 'kienholz'? usw.] — lit. duriü.
idg. *uel'ei' 'wollen*.
ai. Vfudmi, ksl. veljq usw.
ai. vtnömi, lat. volui^) — [ai. hötr-vurya- 'einsetzung
des Hotar'].
idg. *mel'ei' 'mahlen'.
ai. mrniM, gr. fivllwy ksl. meljq — [litfniltai 'mehl'].
got. ga-malwjan, lat. molui ^), [emolumentum 'mahlertrag']
— ai. mürnäh.
idg. *gvel'ei' • • •
ai. gläti, gcdüah, gr. ßdXha.
gr. ßXv(Oj ßXvCiü — lit. guliü,
idg. g'er-ei- 'altern'.
ai. jiryatiy ksl. zreju — ai. jlrnah.
[aw. zaurva 'alter', gr. yqävg 'greisin'] — ai. jürndh.
idg. k'er-ei- 'zerbrechen'.
ai. gffryate, lit skiriü, gr. nßlgw — ai. girndh,
ai. Jqrn^mi — güridh [ksl. kr%m 'verstümmelt'].
§ 45. Gerade so, wie für die dehnnng der tiefstufigen
Wurzelsilbe bei den ^^^basen der ausfall des 9 als Ursache an-
genommen wird, liesse sich auch bei den abgeleiteten -ei- und
-eu-verben die dehnung durch den ausfall des i oder u er-
klären. Es ist aber zu bedenken, dass infolge der suffixbe-
tonung bei den partizipien auf -^o- und -ro- sowol ableitungs-
silbe, wie Wurzelsilbe reduzirt werden mussten. (ai. ruc4-tdh,
m^d-i-tih, sphur-i-tah, gü-i-tah). Selbst, wenn man annimmt,
1) Nach Fr. Sommer IF. 11, s. 94 ist lat. plus ein alter neatraler
akkasativ aaf -is wie magis und geht auf eine grundform *plö-%B zarück.
Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn die formen ploua und plouruma
besser dazu stimmten. Denn in der Schreibung ou eine mittelstufe
zwischen oi und dem später daraus entwickelten ü zu sehen, entbehrt
einer sichern stütze. Da für die wurzel *pel durch ai. pjrnuyät, gr. tto-
Xvfj lat. plevi usw. s. § 16 die ableitung durch -ejf- erwiesen ist, sehe
ich kein hindernis, pltu aus *plef^'08 zu erklären, wie mtnti« aus minjf-o«.
2) Siehe § 88.
7*
100 Hans Reichelt
dass durch die redoktion wirklich TÖlliger schwand der ab-
leitangssilbe bewirkt wurde, hätte sich die Wurzelsilbe in ihrer
schwächsten gestalt erhalten müssen , da die Wirkung der re-
duktion, als der Schwund der ableitungssilbe stattfand, zweifel-
los am grössten war. Wie wären denn sonst formen wie ai.
sunmdh neben sunumdh, tanmdh neben tanidhäh, kurmdh neben
huruthdh erklärbar?
Wir haben es daher mit keiner ursprünglicher dehnung zu
thun; sie kann erst eingetreten sein, als sich bereits der stimm-
ton der liquida oder nasalis sonans selbstständig oder unter
dem einfluss des vokals der ableitungssilbe entwickelt hatte,
und muss, da sie aus den partizipialformen selbst nicht erklärt
werden kann, auf Übertragung beruhen.
§ 46. Die praesentien, in denen der themavokal an das
tiefstufige ableitungssufGbc i tritt, zerfallen in zwei klassen, je
nachdem die wurzelsilb^ den wortton hatte oder der themati-
sche vokal. Ich habe schon in § 20 darauf hingewiesen, dass
die Wurzelbetonung unursprünglich ist und zum teil auf ana-
logie nach den o-yerben beruht Bei den o-verben stehen sehr
häufig formen mit suffixbetonung und solche mit wurzelbeto-
nung nebeneinander. Vgl. Brugmann 6rd. 2, 913. Da neben
aL tirdti 'er setzt über* eine form tdrati steht, ist zu *ürydti
ein *Üryati gebildet worden, das endlich nach dem muster von
cdmati^ krdmati, sdhati^)^ stdcUi^) u. a. in ttryati überging,
ai. jiryati, jiiryati 'er kommt in verfall' nach jArati-juräti ;
ai. Uamyaü, grämyati 'er wird müde^ nach — (ramaii lit. kir-
mt/jü 'schlafe'; ai. ädtnyati 'er zähmt' nach got. *g(USm8 in
gaUmiba 'geziemend', gatiman 'ziemen' ; ai. giryaJti 'er zerbricht'
nach an. skera — air. scaraim, ai. ^f(n)ati; ai. krdmyati 'er
schreitet aus' nach krämati; ai. gdmyati 'er hört auf' nach
(amati; ai. jdyatS 'wird geboren' aus *jayate *§V''i^ti nach
jdnati; von diesen praesentischen neubildungen wurde die deh-
nung auf die partizipia übertragen, ai. tirndh, tartdhrtfryatt,
1) Es ist hier belanglos, ob das ä soloher ai. praesentia aus dem
«-aorist stamint, wie Bartholomae Idg. F. 3, s. 50 z. b. für ai. hhrafaß,
aw. br&Miti neben gr. ^Xiyu (ahhräf), aw. rtüsjjqn neben ai. sdrjanam
(asräkf oirät) nachweisen will.
2) Ai. ätdati ist aus *80Mi = aw. hiSaiU nach lit. 9(idu oder einer
ähnlichen form s. Rozwadowsky IF. ? umgebildet worden. Vgl. lit. thylü
'spalte mich', iylü 'verstumme' usw. Wiedemann Lit. praet. s. 90.
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 101
turyati; ai. ßrndh, jürnäh-jtryati, jü'ryati; ai. Qirtdh^ cürtd^"
sfryate; ai. pürtdh neben pfiäh-pü'iyati; ai. klämtdh-Mimyati ;
^ärnfäh-grämyati; ai. gamtäh-gämyati ; ai. tämtdh-tämyati ; ai.
dämtdh-ddmyati ; ai. jatäh-jdycUe.
Partizipia wie gr. -yrrirogy lat. nätus neben lat. genüus
sind auf praesentia wie lat. näscor zu beziehen. Gr. TQwrog
'verwundbar' : tltqcüoiiuo; gr. ßganog 'essbar' : ßißQoiaxw neben
ai. güüah; gr. xltji^ds 'gerufen, willkommen, erlesen' : xixXif-
axro 1). Vgl. ai. jnätdh 'gekannt', gr. yvwvög^ lat. nötus, air.
^fta^ 'solitus' : gr. yiyvwaxfa^ lat. gnöscö, ahd. Arno^n 'kennen';
ai mlMdh, aw. mres^ö 'durch gerben weich geworden' : mlttti,
mldyati neben lat. molitus; ai. mnata^ 'erwähnt' : ai. mnäti,
gr. fiifivi^axWf neben ai. matdh; ai. glanah 'erschöpft', nkymr.
i2fn 'fatigatus' : ai. gldti, gldyaii neben gcditah; ai. priUah 'ge-
füllt', lat. pte^ii« : ai. prdsi, air. Zlnatm neben ai. pr^ah, aw.
pdTdnö; ai. psätdh 'verzehrt' : pseftt neben bhasüah.
Der stosston der lit. formen ^/r^aa 'betrunken', pa-zintas
'gekannt', pünas 'voll', mtitai 'mehl' usw. stammt aus dem
praeteritum. Wie Bartholomae IF. 3, 9 ff. nachgewiesen hat,
ist die dehnung des wurzelvokals mit gestossenem ton im prae-
teritum nach dem muster der sigmatischen aoriste der auf 8
ausgehenden verba erfolgt. Nachdem sich die praeteritalbil-
dung mit i nach dem muster von lett. tisu, dzisu bei einer
reihe von verben mit praesentischem e wie lit. hdiiirtMiau,
geriü-^ertau eingebürgert hatte, wurde sie auch bei verben mit
anderm praesensvokal (t; ü) nachgeahmt. So z. b. lit. giriü-
gyriau, skiriü-skyriau, spiriü-spyriau , duriü-düriau, kidii^
küliau. Vom praeteritum aus wurde dann der stosston in das
Partizipium und den infinitiv verschleppt
Ym. YerbalsubstantiTa.
§ 47. I. Nomina actionis, die in verschiedenen kasus als
infinitive, supina oder gerundia auftreten.
a) Formen von dem durch die ableitungssilbe erweiterten
1) Es läset sich nicht immer sicher entscheiden, ob dehnung von
tiefstufigen oder yollstufigen vokalen vorliegt. Im ersteren falle liegt
der unerweiterte stamm zugrunde, im letzteren der erweiterte.
102 Hans Reichelt
stamm, ai. yudhdye ^zu kämpfen', dat. zu ^iudh-ei-, ai. grhays
'zu greifen', aw. g9r9bqm 'festzuhalten' dat. und akk. zu ^gr^h-ei-,
aw. y9nqm 'zu töten', akk. zu *ghvn-ei-. Bartholomae KZ.
29, 588, 6rd. d. Iran. phil. 1, § 255, 2, c stellt aw. g^rabqm,
yanqm zu den feminen a-stämmen; ich möchte jedoch wegen
ai. grdhi, grbhi- in aw. gdrdbqm den akk. eines -^/-Stammes,
der wie aw. hi&qm, gr. ^'^v gebildet ist, sehen. Ferner idg.
*yiide'' in lat vids-bam, ksl. vide-ach^ u. s. w. Vgl. Lindsay
Lat. gr. s. 563.
b) Formen von dem erweiterten stamm mit dem suffix
*-teu', *-tei'. Die akzentverhältnisse sind noch nicht aufge-
klärt. Wahrscheinlich ist ursprünglich, das suffix betont ge-
wesen und standen wurzel- sowie ableitungssilbe in der tief-
stufe: ai. giritum 'zu verschlingen'. Vgl. § 41.
a) Die Wurzelsilbe ist vollstufig.
ai. carüum 'zu bewegen' neben ai. caritäh; ai. Janitöh 'zu
erzeugen', lat. gentium; ai. taritum *zu übersetzen', (lat. tritum);
ai. püritum 'zu füllen', (lat. impletutn); ai. pdtäum 'zu fallen'
neben ai. patüäh; ai. vdmüum 'zu erbrechen', lat votnitum;
ai. vedüum 'zu erkennen' neben ai. vidüvä, vidüdh; ai. var~
titum 'zu wenden'; ai. göcüum 'zu leuchten'; ai. röcüutn 'zu
scheinen' neben ai. rucüdh.
ß) Die ableitungssilbe erscheint in der dehnstufe, die
Wurzelsilbe ist tiefstufig, lat. im-plBtum 'anzufüllen' neben ai.
püritum; lat. cretum 'zu scheiden' neben ai. garitöh; lit. mineti
'erwähnen', ksl. mhnEti 'meinen' ; lit. budeti, ksl. bhdBti 'wachen' ;
ksl. vrhteti 'wenden, kehren' neben ai. vartitum; ksl. threti
'reiben' neben ai. taritum; ksl. zbrBti 'fressen' neben ai. girüum.
Mit hochstufiger Wurzelsilbe: lit. geni^i 'äste abhauen' neben
ai. hanäum; ksl. veleti 'befehlen' neben ai. varltum.
y) Die ableitungssilbe hat die tiefstufengestalt i; die
Wurzelsilbe ist meist tiefstufig, ai. grdkUum 'zu greifen' neben
ai. gj-hftdh; ai. varitum 'zu wählen', lit. wSlt/ti 'wünschen'; lat.
petUum, cubUum, trUum,
Formen vom unerweiterten stamm: ai. gäntum 'zu gehen',
lat. ventum, lit. ginttu 'geboren zu werden', ai. gdntuh 'weg',
lat. adventus; ai. m^ntum 'zu denken', lit. mifitu 'zu gedenken'
— ai. mdntuk 'rat'; ai. yöddhum 'zu kämpfen', lat. iusBum —
lat. itissus 'befehl'; ai. oeUum 'zu wissen' (neben vedüum), lat.
Beitxäge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 103
Visum — lat vtsus 'blick', air. fiss * wissen'; ai. tantum 'zu
strecken', lat. tentum; ai. sattum 'zu sitzen', lat. sesstim; lat.
versum, vorsum, lit. vefsii 'umkehren' — lat. versus 'Wendung';
ai. hdntum 'zu schlagen' (neben ai. hanitum), lit. giiUu 'zu
jagen'; lit. mifiH 'gedenken' — ai. maUh 'denken' usw. vgl.
Brugmann Grd. 2, s. 277 flf. (-ti- in primären abstrakta). Wegen
der lit. infinitive mit stosston wie girti 'trinken', vSmti 'sich er-
brechen', virti 'auf oder zu tun', kiUi 'heben', skMti 'spalten',
dirti 'schinden', sptrti 'mit dem fusse stossen', skirti 'schneiden'
u. a. s. § 46.
§ 48. II. Die mit dem suffix -tBr und -trom (-dhram)
gebildeten nomina agentis und actionis.
a) Die Wurzelsilbe ist tiefstufig, die ableitungssilbe erscheint
in der dehnstufe: gr. ^iJt(oq 'redner' : lit. reju; lat. irip-pUtar;
gr. nXrj^QOv (eldog fihQov Hesych). Wegen ai. jfläUl 'kenner',
gr. yv(a(a)Ti^Q 'zeuge', lat. nötor, ksl. zna-teh 'wissender' s. Bei-
träge II.
ß) Die Wurzelsilbe ist meist voUstufig, das ableitungssuffix
erscheint in der tiefstufengestalt -f-:
ai. janitd 'erzeuger', janüram 'geburtstätte', lat. genüor i) ;
ai. veditä 'kenner'; ai. prortaritd 'förderer'; ai. grdbhftä 'er-
greifer', pratigrahUd 'empfänger' ; ai. dhavüram 'wedel, fächer' :
dhuniyat; ai. carüram 'fuss'; lat. molüor; ai. tarutd 'über-
winder', 4drutraJi 'hinüberschafifend' nach tarutS; [ai. manötä*)
'ersinner' nach manuif\.
Formen vom unerweiterten stamm:
ai. veiiä 'kenner', gr. Xarwq^ tarwQ 'wissender, zeuge', lat.
visoTy in-msor, ksl. sb-vestelh 'mitwisser, zeuge', ai. böddhä 'wer
etwas versteht, kennt', gr. nevan^Qiog 'fragend, forschend', ksl.
bljusteh 'Wächter'; ai. hantd 'wer schlägt', aw. janta 'erleger,
tödter', ksl. z^teh 'Schnitter'; ai. gäntä 'wer geht kommt', gr.
ßarr^' ßaivwv (Hesych), lat. Hn-ventor^; ai. sdttä 'wer sitzt',
1) Das i («) von gr. y«y-«-Ti}^, riQ-i^TQov, lat. ter-e-hra^ gr. Kfi-i-TOf
UBW. ist durch mischung der abgeleiteten «i'-yerba mit den primitiven
(themavokalischen) zu erklären. Vgl. Gartias Verb. I 370 ff. und Ost-
hoff D. verb. i. d. nominalkomp. 184. Gr. yivarriQ : ai. jdnat%\ gr. riqt'
TQov : ai. tdrat%\ gr. tfietog : ai. vämati.
2) Dieselbe bildung wie ai. manötä aus ^meneK-Ur- ist lat. ertbrumf
air. criathar 'sieb' aus ^krei-tro- : gr. xtfQfo, lat. erd'Vi. Vielleicht ge-
hört dazu ahd. (hjritara f., mhd. rUer 'reiter, sieb'.
104 Hans Reichelt
lat. adsessar, aw. aiwi-iasia ^wer sitzt'; ai. yöddhä 'kämpfer',
lat. iussor (KeisvtiJQ gloss. phil.); ai. mantd 'denker', gr. Mev-
twQf lat. com-mentor, ai. mäntrah, aw. mq&rö ^sprach'; ai.
tdniram 'Webstuhl', lit. HfMas 'netz'; gr. diQVQov 'dannfelP;
gr. tigi^QOv 'ende, spitze' ; gr. ßd^qov 'stufe, schwelle, sitz ; lat
spectrtsm 'bild'.
§ 49. III. Die mit dem suffix -men- gebildeten nomina
aktionis, meist neutra.
ä) Die Wurzelsilbe ist tiefstufig, die ableitungssilbe erscheint
in der dehnstufe, gr. ßl^fia *wurf, schuss' : ai. gläti; gr. ^^jua
^ausspruch' : lit. riju; gr. fivijfia ^denkzeichen' : ai. mnäti,
ß) Die Wurzelsilbe ist vollstufig, die ableitungssilbe er-
scheint in der tiefstufengestalt -!-.
ai. jdnima 'gehurt' : ai. jdyaiS; ai. pdrima 'fülle' : ai.
präsi; ai. därima 'Zerstörung' : ai. dpny&t. Formen vom un-
erweiterten stamm: gr. ÜQ^ia 'abgezogene haut' neben ai. ddH-
ma; ai. vdrtma 'bahn, spur', ksl. vrsm^ 'zeit' aus *vertm^ : ksl.
VThtiai ; ai. sddma 'sitz' ; ai. jdnma 'gehurt' neben ai. jdnima,
Infinitiv ai. vidmdnS 'zu erkennen', lesb. Xdfievai 'zu wissen'.
IX. Die komparatiye auf -^ios.
§ 50. H. Hirt IF. 12, 200 ff. hat dadurch, dass er das f
dieser komparativbildungen mit dem I der ai. 56/-basen und
weiter mit dem B der übrigen sprachen in Zusammenhang
brachte, der forschung den richtigen weg gezeigt Das J kann,
wie die beispiele beweisen, nichts anderes sein, als die tief-
stufenform unseres Suffixes, und der umstand, dass daneben
nirgends I erscheint, weist darauf hin, dass es ursprünglich
betont und dehnstufig war. Eis lässt sich allerdings nur eine
einzige solche ursprüngliche form anführen: ai. präyah 'meist',
lat *pli-i&s in f^eores (F. Sommer IF. 11, 51) : ai. prnäH,
lat pleo. (Die slav. komparative auf 'Sjbs, die Streitberg PBrB.
16, 266 aus "^Bjes erklärt hat, sind wahrscheinlich sekundäre
bildungen und von adverbien auf -€ abgeleitet (Brugmann, Grd.
2, 410), kommen also schwerlich in betracht).
Wenn man aber die bedeutong der hierher gehörigen ai.
komparative berücksichtigt, kann die annähme der Ursprung-
Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 105
liehen betonung des ableitungssuffixes nicht befremden: ai. ta-
riyän Meicht durchdringend' : *tr(r)'Sx' 'durchdringen'; ai.
yö'dhlyän 'besser kämpfend' : ^iudh-ei- 'kämpfen'; ai. v^dfyän
'besser kennend' : *)fiä-^j^- usw. Diese komparative haben
partizipialbedeutung und sind direkt aus dem verbalstamm ^)
gebildet. Es scheint, als lägen in ai. dari-, däri- 'spaltend',
gibhi- *in sich fassend', -^adi" 'sitzend', fiicf- 'strahlend' korre-
spondirende positivbildungen vor, und als wäre ai. ni^diyan
'näher, mehr dabei sitzend' (aus idg. *ne-zd', aw. nazdyah-
und nazdütor Uhlenbeck Et. wb. d. ai. spr. löO) der regel-
rechte komparativ zu [pathiJ^Adi- '[am weg] sitzend'.
ai. tärlyan 'leicht durchdringend' : (ai. tiryati) gr. TiTQfjfii^
ahd. drau.
ai. v^diyän 'besser kennend' : lat. videö, got. tmtan, ksl.
videti.
ai. yödhiyän 'besser kämpfend' : lat. jubeö.
ai. variyän 'vorzüglicher' : ai. vptdti, ksl. veUti.
ai. haniyän 'besser schlagend' : gr. d^eivw, lit geneti,
ai. tanlyan 'sich mehr streckend' : gr. retVco, lat. tenEre.
Anstatt ai. vediyän wäre also *viddyan zu erwarten. Der
akzent von vediyän und die reduktion des dehnstufigen ablei-
tungssuffixes findet in der komposition seine erkULrung. Die
komponirten komparative ziehen den akzent soweit als möglich
zurück. In sämmtlichen bekannten fällen ist die erste silbe
des Vordergliedes auch die tonsilbe. Reuter KZ. 31, 579.
vgl. viklsdiyän 'mehr feuchtend', präticyavlyan 'sich mehr
herandrängend', üdyamiyän 'mehr in die höhe hebend'.
Solche in der komposition entstandene formen fanden dann
auch ausserhalb derselben ihre Verbreitung und verdrängten
schliesslich die ursprünglichen formen vollends.
1) Vgl. näbhas tdrxyan 'die wölke leicht durchdringend', Vftrdm
häni^thah *der beste Schläger des Vritra'. Es finden sich auch falle, wo
der Wurzel eine praeposition vorgesetzt ist: dgami^tha, 'aufs beste her-
beikommend'. Vgl. Whitney Ai. gr. § 468.
106 C. Hentze
Der imperativische inflnitiv in den homerischen
gedichten.
Der bedeutuDgsunterschied zwischen dem imperativ und
dem imperativischen infinitiv im Griechischen ist auffallend
spät erkannt und klar gestellt. Zwar hatte Delbrück bereits
in seiner dissertation de infioitivo Graeco, Halle 1863, in dem
gebrauch der Odyssee einen unterschied zwischen beiden formen
gefunden und dahin bestimmt, dass der imperativische inf. von
handluDgen der entfernteren Zukunft stehe, der imperativ da-
gegen von unmittelbar oder doch in der nächsten zukunft zu
vollziehenden handlungen. Dass dieser unterschied sich nicht
auf den gebrauch der Odyssee beschränkt, sondern in gleicher
weise in der Ilias sich zeigt, beobachtete dann Gaedicke (Der
accusativ im Veda, Breslau 1880), aber erst Rieh. Wagner
unterzog in dem Schweriner programm 1891 (der gebrauch des
imperativischen infinitivs im Griechischen) den gebrauch in den
homerischen gedichten einer gründlichen Untersuchung. Das
hauptergebniss dieser ist, dass der imperat. inf. bei Homer
seiner bedeutung nach ein futurischer imperativ ist. Hinsicht-
lich des gebrauchs aber wird festgestellt, dass er in Vorschriften,
die für alle zukunft und alle fälle gültig sind, selten ist, doch
für die zweite person ohne konkurrenz des Imperativs, dagegen
besonders in Vorschriften, befehlen, mahnungen, Warnungen ver-
wendet wird, die sich auf einen einzelnen, nach verlauf einiger
zeit (zuweilen nur eventuell) eintretenden &11 beziehen und deren
ausführung häufig mit einem Ortswechsel verbunden ist; selten
endlich unter zurücktreten seiner futurischen bedeutung zur
bezeichnung eines energischen befehls oder dringenden Wunsches
gebraucht wird. Diese ergebnisse hat Delbrück Vergl. Syntax U
p. 454 ff. im wesentlichen anerkannt. Nach ihm ist der griech.
inf. genau in die bedeutungssphäre des imperativs auf töd ein-
gerückt und bezeichnet, wie dieser, etwas, was erst in einem
augenblick der entfernteren zukunft geschehen soll. Aehnlich
bemerkt Brugmann Griech. gramra. * p. 517, dass der inf. in
die bedeutungssphäre der imperativformen auf -tw -ad-w u. s. w.
einrückte, die ursprünglich bedeuteten, dass einer aufforderung
erst in der zukunft nach einem gewissen Zeitpunkt nachge-
kommen werden solle.
Der Imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 107
Indess sind durch die so verdienstvolle Untersuchung
Wagners nicht alle fragen erledigt. So bedarf namentlich die
bereits von Delbrück a. o. II p.' 456 bestrittene annähme, dass
der imperativische inf. in einzelvorschriften bei geringerer deut-
lichkeit der futurischen beziehung von dem konkurrierenden
imperativ sich durch eine grössere intensität und einen gewicht-
voUereu charakter unterscheide, und überhaupt das verhältniss
des gebrauchs beider formen noch einer näheren Untersuchung.
Sodann ist die von Wagner verneinte frage, ob innerhalb der
periode, welche die homerischen gedichte umfassen, eine ent-
wicklung des gebrauchs in einer bestimmten richtung sich ver-
folgen lässt, noch einmal aufzunehmen. Endlich werden sich
noch weitere spuren von dem gebrauch des imperat. inf. 3.
person verfolgen lassen, als die bekannten spärlichen beispiele
bei Homer zunächst ergeben.
Wir wenden uns zunächst zu dem ganz überwiegenden
Gebrauch des imperativischen infinitivs der
2. person.
Die futui'ische bedeutung ergiebt sich vornehmlich aus den
zahlreichen beispielen, in welchen der imperat. inf. im nach-
satze eines futurischen temporal- oder konditionalsatzes oder
konditionalen relativsatzes steht, oder mit der konstruktion von
itQiv mit inf. verbunden ist. Wagner zählt in den hieher ge-
hörigen beispielen im ganzen 67 imperat. infinitive (II. 28, Od.
39); ich zähle einige mehr, im ganzen 78 (IL 32, Od. 46) i).
Imperativ, infinitive 2. person finden sich überhaupt in den
homerischen gedichten nach Wagners Zählung 199 (IL 76, Od.
123), so dass die mit futurischen nebensätzen verbundenen über
ein drittel der gesamtzabl ausmachen.
1) Es geht ein nebensatz voran im conjanctiv, mit int^v O 148.
n 454. a 294. «T 416. € S49f. (2). C 298 (2). » 527 f. (2). k 121. o 87 f.
(4). a 270. / 443; imt xi I 708 (2). Y 837. * 535; ot* av H 460
(2); ot% Xi (T 422 (3); onov' av 4» 341. x 511 (2). C 304; onors x€ z# 42
(2). X 295. l 132 (2). v 166. 158. n 285 296; otpQ' av xt C 261; at xi E
130. 261 ff. (8). T 147 (2). * 504. iff79]€txiE 182. / 279. 281. /T 89.
92. « 291 (8). /i 164. q 83. ei /^iv xe — ei Si xe | 895 ff. (2); el KM7\
rflf ne^ xal n 277 f. (2). Der nebensatz folgt nach : mit ^ntiv n 95 (2) ;
oT av z# 53; 5« xe Y 335. n 287. r %, al xe Sl 592. fx 49. Ein hypo-
thetischer relativsatz geht voran / 288. o 316. a 286 , folgt nach W 246 ff.
Ein negativer imperat inf. neben n^Cv mit inf. U 839 ff. 4> 294 ff,
X 536 f.
108 C. Hentze
Oleichwerthig mit futurischen konditional- oder temporal-
sätzen sind participia des aorists, wie J7 87 h, vriwv iXdaag
Uvai naXiv, B 91 0 296 f, tt 132 f. 283 flf. Oft gehen dem
imperativischen infinitiv auch hauptsätze im fut. voraus, in
denen ein Vorgang als zukünftig eintretend gesetzt wird, der
für die im inf. geforderte handlung die Voraussetzung bildet,
wie X 296 ff. rj de a vfcodßiaaaa xekrjaevai evvtfj-^vai' h^Q-a
av fitixer* sneiv aTtavfjvaad^ai d'sov svvqv %tX, ^), Nicht
selten aber ist die in der zukunft liegende Voraussetzung für
die im inf. geforderte handlung gar nicht angegeben, aber aus
dem zusammenhange leicht zu entnehmen: aus vorhergehenden
futurischen nebensätzen X 259 (aus 256). % 173 ff. (aus 167).
K 65 (aus 63). y 327 vgl. 325 f.; aus vorbereitenden Sätzen
mit lokalangaben V 334 — 343 (wenn du dem beschriebenen
ziel dich genähert hast), o 33 f. Sonst V 83 vgl. 80 f. (sinn :
ordne an, dass nach deinem tode unsere gebeine vereinigt
werden). Ein Ortswechsel, welcher der geforderten handlung
vorausgehen muss, wird ohne weiteres vorausgesetzt: / 369
(wenn ihr in Agamemnons zeit zurückgekehrt seid). H 501 f.
(wenn ihr nach hause gekommen seid), d 408 f. (wenn du zu
deinen gefährten zurückgekehrt bist). £ 29 f. X 441 — 43 (wenn
du nach hause gekommen bist). X 455 f. (wenn du auf der
fahrt nach hause bist), v 307 — 10 (vgl. 306 dofioig evi). O
500 f. {fie% äd'avaToiac ^aolai d. i. *im saale des Zeus') *).
An manchen stellen wird die im inf. geforderte handlung
durch beigefügte zeitadverbia ausdrücklich in die zukunft ge-
rückt: durch cTteiTa^ wobei die zunächst vorzunehmende hand-
lung theils vorangeht: V 245 — 248 [ausdrücklich mit vvv be-
zeichnet X 437 — 439, wo yuxd-aiQeiv aber wahrscheinlich im-
1) Die beispiele gehören bis auf eins nur der Odyssee an. An der
spitze des parataktischen naohsatzes steht ^rj tot* t^mira x 529 ff., auf-
forderndes dXXd fi 39 ff. 101—109- 121--124. (p 232 ff., ein persönliches
pronomen als subjekt des inf. mit Si B 73—76. S 417--19. l 248—50.
n 283—85 und 295, nur di y 325—27, asyndetisch V' 362—365. Dem
futurischen satze sind Ortsbeschreibungen oder undere angaben ange-
schlossen, welche an der spitze des naohsatzes mit localem tv^a aufge-
nommen werden: C 291—95. v 407—11, ähnlich » 512—521. X 69—78,
auch C 304—10.
2) Hierher würde auch B 806 gehören, wenn mit Düntzer nach
dem vorschlage von Heyne an stelle des handschriftlich überlieferten
lli\yttü^(a zu schreiben wäre l^^cttf^»: 'du führe jene (die Troer)'.
Der imperatiyische Infinitiv in den homerischen gedichten. 109
perat. inf. 3. person ist], theils nachfolgt, mit vvv di T 147 f.
l 250 f., ohne verbum mit lye nat avrixa vvv V 551 f., einmal
durch dsmsQov avre nach vvv W 602 — 605; durch ^c59ev nach
vorhergehendem imperativ q 599 f. r 317 — 320, Sfi ^ol q)ai-
vofi€vrjq>iv t] 222 (nach Aristarchs lesart OTQvvea&aiy Zenodot:
oTQvvead^e). Vgl. auch / 705 — 9.
Als futurisch erweist sich der imperat. inf. auch ohne tem-
porales adverb, wenn zwei aufforderungen einander folgen, von
denen die erste im imperativ, die zweite im infinitiv steht. Der
vorangestellte imperativ enthält mehrfach die bezeichnung eines
Ortswechsels: ^ 322 f. eQxsa&ov ychairiv nrjXriiddeü} ^AxiXfjog'
%Biqdq klovT dyifißv Bgcarilda, B SS, ßdax l&i — d-odg irtl
vijag *A%tiLiiav* ek&(ov ig nXiaitjv ^u^yafiifivovog — ayogsvifiev,
O 158 f. 1). Anschluss des inf. mit di J 101 y 17—19 vgl.
323 — 327. Selten wird bei imperat. inf, der Ortswechsel durch
das participium eines verbums der bewegung bezeichnet, wie
P 691 f. dl^ av y oHxf) l^x^i^^ &iiav irtl vijag ^u^xaidSv eU
Ttelv und o 543 f., oder durch eine locale bestimmung beim
verbum angedeutet, wie T 194 dwQa ifirjg rtaqct vrjog evet,"
xifiev. Ein zwischen beiden handlungen liegender Ortswechsel
ist nicht bezeichnet o 151 f. xalqEtovj ä xovqw xal Niatogc
Ttoifievi kadßv BiTtüvy wo xaiQBiv zu ergänzen ist, ^auch
Nestor sagt meinen gruss' (wenn ihr zu ihm gekommen seid).
Ebenso O 229 f. dXXa ovy iv %e/^€(7(7t Xd^ aiyida d-vaa-
voeaaav t^v fxd)! iTtiaaelwv q>oßieiv *u4.x'^^ovg' Apollo soll so-
gleich (noch auf dem Ida, wo er mit Zeus sich befindet) die
aegis ergreifen und, wenn er auf das Schlachtfeld gekommen,
sie schwingen. — Es kommt noch ein beispiel in betracht, in
welchem die lesart nicht feststeht: ^140 ff. vfieig fisv vvv övre
&aldaafjg evgea mXuov oxpoptsvai re yigov^ aXiov — xa/ oi
1) Noch würde hieher gehören ui 611 dlV t&i — Ni€ttoQ^ Hquo,
wenn die anstössige form I^m> mit v. Leeawen-Mendes da Costa duroh
iQäa&M oder mit Brandreth dnrch i^ad^ai zu ersetzen wäre. — Be-
merkenswerth ist auch die zu JV466 oJlJl' l^nev, *AXxad^ip inafivvofiiv im
Vind. 6 sich findende Variante ina/iw^/iev, far welche spricht, dass im
folgenden der von Deiphobos hier aufgeforderte Aineias allein gegen
Idomeneas, der Alkathoos erlegt hat, vorgeht and v. 490 Deiphobos zu
hülfe mft. Aristarch wird den inf. yerworfen haben, weil an hnv
'komm mit' sich nie ein imperativ oder inf. schliesst, sondern entweder
ein adhortativer ooig. oder ein absichtssatz.
HO C. Hentze
nav% dyoQsvaai, wo die handschriften dyoQevaav^ geben, wäh-
rend Zenodot dyoQevaai las, worüber Didymos bemerkt: xat
vftoq>alvei to ^OfitjQixdv i'd'og: Ludwich Ar. H. T. I p. 429.
Gleichwohl sind nur Bekker, Nauck und Fick Zenodot gefolgt.
Nun stossen wir aber auf eine reihe von beispielen, in
welchen der Wechsel von imperativ und infinitiv nicht ohne
weiteres verständlich ist, theils weil die bezeichneten hand-
lungen ohne Ortswechsel in unmittelbarer folge einander auf-
nehmen oder weil sie von der betrachteten reihe sonst in auf-
fallender weise abweichen. Zunächst zwei beispiele, in welchen
dem imperativ eines verbums der bewegung nicht der imperat.
inf. folgt, sondern zunächst ein zweiter imperativ und dann erst
der infinitiv: Z 209 flf. dlXä av fiiv nqbg yr]dv ^Ad-rpfair}q —
eQ%BO — TtinXov de — tov d'ig ^^dTjvairjg ifti yovvaaiv — xa/
Ol vnoa%ia9cii . ., wo man 9Bivai an stelle von %dv 9ig er-
warten sollte, umsomehr, als in der vorläge v. 92 9eivai steht,
und X 402 flf. eqx^o vvv irtl vija 9orjv — vria pth aq TtdfiTCQia^
TOV iQvaaare i^rtsiQovde, utrlfiora d* iv arctjeaac fteldaaate —
avTog d' atfj iivai xat ayeiv iQitiqag ktaigovg ^). Hier ist aber
in bezug auf den anschluss eines zweiten imperativs an den
imperativ eines verbums der bewegung sofort festzustellen, dass
dieses der regelmässige gebrauch ist, dem gegenüber die wenigen
beispiele, in welchen an stelle des zweiten imperativs der im-
perativ, inf. folgt, nur als ausnahmen erscheinen. Und zwar
schliesst sich einem eQxso oder i&v ein zweiter imperativ nicht
nur dann an, wenn jene ohne Ortsangabe wie eine art verschlag
diesem vorausgeschickt sind, so dass sie sich der bedeutung
einer auflfbrderungspartikel nähern, sondern auch da, wo in-
folge der hinzugefügten Ortsbestimmungen die Vorstellung ge-
geben ist, dass eine längere oder kürzere zeit verlaufen wird,
ehe die zweite handlung ausgeführt werden kann *). Diese
1) Wäre die von Eirchhoff d. hom. Od. p. 219 and Fick über
V. 408 f. ausgesprochene athetese beg^ndet und schriebe man nach
aussoheidang dieser beiden verse statt avrof 405, sei es mit Eirchhoff
xil&Bv^ sei es mit Fick av&is, so wäre das verhältniss von ^^jjffo und
Uvai das gleiche, wie in den oben angefahrten beispielen.
2) Ich gebe eine vollständige Übersicht des gebrauchs. Nach l(V^fo
{iQX^^^^) ^olgt ein zweiter imperativ : asyndetisch M 34S. x 820. 402 f.
n 130 f. Q 508. 529. 544, mit ^i Z 269 f. r 28ff. a 314 ff. {[leriQx^o
Z 86), mit xaC I 649. O 54; nach il&4 mit xa£ i2 112f. a 284, nach
ifaik&i mit xa£ Z 354; Hd^m mit ^i «i 214 f., nach id^i asyndetisch B
Der imperativische infinitiy in den homerischen gedichten. 111
heohachtung, sowie die andere, dass auch da, wo ein Orts-
wechsel durch das participium eines verbums der bewegung
mit oder ohne Ortsangabe angezeigt ist, der imperativ, und
nicht der infinitiv, regelmässig gebraucht wird (nur zwei aus-
nahmen sind p. 109 bemerkt), ergiebt, dass der Ortswechsel,
durch den die zweite handlung in die Zukunft gerückt wird,
jedenfalls für die wähl der imperativischen form nicht das ent-
scheidende oder wenigstens nicht das allein entscheidende mo-
ment ist. In den beiden in frage stehenden beispielen sind
also die beiden zunächst vorzunehmenden handlungen als eng
zusammengehörig in derselben form des imperativs gefordert,
die weiter hinzukommende aber durch eine andere form davon
gesondert Dafür wird in x 402 fif. massgebend gewesen sein,
dass die rückkehr des Odysseus erst nach abschluss der vor-
hergehenden handlung (der bergung des schiffes und der guter)
eintritt, wofür die beispiele 11 451 — 454 und O 531 — 535 zu
vergleichen sind, in denen vor dem imperat. inf. durch einen
futurischen temporalsatz ausdrücklich der abschluss eines bei
dem vorhergehenden imperativ bezeichneten Vorgangs angezeigt
wird. Dagegen ist in Z 269 ff. kein grund ersichtlich, weshalb
die unmittelbar zusammengehörigen handlungen der weihung
des gewandes und der zusage eines opfers durch verschiedene
imperativformen bezeichnet sind; man möchte vermuthen, dass
fär die wähl des inf. die vorläge Z 93 bestimmend gewesen,
obwohl diese vorläge in v. 273 {d-ig statt d-eivai 92) verlassen
ist. Aber auch sonst ist der Wechsel von imperativ und Infini-
tiv nicht überall verständlich. In F 458 f. freilich, wo die
handschriften mit Axistarch geben: viieis S* ^u^oyelriv ^EUvi^v
%ai %%rjiia9^ oifi avvfj Ixdor«, xai Tifitiv anonvifAsv (Zenodot:
aTtavlverov irrig als pluralform gefasst), können Ahrens und
la Roche (Hom. unters. II p. 74) recht haben mit der ver-
16Sff. 179 ff. X lß7f. r482. JT 68. 176 f. ui 611. TUlt, mit ««/
V 646. tf 171 ; nach ßaax t^i asyndetiseh 9 399. ui 186. Sl 144 f., mit
xal auch Sl 836 f., nach ^|»r£ mit cf/ ß 189. — Ein Ortswechsel wird
beim imperativ daroh das participium eines verbums der bewegung mit
oder ohne Ortsangabe angezeigt: durch twv A 179 f. Z490f. » a 866 f.
» 9 360 f. / 421 f. 2 198. SL 704. ß 178. 288 f. ^ 142. ^ 184. ff 408;
durch xuav N 294; durch ll^w A 394. ^ 38 f., iM&ovn {res) tp 90.
X 376, iiail&tav Sl 466 f.; «vaßäaa (f 761 f. V' 364 f. ^iw x 106; na^-
iS/ievof V 884; (pi^w ^ 846, ayw A 828 ff.
112 C. Hentze
muthang, dass die ursprüngliche lesart anoTlvere wegen des
Hiats korrigiert sei, (v. Leeuwen-Mendes da Costa haben so ge-
schrieben). In 8 162 f. femer: dXi! aye dovQava ficmQa rafitov
aqiiotßo %akyLfp avQsiav axedltiv ätäq YnQca Tt^^ai in avtrjg
ist die erklärung Wagners (p. 23), welcher nfj^ai als imperat.
inf. aor. I act fasst, ^weil die befestigung der Xmqia erst ge-
schehen konnte, wenn das floss im übrigen fertig war' annehm-
bar (indess bleibt auch die möglichkeit die form als imperat.
aor. I med. zu fassen; einige handschr. bieten nrj^ov). Diese
erklärung ist aber nicht anwendbar auf das beispiel X 339 fif.
fiT^ fis Sa Tcaga vtjvai xvvceg KOtaddtpai lAxaiiSvy äXXa av fiiv
Xctlxov T8 aXig xqvaov tb dide^o dwQaf td toi ötSaovai na%rfi
aal TCOTvia fujTtjQy awpta de ovxai* ifiöv ödfisvai ftdXiv. Denn
empfang (oder annähme?) des lösegeldes und auslieferung der
leiche sind zwei so unmittelbar zusammengehörige handlungen,
dass ein Wechsel der imperativformen zu dem zweck, genau zu
bezeichnen, dass die zweite erst nach abschluss der ersten er-
folgen solle, durchaus nicht zu erwarten ist. Dazu kommt das
andere bedenken, dass beide handlungen der zukunft ange-
hören und zur Voraussetzung haben, dass die leiche in das
lager gebracht und ein lösegeld angeboten ist, daher nicht
diöe^o, sondern dix^a&ai zu erwarten wäre ^). Aber diese Vor-
aussetzung gilt auch schon für die erste bitte in 339, wo sie
auch in der Ortsbestimmung rcaga vtjvai deutlich enthalten und
trotzdem nicht der futur. inf. iii] fie iäaai^ sondern der impe-
rativ fi^ fi€ sa gesetzt ist. Hier bietet sich nun ein neuer ge-
sichtspunkt, von dem aus eine reihe von beispielen zu beur-
theilen sind, -in welchen handlungen, welche unter der Voraus-
setzung, dass eine andere vorhergegangen ist, erst in der Zu-
kunft zu vollziehen sind, doch nicht im infinitiv, sondern im
imperativ gefordert werden. Der grund ist hier, dass Hektor
die von Achill 335 f. ausgesprochene absieht seine leiche hunden
und vögeln preiszugeben abwehrt: iirj /u« lix ist dem sinne
nach : gieb die absieht auf, und dem entsprechend ist auch bei
1) 6ix^a9m bietet die handsohr. H. (Vindob. 117) bei la Roche
statt diSt^o und darin vermuthet Delbrück Vergl. synt. II p. 191 die ar-
sprüngliohe lesart, aber deshalb, wie es scheint, weil er für das perf.
diS%Y(iai nur die bedeutungen 'standhalten' and 'warten aaf anerkennt.
Aber d^d^yfiivog A 124 wird doch nur heissen können 'empfangen
habend'.
Der imperatiYische infinitiy in den homerischen gedichten. 113
dem positiven gegensatz dXXa — dide^o nicht daran gedacht,
dass die ausfuhrung der handlung der znkunft angehört, son-
dern die bitte geht auf eine von Achill augenblicklich abzu-
gebende erklärung, dass er das in aussieht gestellte lösegeld
annehmen werde. Ein weiteres schlagendes beispiel für diesen
gebrauch des Imperativs ist Q 137 diX aye d^ Xvaov^ vskqoIo
de di^v aTtoiva^ wo es sich ebenfalls nicht um die sofortige
lösung der leiche handelt, sondern um den entschluss Achills
seine bisherige ablehnende haltung aufzugeben und eine dem
entsprechende erklärung. Aehnlich il 451 eaaov vgl. 458 S.
Von hieraus sind nun auch die beispiele zu verstehen, in denen
eine der geforderten handlung vorhergehende ausdrücklich im
part. aor. bezeichnet ist und doch nicht, wie in den p. 108
verzeichneten beispielen, der imperat inf., sondern der impe-
rativ zum ausdruck der forderung gewählt ist. In drei bei-
spielen spricht der redende im imperativ seine Zustimmung aus
zu einem vom angeredeten soeben ausgesprochenen anerbieten
oder entschluss, verknüpft damit aber die forderung, dass er
vor der in absieht genommenen handlung eine andere vollziehe,
die er im partic. aor. entweder dem imperativ folgen lässt:
Q 599 av d' e^eo deiekiijaag vgl. 593: *gehe, aber vespere zu-
vor', und a 171 ff. vgl. 164 f., oder vorausschickt: T 34ff.
dlld avy elg dyoQ^ xaliaag ^qühxq l^df^atov^, fiiiviv dnoamwv
— otlxpa iidK ig nclefiov ^wQtflaeo — 'rüste dich, aber berufe
zuvor' vgl. 23. (Vgl. auch x 106 mit 101). Nehmen wir dazu
fr 150 dild av / dyyeilag OTtlaw Kie 'sobald du die meidung
gemacht (im palast der Penelope), kehre zurück' (von der. Stadt
auf das gehöft), wo die aufforderung im gegensatz zu einem
anerbieten des Eumaios (137) ausgesprochen wird, so ergiebt
sich, dass im imperativ der wille des redenden mit bezug auf
den ausgesprochenen willen des andern entschiedener zum aus-
druck kommt, ohne rücksicht auf das temporale verhältniss der
geforderten handlung zur gegenwart des redenden, wogegen
dieses bei der wähl des imperat. inf. vorzugsweise in betracht
gezogen wird. In tt 150 ff. folgen dem imperativ sofort imperat
infinitive mit rücksicht darauf, dass die handlungen erst voll-
zogen werden können, nachdem Eumaios vom gehöfte sich in
die Stadt begeben hat.
In dem eben besprochenen beispiel befremdet freilich der
rasche Wechsel der Imperativformen, weil der positiven aufforde-
Baitrlg« i. kanito d. indg. apraeben. XXVII. 8
114 C. Hentze
rung zunächst eine negative ausfuhning folgt, die doch dieselbe
ausdrucksfonn zu verlangen scheint: oniaio xie, firjde "Kar'
dygovg nldCßod'ai fi€% ixelvov. Von dieser erscheinung finden
sich noch folgende beispiele: E 605 dXXd ngög T^uktg Terga/Ä'
fihoi aliv onlaao} aYxete, firjdi d'edig fieveaivifASv lq)i fiaxsad'ai
(wo nach Bentleys verschlag Christ und v. Leeuwen-M. wegen
des digammatischen anlauts von upc schreiben (levealveTe),
a 105 kvrav^di vvv rjao avag tb yLvvag x ditBqxjyuay^ (iiridi
av y€ ^eivdSv xai 7tT(ax(ov xoiqavog alvai XvyQog iiiv. In nicht
so enger Verbindung mit dem imperativ steht der inf. mit firjde
Q 277 el d* i&eXeig^ irti^ecvov^ iyat d^ elfii ftQOTtaQOi&sv' firjde
av dri&vvBLv. Nach dem gedankenverhältniss beider glieder ge-
hört hieher auch K 235 ff., wo im ersten gliede der imperativ
durch das futurum vertreten wird. Wagner p. 24 misst den
mit uridi eingeführten Infinitiven ein grösseres gewicht bei, als
den imperativen, und erkennt in E 606 und a 106 in denselben
für alle zukunft geltende verböte bezw. Warnungen. Diese auf-
fassung ist aber den übrigen beispielen gegenüber nicht haltbar.
Wirklich futurisch im verhältniss zu der im imperativ sofort
geforderten handlung ist die mit lArjöi im inf. bezeichnete nur
a 105 f. und q 211 i, (wenn ich hineingegangen bin), und
nur an der ersteren stelle geht die geltung der warnung über
die nächste zukunft hinaus. An den drei andern stellen da-
gegen bildet der infinitiv mit iirjöi die negative ausführung zu
dem vorhergehenden positiven imperativ. Ich weiss damit nur
beispiele zu vergleichen, wo einem positiven imperativ ein mit
firjdi angeschlossener optativ folgt, wie F 159 f. 406 f.: der
positiven aufforderung gegenüber mochte die abgelehnte mög-
lichkeit dem Sprachgefühl in eine gewisse ferne gerückt er-
scheinen, für welche dort der optativ des Wunsches oder der
Vorstellung, hier der infinitiv die passende ausdrucksform schien.
Dasselbe verhältniss zwischen imperativ und negiertem inf. würde
bestehen in B 163 — 165 und 179 — 181, wenn Naucks ver-
muthung (xri^ idav statt der Überlieferung /Ätidi ka die ur-
sprüngliche lesart herstellte, vgl. aber Ameis-Hentze Anhang
zur Dias 1» p. 120.
Die umgekehrte folge der geforderten handlungen, der art,
dass die später auszuführende im inf. vorangestellt, die früher
zu vollziehende nachgebracht wird, zeigen folgende beispiele:
k 248 ff. naqinXofiivov d* iviavwov ve^sig dyXad %iiff,va — av
Der imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 115
de Tovg xofihiv dTaklifisvai Te. vvv rf* SQX^ TtQog dStfia xat
XaxBo, In K 65 ff. hat avd^L fiivsiv zur Voraussetzung, dass
Menelaos vorher Idomeneus und Aias gerufen hat und mit
ihnen zu den wachen gegangen ist; das q>9iyy€o aber soll er
vorher, auf dem wege zu den genannten, ausführen. In O 231 ff.
ist der zuerst auszuführende auftrag, übereinstimmend mit
V. 221, eyecQe, nach welchem der vorher im inf. ertheilte (qpo-
ßieiv) ausgeführt wird. Vgl. indess Hentze Anhang zur II. 5*
p, 103 f.
Auffallend erscheint wieder der Wechsel der Imperativ-
formen, wenn ein im imperativ, inf. ertheilter auftrag durch
einen asyndetisch angeschlossenen imperativ ausgeführt wird:
B 8 — 11 ßdax Vd-t — Ttdvra fiaX^ dxQ&Uwq äyoQcvifuv^ (ig
iTcivellü)' d-wQij^al i yUleve . . . Aehnlich O 158 — 160. Ohne
zweifei war für die wähl des imperativ, inf. dyoQevifiev das
temporale verhältniss dieser handlung zu dem vorhergehenden
imperativ ßdax i&i bestimmend, dieses trat dann aber in den
gedanken des redenden zurück, weil durch wg irciTeUito wie
O 159 durch ndvza tdde der Wortlaut der auszurichtenden
botschafb angekündigt wird, den er jetzt vernehmen soll. An-
derer art ist e 342 ff., wo der imperativ, inf. dXJid fidX Jd'
eQ^ac .eine reihe von rathschlägen zusammenfassend einleitet,
die sich nicht nur auf die gegenwart, sondern zum theil auch
auf die zukunft beziehen, während der gleichen einleitenden
formel ^ 258 ff. nur anweisungen für die zukunft folgen.
Die futurische bedeutung des imperat. inf. ist überhaupt
und insbesondere in seinem verhältniss zum imperativ durch
ein reiches material zweifellos festgestellt; die nicht sehr zahl-
reichen beispiele, welche an stelle des zu erwartenden inf. den
imperativ zeigten, liessen sich meist befriedigend erklären. Es
sind nun einige stellen zu besprechen, in welchen eine futuri-
sche bedeutung des imperat. Infinitivs nicht annehmbar ist
Wagner macht für die erklärung dieser beispiele zum thdl
von seiner annähme gebrauch, dass dem inf. in einzelvor-
schriften bei geringerer deutlichkeit der futurischen beziehung
eine grössere intensität und ein gewichtvollerer Charakter eigen
sei, als dem imperativ. Allein die für diese annähme geltend
gemachten gründe: das grössere gewicht, das ihm schon die
längere form verleihe, und namentlich die beobachtung, dass
besonders gern göttliche wesen zu sterblichen in imperativ.
8*
116 C. flentzö
infinitiven sprechen, haben geringes gewicht. Der weitere ge-
sichtskreis, in dem sich der imperativ, inf. bewegt, und die
abhängigkeit der zukünftigen handlung von Voraussetzungen
verträgt sich nicht wohl mit der annähme einer grösseren in-
tensität der bedeutung. Erscheinungen, wie der mit /uijd^ ein-
geführte imperat. inf. nach vorhergehendem imperativ, begün-
stigen dieselbe auch nicht, vgl. p. 114.
Von einer sofort auszuführenden handlung steht der imperat.
inf. an folgenden stellen: 1) J Gif. av de d'äaaov ^Adrjvali]
iTtiTBilai . . .) vgl. 68 f. 2) auch in ^ 20, wo man nach
Wolf jetzt gewöhnlich liest : ndida d* ifioi kvaal ve (piXrjv za
% OTtoiva dix^adai, richtet sich die bitte des Ghryses auf die
sofortige losgabe der tochter — er hat das lösegeld bereits zur
stelle gebracht — , der gedanke an eine längere Zwischenzeit,
welche bis zur wirklichen lösung verlaufe, liegt ganz fern. 3)
€ 346 rij diy rode HQT^defivov vtvo ateqifoio zavvaaai. Vorher-
gehen imperative: 343, aX^axa xavx aTtodvg axedirjv avefiotai
q>iQ€ad'aL naXkiTve xtI. von sofort auszuführenden handlungen,
und das ablegen der kleider und anlegen des Schleiers folgen
so unmittelbar aufeinander (vgl. 373 avrUä)^ dass die Unter-
scheidung eines früher und später durch verschiedene Impera-
tivformen unwahrscheinlich ist. — In diesen drei beispielen
lässt sich der infinitiv allerdings leicht beseitigen. In no. 1
giebt Apollon. de synt. 78, 14 mit iTfitetlaL vielleicht die ur-
sprüngliche Schreibung. In no. 2 kann mit la Roche, Leaf,
Rzach der am besten (in ^ beglaubigte optativ kvaaiTs her-
gestellt werden, der als ausdruck einer bitte der stelle auch
wohl angemessen ist. Liest man dann aber weiter mit AD va
d* anotva {%d x ist konjektur) dix^ad-ai, so ist auch hier der
futur. imperativ auffallend, weil der empfang des bereit liegen-
den lösegeldes ein mit der rückgabe der Ghryseis eng verbun-
dener akt ist. Keine analogie bietet X 340 ff. vgl. p. 112, es
bleibt nur Z 273 f. zu vergleichen mit dem ebenfalls nicht
recht erklärlichen Wechsel von imperativ und inf. Sonst müsste
man sich für die von C gebotene lesart dixead'e entscheiden.
In no. 3 aber wird sich empfehlen den in einigen handschr.
gegebenen imper. aor. I med. rdwaoai in den text zu setzen,
dem auch la Roche zuneigt, freilich nur wegen der medialen
form. Nach dem imperativischen rij folgt sonst überall der
imperativ. — 4) In dem heroldsruf ^ 11£ dsvt iiye, OavijKwv
Der imperatiyische Infinitiv in den homerischen gedichten. 117
"^yi^Togeg tjdi /Aidovregf elg dyoQtpf iivai ist der imperab Inf.
nach öavTs abweichend von dem regelmässigen gebrauch, der
sonst nach devQOf devza nur den imperativ kennt. Möglich,
wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, ist, dass dsvT Uvat nach
analogie von Wendungen, wie OQoeo — Tcdhvd' i'/^sv ^ 255)
zusammengestellt und iivai inf. des zwecks wäre. — 5. ^ 582 f.
dkka ah zov y liti^ooi Tiad'dTtraadxxi fiakoKoiaiv' av%l% Bnatd'
Ikaoq ^Olvfimog eaaetai rjfiiv — ^). Ist die in der anmerkung
gegebene auffassung der stelle begründet, so enthält sie ein
nicht zu beseitigendes beispiel dafür, dass der imperativische
inf. von einer sofort auszuführenden handlung gebraucht ist.
Keinem zweifei dagegen unterliegt die futurische bedeutung
des imperat. inf. in folgenden beispielen: T 147 f. dcuga ^iv^
CLL % id'ilrjad'a^ Ttaqaaxifiev — ?y t i%i(Aev' rtaqa aoL vvv de
fivtiawf^ed'a %dq^rig alxpa fictXa: Achill weist Agamemnons aner-
bieten, sofort die geschenke holen zu lassen, schroff zurück.
Voraussetzung für den imperat. inf. ist die beendigung des
kampfes, wie der folgende gegensatz vvv di zeigt. Vgl. auch
p. 114f. — 'kp 364 f. sig vrtB^ dvaßSaa — ^ad'aif ^rjdi xiva
TtQozioaaeo iitj^ igieive: dass hier nach dem formelverse 364
statt des imperativs (d 752. q 50) der imperat. inf. folgt, er-
klärt sich daraus, dass Penelope, als Odysseus sie auffordert,
nicht, wie dort, im frauengemach oder im männersaal sich be-
findet, sondern im ehegemach im hinteren hofe, und zwar noch
im bette, also erst aufstehn, sich ankleiden und in das haus
gehen muss, ehe sie zum obergemach hinaufsteigen kann. Ganz
1) Wagner p. 24 nimmt an, dass der von Hephaistos seiner mutter
ertheilte rath nicht nur für den vorliegenden, sondern auch für alle zu-
künftigen falle gelte. Aber es gilt doch nur ein entweder — oder. Die
fallsetzung 580 f. ilniQ yttq x id-ikyaiv X)lvfinios dareQonfirrg H kSiwv
arvipiXC^at kann unmöglich allgemein gefasst werden, sondern ist nur
als unmittelbar drohende möglichkeit, die nach 678 f. und 687 f. vgl.
mit 566 f. nicht so fern liegt, an der stelle, cxvre 578 aber ist nicht:
'wieder einmal in zukunft, wie jetzt', denn zum daira ragaoaetv und
OTvif^lC^ak ist es noch nicht gekommen, sondern 'wieder, wie schon
früher', er denkt an 590 ff. Um der jetzt drohenden möglichkeit einer
Wiederholung vorzubeugen, soll Here Zeus mit freundlichen worten
nahen, nicht bloss, wie bisher (569), sich stumm dem willen des Zeus
beugen. Mit dieser mahnung kehrt Hephaistos zurück zu den worten
577 jUi/T^l S* iyd) TtaQdtprifn xif.
118 G. Hentze
unbegreiflich aber sind dann die folgenden imperative ^). — In
/u 56flF. hfd'a tot omir BTtuxa dirjvsKiwg ayogevoü)^ SftTtotiQij
dl] TOI 6 dbg eaaeraiy älla aal avTog dv/it^ ßovlsvetv igio) de
roi ä^<pov€Q(od'€v^ ist für den imperat. inf. Voraussetzung : wenn
ich dir beide wege beschrieben habe.
Den gebrauch des imperat. inf. in Vorschriften, die für
alle Zukunft und alle fälle gültig sind, bezeichnet Wagner
p. 25 als selten. Er führt p. 12 zunächst nur die vier beispiele
an: / 255 ffi ^ 788 f. A 441 ff. x 287 ff., es werden aber im
weiteren verlauf der Untersuchung in gleichem sinne noch sechs
beispiele erklärt: ^ 582. ß 305. er 106. tp 355 f., als allge-
meiner oder für eine längere dauer geltend E 606 und P 501.
Von diesen beispielen ist ^ 582 nach der oben gegebenen er-
klärung auszuscheiden. Allgemeine Vorschriften für die zukunft
enthalten die beispiele: \p 355 ff. nrrj^ara fxiv, vd ^oi eaxt,
xofÄi^fisv h fieyaQoiaiv ^) und ß 305; nahe stehen E 606 und
P 501, welche Vorschriften für die dauer des bevorstehenden
kampfes geben, und a 106. Es sind diesem gebrauch aber
noch folgende beispiele zuzuweisen, in denen Wagner die wähl
des imperat. inf. zum theil aus der vermeintlich intensiveren
kraft dieser form erklärt. An E 606 und P 501 reihen sich
an E 124 d'agaaiv vvVy Jio^ijdeg^ im Tqweaai fiaxBOd-ai und
0 347 vrivatv eTtiaaeveod'ai ^ iav (f ei^aga ßgotoevta 8). Eine
mahnung für alle zukunft enthält V 605 äevTegov av% oHea-
ad'tti af^eivovag ^rceQOfteveiv^ Vorschriften für eine längere dauer,
nach vorausgegangenem Ortswechsel v 307 ff. 411. o 33 f. xfj 365 f.
1) Die yerse geben auch sonst begründeten anstoss und sind von
Autenrieth in Ameis anhang zur Od. 4' p. 96 und von v. Leeuwen-
Mendes da Costa verworfen.
2) Wagner p. 20 bringt die Vorschrift an Penelope in nicht annehm-
baren Zusammenhang mit dem folgenden, wenn er erklärt: 'die obhut
der besitzthümer soll Penelope -^ erst dann und jedesmal dann über-
nehmen, wenn Od. auf einem raubzuge abwesend sein wird'. — Ver-
kennung der bedeutung des imperat. inf. liess Autenrieth im anhange
zu Ameis Od. 4' p. 96 einen unbegründeten Widerspruch zwischen
xofA^ifjiiv und 864 f. finden.
8) Die von Leaf aufgestellte und von y. Leeuwen-M. in den text
gesetzte vermuthung inuKtfvsad-^ {e), laeiv würde einen nicht verständ-
lichen Wechsel der imperativformen ergeben. — Fiok lässt die Infinitive
von ixMero 846 abhängen und erst mit 848 die direkte rede beginnen,
wofür J 802 f. und ^ 854 f. verglichen werden können.
Der imperativische infinitiv in den homerisclien gedichten.__119
und a 267 ff. (für die ganze daner der abwesenheit des Odys-
seus), mit bestimmter angäbe des endpunktes durch aiq 8 %e
mit conj. o 542 f., des anfangspunktes Y 337 f. So ergeben
sich im ganzen 19 beispiele von Vorschriften allgemeiner gel-
tung (H. 8, Od. 11), wovon aber für die Zukunft überhaupt
nur die sieben gelten: 1255 f. ^788 f. ^605. /? 305. A 441 ff.
X 287 ff. ip 355 ff.
Nach feststellung der futurischen bedeutung des imperat.
inf. lässt sich nun auch für einige beispiele, in welchen die
auffassung des inf. streitig war, eine sichere entscheidung ge-
winnen. So ergiebt sich für J 404 läxqHdrj^ f^fj xpsvde ijti-
ard^evog adq>a elTteiv als einzig richtige Verbindung ^rj ipevdeo^
irttaT, a. eift.^ und ist die andere fi^ ipeidea eiftBiv, ert, adg>a
(Faesi-Franke) unhaltbar. Ebenso findet die von mir im an-
hange zu Ameis Od. 33 p. 67 f. näher begründete Zurück-
weisung der von Aristarch und Nicanor vertretenen imperativi-
schen auffassung der nach ei (f i&eXeig folgenden infinitive in
Z 150. Y 213. <Z> 487. o 80 jetzt eine sichere bestätigung.
Denn der imperat. inf. findet sich nur nach futurischen be-
dingungssätzen , nach el mit ind. dagegen steht der imperativ,
insbesondere nach el d* id-iletg T 142. 7t 82. q 277. Andrer-
seits müssen jetzt die von Gauer durch veränderte interpunktion
a 61 f. ^eiv^ ei a otqvvet ugadlr] xat dvf^ög äyijvoQ^ xövrov
dU^aa9ai und (nach Doederlein und Bergk) % 231 f. nd»g dri
vvv — avra fÄvrjariJQCJv oXofpvqeai; aXxifiog elvatl neu einge-
führten imperat. infinitive als dem homerischen gebrauch wider-
sprechend zurückgewiesen werden, weil eine sofort zu voll-
ziehende handlung in frage steht. Dagegen ist als futurisch
gerechtfertigt der imperat. inf., der durch die von C. W. Nauck
vorgeschlagene und im anhang zu Ameis Od. 2^ p. 130 be-
gründete Veränderung der üblichen interpunktion hergestellt
wird fi 49 f. draQ avrdg dxovifxev^ av % i&ilrjad^a' dtjadwiav ....
Als futurische imperative sind auch unter veränderter inter-
punktion in r 4 ff. Tijkifiaxe, XQV '^^t^ dgi^ia nazd-efiev eXata
ndvra ixdÜ' avtdq fivrjOtiJQag — 7taq(pda9ai^ or« %ev ae iie-
raklwaiv^ und in ifj 78 f. avTciQ iywv efii&ev Ttegiddoofiai av-
rijs' ai x€v o' e^arcdqxoy %%elvaL jue . . . die inf. 7t€tqq>da&ai
(dies gilt für Telemach allein, xar&ifiev auch für Odysseus)
und KTeivai an ihrer stelle.
'Wir haben nun noch die scheinbaren oder wirklichen
120 C. Hentze
übergriffe des imperatiys in das gebiet des imperatiYischen inf.
zu, Terfolgen. Nach oder Tor faturischen temporal- oder kon-
ditionalsätzen findet sich der imperativ in folgenden stellen:
7^ 45 f. avtof BTtel aneiarjQ re xai ai^ioi ^ , dog xal %ov%tf
eTteita dinag: die unmittelbare folge der bandlangen ci^eo
(43) und d6g wird die wähl der gleichen ansdracksformen ver-
anlasst haben. In S 236 f. xoifitjaov fioi Ztpfdg — aoae — ,
av%l% ind x«y iyw Ttagali^ofiai ... ist die wähl des impera-
tiYS durch den vorhergehenden xai vvv neld'ev bestimmt, für
den er die ausführung giebt. — In ^ 202 ff. oq>Q^ op fi&f xew
iqqg — , xwpQ vrtoeine lidym^t ^^'^ ^ aXlov laoy avioxß'i, iiaq-
vaa&ai bezeichnet der imperativ vTtdeins (halte dich fem, wie
bisher, vgl. 163. 198) eine fortzusetzende , avw%^i, eine sofort
zu beginnende handlang. Vgl. H 193 f. 9 3741 Z 112 f. —
In £ 33 f. wird der temporalsatz mit e^r av im conj. nur zu
dem zweiten imperativ (3. person) gehören, nicht zu ^e. — In
n 445 £ und T 401 L gehört der fut. konditional- bezw. tem-
poralsatz zu den von q>QdCfio {(fqalßad'B) abhängigen infini-
tiven.
Der futurische bedingende relativsatz A 549 o¥ di x iyw
anavevd'B d'ewv id'ilfofiv vofjaat ist ohne einfluss auf die aus-
drucksform der folgenden aufforderung ^ij %i av tavta Snaara
diBiQBO geblieben, weil Zeus den eigentlichen nachsatz: so sollst
auch du diesen gedanken nicht vernehmen, überspringt und zu
dem vorliegenden fall zurückkehrend jede fi^e zurückweist.
In 0 109 %(jf ^fiT^ 8v%i icev v^^i xaxov ftifAfirjaiv kxaa%<fi da-
gegen steht der imperativ von der nächsten zukunft (solange
Zeus vom Ida aus die Schlacht leitet) und mit bezug darauf,
dass Ares schon jetzt von leid betroffen ist (110).
fiTj TtQiv mit imperativ 0 340 fifjöi Ttqiv dnoTtave teov
fxivog^ aiX OTtox av drj {p&^^ii fydiv Idxovaa^ zote axeiv
dxdfictvov TtvQ erklärt sich daraus, dass fünf imperative voraus-
gehen und das adv. tvqIv nicht, wie 11 839. (2> 294, eine aus-
führung mit TtQiv und inf. vorbereitet, sondern nur unbestimmt
andeutet, dass vor dem aTtOTtarniv etwas anderes eintreten
müsse, wie 2 134. T 306 ff. ; sobald dies in einem futur. tem-
poralsatz bestimmt ausgeführt ist, folgt im nachsatz der im-
perai inf. Von den beispielen mit imperativ, in welchen dem
Vollzug der geforderten handluDg eine andere im partic. aor.
bezeichnete vorangehen soll, ist eine besondere klasse schon
Der Imperativische Infinitiv in den homerischen gedichten. 121
p. 113 besprochen, d 750 fif. und q 48S. p. 117. Vereinzelt
steht Y&i N 235 (al£ aye revx^ci ösvqo Xaßwv l'd'i) nach
Wagner p. 11 in der bedeutnng 'kehre (hieher) zurück', wie
€QX€o (abgesehen von q 599 und 7t 270) nur a 280 (i^' agaag
BQxeo) von einer nicht sofort auszuführenden handlung; an
beiden stellen aber haben die participia nicht die bedeutung
futurischer temporal- oder konditionalsätze, sondern bilden
einen theil der aufforderung selbst.
Trotz der ausdrücklichen angäbe, dass die geforderte hand-
lung erst am folgenden morgen vollzogen werden solle, steht
diese mehrfach im imperativ. In 7t 270 ff. alla av fiev vvv
BQxev afi T^ol q>aivofiiviriq)iv oYnade — , ovrag iui Ttqoti aaxv
avßtmjg vaxsqov a^si steht der imperativ unter der einwirkung
von vvvj welches von der vorhergehenden erwägung des zu-
künftigen kampfes mit den freiem zu den zunächst zu er-
greifenden massregeln überleitet und die nächste zukunft um-
fasst, daher die Zeitbestimmung Sfi rjdi q>., die ihren gegensatz
in varsQov hat, keinen einfluss auf die wähl der imperativ,
ausdrucksform geübt hat; von 277 an folgen imperat infinitive,
die den voUzug der 270 — 73 in aussieht genommenen mass-
regeln voraussetzen. In £ 36 werden die werte al)^ a/ i7t6'
TQWOv Ttoetiqa %kvxbv i^ai&i Ttqo — iq>07tXiaai in der nacht
kurz vor anbruch des tages gesprochen, vgl. 48 (avtUa).
Aehnlich o 14, vgl. 56. Vgl. auch o 308—310. Schwer zu
erklären ist aber die wähl des imperativs V 48 f. 6}X ^tol
vvv fiiv atvye^ Jtud-dfABd-a dairi' fjia&ev (f oxqwofVy ava^ . . ,
wo der gegensatz zu vvv fiiv gerade erwarten liesse, dass der
zeitliche unterschied durch den imperat inf. zum ausdruck ge-
bracht wäre. Ferner a 272 f. avqiov ug äyoqfjv xaliaag tjgtoag
^Axatovg ^vd-ov 7t€q)Qade^ worauf der imperativ auch 280 ff.
fortgesetzt wird, sogar 284 von handlungen, die der gegenwart
weit entrückt sind. — tj 222 ist p. 109 den beispielen mit im-
perativ, inf. zugewiesen. In <p 265 aber gehört ijCj&av zu dem
abhängigen inf. ayeiv^ nicht zu nilead-e (Melanthios ist an-
wesend). Uebrigens ist zu beachten, dass in den entsprechen-
den beispielen mit imperat. inf. (p. 109) überall imperative
vorausgehen, die eine sofort vorzunehmende handlung be-
zeichnen, Q 600 und T 320 auch durch voranstellung von r/ui&ev
de das zeitliche verbältniss beider handlungen besonders mar-
kiert ist.
122 C. Hentze
Ohne rücksicht auf die zeit sind ferner imperative auch
da gesetzt, wo die ausfiihrung der geforderten handlung den
eintritt einer andern zur Voraussetzung hat: a 305 (wenn ich
fortgegangen bin, vgl. 303 f.); (li 160 (wenn wir zu der insel
der Sirenen gekommen sind, vgl. 166—178), an diesen beiden
stellen wohl erklärlich, weil der eintritt der Voraussetzung un-
mittelbar bevorsteht Aber v 386 f. folgen unmittelbar auf
einander dll^ aye f^^tiv vcprjvov und rtäg di f^oi avtfj ar^S'i^
zwei handlungen, die zeitlich und örtlich weit auseinanderliegen:
denn den rath der Athene wünscht Odysseus sofort (beide be*
finden sich im hafen von Ithaka), ihren beistand aber zum
kämpfe mit den freiem , der später im palaste des Odysseus
stattfinden wird. In ähnlicher weise sind räumlich und zeit-
lich getrennte handlungen unterschiedslos im imperativ ausge-
drückt Z 46 = ^ 131 l^(6yQ€i — , av S* a^ia di^ai ärtoiva *)
und P 652 ff, a%i7tTeo vvv — aY nev lörjai — ^AvtIXo%ov —
oTQvvov <J' ^uäxiXijt — eineiv. An der letzten stelle folgen
wenigstens beide handlungen nach Ortswechsel unmittelbar auf
einander.
Dass ein voraufgehender Ortswechsel, durch den die ge-
forderte handlung in die zukunft gerückt wird, bei der wähl
der imperati vischen form öfter nicht berücksichtigt wird, ist
schon oben beobachtet. Hier sind noch die beispiele anzu-
führen Q 75 und TT 667 — 71 (Zeus giebt, auf dem Ida sitzend,
dem hier ebenfalls anwesend gedachten Apollo den auftrag,
auf dem schlachtfelde für die leiche Sarpedons zu sorgen). In
-^ 302 f. aber ist die nur rhetorische bedeutung der aufforde-
rung der grund, dass Achill so spricht, als ob Agamemnon
sofort in der agora den versuch machen könnte ihm noch ein
anderes stück aus seinem besitz zu entreissen, was doch nur
in Achills zeit geschehen könnte, vgl. 300 f. In diesem heraus-
fordernden sinne wird der imperat. inf. überhaupt nicht ge-
braucht
Dass der imperativ mit dem imperat. inf. auch in Vor-
schriften, die für alle zukunft und alle fälle gelten, konkurrirt,
was Wagner p. 25 bestreitet, zeigen folgende vier beispiele:
E 428 f. ov Toiy Tsxvov ifiov, dedozat niolefÄijia egya* alla av
1) V. Leeuwen-Mendes da Costa schreiben cf^|€* d. i. di^eai statt
6i^ai, Nauck vermuthete ^i^rfj — eine nicht ganz abzuweisende ver*
mnthang, da der Papyr. zu il 137 ^if€ bietet. Vgl. K 378.
Der imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 123
y l^egoepta fxsTigxso sgya ydfioio, v 180 f, rvofinrjg ixev
Ttavead'e^) ßqozviv^ ocb laev %ig %%rp:aL , . . E 348 filx«, Jiog
dvyateQ, noUfiov aal dTjioT^rog d. i. halte in Zukunft dich
fern vom kämpfe, wie die gegensätzliche fallsetzung 350 si de
av y \g TtöXe/^ov Ttioliqaeai zeigt, nicht: weiche jetzt aus dem
kämpfe. F 406 fif. rjao ntiq ccvtov lovaa, d^edSv 3* dnoeixe
TieXev&ov d. i. halte dich für immer fern vom pfade der götter,
wie 407 fAtj^ evi und 409 aUL zeigt. Sehr zahlreich aber und
bei weitem zahlreicher als die p. 118 verzeichneten im imperat.
inf. sind die Weisungen im imperativ, die für eine längere dauer
der näheren Zukunft gelten.
Nach unsem beobachtungen ist eine so reinliche Scheidung
des gebrauchs beider imperativischen formen, wie man wünschen
möchte, nicht zu gewinnen. Die konkurrenz des imperativs mit
dem imperat. inf. reicht doch weiter, als Wagner annahm, ins-
besondere auch in Vorschriften, die für alle Zukunft und alle
fälle oder doch für eine längere dauer der nächsten zukunft
gelten. Sodann bleibt der einer geforderten handlung voraus-
gehende Ortswechsel, durch welchen die ausführung weiter in
die Zukunft hineingerückt wird, auf die wähl der imperativi-
schen form vielfach ohne einfluss. Auch machen sich im zu-
sammenhange der rede mannigfache einflüsse verschiedener art
geltend, welche die rücksicht auf das zeitliche verhältniss der
handlung zur gegenwart des redenden zurücktreten lassen. Die
daraus sich ergebenden Schwankungen im gebrauch beider im-
perativischer formen erschweren denn auch die beantwortung
der frage, ob innerhalb der periode der homerischen dichtung
eine Weiterentwicklung im gebrauch des imperat. inf. sich ver-
folgen lässt. Die ausserordentliche zunähme der imperat. in-
finitive in der Odyssee (II. 76, Od. 123) giebt ohne weiteres
keinen beweis dafür, dass die verliebe für diese ausdrucksform
zugenommen oder die gebrauchssphäre sich erweitert habe. Der
grund dafür kann in dem verschiedenen inhalt und Charakter
1) Die von Naack und v. Leeawen-Mendes d. C ans guten hand-
sohriften aufgenommene lesart navea&i (übt nicht weiter die entsen-
düng) verdient wegen des folgenden futurisch-iterativen temporalsatzes
den Vorzug vor dem sonst gelesenen 7iavaa0d-€ (stellt die entsendung
ein).
124 G. Hentze
beider epen liegen. Allerdings bietet, wie Wagner bemerkt,
die Ilias weniger gelegenbeit zu so ausführlichen Vorschriften
für die zukunft, wie sie die Odyssee in grösserer anzahl enthält,
obwohl doch auch A 393—412. E 124—132. 260—264. Z
269—278. 0 221—233. JI 49—100. 667—671. fl) 331—340
und ^F 334 — 343 ähnliche enthalten. Nun finden sich aber
unter diesen beispielen theils solche, welche die Weisungen im
imperativ geben, während der nothwendige Ortswechsel infinitive
erwarten Hesse: A 394. 407. JI 667—671, theils solche, die
einen auffallenden Wechsel beider ausdrucksformen zeigen, wie
Z 269—274. 0 221—233. Ferner gehören der Ilias auch
vorzugsweise die sonstigen beispiele an, in denen Ortswechsel
und zeitverhältniss bei der wähl der imperat. form unberück-
sichtigt geblieben sind: .^ 179f. ß 11. 163 ff. Z46 - ^ 131.
A 828 ff. JV 235. S 236. P 654. V 49, oder die einen nicht
leicht erklärlichen Wechsel der formen zeigen : T 458 f. X 340
— 342, oder imperat. infinitive zeigen, wo imperative zu er-
warten wären : A 20 (bei der lesart Xvgoh und dexead'ai,), A
582. J 64. 0 340. Auch gehören von den vier beispielen,
welche Weisungen für alle zukunft im imperativ enthalten, drei
der Ilias an. Hienach wird man doch soviel sagen dürfen,
dass die einflüsse, unter denen der imperativ mit dem infinitiv
konkurrierte, in der Ilias wohl noch im grösseren masse sich
geltend machen und der gebrauch des imperat. inf. noch nicht
so befestigt erscheint, als er uns in der Od. meist entgegentritt.
Nach der sehr wahrscheinlichen annähme von Delbrück
Vergl. Syntax II p. 459 f. , dem Brugmann Griech. gramm. >
p. 516 zustimmt, ist nun der imperativ, gebrauch des inf., der
bereits urindogermanisch war und sich auf alle drei personen
erstreckte, aus dem finalkonsekutiven, dem der dativ zu gründe
lag, in der weise hervorgegangen, dass der in dieser bedeutung
ursprünglich zur ergänzung einer Satzaussage dienende inf. ver-
selbständigt wurde, indem die Satzaussage selbst nicht ausge-
sprochen, sondern nur hinzu empfunden wurde. Auch homeri-
sche beispiele können über eine solche verselbständigung noch
aufschluss geben, indem sie zeigen, wie eine Satzaussage, die
mit einem final -konsekutiven inf. verbunden war, darüber
hinaus bei einem weiteren gliede auf die wähl des inf. bestim-
mend einwirken konnte, obwohl diesem gliede durch die art
der anknüpf ung eine selbständigere Stellung zukam. Besonders
Der imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 125
deutlich ist dies verhältniss H 372 ff. , wo nach rjwd^ev d 'läaiog
LTü) xolXag irti vijag elTt^fiev l^tQsidfjg — fiv&ov '^Xe^dvÖQOiOy
375 nat de — aiftifisvai sehr wohl noch als inf. des zwecks von
tVco abhängen könnte, wenn nicht xal de nach seinem son-
stigen gebra.uch einen selbständigen satz anzunehmen empföhle.
In o 125 ff. düÜQOv %oi nat iyti^ texvov q>lley tavto äidcjfii,
fiv^f^ ^Elevfjg %eiQ(xiv^ n:olv7jQdtov ig ydfiov äQtjv^ ay ajlox^
(poqiBLV reltog di q)ilr] naqd (xrixqi xeia&ai lassen Hinrichs-
Faesi und Delbrück xeiad'ai wirklich noch, wie q>oqeBiv^ von
didwfii abhängen, und wenn diese auffassung auch nicht wahr-
scheinlich ist, weil nur q>0Qhiv den zweck des gebens bezeichnet,
während die worte relwg 3i — neiad'aL einen nebensächlichen
punkt betreffen und durch den gegensatz zu der vorhergehen-
den Zeitbestimmung eine selbständigere Stellung gewinnen, so
lässt sich doch verstehen, dass didio^i mit abhängigem inf. bei
der wähl des inf. neiad'ai noch nachgewirkt hat. Selbständige
imperativ. Infinitive werden noch angenommen von Meyerheim
de inf. Hom. I p. 66 in V 618 t^ vvvy nai aoi tovto^ yiqov^
xet^TJktov l(7Tco, naTQOnloio Tdq>ov iivrjii Bpifisvai und von
Düntzer in X 512 ff. dXi^ ij roi rdde Ttdvra xaTaq>Xi^ü) — ,
ovdiv aoi y og>€log^ eTtel ovn iyKsiaeai avTolgy dlld ftqdg
Tqwüjv Tiai TQioiddwv xleog ävai 'es sei dir dies zum rühme',
was eher annehmbar ist, weil die zwischen dem hauptsatze
und dem inf. stehende apposition ovdiv aoi y og>€log mit be-
gründung den Zusammenhang des inf. mit dem hauptsatze
lockert. Jedenfalls können auch diese beispiele zeigen, wie eine
weitere trennung des infinitivsatzes vom hauptgedanken oder
eine kleine pause vor dem infinitivsatze zur Selbständigkeit des
letzteren führen konnte.
Für den Ursprung der imperativ, infinitive 2. person aus
final-konsekutiven sind besonders die beispiele belehrend, in
welchen solche sich an den imperativ eines verbums der be-
wegung asyndetisch anschliessen. In O 158 f. ßdax T^t, ^Ifi,
raxBia^ IIoaeiddwvL avcntrt jtdvca xdif dyyeilai, ixrjöi yjsvddy-
yeXog sIvol könnte dyysiXaL an sich noch als finaler inf. ge-
fasst sein, wie ^ 255 oqaeo — noXivS Ifievy und es liesse
sich begreifen, wie dieser inf. die gleiche form für die negative
ausführung nach sich zog, obwohl diese nicht mehr in dem-
selben verhältniss zu dem imperativ ßdax Xd-i stand, als der
positive inf. In A 322 f. und J9 8 ff. aber , wo zwischen die
126 C. Hentze
imperative und die infinitive in den participien hXovre und
ik9iav eine neue handlung tritt, wird der unmittelbare Zu-
sammenhang der infinitive mit den imperativen gelöst und
damit erhalten jene eine selbständige Stellung. Diese beispiele
stellen aber aller Wahrscheinlichkeit nach eine der ältesten ge-
brauchsweisen des ursprünglich finalen, dann imperativischen
inf. dar. Es sind die einzigen ihrer art in den homerischen
gedichten: in allen entsprechenden beispielen folgt nach dem
imperativ eines verbums der bewegung, auch nach ßaa% t^f,
asyndetisch ein zweiter imperativ. Es ist also die ältere Ver-
bindung, die nur in A und B und nachgeahmt in dem sicher
späteren 0 sich findet, innerhalb der homerischen periode auf-
gegeben und durch die andere ersetzt. Nur einzelne beispiele
(p. 109), welche nach dem imperativ eines verbums der be-
wegung einen mit di angeschlossenen imperativischen inf. zeigen,
lehnen sich an die ältere Verbindung an.
Die entstehung der imperativischen infinitive aus der ver-
selbständigung ursprünglich abhängiger finaler infinitive erklärt
nun ebensowohl den ihnen eignen futurischen Charakter, als
dass sie ganz überwiegend im anschluss an andere aussagen
und meist abhängig von den darin gegebenen Voraussetzungen
gebraucht werden, sehr selten aber an der spitze einer rede
sich finden. Daher nicht selten die aufeinanderfolge eines Im-
perativs von einer sofort auszuführenden handlung und eines
imperat. infinitivs, der eine später vorzunehmende hinzufügt,
und ganz besonders der gebrauch des imperat. inf. nach futu-
rischen temporal- und konditionalsätzen, entsprechenden relativ-
sätzen u. a., der über ein drittel der gesamtzahl der beispiele
umfasst Dass die entwicklung des letzteren gebrauchs aber
vorzugsweise in der periode der homerischen dichtung sich voll-
zogen hat, wird nicht sowohl durch die bedeutende zunähme
der beispiele in der Odyssee (IL 32, Od. 46) wahrscheinlich,
als durch folgende beobachtung. Der gebrauch ist in der Ilias
auf die 12 gesänge JEHIKOnTY0^Ki beschränkt, während
die Odyssee ihn in 17 gesängen hat. Unter den gesängen der
Ilias aber, die ihn entbehren, sind AAX^ die jedenfalls zum
ältesten bestände der Ilias gehören (der seinen haupttheilen
nach ebenfalls dahin gehörende gesang 11 weist in diesen an
1 stelle drei beispiele auf: v. 89. 92. 95) und die auch nicht
jungen gesänge BFZ, Diese sechs gesänge mit überhaupt 10
Der imperativische Infinitiv in den homerischen gedichten. 127
beispielen imperativischer infinitive zeigen diese vorzugsweise
im anschluss an imperative: in den 5 beispielen ^323. B 9t
r 459. Z 274. X 342 (und nach einem optativ der bitte bei
der lesart Xvaatts A 20), ausätze zu dem gebrauch nach futur.
nebensätzen in 2 beispielen: B 73 — 75 und X 259, ausserdem
in A 582 ein beispiel von einer sofort auszuführenden hand-
lung (wozu in A 20 bei der lesart IjüGal re ein zweites kommen
würde), endlich in A 788 ff. drei imperat. infinitive, die eine
allgemeine Weisung für die Zukunft enthalten.
Der mit einer geforderten handlung verbundene Orts-
wechsel hat in den sechs gesängen keinen wesentlichen einfluss
auf die wähl der imperativischen ausdrucksform geübt. Von
den 5 beispielen mit imperat infinitiv nach einem imperativ
sind nur A 323 und B 10 mit Ortswechsel verbunden, der im
imperativ selbst bezeichnet ist; die stellen aber, an denen man
wegen des Ortswechsels einen imperat. inf. erwarten könnte,
zeigen den imperativ: A 179 f. 394. 407. Z 273 vgl. 270.
B 11 vgl. 10. Z 46 = ^ 131. A 828 ff.
Haben wir die grund lagen für die entwicklung des home-
rischen gebrauchs der imperat. infinitive richtig bestimmt, so
vrird die ganz voraussetzungslose Verwendung derselben für
jünger gelten müssen. Von den seltenen beispielen ^ in denen
der imperat. inf. eine rede ohne weiteres eröffnet, findet sich
das erste E 124, dem sich weiterhin anschliessen £'501. O 347.
P 501. l 441 f. X 287 ff. Von diesen beispielen gehören die der
Ilias gesängen an, die mit grund für jünger gelten. Damit ist
aber meistens zugleich eine erweiterung des gebrauchs über die
ursprünglichen grenzen hinaus verbunden : die Verwendung auch
in Weisungen für einen längeren abschnitt der nächsten zukunft
und für die zukunft überhaupt. Die gesänge der Ilias ABFZIIX
enthalten mit ausnähme von A 788 f. kein beispiel dieses ge-
brauchs.
Der gebrauch des imperativischen infinitivs
3. person
ist nach Wagner p, 6 auf folgende 6 beispiele beschränkt.
r 284 ff. el de x' l^Xi^avÖQOv xre/vg ^av»dg Mevilaogy Tgwag
BTtetd^ ^Elivtjv — dnodovvai^y Ttfi^v d* ^Agyelotg dTtorivifiev, —
Z 86 — 93 "EnTOQy dtaq at Ttölivde ^BxeqxBOy elni <J' srvßiTa
128 C. Bentze
fiTfriQi — ^ Ö€ ^dyovaa yeQcuag — ftinXov — ^slvai l^&rj-
vairjg inl yovvaavv — xa/ ol vnoaxdo&ai. — H 77 ff. el fiiv
xey ifii Tieivog IX5 — , revxecc avl^aag q>eQetio noiXag inl vrjagj
awfia de oYxaf ifiov dofisvai naXiv. — H 372 ff. rjw^ev d*
'Idaiog itw xoilag ini vijag elftifiev ^ArQetdtjg . . . ., xai di
%66* eiftifisvai nvKivbv anog. — X 443 alla %b ^h q>aa9'aL^
%6 de xai xexQVfifievov elvai. — o 125 ff. öwqov toi xat iyal,
texvov qp/iU, Tovro didtofii — tcoIvtjqowov ig ydfiov wqrpf^ afj
dlöxtp q>OQhiv' Teltog de g>ii*u ftagä ^rjcqi xeiad-ai. Von diesen
beispielen zeigt das erste das subjekt im accasatiT, in den fünf
übrigen ist es im nominativ theils ausdrücklich gesetzt (Z 87.
X 443), tbeils aus dem vorhergehenden zu entnehmen. Alle
zeigen den imperat. inf. 3. person in futurischer bedeutung:
nach fut. bedingungssatz F 28öf. und H 79, nach f^ä&ev
H 375; Z 87 — 93 hat zur Voraussetzung Hektors gang in die
Stadt u. s. w., o 128 Telemachs heimkehr, l 443 Odysseus
rückkehr nach hause. Was andere gegen die annähme von
selbständigen imperat. infinitiven 3. person in diesen beispielen
vorgebracht haben, ist nicht überzeugend ^).
Vielleicht aber ist diese geringe zahl von beispielen doch
1) In Z86 — 98 ist Leaf geneigt ein durch die weite trennang von
snbjekt und praedikat veranlasstes anakoluth anzunehmen : nach i) ^i 87
habe der dichter im sinne gehabt am schluss ^irot folgen zu lassen.
Jedenfalls wird der anstoss, der ihn mit zu dieser annähme bestimmte,
dasB dies die einzige stelle sei, wo der imperat. inf. 3. person das Sub-
jekt im nominativ zeige, durch X 448 beseitigt. — Zu K 79 bemerkt
Delbrück Vergl. synt. II p. 455: Sofuvai könne wohl auch heissen: ihr
sollt zurückgeben. Aber dagegen spricht durchaus die genaue korre-
sponsion von 77—80 und 81—85, auch würde eine deutliche bezeichnung
des Subjekts zu äöfievai (vfAils 6i) zu erwarten sein. — Zu il 448, der
einzigen stelle mit passivischer wendung, findet sich im Schol. A 545
neben der oben angegebenen lesart die Variante akla t6 (ikv ol (pdad-a$
inog, t6 (f* ivl (pQeal xev&eiv, die Delbrück a. o. vorziehen möchte.
Diese giebt allerdings einen leichteren und natürlicheren gegensatz, aber
ob die nur hier sich findende passivische wendung, die doch einen
grösseren nachdruck hat: *sei und bleibe verborgen', ein genügender
grund ist die handschriftlich allein überlieferte lesart zu verwerfen, ist
doch zweifelhaft; das ungewöhnliche spricht eher für diese, lieber
0 128, wo xela&at die lesart Aristarchs und einiger handschriften , die
gewöhnliche lesart aber xeiad^a ist und Hinriohs-Faesi und Delbrück
xilad-ttif wie (poginv, von dlömfii abhängen lassen, und über H 375 ist
schon p. 125 gesprochen.
Der imperativische Infinitiv in den homerischen gedichten. 129
um einige zu vermehren. Für V 618 f. freilich ist die an-
nähme Meyerheims de infinit. Hom. I p. 66, dass fiy^f^^ efifAe-
vai imperativ, inf. 3. person sei, von Gapelle im Philol. 37
p. 99 und Wagner p. 6 wohl mit recht zurückgewiesen. Eher
ist, wie schon p. 125 gezeigt ist, die gleiche annähme für X 514
TtQog TQ(6(av xal TQWiddünf Ttliog elvai begründet. Femer ist
zu erwägen V 245 ff. TVf^ßov (T ov fidla ftokkov iyw Tcoviea&at
avwya, dlX ircisiiiia roiov efteira de xal vdv ^uixotiol svfvp
-d-' vipfildv ve Tidij^&^aL^ o% %ev ifiäio devvßQOi h n^eaai —
UTVfia^Sy wo die andern herausgeber Tidi]fisvai als imperai inf,
2. person fassen, Stier aber vidijfievai »» %i9iv%iav erklärt.
Diese auffassung scheint sich deshalb zu empfehlen, weil Achill
nur zu den fürsten redet; für den Übergang von der gesamtheit
der Achaeer zu den fursten in dem beschränkenden relativsatze:
'die ihr (soweit ihr) mich überleben werdet', kann B 301 f. ver-
glichen werden.
Für % 437 ff. aQxete vvv vinvag q>oqiuv aal dvioxd'B ywai-
nag' ovrotQ BTteiva d'QOvovg — xa&aigaiVy wo na&aiQeiv allge-
mein als imperai inf. 2. person gefasst wird, kommt in be-
tracht, dass das Kad-aigeiv in Wirklichkeit nicht Sache der
männer, sondern der mägde ist, wie ausser v 151 f. gerade die
folgende erzählung zeigt. Dass der inf. aber noch von avutx^s
ywainag abhängig sei, ist nicht wahrscheinlich, weil diese worte,
zu denen aus dem vorhergehenden (poqiuv zu ergänzen ist,
einen so abgeschlossenen gedanken geben, dass ein weiteres
anhängsei in einem neuen abhängigen inf. durchaus nicht zu
erwarten ist. Es wird xa&aiqeiv als imperat. inf. 3. person zu
fassen sein: aber danach sollen sie reinigen.
In den beispielen (p 235 ff. Binalv ve ywai^iv nkrjiaai ju«-
yoQOio ^Qog — , tjv di vig azovax^g ije xtvtcov hfdov änovatj
— , fiT^ VI dvga^e TtQoßlwaneiv und q> 381 ff. Trjli^axog xile-
Tal ae, 7tBqiq>qwv EvQvxXeia, nXtfiaai xzh = 236 — 39 empfiehlt
Pfudel Die Wiederholungen bei Homer, Liegnitz 1891, p. 15
nach V. 236 und 382 kolon zu setzen, denn mit 237 und 383
werde in direkte rede übergegangen. Diese auffassung ist be-
sonders für die zweite stelle geboten, weil hier mit der fall-
setzung i/V di rig 383 die folgenden infinitive ihr besonderes
Subjekt erhalten, so dass neXenai ae nicht mehr gedacht werden
kann. Freilich sagt Renner bei Faesi: die adresse, an die die
rede sich wende, sowie die satzbeherrschende Stellung von xi-
Beitrige i. kuid« d. indg. apneben. XXVII. 9
130 C. Hentze
Xerai as lege in die worte 383 — 385 den sinn Ton fi^ iSv
nQoßiÄiaxeiv y aber formell sind sie doch von nileval as ge-
löst, und berücksichtigt man die abneigung der homerischen
Sprache gegen ausgedehnte abhängige rede und den häufigen
Übergang aus dieser in die direkte form, so wird man Pfudels
auSiEissung den vorzug geben müssen.
Mit dem beispiel F 284 ff., in welchem das Subjekt des
imperab inf. im acc. steht, sind die stellen zu verbinden, welche
den infinitiv in Wunschsätzen zeigen. Auch in diesen steht das
Subjekt zum theil im acc: B 412 ff. Zev nidiave — , firj n^v
riiXi€f¥ dvrai — , ttqLv ju« xorä TCft/vig ßalißiv ÜQui^oio fiila-
&Qoy ... H 179 f. Zev ndteQ^ ij uiictPTa laxeiv fj Tvdiog viov
7] av%w ßaaikfja — MvvLtjvrig. q 354 £ Zu ava^ TrjlifAoxov
fioi hf dvögciaLv tlßioy ävai^ %aL ol nina yhoixo . . ^). Dazu
würde noch kommen £ 117 ff. bei der im Schol. gebotenen
lesart vvv av% ifii q>ikai^ '^^wrj' tovde vi pi avdqa eXeiv
xal ig bqiAVff ^YX^og iXd'BiVj og ii eßals . . ., während die
handschr. geben: dog di ve statt tövde xi {zbv di zs). Das
Subjekt ist im nominatiy gedacht in zwei beispielen nach der
formel dt ydq Zsv xe ndxsq nai ^A^rjyairi xoi ^'AnoXXov: die
2. person rj 312 ff. rolo^ kwv^ olog iaai^ xd xe q>qov€onfy a x
iyw n:eqy naidd x i^'qv ix^fisv xai ifidg yafißqog xaliead'ai
avd'i fAivtav* dlxov di x {% M) iyto aai xxtjfxaxa öolrjv. —
die 1. person to 377 ff. olog NijqLKOv slXov .... — xolog iunf
xoi x^^^'^S — iq>eaxdfÄSPCti xai dfivveiv avdqag fivfjax^qag' xf
Uli ag>ionf yowcex elvaa ...').
Zum acc. c. inf. in F 284 ff. vergleicht Delbrück Vergl.
synb n p. 455 dieselbe ausdrucksform in inschriften, wo sie
neben anderen formen den willen des gesetzgebers ausdrücke,
und nimmt an, dass überall ein verbum wie 'es wird bestimmt'
1) V. Herwerden empfahl yeviadm statt yivoito , welches allein
überliefert ist, ohne gmnd, vgl. B 417 f. mit 418.
2) In y 213, wo man nach Aristarch und den handschr. liest Zevs
aiffias tlaanOf wird Zenodot die lesart tCaaa^M zugeschrieben. Ribbeok
im Philol. 8 p. 705 f., Dindorf und Ladwich Ar. H. T. I p. 600 halten
die angäbe für durchaus unwahrscheinlich und vermuthen als Zenodots
lesart ttaaad^ =■ tutaadio. Für einen gebrauch des inf. in der weise,
wie sie in der lesart Zenodots vorausgesetzt wird, findet sich allerdings
keine analogie. Dass auch der imperativ gegen den homerischen ge-
brauch sei, begründet Cobet lüso. crit. p. 882.
I
Der Imperativische Infinitiv in den homerischen gedichten. 131
oder dergl. vorschwebe, wie bei den Wunschsätzen im acc. c.
inf. nach anrufung der gottheit ein verbum wie dog. Ebenso
denkt Brugmann Griech. gramm. ^ p. 519 dort an doxsif di-
doKzaij edo^e^ hier an dog oder evxoficu. Aber das beispiel
r 284 ff. wird richtiger in unmittelbarem zusammenhange mit
den Wunschsätzen im acc. c. inf. behandelt werden^ mit denen
es gemeinsam hat, dass eine anrufung der götter vorangeht
(276 — 80) y unter deren schütz hier die Vertragsbedingungen
281 ff. gestellt werden. Der zunächst befremdende Wechsel der
ausdrucksformen — 282 f. imperativ und conjunctiv, 285 acc,
c. inf. — scheint auf folgendem zu beruhen. Imperativ und
conj. des wollens gebraucht der den vertrag abschliessende
Agamemnon von dem, was von seinem eignen willen abhängt,
was er geschehen zu lassen (^hw) oder mit den seinigen zu
thun (v€w^e&a) bereit ist; dagegen richtet er die forderung,
was die Troer thun sollen, an die adresse der als zeugen und
hüter des Vertrags angerufenen götter. In dieser auffassung
werden in den mit anrufung der gottheit verbundenen Wunsch-
sätzen im acc. c. inf. die personen, welche die bitte betrifft, in
der Vorstellung des bittenden zu Objekten, die er als solche der
ein Wirkung der gottheit empfiehlt; ebenso in F 285 die Troer,
die ohne beziehung auf die götter, in direkter forderung als
Subjekte eines Imperativs im nom. stehn würden. Bei dieser
erklärung, in der ich im wesentlichen mit Leaf zu F 285 über-
einstimme, bedarf es für die Wunschsätze im acc. c. inf. nicht
der ergänzung eines sonst sich findenden dog oder eines £t^o-
fiai oder Xiaaoficu. Dass der infinitiv ebensogut, wie er mit
befehlendem oder aufforderndem tone gesprochen die stelle des
imperativs vertritt, auch mit wünschendem tone gesprochen den
Optativ vertreten kann, zeigen t] 311 und w 376 (vgl. L. Lange
el n p. 525). Vollends für das beispiel mit fii] B 412 ff. ist
jede annähme einer ellipse abzuweisen. Dass ein verbum des
wünschens oder bittens vorschwebe, ist unwahrscheinlich, weil
fiij mit inf. oder acc. c. inf. nach diesen verben bei Homer
sich überhaupt nicht findet Es scheint hier eine alterthüm-
liehe ausdrucksform vorzuliegen, in welcher der durch fiij ab-
gewehrte gedanke in seiner gesamtheit als objekt der Vorstel-
lung gefasst wurde: fem sei der gedanke (d. i. die Verwirk-
lichung des gedankens), dass die sonne eher untergehe . . .
Diese ausdrucdssform konnte aber ohne weiteres der anrufung
9*
132 C. Hentze
der gottheit folgen, wie z. b. i} 331 ein wünsch im opt. dieser
ohne weiteres angeschlossen wird, vgl. auch q 354 f., wo der
anrufang des Zeus ein acc. c. inf. und ein wünsch im opt.
durch xal yerbunden folgen. Die Verbindung von dog mit
einem durch /ui] negierten acc. c. inf., wie sie sich i 530 findet,
wird die jüngere ausdrucksform sein.
In £ 118 haben die neueren herausgeber nur mit aus-
nähme von Franke-Faesi die handschriftliche lesart dog di ts
mit recht aufgenommen. Gegen die Variante tovös re, die nach
Ludwich Ar. H. T. I p. 252 nicht mehr als Aristarchs lesart
gelten kann, spricht, dass hier nicht, wie in den andern bei-
spielen, eine einfache anrufung der gottheit vorangeht, sondern
die Worte vtv cAt i^i qTiXai^ *A&rivrj^ zu denen sich besser die
ruhigere ausführung durch einen neuen imperativ {dog) schickt,
als die lebhaftere form des acc. c. inf.
Dass in den ganz vereinzelt dastehenden Wunschsätzen im
inf. 7] 312 ff. und tu 377 ff. die Subjekte nicht im acc. stehen,
sondern im nom. gedacht sind, erklärt sich aus der besondern
beschaffenheit dieser wünsche. Der zweite ist überhaupt uner-
füllbar, und auch in tj konnte Alkinoos an die Verwirklichung
des gewünschten nach Odysseus äusserung 223 f. im ernst nicht
denken und hat auch daran nicht gedacht, wie 315 ff. zeigen.
Hienach war die form des acc. c. inf., in welcher der ange-
rufenen gottheit der wünsch zur Verwirklichung gleichsam unter-
breitet wird, nicht recht anwendbar i). Warum der dichter
dann aber nicht den nach der formel o? yaq Zev te nazeq
xai ^A^vaif] xai ^'Aitokhyv in wünschen gebräuchlichen Optativ
anwandte, ist nicht zu sagen.
Die erörterten beispiele des imperativischen infinitivs 3.
person sind nur die spärlichen reste eines ursprünglich um-
1) Diese göttertrias wird überhaupt nicht, wie in den obigen bei-
Spielen Zens, angerufen, am von ihnen die Verwirklichung des Wunsches
zu erflehen, sondern nur, um sie gleichsam zu zeugen zu nehmen für
einen feierlichen aussprach, den der redende in die lebhafte form eines
Wunsches kleidet, wie er z. b. B 871 der ausdruck freudiger bewunde-
rung, H 182 wehmüthigen Schmerzes ist. Auch in 17 811 hat der
Wunschsatz mehr den Charakter eines ausrufs, welcher der bewunderung
ausdruck g^ebt, die Alkinoos für den fremden empfindet, während sich
in Ol 876 mit der erinnerung an frühere thaten der schmerz verbindet,
an dem kämpfe mit den freiern keinen antheil gehabt zu haben.
Der imperativische infiniti? in den homerischen gedichten. 133
fassenderen gebrauchs. In den homerischen gedichten wird
die funktion eines futurischen imperati?s 3. person regelmässig
durch den imperativ 3. person versehen, was mit Wagner
daraus zu erklären ist, dass ein befehl, dessen Subjekt ein ab-
wesender sein soll, stets futurischen Charakter hat. Aber von
dem älteren gebrauch des imperativ, inf., der sich, wie das
Altindische zeigt, ebensowohl auf die dritte und erste person,
wie auf die zweite erstreckte, sind aller Wahrscheinlichkeit
nach noch spuren in den infinitivkonstruktionen nach tzqIv vor-
handen. Die erklärung, welche in Übereinstimmung mit Heikel
im Skandinav. archiv 1891 I p. 274 ff. (mir nicht zugänglich,
vgl. Berlin, philol. wochenschr. 1893 p. 89 f.) Brugmann
Griech. gramm. ^ p. 519 f. für diese giebt, scheint nach den
verfehlten versuchen anderer durchaus das richtige getroffen
zu haben. Indem ich im anschluss an die von ihm gegebenen
andeutungen die entwicklung dieser konstruktionen hier noch
eingehender verfolge, hoffe ich theils seine erklärung noch weiter
stützen, theils einzelne punkte richtiger stellen zu können.
Für die erklärung der infinitivkonstruktionen nach tzqLv
sind folgende daten zu gründe zu legen: 1) die infinitivkon-
struktionen schliessen sich dem hauptsatz regelmässig post-
positiv an (in 74 beisp., II. 41, Od. 33), praepositiv finden sie
sich nur (D 100. ^ 229, zwischen die glieder des hauptsatzes
eingefügt Q 245. a 301. v 124. q 105. cei 430; 2) der gebrauch
gehört ganz überwiegend den reden an (in 66 beisp. von 81)
und bezieht sich vorwiegend auf zukünftige handlungen (45
beisp.); 3) die hauptsätze sind überwiegend negativ (in 51
beisp.); von den 30 an positive sätze angeschlossenen infinitiv-
konstruktionen gehören der Dias nur 12, der Odyssee 18 au;
4) der infinitivkonstruktion mit tzqIv geht im hauptsätze in 29
beisp. (II. 20, Od. 9) ein adverbiales nqlv (;/«), naqoq oder
TtQoa^ev voraus; die ersten fünf gesänge der Ilias kennen nur
die Verbindung TtQiv (jtaQoq) -^ Ttqlv in 7 beisp.
Hienach werden den ältesten gebrauch die beispiele dar-
stellen, in welchen der infinitivkonstruktion mit nqlv ein ne-
gierter hauptsatz futurischer richtung (meist im fut. oder im-
perativ) mit dem temporalen adverb tzqIv (TtaQog) vorausging,
welches zunächst nur unbestimmt andeutete, dass vor dem ein-
tritt der bezeichneten futurischen handlung eine andere eintreten
müsse, und daher einer nähereu bestimmung bedurfte. Diese
134 C. Hentze
wurde zunächst in einem selbsländigen satze nachgebracht, in
form eines gegensatzes, wie <2> 340 fitjös tzqIv dnonccvs teov
^svog* älX OTtoi^ av dij q>9'iy§ofi iywv tdxovaa^ tovs a%iiiBv
md^avov tcvQj vgl. JT62f. und T 306 ff. In engere Verbin-
dung mit dem vorhergehenden satze trat die ergänzende be-
stimmung, wenn sie durch ein ebenfalls ursprüngh'ch adver-
biales TtQiv demselben angeschlossen wurde, welches auf das
vorhergehende zurückwies: ^ehe das bezeichnete geschieht', wie
fCQLv auch sonst gebraucht wird, z. b. ^ 29 Ttjv ^ iyto ov
Uxjui' fCQiv fiiv nuxi y^gag evteiaiv rjfiB%iQ(f ht oXyuff, Enthält
nun der vorhergehende satz eine erklärung des redenden, dass
er die in frage stehende handlung entweder selbst nicht voll-
ziehen oder von dem angeredeten nicht vollzogen wissen wolle,
ehe eine andere vollzogen sei, so fiigt sich in diesen Zusammen-
hang der ursprünglich selbständige inf. in imperativischem sinne
auf das leichteste ein. So erklärt sich der einfache infinitiv
nach TtQiv: nach negiertem imperativischem inf. 2. person als
imperativ, inf. 2. person z. b. JT 839 pi^ fiov nqiv Ihai, —
TtQiv "ExtoQOs — x^TÖya — dat^av^ ursprünglich gedacht: *zu-
vor zerfetze Hektors leibrock', ebenso 0 294 f.; als imperat
inf. 3. person ^ 98 ov^ oye TtQiv Javaoiavv äeiKea Xoiyov
aTtwCBL, TtQvv y oLTto Ttargl q)lhp dofisvai — xavQijv 'zuvor
sollen sie (die Danaer) dem vater die Jungfrau zurückgeben';
aber auch als imperat. inf. 1. person S 334 ov ae ftQiv xtsqiWj
TtQvv y ^'ExTOQOQ iv&d^ heixat zevxBa %al %eq>aXijv 'zuvor will
ich Hektors rüstung und haupt hieher bringen', ebenso <2> 224 f.,
vgl. auch H 45ff., wo die direkte rede lauten würde: ov nqlv
aTtoviofiai, Ttqiv ivLTtffjaaL, und x 383 ff.
Aber auch der acc. c. inf., wie wir ihn als ausdruck einer
forderung oder eines Wunsches p. 130 kennen gelernt haben,
fügt sich mit dem zurückweisenden TtQiv auf das natürlichste
in den Zusammenhang ein. So schliesst sich in dem an Zeus
gerichteten gebet B 413 ff. an den wünsch /itj ftglv riihov
dvvai xtI ein zweiter wünsch mit tvqiv^ der das erste Ttgiv
näher bestimmt, Ttglv fie xora TtQtjveg ßaXievv ügiafioio fiila-
d-QOv 'zuvor möge ich (lass mich) das deckengewölbe des Pria-
mos niederwerfen', woran sich noch ein Wunschsatz im opt.
schliesst, wie q 354 im gebet dem acc. c. inf., durch xal ver-
bunden, ein wünsch im opt. folgt. Als ausdruck des willens
kann ngiv mit acc, c. inf. ursprünglich gedacht sein O 72 — 74,
Der imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 135
als forderung ß 127 f. '^luig d* ov% im Sqya TtoQog y Hfuv
ov%e njj aXXfjy Ttqiv avrriy P'lf^ciad'av Idxaiw ^ x i&ehQai,
'zuvor vermähle sie sich . . .' Ebenso a 288 f., auch B 354 f.
So entstand bei engem zusammenschloss beider sätze eine
art korrelation zwischen beiden /r^eV, welche bewirkte, dass
während das erste voraasweisende in Verbindung mit der nega-
tion seine scharfe betonung behauptete , der ausführende satz
mit dem zurückweisenden tvqIv und inf. allmählich seine Selb-
ständigkeit einbüsste und damit auch seine voluntative bedeu-
tung verlor.
Auch nach negativen aussagen ohne voraufweisendes nqiv
erklärt sich der inf. auf das natürlichste als ausdruck des
willens: T 422 f. dXXa aal i'fiftrig ov hj^aiy nqiv TQ(Sag adtpf
iXdaai TtoXifioio 'zuvor will ich die Troer genugsam im kämpfe
umtreiben', vgl. auch ¥ 44 f.; als forderung an die 2. person
X 536 f. fiTjdi iäv ve%v(ov afxerqva %a^voi aifiarog aaaov e/uey,
mqtv TuQealao Ttv&ia^at 'zuvor befrage Tiresias', an die 3.
person / 386 f. ov8e hbv &g ewi dv^öv ifiw fteiae^ 'Ayafiifivon^^
TtQiv / äno Ttaaav ifioi ööfievai ^^aXyia Xwßtjv 'zuvor soll
er mir seinen frevel vollständig büssen'; ähnlich acc. c. inf.
nach Ttqiv als forderung an die 2. person % 63 f. Einige bei*
spiele sind dadurch bemerkenswerth , dass durch tzqiv mit inf.
nicht sowohl das temporale verhältniss beider handlungen be-
stimmt wird, sondern der gegensatz des positiven gedankens
zum negativen überwiegt, sodass tvqIv geradezu mit 'vielmehr'
übersetzt werden kann: Y 256 aA.x^$ d' ol! fi irtisaaiv ano-
tgiifjug fiBfiawtay tvqIv xahi^ fiaxiaaa^ai, harrlov 'vielmehr
bestehe den kämpf mit der wa£fe'; X 265 ff. ovte ti vwiv
OQiua eaaovrai nqiv rj ^egöv ye Tteaövra atfiarog iaai ^'A^a
'vielmehr muss einer von uns beiden fallen', vgl. auch ZU 171 f.
O 556 ff. — ein ähnliches gedankenverhältniss , wie A 29 v^v
if €y(ü ov Xvaw Ttqiv fiiv xai y^gag enBioiv "^fieviQip evl Oüupf
vgl. 2 282 f. fl 551. 0 164 ff.
Eine weitere entwicklungsstufe bezeichnen die beispiele, in
denen der erste satz (ohne tvqIv) nicht mehr negativ, sondern
positiv ist, von der zurückweisenden bedeutung des adverbialen
TtQiv nichts mehr vorhanden ist und der inf. nur noch die Vor-
stellung eines zu erwartenden ereignisses enthält. Unter diesen
beispielen sind besonders die hervorzuheben, in denen die infi-
nitivkonstruktion eine dem redenden unerwünschte möglichkeit
136 G. Hentze
enthält, deren eintritt er darch eine im hauptsatze geforderte
oder gewünschte handlang zuvorkommen möchte, sodass TtQvv
mit infinitivkonstroktion der bedentung nach einem negativen
finalsatze gleichkommt So nach anfforderungen im imperativ
Z 80f. (n^T ctvvov aal Xaov igwiaKsre — tvqIv ovt' iv X^Q^^
ywamäv qfsvyovrag fteaieiv. re 376. w 430, in anderer form
P 30 ff. — y 198 ff., nach wünschen im optativ Z 464 f. dXXd
/Ei« Te^vTfjiSra x^r^ xorä yaia xalvrcvoi nglv yi Tt a^g t« ßo^g
aov »' €Xxti»^oio 7tv»ia»ai. Q 245 f. d 667 f. q 597, mit aX»'
ioq)eXXß a 401 vgl. X 16 f.; auch nach aussagesätzen, die einen
wnnsch des Subjekts enthalten, wie d 823 = v 426 » o 30
(iloxobiaiy) U/iSPOi xvsivai Ttqlv feargida yaicev iiUad'ai, O 588.
Auch in der erzählung wird durch ttqvv mit inf. öfter eine
nicht wirklich ausgeführte handlung bezeichnet, deren ausfüh-
rung durch die handlung des hauptsatzes verhindert ist : JT 322
eqfdr] oge^d^evog Ttqlv ovtaaai 'ehe er durchbohren konnte'.
Q 453. ^ 301. l 319. — In oratio obliqua steht fCQiv mit
infinitivkonstruktion in fnturischem sinne, nach negierten haupt-
sätzen (mit oder ohne JtQiv): E 288. P 504 ß 375. d 254 f.
747. Q 105, nach einem positiven « 301; im anschluss an einen
befürchtungs- oder absichtssatz mit /iij im opt. nach praeteri-
tum J Hb, V 124. 193, mit ^tj im conj. t] 196.
Der letzten entwicklungsstufe werden die beispiele ange-
hören, in welchen der inf. auch nicht mehr futurische bedeu-
tung hat, sondern im anschluss an aussagesätze im ind. praes.
oder praet. eine als eintretend gesetzte oder wirklich einge-
tretene handlung bezeichnet und durch ngiv lediglich die zeit-
liche folge beider handlungen (im sinne von bis oder bevor)
zum ausdruck kommt. So im anschluss an eine aussage im
praes., an eine negative T 170 ovde %l yvla rvQiv xa/tiyet, tvqIv
ftdwag iQio^aai Ttolifioio. S 19. Y 100. <2> 578; an eine
positive ^ 288. Häufiger in der erzählung: nach negiertem
hauptsatze T 313 ovdi %i dvfi^ vignswo Ttqlv noli^ov avofia
dvfievai. H 481. i 65. 148. X 50. 89. /u 187. % 475, nach
positivem hauptsatze / 403 » X 156. N 172. a 210. 17 83,
vor positivem hauptsatze <2> 100. £ 229. Der diese letzte ent-
wickelungsstufe darstellende gebrauch ist auf 20 beispiele be-
schränkt (II. 10, Od. 10). Die beispiele der Ilias gehören den
gegangen HINSTY0X an; die ersten 6 gesänge und ausser
andern auch ^ und JI bieten kein beispiel.
Der Imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 137
Der gebrauch von rcaQog mit Inf. bietet kein beispiel, in
welchem der inf. ursprünglich in voluntativem sinne gefasst
sein könnte ^).
Ich muss noch ein bedenken erwähnen, welches Delbrück
Vergl. Synt. m p. 437 gegen die Yon Heikel und Brugmann
aufgestellte ansieht über den Ursprung der infiniti?konstruk-
tionen nach tvqlv erhoben hat, das bedenken: es sei nicht ein-
zusehen, warum die Griechen gerade den infinitiv, und nicht
lieber den imperativ gewählt hätten. Dies bedenken erledigt
sich, meine ich, dadurch, dass in den beispielen, welche uns
den ältesten gebrauch von ttqIv mit inf. darstellen, die voraus-
gehende negative aussage (im fut. oder imperativ, inf.) eine
handlung enthält, welche erst im verlauf der zukunft vollzogen
werden kann, und auch die vorher zu vollziehende, welcher
jene unmittelbar folgen soll, eine futurische ist, daher der im-
perat. inf. als futurischer imperativ an der stelle war.
Göttingen. C. Hentze,
Leo Meyer Handbuch der griechischen etymologie. Leipzig,
8. Hirzel. 8°. I. band (656 s.), IL band (860 s.), IIL band
(488 8.) «).
Es wird wenige gelehrte geben, die im laufe eines langen
lebens der arbeitsart und dem arbeitsfeld ihrer Jugend so treu
geblieben sind, wie Leo Meyer, und wenn ich nun sage, dass
ich die wissenschaftliche persönlichkeit des Verfassers der „Ge-
drängten vergleichung der griechischen und lateinischen decli-
nation'', der „Vergleichenden grammatik der griechischen und
1) Der viel seltenere gebraach von naqos mit inf. (überhaupt in
12 beisp., IL 7, Od. 6, mit inf. in 8 beisp., II. 4, Od. 4, mit acc. c. inf.
in 4 beisp., IL 8, Od. 1) findet sich mit ausnähme von i/; 809 nur nach
positiven sätzen, daher auch nirgend ein nttqog oder nqiv vorausgeht,
und nur in beziehung auf die Vergangenheit. Er berührt sich nur mit
der zweiten entwicklungsstufe von nqlv mit inf. in 4 beispielen in
uiMSO, die eine in der Vergangenheit nicht eingetretene handlung ent-
halten, am meisten aber mit der letzten entwicklungsstufe von tiq^v, da
8 beisp. in Z£*P und in der Odyssee eine in der Vergangenheit einge-
tretene handlung bezeichnen. Dagegen nimmt Delbrück Vergl. synt. III
p. 436 f. an, dass ngiv sich nach naqog, und zwar in schon sehr früher
zeit gerichtet habe.
2) Vgl. die selbstanzeige 6GA. 1901 s. 325—829.
138 A. Bezzenberger
lateinischen spräche", der „Flexion der adjectiva im Deutschen'',
der „Gothischen spräche" u. s. w. in dem „Handbuch der griechi-
schen etymologie" fast unverändert wiedergefunden habe, so glaube
ich damit eine Vorstellung von dem gehalt und dem wesen dieses
Werkes zu geben, die nur für diejenigen einer ausfuhrung bedarf,
welche nicht, wie ich, jenen älteren Schriften ein gutes teil ihrer
wissenschaftlichen Schulung verdanken.
Gleich den früheren arbeiten Leo Meyers „charakterisiert sich"
auch die vorliegende „durch eine reinliche, klare und nüchterne
darstellung" (Benfey Geschichte der Sprachwissenschaft s. 591)
und durch, wie mir scheint, unbedingte Zuverlässigkeit aller tat-
sächlichen angaben. Gleich jenen zeigt sie aber auch eine be?
schränkung des arbeitsgebietes sowohl auf griechischem, wie auf
nichtgriechischem boden, welche ich trotz des alters und der
klassicität der von Leo Meyer bevorzugten Sprachdenkmäler als
richtig nicht anzuerkennen vermag, und dieser beschränkung
gegenüber ein eingehen auf das vorkommen der von ihm berück-
sichtigten altindischen, lateinischen und gotischen Wörter, die den
eindruck der Verschwendung macht. Was hat es beispielsweise
für einen wert, dass HE 166 lat. dare mit „Enn. ann. 234;
447" belegt ist? Oder dass ebenda s. 295 „das ganz vereinsamt
dastehende gothische bnauan 'zerreiben'" (das Leo Meyer ver-
mutungsweise zu xvavBiv stellt) mit dem citat: „nur Luk. 6, 1:
raupid^un ahsa sipdnjds is jah matidMun bnauandans — 'i/^o/-
XO/vtBq* — handum" verbunden ist? Oder dass ebenda s. 300
unser graben, goth. graban (nach Leo Meyer möglicher weise zu-
sammenhängend mit x^^^^cracir) belegt ist mit: „Luk. 16, 3:
graban — ^OTianreiv^ — ni mag; 6, 48: mann timijandin razn,
saei grob; 19, 43: bigraband fijands theinai grabai — ^xaqomo^
— thuk?" Oder dass ebenda s. 461 got. varmjan mit den be-
legen: „Mk. 14, 54; Joh. 18, 18 — 2 mal — und 25; Ephes.
5, 29" ausgestattet ist (während dem Verfasser auf der vorher-
gehenden Seite für dasselbe verbum das citat „Ephes. 5, 29:
födeith ita jah varmeith" genügte) ? Statt ein übermaass von zeit
und räum auf solche citate zu verwenden, die sich aus spezial-
wörterbüchern doch leicht entnehmen lassen, und deren ange-
messenheit von dem herr Verfasser selbst dadurch in frage ge-
stellt ist, dass er sie öfters ganz willkürlich ausgewählt (vgl. z. b.
die obigen anführungen über got. varmjan und die belege für
altind. pdtus II 506, 546: RV. I, 44, 9; I, 52, 13 — RV. I,
127, 8; I, 105, 2) und bei der anführung von z. b. altslavischen
und litauischen Wörtern verschmäht hat — statt also sich und
sein publikum mit solchen citaten zu plagen, wäre es gewiss
richtiger und willkommener gewesen, wenn er die griechischen
dialekte ausgebeutet und bei jedem griechischen werte die beson-
deren mundartlichen formen, unter denen es bekannt ist, ange-
geben hätte. Dass er dies unterlassen und die dialekte nur auf
das notdürftigste berücksichtigt hat» beeinträchtigt den wert seines
Anzeige. 139
Werkes sehr empfindlich und macht zugleich den mangel eines
der anläge von Büchelers Lexicon italicum oder von Miklosichs
Etymologischem Wörterbuch entsprechenden, aber mit belegen aus*
gestatteten griechischen Wörterbuches recht fühlbar.
Auch mit griechischen citaten hat übrigens der herr Verfasser
sein werk allzu reichlich bedacht, indem er sehr oft bei einer
anführung oder einem verweise ein griechisches wort mit beleg-
stellen begleitet, obgleich dasselbe wort an seinem platze mit aus-
geschriebenen belegen genügend versehen ist Ich verweise bei-
spielsweise auf Ttoaig II 546 und 506, deanöt^jg III 217, 11 546,
vd^ig II 766 und 728.
Das werk ist lexikalisch angelegt und grundsätzlich aber
nicht mit pedantische konsequenz nach stammen geordnet. Ab-
gesehen von einzelheiten kann ich dies nur billigen, muss es aber
einstweilen für einen missgriff halten, dass die Ordnung nicht in
gemässheit des griechischen alphabets, sondern nach einer von
dem herrn Verfasser gewählten buchstabengruppierung erfolgt ist
(a, s, 0, t]^ w; ly ae, eij oi; v, ot;, «v, ov; x [auch ^, n [auch
V']» ^; y» /*» ^> C; X» % *> <^» ^ l^y Qj ^)- ^^^ gmnd, de» der
herr Verfasser für diese einschneidende neuerung geltend macht,
dass nämlich die reihenfolge des gewöhnlichen slphabets „eine
sehr bunte ist und viel nah zusammengehöriges weit auseinander
reisst'< (GGA. 1901 s. 328), wird niemanden mit ihrer unge-
heuren Unbequemlichkeit aussöhnen. Der angegebenen Ordnung
gemäss folgen der reihe nach z. b. auf nä „sich erwerben'' (II
465): Ttdid-, Ttiog-^ nO'- (pronomen), no- „trinken", ttj, nrjö^g^
nw- „trinken", ttco, Ttüv-y Ttwvyy-, 7t i- (ttI-) „trinken", nlaq^
Ttii^iVy Ttiov-y fvai'SiVy rtai^o-Vj Ttaiijov-, TtaLioviä, noX^ Ttovievv^
noio-^y TtoiKi „gras", Ttoit] „sommer, jähr", niavo-^, TcvsXo-g,
nvo-g^ nvog-, nav-ea&ai, Ttov^ nccKToeiv u. s. w.; auf Jidivvoo-g
rni 177): dnaXvyio-gj dialy dlaiza^ diaiveiVf dal u. s. w.; auf
OQVfio-v (m 253) : ddlo-g, dikeag u. s. w. — Femer muss ich
mich gegen das nicht seltene zerreissen von zusammengehörigem
aussprechen, das der herr Verfasser doch gerade vermeiden wollte,
z. b. von ^0-, fttj-y TtL' (tt*-) „trinken" (s. oben), oder von qpa-
„töten" (III 348), qpOTO-g „getötet" (III 360), qpfiy- „töten" (ge-
folgert aus S7t€q>vov; III 384) und ^£v- „schlagen" (III 449:
„im gründe das selbe mit q>eV' 'töten'"), obgleich zuzugeben ist,
dass in dieser hinsieht die richtige mitte zwischen einem zu viel
und einem zu wenig nicht leicht gefunden werden kann.
Bei der behandlung des Stoffes ist der herr Verfasser darauf
ausgegangen, ihn von seinem wissenschaftlichen Standpunkte aus
nach möglichkeit gruppenweise vorzuführen. Um aber auch die
Selbständigkeit mindestens der wichtigeren ableitungen hervor-
treten zu lassen, hat er dieselben auch besonders — öfters, wie
bemerkt, etwas zu breit — behandelt, oder doch aufgeführt. So
heisst es z. b. unter zäaaeiv (II 766) nach einer reihe von be-
legen dieses wertes:
140 A. Bezzenberger
„Dazu vä^is 'geordnete aufstellung, heerhaufen, Ordnung';
'Stellung, platz'; Aesch. Prom. 128: qfilla yag fjöe ta^vg TtTSQvyonf
^oaig afuXXaig ftgoaißa tovöb rtdyov. Fers. 298: oar ini
OKrjTizovxlije zaxd'elg avavÖQOV td^iv Tjfi^fMOV &ctv(ov. Soph. Oed.
Kol. 1310: ^fjLfjLoxuiv %e tuiv i^viv^ di vvv avv eTctd zd^eaiv
avv hma tb Xoyx^^S ^^ ®^ßVS ^^^^ afiq)BaTaav näv, Hdt.
1, 82 : 6 de vwv AcnuBdai^ovlwv ^Od'Qvddrig ... iv z^ Tcr^t bIxb
Bwvzov. (Siehe auch besonders seite 728). zäyo-g 'anordner,
befehlshaber' (siehe besonders seite 749). — zayi^ 'schlaohtord-
nung* (siehe s. 749)".
Schlägt man die stellen, auf die hier verwiesen ist, nach, so
findet man:
(S. 728) „zd^ig 'geordnete aufstellung, Ordnung, Stellung,
platz' (weder bei Homer noch bei Hesiod; Pindar hat es nur in
dem abgeleiteten za^iova&av 'sich in Schlachtordnung aufstellen'
Ol. 7, 8; — Aesch. Prom. 128; Pers.298; 380; Soph. Oed. Kol. 1311 ;
Bruchst 399, 3; Hdt. 1, 82; 6, 111; 9, 26; 27), siehe weiterhin
unter zdaaeiv 'geordnet aufstellen, ordnen'; 'verordnen, befehlen'".
(S. 749) »zä^p-g 'anordner, befehlshaber'. D. 23, 160:
Ttagä d* o? zäyot diAfii iasvovzojv (scheint weniger gute lesart
als ... 0? T dyol 'führer' . . .), Aesch. Prom. 96: zoicvS* 6
viog zayög fiaiidQtav i^ijvg Ire ifiot öbo^ov deix^. Pers. 23:
aal Meyaßdzijg ^d' ^Aazdartrjg, zayol IlBQacSv. 324: Qdqvßig
ZB Ttevzijxovza ftBvzducig vbwv zayög. 480: vawv ys zayoi zdiv
XeXeifi/iivuiv . . . avQOvzat wvyijv. Agam. 110: ld%aiGnf dl&Qovov
Ttgdzog^ ^EXkdöog fjßag ^v(jiq>qovB zayii» Soph. Ant. 1057: cto^
oia^a zayovg ovzag av iiyrjg liywv; Eur. I. A. 269: atv o
^'Aöqaazog rjv zayög. Ar. Ritter 159: w ztSv 'A&tiviwv zayi zwv
evdaifiövwv. Xen. Gesch. 6^ 1, 8: Srt . . • evnBzwg av iyw
zayog QBZzaXünf aTtdvzwv xazaazairjv. Pollux 1, 128 erklärt:
l'diov . . . QezzaXwv zayög. — Dazu zayi^ 'Schlachtordnung';
Ar. Lys. 105: 6 d* sfiög ya (nämlich dvTJQ)^ xav ix zag zaySg
ilarj Ttöna. — Scheint eine verbalgrundform zäy (oder zay)
'ordnen, anordnen, befehlen' zu ergeben, die aber m keiner ein-
zigen verbalform deutlich heraustritt» ausser in dem passivaoristi-
schen zayijvaij das aber nur bei späteren (wie ApoUod. 1, 9, 23;
zd ini-zayivza) vorkommt und sich zu dem präsentischen zdacBiv
(siehe, seite 766) stellt".
Diese beispiele lassen zugleich die sehr eingehende behand-
lungsweise erkennen. Was an griechischen Wörtern einem Stich-
wort untergeordnet und nicht durch Verweisungen erledigt ist, ist
mit belegen versehen, und alsdann ist auf lautliche Verhältnisse,
form und verwantschaft des betrefienden wertes bezw. wortkreises
eingegangen.
Unleugbar ist diese behandlungsweise sehr zweckmässig und
wie sie, so erkenne ich auch gern an, dass die belege, obgleich
in einzelnen fällen über ihre auswahl eine auskunft erwünscht
wäre, über das vorkommen der griechischen Wörter in der litte*
Anzeige. 141
ratur gut orientieren, und dass das eingehen auf die form der
Wörter, ihre erläuterung durch paraUelbildungen eine grosse an-
nehmlichkeit bildet Womit ich mich aber nicht befreunden kann,
ist die etymologische seite des Werkes. Nicht selten ist gar keine
deutung eines Wortes gegeben, obgleich es klar oder befriedigend
erklärt ist, und nur zu oft ist eine gute etymologie in unbegrün-
deten zweifei gezogen oder gar bald ausdrücklich, bald still-
schweigend einer weniger guten nachgesetzt. So heisst es unter
ddiv' „drüse" (I 137) : „dunkeler herkunft . . . Fick I * 363 ver-
muthet Zugehörigkeit zu altbulg. jendro 'kern, hode' und altind.
andd-m 'ei, hode' (Manu; Hit.)''. Die tadellose kombination
Saussures: ddrflf — lat. inguen — an. ekkr „geschwulst" (M6-
moires de la soci6t6 de linguist. VI 53) wird hier jeder vermissen.
— Von adivO'Qt das „etymologisch völlig dunkel" sei (I 141),
gibt es eine bemerkenswerte erklärung Zupitzas (Gutturale s. 88).
— ainvctfiog „enkel, nachkomme", das sich von selbst in a-inväfiO'g
zerlegt und einen nachkommen insofern benennt, als seine erinne-
rungen nicht soweit zurückreichen, wie die eines vorfahren, ist
mit der kurzen bemerkung „dunkelen Ursprungs" abgefunden
(I 249). — Von iganj „andrang, schwung" (I 443) ist gesagt:
„Die gewöhnlich angenommene identität mit dem vorausgehenden
iQ(xn] 'das ablassen' ist bei dem weiten auseinanderliegen der be-
deutungen beider Wörter durchaus unwahrscheinlich. Weiterer
etymologischer Zusammenhang noch unermittelt". Diese äusserung
trifil schon seit langer zeit nicht mdir zu, s. Fick Vgl. wbch.
» III 252 (unter rasa). Prell witz Etym. wbch. s. 104. — ifiog
(I 602; nach dem herm Verfasser „alt wahrscheinlich f^io-g")
ist unerklärt geblieben, und li^iog, das daran anklingende beiwort
ApoUons, soll von Imog „kläglich, jammervoll" nicht verschieden,
„aber wohl anders (aoer wie?) gedacht" sein (II 15). Die erklä-
rungen, die Froehde BB. III 7, XIX 235 von diesen Wörtern
gegeben hat, durften hier nicht unerwähnt bleiben. — Für fi/oma
(II 22), J^eixd^eiv (II 105), ßeixwv (11 106) u. s. w. ist angeb-
lich „weiterer etymologischer Zusammenhang noch nicht nachge-
wiesen; Fick (bei Bezzenb. 4, 184) behauptet einen solchen mit
lit. vfkti 'eintreffen, zutreffen, wahr werden', bringt aber gar nichts
bei, das die von ihm angenommene bedeutungsentwicklung irgend
wie wahrscheinlich machen könnte" (II 23). Diesem mangel hätte
der herr Verfasser aber selbst leicht abhelfen können. Ich führe
an: lit. pa-toSikslas „beispiel", pa-weiksltis „musterhaft" (vgl.
ßeixwv), newyk^ ddikts (Lit. forsch, s. 57, vgl. a߀vxihog\ lett
uAksfüs „ich schicke mich an" (vgl. fi/oiKs „es schickt sich").
Übrigens stellt Fick neuerdings eoixa vermutungsweise zu skr.
vigdti „eintreffen" (Wbch. * I 543) und Prellwitz Wbch. s. 85
ist ihm leider darin gefolgt — Über olx^ad'ai liest man (II 131):
„Da in den verwanten sprachen sich offenbar keine frappant ent-
sprechende form findet, so bleibt Benfeys Vermutung (Or. und
Occ. 1, 427; 732) erwägenswerih, nach der das x üi ganz ahn-
142 A. Bezzenberger
lieber w^se wie in e^eadtii 'kommen, geben' (1» seite 460) sieb
SOS älterem präsentisehem sk entwickelte und dasselbe alte altind.
«t zu gründe liegt, das mit der bedeutung 'bringen, heibeiscbaffen'
scbon unter oi- 'tragen, bringen' (seite 121) aufgeführt wurde,
mebrfadi aber aucb in der bedeutung 'gehen, kommen' auftritt".
Ich möchte wissen, was Leo Meyer gegen die Verbindung von
oi%oiuxL und lit eigä „gang" (Ptellwitz Wtbch. s. 221) einzu-
wenden hat — Obgleich Homer nur %fjQ zeigt, bleibt der herr
Verfasser doch bei der alten annähme, dass xijq aus huboq kon-
trahiert sei, und erklärt über dieses: „Dunkeln Ursprungs. Die
annähme naher Zugehörigkeit zu xaqditj 'herz' ist ohne boden"
(n 218 f.). — nQOfivria%iv<hg „einzeln einander folgend" ist mit
dyxiOTivog verglidken, „das offenbar von dem superlativischen
ayxiazo^ ausging. So darf man auch in unserem wort
das -aT- für superlativisch halten. Die vorausgehende sufiGxform
beg^net offenbar denen in nqviivo^ 'der äusserste' Die
grundlage aber bildet n((6 'vor"' (ü 640). Ganz anders und
wie ich glaube, abschliessend ist TtQOfivrjatlvog von O. Hofiinann
Rhein, museum LVI 474 erklärt. — Die Zusammenstellung von
Twd'd^iv mit unserem tadel, die übrigens meines wissens zuerst
von mir gemacht ist (BB. V 315), trifit nach dem herm Verfasser
„schwerlidi das rechte". Er selbst ist nicht abgeneigt, das grie-
chische wort mit skr. hdsati „lachen, verspotten" in Zusammen-
hang zu bringen, an dessen intensivform jähasyamäna vtodii^siv
„sich möglicher weise eng anschliessen könnte" (ü 763). — ßj^^jxn
soll „etymologisch nicht mit Sicherheit weiter zu verfolgen" sein
(III 151). Ich glaubte bisher, dass Ficks etymologie ßXfjxV*
ahd. kUiga (BB. XII 161) allgemeine Zustimmung gefunden habe
(vgl. Brugmann Grundriss ' I 614, Zupitza Gutturale s. 82). —
OQvntBw {ÖQVipwp m 252) „scheint" nach Leo Meyer „in den
verwandten sprachen noch nicht aufgefunden zu sein", ist aber
mit recht zu lett. drupt „zerfallen, in trümmer gehen, zerbröckeln"
gestellt (G. Meyer Griech. gram. > s. 69 ; wegen des Verhältnisses
zu lit. trupSti „in brocken zerfallen" (dazu trunipas „kurz") s.
s. Noreen Urgerm. lauüehre s. 185 anm. 3, Eretschmer EZs.
XXXI 455 anm., Zupitza das. XXXVII 389). — xo^og, dessen
identificierung mit lit. zäras (Fick Wtbch. ^ I 435, Prellwitz
Wtbch. s. 362) ich für tadellos halte, ist ohne erwähnung dieser
etymologie in Zusammenhang gebracht mit skr. ghürndti „hinund-
herschwanken, wanken, sich hinundherbewegen, zucken" (ni 308).
Nach dem herm Verfasser selbst ist es lediglich wissenschaft-
liche strenge gewesen, wodurch sein etymologisdiee verhalten be-
stimmt ist. „Alles" sagt er in der selbstanzeige des Werkes s. 329
„was an früheren Worterklärungen nach dem gegenwärtigen stände
der Wissenschaft als ganz verfehlt angesehen w^en darf, ist ganz
unerwähnt geblieben, ebenso aber auch alles, was etwa an allzu
unsicheren und verwegenen muthmassungen sich hie und da leicht
hätte vordrängen mögen. Wo ausreichende erklärungen noch
Anzeige. 143
fehlen, ist es unverblümt ausgesprochen; mit Wendungen wie
'dunklen Ursprungs', 'etymologisch noch unaufgeklärt' und ähn-
lichen ist durchaus nicht gespart". Die obigen anführungen geben
aber ein ganz anderes bild. Nicht strenge rücksicht auf den
gegenwärtigen stand der Wissenschaft hat den herm Verfasser ge-
leitet, sondern lediglich sein subjektives ermessen, sein wissen-
schaftlicher geschmack, und dass er in dieser beziehung auf ein-
samem pfade wandelt — wenn dafür noch ein beweis nötig ist,
so bietet ihn z. b. I 636, wo die Zusammenstellung von rjXiii-
und aind. sadr^ als „noch immer wahrscheinlich" behandelt ist.
Diese Subjektivität hat aber nicht nur unmittelbar, sondern
auch mittelbar das urteil des herm Verfassers ungünstig beein-
flusst, denn sie — und gewiss nichts anderes, da der Vorwurf der
bequemlichkeit der ungerechteste wäre, den man Leo Meyer
machen könnte — hat ihm auch die neuere einschlagende litte-
ratur fem gehalten und ihn also verhindert, sich ein zutreffen-
deres bild von dem gegenwärtigen stände der Wissenschaft zu
machen. Wie wenig er sie zum grossen schaden seines Werkes
berücksichtigt hat, wie viel er aus ihr hätte entnehmen können,
das man nun wieder mühsam zusammen suchen muss, wie viel
nutzbarer und zeitgemässer er mit ihrer hülfe ein werk, das in
solcher ausdehnung nicht leicht wieder erscheinen wird, hätte
machen können, zeigt dasselbe auf jedem blatt. Ficks Wörter-
buch ist wohl das einzige hülfsmittel, das er mit einer gewissen
regelmässigkeit benutzt hat, und gewiss gebührt diesem eine be-
vorzugung im höchsten grade, denn niemand wird leugnen, dass
Fick der verdienteste etymologe unserer zeit ist. Aber Fick selbst
wäre der letzte, der den grossen etymologischen leistungen Bugges,
Froehdes, J. Schmidts aufmerksamstes gehör versagen und es ab-
lehnen würde, überall nach etymologischen perlen zu suchen, wo
er sie vermuten kann. Wie er ein etymologisches handbuch des
Griechischen anlegen würde, hat er in seiner anzeige von Prell-
witz' etymologischem Wörterbuch (GGA. 1894 s. 227) ausge-
sprochen. Dass Leo Meyer ihm nicht gefolgt ist, wird hoffent-
lich dazu beitragen, dass Prellwitz' werk bald in einer neuen
bearbeitung erscheint
Die zahl der falle, in denen ich aus der fach wissenschaft-
lichen litteratur etymologische bemerkungen gegen den herm Ver-
fasser zu entnehmen habe, ist zu gross, als dass ich sie erledigen
könnte, und hier noch eine auswahl aus ihnen zu treffen, hätte
wenig zweck. Dagegen erlaube ich mir eine reihe von Wörtern
zu behandeln, deren beurteilung ich fördern zu können glaube.
dßoKiBiVj dßmtiQ (I 127).
Diese Wörter und aßa^^ das Hesych als erklärung von dßd*
xr^g braucht, nebst dßaxrj^oiy y^alaXog^ äavvefog" (ders.) verbinde
ich mit ßoKttjQla „stock, stütze", ßdxvQOv „stab, stütze", ßäxTOi
144 A. Bezzenberger
^^iaxVQoi*^ (Hesych), lat bäculum, im-bectütis „schwach'' (Fick
BB. XVII 320\ Uhlenbeck PBB. XVIII 242 hat zu diesen
Wörtern mit recht nd. pegel gestellt; ahd. chegüf das Fick ihnen
zugesellen wollte, ist das asl. zhzh, russ. zezh „stab, stock",
lett. fißs „Stab", vgl. Miklosich Etym. wbch. s. 413.
Die ursprüngliche bedeutung von a-ßcm- wird „haltlos,
schwach" gewesen sein, und hiervon liegt „ruhig, sanft, still"
nicht weit ab, vgl. z. b. den gebrauch von engl. soft. Übrigens
kann in äßaxriaav Od. 4, 249 dieselbe geringschätzigkeit stecken,
wie in imbecälus.
ayayomTßiv (I 108).
dycevaxTSW » ay-avaxTiw enthält vermutlich -ttvay" » ^ng'
in lit. ünkti (üngau) „wimmern wie ein hund", iit^cstyti „leise
winseln, wimmern", germ. ank- in mnd. anken „seufzen, stöhnen".
Vgl. GGA. 1898 s. 554 anm., wo weniger gut TtsQi'fjfieTiTew zu
ünkti gestellt ist.
>' ftO y-T ^\ >/
ae»3iov (I 8), ao^ (I 14).
Se&Xov „kampfpreis", aed'Xog „kämpf, wettkampf^' hat Benfey
Wurzell. I 255 f. zu skr. vadh „schlagen, erschlagen, verwunden,
töten" gestellt (vgl. vadhä, vddhatra, vadhdnä, vddhar = av.
vadare „waffe"), und diese etymologie scheint mir viel zu früh
aufgegeben zu sein (so auch von Zupitza KZs. XXXVII 405 f.).
ae&kov kann ursprünglich „waffe" bedeutet haben : die waffen des
gegnera waren damals die IVcr^a. Später trat anderes unter ihrem
namen an ihre stelle (II. XXII 163 f.). Unter diesem gesichts-
punkt findet die Hesychische glosse ao^g' ywaineg kdyovrai xai
vgiTtoöeg (vgl. doQwv ' ywamwVy falls nicht zu ändern in oaQwv)
ihre sehr einfache erledigung, und auch nicht zweifelnd lässt sich
hierauf ein aoQ- „frau" begründen (I 14). Nur insofern ist
Hesychs deutung von aoQsg beachtenswert, als sie eine Überliefe-
rung erkennen lässt, die als eigentliche bedeutung von as&Xov
äoQsg, also eben „waffen" annahm.
alovaeiv (11 74).
Wie idw auf *asfajw kann aiovdw „begiesse, feuchte an"
auf *aaißoväjw beruhen i) und zu lit sywai „saft", lett. Hwe,
siws (auch djs, wie aj^s „schafe", güfs „kühe" Lett. dialekt-stud.
s. 160) „das öl, das sich beim stossen des hanfs bildet, mist-
jauche" (auch „scharfe materie" im anschluss an ^ws „scharf")^
got. saivs „see" gehören. Die wurzel dieser Wörter scheint im
Griechischen bereits durch alfia (Prellwitz a. o. s. 8, Stokes Ur-
1) Fick GGA. 1894 s. 229 sieht für die erklämng von atovam yed.
ifvämi drapsdm in betracht. Allein dies heisst „ich sende den tropfen"
(KV. VIII 85, 14), nnd in aiovdu liegt nicht die vorstellnng der schnellen
bewegnng, die an tf haftet.
Anzeige. 145
keltischer sprachBchatz s. 303) vertxeten zu sein (s. jedoch Fick
GGA. 1894 s. 229).
Got. (german.) saivs auf *8oih>{r zurückzuführen (Zupitza
Gutturale s. 68) nötigt gar nichts, denn ahd. gisig {ffesik, gisic)
„palus, stagnum*', das angeblich für die erklärung von saivs
maassgebend ist, hat kein recht für mehr als eine hochdeutsche
bildung (aus sngan Graff VI 130 f.) zu gelten. — Fick Vgl.
wbch. > II 257, ^ I 141 stellt lit sywai zu gr. vsiv „regnen
lassen^', „regnen'^ und skr. sunüti „auspressen''. Allein dem
widerspricht das y, und was veiv betrifil, so ist es fraglich, ob es
mit skr. su zu verbinden ist. Empfehlenswerter scheint mir seine
Vereinigung mit avuv „schöpfen'' (Fick BB. 11 187, Osthoff Ge-
schichte des perfekts s. 486), lat. haurio und an. ausa „be-
sprengen, begiessen", nicht nur, weil in veiv die Vorstellung des
pressens nicht enthalten ist (vgl. in dem vorliegenden werke II
139), sondern auch weil durch diese Zusammenstellung eine be-
friedigende erklärung der formen Sadtjcav und iqjva^Jiivog und
des Wortes vaviaxov „trinkgefass" (II 165) gegeben wird. Dass
vd'kog „leeres geschwätz" zu veiv gehöre (Persson Wurzelerweite-
ruDg s. 8 f.), ist sehr unwahrscheinlich. Wohl aber darf '^iwv
auf veiv, ausa bezogen werden (Froehde BB. XX 212; an. etfrr
bleibt besser fem).
dyLSvsiv^ oMivBvv (I 43 f.).
dnevsr vrigel. KvnQiot (Hesych), ä^evovcog im recht von
Gortyn (von Bücheier mit „indem hört" übersetzt), Idxevod
(Bechtel GN. 1888 s. 411) will Kretschmer KZs. XXXIII
565 wegen der nicht zu bezweifelnden vergleichung von a%ovfa
mit got. hausjan von änovio trennen. Ich lasse es dahinge-
stellt sein, ob nicht mit wenigstens demselben rechte diese ver-
gleichung wegen axevo} aufgehoben werden könnte, da mir alle drei
Wörter eng zusammenzugehören scheinen. Ihre letzterreichbare
grundlage sehe ich in asl. duti „noscere", nsl. öuti „hören, wachen",
wr. 6u6 „hören" (Miklosich Etym. wbch. s. 37, Bemeker IF.
X 151, Zupitza KZs. XXXVH 399).
Aus der hierin enthaltenen wurzel kSu ergaben sich zunächst
zwei ablautsformen : keu und kü. Letzteres ist erhalten in gr.
xvöog „rühm, ehre" (II 277), hervorgegangen aus *keudoS' = slav.
öudo „wunder" *). Zu keu stellen sich xo(/)iWf skr. kavi (II 21 9 f.,
Hirt Ablaut § 449), wie z. b. lit. sraweti zu ^iw^ und es liegt
selbst vor in (a-)x6t;cii, in dem xa; durch s erweitert ist (vgl.
russ. öüchath „schmecken" : öuth „wahrnehmen", gebildet wie asl.
qchati^ gr. uaado/iai BB. VII 62).
Aus (a')x€v(a)w ergab sich endlich (d')iiov{a)j(o =• got.
hausja sei es auf dem von Meister (Dialekte 11 231) vermuteten
1) In Hudo sehe ich eine dareb Hud^ „riese", Huidh „fremd" ver-
anlasste umwandlang von cudo. Anders Bemeker a. o. ■. 166. Vgl.
J. Schmidt K8B. VI 184.
Beltilge s. knile d. inäg. ipialMa. XXVIL IQ
i
146 A. Bezzenberger
wege, sei es als eine denominale bildung (vgl. dxoij). Dass diese
beiden yerba ursprünglich „wahrnehmen'' bedeutet haben, darf un-
bedenklich angenommen werden, und ebenso ist es ganz unbe-
denklich, in dem a- von dxevw, dyjovio das lett. sa zu sehen (vgl.
lett. just ,,fuhlen, bemerken, empfinden'' — sajust „fühlen, be-
merken, wahrnehmen"); die entwicklungsreihe *aaKetaw — *Ha-
nevHüß — äxeiHw — oaiavut ist völlig regelrecht. Nicht unbe-
denklich ist dagegen die von Kretschmer vertretene annähme,
dass movw auf einer Zusammensetzung dx-ovg „ein scharfes ohr
auf etwas habend" beruhe (vgl. auch Fick BB. I 334, Johansson
IF. III 199). Viele analoge bildungen lassen sich keinesfalls
nachweisen, und dxgoäad'ai, die hauptstütze dieser erklärung,
steht seiner bildung nach so weit von dnovo) ab (duLOvo) —
dxQodofiai; dxiJKoa — ijHQÖäfiai), dass es mehr gegen, als für
jene annähme spricht.
In den kreis der eben behandelten worter ziehe ich auch
das viel erörterte lat. custödtre (s. Zupitza Gutturale s. 127 f.),
dessen st seiner unmittelbaren Vereinigung mit %ev&w widerspricht
vgl. J. Schmidt EZs. XXV 166), und dessen erklärung aus
udh84' (Brugmann IF. VI 108 f.) mir zu gekünstelt ist ^). Als
„bewahren, verwahren" lässt es sich dagegen eng mit dxevto
vereinigen. — Ohne bedeutung für die etymologie von custödire
sind die von Prell witz BB. XXV 312 herangezogenen lettischen
Wörter, da sie gar nicht echt-indogermanisch sind: ktuie „stelle
in Aussen, wo die fische laichen" ist das liv. kud, estn. kudu
„laich" (Thomson Beröringer s. 262) und in ufkude „keller",
ufkuds „brotkleete" steckt liv. koda, estn. kodu „haus" {uf-
„hinter" wie im Litauischen), gleichwie in kodlaks „hausier".
dmdvogy dxidQog (I 41 f.).
Die Zusammenstellung dieser wörter mit skr. khid „stossen,
drücken" ist bedenklich wegen des kh dieses verbums, und noch
weniger kann ich mich mit der Verbindung von dyudyog mit
iAi%(ßs (Bury BB. VII 340) und mit ^Ttadavog (Fick QQA. 1894
s. 229), sowie mit seiner beziehung auf xidvr] „geröstete gerste"
(Prell witz Wbch. s. 10) befreunden. Begrifflich Hessen sich
OKidi^Sgy dmögog eher auf ijxa „schwach", cMaXog „ruhig" be-
ziehen, aber formell sind sie hiermit nicht wohl zu vereinigen.
Dagegen steht nichts im wege, sie zu cymr. cwyddo „fallen", an.
hitta „treffen" (Stokes Urkelt Sprachschatz s. 75, Zupitza Gutturale
8. 117) zu stellen. Als ihre ursprüngliche bedeutung wäre dann
„hinfiUig" anzunehmen.
1) Ahd. huUa „hatte" und A«t „haus", die wiederholt mit eudödir^
in iQsammenhang gebrmoht sind, stelle ich (Am als ibf<»t-o-) ta nordlit.
temait. kStü „stiul", lett kdu „viehstall, vorh&ngeschloss" (nach
Brückner Ldtoslav. stud. I 100 vielleicht ans poln« htaa „niedrige hatte",
entlehnt, was er wohl selbst nicht mehr glaabt).
Anzeige. 147
oKology aßoXog (I 39, 129).
aKoloQ „brocken, bissen^' scheint mir nichts, als ä-noXo-g
(vgl. lat cello) zu sein, obgleich keine der möglichen deutungen
des a- sich dieser erklärung leicht fugt. Dagegen kann in äßoXog
„manteP' nur das „kopulative" a enthalten sein, wenn es, wie ich
nicht zweifle, ein griechisches wort ist. Wie der mantel zu diesem
namen gekommen ist, lehrt das lateinische „pallium in collum
conjicere".
>/ w
avetfiy avBw (I 192).
BB. rV 314 f. habe ich fj „sprach's'' von skr. ah getrennt
und eine erklärung von t] vorgeschlagen, die ich heute zwar nicht
mehr für richtig, aber an und für sich noch immer für besser
halte, als die zurückfuhrung von rj auf *^x^ (ausfuhrlich hier-
über Osthoff BB. XXIV 171 f.). Was gegen jene erklärung
spricht, ist avBw (a)'«^), das von tj nicht wohl getrennt werden
kann und insofern die annähme einer wurzel se für rj verbietet
(vgl. a'(a)aTog). Es ist ablativ (vgl. Buttmann Lexilogus II 1 ff.)
von *avrißog =s av-tjj^o^ „nicht sprechend'' (vgl. Düntzer KZs.
XIII 1 f.), gebildet aus dem er privativum (wegen dieser betonung
vgl. Knauer KZs. XXVII 1 ff.) und einem adjektivum 17/0-g,
das zu i gehört, wie lat. gnävu-8 zu lit. zinö-ti, gr. fXrjfo^
(: fla/og) zu filijjUt. Das tj ist verkürzt wie z. b. in roxetav,
Ficks Schreibungen avaoi, dyao) sind, soweit ich sehe, ohne ge-
währ. Die betonung avew erklärt Buttmann a. o. s. 3.
dvTtjQigf SvtQOv (I 205, 208).
dvttjQig soll nicht nur „stütze", sondern auch „fensteröffnung
oder überhaupt loch, nüster" bedeutet haben (dann dvr^Qig be-
tont) und scheint mir, soweit ihm diese bedeutung zukommt, zu
ävTQov zu gehören. Für verwant halte ich asl. (fth „durch-
löchert" (qtlina, qtlizna „scissio"), russ. ütlt/j „leck, morsch,
schwach, krüppelig", poln. toqtiy „schwach, nicht fest", toqtlica
(wqklica) „zerbrochener topf" (Miklosich a. o. 223, 430) und
lett. dtenis, ÖtdinÜe vermutl. „krüppel-birke" (gegensatz : purdinÜe
„sumpf-birke").
«toff, aotpg, otpg (I 13, 145, 524).
Leo Meyer hat oC^og in der Verbindung o^og^l/igriog von o^og
„zweig" nicht getrennt, während ich von der richtigkeit der an-
nähme überzeugt bin, dass es in dieser Verbindung an ao^og^
aCog „diener" anzuschliessen ist. In der deutung von d^og ^'AQtiog
bin ich also mit W. Schulze Quaestiones s. 497 (vgl. Johansson
IF. III 199 f.) einverstanden, aber nicht beipflichten kann ich
seiner lautlichen erklärung dieses oC^og als o-ad-o-g, da sie nicht
allein Übergang von ad in ^ annimmt (wofür sichere beispiele
10*
148 A. ßezzenberger
fehlen), sondern, was noch viel empfindlicher ist, in o^og und
aoJs,OQ (das von W. Schulze als a-aoö-jo-g aufgefasst wird und
sich gar nicht anders auffassen lasst) principiell verschiedene
bildungen sieht und das ^ von o^og ganz anders beurteilt als das
von iio^og. Beides ist aber so willkürlich, dass eine bessere er-
klärung von ot,og (^'^qrjog) gesucht werden muss.
Eine solche wäre schon die zurückführung von oCpg auf
o-aip^jo-g^ also eine bildung, die sich von aoCpg durch ihr d-
= a- (vgl. W. Schulze a. o. s. 494 ff.) und das fehlen des
Wurzelvokals (ebenda s. 498) unterscheiden würde. Allein abge-
sehen von anderem bliebe bei ihr unklar, warum der wurzelvokal
in aoCpg geblieben, hier aber geschwunden wäre. Aus diesem
gründe ziehe ich es vor, in otpg (^'Agrjog) eine falsche Umschrei-
bung von 0Z02 =a (jü^og und in dem w dieser form das ergeb-
niss einer kontrakliou zu sehen. Als offne form setze ich b-o^og
voraus, da zusammenziehung von a(a)o der echten homerischen
spräche nicht zugemutet werden daif, während kontraktion von
o{a)o durch *Hovg d 188, aldovg v 171 (vgl. Fick Hias s. 556)
gut bezeugt ist und durch zusammenziehungen von a(a)a eine ge-
wisse bestätigung fiindet. Das Hesychische ot^eia - d-egarcela bietet
keinen triftigen einwand gegen diese erklärung, da o^eia eine
ganz späte ableitung aus dem falsch umschriebenen 0Z02 sein
kann; und ebenso wenig sind a^og, ä^fjtai (I 145, W. Schulze
a. 0. s. 500) für die erklärung von o^og ('AQfjog) von bedeutung,
da nichts hindert, (tCpg^ atjqvav zu schreiben und das anlautende
ä mit Leo Meyer auf a — o zurückzuführen.
Ein besonderes Interesse verdient aot/og (s^tjog^ aCpg) insofern,
als es dasselbe ausweichen eines kompositums in die ^o-deklination
zeigt, das sich im Litauischen und Lettischen zum gesetz erhoben
hat. Bekanntlich steht es aber in dieser hinsieht im Griechischen
nicht allein. Einige derartige griechische bildungen habe ich
Beitr. z. geschichte der lit. spräche s. 105 angefahrt, andere
sind von Fick GGA. 1881 s. 444, Johansson BB. XIV 171,
Prellwitz Programm des gymnasiums zu Bartenstein 1895 s. 8
erwähnt. Ein hübsches beispiel ist vrtvog : eV'VTWioVy weil
hf'VTCVLOv deutlich auf eine lokativische Verbindung als veran-
lassung des thema-wechsels hinweist und zugleich die entstehungs-
art einer anzahl von ^'o-stämmen aufhellen hilft, da unzweifelhaft
(eV')v7tviov identisch ist mit lat. somnium, skr. svdpnya-m und
sich hiervon lediglich unterscheidet wie ev-alog (neben ivdXiog «
iv ali'Og) von lit. salä „insel'^ (Prellwitz a. o.). Selbstver-
ständlich kann aber nur eine beschränkte zahl derartiger bildungen
aus der Verbindung einer präposition mit einem lokativ ohne
weiteres erwachsen sein; von den meisten derselben ist vielmehr
anzunehmen, dass die ihnen je zu gründe liegende Verbindung
nach mustern wie e7tix^6viogy ivaXiog deklinabel gemacht wurde.
So entstand z. b. evvtcviov nicht ebenso aus *iv vftvei, wie i/ri-
j^d'öviog aus irti x^ovi, sondern ist in iv'V7ty{eiyi(hv zu zerlegen.
Anzeige. 149
Beiläufig bemerkt darf lat. insotnnium nicht mit ivvnviov identi-
ficiert werden, sondern ist als eine lateinische neubildung anzu-
sehen, da es jünger als somnium ist — Ein keltisches komposi-
tum, das in den kreis der hier behandelten Zusammensetzungen
gehört, ist Mediolanium Bevue celt. VIII 187 (vgL Fick BB.
Xn 161). '
Im anschlusB hieran erlaube ich mir, einige belege für die
Umstellung von compositionsgliedern, die ich Beitrage z. geschichte
der lit. spräche s. 106 f. berührt habe, zusammenzustellen : Leop.
Schroeder Redetheile s. 215, Q. Meyer KZs. XXII 13 f., gr.
aQwyo-vavTifjQ „den schifiern beistehend", Bühler BB. IV 76,
Zachariae BB. V 53, PW. IV 157 f. unter nipata (vgl. auch
Pänini 2. 2. 31, 38), Bollensen UrwasI s. 164. In fällen wie
lvKoaf^Q(07tog — werwolf (falls dies „mannwolf" bedeutet), an.
fuähundr — nhd. hundsfott sind die kompositionsglieder nicht
v^tausoht, sondern ihre Stellung widerspricht sich lediglich in
gemässheit verschiedener anschauung.
aTteilij (I 74),
aTteikij „drohung, prahlerische Versprechung^' und änukifo
„drohe, prahle, gelobe'' kennen wir, so viel ich weiss, nicht aus
einer Überlieferung, die über die beschafienheit ihres et sicheren
aufschluss gäbe. Hat Fick statt ihrer mit recht äol. aTtellä,
aTtekiAtt} angenommen, so können sie zu lett. pilt „schmähen,
lästern, verleumden", paloB „tadel, Schmähung", if-paiM „tüchtig
ausschmähen" gestellt werden. Vgl. begrifflich mhd. prcUen
„hoffärtig, gross tun" und „lärmender Wortwechsel". — Die Ver-
mutungen Froehdes BB. XIX 242 lassen sich hiermit sehr wohl
vereinigen.
ccTt^vt) (I 70), KOTtdvä (11 242).
> /
Für anrjVfj „lastwagen" sollen die Thessaler naTtavä ge-
braucht haben, und hierin scheint mir ein fingerzeig für die er-
klärung dieser Wörter zu liegen, den ich nicht vernachlässigen
möchte. Den schluss beider beziehe ich auf Tt^vog* vq>aafia
(Hes.), lat. pannu-8, got. fana, asl. o-pona „verhäng" (II 579)
und sehe in OTti^vif] eine mit (a-) einem verhäng oder verdeck
versehene Sfia^a, Dasselbe bedeutete meines erachtens najtavä
= xa(iro)-7rcb'ä (also, falls nicht i/Lcinnävä zu schreiben ist, wohl
nicht thessalisch, sondern kyprisch ?), vgl. nardf^Tvelog „reich mit
weinstöcken versehen", naraTcdytav „langbärtig", xazdaxiog
„schattig**, xaToOKOTog „dunkel**, xazdüTayog „bedacht**, -Mtra^
Texvog „kunstvoll**, xataxctlxog „mit erz belegt**. — Anders über
%a7tavä Prellwitz Etym. wbch. s. 138 unter nansvog^ Stokes
Urkelt. Sprachschatz s, 330,
löO A. Bezzenberger
agßriXog (I 281).
agßrjXog „rundes schustermesser'^ stelle ich zu lett. irbs
„strickuadel", irbulis „pflöckchen, griffel'' : lit. ufbinti „mit dem
pfriemen ein loch machen", urbti = lett urbt „bohren", urbulis
„pfriemen, griffel" : lit. rubti „aushöhlen", rüptüwas „hohlmesser",
lett. H265 „kerbe, einschnitt, falze, mangel, zwistigkeit" (BB.
XVII 215; Basis: ereb- orob- röb). — Darf angenommen werden,
dass dQßvXr] „starker, den ganzen fuss bedeckender schuh" ur-
sprünglich einen holzschuh bezeichnete, so passt diese etymologie
auch für dieses wort.
Ganz verschieden von lit. rubti „aushöhlen" ist rä'bti in ajh
si-rü'bti „die häuslichen arbeiten verrichten" (Kurschat Lit. wbch.
s. 18). Dies steht in ablaut zu got. arbaißs, ahd. arabeit, asl.
rabh „servus", rabota „servitus" (Basis orobh- röbh, vgl. J. Schmidt
Vocalismus 11 144, 478). Hierzu gehört auch lit. roba „leib-
eigene, gefangensohaft" (Miezinys s. 208), aber nur als lehnwort.
Eine wesentlich andere etymologie von arbaißs gibt Grien-
berger Sitzungsberichte der Wiener Akad. phil.-hist. cl. CXLII,
Vm 28. Ich stimme den von Uhlenbeck PBB. XXVH 115 f.
gegen sie gemachten einwendungen bei und benutze übrigens
gern diese gelegenheit Grienbergers beachtenswerte erklärung von
aurahi (a. o. s. 36 f., vgl. BB. XXVI 166) hervorzuheben.
> /
aTifißo) (I 88).
Mit Fick GGA. 1894 s. 245 halte ich die sammtllchen falle
der angeblichen Vertretung von aspirata — aspirata durch griech.
tenuis — media für äusserst bedenklich ^) und gebe daher die
Zusammenstellung von dtd/iiß(o „schädige, verkürze, beraube" und
skr. dcU)h auf. Auf eine bessere etymologie führt die vergleich-
ung von: dti/Aßei d'Vfiov ivi atij^eaaiy u4x^''^^^ ß ^^ ™^^-
l^vdQoxXeiÖT] HUT ad w xat t^v yX€JT(T)av xr^v naxiiv mal Toy
d-v/idv Tov ncmov ^f\ioyvaiov KttTa[d](a aal ti^v yk(jJT{T)ay
TTjv xaxYiv xat tov Svfibv tov tuxkov xai Tr/v tfßvxfjv Ttjv xcniij[v
(R. Wünsche Defixionum tabellae atticae [Corp. Inscr. Attic.
Appendix] s. 19 no. 84 a). dti^ßw erscheint hierdurch als sy-
nonymum von Kavaöiw (vgl. auch sdrjae xelev&ov d 380, 469).
Als solches aber tritt es von selbst zu ndfißog „band, schleife*'
(dies wort finde ich bei Leo Meyer nicht), lit. kimbü „bleibe
haften, hängen", norweg. hempa „band, schleife, haken, klammer"
(Fick BB. n 187, Bugge das. III 103, Zupitza Gutturale s. 22).
Vergleichbare ausdrücke sind lat. ligäre, oUigäre, fascindre
(neben fascia, fasds Wharton Etyma lat. s. 34) und, wie ich
glaube, auch an. sida „rubere! treiben", seidr „zauber'^ lit. aaisti
angebl. „zeichen deuten, prophezeien" (vgl. ahd. seito „strick,
fessel, saite", seid „strick, fallstrick", lit. saitas „strick, fessel",
1) ni)f<yog zu lett. peldfe (neben pelze = lit. p^lke Fick Wbcb, *•
8. 478)? Bei Tegea hiess ein wald mXayog, vgl. Fick BB. XXU 231.
Anzeige. 151
sitas „strick", lett. saüe „band, fessel, schnur'S sUawa „tuch um'g
bein", skr. setu „bindend, fesselnd, band, fesseP'). Ganz anders
hierüber Osthoff BB. XXIV 158 ff. »).
aqweiv (I 158).
äqwsvv (e^-atpioweg) und ägwaaeiv (aus a-gwrjsiy) be-
rühren sich lautlich und begrifflich so nahe mit lat. imbuo, dass
die gleichstellung dieses wertes mit agwo) der erwägung wert ist.
Vgl. z. b. f^idv äqwaaeiv „wein schöpfen, giessen" und guUura
lacte imhuere „die kehlen begiessen"; terras vofnere imbuere,
opus imbuere und öiä ö^ evreqa x^^'^og ijgwaßy ^Xxog aqwaasiv.
Die Zusammenstellung von imbuo mit aXi'ßdvw (Lettner
KZs. VII 178 no. 123) und dvcj (Leo Meyer BB. HI 75, Fick
das. V 352) lässt einen rest, der mir durch Bugge (BB. XIV 61,
vgl. Prellwitz Wbch. s. 81, Kretschmer KZs. XXXI 424 f.) nicht
eben verkleinert zu sein scheint (vgl. Brugmann IF. XI 277),
und die gleichsetzung von imbuo und i/ig>va} (Havet M^m. de
la soc. de linguist. VI 32 und Osthoff Perfect 254 anm.) er-
innert — da ifig>v(a im Lateinischen durch infui vertreten ist —
etwas zu sehr an das hexen-einmaleins.
Ist die gleichung imbuo »- äqwu} richtig, so kann als
grundform dieser Wörter 9'n(e)bhU' angenommen werden, wodurch
man zu ved. nabh „bersten", nabhanü' „fluss" gelangen würde
(vgl. Benfey Einige derivate des indogerm. verbums anbh »-
nabh, Pischel Ved. stud. II 101, Scherer ZQDS. « s. 405). In
derselben richtung bewegt sich die Vermutung Froehdes BB.
II 336.
ägwayevog (I 158).
Für nicht verwant mit aqyvaauv halte ich dgwayevdg
„schlämm, unreinigkeit in einem fluss". Das Verhältnis von got.
biugan zu skr. bhujäti gibt das recht, aus got. us-baugjan „aus-
fegen'* ein indogerm. bheug- (bheuz-?) von ungefähr gleicher be-
deutung zu folgeren, und hierauf kann dqwayerog (als ä-fpvy-
ffX€-TO-$) beruhen. Seine eigentliche bedeutung wäre dann
„kehricht, gemüll".
Avest. buj , das zu i4S'baugjan gestellt zu werden pflegt,
lasse ich vorläufig bei seite; s. Geldner KZs. XXIV 142, Ost-
hoff IF. V 294.
ßa^eiv (in 86).
ßay- in ßdl^eiv „sprechen" (ßißcniTai)^ ßdy^a „rede", ßdßa^
„Schwätzer" steht für zvag- (oder zv^ng-?) und gehört zu lit.
1) J. Grimm erwähnt bei der besprechung von seidr got. »aup»
(Myth. ' 988). Das gibt mir gelegenheit zu der bemerkung, dass hunsl
zu lit. nufitü ,,8chniore, brühe" =» lett. sutu „ich werde heiss, schmore,
bähe" gehören kann (als hun(p)ila' ; vgl. Grienberger a. o. s. 121 f.).
152 A. Bezzenberger
zwingti „wiehern" *) — lett. ßdgt — asL zv^Hi „canere", lit.
su-ztvlngti „in wiehern ausbrechen", fzwqgantziu {waru) Bretk.
I Eor. 13. 1 „tönendes (erz)", ztoageti „klappern" »- lett. fwadfit
dass., lit. zwaglnei „wiesenklapper", lett. fwadßndt „plappern,
schellen, tonen machen, sich hören lassen" und german. kvak-
in mnd. quaken, nhd. quaken, quacken.
Von den eben erwähnten baltischen Wörtern sind ganzlich
zu trennen lit. swageti „tönen" und lett. swadßt, swadfindt
„rasseln, plappern". Zu dem, was von Fick Vgl. wbch. * II 692,
Schade und Zupitza (Gutturale s. 181) ihnen zur seite gestellt
ist, füge ich vermutungsweise gr. rjxri^ rixu „schall, ton". Lat
vägire, womit diese griechischen wörter verbunden werden, ist bei
skr. vagnü „tönen" u. s. w. gut untergebracht (Uhlenbeck Altind.
wbch. II 267). O. Hoffmann stellt mit recht hierzu auch lit.
wögrauti „krahlen" (mündliche mitteilung).
Weniger klar sind mir lit. zwag&i (begrifflich »- zwageti\
zw'^gauti und zwögauti „unartikuliert schreien". Ihr z charakte-
risiert diese verba als lehn wörter, allein nur für zw^auti kann
ich eine auswärtige unterläge nachweisen (klr. zvjaha „lärm"
Miklosich Et. wb. s. 404) und muss daher die möglichkeit offen-
halten, dass zwag&i und zwögauti durch zvegauti veranlasste
abänderungen von zwagUi und * zwögauti sind.
ßUfAatßiv (in 154).
ßXlfidl^eiv „prüfend betasten", von Brugmann IF. XI 286
anm. vermutungsweise aus ßkiaf^" erklärt und zu alban. g'iät,
gtiät „finger" gestellt, scheint mir zu gehören zu: lett. glaimüt
„scherzen, schmeicheln, liebkosen", an. Jdeima „beschmieren, be-
netzen", norweg. Meima „kleben, kleisteren", „liebkosen, um-
fangen", ags. ckeman „kalfatern, zustopfen, festmachen", deutsch
Heimen. Vgl. Zupitza a. o. s. 147.
ßgacaew (IH 117).
Wenn man ßgciaasiv (ion. hi-ßgi^aaeiy; die nebenform ßQu-
l^uv nach Leo Meyer zu streichen) „sieden,* aufbrausen, worfeln"
auf ßgäd"- zurückführt» so tritt es neben lit. murdynas „quellige
stelle im boden", lett. murdit „aufsprudeln", murdi „sprudel"
und lit mürdyti „etwas rüttelnd, schüttelnd behandeln". — Auch
Osthoff Morphol. Untersuchungen V 97 lässt das ßq von ßqaaaetv
aus mr entstehen, verbindet aber lat. fretum mit ßgclaaeiv. Ich
kann lat. fr für mr nicht anerkennen.
Von den erwähnten baltischen Wörtern zu trennen ist lett.
murdit „phantasieren", das für *murgdä steht, vgl. mur§i
„Phantasien, nordlicht". Über lett. murda „reuse" s. Thomson
1) Mit Hirts zasammenbringang von iwingti and skr. hü (BB.
XXIY 246) kann ich vorl&ofig nicht rechnen.
Anzeige. 153
Beröringer s. 270. — ßgarrsiv' nXrj&vvsiv scheint mir W. Schulze
Quaestiones s. 168 anm. 2 richtiger zu beurteilen, als Zupitza
Gutturale s. 129.
ßgix^iv (III 122).
ßgix^iv „benetzen, übergiessen'', ßQOX^OQ „regen", von Prell-
witz Wbch. s. 52 richtig zu lett. merga (märga) „sanfter regen",
mergüt „sanft regnen" gestellt (dazu mergdinis „nebelig"), gehören
weiter zu cech. mrholiti „nieseln", mrhülka „feiner regen" (Mi-
klosich Et wbch. s. 191; das unmittelbar hiernach aufgeführte
merch' und morsb ebenda s. 202 gehören wohl zu lit mursz-
linti, tnürkszlinti „patschen, sudeln").
Die von Thömsen Beröringer s. 201 betreffs lett. merga
offengehaltene möglichkeit wird durch das vorstehende sehr un-
wahrscheinlich.
ßQi^eiv (III 129).
ßqlCjU} „bin schläfrig" {d-ßgi^' iypjyoQwg Hes.) scheint mir
seine erklärung zu finden durch russ. greza „träum, traumereien,
faseln", grizith „im schlafe reden, träumen" (nach Miklosich Et
wbch. s. 78 aus grSz-).
Wiedemann BB. XIII 310 anm. denkt an Zusammenhang
von ßQifyiv und lat marc^re. Ich muss diese Vermutung als zu
gewaltsam ablehnen.
yXaqn) (III 62).
ylaq>v „höhle" (zu yXdq)eiv „scharren, kratzen, ausgraben")
kann identisch sein mit bulg. glob „höhle, grübe", vgl. poln. tvif-
gtobiö, wy-giabiaö „aushöhlen" (Miklosich a. o. s. 66).
ddfiOQ (III 231).
ödfiOQ ist von W. Schulze EZs. XXVm 281 f. als datn-rt-
„des hauses waltend" erklärt, und diese zierliche etymologie hat
die Zustimmung J. Schmidts Neutra s. 222 und Prellwitz' Wbch.
s. 67 gefunden. Andere dagegen haben ödfiag, seiner bildung
nach, an skr. ydkrt, genit. yaknds — gr. tjTtoQy ^rtarog — lat.
jecuvy jecinoris u. drgl. angeschlossen (so Johansson BB. XVIII 11,
IF. III 227, Pedersen KZs. XXXII 244), und ich sehe weder
einen grund, diese annähme zu verwerfen, noch ddficcg von an.
timbr „bauholz", as. timbar „bau", got timrjan „zimmern, er-
bauen" zu trennen, denn es steht nichts im wege, diesen Wörtern
ein grundsprachliches neutrum dimor- „gezimmer" zu gründe zu
legen und das verhältniss desselben zu dem nominativ dafiag^T)
nach massgabe von nongog: skr. gdkrt (Pedersen a. o. s. 245)
und zu german. timra- nach vöwq : vatra- (J. Schmidt a. o.
s. 202) zu beurteilen. Im wesentlichen dieselbe auffassung von
ddfiaQ und timbar lese ich bei Johansson BB. XVIII 11 zwi-
schen den Zeilen. Wegen der entstehung der flexion ddfiaQ{r)
154 A. Bezzenberger
ddfia^og verweise ich auf J. Schmidt a. o. s. 184 und wegen
der Bedeutung von dafAaq auf Johansson a. oo., v. Bradke IF.
IV 86 sowie auf skr. antahpura, guddharUa 1. „gynaeceum",
2. „die bewohnerinnen desselben*'. Den weg endlich, auf dem
da/Aag zum femininum wurde (Brugmann IF. XI 103), veran-
schaulichen die im Grimmschen Wörterbuch IV, 1 c. 85 ange-
führten verse:
das frauenzimmer auch da stund
in irer allerschönsten wat.
Skr. därd „eheweib", womit v. Bradke a. o. (vgl. IF. V 273,
VIII 152) öafjiaQ verbindet, halte ich diesem fern, da für *dami-
rd- *damrd zu erwarten wäre. Über järd s. BB. XVII 223.
— Ansprechend stellt Ehrlich Die nomina auf -evg s. 40 anm. 1
zu da/aag lit. marÜ als (d)fnarÜ, Aber eine brücke würde ich
auf diese etjmologie nicht gründen.
deyvd^eiv (in 224).
Wie deiQiSv' XoidoQeiad'ai. uicnuoveg (Hes.) zu lat. garrio
(Fick BB. XVI 286), delgwg zu gall. galba verhält sich dewa-
^eiv „beschimpfen, verhöhnen" (nebst divvog „ beschimpfung,
schände", dawov * %onwX&yov Hes.) zu lat. gannio „kläffe, belfere,
lärme". Das vv wird zu erklären sein, wie in ßXhva (Stokes
a. o. s. 188, Zupitza a. o. s. 147), ßkevvog, yiwa (nach Fröhde
BB. VII 104 aus yivva vgl. skr. jdnana; nach Solmsen KZs.
XXIX 64 aus ysv-va vgl. ftOT-va; nach Wackernagel das.
XXX 314 beruhend auf ^yivyrifii; nach Johansson BB. XVIII 39,
KZs. XXX 410, 413 auf einem y-stamm beruhend, oder aus
yev'väf oder aus *yevfa; nach Eretschmer KZs. XXXI 361 anm.
plural von ^yiv-vo-v vgl. zixvov; nach anderen, z. b. Brugmann
Grundriss ^ II 348 aus *yev'f4ay vgl. skr. jdnman).
Brugmann Grundriss * I 659, IF. VI 103 ist geneigt, ßXewog
aus mleds-no- und divvog aus "^gy^edzhno^ zu erklären.
evBQoi, iviQT€Qog, eveQ&e (I 406).
In dem anlautenden e dieser wÖrter sieht Leo Meyer, ge-
stützt auf vigzegog und vigd's^ „ebenso wie in iveyxelv einen
jünger entwickelten laut". Umgekehrt halten Johansson BB.
XTV 171 anm. und Sommer IF. XI 13, wenn ich sie recht ver-
stehe, wie schon Benfey Wurzell. II 48 iviQTsgog^ tvegd'e für
ursprünglicher, als viqtBQOgy viqd'B.
Gegen beide ansichten ist einzuwenden, dass neben Sveqoi
ein *viQOi nicht vorkommt. Warum fehlt dies, wenn sich vig^'S
neben dem nach Leo Meyer un ursprünglichen sveg^^e erhielt?
oder aber, wenn sich dem angeblich ursprünglichen kvBgd'B das
junge vigd-e zugesellt hat? Ferner spricht gegen die erste an-
sieht, dass prothetische vokale im Griechischen nicht so schwan-
kend auftreten, wie Leo Meyer es in diesem falle annimmt; gegen
Anzeige. 155
die zweite aber, dass veQTeQOg durch umbr. nertro, an. norAr ^)
für eine viel früherere zeit bezeugt wird, als hiq^taog. Man
mag daher immerhin vigzegog aus (e)ner'tero-8 (vgl. V7tiq%BQog)
erklären: im Griechischen muss vigregog für älter als iviQTeQog,
und folglich veg&e für älter als ^i^sgd'S gelten.
Die einzige möglichkeit, sowohl diesen momenten, als auch
dem doch nun einmal unverkennbaren Zusammenhang von h^ee»€,
iv€QTBQog und evsgog gerecht zu werden, scheint mir darin zu
liegen, dass man jene Wörter für volksetymologische, durch evegog
hervorgerufene Umgestaltungen von v€Q&e, vigtegog erklärt.
evEQog dagegen war durch seinen unheimlichen gehalt vor einer
lautlichen änderung geschützt.
Was nun die etjmologie von evegog betrifit, so kann es seiner
form nach zweifellos mit Sonne KZs. XIV 11 als komparativ von
iv betrachtet werden. Aber die bedeutung des wertes scheint mir
doch mehr zu ihrem rechte zu kommen, wenn man hftQOi, „die unter-
irdischen'^ nicht so, sondern als oi iv kg^f als TLoraxd'Ovioi erklärt
incixctio (I 358).
Leo Meyer erklärt diese form nicht, bestreitet aber mit recht,
wie mir scheint ^), dass sie zu inixia gehöre. W. Schulze, der sie
auf e%uv bezieht (Quaestiones s. 228), hat bei ihrer betrachtung
Wendungen wie d'vgtjv d* exs /dovvog iTVißXijg, ^ga iixßxo fioxl^
überschätzt, und seiner meinung, l/raixccTO beruhe auf ^iöxoto,
das der dichter „ut vocabulum inhabile metro aptaret^' zu ioxoro
gemacht habe, und das „proclivi errore^' zu ifcwxccvo bezw. ^/r^-
XOTO geworden sei, glaube ich durch ihre erwähnung genugzutun.
Ich sehe in eTtwxctio eine hohe altertümlichkeit der home-
rischen spräche und zwar eine aoristform von ftayvv/dv, deren
genaue bestimmung ich aber vorläufig offenlasse, da iTVwxato
sowohl den ved. aoristformen <Uarima, avädiran, hädhithäh
(Whitney Sanskrit Grammar ^ § 904 d , verschieden behandelt
von Bartholomae Stud. II 165 und Bechtel Hauptprobleme s. 164),
als auch der arischen III sing. aor. pas. auf -i wie ved. avüci
» avest avacl (richtig hierüber Brugmann Grundr. ^ II 1380,
vgl. Benfey Mit r anlaut. personalendungen s. 7 f . , anders
Bechtel a. o. s. 159, Osthoff-Streitberg IF. III 389 f., Reichelt o.
8. 86) angereiht werden kann. Im ablaut stimmt STtaixccTO zu
red'ijyLrai, &w^ai : d'äyü) (Saussure Systeme s. 154 f., BB. V 317,
G. Meyer Gr. gram. » 88 f., Bechtel a. o, s. 236).
In begrifflicher hinsieht verweise ich z. b. auf den gebrauch
von TtaycTOvv.
/exOTi (I 343).
Nach älterer auffassung soll hLrjri {M^ff^h &iccti) „nach
1) Vgl. Bagge BB. XU 105 und A. Ludwig KZs. X 446. Nicht zu
übersehen ist, dass die Inder die nördliche seite üdarie und die südliche
adharatle nennen : also das gerade gegenteil der germanisohen auffassung,
2) Vgl. indessen Brugmann W. XXII 280 psorrektornote].
156 A. Bezzenberger
willen, um willen'' dativ bezw. lokativ sing, sein, und dieser
meinung neigt nicht nur L. Meyer zu, sondern sie wurde früher
auch von Eretschmer vertreten (EZs. XXX 586). Sie lässt sich
aber nicht aufrecht erhalten, da Sycrjti wegen seines i nicht dativ
eines Stammes /exdri- (Benfey Wurzell. I 347) sein kann, und
die annähme eines Stammes fexäv- mit abstrakter bedeutung in
der luft schweben würde (vgl, KiJLrjg^ ^ßifl$j Ttivrjßy rartT^Q
L. Meyer Vgl. gram, i II 100; über y^Awr-, Ißwr- J. Schmidt
KZs. XXVI 344, Solmsen KZs. XXIX 109). Mit recht haben
also Osthoff Perfekt s. 335 (vgl. Proehde BB. XIX 235) und
Eretschmer EZs. XXXI 459 jene ältere auffassung aufgegeben.
Osthoff sieht in hLtJzi den „reflex eines sanskr. *va(;a cid** (vgl.
dazu Hirt IF. I 17); Eretschmer trennt SxäTi in ^xar-t, stellt
S^xatr- dem skr. ablativ va^ät gleich und lässt das folgende -t
nach analogie von doppelformen wie tvotI : Ttor angetreten sein.
Beides ist aber zu bestreiten. Gegen Osthoff spricht, wie
Eretschmer hervorgehoben hat, dass er dem Griechischen eine
hier beispiellose Verbindung zumutet» und ob gr. fexa- einem
instrumental vagä gleichgesetzt werden darf, ist mindestens sehr
fraglich. Gegen Eretschmer aber ist einzuwenden, dass seine
annähme, das auslautende d des ablativs sei zu t geworden und
sei T geblieben, als ihm t angeblich angefügt wurde, einen Vor-
gang konstruiert, der gleichfalls beispiellos genannt werden muss
(vgl. noöanogj onddog BB. XXIV 321). Seine erklärung
kommt indessen, wie mir scheint, der Wahrheit sehr nahe, und
diese suche ich darin, dass ich, zwischen Osthoff und Eretschmer
vermittelnd ^xcctv in den ablativ /€Xcr(d)+Tt zerlege, aber in tc
nicht skr. cid, sondern das dement ti sehr, das z. b. auch in
ttqotI, skr. prdli : tvqo, skr. prd enthalten ist. Insofern die
erweiterung von * ߀xä(J^ zu /exa(d)-Tt nach analogie von Ttgo :
TtQOTi mit demselben recht angenommen werden kann, mit dem
Eretschmer *€xair zu hiati nach analogie von tvot : Ttorl werden
lässt, wird er hiergegen nichts einzuwenden haben. Anders aber
steht die sache, wenn man, wie ich es tue, in /£xa(d)-Ti nicht
eine analogiebildung, sondern eine freie bildung sieht, denn als
solche entspricht sie nicht den von Eretschmer EZs. XTIT 565 ff.
aufgestellten regeln über die behandlung von t vor t. Aus
dieser Verlegenheit könnte man sich freilich wieder durch inan-
spruchnahme der analogie helfen, indem man die erhaltung des
t von hiÖTi aus der einwirkung „des gleichbedeutenden loTt/fi**
erklärt. Allein mir scheinen die ein Wendungen, die Goidanich
I continuatori ellenici di ti indo-europeo (Salemo 1893, vgl. das
referat Brugmanns Indog. anz. V 50) gegen jene regeln erhoben
hat, beachtenswert genug zu sein, um auf das t von exi^Tt kein
gewicht zu legen. Dabei kann ich aber nicht umhin, zu be-
merken, dass die von Goidanich s. 8 getadelte arbeitsart Eretsch-
mers mir im allgemeinen doch weit erspriesslicher zu sein scheint^
als das alla grossa-verfahren Goidanichs selbst.
Anzeige. 157
Dasselbe ti wie in tzqotI ist enthalten in rttnl s= avest.
paitij skr. Üi (lat. iti-^emf), vermatlich auch in ital. pert, lat.
post (Lindsaj Latin language s. 588). Dagegen ist es mir sehr
fraglich, ob es auch in oqti steckt, und auf keinen fall kann
ich es in bildungen wie dfiax^l^i anerkennen.
Was diese bildungen betrifil, so bestreitet Leo Meyer (I 343)
die „unmittelbare Zusammenstellung'' von f&Läxi mit dfioxr/rly
avowTjfcly ävai/Aünl, dvidgam u. s. w., „da sie anders betont
sind und auch gedehntes auslautendes i haben''. Kretschmer
KZs. XXX 586 erklärt diia%rj%i gleich Iotoiv für lok. sing, und
trifil hierin zusammen mit W. Schulze Quaest. s. 450 : „aiACtxrjti
(Z> 437 est locativus stirpis in consonam % exeuntis quae latet
in Substantive f^axrivijg**. Mir scheint die erklarung dieser ad-
verbia vorgezeichnet zu sein durch iyQtjyoQTi K 182, das un-
zweifelhaft von einer verbalform ausgegangen ist (vgl. Kissling
EZs. XVII 213) und sich eng an ved. carkrU „preis, lob,
loblied" anreiht. Ich stelle die adverbia auf -%i daher ihrem
Ursprünge nach zu den latein. auf 4im (Leo Meyer EZs. VI 301,
anders vergl. Qram. ^ II 392). Die bestimmung ihrer form
hängt davon ab, ob ihr -i lang, oder kurz anzusetzen ist (H. W.
Smyth Amer. Journal of Philol. VI 427 f.). Entscheidet man
sich für die länge, so wird man ihre auffassung als instrumen-
tale (s. J. Schmidt EZs. XXVII 287 f.) sehr naheliegend finden.
Sieht man dagegen in dem l von z. b. iyQtjyo^iy avovrrjri nur
eine Wirkung des iktus, so sind sie nach skr. prabhrti zu be-
urteilen. — In dxovLTdy dvarely axi/^t/xret mögen, wenn ihr ei
anzuerkennen ist, lokative von TO-stämmen vorliegen.
Mit oQti pflegt man armen, ard ,Jetzt" (Bartholomae Stud.
n 23, Bugge EZs. XXXII 3) und lit. aril „nahe" zu vereinigen,
und diese kombination ist um so bestechender, als neben ccqtl
dgrvo) „füge zusammen, bereite" und neben arÜ artüs „nahe"
steht. Allein auf diesen parallelismus ist in Wirklichkeit nichts
zu geben, da artils ungebräuchlich ist und erst aus artl ge-
wonnen sein wird ^). Scheidet man aber artüs aus , so nimmt
man damit der Vereinigung von agti und artl ihre festeste stütze
und kann sich bei der Verschiedenheit dieser Wörter in bezug auf
betonung und auch auf bedeutung zu gunsten ihrer Vereinigung
oder gar identificierung (so anscheinend Brugmann Grundriss ^ I
161, Prellwitz Wbch. s.34) nur auf ihre lautliche gleichheit berufen,
die mir in diesem falle aber nicht massgebend zu sein scheint
aQ%i, erst nachhomerisch, lässt sich nicht trennen von den
homerischen Zusammensetzungen aQTL-ßeTtng, aqfti'Ttog^ äfTl-g>QiaVf
und von diesen ergibt äQTi-/en:rjg deutlich a^i- als nominal-
stamm = lat. arti' (vgl. W. Schulze Quaest. s. 159 anm. 1).
1) Vgl. J. Schmidt Neutra s. 346, dem ich aber in bezug auf at-
ttüs nicht beistimme, vgl. skr. du^(hu, suflM. — In den kreis der von
J. Schmidt hier behandelten formen wird auch lett. nüst f,^eg^ fort" zu
ziehen sein.
158 A. Bezzenberger
Indem die bedeutung dieses compositions-gliedes etwas verblasste,
gewann es den anschein eines prafixes und wurde in nachhome-
rischer zeit als adverb verwendet. Dabei erhielt es nach analogie
von dyx^-voog, äyxl'^sog u. s. w., vipl^^vyog^ v'kpi'Ttezrjq u. s. w.:
ayxiy vtbi die betonung auf der ersten sylbe. Dass im gegensatz
hierzu arc-a^i betont wird, ist vielleicht durch aTt-agTi^w ver-
anlasst^ vielleicht aber mit dem betonungswechsel in skr. prdti :
-prati, pünar : a-pundr in Verbindung zu bringen. Dagegen ist
es mir ganz unwahrscheinlich, dass die accentuelle Übereinstim-
mung zwischen aTt-aq^L und lit. arÜ mehr als zufällig ist. Wie
andere betonte auslautende i des Litauischen scheint nämlich
auch das von art\ und ebenso das t von ankstl (G6A. 1896
s. 962 f.) aus gestossen gesprochenem 'e verkürzt zu sein (vgl.
Leskien Archiv f. slav. philologie V 188), denn neben ankstl
haben wir preuss. angsteina, angstainai (= ankste-nai?) und
neben artl zem. artet (Schleicher Leseb. s. 256) = artie (Ze-
majtiu Wiskupiste I 51), d. i. arVe, Dies arte (preuss. *ank8t4S'
nai) verhält sich zu artl (ankstl) und artyn, artybe {anksiybas,
*ankstyhe, vgl. BB. XXI 312), wie die präposition ape zu opi- in
apl-kakle und apy- in z. b. apv-lanka, und wie hier und in an-
deren fällen (z. b. koke — ger'e -ß — geri) eine zwiefachheit der
betonung eine zwiefachheit der form hervorrief, so ist dies auch
bei arVe und artl anzunehmen. Ich fasse jenes also als arte
auf und führe dies auf ein nur accentuell hiervon verschiedenes
*aiie zurück.
Da femer mit lit. artl im gegensatz zu aQti kein einziges
compositum beginnt, und da es einen ganz anderen gehalt hat
als cr^ri- in d^i'J^ertijg, so schrumpft die scheinbar enge ver-
wantschaft dieser beiden worter zu der mogllchkeit ihres wurzel-
haften Zusammenhangs ein. Und auch dieser scheint mir im
besten falle als ein nur sehr lockerer anerkannt werden zu
können, denn es hindert nichts, in artl (aus *arte) eine Verbin-
dung der präposition ar (lett. ar, lat. ar-, BB. XXIII 298) und
tS, einer ablautsform von ti in skr. prdti u. s. w., zu sehen.
Dieselbe nebenform (te) ist vielleicht anzuerkennen in slav.
proti „/r^dg" und lett preti „entgegen, gegenüber" (neben pret,
pretim), sowie in ahd. nida = ags. nidk „infra" : skr. ni und
in lat. cottidie (Wackemagel EZs. XXIX 147 mit der beachtens-
werten Vermutung, dass hier tl mit xoL gleichzustellen sei). Auch
in altlit. idafde » idanti (heute iddnt; ostlit adunt, was For-
tunatovs BB. III 63 erklärung von iddnt etwas erschüttert),
nete *= net (Fortunatov a. o. s. 58) und teipte u. s. w. (Bei-
träge z. geschichte der lit. spräche s. 268) kann sie enthalten
sein, aber man geht sicherer, wenn man ihr -te dem ausgang von
anöte^ andt gleichstellt. Dies wort bedeutet nach Eurschat „ent-
sprechend, gemäss" und erscheint in Wendungen wie anöte tewo
„wie der vater zu sagen pflegte" (Eurschat Lit wbch., Schleicher
Lit gram. s. 280), anöt and kaJbös „nach jenes rede" (Jurkschat
Anzeige. 159
Lit. märchen s. 44). Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich
es unter Berufung auf dva-loyog „dem logos gemäss'' auf avest.
ana „durch — hin, über — hin", gr. ava „auf, an, durch*',
germ. ana „an, auf, bis, gegen" beziehe.
Wie dies -te aufzufassen ist, ist zweifelhaft; da neben dem
erwähnten nete neta vorkommt (Beiträge z. geschieh te der lit.
spräche s. 71, 267 f.), so ist eine notwendigkeit, es mit -ti und
4e zu vereinigen, nicht anzuerkennen, sondern es kann auf eine
linie mit ts, ye gestellt werden. Aber 4e kann auch für -tie
stehen; dann würde es mit 4i und -te eng zusammenhängen und
dem griech. -ae in SlXo-ae, insi-ae^ o/no-ae entsprechen.
Wie sich dies nun aber auch verhalten mag: jedesfalls steht
das 'ti von skr. prdti u. s. w., das -te von arte und -a« in Zu-
sammenhang mit bildungen wie skr. antasti/a : lit. pzczos (Jo-
hansson IF. m 242), skr. dpatya : lit. apaczä (wegen der be-
deutungsverschiedenheit vgl. skr. apa-kr^fa „niedrig, gering" :
ut'kr^ta „eine höhere Stellung einnehmend"; BB. IX 334), skr.
amdtya : asi. *doinaStt (Zubat^ Archiv f. slav. philologie XIV
152), skr. *upaiya : gr. vrtziog, gr. eYao) : lett. tkscha (BB.
IX 334), gr. fietaaaaiy veoaaog, neqiaaog (vgl. maked. fceghia
Fick KZs. XXII 213), ahd. fremidi (got. framaßja-) : got. fram
(W. Schulze Berlin, phil. Wochenschrift X 1506), lat. pretium :
lett. pret (Prellwitz BB. XXIII 252). Schliesslich erlaube ich
mir kurz auf lett. kldt „nahe bei, zugegen" und lit. tizü't „lieber
als, ehe als, anstatt dass" einzugehen.
Über das verhältnlss von kldt zu ktdd „zusammen, mit ein-
ander" 8. BB. XVII 214. Genauere auskunft über kldt gibt
seine nebenform Mdtu: ein wie lit. arti gebildetes *kld4i gab
anlass zur bildung eines adjektivs *klätti3 (vgl. oben lit. artüs)
und hieraus wurde ein neues adverbium Mdtu gebildet (vgl. tdlu
BB. XVII 291), das sich als einziger rest dieses adjektivs neben
dem aus *kUUi verkürzten kldt erhielt.
ti^'t (uzot Nesselmann, azüt Mie^inys, uziöt ^) Kurschat,
wüÄ'/ 1) Schleicher), von Zubat^ IF. VI 279 f. anm. bereits be-
rührt, gebort, sei es als 41-^ sei es als -^e-ableitung zu der prä-
position uz {azu), deren verschiedene formen ich BB. XXI 315 f.
zu bestimmen versucht habe ^). Dass auch ussücza „Verborgen-
heit" auf ihr beruht, habe ich schon Beiträge z. geschieh te der
lit. spräche s. 336 bemerkt. Die reihe uzdr : uz'Sit({) : uzücza
entspricht beinahe ganz der reihe tzqo : Ttqtnl : TtQOOaw.
1) Wesen des t vgl. die wechselnden Schreibungen »zurgkdüa „rauh"
und niuraadÜBy sowie ziaroti „glänzend strahlen" : iäriti dass.
2) über die etymologie ganz verschieden Meillet Memoires de la
societe de linguist. IX 54 f. (slav. sa, got. ga) und Prellwitz BB. XXIII 67
anm. 2 (slav. sa, griech. dya : va>-). Dass zu ui prenss. mm gehöre
(Meillet a. o. X 141 f.), glaube icn nicht.
160 A. Bezzenberger
^rjTio} (III 265).
Kretschmer KZs. XXXI 354 anm. will die vogelnamen
xij^y^TUxvri^, xcn5a§, xiJü^ „durch eine ursprüngliche flexion *xaf
aus *xcn)^ : *xai;xog vereinigen". Allein diesen namen steht eine
solche menge von anklängen zur seite ^), dass die zurückführung
von *xa§ (xijl) auf *xöi;f mir unnötig erscheint. Etwas bessere
belege für ä bezw. ij « äv (bezw. tjv) sehe ich in:
1) krptvd'og' tö fieza^ xov lavuuxvlov xot avxho'q rjxtüdBg
(Hes.), verglichen mit kavuavia „kehle", lit. pa-laükis „wamme
unter dem kinn des rindes" (Fick BB. I 332 f.; dazu slav. lal^k^
Miklosich Et wbch. s. 160 als reduplicierte bildung?);
2) Tti^Qä „ranzen", ntigir „hodensack", vgl. lett. pürs „ein
kornmaass (lof), aussteuerkasten", pürtnsch „ein kober, ein
paudel von lindenborke";
3) l^rjTiw „ich suche", vgl. lett. jdutdt „fragen, forschend
fragen", gehörig zu lit. jaüsH „fühlen" = lett. jdust „zu ver-
nehmen geben", lit. jiisti (präs. juntü) „durchs gefühl gewahr
werden" = lett. just „fühlen, bemerken, empfinden", lit. jutus
„wach", lett. jdutrs „munter, lebhaft, frisch". Vielleicht beruht
jätU- auf jäu, und aus diesem könnten C^kog (C,aiiOg) „eifer, eif er-
sucht, neid" (= nsl. jcd „neid"?), Crjf^ia (^äf^ia) „strafe, schaden"
und ^(OQOg „feurig, ungemischt" (vom wein) hervorgegangen sein.
Von Benfey WzU. I 681 f. und Fick Wbch. » I 731 sind
^fjlog und ^caQo'g zu ^ecj gestellt (vgl. Brugmann IF. XII 399
anm., Solmsen KZs. XXIX 349); Prellwitz stellt t^rjlog^ Z^^icc^
J^rjrio) zu ved. yäidr vermutl. „rächer", yätü „spuk", rna-ifä
„schuldrächend", und Q. Meyer Gram. « s. 292 folgt ihm in be-
zug auf Z^log und ^rjTiiOy bringt dagegen Crj/dla in Zusammen-
hang mit skr. yam halten (aber weder in yätdr u. s. w. noch in
yam wird das durch ^ reflektierte y stecken); nach Wharton BB.
XVIII 295 soll C,vi.og zu lit. gää „heftiger schmerz" gehören;
^WQÖg beziehen Solmsen a. o.., Kretschmer KZs. XXXT 383,
O. Hoffinann Dial. I 102, Prellwitz und G. Meyer IF. VI 110
auf asl. ^an> „amarus, iratus", doch neigt Solmsen KZs. XXXIV 53
einer älteren annähme zu, nach der ^(OQog zu ^ijv gehört (G. Meyer
Gram. ^ 45). Froehde BB. XX 186 fasst dies jarh auf als
*erb (im weiteren berührt sich mit ihm Kretschmer a. o.); ich
stelle es zu lit. aürüs „bitter und brennend im munde und im
halse", dem Prellwitz BB. XXIII 68 einen sehr weiten hinter-
grund zu geben sich bemüht hat.
Nach G. Meyer Gram. » s. 573 soll auch dl^rjfiai mit ^rjTio)
zusammenhängen (vgL L. Meyer im vorliegenden werk III 210).
Das wäre überzeugender, wenn neben öi^T^iaai nicht di^ofiai und
di^ijaofiai ständen, und dl^tjfiai nicht e enthielte (neben ^äriu)),
1) Vgl. lett. kdina „dohle", skr. kaka „krähe" — lit. kcwa „Saat-
krähe", poln. kawa, kawka „dohle" — lett. kaija „möwe", aal. cqfka
pdohle" — deatsch kau a. s. w. Grimm Wbch. V 804.
Anzeige. 161
Nimmt man mit Prellwitz als eigentliche bedeutung von dtC,ri(iav
„ich schaue mich um" an, so lassen sich mit ihm lit. dMis „gross",
lett. difchs „gross, ansehnlich, hübsch", an. teiir „laetus, hi-
laris" vergleichen.
^yavov (I 612).
ryavov „bratpfanne" und das hiermit von Prellwitz ver-
einigte ayavog „freundlich, sanft" beruhen auf aya-, das sich
dem lett. ugu- in ugu'ns „feuer" (= lit. ugnls, asl. ognh, lat.
ignis, skr. agnf) gleichstellen lässt Für verwant hiermit halte
ich auch a^a „dürre, glut", a^w „ich dörre", ä^aliog „trocken,
dürr, ausdörrend" (von Osthoff PBB. XIII 396, Persson Wurzel-
erweiterung s. 282, Kretschmer EZs. XXXI 452 anm. 2, Walde
das. XXXIV 521 zu nsl. öech. ozdüi „darren" gestellt, vgl.
Prellwitz BB. XXIII 71, 74).
»vUo(iav (HI 487).
dvXiea^ai „opferen" gehört zu lett. dtUe „brennende pergel
(holzspähne) beim krebsen oder fische-stechen^', dülit „bei einer
düle fische stechen oder krebsen; mit dem dül6js feuer machen
oder räuchern", düUjs (düldjs) „(aus lumpen und stroh gemachte
mehr rauchende als brennende) fackel", lit dülis „rauchermasse
zum forttreiben der bienen", skr. dhiUi „staub" (vgl. Zubat^
Archiv f. slav. philol. XVI 392).
Ja (n 3).
Von den verschiedenen ansichten über die herkunft dieser
form (aufgeführt von J. Schmidt KZs. XXXVI 391 ff.) erscheint
mir am wahrscheinlichsten die von Leo Meyer und Prellwitz ver-
tretene, nach welcher Va zu skr. aydm, got. t^ u. s. w. gehört.
Ich halte es ferner auch für richtig, mit Prellwitz BB. XXII 95
anm. 2 Xa dem skr. iy[dm] gleichzusetzen, aber ich bezweifle mit
Leo Meyer (im vorliegenden werk), dass la, bezw. das r, worauf
iydm beruht^ mit der endung der „movierten feminina" zu identi-
ficieren sei, wie Prellwitz vermutet. Diese endung scheint mir
vielmehr in la und iydm enthalten zu sein.
Skr. aydm (avest. aem) beruht nach wohl allgemeiner an-
nähme auf indogerm. ei (^-loser nominativ sing. masc). Hierzu
könnte ein femininum *T nur auf grossen umwegen gebildet sein;
da aber nicht der mindeste grund vorliegt, skr. iydm (avest. Tm)
für jünger zu halten, als aydm (aem), so ist eben nicht *t, son-
dern *it\ d. h. das regelrechte movierte femininum von et-, als
letzt erreichbare grundlage von iydm (im) anzusetzen.
Dies *ii ergab im Sanskrit i (iy-dm) und würde im Grie-
chischen ganz genau vertreten gewesen sein durch *ua. Hieraus
aber wurde ia entweder durch hyphäresis (vgl. J. Schmidt Neutra
s. 323 anm.) oder in anlehnung des nominativs (und ebenso des
Bdtrig« z. koBde d. indg. timeh«!!. XXVII. 11
162 A. ßezzenbörger
akkusativs) sing, an den genit. sing, *ijag und den dat. sing. *ijai
(wegen des / s. J. Schmidt Sonantentheorie s. 136, 188).
Im Litauischen wurde *ii = *ua zunächst vertreten durch
*M, genitiy *ijd8. Dies ergab *i' (weiter i durch die Wirkung
des stosstons), genit. iös (vgl. gerds-ios und Wiedemann Hand-
buch s. 31), wofür später durch den einfluss maskuliner formen
ßf jds eintraten. Vgl. szl (aus *s2if'), genit. sziös (aus *8zijd8),
Dass J. Schmidt Neutra s. 43 als grundform von aslav. si, lit.
szl, ags. hl nicht gi-ia, sondern gi-a angesetzt hat, scheint mir
nur durch eine zu weit gehende rücksicht auf asl. si veranlasst
zu sein. Die bildung von femininen auf -i-a zu maskulinen auf
-i-s ist für die grundsprache mit Sicherheit noch nicht nachge-
wiesen.
Prellwitz a. o. sieht in dem i von skr. i-drg das, worauf
iyäm zunächst beruht, also das femininum von ay[dm]. Diese
annähme wird aber erschüttert durch: lit. ypaczei „besonders",
ypatybi „eigentümlichkeit, eigenschaft", ypatysste „besonderheit**,
ypatiszkas „besonders, eigentümlich, fremdartig, sonderbar'^ ypch
ünis „eigentümlich" ^), ypatus „einsam, allein, abgesondert, eigen-
tümlich, individuell, ausgezeichnet, hervorragend", lett. ipats
(tpaschs) „sonderlich, eigentümlich, abgesondert, eigen angehörig",
ipdischi „besonders, insbesondere, abgesondert", ipctschu'ms „das
eigentum, die eigenheit". — Dass ypaczei u. s. w. in i-pcU- zu
zerlegen sind, und dass in ihrem z- überhaupt eine pronominal-
form zu sehen ist, wird durch die folgenden lexikalischen an-
gaben bewiesen : „ Os6bno. Separatim. Sewiszki , sewipasz",
„Osöbnosc. Becessus, solitudo, anachoresis, locus sine arbitris.
Sewiszkums, sewipaszums, tuksznese" (Kurmin Slownik polsko-
lacinsko-lotewski) — „Osobnoäc. Becessus, solitudo, anachoresis,
locus sine arbitris. IpcUi wieta^ ipcUtste'\ „Osobny. Solitarius,
singularis, peculiaris, secretus, seclusus. IpatuS^* (Szyrwid Dic-
tionarium).
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist das i von i-<irg dasselbe
wie das von ypaczei u. s. w. In diesem aber wäre i als nom.
sing. fem. „sie" unverständlich, und darum wird in idrg und
ebenso in tä-drg, yä-drg eben nicht dieser kasus enthalten sein.
HxQiov (II 29).
inQiov „brett, deckbrett, balken" erinnert sehr an russ. Herd,
poln. ikra, lit. ikrai, lett. üri, preuss. yccroy „wade" bezw.
„waden", und der technische gebrauch von xvi^fiti und unserem
schiene, auch von franz. jambe (jambes de force „giebelbalken")
lässt diesen anklang etymologisch bemerkenswert erscheinen.
1) In der bedeatang „der untere" (Beitrage z. gesohichte d. lit.
spräche 8. 288) fehlerhaft far apatlnis.
Anzeige. 163
IXTOQ (II 24).
ixTaQ (Ixtdga Hes.), name eines fisches, kann zu russ. osetrb
„8tör** = poln. jesiotr (aus egetro-s) gehören. Das verhältniss
dieser werter zu preuss. esketres „stör", altlit. eszketras „walfisch"
(später er9zketras „stör^<) ist noch nicht aufgeklärt.
Uti (n 68).
iXri „schaar" ist von mir BB. XXI 300 anm. zu lit. eile
„reihe, schicht'S von Stokes BB. XXV 256 zu ir. iall „trupp,
herde*' gestellt; beides mit unrecht, da iXri, wie Leo Meyer und
vor ihm schon Ahrens II 45 f. richtig erkannt hat, ursprünglich
anlautendes digamma hatte. Den beweis hierfür liefern ausser
den Hesjchischen glossen vikrj' ofAfjXog (1. OfiiXog;) und ßeiXaQ-
fioardg' ß^Xd^aq, Taqonfiivoi, die inschriftlichen böotischen
formen fiXa^iowoqy ßiXaQx^ovtiov (Meister I 225). Die attische
form war iXi], die ionische, wie es scheint, eYXtj (Smith Amer.
Journal of philol. VI 438). Als kretisch überliefert Hesych
dgx^XXdv aqy^inoifjieva ^ und auf den ersten bUck scheint hierin
eine umkehrung von uX&qxfjg vorzuliegen. Aber das digamma
von ßiXaQx^ovTog u. s. w. widerstrebt dieser auffassung in dem
grade, dass es wohl besser ist, in kret. ^dgxiXXäg eine auf
^oQX'^'XäO'g (Pick-Bechtel Personennamen s. 73) beruhende,
namenartig verkürzte form zu sehen.
Als grundform von i^Xr] kann wegen der angeführten böoti-
schen formen nicht *feXjä oder ^J-eXaä oder drgl. angenommen
werden. Dagegen scheinen mir alle betr. dialektischen formen zu
ihrem rechte zu kommen, wenn man als grundform veislä (j^slXä)
aufstellt und annimmt, dass dies in kompositis und ableitungen
(iXaöov) zu vislä wurde, und dass dies {ßtXa, iXrj) dann Selb-
ständigkeit gewann. Dies veislä würde fast genau aem lit. veisle
„Zucht, brut" (nach Nesselmann auch „geschlecht, familie") ent-
sprechen.
Nur zögernd wage ich die Vermutung, dass auch lat. vüis
(„in menge vorhanden, zahlreich") hierher zu ziehen sei.
iXtg (II 69).
ti^g „schlämm, bodensatz", von H. Weber KZs. X 251
vermutungsweise in vorgeschlagenes i und Xv-g zerlegt, „wenn
das lange i durch das metrische bedürfnis hinlänglich gerecht-
fertigt erscheinen sollte", ist im anschluss hieran von Osthoff
KZs. XXIII 584 (vgl. Wackemagel KZs. XXIX 124) gleich-
faUs vermutungsweise als *l-aXv^ zu mhd. slam, sllm, von
Thumeysen KZs. XXX 352 als ^zlä- (vgl. Kretschmer KZs.
XXXI 332, 342, Persson BB. XI^ 280 anm. 7, und die be-
denken Waldes KZs. XXXIV 530) zu lat. lütum, gr. Xvf^a u. s. w.
11*
164 A. Bezzenberger
gestellt. Dagegen vermutete J. Schmidt Vocal. II 259, 486,
dass tkvg auf sei- beruhe und zu skr. salüä, lat. scUiva gehöre.
Diesen künsteleien gegenüber entscheide ich mich für den
(ich weiss nicht von wem aufgestellten) vergleich von i Xvg mit
asl. russ. ih „schlämm", poln. ü „mergel, letten" (Miklosich Et
wbch. s. 95) und zugleich die Zusammenstellung von ilvg mit
bHv' iiihxv Hes. (Weise BB. VI 234), indem ich diese beiden
etjmologien vereinige und lett. Us „stockfinster" in ihren bereich
ziehe ^). Es steht nichts im wege , empfiehlt sich vielmehr, bOjv
als *tXv aufzufassen, und da Us auf *Üu-s beruhen kann (vgl.
lett plats neben plaschs „breit", lit. platüs), so können elkv und
ils ihrem stamme nach identisch sein. — Begrifi*lich ist diese
Zusammenstellung bereits von Weise durch anführung von fiilag
und ^okvvü) (dazu lit. mulwe „morast, schlämm") gerechtfertigt.
Ich verweise in dieser hinsieht auch auf nhd. schwarz : lat. sor-
didus, skr. käla „schwarz" : asl. kah „koth".
Iv^eiv (II 18).
Für 'tv^w „schreie laut" «) schreibt Fick P 66, o 162 viv^w
= fivtfia (ebenso vivyfKüi, 2 572). Die homerische spräche
selbst gibt aber keine berechtigung, Iv^eiv mit anlautendem di-
gamma zu versehen, und ebenso wenig rechtfertigen die sicheren
homerischen beispiele für äol. v = f (Fick Odyssee s. 18) die
Schreibung vivC^w statt fii^(o (vel. W. Schulze KZs. XXIX 237).
Die ansetzung von fivt/U) statt ii^tj gründet sich lediglich auf
die Hesychischen glossen dßivxrov iq> ov ovx eyevero ßorj
dnoXlvfÄSVOV und hißioiCßi' d-QTivai fieta XQavyrjg (KZs. XVII
315, BB. VI 238, XIV 83). Ich kann dieselben als sichere
zeugen für /iv^(o nicht anerkennen. Nicht dßivxTOv, sondern
dßiTjXTOV ist handschriftlich überliefert, und dßtVKTOv ist hierfür
von Is. Vossius, wie ich aus Ahrens 11 47 anm. 18 ersehe, „e
Serie litterarum" eingesetzt. Die alphabetische Ordnung erlaubt
aber auch äßiovniov^ wie M. Schmidt in der grossen Hesych-
ausgabe (vgl. die kleine unter hiBvov^Bi) schreibt und wegen
hißioiCßv vorzuziehen ist. Ein *ßivl^w ist also gar nicht über-
liefert, und ßiov^u) kann eine boiotisierende Schreibung von ßvCw
„schreie wie ein uhu" sein, das Hesych auch in der intensivform
ßijßvCfiiv „aaXTci^eiv^*" bietet und das verschieden gedeutet
1) Nicht verwant mit lett. iU „stockfinster" sind lett. ÜCnseh
„windstoss, Windsbraut", lit ylinaidBaa. (im Nordlit. entstellt in oUngü);
sie sind vielmehr aus einer noragerm. spräche, vermatlich dem Däni-
schen, eingedrungen: dän. ihng (Jessen Dansk Etym. Ordbog I 107),
norweff. «/tn^, aling (Aasen Norsk Ordbog s. 132), aisl. ^ „Schneesturm"
vgl. Skipitza Gutturale s. 64, Prellwiti Deutsche bestandteile in den
lett sprachen s. 8.
2) Von Leo Meyer nicht erklärt, von Fick Vgl. wbch. ' II 204 su
lat juger§ (hierüber anders BB. VI 238) , von Pott BB. Y III 67 (vgl.
Wiedemann Lit präterit. s. 40, Zubatf BB. XYIU 265, Froehde BB.
XXI 880) SU unserem jauehsen gestellt.
Anzeige. 165
werden kann ^). Allerdings tritt inschrifüich böot. lov für
V nur mit bekannter beschrankung auf. Allein an eine He-
sychische glosse ist nicht der maasstab einer guten inschrift
zu legen, lov = v steht vereinzelt sogar am wortanfang (Meister
I 234), und J. Schmidt scheint mir ganz recht zu haben, dass
„tot; sds eine nur graphische bezeichnung des zwischen i und ov
liegenden, auch im Böotischen allmählich an die stelle von u
tretenden ü aufzufassen sei" (Jen. lit.-zeitg. 1877 art. 691).
Ich sehe in 'fi/^oi eine ableitung von *fu, das auch ent-
halten ist in lit. ytoas „nachteule, uhu", preuss. ywo-garge „eulen-
bäum'' und in ivvetav xkaUi, odvqetai (Hesych). Hierzu ver-
halt sich lit. yna „stöhnt'', wie z. b. skr. dhan- zu dhanth
(Persson Wurzelerweiterung s. 146 anm. 3). Das vermutlich zu
gründe liegende i <) kann sich in lett. idit „ächzen, stöhnen, leise,
brüllen" erhalten haben, das aber auch für *ind4t stehen kann.
Den möglichen Zusammenhang von Iv^w mit Mlefiog, Itq
„ruf", Iri (ausruf), ajto^, tt;, tat), iü^ loVy id lasse ich hier un-
erwogen.
Von den im vorstehenden erwähnten glossen ist keine, wenn
ich nicht irre, in dem vorliegenden werke berücksichtigt, und
überhaupt ist das lexikon des Hesych für dasselbe nichts weniger
als ausgenutzt. Ich will mit dem herrn Verfasser hierüber nicht
rechten, da diese quelle ohne eine gewisse Zurückhaltung über-
haupt nicht zu benutzen ist, möchte diese Zurückhaltung aber
nicht so weit getrieben sehen, dass Hesychische unica als solche
einer etymologischen behandlung für unwert gehalten werden,
und muss sogar bekennen, dass dieselben für mich einen beson-
deren reiz haben. Die berechtigung dieses Standpunkts ergeben
— um nur einiges anzuführen und zwar solches, was in dem
vorliegenden werke fehlt — die glossen dgoov * laxVQdv. ^Agyeiot
(Bugge BB. XVIII 165, Froehde BB. XXI 207, Zimmermann
BB. XXV 6) und Sdegog' yaaii^Q (Johansson Beitr. zur griech.
Sprachkunde s. 138, IF. II 15). Auf einige andere, die ich an
stelle des herrn Verfassers nicht bei seite gelassen hätte, erlaube
ich mir im folgenden kurz einzugehen.
yagyiav' ^dßdov, Maxedoveg, yogga- ^aßdog^ yclgoava'
q>Qvyava, EgiJTeg^ vgl. lett. fars „ast, zweig" (vgl. Fick KZs.
XXn 203, Zupitza Gutturale s. 193).
ydgvov ro kaw rrjg TcXi^fivtjg aidwgioVf o zov a^va iglßei,
vgl. lett. gurni „die gabel am spinnrade, darin das rad läuft".
öi^a (bekreuzt)' a(l§, Jaxatveg, aus *8iyjoL^ vgl. ags. ticcen
„Zicklein", ahd. zUckin, nhd. zicke (beinahe ebenso Stier KZs.
XI 210; über alban. di G. Meyer BB. VIH 186).
1) Das zu ßvCo} gehörige ßvCa „enle" pflegt nach dem Vorgänge
Froebdes BB. XIY 84, 99 zu mbd. küze, küz, nhd. kauz gestellt zn
werden. Die Schilderung, die Brebm vom fressen und kotzen der eulen
überhaupt gibt, legt eine andere erklärung von kauz nahe.
2) f aus t^ (ahd. jämar) ? fu aus ieu (deutsch jati^) ?
166 A. Bezzenberger
inria * axovrtov^ vgl. entweder aixXoi * al ywvlai tov ßehovg ^)
(preuss. ayculo „nadel"), oder alyaveri „wurfspiess'* und oüx^iri
,,laDze, lanzenspitze''. — Wie schon Düntzer KZs. XV 61 ge-
sehen hat, gehören alyaver] und atxf^tl zusammen; alxjttfj steht
fiir aizsmä (lit. eszmas, lett. Sstns, preuss. aysmis für aizsmo-s).
Die Wurzel mag auch in preuss. eyswo „wunde" = russ. jdzva
„wunde, geschwür'', lett. ife „risB, bruch, spalt'*, Ut. ejzieti
„brechen'* (Geitler Stud. s. 82) u. s. w. ') enthalten sein. Gegen
Schraders Zusammenstellung von alyavii] und aiylg mit unserem
eiche (EZs. XXX 461) habe ich ausser anderem einzuwenden,
dass eichene speerschäfte und eichene schilde schwerlich irgendwo
in gebrauch gewesen sind. — ayucia' dogara, xai^a^, worauf
M. Schmidt unter ixTea verweist, beweist nichts gegen die richtig-
keit von hazia.
yLaq>a' XovttJq, AaxwvBg = aindqyri „trog, wanne".
%aq>aCfiiv (Cyprii) yelSv^ xaqxi^oi' Kax^of^ot. yeX^ gehören
zu xaxd^eiVy dessen x darum aber nicht als gh aufzufassen ist
(vgl. Zupitza Gutturale s. 127). 7iag>d^eiv ist vielmehr in den
kreis mundartlicher formen zu ziehen, den ich BB. XVI 253 an-
geschnitten habe. Ficks bemerkung über naxd^eiv GGA. 1894
s. 243 ist mir nicht verstandlich.
xedvog (II 273).
xedvog „geehrt, schätzenswert" kann lautlich mit ntjdBad'ai
{xadea&ai) „sorge tragen", xrjdog (xääog) „sorge", xrjäeaTtig „ver-
schwägerter" (kret. xädeoTag; ausfuhrlich über dies wort Del-
brück Verwandtschaftsnamen s. 145 ff.) kaum anders zusammenge-
bracht werden, als indem man es mit Bartholomae BB. XVII 109
anm. „für eine speziell ionische Umbildung von *xadvo^ nach
xfjäiGTOg u. s. w. ansieht". Hierzu wird sich aber wohl niemand
entschliessen , da xedvdg lediglich der dichtersprache angehört,
auch bei Pindar und den tragikern vorkommt, als ionisch nicht
bezeujgt und von xfjäiOTog begrifflich verschieden ist (xijdiaTog
xedvoTazog ze), und da *xadv6g auch fiir einen lonier ganz un-
anstössig gewesen wäre.
Mir scheint xeövog auf einer linie mit aefjivog zu stehen.
Brugmann EZs. XXV 302 hat dies treffend erklärt als den,
„vor dem man zurücktritt". Demgemäss stelle ich xedvög zu lat.
cedo als den „cui ceditur".
Keine Schwierigkeit bereiten dieser erklärung die von Froehde
BB. VI 175 f. und von Thurneysen und Brugmann (IF. XTTT 84)
aufgestellten deutungen von cido. Jene scheint mir bereits all«
1) Auch dies vermisse ich in dem vorliegenden werk (behandelt
dagegen schon von Benfey WzU. 1 164). Ist nd. tne „granne, ährenspitze"
(Doomkaat Eoolman) verwant?
2) Hierzu lit. izakoti „klauben", der bildung nach vergleichbar mit
gr. danaxa(ofMt : dirnd(ofiai'^
Anzeige. 167
gemein aufgegeben zu sein und diese (ce + zdö, präsens von
sed „gehen") ist nicht sicherer, sondern unsicherer, jedenfalls ge-
suchter als meine erklärung von xedvog. Eine gewisse Schwierig-
keit bereitet ihr dagegen der umstand, dass sie ids schwache form
von ked' xed- ergibt, als solche aber in xeMiddp^ xeKccdovrOy x£-
xadi^asL xad- erscheint. Hieraus aber lässt sich die Unrichtigkeit
dieser erklärung nicht folgern, denn eine unbefangene betrachtung
kann unmöglich ä, sondern muss ^ als normale kürzung von S
anerkennen, und nicht der ablaut ksd- : k^d-, sondern der ablaut
ked' : käd- (den ich natürlich nicht leugne) bildet daher ein
problem. In die behandlung desselben kann ich hier nicht ein-
treten, will aber konstatieren, dass der ablaut S : ^ nachgewiesen
ist (vgl. die literaturangaben Noreens Urgerm. lautlehre s. 71,
Bartholomae BB. XVII 108, Bechtel Hauptprobleme s. 242 f.,
Hirt ablaut s. 142 § 731, Saussure Systeme s. 167 f.), und dass
in mehreren fallen gleichzeitig S und ä als ablautvokale eines
nicht auslautenden e erscheinen (vgl. Persson Wurzelerweiterung
s. 226 f. anm.). So:
lit. iSras „lamm'* — gr. SQiq>og „bock" — lat. äries;
lit isZ'piisH „ausbreiten", lett plist „breit machen, öffnen"
— lit. pletnus „dick, beleibt", lett. plest = plSst (Bielenstein
I 368) — lit platüs, lett. plats = gr. nlarvg „breit";
lit. tetytis „Väterchen", lett. tSte, tStitis dass. — lit. t&is dass.,
gr. Terra — gr. rarer, lat tata.
Neben lit pkUüs, lett plais stehen lit. plötis „breite", lett.
plätÜ „breit machen". Daher können den obigen reihen ange-
schlossen werden:
lit. b^ti „laufen, fliehen", lett. Mgt „fliehen, laufen, meiden"
— gr. tpißoiiai „fliehe, flüchte, meide" — lit boginti „flüchten,
eilen machen'*;
lat repo, lit. repliöti „auf allen vieren kriechen" — lett
rdpüt „kriechen".
Mit rSpo steht cedo auf einer stufe'); cessi und uedvog ver-
halten sich hierzu, wie lett. plest zu plSst, q>iftofiai zu lit bi^i;
xexadoyro zu cido wie nXaxvg zu lett. ji^^; lit. plisti. Die be-
rechtigung, in cido, xedvog, xexddovTO verschiedene ablautsstufen
einer wurzel zu sehen, ist daher unanfechtbar.
xefidg (ü 340).
Zu xefidg „reh", „hirschkalb" scheint mir ausser an. ags. hind,
ahd. hinta (s. Zupitza Gutturale s. 207) preuss. camstian „schaf"
zu gehören. Dasselbe gehört seiner bildung nach zu eristian
„lamm" (lit eras), prastian „ferkel" (lit parszM), werstian
,,kalb" (lit werszis)^ woßstian „zicklein" (lit. ozys) und darf
1) Sehr beachtenswert ist, was Osthoff Perfect 8. 107 ff. über
solche prasentia vorträgt. Ich gehe darauf an dieser stelle nur deshalb
nicht ein, weil es mir hier nur auf tatsächliches ankommt.
168 A. Bezzenberger
unbedenklich auf ^kemadstian oder ^kefnadistian zurückgeführt
werden, a statt e ist im Preussischen bekanntlich nicht selten.
xeaxlov (II 291).
xeaxlov „werg, flachsabfall" gehört offenbar zu asl. desatt
„kämmen'S öech. pades „werg", poln. paczeä „hede" (Miklosich Et.
wbch. 8. 35). Auch unser hede lässt sich diesen wörtem an-
schliessen. Dagegen weiss ich nicht, wie man nöaxtvov „sieb",
an das Leo Meyer und Prellwitz bei xeaxlov denken, mit ihnen
vereinigen könnte.
xotvoQ^ xoJjuo^, xwfir] (II 324, 344 f.).
Lit kaikaras „horde, häufe" (GeiÜer Lit. stud. s. 89) und
lett. ziku „truppweise" (zikät „wimmeln'') schliessen sich begriff-
lich so eng an lit. katmene „herde", dass Zusammengehörigkeit
dieser Wörter anzunehmen ist ^), Von kaimeni lassen sich aber
andrerseits lit. kemos „hof, dorf'S lett. zlms „dorf" (auch „ver-
sammlungshaus der herrenhuter") nicht trennen ^), und dass hierzu
mit recht got. haims, an. heimr u. s. w. und gr. xcifÄTj „dorf<
gestellt werden, ergibt das nebeneinander von haims und an. ßing-
heimr „die ganze beim thing anwesende Versammlung", von KUOfÄrj
und Tiwfiog ),gelage, grosser zug, schwärm". Beide Verhältnisse
entsprechen dem von kemas zu kaimene (kaikaras, ziku). Da-
gegen wird xijifÄr] ohne not von naifÄog losgerissen, sobald man es
zu lit. szeimyna „gesinde" u. s. w. stellt (Zupitza Gutturale
s. 49, vgl. Grienberger a. o. s. 105).
Da baltisches ai in mehreren fällen (z. b. lit. kenMS : api-
kaime, kaimynas, vgl. szdüi : porszolys, skanüs : sidn-skoniai)
als vrddhi von e auftritt'), so kann als wurzel der behandelten
1) Ich stelle zu ihnen auch preuss. kaywBy lett. kSwB „stute"
(herdenpferd). kiwe muss aus dem Nordlitauischen entlehnt sein, wo
lit. *k¥uj6 (^* pr. kaytoe) *kiwe lauten würde, aber verloren ist.
Zu noifiriv, notfivtj, ntSv (W. Schulze KZs. XXVII 426) gehören
lit. pb^wa „wiese" (derselbe Quaestiones s. 45 anm. 2, Persson BB. XIX
257) und lit. pä8a „herde" (Geitler Lit. stud. s. 103). — Beiläufig be-
merkt lassen sich Sianoiva, ags. ftsmne , Jungfrau, junge frau", afries.
fämne „frau, magd" ebenso gut zu noifiriv^ wie zu avest. paeman „milch
der weiber" (J. Schmidt Sonantentbeorie s. 104 ff., 186) stellen.
2) Vgl. skr. grama „dorf, heerbaufe, sebaar", russ. wr. poln. gro^
mdda „(grosser) häufe, dorfgemeinde" und Zupitza Gutturale s. 149;
ferner an. porp „geböft, dorf' : pyrpast „sieb drängen" und Feist Got.
etymol. s. 146.
3) In dem -ais des instrum. plur. der a-stämme sehe ich nicht
-öl«, sondern -ois. Die arischen instrum. plur. auf -äiB (s. hierüber For-
tunatov Archiv, f. slav. pbil. XII 97 f., J. Schmidt EZ. XXYII 305, Fest-
gruss an R. v. Roth s. 184, W. Schulze KZ. XXVII 421) halte icb für
neubildungen auf grund der instrum. sing, auf -ä, indogerm. -ö. Analoge
bildungen sind avest. avahhüs, yätus (GGA. 1875 s. 1116, vgl. Geldner
KZs. XXYII 225, Studien I 136, Bartbolomae Beiträge z. flexionslehre
8. 73 f., 143, BB. XVU 107).
Anzeige. 169
worter köi : koi : ki „gesellen, sich schaaren^' aufgestellt werden,
und unmittelbar hieraus kann xoivog „gemeinsam" erwachsen sein.
Aber es scheint mir trotz J. Schmidt Sonantentheorie s. 120, 147
auch erwogen werden zu müssen, ob kovvoq nicht etwa aus
*xoif^v6g (vgl. kaimen^) hervorgegangen ist.
Weitere anknüpfungspunkte bieten vielleicht skr. cinöti „an-
einanderreihen, schichten, sammeln", asl. öinüi „componere".
TLoXa^ (U 428).
wiXa^ „Schmeichler" ist der „qui nimis colit^K Wegen des
anlautenden k berücksichtige man urkelt. vo-keld „ich sorge mich"
(Btokes Urkelt. Sprachschatz s. 83) und dvoTiolog, ^erjaolog, deren
zweites glled nicht notwendigerweise mit -nokog in ai^rtoXogy
d^vTj-Ttolog identifidert werden muss (vgl. Fick BB. XVIII 135).
xoXoiög (II 435).
xoloiog „dohle" kann beinahe gleichgesetzt werden dem asl.
slavij (russ. solovij) „nachtigall" (preuss. salowis dass. hieraus
entlehnt? s. J. Schmidt Vocal. 11 137). — Ahd. nahtagala be-
deutet nicht nur „nachtigall", sondern auch „corax", „nocticorax",
„noctua".
Dass xoXifiog „geschrei, lärm", iiol(pav „lärmen, schelten" zu
noXoiog gehören, erscheint mir selbstverständlich.
TLÖQog (n 368).
yiOQfogy KOQfäf von Leo Meyer nicht erklärt, stellt Prellwitz
Wbch. s. 159 zu xoq&vvw „erhebe". Aber näher scheinen mir
doch xoQvg „heim", xoQvaaw „rüste, wappne, erhebe", zu liegen.
Die grundbedeutung dieser Wörter (von denen ich übrigens manches
fem halte, was Johansson KZs. XXX 347 ff. mit ihnen vereinigt)
ist zweifelhaft, allein der gebrauch von xoQvaaeiv gibt die berech-
tiguDg, mit ihrem xoqv- zu verbinden: preuss. sartms „waffen",
lit. szdrwas „hämisch, ganze rüstung eines kriegers", „mitgift"
(Szyrwid Dictionarium unter posag, wyposazam, vgl. zbroia). Die
ursprüngliche bedeutung dieses wertes wird „ausrüstung" im all-
gemeinen gewesen sein i), und es wäre daher ebenso bedenklich,
sarwis und szdrwas mit skr. gdru „speer, pfeil", got. hairus
„Schwert" zu kombinieren, als darin eine entlehnung aus got.
sarva „waffen, rüstung" (ahd. saro, ags. searu) zu sehen. Hier-
gegen spricht auch der anlaut von szdrwas. Eher könnte got.
sarva aus dem Preussischen entlehnt sein.
1) Eine andere möglicbkeit ergibt sich aus Tacitus Germ. XVIII
(ipsa armorum aliquid viro affert), woran Prellwitz mich erinnert, falls
diese stelle nicht auf einem irrtum beruht. Für litauische anscbauungen
liegt sie aber sehr fem. — Über BzdrtoM vgl. nooh Brückner Lituslav,
stad. I 116 aum. und Lit. forsch, s. 152.
170 A. Bezzenberger
Lit. szdrwas, dekliniert wie kilmas (BB. XXI 295 anm. 2)
und daher vielleicht auf dem dreisilbigen stamm *szaru(i- be-
ruhend, entspricht dem gr. noQßog lautlich genau, und wenn man
jenes mit „rüstung'' und dies mit „der rüstige" (s. KOvgoieQog)
übersetzt, so besteht zwischen ihnen ungefähr dasselbe verhältniss
wie zwischen skr. gäsa „befehl" und gäsd „gebieter".
Insofern szärwcLS „mitgift^ aussteuert bedeutet, und eine mit-
gift eine legale eheschUessung voraussetzt, berührt es sich mit
xovQidiOQf in dem „der begriff der ehe der wesentliche ist'' (Butt-
mann Lexil. I 34), das man aber doch nicht gern von ttovgri
ganz wird losreissen wollen. — Ob die kretischen Kureten nach
ihren waffentänzen benannt sind, ist mir sehr fraglich.
yLQiyLSiv, XQOKri (II 395, 399).
KginBiv „schlagen, klopfen*' (ein gewebe, ein Saiteninstrument),
XQOxrj „einschlagfaden, gewebe" stelle ich zu asl. hrosno, poln.
krosna „Webstuhl", russ. krosnd dass., auch „ungebleichte lein-
wand" und nsl. kresati, russ. kresÜh „feuer schlagen", poln.
krzesaö, krzesiS dass., auch „schlagen" überhaupt, „hauen". —
Auch lett krekls „hemd", ags. hrägl „gewand", ahd. hregü „in-
dumentum" (Zupitza Gutturale s. 123) lassen sich hierher ziehen,
indem in krekls assimilation des wurzelauslautes an den anlaut
angenommen wird.
KQoaaa (11 401).
xQoaaa „mauervorsprung, zinne, absatz, stufe" darf nicht,
wie von mir BB. XII 239 und Zupitza a. o. s. 122 geschehen
ist, auf x^ox- zurückgeführt werden, wenn auf die Hesjchische
glosse ngoGTiva * qn^lcniTiJQia etwas zu geben ist. Jedenfalls aber
lässt sich XQooaa auch zu got. hr^ „dach", as. hröst „sparren-
werk des hausdachs" (s. Henning Das deutsche haus s. 122)
stellen, und hierzu gehört asl. krada „rogus, fomax, altare", nsl.
„holzstoss", klr. krada „Scheiterhaufen" (Miklosich Et. wbch.
s. 137), falls dies nicht auf lit. krösnis „ofen" zu beziehen ist.
— Anders über hröt Johansson KZs. XXX 349 anm. 2, Wie-
demann IF. I 194, Zupitza a. o. s. 127 (wo auch lit. kriaüte,
kraute „bodenraum" hätte aufgeführt werden können), Grienberger
a. o. 8. 119 f.
TCVKoeiv (II 239).
%v%aeiv „rühren, mischen, aufrühren", yLWiTiai'Teq>Qog „mit
asche gemischt", xviuwv „gemisch, misch trank, mischmasch",
TLvycrj'd'QOv „rührkeile" sind nahe verwant mit lit. szduksztas
„löffel", sziükszmes „geröU, auskehricht", sziükazttis „mit spreu
oder kleie gemischt". — Lit. sziiJce „scharte, scherbe", szükos
y,kamm", lett, stdca „bürste, Striegel", $ukis „scherbe", sukutns
Anzeige. 171
„lüoke, scharte'' (lett. schuhe, schukis, schuht halte ich im gegen-
satz zu Leskien Ablaut s. 318 für lituanismen) stelle ich da-
gegen zu skr. ^^üka „granne des getraides, Stachel eines Insekts'*,
ayest. Qfüca „nadel" (vgl. begrifflich ahd. sdrbi „scherbe", lett.
schherpele „Splitter" Zupitza a. o. s. 155).
xwvog (II 318).
Die gleichheit von nuivog „kegel, pinienzapfen, helmspitze,
der kegelförmige kreisel" ^) und skr. gäna „Schleifstein" steht
durchaus nicht fest >), denn gana scheint minder richtig als gäna,
und gegen die annähme, n könne im Sanskrit oder gar in den
veden an und für sich durch n ersetzt sein, besteht ein berech-
tigtes misstrauen (s. Leumann KZs. XXXII 309, Persson KZs.
XXXin 288). Auch bei ^na ist dasselbe zutreffend, denn (äna
kann unbedenklich zu gäd „stein, fels", an. hella „flacher stein,
schiefer" gestellt werden (vgl. Stokes ürkelt. Sprachschatz s. 72 f.).
Ferner aber ist es doch, zumal in hinblick auf nBQi-xwvsiVj
wahrscheinlich, dass die bedeutung „pinienzapfen" älter sei, als
die bedeutung „kegel"; nimmt man dies aber an, so ist die Ver-
mutung nicht abzuweisen, dass xdhog zu asL sosna „abies", russ.
sösna (auch sosnd) „flehte, kiefer, föhre" (s6sna italij&nskaja
„pinie"), poln. sosna dass. gehöre. Es würde sich lautlich hierzu
verhalten wie gr. dfiog zu skr. drhsa u. s. w. (Solmsen KZs.
XXTX 62, 81) und begrifilich wie hd. tonn zu tannej lat. mälum
zu malus 3). — Die Zusammenstellung von sosna und ahd. kien
(Pedersen IF. V 66) ist zu gewaltsam.
Auch das n von ved. mani „perle, perlenartiger zierrat,
kleinod, edelstein, juwel", das J. Schmidt KZs. XXXII 385
neben gäna als sicheren beleg für n =^ n nennt, ist als solcher
nicht anzuerkennen (vgl. Windisch KZs. XXVII 168). mani
kann nämlich aus *malmni entstanden sein und zu got. malma
„sand", lit. melmü „nierenstein", sdmalnes „Schrotmehl" gehören
(vgl. J. Schmidt Sonantentheorie s. 104, 114, 117). Begrifflich
ergibt sich dies aus der Verdeutschung von lat. margarita (ahd.
merignoz u. s. w.).
TiiSog (II 222).
Neben xwog „höhle, gefangniss", nveiv „schwanger sein"
(II 227), xixr^ „Öffnung" (II 230) mache ich aufmerksam auf
lett. schäwa „eine scheidenartig geformte spalte oder höhlung an
1) Die übersetznng „spitzstein" Michels IF. lY 68 ist nur wiil-
kärlich.
2) Aus der neneren literatar darüber erwähne ich Hirt BB. XXIV
284 nnd Zupitza Gutturale s. 184.
8) Wie xeOfyoc für ^xwavo-q steht vielleicht xavvos „loos" für xava-
vo-g, vgl. aal. prS-k^HU „durchs loos gewinnen" (Miklosich a. o, s. 154).
172 A. Bezzenberger
einem bäume", das auf gSu- beruht und also in einem bemer-
kenswerten ablautsverhältniss zu xioog u. s. w. steht — Nicht ganz
zutreffend scheint mir Leo Meyer ayxvog „schwanger", iy-xvuünf
dass. : xvog- „fetus", TiVfia dass. zu beurteilen. Die richtige
beurteilung dieser Verhältnisse ergibt sich aus skr. jafhdra „mutter-
leib", got kilßei dass. — got. ifiküpö „schwanger" — engl.
child,
olcJ- (II 129).
Zu old' „schwellen", oldog „geschwulst", old^a „schwall"
stellt Leo Meyer lat. aemidus, armen. atUnu-m „ich schwelle",
ait'Umn „geschwulst", aü „wange" und ahd. eiz „eiterbeule, ge-
schwur", an. eitiU „drüse" mit der bemerkung: „Kaum dazu auch
altn. eitr, ahd. eitarf nhd. eiter**.
Dieser bemerkung gegenüber halte ich an der Zusammen-
gehörigkeit der erwähnten germanischen Wörter fest, die mir durch
bair. aiszeln „schwären, eitern" und anderes, was Schmeller Bayer,
wörterb. I 157 f. auffuhrt, bewiesen zu sein scheint. Andrerseits
gehe ich über Leo Meyer hinaus, indem ich an. eitr, ags. dior,
ahd. eüar, mhd. eiter „gift", nhd. euer, mnd. schwed. etter „eiter,
bezw. gift" nebst ahd. mhd. eiz, an. eitill und asl. russ. jad^,
poln. jad „gift" von olöog u. s. w. trenne. Maassgebend hierfür
sind lett. idra „das faule mark eines baumes", idrM „einen faulen
kern bekommen" i), die sich von den obigen Wörtern nicht trennen,
aber den begriff des schwellens nicht hervortreten lassen und
lediglich auf die Vorstellung eines krankhaften einschlusses fuhren ;
und hierzu stimmt gut an. eitillf das nach Cleasby-Vigfusson
nicht „drüse", sondern „a nodule in stone, iron, or the like"
bedeutet. — Möglicherweise gehört zu dieser wortgruppe lit. aidinti
„reizen" (Beitrage zur geschichte d. lit spräche s. 269 f.), vgl.
poln. jad und unser gift in der bedeutung „zom, wut". Viel-
leicht war aber die eigentliche bedeutung dieses Wortes „auf-
wiegeln", und dann würde es auf oldog u. s. w. und asl. jadro
„sinus", „velum" (von Fick KZs. XXI 5, 463 mit recht zu oldog
gestellt) zu beziehen sein. Auch lit. didyti „toben, getöse machen",
angeblich auch „wiederhallen", aidcts „echo" können hierzu ge-
hören.
Ob lat. aemidus mit oldog u. s. w. verwant sei, ist sehr
fraglich, s. Froehde BB. Y 273. Lit atme „eine zahllose menge"
(Geitler Lit stud. s. 76), das an aemidus erinnert, ist mir nicht
gut genug bezeugt.
oi'q)eiv (II 131).
Als eng zusammengehörig betrachte ich skr. ibha „diener-
schaft, hausgenossenschflft, familie" (ibhya „zum gesinde gehörig.
1) Ein lett. idrs „kern" (Fick Wboh- ^ I 368 unter endro-m) gibt
es, soweit loh sehe, nicht.
Anzeige. 173
höriger''), ahd. eiba „land, gau" in Wetareiba, Wingarteiba,
langobard. aib „gau" in Burgundaib, Antaib, Bainaib (Brückner
Sprache der Langobarden s. 99) und lit. aibis ,,menge, schaar"
(Mie^inys). Das verhältniss von ahd. ht-rät „heirate Vermählung''
zu ags. hi-red „familie", an. hS-rad „bezirk, landschaft" legt den
gedanken nahe, dass ibha u. s. w. und oiq>Biv verwant seien.
Ich muss dies aber ablehnen, da oYq>Biv nicht das schliessen einer
ehe ausdrückt, vielmehr nach seinem ganzen gehalt in einem
scharfen gegensatz zu ibha und eiba steht. Dasselbe gilt von
skr. ydbhati und seinen slavischen verwanten (poln. jebciS, slov.
ßbcUi u. s. w.), womit ötq)€Lv herkömmlich zusammengestellt wird.
Von der richtigkeit dieser kombination ist Leo Meyer freilich
nicht fest überzeugt, allein die gleichmässigkeit der bedeutung
macht sie doch so wahrscheinlich, dass das fehlen eines anderen
oc- = skr. ya- sie nicht ernstlich gefährdet. Wegen dieses Ver-
hältnisses s. Persson Wurzelerweiterung s. 231, Hirt ablaut s. 132.
Die ähnlichkeit von ibha, eiba mit skr. sdbhä, got. süja
„sippe" (vgl. Noreen Lautlehre s. 218) liegt auf der band. Wegen
der bildung s. Prellwitz BB. XXII 89 ff.
o^vg (I 500).
o^iva „egge", das sich ohne gewaltsamkeit von lit. akikzos
(ekihzos), lett. ezischi (com. ocet, alid. egidä) nicht trennen lasst,
enthält nach ausweis dieser Wörter nicht g, sondern k (vgl. Zu-
pitza Gutturale s. 129 i)). Da femer von o^Lva auch o^g sich
nicht losreissen lässt, so ist folglich auch dessen ^ als ks auf-
zufassen, und die Verbindung von o^g mit skr. dgri „ecke, kante",
äpi „rasch, schnell", gr. ayLgog^ wKvg u. s. w. ist zu lösen. Da-
g^en lässt sich o|- identificieren mit aks- in lit. akstls „spitziges
stöckchen", äkstinas „Stachel, ochsenstecken, federstachel" = asl.
osthm „Stimulus", lett aksts „flügge, hurtig". Kretschmers tref-
fende erklärung der Hesjchischen glossen ^QOVy ^vgel (EZs.
XXXT 414) wird hierdurch nicht berührt, während die von ihm
veranlasste Vereinigung von 6§vg mit skr. ksnaüti „schleifen,
wetzen, schärfen" (Pedersen IF. II 314, 325) mit meiner auf-
fassung jenes wertes nicht besonders harmoniert — Führt man
6§' = akS' auf ein neutrales okes- zurück, so verhält sich o^g
hierzu, wie lit tamsiis zu skr. tdmas (lit tamsä). Der gedanke
Hirts IF. XII 225, o^g sei „aus ^aksüs erst im Griechischen
entstanden" wird wohl wenig Zustimmung finden, und mhd. wahs
„scharf", das nach Fick GGA. 1894 s. 242 möglicherweise zu
o^g gehört, gilt mit recht für eine entstellung von was (ahd.
htoas).
1^ -— 1-1 1 mm M— ■ I» ■ ■ - - ■ "
l) Aus dem von Zapitza herangezogenen lat aeus will 0. Hofiinann
Dial. I 278 kypr. dxotnTJ „gente" ableiten, das aber far wxoatA oder
J9Vxoar& stehen kann, vgl. asl. j^my^ russ. jacminh „gerate" (Miklosioh
Et wbch. 8. 104).
174 A. ßezzenberger
Für wurzelhaft yerwant mit 6^g, lit. akstis halte ich oxqiq
(oKQioeig, OKQiaofiai), lat. ocris und ir. ochar, cymr. ochr (Stokes
Urkelt. Sprachschatz b. 6), während ich a%Qig mit d^ identi-
ficiere. Vgl. Hirt Ablaut s. 162.
oatqtfiov (I 538).
oaxqifJLOV „stall, hürde" kann auf daTQO- beruhen (vgl. oßQi-
fios, auf das auch Leo Meyer verweist; Fick BB. XVI 170),
und dies kann aus odTQO- entstanden sein und dann gehören zu:
as. edor „zäun, umfriedigung*', ags. eodor „zäun, dach", mnd.
ader(e) „staken, knüppel, woraus man die zäune macht'', an.
jadärr „rand", ahd. etar, mhd. eter „geflochtener zäun, umzäuntes
land, säum, rand'', asl. odrb „bett'', odrina „stall", russ. 6drb
„lager, brettergerüst". — Dürfte man hiermit bair. eazter „falltor
am fahrweg durch einen geschlossenen feldbezirk" (Schmeller
I 161), Schweiz, esier „fallgatter" (Grimmsches Wörterbuch III
1172) verbinden (wie Stalder Schweiz, idiotikon I 346 vorschlägt),
so ergäben diese Wörter eine bildung, die der vermuteten unter-
läge von oOTQifiov sehr nahe käme.
.
oTQakiog (I 514).
Zupitza KZs. XXXVII 406 ist auf eine Vermutung Ficks
zurückgekommen, welche dieser aber anscheinend aufgegeben hat,
nach der OTgoXiog, OTQtjgog^ otqvvw mit lett. dtrs „rasch, heftig,
hastig, hitzig" zu verbinden sind (Vgl. wbch. ' II 514). Ich
halte dieselbe aber nur unter der Voraussetzung für zulässig, dass
das a von ätrs ^) und von lit. otu „schnell" (Geitler Lit. stud.
s. 99) ablaut von S ist. und nur unter derselben Voraussetzung
lassen sich as. cuiro „eilend, alsbald, zeitig, früh", ags. cedre
„sofort", ahd. atar „acer, sagax, celer" zugleich mit ätrs, otu
und mit otgakiog u. s. w. vereinigen (Zupitza a. o.), gleichviel ob
der anlaut dieser Wörter lang oder kurz anzusetzen ist.
Fick a. 0. zieht zu ätrs ausser ozqaXiog u. s. w. auch lat.
ätrox und skr. ätati „wandern, laufen" (vgl. dtya „renner").
iUrox wird besser zu äter gestellt; die bezidbung von diati sei
es auf dtrSj sei es auf aiQaXiogt sei es auf beides, erscheint mir
aber noch immer sehr berücksichtigenswert (vgl. PreU¥dtz BB.
XXm 69 f.).
ox^og (I 526).
Uiiter preisgäbe einer früher von mir geäusserten Vermutung
(BB. XXni 298), die sich aus begrifflichen gründen nicht woU
1) Hieraus scheint mir nordlit. dtru» „heftig, hitsig, jähzornig"
{Ur9{%)y S^tre(t) adv. dass. „schnell", Lit. forschangeo s. 97) entlehnt in
sein. loh lasse es deshalb im text bei seite.
Anzeige. 17Ö
durchführen lässt» stelle ich ax^rog ,,rinne, kanal, Wasserleitung*'
als oxhstog zu lit ekete (aketS, akyte) „in das eis gehauenes loch
zum wasserschöpfen, wuhne", lett. akate „mit wasser gefüllte
grübe im moraste'% ableitungen von lit. äkcis (äkis) „wuhne",
lett. aka »»(gegrabener) brunnen'^ Gegen die Verbindung dieser
Wörter mit lit. akis (Brückner Lituslav. stud. I 43 anm. 31) und
slav. oko (J. Schmidt Neutra s. 405) habe ich mich schon Deut-
sche lit. -Ztg. 1889 sp. 1458 erklärt und habe sie zu skr. kha
„höhle, Öffnung <S kha = avest khä „quelle" gestellt (BB.
XVIII 221 anm., XXIII 297). Hierin sieht man herkömm-
licher weise sprösslinge von skr. khdnati, avest. kafUi „graben"
(so auch Brugmann Grundriss ^ 11 456). Diese annähme ist aber
bereits von Hirt Ablaut s. 93 mit recht bezweifelt; der gebrauch
von kha und das hiermit zusammengesetzte sukhd machen sie
ganz unwahrscheinlich und der lautliche gegensatz zwischen avest.
küMi (apers. kaiitanaiy, vgl. auch armen, akan Hübschmann
Armen, gram. I 413) und khä (khä) tragt — wenn auch das k
von kaMi u. s. w. unursprünglich ist, vgl. Fierlinger KZs.
XXVII 335, Bartholomae das. 367 anm. 2, Persson das.
XXXni 290 — nicht dazu bei, sie glaubhaft zu machen.
Lit äkas und skr. kha, lett aka und skr. khä lassen sich
vereinigen unter indogerm. ökho- : khö-, bezw. ökhä : khd. Das
aus ökhä verkürzte kha trat neben z. b. k^ä und bildete daher
den nomin. sing, khas = av. khä. Die zu gründe liegende wurzel
kann ich anderweits nicht nachweisen (skr. äkhard, okhü?). Wegen
des % '^ kh verweise ich auf Wackernagel Altind. gram, s^ 119f. ^).
nitß (H 533).
fciC/a „kleines fischemetz" gehört wohl nicht zu niCpi „Aiss,
säum", sondern zu /redw „fessel". Von der diesem zu gründe
liegenden wurzel (Fick Wörterb. ^ I 474) stammen auch lit pedas
„getreidegarbe", lett p6da „bund, armvoU".
ftlidog (II 694).
TrAad- in rcXodog „feuchtigkeit, Schlaffheit, faule", nXadoQog
„nass, feucht, matschig", TcXaddeiv „nass, schwammig sein" ent-
spricht dem lett plid- in plidinät „sich baden", plide^ns „glatt-
eisig'^ Dies beruht auf pled- in lett pledskscha „etwas ausge-
flossenes", dessen etwaigen Zusammenhang mit peld- in lett pe'ldÜ
„schwimmen" ich dahin gestellt sein lasse.
1) PrellwitE Et. wbcb. s. 165 hat zu xoyxv lett. senze „mascbe]"
gestellt. Richtiger scheint aber fenze : Ülmann s. 234, Magazin der lett.-
Dter. gesellschaft XIII, 1. stück s. 25. Nicht ganz so unsicher wäre der
vergleich ron xoyxfi mit nslov. »enee „schl&fe" (vgl. skr. ^oifMd „masobel"
— „schlafe") ans 9mhfiib (Miklosich Et wbcb. s. 292).
176 A. Bezzenberger
Ttoixiloq (n 481).
fComiXog „bunt, kunstvoll gearbeitet, manigfaltig, gewandt",
Bild, f eh „bunt, schillernd", slav. pisafi „schreiben", skr. pigas „gestalt,
form, färbe" (Pischel Yed. Studien II 113 ff.), apers. ni-pistanaiy
„schreiben" sind mit recht gestellt zu lit paüzas „russfleck",
peszä „russ" (Zupitza Gutturale s. 189), iz-payßau (wie für iz-
payfau zu lesen ist) „rysui^ co w^glikiem, dowem etc., delineo,
adumbro, primas lineas duco" (Szyrwid Diction. ^; Miklosich Et.
wbch. s. 271), pßszti „schreiben" (Feist Qot etymologie s. 30,
Leskien Ablaut s. 292). Im hintergrunde jener Wörter steht also
nicht die arbeit mit dem grabstichel oder dem meissel, sondern
die graphische darstellung in ihrer einfachsten art, die adum-
bratio, das aufreissen von figuren oder bildem mit schwarzer
färbe. Dies ist zwar ebenso selbstverständlich, als dass ntHQog
von noiydhog zu trennen ist ^), ist aber soviel ich weiss, noch
nicht ausgesprochen, obgleich es für die beurteilung der indoger-
manischen kultur, des alters und der entwicklung der indoger-
manischen kunst von sehr grosser bedeutung ist.
Ebenso wie ni-pistanaiy und pisati bedeutete auch got. me/-
jan ursprünglich ein zeichnen, malen mit schwarzer färbe, wenn
es von Qrienberger a. o. s. 158 richtig — wovon ich überzeugt
bin — mit gr. fiHag vereinigt ist.
milag (II 512).
Ttrelag „eher", rtzeXia' avg vfto ^cucivwv können zu lit
telas „kalb", lett. telsch dass., asl. tel^ = poln. ciel^ (genit. de-
l^a) „kalb" gestellt werden unter der Voraussetzung, dass diese
Wörter anlautendes p aufgegeben haben. Vgl. begrifflich lat.
verres „eher** : lit. werszis „kalb".
Möglicherweise steht preuss. Hente (voc., clytith Grünau)
„kuh" für *Üente aus (p)telefUe.
TtvfioTog (II 593).
TtifÄCtTog „der letzte" auf "^noa^cnog oder auf "^no^arog
(so Reichelt BB. XXVI 225) zurückzufuhren, ist nicht nur sehr
bedenklich (Solmsen KZs. XXIX 90), sondern auch ganz unnötig,
seit Bugge BB. XIV 68 Ttv^axog zu skr. pinar „wieder, zurück,
von neuem" (bildung wie avest. hanare Bartholomae BB. XY
16, 23) gezogen und aus */>u- „hinter" abgeleitet hat, das Bugge
auch in lat puppis und in skr. püccha „schwänz, schweif, ruthe"
vermutet. Auch skr. puta „hinterbacke", griech. rtwog {nivvog)
1) Auch ahd. feigi, an. feigr, nhd. feige trenne ich von no^xClog
und bleibe bei der Zusammenstellung dieser Wörter mit lit. paikas
„dumia") indem ich in dem feigen nicht mit Schade und Zupitza den
„gezeichneten", sondern den dem todesschlaf, der betäubung bereits
yerfaUnen (vgl. Vilmar Idiotikon von Kurhessen s. 100) sehe.
Anzeige. 177
„ftQwiKTog'' (über novviov b. w. u.) und an. fiid ,,cuDnaB", mhd,
fnd „cunnuB, vulva'' und ahd. fana „von'' (das mit mfictrog und
pünar längst verbunden ist [J. Schmidt EZs. XXVI 24, Persson
Wurzelerweiterung s. 224 anm., IF. II 214 f.] und gleich pün-ar
eine n-ableitung wie lat extertius, infemus, got inn u. s. w.
darstellt) beruhen auf dieser grundlage, neben der ich aber ein
gleichbedeutendes *p<m oder *peU' annehme wegen preuss. ^pcu-
nian „hinterbacken" (BB. XXIII 310), lett. pauna „(rucksack),
ranzen, tomister, bündelchen", pa/une „bündel, tornister, knap-
saek'^ (woraus estn. paun „ranzen, feileisen" u. s. w. Thomson
Beröringer s. 272 entlehnt), pipaunä „auf dem rücken", paundt
„(buckeln), auf dem rücken tragen", aa-paunät „(sacken), zu-
sammenpacken". Ob nowid^eiVj noiviov {nowia^etv Ttaidmoig
Xdijo^ar novviüv yoQ 6 SaKwvhog Hes.) dies *pou enthalten,
oder mit Ahrens II 125 als lakonisch anzusehen sind, lasse ich
dahin gestellt sein (ebenso die erklärung von dqyiftovg' äerog.
MoMÖdveg, Fick EZs. XXII 200 f.). — Eine zweite nebenform
von *pU' „hinter", nämlich ^pä- enthält vielleicht Ttvyrj „der
hintere" (vgl. skr. apa-gd „sich abwendend" und skr. mdk^',
mtthü : maksü, mithu); anders, aber noch unsicherer BB. XII 79,
XVIII, 135, GGA. 1894 s. 245. ^
Von J. Schmidt a. o. sind nviiaxog und ahd. fona auf gr.
äno bezogen, und ich halte dies prinzipiell für richtig, stimme
aber Persson a. o. und Johansson PBB. XV 230 bei, die das u
von pünar und Ttvfiaiog dem v von anv^ kotv, tvqV'^ vnv gleich-
setzen (vgl. GK3A. 1887 s. 418). An diese formen reihen sich
ferner an z. b. got. du und halt, py-u- » ftqv- in lit. prusnä
„maul, schnauze", preuss. prusna, prosna „angesicht".
Wie alle diese formen zu stände gekommen sind, lassen
lat. 8in^ : gr. avev : skr. sanii-tdr, got inu (Prellwitz Wbch.
s. 23), das obige *poU' (^peu-?) : *pU' u. a. erkennen; sie be-
ruhen je auf der Verbindung eines fertigen wertes mit einem u,
das ich für identisch halte mit dem v von Ttaw, ovTog u. s. w.
Eigentliche lokative (vgl. hierüber Bartholomae BB. XV 23,
Hirt IF. I 30, J. Schmidt EZs. XXXII 412 anm. 1) kann ich in
ihnen nicht sehen.
Hin und wieder scheint mir aus einer solchen Verbindung
ein i;o-stamm erwachsen zu sein: gr. velfaTog „der unterste"
(Fick BB. I 336), asl. niva „acker" (skr. nivand „zu tal" ?) aus
*nei : ^nei-u; skr. purva „vorderer, früherer", gr. TtfidTog; lat.
privus, umbr. preve. — Auch die griechischen ortsadverbien auf
-Vi, "Vig führe ich auf eben solchen Verbindungen zurück und
sehe also in z. b. fti^lvi und nqtlij-i ^) gleichartige bildungen.
Ganz anders J. Schmidt EZs. XXXU 394 ff.
1) Lett. ^pr^am „fort, weg" trennt J. Schmidt KZs. XXXII 407 in
pr^JatHy ohne dies su erklären. lob halte es fär entstanden aus ^prüw-
jam (vgl. giAimaj dimin. von gäw „knh"), was sich zu n^f&Atog verhält
wie gMFam „vorbei, vorüber" zu ga*¥seh „lang".
Boitrftgtt X. kviiile d. indgf. qinieheii. XXVII. 12
178 A. fiezzenbetgei'
TOfzog (II 737).
Zu TOfcog „ort) stelle", %07tdCßi,v „vermuten" (TOfto^et* «ixa^ct.
lÖQvei. vnomsvBi, atoxä^wai Hes.) stelle ich: lit. iäpti „werden",
pri'tapti „antreffen, kennen lernen, erfahren", lett. iapt „werden,
geschehen, gelangen", tapigs „ein föhiger köpf", iapituÜ „(zu-
kommen lassen), borgen, leihen", if-tapt „loskommen, zurecht-
kommen, es einem zu danke machen, mit ihm zurecht kommen",
pa-tapt „hingelangen, wozu kommen können, müsse haben", po-
tapciB „müsse", sa-tapt, 8a''8(aytapt „begegnen, auf jemand treffen"
(nü dlwa sastapts „von gott beschert"); ags. fafian (mit ä s.
Sievers PBB, X 509^ „etwas geschehen lassen, sich in etwas
fügen" (gad hü gefafade „gott lies es zu"). — Der begriffliche
ztiBammenhang ist nicht gai» klar, aber einleuchtend. Zweifelnd
vergleiche ich klr. do-tepa „einsieht" (Miklosioh Et. wbch. 8. 352).
(?ew (n 170).
v(fxr] angeblich „irdenes gefäss für eingesalzene fische" kann
zu lit. wdr&as „korb zum fischfang, reuse", lett. warfa „fisch-
wehr", warß „setzkörbe" gehören. Der name könnte von dem
geflochtenen auf den möglicherweise gleichgeformten irdenen
fischbehälter übertragen sein. Übrigens berührt sich die älteste
keramik mit der flechterei (vgl. z. b. Schrader Beallexikon
s. 457), und auch abrit. bascauda scheint ursprünglich einen ge-
flochtenen korb bezeichnet zu haben (vgl. O. Mejer IF. VI 106
anm.).
Lat. urceuSj das man früher zu vdxrj stellte, wird jetzt besser
mit aslav. vrbdh verbunden (Miklosich Et. wbch. s. 383).
vaaog (II 162).
vaaog „wurfspiess" aus ^vadjo-g gehört zu as. ord, an, addr,
ahd. ort „spitze", womit auch verbunden sind votqi^ „Stachel-
schwein" (Noreen Urgerm. lautlehre s. 190) und Svig^ vwrj
„pflugschar", lit. umis „distel, hagedom", lett uschnes ^) „disteln"
(Fick BB. XU 162, vgl. Solmsen EZs. XXIX 81).
vaaa^ „weibliche schäm" kann auf VX' beruhen und zu lat.
Vagina gehören.
(ptjfirj (in 388).
Neben q>rjfir] (q>a(jLä) steht das gleichbedeutende lett. bäume
{bauma) „gerücht^ nachrede", und bekannte analogien legen die
— aus anderem gründe bereits von Persson Wurzelerweiterung
1) Von usehn€9 (fehlerhaft auch i{f9ehne$) ist guiehma zu trennen.
Stander übersetzt jenes mit „döbelkraat, disteln", dies mit „bergdistel,
(gänsedistel)". Die Qbersetzang „gansedistel" verrat die herkanft von
guachmo.
Anzeige. 179
8. 140 berührte — frage nahe, ob statt der wurzel bhä „spre-
chen" (Fick Wbch. * I 489, Hirt Ablaut s. 31) etwas bhäu an-
zusetzen sei. Ich nehme dies aber nicht an, sondern stimme viel-
mehr Persson a. o. s. 120 ff. und Zubat^ BB. XVIII 247 f.
darin bei, dass die angeblich langdiphthongisch auslautenden
wurzeln — einige wenige vielleicht ausgenommen — in Wirklich-
keit langvokalische waren und nur durch das antreten formativer
demente (vgl. Johansson De derivatis verbis contractis s. 173 ff.)
das ansehen diphthongischer wurzeln erhielten ^). Zu dieser Auf-
fassung drangen Widersprüche, welche der formenkreis einiger
wurzeln enthät So weist z. b. ved. däyi (III sing. aor. pas.
von da „geben'*) folgerecht ebenso auf döi^ wie ved. äpäyi „ist
getrunken« auf pöi „trinken" (W. Schulze KZs. XXVII 420,
vgl. Hübschmann Vocalsystem s. 25), und niemand wird leugnen,
dass dies döi die denkbar einfachste erklärung des reduplikations-
vokales von ölöw^i bietet (vgl. Reichelt o. s. 71 f.). Andrerseits
aber ist ebenso folgerichtig wie aus päydna „das tranken" auf
pöi s) und aus üri „quäl" auf däu (W. Schulze a. o. s. 420, 427),
aus ved. dävdne, kjpr. dv/dvoi >) u. s. w. (Bechtel ON. 1888
s. 409 f., Fick BB. XV 291, Hoffmann Dial. I 165, Wiedemann
Lit. Präteritum s. 43) auf wurzel döu zu schliessen (Persson a. o.
s. 139, Hirt a. o. s. 32).
Von besonderem interesse für die beurteilung der zahlreichen
fälle dieser art sind 1) lit. stöju „ich trete" (inf. stöti; stötps
„sich stellen") » lett. stdju „ich stelle" (inf. stdt; stdÜ-s „sich
stellen, bleibenden auf enthalt gewinnen") und lit. stöwiu ^) „ich
stehe" (infin. sioweti) =» lett. stdwu „ich stehe" (infin. stäwit
„stehn, bleiben"), 2) lit. dtdü (demi) „ich lege" (infin. di^i; apsi-
diSti „sich etwas anlegen") und lit. dewiü „ich trage (ein kleid)
angezogen" (infin. d^&i) ^).
1) Vom Standpunkt der theorie ans vereinigen sich gr. onwta und
nttQd'iv-onIna unter ötq^ onunii und got. augö unter äuq^ ^ntana und
oaai unter öq. Die annähme von öiq und öuq neben dq wäre aber ab-
surd. Das zeigt, wie vorsichtig man mit der annähme langdiphthongi-
scher wurzeln überhaupt sein muss, die ich grundsätzlich übrigens nicht
leugne (vgl. o. s. 160).
2) Die annähme einer nebenwurzel päu zieht Zubat^ BB. XVIII 249
in betracht.
8) SvnVf ^vead'M llsst sich Öfters mit lat. m dare übersetzen (vgl.
Lentz Wissenschaft!, monatsblätter VI 167) und also zu Sv^avot ziehen.
Von skr. duvds „binausstrebend" tritt es durch die bedeutung „(waffen)
anleffen" weit &b
4) Hirt IF. XII 197 will auf lit. siowHi „kein gewicht legen". Wenn
er vor einem *HwowHi nicht zurückschreckt, scheitert aber an HowHi
seine indogerm. basis Hhewä»
5) Dies verbum berührt sich mit poln. otkiewaö „bekleiden, ver-
hüllen", totdsUwad „anlegen", russ. odivätb „anziehen, bekleiden" (BB.
VI 288), unterscheidet sich aber von diesen komponierten iterativen so
sehr, dass es nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit ihnen gebracht,
oder gar als slavisches lehnwort angesehen werden kann.
12*
180 A. ßezzenberger
Das verhältniBs von stöju, stdju zu ^6wiu, stäum, von dedü
(dimi) zu dimü ^) entspricht dem von larijjui, azriaw^ katfjoa
„ich stelle*' u. s. w. zu iatiipfua „ich stehe'S atrjvai „stehen", und
den engen, geschichtlichen Zusammenhang dieser Verhältnisse kann
nur der in zweifei ziehen, der in stowHi (stäwit) und dew&i
denominativa sieht. Gegen diese aufiPassung streitet aber nicht
nur die mehrheit der baltischen verba auf -iu : -iti, sondern
auch der tatbestand. 8t6wiu (atdiou) hat allerdings lit. stowh
„stelle'S stdtois „zustand**, lett. stdws „gestalt'S stäws „stehend"
zur Seite, aber neben diwiti findet sich kein nominalstamm, auf
den es zurückgeführt werden könnte, denn indiewai (Brugmann
IF. IX 370) mit seinem durchgehenden ie passt nicht zu d&i
und bedeutet übrigens Da 45, 22 gewiss nicht „künstlich" (eher
„wunderbar", vgl. asl. divo „wunder?"). Ich sehe daher in atöwiu
{st&wu) nicht 6ine ableitung von stowä u. s. w., führe vielmehr
beides auf ein und dieselbe verbale grundlage zurück.
Nach dem vorausgehenden gehören stöwiu und dSwiü in das
gebiet entweder des perfekts, oder des aorists. Auf den aorist
könnten diese prasentien indessen nur bezogen werden, wenn die
betr. Wurzelverben als sthau, dk9u anzusetzen wären, oder wenn
es einen u-aorist gegeben hätte. Für die annähme eines solchen
fehlt aber noch der beweis (vgl. Persson a. o. s. 210 f.), und
sthäu, dhßu können trotz allem, was sich für diese basen an-
führen lässt (Fick BB. XY 200, Hirt IF. XII 195, Kretschmer
KZs. XXXI 385, Persson a. o. s. 140 f., J. Schmidt EZs. XXXII
385 f.), nur als ableger der wurzel verba sthd, dhS betrachtet
werden, da unter regelmässigen Verhältnissen nur aus sthä, dhS
lit. stöti, d&i erwachsen konnten (während sthäu *sididi und
dhiu waJirscheinlich *d&duti ergeben hätte), und da stoweti und
diwUi wegen ihres dargelegten Verhältnisses zu siAti, dHi aus
der flexion derselben wurzel verba {jsthä, dh&) abgeleitet werden
müssen. — Wie es um die „wurzel" sthäu (J. Schmidt EZs.
XXXII 386) steht, lehrt übrigens sehr deutlich der umstand,
dass auch sie eine „^It-wurzel" (sthäi) zur seite hat (Fortunatov
KZs. XXXVI 45, Hübschmann a. o. s. 19).
Eine befriedigende erklärung von stow&t, deweti und ihrem
verhältniss zu siöti, cUSti ergibt sich dagegen, wenn man sie aus
dem perfektum ableitet, zu dem sie durch ihre bedeutung über-
dies noch besser passen, als zum aorist (Meltzer IF. XII 343).
Auch Mahlow Lange vokale s. 144 sieht in stöwiu eine perfek-
tische form, nimmt aber — wogegen ich oben bereits gründe
geltend gemacht habe — als ihre grundlage eine „wurzel siSff*
an, während ich sUwiu, dewiü für sprösslinge eines alten per-
fekte von 8tM, däi halte und unmittelbar an ved. tasthaü, dcuUtaü
■ ■■ ■■ »■■■ I ■■■■■ I ^■^^^»^^^^— ■ III I ■ I I I I m,^^^m^^^mm
1) dewiü hat gleich lett. däwu geschleifte Wurzelsilbe und hier-
daroh wird es wahrsoheinlioh , dass nicht die betonung von $idwu (BB.
XXI 814) sondern von lit. Mwiu nnarsprfinglicher ist.
Anzeige. 181
(vgl. BB. XXYI 154) anschliesse. Wie man dazu kam, hier-
aus, oder vielmehr aus den diesen formen entsprechenden, um
die reduplikationssilbe verkürzten baltischen perfektformen *8täUj
*deu (wegen des S vgl. gr. Ti^hpca^ %a9B^hog) verba auf -tu :
'iti zu bilden, lässt sich erkennen.
Was von den lateinischen verben auf -eo gilt, dass sie näm-
lich zum teil „einen passiven oder intransitiven Charakter tragen''
und in Übereinstimmung „mit den griechischen starken passiv-
aoristen, zu denen'' sie teilweise „die prasentia zu sein scheinen ^),
den reinen stamm enthalten" (Leo Mejer Vgl. grammatik ^ 11 29,
vgl. Froehde KZs. XXII 259, Prellwitz BB. XXI 162, vgl. auch
Faj Studies in honor of B. L. Oildersleeve s. 201 *)), gilt auch
von den baltischen verben auf -tu : -«Yt (vgL Wiedemann Archiv
f. slav. philol. X 655). Für diese Übereinstimmung, durch
welche die BB. XXYI 169 ff. verfochtene erklärung dieser verba
bestätigt wird % gebe ich folgende belege:
lit atUi (präs. aunü) •- lett. dut (präs. dunu und duju)
„die füsse beUeiden" : lit. awUi (präs. awiü) „(fussbekleidung)
angezogen haben";
1) Dieser umstand ist von wesentlicher bedentang bei der beur-
teilung der lateinischen verba auf -«r« (und ihrer entsprechnngen) und
des gr. passiv-aorists auf -i;r, denn insoweit jene mit dieser form zu-
sammenhängen , kann ihr e nur auf 9i zurückgeführt werden , wenn zu-
gleich -1IV als -«(t)» aufgefasst wird.
Ich bemerke bei dieser gelegenheit, dass das, was Bartholomae
Stud. II 71 anm. 1 und Streitberg IF. III 882 vortragen, nicht ganz
neu ist; vgl. Grassmann KZs. XI 81, Scherer Z6DS. ^ s. 182 anm. und
meine äusserung über skr. damüa Zs. f. deutsche phil. V 475 (wo das
beispiel freilich unmodern ist).
2) Lat. earfr€ mit Leo Meyer, Froehde und Prellwitz zu gr. x«^*
vtu (MiQv) zu stellen, kann ich mich freilich nur mit dem vorbehält
entsohliessen , dass es auch mit lett. karm „nüchtern, hungrig, schlank,
leer", russ. hömyj „klein von wuchs" (vgl. Fortunatov KZs. ^XVI 15)
verbunden wird (wozu vielleicht auch gr. d^xa^s „kurz" gehört). Zu-
pitza Gutturale s. 110 (vgl. Hirt BB. XaIY 275) bezieht earhre zweifelnd
auf mhd. nhd. harren^ lett. zer^ „meinen, vermuten, hoffen", zmrehlü
„worauf jmd. seine hoffhung setzt, das warten", während ich diese
Wörter zu serb. korota „trauer" und ahd. as. nhd. härm (anders z. b.
Zupitza a. o. s. 183, Luft KZs. XXXYI 145) stelle.
Zu den aorist-passivischen lat. verben auf -Ire lässt sich auch das
vielbehandelte lat. habere rechnen, wenn man es als „begabt sein" zu
unserem geben stellt (ahnlich, aber, wie mir scheint, weniger gut Wiede-
mann Arohiv f. slav. philol. X 655). Anders z. b. Zupitza KZs. XXXVn
887 (vgl. Luft KZs. XXXVI 145. Beiläufig bemerkt trifft Lufts zerle-
|ping von got. vainei ebenda s. 148 mit einer annähme zusammen, die
ich vor 80 Jahren ausgesprochen habe [Got. adverbien s. 89], die aber
ebenso wenig beachtet ist, wie meine zurnokfnhrung von got. -uh auf
'unh [daselbst s. 98 ff., vgl. Hirt PBB. XVIII 299]. In betreff des nei
von vainei halte ich an meiner auffassung fest).
8) Reichelt oben s. 78 wendet gegen meine auffassung der I. sing,
lit. aunü den dat. sing, dwiai und den genit. plur. awiU ein. Aber atotS
spricht durchaus nicht gegen mich (vgl. iriju « gr. rqtwv, got. fr^'d
sowie Ufo „es regnete" [: Igfa = d^lo „nutzte sich ab" : ayia] und
182 A. Bezzenberger
lit. -gtiÜi (pras. -guliu) „sich legen'' — lett. -gu^Ü (pras.
gidu) „sich schlafen legen'' : lit. gulUi (pras. gtdiü) »- lett. gulit
(pras. gulu) „liegen" bezw. „schlafen" (wegen der etymologie s.
Zubat^ BB. XVIII 263, Mikkola BB. XXI 219);
lit kUti (pras. kalü) „schmieden" = lett kalt (pras. kabi) %
lit ap-kdlti „beschmieden , gefangen setzen" s=b lett ap-kaÜ „be-
schlagen" : Ut. kalkt (pras. kaliü) „gefangen sitzen" (irrig wird
kcUeti von Prellwitz Wbch. s. 135 mit gr. xaXv^ „knospe", von
Kretschmer KZ. XXXVII 406 mit skr. kdra „gefängniss" ver-
bunden);
aslav. toliti „besänftigen", russ. u4oUth „stillen", utolÜh'
8Ja „sich beruhigen", ir. tuüim „ich schlafe", lit tylü „werde
schweigend" : lit. tyleti (pras. tyliü) „schweigen" (vgl. Strachan
IF. II 369, Persson BB. XIX 261, Stokes Urkelt Sprachschatz
s. 134);
lit. trefikti (pras. trenkiü) „dröhnend stossen" = lett tfikt
(pras. trizü) „zerstossen, wegjagen, scheuchen, erschüttern" : lit
trinketi (pras. trlnkiü) „dröhnen" » lett trtzit (pras. trizu)
„zittern, beben";
lit. twerti (pras. tweriii) „fassen" — lett twirt (pras. tweru)
: lit turiti (pras. turOl) „haben" (auch „bekommen" =a „ein
junges werfen") » lett. turit (pras. tum) „halten, haben, hegen,
dafür halten" == preuss. turit „haben" (es iurri „ich soll") (vgl.
Pick Wbch. * n 576; hierzu gr. tv^avvogH) *).
Die baltischen verba auf -iu : -eti bezeichnen also vielfach
die folge eines getan-habens oder eines geworden-seins und be-
rühren sich dadurch auf das engste mit dem perfektum, insofern
dasselbe „eine handlung bezeichnet, welche in der gegen wart des
redenden als eine vollendete, zur entwickelung gekommene er-
scheint" (Kühner Ausf. gram. ^ II 126). Daher lag es sehr
nahe, diese verba zur gewinnung perfekt-prasentischer verba zu
benutzen, und dass dies schon in lituslavischer zeit geschehen
ist, macht mir lit, sedzu, s^ti „sitzen" =? asl. sezdq, sidSti
wahrscheinlich.
Wiedemann Handbuoh 8. 69) und dwiai beurteile ich ganz anders als
Reichelt. Ich halte seine endung nicht für „aus der -ta-deklination
herübergenommen'^, sondern zerlege dtrtat in at^ (alten dativ auf i) -h
ai (dativ-endung der ä-deklination), was als späte neubildung (Klein gibt
noch aun/ als normalen dativ von atoU an) sich als aicrtat erhielt. —
Ebenso kann der lett. dativ strd^' entstanden sein (» sirdi+i^ vgl.
BB. XV 299 ff.).
1) Lett ndwUi kalt „geld münzen" erklärt preuss. eaiie „ein margk''
(Grünau).
2) Wegen des scheinbar nicht nur begriff lieb, sondern auch for-
mell (Wiedemann a. o.) entsprechenden Verhältnisses aslav. inuf „ich
nehme" : tm^^t „haben'* s. J. Schmidt Sonantentheorie s. 146 , dessen
auffassung freilieb die resultative bedeutung von tm^i^t nicht erklärt.
Über preuss. eb-immai „begreift" : immimai „wir nehmen" s. BB.
XXIII 307.
Anzeige. 183
Für stöwiu sagt man im Memeler dialekt stä'unu und stdunu
(Schleicher Qram. s. 240, Jacoby Mitteil. d. lit litter. gesellschaft
I 65, Kurschat Qram. § 1186). Niemand wird bezweifeln, dass
diese form nicht lautlich identisch ist mit aslav. statuf „ich stelle
mich". In demselben lautlichen verhältniss wie stanq zu Munu,
steht aber qiafiä zu lett. bäume, d. h. jenes beruht auf bhä
„sprechen'' (lit. böti „wonach fragen'*) und dies auf einem hieraus
flexivisch entstandenen bhäu.
g>oißog (HI 371).
Lautlich stimmt zu diesem wort sehr gut lett. baigi „alle
fürchterlichen zeichen am himmel, als nordlicht, feuerkugel u. s. w.",
dessen alter durch den heidnischen ausdruck baigi kdujds „das
nordlicht schlägt sich, kämpft (= flackert)" gewährleistet wird.
Es gehört zu lit. baigtM „schüchtern", baikaztis „fliegenwedel"
(Leskien Ablaut s. 271).
Über andere erklärungsversuche s. Froehde BB. XIX 232
(vgl. Fick BB. I 15).
VOQiAiy^ (in 396).
(pOQfÄiy^ vereinigt sich mit poln. brzmieS „ertönen, klingen,
summen" in einer basis bherem- *), zu der ich im anschluss an
G. Curtius Etym. » s. 483 und A. Kuhn KZ. VI 152 lat. fremo
und ahd. brefnan „brummen" stelle.
Wie (pOQ^uy^ halte ich auch nid'agig (Ki&aQä) für ein echt
griechisches wort, vgl. lit. zdidzu „ich spiele" {aM smuXko „auf
der geige").
XbUvti (HI 335).
X^Xivri „lippe", wahrscheinlich auch „kinnlade" verhält sich
zu lett. feUt {dfelM) „sabbeln, lecken, aber auch wohl kauen
überhaupt" (ganz verschieden von lit. seiUti „sabbern, geifern")
wie lat. labium zu lambo. Ob zu fdit lett. dfdüksnia „backen-
zahn" gehört, ist zweifelhaft (vgl. äem. gerqnkszte, nordlit. ae-
rükazte dass.). Wahrscheinlicher ist mir verwantschaft von x^^t^^
und xBkvaoeiv ixBXXvaauv) „mit anstrengung auswerfen, überh.
ausspeien, auswerfen".
XriX^ (HI 338).
XqXri (xäXa) bezeichnet sehr verschiedenes gespaltenes und
spaltendes („klaue, huf, kralle, krebsscheere, kerbe, alles zwei-
1) Zu den basen dieser art (Hirt Ablaut s. 128 ff.) gehört n. a.
auch die von Fick Wbch. ^ I 492 als hh^rgo- anf^esetste. Sie ist im
Slavisohen yertreten durch urslav. herg^lh (vgl. ^v^/Xoc) Miklosich Ot.
wbch. 8. 10.
184 A. Bezzenberger
spaltige zinkenartig hervorragende") und stimmt also nicht nur
lautlich, sondern auch begrifflich zu ski*. hälä = hold „pflüg
(auch als waffe)" (in modernen indischen dialekten har Benfey
Kl. Schriften IV 89, Grierson Bihär Peasant Life s. 1). —
Hübschmann Armen, gram. I 471 stellt zu hold zweifelnd armen,
jl-e-m „furche, pflüge".
Zum schluss erlaube ich mir auf eine frage von allgemeiner
bedeutung einzugehen, ndlv^ „knospe" und oqtv^ „wachteP*
weichen von den gleichbedeutenden sanskritwörtem kcUika, var-
taka (vartikä) hinsichtlich des dem ableitenden guttural voraus-
gehenden vokals ab, während fisiQa^ „knabe, mädchen" in dieser
beziehung zu skr. maryakd „männchen" stimmen kann. In gleicher
weise unterscheiden sich von xdlv^y oqtv^ z. b. dilgxx^f dova^^
xdga^t ofjLipa^ und ferner z. b. dvd'igi^ (äv^eQixog^ dv&€QUri\
Xcrilcl, und dies schwanken wird wiedergespiegelt durch skr. var-
iaka und vartika (s. oben), durch das nebeneinander der slavi-
schen bildungen auf zkh und hkb, deren Scheidung „oft auf der
band liegend, in vielen fallen unmöglich, in anderen unsicher ist"
(Miklosich Vgl. gram. II 254), durch lat. üntcus : got. aincAa,
an. göfugr : got gabigs, gabeigs ^) (mehr bei Noreen Urgerm.
lautlehre s. 66 und an den daselbst cilierten stellen) u. a. Nur
selten lässt sich dies auseinandergehen durch das zurückgreifen
auf tatsächlich vorkommende primäre bildungen erklären (vgl.
z. b. skr. kUi neben kalikd) und mit den mittein der lautlehre
ist ihm nicht beizukommen. Es kann folglich nur darauf be-
ruhen, dass das gebiet dieser Äc-ableitungen durch Übertragungen
in Unordnung gekommen ist (vgl. Brugmann Grundriss ^ II 239) ;
und dies lässt sich nachweisen.
Sowohl sekundäre, wie primäre stamme auf -aia haben im
Sanskrit sehr häufig feminina auf -ikä neben sich (Benfey Vollst
gram. s. 230, Whitney Sanskrit Grammar > § 1181 c, § 1222 i.
Lindner Altind. nominalbildung s. 131). Obgleich dieser Wechsel
im Rigveda nur an iyattakd : iyatiikd hervortritt, ist er doch
uralt Vielleicht liegt er vor in ahd. marah „equus" — meriha
„equa" (J. Grimm Gram. II 315 [299], Graff II 844; an, merr,
ags. myre beruhen auf *fnarhi), offenbar aber steht er in engem
Zusammenhang damit, dass im Litauischen, wie Kurschat Gram.
§ 356 angibt und trotz Leskien Bildung der nomina b. 517
zahlreiche tatsachen bestätigen *), diminutiven auf -uka-s (z. b.
.1) Vgl. Bvest. marzhdika „barmherzigkeit" : ved. mfd^kd „gnade"
und Bartholomae Stadien II 174.
2) Ein *mainü/ce „mütterchen", *iMrgüM „mä^dlein" statt mamlki^
merglki würde ich monströs finden. Sobald aber em solches wort mas-
kulinisiert (urspräDglich wohl neutralisiert wird) endigt es auf -^tkoB :
mamükB yr ghra (Prökuls), wozu das von Leskien s. 518 angefahrte
wuMkas stimmt. Hier ist wiederum ein * mamlkas för mich undenkbar.
Vgl. übrigens Lett. dial.-stad. s. 140, Sprache der preuss. Letten s. 44
anm. 1, Osthoff Sprachwissenscb. abhandlungen hsg. von Patrubany II 100 f.
Anzeige. 185
UwiJcas Väterchen : teuxis „vater") feminina auf Ake gegenüber
stehen. Es wird weder einem zweifei unterliegen, dass hier Ake mit
skr. -ikä zu verbinden ist, noch dass -^a-^ das ihm korrespondierende
skr. 'dka- vertritt, noch dass es diesem lautlich nicht entspricht
Folglich ist -idca-s an stelle von ^-dka^B getreten, und es kann
wiederum nicht zweifelhaft sein, dass -iüca-s ursprünglich nur
diminutiva von u-stämmen bildete und sich von ihnen aus bis
zur völligen Verdrängung von ^-aka-s verbreitet hat.
Wie hier -uka-s, so sehen wir im Sanskrit sowohl -aAa- wie
'ikch sein gebiet erweitern — offenbar, indem der alte unterschied
'Oka^s : ikä ausgeglichen wurde (z. b. kanxnakd : kanl^nikä^
ajakä : aßkä, mdksikä : mdk^ika, vartaka : vartaka, värtikä :
vartika),
Fasst man nun wieder got. ainaha und lat unicus, an.
göfugr und got. gabigs in das äuge, so erkennt man dort das
verhältniss skr. iyattakd : iyattikä, hier das verhältniss lit. tS"
ivükas : mamlk^ wieder und erkennt femer in einem grossen
umfange ebensolche Übertragungen und ausgleichungen, wie ich
sie eben zur spräche brachte. Und ferner sieht man, dass z. b.
OQtv^ nicht zu den skr. bildungen auf -aka-, -ika-, sondern zu
den litauischen auf -uka-s zu stellen ist.
Was endlich den auffallenden Wechsel -aka- : -ikä im San-
skrit betrifft, so findet er meines erachtens seine erklärung durch
den Vokativ singularis (mask. a, femin. e). Dieser kasus scheint
mir die grundlage sehr vieler diminutiva gewesen zu sein, so der
litauischen auf -elp-s, deren feminina auf -ele erst von den ent-
sprechenden maskulinen aus gebildet sind.
Ä, Bezzenberger,
Lat prömulgäre.
Lat. prömulgäre ist meines wissens noch nicht befriedigend
erklärt worden.
Gorssen Ausspr. I M7, U > 152 hält es für ein deno-
minativum votu stamm promulco- ('promulco agi dicitur navis
cum scaphae ducitur fuue' P. ex F. 281. 6 Th. d. P.), wie re-
tnulcäre von remuko^ ('remulco est, cum scaphae remis navis
magna trahitur' ebd. 383. 15), und nimmt dabei erweichung
des c zu ^ an. Da promulco^ 'schlepptau, trödelseir bedeutet,
wäre der ursprüngliche sinn von prömulgäre 'hervor bewegen',
woher später '[einen gesetzantrag] vortragen, vorbringen [vor
die öffentlichkeit]'.
Bugge KZ. XIX. 444 ff. postuliert einen urit. stamm *mo*
nog(h 'viel' (idg. *fnanagha- d. h. ^monogho-, vgl. got. manage
186 Giuseppe Giardi-Dupre
aks. tmnogh u. verw.), woher durch dissimilation *inologo^ und
dann durch syukope ^molgo-, *tnulgO'. Der nämlichen sippe
gehöre weiter multus — ^mulgttis an. Die eigentliche bedeu-
tung von prömulgäre sei danach Wor viele, vor die menge
bringen'. Diese etymologie hat Vanicek Et. wb. d. 1. spr.
1 123 (Et. wb. ' ist mir unzugänglich) und Gr. lat. et. wb. 699
aufgenommen: am letzteren ort aber bezeichnet er sie als
''ziemlich unsicher" und führt andere möglichkeiten an«
Nach Fröhde o. IL 336 wäre prömulgäre mit got. mel
'Zeitpunkt' plur. 'schrift' mdjan 'schreiben' faürameljan '^^-
yQdq>€iv\ ahd. mal 'zeichen' gemälen 'jüngere, scribere, desig-
nare' lit. molavötiy lett. mdUt 'malen' wurzelverwandt Für die
bedeutungsentwicklung des lateinischen wertes lege das ent-
sprechende gr. nQoy^q>eiv 'bekannt machen' ein zeugnis ab.
Die angeführten deutungsversuche lehnt 0. Wiedemann
o. Xni. 303 nach sorgfaltiger prüfung ab; und da ich seiner
kritik im wesentlichen beistimme, halte ich es für nutzlos, mich
hiermit eingehender zu beschäftigen. Jedoch kann ich die neue
von ihm vorgeschlagene etymologie ebensowenig billigen, wie
die vorhergenannten. Wiedemann setzt, wie Bugge, einen no-
minalstamm *mulgO' voraus; diesen aber fuhrt er auf eine
Wurzel melg" zurück, die er in multus (aus *mtU(ius 'ange-
schwollen'), lit. miUinas, lett müzens 'riese', milzt 'schwellen',
milze 'grosser häufe' wiederfindet. Mit den bekannten lautge-
setzen steht eine solche etymologie nicht im widersprach,
scheint mir aber in semasiologischer hinsieht kaum wahrschein-
lich.
Andere forscher (wohl in anlebnung an Festus, s. unten)
lassen prömulgäre aus dem ähnlich bedeutenden prövulgäre her-
kommen, indem sie Umwandlung des i; in m annehmen. So
z. b. Pott Et. forsch. I ' 552, der freilich proinvulgare an-
setzt, und Bickel KZ. XIV. 427 , der als weitere Instanzen
desselben Vorgangs ^^mare statt vari, lAaqmto = vark, vragc,
clämo «-> grdvayämV^ [sie] anführt. 0. Keller Neue jähr.
GLV. 349 ff. schreibt den Übergang des t; (und b) einer sabelli-
schen muudart zu, und sieht die Wörter, worin er denselben
nachzuweisen glaubt, als entlehnungen an. Es genügt aber auf
die betreffenden Wörter (multa nach Keller :=» mtdgatä =
vulgäta [seil, poena] : Mamers = Mavors = *Ma[gJvor[tj8
* schlachten Wender'; Samnites = Savnzaii turma = turba)
Lat. prömulgare. 187
einen blick zu werfen, nm sich davon zu überzeugen, dass die
Keller'sche annähme in der luft schwebt.
Die sonderbare von Zehetmayr erfundene, mir bloss durch
Keller a. a. o. bekannte etymologie, wonach prömtUgäre mit
promungere [?] zu vergleichen sei, und ursprünglich 'vor-
schneuzen' heisse, braucht nicht besprochen zu werden.
Was bedeutet prömulgare in historischen Zeiten? Festus
spricht sich darüber folgenderweise aus: 'promulgari leges di-
cuntur cum primum in vulgus eduntur, quasi provulgari' (P.
ex F. 281. 4). Näheres ein alter scholiast zu Cicero Pro
Sextio 25: 'Saepe hanc ostendi promulgatae legis et latae diffe-
rentiam: nam trinundino proponebantur, ut in notitiam populi
pervenirent, quo exacto tempore ferebantur in iuris validi fir-
mitatem' (bei Mai Glass. auct. t. II. 139 f.). Statt *[legem] in
vulgus edere', 'proponere% durfte man 4n vulgus (od. vulgo)
promere' sagen: vgl. Horaz epist. II. 1, 105 'clienti promere
iura', Quintilian 1,1, 22 'cur improbetur si quis ea. . . . in
publicum promit?' und Martial 8, 18 'promere vulgo epigram-
mata', wobei promere 'bekannt machen' heisst. Es liegt also
die vermuthung sehr nahe, prömulgare sei als Umbildung von
promere nach vulgäre divulgäre usw. oder nach vulgus anzu-
sehen. Umbildung eines wertes durch angleichung an die lau-
tung sinnverwandter worte ist kein seltner Vorgang in den indo-
germanischen sprachen, vgl. ai. fivätu-p 'leben' (aus *jy(Uu-9,
av. gen. fgäiöuä + ßvA- ß'vaiijf gr. oücüacdai 'grollen' (aus
WZ. od-, lat. odium + dt;a-), mhd. nhd. heischen (aus ahd. etskon
+ mhd. heigen, nhd. heissen) u. s. w. (s. Brugmann IF. XII.
löOff. und die dort angeführte literatur).
Florenz. Qiueeppe CiardUDupri.
Saum cuique.
Die von mir o. XX YI 189 angeführte etymologie von iistie
hat Henry (Bull. Soc. Ling. VII s. CHI) zuerst vorgeschlagen.
Die Verwandtschaft von ai. vrana-, poln. rana usw., die
ich 0. XXVI 192 anm. nach Rozwadowski Quaest. etc. ser.
alt. angenommen habe, wurde gleichzeitig und unabhängig auch
188 J. Endzelin
von Liden Ein baltisch -slavisches anlautgesciz (Göteborgs
Högskolas Ärsskrift 1899, IV) 8. 19 f. anerkannt.
Florenz. Giuseppe Ciardi-Dupri,
Lettische etymologiem
padrSilcne.
Oben XXV 270 leitete ich pedurkne ,yärmeP' von dem ver-
bum pedurt »»anheften'' ab und Hess weiterhin aus pedurkne
über pödürkne — p&irükne entstehen. Nun aber findet sich
piSdrAkne auch in solchen mundarten (Schlock, Mitau, Siuxt u. a.),
die den Übergang von anteconsonantischem ur in ür nicht
kennen; mithin kann p^Sdr&kne nicht aus pUSdurkne entstanden
sein, wohl aber lassen sich alle dialektischen formen, wie wir
unten sehen werden, auf pädrükne zurückführen. Man hat also
mit Bielen stein in dem zweiten bestandteil der form das
wort rüka „hand^* zu sehen; es fragt sich nur, was das pM-
ist. In p^d' es zu zerlegen, was Bi elenstein Ümt, sind wir
natürlich nicht berechtigt, und auch die Vermutung Prell-
witz's (o. XXII 123 n, 77 n) ist mir ganz unwahrscheinlich.
Ich sehe also darin ein aus dem Oermanischen (vgl. got paida^
ahd. pfeit, as. pSda „rock, Unterkleid'') entlehntes Substantiv
^pUda nTOck" : pidrükne bedeutete also ursprünglich „rock-
ärmel" (man beachte, dass dialektisch das blosse rüka „ärmel"
bedeuten kann). Im lauf der zeit ist mit dem Wechsel der
moden das einfache wort *p'Sda verloren gegangen und infolge
dessen der ursprüngliche sinn der Zusammensetzung vergessen
worden, sodass das wort mannigfacher Variation in den ver-
schiedenen mundarten unterlag. Durch metathesis entstand zu-
nächst piSdürkne, das aber nur in solchen mundarten (Frauen-
burg u. a.) sich halten konnte, die ür aus ur vor consonanten
haben ; überall da (Wolmar, Kremon u. a.), wo solches ür nicht
vorkommt, entstand lautgesetzlich pedurkne; durch erneute me-
tathesis entstand daraus pedrukne (Wallhof). Durch regressive
metathesis entstand aus pedrukne — perdükne (man vergleiche
dazu die üaikensche form pisrdäbs aus pidarbs „dreschtenne"),
Lettische etymologien. 189
das aber nur da (LuttringeB) sich hielt, wo ir vor oonsonanten
zu er wird ; aus pBrd&kne ist in mundarten, die jetzt kein ante-
cousonantisches er kennen (Kursiten, Gross-Esseru) , pirdAkne
oder pir^dükne (wie cir^vis, durepis u. a.) wohl rein lautgesetz-
lich entstanden. Scheinbar ohne suffix ist die form pSdrük
(Ulpisch, Dondangen; doch könnte in diesen mundarten sehr
wohl am ende ein n abgefallen sein); ein anderes suffix zeigt
die form pSdr&ksne (]^mten). In mundarten, die suffixales ä
zu a oder mit umlaut zu e oder f (offenes e) kürzen, erscheinen
die formen pHrakQ, (Ubbenorm), pedraks (Neu-Salis), pSdrekQ.
(Pernigel), p&dr^n' (Nabben). Aus einer derart gekürzten form
müssen durch die Zwischenstufe *p^rlcfQ,, — nach der Synkope
des Vokals war r schwer auszusprechen, — die formen ped'k^n
(Popen; der apostroph bezeichnet hier einen unqualificirbaren
stimmlosen vocal) und mit secundärer entwickelung eines vocak
zwischen d und k (man vergleiche dazu die Popenschen formen:
diket < diktif saUcfts < sdUäis u. a.) p'edik'Q, (Suhrs, Windau
u. a.) entstanden sein. Eine solche kürzung ist in den tahmi-
sehen mundarten nichts auffallendes : man vergleiche z. b.
nom. 8. ougens = oAgüns, md(ft^ = mäcUäjs; nom. pL südz'te
= mdz^taji; loc. pl. südm'lfs = sudmalda; inf. mäzff'tes =
maag&t&s; praet n'&smäzjas = nümazgäjds (Suhrs; zum Über-
gang zj > zj vergl.^oi jumU jäuzjum »- tos jutfUs jhuzjum ebenda;
^jenU = uzjemt Samaten; iik'ir = isk'Sra Angermünde; ei
jums düi — es jums düäu, neben es tou d. Anzen ; leö Jänit
= lec JanU Alschwangen u. a,); loc. pl. mäki'Aas — makäMs;
nom. s. eetrtes = ceturtais, astües = asMüais, är^jiä = ari-
jvM (Hasau); acc. s. d'insud = densvidu (Wensau; vgl. idg.
•^sup- aus ^s^ep'); nom. pl. dgiA = aügüM (Targeln; dem ö
< au entspricht dort S < $i : mHans = m^ene); inf. strät =
sträddJt (in den tahmischen mundarten hat sich der fallende
ton dem stosston angeglichen), mek]^ = mekJM; nom. s. (istes
= astütais, septfs = septUais, desuptes »» desmüais; näki nSdf
= näküäu neditu (Popen); hidr^ = ^^n (Angermünde);
nom. s. 'Sifist^s a* SmUüjs, nom. pl. skatte — skcUHdji (Anzen
u. a.). Nicht unerwähnt will ich noch die form piriJcne
(Wiexeln) lassen, obwohl sie nicht als ganz gesichert gelten
darf, da die person, von der ich dieselbe hörte, Sprachorgan-
fehler zeigte (doch sprach sie daneben pedrabs I) ; wirklich vor-
kommend, wäre die form eine volksetymologische Umgestaltung
190 J. Endzelin
von pMHÜene; man vergleiche dazu apdüres (Schrunden)
„hemdärmel^' aus ap „nm" und düre „faust^'.
aüäa.
aüäa „TiBLTT, alberner mensch** kann auf *ausljä zurück-
geführt werden und gehört dann zu lit. au^oii oder auidäti
„schwatzen**, preuss. acc. audin ,,mund''; die ursprüngliche
bedeutung dürfte „Schwätzer'* gewesen sein. [BB. XXI 304.]
zuHs.
zutis „aal'' fasse ich als zu-tis auf und verbinde es mit
zivs oder (dial.) zups, lit. zuvis „fisch**; die ursprüngliche be-
deutung dürfte die eines deminutivs „fischlein'* gewesen sein.
Zur quantität des wurzelvokals vergl. lit. zükmistras „fisch-
meister**, preuss. suckis „fisch**.
ketrts.
k'eiris „linkshand** erinnert zunächst an lit. kairys „link-
hand'*, und zwar erklärt sich das k' im anlaut des lettischen
Wortes für zu erwartendes c offenbar dadurch, dass k'eiris durch
dissimilation aus ^kreiris (wie auch lit. kairys aus *krairys)
entstanden ist Denn beide formen gehören natürlich zur wurzel
krd', die wir noch in lett kreiss „link**, kreüis „linkhand**
(kreilis dürfte gleich k'eirio auf "^kreiris zurückgehen; vgl. dazu
skangala und skaigana „stück von einem pergel** aus *8kdlgalSy
und pratUs „vermodertes stück holz*' aus *pl'aul8 < ^p^ulas
zu Tpüt „faulen**), lit. kreivas „schief" haben (vgl. dazu in se-
masiologischer beziehung d. schief : gr. ayLaiog^ lat. scaevos,
Brugmann, Grdr. I > 207). Eine der wurzel kr ei- parallel lau-
fende wurzelform ^m- hätten wir in lett. grelzs, lit graizuB
(Mie2inis) „schief (zum Wechsel der tenuis und media vergl.
noch lett. klipis „schooss" : lit. gUbys „arm voll**, lett. purna
„schnauze** : lit. burnh „mund", lett. tesmens : destnens „euter**,
lett tuset „stöhnen" : duset „keuchen**; lett. trupindt „locker
machen" : drupindt „zerkrümeln** u. a. und Brugmann, Grdr.
I ' § 701); in anbetracht des Verhältnisses von russ. krivda
„unrecht** zu russ. krivoj „schief** könnte man endlich slav.
grkkb „sünde** hierherziehen und es auf ^groisos zurückführen.
Lettische etymologien. 191
kam'edi.
kameäi „Schalter'* gehört vielleicht zu ahd. kemidi „hemd'\
ir. caimmse „nomen yestis" (man vergl. in semasiologischer be-
ziehung lett. pleöi „weibliche jacke ohne ärmel*' : pleci „Schulter**);
als nom. s. gibt Ulmann kamesis an, doch fragt sich sehr, ob
er eine solche form aus dem volksmund gehört hat, zumal
dieses wort jetzt wohl nur noch aus der bibel bekannt ist.
Jedenfalls kann man sich als ursprünglichen nom. s. *kafn^i8
denken, zu dem sich kam'esis verhielte, wie ktfesia (nach dem
nom. pl. kveäi „weizen**) zu lit. hv'itys.
tüti „sehr*' gehört wohl als lehnwort zu russ. Ijuij/j „graxL-
sam'* (vgl. aksl. Ijute „gewaltig, heftig'* und das deutsche
„furchtbar gross** u. a.); als wurzelverwandt stellt sich zu slav.
Ijutb, lett. taüns „böse'S beides wohl participia zu dem verbum,
das wir noch in lett. taüi „ lassen *S lit lidutis „aufhören**
haben, vgl. d. „ausgelassen** (vgl. Per Persson o. XIX 279).
J. Endzelin.
Oriech, yiiJtos.
Dies wort hat sich als appellativum in der Zusammen-
setzung vBoyillog erhalten. Diese ist aus dem epos und der
vom epos abhängigen litteratur bekannt; aber auch dem pub-
licum, für das Isaios schrieb, ist sie verständlich gewesen, da
sich Isaios nach dem Zeugnisse des Pollux ihrer bedient hat ^).
Die lexikographen glossieren veoyiXXog mit veoyovog und ver-
wandten ausdrücken; sie rathen auf die bedeutung lediglich
aus dem zusammenhange.
Als Simplex ist yiXlog nur aus der namengebung bekannt
Herodot erwähnt einen FllXog dvijQ Tagavtivog (III 138); eine
FiXUg erscheint auf dem attischen grabsteine CIA IV 2 no.
3790 b; und ein ZdnvQog FiXXiiavog ist freilasser auf der ka-
lymnischen inschrift Anc. gr. inscr. 306 a.
1) Poll. II 8 To if^ v€ffyMov (vioy$l6v A) *Iaaios fikv if^xiv h rm
Id2 F. Bechtel Griech. yiXXog.
Die beiden epigrapfaiscfaen Zeugnisse entscheiden definitiv
darüber, ob man bei schwankender handschriftlicher Überliefe-
rung veoyiXXog oder vaoyilog zu bevorzugen habe. In der
Odyssee (ju 86) haben La Roche und Nauck gegen die autorität
des Yen. A venyiXijg aufgenommen; Theokr. XVII 58 ist Ziegler
dem 'princeps omnium Theocriti codicum' gefolgt und hat sich
für ßQiq>og veoyilXov entschieden. Es ist nicht zweifelhaft, wer
hier mit grössrem glück verfahren hat.
Die bedeutung von ytXXog, deren richtung durch Verbin-
dungen wie ßQ4g>og vsoyilXov bestimmt wird, lässt sich durch
die etymologie noch genauer feststellen. Dass griech. XX aus
dX hervorgegangen sein kann, lehrt lak. SXXa (auch in xaai{XX)a)^
dessen identität mit lat. sella längst erkannt ist Steht aber
yiXXog für yidXog^ so liegt die Zusammenstellung mit lit zindu
(ich sauge) auf der band. yiXXög ist also ein püpm, und wenn
erwachsne menschen FilXog und FiXXig heissen, so liefern sie
nur einen neuen beweis dafür, dass benennungen der kinder-
stube dem einzelnen auf die Strasse nachfolgen können, selbst
dann, wenn er nicht einmal durch sein benehmen an den tag
legt, dass er den zulp niemals aus dem munde gebracht hat.
Halle, 25. januar 1902. F. Bechtel
Zu den altgriechischen Ortsnamen.
^'OxTj ist die höchste kuppe von Süd-Euboea, war also
wahrscheinlich schiffermarke. Dann stellt sich der name sehr
klar zu ^%eiv „hinhalten, steuern". Nach dem, was Thomas
o. 26. 183 über das rätselhafte dieses namens sagt, darf ich
diese Vermutung wohl äussern, auch wenn mir selbst nie ein
versuch vergönnt sein sollte, ob man ein schifflein nach jener
o^ij steuern kann. — Zu erinnern bleibt, dass der eigenname
hier wie so oft zurückgezogenen accent zeigt, denn als appellativ
müsste das wort 6%rl heissen, wie Fick o. 21. 260 bemerkt.
Königsberg i. Pr. W. Preüwitz.
Wiedemann Etymologien. 193
Etymologien.
1. Got. du-ginnan, abulg. -d^i, hont, schwed. bor ja, lett. säkt,
alb. 2^,
Wiederholt hat J. Grimm (myth. > 525, 1218, zfda. Vm 14£f.,
dtsch. wb. I, 1296) got. du-ginnan, ags. ä-, be-, on-, under-
ginnan, afries. bi-jenna, as. bi-ginnan, mnl. be-yhinnen, ahd. bi-,
ifhginnan anfangen, beginnen mit aisl. gina, ags. tö^glnan
klaffen, gähnen, ahd. ginen gähnen zusammengestellt, indem er
als grundbedeutung beider sippen „schneiden*^ „spalten" an-
nahm und dies durch hinweis auf ähnliche bedeutungsentwick-
lungen innerhalb andrer idg. sprachen zu stützen suchte. Mit
recht hat Pauli (KZ. XIV, 97 ff.) dagegen eingewandt, dass die
bedeutung „spalten" bei ahd. itirginnan nur vereinzelt auftritt
und erst bei mhd. en^nnen völlig zur geltung kommt. Ferner
spricht gegen J. Grimm's Vermutung der umstand, dass das
got. und ags. verbum nur ,anfangen' bedeutet, (Bugge PBB.
XII, 405). Trotzdem halten Franck (Etym. woord. d. nederl
taal 69) und Prellwitz (Etym. wb. d. griech. spr. 264 s. v.
TtQdaqxnog) die herleitung der bedeutung „anfangen" aus der
bedeutung „öffnen", „spalten", „schneiden" noch für möglich
und stimmen J. Grimm bei und auch Tamm (Etym. svensk.
ordb. 29 f.), der einer weiter unten zu erwähnenden etymologie
beipflichtet, lässt es unentschieden, ob „greifen", „heben" oder
„schneiden" die ursprüngliche bedeutung des nur in Zusammen-
setzungen mit präfixen vorkommenden verbs ist. Pauli nimmt
als ursprüngliche bedeutung von -^finnan „den mund auftun"
an und das ist das einzig richtige, wenn, was auch Pauli an-
nimmt, -ginnan zu aisl. gina usw. gehört; denn in abulg. zijaii,
lit. ziöiiy lat. hiäre, aisl. gina, ahd. giwen, gewön, mhd. giwen,
getoen liegt diese bedeutung ja noch unverändert vor. Indessen
ist die von Pauli angenommene bedeutungsentwicklung „den
mund (zum sprechen) auftun" — „zu sprechen anheben" —
„anfangen" doch nicht recht glaublich und J. Grimm's etymo-
logie muss daher ganz aufgegeben werden, wenngleich sie ausser
Franck noch viele anhänger gefunden hat (Pott Etym. forsch.
I 1, 142, II «, 2 8. 85 ff.; Diefenbach Vgl. wb. d. got. spr.
ÜMtr&g« X. künde d. indi;. «imioben. XXVU. 13
194 Wiedemanti
n, 405; Weigand Dtsch. wb. I «, 172 f.; Schade Adtsch. wb.
' 326 f.; Benecke-Müller-Zarncke Mhd. wb. I, 528; Lexer
Mhd. handwb. I, 1018; Leo Meyer Qot. spr. 15 , wo -ginnan
zwar nicht mit aisl. glna^ ahd. ginSn, wol aber mit dem auch
schon von Pott aao. herangezogenen lat. in-choäre und zwei-
felnd auch mit gr. xalveiv zusammengestellt wird; Heyne Dtsch.
wb. 1, 317). Aber auch ahd. in-ginnan spalten, schneiden, das
etymologisch von got. du-ginnan, ahd. bi-^innan und deren ent-
sprechungen in den übrigen germ. sprachen getrennt werden
muss, gehört nicht zu aisl. gina, ahd. ginSn und deren sippe,
denn letztere hat, wie wir jetzt wissen, idg. §h als anlaut (abulg.
zijati, lit. zMi), während in ahd. in-ginnan, idg. guh vorliegt
(ai. 3. pl. präs. ghndnti sie schlagen, gr. d'üvo} schlage, tre£fe,
q>6vog mord usw.).
Eine andre etymologie des got. da^ginnan hat A. Kuhn
(KZ. 11, 463) aufgestellt: -ginna entspricht darnach dem ai. M-
-nv-ärmi, der nebenform zu ai. hi-nö^ setzt in bewegung, treibt
an, veranlasst, fördert, schleudert. Von Seiten der laute ist
gegen diese etymologie nichts einzuwenden: idg. -nv- wird zu
germ. -nn- (A. Kuhn aao. 460 flf. ; Leo Meyer KZ. IV, 408 flf.)
und der ablaut ' in -^ann, -^unnum , -yunnans ist von Job.
Schmidt (Vok. I, 62 ff.) befriedigend erklärt worden. Daher
hat diese etymologie, der auch von Seiten der bedeutungsent-
wicklung nichts entgegensteht, nicht nur bei Leo Meyer (aao.
408) und Job. Schmidt (aao. 66), sondern auch in neuerer zeit
vielfach Zustimmung gefunden (Osthoff MU. IV, 40, 402; Brug-
mann Grdr. I », 335, II, 1007, 1015, 1017, 1259; Pedersen
IF. n, 316; Streitberg ürgerm. gramm, 296, Hirt o. XXIV, 245;
Delbrück Vergl. synt. II, 45, wenn auch mit beigefügtem „viel-
leicht**). Im letzten grund ist diese etymologie identisch mit
der von Graff (Ahd. sprachsch. IV, 208) neben derjenigen
J. Grimmas für möglich gehaltenen etymologie, der zufolge in
•^innan eine „sekundäre wurzel von ga*'^ d. h. der nach Graff
in ahd. g9n gehn steckenden wurzel, vorliegt; denn ahd. gen
geht auf eine idg. w. §hei zurück (verf., lit. prät. 142) und ai.
hinöti, Mnvati ist seiner bedeutung nach nichts anderes als das
kausativum zu ahd. gen. Zur stütze dieser etymologie liessen
sich lat. tn-t-Mutn, ahd. ane^enge anfang anführen; aber gegen
sie spricht, dass die zu lat inüium und ahd. anegmge gehören-
den verba, lat. in-irey bez. ahd. ane-gen zwar „seinen anfang
Etymologien. 195
nehmen*^ bedeaten können, aber nicht „einen anfang macfaen'S
was ginnan neben „seinen anfang nehmen" bedeutet. Daher
muss auch diese etymologie abgelehnt werden.
Fick (Vgl. wb. I *, 415) verbindet -ginnan mit gr. Ttqoa-
gxnog „frisch'' und ihm schliesst sich Prell witz aao. an, der
weiter gr. d'eino töte und gr. q>6vog mord heranzieht und
für TtQoagxnog die bedeutungsentwicklung „frisch geschlachtet'',
getötet, frisch annimmt. Dabei bleibt aber die bedeutung von
ft^Qy das doch, wie ja auch Prellwitz annimmt, offenbar
in TVQÖaqHXTog steckt, unberücksichtigt. Ich möchte daher im
zweiten teil von 7tQ6aq>ctTog die von Prellwitz (o. XXII, 76 ff.)
behandelte idg. w. bhe scheinen, glänzen, suchen und rtQoa-
q>cnog als „entgegenglänzend" auffiassen; dass sich hieraus die
bedeutung „frisch" entwickeln konnte, leuchtet wohl ohne
weiteres ein. Zweifelnd zieht Fick noch lit giMi, abulg. gbnati
treiben, do-gbnati erreichen heran, die er auch schon früher
(II ', 355, III ', 98), und zwar zuversichtlicher, verglichen
hatte. Indesseu ist auch diese etymologie nicht befriedigend,
denn ich weiss die bedeutung „anfangen" weder aus „treiben",
noch aus „schlachten" abzuleiten.
Eine wesentlich andre und hinsichtlich der bedeutung auf
den ersten blick sehr bestechende etymologie hat Bugge (aao.
405 f.) vorgeschlagen. Indem er im anschluss an Kluge (KZ.
XXVI, 82 ff.) das Vemer'sche gesetz auf die anlautende idg.
tenuis des zweiten gliedes von Zusammensetzungen ausdehnt, ver-
bindet er das nur in der Zusammensetzung vorkommende -ginnan
mit dem ebenfalls nur in Zusammensetzungen vorkommenden
abulg. 'd^ti (präs. -ähntf) : vh-y na-, po-ö^ti anfangen und mit
dem nomen abulg. konh anfang. Diese etymologie hat nicht
nur bei Kluge (Etym. wb. * 36), sondern auch bei Tamm aao.,
VercouUie (bekn. etym. woord. d. nederl. taal > 22), Osthoff
(Verhdlgn. d. 41. philologenvers. in München 1891, s. 301),
Möller (Zfda. XXXVI, 330 anm.) , Zubaty (Arch. f. slav. phU.
XVI, 386 f.), Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. got. spr. » 38),
Kluge-Lutz (Engl. etym. 15 f.) und nicht so zuversichtlich bei
Noreen (Urgerm. lautl. 132) Zustimmung gefunden. Gegen sie
spricht aber der umstand, dass, wie Streitberg (Urgerm. gramm.
126) richtig bemerkt, die verbalkomposita jünger sind als die
nominalkomposita , was sich aus der betonung (z. b. dtiginnan
nicht ^düginnan) ergibt. Ferner wendet E. Zupitza (Oerm.
18*
196 Wiedemaan
gutt 116) gegen Bagge noch ein, dass abülg. 6bnq, kont ver-
mntlich mit ir. cenn, cymr. penn spitze, ende, köpf verwandt
seien, also idg. k» haben. Da aber Bugge's etymologie trotz-
dem yiele anhänger gefunden hat, scheint es mir nicht über-
flüssig, sie ausführlicher zu bekämpfen.
Bugge hat sich zu seiner etymologie augenscheinlich da-
durch verleiten lassen, dass sowol got. -yinnan als auch abulg.
-d^t die gleiche bedeutung, nämlich „anfangen'^ haben und
abulg. kofit anfang scheinbar vortrefflich dazu stimmt. Daher
werden denn auch allgemein abulg. -d^t und abulg. kom in
etymologischen Zusammenhang gebracht (so z. b. von Miklosich
Etym. wb. 114 f., Fick I ^ 382 f., wo ein europ. *qeno anfangen
angesetzt wird). Sehen wir aber genauer zu, so ergibt sich,
dass alles, was Fick aao. unter *qeno vereinigt, zu fünf von
einander geschiedenen sippen gehört
1. Idg. w. ken fassen. In der Zusammensetzung mit v^,
na, po hat abulg. -ö^i allerdings die bedeutung „anfangen^';
dass diese aber erst aus einer andern hervorgegangen ist, zeigt
klar die Zusammensetzung mit za, die einzige, die ausser denen
mit vh, na, po noch vorkommt: zdhö^i bedeutet aber „empfan-
gen** (vom weib). Diese bedeutung ist aus einer allgemeineren
„aufnehmen'*, „in sich bissen** verengert, vrie das zugehörige
primäre nomen zeigt: abulg. zorkom gesetz, in anderen slavinen
auch „brauch**, „sitte**, „ehe**; wir haben hier also dieselbe
bedeutungsentwicklug wie bei gr. vopiog gesetz: got. niman
nehmen. Hieraus ergibt sich, dass das simplex abulg. -d^i nur
„nehmen**, „fassen**, „fangen** bedeutet haben kann, und dafür
lässt sich geltend machen, dass das bedeutungsverhältnis von
abulg. -d^t : m-, na^, po-d^ti : za-ö^i genau demjenigen von
lat capere : in-cipere : con^cipere oder demjenigen von nhd.
fangen : an-fangen : emp^ fangen entspricht Ausserhalb des
slavischen lässt sich diese (unerweiterte) idg. w. ken nicht
sicher i) nachweisen. Zwar hat Zubaty aao. versucht ^ lett.
1) Für sehr wahncheinlioh halte ich die Zugehörigkeit einiger kel-
tischer Wörter za dieser idg. w. ken fassen. Wenn wir das bedeatangs-
verhaltnis von gr. r/xroi gebäre, xixvov kind : aisl. piggja nehmen,
empfangen, aisl. pegn knabe (zu der weitverzweigten idg. w. Uk fest
sein, fest nehmen) erwägen, so lassen sich zu abulg. -c^ nehmen, fassen,
fangen ziehen : ir. cmtm entspringe, ewOl, aoymr. emufU gesohlecht, die
femer in etymologischem Zusammenhang mit gr. -»«tai- geschlecht in
Etymologien. 197
i^'ers, cUe-s streben, trachten, ringen, lett. cfnUe^ kämpfen,
ringen, sich bemühen, lett. censVe-B sich anstrengen, sich be-
streben, sich sehnen, ai. cdnas gefallen, befriedigung, ai. cc^
niffha-s sehr gnädig, sehr genehm, ay. cinö liebe, bald mit
abulg. -df/i etymologisch zusammenzubringen; doch gehören alle
diese Wörter zu einer idg. w. hen sich strecken, aus welcher
bedeutung einerseits die bed. „sich verlangend nach etwas
strecken", „verlangen", „lieben'* (lett. dUe-s, ai. cäni^fha-s^ av.
dnö)^ andrerseits die bed. „sich anstrengen", „ringen" (lett.
cltS'8, cinit'e-^, censt'S-s) hervorgegangen ist; vgl. dieselbe be-
deutungsentwicklung bei der idg. w. ven : ai. vaniti wünscht,
liebt, erlangt, gewinnt, siegt und got. teinnan leiden, aisl. vinna
arbeiten, erwerben, ge¥rinnen, besiegen, aushalten, leiden. Zu
dieser idg. w. ken sich strecken stelle ich femer gr. utaviiv
gerader stab, richtschnur, wagebalken, messrute, lat cönor
(strecke mich womach »•) erstrebe, versuche ^anz anders über
eönor Stowasser Lat.-dtsch. schulwörterb. 226 und Schwyzer,
KZ. XXXVII, 147 f.) und, mit wurzelerweitemdem t, ir. cesaim
leide nebst sippe (Fick U ^, 77 f.), lit kentUi aushalten, leiden
und dessen sippe, zu der jedoch das von Leskien (abl. 331)
dazu gestellte lit. kanczä schmerz, quäl nicht gehört (s. u.),
wol aber die oben erwähnten lettischen Wörter, deren t also
nicht, wie Zubaty annimmt, infolge etymologischer undeutlich-
keit von formen ¥rie präs. fut. censzu, inf. censt für 8 einge-
treten, sondern vielmehr etymologisch berechtigt ist ^). — Mit
ttvto-xturl'yvriTog dem eignen geschlecht entstammend stehn. Letzteres,
oder vielmehr xaaC-yvnros, ist schon von 0. Sohrader (Spraohvergl. n,
urgesoh. ' 687 f. anm.) mit abnlg. -S^ zusammengestellt worden ; aber
aach ir. eet-ne der erste zieht Schrader heran and übersetzt xaaiymftos
mit „erstgebomer'^ Zwar hat Waokemagel (KZ. XXXm, 18 ff.) avro-
xaaCyvrjTos als amgestaltet ans * av'texaai-yvfiTof zu erklären versucht
und bei Bmgmann (Ber. d. sächs. ges. d. wiss., phil.-hist. kl. 1895, s. 47,
anm. 2) Zustimmung gefunden ; aber die Zusammensetzungen mit fiovaa,
das ja in seiner stammbildung mit 'Tixaat- übereinstimmt, zeigen /Aovao'j
so dass man * avtixaaoyvfitog erwartet. Dass in avtoxaafyvtßoi ein wort
für „mutter" steckt, scheint mir aus stellen wie A 257 s M 871 , F
287 f. nicht notwendig zu folgen; im gegenteü seheint mir in 6naTQoVj
bez. TOI fAoi (Ata yitvaro fitirtiQ nur eine genauere bestimmung des allge-
meineren avToxaafyvriTog vorzuliegen.
1) Zu lit. kerUHt hat Pick (o. VÜI, 881, XVI, 281, vgl. wb. I *, 888)
gr. Tiv^ivg' 6 Jliv^ivg na^a *Exma(n$ Phot., niv^og leid, trauer, ndax^
198 Wiedemann
wnrzelerweiterndem idg. t gehört hierher got. -hinßan fangen,
zu dem schon J. Grimm (Gramm, ü, 35, nr. 395) mit recht
got. handus hand und got. handugs weise gestellt hat, wenn er
auch mit einem fragezeichen andeutet, dass er diese Zusammen-
gehörigkeit nicht für sicher hält. Dass handus zu hinßan ge-
hört, wird wol ziemlich allgemein für sicher gehalten. Wider-
sprochen hat E. Zupitza (Gutt. 183), der handus unabhängig
von Thurneysen (KZ. XXVI, 310 anm. 1) in etymologischen
Zusammenhang mit dem zahlwort fär 10 bringt und bei Kluge
^^ 161 und 0. Schrader (Reallex. 968) Zustimmung findet. Da
es kein idg. wort für „band"' gibt, liegt nichts näher als die
annähme, dass die einzelnen idg. Völker die hand nach irgend
einer ihrer tätigkeiten benannten, woraus es sich erklärt, dass
wir bei Wörtern für „hand'^ mehrfach ein primäres verbnm da-
neben haben, so lit. rankä, abulg. rqka hand: lit. rifiktt sam-
meln, handus : -hinßan. Für handugs dürfen wir unbedenk-
lich dieselbe bedeutungsentwicklung annehmen wie sie bei lat.
capax vorliegt; auch an nhd. behende sei erinnert. Anders
urteilen über handugs Ostho£f (PBB. XIII, 418 ff.) und Stokes
(Fick II ^, 90), dem sich £. Zupitza (aao. 206) anschliesst.
Mit ahd. hantag acer hat handugs nichts zu schaffen, obgleich
noch ganz neuerdings Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. got.
spr. > 73) das für möglich hält.
2. Idg. w. h^en spitz sein. Hier ist zunächst abulg. kont»
nur in iskoni ab initio zu nennen. Dass die bedeutung „anfangt
erst aus der bedeutung „spitze'' hervorgegangen ist, zeigen
teils die anderen slavischen sprachen, teils das Altbulgarische
selbst : abulg. konhch ende, slov. konica spitze, klruss. kin ecke,
russ. konath bis aufs äusserste treiben (weitere verwandte bei
Miklosich Etym. wb. 114 f.); ferner ziehe ich aus dem Slavi-
schen noch hierher abulg. kanüi treiben, ermuntern (eig. „an-
leide gestellt und darin, soweit ich sehe, fast allgemeine Zustimmung
gefunden ; nur Bezzenberger (bei Fiok II *, 78) und Solmsen (KZ. XXXIV,
644) haben sich meines Wissens dagegen ausgesprochen und vielleicht
lassen auch die von Gust. Meyer (Gr. gramm. ^ 262) gewählten worte
„man hat . . . verbunden** auf zweifei schliessen. Durch das Keltische
wird meiner meinung nach Fick 's etymologie endgiltig umgestossen und
man hat bei der alten Zusammenstellung von ttct^- mit lat. -fendo zu
bleiben (Grassmann I[Z. XII, 120, Joh. Schmidt Vok. I, 92 ff. ; was Grass-
mann und Joh. Schmidt sonst noch dazustellen, gehört nicht hierher).
Etymologien. 199
stacholn'*) und seine sippe (Miklosich aao. 110), zu der aber die
Wörter mit der bed. „betrügen'' schwerlich gehören. Ausser-
halb des Slavischen gehören hierher: ir. cenn, cjmr.penn spitze,
ende, köpf und wol auch lat. cuneus keil; mit wurzelerweitern-
dem idg. t gehört hierher auch lit. kanczä quäl, schmerz.
3. Idg. w. Tcent spitz sein. Diese wurzel steckt in gr.
•Mvtita steche, yLevrgov (aus ^yUvzr^Qov; Fick KZ. XXII, 99)
Stachel, xovnog stange (daraus wol lat. contus stange, wurfspiess
entlehnt), ir. cinteir gl. calcar, cymr. cethr spitze, nagel, ir.
cstne der erste, gall. Cintus, ahd. hantag spitz, scharf, got. hin-
dumists äusserster, bürg, hendinos könig, lett sits (— lit. ^szin-
tas) jagdspiess. Vielleicht ist das t wurzelerweiternd (Saussure,
Mem. 76, Persson, Wurzelerw. 42); dann liesse sich noch ai.
gi^^d-8, gi-^n-d-m männliches glied heranziehen und, mit wurzel-
erweitemdem labial, alb. &ump, best. &ufnbi stachel, nhd.
humpe, humpen.
4. Idg. w. ken glänzen. Hierher gehören gr. xaivog neu,
ai. kand, kanyd mädchen (zum bedeutungsverhältnis vgl. gr. viog
neu : veaviag Jüngling), kdniyän junger, kleiner, kantna-s jung,
kaninaka-s knabe, Jüngling, augenstern, kaninakd mädchen,
Jungfrau, kanJ^naka, kaninikä augenstern.
5. Idg. w. rek fest, straff sein. Diese wurzel ist für lat.
recens fiisch, kräftig, rüstig, jung, neu anzusetzen. Steckte in
recens eine idg. w. ken, so bliebe es unverständlich, was für
einen sinn die Zusammensetzung mit re- haben soll. Ich sehe
daher in recens das part. präs. act. von einem verbum *recSre
» lett. recst, sa-recit gerinnen (yon der milch); dazu gehören
weiter lett rikt, sa-rikt gerinnen, sa-rika gallerte, lit. rakiwti
schliessen, räkfas Schlüssel, ai. racdyati ordnet, verfertigt, bildet,
bereitet, macht zurecht, racana-m Ordnung, anordnung = got
ragin beschluss, abulg. radüi wollen; auch abulg. rekq sage
kann mit E. Zupitza (Outt. 136) hierher gezogen werden, wo-
bei noch an gr. leyw reihe die worte aneinander, sage zu er-
innern wäre, das dieselbe bedeutungsentwicklung durchgemacht
hat. Anders über lat. recens Darmesteter (MSL. IV, 225 f.) und
Emault (ebda. V, 48).
Kehren wir nach dieser notwendigen abschweifung zu got.
du-ginnan zurück, so dürfte es nicht überflüssig sein, zunächst
noch einige andre yerba mit der bedeutung „anfangen^' zu be-
sprechen. Wie bereits erwähnt ist, haben wir bei lat. in^cipto,
200 Wiedemann
nhd. an* fangen, abalg. tyb-, na-, pthd^i die bedeutungsentwick-
lung „Qehmen^\ ^»fassen'S „fangen'^ : „anfangen''. Dasselbe ist
der fall bei osk. kahad capiat : lat. in-cohäre, in-choäre an-
fangen, bei ir. gMm nehme : gabim frisa fange an und bei lit.
imti nehmen, das mit einem abhängigen infinitiv „anfangen''
bedeutet. Die gleiche bedeutungsentwicklung nehme ich für
ai. prabhrti-B, das u. a. auch „anfangt' bedeutet, und schwed.
börja anfangen an; Tamm (Etym. svensk. ordb. 84), der
Mrja mit recht zu ai. bhäraU, gr. g>iQta usw. stellt, will zwar
Yon der bedeutung „(die band oder den fuss) heben" ausgehn,
aber viel näher liegt es, direkt an die bedeutung des abulg.
bwati nehmen anzuknüpfen.
Etymologisch unaufgeklärt ist bisher lett 8QH an&ngen;
ausser der yon Leskien (Abi. 374) zweifelnd gegebnen Zusammen-
stellung mit der sippe von lit szökti springen, die sich von
Seiten der bedeutung nicht halten lässt, ist mir kein weiterer
erklärungsversuch bekannt Gehn wir für saht von der be-
deutung „fassen", „festnehmen" aus, so lässt es sich in etymo-
logischen Zusammenhang mit lat sancio mache fest, setze fest,
bestimme, dessen nasal ursprünglich nur präsensbildend war,
aber auch in ausserpräsentische formen gedrungen ist, z. b.
lat sanctus eingeschlossen, eingehegt, heilig gegenüber aisl. saUr
versöhnt (— lat *8aetu8). Mit gr. aat%(o stopfe, ari%6g bürde,
wozu man es früher stellte, hat sancio nichts zu schaffen.
Endlich ist noch alb. zl, geg. zq berühre, fange, fange an,
empfange (vom weihe), miete zu nennen. Zwar hat 6. Meyer
(Et wb. d. alb. spr. 483) ze als lehnwort aus bulg. zemam,
zimam (aus abulg. za- und imq) nehme betrachtet; aber die
bedeutungsentwicklung, die die bei G. Meyer angeführten alb.
Wörter — ausser zl noch dzl, ndzi fasse, enthalte, begreife,
lerne, zikem werde ergriffen, bürge, streite mich, z% seele, ztns
fang, faust als mass, z^fui streit, zer&A fange an, ndzen^s
Schüler — aufweisen, hat mich schon längst daran zweifeln
lassen, dass wir es hier mit entlehnung zu tun haben. Auf
eine deshalb an G. Meyer gerichtete anfrage habe ich im sept
1895 von letzterem zu meiner freude die antwort erhalten, dass
er seine aao. vorgetragene ansieht zu gunsten der meinigen
aufgebe, nach der zb auf uralb. "^ztnö zurückgeht Für dies
uralb. "^zenö darf man die bedeutung „nehme", „fasse", „fange"
ansetzen. Aus dieser bedeutung ist aber die des bei G. Meyer
Etymologien. 201
aao. weiter angefahrten perzt, geg. perzq vertreibe nicht her-
leitbar; letzteres muss daher etymologisch von z€, geg. zq ge-
trennt werden. Die bedeutung lässt an eine zusammenstellang
mit lit genü, abulg. zenq treibe denken und ich halte eine
solche für durchaus haltbar. Zwar hat 6. Meyer (aao. 136,
alb. stud. III, 7) zu genü, zenq alb. g'a'A jage, verfolge, ge-
stellt; doch muss nach dem, was Pedersen (KZ. XXXVI, 330 f.)
auseinandergesetzt hat, g'aik als etymologisch dunkel gelten.
Andrerseits hat aber Pedersen (aao. 305 ff.) in fiir mich über-
zeugender weise ^) dargetan, dass die idg. labiovelare im alba-
nischen vor Palatalen vokalen palatalisirt werden: idg. hi wird
zu 8, idg. gu, gnh zu z. Es hindert also nichts, in alb. perzt
eine Zusammensetzung mit idg. *gtihend zu sehen. Miklosich
(Etym. wb. 62, 409), Leskien (Abi. 326, 368) und G. Meyer
(Alb. stud. III, 7) trennen zwar abulg. zenq, lit. genü von
abulg. zhnja ernte, lit geniü ästle und G. Meyer fuhrt alb.
g'a'A, abulg. zenq, lit. genü auf ein idg. *genö (im anlaut me-
dia, ob aber reinvelar oder labiovelar, lässt er unerörtert,
scheint aber ersteres angenommen zu haben) zurück; aber gegen
G. Meyer muss geltend gemacht werden, dass abulg. zenq^ lit.
genü ursprünglich nur vom treiben des viehs auf die weide
gebraucht worden sein muss (das lehren Wörter wie poln. wygon,
russ. vygon weide, lett. gans hirt, gani pl. tant. weide), so dass
sich die bedeutung „treiben*^ sehr leicht aus der bedeutung
1) Damit soll nicht gesagt sein, dass alle von Pedersen zar stütze
seiner Vermutung beigebrachten beispiele einwandfrei sind. Gerade
unter den 4 ersten, von P. für schlagend gehaltnen beispielen sind zwei,
die ich für bedenklich halte: pesi fünf und $ii tLXif^e, Ersteres führe ich
mit G. Meyer (Alb. stud. II, 47 ff., III, 5, 25, 30, Etym. wb. 829) auf
uralb. *penkiß zurück, denn der einwand Pedersen's, -^* werde nicht
zu -tiä' erweitert, scheint mir übereilt ; das -i in alb. be$i glaube kann
doch eben so wenig auf idg. -m zurückgehn wie das von mbesi nichte
(gegenüber gr. dviy/ia geschwisterkind, got. nipjo verwandte: lat. neptü^
ahd. nift, lit. nepti» enkelin : ai. napti enkelin, von denen die ersten
zwei — got. 'fy'o beruht natürlich auf idg. *tjä — im suffix mit alb.
mbeii identisch sind; ai. nopß' liegt von mbesi viel weiter ab), dessen
-£ Pedersen ja allerdings nicht auf idg. *-ü zurückführen will. Was
alb. Mt anlangt, so lässt es sich anstatt auf idg. *okuij lit. akU äuge
und dessen sippe vielleicht besser auf ein idg. *hndom zu got. hv€it9
weiss, lit. »zvidtts blank, glänzend, ai. fvindate glänzt, leuchtet zurück-
fuhren. — Besonders wird Pedersen's Vermutung durch die falle ge-
stützt, in denen im wurzelauslaut k mit «, g mit z wechseln (s. 828 f.).
202 Wiedemann
„schlagen** entwickelt haben kann. Ich sehe daher keinen
grund, abulg. zenq, lit. genü von ai. hdnti schlägt, erschlägt,
tötet, gr. &€ivci) schlage, erschlage, töte, q>6vog mord usw. zu
trennen. Es ist also für abulg. zetKf, lit. genüy idg. guh- anzu-
nehmen und -ze in alb. psrze kommt zu den von Pedersen
beigebrachten beispielen als weiteres hinzu. — Wie pera^ müssen
auch die bei G. Meyer am schluss des artikels genannten Wörter
mit wurzelhaftem zem- von ze getrennt werden: zemsra, geg.
zimare, zimbers, scut. z^mer herz, wille, leib, zemerdk, zembe-
rdk jähzornig, z&ner^'dn, zemer-durüäm langmütig, z&nBr-k'in
hartherzig, zemsr-nguSie ungeduldig, zemsrön erbittere, reize
zemerir herzhaft, gr. zemerate zorn. Auch diese Wörter halte
ich für einheimisch und setze alb. zem- =» idg. ghem-, dessen
grundbedeutung „sich heftig bewegen'' ist vgl. die gleiche be-
deutungsentwicklung bei ai. dhümd-8, abulg. dytm, lit dümai
(seltner dümas)^ lat. fümus rauch, ahd. toum dampf, dunst,
duft : gr. diJfidg gemütswallung, geist, seele, wille, zorn und
bei lett. gaiss luft : aisl. geisa wüten, ags. gast geist (über
diese sippe handle ich in einem andern aufsatz, wo ich auch
meine von der allgemein herrschenden annähme abweichende
ansieht über die natur des anlautenden gutturals begründen
werde). Diese idg. w. §hem sich heftig bewegen liegt meiner
meinung nach in germanischen bisher wesentlich anders beur-
teilten Wörtern vor: aisl. gatnan lustig, freude, scherz, alt. dän.
gammel lustig, dän. dial. smJcke gammelt leichtfertig sprechen,
Unzucht treiben, nhd. gammel sinnlicher Übermut, geilheit, männ-
liches glied; mit wurzelerweiterndem labial gehört hierher mhd.
gumpen, gampefi hüpfen, springen, stampfen, mhd. gümpel,
nhd. gimpel, mit wurzelerweiterndem guttural ahd. gähi (aus
urgerm. ^gaph-) jäh. Auch ahd. *gamug, gamg gemse darf
hier genannt werden, denn wenn das germanische wort auch,
wie Much (Zfda. XLII, 167 jff) dargetan hat, lehnwort aus dem
gleichbedeutenden lat. camox ist, hat doch volksetymologische
anlehnung an die hier behandelte germanische sippe stattge-
funden. Über diese letztere haben Kluge (KZ. XXVI 70) und
Wadstein (IF. V, 8, ^vo noch weitere german. wörter beige-
bracht sind) die Vermutung ausgesprochen, es lägen hier Zu-
sammensetzungen mit ga- vor, nach Kluge ga-man zu got.
manna mann also ,, Zusammenkunft von menschen**, nach Wad-
stein (ausser ga-man auch) g-aman zu lat, am^re lieben; auch
EtymologieB. 203
in ahd. gähi hat Erdmann (antiqy. tidskr. for Sverige XI, 4,
8. 30 f.) eine Zusammensetzung mit ga- gesucht und unter Zu-
stimmung von Noreen (Urgerm. lautl. 44) und E. Zupitza
(Germ. gutt. 190) im zweiten glied ein zu gr. lixvg schnell,
lat. öcior schneller gehöriges wort yermutet. — Zu dieser idg.
w. §hem möchte ich auch lat. hämo, lit. zmü, zmogüs, pr. smoy
mensch, got. guma mann ziehen, indem ich von der bedeutung
„beseeltes wesen'' (vgl. lat. animcd, got. ditM beseeltes wesen,
tier) ausgehe; allgemein werden diese Wörter als „zur erde ge-
hörig", „ii'Aisch'* aufgefasst und zu lit. zStne, abulg. zemlja
erde usw. gestellt^). — Was alb. zem^ betrifft, so vertritt z
hier die idg. palatale media aspirata, wie in den bei 6. Meyer
(Alb. st. in, 18) genannten beispielen zok, best, zogne junger
vogel : arm. jag dass. und zoH darm : lit zdma, aisl. g^m
dass., lat. hernia darrobruch *). Dazu kommt noch zb stimme :
abulg. zvam schall, arm. jain stimme (von Hübschmann, Arm.
gramm. I. 469 zwar abgelehnt, aber es hindert doch wol nichts,
-ain- aus -anj- zu erklären ; vgl. abulg. zvhnSti klingen mit der-
selben ablautstufe). Über die Ursache, warum die idg. palatale
im Albanischen bald durch interdentale, bald durch dentale
Spiranten vertreten werden, vermutet Pedersen (aao. 338 f.),
dass ein benachbartes v die Wandlung von uralb. ä zu s^,
uralb. £ zu zu veranlasst habe. Damit ist aber die frage noch
nicht endgiltig beantwortet, denn, um nur bei idg. §h zu bleiben,
von den drei genannten, auch von Pedersen anerkannten, bei-
spielen für z = idg. §h ist nur bei ze : abulg. zvom ein v
nachweisbar; für zok lässt Pedersen die möglichkeit zu, dass
der auslautende guttural labiovelar war und für zofe postulirt
er ein v oder u (anlaut §hv' oder auslaut -nü-); aber §hv'
1) Berneker (IF. IX, 860] will auch got. manna maDn, magus knabe,
knecht in etymologischen Zusammenhang mit got. guma bringen, dürfte
aber darin wol kaum Zustimmung finden ; abgelehnt hat diese Vermutung
bereits ühlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. got. spr. ' 104, 106). Bei-
läufig sei bemerkt, dass das suffix des abulg. mt^ mensch an -gu- in
lit. imo-gü» erinnert; genau entsprechen würde ein lit. ^-giu-,
2) Das bei 6. Meyer ausserdem noch genannte zjaf feuer, lit. ia-
rijä glühende kohle, pr. »ar% glut hat Pedersen (aao. 820 f.) mit zjarm
hitze besser zu gr. d-tQfAog warm und dessen sippe gestellt. Dagegen
stelle ich zu lit. Sarijä usw. das von Pedersen zu pr. golimhan^ russ. go-
luboj blau gezogene ir. garm blau, dessen r zu dem litu-slav. /, wie auch
Pedersen bemerkt hat, nicht recht stimmt.
204 Wiedemann
hätte germ. w- ergeben und für das alb. wort ein andres suf&x
anzunehmen als für das litauische, das sich mit dem albani-
schen ja sonst aufs genauste deckt, wird man sich nicht so
leicht entschliessen können. Es ist daher auch ohne ein Wir-
kung eines v oder u die Vertretung von idg. §h durch alb. z
möglich. — Wie in zs-tnere und seiner sippe kann auch in der
sippe von ze das anlautende z Vertreter von idg. §h sein; es
steht daher nichts im weg, got. du^innan in etymologischen
Zusammenhang mit alb. ze zu bringen und auch fiir du^innan
von der bedeutung „berühren'S „fassen'S „fangen" auszugehn.
Zu besprechen bleibt noch das -nn- in du-ginnan. Wie be-
kannt, hat A. Kuhn (KZ. II, 460 ff.) -nti- aus idg. 'nv- erklärt
und in du^ginnan und andren verben mit -nn" Umbildungen
alter präsenssl&mme nach der ind. ö. klasse gesehen und hat,
wie oben erwähnt ist, -ginnan dem ai. hinvati gleichgesetzt.
Es lässt sich aber nicht bei allen verben mit -nft- aus dem
Altindischen oder einer andern idg. spräche ein präsens mit
idg. -nr- nachweisen und man hat daher schon für manche
der von Kuhn besprochenen verba wurzeln auf idg. n ange-
setzt. Daher ist also auch lautlich gegen eine Zusammen-
stellung von du-ginnan mit alb. ze nichts einzuwenden; nur
liegt bei dem einen eine andre präsensbildung vor als bei dem
andern : alb. zE ist = idg. *§henö, got. -ginna ist » idg. ^ghen-
v-ö (Umbildung aus einem präsens nach der ind. 8. kl.) oder
idg. *§hen-^ö (auf einem präsens nach der ind. 9. kl. beruhend).
Zu gunsten des letzteren darf aisl. ginna bezaubern, das einem
got. *ginnon entsprechen kann, schwerlich beigebracht werden,
denn die bedeutung liegt zu weit ab. Auch sonst lässt sich
aus den germ. sprachen nichts mit Sicherheit zu got. -ginnan
ziehen; denn got. gansjan, das Diefenbach (Vergl. wb. d. got.
spr. n, 386) und Rheden (Etymol. versuche a. d. geb. d. idg.
spr., 18 f., 21. jahresber. d. bisch, privatgymn. zu Brixen, 1896)
hierherziehen, lässt sich, da es nur Gal. 6, 17 als Übersetzung
des gr. Ttaqixeiv belegt ist, in seiner eigentlichen bedeutung
nicht scharf genug fassen; man übersetzt es gewöhnlich mit
„verursachen", dann aber darf es mit -ginnan nicht verbunden
werden; nur wenn man es als kausativum zu einem got. ^gin-
San nehmen betrachtet und mit „nehmen lassen", „geben",
„gewähren" übersetzt, kann es zu -ginnan gehören und -s- als
Wurzelerweiterung aufgefasst werden. Auf keinen fall verdient
fitymologien. 205
Johansson (PBB. XV, 228 f.) Zustimmung, der gamjan ak Zu-
sammensetzung von jro- und nas^an ansieht und ihm die ur-
sprüngliche bedeutung ,,herYorkommen machen*' beilegt; erstens
liegt ja got. ga-nasjan gesund machen, heilen, erretten noch
vor und zweitens bedeutet got. ^nisan ursprünglich nicht „her-
Yorkommen'S sondern „(gesund) zurückkommen (aus dem krieg)'^
denn, wie wol allgemein anerkannt wird, gehört -nüan zu gr.
vsofjiai kehre zurück, voatog heimkehr. — Auch Ghrienberger
(Unterschgn. z. got. wortkunde 89), der an Zusammenhang mit
ahd. ganz ganz denkt, trifft schwerlich das richtige.
2. Got. brüßs und andre idg. verwandtschaftsnamen.
Obgleich got brüßa Schwiegertochter (daneben got brüßfaßs
brautherr, d. h. bräutigam) schon wiederholt etymologisch er-
klärt worden ist, befriedigt doch keine der vorgeschlagenen
etymologien und es scheint mir daher nicht überflüssig, eine
neue etymologie vorzutragen, um so mehr als ich sie schon
vor einer langen reihe von jähren gefunden habe und sie auch
trotz inzwischen erschienener neuer etymologischer erklärungen
für haltbar erachte.
Allgemein anerkannt ist heutzutage nur, dass die alte noch
von Bopp (Oloss. ^ 356 a) und J. Grimm (Wörterb. II, 33) ge-
billigte Zusammenstellung von got. brüßa mit ai. praudhä die
heimgeführte aus lautlichen gründen unhaltbar ist; dagegen hat
man sich nach der anderen, positiven seite hin noch nicht ge-
einigt, obgleich, so weit ich sehe, vier verschiedene etymologi-
sche erklärungen gegeben sind.
Lautlich am besten Hesse sich mit Döderlein (Lat. synom.
u. etym. VI, 139) brüßs dem lat. Frütis gleichsetzen und diese
etymologie hat daher auch wiederholt Zustimmung gefunden
(Fick, Vgl. wb. » 822, II », 696, HI «, 217 f., I *, 493, Job.
Schmidt, Vok. II, 288 f., Zehetmayr, Anal, vergl. wörterb. 173,
Kluge, Etym. wb. s. v. [in allen auflagen], Franck, Etym. woor-
denboek 153). Aber es ist noch nicht sicher, dass Frmis ein
echt lateinisches wort ist, denn eben so gut könnte es auch
eine entstellung des gr. Ititpooditri sein, wofür sich Keller (Lat
volksetym. 37, 325), der zuletzt hierüber gehandelt hat, ent*
scheidet. Ist Frütis nicht entlehnt und entstellt, so ist es am
besten mit Fick I \ 493 zu lat frutex Strauch, mhd. hti^en
206 Wiedemann
schwellen, knospen zu stellen nnd könnte sehr wol mit got.
brü^s, dessen bedeutung ursprüngl. , Jungfrau'* gewesen sein
kann, zusammengestellt werden (vgl. z. b. gr. noQd'ivog Jung-
frau : TtTO^&og trieb, sprössling).
Wesentlich abweichend siebt Bugge (PBB. XIII, 184 f.) in
brüfs eine Zusammensetzung, fuhrt es auf idg. ^par-üdhi^ zu-
rück, erklärt es als „die heimgeführte*' und stellt es zu lit.
vedü, abulg. vedq führe, ai. vadhü's braut, junges eheweib,
weib. Aus lautlichen gründen (germ. b- as idg. jp-) muss diese
etymologie, die, so weit ich sehe, nur bei Heyne (Dtsch. wb.
I, 483) und Vercoullie (Bekn. etymol. woord. d. nederl. taal
> 4ö) Zustimmung gefunden hat, abgelehnt werden.
Lautlich einwandfrei ist die von Torp (SprvgL-hist. studier
tUegn. prof. C. R. Unger 174), Uhlenbeck (PBB. XXH, 188)
und Hirt (ebda. 234) fast gleichzeitg gegebene Zusammenstel-
lung von got. brüßs mit ai. brdvUi sagt, spricht, vorausgesetzt,
dass die wurzel idg. r enthält; beide fassen urgerm. ^brüdi-
als verbalabstraktum auf, dem sie die bedeutung „Versprechung*',
„Verlobung** beilegen; Torp zieht auch lit. martl braut, junge
fiau, schwi^ertochter heran. Dagegen, dass sich die in urgem.
*ftrt4^i- vorliegende konkrete bedeutung aus einer abstrakten
entwickelt haben kann, ist nichts einzuwenden. Trotzdem halte
ich diese etymologie für unbefriedigend, denn ai. brävUi und
seine komposita zeigen nirgends die bedeutung „versprechen**,
„verloben** und ausserdem haben abulg. tnhva tumultus, inlhvüi
tumultuari, 6ech. mluva rede, mluviti reden, klruss. mova spräche,
rede, tnavyty sprechen, reden, sagen, russ. molva gerücht, tnol-
vüh sagen, sprechen, murmeln u. a., die von ai. brdvUi nicht
getrennt werden dürfen, l; die Torp-Uhlenbeck-Hirt'sche etymo-
logie ist daher auch aus lautlichen gründen anfechtbar.
Endlich hat Wood (Mod. lang, notes XV, 96) urgerm.
*brüdi' mit kret (idqfsiq Jungfrau, lit mart^ (nicht marÜB, wie
Wood angibt) zusammengestellt und diese vergleichung durch
hinweis auf das krimgot. marzus braut gestützt. Dieser deu-
tung kann ich nur zustimmen; Wood hat aber mit ihr nichts
neues geboten: brüßs ist ausser von Torp bereits von mir (lit.
ctrbl. 1898, sp. 810) ohne kenntnis von Torp's teilweiser Prio-
rität mit lit. tnarti, gr. jB^tTO-/ua^ig, fiel^af knabe, mädchen,
lat marUus ehemann, ai. maryakd-s männchen zusammenge-
stellt worden und krimgot. marzus bat bereits Solmsen (KZ.
Etymologien. 207
XXXV, 481 £P.) mit lit. tnartl, gr. Bgito^fioorig verglichen.
Wenn ich hier nochmals auf die etymologie von urgerm. ^brudi"
eingehe, so geschieht es einerseits, um die vergleichung von
urgerm. *brlldi- mit lit. martl usw. näher zu begründen als es
a. a. o. geschehen konnte, andrerseits, um einige andre gleich-
bedeutende Wörter etymologisch zu behandeln.
Wie wol bekannt sein dürfte, hat 0. Schrader (o. XV, 130;
wiss. beil. z. jahresber. d. grossherz. gymn. zu Jena 1895, s. 58;
reallex. 955) zu lit. fnarti die germanischen benennungen des
marders (aisl. mprdr, ags. mearfi, meard, ahd. mardar) gestellt.
Jedenfalls haben krimgot. marztis und urgerm. *brüdi' zu-
nächst anspruch, mit lit. marti verglichen zu werden, um so
mehr, da sich für aisl. m^dr usw. eine andre, sehr nahe
liegende etymologie bietet. Zunächst bemerke ich, dass ich,
abweichend von 0. Schrader (KZ. XXX, 462, o. XV, 128 f.),
gr. aiilovQog, aYXovQog^ wiesei mit gr. aioXog beweglich, schnell
und urgerm. ^tDiaila- wiesei (ahd. tvisula usw.) mit abulg. veseh
hilaris verbinde und ähnlich cymr. bde marder, ahd. bilih bilch,
russ. biUea eichhörnchen mit got. *b€Uß8, adv. balßaba kühn,
dreist Das wiesei und der marder können sehr wol ihre be-
zeichnung von ihren flinken bewegungen bekommen haben und
so lassen sich die germ. Wörter für marder an die idg. w. mer
flimmern, schimmern (gr. fiaqfiaiQio) anknüpfen; die der bed.
„flimmern'^ „schimmern*^ zu gründe liegende allgemeinere be-
deutung „sich rasch bewegen'' liegt meiner meinung nach noch
in lat. mare, ir. muir, got marei, abulg. morje meer, lit märes
haff und in ai. manÜ wind, windgott vor, das man seit Leo
Meyer (KZ. V, 387) und Grassmann (KZ. XVI, 161 flf.), der es
ebenfalls zu gr. fiadfiaiqui zieht, mit lat Mävora zusammen-
stellt, wogegen aber die quantität des a in Mavors einspruch
erhebt Es verhält sich aisl. m^rdr usw. : ai. marüt seiner be-
deutung nach ebenso wie gr. aUXovnoqj ailovQog : gr. aiölog^
das ja zum namen des windgottes geworden ist.
Was nun den weiteren etymologischen Zusammenhang von
urgerm. *brudu, lit martl usw. betrifft, so hat Johansson
(GGA. 1890, s. 745 anm.) die Vermutung ausgesprochen, lit.
marti, kret. /dctQTig bedeute die „integra'S „intacta" und ge-
höre zu gr. oQTeiLiijg incolumis, integer. Weiter stellt Johansson
auch air. brithem richter hierher und begründet diese zusam-
raenstelluDg durch annähme einer bedeutung etwa „der unpar-
208 Wiedemaoü
teiische'*; aber br- kann hier nicht auf idg. mr- asuriickgehn,
sondern mnss, wie cymr. barr^ mbret bam gericht, ir. bam
richter zeigen , auf idg. bhr- oder gfsr- zurückgeführt werden»
wenngleich die etymologie dieser keltischen Wörter noch zu
finden ist, denn zu gr. 9>^y gemüt, an das Bezzenberger (Fick
n S 169) denkt, können sie, falls q>Qr^v mit aisl. grtmr ahnung
zusammenhängt, wie ausser Bezzenberger auch E. Zupitza (Germ,
gutt. 97) annimmt, nach dem von Osthoff (IF. IV, 268 ff.) aus-
geführten nicht gestellt werden; ausserdem liegt q>qriv auch
seiner ursprünglichen bed. „Zwerchfell'' wegen begrifflich zu
weit ab; näheres über q>qTiv im nächsten aufsatz. Aber nicht
nur die heranziehung von air. brithem, sondern auch die an-
setzung der bedeutung „integra'S „intacta" für lit martl, kret.
fidfTig kann ich nicht billigen. Das lit marii bezeichnet nicht
nur die braut und die Schwiegertochter, sondern auch die junge
frau bis zur gehurt des ersten kindes und wir dürfen, da auch
urgerm. *6ra<fi- braut, Schwiegertochter, junge frau bedeutet,
annehmen, dass sowol das litauische als auch das germanische
wort ursprünglich „mannbares weib'^ ohne rücksicht auf unbe-
rührtheit bedeutet hat; erst mit der geburt des ersten kindes
beginnt ein neuer abschnitt im leben des weibes. Die diesen
Wörtern zu gründe liegende wurzel kann keine derartige bedeu-
tung gehabt haben, dass von ihr nur bezeichnungen für weib-
liche Personen gebildet werden konnten, denn, wie man schon
lange erkannt hat — wer das zuerst ausgesprochen hat, kann
ich nicht feststellen — , stehn zu lit. tnartl, kret. fiaqziq und,
wie man nun hinzufügen darf, urgerm. *br€ldi' in engstem Zu-
sammenhang ai. mdrychs, junger mann, bes. bräutigam, junger
ehemann, maryaX^-« männchen, gr. f^eiQu^ knabe, mädchen,
f^eiQchuov knabe, also Wörter, die auch männliche wesen be-
zeichnen. Femer gehört hierher, wie ich aao. schon erwähnt
habe, lat. marUus ehemann ^) und auch den ersten teil des zu-
1) Zu dieser ansieht war ich unabhäDgig von Bartholomae (Stnd.
z. idg. spraohgesch. II, 82) gekommen, habe aber später gefunden, dass
schon Weber (KSB. lY, 281) und Benfey (Sanscrit-engl. dict. 690) tna-
rUus ZQ ai. mdrf/a-i gezogen haben. Dass, wie Bartholomae annimmt,
auch lat. mtdier weib hierher gehört, halte ich für sehr unwahrschein-
lich; denn mulier muss seiner bedeutung wegen zu einer wurzel ge-
hören, von der keine Wörter zur bezeichnung männlicher wesen stammen
können. Am besten lässt sich mit Benfey (Gr. wrzUex. II, 277) mu^er
zu lat. muig&o melke ziehen, nur muss man dann p in mulgere als wurzel-
fitymologieii. 209
ftammengesetzten kret. BQvtO'^iaQ^iq möchte ich lieber hierher
ziehen als zu kret ß((i%v- yhwv Hes., denn erstens passt die be«
nennung „süsse Jungfrau '*- für die keusche, herbe Artemis
schlecht und zweitens müsste es dann doch * BqiTv^fxaqvtg
heissen; andrerseits steht nichts im weg, in BQno-^aQti^ eine
ähnliche Zusammensetzung zu sehen wie in nhd. schcUksknecht,
lindümrm u. a. Auch ein ,Jagd^^ bedeutendes wort könnte in
ßQiTO^ stecken; die etymologische Zusammengehörigkeit beider
glieder bliebe auch dann bestehn. Aus dem Keltischen hat
schon Diefenbach (Vergl. wörterb. d. got. spr. II, 50) cymr.
morwyn, com. marain virgo, puella, ancilla herangezogen;
Stokes (Fick II ^ 211) fügt noch ir. moru in tnuir-moru see-
jungfer hinzu. Bildungen mit gutturalen suffixen oder wurzel-
erweiterungen liegen vor in den ebenfalls schon bei Diefenbach
erwähnten cymr. bret. merch tochter, weih, com. myrgh tochter,
lit. inergä, pr. mergoj mergu mädchen; es ist nicht nötig, mit
Bezzenberger (Fick U ^, 211) die keltischen Wörter auf ein
idg. ^mergdkä zurückzuführen, denn es kann sehr wol im Kel-
tischen ein Suffix idg. -kSr^ im Litauischen ein sufifix idg. ^gä-
oder -ghör vorliegen; doch vgl. auch E. Zupitza (KZ. XXXVI,
237). Die litauischen Wörter stehn lautlich der sippe lit mir-
gUi flimmern (Leskien, abl. 337) sehr nahe und bestätigen da*
durch die herleitung der hier besprochenen Wörter von einer
idg. w. mer schimmern ; in allen diesen Wörtern handelt es sich
ursprünglich um die bezeichnung erwachsener in der ersten
blute ihrer Jugend und daher ist für sie von der bedeutung
„strahlendes „leuchtend^* eben so gut auszugeben wie bei dem
oben s. 199) besprochenen ai. kanyä und bei ai. yö^ä mädchen,
junges weib zu idg. ^juveth (lat. juvenis usw.) jung : lat juvo
erfreue, jücundua erfreulich. Dass es sich hier vorwiegend um
Wörter für weibliche personen handelt, ist nicht au£Pallend, da
ja vor allem an dem weibe Schönheit gepriesen wird. Aus
dieser ursprünglichen Sphäre hat sich die bedeutung nach zwei
verschiedenen ricbtuogen hin entwickelt, einerseits bei lat. marUus
erweitemng auffassen, was auch PerssoD (Wrzlerw. 62), ohne muher zu
erwähnen, tut. Übrigens bleibt auoh zu erwägen, ob die lautgrnppe
idg. 'Igi' nicht lautgesetzlich zu lat. -/i- werden kann, da ja auch nach
einem vokal vor i im Lateinischen schwindet (Sommer, IF. XI, 88 ff.,
Solmsen, KZ. XXXVn, 28).
Haltri^ t. kuod« d. Indg. spneb«a. XXVll. 14
210 Wiedemann
zu der bedeutung „ehemann", andererseits, zum teil bei wörtein
mit deminutivsuffixen, zu der bedeutung „knabe, mädchen".
Dieselbe bedeutungsentwicklung wie die hier besprochenen
Wörter zeigt alb. re neuvermählte, Schwiegertochter neben ri,
f. re jung, neu. 6. Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 366) stellt
ri vermutungsweise zu alb. rü mache gross, übertreibe, erziehe,
wachse, pass. ritetn wachse und weiter (s. 367) zu ai. rdhnäti
gedeiht, fördert, abulg. rasti wachsen ; doch hat diese Zusammen-
stellung wenig für sich, denn der begriff „neu" kann sich aus
dem begriff „wachsen" wol kaum entwickeln. Der bedeutung
besser gerecht wird daher die von Bugge (o. XVni, 170) be-
fürwortete Zusammenstellung von alb. ri mit gr. vioq neu, jung
und seiner sippe, die schon Bopp (üb. d. alban. 541) und Stier
(KZ. XI, 248) vorgeschlagen haben; aber hier macht wieder
alb. r- für idg. n- Schwierigkeit, denn die von Stier und Bugge
beigebrachten beispiele für alb. r- :=> idg. n- sind alle sehr
zweifelhaft. Daher schlage ich vor alb. ri, dessen bedeutung
sich aus der bedeutung „schimmernd'', „leuchtend", „strahlend"
entwickelt haben kann, zu lit. reg'iti sehen zu stellen, das
Strachan (o. XX, 27) und Bezzenberger (Fick II ^ 230) mit
ir. reil klar, rilaim offenbare verbinden, wogegen nichts einzu-
wenden ist ; mit Bezzenberger stelle ich auch ir. rose äuge hier-
her. Aus dem Albanischen ziehe ich noch re in der Verbin-
dung VB re gebe acht, betrachte, beachte, merke auf hierher;
der bedeutung nach verhält es sich zu lit. reg&i wie ahd. ahia
beachtung, aufinerken zu idg. w. oka sehen. 6. Meyer (aao. 362)
denkt an lat. gravis schwer.
An alb. re schliesse ich alb. nuse braut, neuvermählte,
Schwiegertochter, Schwägerin an. G. Meyer (o. VIII, 191), hat
nuse auf *nuyä zurückgeführt und zu ai. mitad, gr. wog^ lat
nürus, abulg. smcha, ahd. snur Schwiegertochter gestellt, diese
etymologie aber später (Etym. wb. d. alb. spr. 312) aufgegeben
und ntise für entlehnt aus lat. *nuptia (für nupta) angesehen.
Dagegen hat Pedersen (o. XIX, 295, IF. V, 34, KZ. XXXVI, 283)
die alte etymologie durch annähme einer dissimilation der beiden
idg. 8 zu halten gesucht. Gern mag man zugestehn, dass bei
annähme einer dissimilation der zurückfuhrung von alb. nuse
auf idg. *8fiU8d keine lautlichen Schwierigkeiten entgegenstehn.
Aber trotzdem lässt sioh'^nuse mit ai. snu^d usw. nicht in ety-
mologischen Zusammenhang bringen, und zwar seiner bedeutung
fitymologien. 211
wegen. Denn während ai. snu^ä und die dazugehörigen Wörter
der übrigen idg. sprachen, so weit ich sehe, nur ganz verein-
zelt etwas anderes als „Schwiegertochter*^ bedeuten, stimmt nuse
in seinen bedeutungen genau zu urgerm. *brüdi' und lit. marti;
wie letzteres muss es das mannbare weib bis zur geburt des
ersten kindes bezeichnet haben, wie sich aus alb. nusert zeit
von der hochzeit bis zur niederkunft ergibi Wir müssen uns
also nach einer anderen etymologie für alb. nuse umsehen.
Bevor ich aber auf nuse eingehe, sei mir erlaubt, eine Vermu-
tung über die etymologie von ai. snu^ usw. auszusprechen.
Man hat früher nicht daran anstoss genommen, die idg. Wörter
für Schwiegertochter in etymologischen Zusammenhang mit dem
idg. wort für söhn (ai. sünü-s usw.) zu bringen, wofür man
sich auf Schwab, aöhnin, aöhnerin berufen hat; diese ansieht
vertreten u. a. Schrader (Sprachvergl. u. urgesch. ' 542, reallex.
753), Delbrück (Verwandtschafisn. 534 f.), Kluge (Etym. wb. «
350) und, wenn auch zweifelnd, Fick I ^, 150. Gegen diese
etymologie hat sich Bartholomae (Stud. z. idg. sprachgesch.
II, 31, anm. 5) erklärt, indem er mit Job. Schmidt (KZ.
XXV, 29) ^) annimmt, ü könne doch nicht ausfallen. Die alte
etymologie hat dann in Pedersen (o. XIX, 297 f.) einen Ver-
teidiger gefunden und man darf mit Pedersen die möglichkeit
offen lassen, dass ü unter umständen schwinden kann. Nun
haben wir aber zur bezeichnung der durch heirat entstandnen
Verwandtschaftsverhältnisse wörter, die ihrer etymologie nach
von dem begriff des bindens, festmachens ausgehn:
ai. jdmätä, av. zämatar-, alb. dender, dendef, gr. ycLfAßqdq^
lat. gener (volksetymologisch umgestaltet aus *gemer)y lit.
zintas, abulg. z^h Schwiegersohn, ai. jämä Schwiegertochter,
jamUs verschwistert , gr. ya/iiw heirate, lat. gemini (die ver-
bundenen =) Zwillinge; zu diesen Wörtern stelle ich ir. gemd,
cymr. gefyn fessel, gr. ysvTO fasste, x/yye(,ioq' ovXXaßTJ^ aisl.
kimbeU bündel, ags. cimbing commissura; abulg. zbmq drücke,
das gewöhnlich zu gr. yevro gestellt wird, gehört nicht hierher,
sondern eher zu lat. getno seufze.
1) Joh. Schmidt bringt zweifellos mit recht ai. tirt weib in ety-
molog^chen Zusammenhang mit ai. satu-a matterleib, irrt aber darin,
dass er weiter urgerm. ^aSäi- saat heranzieht. Es unterliegt für mich
keinem zweifei, dass ä in 8atu-$ auf einen u-diphthong, idg. eu, du oder
äu, zurückgeht und aatu-a etymologisch zu ai. »ute («aw^t), auyate (««ya^t),
sdvati zeugt, gebiert gehört.
14»
212 Wiedemann
ags. adum, ahd. eidum Schwiegersohn gehört mit urgerm.
*aißa' eid zu ahd. Swa gesetz, ehe; der diesen Wörtern zu
gründe liegende begriff ist „festmachen'', „binden", die ursprüng-
liohe bedeutung des urgerm. *af/a- „festmachung", „erhärtuug",
die des urgerm. ^aiwö" „festsetzung", „vertrag"; wahrscheinlich
ist auch das zahl wort für „eins", idg. *oi-nO'8, ^oi-ko-s, verwandt
und bezeichnet ursprünglich das vereinigen mehrerer dinge zu
einem. Hingegen ist got aißei mutter nicht hierher zu stellen.
gr. ftBP&s^g vater der fran wird allgemein zu gr. nüaiia
tau, seil, got. bindan binden usw. gestellt.
ai syald-^f, abulg. äurh^ äurim, iura bruder der frau, die
Hoffmann (o. XXI, 140 ff.) zusammengestellt hat, gehören weiter
zu ai. Sjfü'ma band, riemen, zügel, naht, gr. vfii^v hochzeitslied,
gott der ehe und zu ai. sivyati näht und seiner sippe.
mhd. gaie gatte, got. gadiiiggs vetter, verwandter zu ahd.
gaiaro gatter, nhd. guter (Kluge, Etym. wb. * 135, will hierin
eine Zusammensetzung aus urgerm. ^ga-, ge* und urgerm. *dur-
tür sehen) und weiter zu ai. gadh" festhalten, festmachen.
com. dof Schwiegersohn : ir. däm gefolge, schar, gr. iaiiog^
drjiÄog Volk, denen der begriff des zusammenfassens zu gründe
liegt; vgl. got. hansa (aus idg. ^kani-sä) schar : got. hintan fiissen.
lit laigönas bruder der frau : lat ligo binde, wobei für
das litauische in rücksicht auf alb. (i9' binde (O. Meyer, o.
Vm, 186, Etym. wb. d. alb. spr. 245, Alb. stud. lU, 17) Ver-
mischung der guttnralreihen anzunehmen ist
Andre in betracht kommende verwandtschaftswörter sind
etymologisch dunkel; aber die hier genannten genügen, um es
gerechtfertigt erscheinen zu lassen, auch für aL smufd und
seine sippe von dem begriff des bindens, festmachens auszogehn
und es zu ai. sndva, snävd band, sehne, abulg. snotq zettele,
gr. veo» spinne, vct*^, psvQOfP sehne zu stellen; mit wurzeler-
weitemdem labial gehört hierher auch abulg. smibiii verlangen,
lieben, in andern slav. sprachen auch verloben, v^robei von der
grundbedeutung „die band womach ausstrecken" auszugehn ist
(das straffwerden der sehnen ist hierbei das wesentliche; vgl.
dieselbe begrilbentwicklung bei nhd. mA sehnen : ahd. sehne ^y
1) KretMbmer (ans d. anomia 27 mit anm. 2) will aack lat. näbo
beirate hierher neben und von lat. nmbo Terbälle trennen, lant dabei
aber anaeer acbt, daas nmbo nur vom weibe gebraucht wird, abulg. «w-
bUi aber vom mann ; andrerseits ist ja das verhöUen der brant eine ahe
Etymologien. 313
Kehren wir nun nach dieser abschweifung zu alb. nvse
zurück, 80 ist zunächst noch ein anknüpfungsversucb dieses
Wortes zu erwähnen. Kretschmer (aus der anomia 27 f.), der
an der Zusammenstellung von nu8e mit ai. mu^ä usw. festhält,
setzt nu8€ einem nur in der quantität der ersten silbe abwei-
chenden thrak. vvaä mit denselben bedeutungen wie gr. vviagnjy
ntS^fj, TtaQd-ivoq gleich und sieht das zugehörige maskulinum in
dem namen Jio-vvaog, den er als ,,Zeussohn*S „Zeusheld'' er-
klärt. Darin, dass mit dem kultus der Semele und des Dio>
nysos auch die namen beider gottheiten aus Thrakien herüber-
gekommen sind, hat Kretschmer vollkommen recht; aber mit
der deutung beider namen scheint auch er mir nicht das rechte
getroffen zu haben. Ohne auf die bisherigen deutungen des
namens Jioyvaog, die 6. Meyer (Or. gramm. ' 381 f. anm.)
zusammengestellt hat, einzugehn, möchte ich hier eine neue
deutung versuchen, wobei ich voraussetze, dass der name thra-
kischen Ursprungs ist. Wie Sejuili] meiner meinung nach nicht
zu thrak. ^efdslw erde (lat. humilis)^ sondern als „traube*' zu
ahd. uo^quemilo raoemus gehört, wobei ^-, d. h. z-, und ahd.
jtt- auf idg. gv" zurückgehn können >), so ist Jiovfxjog (Jii"
indogermanische sitte. Es darf daher nnbedenklich nubo heirate mit
nübo verhülle identifizirt werden, obgleich Kretschmer bei Stolz (Hist.
gramm. I, 302) nnd Bnigmann (Grdr. I ', 764) Zustimmung gefunden hat.
1) G. Meyer (Alb. stnd. III, 61 anm. 2) bringt in ähnlicher weise
gr. aiTog getreide, weizen, mehl, brod, nahrung in etymologischen Zu-
sammenhang mit got. hvaiUü weizen nnd mit diesem weiter zu got.
hveiiSy ai. fvetd-a weiss (idg. w. if^d neben l^f), wobei er lit. Jm^tyt
weizenkorn, pl. kv^ciMt weizen als germ. lehnwort betrachtet, wie es
auch Kluge (Etym. wb. * 420) tut. In rücksicht auf das bedeutungs-
verhftltms von lit. hoHyg : ^ffesaf, das dem von lit. rugj» roggenkem :
pl. rugiäX roggen u. ähnl. entspricht, halte ich lit. kofffgi, küäesäf fär
einheimisch und stelle es mit got. hvaÜM zu abulg. ethiq blühe (idg. w.
kifeit : A|^uQ; atros hingegen stelle ich, es ebenfalls als fremdwort auf-
fassend, zu abulg. lUt6 fructus, bulg. Kito weizen, serb. Miio getreide,
weizen, slov. IMo getreide, roggen, öech. Mäo roggen, osorb. lUto, nsorb.
Myto getreide, roggen, polab. zaitii getreide, poln. iyto getreide, roggen,
klruss. Myto roggen, russ. JHto getreide, pr. gwts brod, gatän weizen ; die
bedeutung des pr. geits spricht namentlich für meine erkl&mng von
aiTog, das ja u. a. auch „brod" bedeutet; pr. gaidii darf von pr. geits
nicht getrennt werden, wie es z. b. bei Berneker (Preuss. spr. 289) ge-
schieht. Was das lautverhältnis von gr. a- : litu-slav. g betrifft, so liegt
entweder im Litu-slavischen Vermischung der guttnralreihen vor oder
das von Pedersen (KZ. XXXYI, 805 ff*.) für das Albanesisohe naohge-
214 Wiedemann
vvaogy JeoviJaog) abgeleitet von thrak. *Ji6va {*Ji€v6^ ^Jeova)^
das etymologisch zu gr. &v(6vrj^ einem namen der Semele, und
weiter zu der in gr. dvia stürme daher, rase, opfere steckenden
Wurzel gehört und daher die „berauschende" bedeutet; Jiövv"
aog fasse ich als ein von *Ji6vä mit dem suffix idg. -utjo-
(vgl. lit. -utis) gebildetes deminutiv oder, was ja dasselbe ist,
metronymikon auf und führe zur stütze dieser ansieht den rho-
dischen namen des gottes, Gvtayidag, das ja unverkennbares
metronymikon von Bviavrj ist, ferner Qvwvevq » spross der
Qvdnnn und den päonischen namen des Dionysos, JvaXog, an.
Der fremde name ist dann in einigen griechischen dialekten in
volksetymologischen Zusammenhang mit Zevg gebracht und zu
*Jiog'Vvaog umgestaltet worden. Ob -o- in Jiovvaog erst auf
griechischem boden ans -Tf- entstanden oder schon im thraki-
schen -ti- zu -8- geworden ist (im Albanischen, dem ja das
thrakische nahe steht, wird nachtoniges idg. -^i- zu -«- ; 6. Meyer,
Alb. stud. III, 25) ist gleichgiltig; wichtiger ist, dass die Grie-
chen, nachdem sie im namen Jiovvaog den namen des Zevg
enthalten glaubten, das ursprüngliche *- vt'crog mit anlehnung an
Nvaa in -vvaog umgestalteten. Ist meine erklärung von /Jio^
vvoog richtig, so findet alb. nuse an -vvaog keinen anhält ; hin-
gegen wäre etymologischer Zusammenhang mit gr. Nvaa^ lat.
nütrio nähre möglich, wenn man für Nvaoy niUrio von dem
begrifi^ „strotzen^^ ausgeht; vgl. z. b. fries. fämne roädchen,
raagd, ags. fcemne Jungfrau, Jungverheiratete fran, die Job. Schmidt
(Sonantenth. 105) mit recht zur sippe von lit. yencis milch
zieht. Aber meiner meinung nach liegt es doch näher, wie für
lit. marti, urgerm. ^brüdu^ so auch für alb. nuse von dem be-
griff „schimmern", „strahlen*', „glänzen" auszugehn. Daher
führe ich alb. nuse auf idg. *nukd zurück und stelle es zu-
wiesene gesetz, dass die labiovelare vor palatalen vokalen palatalisirt
werden, gilt anch für die spräche, aus der altog entlehnt ist; ich halte
letzteres für wahrscheinlicher. — Anders wird ahd. uo^quemih von
E. Zupitza (Germ. gutt. 88) beurteilt, der darin eine Weiterbildung von
ahd. uo-quemo sprössling, nachkomme sieht, es also aagenscheinlich za
got. qiman kommen stellen will; das halte ich ffir sehr unwahrschein-
lich. — Das phrygg. C^fteUv ßaqßaqov dv^ganodov. ^vyig Hes., das
Eretschmer mit anderen als „mensch** auffasst und zu lat. hemo^ homo
mensch stellt, bedeutet meiner meinung nach von hause aus „gefesselter",
„gefangener" und gehört zunächst zu dem bereits oben (s. 211) er-
wähnten ir. gemel fessel.
Etymologien. 215
nächst zu ir. nüachor (» idg. *neuh'0r(h8, bez. *ord) bräutigam,
braut und weiter mit Stokes (Fick II ^, 193) zu idg. "^nevos,
*nevijo8 neu, wozu ja auch gr. vaavlctg Jüngling gehört; Stokes
sieht in -chor zweifelnd das gr. xoqri mädchen, aber ich glaube
doch, dass sich alb. nuse zu idg. "^nevoa ebenso verhält wie ai.
yuvc^gä-a jugendlich, lat. juvencus jung, junger stier, jüngling,
got. juggs jung : ai. yüvan jung; im Keltischen ist dann noch
ein r-suffix angetreten. Dass 8 in nuse Vertreter eines idg. Je
sein kann, wird durch das von Pedersen (KZ. XXXVI, 338)
aufgestellte lautgesetz gestützt; daher wird auch Pedersen, der
ja wiederholt für alb. nuse = ai. snti^ä eingetreten ist, keine
lautlichen bedenken gegen meine erklärung von alb. nuse gel-
tend machen können.
Die bedeutung „mannbares mädchen'' ist meiner meinung
nach die ursprüngliche des lat uxor ehefrau, gattin gewesen,
wie sich aus der redensart uxörem dücere in mätrimiHtiufn er-
gibt, die doch nur dann einen sinn haben kann, wenn sie be-
deutet „ein mannbares mädchen in die ehe führen'*; auch die
redensart uxöre exefdere um die braut kommen spricht zu
gunsten meiner annähme. Ob die bei Plautus an zwei stellen
im cod. vet. überlieferte form mit anlautendem ro- gewährt hat
(Koch, n. Jahrb. CI, 283 «F., 685, Froehde, o. XIV, 95) oder
nicht (Brix. Plaut, trin. 111, Stolz, bist gramm. 149, lat
gramm. ' 79, anm. 11, Lindsay, lat. spr. 6), ist für die etymo-
logie nur in sofern von belang, als durch voxar die bei den alten
grammatikern beliebte Zusammenstellung mit lat unguo (ungo)
salbe, die heute ausser Keller (Z. lat. sprachgesch. I, 18 ff.)
ohnehin wol kaum noch einen anhänger finden dürfte, und die
nicht gerade überzeugende Zusammenstellung mit ai. ücyati
findet gefallen, ökas behagen, gefallen, gewohnter ort, wohn-
stätte, heimwesen (Fick, Vgl. wb. « 23, I * 7, 159, 360, o.
XIV, 79, XVm, 138, Bugge, o. XIV, 76, Prellwitz, Et wb. d.
gr. spr. 227) widerlegt werden; denn unguo enthält überhaupt
kein idg. u- (ai. afi;-, präs. andkti salbt usw.) und zu ai. ücyaH
usw. lässt sich kein hochtoniges idg. vek-vok- nachweisen. So
bleiben denn von den bisherigen Zusammenstellungen nur die
von Pott (Etym. forsch. I \ 9) herrührende mit der sippe von
ai. vähati führt, fährt, zieht, fährt dahin, fliesst, weht, trägt,
führt heim, heiratet (diese etymologie billigt u. a. auch Del-
brück aao. 439) und die von Ascoli (KZ. XIII, 157 ff.) her-
216 Wiedemann
rührende mit der sippe von ai. vd^fi will, gebietet, verlangt,
begehrt, hat gern lautlich möglich ^). Aber auch hier bieten
sich grosse Schwierigkeiten. Gehört uxor zu vehere, so könnte
es seinem suffix nach eher „fiihrer'^ — bräutigam, als „ge-
führte** = braut bedeuten. Diese Schwierigkeit sucht Delbrück
aao. durch die annähme zu umgehn, uxor beruhe auf einem
*vexa = vecta und verdanke sein suffix dem einfluss von aoror;
aber zur ansetzung eines ^vexa berechtigt uns nichts, denn das
part. pass. lautet eben vectus und es gibt ausser tentus neben
tensus, die aber nicht als stütze von *vextM benutzt werden
dürfen (tentua = gr. Totrog, ai. tatd-a, tenaus aus *tend't0'8)^
kein beispiel für -«o- neben -to-. Auch bei Ascoli's etymologie
macht das -a- Schwierigkeiten. Gehn wir aber für uxor von
der bedeutung „mannbares mädchen** aus, so lässt es sich ohne
das geringste lautliche bedenken zunächst an ai. ük^ati wächst
und weiter an dessen sippe anschliessen, woran schon Leo Meyer
(Vgl. gramm. I * 808), aber mit annähme einer andern be-
deutungsentwicklung, gedacht hat; auch Froehde aao. vertritt
Leo Meyer's ansieht. Zu uxor gehören etymologisch wol auch
die keltischen Wörter com. gidiU, bret. goühez Schwiegertochter,
die auf idg. ^veka- zurückgeführt werden können.
Die bedeutungen „braut**, ,Junge frau**, „Schwiegertochter"
vereinigt auch abulg. nevista und die ihm entsprechenden Wörter
der übrigen sla vischen sprachen; dass auch hier von der be-
deutung „mannbares mädchen** auszugehn ist, zeigt russ. nevdata,
das diese bedeutungen neben den erwähnten bat, dann aber
auch „alte Jungfer** bedeutet Es ist daher nicht möglich, mit
Prusik (KZ. XXXUI, 160 ff.) slav. nevSata aus ^nevo-viata zu
erklären und darin eine Zusammensetzung aus *nevo = novo-
1) Schrader (Sprachvergl. n. argesoh. ' 644, reallex. 156, 762) will
lat. uxor zn lit. ü'nvis vater der fran stellen und lat. ti-, lit. d- auf idg.
ö- znrückfuhren , indem er sich auf Iht, ßir : gr. <pioQ dieb beruft; an
der zuletzt angeführten stelle fugt er zweifelnd auch ags. öe Stiefvater
hinzu, das von Kluge (Festgr. an Böhtlingk 61) wol richtig zu ^'msois
gestellt worden ist; lat. ü = idg. ö zu setzen, sind wir aber nicht so
ohne weiteres berechtigt und ansserdem lasst sich die quantität des u
in uxor nicht feststellen. Lautlich einwandfrei wäre die Zusammen-
stellung Seh rader 's nur dann, wenn so wol lat. u als auch lit. ü ti- vokale
wären, wogegen ags. öo nur dann sprechen würde, wenn man urgerm.
ö aus idg. öu oder au nicht gelten lassen will. Mich hindert aber die
bedeutung, lat. uxor mit lit. ü'wvia, ags. öe zusammenzustellen.
Etymologien. 217
neu und ^vSgta die heimgeführte : abnlg. vedq führe, zu sehen,
obgleich Joh. Schmidt (Sonantenth. 96) diese erklärung gebilligt
hat. Die von Pnisik für litu-slav. e — v beigebrachten beispiele
sind alle zum beweis seiner annähme nicht zu gebrauchen,
denn es handelt sich um wörter, die entweder volksetymologisch
beeinflusst sind (wie z. b. serb. devesilj neben nevesilj huflattich),
oder um Wörter, die sich anders besser erklären lassen (wie z. b.
lit. devyni, abulg. dev^th neun aus litu-slav. ndv-, verf., handb.
d. lit. spr. 27); auch Zubat^ (Archiv f. slav. phil. XVI, 405)
hält die annähme Prusik's für unglaublich. Recht hat Prusfk
nur darin, dass er, wie es auch schon andre vor ihm getan
haben, abulg. v^o mitgift, für verwandt hält Letzteres geht,
wie wol allgemein anerkannt wird, mit lat. venum kaufpreis
auf idg. ^vidknom oder *vSdnom (vgl. gr. Sadva^ %dva brautge-
schenke) zurück. Da slav. v^o ursprünglich den für braut
gezahlten kaufpreis bedeutete, so liegt nichts näher als ne^^ta
als „(noch) nicht verkaufte'S „(noch) nicht verheiratete" zu
fassen, wie das auch Zubat^ (aao. 407) tut, der aber ai. vin-
ddti findet, erwirbt, heiratet, vetta gatte vergleicht. Ausserhalb
des Slavischen stehn begri£Plich am nächsten ai. vadhus braut,
junges eheweib, lit. vadü'ti auslösen, got. gchtvadjon verloben,
fvcUK pfand, handgeld, lat. vaa bürge. Verwandtschaft mit lit.
vedü, abulg. vedq führe ist zwar anzuerkennen, doch liegen
diese Wörter begrifflich femer; mr dürfen wol eine idg. w. v^h :
vSd mit der grundbedeutung „fest machen" annehmen, woraus
sich einerseits die bedeutung „an der band fassen", „führen",
andrerseits die bedeutung „festsetzen", „einen vertrag schliessen",
„bürgen" entwickelt hat. Von sonstigen idg. Wörtern für „ehe-
frau" bespreche ich noch ai. dards pl. m., über das zuletzt
Johansson (IF. lU, 224 ff.) und Bradke (IF. IV, 85 ff.) gehan-
delt haben; ältere literatur über därds hat Johansson s. 225
angeführt. Beide nehmen für därds die bedeutungsentwicklung
„haus", „familie", „hausfrau" an, indem sie sich auf ai. grh&s
pl. m. das dieselben bedeutungen hat, berufen; beide ziehen
das griechische heran, Johansson dovlog' ^ olyua, jj Tijv inl
to avTo awilevaiv xiLv yvvaixdiv Hes. und öovXog^ dor. ödßXog
Sklave, Bradke da/iaQ gattin. Johansson stimmt im wesent-
lichen mit Legerlotz (Etymol. Studien, progr. Salzwedel 1882)
überein, wo eingehend über dotlog gehandelt wird. Dass dovXog'
^ oixla und dovlog sklave identisch sind und weiter zu ai. da-
218 Wiedemann
rd-8 das 7. astrologische haus gehören , darf man Johansson
unbedenklich zugeben, wenngleich meiner meinung nach das
begriffisverhältnis von ,,haus^* und »^sklave** von Legerlotz und
Johansson verkannt ist; wir haben es mit derselben wurzel zu
tun, die z. b. in gr. ävpa/Liai bin stark, kann steckt, und dovkos'
^ ohda bedeutet, wie z. b. gr. dofioq ^.das feste'' (vgl. gall.
dünum, aisl. tun, die auch Johansson s. 232 anfuhrt), dovkog
Sklave aber y,zimmerer'S ,,arbeiter"; weitere verwandte hat Lo-
rentz (IF. V, 342 f.), der ebenfalls für dovlog sklave von der
Bedeutung „arbeiter'' ausgeht, zusammengestellt, insbesondere
got. taujan machen, aisl. ags. iöl Werkzeug. Auch Legerlotz,
der allerdings auch manches nicht hierher gehörige heranzieht,
hat dovkog schon zu got. taujan gezogen; das bedeutungsver-
hältnis von gr. dofnog haus : öfitog sklave beurteile ich ebenso.
Dass Johansson's erklärung des ai. dards nicht das richtige
trifft, beweist meiner meinung nach der umstand, dass ai. da-
raka-8 nicht nur „knabe'S „söhn'' bedeutet, sondern auch „tier-
junges"; es ist also für ai. daraka^ von der bedeutung „Säug-
ling" auszugehn (vgl. lat. füius söhn, fflia tochter — lett. dUe
saugendes kalb oder lamm zu lett. d€ju sauge). Da man sich
wol schwerlich dazu entschliessen wird, ai. däraka-8 und ai.
därikä, darakB mädchen, tochter von däräs zu trennen, kann
letzteres nur als „säugend" gefasst werden; die plurale form
ist eben so zu erklären wie bei Johansson's etymologie. Wie
ai. dardrs das 7. astrologische haus und gr. düXogj dovlog von
Johansson richtig auf eine idg. w. döu zurückgeführt werden,
so liegt auch dem ai. därc^^ saugend, säugend eine idg. w. däu,
dsu oder döu zu gründe; zu ai. dura- gehört, mit andrer ab-
lautstufe, nhd. zullen saugen, dessen Ursprung Kluge (EtymoL
wb. ^ 439) als dunkel bezeichnet.
Im anschluss an die bisher besprochenen verwandtschafts-
wörter, bespreche ich hier noch einige andre, die ich etymolo-
gisch anders erkläre als allgemein üblich ist, ohne auf die bis-
herigen etymologien näher einzugehn, als es zur begründung
der von mir vertretenen ansichten nötig ist.
Mann. Wie idg. *viros (ai. vird-s, av. virö, lat. wr, ir. /Vr,
got wafr, lit. v^as) bezeichnet auch ai. putnan den mann als
den starken; begrifflich am nächsten stehen 6ech. penny fest
(weitere slav. verwandte bei Miklosich, Etymol. wb. 269); ganz
anders, aber schwerlich richtig, über diese slavisohe sippe Zu-
Etymologien. 219
bat^ (Archiv f. slav. philol. XVI, 408 f.). Aüch alb. buf, bufe
mann, ehemann bedeutet ursprünglich „stark*', denn es gehört
nicht, wie G. Meyer (Etymol. wb. d. alb. spr. 55, Alb. stud.
m, 74) will, zu ahd. bür haus, kammer, sondern mit ahd. baro
mann zu gr. q>i^BQog stärker, tapferer, vortrefflicher; ich führe
h^ auf idg. *bhemo8 zurück, denn der idg. reduzirte vokal
erscheint auch sonst im Albanischen als w. Ob mit O. Meyer
auch alb. mbuf lobe, mbufem prahle, bin stolz hierher zu stellen
ist, lässt sich nicht entscheiden, da alb. b nach anlautendem
m auch idg. p vertreten kann und in diesem fall die bei Mi-
klosich (aao. 268 unter püeh-) behandelte sippe begrifflich sehr
nahe stünde; -cA- ist Wurzelerweiterung; alb. f wäre in diesem
fall suffixal — Falls für got. cAa ehemann von der bedeutung
„mann** auszugehn ist, und dafür spricht die bedeutungsent-
wicklung bei got. qens ehefrau -» ai. -jäni^a weih, gehört es
zunächst zu got abrs stark, heftig; näheres über aba, abrs in
einem anderen Zusammenhang. Über got guma s. o. s. 203.
Weib. Von den wörtem dieser bedeutung erwähne ich
nur aisl. mf, ags. as. iDlf^ ahd. mp, das mit recht zu ahd.
weibön schwanken, unstet sein, ai. v^po^e, vepati regt sich,
zittert gestellt wird, nur möchte ich nicht mit Kluge (Etym.
wb. * 417) an die in ai. vipra-s erregt, begeistert, dichter,
priester und andern altindischen Wörtern dieser sippe hervor-
tretende auf das geistige übertragene bedeutung, sondern un-
mittelbar an die des ahd. weibön anknüpfen; urgerm. *ti^f^
bezeichnet also das weib nach dem mehr oder minder wiegen-
den gang; die übertragene bedeutung „erregt sein" ist, so weit
ich sehe, ausschliesslich indisch.
Mutter. Das idg. ^moter- (ai. mätd, av. möia, arm. mair,
gr. (iiqtrjQ^ dor. /tiärrjQ, lat. tnäter, ir. mätkir^ aisL möäer, abulg.
matt; lit möte, mote eheweib, weib, alb. motre Schwester haben
eine andre bedeutung angenommen) wird gewöhnlich (so z. b.
auch bei Delbrück aao. 384) zu ai. mdtij mimati misst und
entweder als „bildende^' oder „waltende^' gefasst; aber die in
ai. mäii, mimäti steckende wurzel lautet idg. mS, nicht tnä
(vgl. abulg. m^a mass, lat. mStior messe usw.), daher ist idg.
* tnäter-, falls es nicht mit Kretschmer (Einl. in d. gesch. d.
griech. spr. 353 ff.), dem Schrader (Reallex. 564) beistimmt, als
Umbildung eines lallworts aufzufassen ist, besser mit lat manus
band auf eine idg. w. mä : ma fassen zurückzuführen und als
220 Wiedemann
„empfangend" zu fassen; allerdings kann lat. manus auch, wie
das gewöhnlich angenommen wird (so z. b. von Vaniöek, Etyro.
wb. d. lat. spr. * 200) zur idg. w. mS messen gehören, aber in
rücksicht auf got. handus : hinßan (s. o. s. 198) liegt es näher,
lat manus als „fassende" zu erklären. [S. o. XXYI, 308. Pr.]
Sohn. Über idg. ^sänur (ai. sünü-s, av. hunu^, got. sunus,
lit sünüs, abulg. sym)^ daneben mit anderem suffix gr. vl6g^
vit/g, könnte man zweifeln, ob es der „erzeugte*^ oder den
künftigen „erzeuger" bedeutet; Delbrück (aao. 453) und Schrader
(aao. 781) nehmen z. b. ersteres, Benfey (Griech. wrzUex. I, 410)
letzteres an. Wenn wir aber erwägen, dass neben idg. ^sänü-
der präsensstamm ai. mnu- (sunöti presst aus, keltert), neben
gr. viO" der präsensstamm vo- : vb- (vei es regnet) liegt, so
kann es nicht zweifelhaft sein, dass idg. *8ünü, gr. vlog den
künftigen erzeuger bezeichnet. Hingegen ist ai. sutd-a söhn
„der geborene*^ Letzteres ist auch die bedeutang des alb. bir,
das Pedersen (KZ. XXXIII, 541) zu aisl. burr stellt; zu dieser
ansieht war auch ich unabhängig Ton Pedersen gekommen, zu*
nächst an got. baür denkend ; aber schon lange vor Pedersen
und mir hat Diefenbaoh (Vgl. wb. d. got spr. I, 261), wenn
auch nicht gerade got baür, so doch das wurzelverwandte got.
bam kind, dem im suffix alb. bafe last (s idg. *bhornä) sehr
nahe steht, zu alb. bir gestellt; trotzdem bezeichnet Schrader
aao. letzteres als „dunkel'^ — Als etymologisch dunkel gelten
arm. uatr und ordi. Während man früher (vgl. die bei Lagarde,
Arm. stud. 120 verzeichnete literatnr) ordi zu 2A.pidrd^ söhn,
kind gestellt hat, hat neuerdings Bartholomae (Stud. z. idg.
sprachgesch. II, 33 anm. 2) versucht, ustr und ai. putrd^ in
etymologischen Zusammenhang zu bringen, dabei aber auch
darauf hingewiesen, was dagegen spricht Mit grösserer Zuver-
sicht verbinde ich ustr mit ai. uksd stier, cymr. ych, got aüksa
ochse, ai. uksdfi lässt träufeln, besprengt, und ohne das wurzel
erweiternde 8 : gr. vyQog, aisl. vgkr feucht n. a.; zu gründe
liegt dem arm. ustr ein idg. ^tAter-, dessen volares k nach u
eben so durch arm. 8 vertreten ist wie bei arm. dustr tochter
aus idg. ^dhukter- und arm. tisanim lerne : abulg. vyknqti sich
gewöhnen (vgl. Hübschmann, Arm. gramm. I, 408, 440, 484).
Eine andre erklärung von ustr versucht Müller (MSL. VlI, 162).
Was wdi betrifft, so hat Bugge (Beitr. z. etym. erläut d. arm.
spr. 28) es durch zurückführung auf ein idg. ^gairii^ mit lat.
CtymologieD. 221
Uterus mutterleib, got. qi^ra- in laus^ißrs leermagig zasammen-
bringen wollen; doch ein idg. ^gotriö- hätte nach Bartholomae
(aao. anm. 1) ^kori oder ^koir ergeben. Windischmann (D.
grundl. d. arm. im ar. sprachst. 38, 3) verbindet ordi mit gr.
noqtiq kalb, junge kuh, doch stellt jetzt Bugge (aao. 9; mit
besserem recht zu letzterem arm. ort kalb; Hübschmann (aao.
483) hält diese Zusammenstellung für unsicher; aber über-
zeugend ist auch Windischmann's etymologie nicht. Da sich
arm. ordi auf idg. *ardh^ zurückführen lässt, verbinde ich es
mit mhd. nhd. art angeborene eigenschaft; allerdings kann das
t von art auch auf idg. i zurückgehn, aber auch in diesem fall
braucht art nicht von arm. ordi getrennt zu werden, denn im
Armenischen wird idg. -r^- lautgesetzlich zu -rd" (üübschmann,
aao. 408); weiterhin ist, da bei Zugrundelegung einer idg. w.
erdh : ordh das dh Wurzelerweiterung ist, die in ags. 2. sing.
eartj pl. earany lit. yrä steckende idg. Yf. er i ar sein (Job.
Schmidt» KZ. XXV, 595) zu vergleichen; die konkrete grund-
bedeutung dieser idg. w. er : ar ist wol „geboren werden",
„seinen Ursprung nehmen'S denn auch lat. ariar erhebe mich,
entstehe, ardiar &nge an, sind verwandt; auch abulg. rad^ ge-
schlecht, gehurt, natur ziehe ich hierher, indem ich vorslavische
metathesis von idg. ar^ zu ro- annehme; schon Ebel (KSB.
I, 428) hat rad^ und art zusammengestellt Von art angeborne
eigentümlichkeit ist ahd. mhd. art ackerbau, ackerung (zu lat.
ara, gr. agow pflüge usw.) ganz zu trennen. Ist die hier ge-
gebne erklärung des arm. ordi richtig, so würde es „zum ge-
schlecht, zur familie gehörig'^ bedeuten ; dieselbe bedeutung hat
man ja auch für lat filius bei der lautlich unmöglichen Zu-
sammenstellung mit gr. (pvlijy qwXov (Thumeysen o. XIII, 281
anm.) angenommen. — Im Keltischen haben wir air. mciccj
cymr. mab, über die zuletzt E. Zupitza (KZ. XXXVI, 237) ge-
handelt hat, nachdem er schon früher (Germ, gutt 65 f.) got.
magus knabe, knecht dazu gestellt hatte; abweichend von
£. Zupitza führe ich air. nMcc auf idg. *fnaJcn68 zurück, auf
das auch lat. magnus gross zurückgeht, dessen übliche Zusam-
menstellung mit arm. mec, alb. nmd' (best, ntad-i), gr. fiiyag^
fi^yalo-, got. mikils gross des a wegen bedenklich ist; im suffix
entsprechen einander einerseits maec und lat. magnus^ andrer-
seits mab und got magus. Über die weiter zugehörigen Wörter
bandle ich weiter unten in einem besondern artikel.
222 Wiedemand
Tochter. Das idg. wort für tochter (ai. duhää, av. duy-
dar-, arm. dtistr, gr. ^vyartjQy got. daühtar^ lit. dukte, abulg.
dzfäti) bat man von jeher in etymologischen Zusammenhang mit
ai. dögdhi melkt, milcht gebracht, dabei aber das wort teils als
„melkerin'S teils als „säugend**, „nährend'^ teils als „saugend**
erklärt. Die erstgenannte auffassung halte ich für die richtige ;
das Objekt des melkens ist pätim (z. b. RV. I, 105, 2); wie bei
idg. *8änilh ist also auch hier die künftige geschlechtsfunktion
bezeichnet.
Bruder. Etymologisch unaufgeklärt ist bisher alb. vsldj
vi&. Zwar hat 6. Meyer (Alb. Stud. UI, 36) es in der weise
mit idg. ^bkräter^ zusammenzubringen versucht, dass er darin
eine koseform sah, wie eine solche z. b. auch in lit. brölis vor-
liegt. Aber t^^- bietet Schwierigkeiten, denn avui dunst, auf das
6. Meyer sich beruft, indem er letzteres zu der sippe von ai.
abhrd-s trübes wetter, gewölk, luftraum, staub stellt, muss von
dieser getrennt werden, da sie auf eine nasalirte wurzel (idg.
*embh) zurückgeht, wie lat imber platzregen, air. imrim stürm
zeigen (Johansson, IF. IV, 139); ob Johansson (aao. anm. 1)
avui richtig mit gr. aelka zusammenstellt, bleibt fraglich. Was
aber velä anlangt, so hat G. Meyer (Etym. wb. 470) einen weg
gezeigt, dw, wie mir scheint, zum ziel führt: er erinnert an
idg. Verwandtschaftsnamen mit anlautendem sve-. Hieran an-
knüpfend, stelle ich veld zu aisl. svili brother-in-law, pl. sväar
the husbands of two sisters; zu letzteren stellen Kluge (KZ.
XXVI, 86) und Hoffmann (o XXI, 142) gr. €lJiiov€g' oi . . .
ädeXq>as yTjfiavres ofidyafißQOi rj ovyyafißQOi (Pollux III, 32);
doch bereiten andre gr. dialektformen lautliche Schwierigkeiten
(Meister, o. XVUI, 324 ff.), so dass diese griechischen Wörter
besser bei seite bleiben. Wenn wir annehmen dürfen, dass dem
urgerm. *8wüjan' ein wort für „Schwester** zu gründe liegt, so
wäre dies das dem alb. velä entsprechende femininum; doch
kann aisl. spili ursprünglich auch „bruder** oder „vetter** be-
deutet haben (Schrader, Reallex. 754), was die heranziehung
des alb. veld nur noch besser rechtfertigt. — Über gr. ai^oxa-
aiyyrjfrog s. o. s. 196 f. n.
Grosseltern. Die für die idg. Ursprache zu erschliessen-
den Stämme ^avo- (arm. hav, lat. avus, aisl. ai, das aber „ur-
grossvater** bedeutet), avä- (got awo) die noch von Delbrück
(aao. 482) zu ai. dvati hat freude, tut sich gütlich, sättigt sich.
Etymologien. 22d
tut wol, tut gütlich, sättigt, bat gern, wünscht, liebt, findet
gefallen, lässt sieb angelegen sein, beacbtet, begünstigt, fördert,
ermutigt, bilft, scbützt gestellt werden, will Scbrader (aao. 308)
davon trennen und von der bedeutung „die alten*', „die vor-
fabren*' ausgebn, wofür besonders abd. ano grossrater, ana, pr.
ane grossmutter, lit. anyta Schwiegermutter, gr. dwig (Hes.)
grossmutter gegenüber lat. antM alte frau spricht Doch kann
sich Scbrader nicht dazu entscbliessen, beide gruppen etymo-
logisch an die anklingenden präpositionen ai. ava von her, bez.
gr. dvä hinauf anzuscbliessen, weil derartige bildungen von
präpositionalstämmen schwerlich analoga haben. Zu einem, wie
ich glaube, annehmbaren, ergebnis kommen wir aber, wenn wir
von den pronominalstämmen idg. *avo- (av. apers. at^a-, abulg.
ovb jener), bez. idg. *anO' (ir. an(h er, lit. (ifls jener, abulg.
om jener, er) ausgebn und annehmen, dass idg. *avO' : ^avä-^
bez. idg. *ano- : *ana- die grosseltern als „entferntere'' ver-
wandte, als „vorfahren'* (vgl. arm. hav, nhd. (ihnen) bezeichnen.
— Unaufgeklärt sind bisher alb. güi, güie. Zwar hat Bugge
(o. XVni, 176) versucht, sie als lehnwörter aus lat. ^aviüsius,
bez. *aviü8ia zu deuten; solche lateinische formen sind aber
wenig wahrscheinlich, zumal wenn *avü8iu8, -ia bestanden
haben. Ich versuche die albanischen Wörter als einheimische
zu deuten. Da alb. tregüä urgrossvater, katrajfüä ururgross-
vater, peseguä urururgrossvater bedeutet, d. h. dritter, vierter,
fünfter vater, so darf man annehmen, dass güS, güäe ursprüng-
lich nicht die grosseltern, sondern die eitern bezeichnet haben
(vgl. alb. täte vater, das im südalb. auch „grossvater*' bedeutet,
und lat parente» eitern, oder auch „grosseltern"); unter dieser
Voraussetzung lassen sich alb. g'üä, güäe auf idg. *8ü8Ö8, bez.
*8il8ä zurückfuhren und alb. güäe stimmte dann in laut und
betonung (Pedersen, o. XIX, 295) genau zu ai. süsä (AV. I,
11, 3) gebärende. — Unter den wörtem, die eine generation
von vorfahren bezeichnen, verdient noch lat. tritavus, das den
am weitesten zurück liegenden vorfahren, also den ahnherm,
bezeichnet, beachtung. Neben tritavus liegt das bei Festus 31
überlieferte sti^üavus, auf grund dessen Bury (Glass. rew. II, 43)
abulg. starb alt zum vergleich herangezogen hat Ob das
richtig ist, mag dahingesteUt bleiben (Miklosich, Etym. wb. 320
stellt starhf das zunächst dem aisL siörr gross genau entspricht,
zu ai. sthird-s starr, fest), jedenüedls aber ist von der form mit
m Wiedemann
str- auszugehn und an diese klingt alb. Ster^ in iUrgui or-
grossvater, ätergüie urgrossmutter u. a. bei 6. Meyer (Etym.
wb. 416) verzeichnete wörtem so auffallend an, dass 6. Meyer's
Vermutung, letzteres sei aus ital. stra^ entlehnt, sehr unwahr-
scheinlich ist; (8)trü- und äter- gehören meiner meinung nach
zu lat. sUrps stamm, trabs balken, stamm und deren sippe,
(8)trüaiu8 bedeutet also auch der etymologie nach „stamm -
vater'S ,,stammahn**; in dem 4- steckt ein suffix, doch könnte
man auch, was allerdings unwahrscheinlicher ist, an Übertragung
von cU-, das zu lat at-, abulg. otb weg gehört, denken. Im
an laut haben wir in sfriU neben trit- dasselbe Verhältnis wie
in stirps neben trabs. — Über av., nyäka-, nyäks-^ die man zu
ai. ni-aficcUi, ni-ctcati biegt nieder, beugt sich gezogen und als
„gekrümmt** gedeutet hat, möchte ich nur bemerken, dass sie
lautlich eben so gut und begrifflich jedenfalls besser zu spätahd.
eninchüt enkel gezogen werden können, das ja etymologisch zu
ahd. ano ahn gehört, also zu einem wort, das in seiner bedeu-
tung zu av. nyäka- stimmt; dann wäre -ka- suffixal, das ä
enthielte die wurzel.
Enkel. Zu besprechen ist hier nur arm. forn, das bei
Delbrück (aao. 479) und Schrader (aao. 183) als „dunkel'* be-
zeichnet wird und bei Hübschmann fehlt. Lautlich einwandfrei
dürfte es wol sein, forn zu lit. tafnas diener, ai. tarnors kalb
zu stellen; die begriffe vermitteln ai. tdruna-s, gr. jigapf jung,
zart, osset. tarin knabe, lat. tlrö rekrut, neuling, lehrling, das
trotz Solmsen (KZ. XXXIV, 2) von %iQr][¥ und seiner sippe nicht
getrennt werden darf, wenngleich auch das l noch nicht befrie-
digend erklärt ist; wahrscheinlich liegt dem % zunächst t zu
gründe (vgl. z. b. falle wie lit. skyrius unterschied : skiriü
scheide), keinesfalls aber ist l aus e entstanden und die frage
ist nur im Zusammenhang mit dem von Niedermann in seiner
dissertation „« u. i im Lateinischen*' Darmstadt 1897) behan-
delten Problem, das übrigens Niedermann noch nicht gelöst hat,
zu entscheiden. Darnach dürfen wir für arm. forn von der
bedeutung „kind**, „söhn** ausgehn, wofür ir. auBj falls es auf
idg. ^pavias (zu gr. rcdßig, Ttaig usw.) und nicht, was doch
wol viel eher der fall ist, auf idg. *avio8 (zu lat. avus usw.)
zurückgeht, ein analogen bietet. Da auch bei lit. tafnas von
der bedeutung „kind** ausgegangen werden kann (vgl. ausser
anderen wörtem besonders lit. birnas knecht : got. barn kind).
Etymologien. 225
so ist es unnötig, mit Flensburg (Stud. a. d. geb. d. idg. wrzlbild.
I, 89, 99) für tarnas von der bedeutung „flink'' auszugehn.
Oheime und tauten, neffen und nichten. Unter den
hierher gehörenden Wörtern bespreche ich zunächst das slavi-
sche wort für „bruder des vaters'' : abulg. stryjh. Delbrück
aao. 500 und Schrader aao. 595 wissen es nicht zu erklären;
Miklosich (Etym. wb. 327) vergleicht lit strujus greis, mit dem
man» ganz abgesehen davon, dass es offenbar slav. lehnwort ist,
nichts machen kann (vgl. Leskien bei Delbrück aao. 497
anm. 2). Da das abulg. wort erst aus jüngeren denkmälem
belegt ist, hindert uns nichts von einem älteren *8htryjh auszu-
gehn; dann aber liegt hierin eine Zusammensetzung *sii4ryjb
vor, deren erstes glied die präposition abulg. sh (vgl. verwandt-
schaftsnamen wie gr. d-ve^tpiog^ lat. con-sobrlnus) ist, während
das zweite glied tr- aus idg. ptr- enthält und sich von ai.
pürvya-s nur im vokalismus unterscheidet (vgl. die namen für
„vater^^ mit idg. ^ die Joh. Schmidt, KZ. XXV, 34 aus idg.
pt' erklärt, wie mir scheint, mit recht). Für meine auffassung
dieses slavischen wertes spricht auch obers. tryk, das s^ nicht
enthält. — Mit dem idg. wort für „vater*' hängt nach Grimm
(Wörterb. I, 1147) auch ahd. basa vaterschwester zusammen.
Auf grund dieser Vermutung hat Bugge (PBB. XIII, 175) ahd.
basa als eine koseform aus urgerm. * fadurswSst^, ^faPurswSsö
zu erklären versucht. Das halte ich für unwahrscheinlich, ob-
gleich Kluge (Etym. wb. ^ 33) und Schrader aao. 847 ebenfalls
etymologischen Zusammenhang mit ahd. fatar annehmen. Einen
weg zur etymologischen deutung des ahd. basa weist uns das
alb. mbese, bese enkelin, nichte. Zwar meint G. Meyer (Etym.
wb. 265) mbese, bese und basa seien nicht zusammenzubringen;
aber ich glaube, dass es doch möglich ist. Pedersen (o. XX,
232) hat alb. mbese, bese auf idg. *nep6tiä zurückgeführt; das
halte ich für richtig, nur setze ich statt idg. *nepotiä idg.
*n(e)potia, *mp6tj^ an. Auf einer form idg. *nepot' oder
*nepöt^ also mit dem ton nicht auf der ersten silbe, beruht
meiner meinung nach nun auch ahd. basa, indem ich die reihe
urgerm. *fiibjL, *n(ijbj., *mbj., i_ (auf die übrigen laute
kommt es nicht an) annehme. Das -a- ist wol durch einfluss
eines dem ags. fadu, afries. fethe vatersschwester entsprechenden
verlorenen worts zu erklären, falls man nicht neben idg. ^nepöf-
und *nept' noch ein idg. ^nepcU- annehmen darf; das s ist
B«itTl^ B. künde d. indg. apnebeii. XX VII. 15
226 Wiedemanü
^suffixal. Wenn mit E. Leumann (Festrgr. an Böhtlingk 77 f.)
idg. '^fUpöt' zu idg. ^patir- vater zu stellen ist, was Delbrück
aao. 504, Bartholomae (Stud. z. idg. sprachgesch. II, 31 anm. 5)
und Fowler (Negatives of the indo-europ. lang. 3) allerdings
bezweifeln, hängt abd. basa etymologisch in der tat mit ahd.
fcUar zusammen, wenn auch nicht so nahe, wie Bugge will;
doch halte auch ich Leumann's etymologie nicht für über-
zeugend.
3. Got. brusts und andre idg. benennungen der brüst.
Zu den etymologisch noch immer nicht befriedigend auf-
geklärten Wörtern gehört auch das gemeingermanische wort für
brüst: got. brusts, ahd. bmst, ndd. ndl. borst, daneben mit
andrem vokaUsmus aisl. brjöst, ags. brSost, afries. bricht, as.
briost Früher hat man unser wort wol ziemlich allgemein zu
aisL brjöta, ags. brSotan brechen, mhd. briegen hervorbrechen,
aufschwellen, knospen gestellt und auch as. brustian aufbrechen
herangezogen, also für st- in brusts entstehung aus idg. d '\- t
angenommen, so dass also als ursprüngliche bedeutung von
brtMts „schwellend" anzusetzen wäre. Heute, wo wir wisse«,
dass idg. dental + t zu urgerm. -«s- wird (vgl. Noreen, urgerm.
lautl. 190 ff. und die dort verzeichnete literatur), dürfen wir
brusts nur dann auf eine wurzel mit auslautendem urgerm. t
zurückführen, wenn wir annehmen, dass unserm wort zunächst
ein «-stamm zu gründe liegt (über derartige erweiterungen alter
8-stämme vgl. Brugmann, IF. VI, 102 £P.; wo aber ahd. quisi
verderben, Vernichtung sicher zu streichen ist); aber brusts,
das noch spuren konsonantischer flexion zeigt, macht durchaus
den eindruck eines primären nomens. Und was as. brustian
betrifft, so darf es nicht von as. ahd. brestan brechen, reissen,
bersten getrennt werden, sein u ist also nicht idg. u, worauf
das u in brüst, da es im ablaut zu u-diphtongen steht, notwen-
dig zurückgeführt werden muss.
Noch bedenklicher als die Zusammenstellung von brusts mit
aisl. brjöta usw. und mit as. brustian ist in lautlicher beziehung
die von Bugge (PBB. XIII, 320 ff.) versuchte etymologie, der
zufolge brusts zu abulg. prbsi pl. tant brüst, ai. pr^fl-s, pdr-
(U'S, av. pdr^su- rippe gehört. Gegen sie spricht 1) germ. b
Etymologien. 227
a= idg. p-f 2) der umstandy dass in got. maffistus mit h vor st
nicht geschwunden ist, obgleich das wort isolirt steht, 3) der
in aisl. brjögt usw. vorliegende diphthong, den Bugge als sekundär
betrachten muss. Bugge's etymologie hat daher ausser Vercoullie
(Beknopt. etym. woordenb. d. nederl. taal ' 40) wol kaum einen
anhänger gefunden.
Bei Kluge (Etym. wb. « 60) und Schrader (Beallex. 466)
wird, wol infolge der andeutung bei Windisch (KSB. VUI, 430),
brusts in etymologischen Zusammenhang mit ir. bruinne brüst
gebracht, wogegen an sich nichts einzuwenden wäre, denn ir.
bruinne kann auf urkelt. ^brüsniä zurückgehn. Dass aber ir.
bruinne nicht auf diese form zurückgeführt werden darf, be-
weisen cymr. brynn coUis, so dass Stokes (Fick U \ 184) für
alle diese wörter eine keltische wurzel brend schwellen ansetzt;
weiter vergleicht Stokes die von mir (o. XIII, 310) mit einander
zusammengestellten gr. ßqhd'og stolz, ßgevdvofiai brüste mich,
lat. grandis gross, bedeutend, wozu Bezzenberger auch noch
das ebenfalls von mir verglichene abulg. grqdh brüst fügt. Doch
lässt sich nicht entscheiden, ob kelt. brend^ s idg. *jmrendh'
oder, wie Stokes früher (o. IX, 88) angenommen hat und wie
auch E. Zupitza (Germ. gutt. 129) annimmt, ob es — idg.
*bhrendh' ist. Zu gunsten der letzteren annähme scheint mir
der umstand zu sprechen, dass sonst zwei nicht benachbarte
Völker kein gemeinsames wort für „brüst'' haben, was für die
slaven und kelten bei zurückfuhrung von kelt. brend- auf idg.
g^rendh- der fall sein müsste. Für viel wahrscheinlicher halte
ich es aber, dass kelt. brand- auf idg. bhrend- zurückgeht (s. u.
8. 243).
Endlich hat Uhlenbeck (Kurzgef. etymol. wb. d. got. spr. *
32) u. a. die Vermutung ausgesprochen, brusts bedeute „die
schwellende'* und gehöre mit as. brustian knospen zu slov.,
serb. brst, klruss. brosth knospe und weiter zu den schon oben
erwähnten aisl. brjöta, ags. brSotan, mhd. brieeen. Lautlich
könnte urgerm. brüst- sich mit urslav. *brhst'^ worauf die ge-
nannten slav. Wörter zurückgehn, decken, aber nur unter der
Voraussetzung, dass beide auf ein idg. ^bhrust- zurückgehn.
Da jedoch slav. -8^- auch auf dental + t zurückgehn kann,
wird man diese im Slavischen isolirt stehenden Wörter von aisl.
brjöta usw. wol kaum trennen dürfen und as. brustian enthält,
wie wir oben gesehen haben, kein idg. u. Weiter erwähnt
16*
22d Wiedemanü
Uhlenbeck als möglicherweise verwandt auch noch ags. brysan
brechen, air. &rfifm zerschlage, zerschmettern; aber diese liegen
in der bedeutung doch zu weit von brusts ab, denn es tritt bei
dieser sippe, zu der auch ahd. brösma, andd. brösmo brosara,
krume, bröcklein gehört, nur der begriff des zerbrechens hervor.
So bleibt also eine etymologie für hrusis noch zu suchen.
Sehen wir uns zunächst in den germanischen sprachen um,
so könnten nach laut und bedeutung in betracht kommen aisL
brjösk knorpel, mhd. brüsche, nhd. brausche beule (dazu nhd.
dial. brauBchj Gebhardt, PBB. XXIV, 409 ff., wo mit recht
franz. brusque frech als germ. lehn wort aufgefasst wird), die
schon von Diefenbach (Vergl. wb. d. got. spr. I, 331) und
Bezzenberger (o. II, 191) zu brusts gestellt sind; ferner sind
zu nennen nhd. dial. brües, dazu das demin. nhd. bröschen
brustdrüse der tiere, engl, brisket tierbrust, die ebenfalls schon
Diefenbach aao. erwähnt hat. Alle diese Wörter lassen sich
auf eine idg. w. bhreus schwellen zurückführen; aber eben so
gut können sie vor s ein t eingebüsst haben und gehören dann
zu der sippe von aisl. brjöta, in welchem fall brusts von ihnen
getrennt werden muss.
Von den bei Diefenbach aao. genannten Wörtern, die er
nebst brusts gern zu der sippe des got. bairan tragen ziehen
möchte, gehören, was ja heute selbstverständlich ist, nicht hier-
her die unter d angeführten Wörter aisl. bringa brüst, schwed.
bringa^ dän. bringe brüst, bruststück grosser tiere. Wenn ich
dennoch diese Wörter hier erwähne, so geschieht es, weil ich
glaube, sie befriedigend erklären zu können. E. Zupitza (Germ,
gutt. 129) stellt aisl. bringa zu lit. brinkti quellen, schwellen,
brankä anschwellen, brankszöti emporstarren, russ. nabrjaknut'
anschwellen, gr. ß^axerov Ttkfjd'og, ßgäftsiv' nkfjd-vveLv Hes.
An und für sich lässt sich gegen diese Zusammenstellung nichts
einwenden; aber zunächst verdienen doch wol andre Wörter,
und zwar aus den germanischen sprachen, berücksichtigung, da
sie lautlich dem aisl. bringa sehr nahe stehn: got. briggan^ ags.
bringan, ahd. bringan, as. brengian bringen, die £. Zupitza
(aao. 209) mit Stokes (Fick 11 *, 186) zu cymr. he-brwng de-
ducere, corn. hem-bronk deducet stellt; femer ist zu nennen:
aisl. at brgngo (Hamdismäl 20) klemme, das Falk (Akad. afhdl.
til. S. Bugge 13 f.) mit norw. dial. brank bruch, schaden,
branka beschädigen, brechen, verrenken, zerren, brankutt abge-
Etymologien. 229
tragen, abgestossen, zernagt (deren -tti- anf älterem 'ftg- be-
ruht) zu ai. bhrqga-8 fall, verlust stellt, womit er nach dem
Vorgang andrer ir. brec lüge verbindet; nach Bugge (Eddaaus-
gabe 320) gehören zu brgngo : nisl. brang lärm, tumult, schwed.
dial. bränga gewaltsam andringen ^ wozu E. Zupitza (aao. 188)
noch engl, to brangle streiten, zanken fügt, in dem er die be-
deutung durch hinweis auf engl, to fdll out zu vermitteln sucht.
Letztere annähme ist, ganz abgesehen davon, dass ai. bhrtffc^s
nach ausweis des part. -bhr^fa-s keinen wurzelhaften nasal
enthält, also aus der reihe der hier genannten Wörter auszu-
scheiden ist ^), nicht nötig, wie lat. pugno kämpfe : gr. nvni-
vog TtvKvcg dicht gedrängt, alb. pud- küsse (eig. umarme),
pud't&A presse, umarme (0. Meyer, Etym. wb. d. alb. spr. 356)
zeigt. Von der bedeutung „fest umschliessen" lassen sich alle
in den genannten Wörtern der germanischen sprachen auf-
tretenden bedeutungen ableiten, wie z. b. got. preihan drängen,
lit. trefikti heftig stossen, lat. truncus cymr. trüch verstümmelt
mit derselben bedeutungsentwicklung zeigen. Dass auch für
aisl. bringa brüst von der bedeutung „fest umschliessen" aus-
zugehn ist, zeigt das schwed. bringa, das die variarum rerum
vocabula mit „thorax'' übersetzen; mit „thorax'' ist doch wol
,,brustkorb'* gemeint. Darnach darf man annehmen, dass die
bedeutung „brusf' bei aisl. bringa sich aus der bedeutung
„rippe'* entwickelt hat, wie das ja bei abulg. prbsi gegenüber
ai. pdrgU'8 der fall ist. Etymologisch gehören zu den zwei
letzteren wörtem pr- pirsten, lit pirsztas, abulg. prtsh^ finger,
was auch schon bei Grimm (Dtsch. wb. ü, 443 s. v. brüst) an-
genommen wird, und so gehört auch aisl. bringa zu got. brig^
gan, wie schon Tamm (Etym. ordb. 59 s. v. 2 bringa) für mög-
1) Eben so gehört auch ir. bree nicht hierher, gans abgesehen da-
von, dass seine bedeutnng sich weder mit der des ai. brcfipa-ty noch mit
der des aisl. br^ngo vereinigen lässt ; ich stelle brie zu aisl. hringla kreis
aus idg. '^g^mk-, daneben idg. *gffr«nJ^' in lit. grmsiü drehe, engl, erank
krümmung, ahd. ehrancholdn straucheln, schwach werden, mhd. krane
schwach, kraftlos, nichtig, gering, schlank; gr. ßgoxog, ßQox^s schlinge,
zu dem man hringla und gr^ü gewöhnlich stellt (s. z. b. E. Zupitza,
aao. 62), muss, da es keinen nasal enthält, fernbleiben. Mit Bezzen-
berger (Fick 11 ^ 188) hrM zu ahd. hrumb krumm zu stellen, verbietet
der germanische labial; begrifflich ist diese Zusammenstellung weit ein*
leuchtender als die mit ai. hhrc^a-».
230 Wiedemann
lieh hält; nur dass die bedeutung urBprünglich ,, tragender
körperteil'^ oder ,,erhöhter, hervorstehender körperteil" gewesen
ist, wie Tamm annimmt, halte ich, wenn wir auf die ausser-
germanischen verwandten von got. briggan rücksicht nehmen,
nicht für richtig. Über got. briggan hat ganz neuerdings Brug-
mann (IF. XII , 154 ff.) gehandelt Brugmann sieht in got.
briggan und in den o. (s. 228) und bei Fick II S 186 ange-
führten keltischen Wörtern eine Verschmelzung der wurzeln idg.
bher und idg. enekj enJc, nek. Ist das richtig, so ist eine der-
artige Verschmelzung nicht auf die germanischen und keltischen
sprachen beschränkt, denn wir finden auch in andern idg.
sprachen werter, die sich auf idg. w. bhrenk fest umschliessen
zurückführen lassen.
1. Die bei Diez (Etym. wb. d. roman. spr. ^ 63) und
Körting (Lat. -roman. wb. * 163, no. 1544) unter branca zu-
sammengestellten romanischen wörter, die zunächst auf lat.
branca pranke, pfote zurückgehn. Dies halte ich fiir entlehnt
aus einem gall. * branca s idg. *bhr^Jea arm. Wenn Neu-
mann (Ztschr. f. rom. phil. V, 386) unter berufung auf nhd.
zweig : zwei die romanischen wörter auf *bi'ramica zurück-
führt, hat er übersehen, dass die bedeutungsentwicklung arm :
zweig in ir. biss finger : aisl. kvistr zweig ein analogen hat;
auch in ableitungen wie ital. brancolare tappen tritt die ur-
sprüngliche bedeutung von roman. branca noch hervor. Im
Italischen würde die idg. w. bhrenJc als frinc- oder mit -g- statt
-c- als fring- erscheinen; vielleicht gehört daher lat. fringiUa
(fringuiUa), fringülus kleiner vogel hierher (zur bedeutungs-
entwicklung „klein" aus „fest umschlossen" vgl. gr. nvyfiaiog
eine faust gross : Ttvyfiij faust : nvatvog Ttvxvög dicht gedrängt
und die o. s. 229 genannten alb. wörter.) Die gewöhnlich
(z. b. bei Fick U », 175, Vaniöek, Etym. wb. d. lat. spr. « 191)
zu fringiUa gestellten wörter liegen, da sie keinen nasal halten,
etwas ab.
2. Das bei Miklosich (Etym. wb. 23) angeführte aruss.
brusna quaedam pars corporis, für das Sreznevskij (Materialy
dlja slovarja drevne-russkago jazyka 181) nur einen beleg
bietet: pleäöa ze i grudi otb strä'nago udarenija i oth aabeV"
nago i brusny jego bjachu sini jdko i sukno. Da schultern und
brüst genannt sind, darf man vermuten, dass brusny einen be-
nachbarten körperteil bedeutet, and da liegt es denn sehr nahe,
Etymologien. 231
die bedeutung „arm'' anzunehmen und brusfia auf urslav.
*brq8na oder ^brqsbna zurückzuführen.
3. Auf eine idg. w. bhrenJc führe ich auch gr. (pQoiaara
(aus idg. *bhrenJcjö) umgebe, schliesse ein, verzäune, umfriedige,
versperre, verwahre zurück, das ja wol fast allgemein dem lat.
farcio stopfe voll gleichgesetzt wird. Doch bezweifeln Walter
(KZ. Xn, 385) und Fick (Vergl. wb. I *, 495) mit recht diese
Zusammenstellung. Wie ja allgemein anerkannt wird, hat far-
cio wurzelauslautendes idg. k», das die labialisation vor dem j
des präsenssuffixes eingebüsst hat. Erhalten ist der labialisirte
guttural in lat. frequens voll gestopft, zahlreich, reichlich, das
aber eine andre Stellung des r zeigt. Ich führe daher farcio^
frequens auf eine zweisilbige idg. w. bherek» zurück, zu der
auch das u in lit. brükti einzwängen stimmt (vgl. Bezzenberger
o. XVII, 216). Eben so weist auf eine idg. w. bhereht das
alb. bark bauch, von dem mbars mache trächtig abgeleitet ist
(Pedersen, o. XX, 231, 238); doch möchte ich im gegensatz zu
Pedersen -ark" auf eine ältere form mit einem vokal zwischen
r und k zurückführen ; der vokal ist geschwunden als die Wand-
lung von altem -rk- zu -f- schon abgeschlossen war. Über den
Wechsel zwischen alb. k — idg. hi und alb. 8 vgl. Pedersen,
KZ. XXXVl, 323. Die grundbedeutung dieser idg. w. bhereka ist
„voll sein", „schwellen'', kaus. „voll stopfen". Hierher ziehe
ich auch die von W. Schulze (Quaest. ep. 168, anm. 2) zwei-
felnd zu got. ana-praggan bedrängen, von E. Zupitza (aao. 129),
wie erwähnt, zu aisl. bringa gestellten hesychischen ßqd%e%ov^
ßgaTTeiVy die offenbar aus einer dem Albanischen nahestehenden
spräche entlehnt sind.
Die hier besprochene idg. w. hhrenk hat eine nebenform
mit wurzelauslautender media, die ausser in dem oben erwähnten
lat. fringiUa noch vorliegt in schwed. dial. brikka brüst, aisl.
brekka, ndd. brink hügel, engl, brink rand, ufer; nach E. Zu-
pitza (aao. 198) gehören diese Wörter zur sippe von got. marka
grenze, was sehr unwahrscheinlich ist. — Die etymologische
Zusammengehörigkeit von gr. atiqvov brüst, abulg. strana seite
und ahd. stirna stim lässt mich die Vermutung aussprechen,
dass zur idg. w. bhrenk auch lat frons stirn gehört; fronU
kann aus *froncU entstanden sein. Dieselbe bedeutungsent-
wicklung, die ich hier für die idg. w. bhrenk angesetzt habe
(„fest umschliessen" : „tragen") zeigt auch gr. araynij zwang :
232 Wiedemann
iveyneiv tragen ; es würde also von selten der bedeutung nichts
im wege stehn, die von Brugmann für das Keltische und Ger-
manische angenommene Verschmelzung von idg. bher und idg.
enenk in eine ältere periode zurückzuverlegen. Die frage ist
nur, ob wir berechtigt sind, für eine mit ausnähme des Litaui-
schen und Albanischen — das alb. wort, das allenfalls auf die
idg. w. bhrenk zurückgeführt werden könnte, glaube ich weiter
unten besser erklären zu können — in allen idg. sprachen
Europa's nachweisbare wurzel eine derartige Verschmelzung an-
zunehmen, oder ob es nicht besser ist, neben idg. bher und
idg. enenk noch ein idg. bkrenh anzusetzen. Das got. briggan,
das Brugmann (aao. 155) gegen ansetzung einer idg. w. bhrenk
geltend macht, kann doch kein ernst zu nehmendes hindemis
sein; ich sehe nicht ein, was uns hindern könnte, für got.
*breihan : briggan, ags. bringan, as., ahd. bringan : ags. bren-
g(e)an, as. brengian dasselbe Verhältnis anzunehmen vide es z. b.
got. ßreihan drängen : aisl. ßryngtea drängen, ags. pringan,
as. thringan, a,hd.' dringan dringen : mhd. dr engen drängen
zeigen.
Von den wörtem, die Diefenbach aao. aus anderen, nicht
germanischen sprachen heranzieht, verdienen ernstlich in er-
wägung gezogen zu werden alb. brikB rippe, abschüssiger boden,
anhöbe, küste und russ. brjucho bauch. Ersteres kann auf idg.
* bhrüsnjä zurückgeführt werden und würde dann wenigstens in
seinem wurzelhaften teil zu brusts stimmen; ich glaube aber
weiter unten aus den germanischen sprachen ein wort bei-
bringen zu können, mit dem sich alb. bri'Ae auch im suffix
deckt, so dass der wurzel vergleich von brii/ie mit brusts zu
gunsten einer wortgleichung aufgegeben werden muss. Was
russ. brjucho betrifft, so kann dessen -cA- zwar auf idg. -s- zu-
riickgehn, eben so gut aber auch auf idg. -£«-; d. h. volares
oder labiovelares A; + 8, und in diesem fall kann brjucho nicht
mit brusts zusammengestellt werden. Mit Sicherheit lässt sich
nur behaupten, dass russ. brjucho in etymologischem Zusammen-
hang mit ir. brü leib, bauch, cymr. bru venter, uterus, ai.
bhrwnd-s embryo steht ; zu gründe liegt eine idg. w. bhreu oder
bhr^ schwellen, auf die jedoch die bei Fick II ^, 187 unter
*bru und bei Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. aind. spr. 208
s. V. bhründs) sonst noch zusammengestellten Wörter nicht zu-
rückgehn. Diefenbach aao, hat bereits ir. brü und ai. bhrimd^s
Etymologien. 233
erwähnt; Miklosich (Etym. wb. 22) lässt die slavischen Wörter
unerklärt.
Auf ein idg. ^bhruzdh- will Pedersen (IF. V, 73) aisl. broddr
spitze, ags. brord Stachel, ir. brot Stachel, abulg. brezda frenum
zurückführen; wir brauchten nur noch neben idg. ^bhruzdh-
ein idg. *bhruzd- anzusetzen, um eine lautgruppe zu gewinnen,
mit der sich urgerm. *bni8U auf's genaueste deckte. Leider
aber ist es schon der von Pedersen gar nicht erwähnten, von
abulg. brbzda aber schlechterdings nicht zu trennenden lit.
brizgüas, pr. brizgelan zügel wegen (von den offenbar dazu ge-
hörigen bei Joh. Schmidt, Vok. II, 464 verzeichneten Wörtern
schon ganz abgesehen) nicht möglich in abulg. brhzda ein idg.
*bhruzdh' zu sehen; ir. brot und urgerm. *bruzdaz sind schon
ihrer bedeutung wegen auf alle fälle von abulg. brbzda zu
trennen und haben aus dem Slavischen nur die sippe von abulg.
brazda furche zur seite.
Eine von lautlicher seite einwandfreie etymologie von brasts
hat Helten (50 bemerkgn. zum Orimm'schen wörterb. 16 ff.)
vorgeschlagen: er stellt brusis zu ai. bkrü-s, gr. oq>Qvg, lit.
bruvis, abulg. obrbvh, brhVö, ags. brü, ahd. prawa, bräwa, nhd.
braue, aisl. brün^ nhd. augen^aune, indem er für letztere nicht,
wie das gewöhnlich geschieht, von der bedeutung „zucken^^
sondern von der bedeutung „gekrümmt, gebogen sein*' ausgeht.
Femer zieht Helten hierher: lit. brauna (Kurschat: briaunä)
rand, kiel, aisl. brün rand, brjösk knorpel, mhd. brüsche, nhd.
br ansehe beule und hebt hervor, dass gr. oq>Qvq auch „hügel"
und „rand'* bedeutet; brusts bedeute also das „gewölbte*\ Wenn
vrir von aisl. brjösk, mhd. brüsche, nhd. brausche, die ja immer-
hin ,,gewölbt** bedeutet haben können (eine viel einleuchtendere
etymologie dieser Wörter ist oben s. 228 erwähnt), absehen, so
ist weder für die sippe von ai. bhru-s, noch für lit. briaunä,
aisl. brün von der bedeutung „gekrümmt, gebogen sein'* aus-
zugehn. Bei den Wörtern für „braue'' ist, wie man auf grund
des anlautenden vokals im Griechischen, Slavischen und Irani-
schen (npers. ebrü, osset. d. arfuk, t. ärfig) wol vermuten darf,
von idg. *obhrü' auszugehn, das dann als ^obh-rü- zu erklären
ist, also gar kein wurzelhaftes idg. bhrü enthält (Osthoff, MU.
IV, 217). Diese sippe kommt also für die etymologie von
brusts gar nicht in betracht. Eben so ist bei lit. briaunä^
aisl. brü,n nicht von der bedeutung „krumm*', sondern von der
234 Wiedemann
bedeutung „spitz", „first'^ „kante*' auszugehn, denn die darin
steckende idg. w. bhrü (ich setze die tieftonige form her, weil
sich die hochtonige nicht sicher feststellen lässt ; vielleicht bhrSu)
ist eine erweiterung der idg. w. bher spitz sein in aisl. bannr
kante (Persson, Wurzlerw. 287) gr. q>aQ6o} pflüge, urslav. *barna,
serb. brana, russ. borona egge, lat. forare, ahd. boröti bohren
u. a.; daneben liegen die erweiterungen : 1) bher-dh in ai.
'bradhnch pfeil, abulg. brulo hügel (Diefenbach, KZ. XVI, 221),
ahd. bcurta beil, bart spitze, lit. barzdä, abulg. brada hart; 2)
bher-s in ai. bhr^fi-s spitze, lat. fastlgium first, ir. barr schöpf,
gipfel, aisl. burst spitze, horste ; 3) bher-z-dh in ir. brot stachel,
aisl. broddr spitze, abulg. brazda furche (Persson, aao. 19, 45,
85, 98, 286 f., der allerdings eben so wie andre die idg. w. bher
spitz sein von der idg. w. bher schneiden, hauen nicht scheidet;
meiner meinung nach sind es zwei verschiedne wurzeln, die sich
scharf scheiden lassen ; nur bei ahd. barta kann man zweifeln,
ob es seine benennung seiner kante oder des Schneidens wegen
hat). Zu der idg. w. bhrü spitz sein stelle ich auch lett. bräds
(aus idg. *bhröudho8) dachfirst, das Persson (KZ. XXXUl, 292)
weniger überzeugend zu aisl. brattj ags. brani steil zieht. Da-
gegen gehören die von Fick (KZ. XX, 178) zu aisl. brün ge-
stellten aisl. bryni Wetzstein, bryna wetzen, schleifen nicht hier-
her, auch nicht wie Tamm (Etym. ordb. 64) will, zu aisl. brütin,
ags., as., ahd. brün braun (eig. „glänzend*'), sondern gehen auf
urgerm. ^bruxn- — idg. *bhruJcn- zurück und gehören zu
urslav. *bru8^ (— idg. *bhrauJco8) in bulg., serb., slov., £ech.,
osorb., nsorb., poln., klruss., russ. bms wetz-, Schleifstein zu
abulg. brbsnati wischen, streifen, abstreifen, brechen, das von
Pedersen (IF. V, 38) falsch beurteilt wird, s. u. s. 244.
Einen sicheren anhält zur etymologischen erklärung von
brusts gewährt uns das Albanische. Gehn wir für brüste nicht
von der bedeutung „schwellen*', sondern wie bei dem oben
(s. 228) besprochenen aisl. bringa von der bedeutung „fest um-
schliessen*' aus, so dass also für brüste als ursprüngliche be-
deutung „rippen" anzusetzen wäre, und hierfür spricht der um-
stand, dass got. bruete plurale tantum ist — , so steht nichts
im weg, got. bruete in etymologischen Zusammenhang zu bringen
mit alb. bree (best, brez-i) gürtel, geschlecht, generation, brente
binde, mbren gürte. G. Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 46 f.)
geht von einem alb. *breno- — *breunO' aus und vergleicht
Etymologien. 235
got. brunjo, aisl. brynja, ahd. brunna brustharnisch. 6. Meyer
hält dem nach diese germanischen wörter für erbwörter. Eben
so Kluge (Etym. wb. « 60) und Tamm (aao. 64), die Verwandt-
schaft mit air. hruinne brüst für möglich halten. Das geht
aber nicht an, da das -nn- des irischen wortes, wie oben (s.
227) erwähnt, aus älterem -nd- assimilirt ist. Aber auch kel-
tisches lehnwort, wie 0. Schrader (Sprachvergl. u. urgesch.
> 336, Reallex. 612) und Stokes (Fick II S 184) annehmen,
kann urgerm. ^brunjän" nicht sein, da in diesem fall germ. -nn-
oder, falls das wort vor der assimilation von -ttrf- zu -nn- ent-
lehnt wäre, germ. -nd- zu erwarten wäre. Oder ist -nj- in
got. brunjo gleichzeitig mit -n/- in got. sunjis wahr aus urgerm.
-ndj-, -ndj' entstanden ? Das Koltische dient uns also wol nicht
zur erklärung des urgerm. *brunjän-, wol aber, wenn wir
urgerm. *brunjän' mit Kluge, Tamm und G. Meyer als erbwort
ansehen — und das dürfen wir wol unbedenklich tun — das
albanische. 6. Meyer war also auf der richtigen fährte, wenn
er urgerm. *brunjan' zur auf hellung eines albanischen wortes
heranzog, nur steht dem urgerm. ^brunjän- das dazu gehörende
Albanesische wort lautlich nicht so fem wie alb. bres, sondern
deckt sich mit ihm, wenn wir den germ. än-stamm auf einen
idg. ä-stamm zurückfuhren, was ja bei erbwörtern immer ge-
schehen muss, laut für laut. Urgerm. *brunjän' führe ich auf
idg. *bhrenjä" zurück und nähme weiter an, dass idg. «n vor
folgendem vokal oder j durch alb. in vertreten wird (vgl. alb.
ir » idg. er und alb. il — idg. el in derselben Stellung Pe-
dersen, KZ. XXXIII, 541, verf., liter. ctrlbl. 1898, sp. 810); so
gelangen wir zu uralb. *brinjä, woraus alb. briM rippe, ab-
schüssiger boden, anhöhe, küste hervorgegangen ist. Allerdings
wird alb. brina (und das dazu gehörige alb. brf, best, br^-ni,
blj-ni rippe, seite) von G. Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 48,
alb. stud. III, 14, 31 f.) ganz anders erklärt: brin- für ^prisn-
= idg. */>«r£w- zu ai. pärgu-s rippe, av. pdrdsu- rippe, seite,
osset. fars seite, gegend , abulg. prtsi pl. t. brüst, lit. priazis
brüst beim pferde. Obgleich G. Meyer kein weiteres beispiel
für alb. br- aus idg. pr- beibringt — denn in alb. breme neben
mbrems abend, dessen Zusammenstellung mit got. fram von . . .
her, von ... an, adv. weiter (G. Meyer, Etym. wb. 266, alb.
stud. in, 31) von G. Meyer selbst nicht sehr zuversichtlich
236 Wiedemann
vorgetragen wird *), wäre der wandel von idg. p zu b nur durch
das vorangehende m hervorgerufen — , hält er seine erklärung
von briAs doch für zweifellos. Trotzdem glaube ich eine bessere
etymologie von bri'Ae gegeben zu haben, obgleich sie mit einem
von 6. Meyer (Alb. stud. III, 66) aufgestellten lautgesetz nicht
in einklang steht. G. Meyer lehrt nämlich, dass idg. -nj- vor
vokalen zu -/- wird; ein idg. ^bhrenja wäre also lautgesetzlich
*brije geworden; man darf wol unbedenklich annehmen, dass
durch einfluss des gleichbedeutenden br} das n vor dem Schwund
bewahrt worden ist; vgl. jedoch Pedersen (KZ. XXXVII, 339),
der erhaltung des inlautenden -tI- lehrt, so dass -A- in brine
lautgesetzlich wäre, was jedenfalls meiner erklärung vorzuziehen
wäre. Lässt sich somit meine gleichsetzung von alb. briiie mit
urgerm. ^brunjan- lautlich rechtfertigen, so steht ihr andrer-
seits auch von Seiten der bedeutung nichts im weg, wenn wir
für die in alb. birvAe und urgerm. *brunjan- steckende idg. w.
bhren die bedeutung „umschliessen^^ ansetzen; die „rippen" sind
es ja, die die brüst gewissermassen umschliessen, und was
urgerm. Hrunjan betrifft, so dürfen wir, da die brünne ur-
sprünglich aus leder bestand, zunächst von der bedeutung
„leder", „feil", „haut" ausgehn, die weiter auf die bedeutung
„umschliessendes" zurückgeht. Einen ähnlichen bedeutungs-
wandel haben wir bei der von Thurneysen (Hermann Osthoff
zum 14. aug. 1894, s. 5 ff.) behandelten idg. w. k(i§hf nur dass
wir hier keine Wörter mit der bedeutung „rippe" haben, und
ferner bei der sippe von ai. pdrgu-s, worüber der nächste auf-
satz handelt. Indessen kann die bedeutung des urgerm. *brtm'
jän- auch unmittelbar aus der bedeutung „umschliessend" her-
vorgegangen sein, wie z. b. gr. ^wqö^ brustharnisch, krug :
ai. dhäraka-s haltend, behälter zeigt. Zu alb. brine, urgerm.
*brufijän^ stelle ich auch gr. qp^ijv, pl. q^gsveg, G. Meyer
(Griech. gramm. ' 337) bezeichnet ^^y als etymologisch dunkel;
die bisher gegebnen erklärungen hat er also nicht für befrie-
digend gehalten. Allgemein abgetan sind heute wol die Zu-
sammenstellungen von q)Qi]v mit ai. pränd-s hauch, atem, lebens-
hauch (Benfey, Wrzllex. I, 119, Bopp, Gloss. «256 b, Pott,
Etym. forsch. « I, 543, II, 4, 3 f., Christ, Griech lautl. I, 119)
1) Eine, wie loh hoffe, annehmbarere erklärung will loh in einem
weiter unten folgenden aufsatz geben.
Etymologien. 237
und mit ai. plihd, gr. anX-qv^ lat. lien milz (Leo Meyer, KZ.
V, 374, Vaniöek, Griech.-lat etymol. wb. 1190, Wharton, Etyma
graeca 131). Alle andren mir bekannten etymologieen des gr.
q>qiqv sind lautlich zum teil auch heute noch haltbar. Zunächst
die von Pott (Etym. forsch. I ^, 182) angedeutete, aber nicht
weiter begründete Zusammenstellung mit ai. ghräti, ßghrcUi
riecht, für die namentlich das ebenfalls von Pott herangezogene
gr. 6aq>Qalvof4ai rieche, wittre sprechen würde; später hat Pott,
wie oben erwähnt, Benfey's etymologie gebilligt. Sonne (KZ.
XII, 296), dem Ebeling (Lex. hom. II, 447) zustimmt, führt
(pq-ev- auf eine idg. w. bher (Sonne schreibt phar) umhegen,
einschränken, schirmen zurück, die er weiter in ags. bern, engl.
bran scheune, nhd. barn krippe, räum in der scheune zum auf-
bewahren der garben, engl, bar, nhd. barre schranke, riegel
sieht; auch gr. q)Qdaaü}j das er auf eine idg. w. bher-g (er
schreibt pharg) zurückfuhrt, stellt er hierher, desgleichen engl.
brim, nhd. bram rand, nhd. brau£, Brugmann (Gurtius' stud.
IX, 376 anm.) stellt tpQ-Bv- zu ai. bhurdti zuckt, zappelt, und
dieselbe ansieht spricht auch Windisch (Ber. d. sächs. ges. d.
wiss.y phil.-hist. kl. 1891, s. 198 f.) aus, ohne, wie es scheint,
Brugmann's priorität zu kennen; auf dasselbe kommt es auch
hinaus, wenn Leo Meyer (vgl. gramm. I ^ 751 f.) (pgriv mit ai.
bhrdmati, bhrämate, bhrdmyati schweift umher, ist unstet, ist
in Verwirrung, irrt zusammenstellt, denn ai. bhram- ist wurzel-
verwandt mit ai. bhurdti (Persson, Wrzlerw. 68); jetzt hält
Leo Meyer (Handb. d. griech. etym. HI, 402) q>Qijv für „dunkel*^
Andrerseits hat schon Döderlein, Hom. gloss. 11, 315 f.) g>Qi^v
mit gr. q)Qd^w lasse wahrnehmen, lege dar zusammengestellt
und diese Zusammenstellung ist in neuerer zeit vielfach wieder-
holt worden, so von Fick (o. I, 334 f.), Bezzenberger-Fick (o.
VI, 239), wo allerdings nicht q)Qrjy^ wol aber das davon nicht
zu trennende gr. (pqoviu} denke erwähnt und weiter lit. girdzü
vernehme, höre dazu gestellt, das gr. q> also auf idg. gnh zu-
rückgeführt wird; femer wird q>Qi]v mit g>Qd^u) verbunden von
Froehde (o. VII, 116), der aber aisl. garnir pl. därme, magen
und ai. hrd-, hrdayor-m herz vergleicht, und von GoUitz (o.
X, 59). Dann sind, nachdem Bezzenberger (o. XVI, 240) q>qäC/u)
(ohne heranziehung von tpQTqv) zu pr. po-gerdaut sagen, cymr.
am-mrawdd Umschreibung, brawddegg redensart (urkelt. grund-
form nach Bezzenberger *bradO', nach Stokes bei Fick II ^, 216
238 Wiedemann
*brädO') gestellt und zweifelnd auch cymr. bard, corn. barih,
ir. bard, gall. bardos barde herangezogen hatte, von Fick (Vgl.
wb. I *, 417 f., H *, 162, 0. XVIII, 142) (p^v und (pQa^w ausser
zu den genannten litauischen und keltischen Wörtern noch zu
aisl. grunr ahnung, verdacht, gruna beargwöhnen und zweifelnd
(wie übrigens auch schon von Pott, Etym. forsch. I ^, 182) zu
lat rinSs nieren gestellt worden, wozu Bezzenberger (Fick 11 *,
162) noch ahd. gruog anrede, anspräche, anklage, gruss, gruo-
gan rufen, nennen, grüssen, angreifen, as. grötian anreden, ags.
gr&an grüssen, herausfordern, afries. greta anklagen hinzufugt.
Prellwitz (Etym. wb. d. griech. spr. 348, 349) und Zupitza
(Germ. gutt. 97) stimmen der heranziehung der aisl. Wörter bei.
Ferner wird (pQoiC/u} (ohne heranziehung von q>Q't^v) von Wharton
(Etyma graeca 131), Brugmann (Grdr. U, 1061 f.) und Hirt (o.
XXIV, 262, abl. HO) zu lit girdzü, von Stokes (bei Lottner,
KZ. XI, 163 anm., KSB. VU, 386, o. XI. 70) zu kelt. *bard^
gestellt; Osthoff (IF. IV, 275) lässt es unentschieden, welche
von diesen beiden vergleichungen den vorzug verdient. XJhlen-
beck (Ark. f. nord. fil. XIV, 388, Kurzgef. etym. wb. d. got.
spr. > 66) stellt q>Qd^ü} zu pr. po-gerdatU und der sippe von
got. gretan weinen und nimmt fär diese Wörter eine idg. w.
gffhrid, gtfherd an. Wesentlich abweichend von allen diesen
erklärungen ist die von J. Grimm (Gramm. I *, 593) her-
rührende Zusammenstellung von q)Qd^to (J. Grimm erwähnt nicht
(pQdt/ü}, wol aber (pQadrjs verständig) mit lat prüdens klug und
got. froßs klug, verständig, frafjan verstehn, denken, die bei
Döderlein (Lat syn. u. etym. V, 113, VI, 177, hom. gloss.
II, 311), Benfey (Griech. wrzUex. I, 363, H, 352) Diefenbach
(Vergl. wb. d. got. spr. I, 394 f., II, 760), Gurtius (KZ. IV, 237,
grdz. 6 673), Fick (Vgl. wb. I », 679 f.), Vaniöek (Gr.-lat. etym.
wb. 553 f.) beifall gefunden und mit ausscheidung von prüdens
und dem, was aa. aa. oo. sonst aus dem Lateinischen, Litaui-
schen und Altindischen beigebracht ist, auch heute noch für
diejenigen haltbar ist, die für die idg. ursprache tenues aspi-
ratae annehmen und für q>Qd^ü} und die sippe von got. froßsj
frafyan als anlaut idg. ph ansetzen (Osthoff, Perf. 322 f., Fo-
rcen, Urgerm. lautl. 119, 182, Streitberg, Urgerm. gramm. 112).
Da meiner meinung nach der heutige stand der forschung uns
noch nicht berechtigt, für die idg. ursprache tenues aspiratae
anzusetzen, fällt die Zusammenstellung von q>Q(i^(o mit der sippe
Etymologien. 23d
von got. frafjan, frofs, die nur mit der sippe von lit. prantü
werde gewohnt, pr. prätin rat, lat. inter-pres vermittler, aus-
leger, inter-pretor vermittle, lege aus zusammenzustellen ist
Femer ist die etymologie Froehde's, die nach seite der bedeu-
tung vorzüglich ist, aus lautlichen gründen abzulehnen; denn
die von Froehde verglichenen wörter haben idg. §h wie u, a.
lit. zdrna darm zeigt (Fick, Vgl. wb. I *, 54, 219, 435 f.,
E. Zupitza, Germ. gutt. 201 und die an diesem ort weiter an-
geführte literatur).
Wir haben nun zwei fragen zu beantworten: 1) Gehören
q)^ und (pQoCjüi etymologisch zusammen? 2) Ist ihr q> Vertreter
von idg. gi^ oder von idg. bh? Die erste frage ist leicht be-
antwortet; wir brauchen nur ein paar Zusammensetzungen mit
•q>Q(av, das natürlich nicht von 9^y, und mit 'q)Qadifjg, das
eben so wenig von q>Qa^w getrennt werden darf, herauszugreifen,
um diese frage bejahend zu beantworten. Homer hat neben
einander aq>QO)v und dg>Qadi]g unbesonnen, unvernünftig, töricht,
Bvq>Q(av freudig, erfreuend und €vq)Qadijg deutlich, wol beredt,
neqiq>Qiav und n€Qiq>Qadi^g sehr verständig; dem homer. xoxo-
q>Qa&ijg schlechtes sinnend, unbesonnen steht zur seite das bei
andern dichtem vorkommende iiaK6q>Q(üv schlecht gesinnt, bos-
haft usw. (vgl. Pape, Etym. wb. d. griech. spr. 235, 268). Nicht
ganz so leicht ist die zweite frage zu beantworten, aber auch
hier ist eine sichere entscheidung möglich, so dass sich Osthofifs
zweifei beseitigen lassen. Was zunächst aisl. grunr betrifit, so
wird es von Wadstein (IF. V, 28) als zusammengesetzt aus ga-
und ruft' zu aisl. rvn geheimnis, rune, got. ga-rüni geheime
beratung gestellt und Uhlenbeck (Ark. f. nord. fiL XIV, 388,
kurzgef. etym. wb. d. got. spr. * 60) stimmt ihm bei. Ich halte
Wadstein's Vermutung für sehr bedenklich, stimme ihm aber
darin bei, dass wir es in aisl. grunr mit einem idg. u zu tun
haben, und vermute, dass aisl. grunr zu aisl. grär, ags. grcSg,
ahd. grao grau (zu ags. grceg vgl. Jellinek, PBB. XIV, 584),
ahd. in-grüSn schaudern, mhd. grüwen grauen, grausen, mhd.
griuwel, gritd, ndl. gruwel schrecken, grauen, gräuel gehört; zu
gründe liegt die bedeutung „schimmern", so dass etymologischer
Zusammenhang mit lit ziur'4tiy abulg. zhr^i sehen und den von
Leskien (Ablaut 319, 371) und Miklosich (Etym. wb. 401 f.)
zusammengestellten Wörtern sowie mit lat. -^ur in au-gur vogel-
beobachter, vogeldeuter, gr. x^QOTtog strahläugig besteht. Für
240 Wiedemann
das Germanische hätten wir in diesem fall von einer u-erweite-
rung der in den genannten Wörtern steckenden idg. w. §her
auszugehn. Ist meine Vermutung haltbar, so hat aisl. grunr
palatale aspirata, ist also mit q>^v, (pQaCfij unvereinbar. Pala-
tale aspirata hat auch got gretan, das daher nicht mit Uhlen-
beck zu (pQaCfio gestellt werden darf; jetzt lässt Uhlenheck
(Eurzgef. etym. wb. d. got spr. * 66) es unentschieden, ob
got. gretan zu q>qdt/ui^ pr. po-gerdaut oder zu ai. hrddate tönt
laut, zu dem es bisher immer gestellt worden ist, gehört; got.
gretan gehört zweifellos zu ai. hrddate wozu man weiter av.
zradö kettenpanzer stellt, das aber auch anders und, wie ich
glaube, besser erklärt werden kann (s. u. s. 247). Dass g- in
got. gretan auf palatale aspirata zurückgeht, beweist schon das
h' des ai. hrddate; idg. gh wäre ja im Altindischen vor r durch
gh vertreten. Was nun die Zusammenstellung von q)Qi^^ (pQci^fo
mit lit. girdzü, pr. po-gerdaut betrifft, so zeigen die bei Les-
kien (Ablaut 327) verzeichneten zu dieser sippe gehörigen wörter,
dass für sie von der bedeutung „tönen'', bez. „tönen lassen'^
auszugehn ist. Dasselbe gilt von den bei Fick (Vgl. wb. II \
162) zusammengestellten keltischen Wörtern. Sehen wir nun
zu, ob die bedeutungen von q)Qijvj q>QdC,ti) dazu stimmen. Bei
Homer bedeutet der Singular q^gijv im wesentlichen dasselbe
wie unser nhd. sinn, der plural „Zwerchfell", „eingeweide",
„inneres'', bes. im gegensatz zum körper, daher „sitz der gei-
stigen tätigkeiten", „bewusstsein", „vorstellungsvermögen", „ge-
dächtnis'S „gemüt", „verstand", „klugheit". Dem entsprechend
deckt sich q>QatßaS'ai im wesentlichen mit nhd. sinnen^ (pqäC,(a
bedeute „ich lasse sinnen", „lasse mit den sinnen erfassen",
„lege dar"; die bedeutungsentwicklung ist der des gr. Xeyio
ziemlich gleichartig : bei beiden wörtem handelt es sich um ein
geordnetes, für den verstand, nicht für die phantasie, berech-
netes darstellen ^). Die Zusammensetzungen mit (pqiov und
1) Diese bei der sippe von ip^, (pQdCtn hervortretende bedeutung
macht er meiner meinung zur gewissheit, dass gr. dUyut, dUyiCto küm-
mere mich, dUytfvoi besorge, lat. neg-lego kümmere mich nicht, di-ligo
liebe, re-ligens gottesfürchtig von gr. Uym, lat. Ugo nicht getrennt werden
dürfen, was seit Döderlein (Hom. gloss. I, 76 f.), wie es scheint, allge-
mein, geschieht, obgleich Lingen (D. wrzln. AEF und AEX S6 f.) sich
gegen diese trennung ausgesprochen hat; nur möchte ich die bedeu-
tungen etwas anders vermitteln als Lingen; neg-lego ist „zähle nicht",
Etymologien. 241
'g)fadrjQ können wir im allgemeinen durch Zusammensetzungen
mit „gesinnt*^ wiedergeben; aq>QwVj dq>qadrig ist „sinnlos", ,,ge-
dankenlos". Desgleichen zeigen q>Q6vig verstand, klugheit, ein-
sieht und q>i(OYtig sorge, fürsorge, aufmerksamkeit, nachdenken
bedeutungen, die unserm „sinn" sehr nahe stehen. Nirgends
tritt bei (pQi^v (pQat/ü) und ihrer sippe die sinnliche bedeutung
einer tonempfindung oder -erzeugung hervor, wie dies bei den
genannten keltischen und litauischen wörtem der fall ist; q>Qriv
q>Qa^ü) dürfen daher weder zu der einen noch zu der andern
sippe gestellt werden, aber es hindert uns nichts, die keltischen
und litauischen Wörter untereinander zu verbinden, was meines
Wissens bisher noch nicht geschehen ist; dazu stelle ich mit
Müller (MSL. IX, 150) auch arm. kardam erhebe die stimme,
dessen kard- = lit gird^ auf eine idg. w. gtferdh weist und
dessen bedeutung besonders zu der des urkelt. * bardos stimmt
Den dental der armenischen, keltischen und litauischen Wörter
&sse ich als Wurzelerweiterung auf und stelle weiter hierher
sA. järate ruft, grndti singt, gr. dßQiar XoidoQiaiy nhd. queran
seufzen, lit. glrti loben; das von E. Zupitza (Germ. gutt. 78)
hierher gezogene ir. berran kummer liegt begrifiTlich zu weit ab
und gehört eher zu den von Stokes (Fick II ^, 173 f.) unter
*bher8d zusammengestellten Wörtern.
Sind also die erwähnten etymologien von q>Qijvy q>Qatfü teils
von Seiten der laute, teils von Seiten der bedeutung — letzteres
ist auch bei der von Hirt (Abi, 83) gegebnen Zusammenstellung
der fall — abzuweisen, so steht der von mir vorgeschlagenen
Zusammenstellung von 9)^v, q>Qdl^(o mit got. brunjo, alb. brf,
bri'Aß nichts im weg, denn wir brauchen bei <pQ^v, (pQa^w keines-
wegs von einer idg. wurzel auszugehn, die den begriff der be-
wegung bezeichnet. Wie Windisch anfuhrt, sagt Galen, dass
Aristoteles die bedeutung des Zwerchfells als itvanvoriq ogyavov
noch nicht erkannt hatte; es ist daher wenig wahrscheinlich,
dass die Griechen ein wort, das als zur sippe von ai. bhuräti
re-Ugens (die abschweifenden gedanken) wieder Bammelnd; vgl. dieselbe
bedeatungentwicklung bei der idg. w. kffei (gr. rroi zahle: sohätze, ehre,
t€'r£-fi-fAai bin betrübt, eig. bin besorgt, abalg. cim Ordnung; ^bstb
ehren), sowie bei nhd. gM : gelten^ sehaH (das ja allerdings fremdwort
ist, aber doch hier genannt werden darf): sehäUen^ preis (ebenfalls
fremdwort) : preisen, — Mit alyog schmerz hat dXiym eben so wenig zu
schaffen wie kiy^ (Lingen aao. 31 ff.).
Bdtiig« «. kud« d. iadg. ipnMteB. XXVH. 16
242 Wiedemann
gehörig nur „zuckendes^S „bewegliches" bedeutet haben kann,
zur bezeichnung des Zwerchfells verwandten. Vielmehr werden
sie dazu ein wort mit der bedeutung ,,haut", »»feil'' gewählt
haben; ^^y bedeutete also ursprünglich „das umschliessende,
umfassende, deckende'^ In q>q6vig^ q>QOVTig, ^q>qaLvbi), q)Qd^<a ist
die ursprüngliche konkrete bedeutung „fassen^' aufs geistige
gebiet übertragen, wie das z. b. auch der fall ist bei aisl. gef^
erlangen, erreichen, vermuten, alat tongeo kenne, got. pagkjan
denken : abulg. t^o f^ag, lorum und dessen bei Miklosich
(Etym. wb. 350 f.) verzeichneter sippe ^). Ihre ursprüngliche
sinnliche bedeutung hat die idg. w. bhren im Griechischen noch
bewahrt, in oa-tpqaivopiai (aus *od(€)(T- : lat. odor und (pQal-
vofjiai^ s. Wackernagel KZ. XXXIII, 43) Witterung bekommen
= riechen trans. Es liegt durchaus kein grund vor, mit Pott
(Etym. forsch. I S 182), Windisch (aao. 198 anm. 1) und
Brugmann (IF. VI, 100 ff., griech. gramm. ^ 114, 258 mit anm.,
272) 6a-q>Qaivofiai in etymologischen Zusammenhang mit ai.
ghrdti, jighrati riecht zu bringen; mir scheinen formen wie
cjag>QavTo^ waq>Q6fir]v, 6aq>qiad'av sich ganz ungesucht als durch
einfluss der verba auf -aycu, -aivta erklären zu lassen. Zu
letzteren gehört ja auch das seiner bedeutung nach von daq>Qai-
vof^ai nicht allzu weit abliegende aiad'dvof^ai nehme wahr und
fiatpi^ixrjv verhält sich zu oaq)Qaivof^ai genau so wie ^a&ofjifjv
zu aia&dvoinai >). Die beeinflussung durch ala&dvofiai und die
1) Zu alat. iongeOy got. pagJ^an ziehen Stokes (Rev. celt Y 252,
268), Thurneysen (ebd. VI, 185 anm. 1) und Arbois de Jabainville (MSL.
XI, 830) auch ir. tongu schwöre, dessen ursprangliohe bedeutung dann
wäre „mache fest", „bekräftige". Doch kann sich die bedeutung
„schwören" auch aus der bedeutung „sprechen" entwickelt haben, wie
got. swaran schwören : aisl. wara antworten, nhd. sehwirren, ai. svdrati
tönt zeigt. Falls auch bei ir. iongu von der bedeutung „sprechen" aus-
zugehn ist, gehört es, wie auch schon Stokes (Fick 11 ^ 121) andeutet, zu
ir. tenge^ zunge. Zu lat. iango berühre, wozu Stokes ir. iongu stellt,
stimmt es lautlich schlecht, da es wurzelhaftes e gegenüber lat. a und
festen nasal gegenüber dem nur auf den präsensstamm beschränkten
des lateinischen hat.
2) Auch lat. fragro rieche intr. hat meiner meinung nach mit ai.
ghrSÜf jighraU nichts zu schaffen, sondern ist vielmehr, wie das z. b.
schon bei Fick (Vgl. wb. I • 697, II » 178, lU • 215) und Vani«ek
(Etym. wb. d. lat. spr. * 189) geschehen ist, mit lat. frügum erdbeere
zu mhd. hrcehen riechen intr. zu stellen.
fitymologieü. 243
andern abgel. verba auf -criycu, ^avw konnte bei 6a'q>Qaivofjiai
um so leichter erfolgen, als letzteres seiner bedeutung nach den
übrigen Zusammensetzungen mit -q)^ivü) fern getreten ist, durch
sie also nicht gestützt werden konnte. Der präsensstamm gr.
(pqaivo- : q>qaiv€ entspricht in ablaut und suffix genau dem
alb. bri'ABj got. brunjo und dadurch erhält meine etymologie
von g>Qfjv, q)Qd^(o eine nicht unwesentliche stütze. Eine weitere
stütze würde sie gewinnen^ wenn sich auch der in 9)^0^0- : (pga^B'
steckende stamm, idg. ^bhrendjo-, ausserhalb des griechischen
nachweisen liesse. Das ist, glaube ich, in der tat möglich.
Denn alb. bres, best, brez-i, von dem wir ausgegangen sind,
lässt sich ohne weiteres auf idg. *bhrendjo8 zurückfuhren; idg.
«n wird vor folgendem konsonanten (ausser j) durch alb. e
vertreten (G. Meyer, Alb. stud. II, 25), wie -zet (in Tie-zit
zwanzig u. and. dekaden) : ai. (atis, gr. -xati, lat. -^intij ginta,
ir. -che, gen. chai, got. -hund zeigt, und uralb. -dj- wird nach
dem ton zu -0- (6. Meyer, Alb. stud. III, 28). Die nicht er*
weiterte idg. w. bhren kann in alb. mbreA gürte vorliegen; denn
es hindert wol nichts, alb. -breii auf idg. ^bhrenjö zurückzu*
führen, da auch sonst die diphthongirung des e ohne erkenn*
baren grund unterblieben ist (G. Meyer, Alb. stud. III, 85 f.);
alb. g'aA jage, das am schwersten gegen zurückführung von -breA
auf idg. *bhrenjö in's gewicht fallen würde, wenn es mit
G. Meyer (Etym. wb. 136, Alb. stud. IE, 7, 84) auf idg. *genjö
zurückgeführt wird, ist nicht zu verwerten (Pedersen, KZ.
XXXVI, 330 f.). Indessen kann e auch t-umlaut von a (-breii
aus *branjö = idg. *bhronjö; -breA stünde dann dem gr. qp^o-
viw nicht allzu fern) oder e kann == idg. ö sein (-breA = idg.
*bhrönjö), in jedem fall lässt sich -breA auf die idg. w. bhren
zurückführen. Auf die in q)Qd^(a vorliegende idg. w. bhrend
führe ich, wie schon oben (s. 227) angedeutet, auch die bei
Fick (Vgl. wb. II ^, 184 unter *brend) zusammengestellten
Wörter zurück und bemerke zu cymr. brynn coUis, dass alb.
bri^B u. a. auch „anhöhe^^ bedeutet. Auch aisl. brattr, aschwed.
brantr, ags. bnmt steil gehören meiner meinung nach hierher.
Neben der erweiterten wurzel idg. bhren-d liegt die oben (s. 230 f.)
behandelte idg. w. bhrenJc, die sich ebenfalls als erweiterung
auffassen lässt: bhren-Tc; dadurch gewinnen wir die möglichkeit,
das oben (s. 228) besprochene aisl. bringa in einen, wenn auch
entfernteren, etymologischen Zusammenhang mit den keltischen
16*
344 Wiedlematin
Wörtern für „bnist^* zu bringen. Aus diesem gründe halte ich
auch die zurückfuhrung von alb. mbreA, bres auf die idg. w.
bhren, bhren-d für viel wahrscheinUcher als O. Meyer's zurück-
führung auf ein idg. *bhreunO', denn diese albanischen Wörter
gewönnen dadurch anschluss an eine ganze reihe andrer be-
nennungen für „brüst". Sollte indes mit 6. Meyer bre- in alb.
bres, nibreA auf idg. bkreu- zurückzuführen sein, so würde ich
statt idg. ^bhreufUh lieber idg. *bhreu8-nO' ansetzen und got.
bru8t8 dazu stellen.
Es gibt aber im Albanischen noch ein andres wort, das
sich lautlich ohne weiteres mit got. brusts vereinigen lässt, und
dessen bedeutung, wenn sie auf den ersten auch abzuliegen
scheint, dennoch mit der des got brusU vereinbar ist: alb.
breSen hagel. 6. Meyer (Etym. wb. 47, Alb. stud. III, 35, 61,
72, 90) stellt breien zu ahd. brösma krume, bröckchen, kelt.
^brüS" zerschlagen (weiteres über die kelt. Wörter bei Thur-
neysen, Eeltorom. 94 f.) und Stokes (Fick 11 ^ 187), abulg.
brbsnqü rädere, corrumpere, bnadb Scherbe. Diese Zusammen-
stellung ist aber von lautlicher seite sehr anfechtbar, wie schon
Pedersen (IF. V, 38) erwähnt hat. Über das, was Pedersen
behauptet, lässt sich aber ebenfalls streiten. In ags. brysan
brechen, ir. bruim zerschlage, ahd. brösma und lat. frustum
brocken, stückcken liegt meiner meinung nach eine idg. w.
bhreus : bhi'Hs brechen, zerbrechen vor. Wer mit Pedersen in
ags. brysan^ ahd. brösma eine «-erweiterung der in aisl. brjUa
brechen vorliegenden idg. w. bhreud sieht, muss diese Wörter
von ir. brüim und seiner sippe trennen und dazu kann ich mich
nicht entschliessen. Sind aber die germanischen Wörter nicht
auf eine erweiterte idg. w. (bhreud-s — ) bhreuUs zurückzu-
führen, so fallt auch die stütze für Pedersen's herleitung von
slav. brbs- aus einer solchen erweiterten wurzel. Dazu kommt
noch, dass die ursprüngliche bedeutung der von Miklosich
(Etym. wb. 23) behandelten slav. w. brhs- gar nicht „brechen^S
sondern „streifen", „wischen^^ ist Dieselbe grundbedeutung
hat die bei Leskien (Abi. 293, wo aber lit. britkti zu streichen
ist; 8. o. s. 234) zusammengestellte sippe von lit braukti
wischen, streichen, lett. brukt abbröckeln, braukt fahren, wie
Pott (Etym forsch. III ^ 193 f.) erkannt hat Daher hat denn
auch schon längst Fick (Vgl wb. II ^ 622) die slavischen und
litauischen Wörter mit recht zusammengestellt ; der Widerspruch
Etymologien. 245
zwischen slav. 8 und lit k löst sich dadurch, dass beide ver-
schiedene Wurzelerweiterungen sind: slav. 8 = idg. £, lit. k =
idg. k oder k» (vgl. auch Persson, Wrzelerw. 126, wo aber mit
unrecht slav. 8 als idg. 8 aufgefasst und eben so mit unrecht
die litu-slavischen Wörter an Wörter angeschlossen werden, denen
sie begrifflich fern stehn). Die nicht erweiterte wurzel steckt
in lett. brauna schelfer, abgestreifte haut, schuppe, das uns
auch zeigt, wie die bedeutungen von abulg. brh8nqH und brb8eh
zu vermitteln sind. Mit recht stellt Miklosich aao. auch abulg.
obru8^ handtuch und bulg. serb. slov. £ech. osorb. nsorb. poln.
klruss. russ. brus wetz-, Schleifstein dazu, was Pedersen (aao. 39)
befremdlicherweise für falsch hält; wie oben (s. 234) erwähnt
ist, gehören auch aisl. bryni Wetzstein und aisl. bryna wetzen
hierher.
Wäre demnach eine Vereinigung von alb. breäen mit abulg.
brb8nqtij brh8eh nur unter der Voraussetzung möglich, dass das
i von breSm aus älterem 8j = idg. Tcj entstanden ist, so ist sie
doch eben so wie die zurückfährung des alb. breäen und der
von G. Meyer damit zusammengestellten keltischen und germa-
nischen sippe auf eine idg. w. bhreus von seiten der bedeutung
abzulehnen. Wenn wir von nhd. graupdn absehen, das eine
junge bildung ist und seine entstehung offenbar der ähnlichkeit
des hageis mit den graupen verdankt, so wüsste ich kein idg.
wort für „hageP* zu nennen, das nachweislich ursprünglich
yybrocken^' oder etwas ähnliches bezeichnet hat So weit die
Wörter etymologisch klar sind, bedeuten sie ursprünglich „festes
„hart** oder, was auf dasselbe hinausläuft, „gefroren**, denn
„frieren** ist ja nichts andres als „fest, hart werden**. Etymo-
logisch klar sind aisl. hoylj ags. hcegd, ahd. hagal : gr. ^ctjuhj^
kiesel, lit. kriu8zä : ahd. (h)ro8a eis, kruste, gr. xqvog frost,
yi(gva%aXXog eis, lat crUsta rinde, crüdus roh, cruor geronnenes
blut usw. (das 8z in lit. kriu8zh ist nicht, wie Pedersen aao. 36 f^
will, idg. 8, sondern idg. Je, also eine andre Wurzelerweiterung
als idg. 8 in den genannten gr., lat. und germ. Wörtern; lit
kriÜ8zti zermalmen mit 8z = idg. Je und die sippe von abulg.
hruch^ frustum mit ch = idg. 8 sind von hriuszh zu trennen),
mhd. döge : ahd. sliogan (festmachen — ) schliessen, an welcher
Zusammenstellung man nicht zweifeln darf, gr. xdhxtpL : %dh^
kiesel. Schwierigkeiten bereiten lat. grando und abulg. grad^y
zu denen Meillet (MSL. X, 280) auch das gleichbedeutende
246 Wiedemann
arm. karkut (aus *k(^krui) stellt. Schrader (Reallex. 664)
schliesst sich der üblichen Zusammenstellung des lat. grando,
abulg. grad% mit ai. hrädüni-s an, während Meillet letzteres
nur mit ^^cfAa^a verbindet; auch von andern wird x^^^^ zu
ai. hrädüni-s gestellt. Als urheber dieser Zusammenstellung
darf wol Benfey (6r. wrzUex. II, 135) gelten, obgleich er ai.
hradüni*8 nicht nennt; er erwähnt aber gr. xd^^f^f l&t. grando,
abulg. grad% im Zusammenhang mit dem bereits oben (s. 240)
erwähnten ai. hrddate und zieht u. a. noch ai. hradin% fluss,
hradä'8 teich, see, hräda-s geräusch und das ebenfalls schon
oben (s. 240) erwähnte got. gretan heran. Ohne auf Vollstän-
digkeit anspruch zu machen, nenne ich von den Vertretern der
ansieht Benfey's Gurtius (Grdz. ^ 196 f.), Miklosich (Lex. pal.-
slov. 141, [Etym. wb. 76), Walter (KZ. XI, 433), Grassmann
(KZ. Xn, 89), Ascoli (KZ. XVII, 324), Schleicher (Komp. 3 (4)
238), Siegismund (Gurtius' stud. V, 139 anm. 28), Fritzsche
(Ebda. VI, 321), Job. Schmidt (Vok. II, 118), Vaniöek (Griech.-
lat. etym. wb. 26öf., Etym. wb. d. lat. spr. * 95), Froehde (o.
VI, 174, Whai-ton (Etyma graeca 132), Saussure (Mem. 263
anm., 268), Leo Meyer (Vergl. gramm. I *, 1047), Bersu (Lat.
gutt. 188), Hom (Grdr. d. npers. etymol. 152). Dass gr. %aJla^a
und lat. grando mit einander nichts zu schaffen haben, darf
jetzt wol als allgemein anerkannt gelten; meinungsverschieden-
heit besteht nur darüber, ob gr. x^^^^^ oder lat. grando oder
keines von beiden zu ai. hrädüni-s zu ziehen ist. Für x^^Aa^a :
hrädüni'S haben sich ausser Meillet noch entschieden Hirt (o.
XXIV, 233, 246, Abi. 88, wo befremdlicherweise unter no. 278
zu einem idg. ghelä brause auch ahd. hagal^ aisl. hagl, ags.
hagol aus idg. *kaghl9, also mit anlautender tenuis, erwähnt
wird ; die Verwirrung ist wol durch gr. naxld^oi plätschern her-
vorgerufen) und zweifelnd Fick (Vgl. wb. I *, 438), für grando :
hradüni-8 ausser Schrader noch Wharton (Etyma lat 42),
Froehde (o. XVI, 213), G. Meyer (Griech. gramm. « 158),
Johansson (IF. II, 43, XJppsalastudier 72), Lindsay-Nohl (Lat.
spr. 338), XJhlenbeok (Kurzgef. etym. wb. d. aind. spr. 362).
Ferner habe ich folgende Zusammenstellungen gefunden: lat
grando und got. gretan (Bugge, Gurtius' stud. IV, 348 f., wo
aber ohne rücksicht auf die übrigen germ. sprachen von der
bedeutung des gotischen wertes „ weinen '^ ausgegangen und
darauf hingewiesen wird» dass im nordischen die tränen oft als
Etymologien. 247
bagel bezeichnet werden); lat. grando und abulg. grad^ (Fick
I *, 417, Froehde o. XXI, 328, Hirt o. XXIV, 281); lat. grando
und abulg. gradh : gr. xiQadoq griess (Persson, Wrzlerw. 220,
Stolz, Hist. gramm. d. lat spr. 261)^). Endlich ist noch zu
erwähnen, dass Pott Etym. forsch. * IV, 417 ff.) über alle diese
Wörter gehandelt hat, ohne irgend eine entscheidung zu treffen.
Es ist wol auch kaum möglich, eine entscheidung zu treffen,
die etwas unbedingt überzeugendes hätte; so viel sollte aber
meiner meinung nach aUgemein anerkannt werden, dass ai.
hröduni-s nichts mit den oben (s. 240) bereits erwähnten ai.
hrädate, got. gretan zu schaffen haben kann. Dass der hagel
seine benennung vom lärm hat, müsste erst durch weitere bei-
spiele nachgewiesen werden. Ebenso unwahrscheinlich ist es,
dass av. zrädö, dem man die bedeutung „kettenpanzer** beilegt,
zu ai. hrädate, got gretan gehört. Nach Bartholomae (IF. XI,
128) bedeutet av. ssrädö vielleicht „koUer" und damit dürfte
Bartholomae wohl recht haben, denn npers. zirih panzer be-
weist eben so wenig etwas für Verwandtschaft mit ai. hrädate,
got. gretan. Für av. zraöö und npers. zirih darf man wohl
von der allgemeinereu bedeutung „deckung'\ „umschliessendes"
ausgehn; dann ist es möglich, beide Wörter mit ai. hrädüni-s
zusammenzustellen und für letzteres dieselbe bedeutungsent-
Wicklung anzunehmen, die mhd. slöze aufweist Mit ai. hra-
düni'8 stellt Nöldeke (bei Hörn aao.) npers. zoIa hagel, reif zu-
sammen; doch verdient meiner meinung nach die von Hom
(KZ. XXXII, 588) vorgeschlagne Zusammenstellung mit ai. ja-
4a-8 kalt, starr, regungslos, stumpf den vorzug, denn erstens
erklärt sich npers. -äl- aus älterem Hird- besser als aus -rod-
(Hübschmann , Pers. stud. 72, 131 f. , 260) und zweitens lässt
sich npers. zäla bei Horn's eigner erklärung auch weiter zu
abulg. zUdica glatteis, got kalde kalt, lat. gelu kälte, frost usw.
stellen; der dental d neben dh, ist Wurzelerweiterung. Da
npers. zOla „hageV^ und „reif' bedeutet, würde es, SeJIs es
wirklich mit Nöldeke zu ai. hrädünv^ gestellt werden müsste,
den beweis liefern, dass ai. hrädüni-s nicht zu ai. hrädate, got.
gretan gehört; denn dass auch die bedeutung „reif' aus der
1) Übrigens hatte auch Bchon Benfey aao. gr. //^«foc im zuiam-
menhang mit lat grando, abalg. gradby gr. /ailo(o, ai. hrMmi'B er-
wähnt.
248 Wiedemann
bedeutung »ytönen^^ berleitbar ist, wird wohl niemand behaupten
wollen. Da andrerseits in ai. hrädüni-s h, weil es vor r steht,
nur Vertreter von idg. §h (nicht gh oder guh) sein kann, muss
abulg. grad^ von ai. hrädüni-s getrennt werden, denn es liegt
kein triftiger grund vor, für abulg. gradh Vermischung der
gutturalreiben anzunehmen. Ich glaube daher, dass Meillet
recht hat, wenn er abulg. grad^y lat. grando zu arm. karkut
stellt; dazu füge ich noch mit Fick (Vgl. wb. II >, 555) lit
grödas frischer, steif gefrorener strassenschmutz, das Brückner
(Slav. fremdw. im Lit. 85) mit unrecht für slav. lehnwort hält
Jedenfalls dürfen nicht die von Brückner angeführten poln.
gruda schölle, erdschoUe, eisscholle, grudzieA, wruss. grudieA
dezember herangezogen werden, da slav. u im lit nicht durch
0, sondern durch u wiedergegeben wird. Nur lit. grudis de-
zember kann slav. lehnwort sein, ebenfalls auch grodinis de-
zember, das eine durch grödas hervorgerufene volksetymolo-
gische Umgestaltung eines entlehnten *grüdin%8 sein kann.
Durch lit. grödas wird also auch für abulg. grad%^ lat. grando.
arm. karkut die grundbedeutung „hartes ,ygefroren^* erwiesen^).
— Ferner führe ich an osset D yex, T ix, ix eis, hagel, D
yexan, T ixan kalt : npers. yax eis, yaxde hagel und pr. key-
taro, das ich zu lit. ketas hart stelle.
Wird auch durch die hier erörterten Wörter für „hagel*'
meine annähme, auch alb. breäen bezeichne den hagel als
1) Auch für den fall, dass lat. grando und arm. karkut weder mit
abulg. grad^ noch mit einander verwandt sind, lassen sich für beide
anknüpfangen finden, bei denen ebenfalls die gleiche bedeutungsent-
Wicklung vorläge. Für lat. grando kämen ausser dem von Persson und
Stolz verglichenen gr. /^^a<fo; noch in betraoht gr. ygov^oc geballte
faust und die von Liden (Stud. z. aind. u. vergl. sprachgesch. 157) dazu
gestellten Wörter oder gr. /oy<f^; knospe, graupe, kom, das zuerst von
Benfey (Griech. wrzllex. ü, 185) aus *xqovSqos erklärt worden ist; für
XovdQos : grando könnte ein r-n-stamm angesetzt werden. Doch ist die
Zusammenstellung von grando mit gr. /^^a<foc oder ;|for<f^c insofern
nicht ganz einwandfrei, als die frage nach der Vertretung von idg. ghr-^
ghr- im Lateinischen noch immer eine offne ist (vgl. Hoffmann o. XXVI,
140 ff.). Für arm. karkut Hesse sich, wenn wir es mit Meillet zunächst
aus *ka'krut herleiten, Verwandtschaft mit den oben genannten slav.
Wörtern (poln. gruda usw.) oder mit dem oben (s. 245) erwähnten lit.
kriuna annehmen; in letzterem fall hätten wir im Litauischen qnd ^T"
menischen verschiedene Wurzelerweiterungen,
Etymologien. 249
„hart'\ „gefroren** genügend gestützt, so erhält sie noch eine
weitere stütze durch das albanesische selbst. Dem alb. breäen
steht lautlich sehr nahe das alb. breäe, breäke Schildkröte.
G. Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 47) hält mit Schuchardt
(KZ. XX, 253 f.) das wort für entlehnt aus lat *brö8CU8, er-
halten in mlat. bruscus frosch. Schuchardt meint mlat. brus-
CU8 könne mit prv. brusc rinde identisch sein, da die kröte
auch sonst als „rinde** bezeichnet werde. Das ist im gründe
richtig; nur muss man für „rinde** und „kröte^* die bedeutung
„harte schale^*, „schild** zu gründe legen und annehmen, dass
mlat. bruscus ursprünglich „Schildkröte^* bedeutet hat, dann
erst „kröte** (im allgemeinen), „frosch**. Das bei G. Meyer
weiter genannte alb. bretäke Schildkröte ist meiner meinung
nach etymologisch von alb. breäke, breäe zu trennen und zu
gr. ßazQoxog frosch zu stellen, das, wie wohl allgemein ange-
nommen wird, für ^ßqatqaxog steht und das ich mit gr. ßociaau,
ßqaC/u) sprudle, siede, worfle zu derselben idg. w. mer ziehe,
die in der oben (s. 184 f.) behandelten sippe von got bra^s
steckt. Die grundbedeutung dieser idg. w. iner ist „fluctuare**
(ein völlig bedeutungsgleiches deutsches wort finde ich nicht),
woraus sich einerseits die bedeutungen „springen**, „sieden**
(= blasen treiben), andrerseits die bedeutung „flimmern**
„schimmern** und aus ihr wieder „hell sein** und „dunkel sein'*
entwickeln. Dasselbe bedeutungsverhältnis wie zwischen' ßaTQu-
Xog : ßQdaaw besteht zwischen lit. varle frosch und virti sieden ;
dazu stelle ich auch lat. räna (aus *vräfiä) frosch. Hingegen
bedeutet die in alb. breäks, breäe und breäen steckende idg. w.
hhreus „hart, fest sein** und für das bedeutungsverhältnis von
alb. bresksy breäe : breäsn führe ich als analogen dasjenige von
gr. xilvg Schildkröte : x^^^"^ ^^% eine Zusammenstellung, die,
soweit ich sehe, bisher noch nicht vorgeschlagen worden ist.
Da von x^^^S abulg. iely, zehvt Schildkröte nicht getrennt
werden darf, wird für x^^^9 ^^^ damit auch für x^^^^ ^^
anlaut idg. gh, d. h. die rein-velare media aspirata erwiesen,
so dass auch aus diesem grund die Zusammenstellung von x^i^^Z^
mit ai. hrädüni-s unhaltbar ist. Für rein-velare media aspirata
sprechen ferner die meiner meinung nach mit x^^^Sf X^^^a
verwandten gr. x^^^^S kupfer, erz, pr. gelso, lit. geleziSj lett.
dzelze^ abulg. zel^o eisen. Gegen idg. gh scheint lit. zilve
Schildkröte zu sprechen ; daher bat Zubat;^ (o. XVII, 327 f.) das
250 Wiedemann
slav. wort für ein lit lehnwort gehalten (auch Hirt, o. XXIV,
2ö7 hält es für ein lehnwort), aber später (arch. f. slav. phil.
XVI, 420) das z Tür z = lit. z als folge volksetymologischer
anlehnung an eine andre , von Zubat;f (aao. 423 f.) ebenfalls
besprochene sippe aufgefasst. Viel näher liegt es aber, das
lit züve und das russ. dial. zelv Schildkröte als anlehnungen
an das wort für „griin^^ (lit. zelvas, abulg. zelern) aufzufassen,
falls diese beiden Wörter nicht überhaupt etymologisch von
abulg. zely ganz zu trennen und zu dem gleichbedeutenden
lat. gdaia zu stellen sind. Für die etymologische Zusammen-
gehörigkeit der Wörter für „Schildkröte'^ und der Wörter für
„eisen" spricht auch lit. gelezln varle, wo gelezlnia noch auf
eine für lit gelezis vorauszusetzende bedeutung „hartes*' weist
— Da nun gr. x^^^Q nicht nur „Schildkröte 'S sondern auch
„brusthöhle", „brustkorb", „lyra** (zu letzterer bedeutung vgl.
gr. xid-dga zither : xi^oQog brüst, ir. cruit harfe, cymr. cnoth
Violine : lit krütis, krütinS brüst; E. Zupitza, KZ. XXXVI, 242)
bedeutet, so steht von selten der bedeutung nichts im wege,
got. brusts und seine sippe zu alb. breäen und breäke, breie zu
stellen; es sei nur noch zur weiteren stütze dieser Zusammen-
stellung darauf hingewiesen, dass die eben genannten lit krütis,
krütlne etymologisch zu dem oben (s. 245) erwähnten lit kriu-
8zä gehören. Alle hier behandelten Wörter für „brüst" haben
zunäch^ „rippe" bedeutet, welche bedeutung auf die ältere
„umschliessendes", „umfassendes" zurückgeht
Die gleiche bedeutungsentwicklung liegt in pr. kradan,
lit krädas, brüst vor. Nesselmann (Thes. ling. pruss. 79) und
Bemeker (Preuss. spr. 300) stellen zu pr. kracUtn Wörter die
„klappern", „krächzen" bedeuten, was natürlich ganz unan-
nehmbar ist Vielmehr müssen beide Wörter mit Leskien (Nom.
452 f., hier ist allerdings nur lit. kriklas erwähnt, aber s. 451
ist neben letzterem pr. kradan genannt) zu lett krekls hemd
und weiter mit Brugmann (Gurtius' stud. VII, 281, wo übrigens
nur lett krekls genannt ist) und E. Zupitza (Germ. gutt. 133)
zu ags. hrcRgl gewand, stahlhemd, ahd. hragü indumentum ge-
stellt werden. Weiter stelle ich dazu russ. kroäni pl. t Schulter,
rücken und alb. krähe oberarm, arm, Schulter, flügel, krahnuerj
krahanür geg. kraheruar, -ör tosk. Schulterblatt, flügelknochen,
brüst, krahenurti brustleidender, krahnöä Schäfertasche. Die
alb. Wörter werden von G. Meyer (Etym. wl). d. alb. spr. 203 f.,
EtymologieD. 251
alb. stud. III, 6) und Liden (aao. 43 f.) anders, und zwar von
beiden verschieden beurteilt. Ohne Schwierigkeit lässt sich alb.
krähe aus idg. *krokskä herleiten wie alb. äoh sehe (aus idg.
^aSkffsJcö, nach Pedersen, KZ. XXXVI, 283) zu got. saOvan
sehen ^) (6. Meyer Alb. stud. HI, 6 f.) zeigt; slav. kroä- geht auf
idg. *kroks^ zurück. Die ursprüngliche bedeutung dieser idg.
w. krek tritt noch hervor in abulg. okroditi cingere (Miklosich
Etym. wb. 131), poln. krokwa verklammerung, harren, dach-
sparren, 6ech. klruss. krokva dachsparren, die Miklosich (Etym.
wb. 141) von abulg. okrodäi mit unrecht ganz trennt; auch
gr. xQwaaSg krug, urna und ir. crocän, kymr. crochan topf ge-
hören als „umfassendes** hierher. — Die von 6. Meyer zu alb.
kraha gestellten Wörter, die auf eine idg. w. kerk weisen, lassen
sich, wenn man von der bedeutung „biegen'' ausgeht, mit lat.
circus kreis und seiner sippe, über die Brugmann aao. gehandelt
hat, allerdings ohne die auf idg. kerk weisenden formen von
den auf idg. krek weisenden zu scheiden; im letzten grund
mögen ja idg. krek und kerk verwandt sein.
Sehr stiefmütterlich und zum teil auch unrichtig ist eine
andre sippe von Wörtern, die „brüst*' oder auch einen benach-
barten körperteil bezeichnen, etymologisch behandelt Es ist
das die sippe des lat pectus. In Pott's etymologischen for-
schungen fehlt pectus gänzlich. Bopp (Gloss. comp. ' 338)
stellt es, wenn auch zweifelnd, mit ir. ucht brüst zu ai. vdk^as
brüst und Benfey (Griech. wrzUex. II, 23) wiederholt die Zu-
sammenstellung von pedus mit väk^as, erwähnt aber ucht nicht.
Gegen die Zusammenstellung von pectus mit vdk^as zu polemi-
siren, ist heute nicht mehr nötig, da wol niemand mehr daran
festhält. Schwenck (Etym. wb. d. lat. spr. 553 f.) stellt pectus
1) Die ziiBammeiiBtelluiig von got. »aihvan mit alb. ioh habe ich
erst nach veröffentlichang meines aufsatzes (IF. I, 257 f.) bei 6. Meyer
(Etym. wb. d. alb. spr. 411 f.) gefanden, sonst hätte ich alb. ioh nicht
unerwähnt gelassen. Übrigens habe ich nachträglich auch gefanden,
dass schon Diefenbach (Vergl. wb. d. got. spr. II, 184) alb. ioh als dem
got. saihvan am nächsten stehend erwähnt hat. An der von mir ge-
gebnen etymologie von got. $aihvan halte ich auch heute noch fest, ob-
gleich Kluge (Etym. wb. * 360 f.) und Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d.
got. spr. ' 125) noch immer Aufrecht's etymologie vertreten. Fär meine
etymologie hat sich neuerdings wieder Brugmann (IF. XII, 28) ausge-
sprochen.
252 Wiedemann
mit Isidor zu lat. pedo kämmen und, was auf dasselbe heraus-
kommt, Ritschi, wie ich aus der erwähnung bei Schweizer (KZ.
III, 377, XIV, 151) ersehe, zu lat. pecten kämm; doch ist diese
Zusammenstellung, obwohl Schweizer und Zehetmayr (Analog.-
vergl. wb. 323) ihr beipflichten, sehr unwahrscheinlich und mag
daher auf sich beruhen; lautlich lässt sich gegen sie natürlich
nichts einwenden. Dann hat Hupfeld (KZ. VIII, 375) pectus
zu ai. pak^d'8 seite, achsel, flügel, hälfte, monatsmitte, partei,
anhang gestellt, worin ihm Hintner (Kl. wb. d. lat. etym. 163),
BrÄal (KZ. XX, 80), BrÄal-Bailly (Dict. etym. lat. » 254) und
Byrne (Origin of the greek, latin and gothic rootsg (isnlt ofdeg.
Hintner zieht auch noch lat. pango befestige hinzu, eben so
Vaniöek (Griech.-lat. etym. wb. 461, Etym. wb. d. lat spr. •
149). Zu pango ist pectus schon von Perotti gestellt worden,
wie ich aus Vossius (Etymol. linguae lat 377) ersehe; in neuerer
zeit haben sich für Zusammenstellung mit pango ^ ohne aL pa-
kpä'8 zu nennen, Gurtius (De nom. graec. formatione 20 anm. 89),
Schweizer-Sidler u. Surber (Gramm, d. lat. spr. 197), und Fu-
magalli (i principali etimol. lat 152) ausgesprochen. Aber
schon Vossius nimmt an dieser Zusammenstellung des zu dem
e in pectus nicht stimmenden a wegen anstoss; wenn er aber
ZU gr. nrpufog gefugt seine Zuflucht nimmt, worin ihm Döder-
lein (Lat. synon. u. etym. VI, 260) folgt, so ist auch das heute
nicht mehr möglich, denn wir wissen jetzt, dass das rj in
7tri%%6g und seiner sippe idg. ä ist Es bleibt also nur der
vergleich von pectus mit ai. pak^d-s, pdk^as bestehn, nur darf
man weder mit Breal aao. lat. -et- = ai. -k^- setzen, noch
mit Korsch (Ghafkovskij sbornik istoriko-filologiöeskago obsöetva
1895, s. 9 des sonderabdr.) ^), abulg. pleste schulter, rücken
heranziehen. In diesem sinn hat sich denn auch Pedersen
(Nord, tidsskr. f. filol., III. rsekke, bd. V, 32) ausgesprochen,
der seinerseits noch gr. nixog vliess heranzieht, was, wie ¥är
weiter unten sehen werden, nicht angeht. Abweichend von den
bisher genannten forschem hat Schleicher (Komp. § 167, 3) an
Bopp's Zusammenstellung von pectus mit ir. ucht festgehalten,
aber mit recht ai. vdk^as bei seite gelassen; denn ir. ucht
kann zwar entweder zu ai. vdk^as gestellt werden oder zu
1) Das Zitat gebe ich nach Pedersen, da mir die abhandlong nicht
zugänglich ist.
Etymologien. 253
pectus, nicht aber zu beiden. Die zuRamroenstellung von ir.
ucht mit ai. väk^as ist unter der Voraussetzung möglich, dass
vdk^as, ¥de Bopp angenommen hat und wie auch noch Uhlen-
beck (Kurzgef. etym. wb. d. aind. spr. 267) annimmt, zu ai.
ük^ati wächst gehört; u- in ir. ucht ginge dann auf idg. u->
va- in ai. väk^M auf idg. ve~ zurück. Aber schon Benfey aao.
hat väk^tis zu ai. vank^ana-a kriimmung in der gegend des
Schosses, leisten, weichen gestellt und auch Böhtlingk-Roth
(Skr.-wb. VI, 616, 618), stellen väk^as und vanksanchs zu
ai. vakpdnä hohler leib, bauch, weichen, fiussbett; diese ge-
hören aber weiter zu ai. vMcati wankt, wackelt, geht krumm,
schleicht, vaflcayati entgeht, entwischt, hintergeht, betrügt,
vacyäte dreht sich, tummelt sich, fliegt, vdnkris rippe (dies
wort spricht besonders für die hergehörigkeit von väk^as)^
va/iküs sich tummelnd ; zu diesen und den von Uhlenbeck (aao.
8. o. vdüeaii, Kurzgef. etym. wb. d. got. spr. * 163 s. y. waggc^
reis und waggs) zusammengestellten wörtem ziehe ich auch
noch aisl. vcengr, engl, uing (nord. lehnwort) flügel; zur be-
deutung von got toaggs (aue), paradies vgl. lett lekns, Wcna
niederung, feuchte wiese : lit. lifüäi sich biegen und abulg. lqg^
hain, russ. lug wiese : lit lingü'ti sich hin und her bewegen.
Mit pr. wangus dameraw, das Pauli (KSB. VII, 178), Nessel-
mann (Thes. ling. pass. 199), Fick (Vgl. wb. II », 769, Hl »,
288), Schade (Altd. wb. > 108), uhlenbeck (PBB. XIX, 523),
Bemeker (Preuss. spr. 329) und E. Zupitza (Germ. gutt. 181)
zu got waggs stellen, kann damit nichts zu schaffen haben,
denn bei pr. wangus muss von der bedeutung „wald'' ausge-
gangen werden; das wort kann ursprünglich eine baumart,
wahrsch. „eiche'' bezeichnet haben, so dass etymologischer Zu-
sammenhang mit ai. vanghc^s ein bestimmter bäum, zu dem es
auch Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. aind. spr. 267), wenn
auch nicht ganz zuversichtlich, zieht, meiner meinung nach
nicht zu verkennen ist — Da nun ir. ucht nicht auf eine idg.
w. venk zurückgeführt werden kann, bleibt nur lat pectus zum
vergleich übrig. Wenn E. Zupitza (KZ. XXXV, 266 f.) für
diese Zusammenstellung eintritt, so kann ich ihm darin nur
beipflichten, me das auch schon Stokes (KZ. XXXV, 594) getan
hat, der früher (Fick Vgl. wb. II ^, 55, Ztschr. f. celt phil.
I, 73) lett. pups weiberbrust verglichen hatte. Aus obigem
kann aber E. Zupitza sehen, dass er keine geringeren Vorgänger
254 Wiedemann
hat als Bopp und Schleicher. Die Zusammenstellung von peetus
mit ir. udit macht aber die Verbindung von pectus mit ai.
paksd-^ nicht hinfällig; es liegt nur im Indischen ein anderes
suffiz vor als im Italischen und Keltischen. Zu ai. pak^ds
hat Bezzenberger (o. XVI, 120) lett. paksia hausecke, aizpaJeszem
bei Seite gestellt. Dies lettische wort lehrt uns, dass mr es
bei ai. pak^ä-s, lat. pectus, ir. t$cht mit einem velaren oder
labio-yelaren guttural zu tun haben; es geht daher nicht an,
mit Böhtlingk-Roth (Skr.-wb. IV, 350) und Goldschmidt (KZ.
XXV, 611) ai. pdk^ma haar, ¥ämper zu ai. pak^d-^ zu stellen,
denn ai. päk^ma hat -^ aus idg. -ha-, wie das i von av,
paämm augenwimpern zeigt; npers. paäm wolle beweist nichts,
da apers. xä (:= idg. ks) vor konsonanten zu npers. s wird
(Hübschmann, Pers. stud. 232 f.), also mit apers. ä (= idg. hi)
zusammengefallen ist, wol aber wird für ai. pdßkma -k^- aus
idg. -Tcs- noch erwiesen durch arm. asr Schafwolle, vliess, von
dem das gleichbedeutende gr. nhiog nicht getrennt werden darf
(damit ist Pedersen's Zusammenstellung von lat. pectus mit gr.
ninLog widerlegt), und durch lit. piszti abreissen, rupfen, pflücken.
— Ausser lett. paksis weist der litauische sprachzweig noch
einen spross dieser idg. wurzel auf: pr. paggan wegen, das ich
hierher ziehe; zur bedeutung verweise ich auf nhd. -seits, von
seilen und besonders auf nhd. -halb, -halben, halber : got. hcdba
hälfte, Seite, halbe halb. Ausser bei Pierson (Altpr. wörterschatz
29), der in paggan eine Zusammensetzung aus pa- und einem
dem gäl. kion grund, Ursache, chion wegen verwandten wort
sieht, habe ich keine etymologische deutung von pr. paggan
gefunden; ich hoffe, dass meine deutung für besser als diejenige
Pierson's befunden wird ; sie wird auch dem -gg- besser gerecht,
denn in einer Zusammensetzung hätte der ton wol auf dem
zweiten teil geruht und daher wäre nach dem (unbetonten) a
der ersten silbe das g nicht doppelt geschrieben worden. In
pr. paggan sehe ich den instr. sg. eines O-stammes (vgl. lit. -a,
dial. -u, lett. -u, abulg. -(ojjq, ai. -ä, aus idg. -an, Mahlow,
Lang. vok. 70). Das Preussische erweist als wurzelschliessenden
konsonanten idg. media oder media aspirata. Beide formen,
die mit ^-g- oder -gh- und mit -ks-, kommen in den slavischen
sprachen vor, die zahlreiche verwandte von lat. pectus, ir. ucht,
ai. pakshd-s lett. paksis, pr. paggan aufweisen. Zunächst nenne
ich osorb. pod^paha achselhöhle, in dem wir den aus pr. paggan
Etymologien. 255
erschlossenen ^r-8tamm, nur mit anderem wurzelvokal, haben.
Derselbe vokalismus liegt vor in den mit den sufGxen idg. -so-,
sä- gebildeten, also slav. -ch- aus idg. -A»- enthaltenden, russ.
poch leistengegend, poln. klruss. russ. pacha achselhöhlei wruss.
pcichi pl. t. Schulterblätter, pacha achselhöhle, band, osorb.,
russ. pod-pach, klruss. pod^pacha achselhöhle; auf einem ü-
stamm, urslav. pachy-, pochy^, beruhen: russ., wruss. pachva
achselhöhle, leistengegend , russ. pachvi pl. t., poln. pachwina,
pachtoiny pl. t. leistengegend, wruss. pachviny (pl. t.) unterer
teil des körpers von den rippen bis zu den fiissen, wruss.
pachvina, russ. pachovina teil des bauches vom nabel bis zu
den weichen (bei tieren), serb. povi (f. *pohvi)^ slov. pohvine
Schwanzriemen, öech. pochva scheide, degen-, messerscheide,
pl. pochvy Pferdegeschirr, poäva^ osorb. pöswa, poln. pochtoa,
poszwa, klruss. pochva, wruss. pochva scheide, russ. pochva
Schwanzriemen, poäev (veraltet), poävy m. pl. t. poäevni pl. t.
breiter und niedriger Schlitten (zur bedeutung vgl. russ. sani
pl. t. Schlitten : lit. szinas seite; Zuhat/, Arch. f. slav. phil.
XVI, 410 f.). Femer gehört hierher klruss. -paä in ruko-paä
handgemein, wie schon Miklosich (Etym. wb. 230) angedeutet
hat Hierher ziehe ich auch klruss., wruss., russ. pastb Schlund,
rächen und abulg. peith höhle, das entweder von abulg. peätt
ofen (zu abulg. pekq backe) ganz zu trennen ist oder in der
weise damit identisch ist, dass für beide von der bedeutung
„höhle" auszugehn ist; letzteres halte ich der bedeutung „fels"
wegen, die urslav. ^pektt- in mehreren slav. sprachen neben
der bedeutung „ofen'* zeigt, für das wahrscheinlichere; zum
bedeutungsübergang „höhle'S „felsenhöhle"^ „fels'< vgl. lit. ülä
felsenhöhle, fels neben gr. avlog flöte (vgl. gr. avQiy^ flöte :
lit kiduras, Bezzenberger, o. XIII, 299), avltiv hohlweg, ctvXi^
hof, Wohnung, abulg. ulijb bienenstock (nach den waben be-
nannt), ulica gasse, die zum teil schon zusammengestellt sind;
für das bedeutungsverhältnis „höhle*' : „ofen'' führe ich noch
an lat fomix höhle, Wölbung : fornäx ofen, die meiner mei-
nung nach ebenso zusammenhängen wie lat. öUa, alat. aüla,
ai. ukhds, ukhä topf und got. aühns ofen, die schon längst
zusammengestellt sind. Es darf also auch für abulg. pesth un-
bedenklich von der bedeutung „höhle'* ausgegangen werden.
Vielleicht deckt sich abulg. peith laut für laut mit lat pectus,
denn das diesem zu gründe liegende idg. ^pektus kann lautge-
256 Wiedemann
setzlich nur zu abulg. peHb (zunächst aus *peätb) werden; vom
nom. sg. aus kann das wort der analogie der zahlreichen ab-
strakta auf -tt verfallen sein. Natürlich kann eben so gut
abulg. peätb auf idg. *pekt%8 zurückgehn, und das müssen die-
jenigen annehmen, die mit Miklosich (Festgr. a. Böhtlingk 88),
FortunatoY (Arch. f. slav. phil. XI, ö67) und Uhlenbeck (PBB.
XIX, 517 ff.) der ansieht sind , aus abulg. p^tb s= lit. pefiktas
fünfter ergebe sich das lautgesetz, dass idg. -kt- zu t slav. -t-
werde, nach Fortunatov und Uhlenbeck vor dunklen (harten)
vokalen. Ein derartiges lautgesetz darf aber aus abulg. p^
eben so wenig gefolgert werden, wie aus lat. quintus fünfter
für das lateinische ein lautgesetz, dass idg. -kt- zu lat 4- wird;
aus abulg. p^tb, lat. quintus folgt nur, dass in beiden sprach-
familien in der lautgruppe -nkt" k sehr früh, im Slavischen vor
der Umwandlung von idg. -kt- zu abulg. -^t-, serb. -J- usw.,
geschwunden ist. Leider hat Brugmann (Grdr. I *, 585) diese
annähme Fortunatov's und Uhlenbeck*s gebilligt und auch
E. Zupitza (KZ. XXXV, 266) hat abulg. potb schweiss auf idg.
*pokf^os (zu abulg. peiq backe) zurückgeführt, ohne auch nur
ein wort über slav. -/- zu verlieren ^). — Aber noch eine reihe
andrer Wörter aus dem Slavischen gehört zu lat pectus usw.
Zunächst nenne ich öech. ptize arm, pod-paznik schosshund,
günstling, pod-paznice schulterkissen , (busen)freundin, wund-
beule, osorb. paza achselhöhle, nsorb. paza räum zwischen
Oberarm und seite, pad-paza achselhöhle; das paz- dieser wörter
geht auf urslav. ^pagj- zurück. Durch anfügung eines dental-
suffixes, idg. ••dO'('där) oder '■dho-(-dha') an die wortform idg.
^pöks- entsteht idg. ^pögzd- oder ^pögzdh- — slav. pazd- in
slov. pazducha, pazdicha achselhöhle: ferner mit "zd- aus
urslav. "Zdj- : öech. pazdi achsel. Neben diesen formen mit
1) Vial näher liegt es, abulg. poth als „nasBes** zu fassen und mit
gr. norafAos fluss, nori^äg (od. XroTM^cr;?), noanäiSv auf eine idg. w.
p0t : pot nass sein, fliessen zurückzuführen; die übliche Zusammenstel-
lung von IloaiiSiav mit gr. novros meer, ai. pdnthäs pfad, bahn, weg,
lat. pons brücke , pr. pinti», abulg. pejfb weg scheitert an den lauten,
denn durch einfluss von gr. narog pfad darf man den spurlosen Schwund
des nasals in IloaitidSv nicht erklären, da der etymologische Zusammen-
hang von ndrog und novrog kaum dem Sprachgefühl der Griechen
lebendig war. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass notafiog zu gr. ni"
rofiai fliege, nimm falle gehört, wie man gewöhnlich annimmt, da in
dieser sippe nur die bedeutungen „fliegen", „fallen" hervortreten.
Etymologien. 2ö7
"zd-^-zd-) liegen formen mit -z- : abulg. paaucha, bulg. pa-
zucha pcusuvGf pazva busen, serb. pazucho achsel, slov. pazucha,
pazicha achselhöble, öecb. pazucha achsel, paaouch nebenzweig,
poln. pazucha bösen, pl. pazuchy achselhöble, klruss. wruss.
rasa, pazucha busen, abulg. pazuibnica Unterkleid, russ. paz%h
äina böble, Vertiefung. Diese Wörter mit ^zd'(ed)' und -e* sind
bisher noch nicht befriedigend erklärt worden. Miklosich hat
zu verschiedenen zeiten verschiedene ansichten geäussert. Im
lex. palaeoslav.-gr.-lat. 551 vergleicht er lit. pazastis achsel-
höble; vgl. gr. n, 290 f. will er von ^paducha ausgehn und
darin eine Zusammensetzung von pa und ducha (zu ai. dös
Vorderarm, arm, unterer teil des vorderfusses bei tieren, lett.
duse, pa-duse achselhöble) sehen; vgl. gr. I *, 2ö8 zerlegt er
abulg. pazucha in paz-ucha (dazu lett pazmS unter dem arm,
pad-use achselhöble und ai. amsa-s schulter; s. 286 beisst es
wörtlich: „ucha für ai. dmaas (Mikl. hat äsa), pazucha steht
für pazducha : lett. duse, paduse; etym. wb. 52 geht er von
pazducha aus und kehrt zu seiner annähme einer Zusammen-
setzung mit ducha (ai. dös) zurück, bemerkt aber am schluss
des artikels „dunkel ist paze usw." Fick (o. ü, 267, vgl. wb.
I ^, 433) zerlegt das wort ebenfalls in pa-zucha, will aber das
'Uch- auf idg. ^ons- zurückfuhren, was gegen die lautgesetze ist
(vgl. jetzt Pedersen, IF. V, 56 f.). Obgleich Miklosicb's ansieht,
dass -ducha mit ai. dös zusammenhängt bei Pedersen (aao. 38)
und Uhlenbeck (Eurzgef. etym. wb. d. aind. spr. 131) Zustim-
mung gefunden hat und auch Nehring (IF. IV, 400) ihr zuzu-
stimmen scheint, halte ich Miklosich's frühere Zusammenstellung
mit lit. pazadis insofern für richtig, als er dabei paz- als
wurzelhaft ansah, wenn auch lit. pazastis mit Zubat^ (o. XVII,
327) als Zusammensetzung aus pa- unter und *za8tas = ai.
hdsta-s, av. zastö, apers. dasta-, npers. dest band ^) anzusehen
ist und daher mit pazucha nichts zu tun hat. Ausser lit. pa-
1) Ob auch gr. dyoarog (nur bei Homer in der formel iU yaütv
dyoartS und bei anderen dichtem, ebenfalls nur im dativ) hierher ge-
hört, ist sehr fraglich; viel naher liegt es, mit Döderlein (Hom. gloss.
III, 4) dyomog in Zusammenhang mit gr. dyrj bug zu bringen, nur darf
nicht mit Döderlein gr. ayvvfn breche verglichen werden, weil dies an-
lautendes ^ hat, dyoOTog aber nicht. Auch möchte ich nicht mit Benfey
(Gr. wrzUex. II, 18) und Leo Meyer (Handb. d. griech. etym. I, 115) an
die idg. w. ang sich krümmen denken, sondern lieber an die sippe von
Beitrlge z. knod« d. indy. spmehen- XXVII. 17
258 WiedemaAü
isastls hatte Miklosich aber früher auch Sech, paie usw. ver-
glichen, Wörter, die er später als ,,duiikel*' bezeichnen musste,
da sie bei der annähme, pazucha sei eine Zusammensetzung,
mit diesem unvereinbar sind. Mit recht nimmt denn auch
^alde (KZ. XXXIV, 510) zur erklärung des z in pazucha
gegenüber dem -zd- in slov. pazducha auf diese formen rück-
sicht; wenn er sie aber aus ursl. paz- + i-suf&x erklären will,
so kann ich ihm darin nicht folgen, da ich mich nicht ent-
schliessen kann , die slav. werter von pr. paggan, lett. paksis
zu trennen, welches letztere ja den slav. Wörtern mit poch-,
poch' (poä-, paä') lautlich sehr nahe steht. Zur erklärung des
z in pazucha muss zweierlei berücksichtigt werden: erstens, dass
Wörter wie russ. pachva, bulg. pazva auf einen u-stamm weisen,
und zweitens, dass wruss. pacha nicht nur „achselhöhle" son-
dern auch „hand'S also den untersten teil des arms, bedeutet.
Dies führt zur Vermutung, dass das idg. wort für „unterarm'S
^bhaghü- (ai. bähü-s, av. bäzu-, gr. n^x^ (nSxvs)^ aisl. bögr)^
auch im Slavischen, wo es *bazh gelautet haben würde, vor-
handen gewesen, dann aber ausgestorben ist, jedoch nicht, ohne
in dem z des abulg. pazucha, in den auf einen u-stamm wei-
senden Wörtern und in der auf den unteren teil des arms er-
weiterten bedeutung spuren hinterlassen zu haben. Gehört
auch slov. pazducha nicht zu ai. dös, so doch ausser ir. döe
arm noch lett. duse^ pa^duse achselhöhle, wie auch schon
Walde gesehen hat, der auch lett. pazuss (Walde hat pazuse;
Ulmann Lett.-dtsch. wb. 190, aber führt das wort nur im lok.
sg. pazusS an) richtig erklärt, und, wenn wir für diese Wörter
von der grundbedeutung „schwellen", bez. „hohl sein" ausgehn,
was unbedenklich ist, auch lat ab-dömen neben ab-dümen
(„unter den weichen befindlich" =) Unterleib (anders über ab-
dornen Brugmann, IF. XI, 271 ff.) und ai. do^ („verhüllend",
„verhüllt" =) dunkel, nacht. Das in slov. pazducha steckende
idg. pögzd" oder pögzdh- möchte ich auch in einem lateinischen
wort suchen: da idg. pögzd-, pögzdh^ nichts anderes ergeben
kann als lat. pöd- so hindert von seiten der laute nichts, lat
pödex hinterer hierher zu ziehen; hinsichtlich der bedeutung
erinnere ich an die oben (s. 255) angeführten slav. Wörter mit
lat. axäla aohaelhöhle, aisL ^ achsel denken; sn gronde liegt diesen
Wörtern der stamm idg. * ageM-.
Etymologien. 259
der bedeutung „Schwanzriemen'' i). Doch gibt es ausser dieser
und der üblichen Zusammenstellung mit lat. pSdo noch zwei
andre, nicht minder gute erklärungen von pödexz 1) pödex :
abulg. pozd^ („zurück-, femliegend'' =) spät (vgl nhd. Aiw-
ierer, abulg. zauh rücken, zaedt hinterteil; anders über diese
slav. Wörter Pott, Etym. forsch. * IV, 416 anm., E. Zupitza,
Germ. gutt. 201 f. mit anm.); 2) pödex : gr. Ttoa&rj männliches
glied (vgl. lit. bulls hinterer : gr. q>aXXog männliches glied);
femer kann lat. pödex auf idg. ^pöugd- oder ^pöugdk- zurück-
geführt und zu dem gleichbedeutenden gr. nvyri gestellt werden
und endlich können diejenigen, die für das Lateinische Zu-
sammensetzungen mit po- = lit pa-, abulg. po auf annehmen,
ZU denen ich aber nicht gehöre, in lat pödex mit besserem
recht die idg. w. sed sitzen suchen als Rozwadowski (IF.
V, 353 f.) in pr. peieda, russ. pizda *). — Ausser den hier be-
handelten Wörtern gehört zur sippe von lat pectus noch ai.
pajasyh-m bauchgegend, weichen, das schon von Pedersen
(aao. 49) mit recht zu russ. ptich gestellt worden ist, wenn
auch Pedersen den Zusammenhang beider mit ai. pak^d-s
nicht erkannt hat ') ; mit unrecht nennt Uhlenbeck (Kurzgef.
1) Der bedentang nach hätte das Verhältnis von lat. pödtx : abnlg.
ptttueha (msB. paxueha bedeutet n. a. anch „achselhöhle'*) eine ent-
spreohnng in dem von serb. gwi hinterer, poln. guziea steiss der vögel
zn franz. gousset achselhöhle, dem. zu franz. gotuse schote, hülse (ital.
guteio schale von nnssen, eiern, schaltieren). Die von Diez (Etym. wb.
d. roman. sprachen * 181, Scheler (Dict. d'etym. franc. 250) nnd Kör-
ting (Lat.-rom. wb. ^ 420, no. 4186) gegebnen erklärungen dieser roma-
nischen Wörter befriedigen nicht. Legen wir ein lat. *gu8eiu»^ das für
*gueBeiu9 stehn kann, mit der bedeutung „seh wellung*', „höhlung" zu
gründe, so erklärt sich aUes aufs beste; dann darf auch franz. gauttani
dick, gedrungen herangezogen werden. Zu den von Stappers (Dict.
synopt. d'6tym. frang. * 772) herangezogenen keltischen Wörtern vgl.
Thumeysen (Eeltorom. 66). Das von Miklosich (Etym. wb. 81) ver-
glichene lit. giUku knorren ist slav. lehnwort : poln. gia beule, knorren
(Brückner, Slav. lehnw. i. lit. 86, Leskien, Nom. 190); wol aber sind die
bei Leskien (Abi. 816 u. m-n-guitt) genannten Wörter verwandt.
2) Rozwadowski's aufsat? ist völlig verfehlt, weil in ihm das von
Miklosich (Etym. wb. 248) verglichene alb. pid^, best, piä-t weibliche
schäm, das ganz andre wege weist, unbegreiflicherweise gänzlich ausser
acht gelassen ist
8) Das von Pedersen erwähnte slov. ptuiueh zuohtstier, das nach
Pedersen irgendwie mit russ. pattueh hirt zusammenhängt, hat damit
17*
260 Wiedemann
etym. wb. d. aind. spr. 162) diese Zusammenstellung unsicher.
Das ai. pä/asifä-m gibt uns aufschluss darüber, dass das g (gg)
in pr. paggan auf idg. media zurückgeht; dass es die rein
yelare media ist, zeigt uns das germanische, denn zu der hier
behandelten sippe ziehe ich auch ags. fcec Zeitraum, zeit, ahd.
fah teil, abteilung die allgemein zu nhd. fügen gestellt werden ;
höchstens nhd. --fach in einfach könnte zu fügen (vgl. gr. -TtaS)
gehören, aber für ags. feec, ahd. fah setzt man wol am besten
als grundbedeutung „(hohl)raum*S „spatium" an; dann aber
gehören sie zu der sippe von lat. pectus^ haben also germ. a =
idg. 0, gegenüber ahd. fang fang mit a — idg. a. Es ist aber
durchaus nicht notwendig, -fach von ahd. fah zu trennen, um
es mit gr. ^na^ zu verbinden; die in -fach vorliegende bedeu-
tung kann sich sehr gut aus der bedeutung des ahd. fah ent-
¥ackelt haben. Höchst wahrscheinlich ist von ahd. fah teil
ahd. fah reuse, schlinge etymologisch zu trennen und zu dem
gleichbedeutenden gr. ndyog zu stellen; denn von der bedeu-
tung „schwellen'S „hohl seines die der sippe von lat. pectus
zu gründe liegt, sehe ich keine Vermittlung zu der bedeutung
„schlinge'S die sich andrerseits aus der bedeutung der idg. w.
päk, pä§ „fest sein'', „fest machen'', „fügen" ohne weiteres
entwickeln konnte.
Während nach diesen darlegungen lat. pectus eine recht
ansehnliche sippschaft hat, steht ein anderes lateinisches wort
für „brüst", nämlich einua, ziemlich vereinsamt; erst in neuerer
zeit hat G. Meyer (o. VIU, 192, etym. wb. d. alb. spr. 140,
alb. stud. ni, 44) alb. g'i (stamm g'in-) busen, schoss, meer-
busen dazu gestellt. Die von A. Kuhn (KZ. II, 462, 466) her-
rührende Zusammenstellung des lat. sinus mit ai. sdnu^ Ober-
fläche, rücken, höhe hat heute wol kaum noch einen anhänger,
von Leo Meyer (Vergl. gramm. I * 753) vielleicht abgesehen.
Niedermann (if und i im lat), der das lat. sinus bei billigung
der etymologie A. Kuhn's hätte besprechen müssen, erwähnt es
überhaupt nicht, woraus man wol schliessen darf, dass auch er
diese etymologie für völlig abgetan hält. Lautlich haltbar ist
natürlich nichts zu schaffen, sondern gehört zu ahd. /m«/ naohkommen-
schaft, mhd. vaaelrifU zuchtstier and dessen sippe, über deren slav. za-
gehörige Prasik (KZ. XXXV, 601 f.) gehandelt hat; doch zieht er aach
allerhand hierher, was nicht daza gehört, a. a. aaoh manche der von
mir oben anders erkl&rten Wörter.
Etymologien. 261
die von Liden (o. XIX, 284) vorgeschlagene zurückfiihrung auf
eine idg. w. si- mittere, aber die von Liden angenommene
bedeutungsentwicklung „niederschiessende, herauslaufende krüm-
mung^', „falte^^ ist wenig einleuchtend und auch das von Liden
herangezogene got. skaids zipfel, säum des kleides, nhd. schoas :
ahd. skioggan schiessen hilft nichts ; denn es hat doch eine
wesentlich andre bedeutung als lat. sinus, alb. g'i, die beide
auf eine grundbedeutung „schwellend", „rund", „gebogen"
weisen. Daher ist die schon von den lateinischen grammatikern
herrührende Zusammenstellung mit lat. slnus, ^num weit-
bauchiges, tönernes gefass, süula eimer, krug, wozu weiter
umbr. sviseve dass. (vgl zu diesem wort Planta, osk.-umbr.
dial. I, 305), möglich. Ich glaube aber noch ein bisher nur un-
befriedigend erklärtes slavisches wort hierher ziehen zu dürfen :
abulg. iija schüsselbein, hals, das Miklosich (Lex. palaeo-slov.-
gr.-lat. 1134) zu ai. si/äti, sindti bindet gestellt, aber später
(etym. wb. 339) unerklärt gelassen hat; er erwähnt nur serb.
(häijati umschwenken, za^Sijati beugen. Die laut Verhältnisse
liegen bei lat. sinusj alb. gi, abulg. äija genau so wie beim
Zahlwort für „sechs" (lat. sex, alb. g'aäU, abulg. iesth)^ für das
Job. Schmidt (KZ. XXV, 121 anm.) und Hübschmann (KZ.
XXVII, 105 ff.) auf grund des ai. ^df und des av. x^vaä mit
recht idg. ksv- ansetzen; vgl. auch Kretschmer (KZ. XXXI, 418).
Die von Pedersen (IF. V, 76 f.) versuchte erklärung des S- von
abulg. iesth ist verfehlt, da das Slavische bei diesem wort im
inlaut nie etwas andres als -st- gehabt haben kann; slav. ch-
{S') kann stets nur auf idg. ks- (oder Icsv-) zurückgehn und es
ist durchaus nicht zu gewagt, wenn man für diejenigen sprachen,
die in solchen fällen auf idg. 8- (oder sv-) weisen, Schwund des
k' im sonderleben der betreffenden sprachen annimmt Im
Albanesischen muss dieser Schwund schon zu einer zeit statt-
gefunden haben, als idg. ks- noch nicht zu alb. h- geworden war.
(Fortsetznng folgt.)
262 W. Neisser
Vedisoh stufe.
Die interessante probe einer kritisch-exegetischen bearbei-
tung des textes der rgredischen hymnen, die H. Oldenberg
im laufenden (55.) bände der ZDMG. veröffentlicht, hat diesen
hervorragenden forscher im laufe der erörterung zahlreicher
mit dem texte verknüpfter probleme auch zu ved. stu^e und
genossen gefuhrt (s. 306 ff.) , denen ich o. 20 , 54 ff. die (in
einigen fällen infolge umdeutung verdunkelte) geltung aus infi-
nitiven hervorgegangener imperative (meist 2. person, bisweilen
1. pers.) zuerkannt habe, die besonders häufig auf ein kollek-
tivum als Subjekt bezogen erscheinen. Das ergebnis der von
Oldenberg geführten Untersuchung ist von dem von mir er-
mittelten wesentlich verschieden. Er gibt den fraglichen formen
durchweg indikativische, nicht imperativische bedeutung und
bezieht sie nicht auf kollektivische, sondern auf singularische
Subjekte (meist 1. pers., bisweilen 3. pers.). Oldenbergs Unter-
suchung hebt sich von den im folgenden namhaft zu machenden,
dem gleichen problem gewidmeten Veröffentlichungen durch
vollständige berücksichtigung des belegmaterials ab. Obwohl
ich die ergebnisse nirgend unverändert mir aneignen kann,
danke ich ihnen die anregung zu erneuter prüfung, die das
früher mitgeteilte im wesentlichen mir bestätigt, doch im ein-
zelnen kleine berichtigungen und mehrere nachtrage ergeben
hat Neben gewissen leicht abzugrenzenden exegetischen in-
dizien sind es vorwiegend grammatische gesichtspunkte, durch
deren ausführlichere darlegung ich eine einigung der meinungen
anzubahnen hoffe.
Oldenberg (s. 309) hält es für nächstliegend, stu^e als
indik. praes., gebildet aus dem stamme stu^- ^) mittelst antritt
des sog. primären personalsuffixes -e anzusehen. So schrieb
ehedem Delbrück Altind. verb. 181: „am einfachsten ist wohl,
dass man stu^e von einer wurzel stus ableitet, die sich zu stu
verhielte, wie änif zu äru. Dafür spricht auch stuftyya-*'*'.
Die hier verglichene „wurzeP' ^rfA§, der — abgesehen von RV.
1) „... ein BigmatiBoher aoriststunm ? Dann müsste natürlich
pun^i fiiia$0 etc. auf umwegen, die aber wohl gangbar sind, erklärt
werden'*. (Anm. O.'b).
Vedisch stu^e. 263
I, 68, 9 ird^an, das formell konj. des s-aor. sein kann, ygL
unten s. 266 extr. — äro^fUu, irösamäna- entstammen, zeigt in
äbereinstimmung mit ne^ parsa ndk^i rosate u. a., dass nicht
1. 3. sing, stu^e, sondern 1. sing, ^sto^e, 3. sing. ^sto^aU einer
ans yerallgemeinerung des aoriststamms hervorgegangenen
„Wurzel" 8tu8 entspringen würden. Das unthematische stu^e
kann nur aus der liebendigen, regelrecht unthematischen flexion
des «-aorists hergeleitet werden, wofern es als finite form ver-
standen werden soll. Freilich erregt der umstand, dass alle
finiten formen des aor. «to^- hochstufe der wurzel aufweisen
(ebenso ahesata von aor. hes^^ dagegen tiefstufig hi^e\ sogleich
bedenken gegen die Zusammenstellung von stu^e mit den finiten
formen. Und wie sollte das praesentische personalsuffix in stu^e
erklärt werden? So ist begreiflich, dass Delbrück in der Ver-
legenheit eine „wurzel'' 5^11^ aufstellt, hi^e gehört dann ver-
mutlich zu „Wurzel'^ hiß . arcas-, Hijas- u. s. w. dagegen in
arcase, jiijase u. s. w. werden „doppelstämme" genannt: namen
bedürfen keiner erklärung. Brugmann Grundr. II 1020, der
an Delbrück (und Grassmann) sich anschliesst, ohne Lud-
wigs infinitivtheorie (inf. im Yeda s. 73 ff., „9gveda'' passim)
zu erwähnen, reiht die ausschliesslich ^) als 1. sing, oder 3. sing,
nachweisbaren stti^e und genossen an altertümliche, durch das
ganze paradigma durchfiektirte praesentia der wurzeln ar. dve^
„hassen'', idg. jös „gürten'S idg. vea „sich ankleiden", deren
herkunft aus dem a-aorist unsicher und kaum wahrscheinlich
ist Durch diese kombination kann die bei praesentischer auf-
fassung von stu^e u. s. w. sich ergebende völlige isolirung dieser
formen nicht aufgehoben werden.
Nun sei zugegeben, dass zwar nicht der a-aorist, aber an-
dere praeteritalstämme neben ihren regelrecht mit sog. sekun-
dären personalsuffixen bekleideten finiten formen gelegent-
lich und ausnahmsweise (vermutlich infolge des umstands,
dass in den nichtaugmentirten formen vielfach eine praeteritale
bedeutung nicht zu tage trat, ja von haus aus fehlte) praesen-
tische formen auch des indikativs zulassen. So finden sich im
RV. bei den in gewöhnlicher praeteritalflexion sehr reichlich
belegbaren aoristen kar^, gam-, bhü- ausnahmeweise praesentisch
1) J. Schmidt Ztschr. 27, 826: „auffällig ist, dass keine anderen
personen der art yorkommen".
264 W. Neisser
kfthas ^ krtha ^, gathd ^, bhüihäs ^ bhükis ^, bei perf. nine- einmal
ninUhds ^), u. ähnl., alles im yerhältnis zur masse des regulären
in einer kleinen minderheit von fällen. Wollte man analoges
gelegentliches übergreifen auch des 9-aorists in die praesens-
Sphäre für prinzipiell möglich erklären, so wäre doch ersichtlich,
dass sttt^e, das 20 mal belegt ist, dreimal häufiger als die echt
praeteritalen medialformen von sto^-, nicht zur gelegenheits-
bildung gestempelt werden kann und von krthaa u. s. w. prin-
zipiell zu scheiden ist. Das von stu^B gesagte gilt verschärft
für arcase rfijase u. s. w., neben denen finite formen gar nicht
vorhanden sind, deren bei praeteritaler bildung praesentische
bedeutung den anstoss zur annähme praesentischer personal-
suffixe gegeben haben könnte.
Ich betrachte als erwiesen, dass stu^e seiner form nach
nicht indik. praes. sein kann. Da nach dem stände unsers
¥ässens das auslautende -e nur entweder als personal- oder als
infinitivsuffix angesehen werden kann, so bleibt formelle iden-
tifizirung von stti^e mit dem inf. stu^i, von dem es nur durch
Unterwerfung unter das gesetz der verbalenklise sich scheidet,
einzig übrig. Da formell auch hise mit inf. ß^i sich vergleicht,
rfijase dohase von den gleichlautenden infinitiven nur durch
die verbalenklise geschieden sind, neben grni^e mit anderem
Suffix, aber gleicher Stammbildung inf. gmi^dni sich einstellt,
während gäyi^e etwa an MS. 1, 2, 17 (27 4) ävyathi^e (wohl
kein eigentlicher inf., doch ähnlich verwendet) erinnert, so er-
gibt sich ein bis in die einzelheiten des morphologischen auf-
baus zu verfolgender parallelismus von stu^e und genossen mit
den auf -se auslautenden infinitiven. Es bleibt die frage der
ursprünglichen identität beider kategorien unter dem gesichts-
punkt der bedeutung zu prüfen.
Die möglichkeit einer vergleichung der beiderseitigen be-
deutung en ist in der bekannten tatsache begründet, dass infi-
nitive im sinne eines verbum finitum verwendet werden können.
Es wird zu fragen sein, ob die für diese Verwendung geltenden
gesetze auch als den gebrauchsweisen von stu^e u. s. w. zu
gründe liegend erweislich sind. Für die vedische spräche lassen
die bedingungen, unter denen infinitive die stelle eines ver-
1) Für verfehlt halte ich es, wenn H. Hirt IF. 12, 220 hierin
(sowie in ninlyät) einen fortsetzer vorindischer praesensbüdung sucht
Vedisch stu^e. 265
bum finitum einnehmen können, sich so formuliren: de ver-
treten (trotz Delbrück Vgl. Synt 2, 453 a. E.) nie einen
indik. praes., wohl aber (als sog. infinitivi historioi) gelegent-
lich einen indik. praeteriti ^); ihre häufigste bedeutung
ist die imperativische. Vergleichen wir hiermit die Verwen-
dungen von stu^e u. s. w., so wird der praeterital-indikativi-
schen, die auch bei echten infinitiven seltener nachweisbar ist,
das mindere gewicht beizumessen sein*), aller nachdruck da-
1) RV. X, 182, 1 ^'Sndm id Dy&ur Bkutnir abhi prahhüfd^i,
ijändm Aivinäv abhi mardhatsm „dem opferer standen himmel and erde
zu diensten {prabhüfdifi wohl nicht zn prä bhü „za gute kommen, nützen",
das den dativ regiert, sondern zu prd bhüf „bedienen, ausrüsten"), dem
opferer erwiesen die Aivin Wohltat". Vgl. auch VIII, 89, 1 yajädhyai
neben Mtofi. Jedenfalls ist, wie in den von Wackernagel Verh. d.
89. philol. vers. 279 f. beleuchteten enropftisohen parallelen, der „histo-
rische" igebraach aas dem imperativischen abzuleiten. (Über entspre-
chende herleitung von idg. hhüa „warst" aus hhüa „sei" vgl. o. 20, 72 A.).
2) „Historische" Verwendung eines «-infinitivs scheint vorzuliegen
in VI, 11, 6 tr^'^, dem praeteritale indikative parallel gehen. Auch
I, 142, 6 vff^e kann » avrHJaia zu verstehen sein. Vgl. VII, 2, 4 vrft-
faU (diese parallele ist Foy EZ. 34, 244 entgangen); doch ist (kollektiv-)
imperativische auffassung ebenso möglich, die ich früher vorgeschlagen
habe. An perf. dsdhSra (freilich mit praesentischer bedeutung) lehnt
sich an I, 62. 9 Smaau cid dadhi^e pakvdm antd^ „in die rohen kühe ist
gare milch gelegt" : nimmt man dadhi^e als 2. sg. („du hast gelegt"),
bleibt die medialform unerklärt. Hiernach könnte auch X, 96, 10 das
auf aharyat folgende dadhife als auf die 8. sg. bezogenes infinitum
angesehen werden, doch liegt keine nötigung vor, da in v. 11 formen
der 2. sg. folgen. Sehr schwierig ist I, 128, 6 devtOri havyäm dhife^ das
trotz der härte doppelten Personenwechsels (6h. steht zwischen formen
der 3. sg.), für den das lied sonst keinen anhält bietet, Pischel Ved.
stud. 1, 191 und Oldenberg SBE 46, 188 als 2. sg. gelten lassen.
Ohne zweifei ist die 8. sg. dem Zusammenhang des satzes angemessener.
Aber wie seltsam dann die grammatische bildung. Ein -tf^-infinit eines
perf. wäre verständlich, wenn letzteres erstarrt und als praesens be-
handelt wäre. Dies wird man von 6hif nicht behaupten können, da in
dem parallelen VUI, 19, 1 dwatra haoyäm öhir^ sicher unversehrte
perfektbedeutung (es geht hier dadhawnre voran) vorliegt, dadhife ist
natürlich nicht zu vergleichen, da nichts hindert, dieses auf praes. dadh-
zu beziehen. Infinita des perf. scheinen vorzuliegen in den bereits von
Ludwig in diesem sinne gedeuteten VIII, 8, 10 eakrade, VUI, 57 (»
Vftl. 9),-2 dadrü, VUI, lOO, 10 duduhe, vielleicht V, 89, 4 jt^fufe, da
die Verbindung dieser anscheinend singularisohen verba mit pluralischen
nicht sächlichen Subjekten wohl keine andere auffastong zulänt Vgl.
266 W. Neisser
gegen auf den nachweis der imperativischen funktion und prin-
zipiellen ausschliesBung der indikativisch -praesentischen gel^
werden müssen.
Imperativische Verwendung auf -e auslautender verbal-
formen bei singularischem Subjekt habe ich o. 20, 69 durch
I, 76, 4; Vn, 42, 2; X, 14, 5 huvi, V, 56, 1 hvaye [dieselbe
form auch in v. 5], X, 61, 21 vavrdhe belegt. Der erste beleg
wird abweichend aufgefasst von Oldenberg SBEl 46, 96, der
die Worte prajävatä vdcasä vdhnir äsä \ d ca huvS ni ca satsihd
devaih so überträgt: „with words procuring offspring, carrying
thee (to our sacifice) with my mouth, I call thee hither, and
thou shalt sit down here with the gods". 0. citirt Delbrücks
Zeugnis synt. forsch. V. 473: „es liegt kein grund vor, dem
huvi den Charakter einer ersten person zu versagen'' (D. fugt
jedoch hinzu, dass die (oben mit ausgehobenen) worte des ersten
P&da ihn bedenklich machen). Dies zeugnis erfahrt seine m. e.
entscheidende Widerlegung durch Delbrücks eigne bekundung:
„dass Sätze mit nicht parallelen verben durch ca verbunden
würden, dürfte kaum vorkommen". Es ist mir unzweifelhaft,
dass durch das doppelte ca parallelismus von huve und saisi
erwiesen mrä und beide verba auf die nämliche person be-
zogen werden müssen, d ca huvi ni ca scUsi ist = höta ni
9lda (v. 2), vgl. VIII, 75, 1; X, 70, 3. prajdvaia vdcasä be-
zieht sich auf Agni wie VI, 16, 36 prajdvad brdhma; vdhnir
äsä bedarf, gleichfalls auf Agni bezogen, keiner rechtfertigung.
Auf die parallele U, 6, 8 ist früher schon von mir hingewiesen
worden. Alles scheint mir so in guter Ordnung, während der
— im gegensatz zu der demütigen spräche des v. 1 — pomphaft
von sich redende opferer die in vv. 2 — 5 gehäuften apostrophen
Agni*s etwas auffallend unterbrechen wurde.
Zu V, 56, 1 hvaye trage ich die parallele V, 43, 10 noch
nach. Femer als neuen beleg eines singularischen e-imperativs :
Vn, 7, 1 cd bhdvä no dütö adhoaräsya vidvdn \ tmdnä devi^
aaoh das gleichfalls von Ludwig zitirte X, 28, 2 (Adrf) vidi vd^u „(In-
dra's falben) finden sich gutes". Aber von diesen -e-formen bis zu
uhi^e ist ein weiter weg. — Zur praeteritalen Verwendung der infinite
vgl. noch VI, 26, 5 dArfi und die im sinne praeteritaler indikative
stehenden konjj. II, 11, 10 nijü'rvät, V, 31, 5 äriOin, 6 vibhdrti^, VI, 17, II
vdrdhän, X, 74, 4 Utfisän (während I, 68, 9 &6fan, VII, 68, 7 pdrfoi als
thematische indikk. gelten können, vgl. o. 7, 242).
Vedisch shi^e. 267
vivide mitädruh „sei asser opferkundiger böte, finde in
schnellem lauf bei den göttern dich ein^'.
Eine reibe mit -s- gebildeter e-infinite reiht sich an: V,
13, 6 d rddhaä citrdm rfijase „ausgezeichnete spende verschaff
uns, Agni" (anders Oeldner Ved. stud. 3, 35); VI, 22, 9
dhißvd vdjram ddk^ifie, vUvä dayaae vi mäyoh „nimm den
keil in die rechte, vernichte alle truggestalten" (in dem genau
parallelen VI, 18, 9 steht abhi prd manda (nicht „ziehe los
gegen", sondern transitiv : „schlage in die flucht") an der stelle
von dayase); VIII, 93, 19 kdyä tvdm na vtya abhi prd man-
da 8 e (et?/SL „mit welcher hülfe wirst du zu uns eilen" (vgl.
Geldner Ved. stud. 2, 133) enthält das zu abhi mandasandh
(v. 21) gehörige infinitum (cf. rfijase : rfijasändh) ^), das hier
konjunktivisch verwendet ist (cf. v. 20 kdsya suU sdcä rafpat)\
VIII, 4, 10 nimighamäno (simam) divi-dive \ öfyfham dadhi^e
sdhah kann hierher gehören („täglich den soma in dich
giessend gewinne gewaltigste kraft"), da dieser wünsch an die
vorangehenden d gahi piba sitnatn sich angemessen anschliesst
und die existenz eines inf. dadhi^e anderweit gesichert ist, vgl.
oben und V, 45, 11 dhiyam vo apsü dadhi^e warf dm (cf. VII,
34, 10) „richtet auf die wasser eure erfolgreiche andacht"
(diese stelle ist o. 20, Ö9 nachzutragen); X, 50, 5d (»- 6a)
etä sdvanä iütumä kr§e ist von Bartholomae IF. 2, 280 mit
recht imperativisch („mach diese pressungen wirksam") ge-
nommen worden, während desselben gelehrten interpretation
von V, 58, 1 stu§e im sinne einer 2. sg. impt. zweifelhaft ist:
stu^e kann auch hier wie sonst (s. u.) pluralisch gefasst werden.
Näher li^gt singularische Übersetzung, die Ludwig Inf. i. V.
(s. 75 a. E.) vorschlägt, in VIII, 23, 2, doch ist auch hier
pluralische interpretation in passivem sinn zulässig: „und ge-
priesen seien die wagenstreiter". Singularisch nehme ich X,
93, 9 sd ca stu^e maghönäm „lass unter den gabenspendern
dich preisen", vgl. V, 10, 7 stdvase (konj.) ca nah.
Mit X, 93, 9 berührt sich inhaltlich V, 33, 6 prdryd
stu^e tuvimaghdsya ddnam „zu preisen sei des trauten Spen-
ders gäbe", wo atu^e als imptv. 3. sg. vorliegt. Das ist auch
der fall — ich berichtige hiermit meine früher gegebene dar-
1) V, 33, 8 a yamMB „halte an dich" kann mit yamasänd- ver
einigt werden {yama»-9) oder mit konj. yamate (yamo-««).
268 W. Neisser
Stellung — in I, 122, 7 Hu^e sd väm — ratih (cf. X, 143, 4,
eiti tdd vam — rätih)^ 8 asyd stu^e mdhimaghwya rddhah,
VIII, 63, 3 c stu^i tdd asya päunsyam; mit der letzten stelle
hat Ludwig Inf. 75 (vgl. Bartholomae a. a. o.) VIII, 3, 20
= 32, 3 kr^i tdd Indra päunsyam „gerühmt sei, Indra, diese
heldentat** zutreffend zusammengestellt und die wesentliche
identität von kr^i und cdrkr^e erkannt Vgl. Bartholomae
0. 13, 78, Foy KZ. 34, 238, deren interpretationen im ein-
zelnen der Verbesserung bedürfen, carkr^e ist X, 74, 1 im
sinne der 1. sg. verwendet: „ich rühme die Vasu'*, dagegen
X, 22, 1; 105, 4 auf die 3. sg. bezogen, im ersten belege in
gewöhnlicher bedeutung „er werde gerühmt'', im zweiten in
jener praegnanten bedeutung „rühm erwerben (im sport)", d. i.
„schnell vorwärts kommen'*, die ich o. 17, 251 ff. für carkanni
und mehrere Synonyma nachgewiesen habe, vgl. besonders X,
22, 4 stosi dävä „lass, Indra, wie zum preise, die rosse schnell
laufen'*. Danach X, 105, 4 sdpä yir l'ndra4 cdrkr^a dn upä-
nasdh saparydn{tatn) „mit denen (den rossen) Indra schnell,
wie zum preise, eilt zur einkehr beim Verehrer'' (vgl. — von
carkr^e abgesehen — Pischel Ved. stud. I, 197). carkr^e
auch hier imperativisch zu übersetzen („er eile''), verhindert
das parallele pdpaje in v. 3, für welches indikativische auf-
fassung anzunehmen ist. — Auf die 3. sg. können ferner be-
zogen werden VII, 96, 1 brhdd u gayi§e vdco asuryä nadtnäm
„ein mächtiges lied erhalte gesungen die herrin der ströme*'
und, um noch gleich dem schon genannten ciU -s-lose bildungen
anzufügen, X, 13, 1 yuji vam brdhma pürvydm ndmcbhih „ge-
rüstet werde euch ein vorzüglicher spruch", VII, 97, 2 Srha-
spdtir no maha d sakhäyah ,,B. werde von uns gefeiert".
Aus der zahl der pluralischen belege hebt eine gruppe
von nahezu 30 in meiner früheren abhandlung ^) verzeichneten
Sätzen sich ab, in denen das pron. vah den «-intinitis voran-
geht, was Bartholomae (für einige dieser sätze) und ich als
bestätigung des pluralischen Charakters der verbalform und
ihrer beziehung auf die 2. person betrachten. Delbrück Vgl.
1) Füge hinzu: X, 101, 9 a oo dhiyafh yt^yätk varia üidyn. Da-
gegen ist VI, 48, 1 däkfiue seines akzentes wegen besser zu den eigent-
lichen infinitiven zu rechnen; nimmt man es rein verbal, so ist die
cäsor zur erklärung der betonang heranzuziehen.
Vedisoh du^e. 269
synt. 2, 446 hält dagegen unter Zustimmung Oldenbergs
a. 0. 309 vah für durchweg bedeutungslos und untauglich, über
den Charakter der stu^e u. s. w. gültiges zeugnis abzulegen.
Es ist nicht zu leugnen, dass die Verwendung von vah in
einigen rgvedischen belegen den interpreten ein kleines problem
stellt. Geht man die einzelnen fälle durch, so vermisst man
einmal (A) ein nomen, von dem man vah regiert denken
könnte, anderswo (B) folgt auf vah eine andere y er baiform
als die erwartete 2. plur. Gelegentlich kann A mit B kom-
binirt sein.
A. I, 37, 1 krildm vah sdrdho MdrtUatn — abhi prd
gäyata, UIj 13, 3 Ägnim tdrh vo duvasyata, I, 122, 4 prd vo
Ndpätam apdm krnudhvam, VII, 36, 8 prd vo matim Ardma-
Um krnudhvam, V, 41, öprd vo Rayim ffuktdaävam bharadhvamj
Vin, 49 (= VäI. 1), 1 abhi prd vah — Tndram arca ydthä
vidi. liier befindet sich vah in Übereinstimmung mit dem ver-
balen praedikate, als welches in allen sechs fallen ein impty.
2. plur. oder der Vertreter ^) eines solchen fungirt. Aber es
fehlt ein nomen, zu dem der casus obL vah in beziehung ge-
setzt werden könnte. Man hüte sich, dasselbe in den neben
vah stehenden götternamen zu suchen und etwa „eure Marut-
schaar^S „diesen euern Agni^^ u. s. w. zu übersetzen. Obwohl
diese art der Übersetzung allgemein gebräuchlich ist, glaube
ich, dass sie nicht nur in den obigen belegen, sondern durchweg
im RV. aufgegeben werden sollte. Vergegenwärtigt man sich
Sätze wie folgende dem VII. buche entnommene: 3, 1 Ägnim
vo dütdm adhv0rS hrnudhvam, 4, 1 prd vah äukrdya bhi^
ndve havydm matim ca Agndye, 31, 1 prd va Tndräya
mddanam — gäyata, 31, 10 prd vo mahi bharadhvam prd
sumatim hrnudhvam, 34, 9 abhi vo dhiyam dadhidhvam,
1) Als Vertreter von areata darf area im letzten belege, wie in
Vin, 69, 4, angesehen werden, vgl. X, 101, 10 müea neben takfota wa-
iadhnam yunakta, 12 a cyäüoya neben daähätana eodayata khudata and
das oben 20, 55 a. £. bemerkte (ebenda 58 über I, 143, 4 hmiM), So
III, 18, Iprd va^ — bärhiffham areaamai (cf. III, 12, 5), VI, 16, 22 prd oo/^
iokhäyah — drea gaya ea (cf. VI, 45, 4), X, 50, 1 prd vo mahö mdndih
mänäya dndhaso area (cf. I, 62, 2), X, 76, 5 t vah — area (cf. \ a va
t^Me), Vni, 46, 14 abhi vo vtrdtn — gäyay V, 25, 1 dehä vo AgnUn
dvau dwdik gän, wohl auch VI, 45, 22 tdd vo gäya ndd $aeä (obwohl
in V. 16 stuhi vorangeht).
270 W. Neiaser
fri vo devaträ väcam krnudhvam, so findet man nicht götter-
namen, sondern ganz andere begriffe mit v(ih verknüpft. Diesen
Beispielen aus buch VII lassen sich gleichartige aus allen teilen
des RV. anschUessen. Rechnet man dazu fälle, wie VI, 48, 1
tdd va ukthdsya barhdnä Tndrayopastrfiifdni, wo ein impe-
ratiyischer infinitiv auf vah folgt, so dürfte ihre zahl auf drei
dutzend sich belaufen. Würden meiner auffassung gemäss auch
die Sätze, in denen shi^ u. s. w. auf vah folgen, berücksichtigt,
so ergäbe sich eine noch erheblich grössere zahl. Doch scheiden
wir diese strittigen sätze aus der betrachtung aus. Auch so
steht fest, dass vers- oder satzanfänge yne Agnirh vo düidm,
prd vah Sukrdya, prc va Tndraya u. s. w. durch den RV. ver-
breitet waren und dass diesen anfangen regelrecht eine fort-
setzung folgte, die das zu vah gehörende bezugnomen (das kein
göttemame war) enthielt Da ist leicht verständlich, dass ge-
legentlich die anfangsformeln sich verselbständigten (zunächst
etwa unter hinzudenkung des zu vah gehörenden nomen), wo
kürzerer ausdruck bedürfnis war. So lassen die sechs unter A
gegebenen belege eines defektiven typus auf den normaltypus,
der vah mit imperativ und nomen verbunden zeigt, sich im
prinzip zurückführen. Ja die kürzung lässt sich noch am ein-
zelnen falle wahrscheinlich machen. Der letzte der unter A
verzeichneten belege ist eng verwandt mit VIII, 69, 4 obM prd
göpatim gird \ rndratn arca ydthä vidi: hier ist das gird er-
halten, das wir in obigem obM prd vaf^ — Tndram arca ver-
missen. Femer ist zum vorletzten der obigen belege (V, 41, ö
prd vah — hharadhvam) v. 6 des Uedes zu vergleichen: prc
vah — krnudhvam arkaih (prd bharadhvam und prd krnu-
dhvam neben einander auch VII, 31, 10). Durch ergänzung eines
begriffs wie arkaih erklärt sich auch prd vah — krnudhvam
in den an dritter und vierter stelle unter A genannten belegen,
die gleich V, 41, ö. 6 Viäve deväh-hymnen entnommen sind:
bei der häufung der anrufungen, aus denen derartige hymnen
sich zusammensetzen, werden kürzungen de6 ausdrucks unver-
meidlich. Da solcher art leise fäden sich finden lassen zwi-
schen der isolirenden Verwendung von vah und der dasselbe in
Verbindung mit zugehörigem nomen bewahrenden, bin ich nicht
geneigt, mit Delbrück Synt. forsch. V, 206 und Th. Bau-
nack Stud. I 353 vah in obigen fallen die bedeutung einer
verstärkenden partikel (:» i^toi) zuzuschreiben, wodurch der
Vedisch stuse. 271
abstand von den volle pronominale bedeutung wahrenden be-
legen übermässig vergrössert würde. Es wird genügen, vah für
innerhalb oft ¥dederholter satzeinleitender formein erstarrt zu
erklären, bisweilen scheinbar erstarrt, so dass eine den ein-
zelnen beleg mit seinen verwandten und parallelen verknüpfende
betrachtung dem wörtchen seine bedeutung zurückgeben
kann.
B. VI, 38, 3 täfh vo dhiyd (cf. VI, 22, 7) ahhy änü^i
arkaih, VII, 2, 3 ilenyam vah (cf. VII, 9, 4) — sadam in
mahema, V, 21, 4 devdrh vo devayajyayä (cf. VIII, 71, 12)
i^ta mdrtyah: hier ist vah in pronominaler weise (nicht als
Partikel!) mit bezugnominibus verbunden, stimmt jedoch an-
scheinend nicht zu dem verbum des satzes. Erinnern wir uns
der freiheit des Personenwechsels z. b. in VIII, 24, 1 stkhaya
d äiaämahi — ttuad ü ^ vo nrtdtnäya „wir wollen unser
gebet an Indra richten, gepriesen werde von euch der held"
(cf. ebenda 19 = VIII, 81, 4 4to nü rndram stdvama) oder
V, 45, 11 dhiyam vo apsu dadhife (» VII, 34, 10 dadhi-
dhvam\ ayd dhiyd syäma devdgopäh „weihet eure andacht den
wassern, möchten wir durch diese andacht den schütz der
götter erlangen^', so wird auch der in obigen belegen zu be-
obachtende Sprung in der darstellung der personen weniger be-
fremden. Einer unter den priestern kann die genossen in der
2. pl. sowohl anreden wie, sich einschliessend , in der 1. pl.
{tncAeinä) zusammenfassen; er kann wohl auch als einzelner in
der 1. sg. (anü^) sich ihnen gegenüberstellen oder in allge-
meiner Wendung („der sterbliche") in der 3. sg. (ifita mdrtyah).
So folgt eine 1. pl. auf vah im nämlichen satze auch in I, 36, 1
prd vah (mit viädtn zu verbinden und dtithim zu ergänzen?) —
Unahe, VIII, 88, 1 tdm vo mandändm dndkasah — abhi glrbhir
navämahe sowie VIII, 24, 18 tdm vah — ahümahi, yaj^ibhir
vävrdhinyam. Mit dem letzten beispiele beginnen grössere
Schwierigkeiten sich einzustellen. In ihm könnte vah mit
yajflibhir verbunden werden: „wir rufen ihn, der durch unab-
lässige Opfer von euch zu erfreuen ist''. Aber eine gleiche
interpretation ist ausgeschlossen in dem doch nicht zu trennen-
den belege V, 64, 1 Vdrunam vo riäddasam red Mürdm ha-
vämahei hier kann vah nicht auf red bezogen werden, „wir
rufen mit euerm Ued'' wäre widersinnig. Ein zu vah gehören-
272 W. Neisser
des bezagnomen fehlt ^), wie oben in den belegen des typus A,
in IV, 16, 16 tarn id va rndram suhdvam huvema, VI, 19, 4
tarn va Indram — huvema. Hiernach wird auch VIII, 24, 18
tarn vah (Tndrani) — ahümahi für sich allein zh nehmen,
yajfiibhir vävrdhinyam von vah zu trennen sein. Will man
nicht vah auf die Yajamänäh (vgl. Pischel Ved. stud. II 228;
Geldner ebenda III 179) beziehen im gegensatze zu den jeden-
falls auf die priester bezüglichen verben huvema havamahe ahü-
fnahi (wie zuvor navamahe imahe), wodurch der Personenwechsel
sachlich zu begründen wäre (cf. auch VIII 45, 28!), so ynri
vah hier ähnlich wie in den belegen des typus A als in der
Satzeinleitung formelhaft eingeschlossen zu betrachten sein.
Diese ') belege des typus B sind es, denen im sinne Del-
brücks, dem Oldenberg sich anschliesst, die fälle anzu-
reihen wären, in denen stu^e u. s. w. auf einen vah ein-
schliessenden satzanfäng folgen. Da beiden gelehrten stu^e und
genossen in der grossen mehrzahl der belege als 1. sg. gelten,
so würde in den fraglichen fällen zwischen vah und dem satz-
praedikate ein ähnlicher Personenwechsel wie in den soeben
besprochenen belegen zu konstatiren sein. Aber die ähnlich-
keit wird durch eine grössere unähnlichkeit ihrer beweiskraft
beraubt. Sehen wir von X, 106, 4 (api vah — gami§pam) ab,
dessen Situation von der den anderen belegen des typus B zu
gründe liegenden ebenso verschieden ist wie von derjenigen der
belege von stu^e u. s. w. und darum sich nicht eignet, das
1) Ebenso anscheinend in X, 106, 4 äpf vah — gamiflam (Roth
ZDMG. 48, 118).
2) Zu streichen ist Baunaoks (a. a. o.) beispiel YIII, 26, 16
Uliya vratani änu va£ earämasi (der einzige fall, in dem bedeutongloses
vafk ausserhalb des satzanfangs stehen wärde), mit vah sind die v. 16
genannten ndra^ angeredet. Zu dem spränge von vah zu sünOy an dem
Ca 1 and Synt. d. pron. 69 ' anstoss nimmt, in VIII, 19, 7 suagndifo vo
agnÜ^hi^ ayima iüno iahaaaljk ist der Personenwechsel in IV, 2, S antdr
tyase — yuffnäü^ ea devan vUa a ea tnärtän „da gehst einher zwischen
euch göttern und den menschenstämmen^S YII, 96, 6 ima [havyam]
fühvanä yufmäd a — ju^aiva „diese spenden von euch empfangend
koste*' zu vergleichen : va^ darf wie yufman, yufmdd in pronominaler
geltung genommen werden. Delbrück hat I, 62, 2; 122, 1; 127, 1
(die letzte stelle auch ich a. o. 64 anm.) irrig herangezogen, va^L hat in
allen drei fallen pronom. bedeutung. — An stellen wie V, 7, 1; YIII
69, la; 70, 8; 71, 12. X, 92, 1; 116, 8 ist ein imptv. 2. pl. oder ein
inf. neben vah zu ergänzen.
Vedisch stü^e. 273
gegenseitige Verhältnis beider belegkategorien aufzuhellen, so
bleiben für typus B neun beispiele übrig. In ihnen finden wir
mit pah verbunden siebenmal eine 1. pl. (tnahema imahe tM^
vämahe ahümahi havämahe huv€ma*)y je einmal eine 1. sg.
(anOfi) und eine 3. sg. (f/ifa). Also die Verbindung von vak
mit einem verbalen singular stellt eine ausnähme dar, die-
jenige mit einer 1. plur. ist häufiger zu finden und obendrein,
wie oben nachgewiesen, durch parallelen zu stützen, in denen
einer verbalform der 2. plur. eine solche der 1. plur. unmittel-
bar sich anschliesst. In schärfstem gegensatze hierzu würden
stu^e und genossen nahezu dreissigmal als 1. sing, mit vah
verbunden erscheinen. Die annähme, dass vah in den belegen
der fraglichen e-formen bedeutungslos sei, wird mithin durch
eine prüfung des sonstigen auftretens des anscheinend oder
tatsächlich irrationalen vah nicht bestätigt, sondern in anbe-
tracht der dargelegten Zahlenverhältnisse zu fall gebracht. Die
grosse masse der oaA-belege kann ^11^0 u. s. w. als 1. sing,
nicht enthalten; nur im vereinzelten falle wäre eine derartige
Verwendung denkbar, wie einmal auch die 1. sing, anm^i neben
vah uns begegnet ist.
Die f^aA-belege von siu^e u. s. w. gleichen den belegen mit
vah verbundener imperative 2. pl. oder gleichbedeutender infi-
nitive so genau, sind auch durch andere indizien so deutlich
als pluralisch gekennzeichnet, dass schwer verständlich wäre,
wie sie verkannt werden konnten, wenn nicht die bisweilen ein-
getretene umdeutung zur 1. sg. von der richtigen erkenntnis
abgelenkt hätte. Wodurch unterscheidet sich VI, 15, 1 imdm
ü ^ü vo ätithim — rfijasegirä (cf. Adyutändrh vo dtithim-
rfijase) von 6 priydni'priyam vo dtithtTk grnJfdni? Wo-
durch II, 16, 1 prd vah satdrh jyisfhatamäya su^tutim —
havir bhare^) von VI, 67, 1 vUveeärh vah scUdm jyfyfhatamä
glrbhir vävrdhddhyai? Warum X, 101, 1 dtase n1 hvaye
vah in gegensatz bringen zu allen imperativen, Z¥dschen denen
es steht, während dvase vah zu vollem rechte gelangt, sobald
hvaye im sinne eines plur. genommen wird? VIII, 31, 14 ist
vah — ile, dem VIII, 23, 7 vah — huve grne, vah — siu^e
parallel laufen, mit saparydntah verbunden, ebenso VIII,
1) Diese stelle wird von Oldenberg als beleg eines mit «o^ ver-
bundenen indik. 1. sg. zitirt.
B«itrtge I. kund« d. indg. sunehen. XXVU. 18
274 W. Neisser
74, 1 vah — 8tt4^e und I, 30, 1 vah — siüce mit vajdyaniah,
VIU, 66, 1 vah — huve mit gdyaniah, I, 142, ö vriije mit
strnänäsah. Zur entkräftung des aus diesen partizipien auf die
0-formen zu ziehenden Schlusses erinnert Delbrück Vgl.
synt. 2, 447 an das II, 11, 4 unabhängig stehende vardhdyan-
tahi so seien auch saparyantdh u. s. w. nicht notwendig mit
den e-formen eng zu verbinden. £s ist richtig, dass dergleichen
vorkommen kann, wenn auch sichere belege rar sind (II, 38, 10
väjdyantdh kann über Ndräädnsah — avyäh hinweg mit syätna
y^bunden, VII, 34, 16 sfdan vielleicht als Vertreter von »tdan--
tarn angesehen werden); aber was in einem satze zutrifft, kann
in einem anders gebauten sehr unwahrscheinlich sein. Delbrück
hat übersehen, dass der Verfasser des liedes II, 11 die caprice
hat, jeden vers, bisweilen mehrere Päda desselben verses mit
einem auf -atU oder -äna ausgehenden partizip (in 10. 11
sutdsya, sutdaah) zu beschliessen: 1 k^drantak, 2 c mdnyatnänam,
d vävrdhändk, 3 c tnandctsändh, 4 a vardhdyantah, b dddhänälj^,
c vävrdhändk, 5 b k^ydntam, c tiutabhvdnsam u. s. w. u. s. w.
bis einschliesslich v. 19, nur in 16 stehen brhdntah, strnändnah
nicht am ende, sondern am anfang des Pfida; in 18 setzt das
prinzip aus; in 20, dem eigentlichen schlussverse ist vielleicht
Tritdsya den oben genannten sutdsya, sutdsdh an die seite zu
stellen. D. wird einräumen, dass ein diesem liede entnom-
mener partizipialbeleg nicht geeignet ist, das urteil über die
konstruktion der von mir vorgeführten fünf belege zu beein-
flussen, in deren jedem eine abtrennung des mit vah, bez. der
0-form harmonirenden partizips den satz kläglich zerreissen
würde. — Wenn endlich gegen meine konstatirung, dass durch
anerkennung des pluralischen Charakters von stu^e u. s. w. in
vielen belegen die mit diesen formen verbundenen plurale
glrbMh süktaih äu^aih u. s. w. erst in das rechte licht gestellt
werden, von D. eingewendet wird, dass solche pluralische nomina
auch mit singularischen verbalformen verknüpft werden können,
so ist das quantitätsverhältnis nicht in anschlag gebracht: in
solcher häufigkeit wie immer wieder neben stwe und genossen
sind pluralische termini neben singularischen verben nicht zu
finden; die kategorie der e-infinita wird daher durch diese
häufigkeit als pluralisch bestätigt; nur im einzelfalle würde,
das räume ich ein, Delbrücks einwand gelegentlich geltend ge-
Vedisch äu^e. 275
macht werden können, wenn nicht andere erwägungen die
pluralische interpretation der fraglichen verbalform empfehlen.
Ich hoffe erwiesen zu haben, dass die in rede stehenden
e-formen nicht Yorhistorisch, was Oldenberg als möglich
gelten läset, sondern an zahlreichen stellen des rgvedischen
textes als infinita sich ergeben. Als solche sind sie, was Bar-
tholomae und Delbrück durchweg verkannt haben, von den
eigentlichen infinitiven zu unterscheiden (vgl. oben 20, 74 ^) i).
1) Den Vorschlag Foys KZ. 84, 287, die enklitisch überlieferten
e-formen mit akzenten zu versehen, begnüge ich mich hiermit zu er-
wähnen. Das auch sonst in textändemngen oft abenteuerlichsten ge.
präges sich dokumentirende Unvermögen dieses Schriftstellers, den Rgveda
so wie er ist zu interpretiren , findet ein drastisches seitenstück und
eine psychologische iUustration in seiner behandlung eines — modernen
teztes. Foy bespricht meinen aufsatz vier seiten hindurch, ohne ihn
völlig gelesen zu haben. Er stellt a. o. 236 als ergebnis desselben hin,
dass die «-infinite im Veda ausschliesslich pluralisch verwendet werden
im ge^ensatze zu ihren singularischen griech. entsprechungen. Foy hat
also die seiten 69 und 70 meines aufsatzes übersehen, in denen ich die
singularische Verwendung der ved. e-infinite nachweise, die Wichtigkeit
dieser Verwendung für beurteilung des gesammtproblems ausdrücklich
(mit hervorhebuDg durch Sperrdruck) betone, nebenbei über ursprüng-
liche pluralische funktion der fraglichen form im Griech. eine Ver-
mutung vortrage! Femer behauptet Foy a. o. 235, dass die echten
(akzentuirten) Infinitive von mir mit stillschweigen übergangen worden
seien; er findet den mqt hinzuzufügen, es sei dies deshalb geschehen,
weil dieselben meiner über Huie u. s. w. vorgetragenen ansieht nicht
entsprechen. Foy würde auf diese insinuation verzichtet haben, wenn
er s. 74 meines aufsatzes gelesen hatte. Die echten Infinitive sind von
mir nicht übergangen, sondern als grundlage der enklitischen formen
anerkannt worden, obwohl die anerkennung sich erübrigte, da sie selbst-
verständlich ist: der von Foy konstruirte widersprach zwischen meiner
auffassung von itufe und der Verwendung allgemein anerkannter infini-
tive liegt in Wirklichkeit ja gar nicht vor. Wenn $tufe und genossen
in meinem aufsatz zunächst als imperative eingeführt werden, so ge-
schah es nach dem nämlichen grundsatze, dem zufolge gr. ßovUvoa&y
lat. legimind als imperative allgemein bezeichnet werden: über den Ur-
sprung der form wird durch diese einen gegebenen tatbestand beschrei-
benden termini nichts ausgesagt. Wohl aber ist nach darlegung der im
ved. tezt uns nächsterreichbaren imperativischen geltung von itufe und
genossen auch ihr infiniter Ursprung eingehend von mir gewürdigt
worden. Gegenüber der bestimmtheit , mit der Foy seine sätze hinzu-
stellen pflegt, schien es mir von allgemeinem interesse, an flagranten
beispielen den grad der ihnen innewohnenden verlässliohkeit festzulegen.
18 ♦
276 W. Neisser
stu^e und genossen gehören ihrer betonung nach zum verbum ^),
echte Infinitive zum nomen. Der § 149 in Delbrücks Vgl.
synt. II y der die abgrenzung des infinitivs gegen das verbum
finitum behandelt, ist völlig umzugestalten. Insofern stuse zur
1. sg. umgedeutet ist, gehört es in die betrachtungen des an-
gezogenen Paragraphen überhaupt nicht hinein. Nicht stu^e
als 1. sg., sondern als enklitisch gewordener infinitiv ist dem
nominalbetonten infinitive gegenüberzustellen, in der akzentuellen
differenzirung ist die abgrenzung des verbum gegen das nomen
beschlossen.
Mit der akzentuellen Scheidung von stti^i : stufe ist eine
funktionelle naturgemäss verbunden zu denken. Zunächst
offenbar die, dass stu^e mit dem verlust des nominalen ak-
zentes auch den der nominalen funktion erlitt: „ich verlange
nach preis" kann nicht durch vifni siu^e, sondern nur durch
vimi stufS (vgl. VIII, 4, 17) ausgedrückt werden. Wichtiger
als dieser negative umstand ist die tatsache, dass das rein
verbale stu^e in die Sphäre des medium bezogen worden ist.
Durchmustern wir die singularischen Verwendungen
von stu^e und genossen (oben s. 266 ff.), so gehören huve und
hvaye „rufe", rfijase „erstrebe", dayase „zerteile" zu verben,
die auch sonst häufig oder ausschliesslich medial flektiren.
Wird VIII, 23, 2 stu^e als imptv. 2. sg. („preise") interpretirt,
so ist zu erinnern, dass 1. sg. siavai und 1. sg. tuto^i mehr-
fach in aktiver bedeutung vorliegen, so dass auch bei aktiver
Übersetzung die form atu^e als medial behauptet werden kann.
Dasselbe gilt für X, 60, ö. 6 sdwinä totumd kr^e „mach die
Pressungen wirksam": das PW. verzeichnet unter Jear 15)
mehrere falle, in denen das medium, wie an unserer stelle
kr§e, mit doppeltem akk. „eine sache oder person zu etwas
machen" bedeutet, vgl. aus dem RV.: III, 43, ö. V, 30, 8.
An der stirn tragen ihre medialbedeutung X, 93, 9 stu^e „lass
dich preisen", VIII, 4, 10 dadhi^e „lege dir bei" sowie vävrdhe
„stärke dich", fdvide „finde dich ein" ; mandaae wird durch das
Ihm in einzelheiten zu folgen erübrigt sich durch das oben im text
gesagte.
1) Oldenberg wfirdigt dies vollauf, ruckt aber «^e, indem er
es 2u den praesensformen stellt, zu weit ab von den echten infinitiven,
von denen es doch durch akzentuelle differenzirung nur leise ge-
schieden ist.
Vedisch stt^e. 277
benachbarte mandasändh ausgewiesen. Die auf die 3. sg. be-
zogenen infinita stehen meist passivisch : stuse „werde gepriesen",
kr^e „werde gerühmt" (ähnlich X, 22, 1; 105, 4 cdrkr§e\
gäyi^e „werde besungen", citi „werde bemerkt", yuji „werde
gerüstet", mdke „werde gefeiert"; in praeteritaler funktion
VI, 11, 5 vrfiji „wurde hingeworfen", I, 62, 9 dadhi^e „ist ge-
legt" (event. X, 96, 10 dadhi^e „hat sich beigelegt"). Sollte
I, 128, 6 ha/vydm dhi^e auf die 3. sg. zu beziehen sein (= „er
fahrt das opfer zu den göttern'^), so wäre zu berücksichtigen,
dass auch sonst das medium vahate ,Jmdm. etwas zuführen"
bedeutet, so V, 53, 13. VUI, 26, 23.
Unter den pluralischen belegen würde VUI, 23, 2 du^e
event passivisch zu interpretiren sein, ¥de oben bemerkt. Von
den anderen pluralischen belegen zeigt ein teil formen, deren
zugehörige praesentien zwar von uns aktiv übersetzt werden,
aber sei es häufig, sei es durchweg medial flektiren: huve
hvaye, tfe, rfijase; ein anderer teil formen, in denen ein re-
flexives oder neutrales medium zu tage tritt: V, 45, 11 dhiyam
vo apsü dadhi^e „lenkt euern frommen sinn auf die wasser",
X, 19, 7 pdri vo viävdto dadhe „füllt euch überall", anschei-
nend auch vivaksase im refrain X, 21; 24; 25 („kräftigt euch"?);
der grösste teil bietet überwiegend aktiv flektirenden verben
angehörige formen, deren medialität als exponent kollektiver
funktion zu betrachten ist.
Gegen die aufstellung eines kollektiven medium (o. 20, 65 ff.)
argumentirt Delbrück Vgl. synt. 2, 432 in etwas eigentüm-
licher weise. Er übergeht meine herleitung des der Brähma^a-
prosa eigentümlichen medialgebrauches von stuvate „sie tragen
ein sftma vor" aus dem kollektiven „sie lobpreisen alle zu-
sammen"; meinen hinweis auf ved. sarate (= gr. S'/rerat =
lat 8equäur)y dessen grundbedeutung „zusammengehen" sich
kollektivisch auffassen lasse; ignorirt ybA, janghananta^, arcata
«tobhata, grnanta, vrfijate, marjayadhvam (denen ich acht an-
dere mediale imptve. 2. plur. anreihe), med. bhara- *^, sicamahe
sificämahai, janayanta^; nur I, 140, 3 tarete und III, 7, 1 sam
carete (ein beispiel unter vielen für die bekannte regel, dass
sonst aktiv floktirende verba in Verbindung mit sam das me-
dium anwenden) werden zitirt mit dem bemerken, dass D. diese
zwei stellen „nicht sicher zu übersetzen wage", also — damit
schliesst D. die Untersuchung ab, ohne sie begonnen zu haben
278 W. Neiseer
— den rein kollektiven sinn des medium nicht finden könne.
S. 447 a. e. wird dies negative ergebnis in die positive form
gekleidet, dass D. die aufstellung eines kollektiven medium für
verfehlt halte.
Die aus der reihe meiner belege willkürlich von D. aus-
gehobenen zwei stellen liegen jetzt in SBE. 46 in Oldenbergs
Übersetzung vor. An der ersten stelle bleibt der grund des
anstosses, den D. gefunden, mir unersichtlicb. Ich halte ttn-ete
für ein schlagendes beispiel der kollektiven funktion des me-
dium. An der zweiten stelle ist mein zu buchstäbliches
„schreiten gemeinsam" durch „kommen zusammen" zu ersetzen.
An der grammatischen auffassung wird damit nichts geändert.
Ist (püdra) sdrh carete zu trennen von Y. 9, 5 fracaröi^
(pitä pußraäca) „vater und söhn schreiten gemeinsam vor"?
Wird in letzterem satze nicht das Subjekt als zusammenge-
höriges paar, als kollektivum also, durch die medialform cha-
rakterisirt?
Über die beziehung des kollektiven medium zum rezi-
proken sei dem früher (a. o.) bemerkten noch folgendes angefügt
hinblick auf modernes empfinden und übersetzen. Beide arten
des medium können im Deutschen durch Verwendung des be-
grifiPes „einander" verdolmetscht werden. Bei dem reziproken
medium ist dieser begrifif als grammatisches objekt anwendbar:
„sie lieben, hassen, bekämpfen einander"; beim kollektiven
medium ist diese anwendung ausgeschlossen, dagegen kann hier
„mit einander" in jedem falle bei dem verbum hinzugedacht
werden. So wäre z. b. janghananta bei reziproker bedeutung
wiederzugeben durch „sie schlugen einander", bei kollektiver
durch „sie schlugen einen gegenständ alle miteinander" ; arcata
grnanta aatuvata rezipr. bedeuten: „sie priesen einander",
während sie als kollektiva besagen: „sie priesen (die götter)
alle mit einander" ; marjayadhvam rezipr. : „reinigt euch", koll. :
„reinigt (das feuer u. s. w.) mit einander", bharadhvam rezipr. :
„erhebt euch", koll.: „erhebet (die stimme u. s. w.) alle mit-
einander", u. s. w. Beide typen sind so scharf ausgeprägt,
dass der grammatiker sie zu berücksichtigen und auseinander
zu halten gezwungen ist.
An diese finiten medialformen kollektiver bedeu-
tung reihen die e-infinita sich unmittelbar an. Zu stuvate gehört
atu^e „wir wollen alle mit einander (die götter) preisen" oder ,,preiset
Vedisch stu^e. 279
alle mit einander'', zu arcata grnanta treten arcase und arce,
grnlfe und grne, zu vrfljate : vHlje, zu bharadhvam si^cätnahai
janayanta : bhare aiiice janaye ; hi^e ist etwa mit ahe^ta (4 mal in
buch IX) zu kombiniren. Es reihen sich femer an (belege am
früheren ort) : dohase (1. pl.) äu^e varte name tnande i§ye ise
viväse voce ßiju^e, neben denen finite media kollektiver funktion
nicht nachweisbar sind. Das kann nicht auffallen, da zu impe-
rativischen anrufungen, als deren träger die e-infinite erscheinen,
besonders häufige gelegenheit geboten war.
Dass die medialität der ß-infinita von Delbrück für
scheinbar erklärt, von Bartholomae nicht erwähnt wird, ist
auf den umstand zui'ückzufiihren, dass beide gelehrte die verbal
gewordenen infinita von den nominal fungirenden nicht unter-
scheiden. Auch ist das Verhältnis sttiäe : stdpi von diesen for-
schem nicht in seiner vollen tragweite gewürdigt worden. Folgt
doch schon aus dem hinblick auf die nie ^) kollektiv oder sonst
medial verwendeten stosi und genossen mit Wahrscheinlichkeit,
dass wie diese dem aktivum, so stu^e und genossen dem medium
angehört haben, seitdem sie dem gesetz der verbalenklise sich
unterwarfen. Oder gibt es fälle, in denen unzweideutig ein
^-infinit, auf eine einzelne person in aktiver funktion bezogen
erscheint?
Eine isolirende betrachtung könnte ein auf die 1. sg. be-
zogenes imperativisches infinitum aktiver bedeutung finden in
VII, 85, 1 punl^e väm araksäsam tnani^dm sömam Indräya
Vdrunäya jühvat ,,ich will ein tadellos lied euch weihen'*,
X, 74, 1 Vdsunäm carkr^a iyak^an „die Vasu will ich rühmen'*
oder V, 34, 9 sahasrasdm Agniveäim grni^e „den tausende
schenkenden A. will ich preisen", ähnl. 11, 33, 12; aber gegen-
über der grossen zahl der bisher besprochenen stellen, an denen
mediale bedeutung vorliegt, würde nur zwingende not die an-
nähme aktiver bedeutung rechtfertigen. Ein zwang ist jedoch
nicht vorhanden, da die tatsache nicht bezweifelt werden kann,
dass an einer reihe von stellen (die a. o. von mir verzeichnet
sind, man füge hinzu X, 49, 7 rdhcJc kr^e) das e-infinit. als
1) Dass das Y, 26, 1 mit vah verbundene ^8m nicht znm koUek-
tivam gestempelt werden darf, folgt aus den o. 269 ^) angezogenen
parallelen, in denen in gleicher weise gäya^ area und andere singular-
formen auf vah folgen und die stelle eines plnrals einnehmen.
280 W. Neisser Vedisch stu^e.
1. Bg. indik. praes. behandelt worden ist und nichts hindert,
den gleichen Vorgang in obigen vier belegen vorauszasetzen.
Diese sekundäre umdeutung berührt nicht das endergebnis
unserer Untersuchung, das dahin fortnulirt werden kann, dass
die infinitive des durch stu^i und rfijdse gekennzeichneten
typus träger medialer Funktion wurden, indem sie dem
gesetz der verbalen enklise sich unterwarfen. Dass sie
nicht gleichwertig mit beliebigen medialformen, sondern nur mit
Imperativischen und praeteritalen verwendet werden konnten,
folgt aus der natur des Infinitivs.
Dass die ^-losen infinita huve hvaye vävrdhe u. s. w. in
nominaler betonung nicht belegbar sind, kann auf zufall be-
ruhen: auch stfifS ist nur VIII, 4, 17; 24, 1, ffijdse nur VIII,
4, 17 als verbalnomen belegt. Es ist kein grund vorhanden,
der ansetzung eines echten infinitive *huvi zu widerstreben,
der dem X, 88, 10 belegten bhuve (vgl. II, 16, 3 paribhvi)
entsprechen würde. Dagegen werden hvaye bhare arce sifice
viväse u. ähnl. auf nachahmung beruhen, wie innerhalb der kate-
gorie der 5-infinite die formen grni^e puni^e.
Beide kategorien, die mit s wie die ohne 8, zeigen die be-
schränkung auf mediale funktion in der enklise: wie bei gr.
ßovXsvaai (Bezzenberger G6A. 1887, 428) hat ersichtlich
anlehnung an das mediale verbum finitum stattgefunden. Das
enklitische formenpaar stosi/stu^e hat den kontrast des finiten
aktivum und medium zur Voraussetzung und illustrirt ihn seiner-
seits nur insofern, als es das wesentliche seiner äusseren form
im akzentwechsel erkennen lehrt. Diese erkenntnis war freilich
aus finiten formen der stammäbstuf enden konjugation wie 3. sg.
d6gdhi\dugdh6 bereits zu gewinnen.
W. Neisser^
Fhrygisches ^).
1. Die Siling^uis von Dorylalon.
Diese inschrifb ist in den mitteilungen des k. deutschen
1) Die von Ramsay in Kahns zeitsohr. 28, s. 881 ff. behandelten
phrygischen inschriften aus römischer zeit bezeichne ich als B. 1, R.2 a,8.w.,
Alf Torp Phrygisches. 281
Instituts, Athen, XXIII s. 362 nach abschrift und abklatsch
von 7. MfjXiOTtovlog veröffentlicht worden. Sie lautet:
e . . i'^iovfievoQ
vioiaiogvadQOTog
eiTOVfiiTQaqxxva
x€fiagt€f4Qoye
lOSKsnowtag
ßasKeevozaQva
dovfj.dneoiovd'
ßavaddanetOQOv
av TioQe&ifirjv t6
fivrjfxeiov tdig nqo-
yeyQafifiivoig &€-
dig x(ai) %^ ncifin
ToV'd'^ 6 navrjQ
i^GuXriTtidg.
Der veröffentlicher, H. von Prott^ hat daran die folgenden
bemerkungen geknüpft:
„Der anfang enthält offenbar eine bestimmung in phrygi-
«cher spräche (participium auf -fiBvog mit bitov = %a%oi). Es
folgen phrygische namen durch xe — gr. xa/ verbunden. An*
sprechend vermutet A. Dieterich, dass dies die im griechischen tezt
als d-Boi erwähnten toten sind, deren schütze das grab anver-
traut wird, und verweist auf die bekannte phrygische sitte, die-
selben namen für götter und sterbliche zu verwenden (Eretschmer,
Einleitung in die geschichte der griechischen spräche, s. 200, 1).
Zu den namen bemerkt P. Kretschmer: MizQaqxna persich,
wol = MiTQoßazrjgy lykisch Mi^apcUa. Mag als frauenname
C. I. G. 4411 a und Heberdey- Wilhelm, Beisen in Eilikien
nr. 264, scheint als männername vorzukommen bei Heberdey-
Kaiinka, Reisen in Kleinasien s. 37 nr. 47; Te/igoyeiog ist
Tembrogius, wie Plinius VI, 4 den Thymbres nennt, an dem
Dorylaion liegt. Zu Adda vgl. einleitung s. 338, zu den nomi-
nativen Oiovd'ßav(?) und Toqovov das illyrische ßBqCfitv (in-
schriften von Olympia nr. 695)''.
die drei von Hogartb in Journ. of Hellenic Studies 1890, 8. 158 f. mit-
geteilten als H. 1, H. 2, H. 3. Zwei abbandlangen von mir: „Zu den
pbrjgischen inscbriften ans römiseber zeit", Christiania Videnskabs-
Selskabs Skrifter 1894, nr. 2, und „zum Pbrygiscben'S daselbst 1896
nr, 8y citiere ich der kürze halber als Pbryg. I and Pbryg. II.
282 Alf Torp
Seine in diesen Worten angedeutete auflfassung hat Kretschmer
später (Mitteil. d. k. deutsch, inst. XXV, s. 445) wesentlich
geändert, indem er jetzt glaubt, z. 8 das aus den phrygischen
grabschriften römischer zeit bekannte adöcmer erkennen zu
müssen. Die richtigkeit dieser au£fa8sung ist über jeden zweifei
erhaben, und es wundert mich nur, dass ein so scharfsinniger
forscher wie Kretschmer nicht gleich beim ersten blick das
yerbum addaxer erkannt hat. Dagegen scheinen mir seine
übrigen bemerkungen zum grössten teil nicht zutre£fend. Elr
sagt a. 0.: „da durch die von Ghantre, Mission en Cappadoce,
Paris 1898, s. 169 mitgeteilte altphrygische inschrift, wie ich
in der Wiener Zeitschrift für die künde des Morgenlandes XIII.
8. 3ö9 dargelegt habe, erwiesen ist, dass phrygisches x€ grie-
chischem 7€, lateinischem que, skr. ca entspricht und enklitisch
nachgestellt wird, so muss EyaTaQy(a) dov/ad' z. 6/7 das letzte
der durch xs verbundenen glieder sein. Ich schlage also vor
2. 6 S, zu lesen :
EvaraQva-
[g?] öovfid' xfi' Oiovd"
ßav aödaxer oqov
av.
In Mi%Qaq)ata^ Mag Ts^goyeiog^ Ilowxaaßag sind doch wol
nicht vergötterte tote, sondern wirkliche d'soi zu erkennen, denn
TtaQe&ifAtjv entspricht doch sonstigem rcagaöldtofAi ^ das die
formel einleitet, mit der ein grab dem schütz der unterirdischen
götter anempfohlen wird". „Da im griechischen text zu
to7g nQoyeygafifievoig d'eoig hinzugefügt ist x(at) t^ xtififj, so
wird man auch im phrygischen text eine erwähnung der xcJjtii]
suchen und in dem letzten der mit xe verbundenen glieder,
EvaraQva dov^id" erkennen dürfen. Sonderbar und im wort-
auslaut wenig glaublich erscheint in dem zweiten wort die kon-
sonantengruppe fi^. Vielleicht ist Q verschrieben für 0 oder
Si und öovfAOy dovfjLtJ oder dergleichen zu lesen: dann wäre hier
das phrygische dovfjLog zu erkennen, das auf einer inschrift aus
Maionia vom jähre 173 nach Chr. in der bedeutung avvodog^
avyxlfjTogj avfißiiuaig vorkommt und zu got. döms „Satzung,
gericht" = asl. duma „rat** gehört (Bezz. beitr. XIV, s. 51,
Kuhns Zeitschr. 34, s. 53). Hier müsste es xiofirj entsprechen
oder etwa „gemeinderat, gemeindeversammelung" bedeuten und
EvaTaQva[g?] dann der name des ortes sein^^
Phrygisches. 283
Mit Kretschmer halte ich es für wahrscheinlich, dass G in
dov/Ax)' fehlgeschrieben und öovfio oder dovfifp zu lesen ist.
Wenn aber Kretschmer daraus, dass auf dovfjLd' ein x€ folgt,
glaubt schliessen zu können, dass Evaraqval^f] dovfjtd' das letzte
der durch x£ verbundenen glieder sein muss, so kann ich die
richtigkeit dieser folgerung nicht anerkennen. Dass x€ nach-
gestellt wird, habe ich schon Phryg. 1 s. 17 nachgewiesen und
daselbst griechisches r£, lat. que verglichen. Allein phryg. x«
weicht vom griech. re, lat. que darin ab, dass es, wenigstens
in den neuphrygischen Inschriften, auch vorangestellt werden
kann. Vgl. R. 6: zog vi fie ^BfieXw 'MÖeog . . | . . . ert rjTiV'
Term^svog €[i]tovj R. 7 : dsog ne Cß/uf^Aoi], H. 2: [fie ^e]fiel(og
x€ [S]€[o]g, R. 29 : log aefiovv ycvov^ave \ yuxivi fiavxa xcmov adda-
x[eT]. Diese letzte stelle ist besonders beweisend, denn naivi
ist .natürlich x^aivi ; hier werden also durch das zwischenge-
stellte x£ die synonyme xvovfiave und awi ficnma verbunden.
Dieser doppelte gebrauch ist so auffallend, dass man versucht
sein könnte, in dem vorangestellten xe ein anderes wort zu ver-
muten, als in dem nachgestellten, nämlich das entlehnte grie-
chische xat. Wie dem auch sei, jedenfalls lässt sich nicht be-
streiten, dass xe auch vorangestellt werden kann. Unter allen
umständen könnten die worte EvaTaQva[g?] öovfid" nicht ein
glied ausmachen, das durch xe mit den voraufgehenden ver-
bunden wäre, denn nach der analogie von ze und que hätte es
doch in diesem falle EvataQva[g?] xe doviid- heissen müssen, es
sei denn, dass wir EvaraQva dov^d- als ein kompositum aufzu-
fassen hätten, was doch wol nicht sehr wahrscheinlich ist.
Also: nicht Evatagvag dovfid' xe, sondern öovfid' xs bildet das
letzte glied der aufzählung. Hier ist das xe nachgestellt, aber
daraus folgt nicht, dass es auch bei den übrigen gliedern nach-
gestellt sein muss.
Ueber die letzten worte des phrygischen teils der inschrift
bemerkt Kretschmer:
„Ueber den schluss des phrygischen textes lässt sich wol
nur soviel sagen, dass er vielleicht dem schluss des griechischen
paralleltextes rar^' 6 Ttar^g l^axlriftiog entspricht, aödaxev
also ein hier fehlendes und zu ergänzendes verb mit der be-
deutung „hat festgesetzt, angeordnet** wiedergiebt**.
Dieser auffassung kann ich mich nicht anschliessen, einer-
seits weil addax^z in den übrigen phrygischen inscbriften die von
284 Alf Torp
Kretschmer angenommene bedeutung nicht aufweist, und auch
nicht als Präteritum, sondern als präsens gebraucht wird, und
besonders weil so der anfang der inschrift ganz sinnlos wird.
In fi . . i&viov^evog — — eitov kann wol niemand eine Ver-
wünschung verkennen. Dann muss aber notwendig auch gesagt
werden, wen diese Verwünschung treffen soll, und das wird in
den übrigen neuphrygischen inschriften durch einen eben
dieses verb addaxew enthaltenden relativsatz angegeben. Also
sollte sich auch hier ein solcher relativsatz vorfinden. Und
das ist auch der fall. Das snbjekt des verbs aödcmer bildet
das relative pronomen log z. 5, von Kretschmer fälschlich als
die endung des namens lefiQoye aufgefasst. Das folgende x«
macht das relativum zu einem indefinit relativen, vgl. log ne
R. 27, ig M R. 5; dem phrygischen log ne entspricht skrt.
yagca, griech. ogrc. Ich möchte die inschrift so erklären:
[Z. 1 — i enthalten die Verwünschung. Z. 1 fehlen nach a
zwei buchstaben. liier ist gewiss b[cC] zu ergänzen. Dieses £irt
kommt häufig in der Verbindung eviTTStiKfievog vor, und scheint
der bedeutung nach dem deutschen ver- zu entsprechen; vgl.
skr. ati „über — hinaus'^ als erstes glied einer Zusammen-
setzung mit verstärkender bedeutung, z. b. atidura- „sehr ent-
fernt^* (Phryg. I s. 14). Die Verwünschung ist durch die drei
asyndetisch verbundenen wörter i&viovf4€vog vioiaiog vadqonog
ausgedrückt. Dieser wortreichtum deutet auf einen sehr ener-
gischen Charakter derselben. Das erste dieser wörter idyiov-
lABVog halte ich für ein participium perfecti med., vgl. tenix-
fisvog. Das wort erinnert merkwürdig an das griechische idvoo}
„krümmen 'S med. „sich (besonders im schmerz) krümmen*^
Ich möchte die beiden wörter zusammenstellen, iövow ist ein
speciell homerisches wort, für welches keine etymologie gefunden
ist. Sollten die kleinasiatischen Griechen dasselbe von ihren
phrygischen nachbaren entlehnt haben? Das phrygische i&viov-
fisvog würde sich von einem griechischen idvwfievog nur darin
trennen, dass, während das griechische verb von einem adjektiv
*iöv6g gebildet ist, das phrygische auf einem mit dem suffixe
-io gebildeten * idnog beruhen würde. Falls dies richtig ist,
so zeigt sich auch in der bildung des perfektum med. eine
merkwürdige Übereinstimmung zwischen Griechisch und Phry-
gisch, sowohl hinsichtlich der vor der perfektendung {-fiai^
-fieyog u. s. w.) eintretenden vokalverlängerung, als hinsichtlich
Phrygisches. 285
der reduplikaüon : TSTinfAevog : Ttercetofiivog; Idyiovfievog (denn
dass der anlautende vokal verlängert wurde, ist sehr wahr-
scheinlich): ^idvtofiivog. e[%i] i&viovfievog also gleichsam: ,, ver-
krümmt (im schmerz zusammengekrümmt)*'.
Bedeutet aber i^iovfievog „im schmerz zusammenge-
krümmt**, so liegt es nahe anzunehmen, dass die bedeutungen
der beiden darauf folgenden und damit asyndetisch verbundenen
adjektive auch in demselben begri£Pskreise zu suchen sind : auch
diese weisen wol auf körperliche misshandlungen hin. Ich stelle
vadQOTog einem griechischen dvavdQonog gleich, vgl. avavdgow
„entmannen^', -ad^- halte ich fiir aus -avög- entstanden, und
dass *<xvadQ(yiog durch wegfall des unbetonten anlauts zu va-
ÖQOTog werden konnte, ist wol leicht denkbar. Auch hier wäre
die Übereinstimmung mit dem Griechischen auffallend. Ein
passives verbaladjektiv auf -orog liegt auch in fierorog R. 23
vor (siehe Phryg. II s. 7). Diese form setzt ein verb *metojo
voraus, mit welcher bildung zu vergleichen ist altphryg. xoxviot
(d. i. *kakojoi)^ 3. präs. opt. (Kretschmer Mitteil. XXV, s. 361).
Auch vioiaiog scheint auf ein beraubtsein hinzudeuten. In
ni scheint es aber nicht möglich die negation zu sehen; dagegen
könnte diese partikel dem indischen ni§ entsprechen. Dass an-
lautendes 8 im Phryg. schwand, scheint durch den namen ^^Xvg
bewiesen, welchen bereits alte griechische Schriftsteller aus dem
bei dem flusse befindlichen salz erklären. Schon Spiegel (Eran.
alt. I 183) hat demnach ^AXvg für griechische entstellnng
eines auf arm. aX „salz'' zurückgehenden namens angesehen.
Also war wenigstens bei den Armeniern schon vor Herodot das
anlautende 8 zum hauch geworden oder geschwunden (vgl.
Bugge Kuhns zeitschr. 32, 81). Wenn nun aber die richtigkeit
der angäbe des Herodot, dass die Armenier Oqvyßv afcoimoi
seien, kaum zu bezweifeln ist, so scheint die annähme gerecht-
fertigt, dass auch im Phrygischen derselbe lautübergang statt-
fand. Schwand aber das s im anlaut, so muss es auch, wie
im Arm., inlautend zwischen vokalen geschwunden sein. Vgl.
Phryg. II s. 13, 16 — 17, wo ich phryg. o mit griech. o „der",
phryg. tot mit hom. Ibt, präs. opt. 3. sing., gleichgestellt habe.
Betreffs des zweiten gliedes des kompositums ni-omo8 wage ich
eine Vermutung, die ich natürlich als eine sehr unsichere be-
zeichne. Wenn vadqoxog die bedeutung „entmannt" hat, so
muss in vioiaiog wol eine verwandte bedeutung gesucht werden.
286 Alf Torp
-oiaiog könnte aus ^^oitios entstanden sein, vgl. af4\fAa]aiav
aus *amfnartian (R. 15: fiavuav a^\\}i]aaiav „unsterbliches
denkmal^S vgL f^vijfieiov dd-dvarov^ das in kleinasiatischen in-
Schriften yorkommt, Phryg. II 7). *OiJiog könnte auf *oid%08
zurückgehen, denn es scheint sicher, das der im AruL durch-
geführte Übergang von g und d in k und t^ auch im Phrygi-
sehen unter gewissen, noch nicht ermittelten umständen statt-
fand, Ygl. ßHoq „brod^^ = arm. bek „casse, rompu, brise'S
hekor „morceau, ot- = idg. ud (Phryg. U 3 f., 8), i^vioviievoq^ wo
d- wol t bezeichnet, = idvwfiivog u. m. Bei dem stamm ^otdio-
könnte man an an. eista n. asl. isto n. „testikeP' denken, vgl.
an. eitiU (— idg. oidüo-) „glandula'^ ni(s-) oisios also: „ohne
hoden" (?).
Z. 3 — 4. fiiTQagHxta \ xhf4ag:t€iLiQOY€. Beide Zeilen sind um
einen buchstaben kürzer als z. 2. Leider geben uns die „mit-
teilungen*' darüber keinen bescheid, ob nach fiiTQaqxna und
nach zefiQoye ein buchstabe verloren gegangen sein kann. Ich
halte die beiden namen für dative. Falls in jeder zeile ein
buchstabe zu ergänzen ist, so lese ich f4iTQaq>aTa[i] und Tfi^-
^^T^^M« wenn nicht, so können auch die formen fiiTQaqxna und
%eiAQoye als dative gelten, vgl. ra R. 2, fjiavjiui R. 29, neben
fiavuav, xvovfiave R. 26, 28, neben xyovf^ayei. Die namen, die
durch zwischengestelltes Tte verbunden sind, bezeichnen die gott-
heiten, denen der verwünschte anheim fallen, oder von welchen
die strafe verhängt werden soll. Im letzteren falle wäre also
der gebrauch des dativs derselbe wie im Griechischen, wo ein
solcher dativ bei einer passiven verbalform das wirkende Sub-
jekt bezeichnet Der dativ T€fiQoy€{i) entspricht einem nomi-
nativ vefiQoyiQf vgl. den dativ la/al%aei. Die endung -ig ist
aus -log entstanden (vgl. die italischen namen auf -is); durch
den nominativ sind diese bildungen in die f-äexion hinüberge-
zogen worden (Phryg. II s. 8). Teugoyig ist, wie Eretschmer
erkannt hat, der flussgott Temrogius ; durch den vorangestellten
genitiv fiag ist er wohl als der söhn der göttin Ma (Rhea) be-
zeichnet.
Mit z. 5 fängt, wie gesagt, der relativsatz an. novv-
zaaßag fasse ich als den genitiv eines frauennamens nowtaoßa.
Falls dieser name das idg. wort für „pferd'' enthalten sollte,
so müsste er wol eranischer abkunft sein, denn phrygisch hätte
es jedenfalls -«s6a heissen müssen. Durch x« wird dieser name
thrygisches. 287
mit einem anderen EvaTaQva[g] verbunden. Auch hier ist also
das X« zwischengestellt. EvaTaQva[g], (so ist gewiss mit
Eretschmer zu ergänzen) ist der genitiv eines frauennamens
EvajaQva^ der wie das passiv-particip der mit der präposition
€v verbundenen wurzel stera (skr. stirnd^) aussieht.
dovfX'9' ne. Hier ist das verbindende x« nachgestellt, öovfip
(oder doviKfi) halte ich für den genitiv eines männemamens
Jovfiog^ worin wol eine kurzform eines von dem oben er-
wähnten Worte dovfiog gebildeten namens zu sehen ist, vgl.
Jov^haog (Solmsen, Kuhns zeitschr. 34, 53). Einen solchen
genitiv erkenne ich auch in vsi^avxo R. lö : ^ewt] xa vsi^avxo \
dadf, d. i. „Xeune die gattin des Neixauchos'^ Der genitiv der
o-stämme [endigte meines erachtens im Phrygischen ursprüng-
lich auf -d, aus * -chso, * -o-o entstanden. Dieses -ö hätte wie
jedes andere -ü werden sollen. Wir erwarteten also *öov^ov.
Bei den o-lauten schwankt aber die Schreibung sehr. So findet
sich oft aefiov statt aefiowj umgekehrt wird das kurze o in
xcrxoy häufiger mit -ov (xoxovv), einmal auch mit w wieder-
gegeben.
Die genitive novv%aoßag, Eva%aQva{g)y Jovfip sind von
OQOvav abhängig, oqovov ist der akk. sing, eines *OQ0vaf worin
gewiss ein wort für „grab*' zu sehen ist. Verwandt ist ogvxa
R. 15, das ich nicht länger (vgl. Phryg. II s. 7) für das ent-
lehnte griechische o^vX?', sondern für echt phrygisch halte.
odvxa ist von OQOva durch ein A;-8uffix abgeleitet. OQova er-
innert merkwürdig an das lykische arava „heroon'S das, wie
die ableitung eravaziya (neben aravaziya) zeigt, aus *e^'ava
entstanden ist. In oqova^ aus *oröi?a(?), ist dann vielleicht
ein ursprüngliches anlautendes e- durch assimilation an den
o-laut der zweiten silbe in o übergegangen.
Dieselbe endung wie OQOvav zeigt oiovd'ßav. Hier macht
die lantverbindung otov9^ einen wenig zuverlässigen eindruck.
Vielleicht ist deshalb oi als ein wort für sich zu fassen und
dies mit im zu verbinden ; dies ist um so wahrscheinlicher, weil
auch in zwei anderen inschriften auf x« unmittelbar ein oi
folgt: [C<6c^]<K X« Ol eiQOi, R 7, ^qo xe ot Tteug x«, R. 12.
Dieses oi kann ich freilich nicht erklären, vermute aber eine
bedeutung wie „auch'^
Für addaiuT nehme ich hier die bedeutung „facit^' an.
Die präposition ad- hat also hier keine ausgeprägte bedeutung.
288 Alf Torp
So kommt auch neben dem gewöhnlichen ae/iow xvovfionfsi
naxov aödcmer einmal (R. 26) der ausdruck asfiovv xyovfiove
xaxov dax€T vor; dies könnte darauf hindeuten, das auch in
dieser yerbindung addaxer nicht „afficit" sondern nur „facit^^
bedeutet (xcmdy Igya^evai), In ovd'ßav, das ich für ein ad-
jektiy halte, wäre vielleicht die präposition *ud zu erkennen,
vgl. 07- in OTeaira^i{e] R 9. d' bezeichnet wohl den ^-laut;
Ygl. oben idyu)VfievoQ, ov und o bezeichnen hier beide den
kurzen u-laut. Ich vermute die bedeutung „offen'', ohne dass
ich den letzten teil des wertes zu erklären vermag (suff. -fo-
wie im skr. udvd-?).
Der relativsatz wäre demnach so zu übersetzen: „wer
immer das grab der Pountasba und der Enst-arna und auch(?)
des Doumos öffnet (eigentlich offen macht)'^
So erhalten wir auch die namen der begrabenen, deren
nennung doch wohl ziemlich notwendig war.
Aus dem griechisch gefassten teil der inschrift erfahren
wir weiter, dass der vater dieser toten ihnen das grab bestellt
hat
8. X>ie insoliriffc von Tyriaion.
Mitgeteilt von Anderson, Journ. of Hellenic Studies XVIII
s. 121.
aaaBfiovvxvovfiovqdid'QaQax
^eweoiddixeuiav (vacat)
fiavuaviaveataeg ßQaTege
fiaifiaQrjXvfrovnQogfiayig
. . yevenaQxsgdevovv
^evvavaidfiiogßQOxeita
dexfiowoTioiov
fCQOTOaOV
Das verbum ist earaeg^ ein deutlicher sigma-aorist der
Wurzel 8ta, vgl. altphryg. edaeg. Dies neue beispiel solcher
bildung ist besonders interessant, weil dadurch bewiesen wird,
das phrygisch u4E nicht, wie einige gemeint haben, den 9-laut
wiedergiebt; denn eine form *e8tS8 wäre ja undenkbar. Meine
erklärung dieser formen (Phryg. II s. 14) war also wol richtig .
sie sind -«es-aoriste; eöaeg ist aus * e-dä'{s)es-t, eatasg aus
^e'Stä^(8)e8'4 (oder ^e-stä^isjes-t) entstanden, vgl. av. därhü „du
hast gemacht'^ skr. agär^ „er ging".
t^hrygisches. 289
Das Objekt ist ixavaav „denkmal'% akk. fem. Zwischen
diesem wort und Boraeg steht tav, das wie das relative pron.
im akk. sing. fem. aussieht. Hier scheint aber ein relatives
pronomen nicht am platz zu sein, weil, so viel wir sehen können,
sich in der ganzen inschrift nur das eine verb eazaeg vor-
findet, und das ganze demnach nur einen satz bildet; denn
zwar könnte z. 2 ^ewe als ein Subjekt aufgefasst werden, aber
das darauf folgende oiddixsi sieht nicht wie ein verb aus. Ich
halte deshalb das i in lav für einen zufälligen strich, und lese
avearaeg = griech. dviarijae. Dies ist mir um so wahrschein-
licher, weil in aoaefiow dasselbe crv, womit das verb zusammen-
gesetzt ist, als Präposition aufzutreten scheint. Denn der dativ
aefiovv ist von keinem verb abhängig, also muss in ag- eine
den dativ regierende präposition vorliegen. Da eine präposition
ag nicht denkbar ist, so muss das g in ag durch assimilation
eines konsonanten an das folgende g entstanden sein. Man
hätte dann wol nur entweder an ad oder an av zu denken.
Da nun aber od wol kaum den dativ regierte, so bleibt als die
wahrscheinlichste die annähme, dass aaoBpLOvv aus av asfiow
entstanden ist. In den griechischen inschriften Phrygiens ist
aviarriae juv^ina ein sehr häufig vorkommender ausdruck. Das
auf ae^ovv folgende wort ist wohl xvovinavadi zu lesen, wenn
auch das a hier eine ungewöhnliche form hat (A gegenüber
sonstigem A). Von yLvotfiav „grab*^ lautet der dativ soust %vov-
fjtavBi, Die endung -adt kann ich nur so erklären, dass ich ein
von Kvovfiav abgeleitetes synonymes wort *Tivov^avad' annehme.
Was die endung -i betrifit, so findet sich auch sonst i stat. bi
als dativendung konsonantischer stamme {xvovfiavi R. 7, 12, 25,
daöiTi R. 9). aooB^ovv yivovfjiavadi also: „auf diesem grab*'.
In den folgenden werten sehe ich die namen des toten.
In ^QBQan ist entweder die dativendung -i verwischt, oder der
Steinmetz hat vergessen diesen buchstaben anzubringen, ^bv-
vBOcädixBi halte ich für den dativ eines patronymicnms oder
metronymicums auf -ig : ^BWBOiddmug, ^bwb (^Bwr]) ist sonst als
frauenname belegt und kommt auch in der akkusativform
^Bvvav in dem wegen der lücken unverständlichen schluss un-
serer inschrift vor. aiav verbinde ich mit fiavxav und sehe in
demselben den akk. sing. fem. des demonstrativen pronomens,
dessen nom. sing. masc. ig R. 28 belegt ist. ßqaxBQB ist der
dativ des Stammes ßQctvBQ- „bruder*^ Zur endung -e (falls hier
üeitrttpe s. kuade d. iadg. ■pneheu. XXVU. 19
290 Alf Torp Phry^sches.
nicht am ende der zeile ein -i zu ergänzen ist) vgl. nvovfAOve^
und zur ablautsstufe -tsq- altphryg. fiatBQav^ akk., ^oraQ^^
gen. Daneben steht, wie es scheint, -tag im nom. fiorag.
fiaif^aQrjkvnovnQog ist wohl kaum als ein wort aufzufassen.
Ich teile fiaifiaQrjlv novxqoq und vermute in dem X ein miss-
ratenes A. fiaifiaQrjav verbinde ich mit fiavuav und vergleiche
die form mit dem griech. fiagfiagiav von fiagfiagsog „flimmernd,
glänzend, marmom*^ Entweder ist in dem phrygischen wort
^aifi' aus fJtaqfA- entstanden, oder, was wahrscheinlicher ist, es
liegt hier eine andere art von reduplication vor. In TiovKQog
Itiavig sehe ich einen doppelnamen. Das folgende . . vev ist
mir unverständlich. Mit iTcagnig de tow- - fängt ein griechi-
scher text an, der sich wegen der lacken nicht deuten lässt.
Wir erkennen hier die namen Eevvav und Jexfiovtarjaiov^ vgl.
^eKfiowaig R. 9.
Ich übersetze also die inschrift so:
„Auf diesem grabe hat dem Threrak Xeunoiddikis
das denkmal errichtet, dem bruder das glänzende (oder:
„marmorne"?) Poukros Manis — ".
Mit dem ausdrucke: „hat auf diesem grabe das denkmal
errichtet'^ vgl. einen ähnlichen R. 9:
vadowerog. ovnaas
denfxovraig xtyo[t;]
lLia[v]Ti fAVTMxvofeoxafx
Auch hier bildet fjL{a)v%av das objekt. oxBaxaiAv[e^ habe ich
Phryg. II 8 mit einem skr. udastabhnät verglichen (phryg. -afiv-
aus -afißv- = idg. -'qibhn"). Dieses imperfekt ist mit dem
aorist ccpeoTaeg ungefähr synonym. xtvo[t;]/ia[v]Ti muss dem son-
stigen xvovfiavei entsprechen. Liegt hier ein nebenstamm xvov-
liavx- vor? Vgl. gr. ovo^ati (idg. -m^i^-). dadiri ist der dativ
eines Stammes dadiT-^ nom. öadi „gattin^'. Das Subjekt ist in
der 1. zeile enthalten. Die namen scheinen kaum richtig ge-
lesen zu sein. Jex/Aovtaig ist ein patronymicum oder ethnicum.
Das ganze wäre etwa:
„N. N. Dekmoutais errichtete auf dem grabe ein denkmal
der gattin Nenusria — ".
Christiania april 1902. Alf Torp.
E. Nachmanson Rhodische beitrage. 291
Rhodische beiträte ^).
1. dyad'äi %vxai»
Die inschrift n. 789*), ein sakrales gesetz aus Hadriani-
scher zeit, ist ganz in gemeingriechischer spräche abgefasst,
hat also durchweg tj für dor. d, aber dennoch z. 1 aYa9\äi
Tüx{ci\i, Dazu sagt Hiller: „Lectio mira certe in hoc titulo
communi Graecorum sermone conscripto'*. Vielleicht doch nicht
so erstaunlich. Ich mache zuerst darauf aufmerksam, dass, wie
Björkegren s. 42 uns belehrt, seit etwa der mitte des 1. Jahr-
hunderts nach Chr. nie auf den rhodischen inschriften t oIvsk-
{paiv'qTov geschrieben ist, ausser eben in diesem äya&^ai tvxW'-
(aber ilaiqß ibid. 17). Den grund, dass eben diese Verbindung
in zweifacher beziehung ein altertümlicheres gepräge trägt,
sehe ich darin , dass sie eine alte formel , als Überschrift zur
inschrift gestellt, bildet. Es mangelt doch nicht an parallelen.
Auf xotvif-inschriften aus der zeit, wo man längst aufgehört
hatte, das i zu schreiben, habe ich indess zuweilen die Über-
schrift ayaxHjc Tvxrjt gefunden. Eis folgen die belege:
dya&iji Tvx^i Ath. mitt. 9, 18 z. 1 (Kyzikos) aber t^ veo)-
yiOQifi 3.
äya&^i Tvxf]!^ Ath. mitt. 24, 425, z. 1 (weihinschrift aus Niko-
media, 206 nach Chr.), aber d'e(p Saßa^ltp Ilav-
aa\yav(p 2 — 3.
dya&rji jvxJI^ Ath. mitt. 25, 122 n. 1, 1 (Philadelphia, später
als 212 nach Chr.), aber evoTaS'eiif 4.
dyadTji %vxr}i Revue archeolog. 1874, 112, z. 1 (ehreninschrift
aus Milet, von dem avvidqiov tiSv i^ivovQytSv ge-
setzt, später als 212 nach Chr.), aber av^tp 7,
r^ idiffi 9, iQy(p 10, xotyjy 7, jg 8, Idiif 7.
1) Neuerdings ist eine abhandlung über die laute der rhodischen
inschriften erschienen: Rudolf Björkegren, De sonis dialecti Rhodiacae,
üpsaliae 1902. Beim Studium derselben sind die folgenden bemerkungen
entstanden. Sie beschäftigen sich mit einigen ersch einungen, die B.
entweder gar nicht oder ganz ungenügend behandelt hat.
2) Blosse zahlen beziehen sich auf Hiller von Gaertringen's Samm-
lung, Inscriptiones Graecae Insularnm I im Berliner corpus.
19*
393 £. Nachmansoti
äya9^i tvxrji Bull. CJorr. Hell. 11, 100 n. 23, 1 (ehreninschrift
aus Thyateira, von färbern gesetzt, vermutlich
2. jhdt. nach Chr.), aber ilitp 11, t^ lxa{[7o]y-
taaTvlfp 13, %tfi Ai/Mf rtOTOfUfi 17, t^ 21.
äYla9^c Tvxyji Bull Corr. Hell. 13, 312 do. 20, 1 (weihinschrift
für Zeus Bonitenos, 215 nach Chr.), aber d-etp
TtcnqiMfi du BoviTrjV(fi 1.
aya&iji. Tvxrii Bull. Corr. Hell. 17, 540 n. 16, 1 (weihung der
sonst unbekannten Gharmideaner, 161 — 169 nach
Chr.), aber ^OXvfjLniip 2 daTQa\fcal(p 2, xaQrtO"
q)6Q(p 4, T(fi fCQWtip 8.
dyid]diii Tvxrji. Bull. Corr. Hell. 22, 522 n. 12, 1 (thrakische
ehreninschrift für Septimus Severus) neben 9-
maligem -(fi,
äya&^i Tvxrji Inscr. Brit Mus. n. 174, 1 (Dekret von Tomis zu
ehren des Aur. Priscus Isidorus), aber zy x^-
jloTij ßovl\^ 2, T^ hxiA7tQ0%a%(fi Ö7]fi(p 3.
Tvxtjc dyad^fji Journ. Hell. Stud. 11, 121 n. 5, 1 (Keramos) aber
ty 9 (zweimal).
dya&ili tvxtjc findet sich ferner als Überschrift bei folgen-
den nachchristlichen inschriften : Ath. mitt. 10, 18 n. 4 (Byzanz,
2. oder 3. jhdt); 20, 243 f. (Philadelphia, später als 212);
25, 124 u. 8 (ort und zeit wie vorher); Inscr. Brit. Mus. n. 575
(Ephesos, 2. jhdt.); Le Bas- Waddington Asie Mineure n. 147 c
(Ephesos, 3. jhdt.); Bull. Corr. Hell. 13, 305 n. 13 (Pompei-
polis in Paphlagonien , 2. jhdt). In diesen findet sich zwar
kein beispiel für tj, tp oder ^, aber sie sind doch, weil aus so
später zeit, geeignet das oben gesagte zu stützen.
Auch rein äusserlich wird zuweilen einer alten formel, wie
es diese ist, spezielle aufmerksamkeit zu teil. Ich verweise auf
Dittenberger-Purgold , inschriften von Olympia 486 und 487
(off. ehreninschriften vom jähre 257 nach Chr., jene von den
Messeniern, diese von den Achäern gesetzt). Über die beiden
sagt Dittenberger sp. 541 zu n. 449: „Der paläographische
Charakter der beiden inschriften spiegelt sehr deutlich die zeit
der hereinbrechenden barbarei wieder' ^ Aber im gegensatz
zum übrigen steht in beiden mit monumentalem styl sorgfaltig
eingehauen die Überschrift dya&i 'fvxjl»
Rhodische beitrage. 293
2. Zur geschichte des ei.
Es ist bekannt, dass das et («» ?) vor vokalen mit aus-
nähme nur für den fall, dass i vorherging, bedeutend später
als vor konsonanten in f übergegangen ist, vgl. Schweizer,
Oramm. d. pergamen. inschr. 51 ff., besonders 55 f. Das ein-
schlägige material aus Rhodos ist zwar nicht eben umfassend,
reicht indessen vollkommen aus, um festzustellen, dass die ent-
Wickelung auf Rhodos gänzlich mit der gewöhnlichen überein-
stimmt Um 200 vor Chr. ist vorkonsonantisches £t (und vor-
vokal, nach c) in F übergegangen, vgl. aweftiineXrj&tjfiiv 6. D. I.
3751, 13 (rhod. Staatsdekret, c. 170 vor Chr.) und areqpavcch-
dloav Ath. Mitt. 25, 107 n. 106, 5 (grabschrift, 2. jhdt) neben
aT€q>avw&alaav ib. 2, ebenda z. 4 auch '^kela (worüber weiter
unten). Bedeutend später tritt i vor vokal für ei auf, Stoy
72 b, 10 (grabschrift, c. 80 vor Chr.) und &7[o]v auf der statue
107, 18 (c. 70 vor Chr.), wie van Gelder G. D. I. 3819 m. e.
richtig ergänzt (Hiller las &[ei]ov(?), aber nach der Zeichnung
fehlt nur ein buchstabe). Dazu kommen in der zeit vom jähre
200 vor Chr. an die Schreibungen rj und e für antevokalisches
€t (Xagiytlrja 516, 1 und l^Uea 730, 17, l^gyiog 180, 3, Aap-
veov achtmal auf den amphoren belegt), denn diese sind ja
nichts anderes als versuche den f-laut auszudrücken, vgl.
Schweizer a. a. o. 56.
Nachdem €i = i geworden war, wurde bekanntlich für
langes t gewöhnlich ei geschrieben, dies kann sogar als die
übliche Orthographie bezeichnet werden; dagegen kommt c für
fit ziemlich selten vor. Es scheint mir daher angebracht, auch
die späteren belege für i statt ei zu verzeichnen:
1) vor konsonanten:
a) in off. inschriften: l^ 3, 2; 84, 5; 831, 4.
b) in privatinschriften : lg{g) 937, 5, 7, 10, eTtavyila-
^ivov ib. 10, 11 neben tiig 8, 9, i^Ttavyeikero 7, irtavyeilafii-
vov 9; ovdlg Ath. mitt. 23, 403 n. 105, 8 i).
c) auf den amphoren: Gevq>ldevg 1142, niaiargdtov
1180, 1 und 5, ^AtQiauda inschr. von Pergamon 890, I. G. Sic. It.
2393, 102.
1) Dagegen statt ^a[^]rv[a]i, d. h. naQiZvai^ wie Hiller auf Diels'
Vorschlag 789, 2 geschrieben hat, lese ich lieber mit Dittenberger
Sylloge * n. 567 ^a[^]^v[a]», d. h. na^Uvaiy vgl. Dittenberger zar stelle
294 E. Nachmanson
2) vor vokal. Das einzige beispiel ausser den oben ge-
nannten ist heXi(o97i 693, 2 (christl. grabschrifb).
£ine weitere bemerkung hinsichtlich des ei mag hier platz
finden. Für die übliche xoivi^-kontraktion von ta, d. h. n, in
^, worüber vgl. Schweizer a. a. o. 101, bieten auch die rhod.
inschriften einige belege. Das fest, welches gewöhnlich ^AXUia
heisst, ist ^AUla ^) Ath. mitt. 25, 107 n. 106, 4 (vgl. oben) und
58, 19 geschrieben, femer ^Alaiiav 12, 4. Aber erhalten ist tu
im göttemamen ' Yyielai 25, 3 (3. jhdt. vor Chr.) *).
3. ot > 0.
Dieser Übergang ist auf Rhodos nur zweimal belegt:
iftoijoavTo ü. I. O. 3656, 6 (zu Kyzikos gefundenes rhod. pse-
phisma, 2. jhdt. vor Chr.) und Ttoela&wv 15ö, 70 (grabultar
aus demselben jhdt.) neben noulad'iüaav ib. 22. — „Umge-
kehrte Schreibung'^ oi für o kommt einmal vor: ÜQa^ivoif] 397
(grabschrift).
4. Zur liquidadissimilation.
£. Schwyzer, Neue Jahrbücher 1900, 261, vgl. auch
Meisterhans ' 82, hat darauf aufmerksam gemacht, dass q
nicht nur in demselben worte, sondern auch im Satzzusammen-
hang dissimilatorisch schwinden kann. Ich glaube dieselbe
erklärung bei einigen fällen von ^-Schwund auf Rhodos anwen-
den zu dürfen. So bei Kl€voT{Q)a%og Ki0evx(XQiog | Kküxiova
Mq>QavoQog \ d-sölg 106. In Evq>Q6viog \ K{a)aaaav6{Q)€v{g) \
XQrja%e xctl^ 429 ist q vermutlich wegen der umgebenden q
geschwunden, obwohl die inschrift mit ziemlich geringer Sorg-
falt eingehauen ist. Vielleicht gehört hierher auch NixayoQO \
2t{ß)a%i7tnov 347, 1 — 2 (indessen auch uS]yriai8(a)iA0v ib. 4).
Etwas anderes als reinen steinmetzfehler wage ich nicht bei
TifAa{Q)%idag Oikinnov in der namenliste 42, 8 anzunehmen
(immerhin zwei q in der folgenden zeile).
Ich gestatte mir in diesem Zusammenhang zwei ander-
weitige fälle namhaft zu machen: JioanovQiörfi ^E{Q)fioq>iXov
Heberdey-Wühehn, Reisen in Kilikien 71 ff., n. 155 A IX 162
1) So zu accentaieren !
2) Dagegen vyta^ 1088, 4 (Karpathos), vy€ia^ in Nero's brief Ath.
mitt. 20, 367 z. 15.
Rhodische beitrage. 295
(liste der priester des Zevg KcDQviuog), wo man bemerke die
Worte der herausgeben „Die inschriften der hauptseite A sind
durchweg sorgfältig eingetragen" i). Zweitens . . . t« fiiv
iaq>Q\ayiaiĀva Tai da^ooiai aq>Qayidif vd de aa(p{Q)ayiaja noxi
Tovg 7tQoaTd[T]\ag G. D. I. 3591 a, 38 flf. (Kalymna) «).
5. Silbentrennung.
Darüber werden wir durch die wortbrechung am ende der
Zeilen unterrichtet. Zwar lässt sich ein streben deutlich be-
merken, jede zeile mit vollem worte zu schliessen, aber, wo ge-
trennt wird, wurde im grossen und ganzen die hauptregel be-
obachtet, die die Griechen bei der wortbrechung befolgt haben,
d. h. jede zeile schliesst mit einer vollen silbe.
Zuerst eine bemerkung über das hier in frage kommende
material. Die wortbrechung bei inschriften, die ja durch die
form des Steines bedingt ist, stammt natürlich nicht vom con-
cipienten, sondern vom jeweiUgen Steinmetzen '). Deshalb haben
wir es hier nur mit den erzeugnissen der Steinmetzen von Rhodos
(oder dessen colonien) zu thun. Eine inschrift wie z. b. British
Museum 3, n. 403 ^) (Schiedsspruch einer rhod. commission, in
Priene eingehauen) kommt somit hier nicht in betracht, da-
gegen aber z. b. der auf Rhodos eingehauene brief Nero's, Ath.
mitt. 20, 387 f., z. 6—26, der bei der sonstigen behandlung
des Rhodischen natürlich fern zu halten ist.
1) Ein konsonant gehört zur folgenden silbe, z. b. rtj^uag
155, 35, x^|C<o^ 762 B, 14. Ausnahmen von dieser regel sind
nur: avT\ov 652, 3, Jafi(ovdoai]\g 672, 1, aTdXa\g 677, 8, Bov-
x\6ma 798, 2 7tQoo[a'}^dQ\[a]iog 799, 1, iToTJctdayt 905, 2.
1) Über das element 'E^/a- in kleinasiat. namen vgl. Eretschmer,
Einleitung in d. gesoh. d. griech. spr. 361.
2) Betreffs der dissimilation im einfachen worte sei auf vavxXtjgov
912, 2 (christl.) aufmerksam gemacht, vgl. dazu Solmsen, Rhein, mus*
53, 151 £f.
3) Als beleuchtendes beispiel sei auf die beiden exemplare des
Schiedsspruches der Magneten im streite zwischen Hierapytna und Itanos
(das magnetische Kern, Inschr. von Magnesia a. M., n. 105, das kreti*
sehe ebenda abgedruckt) verwiesen.
4) Nebenbei bemerkt, Verstössen Hicks' erganzungen nicht selten
gegen die gesetze der Silbentrennung. So, um bei dieser inschrift zu
bleiben: [t\6] 25, [9]vo] 28 « [/l^i'oy] 135, [«araxe/loi^Kr/u/ya] 156 etc.,
was alles van Gelder (6. D. I. 3758) unkritisch abdruckt.
296 E. Nachmanson
2) Zwei oder drei konsonanten werden zur folgenden silbe
gezogen, wenn mit ihnen ein griechisches wort beginnen kann
(über o + kons. s. 3)), z. b. ya\Y(iaixiABvov 155, 101, ÖBÖ6\%&aL
761, 43 i\ßd6(A(XL 890, 29. Zuweilen auch einige andere gruppen,
s. Kühner -Blass I § 91, 4 a. Yon diesen ist auf Rhodos yfi
belegt, yuaQv\Y(jia 155, 31.
Aus dieser regel folgt, dass geminaten getrennt werden,
z. b. Baö\oov 648, 1, i7tav\y[e'Kk]vinf%ai 762 A, 19, ebenso nasal
oder liquida + kons, (ausser /uv, mit dem ja ein wort anfangen
kann, Yv\iAvaaid^aQxov I. Q. Sic. It. 256, 20 (Gela), indess yvfxl-
vaoiov ibid. 25), z. b. ävdQLäv\xiav 58, 14, L^Ae^a[v]{d9^ 155, 16
q>iXoo%OQ\YlaQ 72 b, 17 u. s. w. Ausnahme macht nur £^o(v)-
ot[ä\\vTivov 911, 2 (christL).
3) Bei der gruppe a-konsonant haben die Griechen sehr
geschwankt. Das war auch der fall auf Rhodos. Getrennt
sind: iQaviö\%av 9,3, Ov€ö\7taöLav6v 58, 6, yLaXXio\%o}v ib. 9,
x^T£a]|TOv 95 b, 2, 7tlela\rav 762 A, 5, nQoa\xo[Qaiog 791, 3 ^),
aiTt]ada\d-(o 890, 19, 7ta^la\{x}t]Tai 922, 12, \paq>io\(X(nog Ath.
mitt 21, 53, n. 51, 1. Diesen 9 fällen gegenüber stehen fol-
gende 6: 2eßa\o%ov 59,3, JafjLO^a^evrjg 72b, 5, ^AQi\a%6ßi,og
128, 3, iy[e]|airaxoV«g 155, 20, ein:vxe\ö{%ai;(av 772 b, 2, erae-
ßB\\ai:6n:(av ib. 1 (deutliche spur von a).
4) Die beiden komponenten eines diphthonges werden nicht
getrennt, z. b. iBQO%apLi\Bvaavca 58, 15, noi\Biad^(av 762, 22.
Ausnahme nur n;Q6[aax\aQa\iog 798, 1.
5) Diese regeln gelten auch bei zusammengesetzten Wörtern.
Die wenigen belege sind: e\^ai^(XBvov 155, 72, ^\^oxr[v Nero's
brief z. 16, a]\7cidoaav ibid. 13, (ganz unsicher ist f^lnawov-
(jiivav 839, 10), ebenso iMtlt" eiog 839, 30. Nur einen fall habe
ich gefunden, wo mit nichtbeachtung der gewöhnlichen regeln
nach den kompositionsgliedern getrennt ist, ovv\[B]gaviaTay
155, 46. Zu diesem abschnitte vgl. Grönert, Qu. Herc. 15 f.
Nach aufgäbe des alten alphabets und annähme des ioni-
schen hat man zuerst o%0LxnS6v geschrieben (indessen ist diese
anordnung auf Rhodos nur einmal belegt, n. 760), dann hat
man sich allmählich das später übliche System angeeignet. Der
umstand, dass einige ausnahmen von den gewöhnlichen regeln
1) Dittenberger's erklärang dieses wortes (Syll. ^ n. 626 ^) ist der
von Hiller gegebenen (Pauly-Wissowa 111 1 s. 1017J vorzuziehen.
Rhodische beitrage. 297
in inschriften des 4. oder 3. Jahrhunderts vor Chr. zu finden
sind (n. 677, 798, 799, 905) deutet darauf hin, dass auf Rhodos
wie anderwärts (vgl. dazu Grönert a. a. o. 16 f.) dies System
erst gegen 200 v. Chr. ausgebildet war. — Dass mau in der
späten kaiserzeit mitunter nachlässiger wurde (n. 652', 911),
darf nicht befremden.
Stockholm, 16. juni 1902. Ermt Nachtnanson.
Contributions to Old Italic Etymology.
Oscan aflakus, aflukad : Latin (abjlciqueo.
In the Gapuan curse of Vibia this verb occurs three times
as follows: usurs inim malaks nistrus pakiu kluvatiud vala-
mais pfuMu?] *) aflukad (IL 2 — 3), and svai puh aflakus
pakim kluvatiium valaimas puklui supr[uis?J inim tuvai leginei
inim sakrim svai puh aflakus huntrus teras (11. 10 — 11). In
the latter passage 'as in 1. 8' puklui is probably to be cor-
rected to puklum (cf. the various emendations coUected by
V. Planta, II, 629, and Conway, 127). The a seems to be
original in this Oscan verb, so that u in the subjunctive aflukad
was apparently a secondary development (cf. v. Planta, I, 238,
284—285). Previous conjectures as to the meaning of the
word have been summarized by v. Planta, 11. 627, although
he finds none of them altogether satisfactory. Perhaps we may
compare with aflakus Latin lacio, lax (Festus, ed. Th. de Ponor,
83, ladt decipiendo inducit. Lax etenim fraus est)^ laqueus,
and Old Ghurch Slav. Iqka *trick', l^ *I seize, entrap' (cf. Fick,
I *. 535, II». 216, 648). Furthermore, in Latin the verb
laqueo, the denominative from laqueus, is used in composition
with ab, the equivalent of Oscan and Old Latin af^ as in Gato,
RR. 29, et si ibi olea erit, simul ablaqueato, stercusque addito,
and Gloss. Latino-Graec. (Qoetz, II. 4, 3), ablaqueata öiogvx-
Ohra, While the force of the compounded verb evidently
1) The intervening words anikadum damia Uginum seem
too corrapt to admit of satisfactory Interpretation.
298 Louis H. Gray
differed in Oscan and in Latin, the root meaning seems to have
been *to seize unexpectedly or by guile, to ensnare, to carry
oflP. My suggested rendering for the two passages cited would
accordiugly be: *may she entrap (my) enemies and foes nearest
to [i. e., likest to?] Pacius Gluvatius, son of Valaima', and,
'whether thou shalt bave entrapped Pacius Gluvatius, son of
Valaima, as doomed both to the gods above and to thy host,
or shalt have entrapped him beneath the earth'.
Oscan cadeis : Late Latin cadtneus.
The an. ley. cadeis, Tab. Bant. 6, evidently denotes from
the context 'disadvantage'. The most obvious etymology for
the Word is the root found in Doric xadco, Skt. kad (lexicogra-
phical) 'injure', Latin cadamitas (cf. Lindsay, Lat. Lang., 286,
and see Mar. Vict. 8, 15, ed. Keil, Gramm. Lat. Vi, Gn. Pom-
peius Magnus et scribebat et dicebat kadamitatem pro cahmi-
täte) 1). For the root kad in Italic we may probably quote in
addition to cassus < ^kad-tus also Gloss. cod. Sangell. 912
(Goetz, Corp. Gloss. Lat., IV 215), catmea mctorie non bone,
which Goetz, V 160, emends to cadmea{e), (rather *cadamea{e)?)
< ^kadim-eo- like cadamitas < *kadim'itas (cf. Sommer, Lat.
Laut- und Formenl. , 121). If the comparison of cadamitas
and cadtneus with cadeis be correct, the meaning of the Oscan
Word would seem to be established.
Oscan angetuzet, angitu- : Latin ango.
The verb-root atigito- is found but twice in the Italic in-
scriptions thus far discovered, both times in the Bantine Tablet.
The first passage, 1. 2, is corrupt, q moUam angitu . . ., and is
rendered by v. Planta ^quaestor multam propo«u«rif. The
second instance, 11. 18 — 20, is tolerably clear, pon censtur
Bansae tautam censazet pis ceus Bantins fust censamur esuf in
eituam poizad ligud isusc censtur cetisaum angetuzet This is
translated by v. Planta, ^quum censores Bansae populum cen-
sebunt, qui ciuis Bantinus erit, censetor ipse et pecuniam, qua
lege ii censores censere proposuerint'. The first point to be
1) For other etymologies see v. Planta, Osk.-Umb. Gramm., 1. 327,
471 f., Fick, Vgl. Wtb., 1. * 32.
Gontributions to Old Italic Etymology. 299
considered is angetuzet, Various etymologies have been suggested
for it, particularly with Latin gnosco, Lithuanian zinöii as
standiDg for "* an'gen-Uuzet , or with the Latin verbs ingesserü,
ago, or aio (see v. Planta, L 329, 441, 475, U. 261, 343). The
argumenta of v. Planta against a derivation from *an'ge(n)-
t'Uzet seem to me valid, but I am unable to accept a com-
parison with (xgo or, as he prefers, aio, since neither of these
words has in any of its cognates a nasalized form of the
root. I think it possible, however, to connect the Oscan yerb
with the IndO'Germanic root an§h-, Sanskrit arnhcm, Avesta
qzah, Armenian anjukj ancuk, Old Ghurch Slavic tfsrbkb, Greek
äyxw, Gothic aggwus, Old Irish cum-ung, and Latin angö
(firugmann, Grundr., I *. 549). In all these dialects the root
meaning is 'to narrow\ whence may be derived the signification
'to constrain', which is, I think, its force in Oscan. In for-
mation angetuzet, angitu . . . is an iterative like Umbrian etaians
'itent', dato 'itate', Latin vocito, agito, sciscüo, etc.
The second point concerns the infinitive cenzaum. It is
noteworthy that the Osco-Umbrian dialects have no present
infinitive which is distinctively passive (Bück, Chicago Studios,
I 137, V. Planta, II, 405). The same form must consequently
do duty for both voices (cf. Giles, Manual ', 469). Thus we
have Gapuan fatium (v. Planta, 129, 6; 8 = Conway, 131),
Latin fatsri, and probably Umbrian stiplo (Tab. Ig., VL a, 2),
Latin stipuläri, It would then seem preferable to render cen-
zäum by 'censeri' than by 'censere'. I accordingly suggest
translating the passage under consideration : *when the censors
shall make a census of the people of Bantia, whosoever shall
be a Bantine Citizen shall have his census taken there (? cf.
y. Planta, I, 509 — 510), even as regards his money, according
to whatever law those censors shall compel the census to be
made'.
Volscian sepu : Latin ttequo.
The Volscian word sepu occurs once, Tab. Velit. 3, in a
line which forms a complete sentence by itself, sepis touiicu
couehriu sepu, ferom pihom estu. The two preceding lines of
the tablet prescribe an expiatory offering for touching the
statue of Decluna. The line under discussion is rendered by
V. Planta, IL 543, cf. 652, 'siquis publico conuentu sciente,
300 Louis H. Gray
ferre pium esto'. The word sepu is therefore regarded as an
ablative, and it is compared with Oscan sipus ^sciens' (cf.
V. Planta, I. 94, II. 396, C!onway, Ital. DiaL, 655—656). Apart
from phonological difficulties, there is a serious syntactic ob-
jection which may be urged against such a translation as
Y. Planta proposes, for the conditional clause then has no verb.
It seems doubtful whether sepu is a participle in the ablative
Singular. I am inclined to regard it as a verb in the third
Singular of the future perfect (cf. atahns, 1. 1). Against this
it may be urged that final s iß written in Oscan and its kin-
dred dialects. In this very inscription we find atahus, sepis
(twice), pis, uesclis (cf. v. Planta, I. 581 — 582, Brugmann,
Grundr., I * 921). On the other band s may eitber been
omitted, as in the Gapuan Anniiei for Atiniieis (v. Planta, 137
— Conway, 107), or have been a Latinism like Vestinian Uetio
for Uetios, especially as the Volscian inscription is written in
the Latin aiphabet. If we are justified in reading s^tis for
sepu, the verb is not to be compared with Latin sapio, Cid
High German int-seffiu, but with Latin sequor, Greek ^nofiai^
Cid Irish do-seich (cf. Fick, I * 137, 559, II * 295—296). That
*seqff' has an active as well as a middle voice is clear not only
from Sanskrit sacati, Greek Sno) beside ertofiai, Cid Irish do-
sechim beside do-sechur, but also from Latin sequo (Aulus Gellius,
XVin. 9, 8, nam et sequo et sequor et item seda et sectio con-
suetudine loquendi differunt^ sed qui penitus inspexerü, origo et
ratio utriusque una est, see also Priscian, Instit., VIII. 29, ed.
Keil, Gramm. Lat, IL 396). The verb sepu is used here abso-
lutely as is frequently the case with sequi in Latin, e. g., Caesar,
6ü., I. 1, 4, Pompeio esse in animo reipublicae non deesse, si
sencUus sequatwr, Finally, toticu couehriu is probably an ablative
absolute like Tab. Baut. 21, toutad praesentid, I should accor-
dingly render Tab. Velit. 3, *whosoever shall have conformed,
when there is a public assembly, let the offering be holy'.
Pompeian kaila : Latin caelum,
The Oscan word kaüa occurs once in a Pompeian inscrip-
tion (v. Planta, 28, 6 — 7 = Conway, 39), where it evidently
signifies 'temple' (ant kaüa lüveis Meeilikiieis 'before the temple
of Melician Jupiter'). The reading kaüa instead of the old
Contributions to Old Italic Etymology. 301
kaula may now be considered as fixed (cf. v. Planta, II. 499,
767, Conway, 58). Bücheler's comparison, Umbrica, 49, with
Latin calare, Oreek xalew does not seem beyond criticism to
nie. If we may assume that Oscan kaüa is derived from
Pre-Italic ^qaüa-, it may be connected with Gothic hails, Old
Irish cSl, Prussian kaüüstiskan 'health', Old Ghurch Slavic cil^
*hale, whole' Qreek xöiXv to tloIöv (Hesychios) (cf. Fick, I *.
375, II *. 88, Brugmann, Grundr., I «. 575-576, Ausdr. f. d.
Totalität, 41—42, 50—51). Instead of ^qoüo-, *qeäo- for the
Indo-Germanic forma of the word, as Brugmann proposes, I
should prefer *qaÜ0', *qeilO', *qoüO' (cf. Brugmann, Grundr.,
I *. 490). Furthermore Latin caelum, Caelius may then be
compared with Oscan kaüa, Gothic hails, etc. as against the
etymology of Fick, II K 62. Germanic and Keltic give close
semasiological parallels for this Suggestion. Anglo-Saxon fuel
sometimes signifies 'portent', as Beowulf 203, hcel sciawedon
^omens observed they', while the denominative verb hdlsian,
hedlsian has a similar meaning, as in Elene 699, ic iow hedlsie
ßurh heofona god *I adjure you through the God of the hea-
vens'. So too the Old Norse heil, e. g., Hyndluliod 48, 8, eüri
blandinn migk ülu heilli *mead mingled with poison, with ill
omen', and Old High German heüisön, Middle High German
heäsen have a like signification. The Keltic words cognate in
meaning and in etymology with Oscan kaila, Latin caelum are
Old Irish csl 'augurium', Old Welsh coilu 'auguriis', coiliaucc
*augur', and Comish chuülioc 'augur', cuillioges *phitonissa'
(Fick, H *. 88).
Paelignian uus : Old Ghurch Slavic vy.
The Paelignian Herentas-inscription contains the pronoun
of the second person plural twice, both times in the same form
uus. In one of these two passages the word is plainly nomi-
native, eite uus Mte vos'. In the second instance, in the foUo-
wing line of the inscription, uus is almost as certainly a dative,
dida uus *det yobis'. The dative uus is explained as standing
for *vöfs, *vöfis, Latin vöbis (cf. Brugmann, Grundr., II. 817,
Conway, 671, Giles, Manual «, 301, v. Planta, L 119, 230,
464, IL 233). While this theory is plausible, there is another
possibility worth noting. To the Latin accusatives nös, vös the
Old Ghurch Slavic ny, vy correspond exactly. These same
302 Louis H. Gray
forma ny, vy serve as enclitic datiyes plural beside the non-
enclitic nafm, vavm (cf. Miklosich, Vgl. Gramm., III *. 46,
IV. 72—75, Leskien, Hdb. d. altbulg. Spr. «,97, Vondr&k,
Altkirchenslav. Gramm., 59, 178). Witb the Old Church Slavic^)
enclitics ny, vy as accusatives and datives one immediately
compares the Gsthä Avesta enclitic accusatives nä^ vä, as well
as the enclitic genitive-datives «5, f^P, Younger Avesta nö, vö
and Sanskrit ndhj vah (all accusative-genitive-dative). In Indo-
Germanic *nes, *ue8 evidently served for the enclitic accusa-
tive, dative, and genitive plural of the personal pronouns of
the first and second persons (Skt. nah, vah — acc, dat., gen.
— , GAv. n9, V9 — dat., gen. — , JAv. nö, vö — acc, dat., gen.).
Beside the atonic ^nes, *^«s stood the tonic *nö8, *y^8 (GAv.
fiä, vä — acc. — , Latin nös, vös — acc. — , Lith. miis, jus —
acc. — , Old Ch. Slav. ny, vy). In Slavic the Indo-Germanic
*nö8, *jfö« assumed at least aportion of the functions of ^nes,
^^68 (Audouin, Declinaison, 358, 375 — 376, see also Meillet,
Genetif-accusatif en Vieux-Slave, 96). It may perhaps be pos-
sible, therefore to regard the Paelignian uu8 in the second of
its occurrences in the Herentas-inscription as an enclitic dative
which may be compared in function with Sanskrit vah, Avesta
ff9, VÖ, and in both function and form with Old Church Slavic
vy. On account of the vocalism we cannot compare with Pae-
lignian VU8 the Old Latin *) nis 'nobis' (Gloss. Cod. Sangell.,
912, ed. Goetz, IV. 261, cf. Festus, ed. Th. de Ponor, 33,
CaUim antiqui dicebant pro clam^ ut ni8 pro nohis, 8am pro
8uam, im pro eum, see also Lindsay, 425, Schmalz, 137, Som-
mer, .444).
Paelignian hanustu : Latin fanum.
In the Paelignian Herentas-inscription (v. Planta, 254, 7,
Conway, 216) over the grave of the priestess Vibia the goddess
1) Of the other Slavic dialects only Old Czeoh preserved the aoou-
Batives ny, vy. . Here too the New Gzech , like the other languages of
the groapf sabstitated the genitive (ndt, väs). In Serbian it is inte-
resting to note that m, vi, like Old Church Slavic ny, vy, are found
beside the regulär dative forme nama, vama (Miklosich, III *. 360 — 361,
216).
2) Still more donbtfnl is the Old Latin noi$ or npisi of the Daenos-
inscription, even if it means 'hobis', which is very uncertain (cf. Sommer,
444, Egbert, Latin Inscriptions, 346—847).
Contributions to Old Italic Etyraology. 303
Herentas, who corresponds to the Roman Venus, has the epithet
hanustu, found only here in the inscriptions thus far discovered.
Several conjectures as to the meaning of the word have been
collected by v. Planta, I. 463, II. 660. The best of these seems
to be that of Breal, Mem. Soc. Ling., VI. 84 — 85, who regar-
ded hanustu as connected with Latin fänum, Oscan fiisna,
Umbrian fesnafe (cf. also Stolz, Lat. Gramm. ■,74, Lindsay,
Lat. Lang., 294 — 295), even though fesn, apparently an abbre-
viation, is found in Paelignian (v. Planta, 253, 4 » Gonway,
239). Possibly Paelignian hanustu is for *hasnuS'tOj ^fasnus-to
(cf. Oscan-Umbrian fesna-), with the same formation as in
Latin onus4us, vetus-tuSj venus-tus, Umbrian mersto (cf. Brug-
mann, Grundr., IL 218, v. Planta, II. 40). With hanustu one
may also connect the (Faliscan?) gloss (cf. Gonway, 385), ha-
nula, parva delubra, quasi fanuia, Festus, ed. Th. de Ponor, 73.
The phrase hanustu herentas would then mean 'the Venus of
the shrine'. It may well be that this goddess was, according
to the Paelignian cult, one of the cerfum semunu (1. 4) whose
priestess Vibia had been.
Umbrian an gif : Sanskrit a/ficati.
The Umbrian Stc. ley. angif is found in Tab. Ig. II. a, 25
in a passage reading: arvia puni purtuvitu, vestikatu, ahtre-
puratu, pustin angif vinu, nuvis ahtrepuratu, tiu puni tiu vinu
teitu. The word angif is usually regarded as the accusatiye
plural of a noun meaning ^vices' (Gonway, 601, Bücheier Um-
brica, 133—134), although others compare it rather with Greek
äyxvlt] or with äyyea (v. Planta, I. 361). At all events, its
kinship to Umbrian anglome, Latin ancus, angulus, Greek ayxog,
Old Irish ecath 'hook', Old High German angul, Sanskrit anka,
aflcati, as well as with the Oscan gloss ungulus 'anulus', Latin
uncus, Greek oymog seems certain (cf. v. Planta, I. 328, Lind-
say, Lat. Lang., 259, Fick, I *. 348, II *. 32, U ». 7, Prellwitz,
Etym. Wtb. d. griech. Spr., 218, Uhlenbeck, Etym. Wtb. d.
altind. Spr., 4). The view that angif is a noun, however, does
not seem altogether satisfactory to me, for vinu, which is
obviously dependent on angif j is hard to explain on such a
hypothesis. I regard angif, therefore, as the present active
participle of *angio which is cognate with Sanskrit aficati
'bends', Pahlavl anöitan. For the form the Volscian asif ^arens^
-* V
304 Louis fl. Gray
ardens' (cf v. Planta, II. 651 — 652, Bück, Chicago Studies,
I. 183, 134) is to be compared, as well as Latin forms like
servfbäs, scribas, insignlbat, molibar, praesagibcU, exibam, fenf-
bat, etc. (Sommer, 569, Lindsay, 491, Neue- Wagener, Formenl.
d. lat Spr. «, III. 317—318). If this explanation of the Um-
brian word be possible, then the phrase angif vinu 'bowing
with wine' has an exact parallel in Sanskrit. The definition of
the root a/fic as given in the DhStupätha, I. 203, ed. Böhtlingk
(see also the edition of Kirste, I. 105, 890 — pp. 19, 110),
aiicu gatipüjanayöh is confirmed by such a sentence as bhtmö
'yam girasäflcati 'Bhlma here bows with bis head' (i. e., salutes).
The word pustin, like puste, I. a, 25, though it is a prepo-
sition governing the accusative in the other passages in which
it occurs (IV. 13, V. a, 18, 18, 20, 21, b, 8, 12, 14, 17, so
also Oscan püstin slagitn, Gipp. Abell., 34), seems to be here
a temporal adverb (cf. however v. Planta, 11. 450 — 451). In
like manner Latin post is used both as a preposition and as a
temporal adverb, e. g., Plautus, Menaechmi, 36, patuAs diebtis
pöst Tarenti emörtuost, Cicero ad Fam., VII. 5, 2, atque ita
mitto, ut initio mea sponte, post autem invitatu tuo mittendum
duxerim. I accordingly translate the passage under conside-
ration: Het him present the fruits of the field (and) sour wine,
let him pour a libation, let him dance, then bowing with wine
let him dance nine times, let him say, **thee with sour wine,
thee with wine (I honor?)"'.
Umbrian amperia : perum,
The Umbrian amperia occurs but once, II. a, 29, where it
is found in the passage, kaüu purtuvitu, amperia persnihmu,
asegeta käme persnihmu. Various conjectures as to the etymo-
logy of the word have been collected by v. Planta, I. 466—467
(cf. Conway, 599). It seems clear that amperia is to be divi-
ded am-peria. The first component is, in my judgment, the
preposition ana (Avestan ana, Greek ava^ av, Thessalian, Les-
biau, Cyprian ov, Latin an-helare, etc.). The dental nasal be-
comes m before the labial, as in am-pentu beside an-penes,
a-pentu (cf. v. Planta, II. 455 — 456) ^). The second part of
1) Cf. the same change in Oreek, as in afinvevfia, Find., Nem.
1. 1, d/ÄTienaXtav , F 355, beside dv^nakro, S 85. The Hesychian gloss
Contributions to Old Italic Etymology. 305
the Word is obviously connected with Umbrian perutn 'ground',
Latin op-pidum, Greek TtaSiov^ etc. The meaning of amperia
accordingly seems to be *placed on the sacrificial space'.
Umbrian niru : Qreek vIqov,
The Umbrian word niru, which occurs once, ü. b, 15, in
the phrase pistu niru fertu has been connected with hesitation
by y. Planta, L 375, with Latin nigrum. Bücheier, Umbrica,
146, is probably correct in bis explanation of niru as 'pistum
fromenti genus aut leguminis', and equally justified in declining
to identify it with Qreek vijqiov, As a mere conjecture I o£fer
the Suggestion that the Umbrian niru may be related to the
Hesychian gloss, viqov fiiya. In meaning niru may denote
either the size of the grain which is to be ground, or, less
probably, its quantity (cf. magno in populo, Verg., Aen. I. 148).
Umbrian eru *ab se'.
The pronoun eru in the passage Tab. Ig., V. a, 7 — 10, has
occasioned much discussion. The section in question reads,
revestu pure terte, eru emantur herte, et pikaklu pune tribrigu
fuiest, akrutu revestu emantu hetzte. Here the last three words
are plainly parallel to revestu eru emantur herte, Of
all the translations only v. Planta's (IL 568, cf. 671), 'reuisito
a quo datur, ab eo emantur oporteatne', recognizes the fact
that eru is ablative Singular masculine. On the other band I
think Conway, 517, correct when he renders pure terte by 'quod
datur'. The question is at once suggested as to whom or what
eru refers and how it is to be construed. It is, I think, an
ablative of agent after emanttifr) herte and refers to the im-
plied subject of revestu. It consequently Stands for the re-
flexive which, like all the personal pronouns, has no ablative
in the Osco-Umbrian dialects. Ablatival forms like Old Latin
sS(d), mS(d), ts(d) (cf. Neue- Wagener , Formenl. d. lat. Spr. *,
II. 354) are not found in the other Italic languages. It would
seem therefore that the personal agent in Osco-Umbrian was
expressed by the instrumental-ablative without a preposition,
diverging herein from the Latin usage. Although it is true
dfinailiiv' (fcevegfSg cannot, if correctly transmitted, be compared with
Umbnan amperia on acconnt of the vocRlization.
teitrtg« X. knnde d. iadg. 8pnMsh«n- XXVII. 20
306 Louis H. Gray
that Latin from tbe earliest moDuments onward employs a(b)
with the ablative to denote the personal agent with verbs in
the passive voice and grows careless of this rule only in tbe
decadence of tbe language (Scbmalz, Lat. Synt. 3, 252, Draeger,
Bist. Synt. d. lat. Spr. «, I. 547—548), yet I believe tbat tbis
use of a{b)y as of tbe corresponding syntactic equivalent vno
in Greek, is relatively a late development, and tbat tbe Osco-
Umbrian adberes in tbis regard to Indo-Germanic usage (cf.
Delbrück, SF., V. 135—136, Vgl. Synt, L 268—269, Audouin,
Declinaison dans les langues indo-europeennes, 321). I sbould
accordingly prefer to render tbe passage bere considered, ^re-
visito quod datur, (ab) se emantur oporteat (ne), et piaculorum
quum temio fiet ex agro, revisito, emantur oporteat(ne)'.
ümbrian anderuomu : Latin interluo,
Tbe ümbrian an;, ley. anderuomu occurs Tab. Ig-, VL b, 41,
anderuomu sersitu arnipo comatir pesnis fust, Bücbeler renders
tbe word 'inter rogos', wbile v. Planta, L 380—381, bazards a
connection witb Latin lumen or ümbrian uoco- or 8«d-(if)oco-.
As a very doubtful Suggestion one migbt regard anderuomu as
an instrumental-ablative of manner (cf. Conway, 500 — 501) from
ander^uo-mo' < * ander 4u'm0' (cf. on ümbrian w < i v. Planta,
L 285 — 289). Tbe word would tben be a -mo- formation, like
Oscan eg-mo, Latin fä-mä, ro-mus, to Latin ltu>, lutum^ Greek
loßw, lovü), Armenian loganem, etc. (cf. Fick, I *. 539, 11 •.
223—224), as well as to Latin lö-mentum, Greek Xv-f^rj. The
meaning of anderuomu, if tbis Suggestion be adopted, may be
gained from tbe force of tbe cognate Latin interluo in sucb a
passage as Cato, RR., 132, cum pollucere oporUbü, sie fades
manus interluito, postea vinum sumüo. Tbe passage
under discussion would accordingly seem to signify, 'let bim
Sit witb a (ritualistic) wasbing (of tbe bands) between (the
stages of tbe sacrifice), until be sball bave prayed wben (tbe
grain o£Fering) is ground'.
ümbrian asiane,
Umbrian asiane occurs but once, Tab. Ig., I. a, 25, in a
passage reading, puste asiane fetu, zeref fetu. Previous sugge-
stions relative to tbis obscure word are collected by y. Planta,
I, 388, 526, wbo seems to me correct, I. 526, H. 7, 32, in
Contributions to Old Italic Etymology. 307
associating it with Umbrian asOj Marrucinian a%Mm^ Latin as-
sare, New High German esse, etc., with the suffix -ano-, It
is possible that asiane is a derivative from a proper name *asiO',
and is the designation of some building in Iguvium near the
Veian gate. Various places belonging to or named after per-
sons are mentioned in the ümbrian inscriptions, especially in
VI. a, 12 — 14, presoliafe nurpier, tettome müenitar,
carsame uestisier, etc. Further, the -ano- formation
frequently gives derivatives from proper names both in Osco-
Umbrian and in Latin (v. Planta, IL 32—33, Lindsay, 326—
327). The name *asio- may have belonged either to a man,
in which case the Umbrian (?) name Asania, i. e., As-ania,
cited as occurring bnt once by Gonway, 446, may be compared
if asiane is to be analyzed as-i-äne, or to a local fire-godling
of the Iguvines who offered a sacrifice at his shrine dnring
their lustral procession.
ümbrian ruseme : Old Norse rodra.
The word rtiseme occurs three times in the Iguvine Tables,
VIL a, 8, ape supo postro pepescus, enom pesclu ruseme uesti-
catu, VII. a, 9, enom uesclir adrir ruseme eso persnihimu,
VIL a, 23 — 24, enom ruseme perschu uesticatu. The term is
quite unclear (cf. the explanations coUected by v. Planta,
I. 161, 428), bat I believe that v. Planta, IL 50 is right in
thinking that the root of ruMm-e ends in a dental and that
the word is a -^i-formation. Possibly ruseme refers to the raw
flesh of slaughtered victims, especially as the words in other
Indo-Germanic dialects which I regard as its cognates some-
times have special application to slain animals. I think that
nm is for *rudh-ti (cf. Sanskrit riM^A-ira *red', Greek l-^vö-^og,
Latin rulhrum, rus-sus < ^rudh-so-, Umbrian ruf-ru, Old
Church Slavic rbd-rb, Old Norse roä^a, Fick, I *. 116). The
form n4si instead of *rusti may be compared with Latin ßissus
< *iudh-Uh (Sanskrit yuddhd) and Latin gressus < *gredh-to-
(Gothic grids) (cf. Brugmann, Grundr., I. * 627, v. Planta,
I. 423, but against this Sommer, 281, 645). As another ex-
ample of Umbrian s < dh-t one may cite the word Fisiu if
this Stands for ^bhüdhrtO', as v. Planta says, rather than for
*bhfdh'SO', as Brugmann is inclined to believe. The etymology
here suggested for Umbrian ruseme I r^ard as merely tenta-
20*
308 Louis H. Gray
tive, but I think that the resultant meaning <blood' fits ihe
context a little better than previous explanations. It is worth
noting in this connection that Old Norse roära^ wbich I regard
as related to rustmty refers especially to the blood of slaugh-
tered animals.
Umbrian für fad : Sanskrit gfbhnOti.
The Umbrian verb furfa- is of extremely doubtfiil etymo-
logy. The four passages in which the word occurs are as
foUows: I. b, 1 vukukum luviu, pune uvef furfad, tref vitluf
turuf Marte Hurie fetu = VI. b, 43, uocucom louiu, ponne
out furfant, uitlu foru trif fetu; VI. b, 17, eno mefa uestisia
8opa purome efurfatu, subra spahmu = VII. a, 38, etmo uesti-
sia mefa spefa sopam purome efurfatu, subra spahamu, The
old etymology of furfad was with Latin februus (Breal, Tab.
Eug., 132 — 134), still held, apparently, by Brugmann, Grundr.,
IL 958. The Suggestion of v. Planta, I. 459—460, that the
verb may perhaps be compared with Latin forfex and contain
the root bher *cut' seems rather improbable. If , on the other
band, v. Planta is right when he states, L 111, that Italic o
becomes u before rf (whence, by implicationi Italic or from
Indo-Germanic r becomes ur before rf)y it seems possible to
suggest an etymology, which is at once phonologically correct
and suitable to the context, and possessed of morphological
parallels. I think that Umbrian furfaO may be derived from
Indo-Germanic ghrabh 'seize', Sanskrit gfbhnäti, Old Ghurch
Slavic grabiti, Old High German garba, English grab, etc. Um-
brian furf- from *ghrbh' may be compared either with the
Sanskrit present stem seen in grhTthäs, grhita, grhi^va, agj-hUäm
or with tbe aorists grhs, grhat^y grhämahi, if indeed these latter
forms are not rather presents (cf. Delbrück, Vgl. Synt., IL 76),
From the same low grade of this Indo-Germanic root comes
the New High German vetb grappen, grapen (Hirt, Ablaut 80).
If, on the other hanrl, Sanskrit grhe, etc. are, as Whitney
supposes, aorists (cf. the root-aorists gfbhäna, agrbhran and see
Whitney, Koots, 40), we then have one of the instances where
a given root-grade has an aoristic force in one language and
a present value in another (cf. Delbrück, Vgl. Synt., II. 100
— 101). Other Umbrian words from Indo-Germanic roots
which have no equivalent in Latin are not lacking. As an
Contributions to Old Italic Etymology. 309
example the Umbrian habitia 'goat' may be cited. This word
is to be compared with Sanskrit chäga, Albanian ked, Old
Cburch Slavic koza, Anglo-Saxon hicen (cf. Wackernagel, Ältind.
Gramm., I. 155, otherwise v. Planta, I. 336). Finally, for the
preservation of the double aspirate in Italic from ^ghrbh- we
may compare Oscan feihüss ^) 'muros', Latin fig-ura , Greek
relxogy Gothic deigan, Sanskrit dehi, etc. from Indo-Germanic
*dhei§h. The two passages, I. b, 1 and VI. b, 17, quoted abore,
are accordingly to be rendered, if furfaß is connected with the
root *ghrbh'', as foUows: 4n the grove (?) of Jupiter, when one
takes the sheep, let him o£fer three buUocks to Hudian Mars',
and *then let him take out to the fire and spread above it the
sacrificial cake, the libation, and the entrails'.
Umbrian andersafust : Italian andare.
The verb andersafust, andirsafust, aterafusf occurs three
times in the Iguvine Tablets in the foUowing passages : I. b, 40,
pusteriu pane puplu atefafust « VII. a, 46, postertio pane
paplo andirsafust, VII. b, 3, appei arfertur Atiersir poplotn
andersafust. The meaning of the verb (cf. Bücheier, ümbrica,
113) is clearly 'circumdederit, ambieverit', literally **ambidederit'.
It is a Compound of Umbrian amfr-, amf-, am- (Latin atnbi-,
Greek a/uqp/, etc.) and the root da (v. Planta, I. 294, IL 246
—247, 455, cf. also Osthoff, Perfect, 240—241, Brugmann,
Grundr., II. 967, Bück, Chicago Studios, I. 132). While no
exact Latin representative of this Umbrian verb is found, the
word andersafust has, I think, a Romance descendent, the
Italian andare and the Spanish and Portuguese andar. The
verb andar(e) has given rise to much discussion among Ro-
mance scholars. Among other etymologies Körting, Lat.-Rom.
Wtb. *), 283, traces andar (e) to ^am(b)äare. This is, I believe,
the correct view. The Latin ^ambdare, *ambidare corresponds
precisely to the Umbrian andirsafust, while it has given rise,
through the transition grades ^amdare, * andare to the form
1) On the phonetic valne of this h cf. v. Planta, I. 436, 446—447.
2) In the second edition, 51 — 55 Körting seems to roe to retro-
grrade decidedly when he regards Latin ambulare as the only possible
ancestor for andarfej. The objeetion of Breal, Mem. Soc. Ling., XII. 2,
to the postolation of a Latin verb *afnbdare^ ^amhidare^ seems to me
ungroanded .
310 Louis H. Gray Contributions to Old Italic Etymology.
foand in Italian, Spanish, and Portuguese. We thas have the
interesting phenomenon of an Italic verb unknown in Latin and
even in Folk-Latin, yet existing in a neighbouring cognate dia-
lect and preserved in important members of the Romance group.
Umbrian vatuva : Latin vates.
The Substantive vatuva occurs twelve times in the Iguvine
Tablets, only in the phrase vatutKi ferine fetu (also spelled
vatuvu, uatuo, uatue), The etymology of the word has been
discussed by v. Planta, I. 350 (cf. also 426, 287) but his com-
parison with Sanskrit kvathati 'boils' seems to me extremely
doubtful, even if the change of root-determinative from p to
th be granted (cf. Brugmann, Grundr. I *. 790). On the other
band I think he is right in regarding vatuva as a stem in
-^- (IL 163, cf. 13 — 15) like Umbrian saluuam, mersuva), For
the etymology of the word it seems both simpler and clearer
to connect yatuva with Latin vates, Gothic wödSy Sanskrit api-
vätayati ^understands', etc. The word would then signify 're-
lating to augury, and the formula vatuva ferine fetu is to be
translated, 4et him put the things relating to augury on the
barrow'.
Princeton, N. J., U. S. A., April 24, 1902.
L(mi8 H, Gray,
Zur declination der lettisohen bestdmmten
Mit recht verwirft Leskien (Declination im Slavisch-
Litauischen und Germanischen, s. 135) die ansieht von Bielen»
stein und Miklosich, dass in der declination der bestimmten
adjectiva das Lettische in allen casus das thema des adjectivs
enthalte und eine form wie der nom. pl. labe „die guten'' durch
contraction aus labäji entstanden sei, indem er hinweist, dass
labe nach den lettischen lautgesetzen gar nicht aus labäji her-
geleitet werden kann. Verfehlt ist jedoch die weitere behaup-
tung Leskiens: ^ylaba-- kann deswegen nicht stamm des ad-
jectivs sein, weil sein a stets lang ist; wer es dennoch dafür
J. Endzelin 311
hält, muss eine erklärung der länge geben.** Denn wollte
jemand noch die ansieht Bielensteins und Miklosichs ver-
treten, so könnte er mehr als die erklärung der länge geben,
nämlich die postulierte kürze des a nachweisen. Dabei kommen
freilich nicht formen aller mundarten in betracht. Es werden
nämlich in Rujen, Allendorf, Salis, Lemsal, Ubbenorm, Pernigel,
Adiamünde und Loddiger in den suffixen alle langen vocale
(und an allen diesen orten, ausser in Loddiger, auch der diph-
thong ü, teilweise auch 'e) zu kurzen vocalen ; noch weiter gehen
bekanntlich in dieser hinsieht die tahmischen mundarten Kur-
lands, wo die gekürzten längen teilweise ganz geschwunden
sind (vgl. Bezzenbergers Lettische dialekt- Studien 150 ff.
und oben XXVII 189). Aber auch in solchen mundarten, die
sonst eine Verkürzung der suffixalen längen nicht kennen,
werden gerade vor j lange suffixvocale gekürzt; so z. b. in
Rodenpois und Segewold. Es kann demnach eine form wie der
dat. s. vecajam „dem alten*' aus Stenden auch auf vecäjam
zurückgeführt werden, denn in Stenden werden in einigen formen
die langen suffixvocale gekürzt: dat. pl. mäcitajim „den
pastoren**, inf. turet „halten", dat pl. m^am „den töchtem",
loc. 8. meza „im wald", praet. nevarej „konnte nicht", fut.
nüküdis „wird abbeissen", mis runa „wir sprechen", nom. s.
Irbit „kleines rebhuhn", dusmigs „zornig" u. a. (daneben : comp.
Iftäks „leichter", praet. izdzSräs „zechte zur genüge", loc. pl.
ptdkäs mäjäs „in vielen häusem" u. a.). Dagegen dürfen wir
in folgenden formen keine Verkürzung des a annehmen : dat. s.
stnotkajam „dem feinen" (Palzmar), labajam „dem guten"
(Smilten, Dickein, Olai, Wallhof, Mitau, Grünhof, Dohlen,
Seh Witten, Liewenbersen , Siuxt, Lesten, Neuenburg, Remten,
Frauenburg, Kursiten, Ringen, Grösen u. a.), loc. s. labajä „in
der guten", dat. pl. lelajhm „den grossen", jaünafem „den
jungen" (Wolmar). Denn in diesen mundarten wird ursprüng-
liche länge des a auch vor j bewahrt: dat. s. arbjam „dem
pflüger", mddtäjam „dem pastor^^, loc. s. linäjä „auf dem
flachsfeld", runajam „wir sprechen" u. a. (Wolmar). Für die
nomina agentis auf -toja- und -äja' gilt dieses von allen den
eben genannten mundarten, während in den verbalformen einige
derselben verkürztes a aufweisen: praet. dzedaja „er sang",
mazgajds „wusch sich"; daneben: mdcUäjs „pastor" (Olai). In
den mittleren mundarten Livlands und Kurlands, die der letti-
312 Zur declination der lettischen bestimmten adjectiva.
sehen Schriftsprache zu gründe liegen, scheinen also bloss ad-
jectiyformen mit kurzem a vorzukommen, wobei die kürze des
a ursprünglich sein muss. Formen mit langem a (z. b. dat.
8. slinkäjam ,,dem faulen^') habe ich in Serbigal, Mehrhof
(Livland) und in den westkurischen mundarten von Nieder-
Bartau, Klein-Gramsden, Preekuln, Grobin, Amboten, Nigranden,
Wirginahlen, Schrunden, Wormen, Lahnen u. a. gefunden. Auf
'äjam muss wohl auch die endung -am (z. b. slinkäm „dem
faulen'*) zurückgeführt werden, die ich in Firckshof, Schneh-
peln, GrosS'Iwanden, Dubenalken, Hasenpoth, Zierau, Sacken-
hausen, Appricken und (in Livland) in Adsel-Schwarzhof gehört
habe. Das a der schlusssilbe wird nämlich auch tonlos ge-
sprochen (dinkäjafn in Wähnen und Eabillen ; mundrajcm „dem
muntern'S Ober-Bartau) und fällt dann auch ganz aus, worauf
das j nach ä gleichfalls wegfällt {slinkäm) oder mit a, bezw. a,
den diphthong ai bildet: dat s. mundralm in Kalleten^) (ähnlich
wird in Ealleten der nom. s. fem. g. izgajim ixßSaa zu izgaisi,
in Wolmar dagegen zu izgäsi gekürzt). Die formen mit langem
a hat Leskien (Declination , s. 136 f.) wohl richtig erklärt;
verwerfen muss ich nur seine erklärung des dat. s. labäjam, in
dem er mit hinweis auf lit. lahqjem aus labäm-jam weiterent-
wickelung eines ursprünglichen * labäm-jam sehen möchte.
Erstens ist die von Leskien angesetzte urlettische form mit
langem a ganz undenkbar (dieselbe kann nur *labam-jam ge-
lautet haben), zweitens sind wir nicht berechtigt, Übergang von
-amj- in -ö;- im Lettischen anzunehmen; vielmehr muss labär
jam ebenso wie etwa der loc. pl. labäjüs erklärt werden, näm-
lich als analogiebildung nach dem gen. s. masc. g. und dem
nom. s. fem. g '). Aus dem ursprünglichen ^labam-jam ist da-
gegen labam entstanden, das neben labäjam im sinne eines be-
stimmten adjectivs gebraucht wird. Wie sind aber die formen
mit kurzem a (wie labäjam) entstanden? Dass dieselben der
Verbindung des reinen adjectivstammes (laba-) mit den casus-
formen von jis ihr dasein verdanken, wird wohl niemand mehr
1) o. XVII 278 führt Lautenbach aus der Abaugegend den dat.
8. labaim an.
2) Ahnliche neubildungen kommen auch im Litauischen vor: ausser
hierher gehörigen formen in Kurschats gramm. s. 251 vgl. noch den
dat. 8. fem. g. trecziSjei (Bezzenb erger, Lit. forsch. 1), Jaunesnöjoi
(ibid. 9).
J. Endzelin 313
behaupten wollen. Mir scheint es, dass diese formen vom dat.
8. fem. g. ihren ausgang genommen haben; dieser casus muss
im Urlettischen *labaijai gelautet haben; *labaijai ist aber
meiner ansieht nach rein lautgesetzlich zu labajai geworden.
Zu dem fem. labajai dürfte zunächst das masc. labajam hinzu-
gebildet sein ^), und weiterhin die übrigen casus. Freilich kann
ich keinen sicheren fall des angenommenen wandeis von
suffixalem -aij- in -aj- namhaft machen; allenfalls lassen sich
die hochlettischen praeterita auf -eju oder -g/u für -eiju (=
schriftlett. -Iju ; vgl. Bezzenbergers Lettische dialekt-studien
131) vergleichen^). Andererseits spricht aber meines Wissens
nichts gegen die annähme eines solchen lautwandels, und man
versuche nur formen wie *labaijai rasch zu sprechen, so wird
der Übergang von *labaijai zu labajai sehr natürlich vorkommen.
Nach dem muster des dat s. fem. g. wie labajai scheinen
ursprünglich für alle casus nebenformen mit einem scheinbaren
adjectivstamm auf -a oder — nach andern musterformen —
dialektisch auf -d im gebrauche gewesen zu sein; wenigstens
lassen sich solche formen aus den Volksliedern nachweisen
(beispiele bei Bielenstein, Lett. spr. II 57). Da aber eine
form wie der acc. s. labä ,,den guten^* aus *labü'-ju (Bielen-
stein, Lett. spr. II 57, weist, freilich mit falscher auffassung,
aus einem Volkslied die form raznü-ju ') nach) sich auch so
deutlich von UAu „einen guten*^ unterschied, so konnte die
längere neugebildete form labaju oder labäju neben hbü nicht
recht aufkommen. Dagegen unterschied sich eine form wie der
dat. s. labam „dem guten'' aus ^labam-jam äusserlich durch
nichts von labam „einem guten'S und deshalb wurde hier die
1) Vgl. dazu den lit. dat. 8. fem. g, häUajai (Earschat, Gramm.
8. 260), der doch wohl nach der maskulinform haluysm (ibid. 248) neu-
gebildet ist.
2) Vgl. dazu folgende lit- formen: dat. 8. teiaamuiam (Psalteras
Dowido 1625, Fb. 87, 12), piktamujtn (Ps. 94, 13).
8) Übrigens ist es zweifelhaft, ob ra}hfii&ju wirklich die alte vor-
ansgesetzte form ist; man könnte auch an contamination von raznä und
rdSnäju denken, wie denn der loc. 8. taini (Behrshof) „in dem** (dazu
der loo. pl. tainijäs aus Ziepelhof) durch misohung von tat und tanl
entstanden ist. In taint einen umlaut zu sehen, was Bielenstein o. I 217
tut, ist unmöglich. Zu raüfnt^/tf stelle ich noch zwei andere acc. s.:
$klidüju (Latwju dainas 2887, 1), siouwe pirmoye Deeh (Evangelia und
Episteln, Riga 1616).
314 Zur declination der lettischen bestimmten adjectiva.
neubildung labajam oder labäjam sehr üblich. In der leben-
digen Volkssprache setzt sich also das paradigma folgender-
massen zusammen (der kürze wegen führe ich hier nur die
Wolmarschen formen an):
masculinum femininum
sing. nom. labais labä
gen. labä labäs
dat. labajam od. labam labajal od. labal
acc. labä wie masc.
loc. lahajä od. labä wie masc.
plur. nom. labe labäs
gen. labä wie masc.
dat. labaßm od. labern labajam od. labäm
acc. labus labäs
loc. labajds od. labäs labajds od. hhiSis.
Endlich sei hier noch erwähnt, dass in den westkurischen
mundarten von Appricken und Paddern der dat. pl. masc g.
der bestimmten adjectiva auf -em, bei den unbestimmten da-
gegen auf -im auslautet, z. b. Vim mudigem suMm „den flinken
hunden^^ neben ar savim vecim draügim ^) „mit seinen alten
freunden'' (Paddem). In diesen mundarten (wie in vielen an-
dern) lautet nämlich der dat, instr. pl. der o-stämme und -io-
stämme auf -im aus. Dieses -dm kann nun freilich keine rein
lautliche Schwächung aus -em sein, wie Bezzenberger Lett.
dial.-stud. 129 meint, denn dagegen sprechen mundartliche
formen: so wird z. b. in Rujen suffixales 'e durchgängig zu e
gekürzt (z. b. celes „erhebe dich*' aus celes)^ im dat. pl. er-
scheint aber hier nicht etwa -em, sondern gleichfalls -im (z. b.
zubim „den zahnen''; vgl. auch Rakstu Kräjums XIII 75 und
86). Dieses -im der o- und ib-stämme stammt vielmehr von
den masculinen t- stammen, wie taiidim „den leuten'^ In
Wolmar unterscheidet man noch das masculinum Vaüdim (mit
kurzem i) von den feminina wie z. b. guvim (mit secundärer
länge des i) „den kühen". Anderwärts spricht man aber jetzt
auch Vaudim, indem dieses wort sich ganz den feminina ange-
schlossen hat; ja, in den tahmischen mundarten von Sirgen,
1) ^ ist offenes e; in diesen mundarten hat sich der fallende ton
dem stosston angeglichen, daher: draügim.
J. Endzelin 315
Pilten u. a., wo die weiblichen t-stämme in die declination der
ia-stämme übergegangen sind, heisst es im dat. pl. taudfm wie
düeTfm „den türen'S värtem ^) „der pforte^'; vordem hat aber
auch hier l'audim sein -tm auf die o- und ib-stämme über-
tragen, denn auch hier geht der dat pl. dieser stamme auf
-tm aus: skapim „den schränken '% rtxtim ^ „den rädern 'S
kaTjim „den schmieden^' (Pilten), küekim „den bäumen'*, ak-
miMm „den steinen'' (Sirgen). Von den substantiva ist dann
die endung -im auch auf die adjectiva übergegangen; natürlich
wurde dabei -em nicht plötzlich durch -im vollständig ver-
drängt, sondern es konnten eine zeit lang beide endungen neben
einander gebraucht werden (so noch in Wolmar; anderwärts
hört man bereits nur -im). In den erwähnten mundarten von
Appricken und Paddern ist dann das nebeneinander von -am
und -im in der weise ausgenutzt worden, dass die volleren
formen auf -em den bestimmten, die auf -im den unbestimmten
adjectiva zufielen.
J. Etidzelin.
Lettische comparatiYbildnngen.
In den schrifben des Mancelius (z. b. Postille I 39 und 41)
findet sich öfters das comparativische adverb labis „besser^*;
entschieden comparativische bedeutung hat auch das adverb
välrs s) „mehr", das auf *vairi8 zurückgeführt werden kann
1) Hierzu der n. pl. värf8\ im Wolmanchen dagegen n. pl. varU,
2) In der umgegend von Windau sind oft erweichungen zu hören;
ich gebe einige beispiele: ndd %<' „komm (zu) essen" (Schlehk); n. s.
fem. g. pazudas „yerloren'% mdt' „matter**, dzfgai „kuckuk**, vdladd
„pfingstvogel (Sirgen) ; te pat' „hier selbst**, n. s. maso. g. satk» „locu-
tns'*, a. 8. näi „das messer** (Pilten); n. pl. aiPa „äugen**, 1. pl. totU'idas
„in der fremde**, praet. gad'ifas „traf sich** (Suhrs); praet. nenüaüt'^
„schickte nicht ab**, d. pl. ddrhfm „den arbeiten** (Hasau). Aus der
erweichung entstand dann öfters ein epenthetischer vooal: vdkudz, ba-
Und^'s „taube** (Hasau); n. väjri* „pforte** (Popen) u. a.
8) Die angäbe Ulmanns (im Wörterbuch) und Muhlenbaohs
(Dafchi jautajumi par latweeschu walodu III 27), dass vairs nur in. ne-
gativen Sätzen vorkommt, mag allenfalls für bestimmte mundarten richtig;
sein. Wenn aber Mahlenbach gans allgemein einen satz wie tikai
316 Lettische comparativbildungen.
und wohl von einem adjectiv *vair(a)s „gross" „viel" (davon
das verbum välrtU „mehren", wie von labe „gut" — Udnli
„bessern") abgeleitet ist, von dem auch das adverb vaträk
„mehr" stammt; auf *vairi8 gehen wohl auch die dialektischen
formen vairi (von Bielenstein, Lett. spr. II 279, aus Volks-
liedern angeführt), vair, vais, vai zurück. Mühlenbach (Dafchi
jautajumi III 25) sieht in labis und vairs alte instr. pl., des-
gleichen in pr. tälis oder täls „weiter", und verweist in sema-
siologischer hinsieht auf litauische ausdrücke wie tolyn vaziä'ti
„weiter fahren". Aber die litauischen formen auf -yn sind ja
keine instrumentale und erklären deshalb keineswegs, wie ein
instr. l(M8 zur bedeutung „besser" gekommen sein sollte.
Ausserdem kann auch pr. täl(i)8 kein instr. pl. sein, da ja im
Preussischen dieser casus noch den diphthong aufweist (Ber-
neker, Preussische spräche 197). Das -is in pr. Ullis ist viel-
mehr dieselbe comparativendung , die wir in lat. magiSj got
hauhis finden (Berneker 211). Und so sehe ich auch in den
lettischen formen labis und vairs alte comparative; vielleicht
sind es auch pirms aus pirmis (die letztere form finde ich
noch ^) in Latwju dainas 4991, 4 b und in den aufzeichnungen
aus dem dialekt der preussischen Letten, die ich der gute
hm. L. Behrsins verdanke; neben pirms ist jetzt pirmäk im
gebrauch) „ehe", „früher" und senis (Bielenstein Lett spr.
II 273; dafür ist üblicher senak oder — in Paddern — sendks,
wo das 'S vielleicht auch vom comparativ stammt) „vor zeiten'^
Doch können die zwei letzten formen auch instrumentale sein,
wie es ganz sicher relis „selten" (Wolmar) ist. Unentschieden
muss ich die frage lassen, ob das -is in labis ursprünglich ist
(wie in pr. täiis) oder aus -ais gekürzt ist (vgl. pr. massais
„weniger", Berneker 210); denn in lautlicher hinsieht ist
nätras un nezdUs vairs BtÜaja saulgikt (der schrift eines kurländers ent-
nommen) „es gibt nur noch nesseln und unkrant im warmen Sonnen-
schein" für fehlerhaft ausgibt und darin einen germanismus sieht, so
mnss ich dagegen entschieden protestieren. In Wolmar und anderwärts
steht eben vairB nach tik(ai) „nur** auch in positiven sätsen. Im übrigen
ist das wort vielleicht wurzelverwandt mit vtrB „mann*', vgl. got. ma-
nags : aksl. mq^h. Unverkennbare comparativbedeutung hat das wort
z. b. im folgenden satz: katters arridtezan tcayrs gir neka wens Prophetz
„der auch mehr {fieiCov rt) ist als ein prophet*^ (Evangelia und Episteln,
Riga 1615).
1) Vgl. auch Mühlenbach, Daschi jautajumi in 68.
J. Endzelin 317
meiner ansieht nach beides möglich ^). Sollte valrs über
*vairi8 anf *f>airais zurückgehen, so sollte das t wohl sich er-
halten haben, doch ist der verlast desselben in diesem so ge-
bräuchlichen adverb nicht auffallender, als etwa der verlust des
i in pSc „nach'^ aus pedis (vgl. Mühlenbach, Dafchi jauta-
jumi in 87 f. und 102) oder in driz „bald'' aus drlzi u. a.
(vgl. Zubat^, Flick vokale 7). Dass aber in labis auch die-
selbe endung vorliegen kann wie in pr. tälis, dafür dürften
sprechen bei Mancelius vorkommende formen wie n. s. avis
„schaff, veais „gast'' (dazu der n. pl. und acc. pl. v'Ssis, also
ein i-stamm ; heute n. pl. vesi), neben denen auch formen ohne
t wie sirds „herz'^ vorkommen. Freilich ist es nicht ganz
sicher, dass in den angeführten nom. s. wirklich altes i vor-
liegt. Man müsste auch für die zeit des Mancelius erwarten,
dass der nom. s. — sirds, der gen. s. dagegen — sirdis lautet
(regelrecht heisst es in der Dispositio imperfecti: n. s. sirdä,
gen. s. sirdis; bei Mancelius dagegen schwankt die endung im
gen. s. zwischen -s und -is wie im nominativ ') : püis „der bürg"
neben sirds „des herzens"). Ferner beachte man, dass dialek-
tisch noch heute der nom. s. der t-stämme auf -is auslautet:
Bezzenberger, Lett. diaL-stud. 160, führt aus Puseneeken
und Schlehk den nom. s. zivis „fisch" an, und ich habe mir in
Kabillen die nom. s. güvis ') „kuh", zuvis „fisch", sirdis „herz",
1) Die behaaptang Poriezinskijs (CöopnHRi» craTett, nocBim^eHHux'b
^. 6. ^oprynaTOBy, 626 und 646), dass im Lettischen der diphthong ai
in endsilben nirgends zu t gekürzt sei, hat für mich nichts überzeu-
gendes; wie will denn herr Poriezinskij die alten dative von a-stämmen
auf -t erklären, die in erstarrten redewendungen (z. b. pa Iaht ruki „znr
rechten band'*, pa fest „wahrlich" n. a), bei Mancelias und dialektisch
auch noch heutzutage vorkommen? Dass die jetzt üblichen formen wie
rüktn nicht lautgesetzlich sind und ihren Ursprung der pronominalen
flexion verdanken, hat schon Zubaty vermutet (Flickvokale 8), sogar
— dem anscheine nach — ohne die erhaltenen formen auf -i zu kennen.
Vgl. dazu Zubaty, Oenitivendungen 11. Für den entsprechenden wandel
von auslautendem -au zu -ti, der von PorSezinskij (ibidem) gleichfalls in
abrede gestellt wird, ist ein sicheres beispiel die form puhi ,,entzwei" :
lit. punau.
2) Die gleiche inconsequenz findet man in den allerältesten letti-
schen drucken von 1586 und 1587.
8) Durch diese Schreibung soll die tonlosigkeit des t bezeichnet
werden; kurze endvocale der mittleren dialekte werden dort (in Ka-
billen und anderwärts), meist tonlos gesprochen.
318 Lettische comparativbildungen.
p'irtts yybadstube'S acis „äuge'' (dieselbe form hat dort der gen.
8., also: güvis)^ in Samiten güvis, zuvis gemerkt Wenn man
endlich bedenkt, dass in den tahmischen mundarten von Puse-
neeken und Schlehk sogar ursprünglich lange suffixvocale ge-
kürzt und teilweise ganz geschwunden sind und auch den
mundarten von Kabillen und Samiten derartiges nicht ganz
fremd ist ^), so wird man wohl schwerlich an erhaltung des
ursprünglichen i in den genannten nominativen denken. Wahr-
scheinlich ist in Kabillen und anderwärts das i aus dem ge-
nitivy wo es lautgesetzlich war, auf den nominativ übertragen,
und in den übrigen mundarten der genitiv dem nominativ an-
geglichen worden (etwa nach dem muster der consonantischen
oder gar u-stämme >), wo der nom. und gen. s. vielleicht schon
zu einer früheren zeit die gleiche form erhielten?). Wenn diese
annähme richtig wäre, so würde man auch das schwanken
zwischen -is und -« bei Mancelius leicht verstehen. Oleichwohl
halte ich es nicht für unmöglich, dass in der form hbia altes
i vorliegt, das aus irgend einem uns unbekannten gründe er-
halten blieb ") (etwa um den zusammenfall dieser form mit dem
nom. s. des adjectivs Icibs zu vermeiden?). Was nun endlich
die formen vairi und vaira anbetrifft, die ich nur aus Volks-
liedern kenne, so muss man das -i und -a dieser formen wohl
für flickvocale ansehen, was keine Schwierigkeit bereitet In
den formen vair, vais, vai haben wir Verstümmelungen vor
1) Belege werden in einer znsammenhängenden darstellung dieser
mundarten gegeben werden.
2) Für unrichtig halte ich die behauptung Brückners (A. f. sl.
ph. III 250), dass ein gen. s. wie dkmwM (die qualitat des e in diesem
wort ist mir unbekannt, doch vergl. den gen. ruderu „des herbstes*' mit
geschlossenem e ans Weinschenken) „des steines" nur auf eine neubil-
düng *dktMn%9f nicht aber auf eine consonan tische form (wie lit. ak-
mM) zurückgeht, was durch die erhaltung des -en- bewiesen werde.
Auch wenn ahmen» (gleich lit. akmenti) auf ^akmenes zurückgeht (und
das halte ich für ausgemacht), musste das -an- erhalten bleiben. Ebenso
wenig kann ich Brückner beipflichten, wenn er (A. f. sl. ph. m 284)
für einen gen. s. wie i^ds eine rein lautliche entwickelung aus ^nrdäs
annimmt; eine grundform *sird¥8 möchte aber auch ich fürs Urlettische
annehmen. Anders darüber Bezzenberger, Beitr. z. Oesch. d. lit.
spr. 182.
8) [Viel wahrscheinlicher scheint mir jetzt die annähme, dass tahis
aus *lahai8 entstanden ist. Eorrektumote.]
J. Endzelin 319
uns, denen adverbia und partikeln nicht selten ausgesetzt sind,
vgl. Bezzenberger Lett dial.-stud. 46 und Zubat^, Flick-
vokale 13. —
Wenn zwei eigenschaften verglichen werden, so steht im
Lettischen (wie im Lateinischen) der comparativ beider adjec-
tiva, z. b. sivenc remdks nekd garäks „das ferkel ist mehr dick
als lang" (Eaugershof), doch steht zuweilen nur das erste ad-
jectiv im comparativ, z. b. sunc resnäks kä garä „der hund etc."
(Wolmarshof). —
In einigen westlivländischen mundarten entspricht dem
deutschen „als" nach comparativen die praeposition uz (wie üz
im Litauischen), z. b. uz manim vecaks „älter als ich" (Lod-
diger). —
J. Endzelin,
Zu den lettischen Zahlwörtern.
In lett. vens, lit. venas ist das anlautende v gewiss kein
produkt einer rein lautlichen entwickelung. Ich vermute in
dieser form falsche teilung einer missverstandenen Zusammen-
setzung. Vielleicht muss man lett. ikvens (der wortaccent ruht
auf der zweiten silbe), lit kSkvenas , Jedweder" in *%k^"'4nw,
^käcyb-^as zerlegen. Nachdem *%ku, *käku zu ik, kek ge-
worden (der abfall eines auslautenden u dürfte in diesen isolirt
stehenden, sehr gebräuchlichen formen zulässig sein), musste
man ikvens, käcvenas als ik-vens, käc-venas auffassen und daraus
das numerale vens, lit. vencis abstrahieren. Es könnte freilich
der angedeutete Vorgang auch in einer andern (uns nicht über-
lieferten) Zusammensetzung stattgefunden haben. —
Die zweizahl lautet bekanntlich in der lettischen Schrift-
sprache divi (masc. und fem.), das aus *duvi entstanden ist,
wie schon Bielenstein (Lett. spr. II 62) erkannt hat; dieses
*duvi ist aber nom., acc. dualis fem. et neutr. und somit zu-
nächst mit aksl. d^vi identisch (Bezzenberger, Spr. d. preuss.
Lett. 73; Mühlenbach, Dafchi jautajumi HI 49 und IF.
XIII 238). Ich will hier zunächst über den umfang und die
Verbreitung des Überganges von -uv- zu -iv- sprechen, den ich
320 Zu den lettischen Zahlwörtern.
als eine art von dissimilation ansehe ^) (die mittelstufe wird
wohl -ÜV' gewesen sein). Ausser divi bietet der mittlere dia-
lekt noch folgende beispiele: sivens „ferkel'' und zivs „fisch^'.
Diese drei Wörter kommen auch in der Schriftsprache nur mit
-it'- vor; dagegen bietet die Schriftsprache das adverb tuDu
,,nahe" (nebst ableitungen) im gegensatz (wenigstens teilweise)
zum mittleren dialekt. Denn für tuvu spricht man im grössten
teil von Westlivland (vgl. Rakstu Eräjums XIII 81) tivu, ander-
wärts tüfnu (z. b. in Dickein), tidu (z. b. in Trikaten) oder
tütau *) (z. b. in Bauske) und mit regelrechtem Schwund des
iv vor u tüu ") (z. b. in Erons-Würzau). Freilich habe ich im
mittleren Kurland an einigen orten (Ruhenthal, Strutteln, Kal-
nazeem u. a.) auch tuvu gehört; doch heisst „nahe" in Mittel-
kurland gewöhnlich kldtu oder auch (in Samiten und Bixten)
isi (so spricht man in Samiten: vi'Aä man isi rada „er ist mir
nahe verwandt'*; tsinäcs „ein naher verwandter*^; uz isäkä meza
brauM „zum näheren wald fahren**). Es wäre daher möglich,
die form tuvu in Ruhenthal u. a. dem einfluss der Schrift-
sprache zuzuschreiben (der einfluss derselben macht sich jetzt
in allen mundarten stark geltend); es fragte sich dann nur,
woher das tuvu in der Schriftsprache, die doch auf dem mitt-
leren dialekt beruht. Vielleicht ist dieses tuvu eine ungenaue
Schreibung für tü(w)u, denn das ü wird hier vor (u))u etwas
kürzer gesprochen, als vor andern lauten. Ferner hat man -uv-
im schriftlettischen druva „Saatfeld**; und nur mit -uv- kennen
dieses wort auch die meisten mundarten. Ich habe zwar selbst
mir dieses wort nur aus Gross-Pönau und Behnen im gebiet
des mittleren dialekts notiert, doch zeugen für die weite Ver-
breitung dieser form die nummern 13, 2427, 4506 u. a. der
Latwju dainas. Die form driva *) habe ich bis jetzt nur in
1) Auch bei Ulmann, aber ohne angäbe des fundortes, angefahrt.
2) Vielleicht läset sich damit umbr. acc. pl. iveka od. iuenga s=
lat. juvtncas vergleichen. 8) Mit to sei hier tf bezeichnet.
4) Alle diese formen können mit verschiedenen saf6xen von einer
wurzelform tu- abgeleitet sein, von der wahrscheinlich auch lit. iuliu
„so mancher*', pr. tulan „viel**, aksl. tifii „fett werden** u. a. stammen.
Da aber die meisten lettischen mundarten auf eine grundform iüwu zu-
rückweisen, so sind tülu und ^t^rnt« (wären diese formen alt, so müssten
sie, wie lit. tula«, den acut haben) vielleicht neubildungen ; tülu könnte
auf iüu zurückgehen und das / von seinem gegensatz tälu „fem** be-
logen haben I schwieriger ist das m in tümu^ vielleicht stammt es aus
J. Endzelin 321
Yolksliedern gefunden, die ans hochlettischem gebiet stammen,
z. b. in 13,2, 2427,2, 2448, i, 4506, xc, 4507 c der Lat^iju
dainas; und mir scheint es sehr bedenklich, auch hier an laut-
gesetzlichen wandel des uv in iv zu denken (weiter unten wird
gezeigt werden, dass wenigstens vielen hochlettischen mund-
arten dieser lautwandel fremd ist). Bekanntlich gibt es im
Litauischen ein wort dirvh „acker^^; und im hochlettischen ge-
biet ist die entsprechende form ebenfalls bekannt, vgl. dirvans
„neu aufgenommenes dreeschland'* (bei Ulmann nach Lange
aus dem Oberland angeführt, wohl in phonetisch ungenauer
Schreibung) und derva (= druva) in einem Volkslied (Latwju
dainas 4506, 2) aus Ludsen; derva ist aus *dirva entstanden,
wie gen. s. terga 1194, 2 aus tirga, n. pl. sermi 2469, 2 aus
sirmi, n. pl. part. cerstis 3086 (der nachtrage) aus *cirsti8
(» niederlett. cirstas) u. a. Ich halte es fiir wahrscheinlich,
dass driva durch contamination von druva und *dirva ent-
standen ist. Endlich findet sich nur uv nach r in den Wörtern :
druvis „Schauder^' und druviies „sich fürchten" (von Ulmann
ohne angäbe des fundortes angeführt), ruvetes „ruhig werden,
sich legen'* (bei Ulmann aus Eremon angeführt; wahrscheinlich
entlehnt), hruva (bei Ulmann) „haufe'S gruva (Ulmann) „schutt'S
„ausgefahrene gruft'S kruweii (Wolmar) oder (nach Ulmann)
auch gfuweäi „gefrorener kot'^ Nach andern lauten kommt
noch (ausschliesslich) uv vor in nuvejais „der jetzige'* (bei Ul-
mann aus \Vitebsk angeführt; phonetisch wohl ungenau ge-
schrieben) und in puweäi „eiter''. Das letztere wort könnte
natürlich in bezug auf das u von put „faulen" beeinflusst sein
und käme dann nicht in betracht; das gleiche gilt von den
praeterita guwu, Suwu (in Wolmar lautet auch das praesens :
äuwu), gruwu, H'uwu, puwu, zuwu, die ihr u den übrigen ver-
balformen verdanken könnten und zum teil (äuwu, zuwu neben
aivens, zivs) wahrscheinlich wirklich verdanken i). Schwer zu be-
urteilen (sogar zu lesen) ist die form büwis oder buewü „ge-
Ul{w)ufnä „in der nähe", wofür man im schnellen sprechen auch Mm^
hören durfte (belege habe ich gerade nicht). Die von Ulmann ans
Hasenpoth angeführte form tifaki ist eine contamination von h^'Ski and
und tiväki,
1) [In Latwja dainas 1843, 1 findet sich tatsächlich die hoch-
lettische form syvu <^ *i%vu.. Eorr.-note.]
Bei' Ige z. Inmde d. indp. spraeben. XXVII. 21
3^ Zu den lettischen Zahlwörtern.
wesen^' aus dem enchiridion >) (vgl. Bezzenberger, Einleitung
XIII) neben scbrifblett. bijis und westkurisch buiß (Dubenalken,
Schlehk, Samaten, Suhrs; dazu das praeteritum bui aus Popen *);
vgl. aucb Bezzenberger, Lett dial.-stud. 94); eine erörterung
dieser formen würde uns hier zu weit ins gebiet der verbalen
Stammbildung ablenken und doch schwerlich mehr als blosse
hypothesen erzielen; sicher scheint nur das eine, dass das i in
biju „ich war^' ursprünglich ist (vgl. Bezzenberger, Beitr. z.
gesch. d. lit spr. 207). In suffixaler Stellung scheint -uv- ge-
meinlettisch zu sein, vgl. namentlich die Wörter auf -tuva oder
--tuve (Bielenstein, Lett. spr. I 274); freilich finden sich in
einigen mundarten auch bildungen auf ~ive; so finde ich in
Latwju dainas z. b. raudiv'eü'e 2513, 2, a. s. slauktiveiH
2217, 2, mcd'tweit'e 695, 2 (vgl. auch 678 und 680, 2). Die
citierten lieder stammen aus hochlettischem gebiet, und aus
einer hochlettischen mundart (Swirdsen) entnimmt auch Bezzen-
berger (Lett. dial.-stud. 95) die formen rcmdive und värstive;
aus einer niederlettischen mundart (Gross-Essem) stammt die
nummer 4714, wo man neben rauduvfte auch raudivUe findet ').
Das i in diesen bildungen muss man wohl anders beurteilen
als das t in divi u. a.; man beachte daneben bildungen mit
der lautfolge -et?- : raudemte 2513, 2 c und 2515 und ItgeviAa,
cäeviAa, DaugeviAa (aus Saussen, nach E aulin, o. XII 216).
Man wird also für den mittleren dialekt mit einiger Sicherheit
folgendes lautgesetz annehmen können: in Wurzelsilben bleibt
■^ih nach r erhalten, nach d, t, z, s dagegen geht es in -fV
über^); in sufQxaler Stellung bleibt es immer erhalten^). Es
bleibt die frage übrig, ob u auch vor anderen labialen in t
1) [Da im enchiridion im (ü) nur den lautwert eines langen ü oder
eines ü (ans t) hat, so kann auch bttewis {büwii) nur als bävis (aus
*bivia) gelesen werden. Eorr.-note.]
2) Vgl. anch bi^funu „hab und gut'* (bei Ulmann aus Pebalg an-
gefahrt).
8) Man beachte daneben die formen n. pl. zuvis, n. s. tuv^ns^ d. pl.
dt^äm aus Oross-Essem.
4) Für die übrigen laute fehlt es an sicheren beispielen ; vgl. hiezu
den durch bestimmte naohbarlaute bedingten wandel des u in t im
Lateinischen (Sommer, Lat. laut- und formenlehre 83).
6) Der Übergang von uv zu iv findet sich auch in lit. mundarten:
brivai „augenbrauen", a. pl. Uvm „fische". Mitt. d. lit. litter. ges.
IV 168.
J. Endzelin 323
übergeht? Ich glaube, man muss darauf eine verneinende
antwort geben. Neben schriftlett. tumsa „dunkelheit'^ kommt
meines wissens nur im Hochlettischen timsa vor (vgl. Latwju
dainas 3426 und Bezzenberger, Lett diaL-stud. 95), und
diese Verschiedenheit ist anders zu beurteilen, wie lit. timsras
und aksl. thtnhm zeigen ^). Das gleiche gilt von schriftlett. äk'ipele
„schaufeP' neben westkurischem (z. b. in Preekuln und Sacken«
hausen) Sk'upele: hier erklärt sich das nebeneinander von u
und i durch die lautliche gestalt der entsprechenden platt-
deutschen formen „schüffel'^ oder „skuppel" (Zeidler, Mag. d.
lett. liter. ges. XVI 1, 69). Vgl. ausserdem die gemeinlettischen
formen tupet „hocken'*, upe „fluss'' u. a. Sehr schwer zu be-
urteilen ist nur das eine wort dibens oder (in Wolmar) dibihc
„boden^S „grund^' ; so viel ich weiss, ist t in diesem worte dem
ganzen mittleren dialekt eigen (nur aus Burtneck fuhrt Ulmann
die form dubengals an), und auch aus dem hochlettischen ge-
biet kenne ich bis jetzt nur formen mit i, z. b. dibänc *) (Palz-
mar, wo man zuve und suvänc spricht), vgl. auch Latwju dainas
4976 1 und 1943, 12 und Kaulin , o. XII 224. Den w-vocal
zeigt dieses wort in westkurischen mundarten (Bezzenberger,
Lett. dial.-stud. 160 und Spr. d. pr. Lett. 118): dubens (z. b.
in Zirau), dubenc (z. b. in Gramsden), dubans (z. b. in Pilten).
Und zwar kennt man in Westkurland dort, wo man dieses
wort mit u spricht, in der regel auch die lautfolge -ut?- ; dieser
umstand spricht scheinbar sehr zu gunsten der ansieht, dass
'Ub- in diesem wort in gewissen mundarten lautgesetzlich zu
'ib- geworden ist. Doch kann ich mich nicht enschliessen, eine
solche ansieht hier zu vertreten, denn dieselbe Hesse das -ii6-
in dubti (gemeinlettisch) „kot" unerklärt (dazu bei Ulmann die
formen dubt „einsinken" und aus Neu-Autz dtAu „garbe").
Man könnte ja etwa an verschiedene behandlung des -t4Ä- je
nach der betontheit oder unbetontheit der silbe denken, doch
wäre dieses eine so vage hypothese, dass sich mit ihr nichts
anfangen lässt. Ich bin daher geneigt, an Vermischung von
zwei wurzeln zu denken, vgl. aksl. dhbrh „schlucht", russ. debrt
1) Ebensowenig gehört wohl hierher hochlett. kymeuey» (von
Bezzenberger o. XXI 316 angeführt) aus ^kimüstB neben niederlett.
kumüsa „bissen**.
2) Mit ä bezeichne ich einen zwischen f und a stehenden, sehr
offenen e-Iant.
21*
324 Zu den lettischen Zahlwörtern.
„schlucht'S „wald in einer niedemng*'. — Ich gehe nun über
zu der frage, wie die lautfolge -uv- im Hochlettischen behan-
delt ist; da ich aber zur zeit diesen dialekt aus eigener an-
schauung nur zum geringen teile kenne, kann ich hier nichts
abschliessendes geben, sondern beschränke mich auf folgende
angaben. Für schriftlett. iv in zivs und sivfns spricht man un
(nebst sonstigen Veränderungen dieser wortformen) in Palzmar,
Orundsahl, Adsel, Odensee und (nach Treu, Mag. d. lett. liter.
ges. Xm 1, 22) in Oppekaln und (nach Mag. XIH 3, 70) in
Setzen und (nach Eaulin, o. XII 232) in Saussen (neben tipu
und tuwä€t^)y vgl. auch Bezzenberger, Lett. dial.-stud. 95.
Dagegen finde ich "iv- in den formen g. pl. zyvu (Latwja
dainas 2673 S 1), tyvu 3709 S divi 4993, 1 und 2142 i
(alle diese Volkslieder stammen aus dem Witebskischen); in
der zweizahl scheint der hochlettische dialekt nur -iv- zu
kennen. — In den westkurischen mundarten ist das u ^),
von einiger beeinflussung durch die Schriftsprache abgesehen,
noch treu bewahrt. Den schriftlettischen divi, zivs, sivSfis, tuvu
entsprechen hier dui oder auch duj oder (in Schlehk, Pilten)
du; ZÜ8 (Gramsden, aus zuica)^ zuve oder zuvis (Kabillen) oder
zuj^ (Iwanden); suv^a (Gaweesen) oder suvfnc (Rutzau); tuju
oder (im Tahmischen) mit vocalschwund tuj '). Es muss uns nun
die frage beschäftigen, auf welche grundform das westkurische
duj zurückgeht Denn dui ist nur in der ausspräche von duj
verschieden , und auch du entspricht nicht etwa dem lit di^ >)
(dieses bemerke ich wegen Brückner, Arch. f. slav. phil.
IV 24; dem lit. dii würde lett "^dü entsprechen), sondern ist
nur eine Verstümmelung von duj, vgl. die formen III. praes. re
1) Die geographische yerbreitung des u in Westkarland kann man
ungefähr aas Bielensteins „Atlas der ethnolog. geographie des Letten-
landes" (karte VI, isoglosse 4) ersehen; indem ich die einzelheiten für
eine sasammenhängeude darstellang vorbehalte, bemerke ich hier nar,
dass die betreffende isoglosse zam teil weiter nach osten ea hatte ge-
zogen werden sollen.
2) Die von Ulmann gebotene form tffaki (aas Hasenpoth) ist eine
oontamination von tiväki und iujäiei. [Zar bearteilang der oben ange-
fahrten form tümu „nahe" führe ich hier nachträglich aas der lettischen
märchensammlang von Lerchis-Puschkaitis YII, 1, 75 den loc. s. tiunä
(aas M(tr)tima) „in der nähe" (aas Wohlfahrt) an. Eorr.-note.]
8) Damit ist aach das arteil über Brückners erklärang von da^
(Arch. f. slav. phil. IV 24) gefallt.
J. Endzelin 325
„bellt** aus rej, fragepartikel va aus wA (Schlehk), imp. 'äe
yygiesse ein** aus elej (Alschwangen), imp. Su „nähe*' aus iuj
(Duhren), imp. e „geh'* aus ej (Füssen), partikel la aus lai
(Stenden); n. s. mä „haus*^ über mäj aus mäja (Pilten) u. a.
Auch wäre es an und für sich recht unwahrscheinlich, dass
das nur in einem kleinen gebiete bekannte du auf eine andere
grundform zurückginge, als das sonst in Westkurland übliche
duj. Durch recomposition ist du auch in die zusammenge-
setzten Zahlwörter gedrungen, z. b. dudesmit „zwanzig** (Schlehk)
für älteres duidesmü (Ooldingen). Dieser au&ssung von du
widerstreitet auch nicht das offenbar sehr alte ^) compositum
duceles „zweirädriger wagen** (Sackenhausen und weiter süd-
wärts am strande), denn sonst heisst es in Sackenhausen dui
(nicht du/) und duipacmä „zwölf*. Das hohe alter dieser
form *) nötigt uns vielmehr, das du- in duceles mit dem italischen
du- *) in lat ducenVi, duplex, umbr. tu^plak zu identificieren
(in ital. du- mit Brugmann und Sommer eine neubildung
zu sehen , liegt eben kein zwingender grund vor). Dieses duj
nun, das sich als die gemeinwestkurische ^) form der zweizahl
1) Das Simplex (vgL preoss. kelan^ aksl. kolo „rad**) ist nämlioh
nicht mehr bekannt (in der alten bedeatong); eelü (\ii,k0lp$) heisst nur
noch „kniescheibe" (dazu auch eeTi „weg"). In Zirau sagt man dafür
duiriUiii.
2) For duceles kommt in andern mundarten (Nieder-Bartan u. a.)
die form dieele vor; wie dieselbe zu benrteilen ist (die zweizahl lautet
in Nieder-Bartan du£^, lasse ich nnentsohieden.
8) Dieses du könnte die aller<este form der zweizahl gewesen
sein, ans der durch anfngang der doalischen oasasendang die formen
*<fy9(y) oder *<2i#ffÖ(y) entstanden.
4) Die form duva nämlioh, die Bielenstein (Lett. spr. 11 64)
ans Sackenhansen anfahrt (ohne zu sagen, ob er dieselbe selbst gehört
hat oder der mitteilang eines andern verdankt), scheint mir za schlecht
beglaubigt. Zwar will ich den umstand, dass zwei von mir befragte
ältere personen aus Sackenhausen nur dui kannten, als keinen entschei-
denden gegenbeweis ansehen, doch sonst scheint mir die form duva
sehr sonderbar zu sein. Sollte dieselbe wirklich vorkommen, so könnte
sie eine neubüdnng (aus der zeit, wo in die zweizahl noch nicht das j
eingedrungen war) nach aba sein, vgl. aba-dui „beide** (Nieder-Bartau,
Eruhten u. a.) ; dieses aba scheint mir durch vocalassimilation entstanden
zu sein aus dem alten nom. acc. masc. g. *abu (vgl. den acc. abud^ in
der Dispositio), als das -n nicht mehr als dnalendung lebendig war. Zu
der angenommenen assimilation vgl. z. b. muf^ura „rucken** aus älterem
326 Zu den lettischen Zahlwörtern.
erweist, kann nicht, wie Bezzenberger (Spr. d. preuss.
Lett. 73) anzunehmen scheint, mit dem schriftlett. divi aus
*duvi der bildnng nach identisch sein. Denn ein *duvi müsste
in Westkurland diese seine lautliche gestalt durchaus bewahrt
haben, vgl. den acc. s. zuvi „den fisch^* (im südlichen West-
kurland). Der laut v oder w schwindet nämlich, wie weiter
unten gezeigt werden wird, regelmässig nur vor u und ü. Frei-
lich kommt in einzelnen mundarten wegfall des v (w) auch vor
andern vocalen vor: zu^ina „fischlein'' aus zu{w)itina, neben
ztM)e und suvsnc (Preekuln), n. pl. zues, n. s. sapuis „verfault"
(Migranden), d. pl. güim „den kühen" (Schmarden), suaits
„ferkeP' (Pilten), woraus weiterhin mtis (Schlehk; hier hat sich,
wie überhaupt in Westkurland, der fallende ton dem stosston
angeglichen) oder suns (Samaten; dagegen in Sirgen, Wensau,
Suhrs u. a. noch suvans). Dies sind aber, wie gesagt, nur ver-
einzelte fälle, deren keiner allen oder auch nur den meisten
westkurischen mundarten eigen ist, während duj gemeinwest-
kurisch ist; ja, es zeigt sich das j sogar in allen casus und
ableitungen : gen. müduju „unser beider'' (Rutzau), dat. dujüm ^)
(Leitischneeken) oder dujem (Preekulu), fem. dujäm (Durben),
loc. dujüs (Sackenhausen); dujata „zu zweien'^ (Gramsden),
woraus weiterhin du^ (Kalleten); diijäd „zweierlei" (Samaten);
das V habe ich nur noch in der ableitung duvejdd' „zweierlei"
(Alschwangen u. a.) gehört, vgl. dazu Bezzenberger, Spr. d.
preuss. Lett. 72 und 118. Wie duj aufzufassen ist, zeigt uns
das ebenfalls gemeinwestkurische tuju „nahe", das offenbar über
*tuu auf tuvu zurückgeht. Also führe ich duj ans *duju über
*duu auf *duum, die form des nom. acc. masc. g. (== aksl.
d%va\ zurück. Bekanntlich war im Lettischen und Litauischen
der Schwund des ^ vor u und ü und des % vor i von jeher
lautgesetzlich (Brugmann, Grdr. I« 289, 337, 340). In den
verschiedenen paradigmata wird dieses lautgesetz zwar vielfach
durch den sjstemzwang durchbrochen, aber doch hört man
auch die regelmässigen formen : nom. s. part. fem. g. paguusi
(vgl. lit. nugarä) mugara (im nördlichen Lettland), oder upurit „opfern'^
auB uperit (so noch bei ManceUas).
1) Diese form ist, gleich cAjüm (Nieder-Bartaa) und trtßim (Ober-
Bartau, Bezzenberger, Spr. d. preuss. Lett. 16), eine neubildong mit
ü nach dem looativ, nach massgabe des femininums, wo a im loc. and
dat. steht«
J. Endzelin 327
von pagüt »»erlangen^' (Butzau), gen. pl. zuu „der fiscfae^S nom.
pl. pari. fem. g. samfla^äas aus safnela(w)uäa8 von sam^lUt
„zusammeulügen^^ (Nieder-Bartau), I s. praet. nükau von nükaüt
„erschlagen'' (Wolmarshof); nom. s. part. masc. g. skreis von
skrU „laufen'' (Nieder -Bartau), demin. paiinas von patjaa
„kinderspielzeug^' (Kumbern), loc. s. leinä „im kleinen tal" von
leja (Wolmarshof) u. a. Auch wo kein vollständiger Schwund
eingetreten ist, spricht man doch, soviel ich beobachtet habe,
in der regel vor u und ü — ^ (nicht v) und vor t -i (nicht j).
Es mussten also aus tuum und *duwu in Westkurland lautge-
setzlich die formen *tuu und *duu entstehen; dieselben erhielten
sodann zur Vermeidung des hiatus ein j, sodass tuju und *duju
entstanden. Da nun der nom. acc. *duju viel gebräuchlicher
war als die übrigen casus und ableitungen, so drang auch in
die letzteren das j aus "^duju ein. Ähnlich muss man, glaube
ich, auch das j auffassen in den formen nom. s. zuj^ „fisch"
(Iwanden u. a.), nom. s. g^je ,,kuh'' (Lubb-Essern u. a.), nom. s.
*a;0 „schaff' (vgl. dat. pl. ajam und acc. pl. afs bei Bezzen-
b erger, Lett. dial.-stud. 160); hier wird das j zuerst in den
gen. pl. zuu (so in Nieder -Bartau), *g'd,u (vgl. güwu in Ea-
billen), *au ^ (eine solche form oder auch *awu kann ich nur
zufällig augenblicklich nicht belegen) regelrecht aufgekommen
und von da aus in die übrigen casus eingedrungen sein, zumal
auch in diesen (von zuws und g^wB\ wie oben gezeigt ist, zu-
weilen der hiatus erscheint. Das j in *aj€ ist eventuell erst
durch den einfluss von g'QJe aufgekommen. — Nun sollte die
form *duju das -u eigentlich bewahrt haben; wenn man aber
bedenkt, dass dieses -u zuletzt ganz isoliert dastand (der dual
war ausgestorben), so wird der Schwund desselben in einem so
gebräuchlichen zahlwort nicht allzu auffällig erscheinen, vgl
dazu ndst ^) „weg'' aus *n^ü (vgl. lit. atdü und lett. cda^u
„seitwärts ab", nach Treu, Mag. d. lett. lit. ges. XIII 1, 26,
1) Dafür finde ich in der Postille des Manzelius die regelrechte
form der t-stämme: awjo I 806 oder atf/o 11 24 (ich lasse die formen
ohne transscription) ; auch glanbe ich im südlichen Westknrland den
gen. pl. atf/i« gehört zu haben, ohne jedoch leider die form mir gleich
notiert zu haben.
2) Dialektisch ist nust zu nu (nicht zu verwechseln mit der prae-
position nü\) verstümmelt. Die ungekürzte form nüitu habe ich in
Orandsahl gehört.
328 Zu den lettischen Zahlwörtern.
in Oppekaln gehräuohlich), kad ,,wann" aus *kadu (Zuhat^,
Flickvokale 20). — Etwas schwierig ist das du der Dispositio
C^ ist dort längezeichen) zu beurteilen; es könnte etwa aus
*duu contrahiert sein, oder (und dieses ist mir wahrscheinlicher)
du ist die hochlettische form (mit dem hochlettischen wandel
des ü zu ü) für niederlettisch *dü («» lit du, ai. dväü oder
dvä). Denn die Dispositio ist nicht (wie Bielenstein, Mag.
d. lett lit. ges. XIII 3, 103, sich ausdrückt) „in niederlettischem
dialect mit nur wenig hochlettisoher färbung" verfasst, sondern
ist eine vom Verfasser vorgenommene willkürliche mischnng
einer streng hochlettischen mundart und des mittelkurischen
dialektes, worauf der autor selbst hindeutet („haec grammatica,
licet non nimium Curlandioae dialecto inhaeret, eam tamen
magis sequitur^^ ^)). Meist ist zwar ü (nicht ü) geschrieben,
aber ü (aus ü) bieten die formen gen. pL tu, jü; L s. praes.
cdu8 (lies cel'üs = niederlett. cetüa)^ I. s. praet cUus {=
niederlett. cUüs), L s. fut celszüs (= niederlett cetäüs). Ausser-
dem stellt der autor neben du die schrifüettische form divi,
und diese beiden formen können unmöglich einer und derselben
mundart angehört haben, was also gleichfalls zu gunsten der
hochlettischen provenienz von du spricht >). — Lett tris, lit. trys
gehen, wie ihr accent zeigt (vgl. o. XXV 269), auf eine ge-
meinsame grundform *triiis zurück; dazu stimmen zwar nicht
ai. träyas und gr. (gort.) zQiaq (was bekanntlich nicht der ein*
zige derartige fall wäre), wohl aber osorb. tro, nsorb. täo, die
auf "^trhji zurückgehen (Mikkola, Betonung und quantität in
den westslav. sprachen I 37). Das t von *triji8 stammt ganz
entschieden, wie auch Brugmann (Grdr. II 665) vermutet,
ans den casus obliqui. — In öetri „vier^' weist das anlautende
ö auf entlehnung aus dem Slavischen hin; bei dieser auffassung
würde sich auch am besten das geschlossene e erklären, das in
allen casus beider genera auftritt, auch in solchen mundarten,
die das jotierte r nicht verloren haben (z. b. loc detrüs in
Kandau). Die entsprechende Ordnungszahl lautet in Kruhten
1) Wie SOS den darauf folgenden werten hervorgeht, hat der
autor die absieht gehabt, für leser, die nur des HochlettiBohen mächtig
waren, auch die niederlettische Schriftsprache zaganglich xu machen.
2) [Die entsprechende niederlettische form du (geschr. doh) findet
sich in der Lotavica grammatica vom jähre 1787 in der abteilung de
adverbiis. Kor.-note.]
J. Endzelin 329
cdrätaii; wie die form aufzufassen ist, bleibt mir zweifelhaft.
Man könnte ja an metathese denken (vgl. c§tärtais in Oaweesen
u. a.), aber ür kommt meines wissens in dieser form nur in
solchen mundarten vor, die überhaupt anteconsonantisches ur
zu ür verwandeln. In Kruhten aber bleibt anteconsonantisches
ur (und ir) nicht bloss un verwandelt, sondern es stellt sich
sogar ein svarabhaktischer vocal ein: kuralc „taub'S dzir^t
„hören" u. a.
Bielenstein (Lett spr. 11 67) gibt für „sieben^^ nur sep-
tfAi und für „neun^' nur deviM an; aber in Wolmar u. a. sind
nur die älteren (vgl. Brugmann, Grdr. II 479) formen sep-
HAi und deviAi bekannt (sept^Ai und deviAi kenne ich aus Nieder-
Bartau).
Die acht lautet im Lettischen (tstüni oder (in Wolmar u. a.)
astwAi; astuni ist nicht etwa eine lautliche kürzung aus astüAi,
sondern hat das u von der Ordnungszahl *astuntais (»> lit.
aüuntas) bezogen, worauf über *<i8tütai8 die Lemsalsche form
astutckä zurückgeht (Bakstu Kr^ums XIII 74). Umgekehrt hat
die form astdtais das ü wahrscheinlich von ctstüM bezogen.
In Dondangen habe ich die formen septafUfs „siebenter'S
ast<nit§s „achter*^, devantes „neunter'* gehört. Man wird wohl
hier nicht an bewahmng des n denken dürfen, sondern es wird
dasselbe wohl von den entsprechenden cardinalzahlen einge-
drungen sein. Die formen aeptantes, astatUfS (vgl. daneben a3ii'A
„acht'* I), devantes gehen zunächst wohl auf * sepi^ft^, * asi'Qtfs,
*deüf^t^ zurück, wie acc. s. nikan über *niki^ auf niknu, n. s.
^ran über *8terxf> auf sterna u.a.; *8eptxfi§8 etc. ist aber wohl
aus *8eptintfs etc. entstanden. —
«/. Endzelin.
Lettische etymologien.
sfnalas „hülsen'S „kleie'' kann (vgl. J. Schmidt, Kritik
der sonantentheorie 120) auf *sefnncU(M zurückgehen und ge-
hört dann zu lit. siknenys „saat".
In mafita (geraeinlett.) „schätz*', „hab und gut'* erklärt
sich das n am besten bei der annähme, dass manta ein lehn-
330 Lettische etymologien.
wort ist, und zwar leite ich es von lat. man^ta ab (vgl. got.
skcUfs „geldstück^* : d. «cAate); hinter n ist ein vocal geschwun-
den wie in dem ebenfalls entlehnten kungs „herr".
Den namen Üsinä „schutzgott der pferde** (oder auch der
bienen) hat Bezzen berger (Mag. d. lett. lit. ges. XVI 2, 39)
von der wurzel abgeleitet, die wir z. b. in lit auärä „morgen-
röte'^ haben; demnach wäre Üsi'Aä ursprünglich ein lichtgott
gewesen; freilich wäre der gott da stark degradiert worden,
doch wäre das nicht unmöglich. Stärker widersprechen dieser
etymologie formelle gründe. In allen von pastor Auning ge-
sammelten materialien (Mag. d. lett. lit. ges. XVI 2) erscheint
nur die form Üsi'Aä, bis auf den gen. s. üsa (im liede no. 3Q),
der oflfenbar eine jüngere abstraction von dem scheinbaren de-
minutiv Üsi'Aä ist (wie im volksmunde aus brandavtns „brannt-
wein" auch brandavs entstanden ist). Nun ist -iAä aber nur
ein deminutivsuffix, und da ÜsiAä kein deminutiv ist, so halte
ich diesen namen für ein lehnwort aus dem Germanischen (vgl.
ahd. n. pl. hüsinga „penates^S afries. hüsing „hausmann*^). Dass
ein hausgeist sich zu einem Schutzpatron der pferde entwickeln
konnte, ist ja leicht denkbar. Näher will ich dieses an einem
andern orte begründen *).
Neben bärda „bart^^ steht dial. barzda, lit. barzdä; das z
der zwei letzten formen stammt meiner ansieht nach aus
* barzdä, das wir auf grund des Slavischen (russ. borozda
„furche*' u. a.) auch fürs Urbaltische annehmen dürfen. Dass
ein wort unter dem einfluss eines andern, ähnlich lautenden
wertes seine form ändert, kommt ja auch sonst vor; ich gebe
im folgenden dazu noch einige beispiele: Bielenstein (Lett spr.
I 53) unterscheidet noch richtig käst „seihen" (lit köäti) von
kärst < khrst „tocken" (lit. karsti), aber in Ronneburg hat
nach P. Schmidt (Tpo^^aH ;^o.«roTa BT» .laTbiuicROMi» flaurb 23) eine
gegenseitige ausgleichung der beiden verba stattgefunden, indem
dort jetzt zwei formen käst und kärst üblich sind , die beide
die bedeutungen „seihen" und „tocken" haben. In der lett
Schriftsprache heisst der wachholder paegle oder paeglis (woraus
in Ronneburg, nach P. Schmidt 32, über "^pae^glis die form
palglis entstanden ist), in Wolmar aber pakrglisi erst ist das e
1) [Ist bereits geschehen in der Zeitschrift Apskats I 25 ff. Eorr.-
note.]
A. Zimmermann 331
unter dem nebenton gedehnt worden (dass im Lettischen kurze
vocale unter dem nebenton gedehnt werden, will ich nächstens
nachweisen) und dann hat sich unter dem einfluss von irglis
y,adler'' noch ein r eingestellt. Für süstSt „brennend schmerzen"
(die III. praes. süst finde ich auch bei Mancelius) sagt man in
Wolmar süratet unter dem einfluss von mrs „bitter" (dass das
r in sürstSt unursprünglich ist, zeigt die länge des u^ vgl. o.
XXV 273).
Dorpat 19 27/XI 02. J, Endzelin.
Zur i-epentheBe im Latein.
Trotzdem die lat Schriftsprache keine spur von i-epenthese
aufweist y muss sie doch im Latein, wenn auch nur in der
vulgär- bezw. dialektsprache , eingetreten sein. Das beweisen
zunächst die romanischen sprachen und dann vor allem die
eigennameu. Wenn im G. I. L. nach meiner Zählung 117 ver-
schiedenen gentilicien mit dem Stammvokal a ebensoviel parallel-
gentilicien mit dem Stammvokal ae (bezw. ai) gegenüberstehen,
dann kann das m. e. nicht auf zufall beruhen, sondern die
mehrzahl dieser gentilicia auf a muss mit denen auf ae in einer
bestimmten beziehung stehen d. h. die auf ae sind aus denen
auf a durch t-epenthese hervorgegangen; auch sind die meisten
dieser gentilicia auf a für mich etymologisch durchsichtig,
während das bei den andern meist nicht der fall ist. Vgl.
Ämulius bezw. Atnüius neben Aemilius (Aifnilius)^ Attius neben
Aetius, Maccius neben Maecius, Navius neben Naevius etc. Es
braucht darum auch nicht notwendig die form Allius in den
fasti Gap., wenn die auctores hier auch Aelius bieten, verderbt
zu sein, sondern es wird eben aus AUius durch e-epenthese
sich später Aelius entwickelt haben. Gf. Unger Fleckeisen 1891
p. 476. Sind doch auch im Deutschen Katharina und Käthe,
Walther und Wälti etc. dieselben namen. Ist doch nach dem
ind. n. (III) bei Gonway Allius fast ebenso häufig wie Aelius
und wird Alius schon unter den praenomina der allerältesten
zeit beim auct. ine. de praen. c. 1 angeführt. Auch steht in
einer alten marrucinischen inscbrift v. Planta II p. 549 u. 27d
332 Zur i-epenthese im Latein.
(Teate) u altes l, sa altes as (— F. AUms L. f., Sa AUius
As. f.). Schon das fehlen der getnination in beiden fallen be-
weist für das alter des praen. und n. gentile ^). Aber es giebt
auch noch andere beispiele. Auf der alten Pränestiner inschrifb
CIL. XIV 4098 — cf. Conway § 291 — steht Painiscos für
navloKog, auf einer ebenfalls alten andern Pränestiner inschrift
XIV 3110 Craislias, was offenbar aus Crässüios hervorgegangen
ist — cf. afr. graide neben grdcäis — , und praen. Gnaitos
entstammt doch einem Onavios wie Naevius dem Navius cf.
Crfiaus VI 4712 und Navos ibid. 2641. Inschriften ans späterer
zeit — es sind der mehrzahl nach solche, die namen von hand-
werkem bringen und fremdsprachlichen gegenden entstammen
— weisen zum Stammvokal a t-epenthese ebenfalls auf. Ich
erwähne: XV 7458 (saec. I med. vel exeuntis) Maivae Cf. Pro-
ciUae, VI 29279 Ulpia Flaiva, VUI 5763 Flaivius Fuliqus,
VI 26564 SÜia Ilaira (vgl. frz. 8t. Hüaire), V 421 Flaemica
{Flamius z. b. VHI 16015), XV 4746 P. Graüi, XI 4996
(Grajüano et Theadosio AA. vv. cc. XI 6999 (208) Urbaini (frz.
urbain), XUI 10010 (395) of. Cailvi (8 mal) cf. XU 5686 (159) k,
XIII 10010 (486 c) Caüil {b CaHUi), II 4970, 278 c Laicin(i)
aus Olisipo (i aus Tarraco Lacini) und schliesslich XI 6716
bene vadeas für valeas bezw. valias.
' A. Zimmermann.
Hom. xsxa^ijora.
KexaqnjoTa dvfidv wird meist zu Tuamta schnappe gestellt.
Eine eingehende Würdigung der Homerischen stellen wird klar
machen, dass dies zu verwerfen ist. Besser erklärt wohl fol-
gende Zusammenstellung das participium: ndxtjqfev xi&vrpieiß
(Hesych.); xanpog gelähmt, stumpf, lat. hebes, hebetis stumpf,
unempfindlich, abgestorben.
Königsberg i. Pr. W. Prdlwitz,
1) Eine benennang G. Aüiu» Grispi l. Princeps AbUm XI 6896 ist
far noB dann ebenso verstandlich wie etwa im Dentschen Heinrich Heine,
Anzeige W. Prellwitz. 333
Sammlung indogermanisoher lehrbfioher unter mitwirkung von
Dr. £. Bemeker, Prof. Dr. J. J. Mikkola, Dr. F. Sommer, Prof.
Dr. W. Streitberg, Prof. Dr. A. Thumb, Dr. A. Walde und Prof.
Dr. J. Zubaty herausgegeben von Dr. Hermann Hirt. 1. reihe
grammatiken. 3. band. Handbuch der lateimschen laut- und
formenlehre. Eine einführung in das sprachwissenschaftliche
Studium des Lateins von Dr. Ferdinand Sommer. Heidelberg
1902. Carl Winter's universitatsbuchhandlung.
Dem vom gymnasium kommenden Studenten will das vor-
liegende buch eine schnelle und bequeme einführung in die er-
gebnisse der vergleichenden grammatik ermöglichen, soweit sie
das lateinische Sprachgebiet betreffen. Es bringt daher zunächst
eine ziemlich ausführliche einleitung über die Stellung des Latei-
nischen zu den verwandten sprachen und mundarten, die hilfs-
mittel, zur erforschung der lateinischen spräche und einige kurze
erklärungen über die prinzipien der Sprachforschung. Darauf
folgt, unter heranziehung einer möglichst grossen fülle von tat-
sachen auf knapp bemessenem räume, die lautlehre. Während
hier vom lautstand der Ursprache aus die änderungen der laute
in der italischen und lateinischen sonderentwickelung dargestellt
werden, wird in der formenlehre der lateinische bestand zu gründe
gelegt und mit möglichst weitgehender heranziehung des altlatei-
nischen materials in zwei abschnitten (I. das nomen und pro-
nomen, H. das verbum) behandelt
Die Stellung des Verfassers innerhalb der Sprachwissenschaft
wird durch sein Verhältnis zu Karl Brugmann, dem das buch
auch gewidmet ist, gekennzeichnet. „Der anfänger will vor allem
in die tatsachen der historischen grammatik eingeführt sein, und
so findet er bei mir einfach, was ich persönlich für richtig
halte'' .... „Auch in der polemik habe ich mich nur aufs aller-
notwendigste eingelassen. Wenn gerade hier Brugmann's grund- , u.non^ ^
riss vielleicht am häufigsten in die debatte gezogen ist, so habe T ^ (uv^
ich das aus einem rein pädagogischen motiv getan: bei der grossen ^[^JtUtAy^ 4Aß»0md^
autorität, deren sich das vortreffliche werk mit recht erfreut, liegt ^ff ' ^ '
die gefahr gar zu nahe, dass namentlich der anfänger dasselbe
als eine art bibel betrachtet und die darin aufgestellten ansichten
urteillos ßnnimmt. Eben deswegen habe ich in einigen fällen,
wo ich von Brugmann abweiche, versucht, ausdrücklich die be-
rechtigung einer andern meinung darzulegen." (S. IX u. X).
Die darstellung ist also vielfach einseitig und man darf nicht
erwarten hier über den stand der gesamten forschung aufgeklärt
zu werden. Zu der persönlichen farbung tragen auch eigene,
zum teil recht kühne Vermutungen des vf. bei wie s. 225 die er-
klärung von Majua aus * Maises (osk. Maesius (Paul. Fest 109.
Th. d. P.). Aber trotzdem füllt das buch ro. e. eine lücke aus,
weil es zum selbständigen durcharbeiten des Stoffs anregt und
die Probleme oft klar darstellt und immer scharf anfasst Es
ist ganz dazu angethan, in späteren auflagen bei reichlicheren,
das ganze forschungsgebiet unpassenden citaten und objectivierer
farbung zu einem rechten handbuch zu werden.
Königsberg i. Pr. W. PreUwUz.
334
Register.
Register.
I. Sachregister.
Accent: wechselnder a. in Par-
tikeln wie a^h anaqfilf ai. ^nar,
apundr 158. Wechsel von ge-
stossenem und geschleiftem a. in
der lit. endung -ä 158. Abände-
ning des a. in griech. eigennamen
192. S. pronomen.
Bedeutungsentwicklung:
fangen, fassen, nehmen — an-
fangen 196. 199 ff.; fassen — be-
greifen 242; wallang, dunst —
zorn, geist 202; binden — Ver-
wandtschaft durch heirat 211 ;
sich gesellen — dorf — gemein-
sam 168 f.; glänzend, strotzend —
junger mann, junge frau 207, 209,
214; stark — mann 218; fest,
— hagel 246; fest — Schildkröte :
brüst 250; brüst — leier 250;
umfassend — rippe — brnst 250 ;
arm — zweig 280, seite — Schlitten
255; höhle — ofen 255; bein —
balken 152; dunkel — schlämm
164; biegung — wiese 253; kalb
— eher 176; sprechen — schwören
242 n.; rnss — schreiben, form
176. Herkunft der indogerm. Ver-
wandtschaftsbezeichnungen 218 ff,
Comparativbildungen im Letti-
schen 315 ff.
Composition zweier bedentungs-
ähnl icher elemente 209. Um-
stellung der c. glieder 149.
Conjugation: eine idg. stamm-
erweiterung mit -ei liegt allen
-fo-verben zu gründe 68 ff. 68 f.,
daneben nominale -at (0)-stämme
64. Die starren -40-stämme sind
durch 'O erweiterte t-stamme 66 f.
Das praesens dieser bildungen
hatte im singular -emi u. s. w.
im plural -fmSa u. s. w. 70. 80.
Mit dem singular stimmten paral-
lele ««• bildungen aberein, sodass
eine Vermischung eintrat 75. Reste
der et'praesentien 72 ff. Der vocal
der praesensreduplication ist t,
weil er die schwachstufige Wie-
derholung des wurzelvocals ei ist
71, dl 179. Der praesens -aorist
auf idg. ^(t)m, enkl. im 85 f. 181 n.;
der arische passivaorist ist ein
losgerissenes glied nominaler Zu-
sammensetzungen, -t die tiefstafe
des dementes -ei 86. Der sig-
matische aorist der eo^'-basen
88 f., die 3. sg. auf -U gehört eigl.
zum praesensaorist 89 n. ; das
futurum 92 f. perfectum 98. Her-
kunft des u in ai. -äu, des v in
lat. vi 88 f.; das verbaladjectiv
auf 'to9, -i-io» 95. 181 n. — Die
idg. causativa 82 ff., die ari-
schen verba auf -aya 82; alter-
tümlichkeit der ai. 9. klasse 73;
infinitivi historici im Rigv. 265 n.;
0-infinita mit bedeutung einer
2. sg. imptv. 266 f., einer 8. sg.
imptv. 267 f. eines imptv. plur.
268 ff.; in die Sphäre des mediums
gezogen 276 ff., umgedeutet als
1. sg. indic. praes. 279 f. Con-
junctiv mit bedtg eines indicativs
praeteriti 265 n. collectives me-
dium 277, reciprokes 278. 6 r i e o fa.
§<f€a 90, futur auf iu 98. Lat.
verba auf -so 66 f. 77 n., auf -eo
181 ; die 1. sg. perf. act. auf -i
= ai. e 50. 90, die 2. sg. perf.
act. 90 f., die infinitive auf -r«,
alte locative, bei Plautus stets
mit e 42 ff., die inf. auf t alte
dative 44. Inf. praes. pass. fehlen
im Osk. 299. — Air. roJUetar 90.
der Esl. aorist auf echü 91; die
lit. verba auf tu, ^t brauchen
nicht aus ejo hergeleitet zu wer-
den 78, zeigen wie die lat. auf
-ere passiven oder in transitivem
character 181 f.; die lit. prae-
sentia auf -au gehören zunächst
nur zu verben auf -oti, erst sekun-
där zu -yÜ 83. — Sigmati scher
(M«-)aorist iroPhrygischen 288.
Consonanten: anlaut. idg. pt zu t
225; armen, a für q nach u 220;
• im anlaut und zwischen vocalen
im A r m. u. P h r y g. geschwunden
285; gänzlicher Verlust zweier <r
in aufeinander folgenden silben im
Griech. 146; german. nn aus nv
204 ; die idg. labiovelare erscheinen
vor palatalen vocalen im Alba-
nesischen palatalisiert , q als f,
g und gh als z 201; q als k and
«231; die palatale media und
aspirata als z 208; dj nach dem
Aör. als z 248, nj zu j 286; lat.
mbd zu nd 809, m, umbr. 8 aas
dht 307; nkt im Latein, und
Register.
33Ö
Slay. schon sehr früh za nt^
sonst aber slav. ki nicht zu t 266.
Dissimilation zweier r und l im
Lett. 190. Liquidendissimilation
in benachbarten griecb. Wörtern
294 f., Wechsel von anlautender
tenuis und media im Lett. 190,
lett. t^'u aus uu, uvu 826 f. Schwund
eines j im Lit. infolge von sy-
stemzwang 78 n.
D e o l i n a ti o n : Instrumental sing, der
ö-stämme idg. auf -an 264. Lat.
gen. sing, der io- und o-stamme
auf echtes -t 49 f., abl. der 3. d.
89 ff., der 5. d. 41. Die ad ver-
bia auf « teils ablative auf -ed,
teils instrumentale 45 ff. Lit.
instr. plur. auf -aw ist aus ois
entstanden, ar. äis dagegen jün-
gere neubildung 168. Dat. sg.
awiäij lett strdij 182 n. Zur d.
der lett. bestimmten adjectiva
810 ff. Dative im Phrygischen
49 f.
Deminutivbildung auf dem vo-
cativ sing, beruhend 185.
Dialecte: eigentümlichkeiten lett.
d. 810 ff.
Enclisis: Die schwachstufe zu ei
ist in der o. I, nicht ¥ 72.
Inschriften: deutunff phrygi-
scher i. 280 ff., zu rhodischen
i. 291 ff.
Lehnwörter: Gallische I. im Lat.
280; keltische im German. 285;
lat. im Ahd. 202; german. im
Lit. 164 n., 169, 218 n.; dtoche.
im Lett 828, 880; Lat im Lett
880; dtsche. im Französ. 228;
baltische im Got (?) 169; slav. im
Preuss. 169; im Lit. 2, 150, 152,
248, im Lett 828, lit im Lett
168 n. 171, lett im Lit 174 n.;
liv.-estn. im Lett 146.
Metrik: das lat dipodieen gesetz
2; bedingungen für das eintreten
einer kürze in der thesis des vor-
letzten fusses des iamb. senars 8;
das lat iambenkürzungsge-
setz 5 n.
Pronomina: ai. vah pron. 2. plur.
scheinbar bedeutungslos im Rig-
veda 269 ff.; endit und hochbe-
tonte formen des gen. dat. acc.
plur. des pron. der 1. und 2.
person in Idg. 802; die älteste
form das p. i$ 161 f.
Silbentrennung in griech. in-
schrifben 295 ff.
Stammbildung: identit&t der no-
minalen und der verbalen a-, «t-, (t-)
«11- (ti-) stamme 66. 74 n ; her-
kunft dermovierten feminina 161 f.
s. conjugation und deminutiva.
Entstehung von -tb- stammen aus
locativen auf -t 148; composita
mit o-stammen werden -to-stämme
im Griech., Litt., Lett, Kelt 148 f.
Suffixe: der Wechsel im Ai. zwi-
schen fem. 'ikä und roasc. -aha
ist uralt 184 f., spuren davon im
Ahd.; Lit demin. männl. auf
'ükas^ weibl. auf \ke 184 n; slav.
ükü und lX;t<, gr. -vy, -a», -ix,
lat. -»ctM, got. -oA, 'ig 184. Tier-
naraen auf -«^tanim Preuss. 167 f.;
•ti in Partikeln 156 f., griech. ad*
verbia auf -r/ und nl 157.
Syntax: Der idg. imperativisohe
inünitiv beruht auf dem final-
consecutiven (dativ) 124, hat bei
Homer futurische bedeutung 106.
126; wird auch fQr die 8. person
gebraucht 1137 ff., wovon die in-
nnitivconstruction nach nqiv noch
eine spur ist 188.
Vocale: Ablaut von e : ä neben
dem von i : « in demselben wort
167; H in der xoivrj ist später vor
vocalen als vor consonanten zu t
geworden 298; o& zu o 294, ausl.
-ai, -M, 'oi in mehrsilbigen lat.
Wörtern zu t 50; gr. ä (i}) aus äu
vor consonanten 160; i-epenthese
in lat. eigennamen 331; umbr. u
aus l 806 ; idg. «n, «r, J vor vocal
im Albanes. zu tn, tr, il 285;
•n vor consonanten zu e 248 ; halt,
at als vrddhi zu ä 168; preuss. a
statt 0 168, lett iw aus uw 819 ff.
vocalkürzung und sekundäre vo-
calentfaltung in lett. dialecten 189,
811, 817, 824 f., 829. Vocalassi-
milation ebd. 325 f. n.
Wurzeln: bedeutung des wurzel-
begriffs 67 f. Sekundäre entste-
hung langdiphthongischer wurzeln,
z. b. ttäu, diu aus dem perf. aot.
179 ff. Beeinflussung eines wertes
durch ein anderes ähnlich lauten-
des im Lettischen 380.
Zahlwörter: zu den lett z. 819ff.
336
Register.
Sanskrit.
aSieati 303
(UaÜ 174
afUoMtffa 159
äpatya 159
api'Vätayaii 310
aptpaUU 72
amafya 159
ayiiffi 161
afTt 174
idhifimahi 91
<5Aa 172
iydm 161
t<^ 162
uWt 216. 220
ukhd 255
rnaya 160
rdhnöii 74 n.
Aana 199
kamna 199
kanäyan 199
kanvä 199
;ba/i%a 184
Aao< 145
kupjati 78
ATM(5mt 74 n.
^Tiit- 66
krämyati 66
Afanö^f 75
AsMäti^t 74 n. 75
kha 175
A:^ 175
gadh 212
gfnäii 241
gfdhyati 65
^6Aitä^' 308
^Aö« 217
gmütya 91
^^•' 65. 70
^%a<t 71. 78
gräma 168 n.
^Aro^f 242 u. n.
eanaa 197
caniafha 197
jafhdra 172
yiMto 247
jVIra^ 241
jänäti 74
ysmä 211
f'ämäta 211
fäm^ 211
jtt^t« 187
<<irtt9a 224
<arti<« 75
toma 224
dät/i 179
(l^rtf 217
II. Wortregister.
däraka- 218
«färoA« 218
däroB 217 f.
«JtfrO^S 218
dSiüdne 179
<{tfva« 179 n. 3.
dufihü 157 n.
dukita 222
<fe^v»; 81
(2ofa 258
do$ 257 f.
dharaka 236
(iAfintva^ 74 f.
dAAnolt 75
£{AM/t 161
dhranoti 74 n.
fiopV 201 n.
nabh 150
paAv<l 252 ff.
pdr^ 226. 229. 235
päjasyä 259 f.
pueeka 176
f>tito 176
pilnar 176
pümän 218
pürif$häh 91
purva 177
ITf^*- 226
paea« 176
öSAtf 258
5Afiri<t 237
&Ar«^' 234
hradhna 234
5r<ft;m' 206
hramga 229 u. n.
^Aramo^t 237
hhrü 233
ftArüykJ 232
mani 171
martit 207
mdrya 208
maryakd 184. 206. 208
fiBötö 219
m«^t 219
tnindte, minU 75
miyate 75
m&t 71. 81
mliydii 71. 78
yaiii 160
yäbhati 172
yö^r 160
y($fä 209
raeana 199
racäyati 199
ricyati 82
rtitftffya 91
lubhyati 80
vaktdtpä 253
vaA^a« 251 ff.
oaikAnS 253
0(MA^* 253
om^ona 253
vaAgka- 253
ooeyci^ 258
vaXeati 253
vocXA 144
oacfAtf 217
eafMJt» 75. 197
vartaka 184
varüka 184
OftM^t 74 f.
t^(t 75
Otfifo 217
vipaU-ti 219
oratia 187
faUJchd 175 n.
parätij^ 85
^äru 169
fsSna 171
p^a 171
ptpfia 199
piiÄrd 66
eucyaU 66
püA» 171
po0< 81
^amyati 79
fffindate 201 n.
po«<<i 218 n.
«a^ 261
»diu 211 n.
«an^^* 75
aabhd 173
ffoya/t 212
8utä 220
nifM^^t 220
Mff^tf 157 n.
Mite 211 n.
aünu 220
9tn 211 n.
•tAtW 223
anäua 212
•ntifä 211 f.
sydü 261
ay«^ 212
•yfima 212
hanöti 75
A<Mt 202
hold 184
Aaofma 79
AcMto 257
hald 184
Atntwm» 194
hrd 237
Arociii 246
Ar0<{a 246
hrädaU 240. 246
Register.
337
hrädüni 246
Iranisch ^Avestisch
unbezeicnnet.)
aetn 161
av€Mü9 168 n.
np. ehrü 238
ür9nava 82
khä 175
khtvof 261
giurtätn 78
eino 197
saitä^ 85
soffö 257
npers. nriA 247
tradhö 247
npers. fö/a 247
ap. <2a«to 257
dtdhäiti .71
npers. <2e<< 257
nighraire 65. 71. 78
ap. fitjpMtonaty 176
nishukis 86. 90
po^mon 168 n.
painem 254
o«r^ 226. 2S5
bttzu 258
%' 151
npers. yax 248
npers. yaxce 248
yosodto 86
vädäyöif 78
ptiMrö 66
fwA» 171
Ossetisch.
arfuk 233
/or« 235
ix 248
^arpi 224
y«r 248
Armenisch.
aitnum 172
aitumn 172
o^fi 175
•^auff 285
ard 157
a«r 254
(iti#<r 220
fom 224
A^rciafii 241
karhä 246. 248 u. n.
hav 222
yo^ 203
Jatfi 203
jUm 184
orcft 220
orf 221
titfamm 220
t««<r 220
Phrygisch.
dd^axiT 282
afAfjLWSuLv 286
(facftr» 290
(foxfr 288
dovfJLog 282 f. 287
«(face 288
«Mxv 289
«TTMC 288
ntTTerucfiivog 284 f.
t^iovfAivog 284
«ofxc 284
jroxi/io» 285
«€ 282 f.
/Ättvxav 286. 289 f.
fieroTog 285
vad^otos 284 f.
^MMTiO; 284 ff.
o« 287
o^voy 287
o^i/xa 287
oTiOTUfjivi 290
ov&ßav 288
nowraaßas 286 f.
Griechisch.
dßaxiiiv 143
dßaxrifAW» (Hes.) 143
a/Saxijc 143
a/Sa| (Hes.) 143
dßCvxtov (Hes.) 164
aßoXoQ 147
a/S^/| 153
ayoyaxr^iu 144
ayotnos 257 n.
crcfi/r 141
dSivog 141
ac^Xoy 144
ac^Aof 144
cUUa 222
aC« 161
aCaA/o; 161
dCfJTat 148
aCo^ 147 f.
«Co) 161
alyaviri 166
aiiXov^S 207
a7xXo» (Hes.) 166
afiloi;^; 207
alfia 144
aro^o; 207
alovdo) 144
a^TTÖJlo; 169
aJfj^^ij 166
dxaoTjs 181 n.
c(X€i;«»r 145 f-
l4x€va(ü 145
dxtSvoi 146
Bttitii«« s. kviid« d. indff. •pneheu. XX VII.
dxiSqog 146
oxoio; 147
dxoarri 173
dxoviiv 145 f.
ox^iff 174
dxQodofjiai 146
afAväfAOi 141
aXyoc 241 n.
i^iUyi^a) 240 n.
aA/yo) 240 f. n.
dXiUpo» 71
dvdyxfi 281
«r«i; 177
dvitffui 201 n.
ay<)i 147
oy^^^^il 184
ory/c (Hes.) 222
dvTfiQtg 147
ttVTQOV 147
«oCoff 147 f.
dnaQfwi 158
aTTcaii 149
aTrijyiy 149
agßfilog 150
a^/Sai} 150
doytnovq (Hes.) 177
d^oyyovttVTHg 149
a^* 157 f.
dgvunijg 157
dqrrtnos 157
d^itpQotv 157
dri/ußta 150
awfv 145
at;ili} 255
avild; 255
avToxaatyvriTog 197 n.
d(pv€iv 150
a^vayfro; 151
d(pvaa€&v 151
/Sa/Sa| 151
/SaC<«v 161
/Saxra» (Hes.) 143
ßaxTfiQÜc 148
ßdxTQov 143
/J«AJliü 65. 71. 78
ßdiQaxog 249
ßnloQfjiotndg 163
ßliwog 154
/5Xi?;ri^ 142
ßUuaCta 152
ßQaxnov (Hes.) 328. 231
ßQdaato, ßQuCu 152. 249
/J^«TT«*y (Hes.) 158.228.
231
ßqiv^Q 227
/S^j^o) 158
/9^/Ctt> 153
BQ&TOfjut^if 206
i5^o;t'^ff 229 n.
/S^ojfOff 220 n.
22
338
Register.
ßvCa 165
ßußvCiiv (Hes.) 164
yafjißQog 211
yafAim 211
maked. ydqxov 165
yaqvov (lies.) 165
yuQ^ (Hes.) 165
yaQatnfa (Hes.) 165
yilvofiai 65
T'/n^ix 65
^^vro 211
rOA^ 191 f.
nUos u. ä. 191 f.
yXdfpv 158
>^^^oc 248
edfioQ 153 f. 217
(f£/^ 81
diwdCBiv 154
(f€^/ia« 241
dianoiva 168
«r^^oc 212
dldtüfjn 179
(T/Cff (Hes.) 165
dl^nfjLM 160
dciofiah 160
j^iovüaog 218 f.
<f/uoic 218
(Tc^al 184
dovXog (Hes. » o^ar/cc)
217 f.
(TovAo; 217 f.
(T^ooy (Hes.) 165
^viiv, dvia&at 179
kypr. dvsdvoi 179
SvvafAai 218
dvaxoXos 169
l/9Xai (Hes.) 84
iyxvfioiv 172
fyxuo; 171
iyvuv 84
iyqifyoqrtt 167
£l*dCtn 141
€/xoiy 141
ion. «fAi} 168
c^O/brcc 222
<Mi; (Hes.) 164
<r^iu 68. 79. 81
«fffo) 159
ixßioitii (Hes.) 164
Sfxf/T« 155 f.
ion. ixßQi^aae&v 152
l^;r/ n^ui 71 bis
If^c^« 154 f.
tviqoi 154 f.
ivi^tQoe 154 f.
ivCanta 72
loura 141
intüxnfo 155
l^i^C 167
^^ii 141
iffvCfiivog 145
/Ootxa 141
jriixa^HV 141
^iuttov 141
boeot. ^ilaQx^o^oi ^^8
Cfilo; 160
Cij/u/a 160
Ci^r^o) 160
Caieof 160
n^a)foy 161
flcTfa 90
W 141
^«aiy 145
in^ifTO 76
i};foi 152
^agaioi 82
^«ijjfoilo; 169
^£/yiu 194 f. 202
^iloi 66
^€^fioc 208 n.
^Qaaioi 74 n.
d^qaavvui 74 n.
^uij^röJlo^ 169
d-vXiofAM 161
^t;y^cü 74
^(ue«! 236
BvwvtSus 214
fa 161
tdXiflog 165
lov 165
M^a 65
ffffiu 79
hv 165
/ii 165
ttiiog 141. 165
rx^tov 162
fxTo^ 168
IxT^o (Hes.) 166
Uli 168
tXvg 163
^yt/era« (Hes.) 165
tov 165
li) 165
IvC^iV 164
^lu 165
xa&vos 199
xaJlvl 182. 184
xavtop 197
thess. )ra;rayö 149
xaüvog 171 n.
lak. »a^Mx (Hes.) 166
kypr. xatfa^itv (Hes.)
166
xdxltj^ 245
xiSvog 166
m/^o) 74. 81
arcxa^jijora 882
xifids 167
x€vr^tti 199
xAt^ov 199
xiaxiov 168
X6t;»a) 146
xi^aQtg 188
xl&tt^ 250
xJl/va) 74
xSyx^l 175 n.
aro/o) 145
jroat; (Hes.) 301
xoivos 168 f.
aroiUxl 169
xoilo^c 169
xoXtpog 169
xofjißog 150
xowitü 74
xovTog 199
xoQd'VVUi 169
xo^off 169 f.
xo^t;; 74. 169 .
xoaxivov 168
xovQlSu}g 170
xov^f^oc 170
xqixiiv 170
x^xi; 170
x^ffff« 170
xQoariva (Hes.) 170
x^vcrroiUo; 245
XT€iV(ü 75
xjlwvfAi 75
xva^ 171
xi;(fo; 145
xt/€«y 171
xvxdenf 170
xvfia 172
xt/o; 172
xoi^97 168
xfofiog 168
xoH'oc 171
xiuoc 171
Jloi;xayAx 160
Z/yo) 240. 241 D.
dor. AJ 74 f. 79
Afix(;^o( 160
Xlaaatfjiiv (Hes.) 82
>li;xayi^^a);roc 149
kret. fjid^ig 206
fiaadofiai, 145
/u^r^ol 184. 206. 208
(Aixaaaai 159
^i/Uo) 71. 78. 81
vilßtKTog 177
ycoydJtoc 191
viofjiai 205
vioaaog 159
r^^»€ 154 f.
viqrt€Qog 154 f.
vtv^v 212
v^a> 212
y/^ (Hes.) 805
ydjuoc 196
Register.
389
VOiTTOS 205 '
iVt/tfa 214
vvaan 81
SvQov 178
86i^ (Hea.) 166
idvaaaa^t 187
6üia (Hes.) 148
df^or» 98 n.
o£bc 147 f.
oUfia 172
o/cToc 172
or^«y 172 f.
ofx^a&M 141 f.
dxy^iki 72. 74
OM^ 174
oveutQ 75
3|/ya 178
«tJf 74 n. 178
onimvt» 72
SoiofAai 82
S^ 184 f.
oQx^ofiai 78
Sororo^f 81
OfTT^fiOV 174
datpQalvofiat. 287. 242
dr^JUöc 174
oiToc 177
dq^vg 288
dj^irdc 174
"Oyij 192
7r2/oc 260
^roi^atforai 65. 81
naim 77. 81
naifv 177
;ra^of 187 u. n.
naax^ 197 n.
nariofun 77
TTOTO; 256 D.
i7€»^oi 65
nixog 252. 254
niv&eQoe 212
jrA'^ff 197 n.
TtiQtrifAixr^m 144
niQtaa6g 159
msked. nä^txmt 159
^f^ilv* 177
TTlj^ 160
7ri|^/y 160
7r4;ift;( 258
nut^S 176
n^fATiXtifn 70 f.
nrntu 72
nnvin 72
nixvfifA^ 74
nXaSa^i 175
nXaSdn 175
nlaSoc 175
nXarvg 167
noiiUXog 176
no^fi^p 168 n.
noifAvri 168 n.
;rofToc 256 n.
noaetieSv 256 n.
Tida^ 259
Tforafiof 256 n.
noxnfiov (Hes.) 177
;r^/r 188 ff.
;r^/oi 79
n^uvfl<nZvos 142
nqoaffOEos 195
nQiüAt 177
n^tSros 177
TTT/iUc; 176
lak. ^€Jl/a (Hee.) 176
TttiXov 72
Jivyii 177
nvy/Ltälos 280
nvxivog, 7iv»v6s 229 f.
nvfiaroi 176 f.
TTvydf 176 f.
TTciit; 168 n.
-crc 159
2;e^^Ai} 218
aiTo; 218 n.
tfxatJ; 190
ctii^ov 281
avQty^ 255
(r//Cc» 65. 69. 81
xawUi 75. 81
TotwfAm 75
Tora 167
rclii'tti 75. 81
r€/^ 81
jiioßov 196 n.
r<iL/Q> 79
Tey^cvf 197 n.
r^eiry 224
TirififMn 241 n.
r^a 167
xaaivu» 75
titMfu 71 bis
ro;ra(Q> 178
rd^roc 178
tvQawof 182
roi^aCfiy 142
vyyifAog 211
w^ff 220
Vi» 220
t;€»y 145
t/^lof 145
vUii (Hee.) 168
vldf 220
Wiiir 212
w*f, vwij 178
vTttiog 159
$c;n 178
va^aav 145
vaaal 178
vaadf 178
i)tfrM(xd( 145
t/<rr^i^ 178
(paQon 284
^ßofjuu 167
^Uti^g 219
9>^jui} 178
cpvro 85 D.
lesb. (ptXrifii 70
ip6Qui/y^ 188
9)^ 208. 286 f.
^oi^o; 188
9)^aC<u 81. 287 ff.
(p^actü 281
(pQovio} 287
(p^if 241 f.
tpqomlg 241 f.
4)^v//Jloc 188 n.
4)fltf^ 216 n.
/oJlaCa 245 f. 249
/cai^ 184. 245
j^aAxd; 249
;|ra/;po 79
XaQondg 289
/«Awij 188
//At/ff 249 f.
XiXvaaHv 188
X^Qttdoe 247
;nXiJ 188
Xovd^S 248
/o^; 142
V^^79
i/^CMtf 84
«3^/» 78
Lateinisch.
oMömen 258
ahdümm 258
otftM 178 n.
aedes 65
OMItcitM 172
am^0 202
atUeä u. ä. 27
anu9 228
ar- 158
arduus 74
aMor« 807
^«r 174
airox 174
atmr 289
ofiAi 255
aoui 222 ff.
oxtSa 258 n.
boöulum 144
5any 46 f.
h'onca 280
mlat. hruseui 249
eadamüaa 298
CM(iM 65. 69. 81
CM/iim 800 f.
caf9r0 181 n.
cMfiM 298
22*
840
Register.
t9do 166
eM> 147
cäo 60 ff.
eUrä u. ä. 28
elu40 65
eönor 197
contra 29
0o<^(iM 168
erüdut 246
üTtior 246
erüfto 246
euneus 199
ctipto 78
eustödire 146
<ft/i^o 240 n.
dueenü 825
<2ii|i^ 825
m9 54 ff.
faeHuM 65
/oei«« 65. 81
fanum 302 f.
/arcto 281
foittgium 284
/Ismo 79
/oa; 65
/endo 198 n.
/;»(iM 85
ßditü 65
^Scܫ 65. 66. 81
ßditu 65
Jigüra 809
/tfttM 218
>So 85
farsre 284
fomax 266
fomix 255
^^0 242 n.
frägum 242 n.
/y>0mo 183
frcquem 281
ßrägühu, -a 280
/VofM 281
/rtitfiim 244
/Vu^m; 205
JFVii^ 206
/uarn 86 n.
für 216 n.
JViriti« 66
gannio 154
^«/u 247
gemtni 211
^«mo 211
^aiMT 211
g&niua 65
gradior 66
grandü 227
grando 245 ff.
Aa6^0 70 f. 181 n.
Aaurtb 145
A#r¥ 51
Aamui 208
A^« 198
Ao<iM 47 f.
homo 208. 214 n.
imbeeillu9 144
tmfttfo 150
inguen 141
inUmeeiei 65
inUrpret 289
üidem 157
tti&#r« 67. 80
Mietfiu^tM 209
ttfOMtM 209
ni9o 209
jugere 164 n.
laqueus 297
Jdu; 297
A)^o 240 n.
lubet 80
mo^M 816
magnus 221
Jlf^'tM 888
moi^ 46 f.
tnanuB 2 19 f.
mare 207
marltiM 206. 208
Mäcart 207
me^ior 219
mo<io 60 ff.
mti^«o 208
mußer 208 f. n.
muUus 186
negl^ena 240 n.
fMp^M 201 n.
um 52
nübo 212 n.
fiöfrio 214
oerü 174
öito 255
or<itbr 221
oriar 221
j»anmM 149
pavio 77. 81
j»«e<u« 251 ff.
pemieia 65
/>eftm 72
pUö 70
/löcftfx 258 f.
prßiium 159
privus 177
jiröintfZ^dr« 185 ff.
jNi^no 229
puppia 176
^<wt 51 f.
räna 249
reeens 199
religent 240 f. n.
r^fa« 288
r«or 79
ri^o 167
rüre 61
riiri 61
riMMM 807
»aliva 164
Mfietb 200
saneiua 200
seaeous 190
<«£{f 90
f«rtM 65. 81
MC 261
<tfM 177
«Imim 261
nnu» 260
•tlMM 261
MteOa 261
9(rita9U8 228
tan^o 242 n.
tiro 224
iongeo 77. 241 u. n.
trttootM 228
mtfi 69. 71
«TttfiotM 229
tu 62
urcMM 178
urgire 69
tf<0rtM 220
ttxor 215 f. 216 n.
Vagina 178
vagtre 152
OM 217
O0<5« 810
vegire 71
0«/ 66
venenum 75
tT^iitfm 217
ofjtn^ 48
ot/M 168
Oskisch.
qfiaku9 297
o/ltiAkui 297
ofi^e^tiM^ 298 f.
at^Uu- 296 f.
eailtfM 298
kaOa 300 f.
ümbriscb.
amperia 304
oftfi/ 808
anaarfa/tM< a. s. 819
asiane 806 f.
CMO 807
«TU 805
«t7«i«fii 71
i^u 807
furfad^ 308
AtfTM 79
nertro 155
n«rt« 805
p-MM 177
Raster.
341
rufru 807
rusem4 307
tuj»lak 825
wüwe 261
Wituva 810
FaliskiBch.
foüd 47
hanula 308
Italienisch.
atklare 809
hraneoiare 230
guseio 2ö9 n.
Paelignisch.
JUllMM^U 802
iitM 801
VoUkisch.
80pu 299 f.
MarraciDisch.
onim 807
Französisoh.
ffoustant 259 n.
gousse 259 n.
goussei 259 d.
Gallisch.
Cm^tM 199
-«Icifitim 218
Mediolanium 149
Irisch.
air. araehrimm 74
Off« 224
5arn 208
barr 284
berran 241
5tM 230
5r9c 229 u. n.
air. brühem 207 f.
brot 238 f.
6rtt 282
brüim 227. 244
air. ftnitiMM 235 f.
caitnmse 191
eaiitf/ 196 n.
eenn 196. 199
<^«atm 197
<atns 197 n. 199
einteir 199
air. c^m 81
croean 251
cTtfii^ 250
<2äm 212
gmel 211. 213 n.
air. -gninim 74
^orm 208 n.
air. imritn 222
air. tteiu 82
air. maec 221
muir 207
mfitVmon« 209
nüa^Aor 215
oehar 174
rtff7 210
rehim 210
air. roßUtar 90
ro«e 210
<m$re 242 n.
tongu 242 n.
ttcAi; 251 f.
Gymrisoh.
ammratodd 287
ftarcf 288
bam 208
6e/0 207
brawdegg 287
6rtt 232
5r^fi 227. 243
acymr. eeneU 196 d.
croehan 251
ertiTtA 250
etoyddo 146
ae/y» 211
nebrumg 228
maft 221
in«rcA 209
tnorwgn 209
ocÄr 174
;i0itn 196. 199
trüch 229
Cornisch.
dof 212
ffuAtif 216
ntmbrofik 228
morotn 209
Albanesiscb.
avtf^ 222
bafi 220
5ar^ 281
5«M 201 n.
6tr 220
brenU 284
5rM 284. 248 f.
breiig breiki 249
5r«ien 244. 248 f.
br^tske 249
^^; 235 f. 241
briik 232. 286 f. 241
248
buf, bufe 219
dtndtf 211
<r« 165
^ump 199
jfaif 201. 248
gasU 261
^'t 260
^t«< 152
grUt 152
0äi, ^'äie 223
%rah€ 250 f.
AroAcfMirlt 251
krahnöi 251
AroAnKtfr 251
ri& 212
mftar« 231
mfteM, bes€ 201 n. 225
mdreii 284. 248 f.
mbuf, tnburem 219
mUr€ 219
niMe 210 ff. 214
ntisert 211
;i0rxf 201 f.
peM€ 201 n.
j9t^ 259 n.
/m^ 229
jm^^' 229
re 210
rt 210
rt^ 210
mV 201 n.
ioh 251
Hergiii 224
<a^ 223
oe^a, via 222
z£ 200. 204
zemberäk 202
zemcroX; 202
zcm€ra^£ 202
unurduruim 202
s^m«r€ 202
zenurgän 202
z&mrk'in 202
zetiurnguite 202
zcmcrM 202
s«m€r(5r 202
iS;af 208 n.
zoA; 208
zof€ 208
Slavisoh (Eirchen-
slavisch anbezeichnet.)
e^ßhati 145
4<tö 147
bergtili 188 n.
6^ 85
bilka 207
mss. borona 284
5ra<2a 284
6ranla 238 f.
5r0Zi2a 233
rosB. brjueho 282
serb. slov. hrst 227
I
342
Register.
ru88. bru$ 234
aruss. hrusna 230
brüdo 234
hrUtelü 244 f.
brüsnati 234
brüsru^ 244
cesaii 168
cinö 241
cua 241 n.
<^do 145
mss. ciiehaÜ 145
cu<t 145
cväq 213 n.
<2eo^ 217
doiepa 178
i2fima 282
dUsU 222
^foft 153
^(ioi;^ 79
goüiiq 79
^a6«^t 308
gradü 245 ff.
^q(l^ 227
^&Ad 190
ffriza 153
gritiU 158
p. ffriM^a 248
r. tVa 162
ilu 164
y<kiro 172
jadü 172
yor« 160
p. j€hac 172
j^mv 173 n.
ibant^t 198
klr. A;tn 198
r. konaU 198
A;onr 195 f. 198
korOdH 198
A^fijt;' 181
korota 181
Arada 170
nsl. kreaati 170
p. krokwa 251
Arotffio 170
r. Aroint 250
kruchä 245
A^|9{;a 78
lal&ka 160
%if 253
(;'ti^ 191
mc^ 203 D.
m«(;Vi 71. 78. 91
mläva 206
mirivüi 206
klr. mooa 206
5ech. mrholüi 152
r. nahrjaknui 228
iMV^^fto 216 f.
mVa 176
no»r 81
ohrusU 245
o6rJ/vr 283
ocfrff 174
okrocüi 251
opona 149
o»i;a<t 261
o^nö 173
Sech, focea 168
r. /lacA u. ä. 255
klr. paid 255
slov. r. pagtuch 259 n.
slov. patducha u. ä. 256
Sech. p<M{ 256
Sech, oole n. ä. 256
tiosticAa 257
bulg. pazCuJva 257 f.
;>ei^ 255
p^Q 256
pevny 218
»Mo^* 176
/it^yi 77
r. piida 259
;i20ifo 252
oBorb. podpaha 254
|iotö 256 n. D.
serb. povi 255
priküiäi 171 n.
ru88. 1W"ÄI 71
pronoziti 81
/»ro<» 158
j»r&«t 226. 229. 235
prüsd 229
rahü 150
rac^t 199
p. rana 187
ra#<t 210
reA^q 199
rodU 221
klr. rukopas 255
nsl. ««iMc 175 n.
»hvij 169
«nav<]^ 212
«ntfith' 212
so8na 171
«trafki 281
gtarü 223
«<rt{;t 205
«Mfr 261
itja 261
i^tido 145 n.
iura 212
iurr 212
aurimi 212
<e^ 176
e^o 242
trki 71. 91
OBorb. <ro 328
träpiti 71. 78
obers. <ryA; 225
uUea 265
ti/t;7 255
ruBB. üUjff 147
p. wqftiea 147
p. tm^y 147
M<ia 217
veBelü 207
vjbo 217
ortknr 178
ry 801
p. wygon 201
vyknäbi 220
oi?c^t 195 f.
zoc^' 196
saA»fii2 196
r. dial. zelv 250
c^ 211
znqja 84
sv^^t 152
wonü 203
soOi^^t 203
Sb/^bo 249
Müvi 249
Itf/y 249
Unq 201 f.
ü^rnq 211
}^a 201
sfr^' 239
!»($ 213 n.
Iftetö 144
Sfoc^tca 247
}brei% 92
zt;a<t 198 f.
PreuBBiBch.
angsieinaif angstamai
158
ayeulo 166
atM^tit 190
hritgelan 233
drtitri^ 71
eMmmat 182 n.
eBk$trea 163
^aM^M 213 n.
geiU 213 n.
^0^ 249
yeeroy 162
tmmtmat 182 n.
ytüogarge 165
}ka»7««/MA:an 301
kaytoe 168 n.
ca& 182 n.
eamsttan 167
keytaro 248
Aien^ 176
kradan 250
paggan 254. 258
peisda 259
pirit&n 229
pogerdaiU 237. 240
Begister.
343
pounian 177
pro9na, pruana 177
sari 208
sarwü 169
9mov 203
BuekU 190
tsl(i)8 816
wangus 258
Litaaisch.
o8tl. a<ftin< 168
afftif 173
aidat 172
auItW 172
<lii2y<t 172
aime (?) 172
at^rä« 160
dkas 175
oA^bBO« 178
dksiinas 173
aA;«<i« 178
aiiJk^^l 158
anyta 223
apaezä 159
aptträ'bti 150
zem. ar£M 158
orti 157 f.
oi«^ 157
aune%oii 190
aii^' 181
awHi 181
aa^ 159
&IIM1I« 183
baiksgÜs 183
handa 234
6Mt 167
ö^iuM 224
%)»<t 167
branka 228
brankizdli 228
ftraii^t 244
^otma 233
MfiAit 228
hrUgiloB 238
5r($& 222
hrükti 231
&rt<f7i« 233
^ma 190
dedü 179
(ieirtd 179 f.
dwynl 217
<ft<£« 161
cftWä 81
dülü 161
•^a 142
ekdS 175
Jfra« 167
•razkHras 163
altl. ««s;U(riM 163
?MmiM 166
gehB9 249
^entik 201
fenü 201 f.
em, g0rqnk9zU 183
gerifüa 79
^tr<fi» 81. 287 f. 240
^r^' 241
graikis 190
^eM 229 n.
grddas 248
^ti/tä 65. 71. 78
^älM 259 D.
gZKs 65
altl. tdanU 158
^jf^t 74
yria 165
indiewai 180
ypaczei 162
ypaiua u. ä. 162
yra 221
itzeto» 159
Mspj^t 167
jftffo« 165
tXoib/» 166
jotl«^' 160
judUi 66. 80
yt^t 160
jiUus 160
kaikaras 168
A^aiiiMf»« 168
ifcaAl^' 182
ÄMfiesa 197
ketnas 168
Xmii^Ki 197 u. n.
kimbü 150
kirmyjü 79
Ar?AJa« 250
Arfofi«^ 170
ArftMza 245. 248 n.
kriünti 245
kroanis 170
Arii^i« 250
2em. küiit 146 n.
A»0««y« 191. 213 n.
higStku 212
^fMftl'^' 253
limi 258
mor^ 154. 206
mdt0u 79
ftM/fflM 171
menü 78 n.
fiMrdilttf 71. 73
merga 209
mtSrnuM 186
mtnS 85
mo<^ 219
murdynaa 162
ffiMri^* 162
infirAf«as/fin^' 153
murnUnH 158
altl. n^to 158
altl. neU 158
9M|ih« 201 n.
newyk^ 141
o<fi 174
paikoB 176 n.
paigzaa 176
paläakis 160
pawÜkBUu 141
pä&Ma 257
^^«s^t 254
;i;«a 168 n.
/ilTMa 176
^IMt 176
;>^a 168 n.
;>;ai{;ii 77. 78. 81
platüa 167
;>tö^ 167
profUü 239
pridvijas 74 f.
priazü 235
prtMita 177
rdik^o« 199
ran^a 198
ra^ttt 210
rifu 68. 79
TMi/uJ^t 167
rtlÜUi 198
ru56' 160
MM^' 160
«a«to« 150
«ima/nä« 171
»ywai 144
«JMsti 65. 69. 81
8kiriü 74. 81
memd. Munu 183
«<0nt^ 78 n.
9t6ju 179 f.
stawHi 179 f. u. n.
$u$igiiä6i 259 n.
noagUi 152
«si^tffiM 169 f.
«s4f<A»s4iM 170
neimjna 168
fstdAM»mM 170
«stfiÄE^s^fi« 170
«sfUb« 170
MUÄW« 170
nuwtu 151 n.
«BtcncItM 201 n.
iäpH 178
tofna« 224
altl. UipU 168
<«^« 176
tä0u 167
fy/«» 182
<yrtö 71. 81
tr^ikti 229
<rtiiyi/HM 142
344
Register.
tnqM 142
ugniU 161
ünkti 144
Ümk9iyti 144
urhmti 160
iwfii« 178
tdtfcM 159
tM'< 159
^Ua 256
d'ooM 216 n.
tMHtt'll 217
warß 249
217
168
176
virt 249
veno« 319
wdgrtmÜ 152
smyKt 152
xw^onlt 152
wwogamU 152
liiM&K 183
Icri/a 203 n.
Urna 203. 239
Umia9 211
I^mIii 192
iMi? 74
itörKt 239
Sb/a 85
SmMMt 203 0. n.
iMr203
i»agHi 152
hoaU 65
ib0Äi^ 152
ImvU 190
Lettisch.
dbi 175
mkaU 175
«Jbfft 178
«r 158
i(rM 174
«<bdUi 190
ftoMt 183
5aril« 330
5flr»fa 880
5a«aM 178. 188.
bramiBt 244
5fwicfM 244
hrukt 244
5HMt 284
Q. &. 828
190
Me 218
d»/e/b 161
diwi a. ä. 319 f.
190
142
ä. 323
dyuUt 805
dOU 161
<ii«M 257 f.
dusM 190
t(rMk$m9 188
es^bdkt 173
jFOMf 202
y«w 201
fiaimüi 152
^m/« 190
yurm" 166
guiehma 178 n.
<ii« 165
idra 172
1^' 162
ihshu 819
Of 164
ijpa«« u. ä. 162
irh9 150
M-Mw 150
Oueka 159
>ihi<d< 160
ikomAt 191
kanu 181 n.
^MTU 190
kiw€ 168 n.
i&^n; 159
kUp9 190
ifcrtfäu 190
AretM 190
ifcrdUf 170. 250
kmd€ 146
Mfo 146 n.
hoUU 191
Mtt 315
roiiM 191
Ukm» 258
rte' 191
m&rga 158
«Mir^ 152
flmrJ^ 152
m^fu 81
«te 157 n. 327 o. n,
147
257 f.
pmkgU 254. 258
149
177
p^fium 288
jM'Mf 175
^ 149
piz 817
p&inUbM n. a. 188 ff.
pinm(%)9 316
pi0dik§dkm 175
pkdfn$ 175
j»r«iUt 190
pr«<i 158
prAjmm 177 n.
pr4rim»ek 160
ptfriM 190
ji^« 160
reiM 316
r«s^ 199
ri» 199
Httf 160
/ar< 165
/•IM 183
/MHf 175 n.
A/U 144
>iM, /MV« 190
/irfw 190
/«iH^ 152
«itt 200
jojM 178
■Iw/gf 829
•<f*
316
175 n.
144
Mb 199
170
170
151 n.
mU^ 179
«ftfw» 179
•Mtw 171
M&db 176
fctflMiu 190
irU 828
190
•m'iu 161
«Vfll 150
i|/)hi^ 146
^M« 880
178 n.
a. a. 815ff'.
819
141
197
181 n.
168
•i 197
197
'•- 197
168
Gotisch.
219
d^MBi 65. 81
281
150
255
207
220. 224
220
hidJM 65.' 81
228 230. 232
Register.
345
brunf'o 234. 241
bruiiB 226 ff. 284
hrüßs 205 ff.
dänu 282
dun 177
duginnan 198 ff. 204
fana 149
födja 77
frabjan 288
gadtUggs 212
gana^an 205
gantjan 204 f.
goparban 71. 78
gatoatbon 217
^0ton 238. 240. 246
^^« 65
flTMma 203
Ao^M 70
Aa5an 71
AaO« 801
AatfiM 168
AotrtM 169
handugB 198
AamItM 198
AnfMa 212
hau^'an 145
Atfufiimtfffo 199
Am^im 198. 212
hröi 170
At^'of» 66. 81
hunsl 151 n.
hvaäeiM 77. 213
Aoe«fo 201 n. 213
inki^ 172
A»^ 247
kapei 172
kumtaip 74. 79
knu-qiprB 220
/ti&atiM 80
miMiM 208 B. 221
ffumna 203 n.
moret 207
krimgot. marzua 206 f.
ffii//an 176
munon 71
nt/^o 201 n.
qtans 219
ro^Vi 199
sMran 251
«ato« 144
«aroa 169
9aups 151 n.
n&ya 172
MkauU 261
Mitwofi 76
noaran 242 n.
iotf/ofi 218
tmArjim 153
^OIMNI 71
Pagkjan 242 n. n.
^«Oon 229. 282
-tiA 181
tM6atij[;an 151
vadi 217
tffoff^« 253
tMMa» 71
wainti 181 n.
i0«t%an 71
«Ttil/a 75
unmuifi 197
wdds 310
Altnordisch.
(Altialandisch.)
it 222
auso 145
ftormr 284
bogr 258
5ra<<r 248
ftrm^a 228 f. 248
hrjö9t 226
5ryö<a 244
broddr 288 f.
6r(^o 228. 229 n.
(rön 288 f.
5r^fia 245
bryni 284. 245
hurr 220
6ttr«< 284
miiU 172
«dr 172
•yrr 145
fud 177
ßMundr 149
gaman 202
^omtr 287
^0Ma 202
yifia 198
^^m 208
grär 289
gruna 238
mffir 288 ff.
A«^ 171
iWrAf 172
Atfki 167
hata 146
jadarr 174
Atm5etf 211
AMfia 152
hringla 229 n.
ibPM<r 280
fVMfT 184
mddmr 219
m^rdr 207
iiordr 155
Midr 178
(M^ 141
^/ 258 n.
ro^a 807
aSUr 200
«0*^ 150
Bida 150
«AdM 72
«törr 228
avara 242 n.
n^*222
«M^ 161
Umhr 153
<iffi 218
Peßn 196 n.
JM^j{;a 196 n.
Porp 168 Tl.
prgngwa 282
pgrpast 168 n.
oceii^ 258
v^ 220
mnfui 197
Norwegisch.
dial. brank 228
diai. ftranJba 228
dial. brankuU 228
A«tyipa 150
Dänisch.
bringe 228
gamm$l 202
Schwedisch.
^a 200
dial. br&nga 229
dial. ftriXJba 281
Angelsächsisch.
adum 212
ftam 287
brani 284
5r?o<< 226
ftroril 283
brysan 228. 244
tfim^tii^ 211
ekeman 152
eorofi 221
eari 221
Aec 260
/(ernne 168 n. 214
An/ 801
Ar<i^/ 170. 250
nide 158
de 216 n.
<ti0e«n 165
tigtnan 193
tö/ 218
j^/8an 178
gäH 202
Englisch.
5ar 287
barn 237
5raii^^ 229
346
Register.
brink 231
brim 287
brüM 228
ehäd 172
crank 229 n.
wing 258
Altflächsiscb.
adro 174
frrto«^ 226
hruttian 226
Mior 174
Arö<< 170
ord 178
j90(2a 188
Friesisch.
fämne 168 n. 214
Mittelnieder-
deutsch.
ad0r(ej 174
ai»A;«n 144
quaken 152
Niederdeutsch.
frrtflib 231
pegel 144
Burgundisch.
hendinos 199
Althochdeutsch.
ano 223 f.
otor 174
baro 219
ftorto 284
basa 225 f.
M^tniMn 193
fttiiA 207
bhioen 84
6orön 234
breman 183
5re«<an 226
&rö«ma 227. 244
dräu 71. 79
eiba 173
euliim 212
ats 172
Mtnehili 224
«tor 174
ewa 212
/oA 260
/owe/ 260 n.
fSh 176
/M^t 176 n.
fona 177
f remidi 159
^öAt 202 f.
^amc 202
ganz 205
^ar6a 808
gataro 212
^01} 194
gewön 198
^'iMfi 193 f.
^tM^ 145
giwen 193
glatten 85
ffTUOS 288
Aa^o/ 245 f.
hanUig 198. 199
AMntVft 191
hirat 173
A/tnim 74
Ar<^, hregä 170. 250
Am« 146 D.
huUa 146 n.
At<7a« 178
inginnan 198 f.
ttimMn 239
irknau 65. 74
cA^^t? 144
klaga 142
cArancAolön 229 n.
krumb 229 n.
fo6^ 71
mar ah 184
marciiir 207
merigrioz 171
iiMTMa 184
mVIa 158
nift 201 n.
or< 178
pfeü 188
giMran 241
9t<M< 226
sapen 72
«/tozan 245
stima 231
uoquemilo 213. 214 n.
tiojtMmo 214 n.
t0«f5ön 219
werwolf 149
tiH|fi 219
wuula 207
ztAAtn 165
Mittelhochdeutsch.
art 221
5r€eA«n 242 n.
briezen 205
drengen 232
gampen 202
^o^ 212
^rütMn 239
^mpe/ 202
gumpen 202
«löM 245
«70^« 173
Neuhochdeutsch.
bair. aitzeln 172
ar^ 221
6arfi 237
barre 287
5ram 237
braue 238. 287
dratMcA« 228. 283
bröeehen 228
dial. 6r«M 228
einfach 260
«Mi 212
empfangen 196
bair. ms^ 174
gammel 202
^im/ie/ 202
^t«^ 212
gra{p)pen 308
Aarm 181 n.
harren 181 n.
A«M6A«n 187
humpen 199
hundefoU 149
jauehken 164 n.
Aaus 165 n.
Bchief 190
«cAoM 260
«cAunrrtfn 242 n.
zullen 218
Lykisch.
arava 287
t)erlag von Vanbentfozd 8c Suprec^t in (ßötttngcn.
Soeben tfi etfd^ienen:
Ritten un6
^e&xäxid^e bex ^ua^eCx
ne&ft einem ^In^ang fibet Rec^tsgetDO^n^etten fret Suaheli
pon Dr. S. Selten.
^iS gel^. 8 m., geb. 9 W.
unb boffelbe in SuQl^Iif)>tQd^e untet bem Siiel:
Destnri za Wasnaheli
na
khabari za desturi za sheri'a za Wasuaheli
von Dr. C. Veiten.
Preis geh. 12 Mk., geb. 12 Mk. 80 Pf.
Praktische Anleitung zur
Erlernung der Schrift der Suaheli.
von Dr. C. Veiten«
1901. Geh. 5 Mk., geb. 5 Mk. 60 Pf.
„Eine schon seit längerer Zeit recht bemerkbare Lücke in unserer
kolonialen Sprachen-Litteratur hat Dr. Veiten hier dankenswerter Weise
ausgefüllt. Wie der Verf. sehr richtig in seinem Vorwort bemerkt, be-
herrscht die arabische Schrift und die durch sie bedingte Schreibweise
des £[isuaheli noch vollkommen die gesamte Litteratur und den ganzen
Briefyerkehr in Ostafrika und wird sie auch weiterhin trotz aller An-
strengungen, die lateinische Schrift an ihre Stelle zu bringen, noch auf
sehr lange, wenn nicht stets beherrschen. ... Es muss daher für alle
Kaufleute und nicht weniger für alle Beamte in Ost-
afrika als durchaus erforderlich angesehen werden, die ara-
bische Schreibweise des Kisuaheli zu erlernen. Der Verfasser hat in
sehr übersichtlicher und systematischer Weise das zu erlernende Pensum
angeordnet und macht den Lernenden eingehend mit allen Einzelheiten
und Schwierigkeiten seiner Aufgabe bekannt. Als recht praktisch sind
die im ersten Teil eingeführten Buchstabenverbindungs-Übungen zu be-
zeichnen, ebenso wie die im zweiten Teil enthaltene detaillierte Ein-
führung in die stehenden Formen des Briefstils. . . .^
(Koloniale Zeitoolirm 1902 Nr. 14.)
„Diese Anleitung kommt einem Bedürfnis entgegen, da man sich
trotz aller Bemühungen, die Suaheli-Schrift mit arabischen Buchstaben
durch die mit lateinisdien zu ersetzen, in Ostafrika wohl noch eine
ganze Reihe von Jahren mit der arabischen Schrift zu beschäftigen
haben wird. Im zweiten Teil, der vom Briefstil der Suaheli handelt,
hat der Verf. alle Teile eines Briefes in den verschiedenen Abfassungen
gesammelt und erklärf*. (Deutsches tColoniatblatt 1901 Nr. 13.)
t)erlag von Panften^oecf & ISLuptedfi in <Sdttht9cit.
Grammatik des Elayamuesi,
der Sprache der Wanyamuesi in Deutsch - Ostafrika,
speciell des Dialekts von Unyanyembe,
nebst einem Wortverzeichnis
kinyamuesi-deutsch und deutsch-kinyamuesi.
Von Dr. C. Veiten.
1901. Geb. Mk. 10.50.
The Athenaeun 1902 Nr. 3891 : „Dr. Veltens „Grammar^ is u ad-
nlrable pleoe of work, deserving a much fuller discossion, than we have
Space for. The fall lists of examples and the collection of sentences
are particolarly valuable. The German version of the latter can be
used as exercises, the original serving as a key. There is also a fairly
foU Nyamwezi-German and Qerman-Nyamwezi vocabulary and attttgether
the book is one deserving pralse*'.
IPV^icIitisf auch fikr Sagreiifi>i*scliex*!
Zeitweilige Preisermlsslgang :
Der Neu-Aramäische Dialect
des
TUR 'ABDIN.
Mit Unterstützung der Eönigl. Gesellschaft der Wissenschaften
herausgegeben von
Eugen Frym und Albert Sodn.
Zwei Teile.
1. Teil. Die Texte. 288 S. gr. 8. 2. Teil. Übersetzung. 426 S. gr. 8.
Den Preis beider Teile, tbisher 16 Mk., ermässigen wir zeitweilig
auf 8 Wie., den Preis jedes einzelnen Teiles auf 5 Mk.
Der 2. Teü ist für alle Sagenforscher von grossem Interesse.
„Die vorliegende bedeutungsvolle Leistung erweitert unsere Kennt-
nis der aramäischen Yolksdialekte sehr wesentlich. Nachdem Th. Nöl-
deke im Jahre 1868 eine Grammatik des neusyrischen Dialekts der Ebene
am Urmiasee geliefert, gelang es bald darauf den beiden Herausgebern,
auf ihrer Orientreise eine grosse Anzahl Texte jenes Dialekts zu sam-
meln, der im Hügelland Dschebel-Tür unter den Jacobiten sich erhalten
hat. Ein Mitglied einer durch Heuschreckenplage nach Damaskus ver-
schlagenen Kolonie aus Midhj&t erzählte ihnen dort in seinem heimischen
Dialekt allerhand romantis^ GesehicfUen und Tierschwänke , die die
beiden Gelehrten aufs sorgfältigste nachschrieben und durch eine sofor-
tige Kollation der beiden Konzepte gegen etwaige Versehe sicher stellten.
In der vorliegenden Ausgabe dieser Erzählungen ist durch reichliche
Differenzierung der Buchstaben für eine treue Wiedergabe der Laute
gesorgt; die Übersetzung ist nicht so sklavisch, dass sie nicht den etwas
primitiven, stossweisen Ton des ungebildeten Erzählers ausglättete**.
(Deirtache Uteratumitang 1881 Nr. 22.)
r-' ^