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MAY 7 ' 1,1
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JOHN AMORY LOWELL,
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Beiträge
zur künde der
idogermanisehen sprachen
herauBgegeben
▼OB
Dr. Ad. Beraenberger und Dr. W. Prellwitz.
Sechsnndzwanzigster band.
Göttingen
Vandenhoeok und Ruprecht
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1. Die erbreiterang der Menis.
An die erste bearbeitung, die „erweiterung^' der Urmenis,
deren umfang oben 24, 1 — 93 bestimmt wurde, schloss sieb
später eine zweite, die in vf. Ilias schon als solche erkannt und
als „erbreiterung'^ bezeichnet wurde, ohne dass es dort geglückt
wäre, diese arbeit der dritten band in feste grenzen einzu-
schliessen. Zwar erkennt man leicht, dass diese zudichtung,
also die dritte schiebt der Ilias, ihren hauptsitz in den büchem
N bis P hat, von denen iV S und P, einige ganz junge Zusätze
abgerechnet, ausschliesslich vom „erbreiterer^^ herrühren, auch
lässt sich dessen arbeit mit leichter mühe von der einlage des
Oitos in B bis Q und ^ 77 absondern, doch wird sie immer
etwas verschwommene umrisse behalten, wenn nicht ein neues
mittel zur herstellung einer festeren umgränzung aufgefunden
wird. Dieses neue mittel glaube ich in dem principe der vers-
abzäblung nachweisen zu können.
Oben 24, 1 — 93 wurde gezeigt, dass die „erweiterung" der
Menis auf einer Verdoppelung der verszahlen der Urmenis und
ihrer hauptglieder beruht. Die Urmenis bestand, wie oben
21^ 1 — 81 nachgewiesen, aus vier hauptstücken zu 517. 451.
451. 517 versen, alles beruhend auf den grundzahleu 11 und
11 mal 11. Der erweiterer gestaltete seine bearbeitung in der
weise, dass er mit festhaltung der vierzahl vier grössere ab-
schnitte schuf, die wir „bücher^* nennen wollen, denen er den
doppelten umfang der vier hauptabschnitte der Menis gab, also
vier „bücher'' von 1034. 902. 902 und 1034 versen. Mit fest-
haltung der verszahlen in den vier hauptstücken der Urmenis
zerfällte er jedes seiner vier bücher in zwei gleiche hälften
„gesänge'S die nacheinander 517 517, 451 451, 451 451, 517
517 stark waren, so dass die* erweiterte Menis jetzt 2 x
1936, das doppelte der verszahl der Urmenis enthielt, wie das
alles oben a. a. o. dargethan ist
Boitrtc» a. kund« d. iadg, spnehMi. XXVI. 1
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2 A. Fick
Es fragt sich nun, ob nicht etwa der „erbreiterer^* in der
gleichen weise den umfang seiner bearbeitung regelrecht ge-
mehrt-habe, um so mehr, als die Verdopplung der verszahl
auch sonst bei Jüngern bearbeitem älterer epischer texte eine
rolle spielt.
Wenn der „erbreiterer" seine nächste vorläge, die „erwei-
terung" für den zahlenaufbau seiner arbeit ebenso zu gründe
gelegt hat, wie sein Vorgänger die Urmenis, so müsste sein werk
mit festhaltung der vierzahl der theile in vier grössere ab-
schnitte zu 2068 1804 1804 2068, mit festhaltung der acht-
zahl der gesänge der vorläge in acht „bücher'' von 1034 1034,
902 902, 902 902, 1034 1034, endlich mit festhaltung der vers-
zahl in den acht gesängen der erweiterung in sechszehn „ge-
sänge" zu 517 517, 517 517; 451 451, 451 451; 451 451;
451 451; 517 517; 517 517 zerfällt oder doch zerfällbar ge-
wesen sein; die „erbreiterung" im ganzen muss das doppelte
des umfangs der „erweiterung" 2 x 3872 =» 7744 verse be-
tragen haben.
Bei dem anfänglich sehr zaghaft unternommenen versuche,
eine so kühne vermuthung an dem thatsächlich gegebenen,
dem umfange der dem „erbreiterer" einigermassen sicher zuzu-
weisenden partien zu prüfen, ergab sich eine so grosse, im
fortgange der arbeit immer wachsende leichtigkeit, das über-
lieferte in den soeben beschriebenen rahmen einzuspannen, dass
ich die hypothese als erwiesen ansehen muss. In fällen dieser
art fällt das mögliche mit dem wii'klichen zusammen: ist es
möglich — -> und das wird die folgende darlegung zeigen — die
ganze masse der „erbreiterung" d. h. alles dessen, was sich
aus äusseren und inneren gründen als werk einer dritten band
ergiebt, in ein so ausgebildetes und nach analogie vermuthetes
rahmenwerk einzuschliessen, so muss dieser stoff auch in dieses
ursprünglich eingeschlossen gewesen sein, und es ist damit die
feste abgrenzung des bestandes der zweiten bearbeitung, der
„erbreiterung" der Menis endgültig gefunden. Ich habe daher
im nachstehenden die umständliche hypothetische form des
ausdrucks als überflüssig aufgegeben und behandle die sich als
möglich erweisende einrahmung des in betracht kommenden
Stoffes in acht „bücher" und sechszehn „gesänge" von dem an-
g^ebenen umfange als etwas einst wirklich gewesenes.
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Die erbreiteruDg der MeniB.
Erstes buch ■> 1034 v.
Der erste gesang der erbreiterten Menis reicht bis zum
Schlüsse von A der jetzigen Ilias. Der geforderte umfang von
517 versen ergiebt sich, wenn man von den 611 versen in A
94 streicht: zwei grössere partien, die ganz offenbar einer
jüngsten bearbeitung angehören und einige wenigstens durchaus
entbehrliche tereinzelte terse. Dass die müssige Wiederholung
366—392, die durch t. 365 geradezu verboten war, ein ganz
später einschub ist, bedarf keines beweises; ebenso ist die ganze
Cbryseisepisode 430—487 durchaus müssig und sprachlich ein
cento, meist aus versen der Telemachie zusammengeflickt.
Weiterhin ist v. 63 schon von Zenodot ausgemerzt, da von
officiellen traumdeutem in der Ilias sonst keine rede ist; v. 177
stammt aus £ 890, bei 277—9 mit dem Sprachfehler nrjleidtj
^iJi (für td^BÜ) schwebte die Thersitesscene, insbesondere B
247 vor, höchst unpassend, da Achill doch könig wie Aga-
memnon war. V. 297 ist häufiger standvers, v. 489 mit dem
unepischen Hrjlios {viog) oder (IlrjXfpg) vog ist durch den vor-
beigehenden einschub der Cbryseisepisode veranlasst, 552 stammt
aus J 25, endlich in 567 befremdet u. a. das persönliche object
bei x/fiaiaiiüvj das sonst nur mit oXa&gop verbunden ist.
Von den 517 versen, die nach abzug der bezeichneten 94
verse für den ersten gesang der erbreiterten Menis übrig bleiben,
gehören 473 -• 43 x 11 der alten Menis an, nur 44 sind
demnach vom erbreiterer zugesetzt, und zwar entfallen davon
22 auf den ersten abschnitt „wie die könige sich schalten'^ und
ebensoviele auf den zweiten „von Thetis bitte/^
Betrachten wir zunächst die 22 ersten verse. 140 — 147
lassen sich sehr wohl vom erbreiterer zugesetzt denken. Sie
sind ja an sich eigentlich überflüssig, doch wird ihr zweck
deutlich, wenn man die erwähnung des Idomeneus beachtet
Dieser liebling des erbreiterers, den die alte Menis und die
erweiterung nicht kennen, musste schon vor N, wo er glänzend
eingeführt wird, irgendwo, am besten gleich im anfange, unter
den fürsten und haupthelden der Achäer genannt werden. Für
den erbreiterer spricht auch die bezeichnung Apolls als ^Em^og^
1*
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4 A. Fick
die den älteren partien fremd, zuerst bei ihm, in der Agenor-
epißode 0 und X, vorkommt. 178 verräth sich die jüngere
band durch die form xagteQog, während in Menis und erbrei-
terung nur HQoreQOs üblich ist. 195—6 vorweggenommen aus
208 — 9 sind eben eine „erbreiterung**, sie dienen nur dazu, die
ersten 11 verse voll zu machen.
In 262 — 272 ist eine volle elfzeilige Strophe zugesetzt. Die
verse erwähnen Nestors theilnahme an dem kämpfe der Ken-
tauren und Lapithen: in der erbreiterung der Teichomachie in
M wehren die beiden Lapithen Polypoites und Leonteus den
ansturm auf die mauer ab. Der dichter hat übrigens aus der-
selben quelle wie der Verfasser der Aspis geschöpft; in 265 hat
Theseus einen anderen namen verdrängt: vielleicht stand hier,
wie im Schild des Heraklos 181 Motpov %* ^ AixTtv^idrjy Tnagi]'
aiov ol^ov *'Aqv]og, Für den erbreiterer als vf. von 262 —272
spricht auch, bei sonstiger Sprachreinheit ^dqftLOTOLy '/jagrlavoia .
Vielleicht liegt wie bei der Aspis die Eentauromachie des Mele-
sandros von Eolophon zum gründe. Da Kolophon von Pylos
aus gegründet ist, so würde sich in der dichtung eines Kolo-
phoniers die betheiligung des Pyliers Nestor am Kentauren-
kampfe sehr wohl erklären.
Auch in Thetis bitte lassen sich 22 verse dem erbreiterer
zuweisen.
Nach 400 waren es Hera, Poseidon und Athena, (nach
Zenodot Apollon) die den Zeus binden wollten: die ersten beiden
als Zeus gegner zu nennen, lag dem dichter von N und S
jedenfalls sehr nahe. 404 soll den Aigaion mit den hundert-
händern Hesiods in Verbindung setzen: kannte der dichter
schon die hesiodische Theogonie?
Die form Bqiaq&av macht freilich Schwierigkeit: sie scheint
milesisch für Bqiaqevg, wie milesisch UQBVjg, NeiU'fog für xe-
gevQy NtjXsvg. Vielleicht ist hier Zenodots lesung zu berück-
sichtigen. — 421 — 7 und 488 — 496, letztere mit ausscheidung
von 489 s. o., setzen einen I2tägigen Zwischenraum zwischen
den hader und Thetis bitte. Als Verzeichnung diente hierbei
V 206 und ß 30 — ^ 493. Die längere Zwischenzeit wird
auch sonst in der erbreiterung vorausgesetzt, so durch TJfiaTt
Tuk O 76 und in der rede Achills an seine Myrmidonen JT 200 f.
insbesondre 207. — Die verse 525—7 stimmen in ihrem inhalte
sehr wohl zu der verliebe unseres dichtere für leeren pomp und
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Die erbreiterung der Menis. 5
prunk; der gebrauch des yerbs TeXevräio ^ das ältere epos
kennt nur TeXevjri — wie das substantivische ifiiv weisen auf
jüngere abfassung. — 534 — 5 sind blosse zur füUung dienende
erbreiterung von 533 d'eoi (f Sfia rcdvTig äviatav.
Der schöne pyramidale aufbau des ersten abschnitts „des
beiden hader'' ist durch die einlagen des erbreiteres etwas ge-
stört, die haderscene enthält jetzt 27 x 11 , Thetis bitte 20
X 11, der ganze gesang 47 x 11 — 517 verse.
Der zweite gesang der erbreiterung nimmt den räum von
B 1 bis ^ 595 ein. Der bestand der „erweiterung'* beträgt
hier 39 X 11 = 429, dieser ist von der dritten band um 88
verse vermehrt. Der ältere vers B 446 + 478 &vvov -^ivov'
T€g, fisrä Ö€ TLQeiatv ^ Aya^iiiviav ist gespalten, um hinter fiB%ä
de 31 neue verse aufzunehmen, die dann mit HQeiiav liyafiifi-
vüty 478 auf den punkt, von dem die einlage ausgewichen war,
zurückfallen. Die Schilderung von Athenes Aegis mit ihren
hundert quasten, deren jeder hundert rinder werth, stimmt ganz
zu der lust des erbreiterers an pomp und prunk, zu beachten
ist auch der gebrauch von dx^Ävajog 447 für leblose dinge. —
453 — 4 würden dem erbreiterer abzusprechen sein, wenn sie
sich nothwendig auf die Volksversammlung des Oitos in B be-
zögen, aber dem dichter konnte 3 64, dichtung der dritten
band vorschweben, die den Verfasser des Oitos wohl erst auf
die kühne idee der Tteiga Agamemnons in B gefuhrt hat. —
Die schwane auf der asischen wiese am Kaystros weisen auf
die heimath des dichtere hin, die uns später beschäftigen wird.
— Das bukolische gleichnis von den fliegenschwärmen im kuh-
Stadel 469 f., findet sich ganz ähnlich wieder 11 641 f. in einem
einschub, der ganz sicher vom erbreiterer herrührt.
Die verse 478 — 9, die sich unmittelbar an die oben be-
sprochene einlage anschliessen und mit dieser 33 verse aus-
machen, deuten auf eine etwas sonderbare göttermischung, in
dem Agamemnon zugleich mit Zeus, Poseidon und Ares ver-
gUchen wird.^ Wenn der dichter aus der alten Asia stammte,
so können ihm karische kulte vorgeschwebt haben, die den Zeus
als Osogos, griechisch Zenoposeidon und als Zeus Arcios ver-
ehrten.
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6 A. Fick
Der zweite zusatz des erbreiterers A 92 — 149 ist in den
yers der alten Menis ngcStog oqovtf \ Sfia d* alloi eihivfjfiideg
^A%aioL 92/146 künstlich eingeschaltet. Er besteht aus 55
Versen, wenn man mit Apollonios den häufigen vers 98 streicht
und 97 iyyiiq>alovd€ liest: „ort ^ATtoXlciiviog Ttoiei iyKig>al6vde,
Tuxl top €^g d^erel" Aristonicus bei Laroche. Auch v. 133,
der aus Z 48 eingedrungen sein mag, aber auch ^ 324 und
g) 10 vorkommt, wird man als ganz überflüssig gerne missen.
Die einlage schildert die thaten Agamemnons: zuerst erlegt er
den Bianor und Oileus, der in seinem namen an das nidiov
Filrjiov in der Agenorepisode unseres dichters erinnert. Dann
kommen Isos und Antiochos, zwei söhne Priamos, der eine
vdd'og, der andere yvijaiog, an die reihe. Der name Isos für
den vod'og erklärt sich durch hinblick auf | 203 in der Tisis,
wo Odysseus als angeblicher vo&og des Kreters Kastor sagt:
dXld fis lifov l&aiyeveeaaiv hi^a KaarwQ xrA, vgl. auch £ 71
loa q>lXoiai r&^BOOi — h;qeq>B Theano den v6dx>g ihres gatten.
v. 122 f. erlegt Agamemnon den Peisandros und Hippolochos,
zwei söhne des Antimachos, der von Paris bestochen die Troer
zu bestimmen versucht hatte, Menelaos und Odysseus, da sie
als gesandte in Troja waren, zu tödten. In M 188 — ^9, arbeit
des erbreiterers, wird ein söhn des Antimachos namens Hippo-
machos getödtet. Die namen Hippomachos zu Antimachos
und Hippolochos zu Hippomachos hat offenbar derselbe mann
gedichtet; nur die figur des Antimachos mag einer älteren
quelle entnommen sein: auf die gesandtschaft des Menelaos
und Odysseus nimmt auch die mauerschau des Oitos in F
bezug.
Zweites buch 1034 v.
3.
Der dritte gesang und damit das zweite buch der erbrei-
terung beginnt mit dem das erste buch und den zweiten gesang
abschliessenden verse A 596 &g ot ^ev fidQvavto xrl, und
reicht bis M 264. Der erste abschnitt von A 596 bis 848,
zu dem Schlüsse von A enthält 23 x 11 = 253 verse, wenn
man nach 660 den vers hinzufügt, der 827 auf den gleichen
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Die erbreitening der Menis. 7
vers folgt. Vom erbreiterer rühren zunächst die beiden vers-
paare 636 — 7 und 653 — 4 her, die freilich nicht zur Verschö-
nerung des alten textes dienen, beide enthalten Übertreibungen,
wie sie unser dichter liebt, 653 auch ein sprachlich bedenklich
ixelvog statt des epischen nelvog. Eine grössere einlage der
dritten band bildet die erzählung Nestors von den kriegen seiner
Jugend 664 — 761, eingeschaltet in den älteren vers 664/761, so
dass kein wort der vorläge verändert wurde. Die etwas breite
erzählung passt zu der späteren auffassung von Nestor als der
„guten alten chronik'S anch in ^ 262 f. prunkt der alte mit
seinen kämpfen von anno dazumal. Die Epeier, mit denen
Nestor gefochten, sind vom erbreiterer in N und O vor Troja
eingeführt, Herakles, der nach 690 die Pylier schwer geschä-
digt, kommt auch sonst, in 3 250 f. O 640, in der erbreitening
vor, in der älteren Ilias wird er nicht genannt. Nach 750
werden die epeischen '^xtoQicDve MoXiova von Poseidon vor
Nestor gerettet: offenbar ist der gott als ihr vater gedacht,
was in N 185 f. ganz deutlich ausgesprochen ist: dort erlegt
Hektor den Amphimachos, einen söhn des Aktorionen Kteatos
und Poseidon grollt 207 vitiivoio rceaovtog. So ergeben sich
auch in dieser einlage bezüge zu der sonstigen arbeit der er-
breiternden band.
Nicht 80 deutlich verräth sich die gleiche band in 769 —
785, wo das Mevohiog — irthelle der vorläge nicht ohne
anmut weiter ausgeführt wird. In 785 fallt der einleger mit
ifeheXls Mevokiog auf den ausgangspunkt zurück.
Weist man nun dem erbreiterer noch v. .791 oder 793 zu,
so rühren in dem ersten abschnitte des dritten gesanges 11x11
« 121 verse von ihm her, die mit den 12 x 11 = 132 versen
der Yorlage den ganzen abschnitt auf 23 x 11 — 253 verse
bringen.
Der zweite abschnitt des dritten gesangs reicht von dem
ersten verse in M'/^i2g 6 fiev h nXiaiT^iat xvX. bis M 264 und
enthält, ohne dass ein vers der Überlieferung zu streichen wäre
264 ^ 24 X 11 verse; davon gehören 121 = 11 x 11 dem
älteren bestände an, es sind also von dem erbreiterer 13 x 11
= 143 verse hinzugefügt.
Die grösste einlage umfasst 86 — 198. Der inhalt dieses
Stückes stimmt sehr wohl mit anderen partien, die auf den-
selben Verfasser weisen. Die anordnung der Troer in 5 häufen
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8 A. Fick
mit nennung Her (uhrer kehrt in der erbreiterung von 11 beim
ausrücken der Myrmidonen wieder, und die neu eingeführten
befehlshaber der fünf troischen sturmkolonnen in M kommen
alle auch sonst beim erbreiterer vor: Alkathoos in S, Agenor
und Asteropaios in den ihnen gewidmeten episoden in (P, He*
lenos in den kämpfen von N, Asios, der wagen und pferde in
M nicht aufgeben will, wird in JV von Idomeneus vor seinem
gespann erschlagen; ebenso spielt Aineias auch in N, S und P
eine rolle, Akamas kämpft in S, wird in 11 von Meriones, Ar-
chelocbos wird S 464 von Aias erschlagen. Die Lapithen, deren
fürsten Leonteus und Polypoites M 127 f. die thore der mauer
vertheidigen, nannte unser dichter schon in der einlage ^ 262 f.;
Leonteus erschlägt 188 den Hippomachos, einen söhn des Troers
Antimachos; zwei andere söhne desselben mannes lernten wir
schon u4 122 f. kennen.
Wenig geglückt sind die verse 211—215, wodurch Poly-
damas einer empfindlichkeit ausdruck giebt, für die man keinen
vorgängigen grund sieht; dem erbreiterer schwebte wohl ^249 f.
vor, indem er nicht bedachte, dass diese scene sich erst später
abgespielt hat. Auch die grobe erwiderung Hektors 232—5
erklärt sich nur als reminiszenz von S 284 f. , endlich die den
gesang abschliessenden 256 -264 sollen wohl nur die verszahl
47 X 11 = 517 vollmachen.
Der vierte gesang reicht von M 265 bis N 360. Er zer-
fällt in drei grössere abschnitte: in M 265 bis N 7 wird in
15 X 11 Versen die erstürmung der mauer geschildert. Der
schluss dieser partie und der anfang der nächsten fällt im
wesentlichen mit dem ende von M und dem anfange von iV
der jetzigen eintheilung zusammen. Der zweite abschnitt >,wie
Poseidon den Achäern zu hilfe kam" enthält 18 x 11 — 198
verse; er beginnt mit A^ 11 ovd dkaog axonirjv elxe TCQsian^
^voaixd'ofv und schliesst mit dem tode von Poseidons enkel
Amphimachos, der den zorn des gottes noch heftiger entflammt
N 207. Das letzte stück, 14 x 11 = 154 verse stark, N
208—360 lässt sich „Poseidon und die Kreter" betiteln: der
dichter versucht hier die unbezwingliche mannhaftigkeit seiner
lieblingshelden Idomeneua und Meriones sich aussprechen zu
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Die erbreiterung der Menis. 9
lassen, dabei kommt freilieh auch die kretische neigung zur
Prahlerei — ob vom dichter beabsichtigt? — zum Vorschein.
In dem ersten abschnitte M 265 — N 7 ist nur eine
grössere partie auszuscheiden: die 44 verse 331—374, worin
Aias und Teukros dem Athener Menestheus auf sein ersuchen
zum beistände herbeieilen. Das stück rührt von der jüngsten,
attischen redaktion der Ilias her und zeigt dementsprechend
schwere Verstösse gegen die altepische spräche: 333 emt^' Xdoivo^
337 ß(6aav%i^ 339 %Qvq>aXH(Sv, 340 xat TtvliwVy 341 nsiQWVxo
(347 ^axqtieig't) Auch 367 otQvvetcov lq>i wird man bei dieser
Sachlage nicht ändern wollen. Übrigens ist auch die Vor-
stellung von der vertheilung der „thürme** jtvqyot der mauer
an einzelne führer nur dieser stelle eigen.
Die überflüssigen verse 283 — 4 werden durch die Sprach-
fehler ha%evv%a und dxtaig als jüngster zusatz erwiesen, 288
ist ganz leer, nicht minder 438 und 450.
Von den 165 versen, die nach dieser Säuberung für den
ersten abschnitt des vierten gesangs der erbreiterten Menis
übrig bleiben, stammen nur 88 verse von der band des erwei-
terers her, so dass also 77 vom erbreiterer zugesetzt sind.
Diese neuen Zusätze hängen sehr wohl unter sich und mit an-
deren stücken der erbreiterung zusammen: sie dienen der Ver-
herrlichung der beiden Aias und des Teukros, den unser dichter
erst eingeführt hat; auf Glaukos Verwundung durch Teukros
pfeilschuss wird in 11 rücksicht genommen und die letzten
verse N 1 — 7 dienen der Überleitung zum eingreifen Poseidons,
also der einführung eines motivs, das ganz und gar eigenthum
des erbreitemden dichters ist.
In oder vielmehr vor der zweiten partie dieses gesangs
sind nur die beiden überflüssig motivirenden verse N 8 und
9 auszuscheiden, dann besteht der überlieferte umfang genau
aus 18 X 11 — 198 versen, die sämmtlich von unserem
dichter herrühren.
Im letzten, dritten abschnitt ist bloss hinter 274 die an-
rede 249 zu wiederholen, dann erhält man die zahl von 14 x
11 — 1.54 versen, die erfördert wird, um den umfang des
vierten gesangs auf 517 und damit deq des zweiten buchs auf
1034 verse zu bringen.
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10 A. Fick
Drittes buch 902 v.
Der fünfte gesang und damit das dritte buch beginnt mit
^r361 "Ev^a (xBoairtoliog Tteg iiov urL, wodurch die Aristeia des
Idomeneus eingeleitet wird. Ganz ähnlich und vermuthlich
nach diesem vorbilde fängt der fünfte gesang in der durch die
einlegung des Oitos vermehrten fassung und damit die //lOfn^-
dovg agiarela El an: "Ev9^* av nöeidrjL JiOfÄijdei xtI. Der
gesang reicht bis N 834, fällt also mit dem Schlüsse von N
zusammen, der jetzt mit unwesentlicher abweichung drei verse
später (838) gelegt ist, die eben so gut den anfang von 3 bilden
könnten.
Der erste abschnitt des dreigliedrigen gesangs, Idomeneus
vorkampf enthaltend, schliesst mit 525, besteht also aus 15 x
11 = 165 versen. Die hier auftretenden beiden kommen zum
grossen theil auch sonst beim erweiterer vor: Asios, Hyrtakos
söhn, der 384 von Idomeneus erlegt wird, fuhrt beim stürme
auf die mauer einen der fünf gewalthaufen der Troer, er fallt
385 vor seinem gespann, das er in M nicht aufgeben wollte.
Deiphobos, der 402 f. den Asios zu rächen unternimmt, theilt
in M mit ihm und Helenes den befehl über die dritte stürm-
kolonne. Ebenso sind die Troer Alkathoos, Aineias, Agenor
und Oinomaos schon in M eingeführt. Der N 422 genannte
Mekisteus wird O 339 erschlagen , Deipyros der N 478 vor-
kommt, erscheint schon N 92, und über den tod des Ares-
sohnes Askalaphos, mit dem die Aristie der Kreter abschliesst,
erhebt sich 0 110 f. ein stürm im Olymp.
Der zweite abschnitt N 526 — 693 enthält allerlei kampf-
scenen, bei denen besonders Meriones, ein liebling des erbrei-
terers betheiligt ist. Die Wiederkehr der gleichen namen be-
weist die abfassung durch denselben dichter: die Troer Thoon,
Adamas der Asiade, Oinomaos, Helenes und Agenor werden
auch beim stürm auf die mauer in M genannt, der Priamide
Polites kommt auch in 0 vor. Ebenso kennen wir den Mene-
stheus schon aus N 195 und begegnen ihm wieder in O, wie
auch dem Stichios, Meges und Medon. An umfang ist diese
partie genau der ersten gleich: sie enthält wie diese 15 x 11
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Die erbreitemmg der Menis. It
= 165 verse, sobald man einige wenige jedenfalls überflüssige
Zeilen als einschiebsei ausmerzt. Zunächst die übelberüchtigten
658—9, wo Pylaimenes trauernd der leiche seines sohnes folgt,
während doch in E sein tod von Menelaos band berichtet wird.
Daraus folgt doch fast mit gewissheit, dass der einleger des
Oitos die fraglichen verse nicht gelesen hat, und somit brauchen
wir sie auch nicht zu lesen, umsomehr als nichts an ihnen ver-
loren ist und TcoivT^ 659 in einem etwas absonderlichen sinne
gebraucht wird vgl. Hentze-Ameis zu d. St. — Der ab-
schliessende Standvers log o*l fih ^aqvotvto xzX. ist 673 wenig
passend, weil hier ein grösserer einschnitt nicht vorliegt: es soll
überflüssiger weise dadurch markirt werden, dass Hektor, von
dem in den vorhergehenden kämpfen nicht die rede war, in
der nächsten schlachtscene wieder thätig eingreift. — Endlich
sind noch 7 verse am Schlüsse des ganzen abschnitts zu streichen
693 — 760, weil sie absolut nichts neues bieten. 694 — 7 sind
aus O 333—6 einfach wiederholt, auch auf die personalien des
Podarkes in 698 — B 705 (schiffskatalog) wird man gern ver-
zichten, weil dieser mann ausserdem in der Uias gar nicht
vorkommt, endlich 699 — 700 wiederholen den sinn von 693.
Das letzte drittel des fünften gesangs schildert die erneue-
rung des kampfes durch Aias und Hektor. Hier gilt es nur
den allgemein verurtheilten v. 731 und den ebenso unpassen-
den, aus M 81 hierher gerathenen 749 — vgl. Hentze zu d. st. —
zu tilgen ; nach ausscheidung dieser beiden eindringlinge enthält
der abschnitt 12 x 11 » 132 verse. Der Zusammenhang mit
der sonstigen arbeit des erbreiterers erhellt besonders 770 f.,
wo auf Rektors frage von Paris über den verbleib der von
unserem dichter eingeführten, in den vorigen kämpfen verwun-
deten und gefallenen beiden Deiphobos, Helenes, Adamas, Asios
und Othryoneus auskunft ertheilt wird. Von dem neuen nach-
schub troischer mannen und bundesgenossen werden zwei in 3
umgebracht: Phalkes wird ^513 von Antilochos, Morys 3 514
von Meriones erlegt.
Die gesammtzahl der verse des fünften buches beträgt
42 X 11 — 462 verse; die starre regel, die wir oben als mass-
gebend voraussetzten, würde 41x11=451 verlangen: ein
Widerspruch zwischen theorie und pr$xis, der hier vorläufig als
solcher anerkannt werden muss,
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12 A. Fick
6.
Die nächstfolgende partie N 835 bis S 439 lässt sich ohne
alle nnihe zu einem sechsten gesange zusammenschliessen , der
dann in drei deutlich gesonderte theile zerfallt.
N 835 bis S 152 hält Nestor rath mit den verwundeten
fürsten: der dichter versucht hier in einer art seelengemälde
die verschiedene Stimmung der beiden zu schildern. Agaroem-
nons schuld bewusste Verzagtheit wird vom staatsklugen Odysseus
gestraft und tritt in scharfen gegensatz zu Diomedes freudigem
kampfesmuth; auf sein anrathen begeben sich die fürsten in die
Schlacht, und so sehen wir sie denn 380 die Schlacht ordnen
und Nestor 0 370 vater Zeus um rettung anflehen. Der ab-
schnitt enthält 14 x 11 => 154 verse, sobald man nur einen
vers tilgt, sei es v. 70, oder vielleicht noch besser 65 = P 173,
der schon von den alten beanstandet ist.
S 153 bis 351 wird vom erbreiterer das zweite haupt-
motiv seiner zudichtung, Zeus bethörung durch Hera, eingeführt.
Der abschnitt enthält 18x11 = 198 verse, man braucht nur
269 zu streichen, der in den besten handschriften fehlt und un-
passender weise aus 276 wiederholt ist.
Auf die künde von Zeus bethörung erhält Poseidon freie
band, oflFen für die Achäer einzutreten: die Troer werden zu-
rückgedrängt und, worauf alles ankommt, Hektor ausser kämpf
gesetzt. Die 8 X 11 = 88 verse dieses inhalts, 352 bis 439
sind von jeder interpolation frei.
Die 440 verse des sechsten buches ergeben mit den 462
des fünften, wofür nach dem obigen Schema 451 und 451 zu
erwarten waren, für das dritte buch die erforderte summe von
902 versen.
Viertes buch 902 v.
7.
Die verse von E 440 bis 0 404 lassen sich leicht zu einem
siebenten gesange der erbreiterten Menis gestalten. Von der
ganzen masse gehören nur 0 390 — 404 der erweiterung an,
alles andere, wohl in sich und mit dem vorhergehenden und
nachfolgenden zusammenhängend, rührt von unserem nach-
dichter hen
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Die erbreiterung der Menis. 13
Das ganze zerfällt in drei abschnitte: den angelpunkt des
ersten, der von S 440 bis O 77 reicht, bildet Zeus erwachen
O 4 in dem kritischen momente, den die vorhergehenden verse
schildern. Der umfang des Stückes beträgt 13 X H ^ 143
verse, sobald man einige verdächtige verse streicht: O 11 wird
uns Hektor blut speiend alfi ifiiuiv (j^efiectßl) vorgeführt, aber nach
3 437 7^laiv€q>ig alfi ißifAaaae (so ist statt alfi dni/deaae zu
lesen) war das mit einem male abgemacht, im übrigen war er
bloss ohnmächtig. — Die „bestraf ung Heras" O 18—32 ist schon
von Zenodot mit richtigem takte gestrichen: Zrjvod&cog ovöi
SXußg vrjv %6laaiv trjg '*Hqag y((d(pu Schol. A , sie ist auch mit
mehreren sprachlichen Verstössen belastet. Jedenfalls genügt
die drohung mit schlagen in v. 17.
In O 78 bis 217 wird gezeigt, wie Zeus, um den kämpf
nach seinem willen wieder herzustellen, Poseidon nöthigt, die
Schlacht zu verlassen. Der abschnitt enthält 12 X 11 = 132
verse; zu streichen sind nur 166—7 ,,dx^evovvtaL asterisci,
oQi^wg 182 — 3" Laroche und die schlussverse 212 — 7 mit ihrer
lahmen drohung, der erwähnung von Hermes und Hephaistos
unter den feinden der Troer, offenbar mit rücksicht auf die
ganz junge einlage des götterkampfes in Y, und mit dem
Sprachfehler ^Egf^etuß für ^Eq^idaQ.
In dem letzten drittel des gesangs, O 218 — 404 wird Hektor
von ApoUon geheilt und stellt mit des gottes hülfe, beides auf
Zeus geheiss, die schlacht wieder zu gunsten der Troer her.
Es braucht in diesem abschnitte kein einziger vers gestrichen
zu werden: die 187 = 17 x 11 überlieferten verse ergeben
mit den 13 + 12 x 11 — 25 X 11 versen der beiden ersten
abschnitte 42 x 11 » 462 verse, also genau den gleichen
umfang des fünften buchs, wodurch die abnormität dieser zahl
schon zu schwinden beginnt; später wird sich die ab weichung
noch mehr als beabsichtigt herausstellen.
8.
O 599 bezeichnet Zeus den brand eines der achäischen
schiffe als das nächste ziel der von ihm geleiteten schlacht, der
dann zugleich zum Wendepunkt des ganzen kampfes der beiden
Völker werden solle. Sonach dürfen wir den schiffsbrand in
77 123 als endpunkt des nächsten, achten gesangs der erbrei-
terung ansehen.
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14 A. Fick
Der 80 gewonnene umfeuüig desselben O 405 bis il 123
enthält aus der Urmenis und der ersten, erweiternden bear-
beitung nur die verse 0 40d bis 418, 592 — 5 und die ganze
partie 17 1 bis 123. Alles übrige stammt von der dritten band,
unserem erbreiterer: er ist es also, den die xenie unserer Dios-
kuren rufen lässt »^ich, ich sang den kämpf bei den schiffen'S
denn dieser bildet den inhalt des ganzen gesangs ausser Pa-
troklos bitte in iL Der umfang beträgt 440 verse, wobei nur
weniges auszuscheiden ist 614 ist Athene unpassend als subject
von inakQvva 613 eingeschoben: gemeint ist ursprünglich Zeus,
wie in 610 — 613, die zu tilgen kein grund ist; ferner streiche
man 11 21 die überflüssige anrede (IlrjXiog vii) und v. 60—79,
die schon in vf. Ilias hingerichtet sind. ""Die sich so ergebenden
40 X 11 = 440 verse, die gleiche zahl wie im sechsten ge-
sang, sind bei HO (O 514) 154 (O 558) 187 (O 591) 253
(0 658) 297 (0 702) 341 (0 746 ende von O) 385 (H 45),
418 (JI 100) und 429 (H 111), also nach 10, 14, 17, 23, 27,
31, 35, 38 und 39 X 11 stärker eingeschnitten: die elf zahl
tritt also noch deutlich als Strophen bildend hervor.
Die 440 des achten gesangs geben mit den 462 des sie-
benten zusammen für das vierte buch der erbreiterten Monis
den geforderten umfang von 902 versen. Ebenso setzte sich,
wie wir oben sahen, für das dritte buch die zahl 902 aus den-
selben verszahlen des fünften und sechsten gesangs, nämlich
462 und 440 zusammen.
Fünftes buch 902 v.
9.
Mit dem ersten gesange des fünften buches, also dem
neunten bei Zählung der gesänge, beginnt die zweite hälfte des
ganzen in der fassung des erbreiterers , wenn dieser wirklich
den umfang der ersten bearbeitung, der erweiterung, verdoppelt
hat. Nicht ungeschickt ist der schiffsbrand genau in die mitte
der ganzen dichtung gestellt, wird doch auch sonst auf ihn als
den Wendepunkt des kampfes hingewiesen. Bei der bedeutung,
die Zeus der hingäbe seines sohnes Sarpedon beilegt, kann es
nicht befremden, wenn die einleitung zu dem kämpfe um den
leichnam des beiden als endpunkt eines gesangs, des neunten
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Die erbreiteruD^ der Menis. 15
der erbreiterang benutzt wird, der demnach mit JT 568 ab-
schliessen würde. In dem räume 17 124 bis 568 rühren von
der dritten band 234 verse her, die meistens kennzeichen dieses
Ursprungs zeigen. 168 — 211 werden uns die Myrmidonen vor-
geführt, getheilt in fünf heerhaufen, deren führer genannt
werden, genau wie unser dichter in M fünf sturmkolonnen der
Troer gegen die mauer der Achäer anrücken lässt. Einen der
80 eingeführten häuptlinge der Myrmidonen, den alten Phönix,
verwendet derselbe noch weiter P 555. Die anspräche Achills
an seine mannen nimmt deutlich bezug auf den vom erbreiterer
eingeführten mehrtägigen Zeitraum zwischen dem hader der
beiden und Thetis bitte, und der rede Achills entspricht die
des Patroklos 268 f. , das vorhergehende gleichnis von den
wespen ist jedenfalls im geschmacke unseres dichters.
An den „ mordgeschichten '* 297 — 376 sind meistens die
beiden betheiligt, die erst von der dritten band eingeführt sind :
Meges, der Nestoride Thrasymedes (auch P 705) der Böoter
Peneleos (auch in Ny S und P) Idomeneus und Meriones. Die
beiden gleichnisse, womit die mordscenen eingeleitet werden und
abschliessen, sind wenig glücklich gewählt, verrathen aber jeden-
falls den gleichen geschmack. Noch weniger geglückt ist die
vergleichung der wiehernd rennenden pferde der Troer mit den
zur herbstzeit rauschend fliessenden strömen 384 — 393.
In dem einschub 399 — 418 werden einige von Patroklos
getödtete Lykier namhaft gemacht in ausfuhrung der worte
wg Id' dfUTQOxit^iovag haiQovg %tX. in der älteren fassung.
Die verse 431— -457 sind ganz im geschmacke des erbrei-
terers, der es auch sonst liebt, die nächstfolgenden Vorgänge
umständlich vorher zu verkündigen, ohne zu bemerken, wie
sehr er dadurch das interesse an seiner erzählung beeinträch-
tigt In dem hinweis der Hera auf die söhne anderer götter
in beiden beeren liegt auch wohl eine hindeutung auf den söhn
des Ares, Askalaphos, von dem in S und 0 die rede war. Die
einlage ist ganz geschickt in den vers der älteren fassung: %dv
de idcüv iliijae \ natijQ dvdQÜv te &bwv ts 430/57 eingeklemmt.
In V. 509—530 heilt Apollon die wunde des Glaukos, die ihm
der dichter beim mauerkampfe durch Teukros beibringen Hess:
also deutlicher bezug auf eine frühere partie der erbreiterung.
In V. 536—7 hat unser poet zwei seiner leute, den Agenor
und Aineias in den alten vers 535/36 novXvddfiarv mt Ilav-
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16 A. Fick
d'dtdriv I %B Y.al *jBxropa[^rov eingeschwärzt ; endlich in 555 — 568
fordert Patroklos zum kämpfe um Sarpedous leicbe auf, mit
dessen einleitung der gesang schliesst.
Der gesang enthält 440 verse, also ebenso viele, wie der
sechste und achte, wenn man wenige unnütze verse streicht:
248, wo Achill offenbar zu viel verlangt, 261 — 2, deren erster
schon von den alten athetirt ist : dd'eteitai, i^&iTei nat l^giaTo-
qxivrig Didymus bei Laroche; den zweiten wird man gern mit
dran geben. 381 = 866 fehlt in den meisten und besten hs.»
V. 531 ist ein überflüssiger zusatz.
Die innere gliederung des gesangs, ist, wenn man das
flickwerk bedenkt, durchsichtig genug: Patroklos entsendung
wird in 12 x 11, der erste angriff in 9 x 11, die niederlage
der Troer in 9 x 11, endlich Sarpedons tod in 10 X 11
versen berichtet.
10.
Der zehnte gesang der erbreiterten Menis beginnt il 569
mit dem kämpfe um Sarpedons leiche und schliesst P 182 mit
der einleitung des kampfes um den todten Patroklos, wie der
neunte gesang mit der Vorbereitung zu dem kämpfe um Sar-
pedon schloss.
Von der band des erbreiterers rühren im ganzen 286 verse
her, die zumeist ihren Ursprung nicht verleugnen. In der
partie 569 — 632 fallen zwei Myrmidonen, der söhn eines Aga-
klees und ein Bathyklees : die beiden namen stimmen im schluds-
theil zu dem des Echeklees im Myrmidonen Verzeichnis II 189.
Weiterhin kämpfen Meriones und Aineias mit einander, Me-
riones auch hier der kretische prahlhans wie in N. Das buko-
lische gleichnis il 641 f. von den sumsenden fliegen im hirten-
Stadel hat unser poet ganz ähnlich £469 f. verwendet; die drei
verse sind in den älteren 641/644 eingeschaltet, Stichwort ist
692 — 7 erschlägt Patroklos neun namhaft gemachte Troer:
das stimmt zu 783 — 6 wo ihn der dichter bei seinen letzten
drei ausfällen drei mal neun namenlose Troer erlegen lässt.
In der alten Menis betäubt ApoUon den Patroklos durch
einen unsichtbar geführten schlag, etwa wie die Alben im deutr
sehen götterglauben : unser nachdichter hat den Vorgang in der
einlage 792 bis 803 sehr vergröbert dargestellt Ein grund,
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Die erbreiteroog der Menis. 17
ihm die allerdings wenig schön gedachten verse abzusprechen,
ist nicht abzusehen, auch beziehen sich 799, 800 auf Hektors
anlegung von Patroklos waffen in P, die gewiss vom erbreiterer
herrührt.
V. 806 — 816 handeln von der beiheiligung des Euphorbos
an Hektors erlegung, einer figur, die der bearbeiier geschaffen
hat, um Menelaos vorkampf in P daran zu knüpfen. Ver-
schönert ist freilich die alte dichtung durch diese neuemng
Menelaos vorkampf in P 1 — 182 rührt ganz vom erbreiterer
her. Menelaos wird hier mit einer gewissen Zärtlichkeit be*
handelt, der dichter zeichnet ihn 679 sogar durch die trau*
liehe anrede aus, die mit viel triftigerem gründe die alte Menis
dem Patroklos gewährt hat In v. 24 bezieht sich Menelaos
auf seine erlegung des Hypsenor in S 516 >), der wie aus 34 f.
erhellt, als dritter Panthoide und bruder des Euphorbos zu
denken ist.
Von JT 569 bis P 182 sind in der jetzigen fassung 481 verse.
Um die verszahl der gesänge 5 und 7, nämlich 462 zu gewinnen
bedarf es nur einer grösseren ausscheidung: die verse /7 698
—711 enthalten eine sehr grobe Übertreibung, die selbst unserem
poeten nicht zuzutrauen ist; darnach hätte Patroklos kurz vor
seinem ende so ganz bei wegelang Troja erstürmt, wenn ApoUon
ihm persönlich entgegentretend ihn nicht von der mauer zu-
rückgestossen hätte. Sprachlich ist die stelle fast nur ein
blosser Gento s. Hentzes nachweis im anhang.
V. 614 — ^5 nach 613 unmöglich, fehlen in den besten hs.,
ebenso 689 — 90, die aus P 177 — 8 eingedrungen sind. Endlich
streichen wir noch 865, der jedenfalls ganz müssig ist, da uns
Automedon als knappe Achills hinlänglich bekannt ist.
Die gliederung des so gewonnenen gesangs von 42 x 11
- 462 versen ist recht durchsichtig: il 569—692 — 11 x 11
verse, drehen sich um Sarpedons leiche^ die 14 x 11 ss 154
verse 17 694—861 handeln von Patroklos tod, auf il 862 bis
P 105 geht im engeren sinne der titel von P: Meyeldov aQiatuay
endlich in den 7 x 11 = 77 v. P 106—182 wird der grosse
l^ampf um Patroklos leichnam vorbereitet, der den inhalt des
nächsten, elften gesanges bildet
') Lies Uav^oov vUv statt noifiiva XatSv^
^«tttlgt s. Imd» d. iBdg. ipIMlMI. IXVl.
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18 A. Fick
Sechstes buch 902 verse.
11.
Der haupteinschnitt in dem verlaufe des kampfes um Pa-
troklos leiche liegt P 625, wo Idomeneus die Schlacht verlässt,
Antilochos zu Achill entsendet wird, und der rückzug der
Achäer mit der geretteten leiche des helden beginnt Setzen
wir hierhin das ende des elften gesangs der erbreiterten Menis,
so erhalten wir von P 183 bis 625 für diesen 443, die sich leicht
auf 440, die verszahl des 6, 8 und 9 gesangs bringen lassen,
wenn wir die drei v. 216—8, deren namen zum theil aus dem
Troerkatalog entnommen scheinen, nach anderer Yorgang be-
seitigen d. h. einer noch jüngeren als der dritten hand zuweisen.
Die so gewonnenen 440 = 40 x 11 verse gliedern sich
in zwei hauptstücke: mit P 394 ist nach 198 = 18 x 11
versen der höhepunkt des kampfes erreicht, der sich von da
ab bis zum Schlüsse des gesangs in 22 x 11 « 242 versen
allmälig mehr und mehr in einzelkämpfe auflöst.
Das erste hauptstück zerfällt wieder in zwei ungleiche
hälften, indem v. 183 bis 273, also 8 x 11 — 88 verse die
Vorbereitung zu dem gesammtkampfe, der mit äaav di uQoteQoi
TQüßeg Utk. 274 beginnt, erst zum abschlusse bringen.
Ueber den dichterischen werth der in diesem gesange ver-
wendeten motive zu urtheilen ist hier nicht der ort, jedenfalls
hängen alle theile sehr wohl zusammen, insbesondere passt
Rektors anlegung der waffen Achills, die so vielfach beanstandet
ist, recht gut in den ersten abschnitt der 88 x 11 verse, die
sich darnach auch „Sammlung und rüstung zum kämpfe" be-
titeln Hessen.
12.
Als zwölfter gesang der erbreiterten Menis lassen sich die
verse von P 626 bis 2 369 zusammenfassen, welche die ereig-
nisse von der rettung der leiche Patroklos bis zur aukunft der
Thetis beim Hephaistos behandeln. Am Schlüsse dieses so um-
schriebenen abschnitts sind zunächst S 354 — 368 zu streichen
„über deren unhaltbarkeit kaum ein zweifei besteht^' Hentze
im anhang s. 118. Noch gewisser ist die ganz späte einschie-
bung des Nereidenverzeichnisses S 39 — 49. Ferner sind P 658
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Die erbreiterung der Menis. 19
—665 auszuscheiden, die mit geringen änderungen aus A 548
—555 herfibergenommen sind. 2 219 — 221 verrathen sich als
einlage jüngster band durch die erwähnung der trompete, sprach-
lich durch den ionischen genetiv 9vfiO(iaioTe<Sv. 2 2ö9 — ^260
beziehen sich auf die einlegung des Oitos, welcEia der erbreiterer
nicht kennt Streichen wir nun noch die drei verse S 300 —
302, worin sich sonderbare kommunistische gelüste aussprechen,
und 2 1, wodurch der neue gesangsanÜEing markirt wird, so er-
halten wir für unseren zwölften gesang 462 » 42 x 11, also die*
selbe zahl, wie für den siebenten, neunten und zehnten gesang.
Von diesen gehören dem erbreiterer P 626 — 761, wie P über-
haupt, femer 2 105 — 6 und 117—125 mit der erwähnung des
Herakles, den erst die dritte band in die Ilias eingeführt hat.
Der Inhalt ist durchsichtig angeordnet: P 626—754 wird
Antilochos entsendung und der rückzug det Achäer mit Pa--
troklos leiche in 121 » 11 x 11 versen berichtet, P 755 bis
2 147 handeln 143 — 13 X 11 verse von Antilochos botschaft
und Thetis Zuspruch, die glückliche ankunfk der leiche melden
2 148 bis 239 88 r= 8 x 11 verse, endlich enthalten sechs
Strophen = 66 verse Hektors schlimmen rath 2 239 — ^296, und
44 := 4 X 11 verse 2 297 — 353 die klage um Patroklos.
Siebentes buch 1034 verse.
13.
Zunächst hat der erbreiterer die ihm vorliegende üassung
der erweiterten Monis einfach herübergenommen: in den 396
= 36 X 11 versen, die wir o. 24 s. 53 f. in 2 369 bis 0 135
der erweiterung zuwiesen, findet sich nichts, was vernünftiger
weise der dritten band zuzuschreiben wäre. Dagegen hat der
erbreiterer die Asteropaiosepisode <P 136 — 226 zugesetzt: Aste-
ropaios wird von ihm M 102 neben den Lykiem Sarpedon und
Glaukos als einer der fuhrer der troischen bundesgenossen ge-
nannt, in P 351 f. als fürst der Päoner bezeichnet, offenbar in
Vorbereitung zu der grösseren rolle, die ihm vom dichter zuge-
dacht war. Die dem Päonerhelden gewidmete episode in <P
umfasst 88 — 8 X 11 verse, sobald man wenige kleine ein-
schiebsei beseitigt: 136 — 7 beziehen sich deutlich auf den kämpf
2*
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20 A. Fick
des fiussgottes mit Achill, müssen also nothweiidig fallen, 158
:= B 849 fehlt in den besten hs. und ist offenbar aus dem
Troerkatalog eingedrungen.
Auf V. <P 227, der aufs schönste zum vorhergehenden passt,
sobald man den kämpf mit dem flussgotte ausscheidet, der ganz
gewiss nicht unserem dichter zur last fällt, folgte bei diesem
unmittelbar 515 und somit eine parthie, welche die Agenor-
episode einleiten soll. Sie besteht aus 22 versen, wenn man
die acht 515—525 ausscheidet, die sich auf den götterkampf
beziehen, an dem unser erbreiterer unschuldig ist Die 110 =
10 X 11 von der dritten band zugesetzten verse ergeben mit
den 396 der erweiterung für den dreizehnten gesang einen
umfang von 506 versen, während nach unserer obigen Voraus-
setzung 517 herauskommen müssten: ein geringer Widerspruch
g^en die theorie, der sich sogleich noch mehr verringern wird.
14.
Das ende des vierzehnten gesangs der erbreiterung fällt
mit dem Schlüsse von X zusammen. Von unserem dichter
rühren zwei grössere einlagen her. Zunächst die Agenorepisode,
die von <P 544 bis X 20 reicht und, ohne alle einschiebsei
überliefert, 88 d. i. 8 X 11 verse enthält. Der held der epi-
sode, in der ein „retardierendes moment*' nicht ohne geschick
behandelt wird, der Antenoride Agenor wird auch an anderen
stellen der erbreiterung mit auszeichnung genannt: M 93 fuhrt
er mit Paris und Alkathoos den zweiten Sturmhaufen der Troer,
auch in NEOII ist von ihm die rede.
Mit der klage um Hektor X 405 bis 515 schliesst der
dichter seine bearbeitung mit dem versuche eines seelengemäldea
ab, das ihm freilich nicht voll gelungen ist, doch steht es trotz
einiger fehlgriffe höher als der versuch in S die Stimmung der
Achäerfursten darzustellen. Die einlage enthält genau 110 »
10 X 11 verse, so dass die Agenorepisode hinzugerechnet vom
erbreiterer 198 — 18x11 verse herrühren. Diese zu den
330 "» 30 X 11 zugerechnet, erhält man für den 14 gesang
528 verse. Auch hier hätte man 517 erwartet, doch ist der
umfang des siebenten buchs jedenfalls gerettet, denn die 50(>
verse des dreizehnten zu den 528 des vierzehnten gesanges geben
für das siebente buch die durch unsere Voraussetzung geforderte
verszahl, nämlich 1034.
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Die erbreitening der Menis. 21
Achtes buch 1034 verse.
15.
Der fünfzehnte gesang der erbreiterten Menis fällt mit dem
siebenten der erweiterung zusammen. Nur die ersten worte
von V 1 '*iig o2 fiiv at^yäxovto xonra Tczohv rühren vom er-
breiterer her, der den vers, womit sein Vorgänger den siebenten
gesang seiner arbeit einleitete ^^iig tov fiiv xeKonto xa^ oTtav^
{avvaQ ^^xaim X 405) V 1 spaltete, lun die 110 verse seiner
klage einzufügen.
Ausserdem ist in V^ 113 und 124 Meriones, ein liebling
des erbreiterers^ der in der erweiterung nicht vorkommt, für
einen anderen namen eingeschwärzt. 0. 24, s. 3 wurde ver-
muthet, dass hier ursprünglich Automedon genannt war, jeden-
falls war dieser, als Achills knappe und Patroklos freund „der
nächste dazu."
16.
Endlich der sechzehnte gesang der erbreitening fällt mit dem
achten des erweiterers, in dem o. 24, s. 78 f. ihm zugewiesenen
umfang vollständig zusammen; es ist wenigstens irgend welche
spur der dritten band hier nicht nachzuweisen.
Wie oben 24, s. 62 £ gezeigt wurde, enthalten der 7 und
8 gesang der erweiterung je 517 verse, genügen also dem für
das achte buch und den 15. und 16. gesang der erbreiterten
Menis geforderten umfange.
Sehen wir zum Schlüsse nach, wie weit sich unsere Voraus-
setzung bewährt hat. Wir verlangten, dass die erbreitening in
genauer Verdoppelung der verszahlen der erweiterten Menis sich
in acht „bficher" zu 1034, 1034; 902, 902; 902, 902; 1034,
1034 müsse einrahmen lassen, und dass jedes dieser bücher
wieder in zwei gleiche hälften oder „gesänge'' zu zerlegen seien,
so dass sich also 16 gesänge bilden liessen, die der reihe nach
517 517, 517 517; 451 451; 451 451; 451 451; 451451; 517
517; 517 517 verse enthielten.
Die erste der beiden forderungen ist genau und unbedingt
erfüllt, wie unsere vorstehende gliederung der gesammten zweiten
Bearbeitung nach den acht büchem von dem geforderten um-
fange vor die äugen fuhrt. Dagegen finden sich in der abzäh-
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22 A. Fick
lung der sechszehn gesänge eine abweichung von dem voraasge-
setzten schema. Die acht inneren gesänge, also 5 — 12, zeigen statt
achtmaliger Wiederholung der verszahl 451, als der gleichen hal-
birung der buchverszahl 902, yielmehr, wie oben gezeigt, die Zahlen-
reihe 462 440, 462 440; 440 462, 440 462. Diese anordnung
entspricht allerdings nicht ganz der streng durchgeführten Ver-
doppelung der inneren vier gesänge der erweiterung, sie zeigt
aber in sich so viel regelmässigkeit, dass wir hier wohl plan
und absieht des erbreiterers erkennen dürfen, der mit bewusst-
sein das schema 41xll + 41x H zuerst zweimal durch 42
X 11 und 40 X 11, und darauf zweimal durch die umkehrung
40 X 11 und 42 X 11 ersetzte. Leichte abweichungen von
der starren regel finden sich auch sonst im zahlenaufbau der
epen angewandt
Ein zweiter Widerspruch gegen das vorausberechnete schema
findet sich in den verszahlen des 13 und 14 gesangs. Statt
der zerfällung der buchverszahl 1034 in die gleichen hälften
517 und 517, finden wir hier für den dreizehnten gesang 506,
für den vierzehnten 528 verse, also die regelwidrige Versetzung
einer einzigen Strophe, eine minimale abweichung, die sich wohl
wie in 5 bis 12 aus dem bestreben erklärt gerade Strophen-
zahlen, 42 und 40, 48 und 46 an die stelle der ungeraden 41
und 47 zu setzen, wenn auch die genaue halbirung des buch-
umfangs darüber verloren ging.
2. Die einlegung des „Oitoa"' in die Menis.
Dass in B bis ^ 77 der Ilias eine dichtung eingelegt ist,
die ursprünglich mit der Menis gar nichts zu thun hatte, scheint
mir keines beweises zu bedürfen, vgl. vf. Ilias s. 236 f. Ebenso
sicher ist, dass in dem angegebenen räume die einlage selbst, der
„Olrog 7^'ot;" von der einlegenden band durchaus zu unter-
scheiden ist: die reihe glänzender scenen von „Agamemnon»
Versuchung" an bis zum Zweikampfe Hektors und Aias hebt
sich scharf ab von dem poetisch ziemlich werthlosen kitt, der
diese scenen mit einander und der erbreiterten Menis verbindet^
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Die einlegung des „Oitos^^ in die Menis. 23
80 dass man oft unwillkürlich an das bild vom ochsen und
Pegasos in einem joche erinnert wird. In yf. Ilias wurde der
yersuch gemacht, die alte herrliche dichtung von „Ilios ge*
schick*' aus dem minderwertigen füllwerk des einlegers heraus-
zuarbeiten: hier beschäftigt uns eine andere aufgäbe.
0. 24, s. 3 wurde die vermuthung ausgesprochen, dass der
einleger des Oitos den umfang seiner yorUge, d. h. der erbrei-
terten Menis um die hälfte yermehrt, also dem bestände der
erbreiteruog yon 7744 yersen 3872 yerse zugesetzt habe. Diese
art der yermehrung ist yon yomherein als möglich zuzugeben,
weil die erbreiterte Menis nach unserer obigen darstellung deut-
lich in zwei gleiche hälften zerfiel: 4 bücher oder 8 gesänge
yor und ebenso yiel nach dem schiSsbrande, jede dieser hälften
enthielt demnach 3872 yerse. Falls die yermehrung um diese
zahl yon dem einleger in derselben weise yorgenommen ist, wie
sie yon der zweiten und dritten band ausgeführt wurde, so
müsste nach der einlegung des Oitos das so yerstärkte gedieht
auch in der zahl der bücher und gesänge gegen die erbreite-
rung um die hälfte gewachsen sein, also statt aus 8 büchem
und 16 gesängen jetzt aus 12 büchem und 24 gesängen be-
standen haben, oder doch in diese anordnung sich einrahmen
lassen, und zwar müssten den neu hinzutretenden büchern und
gesängen die gleichen yerszablen wie in der erbreiterung, näm-
lich 902 bis 1034 für das buch und 440 bis 517 für den ge-
sang ungezwungen zugewiesen werden können. Sehen wir nun,
wie weit sich diese yoraussetzung bewähren lässt.
Erstes buch 1034 y.
1.
Der erste gesang ist unyerändert aus der erbreiterung
herübergenommen ; wie oben nachgewiesen, li^t er ganz in A
und enthält 517 yerse.
2.
Der zweite gesang in der durch die einlegung des Oitos
yermehrten form der dichtung ist aus jB herzustellen, sobald
man den scbiSskatalog 484—779 und das Troeryerzeiohnis 816
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24 A. Fick
bis 877 abzieht Diese 358 ab von den 877 in B bleiben 519
yerse; streicht man noch weiter die beiden sprachlich unmög-
lichen JB 206 (tnx aq>taL ßaaikeirii NB.) und 224 (avTOQ 6
(iiax^ä ßofSv) so gewinnt man als yerszahl 517, und damit för
das erste buch 1034.
Die einwirkung einer jüngeren band zeigen B 360—8 und
803—6, die ganz so aussehen» als sollten sie die Boeotie und
den Troerkatalog Yorbereiten, aber die zahl der yerse ist richtig,
es hat also bloss eine Umgestaltung einer gleichen zahl von
yersen stattgefunden.
Zweites buch 968 y.
3.
Der dritte gesang wird durch F gebildet. Von dem gegen-
wärtigen bestände der 461 verse sind nur wenige auszuscheiden.
Zunächst das gleichnis 10—14, das schon durch die sprach-
lichen Verstösse evr OQeog oder ^Ür' oQsog 10 und äfielvta 11
als jüngstes einschiebsei erwiesen wird. 144 „a^arfilircrt Ari-
stonicus^' ist eine attische fälschung, um die Aithra, die mutter
des Theseus anzubringen. 224 ist nicht nur müssig, sondern
auch mit zwei fehlem in äyaaaäfi€&^ ädog Idorveg (fBidog
fiöovteg) behaftet. Der überflüssige v. 263 ist schon durch
Sxaiwv für Sxauxiov genügend gerichtet 453 — 4 enthalten das
übel gebildete hcev&avov^ da die verba auf -arw sich durchweg
an den zweiten aorist anschliessen, und den Verstoss gegen das
vau in eY Tig Xdoiro; dazu sind die beiden verse nicht bloss
müssig sondern auch dem inhalte nach bedenklich, da Paris ja
durch seinen reichthum in Troja grossen anhang hatte.
Nach abzug dieser 10 verse gewinnen wir für den dritten
gesang des einlegers den auch sonst so beliebten umfang von
451 d. i. 41 X 11 versen.
4.
Der vierte gesang der durch den Oitos vermehrten fassung
fallt nach vornähme einer kleinen Säuberung mit J der jetzigen
Uias zusammen.
Von J 55 — 6 heisst es bei Aristonikos ^^dd-erouvtai** sie
sind in der that unhaltbar. 117 an sich nicht übel enthält den
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Die einlegung des ,yOito8'* in die Menis. 25
fehler fi$lcuvA9p für -raorr und wftr schon den alten verdächtig:
y^a&nehai Anstonicns.'* Dasselbe bezeugt derselbe von 140
und 149, die neben dem das gleiche besagenden gleichnisse
141—147 unnöthig sind. 196—7 sind aus 206—7, wie die
alten richtig bemerkten, bloss wiederholt, endlich die 19 verse
232 — ^250 bilden einen sehr unschönen einschub in den vers
232 — 51 der vorläge, der das Interesse an der folgenden im-
ndlrjüig sehr beeinträchtigt, wenn nicht gar geradezu aufhebt
Dazu kommen sprachliche fehler s. v£ Uias.
Hiemach bleiben von den 544 versen in J fiir den vierten
gesang der neuen fassung 517 verse wie in 1 und 2, und diese
zu den 451 versen des 3. gesangs ergeben für das zweite buch
968, d. h. genau ein viertel des nach unserer annähme durch
die einlegung geschehenen Zuwachses.
Das dritte buch 902 v.
der vierten fassung fällt mit E der Ilias, Diomedes vorkampf,
durchaus zusammen: man braucht nur von den 909 versen in
E die hierunter bezeichneten auch sonst verdächtigen oder un-
möglichen verse zu streichen«
Der erste gesang von buch III, also gesang
5
unserer redaction reicht von E 1 bis 453, wo Ares in die
Schlacht eingreift, und damit ein neuer göttorkampf eingeleitet
wird. Um die reine halbierung der buchverszahl 902 und
damit den so beliebten umfang von 451 versen zu gewinnen
braucht man nur 42 und 57 zu streichen, zwei hier ganz über
flüssige Standverse, die überdies in guten handschriften fehlen.
In 256 mit den unepischen contractionen tq^iv und Sa ist,
nebenbei bemerkt, das überflüssige avrw einfach zu streichen,
dann gewinnt man den untadeligen vers: ävtlog elfir tQerjv fi
ovx rjcte JlaiXag Idd'ava,
6.
In E 464 bis 909, dem schluss von £, gilt es nur fünf
verse zu beseitigen, um auch hier die verszahl 451 herzustellen.
734 — 6 sind aus 6 385 — 7 wiederholt, jedenfalls genügt ihr
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26 A. Fick
einmaliges Torkommen vollauf; Zenodot hat sie mit richtigem
tacte in E athetirt, dagegen in O stehen lassen s. Laroche
zu d. st. Von 808, mit genügendem gründe auch von Hentze
athetirt, heisst es bei Didymus: tovtov %6v a%i%ov ovx «5^-
a&at na&olav (paaiv h Toig l^iaraQXOv; endlich 887 ist schon
aus sprachlichen gründen zu beseitigen: ^tog für Ctodg und lir,
wenn aus tja ionisirt, sind nicht episch.
E 706 ist statt Tfijxov x alxfifjr^v Aixwhov Oivofiaop rs
zu lesen Tqixova % und Ahtoiij» FoivofiaSv t«: Tqixtav ist
der eponym des ätolischen ortes Tqixoviov ew. Tqixoveigy
häufig in den delphischen inschriften, und die jüngere form
Ahiiliov ist nur aus Unkenntnis des vau in Foivopiaov einge*
setzt. — 813 i9t der ausgang datq>QOvog Oivsidao nach J 370
datq>Qovog inftoda^oio zu berichtigen, endlich 872 lese man
statt vefieai^ofjL oqimv yielmehr oqfjv vgl. B 296 vefieal^ofiai —
äaxctldav.
Das vierte buch 990 v.
umfasst Z und H der Ilias. Die verszahl 990, mitten inne
zwischen 968 und 1034, steht von beiden um zwei elfzeilige
Strophen ab.
7.
Der siebente gesang reicht von Z 1 bis 502, wo der schluss
von Hektors verkehr mit Andromache, der die Überschrift von
Z bildet, einen hauptabschnitt in der erzählung bezeichnet.
Man erhält die genaue halbirung der 990 verse des vierten
buchs, nämlich 495, wenn man 433 — 9 streicht, die schon von
den alten athetirt sind — ,^a&etovv%ai axixoi erctd Didymus"
LR. — und auch von den neueren durchweg verworfen werden.
Sprachlich mag hier noch bemerkt werden, dass in 386 und
388 TtvQyov und reixog^ die in der älteren spräche wesentlich
gleichbedeutend sind, ihren platz zu wechseln haben. Liest
man 386 all' ini zalxog eßa fiiya FiUw und 388 a fiiv d^
Ttgog nvqyov STtecyofieva aTtindwaif so schwindet der Verstoss
gegen das vau in der jetzigen lesung 386 Ttvqyov eßrj fAeyav
'Iliov^ der selbstverständlich in der einlage nicht zu dulden ist.
Die übrigen Sprachfehler in der jetzigen Überlieferung dieses
Abschnitts sind ßchon in v£ Ilias berichtigt.
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Die einleguDg des y^Oitos'^ in die Menis. 27
8.
Die zweite hallte des vierten buchs und damit der achte
gesang des ganzen in der neuen fassung setzt Z 503 ein, wo
die ungleichen brüder sich in den kämpf begeben und umfasst
den rest von Z sowie den ganzen bestand von H. Um hier
denselben umfang wie für 7 zu gewinnen, bedarf es nur der
ausscheidung weniger werthloser und verdächtiger verse. H 47
enthält eine überflüssige anrede, 52—3 sind inhaltlich störend,
ja eigentlich unmöglich : die athetese der alten von 53 ist auch
auf 52 auszudehnen. Die öde prahlerei des Aias' in 197—9
muss jedenfalls gestrichen werden ; die alten gingen noch weiter:
„or/^ot ftivTB (195—9) a9etovvTai Aristonicus/' H 334—5
und 353 wurden nach demselben ebenfalls athetirt. 359-«-60
scheinen aus M 233 — 4 eingedrungen zu sein, endlich sind
368 — 9 und 380 überflüssige standverse, die in der besten hs.
fehlen. Zieht man diese 14 verse von den 27 in Z 503—29
and den 482 in ä ab, so erhalt man für den achten gesang
die gleiche verszahl wie für den siebenten, nämlich 495, die
hälfte von 990.
Die festen ionismen in dieser partie sind meist schon in
vf. Ilias eliminirt, hier nur noch einige sprachliche bemerkungen :
Die verse H 132 — 3 mit der unerträglichen form r^ßmii
sind zu gestalten nach A 670 — 1 und darnach zu schreiben:
aiL^* wg i^ßaoifiiy ßia de iaol efiTtaSog «tiy, dg oV ijc wiiVQOiOir
[rtOTCifim] KeXtidarfi ^a%oy%o xrA. Man nahm anstoss an der
Wiederholung von 132 in 157, die aber gerade m. e. recht
hübsch ist. — H 207 liest man jetzt: oAxoq inu öfj nawa
n€Qi TUfidl ^ccawo tavxtj. Die ionische form t«^ beseitigt
man, wenn man n. XQ* J^i^ioato %aX%6v ließt; nach M463 — 4,
wo es von Hektor heisst XdfiTeß de xahtCkf CfieQÖaXifai, %ov
eeaxo fteqt XQO^* — ^^^ clas höchst bedenkliche ^t fteQ av
avrog — av ist der einlage fremd — H 286 Hesse sich ai xe
neQ ovtog einsetzen vgl. 387 ai x< neq iSfifii {cplXov nai ^dv yi^
voTto) AI der vorläge ist vielleicht irrthümlicher weise in tji
ionisirt. — H 453 lies noKiaoafiev äQ&iiijaarge statt a&ktpavte
„nach abgeschlossenem vertrage'' nach H ^2 ev ipiloTrjTt^
öuTfidyey OQ^fujaoPje,
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28 A. Fick
Buch V.
Die verszahl 1012 bleibt hinter 1034, dem umfange so
vieler bücher, ebenso weit, nämlich um 2 Strophen = 22 v.
zurück, wie das vierte buch mit seinen 990 versen die mittel-
zahl 968 des zweiten buches übertrifft.
9.
Der erste gesang des fünften buches, der neunte der vierten
fassung, umfasst Q der Ilias und enthält 517 verse, also ebenso
viele wie gesang 2. 4, und 1. 3. 4 der erbreiterten und 7. 8
der erweiterten Monis.
Wir gewinnen diese zahl durch die vornähme einer etwas
umfänglicheren athetese, in dem der bestand von G 565 verse,
also 48 über die von uns angenommene zahl aufweist. Doch
kann ich mich hier erfreulicher weise durchaus der verstandigen
kritik meines freundes Hentze anschliessen, indem ich alle die
stellen, die in seiner Homerausgabe eingeklammert und in
seinem anhange zur Ilias mit genügenden gründen verurtheilt
sind, ebenfalls verwerfe, mit alleiniger ausnähme von 185 und
189, die meines erachtens mit unrecht beanstandet werden.
In 185 glaubt man die namen von vier pferden zu lesen und
nimmt darnach mit recht an einem im epos unerhörten Vierge-
spanne anstoss: in Wahrheit werden aber nur drei pferde ge-
nannt, es ist nämlich statt Saifd'e te aal av nodanys xat Av%^(a9
Aa^ftB ta die in der zweiten vershälfte zu lesen xat ai^ta/p
AdfATtete Sie „und du schweissfuchs, braver Lampetos^M das
dritte pferd geht auf der wildbahn, iv naQtjoQltjiaiPy wie vor
dem wagen Nestors & 81 und Patroklos in iT. Auch 189 läset
sich sehr wohl halten: ermüdete pferde durch wein zu er-
frischen ist im Süden keineswegs unerhört: schon in Südtirol
habe ich den brauch bei mancher sch?derigen bergfahrt be-
obachten können.
Dagegen verwerfe ich mit Hentze v. 6. 28—40. 73—4. 183.
224r-6. 235. 277. 420—4. 466—8. 475—6. 524—9. 538—41.
548. 550 — 2. 557 — 8, das sind zusammen 48 verse, und diese
von den 565 des buches Q abgezogen, ergiebt sich für unseren
neunten gesang die zahl 517. Für die begründung dieser
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Die einlegung des „Oitos^* in die Menis. 29
atbetesen sei noch einmal auf Hentzes anhang zur Ilias ver-
wiesen.
Zur spräche dieses abschnitts bemerke ich noch, dass 487
für L^x^'iol^ selbstverständlich der accusativ, also l^x^^^Sy bei
äolischer fassung ^Axaioigy zu lesen ist; der aoc. ist abhängig
von irirqlv^e vgl. Ebeling lex. Hom. s. v. Vielleicht ist ^^x^*^^
der altäolischen vorläge einfach missverstanden.
10.
Vom einleger rühren in diesem, dem zehnten gesange, ^
1—77, also nur 7x11 verse her. ^ 78—83 sind zu streichen
und schon von den alten verurtheilt: „av^eroviTai Afistonicus.
fovtavg xai ^AffiaxiHpoanfig i]9i%u^ noQa öi Ztjvodotfoi oväi
fyodg^vfo Didymus*' LR. Nach unserer obigen darstellung s.
beträgt der umfang der erbreiterung, als der nächsten vorläge,
in ^ 85—595 38 x 11 «^ 418 verse, diese ergeben zu den 7
Strophen des einlegers ^ 1 — 77 hinzugezählt als verszahl des
10. gesanges 495, dieselbe zahl wie in 7 und 8 unserer fas-
sung. —
Mit ui 596 beginnt, ohne weitere Interpolation von selten
des einlogers, die erbreiterte Menis und zwar deren zweites
buch und dritter gesang. Rechnet man zu den übrigen 7
büchem und 14 gesängen der erbreiterung die soeben abge-
zählten 5 bücher und 10 gesänge hinzu, so erhält man für die
durch die einlegung des Oitos vefknehrte dichtung 12 bücher
zu je 902 — 1034 und 24 gesänge zu je 451 — 517 versen, und
als gesammtzahl der verse 11616. Vergleicht man diesen neuen
bestand mit dem der erbreiterung, so ergiebt sich ein durchge-
führter Zuwachs um die hälfte des frühern umfangs: aus 8
büchem sind 12, aus 16 gesängen sind 24, aus 7744 versen
sind deren 11616 geworden; es hat sich demnach unsere oben
ausgesprochene vermuthung auf das glänzendste durch die probe
bewährt
Meran, Juli 1898.
A Fick,
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30 0. Hoflfmann
Zur bildung des sigmatischeii aoristes.
1.
In den Göttingischen gelehrten anzeigen 1889 no 22 s. 880
wurde von mir für die bildung des sigmatischen aoristes der
vokalischen stamme folgendes gesetz aufgestellt:
„Alle vokalischen stamme nehmen im aoriste aa an. Ist
der diesem aa vorangehende vokal lang, so wird nach gemein-
griechischem lautgesetze die gemination aufgehoben: hlfiäaa
aus ^hifiäaaa. Ist der dem aa vorhergehende vokal dagegen
kurz, so bleibt aa erhalten und wird erst in den einzelnen
dialekten im laufe der zeit vereinfacht: Homer und die Äoler
sagen noch äfioaaa^ die Attiker dagegen wftoaa.^
Dieses gesetz, in meinen griechischen dialekten I 207
II 469 fif. III 568 ff. von mir wieder aufgenommen, hat
W. Schulze in KZ. XXXIII 126 ff., wie er selbst versichert,
„endgiiltig gerichtet'^ Meines wissens hat es nun bis jetzt nie-
mand unternommen, das gesetz gegen einen solch harten Staats-
anwalt zu verteidigen. Wenn ich diesen versuch wage, so will
ich damit keineswegs den „vätem'^ des gesetzes, nämlich
Bezzenberger BB. lU 159 i) und Fick GOA. 1881, s. 1429,
vorgreifen, sondern es nur zu verhindern suchen, dass W.
Schulze deshalb eine anzahl von gläubigen findet, weil die
Unzulänglichkeit seiner von ihm selbst als zwingend angesehenen
beweisfuhrung von niemandem ans tageslicht gezogen wird.
2.
Schulze' ns argumentation ist kurz folgende. Aoriste wie
Ofio^aaaiy TuxJLi-aaai von stammen, die auf einen kurzen vokal
endigen, finden wir nur im Homer und bei den asiatischen
Äolern. In allen übrigen dialekten treten diese aoriste stets
mit einfachem sigma auf und zwar, was ausschla^ebend ist,
*) DasB Bezzenberger's aasfuhrangen den meisten derjenigen,
die sich mit ihnen beschäftigt haben, lediglich aus der unvollstän-
digen Wiedergabe durch Brugmann MU. III 83 bekannt sind, geht
daraus hervor, dass sich Brugmann' s* druckfehler „BB. IV 159'^ u. a.
bei Froehde BB. IX 117. W. Schulze KZ. XXIX 266. Verfasser
Dial. I 265. G. Meyer Griech. gramm. ' 611 wiederfindet
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Zur bildimg des sigmatischen aoristes. 31
in derselben qaelle zusammen mit solchen werten, in denen ein
ans a + üjt + a^r+i entstandenes -aC" nicht verein-
ÜEUsht ist:
Phalanna- Thessalien O/Äoccnftsg neben iaaofiivcty S6DL
no. 1332i6* 89*
Herakleia ifAooijtvtBg taf. I 118 neben icatjtai (fünfmal),
iaaovrat (dreimal), idacüdfuS^a (zehnmal, ans * i^dctt-caftt^ä)
und dem dativ plur. auf -aaai (aus ^-or-a^ z. b. vnaQ%6vtaaaiv.
Argolis nctrofidaai neben iaaafiirovg (aus * kd-aa^iiivavg)
SGDI. no. 3380i6. 7.
Dreros-Kreta: Mus. Ital. III 657 ff. wfioaav Aio> äfioaa Bt»
neben daaaacx^taaav Cs» D7.
Gortyn-Kreta: im stadtrecht ofioaai II 37, dafiacaito II 11,
Xayaaai 1 5. 24 (Tgl. kayaacai' Aipüvai) neben arto-dattaS'd'ai
IV 29, doertwxai V 34 (aus daaa- < ♦dcr-a-), d/rorroi
OTtorrm IV 40. 42 (aus onoaaoi < ^67civioi\ iattai VIII 47
(att otMTjj, aus ioa0a < *iOTfa). Femer im Mus. Ital. III 692
(ifioaay n neben lAQxad^t i« (aus ^Aqwaüi < *li^ddai), in
den Monum. ant. I 47 ff. ftoQsxaXiaap Gis neben Ttofrla^^ay
Bi9 (aus fto(ftHaaaav < *iari(Oty), /ite99i Bis (aus /erca-ai).
Ealymna dvrtofidactp neben dixaaam SGDI. no. 3591 a«.?.
Epicbarm anwkaaa 71s (Ahrens), naliaai 19i, ^'A^ae
20 65 neben imi 125 130 151, iaaekai 98t, 6aaa 96s, roa-
aavtai 82^ u. a. m. Allerdings auch wXeaaa 148.
Da also in diesen quellen ein ursprüngliches oder durch
assimilation entstandenes aa nicht vereinfacht ist, so können —
folgert W. Schulze — die in ihnen überlieferten formen
ofidacuy xaliaai u. s. w. nicht aus ofioaacuj xaliaacu hervor-
gegangen sein.
Nach seiner ansieht ist o^oaaai. jünger als dfwacci und erst
aus dieser form weitergebildet. Er vertritt hinsichtlich der
bildung des sigmatischen aoristes die herrschende ansieht, dass
sowohl an die konsonantischen als an die vokaUschen stamme
einfaches sigma trat: £-J«tx-<r-a, *l-At;-a-a, ^üpu^a-'a. Die
letzteren beiden formen wurden schon in urgriechischer zeit zu
*llra, ^wiioa^ da einfaches sigma zwischen vokalen gemein-
griechisch in h überging und dann ausfiel. Der einfluss der
von konsonantischen stammen gebildeten aoriste, in denen a
hinter konsonanz sich erhielt, setzte es dann durch, dass das
ausgefallene -a- auf dem wege der formenausgleichung wieder
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32 0. Hoffmann
in die aoriste yokaliacher stamme eingefügt wurde: so entstanden
die neubildungen e^Xv-a^a ui-fio-a-a. Doch für die aoriste
des typus ä^oaoy ixaleaa war damit die entwicklung noch nicht
abgeschlossen. Sie wurden vom äolisch-homerischen dialekte
in nähere beziehung gesetzt zu aoristen wie hilea-^aay er^ec-aat
deren verbalstamm auf -a- endigt, und von diesen aoristen mit
lautgesetzlich berechtigtem -aa- wurde doppelsigma auf dem
wege der formenausgleichung auch auf die aoriste ä^oaa, ha^
leaa übertragen: so schuf die zum zweiten male wirksame
macht der analogie die jüngsten äolisch-homerischen formen
a^oaacL^ huilaaaa.
Ich werde auf diese erklärung der sigmatischen aoriste am
Schlüsse mit ein paar werten zurückkommen. Vor der band
will ich versuchen, die angeblichen argumente für den satz
Schulze' ns, dass dor.-thess. ofioaai nicht aus dfioaaai ent-
standen sein könne, als hinfällig zu erweisen und damit der
Bez zen berger -Fick'schen erklärung des sigmatischen aoristes
das feld frei zu halten. Ich hoffe zu zeigen, dass
1. eine lautgesetzliche ableitungvon thess.-dor. oftdaai aus
ofAoaaai durch die von W. Schulze gegen dieselbe angeführten
gleichaltrigen werte mit erhaltenem -aa- nicht widerlegt wird,
und dass
2. thess.-dor. ofidaai, wenn darin wirklich ein lautgesetz-
licher Übergang von -aa- in -ir- nicht stattgefunden haben
sollte, auf dem wege der formenausgleichung sein einfaches
sigma für das ursprüngliche doppelsigma bezogen haben kann.
Wenn jemand die behauptung aufstellt, dass in einem be-
stimmten dialekte oder in einer quelle desselben ein -ir- zwischen
vokalen nicht aus ursprünglichem -ss- hervorgegangen sein
könne, weil dieser doppellaut unverändert geblieben sei, so
darf er den beweis nur auf die belege für ein wirklich unver-
ändert gebliebenes ursprüngliches -«$- gründen. W. Schulze
denkt darüber freilich anders. Gegen die ableitung von ofiocw
aus ofAOüoai führt er aoriste wie Saaaäaä'ai ins feld, in denen
-aa- aus -tu- entstand, und sogar ein onoaaog mit seinem aus
-vi- hervorgegangen -air-. Mir ist keine tatsache bekannt, die
uns zu dem Schlüsse berechtigte, dass jedes griechische aa
ganz gleich ob es aus ki xi, aus vi ^, aus t/, aus a/, aus
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Zur bildung des sigmatuchen aoristes. 33
a + o, aus ra ^a da entstanden war, von anfang an völlig
gleich ausgesprochen wurde. Im gegenteil, wir wissen z. b.,
dass ein aus -rj- entstandenes -(F(F- von einem -0a- aus -kj^
verschieden war. Da nun, wenn kret-arg.-the8S. ofioaac lautge-
setzlich aus o^oaaai hervorging, diese Vereinfachung jedenfalls
älter ist als die ältesten inschriftlichen quellen, so hindert uns
nichts an der annähme, dass zur zeit, als sie stattfand, das ur-
sprüngliche -aa- eine von dem aus -xi- und -ra- gebildeten
-aa- verschiedene ausspräche besass. Es lassen sich also falle
wie daaada&ai, ortoaaog gegen die ableitung von ofiocaai aus
ofAÖaai nicht ins feld führen.
W. Schulze versucht diese sperre durch einen Seitenweg
zu umgehen. Vor einigen jähren zwar, so versichert er, habe
er sich noch ausser stände gefühlt, den einwurf , dass ein ur-
griechisches -üü' anders als ein aus r + ^ entstandenes -aa^
ausgesprochen sein könne, zu widerlegen: ,,Wenn nämlich
jemand behauptet hätte, dass äacaacd-ai für ofioaai nichts be*
weise, weil das lautprodukt aus dental + a in der kretischen
mundart verschieden gewesen sein könne von dem durch ein*
fache zusammenrückung entstandenen doppelsigma, so hätte ich
mich wohl darauf berufen dürfen, dass nach den sonstigen
thatsachen der griechischen Sprachgeschichte eine solche an-
schauung sehr wenig innere Wahrscheinlichkeit besitze, für eine
vollkommene Widerlegung hätte ich das aber unmöglich aus-
geben dürfen (s. 128)/^ Gewiss nicht! W. Schulze hat gut
daran gethan, auf ein solches „berufen'* zu verzichten: denn
über eine argumentation mit „innerer Wahrscheinlichkeit'^ und
„sonstigen tatsachen der griechischen Sprachgeschichte*' würde
man W. Schulze'ns eigne werte gesetzt haben, dass „tat-
sachen durch ein allgemeines raisonnement und zuvorsichtliche
behauptungen weder ersetzt noch beseitigt werden (s. 126)."
Aber, me gesagt, Schulze glaubt heute mit mehr ab allge-
meinen erwägungen den beweis dafür erbringen zu können, dass
wenigstens im kretischen dialekte das aa in einem von mir
vorausgesetzten ursprünglichen ^oiio-aoai nicht verschieden ge-
sprochen sein könne von dem -0a- in dixdaaav und deshalb
^eich diesem hätte erhalten werden müssen: „Heute wissen
wir, dass für die Sonderstellung des kretischen dialektes (wenig-
stens deerjenigen von Gortyn) nicht eine feinere Scheidung der
Zischlaute, sondern umgekehrt ein weitergehender zusammenfall
BttUrtge I. kMKle d. iiulg. tpiMlMii. XIVI. 3
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34 0. Hofimanii
charakteristisch ist. Diese mundart hält nämlich . . . nicht
etwa das aus dental + a hervorgegangene und das durch zu-
sammenrückung entstandene aa aus einander, sondern lässt
beide vielmehr mit dem eigentümlichen Zischlaute, der aus den
konsonantischen jod-verbindungen entwickelt ist (meist aa, att.
boeot. tt) in einen laut (^ > rr > 9&) zusammenfallen/'
Richtig ! In kret. fheS'd'c, l^fxad'd'iy Tto^-Lad'd'a ist das pro-
dukt aus a + <^» aus t + o und aus % + i gleich behandelt
Aber aus dieser tatsache vermag ich nur den einen schluss zu
ziehen, dass etwa im IV. jahrh. im Kretischen das -aa- in
/hsaaiy ^^Qxdaaif Xaaaa gleich gesprochen wurde. Wenn da-
mals ein wfioaaa noch vorhanden gewesen wäre, würde es
wahrscheinlich auch zu äfio&d'a geworden sein. Aber woher
wissen wir denn, dass nicht oifioaaa bereits zu Sf^oaa geworden
war, als fheaai noch gesprochen wurde? Ist es denn er-
wiesen, dass das „durch zusammenrückung entstandene*^ -aa^
in ßheaat. (ssk. vacatsu)^ dem ich auch gleich iaaofiai an-
schliessen will, völlig gleicher art und ebenso ursprünglich war
wie das -aa- in aifio-aaa (vgl. ssk. d-pa-sis-am)? W. Schulze
setzt das stillschweigend voraus: aber das schweigen ist hier
am unrechten platze, denn diese Voraussetzung gehört nicht zu
denen, die keines beweises bedürfen.
In laaofiai und pheoct hat hinter dem aa wahrscheinlich
oder, um meine persönliche auffassung zurücktreten zu lassen,
möglicherweise noch ein spirant gestanden. Es liegt, wie das
auch Brugmann GR. 11 1092 betont, kein zwingender grund
vor, das griechische futurum auf -ato von dem indischen auf
'^ämi und dem litauischen auf -siu zu trennen: 6d^ aus
^d^U-afia = ssk. dSkSyämi. In ^ea-ajofiac aber konnte durch
den ursprünglich folgenden Spiranten das aa so verstärkt werden,
dass es das -^a- in wfioaaa überdauerte. Das gleiche gilt von
fireaai. Die lokative der vokalischen stamme (^nnoiavy ve-
/u^at, noXiaiy ovcfia-ai) sprechen dafür, dass die lokativendung
-at aus -aai. hervorgegangen ist. Zwar pflegt man für die
endung gewöhnlich nur ein -s- anzunehmen, das hinter den
vokalischen stammen zunächst ausfiel {XftTtoü, Tif^ai) und ihnen
erst nachher von den konsonantischen stammen durch formen-
ausgleichung zurückerstattet wurde. Ich besitze für diese er-
klärung kein Verständnis. Fänden sich noch in irgend einer
anderen spräche ausser dem Griechischen sichere spuren einer
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Zur bildung des sigmatiBchen aoristes. 35
ploralischen lokativendang -ai, so hätte der ansatz eines grie-
chischen -Ci eine berechtigung. Aber die übrigen sprachen
weisen auf eine indogermanische endung -iu hin, Tgl. ssk. aprff-
iu, grfvOrsu, altbalg. roM^ü genonM. Wir sind also anf das
Oriechische selbst angewiesen; und wenn wir da mit der an-
nähme einer ursprünglichen endung -aoi gleichzeitig die formen
der konsonantischen und der yokalischen stamme lautgesetdich
zu erklären imstande sind, wenn femer in homer. yhv^ai
ftltv-aai vexv^aai ein ^aai hinter kurzem vokale direkt über-
liefert ist, so fühle ich für meine person kein bedürfnis dazu,
einem -aaif mag dieses nun aus -<r/i oder einem anderen laut-
komplexe entstanden sein, die existenzberechtigung ohne irgend
einen ersichtlichen grund abzusprechen und dafür einem sonst
unbekannten -oi zu liebe die falle der analogiewirkung um
zwei nummem zu bereichem: denn natürlich muss ja dann
auch homer. nlvv-aai analogiebildung nach ma<rt sein, wenn
wir nicht gleich den radikaleren weg einschlagen und das un-
bequeme -v-üai mit Brugmann GG. ' 237 W. Schulze
Quaest Hom. 48 einfach in -v-ai ändern! Das eine steht
jedenfalls fest : wer in f-hwai Ton dem zusammentreffen
zweier einfachen ir-laute redet, behauptet etwas, was er
nicht beweisen kann. Dar ansatz eines ursprünglichen ^ßdrsa-^
0CV (oder einer gmndform, in der die Vorstufe des -aai noch
erhalten war, also etwa eines ^/ivea-^üßc) ist auf gmnd des
griechischen materiales zum mindesten ebenso berechtigt.
Und damit wird ßhecai als parallele für ein oftoaaac hinfiillig.
Doch ich komme Schulze noch weiter entgegen, ich will
einmal gegen meine bessere Überzeugung annehmen, dass es
sich sowohl bei Saaofiai als bei ßetsaai um zwei einfache und
echte S-laute handele: auch dann lassen sich beide formen mit
der aUeitung eines wfioaa aus äfiocca in einklang bringen.
Wurde -s-«- hinter kurzm vokalen im Kretischen, Argivisdien
u. 8. w. vereinfacht, so musste allerdings ein ursprüngliches
/esea-^i lautgesetzlich zu fhsai und ia-ao^un zu Soofiai
werden. In diese formen konnte aber nachträglich das sigma
des Stammes aus denjenigen formen wieder eindringen, in denmi
es erhalten blieb: von ^crxog, amM-ipi^ accKeag>6Qog u. s. w.
konnte die neubildung aansa-ai, von ea-n, ea-Tta u« s. w. die
neubildung ea^aofiai ausgehen, maoi und eaaofuu verhalten
sich dann zu ofioiiaL genau umgdcehrt so, wie es sich
8*
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36 0. Hoffmann
W. Schulze denkt: 6fi6aat (aus ofwaaai) ist dann in jenen
kretischen, thessalischen u. a. inschriften die lautgesetzlich
richtige form, während fiveoai und eaaofiav ihr doppeltes -Ra-
statt des zu erwartenden einfachen -cf- auf dem wege der
formenausgleichung bezogen haben.
Besser als euaofiai und ßheaai zeugt iaai für ursprüng-
liches -«£-• Diese form ist von dem verdachte frei, dass ihr
-a-cF- anders als durch zusammenrückung zweier einfachen s-
laute entstanden sei (stamm ia-, endung -ai), und zugleich hat
die annähme, ihr doppelsigma sei in der griechischen
Sprachentwicklung durch formenausgleichung an die stelle eines
aus ursprünglichem -88- vereinfachten -«- getreten, wenig für
sich: denn solche nichtthematischen zweiten personen sing., in
denen die endung -si hinter verschlusslauten und liquiden stand
(z, b. ein */«x-ort „du willst" = ssL väk-äi) und die zur Um-
bildung eines lautgesetzlichen ^lai in ea-ai hätten führen
können, sind im Griechischen nicht mehr nachzuweisen. Trotz-
dem ist der gegensatz zwischen iaai und einem aus d!fioaaa
entstandenen ufioaa nicht unüberbrückbar.
Neben iaai liegt im Griechischen die form et, die dem in-
dischen dsi, aw. ahi entspricht und auf ein idg. dai „du bist^'
zurückweist. Den glücklichsten versuch, dieses est neben essi
zu erklären, hat Osthoff perfekt 18 gemacht: er nimmt an,
dass issi die betonte und est die unbetonte enklitische form
gewesen sei, dass sich also -88- nach haupttonigem vokal er-
hielt, nach unbetonter silbe vereinfacht wurde. Was diese er-
klärung empfiehlt, ist die aus dem Griechischen nachweisbare
tatsache, dass ein verdoppelter konsonant sich hinter einem
betonten kurzen vokale länger hielt als hinter einem unbetonten
kurzen vokale. Mit eaai auf einer stufe stehen, wenn wir
die erklärung von Osthoff billigen, formen wie ofioaaaiy ofwa-
aag u. a., in denen der accent dem aa unmittelbar vorherging,
und dem el aus idg. Ssi sind ti^oaa^ äfwaey ä^wacw^ ofioamta
zu vergleichen, in denen das o tonlos war. Freilich müssen
wir die entwicklung von äfioaae zu wfioaa in eine jüngere zeit
verlegen als die entwicklung von e89i zu e8i > d. Die enkliti-
sche form esi mit einfachem 8 war bereits indogermanisch, da
dieses ns- im Griechischen zwischen vokalen ausgefallen ist,
während die vereinfiu^hung des -ss- in äfAoaaa erst der grie-
chischen Sprachentwicklung angehören kann. Diese annähme
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Zur bilduDg des sigmatisohen aoristes. 37
ist aber auch durchaus unbedenklich» da wir weder über die
zeit noch über die genaueren bedingungen, unter denen -u-a- in
ofioaam zusammengerückt ist, sicheres wissen; das indische
a'p&-8Üam, dessen -sUam Yon Bezzenberger dem griechischen
-aaa gleichgesetzt ist, giebt uns wohl den Schlüssel zu dem
morphologischen, aber nicht unmittelbar zu dem lautlichen Ver-
ständnis des griechiBchen Icloppelsigma's.
Wenn Ton den ursprünglich durch den verschiedenen accent
bedingten doppelformen wiioaa : ofioaaai diese im homerisch-
äolischen, jene im thessalisch-herakleotisch-kretischen dialekte
die alleinherrschaft an sich riss, so widersprechen das stamm-
betonte aaai und der auf dem zweiten vokale unbetonte stamm
ofioca^ einander nicht
Wie in ÜF-at darf ursprüngliches -«8- angenommen werden
in Sa-aai „bist bekleidet'' (o 250, fa-ao r bl n 199 , ea-eav
„waren*' Älkaios 91, ia-ao „sei'' a 302 y 200 Sappho ls$
(wenn dieses ein alter injunktiv auf ^ao ist). Alle formen
tragen den akzent unmittelbar vor dem -a0- und stehen also
auf einer stufe mit Saai.
Damit bin ich mit der prüfung der von W. Schulze
gegen die lautgesetzliche herleitung des ofibaai aus oiaoo-
am vorgebrachten formen zu ende; sein Vorwurf, „i<^h hätte
nicht das bedürfnis gefühlt, die tatsachen zu verhören", lastet
nicht mehr auf mir. Freilich wird das resultat dieses Ver-
höres schwerlich Schulz e'ns erwartungen befriedigen. Seine
und meine begriffe von „tatsache" und „beweis" gehen weit
aus einander. Er nimmt dinge als sicher und erwiesen an, die
niemand erwiesen hat und vielleicht je erweisen kann. Er
„fühlt kein bedürfnis" dazu, bei formen wie IWo/uat, Jrhmct
die frage aufzuwerfen, ob jeder zweifei daran ausgeschlossen
ist, dass ihr -<ra- wirklich ursprünglich und durch zusammen-
rückung zweier einfachen 9-laute entstanden war; er betrachtet
das als „tatsache", was nur eine unbevriesene annähme der land-
läufigen grammatischen darstellung ist, und gründet auf solche
„tatsachen'^ Schlüsse, denen er unbedingte beweiskraft zuschreibt.
Mit dem von mir geführten nachweise, dass keine einzige
der mit -aa- überlieferten formen ein einwandsfreier zeuge
gegen die lautgesetzlicbe zurückfuhrung von öfiooai. auf
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38 0. Hoffroann
ofioacai ist, habe ich selbstverständlich weder Schalze'ns er-
klärung des sigmatischen aoristes widerlegt noch Bezzen-
berger's deutung um einen schritt gefördert. Ich habe nur
gezeigt, dass unsere erkenntnis die grenze der möglichkeiten
auch heute noch nicht zu überschreiten imstande ist, trotz des
zuversichtlichen ,,endgiltigen" urteils, das Schulze fallt Das
ist vor mir schon von Bartholomae Studien I 67 ausge-
sprochen: die dürftigkeit des materiales lässt sichere Schlüsse
auf die Schicksale eines indogermanischen -88- im Griechischen
nicht zu.
Die wenigen formen, für die wir ein ursprüngliches -ss-
hinter kurzem vokale im Griechischen annehmen dürfen,
sind die schon erwähnten verba iaaly ^oaai^ Uaao^ kaaav, iaao.
Die aoriste T^a-aae, Telea-aair sind deshalb weniger zuverlässige
gewährsmänner, weil ihr -aa- nicht ursprünglich zu sein braucht,
sondern (wenn aus ursprünglichem -acF- lautgesetzlich -a- geworden
war) auf dem wege der formenausgleichung wiederhergestellt
sein kann (vgl. teTslea-fiai : edsm-aa). Das gleiche gilt von
den oben besprochenen formen eaaoftai uud e^eaai. Damit
ist unser material erschöpft.
Noch dürftiger steht es mit den belegen für ursprüng-
liches -a(F- hinter langem vokale. Die einzige mir be-
kannte form, in der wir im Griechischen ein idg. -aa- ziemlich
sicher voraussetzen dürfen, ist ^aai « ssk. ds-se. Sie spricht
also für die Vereinfachung des ursprünglichen -aa-^ in -(f- hinter
langen vokalen. Dass sie allerdings für diesen ^lautwandel
ebenso wenig ein ganz einwandsfreier zeuge ist, wie maai,
TQeaaat u. s. w. für die erhaltung des -aa- hinter kurzem
vokale, hat bereits Bartholomae a. a. o. betont.
Ich wiederhole es: der für die Bezzenberger-Fick'sche
erklärung des sigmatischen aoristes vokalischer stamme not-
wendigen Voraussetzung, dass ursprüngliches -««- auf laut-
mechanischem wege hinter langen vokalen bereits urgrie-
chisch (oder jedenfalls in vorhistorischer zeit) zu einfachem -er-
wurde, während es sich hinter kurzen vokalen (besonders, wenn
der accent unmittelbar vorherging) erhielt und — soweit es
nicht hinter tonlosem vokale allgemein vereinfacht wurde —
erst im sonderleben der einzelnen dialekte in einfaches -s- über-
ging, — dieser Voraussetzung widerspricht keine einzige unbe-
dingt beweiskräftige tatsache des Griechischen«
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Zur bilduDg des sigmatischen aoristes. 39
Doch nehmen wir einmal den unwahrscheinlichen £a11 an,
es würde in künftigen tagen durch eindeutige tatsachen der
strenge beweis dafür erbracht, dass die aoriste Sfiöaai^ daftdacuj
oleaai u. s. w. in denjenigen dialekten, die daneben daaaaa^aiy
Saata^aiy /hsaai, laai n. s. w. besitzen, nicht lautgesetzlich
aus ofioaaai^ dafidaaaij dliaaai entstanden sein können, —
setzen wir also das als wirklich bewiesen an, was W. Schulze'ns
ai^mente nicht zu erweisen vermögen: auch dann ist die von
mir aufgenommene Bezzenberger-Fick'sche Erklärung des
sigmatischen aoristes nicht „endgiltig gerichtetes auch dann
kann ofioaaai älter und ursprünglicher als öfioaai sein. Denn
— und damit komme ich zu dem zweiten meiner sätze —
ofAoaai braucht gar nicht lautgesetzlich aus ofioaaai.
herrorgegangen zu sein, es kann aus den aoristen htngvokaliger
verbalstämme wie Iv^ai tififj^aai^ in denen das einCache a
hinter langem Tokale lautgesetzlich aus aa entstanden war»
auf dem wege der formenausgleiohung einfaches a
statt des ursprünglichen aa bezogen haben. Diese möglichkeit
habe ich in meiner formulierung des „gesetzes** keineswegs aus-
geschlossen: ich habe lediglich behauptet, dass das ursprüng-
liche aa „erst in den einzelnen dialekten im laufe der zeit ver-
einfacht'' sei — ob auf lautgesetzlichem wege oder durch
formenassociation, wird die Untersuchung in jedem speeialfalle
festzustellen haben. Es ist durchaus nicht gesagt, dass in allen
dialekten, die opioaai aufweisen, das einfache a sich auf eine
und dieselbe weise entwickelte.
Die erklärung des ofioatn aus einer formalen anlehnung an
Xvaai beruht auf der Voraussetzung, dass ursprüngliches -da-
hinter langen vokalen (also in ^kv-aaai) lautgesetzlich zu -0-
geworden ist Dass keine tatsache des GriechiBohen dieser an-
nähme widerspricht, dass vielmehr ifiai » ssk. dsse ihr günstig
ist, habe ich bereits oben auseinandergesetzt.
Auch sind die bedingungen, unter denen im allgemeinen
eine formenausgleichung stattzufinden pflegt, in diesem falle
vollkommen erfüllt: die angeglichene form (dfid-aai) ist ihrer
vorläge (Xvhicu) in bedeutung und bildung eng verwandt und
steht hinter ilur an häufigkeit des Vorkommens erheblich zu-
rück: gegenüber der unendlich grossen zahl der aoriste von
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40 0. Hoffmann
Stämmen auf lange vokale bilden die aoriste des typus ofio-aaij
oU-aai nur ein kleines häuflein.
Freilich fuhrt W. Schulze zwei gründe gegen die annähme
einer solchen formenausgleichung ins feld.
In KZ. XXIX 268 hält er sie deshalb für unwahrscheinlich,
weil o^o-aai für drei von einander unabhängige dialekte be-
zeugt sei. Ein wunderliches argumenti Als ob eine associations-
bildung, die auf der inneren engen Zusammengehörigkeit zweier
formen beruht, nur in einem einzigen dialekte oder nur in
nachbardialekten, die im leihverkehr mit einander stehen, zu
erwarten wäre! Es kann doch Schul ze'n unmöglich unbekannt
sein, dass mehr als eine associationsbildung an den verschie-
densten punkten des griechischen Sprachgebietes zu verschie-
denen Zeiten auftaucht, ohne dass auch nur im entferntesten
an eine entlehnung oder „wellenförmige^^ Verbreitung zu denken
ist. Soll ich dafür noch beispiele geben? Die stamme auf
-€(T-, nom. sg. -17^ bilden nach analogie der vokalischen stamme
den akkusativ sg. auf -tj-v (statt auf -eä oder -rj): akkusative
dieser art sind belegt aus dem Alt- Attischen (Meisterhans*
105 107), dem Lesbischen (Verf. GD. II 548), dem Kypri-
schen und Arkadischen (Verf. 6D. I 251), dem Böotischen
(hier auf -eiv endigend, Meister GD. I 268). Man nimmt all-
gemein wohl mit recht an, dass in eluoai gegenüber dem /fit-
xart /UccTL der dorischen dialekte das -0- statt -a- aus den
zehnem auf -ycowa herübergenommen sei: die form evxoai ist
für das Ionisch-Attische, fürs Äolische (Verf. GD. II 590) und
fürs Arkadische (Verf. GD. 1288) bezeugt. Die urgriechische
participialform *Saaa „die seiende" = ssk. satt, im Messeni-
schen Argivischen Kretischen zu eaaaa erweitert, wurde von den
lesbischen Äolem (Verf. Dial. II 472) und Argivem in Epi-
dauros (SGDI. 33408) und Trozan (SGDI. 3364b8i) nach dem
männlichen stamme evr- » ssk. sant-^ in eaaa umgewandelt.
Solche belege liessen sich zu dutzenden anfuhren. Das auf-
treten derselben formenausgleichung in verschiedenen von ein-
ander unabhängigen dialekten ist ja doch ebensowenig wunder-
bar, als wenn mehrere dialekte unabhängig von einander den
gleichen lautwandel (z. b. von c vor vokalen in i) vollziehen.
Ob die annähme einer associationsbildung wahrscheinlich oder
unwahrscheinlich ist, hängt davon am allerwenigsten ab, ob
diejenige form, deren lautgestalt man auf einen formalen aus-
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Zur bildung des sigraatischen aoristes. 41
gleich zurückfuhrt, in einer Btadt oder in zehn städten spora-
disch auftritt. Die intimität der beziehungen zwischen den
beiden formen, deren eine auf die andere gewirkt haben soll,
ist das erste oriterium für die beurteilung der grösseren oder
geringeren Wahrscheinlichkeit einer formenausgleichung.
Noch überraschender wirkt Schulze'ns zweiter einwand
KZ. XXXIII 131 : gegen eine analogische Umbildung von dfioa^
aai in ofioaai unter dem einflusse von Xwcu soll „das zeugnis
der inschriften von Gortyn laute einspräche** erheben.
„Granz ähnlich** führt Schulze aus „wie im sigmatischen
aoriste liegen nämlich die Verhältnisse im dat plur. dritter
deklination, dessen suffixales a lautgesetzlich nur nach konso*
nanten erhalten bleiben konnte, aber durch die macht der
analogie auch in allen anderen formen vor der Vernichtung, zu
der es durch seine freie Stellung zwischen vokalen eigentlich
verurteilt war, bewahrt worden ist. Hier hat sich nun der
einfluss der weitaus überwiegenden formen mit einfstchem a als
nicht kräftig genug erwiesen, die pluraldative auf -uai (ursprüg-
lich dent. -^ a^ a -^ a) in formen mit einfachem Zischlaute
umzuwandeln: kret. *^Qxd^&i und ßhe&9i sind oben belegt
worden. Ebensowenig hätte meines erachtens auch die analogie
von anho€u Xvüai und genossen ausgereicht, die postulirten
formen o^oaaai xakiaaai in die lautgestalt der thatsächlich
belegten of^oaai xakiaai überzuführen'S
Also — weil aa im dative fheaui trotz X/tTtoi-ai, TtoU-ai
u. a. nicht per analogiam vereinfacht ist, soll auch ein Sfioaoai
nicht durch den einfluss von Xv-aai in o^oaai haben umge-
wandelt werden können. Da fragt man doch staunend: wirkt
denn die macht der analogie ebenso ausnahmslos wie ein laut-
gesetz, ist die spräche dazu verpflichtet, eine bestimmte formen-
ausgleichung, die sie in der konjugation eintreten läset, unter
ähnlichen bedingungen auch in der deklination durchzuführen?
Ich glaube, dass kein einziger Sprachforscher ausser W. Schulze
diese frage bejahen wird. Es wird niemand für die in ver*
schiedenen griechischen dialekten aus alter zeit belegten akkusa*
tive sg. der konsonantischen stamme auf -ä-v statt auf -a »
-71 (z. b. kypr. ävdQidvra-v, ijar^Qa-v verf. GD. I no. 140 1
134« 135 3), die man allgemein- und gewiss mit recht als ana-
logiebildungen nach den akkusativen vokalischer stamme wie
XoyO'V, Ttoli-v u. s. w. aufgefasst hat, diese art der entstehung
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I
J
42 0. Hoffmann
deshalb bestreiten, weil die erste person sg. des sigmatischen
aoristes auf -« — -7» (z. b. kypr. efeg^ verf. GD. I no. 146 1)
nicht durch die gleiche form der vokalischen stamme auf -v
z. b. eXiTto-Vj ürto^Vf egw-v in saTrjaa^v umgewandelt sei.
Wer sich aber einmal das recht herausnimmt, von der
spräche zu verlangen, dass sie unter ähnlichen Verhältnissen
stets die gleiche formenassociation vollziehe, der muss wenigstens
diese f orderung nur dann stellen, wenn wirklich ähnliche Ver-
hältnisse obwalten. Bei den dativen ßereaai l^Qitdaai liegen
jedoch die Verhältnisse nicht „ganz ähnlich*' wie bei ofioaacu^
sondern gerade umgekehrt. Wenn dfio^aat auf dem wege
der formenausgleichung aus o/no-aoai hervorgegangen ist, so
haben die aoriste des typus Xv-aav (d. h. aoriste von stammen
auf lange vokale) die vorläge gebildet: die basis, auf der sich
ein einfluss von Iv-aai auf die spärlichere klasse ofio-aaai ent-
wickeln konnte, bestand also in der tatsache, dass beides aoriste
vokalisch auslautender stamme waren. „Oanz ähnlich**
würden also im dativ plur. die Verhältnisse liegen, wenn ein
*7t6h^aai durch den einfluss von Xrcnoi-ai rtiirj-üi in noXi-ai
umgewandelt wäre. Aber bei ßhsaav ^u^Qxdaai handelt es sich
ja um konsonantische stamme! Wäre in diesen formen
das -aa- per analogiam durch -a- ersetzt, so müssten wir darin
einen einfluss der vokal ischen stamme (tftTtoiai^ tifi^ai
u. s. w.) sehen: dass aber ungleichartige stamme einander
ebenso leicht beeinflussen, wie gleichartige, wird sich schwer-
lich behaupten lassen, und schon dieses argument würde voll-
auf genügen, um ein ßevsaai neben o^öaai zu rechtfertigen.
Es kommt aber noch dazu, dass die übrigen dative der kon-
sonantischen Stämme sich einer Vereinfachung des -aO"
direkt widersetzt haben würden. In fizsa-ai^ ^uiguda-oi
kam in der doppelkonsonanz der auslaut des Stammes und der
anlaut der endung genau so zum ausdruck wie in ywacx-aiy
KmloTt-ai. Es würde deshalb sogar nicht wunder nehmen,
wenn ein lautgesetzlich entstandenes /heaiy ^udQxdai nachträg-
lich nach den Vorbildern ywatx-cr/, KvxXort-ai wieder in /erea-aif
^AQxdd-ai > 'AgTida-ai zurückverwandelt wäre. Jedenfalls war
aber das -aa- in /hsa-ai liQ^da-ai durch die übrigen konso-
nantischen Stämme gerade geschützt, während es in dem
seltenen ö^O'Oaai gegenüber dem -<r- des eng verwandten häu-
figen aoristtypus lu-aai auf einem isolierten posten stand.
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Zur bildung des sigmatischen aoristes. 43
Damit sind Schul ze'ns einmnde erledigt
6.
Bezzenberger's und Fick's erklärung der sigmatiscben
aoriste Xv-aai^ ojiO'aaai: ofiö-aai ist also noch beute ebenso
gut möglich *), wie die von W. Schulze verfochtene. Welche
TOD beiden ist die wahrscheinlichere?
Setzen wir mit Bezzenberger und Fick das -oü^ und
-a- im aoriste der vokalisch auslautenden stamme dem indischen
-auf- morphologisch gleich und betrachten wir ^Iv-^aai
o^O'Oaat als die ursprünglichen formen, so lassen sich, wie ich
ausgeführt habe, alle drei historischen formen Iv-aai ifio-aacti
and ojLio-aai ohne Verletzung eines sicher erwiesenen laut-
gesetzes auf rein lautmechanischem wege aus jenen grundformen
ableiten, oder es ist, wenn wirklich kret. thess. herakl. ofio^ai
maU-aai sich einer lautgesetzlichen ableitung aus o^oaaai xa-
Xiaaai widersetzen sollten (was weder W. Schulze noch ein
anderer bis jetzt bewiesen hat), nur für diese formen die nahe
liegende annähme einer analogiebildung nach dem häufigen
typus Xv-aai erforderlich.
W. Schulze muss zwei auf einander folgende akte der
formenausgleichung annehmen: zuerst Xv-aai d^(ha-ai (statt
*liai *6fi6ai) nach deiTL-a-ai, und zweitens homer.-aeol. ofiO'
oaai (für o^ihoai) nach teXia-aat aTtaa-aaa^at u. ähnl. Dabei
*) Ich meine natürlich in erster linie die ansetzung eines Ursprung-
hohen -aaa- in den griechischen aoristen der vokalischen stamme:
denn Schulze stellt sich lediglich auf den boden der griechischen gram-
matik. Das lautliche Verhältnis dieses -tfff«- zu ssk. -m- will ich hier
nicht erörtern, zumal da wohl keine hoffnung vorhanden ist, dass etwas
sicheres sich je wird ermitteln lassen. Die einwände Brugmann's MU.
III 83 ff. gegen Bezzenberger's gieichnng ~aaa = ssk. •siiam sind recht
unglnckliob, weil ein jeder derselben wieder auf einer unbewiesenen und
onbeweisbaren Voraussetzung beruht. Meines erachtens besteht der eigent-
lich nur von Fick klar hervorgehobene wert der deutung Bezzen-
berger's darin, dass sie die griechischen und indischen aoriste auf das
gleiche bildnngsprincip (eine Verdoppelung des aoristischen -«-) zurück-
fuhrt. Das indische t zwischen den beiden «-lauten, in dem Brugmann
den haupt-anstoss erblickt, spielt gar keine rolle, da es speciell indisch
sein kann und einen idg. laut nicht darzustellen braucht. Aus der glei-
chung Jiff« < ♦^-^«Äf-«aa = ssk. ä-ved^iiam den lautwert des % be-
stimmen SU wollen, scheint mir recht bedenklich.
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44 0. Hoffmann Zur hilduDg des siginatischen aoristes.
läset er die älteste belegte form des Griechischen, nämlich
o^oaaai, erst aus dem später belegten o^oaai hervorgehen.
Ich für meine person ziehe, wenn ich die wähl zwischen
zwei möglichkeiten habe, die einfachere lösung der komplicier-
teren vor. Doch ist der geschmack in solchen dingen ja ver-
schieden. Hoffentlich haben meine ausfiihrungen den einen er-
folg, dass solche urteile, wie sie Brugmann (MU. III 83 „es
kann... kaum ein zweifei darüber bestehen, dass diese
formen — die aoriste und futura des typus oka-^a- : oX«-<r-,
ofio-aa- : dfxo-a- — nach der analogie von verbalstämmen auf
a oder auf dentale explosivlaute . . . gebildet sind"), W. Schulze
und G. Meyer GG. « 611 mit den der Bezzenberger'schen an-
sieht beigelegten prädikaten (,,endgUltig gerichtet^^ und
„unrichtig") gefällt haben, künftighin bei vorurteilsfreien
lesem nur den eindruck unbewiesener behauptungen hervor-
rufen.
Breslau im märz 1899. 0. Hoffmann.
Gr. eop'j; und hom, eo^Tjpo,
Gr. evQvg wird allgemein aus *«-/ßt;- mit prothetischem
£- erklärt und soll sich zu ai. urü- aus *ufr'ü « ai. d-grip- :
gurü- verhalten. (Vgl. Brg. Gr. gr. > s. 31.) Wenngleich jAw.
vcurur und ai. var- nur auf *?ir^- zurückgeführt werden können,
ist für ai. «rti- (vgl. Wackernagel Ai. gr. s. 24 u. 42) und
im zusammenhange damit auch für gr. evQvq eine andere er-
klärung notwendig.
Der vergleich mit den ablautverhältnissen von ai. gurü,
-grur neben gar- ist hinfällig, da der lautbestand von ai. ur-ü
infolge des anlautenden if von var- anderer herkunft ist. Wie
die wurzeln idg. "^dieu- (ai. dgau-, gr. uev-) und *deiu (lit.
dev') zwei verschiedene schwundstufenformen idg. *d/ti- und
^diu' entwickeln mussten, stehen neben gr. evQ- aus idg. *ei#r-
und der für das Ar. vorauszusetzenden grundform *var aus
idg. *uer' (uor-) die schwundstufenform idg. *wr- und ur&J^f
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Hans Reichelt Gr. evQvg und hom. ^IrjQa. 46
entsprechend ai. «r- and var-, jAw. vour-. [ai. ur- : gr. £t^-
— *rftjf : *deiu; ai. var-, jAw. t?(wr- : ♦jfer- =s *flf|M- : *dieM-.]
Gr. "Pßia, ion. *P«iij aus * J^a-sß-ia (Pott Et. f. * 178,
Brg. a. o.). Hier liegt die mit ai. ur-vt übereinstimmende form
des fem« vor, deren ursprünglichkeit dem spätem BVQÜa g^en-
über mir durch die betonung verbürgt zu sein scheint. Neben
dem masc. idg. *e^'r''US (aus ursprachlichem *eur'i^u8 war in
der composition -eür-us geworden, yerf. o. 2ö, 238 ff.) hat
sich infolge der suf&xbetonung des fem. idg. *ur-uij ai. urvi,
gr. ^a aus *)f^*(£)/^ mit schwundstufiger Stammsilbe ge-
bildet Im Ai. wirkte das fem. auf das masc. zurück, im Gr.
das masc. auf das fem.
Hom. ^IrjQa; avXfjQOfP, äßkrjQov (Hes.) neben lat lörum
wird gewöhnlich aus *e'/X'f]QO^ mit prothetischem &- erklärt
und zur wurzel /eX- gestellt Erscheint schon diese ableitung
der mangelhaften ausdeutung wegen (äreb tav rtsQuleiad-ai
jovg ifuxptag x^Q^^ '^^^ r^viixüiv Schol.; Curt et ^ 568; Fick
W. ' II 236 oder jtaQa jov uXaiv tovg inrtovg Doederl. Gl. 470)
gekünstelt, so weist noch die grundbedeutung von lat lörum
„riemen'* (als gürtel, peitsche oder zügel verwendet) darauf hin,
dass die gr. vorsilbe «v-, av- die bedeutung des wertes derart
zu specificiren imstande gewesen sein muss, dass evkijQa auf die
alleinige bedeutung „zügel'^ beschränkt wurde. Ich glaube dies
auch etymologisch rechtfertigen zu können. Mir scheint hom.
Ttaqriiov^ fcageud aus * n:aQ»rj/'iov, * Ttaq^^-iav in seiner Stamm-
silbe dasselbe dement zu enthalten, wie £i>, av. na^^iov be-
deutet „wangCy backe'S bes. von thieren und U. A, 142 y,backen-
stück am pferdezaum^S evkriga ist demnach der über die
backen des pferdes gehende riemen, also nur der „zügel^*. Die
Stammabstufung dieses elementes ist eine dreifache. *e^ (^ra-
Qijiov) : *eu (rtofeialy evXrjQa) : *9U (avXfjQOP^ KßXrfQov).
Anmerkung. Ob Ttag^iov zu der sippe ous-^ au«-
,mund etc.' zu stellen ist, vrie J. Schmidt schon angedeutet
hat, scheint mir sehr zweifelhaft; auch sind die lautverhältnisse
dieser sippe noch zu wenig aufgeklärt, um sie mit erfolg heran-
ziehen zu können.
Baden bei Wien. Hans Reichelt,
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46 W. Prellwitz
Lat. prfmöres.
In seiner habilitationsschrift „die comparationssuffixe im
Lateinischen" (IF. XI, 1 ff.) bespricht herr Ferdinand
Sommer unter den komparativen auch lat. pritnörSs (s. 64 ff.).
Er sieht darin, einem gedanken Pott's folgend mit Osthoff
(IF. YIII, 52) eine analogiebildung und zwar glaubt er den
weg aufdecken zu können auf dem „diese komparativische er-
Weiterung des Superlativstammes primo^ unter dem einfluss von
priin'^' zu stände gekommen sein soll. Er sagt: „Es konnte
nämlich« denke ich, leicht geschehen, dass bei den begrifflich
nahe verwandten wörtem priores und primi die genetive prio-
rum und primorum auch formell als gleichartig empfunden
wurden und die folge davon war, dass zu primonun nach dem
Verhältnis priorutn zu priores ein nom. primores, dat. primo-
ribus usw. geschaffen wurde''.
Mir scheint es fabelhaft, den Römern, deren sinn für geaetz
und norm ja bekannt ist, eine so geringe fertigkeit im dedi-
nieren zuzutrauen. Ich habe diese deutung hier nur als kenn-
zeichen für eine ganze gattung hingesetzt Betr^ der bedeu-
tung behauptet Sommer, dass sie eigentlich rein lokal, nämlich
„vorderer'' gewesen sei. Als beleg führt er Plaut. Trin. 4 2. 65,
Bacch. 4. 4 24, Poen. 3. 1. 63 an. Local war die bedeutung
allerdings, der gebrauch aber eigentümlicher weise zunächst auf
körperteile beschränkt und gar nicht komparativisch, sondern
durchaus superlativisch gleich primus.
Mich hat die erstgenannte stelle des Piautas vor jähren
bereits auf einen ganz anderen ein fall gebracht, der sich mir
auch jetzt noch zu bewähren scheint. Betrachten wir sie ein
wenig genauer. Ein sykophant ist von Gallicles gedungen, um
einen brief von dem fem geglaubten Gharmides an seinen ver-
schwenderischen söhn zu übergeben. Gharmides ist aber bereits
heimgekehrt und trifft den betrüger, der ihn gar nicht kennt,
vor seinem hause. Der geschwätzige sykophant erzählt ihm,
was ihn herführe, kann aber dem höchst erstaunten alten nicht
einmal den namen seines auftraggebers, mit dem er so eng be-
freundet sein will, nennen. Devorävi nomen imprudens modo.
Etwas beleidigt erwidert Gharmides: Non placet, qui amicos
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Lat primöres. 47
intra dentis condusos habet, worauf der sykophant: Atqui etiam
modo voreabatur mihi in labrie primoribus „und doch schwebt
er mir eben noch auf der zunge'S in dem er offenbar eine
sprichwörtliche redensart braucht ,,Er war mir ganz vom auf
den lippen^' steht im gegensatz zu intra dentes und zu devo-
ravi, ist also nicht im mindesten komparativ. Labrie primoribus
(Utingere braucht Cicero (de orat. 1. 19. 87), um eine ganz
oberflächliche beschäftigung zu bezeichnen, in demselben sinne
aber heisst es bei ihm de natura deorum 1. 20: primis, ut dici^
tur, labris gustasse physiologiam, wie ja überhaupt für primores
in jeder anwendang primi gesagt werden kann.
Wie den lippen wird unser wort in der alten spräche auch
gern der nase als attribut beigegeben. Vgl. Lucil. frgm. 427. 27
Eduxique animam in primoribus narUms, Afran. fi^m. in nari-
bus primoribus vix perferre. Lucr. 6. 1191 nasi primoris acu-
men ienue »»die äusserste nasenspitze war dünn'< (bei der be-
Schreibung der pest in Athen). Die fingerspitzen sind oft digiti
primäres. Digüis daobus primoribus sumere heisst ein wenig
mit zwei fingerspitzen nehmen (Plaut. Bacch. IV. 4. 675), vgl.
Cato de re r. 21. 2 u. s. Doch unterscheidet Cicero (Cael. 28)
primoribus labris gtistasse hoc geftus vitae et extremis,
ut dicüur, digitis attigisse. Die spitze der zehen heisst summi
digüij Turpilius aber sagt auch (frg. 31) sandalio innixa digi-
tulis primoribus. Primores dient also besonders zur bezeich-
nung des lippenrandes und der nasenspitze, der teile des ge-
siebtes, dann auch, mit naheliegender erweiterung des gebrauchs,
der digiti.
Danach erklärt sich mir unser wort als compositum aus
primus und os wie primaevus (CatuU) aus primus und aetmm.
In der declination stimmte labra primora^ nasi primoris,
u. 8. w. ganz mit den komparativen überein (vgl. inopum),
konnte daher leicht zu ihnen gerechnet werden. Dann musste
sich aber die bedeutung des zweiten bestandteils, der jetzt bloss
Suffix zu sein schien, verlieren und das wort die allgemeine
bedeutung „der erste, vorderste" erhalten. Wegen dieser ver-
quickung mit den comparativen hat man offenbar auch die
bildung des nominativ singularis vermieden. Denn *primös
oder ^primoris (vgl. muUinominis) wiche von den comparativen
ab, und die notwendigkeit * primor zu bilden, das wieder von ös
abstünde, lag nicht vor, da man ja primus brauchen konnte.
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48 W. Prellwitz Lat primöres.
Sehr nahe wird nun uns durch die angeführten belege die
Vermutung gelegt, dass pritnöres, zunächst immer nur zu teilen
des gesiebtes hinzugefügt, sieb erst allmählich einen weiteren
anwendungskreis erobert hat. Notwendig ist diese annähme
aber keineswegs. Denn ös heisst ja nicht bloss „mund, gesicht'S
sondern schon in alter zeit „vordere seite, rand*', wie öra und
das identische a!a (s. Bezzenberger o. VI 236), ags. ör, öra
(Kluge PBr. B. Vffl 522), worin Joh. Schmidt (Pluralbil-
dung der idg. neutr. 117) nur eine alte nebenfonn des neu-
tralen ÖS erkannt hat. Prtmo öre könnte danach „ganz vom,
an der Vorderseite'^ übersetzt werden und daraus dann das
spätere primöres entstanden sein, ohne dass die beziehung auf
das angesicht jene rolle gespielt hätte, die anzunehmen die
älteren belege so sehr nahe legen.
Dass hier hypostase eines ablativs (oder vielmehr eines
instrumentals der erstreckung) pritnö öre vorläge, schien mir
früher sicher. So ist z. b. aus muUis modis das öfter bei Te-
renz und einmal bei Nepos Themist. 10. 4 vorkommende mul-
timodis, aus miris modis ebenso mirimodis (Plaut Trin. 931 s.
Brix zu der stelle) entstanden und aus muüimodis weiter das
späte adjectiv muUimodus (Amm. Augustin). Über andere fälle,
wo nomina aus casus entstanden sind, s. o. XXIV 94 ff. Be-
sonders deutlich ist JuoiO'cqqiov aus Jii aan^Qiy worüber Fick
0. XXII, 236. Jedoch, es kann auch sehr wohl primäres sofort
als compositum in's leben getreten sein wie z. b. primaevus,
muUigeneris, magnanimus.
Tilsit. W, Prellwitz.
Die etruskischen familiennamen auf -^ ?/.
Neben den etruskischen familiennamen auf -^ra, -^uri,
■^uru, '^urnüy die ich in meinem vorigen artikel (o. XXV,
194 ff.) besprochen habe und die allesamt, wie sich gezeigt hat,
auf einen vomamen als basis zurückgehen, dessen erster teil
ein gottesname ist, während der zweite das wort -^r „-yovog,
-gena^^ enthält, giebt es nun noch eine weitere gruppe von
familiennamen, die auf 4ru endigen.
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Carl Pauli Die etruskiichen &miliennaiQen auf -tru, 49
Da Yon vorn herein^ lautlich sowohl wie im bau der formen»
eine gewisse ähnlichkeit dieser namen auf 4ru mit den obigen
auf '&ura u. s. w. besteht, so erhebt sich sofort die frage, ob
nicht diese formen auf 4ru auch Yon ähnlichem Ursprung seien,
wie jene, d. h. ob nicht auch sie als basis einen vornamen ent-
hielten, dessen erster teil ein gottesname sei, mit dem dann
das 4ru des zweiten teiles zusammengesetzt seL
Auch hier wird zunächst eine Zusammenstellung des
materials in derselben weise, wie bei den inschriften mit -^r-,
zu geben sein. Die einschlägigen formen sind die folgenden.
acnatru.
1) pulenoB ' vel^r • larisal acnatruaic • avüs * LXXV — •
Tarquinii — Ga, no. 800.
„Yelthur Pulenas, des Laris und der Acnatrui (söhn),
atmorum LXXV.
2) ptdencu - vü x larisal LXXV acnatruaic ' ^nxväua —
Tarquinü — Ga. no, 801.
„Vel Pulenas, des Laris und der Thanchvil Acnatrui (söhn),
annorum LXXV.
apatru.
3) ram&a z apah^i : lar^l : sex ' Ic^r^alc • äle&nal —
Tarqmnü — Fa. no. 2335 c.
„Ramtha Apatrui, des Larth tochter und der Larthia
Alethnei''.
4) lar9' * am&al * plecua : clan : ram&[a]sc : apatrwü :
Tarquinü — Fa. no. 2335 a.
„Larth, des Arnth Plecu söhn und der Ramtha Apatrui^^
Grabschriften Yon mutter und söhn.
apaiatru,
5 a) ram^a huzcnai dui : aii : nacnva ; lar&ial | apaia-
trus Tarquinü — Fa. suppl. I, no. 436 a.
b) ram^a : huzcnai : »ui : cem : afi : nacna : lar9idl :
apiairus Tarquinü — Fa. suppl. I, no. 436 b.
„Ramtha Huzcnai li^ hier in diesem grabe des Larth
Ap(a)iatru*^
Beitrtg« z. knd» d. ia^. ipiBolieu. XXVI. 4
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50 Carl Pauli
verairu.
6) vi ' veratru | wpalia§ — Clusium — Fa. suppl. I, no.
251 bis i - CIE. no. 1566.
„Vel Veratru, der Uphalia (söhn)**. .
7) f* ' vefrjatru \ utpaliasi — Clusium — Fa. suppl. I,
no. 251 bis k « CIK no. 1567.
„Larth Veratru, der üphalia (söhn)".
Grabschriften zweier brüder.
8) la vera\tf^ \ freias — Clusium — Fa. suppl. I, no. 251
bis 1 = CIE. no. 1569.
„Laris Veratru, der Freia (söhn)".
9) Aule ' Veratrg \ Atdes — Clusium — Fa. suppl. I,
no. 251 ter aa = CIE. no. 1571.
„Aule Veratro, des Aule (söhn)".
Die inschrift ist in lateinischer schrifb.
10) q>fla : veratrsa \ lavtnita : pumal — Clusium — Fa-
suppl. I, no. 251 bis h »- CIE. no. 1570.
„Phila, des Veratru (gattin), die freigelassene der Pumei".
Ohne zweifei eine griechin.
IIa) ha • veratrunia \ vdu — Clusium — Fa. suppl. I,
no. 222 bis a - CIE. no. 2162.
b) ha ' verairunia — Clusium — Ga. no. 343 = CIE.
no. 2163.
„Hastia Veratrunia, des Vel oder der Velui (tochter)".
a. Grabziegel, b. 011a, beide auf dieselbe person sich be-
ziehend.
12) Hagtia • Veratronia — Clusium — Fa. suppL I, no.
251 ter z = CIE. no. 1572. Gleichfalls in lateinischer schrift
geschrieben.
lemnitru.
13) petnis : vel^r : lemnitru — Surrina — Ga. no. 74S.
„Velthur Petrus Lemnitru".
faUru,
14) a faUru titis dunum dede — Tuder — Fa. no. 85.
„Aulus FaÜronius Titio donum dediV,
Die inschrift ist umbrisch, aber mit etruskischen dementen.
Ein solches ist auch der name faUru. Dass wahrscheinlich
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Die etruskischen familienDamen auf -dru. 51
das N hier nach den wert f (nicht h) habe, davon habe ich
Altit. forsch. III, 123 gehandelt Die frühere leeung und deu-
tung ahal trutitia „Ahala TruttidiuB^' ist zu rerwerfen.
15) hairunia : l : vipiä \ murituua — Clusium — Fa. suppl.
I, no. 251 bis o.
„Ha(l)trunia, die lautni&a des Vipi, des Murina (gattin)''.
Die form hatrunia steht in Clusium lautgesetzlich für
fdUrunia. Auch über diesen namen habe ich Altit forsch. III,
123 gesprochen.
faslntru,
16) vd • fastntru ' a& — Clusium — Fa. no. 562 ter g =s
CIE. no. 941.
,,Vel Fastntru, des Amth (söhn)''.
17) a^ * famtru * aimmias — Clusium — Fa. spL III,
no. 212 » 6a. no. 179 ^ CIE. no. 3038.
,,Arnth Fasntru, der Sinunia (sohn)'^
18) 9a : cupdnei : faatntrusa — Clusium — Fa. no. 494
bis c = CIE. no. 1326.
„Thana Gupslnei, des Fastntru (gattin)*'.
20) ... . fastntru : marenal — Clusium — Fa. no. 562
ter f — CIE. no. 946.
,,.... Fastntru, der Marcnei (söhn)'*.
21) «I : hasintru : marcnal — Clusium — Fa. no. 562
ter e =» CIE. no. 945.
„Val Hastntru, der Marcnei (söhn)".
22) a& * tutna * hastntru * sutnal — Clusium — Fa. no.
562 ter b - CIE. no. 942.
„Amth Tutna Hastntru, der Sutnei (söhn)'*.
23) 9ana • tutn fu • faUuäla • mqrenäa — Penisia — Fa.
no. 1818.
„Thana Tutnei Fastntrui, des Maroni Paltusa (gattin)".
tuin fu ist abkürzung für tutnei * fastntrui.
Neben diesen formen auf -tru steht nun noch ein weiterer
name, der seiner ganzen erscheinung nach mit ihnen verwandt
sein kann und dessen belege iqh daher gleichfalls hier anfüge.
Es ist dies der name
4*
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52 Carl Pauli
»ac(u)i(u}ra.
24) lar» : »acu^ra ^ Clußium — CIE, no. 2318.
,,Larih Tbacutura''.
lar» • »acprq • Clusium — CIL. no. 2319.
,,Larth Thactra''.
25 a) t^ : 9actara : 19 : aülias : ) — Clusiam — Fa. no.
b) vi : »actara : /* : aulia§ 12558 ter— CIE.no. 2320,
„Yel Thactara, des Larth (und) der Aulia (söhn)*'.
Doppelinschrift auf den beiden seiten eines grabziegels.
25) hasUa : dauitrei : qulia^ : d - — Clusium — Fa.
no. 48 - CIE. no. 2321.
„Hastia Thactrei, der Aulia (und) des Vel (tochter)^'.
Die erste frage, die sich hier erhebt, ist die nach dem Ver-
hältnis dieser formen zu denen auf --Sura u. s. w. Unter diesen
letzteren gab es auch solche auf — 9uru (diese zeitschr. 25, 203),
die sich in -Sru zusammenziehen, und da es feststeht (cf. Deecke
in Müller Etr. II ^ 413 sqq.), dass im Etruskischen nicht selten i
und d- mit einander wechseln, so könnten die namen auf -im mit
denen auf -^rti identisch sein. Aber andererseits ist auch die
möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass zwei verschiedene bil-
düngen vorliegen. Es muss versucht werden, festzustellen,
welche dieser beiden möglichkeiten thatsächlich vorliege. Die
familiennamen auf -^ura u. s. w. waren abgeleitet von Vor-
namen auf -^r, und so wird sich die Untersuchung zuerst
darauf richten müssen, ob sich neben den formen auf -9ur bei
denselben vomamen auch die Schreibung mit 4¥r finde. Das
ist nun in der that der fall. Es waren der unmittelbar beleg-
baren vomamen auf -^h«r vier, nämlich am&ur, lar&ur, vd9ur
und ündMr. Von diesen haben lar&ur und vd&ur nun wirk-
lich formen neben sich, die mit i geschrieben sind. Die belege
sind die folgenden:
veUur — Bologna — Fabr. suppL 11, no. 1.
vdtur • lard' — Viterbo — Deecke in dieser zeitschr.
I, 108. no. XVn.
laturus ipianus apan in — „des La(r)tur Ipiana geschenk
(ist) dies" — San Zeno bei Bozen — Fabr. no. 23.
Über Worttrennung und deutung dieser inschrift habe ich
Altit. forsch. I, 101 gehandelt Damach steht die form laturuM
für larturus, genetiv von lartur.
Es liegt nahe, anzunehmen, dass diese beiden namen veUur
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Die etrnskischeti fatniliennamen auf -4$^. 53
und lariur nur laufliehe nebenformen von pd9ur und lar9ur
seien, and Deecke (Etr. forsch. III, 124) sieht die saohe in der
that 80 an, idlein notwendig ist diese annähme keinesw^, es
li^^ vielmehr grände vor, die gegen sie sprechen.
Zunächst ist es ja zwar richtig, dass im Etmskischen
Tenues und Aspiraten mit einander im Wechsel sich finden,
allein, abgesehen von fremdwörtern, ist dieser Wechsel im ganzen
doch nicht sehr häufig und im allgemeinen hält das Etniskische
beide laute reinlich aus einander. Zwar sagt Deecke (in K. 0*
Müllers Etr. 11 *, 412): „Die aspiration ursprünglicher tenues,
bei fremdwörtern auch hin und wieder einer media, ist eine in
der etmskischen spräche weit verbreitete erscheinung^S und er
fugt dann eine lange liste bei, in der dieser lantwandel statt-
finden soll; allein von dieser liste wird, bei kritischer Unter-
suchung, wohl die reichliche hälfte der gegebenen beispiele zu
streichen sein. Deecke selbst hat das gefühlt und fugt vor-
sichtig hinzu: „Ebenso ist es nicht selten zweifelhaft, ob zwei
lautlich nur durch aspiration unterschiedene stamme auch wirk-
lich identisch oder von vorne herein aus verschiedener würze
oder bildung entsprossen sind^.
Weiter sollte man glauben, dass, wenn wirklich zwischen
unseren formen auf 4ru und denen auf ^(u)ru Zusammenhang
vorhanden wäre, doch bei irgend einem der belegten gentil-
namen ii^nd einmal die beiden suffixformen -tru und -dru mit
einander wechselten. Aber das ist nicht der fall, es giebt dafür
auch nicht ein einziges beispiel. Auch das spricht dafür, dass
beide bildungen von hause aus unverwandt sind.
Dazu kommt endlich noch der umstand^ dass sich in den
obigen beiden vomamen die doppelformen vd&ur, lar&ur und
vdHir^ lartur ohne gleichsetzung mit einander völlig genügend
erklären lassen. So wie wir nämlich im GMechischen z. b. ein
'ArcolXoyhrjq und ^AftolXodüHiog neben einander haben, so kann
auch im Etmskischen eine bildung auf -^ur „-T^mjg^^ eine solche
auf -dur „-dtoQO^* neben sich haben und letztere zu dem vor-
bum turce „deiü^ gehören. Das ist um so wahrscheinlicher,
als wir in dem götternamen fnuafU(u)mB (ct. die belege so-
gleich) eine bildung besitzen, die in ihrem zweiten teil die
Wurzel tur „geben** sicher enthält.
Damit würde dann zuglei<di bereits die bedeutung dieses
'tur, wie es veltur und lartur bieten, gefunden sein. Und da-
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54 Carl Pauli
mit würde uns dann wahrscheinlich auch weiter die bildung
unserer namen auf -tru erschlossen sein, dieses freilich nur
unter der Voraussetzung, dass dies 4ru für -turu stände. Das
lässt sich allerdings nicht unmittelbar beweisen, denn bei den
oben belegten namen findet sich immer nur der ausgang in
-'tru, kein beispiel einer form -turu. Dennoch aber ist es wahr-
scheinlich, dass dies -tru für •4uru stehe. Dafür haben wir
zunächst die analogie der formen auf -^h«rtt und -^ru. Wenn
dort letztere form aus ersterer hervorgegangen ist, so ist der
gleiche Vorgang auch für -fru wenigstens nicht unwahrschein-
lich. Dafür haben wir weiter den soeben schon erwähnten
gottesnamen fnu€mt(u)m8j der ganz sicher und ohne jeden
zweifei in seinem zweiten teile die wurzel hir „geben*^ enthält.
Dieser aber ist auf dem spiegel von Tuder (Bull. 1886, 232)
fßfujqnturns, dagegen auf der Statuette von Cortona (Fabr. no«
1055 bis =s GIE. no. 447) muantmä geschrieben. Und dafür
haben wir endlich den oben unter no. 24 sqq. belegten familien-
namen d'a€(u}'t{u)ra. Das Verhältnis der hier sich zeigenden
bildung auf -iura zu -^u ist natürlich kein anderes, als das,
welches oben in -&ura zu '^(ujru vorlag, d. h. -a und -« sind
die gentilsuffixe und die basis endigt auf -tur. Hierbei darf
ich freilich ein bedenken und eine möglichkeit nicht ver«
schweigen, die der form Ventura ihre beweiskraft nehmen
würde, die nämlich, dass das u in -iura nur svarabhaktischer
natur wäre und sein dasein dem vorhergehenden u verdankte.
Die zahl solcher svarabhaktischen laute ist im Etruskischen
recht bedeutend (cf. Deecke in Müllers Etruskern II ', 353 sqq.),
und gemeiniglich nimmt dort ein solcher die klangfarbe des
vorhergehenden vokals an. Diese möglichkeit werden wir aller-
dings offen halten müssen und werden zugeben müssen, dass
das 'tru auch für -taru, -teru oder allenfalls auch 4iru stehen
könnte, aber andererseits ist auch das möglich, dass nicht das
zweite, sondern das erste u svarabhaktischer natur sei, denn
auch diese erscheinung findet sich nicht selten, und dann ist
das u von 4ura echt und auch 4ru mit warscheinlichkeit als
für -tum stehend anzusehen. Welche dieser beiden möglich-
keiten vorliege, lässt sich im augenblick nicht entscheiden, aber
mir seheint, die grössere Wahrscheinlichkeit sei für ^uru. Bis
zum nachweise, dass es anders sei, nehme ich also an, wenn
auch nur bedingt, dass das 4ru für -turu stehe, di^ss dies -^urfi
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Die etruskischen faiuilien Damen auf -tru. 55
als basis auf Vornamen mit ^iur, wie veUur, lartur, zurückgehe,
und dasB dies -tur zu hirce ^dedW gebäre, so daas also die
bildungen auf '4ur den griechischen auf -dwQog (oder -dovog)
entsprechen würden. Und unter dieser Voraussetzung ist als-
dann auch das nebeneinander der formen auf '&ur und -tur
TÖlHg klar, denn, wie im Griechischen z. b. OsAyorog und QMowog
neben einander bestehen, so im Etruskisohen vel^ur und vdtur.
Und wie nun im Griechischen beide bildungen, die auf
-ycfvog und die auf -dorog, vielfach theophorer natur sind, wie
ein grosser teil der etruskischen bildungen auf -^Nr mit Sicher-
heit, andere wenigstens möglicherweise als gleichfalls theophor
sich herausstellten, so liegt es nahe, dasselbe auch für die
namen auf 4ur zu vermuten , und in der that haben wir ja
in vdiur und Uartur bereits solche theophore namen auf 4ur
vor uns (cf. oben pag. 52), sofern sie mit Sicherheit „a Jano
daius^ und „a Mofie daius^ bedeuten.
Von dieser grundlage aus werden nun die einzelnen gentil-
namen auf -iru zu untersuchen sein, ob und welche götter-
namen in ihrem ersten teile enthalten seien.
Bevor ich aber in diese Untersuchung eintrete, ist noch
ein einwand zu erledigen, der möglicherweise gegen meine an-
nähme, 'tru stehe für '4uru und gehöre zu tur „geben'S von
vom herein erhoben werden könnta Man könnte die bildungen
quinquätruSy sexätrus, triätruSj septimOirua, decimätrus (Festus
254 Mü.) vergleichen, die bei Tusculanem und Faliskem für den
so und so vielten tag nach den Iden in gebrauch waren und für
bestimmte feste, die alsdann gefeiert wurden. K. 0. Müller (Etr.
II *, 48 not 29 a) und andere halten diese bildungen für etrus-
Usch. Unter dieser Voraussetzung könnte man dies suffix 4ru,
welches ja ein sicherer n-stamm ist, mit dem -^ru in apatrUf
veratru identifizieren und in diesem ein blosses ableitungssufüx
sehen wollen. Aber diese annähme lässt sich leicht wider-
legen. Die drei formen triätrus, septimairuSj decimatrus zer-
legen sich nur in tri-^UruSy septim-oirus, deeim^rus, und auch
für quinqu-atrus und sex-öims ist eben diese Zerlegung wahr-
scheinlicher ^). Dadurch wird die identifizierung mit unseren
Personennamen unmöglich, denn l$mn%tru und ^acutura ent-
halten am ende des ersten teiles gar kein a. Beide bildungen
haben also mit einander nichts zu thnn.
>) S. o. 28, 68 n. Pr.
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56 CSarl Pauli
Nunmehr kann ich mich dem nachweise der in unseren
namen auf 4ru enthaltenen göttemamen zuwenden. Ausser
den in den oben schon genannten vdtur und lartur steckenden
göttem v$(%)lan „Janus^^ und la(u)ran ,,Mars^^ wären also die
götter oder göttinnen acna^ apa und apaia, vera oder veran
(beides ist möglich), lemni, falan und faOan nachzuweisen.
Von diesen ist der falan, auf den fäUru zurückgeht, dessen
basis *fal^r lautet (cf. diese zeitschr. 25, 219), ohne weiteres
klar; so wie fala&res auf ^fdb^ihir „a Cado genüus^ zurückging
(cf. 1. c), so faitru auf *fähstur „a Cado datus". In faatntru
ist der erste teil, das fastn- ohne zweifei desselben Stammes,
wie der vomame fasti (perusinisch), hastia (clusinisch), dessen
grundform somit fastia lautet Das hat auch Deecke (Etr.
forsch, ni, 364) bereits gesehen, nur irrt er, wenn er fadniru
direkt von fastia ableiten will, da in Wirklichkeit beide formen
nur seitenverwandt sind. Als grundform des gottesnamens
fcisttv- ergiebt sich yielmehr *f(i(u)8tan, gebildet mit demselben
Suffix -an^ das wir soeben in * falan hatten und mit dem auch
eine ganze reihe anderer göttemamen, wie turan, laran, &esan,
mean, alpan, veilan, aran u. s. w., gebildet ist Da in der
flexion dieser namen das a des Suffixes schwindet, wie ich be-
reits anderweit (cf. £tud. ded. ä G. Leemanns 228 u. diese zeit-
schr.) nachgewiesen habe, so ist auch hier das fastn- in der
Zusammensetzung die völlig normale form für ^fastan. Dass
dies fastan für faustan stehe, habe ich soeben schon angedeutet
Die vokale au und ä wechseln im Etruskischen sehr häufig: so
haben wir neben einander raufe (z. b. Fa. no. 1307 » CIE.
no. 3556) und rafe (z. b. Fa. no. 1309 - CIE. no. 3558),
satUurine (z. b. Fa. no. 1751 bis — CIE. no. 4443) und 8ah4re
(z. b. Fa. no. 702 - CIE. no. 2736), lautni (z. b. Fa. no. 596
— CIE. no. 2196) und latni (z. b. Fa. no. 1218 == CIE. no.
4028), laucane (z. b. Fa. no. 646 — CIE. no. 2374) und lacane
(z. b. Fa. no. 1623 — CIE. no. 3353) u. s. w. (cf. Deecke in
Müllers Etr. II *, 370 sqq.). Der gleiche Übergang ist für fasti
und *fa8tan freilich nicht direkt nachweisbar, denn das genti-
licium [fjaustinefij, welches Gamurrini in seiner no. 181 liest,
beruht auf falscher lesung (cf. CIE. no. 1973); allein aus den
lateinischen namen Fauattis und Fausta, auch Fauriia (z. b.
Gruter 1138 no. 6 als cognomen, wie es schdnt, und unmittel*
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Die etruskischen fAmiliennamen auf -tru, 57
bar gleich dem etr. fadia, folgt dies au auch für das Etnuh
lösche.
So weit die form! Was nun die Persönlichkeit dieses
fa(8)ian anlangt, so liegt es nahe, zunächst an den Faustulns,
den gemahl der Acca La(u)rmtia, asu denken, die ja selber
auch einen etruskischen namen trägt, sofern das lat La(u)-
reHÜa gleich dem etr. Iarn9ia ist, auch hier mit dem gleichen
Wechsel des au und ^l. Das sufifix in Famtulus ist ja freilich
ein anderes, als in fasUzn, und keine von beiden kann ans dem
anderen hervorgehen, allein wechsebde suf&xe bei ein und dem-
selben gottesnamen finden wir auch sonst So haben wir z. b.
neben einander lat Juno, etr. uni (— Junta) ^ so im Etruski-
schen selber neben einander vAjUjaM und vd%anuj alpan und
alpnu, zipna und zipanu. Es könnte also an und für sich
auch etr. *fastan und lat. Fa^tUdm derselbe gott sein, denn
dass in dem angeblichen hirtenpaar Faustulus und Acca Lor-
reniia der letzte niederschlag eines götterpaares stecke, wird
wohl niemand bestreiten. Da es ein hirtenpaar geworden ist,
so würden es ursprünglich ohne zweifei hirtengottheiten ge-
wesen sein, die hier vorliegen. Aber trotzdem somit möglich
wäre, dass etr. ^faskm und lat Faushdus ein und derselbe
gott sei, so wird dennoch nur entferntere Verwandtschaft vor-
liegen. Denn es ist ein anderer lateinischer gott vorhandmi,
der nähere ansprüche auf den ^fastan erhebt Dies ist der
Faunus. Ein hirtengott auch er, aber in dieser form mit
^fasian unmittelbar identisch. Es giebt einen etruskischen
Vornamen turan, dessen regelrechter genetiv turna belegt ist
durch tue : eenaU : tums — Volsinii vet — Ga. no. 582.
„Tite Ecnate, des Turan (söhn)''; dies turan aber ist der name
Turnus des Vergil. Gegen die gleichung aber tau(8t)nus :
*fa(u)stan as Tumm : turan ist nichts einzuwenden. Dass
in dieser lautlage das $t im Lateinischen ausfallen musste, ist
selbstverständlich, während im Etruskischen, das ja gegen kon-
sonantengruppen weniger empfindlich ist, das st von fastniru
sich zu erhiüten vermochte. Auch vor l ist das st unseres
namenstammes geschwunden in dem lateinischen gentilnamen
FeUus, älter Födius, den Mommsen (röm. forsch. I, 115) mit
redit auf Faudüius zurückgeführt hat Dies aber ist die regel-
mässige ableitung von Faustulns, wie famüia von famulus,
Sicilia von Siculus, Hastäius von Hostulus, dem deminutiv zu
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58 Carl Pauli
Hostus, CaecUius von Caeculus u« s, w. Damit ist also der in
fastntru zu gründe liegende gott endgültig als der Faunus
nachgewiesen, und es heisst somit der dem fastntru als basis
zu gründe liegende vomame ^faslviur „a Fauno datus^.
Der name einer göttin liegt vor in aenatru. Zwar würde
die endung -a in acna- an sich nicht weiblich zu sein brauchen,
denn es giebt im Etniskischen eine ungemein grosse zahl männ-
licher formen auf -a; allein der name der göttin ist direkt
nachweisbar.
Es giebt eine göttin aucena, die auf einer pränestinischen
cista erscheint Mit diesem aucena ist das acna- unmittelbar
identisch. Über den Wechsel des au und a ist soeben ge-
sprochen worden, der ausfall des inneren e aber ist so gewöhn-
lich, dass es dafür keiner belege bedarf. Deecke (in Müllers
Etr. II >, 334) handelt von dieser synkope und giebt 88 bei-
spiele des ausfalles allein vor folgendem n. Zu ihrer sachlichen
deutung verhilft uns die Hesychiusglosse avmjlcog' &a$ vno
TvQqtrjvwv. Mommsen (unt. dial. 349) und andere nach ihm
haben das zwar in aiariXtaq ändern wollen, aber, wie ich glaube,
zu unrecht Die glosse steht an ihrer richtigen stelle unter
avx- und ist somit ganz unverdächtig. Der Wechsel der suffixe
hindert nach dem, was ich soeben unter *fastan bemerkt habe,
die identität keineswegs. Mit der deutung als f, Aurora*^ stimmt
auch die darstellung aufs beste. Die Aucena fahrt in voller
bekleidung auf einem wagen daher. Ihr vorauf geht ein knabe,
sicher der morgenstem. Unter den drei pferden ihres wagens
sind zwei schlangen, seitlich von jenen ein löwe sichtbar. Das
ist das getier der nacht, welches vor dem herankommenden
morgenrot entweicht. Das gegenstück der Aucena auf der an-
deren Seite des deckeis ist die Veitus.
Damit ist das acnatru allseitig erklärt, und es bedeutet
der als basis ihm zu gründe liegende vomame * a(u)c(e)natur
somit: „ab Aurora datus^.
Ein gottesname lässt sich auch für apairu nachweisen.
Bezüglich dieses namens habe ich früher (Etr. fo. u. stu. III, 60)
angenommen, dass apatru für aupatru stehe und zu lat OpUer
gehöre, somit in aurpatr-u sich zerlege. Das ist lautlich und
begrifflich auch jetzt noch völlig untadelig, denn so gut von
Opüer im Lateinischen die gentilnamen Opüreius, OpUranius
herkommen, so kann etr. aupatru davon herkommen, ja es
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Die etruskischen familiennamen auf -tru. Ö9
würde nach den gleichungen etr. pumpu, lat. Pompanius; etr.
päru, lat. Petranim; etr. veratru, lat Veratranius mit lat
Opitroniua unmittelbar identisch sein. Und auch Tonseiten der
bedeatnng wfirde nichts auszusetzen sein, denn au^patr^ würde
^^Ev7$m(OQ^^ bedeuten. Aber dennoch halte ich selber jetzt
diese deutnng nicht mehr für richtig. Die analogie der übrigen
formen auf -im, so wie die form apaicUru, von der sogleich,
machen es mir jetzt geratener ^ auch in apatru einen gottes«
namen zu suchen. Und in der that lässt sich ein gott apa
ohne weiteres nachweisen. Es ist nämlich sehr einleuchtend,
dass mit dem apa in apatru die weiteren formen apasi (Fa.
no. 2057, aus Surrina), sndetruskischer genetiv von apa, und
apasianamr (Qa. no. 794 aus Tarquinü) zusammengehören.
Die erstere form erscheint in einer aufzählung der ämter des
Terstorbenen, und es ist sehr möglich, dass in dem teile, der
die form apasi enthält, eines priesteramtes erwähnung ge«-
schieht und dass apasi „des (gottes) apa*' bedeutet Entspre-
chende genetiyische göttemamen in priestertiteln finden sich in
lateinischen inschriften zahlreich, z. b. paniifex Vestae, flamen
Mortis, ponUfex Vdcani, saeerdas SOvani u. s. w. (Wilmanns,
Exempla index). Das apastanasar befindet sich in der Tamba
df^li Äuffuri, und zwar neben der person eines der „auguri o
sacerdoH^ zur rechten der gemalten thür auf der frontwand.
Es ist mir kaum zweifelhaft, dass auch die Ton links nach
rechts verlaufende inschrifb neben dem priester zur linken als
tanasar zu lesen sei, wie in der that auch die Notizie degli
Scavi (1878, 130) tanasa(r) lesen. Daraus folgt doch wohl,
dass apastanasar zwei worte enthält, nämlich apas tanasar, und
dass diese als „priester des apa^^ zu übersetzen sind. Auch in
reg. 14 der Placentiner bronze begegnet ein abgekürztes ap,
in dem freilich Deecke keinen göttemamen, sondern, mit dem
e der folgenden zeile zusammen, „eine hinweisung auf den
nahen westpunkt'* sehen wollte. Mir ist ein abgekürzter götter-
name wahrscheinlicher, dann aber natürlich nicht aplu, sondern
apa. Aber auch ohne dies unsichere ap dürfte die existenz
eines gottes apa genügend nachgewiesen sein ; das weitere über
sein wesen und seine bedeutung verschiebe ich für eine andere
Untersuchung.
Zur Seite des apa scheint eine weibliche gottheit apaia
oder apia gestanden zu haben, wie sie aus den formen apaiatru
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60 Carl Pauli
und apiairu (oben no. 5) sich ergiebi. Ein weiterer direkter
nachweis derselben scheint sich indes, soweit ich sehe, nicht zu
finden.
Auch der in verairu steckende göttername ist nachweisbar.
Zwar einen namen veran (masc.) oder vera (fem.), was an sich
beides möglich wäre, vermögen wir nicht nachzuweisen, aber
wohl eine andere bildung von dem gleichen stamme. Des
Faunus gattin wird Verüia genannt
Da wir nun in den namen vela&ri und aneidara den
Janus, in dem namen vendia9ura seine gattin gefunden
haben (cf. diese Zeitschrift 25, 220), und da wir femer oben fest-
gestellt haben, dass der in fastntru steckende gott ^fasian der
römische Faunus ist, so ist es von vom herein nicht unwahr-
scheinlich, dass uns auch seine gattin begegnen würde. Und
sie eben finde ich nun in der in veratru enthaltenen vera. Die
form Verüia ist eine koseform, denn das -ilia sind deminutiv-
suffixe, das Vera ist die dazu gehörige kurzform ohne diese
Suffixe. Dass koseformen mit einfachen kurzformen in der
namengebung abwechseln, lässt sich sowohl bei Etruskem, wie
Römern auch sonst nachweisen. So haben wir z. b. etr. cupdna
(Fa. no. 638 = GIE. no. 20Ö0; Fa. no. 638 bis « GEB. no.
2054) mit kosesuffix l neben cupena (Fa. no. 538 s GIE. no.
1442; Fa. no. 638 ter b — GIE. no. 2052) ohne dasselbe, beide
formen aus derselben familiengruft ; so lautet der Familienname
etr. venzüe (Fa. no. 793 ^ GIE. no. 1437) in lat-etr. form
Vensius (ebendort); so heisst ein und derselbe mann in lateini-
schen inschriften bald Proculue, bald Procue (CIL. IV, no. 1016
und 1081; cf. das. index). Bei dieser Sachlage hat es nicht
das geringste bedenken, anzunehmen, dass die göttin Verüia
auch Vera habe genannt werden können. Ob auch das Veris
fructua in der achten region des Martianus CapeUa (cf. Deecke
Etr. fo. IV, 18), falls die lesung richtig ist, etwa auf unsere
göttin bezug habe, muss dahin gestellt bleiben, da, soweit ich
sehe, sachliche anhalte fehlen. Damit dürfte die göttin vera
für den familiennamen vercUru genügend nachgewiesen sein.
In lemnitru würde ein göttername *lemni zu suchen sein.
Ein solcher name kann im Etruskischen sowohl männlich (-» —
-16 = ius), wie weiblich (-t — -ta) sein, es könnte somit ein
Lemnius oder Letnnia darin stecken. Nun ist Lemniue ein
beiname des Hephäsius, Lemnia ein solcher der PaUae (cf.
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Die etraskisehen familiennameD anf -dru. 61
Rofioher, Lex. d. mytb. 11, 1987/88), nnd da beide gottheiten,
ersterer als se^ans, letztere als menrva, aach in Etrurien ver*
drt worden, und da femer die gleiche bezeichnang aii^alia
für LemnoB und fiir Elba gilt und damit gewisse beziebangen
g^eben scheinen, so könnte das ^lemni wohl der „Lemnier^^
SephaettiM oder die „Lemnierin'' Minerva sein. Für möglich
halte ich das. Allein es giebt noch eine andere mi^lichkeit,
die mir persönlich wahrscheinlicher dankt Die form lemni
kann im Etmskischen für lemuni stehen, eine lauterscheinung,
so gemein, dass es besonderer belege dafür nicht bedarf. Nun
haben wir die römische Tribos Lemonia, von der Paul. Diac. 115.
Mü. berichtet: „Lemonia iribus a pago Lemanio appellata est,
qui est a parta Capena via Latina.^ Der pagus Lemanius
wird eine wenigstens zum teil etruskische bevölkerung gehabt
haben — die parta Capena, Tusculum nnd Praeneste beweisen
es —, und so wird auch sein name etruskisch sein. Das findet
einen halt an den Lemures, die offenbar etruskisch sind. Der
kult an den Lemuria hat ganz etruskischen charakter, und
der name ist, wie Wissowa (in Roschers Lex. d. mythol. II,
1938) mit recht sagt, etymologisch völlig dunkel, denn die
herleitong Ton Bemuria ist ja natürlich unfug. Ich glaube
also, man wird nicht fehlgehen, wenn man die Lemures ab
etruskischer herkunft ansieht, neben ihnen noch einen gott
Lemanius ■■ etr. *lem(u)ni annimmt und diesen in *lemnitur
findet» so dass es bedeutet „a Lemania daim".
Der letzte noch übrige iamilienname ist i^acutura^ In ihm
würde also ein gottesname *^ae(u) stecken müssen, falls auch
er eine theophore bildung ist Auch dieser gottesname ist,
wenn auch auf einem kleinen umwege, sicher nachweisbar.
Schon oben (pag. 56) haben wir gesehen, dass im Etrus-
kischen die laute au und ä vielfach wechseln. So kann also
auch in unserem namen das ^ac- für ^ue- stehen. Dies vor-
ausgesetzt^ ergiebt sich die fragliche gottheit sofort. Der vater
des Turnus heisst bei Vergil (z. b. Aen. X, 616) Daunus. Wie
nun Turnus auf etr. turan (cf. oben pag. 57), wie Fau(stjnus
auf etr. *fa(u)stan (cf. oben pag. 57) ging, so geht Dau(c)'
nus auf etr. ^^(u)eany und dieser *^aucan ist der in d-acu--
iura steckende gott. Es ergiebt sich also jetzt, dass von den
oben erörterten beiden möglichkeiten eines svarabhaktischen
tt in ^aciUura die zweite die thatsächlich vorliegende ist und
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62 Carl Pauli Die etruskischen familiennamen aaf 4ru.
dass somit ^aeStura fiir ^aetura steht Die analogie von vd-
dwr für vtib(^rj Toa lar9ur für larQ^^ur u. s. w., über die ich
diese zeitsohr. gehandelt habe, zeigt uns, dass auoh *&aciur,
die basis von ducturay für *^a(%>c^tir steht und somit j,a
Dtmno datus^ bedeutet.
Es hat sich somit ergeben, dass, wie in den namen, die
mit -^ur gebildet sind, so auch in denen mit 4ur mit mehr
^ oder minderer Wahrscheinlichkeit im ersten teile göttemamen
enthalten sind und dass wir somit in diesen zwei gruppen von
namen solche von theophorer natur vor uns haben.
Aber mit diesem ergebnis ist die Untersuchung noch nicht
abgeschlossen, es schliessen sich vielmehr noch einige weitere
fragen daran an. Wir beobachten erstens, dass es neben vd-
dtir die vomamen vel und vdia, neben tindvr den gentilnamen
tin, neben arn9ur die vomamen amd' und arn9ia, neben lar-
&ur die vomamen lar^ und lar&ia u. s. w. giebt, ebenso, dass
neben fastntru der vomame fastia, (ebenso neben &anxvä auch
x^ania und d^ana) stehen, und es wird zu untersuchen sein,
welches das Verhältnis dieser kürzeren namensformen zu den
längeren mit -^r und -tur zusammengesetzten sei. Aber
zweitens erheischen auch die göttemamen selbst noch eine
weitere Untersuchung. In der besprechung der namensbil-
dungen auf -d^ur und -tur habe ich mich damit begnügt, die
gottheiten, deren namen in dem ersten teile jener formen ent-
halten waren, nur überhaupt nachzuweisen, bin aber auf die
gottheiten selbst nicht näher eingegangen. Allein es knüpfen
sich an diese gottheiten eine reihe weiterer fragen teils ge-
schichtlicher, teils sprachlicher art an, die von grosser Wichtig-
keit sind, und so wird denn in einem besonderen artikel auch
auf diese dinge eingegangen werden müssen.
Drittens aber steht noch eine weitere frage mit unseren
namen in Zusammenhang. Gestützt auf die tbatsache, dass der
ctruskische name der stadt Volaterrae mit dem familiennamen
vela&ri gleichlautend ist, wird man zu untersuchen haben, wie
das Verhältnis etruskischer städte- und familiennamen zu ein-
ander überhaupt sei. Auch diese frage ist von nicht unerheb-
licher geschichtlicher Wichtigkeit.
Auf die erörterung dieser drei fragen werden sich dem-
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Elia Lattes Bemerkungen zu etruskischen inschriften. 63
nach drei weitere abechnitte meiner Untersuchung zu richten
haben.
Lugano. Carl Pauli,
Bemerkungen zn etmskisohen Inichriften.
Zu der abhandlung von C. Pauli o. XXV» 194—227 er-
kube ioh mir ein paar thatsäohliche berichtigungen mitzuteilen.
199, 23. 24 »inedc: beide inschriften sind schon von
Pellegrini in Not. de Scavi 1898. 312 nr. 41. 42 gedruckt,
von Nogara im Annuario della R. Acoad. Scientifico-Letteraria
di Milano 1898 — 99. 137 = 6. 41 des ausz. nach autopsie re*-
vidirt und von mir das. verbessert worden; nur dass sowohl
Pellegrini als Nogara in nr. 23 amda statt amda\l und 24
haglia statt ßania sahen.
201, 52: die lesung vezOmei ist durch GIE. 1624 v(e)Z''
6(maJ bestätigt (St it. di fil. dass. Y 268) ; Gamurrini schrieb
pevzd.kii nieder, Pauli schlug pe v^drnq vor, ich j^ v(e)z^
e(ma).kii; vgl. Not d. Sc. 1880. 44ö u. 504 tab. 15 ni larüa
larekenas ki, F. 356 i . l(are) . alini . v(eluä) . capi.ci (anders
Pauli CIE. 129 durch emendation und identificierung mit
F. 169), F. 2301 ei vesana matuesi, Rendic. Ist. Lomb. 1900;
357 %. mU nü Bii tii neben mi ni Bi ti.
204, 63: in den angeführten Not de Sc. 1894. 51 steht
die inschrift nicht, die, so viel ich weiss, überhaupt unedirt ist;
die das. 52 veröffentlichte, welche ich auch aus mittheilungen
von Milani und Nogara kenne, obwohl ganz verschieden (mi :
capra : calisnaä : lardal \ äepuä : amßaliüa cursniaix)^ hängt
augenseheinlich mit derjenigen, die also zuerst hier an's licht
tritt, zusammen, da wir in dieser äepuslq, in jener äepud treffen;
in einer anderen, die ich nur aus einer indirekten nachricht
von Nogara kenne, scheint eurfsjnialisa äepu .... zu stehn. Das
denkmid, das mit dieser geziert ist, ebenso wie jenes, wo man die
mit mi capra beginnende liest, sind in der privatsammlung des
herm Giulio Terrosi, in Florenz, wie ich soeben erfahre, aufbe-
wahrt, welche leider im September und october der zwei letzten
jähre geschlossen war. Was muSurinal betrifii, in dem schönen
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64 Elia Lattes
abklatsche von Nogara, las ich ganz klar und sicher nicht
-durinal, sondern -Ourtnal (möglicherweise für -dufinal); da-
gegen futi- ist ganz unsicher und könnte wohl auch etwa nu-
sein> wie mir Nogara mündlich bemerkt
206, 73: ich ergänze [alujmnaeuras, weil in derselben
inschrift z. 5 alumnad€j z. 7 alumnad stehn, vgl. 6. 802. 4 cexa-
sie.'dur, das. 7 desnei:durs, Mummienb. U 10. 13 IV 9 raxO.
iura und IV 13. IX 6 raxO.tur, VI 15 raxJure mit F. M
veUur und 6. 574 velturus für den von Pauli 207 behandelten
vddur; ausserdem vgl evitiuras der Magliano-inschrifk, mit
CIE. 1546 UurkfeJ für 1552 turke und das gewöhnliche iurce,
und mit F. ' 371 partiunua für 367 fz. partunus. Wir kennen
also schon vier etruskische Wörter, die keine personennamen
sind und doch auf -dura -iura 4ur(a)4ure endigen (vgl. Saggi
e Appunti 220 fg.), und zu diesen würde sich gut [alujmna'
duras reihen; dagegen das 224 vorgeschlagene [veUuJmnaduras
ist ganz unwahrscheinlich , weil die inschrift ausser den zwei
ersten zeilen, die die weitschweifige zwöl^liedrige nomendatur
des verstorbenen enthalten, keinen einzigen personennamen in
den sieben übrigen zeigt. Vgl. noch maristura prumnetura
purtisura.
207, 2 »ined.« steht schon in Not d. Scavi 1887. 346.
208, 3: das Vorhandensein von amßur braucht man nicht
indirekt aus amdrttda zu folgern; es ist direkt bezeugt von
Bull, inst 1884. 184, wo Heibig ar..6ur ca..ar
oHnate niederschrieb, und Pauli CIE« 3698 amßia . eai . am-
Bai . sentinates herstellte, anstatt einfieich arlnjßur ca[i Jar-
[nßal.sjetinate (St itaL di filoL class. VII 498) zu ergänzen.
208, 4: die lesung ist nach autopsie von Undset bei
Bugge Beitr. 1 196 im einklang mit v. Duhn Bull. Inst 1878.
50 in (Murii.fia verbessert worden; demgemase muas n^n die
bekannte partikel na (vgl. CIE. 1516 mi na Uurhfe], 304 me
na me ca na mit F. 2581 ca. na tnatu und sowohl mit G. 366
me nu iuf^ als mit Not de Sc. 1887. 494 tab. 16. 5 a nace
me um, F. 2596 mit Ck)r88. 1 719 na tqp tece u. anderes mehr)
von dem personennamen acrii ausscheiden, das übrigens zu dem
damit verglichenen acri besser passt als das angebliche acriina.
216: nicht allein die drei hier, als die einzig vorhandenen,
angeführten beispiele bezeugen den jedenfalls seltenen gebrauch
des Vornamens in genitiv als mutternamen, der also heutzutage
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Bemerkungen zu etrnskischen inschriften. 65
nicht mehr als »etwas unerhörtes in den etruslüschen inschriftenc
erscheint Da nämlich jetzt auch Pauli in danas und Oanasa
wirkliche muttemamen anerkennt, und da ausserdem wir, vier-
tens, eine lat etr. CIE. 2882 Titia Thannae f. kennen (vgl.
Pauli Etr. st II 27), so kann man vermuthen, dass, f&nftens,
anch er jetzt GIE. 2Ö5 la(re) evenU da(na4) als solcher art
halte, und nicht mehr 6a. in ca(e4) oder ca(upnal) emendieren
würde, wie er früher noch im texte that, eben weil jene art
»sehr selten istc. Ähnlicher weise, sechstens, CIE. 462 dana :
tänei : fa : preMesa, wo nach Pauli >num fa. recte leotum
Sit v&lde potest dubitari« und >si recta est lectio, non licet
interpretari fasUaS, cum matris praenomen adiciatnr nunquamc,
nnd ebenso, siebentens, CIE. 977 l(ar)d . eoe . epU \ kasUsa^ wo
haOim sehr wohl einerseits zu fa(8Uaä) andrerseits zu danasa
passt, desto mehr da wir, achtens, aus CIE. 918 8ure husUe hasUs
kennen, für den die für 764 ramSa .hastü von Deecke vorge*
schlagene erklärung, dass hastü familienname m. und lat.
Hostius entspräche, sinnlos wäre. Und so weiter bis vielleicht
schon jetzt zu der von den Etruskem beliebten zwölfzahl;
übrigens wie wäre es anders zu erwarten, da, wie Pauli selbst
zu der aedrciäAnsehnh bemerkt, in solchem falle »hominem in-
ferioris conditionis spurium fuisse et eam ob rem pro patris
matris praenomine uti fädle intellegitur« ? Unter so viele
tansenden von grabschriften können wohl ein oder auch zwei
dutzend zu solchen »homines« gehören.
221: der Zusammenhang zwischen mucmtmäl und mean,
eben durch vergleich mit muvalxls und mealxls, ist schon von
mir Saggi e App. 221 nachgewiesen worden.
222: nicht nur auf dw Placentiner bronzeleber cd alp ce,
sondern auch ganz ähnlicherweise 6. 804. 5 cvl ee; und da hier
fna fne folgen (vgl. F. 2335 ture fne Hdvas, F. 1016 taf. 38
(uar fnu) und ee, um von anderen stellen zu schweigen, klar
nnd allein auch auf einem vulcentischen cylix F. 2198 und auf
einer amphore aus Caere F. 2410 zu lesen ist, so halte ich ce
auch auf der leber für vollständig: der rost wird wohl keine
Schrift sondwn etwas anderes weggefressen haben; vgL übrigens
aach Not d. Sc. 1895. 335 ceä.
Mailand. Mia LaUes.
B«ttilfB X. kwMto d. indg. a^nfllMB. XXVI.
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66 J. Endzelin
ürspnmg und gebraach des lettischen debitivB.
Für den ausdruck der notwendigkeit besitzt das Lettische
besondere Terbalformen, die Ton Hesseiberg in seiner y^letti-
sehen Sprachlehre^' den namen eines „debitivus" erhalten haben,
Yon Bielenstein aber mitunter ganz unpassend als passiva
bezeichnet werden. Die formen werden gebildet aus dem prae-
ßx ja- (nach Bielenstein, Lett. spr. § 466, dial. auch jär)
und der betreffenden yerbalform, die dabei, mit der einzigen
ausnähme von man jhJMü „ich muss sein'', in der gestalt der
HL p. praes. erscheint, während das logische subject stets im
datiy, das object dag^en meist, namentlich in der jetzigen
Schriftsprache, im nominativ, seltener im accusativ steht: man
ßtSd saüsa malze oder auch fnan jhed aaüsu malzt „ich muss
trockenes brot essen" ^). Da wir in den verwandten sprachen
nichts entsprechendes kennen, und der jetzt so gebräuchliche
debitiv im lettischen Volkslied, das meist eines recht alten Ur-
sprunges sein muss, sich nur ziemlich selten findet, so drängt
sich von vorneherein die Vermutung auf, dass der debitiv eine
speciell lettische, verhältnissmässig späte neubildung ist. Um
den gebrauch desselben recht zu verstehen, muss man erst über
die form sich aufklärung verschaffen; es hat aber meines
Wissens bisher niemand, ausser Bielenstein (Lett spr. §§456
und 457), auch nur den versuch gemacht, eine erklärung über
die entstehung des debitivs zu geben. Es wird dienlich sein,
zuerst über die form, in der das verbum erscheint, ins klare
zu kommen. £s liegt auf der band, — und soviel hat auch
Bielenstein erkannt, — dass die form nicht von anfang an
mit der HL p. praes. identisch gewesen ist Denn wäre -&{ in
jhSd wirklich von jeher die HL p. praes., so würde erstens die
construction man jäed malze resp. malzi hinsichtlich ihrer be-
deutung kaum erklärlich sein; zweitens müsste man dann ein
praeteritum man *jäede für wirkliches man bija jä6d, ein fu-
turum man *jäSdi8 für wirkliches fnan bü8 jäid, einen conditio-
^) Es kann auch noch die copula ir „ist^^ hinzutreten: man ir jä^d
malze resp. matzi; in den meisten fallen aber fehlt dieselbe. Ist das
verbum mit einer praeposition zusammengesetzt, so tritt ja- vor die
praeposition, z. b. iev ja ahet „du musst hingehen".
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Ursprung und gebrauch des lettischen debitiys. 67
nalis man ^jä&du für wirkliches man buiu jhid erwarten; end-
lich wäre dann die abweichende form man jäbüt ganz unbe-
greiffich, wo das Terbum in der gestalt des infinitiTS erscheint,
denn alle abweichungen von einer norm beruhen, wenn sie nicht
reste einer ursprünglicheren bildungsweise sind, entweder auf
lautgesetzen, oder sie verdanken ihren Ursprung falscher ana-
logiebildung oder auch dem einfluss einer fremden spräche.
Oass zur erklärung von jhbüt einer der drei letzteren fiUle in
betracht käme, das ist weder nachweisbar, noch auch über-
haupt wahrscheinlich; es bliebe demnach nur die möglichkeit,
dass jMU der rest einer ursprünglicheren bildungsweise ist, die
von der jetzigen mit ihrer IIL p. praes. verdrängt worden sein
1DU88. Jetzt freilich glaubt das Sprachgefühl, dass der debitiv
mit hilfe der UI. p. praes. gebildet wird, und daher findet man
jetzt, wohl mehr in büchem, als im volksmunde, neben man
joMi auch die Verbindung man jäir in derselben bedeutung
gebraucht. Etwas ähnliches findet man hei der bildung des
debitivischen relativs, des modus der oratio obliqua: nach dem
verhältniss des relativs viiiä idüt „edere didtur'^ zu dem indi-
cativ viAi Sd „edit^ hat man nämlich zu dem indicativ viAam
(tV) jäid „edendum ei est*', neben der älteren form viAam eaät
jiid „edendum ei esse dicitur'S auch einen relativ wiam jäMU
oder gar die pleonastische Verbindung vii/iam esät jätdät mit
derselben bedeutung gebildet; analog gebildete nebenformen
weisen auch die übrigen tempora des relativischen debitivs auf
(so z. b. im futurum: viAam büiiU jäSdüt neben viAam hüÜU
jäM). Es fragt sich nun, welche form denn eigentlich von der
UL p. praes. verdrängt worden ist? Bielenstein (Lett spr.
§ 459) hält die zur bildung des debitivs angewandten verbal-
formen für „pure praesensstämme, hinter denen ein personal*
sufGz nie geschwunden^' sei Aber ganz abgesehen davon, dass
die abstraction „purer praesens-stämme*^ sehr aufEallend wäre,
machen sich gegen die annähme derselben auch alle die gründe
geltend, die oben gegen die III. p. praes« angeführt sind. Denn
was Bielenstein zur erklärung der beiden seiner annähme
widersprechenden formen ßbut und jäSi „man muss gehen''
vorbringt (es sei das -t derselben weder mit dem sufiQx des in-
flnitivs, noch mit der endung der III. p. praes. identisch, son-
dern „vielmehr identisch mit dem charakter der classe Y, der
hier zur hilfe herbeigezogen sei, um der vocalisch auslautenden
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68 J. Endzelin
Yorbalwurzel einen festeren halt zu geben^M), ist ebenso will-
kürlich wie hinfällig. Ich meinerseits nun bin fest überzeugt,
dass 'bat in jäitU wirklich der infinitiv ist, und dass bei der
bildung des debitivs ursprünglich die verbalform immer der in-
finitiv war. Bei dieser annähme lässt sich nun auch die con-
struction des debitivs leicht erklären. Es dient nämlich, wie
im Litauischen und Slavischen (beispiele findet man bei Del-
brück, Yergl. Syntax II 461), so auch im Lettischen der blosse
infinitiv mit dem agens im dativ zum ausdruck sowohl der
möglichkeit, als auch der Willenserklärung und notwendigkeit:
saiÜW siUa sädUes, mämifA' jaüka parunät BV 323Ö i) „die
sonne ist warm, (man kann) sich (an ihr) wärmen; das mütter-
eben ist anmutig, sich zu unterhalten (== in der Unterhaltung)'^;
lat stävijja virsunUe ptUninem uzmeatea BV 276Ö, 2 „es möge
der wipfel stehen bleiben für die vögel, sich darauf zu setzen";
kümas laüza zagarvAus pädei ptrii kurinät BV 1268, 1 „die
taufzeugen brachen reisig, dem tauf kind die badstube zu heizen" ;
deim savu kumdiAu räzu därzu nüecit BV 3523 „ich gab (der
Schwester) mein rösslein, den rosengarten abzueggen"; Uutigam
man dzHnit BV 83 „lustig muss ich leben"; pe stegsnlia tev
guUt BV 1243 „bei der schwelle sollst du schlafen"; iaih por
dam vecam büt BV 3250 „der soll selbst als alt gelten"; hi,
mämii/ia, man dartt? BV 87c „was soll ich, o mütterchen,
thun?" iüden bfja tev gtdet cüUcu midjsenl BV 1580 „heute
solltest du im lager der schweine liegen"; paaU bija barm)H
BV 4167 „man konnte (oder: sollte) eine waise erkennen";
mtiihs büs devu bUes un mtlet „wir sollen gott fürchten und
lieben"; tev nebüs zagt „du sollst nicht stehlen"; man ir rah-
sUt (Biel. Lett. spr. II 210) „ich habe zu schreiben". Aus
einem solchen gebrauch des Infinitivs muss sich der debitiv
entwickelt haben, und so findet man auch im Volkslied zu-
weilen neben dem infinitiv in Varianten auch schon den debitiv
in derselben bedeutung: ptiinMem jäuzmetas BV 2765, 2 a neben
uzmestes; devu savu kumeliiiu, rüzu därzu jäech BV 3523, 9
neben nüecet; lustigami jädzivu BV 83, 1 neben dzMU; Süden
bija tev jägul BV 1580, 3 neben gulet. Aus den angeführten
beispielen sieht man aber auch, dass nicht das praefix jä^ dem
*) Mit BV bezeichne ich die von Baron und Wissendorff unter
dem namen Latwfu dainaa herausgegebene Sammlung der lettisohen
Volkslieder.
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Ursprung und gebrauch des lettischen debitivs. 69
debitiT den ausdruck der notwendigkeit verleiht, sondern die-
selbe schon in der yerbindnng des blossen infinitiTS mit dem
dativ des agens enthalten ist; das praefix ja ist somit nichts
ursprünglich wesentliches bei der bildung des debitivs (neben
tarn jäbut älteres tarn bütf), sondern kann nur eine verstärkende
bedeutung haben. Was ist nun dieses ja-? Aus dem Letti-
schen wird dasselbe wohl kaum sich erklären lassen; am nächsten
li^ es, an die sicherlich aus dem Deutschen entlehnte be-
jahungspärtikel ja ,ja'' zu denken, doch stimmt ihr jetziger
gebrauch wenig zu dem debitivischen ja», Wohl aber dient im
Mittelhochdeutschen die partikel /^ (oder Ja), unmittelbar vor
dem verbum stehend, zur bekräftigung einer behauptung; ich
fahre aus W. Müller' s mittelhochdeutschem Wörterbuch einige
beispiele an: ,J& h&n ich angeste vil^'; ,J& waere des ze vi?';
,j& l&ze ich dich vil gerne leben*'; „j& muoz ich trAren iemer
m^'. Dass man diesen gebrauch der partikel auch in den
Ostseeprovinzen gekannt hat, lehrt uns z. b. folgender vers
(4661) aus der livländischen reimchronik: ,Jö sehe ich rischer
beide vil'' ; nur dass hier jö für j& erscheint Ich glaube da-
her, dass die Letten von ihren deutschen herren die partikel
ja mit der erwähnten gebrauchsweise entlehnt haben, und dass
dann im laufe der zeit ja, ähnlich der negation ne (z. b. n^-
6M), mit der verbalform durch den accent sich zu ^inem wort
vereinigt hat (jäbut). Anfangs wird man wohl, wie im Deut-
schen, die partikel verschiedenen verbalformen vorgesetzt haben,
bis man endlich den gebrauch derselben auf den imperativischen
(debitivischen) infinitiv eingeschränkt hat (imperativische aus-
drücke nehmen bekanntlich mit besonderer verliebe verschiedene
affirmative partikeln an). Femer wird man anfangs die par-
tikel nur in positiven sätzen gebraucht haben (tev jäbüt, aber:
tev nebüt, oder: tev nav büt); die jetzt gebräuchlichen formen
des negativen ausdrucks (praes. nav jäbüt, fut. nebÜ9 jäbät,
praet nebija jäbüt, cond. nebütu jäbüt) konnten erst dann ent-
stehen, als die partikel ja mit der verbalform schon ein un-
trennbares wort bildete, und man die ursprüngliche bedeutung
der Partikel schon vergessen hatte. Für ja- erscheint dialek-
tisch, und zwar meines Wissens in Fehteln (Mag. d. leti-liter.
ges. XVn 1, 103) und in Ohselshof unter Linden (Livland),
auch ju-; nach mündlicher mitteilung eines meiner landsleute
and, wie es scheint, auch nach Mag. XVII, 1, 103 ff. ist das u
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70 J. Endzelin
in diesem ju kurz; BV 3523, 9e (in einem vom philologen
KauÜD aufgezeichneten liede) aber lesen mr jiUch, also doch
wohl auch mit langem u, wenn anders kein versehen vorliegt
Dieses /ä- stammt doch wohl aus derselben quelle wie ja- und
ist also wohl die lettische wiedergäbe des mhd. jö^ das wir in
dem citat aus der livländischen reimchronik sahen, wie denn
deutsches o in lehnwörtem lettisch durch a oder durch u
wiedergegeben wird (Biel. Lett. spr. I 470). Es fragt sich nun,
auf welche weise der infinitiv bei der bildung des debitivs durch
die lU. p. praes. verdrängt worden ist. Den anlass dazu müssen
die verba der themavocallosen conjugation gegeben haben, bei
welchen die III. p. praes. mit dem infinitiv formell zusammenfiel
(z. b. et und früher *^i)* War die partikel ja mit dem infinitiv fest
zu einem untrennbaren ganzen verschmolzen, so konnte auch der
ursprüngliche sinn der Zusammensetzung leicht in Vergessenheit
geraten, und in dem Sprachgefühl konnte die jetzt herrschende
Vorstellung auftauchen, es werde durch die partikel ja-, und nicht
durch die verbalform selbst das sollen oder müssen bezeichnet
Hatte man aber erst diese Vorstellung sich gebildet, so lag es
oft näher, in debitiven wie jtM -St nicht für den infinitiv, son-
dern für die III. p. praes. zu halten. Wie schon oben gesagt
ist, kann das logische object beim debitiv im nominativ stehen
und auf diese weise das grammatische subject im satze werden ;
da nun das praedicat meist ein verbum finitum ist, das in der
person sich nach dem subject richtet, so konnte man geneigt
sein, in Sätzen wie man saüsa malze *jdM (lit. M berechtigt
uns, diese form auch für das Lettische als die ursprüngliche
UL p. praes. anzusetzen) das -M von *ßast, um eine gewisse
congruenz zwischen dem grammatischen subject und praedicat
herzustellen, für die III. p. praes. anzusehen. Hatte man sich
aber diese anschauung angeeignet, so konnte, als die jetzt ge-
bräuchliche neubildung ed neben der alten IQ. p. praes. *Sst
aufkam , für das missverstandene *ߣ8t auch das jetzige jäed
eintreten; das -Sd von jäSd konnte aber (neben dem infinitiv
ed) dann auch formell nur noch als die UI. p. praes. ange-
sehen werden. Jetzt besitzt das Lettische nur noch spärliche
reste der themavocallosen conjugation (cf. Biel. Lett. spr. §§
407, 409, 414, 417, 418), aber früher war ohne zweifei auch
im Lettischen diese conjugation stärker vertreten, und zu ihr
gehörten auch wohl einige viel gebrauchte verba (et, dtU, ist
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Ursprung und gebrauch des lettischen debitivs. 71
u. a.). So konnte es geschehen, dass nach dem Vorbild der
yerba der themavocallosen conjugation auch in der themavoca-
lischen conjugation (wo von jeher der infinitiv eine andere ge-
stalt hatte, als die m. p. praes.) die III. p. praes. für den in-
finitiv in den debitiv eingeführt wurde (z. b. "^jänest zu jänes).
Dass in jäbüt der infinitiv sich noch erhalten hat, erklärt sich
dadurch, dass die zu but gehörige m. p. praes. ir von einer
ganz andern wurzel abgeleitet ist, und die änderung von jäbM
mjäir (diese form hört man jetzt auch, wie oben gesagt ist,
gelegentlich im munde grammatisch geschulter Letten) allzu
gewaltsam war, um durchgeführt zu werden. Auf diese weise
denke ich mir den lettischen debitiv entstanden, und ich glaube
nicht allzukühne hypothesen vorgetragen zu haben. Jetzt lässt
es sich verstehen, weshalb man im praet z. b. bija jäed (und
nicht *jäSde)y im fut, bu3 jäed (nicht ^jäSdis) sagt; ebenso
lässt sich jetzt die construction beim debitiv begreifen. Wenn
Delbrück (Vergl. Synt. II 441) den gebrauch des lituslavi*
sehen infinitivs auf -ti aus einem ursprünglich dativischen sinne
ableitet, so kann ich ihm darin in bezug auf das Lettische nur
beistimmen, und auch formell wäre es meiner ansieht nach
nicht unmi^^lich, in diesem infinitiv einen alten dativ zu sehen.
Und so finden wir im lettischen Volkslied zuweilen für den in-
finitiv (den dativ eines alten nomen actionis) auch den dativ
des jetzt gebräuchlichen nomen actionis auf •äana, z. b. ddäu
soüu kumeliiiu ruiu därza ectSan' ^) BV 3523, 6 neben ruzu
därzu nuecet ibidem. Bei diesem dativischen infinitiv konnte
beim praedicativen gebrauch desselben von jeher (vgl. Del-
brück, Vergl. synt. II 461 ff.) das von der verbalhandlung
betroffene substantivum im nominativ stehen; eine unmittelbare
fortsetzung dieses gebrauches ist der nominativ des objects beim
*) Nach der far die metrik der lettischen voUuUeder geltenden
re^el, dass die leiste silbe eines jeden troohäischen dimeters kurz sein
nmss, haben wir nach eeiaan' nicht die jetzt gebräuchliche, aas der pro-
nominalen flexion (z. b. ia\^ labaV) herübergenommene endnng -ot, sondern
die alte endung -t für *a% zu erganzen, die sich im Altlettischen des
Hancelins, Adolphi, der Volkslieder (z. b. BV 1832, 2; 1758; 4009; 4138)
and dial. (cf. Bezzenberger, Sprache d. preuss. Letten 121) nnd in
adverbiellen Wendungen, besonders nach praepositionen (z. b. palahifiMy
HdTmaUf pa reifzi^ pa &$i; kti tUrSt u. a.), auch im jetzigen Leti sich
findet.
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72 J. Endzelin
debitiv. Der nominativ beim debitiv ist so gebräuchlich, dass
zuweilen auch das object eines im infinitiv oder supinum
stehenden transitiven verbum, welches seinerseits von einem
debitiv abhängig ist, vom debitiv attrahiert im nominativ er-
scheint (vgl. Mfihlenbach, Austrums 1895, 32), z. b. man
jäet teteris äaüt „ich muss gehen, ein birkhuhn zu schiessen".
Im Zusammenhang damit steht es, dass dialektisch auch das
object eines von vajaga y,oportet'^ abhängigen infiniüvs im no-
minativ erscheint, z. b. (nach Bezzenberger, Spr. d. preuss.
Lett 131, anm. 3) zvys vajadzes mazgät „man vrird das pferd
waschen müssen". Wie aber das object des infinitivs auch im
accusativ stehen konnte {ku, mämina, man daritt), so erscheint
zuweilen auch beim debitiv das object im accusativ (räiu därzu
jäecÜ); wenn das object ein pronomen personale ist, so dürfte
der accusativ die regel sein, z. b. man tevi jämäca „ich muss
dich lehren" {tu jämdca scheint unmöglich zu sein). Nach
einer negation ist vielleicht auch der genitiv des objects beim
debitiv möglich; sichere beispiele habe ich im augenblick nicht
Zuweilen hat man einen doppelten dativ beim debitiv, den dativ
des subjects und den dativ des indirecten objects, wobei miss-
verständnisse durch den Zusammenhang in der regel beseitigt
werden, z. b. man jämaksä ildam parädi (möglich ist auch die
Wortfolge: man ztdam p. j.) „ich muss dem Juden schulden
zahlen'*. Auch das prädicatsnomen steht beim debitiv im dativ,
z. b. lustigami (man) jädziint BV 83, 1 „lustig muss (ich)
leben". — £s muss noch etwas über den gebrauch des debitivs
gesagt werden. Wie schon oben erwähnt ist, wird durch den
infinitivus cum dativo einerseits das bezeichnet, was geschehen
kann, andererseits dasjenige, was geschehen soll oder muss;
beide bedeutungen haben sich im debitiv erhalten, wenn auch
nicht in gleichem maasse. Die möglichkeit kann heutzutage
durch den debitiv nur noch dialektisch bezeichnet werden. Nach
Mag. d. lett.-liter. ges. XYII 1, 103 erscheint in Fehteln der
debitiv in dieser bedeutung stets mit dem praefix ju-, z. b. man
nav jued „ich habe nichts zu essen**; upes lld kumelini, nav
tdUu jupagan' „auf der bachwiese sind die rösslein , nirgends
können die jungen kühe geweidet werden"; während die not-
wendigkeit daselbst mit dem praefix ja- (oder auch: jä-?) aus-
gedrückt werde. Doch lässt sich dieser unterschied der bedeu-
tung von ;V und ja- sonst nicht constatieren: einerseits soll
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Ursprung und gebrauch des lettischen debitivs. 73
nach einer mündlichen mitteilung in Ohselshof unter Linden
(in der nächsten nachbarschaft von Fehteln) das praefix ;»-
auch die notwendigkeit bezeichnen (z. b. man na/o juSd „ich
brauche nicht zu essen*^); andererseits kann auch der debitiv
mit ja- die möglichkeit ausdrücken, so z. b. lai stäv^a viraunlte
pwtniiXem jäuzfnetas BV 2765, 2 a (in einem lied aus Alt-Pebalg);
devu savu kumeliAu ruzu därzu jäeci BV 3523, 9 (aus Peters-
Kapelle, Märzen, Zirsten u. a.). In früheren zeiten muss dieser
gebrauch des debitivs mehr verbreitet gewesen sein; so kann
nach L. Behrsin (Austrums XV 338) man jäed bei Fürecker,
der sein Lettisch in Kurland erlernt haben muss, noch die be-
deutung haben „ich habe (etwas) zu(m) essen''. Heutzutage
kann dieses in der Schriftsprache nur lauten: man ir hi est;
es wird die alte infinitivconstruction beibehalten und vor den
infinitiv meist eine relative form (pronomen oder adverbium)
als ergänzung zu demselben eingeschoben, so noch z. b. la%
paVek galUtnlte, kur putnam uzmestes BV 2765 neben ptUninem
uzmestes; devu savu kumelinu, kuecH rüzu dhrzu BV 3523, 5 g
neben räzu därzu nüecet. In der Schriftsprache ist eben der
debitiv nur noch ein modus necessitatis (der begriff der Passi-
vität, den Bielenstein ihm zuschreibt, ist dem debitiv ganz
fremd: das object kann auch im accusativ stehen). Und zwar
bezeichnet der debitiv die unbedingte (die objective) notwendig-
keit (wenigstens in der auffassung des redenden), die wenigstens
für den augenblick nicht abgeändert werden kann (z. b. tev
jädzer tSja bez cukura „du musst thee ohne zucker trinken*',
weil im augenblick kein zucker da ist); während vajaga cum
infinitivo etwas, insofern es erspriesslich ist, als notwendig be-
zeichnet (die subjective notwendigkeit; z. b. tev vajaga teju bez
cukura dzert „du musst thee ohne zucker trinken", weil zucker
dir schädlich wäre). Da aber die auffassung des redenden ver-
schieden sein kann, so wird auch zuweilen der debitiv für va-
jaga gesetzt, und auch das umgekehrte dürfte (wohl nur selten)
eintreten. Hat das verbum ein object bei sich, so kann für den
debitiv auch das part. praes. pass. (als ein part. necessitatis,
das aber weniger stark, als der debitiv, die notwendigkeit be-
tont, und mehr im Volkslied, als im alltäglichen gebrauch
sich findet; vgl. auch Bielenstein, Lett. spr. H 189 ff.)
eintreten, z. b. tä zemlte man minama, tos müziAis dztvüjamis
BV 113, 2 „dies^ boden muss ich treten, dieses leben muss
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74 Brunnhofer
(ich) leben'', neben tä zemUe man jämiti, tcis müzinä jädzivi
BV 113.
J. Endzdin.
Iranische namen,
1. Karmpaluk, der skythlsohe name der Maeotls.
Ttetzes in seinen Ghiliades (ed. Kiessling VIII, gesch. 222,
▼. 773, pag. 312) berichtet:
Toiq STtv&aiQ atvtj nagfiTtalovii ^ Xifivrj xl^oiv g>€Q€i.
Td KaQ^TtaXovx 6* klXrjvia&iv noXig ixO-vwv Xayu.
To KaQfi yoLQ Ttokig ouvd^mwg^ t6 de TtaXovx Ix^^'^^i
Kai zaxa ty arjfxalvovaiy to TUXQfÄTtaXovXf Maiuhig.
Diese etymologie ist in gerade umgekehrter Wortfolge wahr,
nämlich so, dass Kagfx-naXovyL zu übersetzen ist ixS-vutv Ttchgy
nicht Ttokig tx^onf. Das xagfi ist nichts anderes als der gen.
plur. karanm von zendisch kara^ m., Fisch, und Tiakom ist die
Weiterbildung eines nomens "^palu mit dem suffix ka, das viel-
leicht in Tcalovn diminutivische, hypokoristische kraft hat. Das
*paiu aber ist natürlich — Tcohg und gehört zum zendischen
pauru = Ttolv, skt puru. Bezzenberger fragt in Ficks Vgl.
wb. d. indogerm. spr. ^, p. 252 wegen des altpersischen gen.
plur. paruvnäm an, ob man eine altpersische starke form pdru
8 got. ßu ansetzen dürfe? Das skythische (d. h. hier: zend-
iranische) nalom verlangt sogar diese form. Ueber naqa
vgl. noch mein „Vom Ural bis zur Gangd.", pag. 49.
2. Der bosporanisehe könlg Satyros and sein sehn Metrodorus.
Der name des königs der Sinter bei Polyaen (ed. Woelfflin,
c. 55, pag. 328 — 329) und der seines sohnes sind iranisch. Der
name Sdzvgog ist nichts anderes als graecisirtes *8hatyri =
kappadokischem *§avdvQL im monatsnamen ^a&Qi und dieser
entspricht dem namen des kriegsgottes Khshathra vairya, S.
La gar de, Ges. abbb. pag. 260; 262. Der name MfjTf6diO(fog
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Iranische namen. 75
ist als MttQoiwQog zu fassen und dieser entspricht, als graeci-
sirung, dem bekannten pontischen fürstennamen Mühraddta.
8. KappadoUen.
Lagard e, Ges. abhh. pag. 257 hält den keilinschriftlichen
namen Katpatuka für syrisch. Dem widerspricht aber Polybius
(ed. Didot^ Paris 1839), fragmenta historica et geograph. 10.
Haxi de To ovoiia (KaftnadoTuctg) IltQOixov, Wir werden also
eine etymologie aus dem Zend yersuchen müssen. Nun heisst
es Yon Thogarma, dem lande Armenien und Kappadokien, im
Propheten Ezechiel 27, 14: „Die von Thogarma haben dir
pferd und wagen und maulesel auf deine markte gebracht'^
Und ebenso heisst es von Paphlagonien, das mit Kappadokien
nach Strabo stammverwandt war und mit diesem letztern lande
politisch immer zusammengehörte, in der Dias II, 851, es sei
das Stammland der maulthiere:
naq>lay6vo}p . . . Sd-ev fifiioviov yivog dygovegawr.
Im hinblick auf diesen weitverbreiteten ruf Kappadokiens,
das land der maulthierzucht zu sein, erkenne ich in kcUpa,
TuxTtTta das zend wort kathwa, das maulthier (s. Justi, Zend-
wörterb. pag. 77). In tuka erblicke ich die sanskritwurzel
*tuk, enthalten in vedisch tue, f., kinder, nachkommenschaft,
*ttika ist das ungunirte skr. tokd, n., nachkommenschaft, kinder.
Kappadokien bedeutet demnach „land und leute der maulthier-
zucht".
4« Kaphthor.
Der biblische name von Kappadokien, nhne? Kaphthar,
bei den Septuaginta Kaq>9'0Qietfiy raq>&OQi€iUy Xaq>9'0Quifi ist
nichts als eine semitisirung des iranischen Haftdrang, im sinne
von Norden, also das Haptditifiga des Avesta, die Saptd
Bishayah des Yeda, das sternbild des grossen hären, das als
der heerführer des nördlichen stemenheeres galt.
5. Pomazathres, der mörder des Krassus.
In der Schlacht von Karrhae (Plutarch im leben des
CrassoSy cap. 31) tödtete den Grassus ein Parther, namens
Pomaxathres {tov de K^aaov ovo^a nofia^d&Qtjg JldQ&og
anhL%Bws¥), Der name ist iranisch und entspräche zendischem
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76 Brunnhofer
*upafnakhshathra „dör höchste fürst". Demnach wäre wohl
der könig der Parther selbst es gewesen, der den Grassus ge-
tödtet hätte. Dies würde auch zu dem berichte des Plutarch
stimmen, der erzählt, nach einigen hätte ein anderer den Grassus
umgebracht und Pomaxathres nur dem leichname den köpf und
die rechte band abgehauen. Der abfall des anfangsvocals eines
namens ist in den iranischen sprachen etwas ganz gewöhnlicheSi
insbesondere bei namen, die mit a und upa anfangen. S.
Lagarde, Armen, stud., pag. 124, no. 1788.
H. Brunnhofer.
Emendationen zum Sigveda.
Trotz der wunderbaren reinheit, in welcher der Rigvedatext
Jahrhunderte, zum theil Jahrtausende lang auf mündlichem wege
fortgepflanzt worden ist, haben sich in die Saiphitä dennoch
eine anzahl augenscheinlicher wortverderbnisse eingeschlichen,
die zum grössten theil, wie dies schon Roth nachgewiesen hat,
auf gehörfehler zurückzuführen sind, mehrfach aber ihren grund
auch darin haben, dass die spätere zeit der vedischen periode,
also die schriftgelehrten der Brähmana- und Sütraliteratur, die
alten, aus der iranischen zeit stammenden Wörter nicht mehr
verstanden und ins Sanskrit umzudeuten versucht hat. Durch
Weber-Försters und meine Entdeckung des Ungeheuern
alters des Rigveda (s. Sitzungsberichte der Berliner ak. vom
21. juU 1898, pag. 9—10; vgl. ebendas. Weber 14, Juni 1900;
ferner Brunnhofer Verhandl. d. Berliner anthropol. ges. 13. mai
1899: Herkunft der Sanskrit-Arier aus Armenien und Medien
pag. 478—484; 20. januar 1900: Das alter des Rigveda nach
massgabe der AQvinau-hymnen pag. 80 — 86), ist nunmehr meine
schon 1884 ausgesprochene ansieht (s. Ueber den ursitz der
Indogermanen), dass die kaspischen länder der Stammsitz der
Sanskrit- Arier gewesen sein müssen, durch historisch-astronomi-
sche berechnung zur thatsache geworden. Hatten aber die
Sanskrit -Arier Jahrtausende lang in Armenien und Medien
mit den Zend-Iraniern und Ario- Hellenen nach barlich zu-
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Emendationen zum Rigveda. 77
sammengewohnt, hatten zend- iranische stamme durch kriege-
rische bundesgenossenschaft oder Unterwerfung sich den ein-
tritt in die brahmanische opfer- und staatsgenossenschafb ge-
bahnt, so konnte es nicht fehlen, dass ihre Stammesdialekte
vielfach auf das von ihnen erlernte Sanskrit einwirken mussten.
Ich habe solche rein iranische Wörter im Rigveda schon 1889
im ersten bände meiner „Urgeschichte der Arier^' aufgezeigt,
ich habe dann zu anfang dieses Jahres (1899) in meinen „Homeri-
schen räthseln" an dem adjektiv ari^Myas den nachweis geffihrt,
dass sogar noch altarmenische Sprachelemente im Rigveda vor-
liegen, insofern ari-dhdyas nur „dreimelkig'^ bedeuten könne,
ari also das altarmenische eriy drei, sein müsse, das sich zu
der bedeutung sehr, die man ari im Sanskrit giebt, völlig ana-
log dem Übergang des lateinischen tres in französisches tris,
entwickelt hat
In den folgenden textverbesserungen bin ich auf diesem
wege weiter gegangen und denke manche, in der bisherigen
erklänmg des Rigveda wirkende tradition für immer kri-
tisch aufgelöst zu haben. Andere werden mir auf diesem wege
nachfolgen, wobei dann der fall eintreten wird, „dass man sich,
wie Weber (Sitzgsber. d. Bl ak. vom 22. juli 1891, pag. 45)
gesagt hat, „billig wundem muss, . dass nicht mehr derart
bereits ans licht gezogen worden ist^'.
Rig. I, 53, 5.
8ai(i devjfä' prdmatyd vträgushmayd
göagrayd^gvävatyä rabhemahi ||
Ludwig übersetzt: „Die göttin Pramati, die die stärke der
beiden, die durch rinder vorzüglich, reich an rossen, die mögen
wir in unsere gewalt bekommen.*' Die Grassmann'sche Über-
setzung ist zu frei, um hier berücksichtigt werden zu können.
Was nun „die vorsieht, (denn das heisst doch prdmati)
die die starke der beiden'^ betrifft, so erinnert das drastisch
an FalstaffB ^discretion ia the best pari of valour.^ Ich fürchte
nur, mit dieser „varaickif^f die „des muthes bessre hälft^^ sein
soll, hätten die Sanskrit-Arier weder kühe, noch rosse er-
beutet» noch Indien erobert Ihr wagemuth stützte sich aber,
wie wir aus dem schlachtlied Rigv. VI, 75 wissen, bekanntlich
nicht auf die vorsieht, sondern auf die kraft ihrer bogensehne ;
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78 Bninnhofer
dhdnvand gä dhdnvanäjhn jayema u. s. w. Hätten sie sich
auf die „göttliche vorsieht'' verlassen, so hätte sich an ihnen
Hamlets wort erprobt: „So macht bedenken aus uns allen feige.''
Allein die Sanskrit-Arier waren beiden, getrieben vom manyü,
dem Urbild der homerischen iifjvigj dem furor teutonicus. Athar-
vaveda IV, 32, 1 heisst es: sähyäma däsam äryam tvayd
(Manyu). „Mit dir, o heiliger zom, wollen wir den barbaren
und den Arier überwältigen". Ich glaube desshalb, dass die
stelle der Verbesserung bedarf und schlage vor, mit einer
leichten änderung zu lesen:
sam devya prSlmatya f>ir(i(u§hmayä.
Der Padapätha müsste also lesen: prd amdiyä und die
stelle übersetzt sich nun so:
„Möchten wir göttlichen machtglanz, heldenstarken, der
uns vor allem kühe, sowie auch rosse verschafiEt, gewinnen".
Die göttliche amtUi ist die unwiderstehliche wucht, mit
der Savitar und Mitra-Varuna ihre strahlen, die Maruts ihre
blitze aussenden. Vgl. Grassmann im vedaglossar unter dem
wort
Rigv. I, 116, 24.
dd^a rd'tfir d^ivena ndva dyü'n
dvanaddham (nathitdm apisv änidh \
viprutani rebhdm uddni prdvriktam
ün ninyathuh sötnam iva sruvina ||
„Den zehn nachte durch sein missgeschick, neun tage ge-
fesselten, den ins wasser gestossenen, den zerschmetterten
Sänger, den auseinandergerissenen, in die wogende flut ver-
senkten, habt ihr (AQvinä) herausgelootst wie den Soma mit
dem löflfel".
Das partic. praet. vipnda würde „den zerflossenen" be*
zeichnen. Da dies aber offenbar hier nicht gemeint ist und
nicht gemeint sein kann, wie gnafhüd beweist, so hat Ludwig
daraus ganz einfach den eigennamen des unglücklichen sängers
gemacht, als ob damit die frage nach der bedeutung von
vipruta gelöst wäre. Grassmann willkürlich: „Umspült vom
meer".
Nach massgabe von I, 117, 4 muss aber viruta gelesen
werden :
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Emendationen zum Rigyeda. 79
äfvatp nd gülhäm Ägvinä durivair
rühim narä vrishofiä rebhdm apsü
sdifi tdrß rini'tho viprutaifi ddnsoNiir
nd värp. jü'ryanti pürvyä' krUä'ni \\
„Yfie ein von übelthätem verstecktes pferd, o Agvinau, habt
ihr den seher» den sänger, ihr helden, ihr stiere, den in den
geimssem, ihn, den auseinandergerissenen, habt ihr durch eure
wunderthaten wieder zusammengefügt. Nicht altem euch die
heldenthaten früherer zeiten*'.
Zusammenfügen (acM^-ri) kann man nur etwas auseinander-
gerissenes (vi-nUa)^ nicht etwas zerflossenes (H-prutä), Da
beide obige stellen inhaltlich sich auf dieselbe wunderthat der
beiden A$vinau beziehen, so kann demnach auch oben Rigv.
I, 116, 24 nur viruta gelesen werden«
Fernere bestätigung dieser correctur bieten folgende stellen:
Rigv. IX, 112, 1: rtUdm bhishdg — ichati „zerbrochenes sucht
der arzt''. Rigv. X, 39, 3: yuvä'm id dhur bhiahdjä ruidsya
dt „auch des verrenkten heiler nennt man euch'' (Ludwig).
Das vi-Tiäa entspräche einem lat. di-rutus, a, um,
Rigv. II, 7, 1.
grishthani ydvishfka Bhdrata
Ägne dyumdntam d bhara \
vd80 puruapfOiani rayim \\
Ludwig übersetzt: „0 Agni der Bharata, jugendlichster,
bring trefflichsten, glanzvollen, vielbegehrten reichthum, guter^'.
Hier wird und muss grishfham auf rayim bezogen werden.
Allein dies ist dennoch die frage. Wir haben es hier nämlich
mit einer conventionellen anrufiingsformel zu thun, mit der im
Rigveda der feuergott so oft angeredet wird; Qreshtha yavishfha,
einer formel, deren etymologischer inhalt schon dem vedischen
sprachbewusstsein der indischen urzeit verloren gegangen
war, da der Superlativ ^eshtha = zend. graisUi, stets auf das
verbale ^ bezogen und mit herrlichst, best u. s. w. übersetzt
wird. Aber das höchste lob, mit dem Agni gefeiert wird,
ist, dass er, der sich ewig gleich bleibt, eben desshalb bald als
der uralte bald ak der ewig junge gepriesen wird. Er ist
djara, unaltemd Rig. I, 144, 4; VI, 4, 3; X, 88, 3; X, 156, 4
a. 8. w. Er ist der jugendlichste , ydvühtha Rigv. II, 7, 1;
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80 Brunnhofer
V, 26, 7; VI, 5, 1; VIU, 91, 20; X, 1, 7 u. b. w. Aber er
wird Rigv. YIII 11, 10 sowohl der alte, als d^r junge genannt
(sandte ca hötä ndvyagca satsi). Den Schlüssel zur etymologie
des grishtha bietet Rigy. I, 161, 1:
kirn u grishihah Hin ydvidifho na ajagan.
Ludwig übersetzt diese frage der Ribhu so: ,,Warum ist
der vorzüglichste, warum der jugendlichste zu uns gekommen ?^'
Im commentar zu dieser stelle (s. Rigvedawerk, bd. V,
pag. 509) bemerkt er aber ganz richtig: „Da grishfhah und
nicht jyeskthah gesagt ist, so ist kein gegensatz zu ydnishthah
ausgedrückt, sondern beides als vorzug gemeint. Der dichter
hat vielleicht gridift^ah als gegengewicht zu ytwishtha gewählt".
In letzterm falle würde ydvishfhah einen leisen tadel enthalten,
Agni würde als grünschnabel hingestellt, woran bei der erha-
benen heiligkeit des gottes gar nicht zu denken ist. Sondern
grishtha muss, wie Ludwig richtig empfand, den gegensatz zu
yäviskßa ausdrücken, d. h., grishfhah bedeutet ursprünglich
„der älteste'S in demselben sinne wie die Marutas ßigv. V, 60, 5
gefeiert werden als brüder, die „ohne ältesten, ohne jüngsten'^
sind {djyeshthä'so dkanishä^äsa eU). Und so, als gott, der zu-
gleich „der älteste und der jüngste" gast ist {grishthani ydrish-
tham dtühim) gilt er dem dichter Praska^va Känva Rig. I, 44, 4.
Wenn somit grhhthdk „der älteste" ist, so entsteht die
frage: von welcher etymologischen grundlage aus? Das Sanskrit
kann nicht die quelle sein. Vom Zendverb zareshy altem
(Partie, praes. zareshiyant, alternd) konnte aber das partic.
perf. pass. zareshta, „gealtert'' gebildet werden oder von der
einfachen wurzel zar = skt. j'ar (jzi, altem) der Superlativ
^zarista (vgl. auch armen, ger, greis, Lagarde, Arm. stud.
pag. 70, no. 1046), der dann vom sanskritischen Sprachgefühl
auf grt bezogen werden musste.
Verhält sich dies aber so, dann muss an unserer stelle
Rigv. n, 7, 1 der acc. gresheham geändert werden in den voc.
greshfha, der dann zu yamshtha stimmt. Die stelle übersetzt
sich dann so: „0 ältester, o jüngster Bharata"!
H. Brunnhofer.
(Fortsetzung folgt.)
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Inhalt.
den»
1. Die erbreiterung der Menis. Von A. Fick 1
2. Die einlegung des „Oitos** in die Menis. Von A. Fick ... 22
Zur bildung de« sigmatischen aoriste«. Von O. Hvffmann ... 30
Gr, evgi's und faom. ivlrjQa. Von Hans Sichelt ....... 44
Lat. pritnöres. Von W. Preüwitz . 46
Die etruskiflchen familiennamen auf '4ru, Von Carl Pauli ... 48
Bemerkungen zu etruskischen in'schriften. Von Elia Lottes . . 63
Ursprung und gebrauch des leiti schon debitivs. Von J. Endzelin . 66
Iranische namen. Von H. JBrunnhofer . 74
Emendationen zum Rigveda. Von H. JBrunnhofer 76
Alle für die redaction dieser Zeitschrift bestimmten Sendungen wolle
man richten an Professor Dr. Adalhert Bezzenberger^ Kihiigaberg u Pr.,
SUindamm. WalUir, Nr, 1 u. 2^ oder an Gymnasial- Oberlehrer Dr. WaÜher
Prsllwiiz, Tilsit^ am Anger Kr. 26 b.
Um die Aiiscbaflfung der älteren Jahi'gäiige dieser Zeitschrift
zu erleichtem, haben wir den Preis
der ersten 21 Bände
von 210 Mark aaf 134 Mark ermasHl^«
Kleinere Ergänzungen (nicht einzelne Bände) nach Überein-
kommen ebenfalls zu ermässigtem Preise.
Vandenhoeok & Bnpreoht
AMpefreben im Anjjust 19^). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, Theatentnaw 18.
Prei«< 10 M:irk fiir den Rand von 4 Heften.
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B e i t F ä g e
zur künde der
indogBFmanisehen spFaehen
htrftu*g<tg<»Wn
von
I>r A<L Bezzenberger nuä Di W, Prellwlt3L
Zweite Iiofi
Göningeo
VftfiileiitiQcek and Rupracbi
1901.
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Inhalt.
S0fto
Emendationen zum Rigvede. (Fortsetzung.) Von M, Brunnhofer . 81
Worterklärung zum Rigveda. Von H. Brunnhofer 101
Einige griechische namen. Von A, Fick 110
Beiträge zur lateinischen grammatik. Von O. Hoffmann . ... 129
Nachwort zu den emendationen zum Rigveda. Von H. Brunnhofer 145
Böo tische eigennamen. Von F. Bechtel ...,.,.... 147
Got. hairauy konjunktiv von indogerm. b?iero(u). Von A, Bezzen-.
berger . • . . 152
Le prime parole della grande epigrafo campano-etrusca. Von JSlia
Lottes 154
Anzeige: Über die spräche der altslovenischen Savvina Etiiga. Von
W. N. Stsehepkin 161
Etymologien. Von A. Bezzenherger 166
Nachtrag. Von H. Brunnhofer .168
Alle für die redaction dieser Zeitschrift bestimmten Sendungen wolle
man richten an Professor Dr. Adalbert Bezzetiberger^ Königsberg %. iV., ;
SUindamm. Walistr, Nr. 1 u. 2^ oder an Gymuasial-Oberlehrer Dr. WaUher
Prellwiiz, Tilsit, am Anger Nr. 26 b,
Um die AnscbaflFung der älteren Jahrgänge dieser Zeitschrift
zu erleichtern, haben ^svc den Preis
der ersten 21 Bände
von 210 Mark auf 134 Mark ermässigt.
Kleinere Ergänzungen (nicht einzelne Bände) nach Uberein*
kommen ebenfalls zu emiässigtem Preise.
Vandenhoeck & Buprecht '
Atw^egeben im Februar 1901. Vandenhoeck k Ruprecht, Göttingon, Theaterstnuse 13.
Preis 10 Mark für den Band Ton 4 Heften.
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EmendationeB ssum Rigveda. 81
Emendationen soin Bigveda.
(FortsetEanf^.)
RigY, n, 31, 3.
dnu nü Hhäty avrikölhhir ü^tibht
rdtham mahi aandye vö^jasdtaye || .
Ladwig übersetzt: ,, begleite uns mit feindlosen hülfe-
leistuDgen unaem wagen zu grossem gewinne, zu kraftgewinne*^
Grassmann: „Er gebt zur band mit bülfereicher förderung
Nun unserm wagen, zu erlangen grossen preis''.
y^Feindlose bülfeleistungen^' sind eine contradictio in ad-
jecto, also etwas total unmögliches, in keiner spracbe wird je-
mals 80 etwas dagewesen sein, daber denn Grassmann das
oprikd mit ricbtigem takte als bülfreicb übersetzt bat. Es
ist jedocb immer wieder daran zu erinnern, dass Ludwig, da
er sich mit recht zunächst an den» wenigstens scheinbaren,
Wortlaut des textes anscbloss, traditionsgemäss nicht anders
übersetzen konnte, als „mit feindlosen bülfeleistungen'S denn
die tradition behandelt das wort aiürikd durchgebends als
a+vrikä „wolflos''. Dass avfikd an manchen stellen diese be-
deutung hat, ist nicht im geringsten zu bezweifeln. Z. b.
Rigv. \'I, 4, 8:
nü' no Agne aiofikibhih svasti
vishi rdydh pathibhih pdrahy dnhah |
Ludwig: , jetzt also, o Agni, auf feindlosen pfaden des
reichthums besuche zum heile uns, rette [uns] aus bedrängniss*'.
Reichthum ist im Rigveda soviel als grosser viehbesitz und
für diesen viehstand „wolfssicbem'' weidegang zu erflehen ist
etwas dem hirten ganz angemessenes. Hier ist avrikd ganz
unzweifelhaft ein compositum von vrikd mit der negationspar-
tikel a. Dagegen möchte ich für avrikd als attribut solcher
Wörter wie ifti hülfe, ftdld^i freund, sakhyä freundschaft, päyü
hüter, hirt, vdruiha schütz u. s. w. an eine andere etyroo-
logie denken. Oder vielmehr, ich erblicke in avrikd^ wenn es
attribut jener begrifie ist, ein zwar mit avrikd „wolfsfrei*' gleich-
klingendes, aber etymologisch gänzlich verschiedenes wort Und
zwar möchte ich schreiben ävfikd und dieses ableiten von d-vri,
iiir welches verbum ißrassmann die bedeutung ansetzt: „umgeben
mit, reichlich versehen mit", was vortrefflich zu uti, sdkhyd
u. s. w. passt In dem von demselben verbum abgeleiteten
Baltxie» s. knad« d. ini«. tpraek^i. XXVI. 6
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82 Brunnhofer
adjektiy ävarana haben wir ein synonymum, für das das Peters-
burger wörterb. bd. I, pag. 707 die bedeutungen kennt: „be-
deckend, verhüllendes als subst. neutr. „das verdecken, ver-
hüllen etc. Jües was zum schütze dient, schild. Wir dürfen
also für * ävrikd die bedeutung aufstellen : „schützend^ schutz-
reich, huldvoll".
Vielleicht gehört hierher auch das Zendwort avare, schütz
(Justi Zendwb. pag. 34), das man zwar für eine nebenfonn von
zendischem amanhe = Dat. sing, dvctse des veda ausgiebt, das
ich aber lieber für zwar volksetymologisch auf wurzel av
„schützen" bezogen halte, etymologisch jedoch als *ävare =
skt ^ävar, ävri auffassen möchte. Von diesem im Sanskrit
nicht nachweisbaren verbalnomen *&var, ävri wäre dann das
adjektiv dorika durch das suffix ka abgeleitet wie eri-kd, ro.
geschoss, von W« sri hineilen, gush-ka trocken, von W. ^ush
trocknen, dörren u. a. m.
6.
Rigv. IV, 33, 7:
Dvada^ dyü'n ydd dgohyasya
ätithyi rdnann Bibhdvdh saedntah |
sukshiträkrinvann dnayania sindhün
dhanvS^tishAann öshadhtr nimndtn ä'pah |{.
Ich übersetze:
„Als zwölf tage die ^bhu sich der gastfreundschaft des
Agohya erfreuten, in tiefem schlafe ruhend, da schufen sie
dann herrliche gefilde, führten sie die flüsse wieder heraus,
breiteten pflanzen über die wüsten, in die niederungen die wasser'^
Wie längst erkannt, ist hier die rede von dem todesschlafe
der ^bhu, der Schöpfer der Jahreszeiten. Während der zwölften
schläft das jähr im hause der wintersonne, die in den nebeln
verborgen ist Aber sowie die zwölften vorbei sind, treten die
Jahreszeitenkünstler ihren nindlauf um die erde wieder an, das
jähr beginnt von neuem, die im eis erstarrten flüsse thauen auf
und in den thälem grünt es und blüht es wieder. Ganz das-
selbe besagt Rigv. I, 161, 11:
udvdtsv aemd akrinotanä trinam
nivdtsv apdh evapasyäyd narah \
dgohyctsya ydd dsastand griM
tdd adyidam Bibhavo nä'nu gachatha |
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EmendatioDen zum Rigreda. 83
Ich fibersetze:
„Auf den höhen habt ihr ihm (dem sterblichen ?) gras ge-
schaffen, in den tiefen wasser durch eure kunstfertigkeit, o
männer. Dass ihr in tiefem schlafe ruhtet im hause des Ago-
hja, das, o ^bhu, wiederholt ihr heute nicht''.
Hier und in der vorhergehenden stelle dreht sich Alles
um die frage: wer und was ist der angebliche Agohya? Die
tradition und die Sanskritphilol(^e tibersetzen ee, wie dies bei
der lesart igohya überhaupt nicht anders möglich ist, mit:
;,der unyerhüllbare, der nicht zu yerbergende''. Das ist nun
freilich das haare gegentheil dessen, was in der natur der dinge
liegt Das adjectiv dgohya ist ein attribut des Savitar, des
Sonnengottes, und zwar des lebenweckenden, fruchtbarkeit
schaffenden Sonnengottes der gemässigten zone, nicht des
Sonnengottes Indiens, wo die flüsse im winter nicht gefrieren,
sondern des hochlandes KabuUstans oder Kaschmirs, wenn nicht
Irans. Man schläft aber nicht bei leuchtendem sonnenglanz,
was doch bei der lesart igohya „nicht verhüUbar'^, vorausge-
setzt werden musste, sondern in der abwesenheit des tageslidits,
im dunkel der nacht, wo die sonne sich im gegentheil yerhiUlt
hat (vgl. Rigv. I, 117, 5: sushupv^nsarn nd Mpiter upouthe
9uryafß . . . tdnMsi kahiydfUam) und selber tief eingeschlafen
ist. Das erfordert aber nicht einen dgohya, sondern im gegen-
theil einen ä^gohya, einen „tief sich verhüllenden^^ Damit sind
wir bei dem punkte angelangt, wo die vedische mythologie ihre
aufklärung erhält aus der homerischen. Der dgohya ist näm-
lich der *'i2yvyog^ der könig des landes 'Siyvyiaf wo die nymphe
Kahnpdt^ „die sich verhüllende'' d. i., die finstemiss des nordi-
schen winters, wohnt. Ogygia ist die personification der Winter-
sonnenwende, als welche sie Hahn schon in seinen mythologi-
schen parallelen pag. 186 erkannt hat, während die insel Aiaia
die Sommersonnenwende ist. Vgl auch noch Hahns sagwissen-
schaftl. Studien pag. 410. Ausführlicheres darüber in meinem
Homerwerke.
7.
Rig. V, 43, 13.
Ädharnasir brihdddivo rdräno
tfigvebhir gantv ömabhir huvdndh \
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84 BruBiihofer
gnd' vdsäna öshadhir dtnridhrcts
tridhatu^ngo vri$habh6 vayodhä'h y
Ludwig übersetzt: „Her komme der sehr verständige, der
hohe am himmel, schenkend, gerufen mit all seinen freunden,
der mit den Gn&s wohnt in den pflanzen, nicht schädigend,
mit dreifachem home er, der lebenskraft schaffende stier'.
Sehr frei, mit unberechtigter bedeutungsumwandlung von
brihäddiva und dmridkra tibersetzt Grassmann r
„Der hochbetagte, starke Spender komme,
Gerufen her mit sämmtlichen genossen,
Umschaart von weibem, von gewachsen, rastlos.
Der kraftverleihiide stier mit dreien hörnern**.
Was mich in dieser Strophe beschäftigt, das ist Päda 3:
gna' vdsana öshadhtr. Es ist unmöglich gnä zu übersetzen
„mit den Gnäs'S d. h. mit den göttlichen frauen" und der
accusativ plur. öshadhtr ist kein locativ öshadhtshu. Zunächst
also ist der participialsatz vösäna öshadhür „die pflanzen
schmückend, kleidend" klar, vgl. Rig. IV, 18, 5: dikam vdsdna
(Indra), sein gewand anlegend, so auch VI, 29, 3 und X, 123, 7.
Was ist aber gnd^ ? Es kann nicht etwa apposition zu öshadhtr
sein, denn niemals heissen die pflanzen gna, aber ebensowenig
kann es von Brihaspati, dem in Strophe 12 angerufenen und,
wie der anklang brihdddivo in str. 13 schliessen lässt, auch in
str. 13 herbeigewünschten gotte heissen, er kleide die göttlichen
frauen an. Aber was ist denn nun gnä'? Ich glaube, es hat
mit den göttlichen frauen gar nichts zu schaffen. Sie mögen
durch einen ungeschickten redaktor aus reminiscenz an str. 6,
wo der dichter die mahitn Ardtnatim . . . Gnä'm devim „die
grosse Arraaiti, die göttliche Gnä" anruft, in die Strophe 13
gerathen sein. Da an dieser stelle ohnediess metri. causa ge-
lesen werden müsste: gnad' vdsdna, was sich aber aus obigem
gründe verbietet, so lese ich, um die erforderliche silbe zu er-
halten: agnä' vdsäna, im sinne von agnaü „im feuer''. Agni
ist das im Rigveda so oft besungene lebensfeuer der pflanzen-
weit. So heisst es I, 98, 2: Agnih . . . vi^d öshadhtr d'
vivega „Agni ist in alle pflanzen eingegangen". Die stelle
agnd' vdsäna öshadhtr bedeutet also: „im feuer die pflanzen
kleidend", sei nun der betreffende gott Brihaspati oder, wie
Grassmann vermuthet, der gestaltenbildner Tvashtar.
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Einendation anim Rigyeda. 85
8.
Rigv. VI, 75, 1.
Jtmä'tasyeva bhavcUi prdtikam
ydd varmf ydtti mmidäm updsthe \
Ludwig übersetzt traditionsgemäss: M^io der donnerwolke
antlitz ist es, wenn der gepanzerte wandelt im scboos der
schlachten'^
Das wort ßmüia f,gewitterwolke'\ das sich nur auf die
Yorliegende stelle oder vielmehr auf die uralte missdeutung
dieser stelle stützt, ist eine homunculusezistenz. Deeshalb denn
auch die verzweifelte etjmologie üjjvaladatta's in den U^Adi-
sütras III, 91 (ed. Aufrecht pag. 83) : ßvanatfi jalam mi^rayaU
srävayaiUi „sie harnt (resp. läset fliessen) belebendes wasser*'.
Ursprünglich, d.h. etymologisch ist das wort^ii^a nichts
anderes als *jyd''fnüta, wo jyd nach analogie des vedisohen
instrumentals tUi' für ütyä', zusammengezogen ist in ß, ßmüta
bedeutet also : „von der bogensehne abgeschnellt*', miUa kommt
von der dem lateinischen tnavire entsprechenden sanskritwurzel
mtü, bewegen, schieben^ es ist das part. praet. miUa, z. b. in
käma-müta „von liebe getrieben'* Bigv. V, 10, 10, 11; nicht
„von liebe verwirrt** wie Weber übersetzt in den sitzungsber.
d. Berl. ak. 1895, pag. 13 (was vielmehr käma^müdha erfor-
dern würde). Wir gewinnen auf diese weise ein bild, das viel
prägnanter ist und drastischer wirkt als der vergleich mit der
gewitterwolke. Die stelle lautet nun : „Es ist das bild eines von
der bogensehne abgeschnellten" (pfeiles), wenn der panzerheld
sich in den schoos des schkchtgetümmels stürzt**. Das gleichniss
passt auch zu dem ganzen, vornehmlich die kraft der bogensehne
verherrlichenden inhalt des schlachtliedes. Der hymnus ist ein
lobgesang auf den skythischen bogen, wie ihn die alten Inder
noch zu Alexanders des grossen Zeiten führten und wie ihn
noch Arrian in seinen Indischen nachrichten, kap. 17 be-
schreibt: „Das fussvolk hat einen bogen, der ebenso hoch ist,
als der, welcher den bogen trägt. Diesen stellen sie am boden
auf, stemmen sich mit dem linken iuss dawider und spannen
ihn so, indem sie die sehne erst rückwärts ziehen. Ihrem pfeile
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86 Brannhof er
fehlt nämlich wenig zu drei eilen und nichts vermag dem von
einem indischen schützen abgedrückten pfeile zu widerstehen,
weder ein schild, noch ein panzer, noch eine andere noch so
starke schutzwafiEe'^ Desshalb denn auch das gleichniss Rigv.
III, 53, 24 (nach Ludwig): „0 Indra, diese Bharata denken
nicht an nähe und nicht an ferne; sie treiben das ross wie
einen nie versagenden helfer; ah hätte es der bogenaehne kraß
(jy&'väjam)f fuhren sie es in den wettkampf *.
Wie nun aber das adjektiv ßmüta zu der substantivbedeu-
tung y,gewitterwolke*^ gekommen sein mag? Ich glaube, es
giebt dafür keine andere erklärung als folgende. Gewisse
stellen des Qatapatha-Brfthmana verrathen, wie schon Spiegel
erkannt hat (Eranische alterthumskde., bd. I, pag. 458), irani-
schen einfluss, d. h. das Qatapatha-Br&hmana, so gut als schon
der Rigveda, stammt zum theil von brahmanisirten, von hause
aus iranische dialekte sprechenden, das Sanskrit mit iranischem
Sprachgefühl handhabenden verÜBtssern. Von solchen brahmani-
sirten iranischen vedainterpreten mochte das wort jtmüta auf-
gefasst worden sein als eine Zusammensetzung von zendischem
zim (Justi, Zendwörterb. pag. 125) = zima («- skt. hima) der
winter, und dem sanskritischen üdha „hergeführt'* partic.
praet. von w. vah, fuhren, tragen, also „vom winter herbei-
geführt", was dann auf die gewitterwolke bezogen wurde.
Ueber prdttka „bild*' ist noch zu vergleichen die reiche
auseinandersetzung von Arnold Hirzel, gleichnisse und metaphern
im Rigveda, pag. 42—43.
9.
Rigv. Vn, 55, 2—4.
Yäd arjuna Sdrameya
datdh piga^ga yäehase
tt'va bhrdjanta rishfäya
üpa srdkveshu bdpsato
ni shü svapa || 2 ||
stenAri rdya Sdrameya
tdskarant vd punahsara \
Btotft'n Indrasya rdyasi
kirn asmd'n duchundyase
ni Aü wapa \\ 3 {}
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Einendationen zum Rigveda. 87
^(hß siUcard§ya dardrihi
tdva dardartu 9Ükardh \
dotri'n Tndra$ya rdyasi
Mm asmöln duehundyaM
ni skfi mnpa || 4 ||.
Grassmann übersetzt diesen beschwörnngsspruch, den nach
seiner, ich glaube , richtigen ansieht ein verstorbener an die
beiden hunde des todtenrichters Yama richtet, ganz hfibsch so:
„Wenn weisser S&rameya du,
Wenn brauner du die zahne fletschst,
Dann leuchten sie den Schwertern gleich
In dem gebiss des schnappenden. — 0 schlaf in ruh!
0 Sftrameya, bell den dieb,
Den räubw an, o lauf zurück!
Was bellst du Indras sänger an?
Warum willst du uns böses thun? — 0 schlaf in ruh!
Den wilden eher packe an.
Der eher stürze sich auf dich !
Was bellst du Indras sanger an?
Warum willst du uns böses thun? — 0 schlaf in ruh!'^
Merkwürdig ist, dass weder Ludwig, noch Grassmann in
sirophe 3 keinen anstoss an sükara genommen haben. Was
M hier das Schwein, das doch in der vedischen so gut wie in
dsr spätem brahmanischen mythologie gar keine rolle spielt?
Ind was soll gar das schwein im yorhof der Unsterblichkeit?
iber es handelt sich hier nicht um ein schweiui sondern um
ckn Soma handelt es sich, um den fukrd, der in der Svara-
haktiform ^gukara, nach analogie yon Indara (Bigr. 11, 11 , 1 ;
«; IV, 17, 1; VI, 20, 11; 12) und MUhara für Mithra (Mi-
ioQag, vater des Diophantus, eines truppenführers des Mithri-
dtes, Memnon frg. 87) vom ersten aufzeichner des textes miss-
vrständlich als aükarä gehört wurde. Durchgehends heisst im
F|gyeda der Soma ^krd „der leuchtend helle''. Der Soma,
aio der (ukrd, yerleiht nach yedischem glauben dem sänger
ttsterblichkeit, ganz wie auf iranischem boden im Ayesta der
Homa seinen yerehrem die beste der weiten, nämlich den
Immel, sichert Der sänger Indra's, yon diesem glauben durch-
dangen, redet den höUenhund Yamä's an: „Ja komm mir nur,
bctie, du wirst schon sehen, wie es dir ergeht!'' Denn der
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88 Brunn hofer
Sänger Indra's weiss, dass Soma» d. h. der mond, ein gewaltiger
kämpfer ist, dessen furchtbare wa£kn seinen Verehrer vor jedem
feinde schützen. Soma heisst ja tigma^inga „mit scharfen
hörnern versehenes seine waffen sind spitzig {tigmdni dgudhä).
Der imperativ dardrihi ateht im sinne eines conditionalsitzes.
lieber Soma als kri^er s, Hillebrand, Vedische mytboogie,
bd. I, pag* 336--346.
10,
ftigT. VII, 69, 6.
NdrA gaurSva vidyütam trishänd'
Asmdkam adyd savanöpa ydtam.
Ludwig übersetzt diese an die A^vinau gerichtete anrde
wörtlich also: „Ihr beiden, wie wilde rinder dürstend nsh
blitz, kommt heute zu unserm trankopfer'S Ludwig vertheidgt
seine Übersetzung, die dem vorhandenen Wortlaut folgt, mit du
Worten: „Diese stelle hat viel kopfzerbrechens verursacht; Mr
sehen aber nicht ein wie hier der blitz anders verstandn
werden kann, denn als Vorgänger des regens, und warum nah
dem gesetze der poesie hier nicht das praecedens für das co.-
sequens soll stehen können. Wer kann ernsthaft glauben, das
hier unter vidyut der Wasserspiegel (nach Grassmann) soll ve-
standen sein? Man könnte dabei an das opferfeuer denke,
das ebenso wie blitz den regen, die darbringung erwarten lässt.
Das ist ein gewagter versuch, um mit dem vidyutam fertig a
werden, denn vidyut bedeutet blitz und nur blitz und das
stiere nach blitz dürsten, geht schon über das bohnenlied. De
von Ludwig auch hier wieder mit unrecht abgekanzelte Grast
mann hat das richtige erkannt oder vielmehr geahnt. Den
nirgends giebt er für seine Übersetzung einen grund an:
„Wie büffel lechzend nach dem Wasserspiegel,
0 männer kommt zu unsern tränken heute*'.
Statt vidyutam muss gelesen werden *vaidhyudan vu
zendischen vaidhi, armenisch get, fluss, Wadi und udan, ^
Wasser.
Dieselbe Verwechselung kommt schon Rigv. I, 39, 9 vor:
äsämibhir Maruta ä na ütibhir
gdnia vrishthri nd vidyütah \
Ludwig: „Mit euern vollkommenen hülfeleistungen komit
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Emendation zum Rigreda. 89
zu uns, o Marut, wie blitz und regen^S Es müsste wörtlich
heissen „wie blitz auf regen** und so übersetzt auch Grassmann.
Der regen folgt nun aber umgekehrt auf den blitz. Es ist
desshalb hier zu schreiben: vaidhf/udah, wo udäh der plur. von
ud, f., wasser. Die stelle wird dann lauten:
,,Mit ganzen hülfen kommt, o Ifarut, zu uns her,
Wie wildbachfluth dem regen folgt^*.
11.
Rigv. VII, 83, 2:
ydträ ndrah samäyante
krüddhvajo ydsminn djA'
bhävati kirii cand priydm |
ydträ bhdyante bküvand svardfigas
tdtrd na Indrävarunä'dhi vocatam |
Ludwig übersetzt: „Wo die helden um eine fahne geschaart
zusammengehen, in der Schlacht, wo es nichts liebes giebt, wo
die das licht schauenden wesen fürchten, dort spracht ihr,
Indra und Varu^a, über uns euern schütz aus'^ .
Die Übersetzung ist vollkommen traditionsgemäss, aber es
ist merkwürdig, -dass der sinn derselben noch niemandem kopf-
schütteln erregt hat. Was sind denn .das für ndrah, avöoeg,
„beiden*', für die es in der schlacht „nichts liebes** giebt; in
der Schlacht, wo die das licht schauenden wesen „sich fürchten**,
obachon Indra und Varuna ihren schütz über sie ausgesprochen
haben? Können denn beiden zugleich memmen sein? Grass*
mann hatte mit seinem feinen poetischen takt offenbar ein ge-
fühl dafür, dass hier etwas gesagt ist, was sich mit dem
heldenthum schlechterdings nicht- verträgt Dieses richtige ge-
fühl verleitete ihn aber, den klaren wortsinn des traditionellen
textes unberechtigterwei9e folgender massen zu variiren :
„Wo banner tragend männer sieb entgegengehn
Im kämpf, wo alles liebe auf dem. spiele steht,
Wo alles bebt vor dem, der sonnengleich erscheint,
Da sprechet muth uns zu, o Indra-Varuria**.
Grassmann fasst hier avardrigas als ablat. sg. und bezieht
es auf Indra (so im Wörterbuch), ohne zu bedenken, dass
Indra- Varuna ja gerade im gegentheil von den wesen um
schütz angerufen werdep. .
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90 Brunn hofer
Nun ist 66 mir zwar schon lange aufgefallen, dass ein im
Rigveda öfters ausgesprochener wünsch ist» unversehrten leibes
(arishta) aus dem kämpfe hervorzugehen. Ich gestehe, dass
mich hier ein mthsel anstarrt loh kann mir diesen wünsch
um so weniger erklären, als er gleich in der ersten Strophe
des berühmten schlachÜiedes Rigv. VI, 75 ausgedrückt wird:
dnamddhayä tdnvd jaya tvöm „mit unverwundetem leibe siege
du!** Gab es in der geschichte der menschheit eine periode,
die den heroismus, die ethische fähigkeit, für die erreichung
eines idealen zieles leib und leben einzusetzen, noch nicht
kannte? Ragt diese periode der vorgeschichtlichen menschheit
vielleicht noch in den Rigveda hinein, dessen A^vinau-hymnen,
die doch noch nicht einmal die ältesten sind, in das jähr 6000,
wenn nicht ins zwölfte bis vierzehnte Jahrtausend vor Chr.
zurfickschliessen lassen? S. Weber -Förster's und meine
berecbnung in den o. pag. 76 citirten abhandlungen. Diese frage
scheint mir in bezug auf die Sanskrit- Arier des vierten bis sechsten
Jahrtausends vor Christus um so berechtigter zu sein, als bekannt-
lich im Rigveda auch von der jagd auf grosse raubthiere, von
denen doch Iran und das Pandschab wimmelten, noch nicht die
rede ist. Der löwe wird im Rigveda nur gefangen, niemals aber mit
wurf- oder stoss- oder hiebwaffen erlegt. Uud so die andern
Würger, denen man mit fanggruben oder fangnetzen beizu-
kommen suchte. Ich wundere mich, dass Zimmer in seinem
Altindischen leben, s. 243 — 245, wo er die jagd behandelt, dem
psychologischen räthsel dieser erscheinung nicht näher getreten
ist. Doch Zimmer wollte ja freilich nur das leben und nicht
die Psychologie des Veda darstellen.
Wie so ganz anders stehen die dinge im indischen epos!
Der heroismus des Mah&bhärata ist von einer grandiosität,
die derjenigen der skandinavischen recken oder deijenigen der
beiden des Nibelungenliedes in nichts nachgiebt Vielleicht ist
der heroismus überhaupt erst eine der grossen culturerrungen-
schaften der an der schwelle der geschichte angelangten
menschheit. Und so finden wir denn schon im letzten buch
des Rigveda (X, 154, 3) folgende stelle:
yi yudhyante pradhäneshu
.^'räso yi tanütyöjah |
„die in den schlachten kämpfen, die beiden, die preisgeben
ihren leib*'. In diese spätere zeit gehört wohl auch der aus-
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Emendationen zum Rigreda. 91
druck rana, m. n., ,,die lust'* d. h. die kriegslust, der kämpf,
die Schlacht, ganz ine im Homer x^9t^V laicht Dur^ wie xafffia^
die freude im allgemeinen , sondern vorzugsweise die Streitlust,
den kämpf bedeutet Und wenn dem Herakles und lolaos im
Hesiod (also doch auch schon in der nachhomerischen zeit)
schhichtgetiimmel ftoXv q>llt9Qa ^oinig ist oder wenn es im
fragm. GGXXni (s. Hirzel, gleichnisse und metaphem im Rig-
veda pag. 87) heisst: Alcaudag^ Ttolifup x^xogrjdtitg ^vts Saizi,
80 ist das die reine Unschuld gegenüber der todesverachtung,
dem Sterbensenthusiasmus und dem heldentrotz, die im Mah&*
bh&rata besungen werden. Duryodhana bekümmert sich um die
ihn rings umschwirrenden pfeile so wenig wie ein elephant um
regentropfen. KarQa sagt zu seinem vater, dem Sonnengott
Sürya, der ihn auffordert, sein leben nicht so gleichgültig aufis
spiel zu setzen: „Mir ziemt ruhmvoller tod, nicht ruhmloses
leben, nach rühm strebe ich selbst um den preis des lebens,
denn rühm ist Unsterblichkeit'^ Duryodhana endet mit den
Worten: „Mit gerechtigkeit habe ich das reich bis an das ferne
meer hin beherrscht und in ehrlichem kämpfe die feinde be-
standen. Jetzt finde ich den schönsten tod, indem ich meinen
gefallenen freunden nachfolge in das paradies der beiden: wer
ist glückseliger als ich?*^ Wunden und tod in der Schlacht
öffnen die thore des himmels, dagegen schliesst furcht und
flacht den himmel zu. Der tod im kämpfe ist der weg zu
Indra. Apsarasen heben die mit wunden auf der brüst ge-
fiillenen beiden «uf ihre wagen und fuhren sie unter pauken-
schall dem himmel zu. S. über den heroismus im Mah&bh&rata
das reiche Stellenmaterial bei Adolf Holtzmann, Zur geschichte
und kritik des Mah4bb&rata (Kiel, 1892), pag. 40, 47—49, 50,
72, 90. Ueber den heroismus der Deutschen, Skandinavier und
Kelten s. Holtzmann (vater), Deutsche Mytbol., pag. 197 — 200.
Die Schilderung der todesverachtenden kampflust, wie sie das
indische epos seinen beiden nachrühmt, wird übrigens historisch
bestätigt durch das zeugniss des Ammianus Marcellinus, der
von den Parthem, diesen letzten trägem vedischer traditionen
am ursitz der vedischen Sanskrit -Arier, folgendes berichtet
(Lib. XXITT, 6, 44 ed. Gardthausen, t. U, pag. 329): feri sunt
UUc habüaiares (die Parther um Gharax, Apamea, Artacana,
Hecatompylos) pagarum amnium atque pugnaces eosgue ita
ceriamina jywjmt ä beUa, ut judicetur inter qUob hominis beaius,
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92 Brunnhofer
qui in proelio profudirü amtnam; excedentes mim e titä for-
tuiia conviciis inaectantur et degeuMrea et ignavas. In ein voll-
ständiges System gebracht ersoheint der heroismus des indischen
alterthums in der Kitipraka$ik4 (ed. Gust. Oppert in seinem
buch On the Weapons, Army Organisation, and Folitical Maxims
of the Ancient Hindus, Madras, 1880) (loka 244—263, pag.
125—129.
Wiewohl es nun in hohem grade gewagt ist, aus lebens-
anschaunngen des Mahäbh^rata Schlüsse zu ziehen auf den
Rigveda» der um mindestens ein Jahrtausend vor dem epos
liegt, so erscheint -es mir doch unmöglich, dass ein schlacht-
lied sich in ausdrücken der feigheit bewege. Ich möchte dess-
halb die stelle cani priydtn lesen can&'prigam, d. i. cand
dpriyam ^^ichts unliebes^' d. h. „liebes, freudiges^S und für
bhdyante schreiben bhdyanti, sodass also der betreffende Päda 3
nun bedeutet: „(wo) die sonnengleichen (nämlich die ndrcJ^
die beiden von Päda 1) die wesen in furcht versetzen". Die
srf;rophe lautet nun in der Übersetzung:
,,Wo die beiden um eine fahne geschaart zusammengehen,
in der schlacht wo es eine lust ist, wo die sonnengleichen
(beiden) die wesen in furcht versetzen« dort spracht ihr, Indra
und Varuna, über unsr euern schütz aus'^
Eine ähnliche verkehrung des textes in sein gegentbeil hat
eine brahmaniscbe memme in Rigv. I, 100, 17 am namen eines
schlachtrosses vorgenommen , wo schon Ludwig , (Rigvedawerk
bd. V, 29) fragt, ob nicht Abhayamdnah geschrieben werden
müsse für Bhayamdnah,
12.
Rigv. Vm, 17.
4 no gantßrii rig&dasd
. imdra etömam purubhujd \
kritdqi nah 9U§riyo nard
imd' ddtafn abhiahfaye ||
Ludwig: „Kommt zu uns, vertilger der vertilger, zu diesem
Stoma, ibr reich an genuss, macht uns hochherrlich^ o helden,
gebt uns das irdische (imd', neutr. plur.) zur erhaltung'^
Unter den nicht gerade wenigen Wörtern, welche die vedar
Philologie noch unter dem einflusse der brahmanischra etymo-
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EmeDdatiofien zun« Rigveda. 93
logie misddeuteC; ist rifädaa keryorniiheben. Es i^ird als com^
poaitain yoq rij^a + adaa „die Zerstörer rerzebrencH' {adae von
W. ad, essen, versehlingen) erklärt Daher denn Ludwigs
„vertier der vertilger^S was ganz an Hegels definition des
rechts als der „negation der negation" erinnert Ludwig findet
es (bd. III, pag. S4l seines Rigvedawerks) „merkwürdiges dass
»ibesonders die Marut, dann aber aneh Mitra, Varupt, Aryaman,
die Aditya, die Asvinau» Agni, Soma, Vi^ve Dev&h öfters rigMas
heissen''. Schon der umstand, dass gerade die götter des
geistes, die Aditya „femdev^rzehrer^^ hassen sollen, mnse stutzig
machen. Es ist denn auch einleuchtend, dass die traditionelle
ableitung des wortes nicht die richtige sein kann. Wir müssen
vielmehr trennen ri + g&das und ri als abgekürzt aus ari
au£fas8en, nach analogie so mancher andern Wörter» insbeson'-
dere im Iranischen, die ihr anfangs-a eingebüsst haben. 8. mein
Iran und Turan pag. 68. lieber die wurzel gad, schmücken
s. Roth zu YAskas Nirukti paig. 83. Das adjektiv rigädas -*
*arigädas bedeutet also „sehr schmückend'', dann „sehr pran-
gend, sehr sich auszeichnend, sehr herrlich, sehr siegreich''
u. 8. w. Diese bedeutung wird an obiger stelle besonders unter-
stützt durch die bitte an die Afvlnau: kritäfi% naft 8uer{yo
„macht uns schön glänzend^', was direkt eine ausführung des
verbalgehalts von ri^ädM ist.
Dass rigädas smne anfangssilbe a eingebüsst hat, geht
übrigens metri causa hervor aus Rig» VI, öl, 4: rieä!dasah
satpattnr ädabdkdn, wo gelesen werden muss: arigü'dasa^k
sätpaünr ddabdhäny (ich flehe an) „die hochherrliofaen, die
wahrhaften herren, die unbethörten'S
13.
Rigv. IX, 10, 8.
. nd'bbä nä'bhminä &' dade
edkshug eit ^Oirye sdcä |
Hier ziehe ich die äberset^nng Hardy's, Vediscb-brabma*
Bische Periode, pag. 31 jeder andern vor: „An den nabel (der
göttery^ heisst es von Soma, „bindet er unsem nabel, auch
(unser) äuge (bringt er, d^ h, nach dem tode vgl. Rigv. X, 16, 3
„Zur sonne geh das äuge") zusammen mit der sonne. Somit
ist der Ursprung des menschengesohlechts in der sonne'^ In-
dem ich diese stelle nabhä nd'Miim nd &' dade mit dem namen
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94 Brannhofer
des N^bhanSdM^ zuBaminenhalte, gelange ich zu folgendem
ergebniss. Nabhanedishpui lasst sich bekanntlich nicht trennen
Yon der Zendform des namens, nämlich Nabanazdiaki, folglich
muss beiden eine urform zu gründe liegen. Ich erblicke die-
selbe in ^nabh€hnaM'i8h^a y,den nabel nähendst^'. Daraus
konnte sich nach der analogie des imperativs daddhi >,gieh'S
im Zend d(»zdi, im Veda dehi, die Zendform NabanazdisUi, im
Veda Nä'hhanidhishfha entwickeln. Dass das wort schon sehr
alt sein muss, ergiebt sich auch aus der analogie von zendischem
Mazda gegenäber vedischem tnedha. Wenn aber dem werte
die Wurzel nadky nahen (ygL i^oi) — nah (vgl. yi^e-Ai „einen
Scheiterhaufen schichten, d. h. binden^' Gurtius, örundzz. d.
griech. etym. \ pag. 295) zu gründe liegt, so scheint es mir
nunmehr wahrscheinlich, dass an obiger stelle Bigv. IX, 10, 8
nicht zu schreiben ist nd ä dade, sondern dass sie ursprüng-
lich gelautet haben muss: ^nahddadhe -* nahdm dadhe, wie
es in der Brfthmanasprache lauten würde. Ob dieses hypothe-
tische *nahddadhe „er näheU** schon sanskritisch ist oder viel-
mehr noch der indogermanischen sprachperiode angehöre, das
zu entscheiden überlasse ich der Sprachvergleichung.
Nä'bhanedishtha hat eine namensverwandtin in der geburts-
göttin Siniväli, die ich ableiten möchte aus w. 9t nähen, binden
und *nivaii = *näbhila, also wiederum „die den nabel
nähende<^ Sinlvftli ist übrigens mondgöttin und zwar crescens.
Ich möchte desshalb daran erinnern, dass Stn der mondgott
der Sabier von Harr&n war (s. Chwolson, Die Sabier, bd. H,
pag. 158 und 808—809) und dass in der wüste Sin der berg Sinai
einen mondtempel hatte. Doch darüber bei anderer gelegenheit
14.
Rigv. X, 40, 1.
In diesem hymnus an die A^vinau, der den erklärern noch
viel zu schaffen machen wird, will ich vorläufig nur eine stelle
(Strophe 1) als der Verbesserung bedürftig hervorheben:
Bdthaifi yd'ntam küha kö ha vdni nard
prdti dyumdntar(i suvüd'ya bhüahati |
prdtaryd'vänani vibhvhm vigi-vige
vdstor-vastor vdhamdnain dhiyd' gdmi ||
„Euem wagen, den wohin? gehenden, wer, o beiden, rüstet
ihn euch, den glanzvollen, auf dass seine fahrt zum heile ge-
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Emendationen zum Rigyeda. 95
reiche, den frähaufbrechendeny weit herum wirkenden, von
stamm zu stamm, von haus zu haus &hrenden, mit dem ge-
danken zum sagen ?'^
Hier gebietet das vigi-vife „von stamm zu stamm" das
nachfolgende västor-postor, das bedeuten würde: „von morgen-
röthe zu morgenröthe'^ zu corrigieren in vä^äor-väsior ,„von
wohnstätte zu wohnstätte''. Ich glaube, es liegt in diesem
wiederhergestellten västor-västar ein beabsichtigtes Wortspiel
Yor mit dem västor-^vaäwr der Strophe 3.
Die emendation vä'8iar^ä8f4>r erhalt übrigens ihre bestäti-
gang durch Rigv. I, 123^ 4, wo es von der morgenröthe heisst
grihdm^riham ahand' ydiy dehä „haus für haus besucht die
morg6nröthe'^
15.
Rigv. X, 61, 16.
In dem langen, räthselvollen hymnus auf die Vi{ve Devä
lautet Strophe 16 :
aifdm 8M6 r&'jä vandi vedhä
cupäg va vipras tarati äväsetuh
sd kahMvantam re/€ty<U so Ägnim
nemimi nd cakrdm drvato raghudrü |
. Ludwig übersetzt : „Hier der gepriesene könig [Soma] ward
als ordnender priester [zugleich] verehrt, der Sänger kommt
über die wasser, selber die brücke; er hat den Kakshivän, er
hat Agni in bewegung gesetzt, wie des rosses schnelllaufend
rad den radkranz".
Deutlicher Grassmann: „Dieser gepriesene huldvolle könig
[Soma, nach S&yana] wird gerühmt; der weise setzt über die
wasser, seine eigenen brücken habend; er setzte den Kakshlvat
in bewegung und er den Agni, wie den radkranz, wie das
schnell laufende vom renner gezogene rad'^
Worauf hier alles ankommt, das ist die bedeutung von
kaishivai. Mit dem dichter dieses namens hat das wort hier
nichts zu tiiun, es ist appellativ, doch ist ein „gurtenbegabter*^
Agni sinnlos. Ganz anders stellt sich die sache, wenn wir das
h streichen und lesen (dcshivantam „achsenbegabt", „an der
achse laufend^. Adalbert Kuhn hat für den am rad berum-
sausenden Ixion die an das lat. cms, die achse, anlehnende
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96 Brunnhofer
form akshivän „der achsenträger, der radträger'' als etymolo-
gische grundlage aDgesetzt (herabkunft des feuers ^, pag. 69).
Diese von Kuhn erschlossene form liegt an unserer vedastelle
thatsächlich yor. Ebendort hat Kuhn das in rasendem Um-
schwung rollende feuerrad des Ixion einen niederschlag der
Vorstellung eines sonnenrades genannt. Ich glaube, an unserer
stelle ist wirklich von einem durch könig Soma „durch um-
drehen einer achse in der nahe des Wagenrades'' erzeugten feuer
(Kuhn pag. 44) und zwar im sinne eines über allerlei gewässer
setzenden Johannisfeuerrades die rede, eines rades, dessen
rollendem übersetzen über bäche und teiche ein Somazechgelage
folgte, analog der von Jacob Grimm beschriebenen feierlichkeit
der loslassung des symbolischen sonnenfeuerrades am Johannis-
abend zu Konz an der Mosel, wo ebenfalls eine weinzecherei
den abschluss bildete. S. Kuhn pag. 44 und 95.
16.
Rigv. X, 68, 1.
Udaprüto nd täyo rdkshamdnä
vävadalo abhriyaepeva ghöshäh |
giribhrajo nörmdyo tnddanto
Brihaspdiim abhy ärkd' anävan ||
Ludwig übersetzt: „Wie im wasser schwimmende TÖgel,
wenn wache haltend, wie der lautdonnernden wasserwolke tönen,
wie bergdurchbrechende ströme frohlockend. haben unsere lieder
Brihaspati zugetönt''.
Ludwig nimmt also keinen anstand, die lesart rdkshamänd
für ursprünglich zu halten. Es liegt jedoch auf der band, dass
für die participialattribute vä'vadaiah und mddantah ein syno-
nymes attribut auch für den ersten P&da gefordert wird, ein
beiwort, das nicht die träge ruhe zum inhalt haben kann.
Schon Grassmann hatte im Wörterbuch zum Rigveda unter rd-
kshamänd bemerkt, die lesart sei vielleicht verderbt und hatte
dafür fragend ydkshamdnd empfohlen. Allein, wiewohl diese
correctur ohne zweifei ein besseres synonym für väi>adata^ und
fnddantalf, vorstellen würde, da die wurzel yaksh^ obwohl keines-
wegs ganz klar, rasche bewegung nach einem ziele hin be-
zeichnet, so liegt sie doch wieder zuweit von dem überlieferten
Wortlaut ab. Wie dies bei Grassmann mehrfach vorkommt,
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Emendationen zam Bigyeda. 97
hat ihn bei der übersetzang der richtige poeÜBche takt geleitet
und ihn die atrophe folgendermassen sinngemäBs übersetzen
„Wie vf^el, die im wasser plätschernd kreischen,
Wenn sie sich bergen, wie gewitterwolken
Wie wogen, die durch felsen tobend brechen,
So schallen dem Brihaspati gesänge^'.
Wie gesagt, Orassmann hat hier unbewusst das richtige
getroffen, indem er die vögel „kreischen'* lässt, während er
freilich an rdkshamdnd festzuhalten scheint, wenn er sie „sich
bergen'* lässt. Vielleicht gelangen wir durch Rigv* IV, 45, 4
auf die fahrte nach der dem unmöglichen rdkshamdna yoraus-
gegangenen ursprünglichen lesart Es heisst da:
hansä'ao yi vdm mädhumanio oaHdho
hiranyaparnd ühüva usharbudhah \
udapriUo mandino mandinisprigo
mddhvo nd mdkshah sdvandni gachathd^ \\
Ich möchte mich auf die räthselhaften ausdrucke asHdhah,
mandinisprigah, ühuvah^ hier nicht näher einlassen und vers 4
halte ich ohnediess für verderbt. Die attribute aber zu den han-
ad' sah, den gänsen, sind ähnlich wie die yon Bigv. X, 68, 1
zu den vdydh, den vögeln, also zunächst udaprütah, dann
mandindh, das an mddantdh erinnert, wie das vd'vadaiah an
ühuoah anklingt, das offenbar nichts, wie Ludwig will, mit
Wurzel vahf ziehen, zu thun hat, sondern ein onomatopoetischer
ausdruck ist wie das deutsche uhu. Das üküvdh usharbudhah
fasse ich als „mit geschrei die morgenröthe weckend'^ Welcher
art dies geschrei ist, darüber belehrt uns die stelle Rigv. II, 39, 3.
Der betreffende hymnus ist allerdings einer der jüngsten des
ganzen Rigveda, die ewig wiederkehrenden iva gemahnen völlig
an den ebenfalls späten glossatoren-cento Rigv. X, 106. Die
bilder von II, 39, 3 sind aber natürlicherweise indisch, dürfen
also für X, 68, 1 herbeigezogen werden. Es heisst da in
n, 39, 3:
cakraväkha prati vdäor usrd
arvd^fica ydtarri rathyhva cakrd |
Ludwig: „Wie die zwei Gakraväka (männchen und Weib-
chen) beim tagesgrauen, ihr rothen (A(vinä), kommt heran wie
IMtiif* s. kudt a. iadg. ■pffMhaii. XXYl. 7
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98 Brannhofer
Wagenräder!'' Das mrä ermnert an hiranifaparnd und das
eakrä am ende des Terses wiederholt onomatopoetisch das auch
im namen der gänseart Cakray&ka angedeutete geschrei kra,
Ära. Es ist die von der indischen kunstpoeaie yerherrlichte
gänseart anas casarca» von welcher die indischen dichter fabeln,
das männeben s^ des nachts vom weibchen getrennt, in der
morgendämmerung aber liessen ne ihr, gleichsam die morgen-
röthe weckendes, freudengeschrei erschallen. Also diese cakra-
v&ka sind unter den vdyah von Rigv. X, 68, 1 verstanden,
deren geschrei kra kra uns nunmehr berechtigt, die falsche
lesart rdkshctm&nä zu verbessern in die richtige krdkshamänä,
„kreischendes von der im Rigveda noch zweimal wieder-
kehrenden Wurzel kraksk, laut aufkreischen, z. b. Rigv. VIII,
65, 11:
dnu tvd BödatA ubhi
krdkshamdnam akripeläm \
rndra ydd dasjfuhd'bhavak \\
„Dir seufzten beide weiten nach,
Dem schreienden, als, Indra, du
Zum tödter der dämonen wardst''. (Grassm.)
Ausser dieser stelle begegnet die wurzel kraksh noch in
dem compositum vanakrakshd „im walde kreischend", Rigv.
IX, 108, 7:
d' Botd pari shiücata
a^va^ji nd stömam aptürani rajastüram \
vanakrakshdm udaprütam |
„Presset ihn, giesset ihn, den vde ein ross gleichsam wasser
ersiegend^a (?), raumdurcheilenden stoma, den im walde auf-
kreischenden, im wasser plätschernden".
Ludwig möchte hier, an stelle von stöma^ loblied, setzen:
söma, und es unterliegt keinem zweifei, dass auf Soma ange-
spielt wird, aber eben nur angespielt , wie im Rigveda bei
Wortspielen, wie dem vorliegenden, so oft; ich glaube desshalb,
dass in stötna nur ein beabsichtigter anklang an söma er-
blickt werden darf, wobei denn die ausdrücke vancJerak-
shdm uddpnUam ihrerseits wieder an die cakraväkagänse er-
innern.
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EmendatioDeD mm ftigveda. 99
18.
Bigv. X, 72, 8; 9.
askiaü puirä'w A'diUr
yi jätd'» iawri» pdti \
devä'n üpa praft 9apidbhfk
pdrd Mdrtdndäm diyai || 8 ||
sapiäbhik puirair Äditir
üpa prdü püroydfß yugdm \
frajd'yai mriiydte UhU
pinar Mdrtdnddm d'bharat || 9 |{
Ohne diese beiden atrophen zu Übersetzen, mache ich aaf-
merksam auf die merkwürdigen ttbereinstimmangspunkte, die
zwischen diesem yedahymnns und der Glyliaginningsaga der
edda vorliegen. Auf dieselben näher einzugehen, würde sich
reichlich lohnen, ich begnüge mich hier, der ranmerspamiss
wegen, auf dies räthsel hingedeutet zu haben. Ich gebe aus
der Gylfaginning nur, was sich mit MArt&^da berührt
„Die Hei warf Odin hinab nach Niflheim und gab ihr
gewalt über die neunte weit, dass sie denen Wohnungen an-
wiese, die -zu ihr gesendet würden, solchen nämlich, die vor
alter oder an krankheiten starben. Sie hat da eine grosse
wohnstätte; das gehege umher ist ausserordentlich hoch und
mit mächtigen gittern verwahrt".
Der Hei, die von Odin in das reich des dunkeis hinabge-
worfen wird, damit sie da in ihrer hohle die todten aufnehme,
entspricht in unserm vedahymnus, der zwar spat verfasst ist,
aber uraltes kosmogonisches traditionsmaterial verwerthet, der
räthselhafte Mdrtdn^, den man, ich weiss nicht worauf ge-
stützt, mit „söhn des eies", d. h. vogel/ wiedergiebt. Allein
das wort würde höchstens übersetzt werden können mit „söhn
des eies eines sterblichen*', was ein&ch abgeschmackt wäre. Hier
liegt ein falsch gehörtes wort vor. Ich schreibe Mdrtdntra
„herr der todtenhöhle" (mrüa-antra)". Sofort begreift sich
nun die bemerkung, Aditi habe den Märtfti^da (d. i. den
*M8rtäntra) zum herm des todes gemacht (tnräydve . . .
ä'bharaU).
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100 Brunnhofer.
19.
ßigv. X, 89, 13.
dnv dha md'sd dnv id vdn&ni
änv öshadhir dnu pdrvaUUak |
dnv l'ndrarß rödwA vdvagäne
änv äfo ajihata j&'yamänam \\
Ludwig übersetzt: „Die moDde, die bäume, die kräuter, die
berge, die lauten beiden weithälften, die wasser kamen [giengen]
Indra nach, als er geboren ward'S
In dieser dunkeln Strophe des dunkeln hymnus des Renn
Vai^Y&mitra, in dem ich schon in meinem Iran und Turan
auf iranische demente aufmerksam gemacht habe, kann in
Päda 1 das wort tnd'sä, monde, unmöglich richtig sein. Un-
möglich können die monde dem Indra liebend nacheilen, es
giebt nur einen mond, aber mdaa bedeutet nur mond oder
monat. Hier muss also entweder ein textfehler vorliegen oder
tnä8d muss iranisch erklärt werden. Ich hatte für dha mä'sä
zuerst schreiben wollen ähanä'sä „die schwellenden, üppigen
somastengel", aber das nachfolgende iahadhih scheint es zu ver-
bieten, d. h. überflüssig zu machen. Und so möchte ich mich
denn entschliessen, mäsä zu erklären als den plural des Zend-
adjektivs mctöha (Justi Zendwb. pag. 230) „eilend, kommend'*,
es liesse sich sogar an Zend fn<Mhya, der mensch, denken. Ich
möchte also die Strophe so übersetzen:
„Eilends giengen dem Indra, als er geboren ward, nach
die bäume, die kräuter, die wolkenberge, liebend {v&vag&ni) die
beiden Rodasi (die beiden gemahlinnen des Rudra und des
VaruQa), die (himmlischen) wasser".
Für dha mä'sä liesse sich auch an ahanasah, die morgen-
röthen (s. Rigv. I, 123, 4), denken.
Oder darf man statt ajihata vermuthen: *ajihaB(a)ta „sie
lächelten ihn hold an*', aor. ätm. von W. hos? Und dhä, die
tage, mä'sd, die monde?
20,
Rigv. X, 105, 7.
vdjrarß ydg cakri mhdn&ya ddsyave
hirimagö Mrimdn \
dnUahanur ddbhutam nd rdjah |; 7 ||
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Emendationen zotn Rigveda. 101
„Ludwig fibersetzt: (Bildete) „den donnerkeil , der dem
schnell getöteten Dasyu einzeln zerschnitt die därme, des un-
gebrochenen kiefer wie der wunderbare raum'^
Ludwig bezieht das perfekt tatäkslM der vorbergehenden
Strophe 6 nocb auf vdjram zu anfang der strophe 7, ich glaube,
mit unrecht. Ich erblicke in hirimofd Mrimän ein beabsich-
tigtes Wortspiel, schreibe drugahanur iiir dnUakanur und
rakshäh für rdfoh. Ich übersetze die Strophe so:
„Er (Indra), der den donnerkeil schuf zur erfolgreichen
tötung des dämons (den donnerkeil) der da die gedärme-
zerreissend ist, der goldene, der Aru^atöter, der da erschlägt
das furchtbare riesengeschlecht". Das gerundiv suhdnäya
ddsyave entspricht durchaus dem häufigeren vritrdlya hdntave
Rigy. ni, 37, 5; Vm, 12, 22, oder dem rakshdse hdfUavä^u
V, 2, 10. In hirimafö erblicke ich kein adverb auf f(i8, son-
dern ein compositum, worin ich hir( mit Ludwig zu dem lat.
häi, gedärme, mofa, zerreissend, zermalmend, zum lat mace-
rare halte. Der dämonentödter Indra kann nicht selbst druia-
hanu „unzerbrochene kinnbacken habend** sein, denn er selbst
zerschlägt ja den kinnbacken dem gewitterdämon Vritra,
aber Aruga-kan ist er, „tödter des oder der Arufa", mag nun
Arufa sein was es will, ich denke, es ist ein mit dd^yu syno-
nymes wort. Femer ist rdjah sinnlos, es kann nichts anderes
als falsch gehörtes rakshds sein, wozu ddbhuta „übernatürlich,
übermenschlich** sehr gut passt. Der accusativ ddbhutam nd
rakshdh ist noch abhängig von der verbalkraft der wurzel han
in *drufahanuk
Berlin, Oktober 1899. Brunnhofer»
Worterklänmgen zum Big^veda.
1. vip(M, hagel.
Rigv. I, 80, 12.
nd vipasd nd tanyatd'
l'ndroflfß Vrürö vi bibhayat \
abhy inarß vdjra dyasdh
»ahdsrabhrishflr dyata ||
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102 Bninnhofer
Ludwig fibersetzt: ,,Niolit daroh lied, und nicdit durch
donner hat Vritra den Indra in furcht gesetzt, auf ihn drang
ein der eherne keil mit tausend schneiden, preisend seine
Selbstherrschaft''.
Orassmann sieht ein, dass v^pM unmöglich „lied" bedeuten
könne, mindestens nicht in dieser Zusammenstellung mit donner
und flbersetst so:
„Durch raschheit nicht, durch donner nicht
Erschreckt den Indra Vritra je^^ u. s. w.
Was vipas ist, scheint mir durch folgende parallelstelle
zttr obigen strophe beweisbar. Es ist Rigv. I, 32, 13:
nStsmai vidyün nd ianyaiüh sishedka
nä yd'm miham akirad dhrädünirß ca \
TndroQ ca ydd yuyudhä'te Ä'hig ca
utdl'parVbkyo maghdvd vi jigye \
Ludwig: „Nicht hat ihm der blitz, nicht der donner ge-
holfen, noch die hagelnde wölke, die er ausgebreitet; als Indra
und der draohe kämpften, da hat auch für die Zukunft Mag-
havan gewonnen"«
Das lied besingt den sieg des mit der frühlingssonne den
Winterdrachen bekämpfenden Indra. Vgl. Goethe's Faust:
„Vom eise befreit sind ström und bäche
Durch des frühlings milden, belebenden blick.
Im tbale grünet hoffnungsglück.
D«r alte winter in seiner schwäche
Zog sich in rauhe berge zurück.
Von dorther sendet er fliehend nur
Ohnmächtige schauer körnigen eises
In streifen über die grünende flur.
Aber die sonne duldet kein weisses".
Nicht vipas und nicht donner hat dem winterdrachen ge-
holfen, heisst es I, ^, 12. Nicht blitz, nicht donner, noch die
hagelnde wölke I, 32, 13. Da pun vafra, wofür auch vifra
Yorkommt, im Avesta „schnee" bedeutet und diese bedeutung
(s. Hom, Neupers. etym. pag. 47, no. 202) durch das neupers.
berf, pehlewi vafr, kurdisch vafr, befir, bafer, berf, a%han.
väf?ra, Schneeflocke, plur. schnee, behitschisch barp bestätigt
wird, so kann nach massgabe dieser faktoren tipas wohl kaum
etwas anderes bezeichnen als: hagel.
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Worterklärungen zum Rigreda. 103
Die griechische mjthologie hat den hagel ab drachen-
zahne aufgefasst, über deren streitbare brat die lonnengötter
Kadmos und Jason (Yiyasvan?) mit leichtigkeit herr werden.
S. Hahn, SagwissenschaftL Stadien pag. 189, anm. 18.
2. jdtü'bharman, donnerkeilträger.
Rigv. I, 103, 3.
sd jätubharmä araddidkdna öja^
püro vibhinddnn acarad vi dä'^ \
vidvd'n vqjrin dästfate heUm a9ya
äryokqi sdho vardJtayä dyumndm Indra ||
Ladwig übersetzt: „Mit des j4ta last seiner stärke tränend
wanderte er dahin sprengend die bargen der Dfts4s, kandig, o
keilbewehrter, wirf den pfeil auf den Dasyn, mehre der Arya
herriiche Übergewalt, o Indra*'.
Grassmaan umschreibt das von Ladwig unübersetzbar ge-
fundene jäUUbharmä mit „gebomer kämpfer^S leitet also jtüu ab
von W. Jan, zeugen und einer W. bhar, bhfi, kämpfen, die aber
nur aus dem slayischen bor6hs9^ kämpfen, erschlossen werden
kann. Was letztere wurzel betri£Ft, so könnte man sie in Bha^
rata, das etwa dam rassischen horiz kämpfer, krieger, ent-
spräche, finden, wozu dann die „allesüberwind^dde göttin Bh&-
rati<< {devi' Bh^raÜ viff0(aiirtii^ Rt. II, 3, 8) stimmen würde,
wogegMi freilich Gustav Oppert, On fhe original InhabiianU
of Bharatofxtrska or India (Leipz., 1893) die Bharata für die
Barrhai des Ptolemaeus and diese für die Bhdrs, Mars, Hhdra,
Mahdrs, Mhairs or JU&rs, ja y,to a certain extent*' für die
Barbara or Varvara, d. b. für ,Jbarbarianif* erklärt (pag. 38).
Ob bharman von der W. bhar kämpfen, abgeleitet werden
soll, die im Veda als verbum finitam nicht nachweisbar ist,
sondern nur noch im yorindisohen namen der Bharata, der
„kämpfer'' überliefert ist, ist eine frage, dorm entscheidung
von der bedeutnng von jätu abhängt Ich halte jdtu für ein
zoadwort, abzuleiten von Vf. jam, schlagen, entsprechend dem
zendwort jaühwan, „schlagend", janthtoa, tödtend. Der jätu
ist der vajray der donnerkeil und jatü' bharman ist ein syno-
nymum von vqfrabhfit, vajra/vdh, „den donnerkeil (in der band)
tragend'% vdjräbdkUf vdpraha$ta, vdjradakehnta. Die anmittel*
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104 Bninnhofer
bare erklärung dieser Wörter bietet Rigv. II, 16, 2: häsU voj-
ram bkarati.
Der jäfubharman „der donnerkeilträger" bat übrigens
einen doppelgäuger in vridiaprabharman Rigv. V, 32, 4:
fydm cid eshdiri svadhdyä mddantam
mihö ndpäiaifi suvridharii tamogä'm \
vrtahaprahharmA Dänavdsya bhä'mam
vdjrena vajH' n{ jaghäna ^üshnam
Ludwig übersetzt:
„ihn, der an der göttlichen speise dieser [lebenden] sich
berauschte, der wölke kind, den stark wachsenden, im dunkel
befindlichen [vielmehr: wandelnden], hat, der den stierkräftigen
schleudert [vielmehr: in der band trägt] des Dänava zomfeuer,
mit dem keile der keilbewehrte, niedergeschlagen, den Qushna''.
Also der vrühaprabharman ist „der den stierkräftigen
schleudert [oder vielmehr: in der hand trägt]. Er ist der
vajrin „der donnerkeilträger'' wie schon oben Rigv. I, 103, 3.
Grassmann freilich macht aus ihm einen „dem der kräftige
[Soma] vorgesetzt ist'S
Ein anderes j<}^ii begegnet Rigv. X, 27, 11, wo es Grass-
mann mit , jemals, überhaupt'% als accus, eines neutralen subst.
von W. Jan, zeugen, erklärt Die jatä anakdia duhita ist
dort einfach die „von gehurt'^ (instrumental) blinde.
Oh jdtusthira, den Ludwig als eigennamen auflfasst, der
aber nur beiname des Indra sein kann, in Rigv. II, 13, 11 den
„von gehurt kräftigen '^ oder .,den donnerkeilkräftigen'' be-
zeichnet, kann kaum entschieden werden, das nachfolgende
sdhasviU lässt eher auf „den donnerkeilkräftigen" schliessen.
3. vasarha =s altpers. vazraka, gross.
Rigv. I, 122, 3:
mamdUu naih Pdrijwä vasarhd'
mamdttu Vä'to apd'm vrishanvän \
Ludwig: „Es erfreue uns Parijman, der den frühling zu-
rücklässt (bringt), es erfreue uns Väta, der stierkräftige (regner)
der wasser".
Grassmann :
„Erfreun soll uns der stürm, der früh den feind schlägt,
Grfreun der wind, der regen uns herbeifuhrt''.
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Worterklärungen zum Rigveda. 105
EDtgegen diesen beiden etymologien von vaaarhA', die beide
das wort als compositum fassen, und entgegen der von mir in
meiuem „Iran und Turan'* (1889) pag. 29 aufgestellten ablei-
tuDg des Wortes, wonach es den „frühlingspender'* (h& es zend-
form der Sanskritwurzel 9ä a san) bedeuten soll, möchte ich
jetzt in dem wort gar kein compositum sehen, sondern darin
das altpersische wort *i>azarka = vazraka der keilinschriften
erblicken, das „gross, stark*^ bedeutet. Ich erinnere dabei an
den altpersischen personennamen Tcrrv-o^a^xi/g — ^tanu-^az-
raka „leibesstark'* bei Ktesias (s. Keiper, Die Perser des
Aeschylus pag. 107). Keiper interpretirt diesen namen noch
näher als „an leib, körper stark, mächtig'^ Das | repräsen-
tirt, wie bekanntlich in so vielen andern föllen, das aa oder sh.
Dass in dem hymnns des Kakshivat Dairghatamasa sprach-
elemente vorhanden sind, die dem Iranischen angehören und
sich schlechterdings nicht aus dem Sanskrit verstehen lasseo,
das beweisen die Wörter der Strophe 4: prd mäidrä rdspi-
näsyäyöh, worin ich (Iran und Turan^' pag. 28) anklang, aller-
dings nur gehöranklang an das pehlewiwort raspina „herbst'*
gefunden hatte, während ich die stelle selbst iu prdmdtarav
a^nasya yatAnah „die beiden gebieter des rossegefilds ' aufge-
löst hatte. Obwohl ich die Schwierigkeit dieser erklärung
gegenwärtig stärker empfinde, als vor zehn jähren, wiisste ich
doch noch keine ansprechendere zu geben.
Zu dem an jener stelle gesagten füge ich gegenwärtig
hinzu, dass dem femininum (väana (dem infinitivischen dativ
^etanä'yai „zur hellwerdung^', Ludwig) ganz merkwürdig das
russische neutrum gvetdnie „hellwerdung, anbruch des tages''
entspricht.
4. sina, waffe, donnerkeil.
Rigv. II, 30, 2:
yd Vrürä'ya simtm ätrabharishyat
Ludwig: „Der auf den Vritra da die wa£fe schleudern
wollte".
Grassmann: „Wer dort das gut dem Vritra rauben
wollte".
Woher anders als auf seine etymologie von wurzel sd, san
„erlangen" gestützt, Grassmann dem Substantiv sina die be*-
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106 firunnhofer
deutuDg „habe, gut^^ zuertheilt, weiss ich nicht und was sollte
denn übrigens das dem Vritra geraubte gut sein? Ich glaube,
Ludwigs Übersetzung ist annehmbarer, wiewohl auch für
Grassmanns Übersetzung der W. bhar mit „rauben'^ (ygL russ.
braih wegnehmen) sich die beweisstelle Rigy. X, 46, 16 anführen
liesse, wo bharati selbst nach Ludwigs commentar (Eügveda-
werk, bd. IV, pag. 410) die bedeutung „raubt, hinwegnimmt^'
hat
Da sich in diesem hymnus unverkennbare iranische wort-
und lautelem^te vorfinden, so wird es gestattet sein, auch in
sina dn solches zu erblicken. Schon Bradke hatte in seiner
abhandlung über Oyaus^Asura (1885) pag. 96—97 erkannt:
fydvaroB (in Vrikad^oaras str. 4) sieht wie eine erauische form
s= dhvaras aus . . . Vrikadvaras könnte also die halbsanskriti-
sirte form eines eranischen eigennamens Vehrkadvaranh sein*'.
Ich fuge dem hinzu, dass die in str. 8 erwähnten „teufelsver-
ehrer'S die Qat^dikä, deren könig Vrikadvaras ist, ( VrOcadvaraso
Äsurasya tH'rdn str. 4), und die der dichter Gritsamada und
gott Indra auf den tod bekämpfen {Vniro homti vrishabhdm
QdHdikändm) sich passend erklären aus zendischem za^da,
hezenmeister, zauberer (Justi Zendwb. pag. 121; Spiegel,
Avesta-Gommentar bd. I, pag. 405).
Auf grundlage dieser zwei iranischen Wörter erlaube ich
mir, das subst. sina, das nach dem zusunmenhang nur ss
vajra, donnerkeil, sein kann, zu erklären aus armenischen zind^
bewaffioen (Lagarde, Armenische stud., pag. 54, no. 783), es
bedeutet also „waffe'\
5. riku pttddm, sandvrüste.
Rigv. IV, 5, 12.
gühd'dhvanah paramdrii ydn no asya
riku paddifi tid nidänd aganma ||
Ludwig: „Zu einem entfernten orte sind wir ohne tadel zu
erfahren [bereits] gekommen^\
Grassmann : „Zum letzten ziel des weges sind wir heimlich
gekommen wie zu leerem ort, verhöhnet (?).
Das wort rSku [paddm] wird von der tradition als rikta,
leer, erklärt, von W. ric^ räumen. Das wäre zunächst de9ertumf
wüste,
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Worterkläningen sufn Rigyeda. 107
Darf man das wort r^cu zasammenstellen mit dem Ba-
lutschi-wort rik, r^, sand, sandige stelle, sandhfigel, wobu
Geiger, Etymologie des Balatschi, pag. 143, no. 37 noch neu-
persisch rSk, kurdisch r^, rih, a^han. rig stellt? S. auch
Hörn, Etymol. des Neupers. pag« 142, no. 642.
Sollte im P&da 3, entsprechend dem riku paddm des P&da
4, Tielldcht gelesen werden dürfen : giihdni dhdnpa^ parcmdni
yän no asya? „in das versteck der wüste, deren höchstes terrain
uns gehört^^ ? Der gen. sing, käme von dhdmts, wie tanvds von
tanu'j und dhdnus hätte, wie das synonyme dhdnpanf auch die
bedeutung von „wüste''. Die gukä dkdnvait wäre dann der
tautologtsche ausdruck für riku paddm. Wenn riku nach
massgabe des Balutschiwortes rik den „sandhügel'' bezeichnet,
80 würde dann paramdm vollkommen dazu stimmen.
Die aweite stelle, wo riku paddm vorkommt, ist X, 108, 7 :
aydm nidhih Sarame ddrümdhno
gibhir ägvebhir vdsubhir nyrishfak \
rdktkanti iäm Pandyo yi sugopd'
riku paddm diakam ä' jagantha |
Ludwig: „Steinernen boden hat diese Vorratskammer, voll-
gestopft mit rindern, mit rossen, und mit guten dingen; die
behüten die Pa^i, die guten Wächter; zu einem weit entfernten
orte bist du umsonst gekommen*^
Uebereinstimmend Grassmann, nur dass dieser riku paddm
mit „leer ist der ort'^ wiedergiebt und ddribudhnah „auf fels-
grund ruht der schätz hier*'.
Hier möchte ich in bezug auf die bedeutung „sandwüste,
sandhügel'^ ^aufmerksam machen auf das attribut ddribudhna^
das ojBTenbar zu riku vorzüglich passt.
6. fi^d, erbse.
Rigv. X, 33, 3.
musho nd gignä' vy bdanti mddhyah
stUd'rarii te gatakrato \
Die vielumstrittene stelle, worin die gignd im sinne von
phallus bald diese, bald jene rolle spielen, erhält vielleicht
ihren ganz einfachen und ansprechenden sinn, wenn wir die
geographische proveoienz dieses faymnus ins äuge fassen und
in fi^ ein iraniselies wort, wenigstens an dieser stdie, er-
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108 Brunnhofer
kenneD. Dass der hymnus auf das hoohland von Iran gehört,
beweisen wohl die Pdr^avak, die Perser, in str. 2 und beweisen
die mädhyah, die panzer, als die „niedischen^\ die Nöldeke
und Weber in ihnen erkannt haben. S. Weber, Magavyakti
Nachtrag p. 812. Vielleicht finden sich in dem hymnus und im
namen des dichters Kavasha Ailüsha noch andere anhaltspunkte,
die zu der annähme des iranischen Ursprungs des hymnus berech-
tigen. Halten wir diesen fest, so dürfen wir gtQnd an dieser
stelle vielleicht erklären als sanskritisirten reflexe eines arme-
nischen sisem, gen. siseran, erbse, welches Lagarde, Arme-
nische Studien pag. 136, no. 1996 mit dem lat dcer identi-
ficirt Oder hängt ^^d in der bedeutung „erbse** iigendwie
zusammen mit dem persischen kkhnak, oQoßogy syrisch kurnn^
OQoßog (s. Lagarde, G^es. abhh. pag. 59, no. 149)? Ich kenne
aber allerdings kein persisches wort, dessen anlautendes k einem
sanskritischen p entspräche. Ist diese etymologie angängig,
dann übersetzt sich die stelle so:
„Wie die mause erbsen zerfressen, so mich, den lobsänger,
o hundertkräftiger, die sorgen". Zu den ^ifnd, die die mause
fressen, vgl. Horaz, Satiren, buch II, 6, 116 — 117 in der fabel
von der stadtmaus und der landmaus: Die landmaus erklärt:
me Silva cavusque
Tutus ah insidiis tenai solabitur ervo.
Es ist darnach zu berichtigen, was ich 1889 in meinem
„Iran und Turan", pag. 46 über die stelle geschrieben habe.
7. akrd = lat acer, ahom.
Rigv, X, 77, 2.
divds putrasa ää nd yetira
Ädityasas te akrd nd vdvridhuh ||
Luflwig: „Des himmels söhne haben sich angestrengt wie
hirsche, wie säulen wuchsen die Aditya in die höhe".
Grassmann: „Die söhne des himmels gingen wie hirsche
gereiht, sie, die Aditya, wuchsen wie heeresbanner empor".
Weder „säulen" noch „heeresbanner" wachsen, was bei
dem realismus, durch den sich die poetischen bilder des Rigv.
1) Oder Tgrl. lit. nikmtnä feines, zur Verfertigung von riemenseug
gegerbtes leder? Damit vergleicht gr. ^tacxapa Fiok ^ I, 434. Pr.
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Worterklärungen zum Rigveda. 109
auszeichnen, die unzulässigkeit der beiden äbersetzungsversuche
bedingt Ich erblicke in akrd an dieser stelle das lat cu^r,
ahom, einen bäum, der bekanntlich zum riesen hei-anwachsen
kann. Vgl. über ihn aus antiken quellen Hehn, Kulturpfl. ^,
pag. 491; 240. Für das bild des wachsthums bietet sich
Rigv. VIU, 13, 17:
rndraifi kshoni'r avardhayan vayä'iva.
Ludwig: „(Den) Indra hat die menschheit gross werden
lassen wie bau^läste'^
Grassmann:
(Gunst suchend Hessen wachsen ihn
Die priester durch der opfer streu),
Den Indra der gewässer flut
Wie zweige ihn.
Beide Übersetzungen sind unmöglich, die kshani's sind die
suta'sa indavah des Pllda 1 der vorhergehenden Strophe, näm-
lich „die gepressten tropfen'* des Soma. Diese sind es, die den
Indra wachsen liessen, wie das astwerk und gezweige einen
bäum.
Die Übersetzung „säule** sucht mit material aus dem Rig-
veda und Homer nicht ohne geschick, aber erfolglos zu retten
Arnold Hirzel, Gleichnisse und mataphern im Rigveda (Lpz.,
1890), pag. 105.
Ich übersetze also: „Die Aditya wuchsen wie Ahorne empor<^
8. rakshds, riese.
Die im yeda und epos vielberufenen ungeheuer, die roh-
shds, n. {rdkshctsa, m., ist episch), haben ihren namen zweifellos
von Wurzel 2 rakah „beschädigen'S zend. rakhg und rash^ be-
schädigen. Vielleicht kehrt das wort auf europäischem boden
wieder im albanesischen rekes, m., riese. S. Meyer, JBtymol.
wb. d. albanes. spr., pag. 363.
Berlin. Brunnhofer.
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110 A. Fick
L Einige {priechiBche namen.
Die inschriften auf alikoriüthischem thongeräth, deren ent-
zifferung von Blase Sammlg. 3119—3156 so sehr gefordert ist,
enthalten viel interessantes für die griechische namengebung.
Es mögen hier einige bemerkungen in diesem sinne folgen.
3119 d. ^Ef»et(og) ist natürlich Ev^erog, mit ß far v, was ja
auch sonst vorkommt. Der name ist alt und gut, ein
Evd'eviünf Kvda&tjvauvg wird von Demosthenes 1356 er-
wähnt und eine koseform Qha» wird uns noch später
beschäftigen.
3119 h. 51 ?o „Da ein fuchs unter einer tanne voi^^
stellt ist, so vermuthet Röhl geistreich Vo(^m$) — didu-
frtjS Heeych'^ Vielleicht nicht weniger geittreioh wäre
9o(Xavfig) nach Timokreon von Rhodos ovk iydß fidva
noloviflg^ ivTi %al aUai aXtarrmi^g; nwiewohl Bölil auch an
96(fai denkt (auf dem verlorenen theile der tanne, nach
der äsopischen fabel)*' Blass.
3130 F$Kaßa beweist fär digamma im anlaut Somit stellt
sich der name, den ich früher wie tlfiafiog und Ila^^
für „troisch^* hielt, su der anlantgruppe Feiw in ^«xa-
f^ijda u. a. /€xa- gehört wie fenaxa- zu fwm^ J^huai;
fMKaßolog und f9Maj^e(fyog ist der mit und naoh dem
willen trifft und wirkt.
3133. In Jidal/tav ist wohl kein mit reduplication gebildeter
name zu erkennen, und die Verbindung von Jid- mit an
teitr „fröhlich" GP * 98 entfernt sich zu sehr vom gri^
chischen sprachboden. Vielmehr ist Jid- mit Seod-,
6ot;d- in Bovö-i^Ttnog von d-eodo- ^ d^soitno^ in parallele
zu stellen. Eine Jidonj fuhrt PB. an, Ji-q>chnjg und
Ji-^piLog haben ebenfalls Jl- für Jio- nach dem altj^n
dativ Jt. Also wäre Jid-^iifiov ein mann, „dem das leben
von ZeuB gegeben ist" vgl. Evaiaap : ^iW GP. * 60.
3143. Mit 2q>6QTog9 wenn so zu lesen, kann man atpi^fsa* %a
ag>oifa divdqa und aq>OQ^äv' Xifii» Hesych vergleichen.
Auch in den hier überlieferten namen lässt sich das rei-
zende spiel des wechseis von voll- und kosenamen beobachten.
So liegt neben
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1. Einige grieohische namen. 111
noiAfläidag 3124 : ^oidag 3147.
3140 (Amphiareos auszug) Ahlnrta : 3130 (Hektors auszug)
Ahtk (zu ahoQ „schrecklich'* wie auch udlralag).
3151 wird ein pferd O^frig genannt. Der volhiame dazu ist
OeQd-nxog, so hiess der renner des königs Hieron von Sy-
rakus nach Find. Ol. I 18.
„Gekappte^' kosenamen bieten 3126 und 3127, beide mit der
darstellung einer eberjagd. Neben üolvdwijog steht 3126
ein Ilolvdagf und zum IIoXvqKxg dieser vase giebt die an-
dere 3127 den voUnamen IloXvfpaiiog her.
Hier sind zusammengehörig zu denkende paare mit dem-
selben namen in der voll- und koseform ausgestattet Ein ähn-
liches beispiel bietet die Uias in den namen der beiden Pria-
mossöhne itdvrupoitog und ^Avfupog. ii 250 nennt Priamos
unter den ihm verbliebenen söhnen einen l4vi:iq>wog\ ein Pria-
mide *'Av%^pog tödtet J 489 einen gefährten des Odysseus und
wird selbst A 101 — 109 von Agamemnon erlegt. Auch in
historischer zeit vertheilt man so voll- und kosenamen i^uf ein
brüderpaar wie bei ^iTCTtotqfjfpg und ^Inniag; ein erlauchtes bei-
spiel im Deutschen sind die brüder Karlmann und Karl.
Übrigens geht der name 'Avtltpovog wie *Av%iifdviig auf die
bhitracbe ipifpog optl tf&vov. Der name Jatg>ovog auf korin-
thischer vase 3130 ist an sich unbedenklich, doch ist er viel-
leicht, wie Blass bemerkt, für Jabfoßog verschrieben,
J 395 ist Aitofpovog der vater des Kadmeers nohnfov-
Tfjg^ dem namen nach „der leibhafte iD6rog'\ dieser persönlich
gedacht, wie Hesiod in der Theogonie 228,
^Yafävag 7« 06yavg tM Maxag % ^uirdnoTttetaiag t€
die 06^01 unter den kindem der Eris aufzählt (3135 deutet
Blass Hva/Aijva auf '/crfiifyce; könnte nicht ^Yofiiva gemeint sein?
vgl. ^A^q>i%qE%a 3119?) Übrigens sind die namen Avt6<pong
und noXvq> 6 vtfjg ganz offenbar nach AvtoXvxog und uivKo-
q>6y%fig gedichtet —
Man könnte versucht sein auch die namen der eng ver-
bundenen gottheiten Ai^aia und Jofiia mit hinblick auf
'udi^iäfifjLog* 'EQfi^g Hesych aus einer wurzel herzuleiten. Setzt
man für av^cu in Av^Uh^og den gewöhnlichen aorist ccv^am^
so gewinnt man ein gottesbeiwort oaS^oLda^og^ und aus diesem
würde durch kärzung vom und hinten Av^aia und Jofiia
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112 A. Fick
hervorgehen. Doch mag JapLla, lakon. Japioia auch wie Jvjfiti
koseform zu JafjtdztjQ sein.
Dagegen sind die namen der drei attischen thauschwestern
Aglauros, Pandrosos und Herse aus einer blossen beschreibung
des thaufalls ^QOfj hervorgegangen. Man braucht nur die
namen, ganz unpersönlich gedacht, in dieser folge zu lesen, so
bedeutet: dyJLavQog TtdvÖQoaog fgotjy der form nach ein drei-
gehobenes verslein oder der schluss eines hexameters, nichts
anderes, als : „die bei heiterer luft — aylaog — avga — alles
beträufelnde, — ndvdQoaog — bethauung — ?i^ij". Wie wenig
man hier ursprünglich auf die Schaffung wirklicher d. h. mit
dem scheine der möglichkeit ausgestatteter namen ausging,
zeigt die beibehaltung der endung -og in ^u^yhxvQog und IIop^
dQoaog^ die doch einem richtigen frauennamen gar nicht zu-
kommt Wenn nun eine ^^ylavgog auch als mutter der drei,
darnach 'Aylavgldeg genannten angegeben wird, so ist auch
das peinlich richtig, denn thaufall tritt bekanntlich nur bei
heiterer luft ein.
„Dass Inachos und Ino zusammengehören, ergiebt sich aus
der Hesychglosse: 'Ivdxsia' koQTTi udevxox^iag h KQrjTrji^ arto
^Ivdxov^' vf. o. 22, s. 62, wo auch ^IvwTtog fluss auf Delos
dazu gestellt wurde. Ursprung und bedeutung dieser namen
lässt sich durch einige Hesychglossen aufhellen. Wir lesen da:
ivdaar naraxicu. xataTcldaai. xaraßaleiv.
Ivdaato' %atsxBW, ixdd-oQsv (purgierte)
Iräa^ar eKmevovad'ai. %at TtQotead-ai.
ivfj^elaa' Tta&agd'siaa. xevfa&eiaa,
Ivti^Bvog' i^eXwv^ hmevovpLBVog^ %ov% %o%i Tt(((üi^evog
dq>^ ov xai vTtegivog (bei Hippokrates) Uysvai und
ivwvTai' l^iSaiv (?)
Das wort gilt für ionisch, aber Ivdaat. und ivdoa%o be-
weisen für sein vorkommen auch ausserhalb der las.
Vergleicht man ivdaaro mit idwdaavo^ ivfj&eiaa mit dv-
vri&elaaj so kann man kaum zweifeln, dass hier wie in dvvafiai
die Verallgemeinerung eines alten präsens auf -yä, -vä vorliegt
So führt uns das aktiv ivdaai auf ein altes pr&sens hä-fic :
Yvä-fisvy und dieses deckt sich mit dem ved. iänä'4i üfuU zu
iS-^ dessen bedeutung „in rasche bewegung setzen, werfen,
(waffen) schleudern, wirbeb machen, entsenden; intrs. eilen"
mit der glossierung von Iva^ ^,xataßal8ivy TtqoUa^ai^^ u. s. w.
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1. Einige griecliische natnen. lld
sehr wohl stimmt. Wie sich hieraus die bedeutung ,,au8leeren
d. i. purgieren" entwickelt, zeigen die glossen.
Hiernach lässt sich der alte flussname '*Ivaxog genügend
deuten, -xog steht nach altbeliebter kürzung für -xofog, -joig
„aufschüttung, schutt" u. s. w. ähnlich wie in n6Xv-ßog, ßorj-
^ÖQy xelfjioQQog, Jodv-aaog für ßovg^ --dvßog^ -Qo/og, -aaoßog,
und wird der bei starkem gefölle jedenfalls viel Schotter und
schlämm absetzende bach sehr passend als tovv %(na%iiay
oder xaraßdXktay benannt, x^^ff erkenne ich jetzt auch in
IUT(fccxog, namen einer felsparthie bei Chaironeia, vgl. nhgfjiai
nffoxffTiqiai im hom. hymn. Apoll. 383, also eine steinschüttung,
eine yermuhrung, wie man in Tirol sagt. Xovg erscheint auch
in Mfxa-xoiov kastell Böotiens, dagegen gilt der name des
kyprischen flusses SacQoeiog oder ShQoxog für semitisch. Mit
der Verwendung von Ua- in der Zusammensetzung vei^leiche
man die von dapiva- in Jaftva-f^ieyivg^ Jafjtv-ayoQagy JafiV'
innog, nokv-dafiva und mit der koseform '/nJ den sagennamen
Das so erschlossene verb tvrjfii^ iväfiev ist vielleicht auch
in der von mir o. 25 s. 227 f. behandelten amorgischen In-
schrift zu erkennen. Hier glaubte ich das hinter ovßcmHv
überlieferte evivafisv in ivixafiev &= i^ixa/Asv ändern zu müssen;
liest man h-ivaftsv als imperfekt von üvfjfii mit ^-, so würde
ein ivsßdXJLofiev vgl Ivaaai' xctraßolelv, yuxzaxiai wohl passen;
doch kennen wir den gebrauch des verbs nicht aus lebendigen
beispielen sondern nur aus den nicht allzuklaren glossemen bei
Hesych. Wie steht es mit iareTQ Thera 4790 d? Die basis
von iva-, äol. iwa- aus Ihva- ist Iha- in IcUvw^ Idofiaij la-fSg
d. i. ifia-^gy sskr. iH- in üi-td^ üi-rd, wie dafia'- die basis von
dafiya- ist.
Die zweite von mir a. a. o. behandelte inschrift von Amor*
gos wird wohl besser gelesen: ^'Efacig' fjie &i^v€ ^Enaiieivwfp
d. i. (Ich bin) Erasis, mich — Epameinon, mag man das verb
auflassen, wie man will. Der name ^Egaaig ist jetzt auch sonst
belegt: Smlg. 3933 Rhodos heisst es ^EQdtfov 'EQdaiog Ke-
dgedtag; auf Thera findet sich der name CGI. 3 n. 335.
Mtiige s. kvnd« d. Indg. ft]»nelien. XXVI. 8
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114 A. Fick
2. aog>6gf enlaaoq)og,
Prellwitz hat im etymologischen Wörterbuch s. 294f. die
erklärung von aoipog wiedergegeben, die Osthoff (Paul u. Braune's
beitrage XIII, 423) geliefert hat. Er hat sie dann aber mit
recht aufgegeben und o. XXÜ, s. 86 versucht, die alte Zu-
sammenstellung von aoq>6g mit aaq^ zu rechtfertigen. Auf
einen andern weg der erklärung aber weist die Zusammen-
setzung Iniaaoifog , die im testament der Epikteta z. 199 f.
mehremale als titel eines beamten, 8g tig dvasl tag dvaiag vor-
kommt. Hierzu bemerkt Blass in seiner bearbeitung der in-
schriften von Thera Sammlung 4706: jyimoöoq>og nur hier vgl.
für die bildung imaxoTtog, eq)Ofog; der zweite theil muss den
verbalstamm, von dem auch ao^g kommt, enthalten". Dieser
verbalstamm wird nach inix((07tog : tf^ftB-^ ifOQog : tpi^ —
doch nur a8q>€ — oder vielmehr nach i7cl-aaoq>og ursprünglich
aaeq>e- gelautet haben. Nun ist zwar ein stamm acqo«- nicht
nachzuweisen, aber der anlaut a (aa) kann im Griechischen
aus einem anderen volleren hervorgegangen sein und noch mit
diesem abwechseln. In einigen fallen liegt so neben a ein an-
lautendes tfß. Zum beispiel in
aäydag' sldog piVQOv ^ ipaydag Hesych, auch tpaydav; die
salbe, von den komikern erwähnt, kam aus Aogypten ; auch
das wort? Es liesse sich deuten als tpayda verwendet vgl.
tpaatav und tpcmttJQ : xpijxtQa bei Hesych von tp^w,
tptixfo,
aaiatog' iXaia ^laoTtJ Hesych vgl. xpaiatov Aristoph. Plut.
138, wozu die erklärung bei Hesych \paia%a : ahpiTa
ilaiü)i dedevfxiva^ beides zu tpaiatog zerrieben wie ipaiofia
und tfßoifia zu tpalaaad'ai^ xffaLead'tu und dies zu xfnjv d. i.
aa^Qog gut attisch, auch bei Pindar und Herodot: neben tpa-
d'aQO' aid'kaata, oa^qa^ ^9^^ da&ey^, xpadv^a und xpi-
d'sa- %p(0f4ia; tpa^äXlßiv' xvri^eiv Hesych und weiter noch
die glossen tpw^iov rb vTtoxatia tov äfrov und tpci^ia
(aus Pherekrates) rä %ov aqzov dnod'QotvüpLa^a, Zu gründe
liegt eine Weiterbildung von \fnjv (i/nj-*€-) t//a*€-, rjßia&B,
Neben tpddvg liegt xpadv- in xjßadv^og, xpvj-d'U) zu tpfj-v
tpaiü) wie xvtj'dta zu %v^v xvalu).
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2. a<Hp6g, ininfawfK.^. 115
aalayal* TOQaaosiy aaXa§a&' xcrroxilvam, Kivilaaij aalax^iy
auad'h und tpahiaaMi bei Aristoph. Lys. 84, und so auch
aakog, aaXevop zu tpdlkto? vgl. ^alig — xai %a%Aa nUnjaig
Hesych.
aalvyd' ^ owBXfig yuvtjOfg, wozu schon W. Schmidt y/aXig ver-
gleicht und oalvyijv' %ijp ywofihrjy xLvfjOiv ix %fig xora-
qfOffSg taS dvgdnTOv cSkw nalüad'ai qKxai und tpaXvywv
€VTOi tfHilvyag zag leyofiivag tlwxdg (motten, Schmetter-
linge) afAUvov xai tovg da&ereig onir^Qog Hesych, von
ihrer zuckenden, vibrirenden bewegung.
2aft<pii neben VaTtgxoy wie die dichterin sich selbst nannte,
Vaqxop Kyrene sammig. 4833, Vfa'^^i^, Vatpidai attischer
demos; dazu auch Vunpig.
adqiv^ Odyiov eldogj ofioiop ifßdQioi (lies tpafi?) vgl. ifßdQig'
tldog vBwg^ TQiJJnavg von y^cdifw. Ist aaiif(a urspriinglich
identisch mit ymiifü}?
aavxQog^ aavKQonoieg s= tlKtVKQogj tpoevKLQdnada bei Anti-^
machos.
aaxvov dad-evig, %av¥W „zerrieben, zerreiblich" zu rpantdr*
rijp ^uj/Kt^v piSCflVy tffOKTiJQ : '^rpi%Qa zu ^i/xoi : iptjixio.
(filipa* aiunia' KQ^vagüeejch zu '^iq^ag, doch ist das ai be-
fremdlich, etwa sekundäre dehnung des nominativ ae^)?
aiXXil^ea^ai' tlßsXXi^aad'aL Hesych von tpelXog stammelnd.
aiäyoveg kinnbacken wohl sicher zu t^/a>, xjnaai^ xpitjvai,
tpi^oai' tfßwfilaai. Parallel gebildet ist d'tayöveg.
aivdg abfallende frucht, offenbar = tpivdg und dies von
fp&ipdg nicht zu trennen, ebensowenig wie alvofiaif \pivo-
fiai und (pd^ivmy vgl. ipiaig' aitüiXeia Hesych = q>d^ioig,
aitTa hirtenruf bei Theokrit wird auch als y^irga ange-
geben.
aiTTag' oqvig noiög' evioi de %w tfjmcmov Xiyovaiv Hesych
vgl. aiTtani^^ oiTTaxog a tpuTcmi^f t/^iTf^oxo^ Papagei.
(Wohl fremdwort).
a Ol d'fjg tffi^Qog' dXaC(jSv' didßoXog und tpoi^g et' aXaCdy
{*^%%ixoi' XdXog' a%m(ivXag).
om%ü} bei Herodot in xata^atixia zerreiben aus xpujxu} zu V^^
Anderes ist unsicher wie z. b. oi%og zu %fnaai vgl. tpittia'
8*
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116 A. t^ick
An diese reihe achliesst sich ao^pogy eftiaaoqfog an, wenn
man es als abgelautet aus dem verb xffiqxü betrachtet. Die be-
tonung von aog>6g ist regelrecht, wie in %0fi6g schneidend neben
tofjiog schnitt. Das yerb ipiqxo ist als solches nur bei Hesych
überliefert: xljiq>ßv' didoixevj hTQinUj Ivrcei^ q>^v%iCßL. Die
bedeutung „bedenken, sich kümmern" tritt deutlicher heryor in
der ableitung d^eq^g' dqfQovtiavov. 2o(poiüi^g OaiÖQcu und
dxjß^wv äfislfSv bei Hesych, sowie in .^sraxpifpuv fÄSTa-
fiMleia^av und fieraxpigHo^ fietaßovXtvofiM. Darnach wäre der
i7iiaaog>og ein im^ekrfsiqg von opfern, jedenfalls passend be-
nannt.
*A\fji(fnjg heisst ein Athener guter zeit, ein anderer ^AxpB-
q>iiav. Der name gehört zu den gewagten, pikanten, die wie
KdXXcuaxQOg auf der grenzscheide zwischen lob und tadel
stehen. Sorglos sein kann schaden bringen, aber wer als
Ov%a)iiyü»y Hans Ohnsorge durchs leben geht, ist mit innerer
gemüthsruhe gesegnet, die allen schaden reichlich aufwiegt
aog>6g ist bekanntlich dem epos ganz fremd, aog>ia kommt
nur einmal O 412 vor in der arbeit des erbreiterers, der weit
umhergeworfen, auch sonst allerlei dialektisches in seinen Wort-
schatz aufgenommen hat. Jedenfalls stammt das wort auch
aus einer mundart, vielleicht aus dem Attisch-Ionischen. Uebri-
gens lässt sich auch nicht behaupten, dass aaoq>6g aus tpo<f6g
entstanden sei, es kann in xljiqxo und aaoq>6g eine verschie-
dene behandlung des uns noch unbekannten ursprünglichen,
vorgriechischen anlauts vorliegen, wie in d-alvw: neqmiv,
atillw : OTCokagy atfjQi^ofiai : oxrjQiTttü} u. a. Hierüber wird
erst eine eingehende Untersuchung der griechischen anlaute a
und tfj licht verschaffen können.
3. Zur thessalischen mundart
Bei Kupritzi 2 stunden von Sophades, dem alten Kierion
ist eine bronze aufgefunden, deren schrift in den MDA. 21,
s. 248 veröffentlicht und von R. Meister in den berichten der
K. Sachs, ges. d. w. 1896 s. 252 f. einer eingehenden bespre-
chung unterzogen worden ist Mit recht bemerkt derselbe, dass
sie „an die spitze aller thessalischen inschriften zu stellen" sei.
Der schrift nach stammt sie noch aus dem 5. jahrh. v. Chr.,
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3. Zur thessalischen mundart. 117
die e- und o-laute sind nicht geschieden, der hauch wird be-
zeichnet, und das digamma hat die auch sonst in Thessalien
übliche form des E ohne mittelstrich. Sie lautet, in cursi?-
Schrift wiedergegeben:
eahvXoQeovTog g>iXovL%ohvioa
^svovwi, BÖoxav aoraiQOi toix
OQivd-ioi xavTOi nai yeveixaif
oixiaTaiaxai xQ^f^^<^^^ aavlia
5 vüctteXeiay xev/Qyercn^e
Ttoieaav %9if%ayccM» atay
laiaitia tavtaTtaqßatvoiXO
vtayov TOT eTteatoKOvrae
l^avayuaievta xQvoiOKaiTa
10 aqyvQia xMßehpai,oanoX
ofieya eaoae (in klein, schrift) oqBa%aoq>£q&fiQax
Die inschrift ist bis auf die letzten buohstaben tadellos er-
halten und, von dem fehlen aller interpunktion abgesehn, gut
geschriebeUi nur z. 5 steht, veranlasst durch die ähnlichkeit
von E (digamma) und E evfQyerce¥ statt ev/e^yerav.
Wir lernen viel für den älteren thessalischen dialekt aus
diesen wenigen zeilen. Die meisten punkte hat Meister schon
a. a. o. hervorgehoben.
Z. 1 hvXoQiovtog beweist, dass die alte gemeingriechische
flexion der verba auf eto auch bei den Thessalem ursprünglich
brauchlich war und erst später allnuUilig durch die jut- weise
verdrängt ist; bisher war nur dteveXei bekannt, priLsens, wie
Prellwitz dial. thess. s. 5 richtig gesehen hat, aus dii — did
und raXei »- teXin. Hiemach behandelten die altem Thessaler
diese verba ganz wie Homer: bo blieb offen, es wurde contra-
hiert, und die ^i- weise drang ein wie im homer. q>OQriiievai,
Auch die äolische weise in Ttodijoi ddirnjei ist jetzt bei den
Thessalem zu belegen: in der inschrift von Lmsa im Bull.
Gorr. Hell. 13, 378 von Fougeres herausgegeben, geben die
Larissäer einem manne xmovMlow^i, h A{ciqUfa) das bürger-
recht, wozu Hoff mann Dial. 2 n. 17 richtig bemerkt: ^^Mtvomei-
ovw&i ist 8= Tunoixijom^\ Ob das ov = o» aus dem nominativ
nach der jetzt so beliebten erklämngsweise „verschlepptes oder
ob dem Steinmetzen die zweifellos damals schon herrschende
vulgärform ii(noi.novvit^ in den sinn gekommen, ist hier ja gleich-
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118 A. Fick
gültig, xifi^aaiv z. 4 ist das erste beispiel der alten kurzem
dativform der consonantischen stamme, vorher kannten wir nur
thessalisch -booi. Also anch ursprüngUch -at und -eaai neben
einander wie bei Homer. Fast noch wichtiger ist das ange-
hängte V vor vocal in %qii]piaaiv aavXiav, Früher galt das
fehlen des v iq>ekK. als eine hauptdifferenz zwischen den Äolem
nnd der spräche des epos. Äusserst interessant ist i^^onnsnuairpf !
Die vollere form i^ neben ig Belq>aiü} z. 10 stimmt zu der
regel, die Blas s auch für i^ und «x- aufgestellt hat; der mangel
des nasals findet sich auch in dvomaiov „Zuchthaus, arbeitshaus'*
„von Suidas aus Isaios angeführt, wo jetzt avapunov herge-
stellt (!) ist'^ Passow u. d. w., doch wird es auch durch den
namen des attischen demos 'Avomcua verbürgt. Endlich wird
durch dy wohl als dd zu denken, wie im Boot, und Lakonischen
eine besonderheit in der ausspräche des ^ bezeichnet wie im
Aeolischen durch ad. Zu ifteatoKovta mit seiner einbusse der
reduplication genügt es auf Meister zu verweisen.
Die ersten beiden Zeilen sind sachlich sehr schwierig. Der
gebrauch von ig = i^ vor der amtsbezeichnung ist befremdlich
— sollte ^g „es war" zu lesen sein? Und wer sind die aus-
steller der Urkunde? Wie es scheint, die Qsvwyioiy aber schwer-
lich wird man eine grössere gemeinde dieses namens in Thes-
salien auffinden. Ausserdem steht dann hvlogy der homerische
genetiv, hier zuerst in lebendiger spräche erscheinend, ohne
nähere bestimmung da: der Hylore kann doch nicht bloss als
söhn des Philonikos bezeichnet sein. Auch der Anklang von
hviog d^etwioi an viog d-erog hilft nicht weiter, denn die hviog
d'erwviai als einen magistrat zur vornähme von adoptionen zu
nehmen wäre doch gar zu abenteuerlich.
Vielleicht hing unsere platte mit einer grösseren reihe Ur-
kunden zusammen, deren erste die ausstellende bürgerschaft
nannte, deren name dann in den folgenden als selbstverständlich
weggelassen wurde? Da die Urkunde vollständig zu sein scheint
darf man in den ersten buchstaben sg schwerlich die Kiegi-eg
suchen? — Was ist hviog Genovioi? Ich sehe in dem zweiten
werte den thessalischen genetiv auf -ot und betone demnach
Getcjvioi. Zwar lautet der genetiv daneben, me auch sonst in
der Thessaliotis auf w in OilovUw, BehpaLw, aber es giebt
auch sonst spuren, dass beide formen neben einander gebraucht
wurden. So liest man in einer Inschrift, die „vermuthlicb dem
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3. Zur thesealischen niundart. 119
alten Gyrton zuzuweisen'^ ist, sammig. 1328 neben KaXkinTtai
Bavfiowuoi in der nächsten zeile OiXayQov Memnaioi, wozu
ich Yor 15 jähren bemerkte ^y^iXotynov ist schwerlich aus <Di-
Xayifii verschrieben, sondern die genetive auf ta lagen wohl ur-
sprünglich neben denen auf o^, wie bei Homer ov neben o^o^*'.
Ein zweites beispiel f&hrt Prellwitz s. 37 aus Phalanna
Sammig. 1329 II a 15 an in Bi^vhxog Jkfivlav, wo ich beide
namen getrennt und Sifwkov als dati? gefasst hatte, aber da die
Damen dieser Inschrift durchweg den yatemamen neben sich
haben, sehe ich jetzt mit Prellwitz in SifivXav den genetiy
and stimme aus demselben gründe Hoffmann bei, wenn er
Gr. dial. 2, s. 13—14 auch Tf]liq>av in Ta^oika TqUqxn) der-
selben Inschrift als genetiv fasst
Ein weiteres beispiel hätten wir in unserer Urkunde: <Diio-
vliua hvlog Stipwyioi würde demnach heissen: Ph. des sohnes
?on Theton" ganz nach homerischer weise wie in Kaftartpkpg
viog^ JSfjlritioi vZi, IIoidpTunf vlov. Alterthümlich und ganz
homerisch wäre dann auch die ableitung mit -iog, wofür in
Thessalien sonst -eiog üblich geworden, also hvXog Sevan^loi wie
Takafiwviov vi6v. Bhuty wäre richtiger kurzname zu Ev-^etog
altkorinthisch, sammig. 3119 a. ^E/^evog geschrieben, (Ev&B"
ü(av Kvda^rp^aisvg Demosth. 1350) 6P > s. 145. Sonach möchte
ich die datierung der inschrifb lesen: hvXtoQiorrog OiXovixw
9etümoi Sdünuxp nämlich die aussteller der dieser vorhergehen-
den und angehefteten Urkunden.
Der annähme einer mischung von w und oi ist auch die
läge von Kierion nicht ungünstig: zwar noch zur Thessaliotis
gehörig, wo Cd allein herrscht, grenzt es doch an die Hestiaiotis,
insbesondere an Matropolis, wo man mit oi bildete, wenigstens
nach ^lovTog navoavialoi MarQOTtoXita sammig. 361 B zu
urtheilen. Auch später zeigt Eierion in seiner spräche spuren
fremder einwirkung. Eine jüngere inschrift von Kierion publi-
dert von Fougeres im Bull. C. H. 13, 400 f. — Hoffmann
no. 63, weist dative auf oi und ai auf: Mäagnoi Aewucv ils^-
nhnwi Povfioloij MdaQUOc ratov IlfnikXioi u. a. Ohne zweifei
ist hier nordgriechischer einfluss von Epeiros und Aetolien her
zu erkennen, wo bekanntlich die locative auf oi und m die
alten dative auf oii und de fast verdrängt hatten. Sogar der
name der Stadt hat sich geändert: der zuverlässige Fougeres
liest 1/ Kiaii{ioi)y während die münzen nur Kiefiauav zeigen.
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120 A. Fick
Mionnet III 281. Die inschrift stammt aus der zeit des nach
der Schlacht bei Kynoskephalai errichteten jüngeren Thessaler-
bondes. Darauf weist die datiernng der Urkunde: (2rQa%ay)ip^
Tog tovv Hevd-alovv nuaadvd(ifov) , wodurch Prellwitz er-
gänzung von sammig. 361 ne(t^aXovv) statt des früher ge-
lesenen Jlsßaayiovtaow) als richtig erwiesen ist.
In ^O^atao 0eQeKf€n(ila)) am Schlüsse der Urkunde ist
das erste beispiel des alten volleren ausgangs des genetivs der
männlichen a-stämme als thessalisch überliefert, wiederum ganz
homerisch, wo a 40 ^Ogiarao, also derselbe name im genetiv
vorkommt Diese alte und jetzt auch als altthessalisch erwie-
sene form ist auch in der alten, von Kirchhoff Hermes XX
155 — 157 behandelten grabschrift einzusetzen, die auch sonst
sehr unglücklich auf den stein gekommen ist. Hier ist statt
nvq{q)iada hdg ovx xtX, offenbar ursprünglich IIvQQiadao, hbg
beabsichtigt gewesen und der zweite vers durch einfügung eines
zwecklos übertreibenden TtoXlov und augmentierung von &dv£
ganz verdorben. Der Verfasser der ganz hübschen verse hat
geschrieben und so müssen wir sie lesen:
MväfA i^i HvQQiadaOy hdg ovn tj^tiaraTO <f^vytpfj
älX avd'S Ttig yäg rägf ägiatevanf &dve.
Ähnlich ist die inschrift eines grabsteins von Arkesine auf
Amorgos, sei es durch den Steinmetzen oder durch eine unge-
schickte mittelperson gröblich entstellt Die sehr alte inschrift
lautet:
ÖTiftaivsTriaBftifjiv | rjfiazriaXaf^ipayoQ \ eu
Sobald man hier die beiden Wörter eif^t und fiv^^a um-
stellt, ihnen also dieselbe Stellung giebt, die sie in ftva/i ifii
der Pyrrhiadasinschrift einnehmen, entsteht der tadellose und
zweifellos vom Verfasser beabsichtigte trimeter:
Jrjiiaivhfjg iivrjfi eifit ri^g AaptxpayoQBia
nur mit der freiheit, den altioniscben diphthong Bia dem me-
trum zu lieb in zwei silben aufzulösen. Man hüte^sich hierin
eine alterthümlichkeit zu wittern : die Nikandreinschrift beweist,
dass die ionische Vertretung des urgriechischen äo schon diph-
thong war, als sie noch 170 lautete. E. Hoff mann meint
freilich zu 191, in 'Exen^onldeto <piJiog vog (Amorgos) sei &o
synizese von eco wie in -d'^ohf aus ^edSv. Vielmehr umgekehrt:
wo -eco, -€(tfy in ionischen Genetiven zweisilbig misst, ist diese
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3. Zur thesBalischen mundart 121
messuDg streng genommen wider den dialekt, und nur durch
den yerszwang entschuldigt
Durch blosse Umstellung eines wertes werden auch die
verse der grabschrift tou Erythrai E. Hoffin. n. 61 geheilt
Wie U. Röhl sah, ist das wort fiijtfiit aus dem ersten verse
zu entfernen und in dem zweiten hinter Wcn^axQltij einzusetzen;
80 entsteht das metrisch richtige bruchstttck eines distichons
— wu— uw— tode o^fi inid'rpM dttifovtv
Ob auch OapvongiTTj zu schreiben wäre? Das namenwort
0avo- in Erythrai beliebt {Oavotifios B echte 1 U. 206) wird
in 0arp6d-€fiig immer w geschrieben vgl. Hffm. Dial. 2, 582.
Zuweilen scheint die fassung von versen auf den steinen
die metrische lesung geradezu absichtlich erschweren zu wollen.
So war der vers E. Hoffm. 268.
Jioyhfjg dvi&ii}%€v Alaxii^ovhvvg K^pakrjog
für die lesung bequemer geschrieben :
Jioyhfig dpi&tjx ^^iaxvkkov hvvg K$q)akfjog
"vHog und 'vXog können unbedenklich ab gleichwerthige kose-
formen mit einander wechseln.
Ebenso liest sich die inschrift E. Hffm. 39
^Imiaiifvg fi avi&tjxw KakXwvog vtvsq' (pL)^ ^^ AnolXov
wenn man schreibt
^loTiaevg fi ari'^xa Kdltayog vrf^Q' q>ll* ''An,
freilich kann man sich für ^lariaieig auf die messung B 537
noXvaraqjvlov ^ latlaiav berufen, doch sprach man zu der
zeit der abfassung, um 200 v. Chr. sicherlich ^latiaevg.
Endlich stört in E. Hffm. 91 die volle form yvtawoiaiv ganz
zwecklos den vers, der vielmehr yvcmoig verlangt:
^EQOtjigf yvanöig näai XiTtovaa no^ov.
In fallen dieser art ist man ebenso berechtigt den stein
wie den codex zu corrigieren, hier wie dort ist das alte und
ächte wiederherzustellen. Anders freilich, wo die eigennamen
sich gegen den verszwang sträuben oder offenbare Unfähigkeit
auf dem steine stammelt. —
Der Überschrift zu lieb möge eine bemerkung zu thessali-
8chen namen den schluss dieser Thessalica bilden. 0. Hoffm.
' 8. 474 sagt : „In einigen thessalischen kurznamen ist a regel-
recht verdoppelt worden". Es folgen diese namen: Mväaaag
aus Kierion, die übrigen fünf ^Ayaaoag ^Aoaag ^A^aiaaag
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122 A, Fick
Nmaaaag und Ileiaaag, sämmtlich aus Pharsalos. Ich glaube,
dass hier nicht die in kosenamen allerdings übliche und be-
rechtigte Verdoppelung vorliegt. Diese wäre hinter langen vo-
calen und diphthongen in Mvdaaag NiKcäacag ^^fisiaaag be-
fremdlich, auch kämen wir damit auf lauter namen, wie
Mräaag u. s. w., die sonst kaum zu belegen sind. Vielmehr
ist 'Oaag hier die bis jetzt auf Pharsalos und Kierion be-
schränkte Umgestaltung der ganz gewönlichen namen auf -atag,
worin ai in -aj und weiter in -aa sich verwandelt hat, wie
äolisch xqvaaog aus tdvajog^ %gvoiog. Für diese erklärung
spricht der umstand, dass in Pharsalos und Kierion die sonst
doch so beliebten namen auf -aittg gar nicht neben denen auf
"Caag vorkommen; die einzige ausnähme macht Sovalag in col. 4
der grossen inschrift von Pharsalos n. 326 unter den letzten
ohne vatemamen aufgeführten, vielleicht gewesenen sklaven:
2<ooiag ist bekanntlich ein häufiger sklavenname. Dagegen
finden wir in Larissa 1321 das patronym ^^yuaiatog und unter
den Krannoniem des Verzeichnisses in 345 zweimal den namen
^vaiag. Femer erklärt sich bei unserer annähme, dass in
Pharsalos das a der kosenamen vor o und to (ov) nicht ver-
doppelt wird. Wir lesen in n. 326: Avaog 2,9. ^'Omaog 3,i. —
^^Qxiaovp 4,25. ' Aaovvaiog 2 y u. AvaovvBiog 2^2. Mvaaov-
vBiog 3,48 — 50. Ilavaovv 1,36. 3,44 und XQsiaow 3,4i.
Ein weiterer beweis für unsere annähme liegt in dem namen
*u4fi€iaaag. Dieser gehört offenbar zu ä^eitpaa^ai^ in namen
bis jetzt nur in ^^pieitpiag ohne erhaltenen voUnamen belegt;
von demselben verb ist der ebenfalls für Pharsalos 326, 3, 5
bezeugte name ^uifioißag abgeleitet Nun würde ein ^AfiBitpag
nach eygaipe 345,8, ovyQaxfjsiv 345, 21, oy^qd^pamag 345,44 zu
urtheilen sein \p im Thessalischen bewahrt haben, aber aus
^AfABi\piagy -ipjag^ -ipaag d. i. -naoag konnte, ja müsse viel-
leicht -aaag werden.
Sonach setze ich *^yaaaag, '^Apiuaaagy ^Aaaag^ Mvaaaag,
Nixaaaagy Ileiaaag der reihe nach den wohlbezeugten und
meistens häufigen namen ^u4yaaiagj ^Afiuipiag, 'u4aiag (ion.
^Aairjg) Mvaolagy Nixaalag, Ilsialag gleich, woraus ich sie
durch akzentänderung entstehen lasse. Wahrscheinlich ist der
ton zurückgezogen : in --aiäg würde sich das 1. behauptet haben,
das nur bei vorhergehendem ton sich in j verwandelt. So fände
sich denn auch bei den Thessalern eine spur von jener baryto«
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4. OtWiog köuig von Kyme. 123
nierang, die von den Aeolern Kleinasiens jedenfalls schon im
4. Jahrhundert so consequent durchgeführt worden ist
4. Odatiag könig von Kyme.
In den auszügen aus den historien des Nikolaos von Da-
maskos (Müller frg. hist. Graec. III) findet sich ein bericht
über die gründung von Phokaia, der mir nicht nach gebühr
beachtet zu sein scheint. Es heisst dort a. a. o. p. 387
DO. 53:
*'0%i. ^lioveg h tm /tQÖg ^ OQXOpt&^iOvg TtolifjKoi^ xorad^-
fiovreg aitüv %ag xwfAog^ yvwaixag alxfiaJianovg TtoXlag r^yit-
yarto, xtnanaiJLcoisvorfBg de avtäg, näidag i^eyivvfiaav. ^Yna^
T^ag^iarjg de xüv vo&wv veoTrjrog ovn oJiiyfjg^ deiaaweg ol
ynjaioi ix t^ X^^S avtovg i^aviazrjaar, Ol de elg QoQindr
T^g ^Amxi}g änoxioQfjaavteg ^ ^yepiovag av%&¥ ngooTficafievoi^
ofiov voig^'lwaiv i^iTtlevaav, Svyr^iacty de avtoig rroXloi He-
Xoftavnqaior ax6if%eg di nghg tvk^'Eqpuai taig vavai xal %iva
Tfjatda xatalaßdfievoi ovx exag t^g ^neiqovj noXkäv cAtoig
ßoifßäg^av irtiomov, ävtelxav HQOwovrreg^ xot eni %iva X6q>w
%ijg i^TteiQOv neqaaa^xeg^ %d [de] iie%a§) ndv xaiyyJyac dietfOovvTO.
EuiytaS^a %HxodofAelv xwXvovrog ccvtovg Memfew t^g Kvfitjg
zvQOPvov^ ^og tote twv tavtiji x^^i^^ ixffdtUy Ovatlag adel-
^w^ avtov q>i1J,a!¥ xal imyafiiav avvtid'etai ftgög aitovg inl
ttSi ixeivov JuxtaUkJcUf xai avtölg x^Q^^ dovvai avtd(fxf]. Ol
de (ifioloyr^onf ixeivoig te xal tw ÜCv/uaeW oaovg idipavto
{ettrjydyovto) xai ine§i}Ji&av irtl tw Mhvtjv, Taxv de xai
tov dijfiov TtQogd'efiivütv avtm vixijaag fiäxfji naQadldwoi tölg
Kvfiaioig tov ddehpov^ ol de ex x^^9<>S ßahivteg avtov xate-
levcavy xal tov Ovatiav eatijaavto ßaailia. ^O de ev^itog
tag ftQog Hkaxaiag avv^xag i^^iov efinedovv, Sg vneQ t^g
huiviov ilev&eQiag awi&evto' ol de irteia^aav xal t^g yijg
edoaav.
Der text scheint, von einigen Unebenheiten abgesehn, die
dem epitomator zur last fallen mögen, auf den ersten blick
formell ganz verständlich, späterhin v^erden sich freilich allerlei
sachliche bedenken ergeben.
Der ganze bericht ist von der Vorstellung beherrscht, dass
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124 A. Fick
die besiedlung loniens durch einen einzigen heereszug bewirkt
sei. In Wahrheit waren es einzelne schwärme, die sieh im laufe
von Jahrhunderten dort festsetzten. Die ionischen zuzüge aus
Attika waren die letzten, sie trafen dort auf ältere Siedlungen
anderer stämmme, mit denen sie im laufe der zeit verschmolzen.
So auch in Phokaia. Hier siedelten, wie in Teos (Paus. 3, 6, 3)
Minyer aus Erchomenos, später gesellten sich zu ihnen lonier
aus Attika, die sie, wenigstens im anfang, zu bürgern geringeren
rechts herabdrückten , bis die gesammte bevölkerung als glied
dem ionischen bunde beitritt
Wie musste die sage, die nur einen gründungszug aner-
kennt, diese Verhältnisse ausdrücken? Nach ihr zogen Minyer
und lonier zusammen aus, aber die Minyer als unebenbürtig,
vo&oi^ als bürger geringeren rangs. Dieser zustand musste er-
klärt werden, und da ergab sich ein krieg und in folge davon
verkebsung und unehelicher nachwuchs ganz von selbst, wie-
wohl von einem kriege zwischen loniern und Erchomenos sonst
nichts bekannt, me er denn auch nur ad hoc ersonnen ist.
Mit den kriegführenden loniem können nur die Athener ge-
meint sein, die mit Stammesnamen ^Idoveg hiessen. Mit den
^läovBQ €Xx€xi'^(ov€Q 2V 685 sind die Athener gemeint: Xiyei. Tovg
^A&rp^iovg sagt der scholiast D, und Selon nennt (Aristot.
noXiT. A&Tjv. V, 2 Blass) Attika TtQeaßvtdrriv — yaiav ^laovlag.
So sagt denn Herodot I, 143 ganz mit recht, dass die Athener
sich erst später des loniernamens geschämt hätten, der ihnen
also von haus aus doch zukam, wie er denn an eben der stelle
kurz vorher Athen eine Stadt der lonier genannt hat.
Uebrigens sind die namen ^Idatv und ^Iwv nicht schlechthin
identisch: ^Idtay mit dem attischen reinen a ist der vollname,
^'Iwv und ^lag daraus gekürzt; aus ionischem ^[ijatv konnte nur
ionisch 7£a;y, 7c(7v, aus *Id(üv nur attisch ^I6v werden, wie aus
Tlaidüßv attisch Tlai&v in Ilaiavia und die kurzform Tlaitav in
üaiovldai erwuchs.
Minyer von Erchomenes waren es also, die lange vor der
Zuwanderung attischer laonen Phokaia gegründet haben. Hier-
für spricht auch der name des orts. Die alten dachten dabei
freilich an die Phoker, was um so verzeihlicher ist, da ja
Phokis an das gebiet von Erchomenos gränzt, aber aus 0(0-
Tievg bildet man nicht Otanaia. Steht einmal die herkunft der
iUtesten Phokäer aus Erchomenos fest, so liegt eine andere
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4. Ovarlag kÖnig von Kyme. 136
ableitang weit näher, die den namen mit einer örtliohkeit im
gebiete der mntterstadt in Verbindung bringt. Der Kephissos,
der die mauern von Erehomenos bespült, verschwindet den Ko-
paissee durchfliessend ,,iD der bedeutendsten der Katabothren,
die sein wasser der tief eingeschnittenen bucht von Phokai
(jetzt bucht von Skroponeri) zuführt'*. „Im alterthume (Ptol.
III, 15, 9) scheint hier ein ort Phokai gestanden zu haben'^
Bursian I 196. Vor der bucht liegt eine insel, jetzt Oatzu
genannt, worin trotz Bnrsians zweifei I 214 die insel zu er-
kennen ist, die PUnius H. IV. 12, 30, 62 Phocasia nennt. Oto-
xaaia ist vom locativ Odxäai zu 0(Sxai gebildet, wie Qrjuäala
die insel „bei Thera'* von 9tJQaai : QiJQa,
Erehomenos war vor alters ein mitglied des bundes der
sieben Seestädte, muss also trotz seiner binnenländischen läge
mit seinem gebiete irgendwo das meer berührt haben. Da liegt
kein punkt günstiger zum inlvBtov als die tiefe geschützte
bucht von Phokai, und was war natürlicher, als dass auswan-
dernde Erchomenier den neu gewonnenen seeplatz nach dem
bafenorte der heimath benannten, um so mehr als er dem alten
auch ähnlich war: auch hier eine tiefe bucht mit vorliegenden
inseln, Box^etW vtjaoL nennt sie Kiepert Atlas von Hellas
bhitt IX.
Wenden wir uns jetzt dem wanderzuge der attischen laonen
zu! Dass dieser von Thorikos, einem hafenorte im Südosten
von Attika ausging, wie der bericht meldet, ist so natürlich,
dass die angäbe durchaus nicht zu bezweifeln ist. Dagegen er-
giebt eine genauere prüfung der betreffenden stellen deutliche
spuren, dass der lonierzug ursprünglich nicht auf Phokaia zu
gerichtet gewesen. Es heisst, die lonier hätten auf den Her-
mes, das kann doch nur heissen, auf dessen mündung zu ge-
halten, und dort zuerst ein inselchen, dann auch einen auf dem
feetlande gegenüberliegenden hügel besetzt. Nun ergiesst sich
ein nördlicher nebenarm des Bennos nahe bei dem hohen hügel
von Leukai und gegenüber liegen die Myrmekes genannten
inseln. Diese hätten die auswanderer zuerst besetzt und wären
von da auf den hügel von Leukai hinübergegangen. Als sie
diesen durch molobauten mit der insel, zur gewinnung eines
geschlossenen hafens, verbinden wollten, wurden sie von Mennos,
dem tyrannen von Kyme gehindert und genöthigt sich an dessen
bruder und nebenbuhler Uatias anzuschliessen: diese ganze
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126 A. Fick
darBtellimg stimmt vortrefflich mit den topogr^hischen Ver-
hältnissen an dem nördlichen mündungsarme des Hermos.
Es fragt sich, wen wir unter den feindlichen brüdern Ua-
tias und Mennes zu verstehen haben. Oiaviag ist deutlicbst
ein Spitzname; er bedeutet „gross- oder langohr^', und ist ge-
bildet wie z. b. wfiias' 6 fieyalovg wfAOvg Sx^n^f 6 eugvorefpog
Hesych. Nur dialektisch verschieden ist *Si/cniiig, so heisst ein
Satyr von seinen thierisch zugespitzten obren auf einer vase,
die den tanz von Satyrn und Mänaden darstellt Kirch hoff
Alph. 111.
Mhvrjq ist ebenso deutlich ein kosename mit verdoppeltem
consonanten zu einem voUnamen auf Msy«- oder -ui^jg. Es
gilt also den versuch, hier den Spitznamen, dort die koseform
durch den wirklichen und den vollnamen zu ersetzen.
Bei Heraclides Pont TtßQi 7$oJu%buSv heisst es Müller frg.
bist gr. I p. 216 unter Kvfiaianf 3: *EQfAodUfi¥ de ywahta tov
Ofvywv ßaoiUwg Mlda q>aoi ndJjLei öiafpiqBiv^ aXka xai ao-
und bei Pollax IX, 83: UTß Oeidiov ftgunog SKotpe vofitafiOy
ßi%e JfjfiodUf] (sie!) ^ Kv^Lula awomiqaaaa MLdai %&i (P^t^i*
nalg f ^v ^Aya^fivovog Kv(xaiia¥ ßaailiwg.
Dieser könig Midas ist eine historische gestalt: er weihte
nach Herodot 1 14 seinen thron nach Delphi und ist dies weih-
geschenk y,da8 erste sichere datum für den beherrschenden ein-
flasSy den das orakel über die griechische weit hinaus gewinnt^^
£• Meyer 6dA. 11 279. Wenn ein zweifei bestehen konnte,
ob Pheidon von Argos — etwa TOO bis 670 v. Chr. — oder
Demodike von Kyme, zuerst münzen geprägt, so ergiebt sich
für könig Midas als gemahl der Demodike etwa die gleiche
r^erungszeit, also die erste hälfte des siebenten Jahrhunderts;
noch näher lässt sich die zeit seines todes bestimmen, da er
nach Strabo I 3, 21 sich selbst den tod gab, um den unter-
gang seines reiches durch den ansturm der Kimmerier nicht
zu überleben; der erste einbrach der Kimmerier erfolgte aber
erst etwa 675—670 v. Chr.
Die sage von den langen obren des urkönigs Midas» die
er wohl seiner berührang mit den Satyrn und Silenen verdankt
— oben lernten wir *Si/awifjg als namen eines Satyrs kennen
— ist jedenfalls alt, von seinen eselsohren wusste sdion Aristo-
phanes Plutos 287 Midag (4iv olv, ijv cJt' opov Hßr/ie. Da
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4. Ovcntag könig von Kyme. 127
nun die sage vom urahn mit leicbtigkeit, wenn auch zunächst
nur auf dem wege des witzes und Spitznamens, auf den gleich-
namigen Jüngern Phrygerkönig übertragen werden konnte , so
dürfen wir mit Sicherheit in unserem griechenfreundlichen könig
Langohr — Ovavtag — von Kyme» den Phrygerkönig Midas,
den gemahl der königin Hermo- oder Demodike von Kyme er-
kennen, der in unserem berichte könig von Kyme heisst und
sich auch wohl in Wirklichkeit nicht mit der rolle des Prinz-
gemahls begnügt haben wird.
Wenn der böse könig Mennos in der sage zum bruder des
guten königs Langohr gestempelt wird, so geschieht das nur im
interesse der dramatischen darstellung, welche gegeusätze gern
als feindliche brüder auftreten lässt In Wahrheit ist Mennos
fwrtieter einee anderen volks, und da er «oier GrieGhe noch
Phryger sein kann, so muss er Lyder oder in der spräche des
epoB Mäoner gewesen sein» denn diese waren eSi die am nächsten
die griechischen ansiedlungen in jener gegend bedrängten. Da
nun Mipinjg die richtige koseform zu einem namen auf -fienjg
ist, so düifen wir in ihm den Talai^ihnfjg erkennen, von dem
in dem Troerkatalog B 864 — 5 die rede ist:
Mfjioaiv av Miad'Xfjg %€ lud Zivtidpog ^yrjaacxhjv^
vU TaXaifjiivaogf w rvyait] tixe XifiVfj.
Der name TaXaifiivfjg ist selbstverständlich rein griechisch,
gebildet wie ^Al&aifihnjg^ vielleicht Übersetzung eines lydischen
namens. Auch die namen der söhne sind griechisch: SUa&Xijg
wird soviel als Maa^Xrig sein (vgl« fiiaia^ ^ /uoavo| Hesych)
und gehört zu den namen, welche den mann nach seiner klei-
dung — fidahjg Avöiov xalov ^ifyov Alkaios — bezeichnen,
und ^Avtupog ist gekürzt aus ^Artlq^ovog^ und deutet auf die
barbarische sitte der blutrache, ifwog avtl gxivav. —
Versuchen wir nun die thatsaohen wieder herzustellen, auf
deren bearbeitung unser bericht beruht. Da ergiebt sich etwa
nachstehende darstellung: In alter zeit, vielleicht in näherer
oder weiterer folge des einbruchs der Böoter in das reich der
Minyer und Kadmeier siedelten sich seefahrende Minyer von
Erchomenos im gebiete von Kyme an und nannten den ort
Phokoia nach Phokai, dem hafenplatze der mutterstadt Viel
später, jedenfalls nicht lange vor 700» setzten sich laonen von
Thorikos in Attika aus an dem nördlichen mündungsarme des
Bennos fest, besetzten zuerst eine der inselchen Myrmekes,
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12d A. Fick
gingen dann auf den hohen hfigel, auf dem später Leukai lag,
über, wurden aber in ihrem vorhaben hügel und insel durch
einen dämm zu verbinden, durch die Mäoner (Lyder) unter
könig Mennes-Talaimenes gehindert. Darauf verbündeten sie
sich mit könig Midas-Uatias von Phrygien und seinem anhange
in Kyme, besiegten mit ihm die Lyder, verhalfen ihm zur herr-
Schaft in Kyme und erhielten zum dank die alte Minyerkolonie
Phokaia ausgeliefert Sie eroberten die Stadt und drückten die
alten bewohner zu bürgern geringeren rechts herab, was die
sage durch die abstammung von kebsweibem aus Erchomenos
motiviert, die sie an die spitze des berichtes stellt.
Mit dieser darstellung stimmt es sehr wohl, dass nach
Paus. 7, 3, 10 die Phokäer erst dann in den ionischen bund
aufgenommen wurden, als sie sich aus Erythrai und Teos Ko-
driden geholt hatten Ed. Meyer (jdA. II 166. Ionisch war
Phokaia eben erst nach 700. Als die Phokäer Lampsakos
gründeten (653 v. Chr.) gab es, wie Charon von Lampsakos
(frg. 6 Müller) berichtet, schon Kodriden in Phokaia, d. h.
Phokaia war schon dem ionischen bunde beigetreten; der bei-
tritt muss also zwischen 700 und 653 erfolgt sein> vielleicht
veranlasst durch die schrecken des einbruchs der kimmerischen
horden.
Als quelle des Nikolaos könnte man die xTiaig 'latPiag des
Ion von Ghios annehmen, und dafür selbst den ionischen gene-
tiv Mhvew anfuhren. Doch kann dieser auch einem jüngeren
epischen gedichte entnommen sein, wie denn der name Ovaviag
vom epischen orar-a, nicht vom ionischen ina abgeleitet ist.
Auch sind die angaben, die Pausanias im anfange des 7. buchs
dem Ion entnimmt, von Ghios, der Vaterstadt des dichters, ab-
gesehen, viel oberflächUcher und zeigen nichts von der breiten
anläge und dem poetisch wirksamen gehalte unseres fragments.
Es ist ein wirkliches sagengeschichtliches epos, das hier im
auszuge vorliegt, und so darf man hier vielleicht einen direkten
oder indirekten auszug aus der Phokais des Phokäers Thesto-
rides vermuthen. Leider ist über den inhalt dieses gedichts
nichts überliefert, aber schon der name lässt vermuthen, dass
darin von Phokaia und den Phokaern die rede war, wie in der
Ai&ionlgy ^AT&ig, Jcnfatg, GeaTtQünigf Brjßatg von den im titel
genannten Völkern und Städten; auch die n^forjlg des Ghoirilos
hiess so von den Persem, wie der zweite titel des gedichts
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4. Ovatiag könig von Kyme. 129
„irä IlßQa^Tcd'* beweist (Kinkel frg. ep. p. 266). Dazu kommt
noch, dass die Phokais in Phokaia von dem Phokäer Theeto-
rides verfasst ist, wenigstens ist kein grund abzusehen, warum
man die autorscbaft des Phokäers Thestorides bezweifeln sollte»
mag nun Thestorides sein eigentlicher oder der name seines
(prieBterlichen) geschlechts sein, wie der seher Kalohas bei
Homer QearoQiifig heisst. Die sage, dass Homer der eigent-
liche Verfasser und von Thestorides bestohlen sei (Vita Hom. 10)
wurde ersonnen, als man den gesammten epischen vorrath in
den bänden der rhapsoden auf den namen Homer übertrug.
Nachträglich bemerke ich, dass auf die herrschaft der
Phryger in Kyme auch der name des Ascanius portus, nach
Plinius in der südlichen Aiolis, deutet, wenn Kiepert blatt IX
ihn richtig westlich von Kyme angesetzt hat
Heidelberg im mai 1900. A. Fick.
Beiträge zur lateiniBchen grammatik.
I.
-gh- im Inlaute zwischen vokalen.
Nach der landesüblichen anschauung ging idg. §h gh be-
reits im Uritalischen in die tonlose spirans h über: dieses h
soll vom Lateinischen im inlaute zwischen vokalen unverändert
erhalten sein. So lehren u. a. Stolz HGL. I 261 291, LG. * 72.
Lindsay 298. Brugmann 6R. I * 551. Sie stützen sich
dabei im ganzen auf drei oder vier etymologieen, deren beweis-
Joraft nicht bestritten werden kann:
v^ho : iixog „wagen^^ : ssk. vdhaii „fährt" : got. ga-toigan
„bewegen'S ags. w'egan „bewegen, tragen, bringen^S altn. vag-fiy
ahd. toag-^M „wagen" : zd. vazaüi „fährt" : lit. vezü „fahre" :
altbulg. vezq. Stamm idg. ve§h-.
mihi, umbr. mehe : ssk. mähgatn. Stamm idg. megh-.
Iten, mnis (zum kurzen ^ vgl. Bechtel NGGW« 1899,
8. 185 £P.) aus ^sfiihen- : ssk. pl^n plihdn „milz" : onMpy
OTtXdxycc : altbulg. dezena. Stamm idg. 8fl9§h'.
BMÜig» z. kando d. iud«. spflusbaii. XXVI. 9
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130 0. HoffmaBn
träho ,,ziehe'', dessen h wohl sicher aus gh entstand,
wenn auch die unmittelbare gleichsetzung mit got. Pragjan
„laufen'' oder mit altn. draga „ziehen'', ssk. dhrdjati „zieht"
nicht statthaft und die mit altbulg. trezati „zerreissen" zweifel-
haft ist.
Diesen einfachen worten dürfen wir wohl einige kompo-
sita hinzufügen, in denen h aus gh zwar ursprünglich den
an laut des zweiten gliedes bildete, die aber schwerlich als
Zusammensetzungen empfunden wurden, da die simplicia nicht
mehr in gebrauch waren. Dahin rechne ich:
pre-hendo, schon bei Plautus gelegentlich zu prendo
kontrahiert: vgl. xa^d-avci) „ich fasse, umfasse", stamm x^d-
aus *gh9nd-, der schwachen form zu ^ghend-. Ohne nasal er-
scheint der stamm als ^ghed^ in germ. getan „ergreifen, er-
fassen'S got. bi-güan „erlangen", ags. bi-güan, alts. bi-getan
„er&ssen".
cö-hors, co-hartis zu hortus : x^og „das gehege", stamm
*§her- „fassen, einfriedigen", davon ^ghar-ti- =? latein. ^Iior-ti-
„die einfriedigung, das zusammenschaaren".
ni'htl, alt nthü.
blmuB „zweijährig" aus "^bt-himus, eigentlich „zwei
winter alt". Vgl. ssk. hiind-s „frost, schnee", himä „winter" :
zd. zima- m. „winter'*, aus idg. *§htmO', *§hiina-.
Alle übrigen worte, in denen man ein -ä- aus -gh- zwischen
vokalen hat finden wollen, müssen bei seite bleiben. Überein-
stimmend treten Brugmann GR. I * 672 und Stolz LG. ' 75
für die ableitung von mäior aus ^magiös ) *fnai^s ein, und
Brugmann a. a.o. lässt für äio mit rücksicht auf ad-agium,
pröd'igium eine grundform *ägio als möglich gelten. Konse-
quenterweise dürfen wir dann auch meio auf *meigio (ofuxiof
: ags. migan : ssk. m^hati „harnt") zurückfuhren, zumal da
ein lautlicher Übergang von *meiho in mBiOf den Lindsay
LL. 466. Stolz HG. 122. Brugmann GR. I « 679 an-
nehmen, unerwiesen und unwahrscheinlich ist: denn eine „so-
genannte ersatzdehnung" (Stolz a. a. o.) fand in einem ur-
sprünglichen *meiho nicht das geringste feld für ihre thätig-
keit. Für incohare, das nach Bugge ASt. 34. Bersu
Gutt. 188 zu osk. kahad „capiat*^ gehören soll, hat Thurn-
eysen KZ. XXVIII 156 eine ganz andere ableitung vorge-
schlagen. Endlich können komposita wie prae-hibeo, prö^
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Beiträge zur lateinischen grammatik. 131
hibeo, nimo aus "^n^h^mo unter dem einflnsse von habeo^
hämo stehen.
Den belegen für -A- aus -gh- steht eine ansehnliche zahl
Yon werten, in denen -^- der lateinische Vertreter eines ur-
sprünglichen -gh' ist, gegenüber. An wiederholten hinweisen
auf dieselben hat es nicht gefehlt (vgl. zuletzt noch Planta
OU. 1441 ff.). Wenn sie trotzdem in unseren grammatiken mit
stillschweigen übergangen werden, so erklärt sich dies wohl nur
daraus, dass man bisher nicht versucht hat, sie nach bestimmten '
gemeinsamen eigenschaften, durch die sie sich von veho, mihi
u. 8. w. unterscheiden, zu gruppieren.
In v^o, mthi, Ken, träho etc. geht dem -h- aus -gh- ein
kurzer vokal vorher; hinter einem langen vokale ist idg.
-gh' nie durch -h-, sondern regelmässig durch -g* ver-
treten. Das beweisen:
fligo „schlage'' aus *bUighuö : got. Uiggwa, ahd. Utu-
um „schlage'* aus urgerm. *Wt?fj*ö' : idg. ^bhUghyfi' (Lett-
ner KZ. XI 200. J. Schmidt Vok. I 108); vgl. über gemein-
germ. -^je. aus idg. -^Aff-c- Zupitza Gutturale 98 ff. In got.
blaggWf ahd. Uou ,,schlug'* übertritt in die e-reihe, wie in hid-
ja : bad zu Trei&w. Lautgesetzlich hätte aus *bUigh'^ö im
Lateinischen *ftivo werden müssen: der verlust des ^ stammt
aus /Im, flictum, wie ja auch das ältere ffvo durch das aus
ftxi, fidum abgeleitete jüngere flgo (stamm *dheigh^) ersetzt
ist, vgl. Bersu Gutt. 154.
8ügo „sauge'' : altn. 8uga, ahd. ags. sügan : ir. sügim
„sauge", stamm ^mgh-. Man pflegt lat 9ügo mit ags. sücan
„saugen*' zu verbinden und aus diesem sücan einen stamm idg.
sog^ „saugen*' (neben idg. sügh- = germ. süg-) zu erschliessen.
Doch ist die trennung des einzeldialektischen süc- von dem ge-
meingermanischen aüg- hart und durchaus nicht notwendig.
Denn ags. »e^eran kann auf ^süg-ndn zurückgehen (Streitberg
UG. § 127). Die ablautstufen praet. 8iak sucan, part. socen
and das seltene nomen soce „saugen" (mit einfachem k)
vriderstreben dieser deutung nicht: sie beweisen nur, dass die
schon im ürgermanischen aus ^süg^dn über *8ükkan entstandene
form »ükan nicht mehr als nasalpräsens empfunden wurde,
sondern sich dem ablautenden präsenstypus lükan, süpany sü-
gan u. s. w. anschloss und mit den zu dieser ablautsreihe ge-
hörenden Stämmen muk- sük- ausgestattet wurde.
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132 0. Hotfmanü
ve-stigium „fussspur'^ : ssk. sügh-^ stigh-no-H „geht los,
schreitet vor'^ : OTelxo) : ir. tiagaim ,, gehe'S %m4iagam 9,am-
bulamus'* : lett staigdt „gehen"', stiga „pfad'' : altbulg. Hig-
nq-'H „erreichen, nach etwas hin gelangen'' : got. slaiga, ahd.
steig „steig, pfad" u. s- w. Pott EF. I i 198 I « 721. Cur-
tius GE. « 195. Breal-Bailly EL. 434. Stolz HG. 396.
Kluge DE. 0 377. Nied ermann IF. X 254. Das t?e- ist
verschieden^ aber noch nicht sicher erklärt worden. Etwa die
„weg-stapfe?"
trag um „Schleppnetz'' Serv. Dan. zu Verg. Georg. I 142,
nach dem gleichbedeutenden trägtda mit ä anzusetzen, eines
Stammes mit iräho (s. oben), also ^tragh- : *trägh'.
vägor, vägitus „klägliches geschrei (bes. vom kinde)'\
vagere : i^x>?, dor. fdxa (ark. /Sxoqj kor. fäxvg) „geschrei,
lärm", idxio aus *fi'fax(o „wehklagen, schreien (vom kinde,
vom verwundeten)", iaxrj u. a. m. Vgl. Fick VW. I * 542,
Prellwitz GK 116. Vaniöek LE. « 259 u. a.
rüga „runzel", ar^rügia xmAcor-rügus „stoUen im
bergwerk" PI. 33, 4 (21), 70: o-qvx^ „das graben", Tot^-co^og,
o-qvaoia aus *d^i!%-i(w: Curtius GE. * 349. Vaniöek LE. *
242. Fick VW. I * 526. Prellwitz GE. 230. Allerdings
könnten arrugia, corrugus als keltische werte aufgefasst werden.
lix, Isg-is „gesetz" : altn. Ipg, ags. lagu „gesetz" zu
legh^ „liegen" Lettner KZ. VII 167, angenommen von Cur-
tius GE. ft 364. Vanicek LE. « 248. Fick VW. I * 539.
Bechtel Hauptprobleme 173. Streitberg IF. IH 325 u. a.
Da wir durch feihüss feihüis Gipp. Abell. 31. 45 wissen, dass
die Osker auch hinter langen vokalen -h- aus -gh- sprachen,
80 würden osk. lig(U[üs] ligatüis Gipp. Abell. 10 6 7 s= lat.
Ügati ISgcUis, osk. ligud ligia tab. Baut 19 24 25 s lat. ISge,
ISgibus die ableitung von lat. ISg- aus ^ügh- verbieten, wenn
osk. lig- und latein. l^- urverwandt und aus einem gemein-
itaUschen werte unabhängig von einander entsprungen wären.
Dies anzunehmen sind wir aber nicht gezwungen. Die worte
l^' und legöius können aus der lateinischen rechts- und amts-
spraohe von den Oskern entlehnt sein, deren dialekt mit man-
chen lehnworten aus dem Lateinischen durchsetzt war.
pagus „gau", pagina „Watt papier", com-pages
„fuge, zusammenfügung" : ahd. f'ägen „passend verbinden",
ags. fSgan (aus *fdgian) „fügen, verbinden", ge-fege „gefuge",
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Beiträge zur lateinischen grammatik. 133
mbd. vüge „fuge'S stamm *pägh'. In dem griechischen Ttrjy^
„zusammenfügen" in /rijy-w-jta, nrff-fAa ,,ge{iige'S Ttayiog u. s. w.
scheint -y für lautgesetzliches -% aus dem korrekten ^fiy- „aus-
einanderbrechen" in ^ijy-vv'^i, ^lY'fia^ ^yö^i ^«yi? u. s. w.
herübergenommen zu sein. Das umgekehrte in dixofiai für
altes deMfiai nach ^oi.
'ä-go, '%'go als bildungssuffix von verbalabstrakten wie
itnä^o, orf-go u. a. (Stolz H6L. 527) lässt sich mit den nord-
und westgermanischen besonders von schwachen verben gebil-
deten verbalabstrakten auf -unga aus *'Un^ha- verbinden, wie
ahd. lad^unga zu ladön, warn-unga zu warnö^, deren -j^- man
ohne genügenden grund auf idg. -&- zurückzufuhren pflogt
(Bragmann GR. II 253, Wilmanns DG. 11 > 369 ff.)-
In mehreren fallen lässt es sich nicht entscheiden, ob •^-
einem ursprünglichen »g- oder -^h- entspricht: die betreffenden
Worte sind nämlich ausserhalb des Lateinischen nur in den
slavisch-baltischen sprachen, in denen die aspiratae lautgesetz-
lich in mediae übergegangen sind, zu belegen. Vgl. lat. f%go
„stechen, anstecken" : lit dig-ia „sticht" (stamm *dheigh' oder
^dheig-); lat. vägina „scheide" : lit wöe-iu „etwas hohles
über etwas decken, überstülpen" Fick VW. IV ^ 261 (stamm
"^vsgh- oder *f^-); lat. flägitium „schände, Unehre" : lit
Udgas „kraftlos, schwach, elend" Prell witz BB. XXV 280 ff.
(Stamm ^bhlägh- ^mlägh- oder *bhläg' *fnlag; für -^A- spricht
ßkr/x-^S „schwach", wenn dieses mit Prellwitz dazuzustellen
ist Anders über flägitium Usener Rh. mus. LVI 5 ff.).
Ein beleg für -A- aus -^h- hinter langem vokale ist mir
nicht bekannt mSio lässt sich, wie schon oben bemerkt
wurde, auf eine grundform ^meigiö zurückführen. Dass praeda
aus ^prai'hedä entstanden sei, ist eine der vielen lehren, die
sich unbewiesen und ungeprüft von buch zu buch fortpflanzen:
die berufung auf pr^4iendo schadet dieser ableitung nur. Als
vorläuferin der klassischen form praeda ist lediglich praida in
praidad CIL. I 63 64 - XIV 2577 2578 zu belegen, wenn diese
inschrift ein wirklich echtes altertümliches gewand trägt. Dieses
praida kann unter der Voraussetzung, dass es ein kompositum
mit praü : prae- ist, im zweiten gliede den stamm dö- : dä-
„geben" oder besser dhB- : dhä- „setzen, legen" enthalten: ich
verweise auf lit. pre^i „die zugäbe, draufgabe", ssk. pra-dM-
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134 0. Hoffmann
nam „kampfespreis'S dhd-nam ,, kämpf espreis, beute'S a&la
TtQO-Tid-evai u. a. m. Formell stände prai-dä- als stamm den
indischen Zusammensetzungen mit -dAe- (schwache stufe zu dhor-)
gleich, z. b. ni-dhi- „das hinstellen, auftragen; der schätz, hört"
(neben ni^hä- „fanggam, schlinge'^) u. a. m.
Die zweite klasse der belege für -g-- aus -^A- besteht
aus solchen werten, in denen dem ursprünglichen -gh- ein
kurzer vokal vorhergeht. Im gegensatz zur vorigen klasse ist
ihre etymologische deutung mehrfach unsicher, da ihr Stamm-
vokal in den aus den anderen sprachen zum vergleiche heran-
gezogenen Stämmen nicht immer seinen gewöhnlichen Vertreter
findet. Ich stelle zwei werte voran, in denen auch Brugmann
Ber. d. sächs. gesellsch. d. wiss. 1895, s. 36 das g als lautge-
setzlichen Vertreter eines ursprünglichen -^h- anerkennt:
figüra „gestalt, figur'\ stamm *dhigh': dass -g- aus fingo
figtdus figlinas, in denen -gh- hinter n und vor l regelrecht zu
-g- geworden war, auf figüra per analogiam übertragen wurde,
ist möglich, aber nicht zu beweisen.
lUgürio „lecke" zu IsixfOy ssk. leh-tni, got. bi-laigon „be-
lecken" u. s. w.: von der annähme, das -g- stamme aus lingo,
gilt das eben zu figüra bemerkte.
Nach Brugmann soll urital. h aus idg. §h im Latdni-
schen vor u, vor ur ul aus idg. r l und vor f* zu einer zeit
noch Spirans gewesen sein, als es vor den übrigen vokalen
schon zum hauchlaute geworden war. Jene Spirans wurde dann
im anlaute „durch Verlegung der spirantischen artikulation in
die lippengegend" zu bilabialem f- (so in fundo, ftdvos neben
helvos, furca)y während sie im inlaute vor u in -9- überging
(so in figüra, ligürio). Diese theorie besitzt weder innere
Wahrscheinlichkeit noch festen halt an sprachlichen tatsachen.
Dass die spirans h sich vor halbvokalischem ^ länger be-
haupten konnte als vor reinen vokalen, begreift sich leicht:
weshalb aber von den vokalen gerade u die spirantische aus-
spräche eines vorhergehenden k länger geschützt haben soll
als die übrigen, dafür wird sich schwerlich ein tiiftiger grund
anführen lassen. Und wenn Brugmann diese behauptung,
was den aulaut betrifft, mit fud- „giessen"' (x^w : got. giulan)
begründet, das seiner ansieht nach nur aus chtid-, nicht aus
htui' hervorgegangen sein kann, so ist dagegen zu bemerken,
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Beiträge zur lateinischen grammatik. 135
dass diesem einzigen stamme, in dem f- vor einem urspüng-
lichen ii die stelle des A- vertritt, mehrere worte gegenüber
stehen, die ein f- unter gleichen bedingungen auch vor ur-
sprünglichem e und 0 aufweisen. Ich nenne nur: ftl^ feUis
„galle'S tolog xoXiq „galle", alts. ahd. gaüaf altbulg. zlüM
„galle**; fovea „grübe" aus ^ghe^eia, %hia Nikander, xurj
Homer „höhle'' aus ^xeAa; forus „gang, schifisgang, sitz-
reihe'S XOQog „reihe, reigen'S lit. zäras „reihe, Ordnung, art des
gehens''. Um seiner regel das leben zu retten, übergeht Brug-
mann (auch im grundriss I ' 552) diese worte mit still-
schweigen: nach meinem urteil kann ihre etymologische deu-
tung denselben grad von Wahrscheinlichkeit beanspruchen wie
die Zusammenstellung von fundo mit giutan, gegen die sich
z. b. Osthoff MU. IV 99 ff. ausspricht So bleibt also von
Brngmann's lehre nur der eine satz als wahrscheinlich richtig
übrig, dass sich f-, wenn es einem ursprünglichen gh- ent-
spricht, nur aus der spirans ch- und nicht aus dem hauchlaute
A- entwickelt haben kann. Es fehlen aber genügende beweise
dafür, dass ch- gerade vor u länger als vor den übrigen vokalen
als Spirans gesprochen wurde.
In figüra und ligürio wird deshalb g ^ gh hinter kurzem
vokale nicht aus seiner Stellung vor u, sondern auf die gleiche
weise, wie in den übrigen werten, in denen ihm andere vokale
folgen, zu erklären sein:
n^g-ötium: dem ersten glied entspricht genau ved. na-hi
„nicht" « lit. ni^i „nicht" (Brugmann GR. II 1116. Stolz
H6L. 261) und der bildung nach auch ov-x^l ^on nee aus ne-
que ganz zu trennen. Wahrscheinlich ist n^ ötiutn als satz-
kompositum entstanden (vgl. neg otium est mit haud diium est
bei Terenz).
neg-äre ist ein flektiertes n^- aus *nlf-^hi (vgl. neg^ium)
„nicht"; zu vergleichen sind ahd. bi-j'ehan „bekennen", nhd.
jfbejahen verneinen", griech. aid^o) von al.
Itgö „hacke" : Xa%aivio „grabe um, hacke" : ir. laige (aus
»tojrtö) „der spaten". Vanicek LE. « 248. Bersu Qutt. 189.
Fick VW. II * 238.
^g-€re, ^g-Snus, ^g-es-tas, ^g-es-tösus, ind-ig-us,
ind^tg-ire : axrjvia „mangel, armut" Aeschyl. Agamn. 402 Ki.,
axfjv Theokr. XVI 33, XTsav-i^xW niyrjQj ^jXV^^' nevol TtxurxoL
Hesych, ijxavai* ntwxjsvw Suidas. Diese Zusammenstellung ist
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136 0. Hoffmann
alt, vgl. Pott ER I 1 200. Curtius GE. » 191. Vaniöek
GLE. 21. Prellwitz GE. 42. Leo Meyer VG. I « 912.
Ist äxijv bei Theokrit wirklich aus d^x^jv kontrahiert, wofiir man
Hesych's dsjfiveg- Ttivtjteg anführen kann, und von Valke-
naer richtig als „nichtbesitzend'' erklärt, so wird in dieser
Umbildung des ursprünglichen axtjy eine volksetymologische
Spielerei zu suchen sein. Ob i^xn^ bei Hesych den vollen stamm
Sgh' enthält oder als dorische form aus aex- kontrahiert ist,
muss dahin gestellt bleiben. Jedenfalls steckt der starke vokal
in rix-dv'ü) und xteav-ijxqgy dessen^^-stamm in eg-es-tas vdeder-
kehrt.
rigäre „bewässern'S riguus : got. rig-^iy altn. reg-n, ahd.
reg-an „regen" Pott EF. I i 257. Schade AH. « 706. Bersu
Gutt 189. Kluge DE. « 313. Wahrscheinlich ist "^regh- eine
Sandhi-form zu ^mregh- in ßq^<a „benetzen" : lett mergot
„sanft regnen", merga „sanfter regen".
rig^re, rigescere, rigor- „in die höhe ragen, empor-
starren, steif sein, Starrheit, Steifheit" : mhd. r'Sgen, ragen
„ragen, starren, hervorragen", rag- „steif, starr" : a-ffita eigentl.
„hervorragen über jemanden", OL-ifjup^ „hervorragend" : lit. rdgas
= altbulg. rogü „hörn" Fick VW. I * 527. Prellwitz
GE. 34.
ligäre „anbinden, verbinden, umgeben" (baUeus loricam
ligat) : Xux^^v „flechte an bäumen und auf der haut, moos auf
steinen" (eig. „das anhaftende, das umgebende"). Vielleicht
gehört auch ahd. slingan „winden, flechten" dazu, mit übertritt
in die e-reihe.
Ist in diesen fällen -^^ wirklich auch hinter kurzem vokale
aus -gh- entstanden — was für einige der stamme als wahr-
scheinlich gelten darf — , so erhebt sich die frage, worin der
unterschied zwischen v^^ mihi etc. einerseits und n^are etc.
andrerseits besteht. Ich möchte sie wenigstens mit einer Ver-
mutung beantworten:
Während in viho, mihi, trdho, lien, cöhars, nihüf *bihimus der
accentdem-A- unmittelbar vorhergeht, folgt er in histo-
rischer zeit nach dem dreisilbengesetz dem -g- in ftgura,
Ugurio, n^otium^ nägäre, ligonem, ^ere, ^s'nus, rtgdre, rigs're,
rigorem, Pfgdre, oder liegt, wie bei ind-tg-us, auf dem zweit-
vorhergehenden vokale. *«^Aö, *Z/Aö „hacke", *riho, *r{heo,
*Uho „binde" können leicht durch den einfiuss der weit häufiger
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Beiträge zur lateinischen granimatik. 137
vorkommenden stammesfornien negd-, ligon-, rigor u. s. w. ihr
-A- zu gunsten des -9- aufgegeben haben. Umgekehrt kann
*cog6rtetn dem nominaiive cihors gefolgt sein. So bleibt als
wirkliche ausnähme nur pre-Mndo übrig, das in historischer
zeit nie den accent auf dem pre- getragen hat. Wurde dieses
Yerbum etwa doch noch als komposituro empfunden? ^).
IL
ludo, ludoB : loidos.
Für das gewöhnliche lüdos ,,spiel*^ gebrauchen einige in-
schriften die seltene form loidos loedos. Drei von ihnen,
die der fundstätte, dem alter und dem inhalte nach eng zu-
sammengehören, setzt man ans ende des II. jahrh. v. Chr.: CIL.
I 565 566 - X 3776 3779 mit loidos, CIL. I 567 - X 3778
mit loedos. Erst aus augusteischer zeit, aus den letzten jähren
des I. jahrh. v. Chr., stammen die Fasti Esquilini (CIL. I 1,
ed. alt. p. 210 211) mit loid, Cereriy loi(di) und unmittelbar
darunter loed(i)j und die Fasti Caeretani (CIL I 1, ed. alt
p. 212 213) mit neunmaligem loedi. Diesen inschriften schliesst
sich Cicero de leg. II 9, 22 mit loedis (überl. loedis mit u über
oe im Leid. B, liAdis im Leid. A) an.
Eines steht fest: zu der zeit, aus der alle diese denkmäler
stammen, war der lautliche Übergang eines ursprünglichen oi
in U im Lateinischen bereits vollzogen. In jenen drei inschriften,
die das älteste zeugnis für loidos enthalten, steht neben coira-
verant, loidos (565), coiravere , loid. (566), coeravere, loedos
(567) der akknsativ murum. Nun wissen wir nicht nur aus
den inschriften, sondern auch ans der litteratur, dass moiros
die altlateinische form für mürns war, und die etymologie des
Wortes schliesst sich als dritter zeuge hierfür an (vgl. moetiia,
potn^rtum „maueranger''). Daraus also, dass mürus mit ü auf-
tritt, folgt notwendig, dass der lautliche Übergang von oi in ß
bereits abgeschlossen war und dass coiraverunt (pälign. coisa-
tens) lediglich mit archaischer Orthographie für das gesprochene
cäraverunt geschrieben sein kann. Gewiss liegt nun die Ver-
mutung nahe, dass auch in loidos : loedos von der kuratorial-
1) Soeben kommt Birt's neues buch über den Hiat bei Plautus
in meine bände. Es schliesst sich mit der lehre vom Übergang des -gh"
in die Spirans -h- der vulgaransicht an, ohne dass neues beweismateria)
beigebracht wird. (Correktumote.)
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138 0. Hoffmaun
Orthographie des IL und I. jahrh. v. Chr. die ursprüngliche
form des Wortes, das zu dieser zeit bereits als lüdos gesprochen
wurde, festgehalten worden ist. Und daran knüpft sich dann
ganz natürlich der weitere schluss, dass auch lüdo „ich spiele"
aus *loidö hervorging. Gegen diese, soviel ich sehe, allgemein
vertretene auffassung von lüdos und lüdo erheben zwei tatsachen
der Stammbildung und lautgeschichte einspruch:
1. Ein präsens *loido mit der ablautsstufe des perfekts
ist nach den für die bildung des präsensstammes geltenden
regeln nicht zu rechtfertigen: wir erwarten *leido oder *tido
dafür. Überliefert ist *loido nicht, sondern nur lüdo: ja, die
form lüdufit neben coiravit CIL. I 1166 ist älter als alle in-
schriftlichen belege für loidos.
2. Der ursprüngliche anlaut loi- war im Lateinischen
bereits in li- übergegangen, ehe der wandel von oi über oe in
ü begann (vgl. Hirt Arkiv f. Nord. Fil. XH 83):
liquit : HXoitvs : got. laihv (zu Ißinoß : got. leikvan :
retiquus u. s. w., ablaut leiq- : Zoij- : ßj-).
Über „frei'S inschriftlich letber CIL. 1 192 (ältester beleg),
leiberarei CIL. I 199 (117 v. Chr.), leiberei, leibereis, leiberorum
CIL. I 200 (111 V. Chr.): altlat. loebertatem^ loebesum » libe-
rorum bei Festus.
Itbare „spenden^' : Xoißatai* OTievdet, ö-vei Hesych, de«-
nominativum zu loißä „spende, trankopfer'' (die ei-stufe in
leißw). Gleichen Stammes ist:
libum „opferkuchen" aus *loibofn.
l%ra „furche, ackerbeet'S de-lirus : ahd. wagan-leisa
„wagen-spur", mhd. leise „spur" : altbulg. Uchü „ackerbeet*^
aus *loisä, *loisO' (stamm *lei8- : *loiS'). Das altlat. l9ra bei
Pompon. Iö8 Ribb. Non. 17, 32 stellt die mittelstufe zwischen
loer- und för- dar.
ob'liquus „schräg, schief", linquier „schiefgehen" (ablaut
*loiq'- : *%-).
litnus „Schlamm, der sich unten im wasser absetzt, unrat" :
ags. Idm, ahd. leimo „lehm^' aus *loimo8 Kluge DE^ 242.
Von lüdus abgesehen ist kein einziger beleg für lat.
lü' aus idg. loi' vorhanden. Warum Stolz LG.* 36 die der
bedeutung wie der form nach tadellose Zusammenstellung von
lägeo mit Ifvyaleo^ „traurig, jammervoll", Ivy-Qog aufgiebt
und dafür das abliegende Xoiyog „verderben, tod" : lit ligä
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Beiträge zur lateinischen graminatik. 139
„krankheit*^ zum vergleiche heranzieht , ist mir unverständlich.
Ebenso wandelt er auf Seitenwegen, wenn er mit Bechtel
Zitterl. 22 lüridus ^«blassgelb, fahl'' mit dem nur von Hesych
überlieferten i^iQoc' 6 iox^os xai (oxQog . . rj %dv fiinQOv XayuSv
und mit leiQiov ,,lilie" verbindet. Die bedeutung ^^blass" hat
sich bei leiQog^ wie Prellwitz G£. 178 mit recht annimmt»
erst aus dem ursprünglichen „dünn» schlank, schmächtige^ ent-
wickelt, vgl. lit. leilcu „dünn, schlank'^ Mit Froehde KZ.
XXII 250ff., dem sich u. a. Vanicek LE.* 92 Prellwitz
GE. 360 angeschlossen haben, stelle ich lüridua zu x^'^^'H^t
xlo-egog (aus *x^of'eQ6g) „blassgrün, fahl'' : über lat. ^ aus U-
*- idg. ^U- s. unten s. 140. Endlich versteht es sich von
selbst, dass glü-ten „leim", wenn es mit yloi^g^ lett. güwe
„schleim", altb. gU-nü „schleim'^ u. s. w. von einem stamme
glei- : gloi' iglu abgeleitet sein sollte (Persson Wurzelerw. 130
fubrt es mit lit. gliaü-mas, lett. glu-ms „schleimig" auf gleu- :
glu- zurück), nichts gegen einen Übergang von oi in i hinter
anlautendem Z- beweist. Denn dieses kann als „helles"
oder palatales l gesprochen sein, das einen wandel von oi über
ei in t begünstigte, während ein „dunkles" oder volares l hinter
g sich mit ai gut vertrug.
Ein loidos liesse sich also nur so rechtfertigen, dass wir
es mit Saussure Mem. d. S. L. VI 75 Windisch BS6W.
PhiL-hist. XXXVIII 245 auf ♦rfotrfo-s = altn. teitr „fröhlich,
munter'' zurückführten und den ersaiz des d durch l in eine
zeit verlegten, als der lautwandel von M- zu Ü- bereits abge-
schlossen war. Ehe wir aber nicht wissen, ob und unter wel-
chen bedingungen ein ursprüngliches d im Lateinischen in l
hat übergehen können (Gonway IF. II 157 ff. Stolz HO. 234 ff.
L6. ' 70 Brugmann GR. I' 533 ff. und die hier angeführte
litteratur), ist es bedenklich, die zahl der beispiele durch ein
höchst unsicheres stück zu bereichern. Ausserdem würde ein
* doido als Vorstufe von *lüdo dieselbe Unregelmässigkeit in der
Stammbildung zeigen wie ^loido.
So werden wir denn zu der Vermutung gedrängt, dass loi-
dos gar nicht die lautliche Vorstufe von lüdus bildet, dass es
überhaupt der lebendigen spräche nie und nirgends angehörte,
sondern lediglich als missgeburt der Orthographie ins leben
trat, indem ai für ein ursprüngliches oder aus eu ou hervorge-
gangenes ü geschrieben ist. Ein solcher missgriff konnte leicht
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140 0. Hoffmann
geschehen zu einer zeit, die den alten diphthongen oi nicht
mehr als gesprochenen laut, sondern nur noch als orthogra-
phische antiquität in coirare, oinos (gesprochen curare, ünos)
kannte, und er erklärt sich aus der absieht, das sprachliche
gewand eines aktenstückes oder gesetzes so altertümlich wie
möglich zu färben. Die frage, weshalb dann in jenen drei in-
schrifben nicht auch moirum geschrieben und so eine wirklich
echte archaische form' wiederhergestellt ist, findet damit ihre
beantwortung, dass die formel loidos fecerunt neben der formel
(mumm, portas, turreis etc.) faciundum coiraverunt steht und
dass ludos am ehesten gerade durch ein benachbartes coirare,
dessen oi ausserordentlich zähe bis in spätere zeit in der schrift
festgehalten wurde , orthographisch beeinflusst werden konnte.
Überhaupt war lüdo8 „spieP* ein in gesetzen und Urkunden
nicht seltenes wort und konnte deshalb eher mit altertümelnder
Orthographie loüios geschrieben werden als müros.
Durch beseitigung des pseudo-archaischen loidos ist nun
auch der weg zu einer befriedigenden etymologischen deutung
von lado und lüdos geebnet. Wie clau-d-o zum stamme hUbi^
(lat. cläV'is : dor. xAä-fe), cü-d-o aus ^ceu-d-o zum stamme
key,* (altbulg. kovq kujq „schlage, schmiede'', lit kduju „schlage»
schmiede", ahd. houioan), fü-d-i aus *feu-^4 oder * fou-d-i
zum stamme gheu- „giessen" (xio) aus *xef-(a, got. jfitt-^-a»)
gehört, so kann der stamm lü-d- (aus Uud- in lüdö, aus loud^
in ludos) mit -d- aus einer wurzel Heu- erweitert sein. Dieses
leu' „scherzen, spielen" aus *hleu- a= idg. ^ghleu- ist in gr.
X^vij „scherz, spott", ags. glSo, gliowes „scherz, spass", lit,
glaU'd^as „kurzweil" enthalten. Mit dieser etymologie steigt
die zahl derjenigen fälle, in denen idg. ghr- ghU im Lateinischen
durch hr- hU hindurch zu r- /- geworden sind. Einen solchen
lautwandel erkennen freilich unsere grammatischen handbücher
nicht an; sie lehren ohne ausnähme, dass idg. ghr- ghl- im
Lateinischen durch gr- gl- vertreten seien. Die zum grössten
teile schon von Froehde KZ. XXII 250 ff. gesammelten acht-
baren zeugen für den Übergang von ghr" gkl- in r- l- werden
von Lindsay 298 § 33. Brugmann GR. I « 574 § 635.
Stolz LG. > 73 mit stillschweigen übergangen; in der HGL. 292
nennt Stolz zwar den aufsatz von Froehde, führt aber kein
einziges der worte an, sondern begnügt sich damit, ausdrück-
lich hervorzuheben, „dass die annähme der eben erwähnten
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fieiträge zur lateinischen grammatik. 141
lantverbindung {ffhl- ghr- für historisches /- r-) keinerlei be-
rechtigung hat*'. Um ein unparteiisches urteil zu ermöglichen,
stelle ich die worte, in denen man gr- gl- aus ghr- ghU ab-
leitet, den bellen für r- U aus ghr- ghU gegenüber.
gr- gl' aus ghr- ghl-i
gradier : ssk. grdhyaii „schreitet rasch auf etwas los" :
altbulg. gr^i(f „ich komme", mit anlautendem gh- anzusetzen
wegen des gotischen grids „schritt".
gl ab er „glatt, kahl" (stamm ^ghladh-): altbulg. gladükü
„glatt" : lit. glodüs „glatt anliegend (vom haar)" : ahd. glat
„glänzend, glatt". Möglich ist freilich auch die yerbindung
mit ylagwQog in der bedeutung „glatt, poliert" (Prellwitz
GE. 61).
grando „hagel" : altbulg. gradü „hagel" : auf idg. gh-
weist ved. hrädüni „hagelwetter". Doch kann dieses, das zu
hrddate „lärmt, tönt" gehört, Ton grando ganz getrennt werden.
Nur für das erste dieser drei worte steht der anlaut gh-
so sicher, wie ihn die etymologische deutung überhaupt zu er-
weisen vermag. Wenn man schon bei den zwei übrigen werten
zweifeln kann , ob der ursprüngliche anlaut gh- oder g- war,
so ist vollends alles übrige, was man für gr- gl- aus ghr- ghU
angeführt hat, ein höchst unsicheres material. grätus und
gräiia pflegt man jetzt nicht mehr mit xaQiq^ xaiQU) : lat
hor-tor : osk.-umbr. her- „wünschen" : ahd. ger-ön „begehren" :
ssk. häryami „begehre" zusammenzustellen, wie das noch Leo
Meyer VGGL. I « 363 Vaniöek LE. » 93 Wharton EL.
42 45 thun, sondern vielmehr mit ssk. gr-nd-ti „preisen, ehren",
gur-iäa „angenehm, willkommen" = lat. grätus, gürti-s „das
preisen, das loblied" — lat. gratia : lit. g\r-ti „rühmen", gir-
tas „gepriesen« (Fick GGA. 1881, 1425 fif. VW. I * 402
Brugmann GR. I * 474 Stolz LG. * 61). grämen „gras,
kraut, pflanze" braucht nicht zu got alts. ahd. gras „gras,
kraut", mhd. gruose ,junger trieb" zu gehören, sondern kann
mit Persson Wurzelerw. 123 fif. Stolz HGL. I 158 mit ger-
men „schössling, Stengel", germinare „hervorspriessen", alts.
krüd „kraut" oder auch mit ygaa-zig „grünfutter" verbunden
werden. Zwischen grundio „grunze" und engl, grünt „grunze"
schiebt sich ^^o) aus ^yQvdia), altn. krytja „grunzen". Für
gläcies, ^emm, glärea, gllscere lassen sich bedeutungsverwandte,
wurzeln mit g- und gh- nachweisen.
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142 0. Hoffmann
r- i- aus ghr- ghl- :
rüo aus ♦Ar«io „stürzen, niederfallen" neben in-grUo, con-
grüo (mit lautgesetzlichem -^- aus -gh- hinter -n-) : lit griü-
wie griu'ti „zusammen fallen, in trümmer fallen^^ : iv^xQ^^
„hineinschlagen" : ssk. hru- „beugen, stürzen, beschädigen".
Für eine trennung von -gruo und ruo ist zuletzt noch wieder
Solmsen LL. 128 132 eingetreten, ohne mich zu überzeugen.
Mit der Vermutung, dass in rüo zwei ursprünglich verschiedene
verba zusammengefallen seien, eines mit der grundbedeutung
„graben" (altbulg. ryjq), das andere mit der bedeutung „reisse,
rafife" (ssk. rävati „zerschlägt", altbulg. rüvetü „evellit"), ist
die wichtigste bedeutung von rüo, die sich genau in -^mo
wiederfindet, nämlich „stürzen, fallen", nicht ausreichend er-
klärt.
rävus „grau" : altn. grär, ags. gräg, ahd. gräo, gräwe
„grau" aus urgerm. *gre^wO'. Genau in gleicher weise ent-
spricht ein lateinisches -äv- einem west- und nordgermanischen
-aw- (aus -^W") in gnävus „tätig, rührig", i-gnävus : altn. kndr
„tüchtig, kräftig" (stamm *knawO')y flavus „blond, gelb" :
altn. bldr „blau", ags. bldw, ahd. bMo (Kluge DE. • 47). Ob
hier verschiedene ablautsstufen vorliegen — da lat. -av- aus
'öv- entstanden sein kann, läge es am nächsten, an 6 : ö zu
denken — oder ob durch -u- in einer der beiden sprachen der
vorhergehende vokal umgelautet ist, mag vorläufig dahin ge-
stellt bleiben.
rüdus „zerbröckeltes gestein, schutt" : altn. griöt „gestein",
alts. griot, ags. griot, ahd. grioz „sand, kies" : lit grüd-au
„ich zerstampfte", grüdas „körn", vgl. Fick VW. I * 418.
stamm ghreud-,
lendes „laus-ei, nisse" : lit. gllnda „laus-ei, nisse", stamm
ghlend- : ghhnd. Dieser beleg ist ganz besonders schlagend.
lüridus „blassgelb, fahl" : x^QOQ, X^osgog aus *x>to/-
SQog „blassgrün, fahl", stamm ghlo^- : ghlöu-, vgl. oben s. 139.
Dazu endlich lüd-o, lüdus.
Man wird zugeben müssen, dass diese belege für r- {-; was
die Sicherheit der etymologischen deutung betrifft, hinter den
Worten mit gr- gl- nicht zurückstehen. Ausser der etymologie
aber haben wir nichts, was zur entscheidung der frage bei-
tragen könnte: aus den Schicksalen des inlautenden -gh- vor
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Beiträge zur lateinischen grammatik. 143
r und l lassen sich keine Schlüsse für den anlaui ziehen. Den
grund für die doppelte behandlung des anlautenden ghr- ghl-
vermag ich vorläufig nicht sicher anzugeben: eine Vermutung,
die ich schon länger hege, gedenke ich demnächst in anderem
zusammenhange vorzutragen.
m.
Inquam.
Durch die zahlreichen deutungsversuche, die lat. inquam
erfahren hat, ist bis jetzt leider nur gezeigt worden, wie schwer
es hält diesem verbum beizukommen. Zu den Verfechtern der
von Pott £F. n 86 180 (1833) aufgestellten gleichung inquam
a- ssL Ichyä-mi „scheine, sage an'' gehören noch Fick VW.
I * 32 Prellwitz GE. 283 Vanicek EWLSp. « 64. Be-
liebter ist es augenblicklich, mit Pott KZ« XXVI 209 und
Stolz Verbalflexion I 20 als grundform ^in-Bquam anzusetzen
und diese mit in-seque — ewsns, in-sequis u. s« w. zu verbin-
den: ob inquam dabei als „konjunktiv" (Stolz L6. ^ 185 Pott
a. a.0. Lindsay LL. 524) oder als „injunktiv" (grundform
*en'8qä'tn nach Brugmann GR II 956, vgl. I * 766) aufge-
fasst wird, macht für die lautgestalt des wertes nichts aus.
Wenn Lindsay LL. 546 inquam auf ^ind-vequam zurückfuhrt,
wenn W harten EL. 48 ein *inquo ,,ich sage'' in dem kom-
positum co-inquo „ich beschneide" sucht, wenn endlich Sütterlin
IF. IV 101 inquit mit elfte verbindet (stamm eiq-, eineq-;
inquü : UTteiv — linquit : leineiv) und dieses von ssk. dvöcai,
ßinog u. s. w. ganz trennt, so sind das alles doutungen, deren
kühnheit sich nur aus der Schwierigkeit der aufgäbe begreifen
lässt Ich will im folgenden nicht den verzweifelten versuch
machen, den bisher aufgestellten grundformen für inquam eine
neue hinzufügen; ich stecke mir nur das nähere ziel, die latei-
nischen formen inquam, inquis, inquit im Griechischen nachzu-
weisen.
Wie an inquam, sind an l/u/rö^, ion. efinrig „doch, den-
noch'' bisher alle etymologischen deutungsversuche gescheitert:
man hat den verbalstamm nä-, das nomen Ttag herangezogen
(Brugmann GG. * 548), aber damit weder die bedeutung
noch die verschiedenen formen der partikel zu erklären ver-
mocht. Es sind das im wesentlichen drei.
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144 0. Hoffmann
efiftäy ist die von Pindar gebrauchte dorische form:
Pyth. V 56 Nem. VI 4 XI 44 X 82 (au der letzteren steUe
ist die länge des ä metrisch gesichert).
sfATtäg steht bei Pindar Pyth. IV 86 237 (die zweite
stelle verbürgt die länge des ä) und wird von den tragikern
und Theokrit als dorische partikel gebraucht. Diesem dor.
cfAftäg entspricht das ionisch-homerische e^nijq. Vielleicht
hat es noch eine dritte form mit kurzem ä gegeben. Bei
Kallinos fragm. lie ist l/u/rag in dem verse dlX 6 fiev ovx
Sf^nag di^fUDi q>iXog ovdi Ttod'uvog überliefert. Alle heraus-
geber haben mit vollem recht ein dorisches efinäg bei einem
ionischen elegiker für unerhört erklärt und das homerische
efiTttjg dafür eingesetzt. Doch fallt es schwer die frage zu be-
antworten, wie diese einzige dorische form in den text des
dichters hineingekommen ist. Und da wir bei Pindar und in
der tragödie e/^Ttä finden, so wird die Vermutung, dass es neben
e^näg : t^mjg ein M^näg gegeben habe, nicht ganz abzuweisen
sein.
eftnä ist die dritte der formen: Pindar Nem. IV 36 (ä
gesichert), Sophokles Aias 563 im Trimeter und bei jüngeren
dichtem.
Mit ef*7täg^ sfiTtrjg^ das häufig mit dkXd und de verbunden
auftritt, wird im allgemeinen ein gegensatz, eine einschränkung
zu einer vorhergehenden tatsache oder behauptung eingeführt:
die Übersetzung „doch, dennoch, trotzdem** wird in den meisten
fällen dem sinne gerecht. Eine feste Stellung hat die partikel
nicht: wir finden sie im anfange des satzes, an zweiter oder
dritter stelle (hinter dXla, dHa nai etc.) und mitten im satze.
dieser gebrauch, die lautgestalt und die verschiedenen formen
der partikel sind erklärt, wenn wir in ihr ein flektiertes verbum
sehen und die Trias efinäv, SfiTtäg (efi7täg)y e^nä den drei
lateinischen formen inquam, inquis, inquit gleichsetzen.
Dass lat. inquam aus *inquäfn dem Mfinäv lautlich ge-
nau entspricht, bedarf des beweises nicht.
Den stamm inqut- fasste bereits Bopp VG. I ^ 214
richtig als „Schwächung'' von inqua-. Genauer gesagt: «nul-
lst aus inquä-y dem schwachen stamme zu inquä-, hervorge-
gangen, indem sich nachtoniges ^( in I umwandelte. Die formen
inqui-8 inqut-t inqui-mus inqm-tis verhalten sich also zum
stamme inqua- genau so wie si-^sfi-s si-stt-t si-sU-mm st-sü-tis
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fielträge zur lateinischen grammatik. l4o
zum stamme gi-stä^ = t^avä-. Fraglich bleibt nur das eine,
ob die schwachen stamme d-stä- inquä- nur in den Ursprung-
liehen pluralformen *9i8tä'fnu8 *sistä'ti8 *inqiiä'mus ^inquä-tia
lautgesetzlich in giM- inquu übergingen und schon mit diesem aus
-o- entstandenen 4- den singular eroberten, indem sie hier die
alten formen ^sista-a *8iBtä't ^inquä-a '^inquä-4 yerdrilngten,
oder ob sie zunächst in ihrer ursprünglichen lautgestalt in
den Singular drangen (*8istärS *inquii'8 u. s. w. für *8istä'8
*inqua-8) und sich dann auch in diesen singularformen lautge-
setzlich in '''»'«^ *inqiä' umwandelten. Unmöglich ist das
letztere nicht; die Untersuchungen über die Schicksale des nach-
tonigen ä in lateinischen endsilben sind noch nicht abge-
schlossen. Von efiftäg: ion. l/u^i]^ unterscheidet sich •njtfis
dadurch, dass es, genau so wie siM-a reddi^a u. s. w., den ur-
sprünglich nur im plural auftretenden schwachen stamm in den
Singular eingeführt hat. Der gleichen erscheinung begegnen
wir in dem dorischen efireä &■ inqutt und in dem ef^näs des
Kallinos (— inquta), wenn dieses richtig überliefert ist. Ver-
gleichen lassen sich einerseits ovtä und dntjvQa — "^dn^-p^^
andererseits dö-g d'i-g S-g.
Aus der ursprünglichen bedeutung der griechischen Par-
tikel „sag' ich, sagst du, sagt er^' erklärt sich leicht ihr ge-
brauch in historischer zeit: die alte stehende formel dXX £/u-
^ag^ dkl* sfAfCfjg („aber, sagst du*') erinnert unwillkürlich noch
an das lateinische ot — inquia, das einen einwurf einleitet
(z. b. liukrez I 897 „at aaepe in magnia ß motUibus, inquia^
ut aUia^ u. s. w., I 803 ,/U manifeata palam rea indieat, in-
guia, in aurasf%
Breslau. 0. Hoffmann,
Nachwort sn den emendationen zum Rig^reda.
(Oben 8. 76 u. 90.)
Prof. Weber erklärt sich in einer freundlichen korrespon-
denzkarte aus Friedrichsroda Yom 23. sept in hinsieht auf die
provenienz und das alter der ältesten theile des Rigyeda nicht
mit mir einverstanden. Seine berechnung in bezug auf die
A^yinau, die als das gestim der zwillinge am morgen vor
Bcttttg» s. ItnAe d- tedg. iiiiMiwii. XXYI. 10
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146 firunnhofer
Sonnenaufgang am himmel gestanden hätten, gründe sich auf
die hypothese, dass dieser Zwillingscharakter der Afvlnau in
indogermanischer zeit existirt habe, vorausgesetzt noch
dazu, dass die Afvinau mit den Dioskuren identisch gewesen
seien. Die von ihm und Förster gemachte berechnung beziehe
sich nicht auf den Rigveda.
Indessen gilt hier folgendes. In meinem vertrag über „das
alter des Rigveda nach massgabe der AQvinau-hymnen'' (s. oben
pag. 76) habe ich aus den bestimmten angaben des Eratosthenes
und Hyginus nachgewiesen, dass die Griechen noch in den
spätesten Zeiten ein klares wissen davon hatten, dass die Jioa-
TLov^i das gestim der zvrillinge {didvfxoi^ gemini) seien. Den-
selben beweis, dass die Agvinau das gestim der Zwillinge (yamau,
yamalau) seien, habe ich aus der astrologie des Balabhadra, vor
allem aber, was das entscheidende, aus dem Rigveda selbst
erbracht, wo in hymnus III, 39, 3 ganz unwidersprechlich die
Afvinau vom commentator SAyana als die Zwillinge erklärt
werden. In demselben vortrage hatte ich dann femer die
mythologische Identität der k^insLii -JioaxovQoi aus einer
ganzen reihe von parallelsagen und übereinstimmenden sym-
bolischen funktionen beider halbgöttergestalten zur gevrissbeit
erhoben.
Wenn also die AQvinau noch im Rigveda als zwillingsge-
gestirn, das in der morgendämmorung vor aufgang der sonne
am himmel stand, poetisch verherrlicht wurden und zwar aus
der spontanen begeisterung heraus, die der anblick des morgen-
himmels hervorrief, so hat die berechnung Försters, dass diese
constellation nur unter dem 40 — 42° nördlicher breite und
zwar etwa 6000 vor Chr. möglich gewesen sei, auch noch für
die ältesten theile des Rigveda kraft. Bei der annähme von
Webers hypothese, die constellation, die Förster auf das früh-
lingsaequinox bezieht, beziehe sich vielmehr auf das winter-
solstitium, würde dann zweifellos, wie Weber es für die indo-
germanische zeit berechnet y das alter der ältesten Rigreda-
hymnen in eine zeit von 12000 bis 14000 vor Chr. hinauf-
reichen.
Uebrigens führt mein schon 1889 in meinem „Iran und
Turan'* historisch-geographisch geleisteter nachweis, dass der
HiraQyagarbhahymnus (Rigv. X, 121) nur in Armenien habe
gedichtet worden sein können, insofern nur vom Sabelan aus
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Kachwort zu den emenctatioiien znm Rigveda. 147
der dichter zugleich den Ras&strom (den Araxes) und das meer
(9amudrä), nämlich das Kaspische, habe erblicken können, zu
demselben resultat. Denn die geographische proTcnienz eines
hymnus bildet begreiflicherweise zugleich den massstab für
dessen relatives alter. Wenn also, wie ich (s. oben pag. 76)
gezeigt habe, das zugthier der Agvinau, der eselhengst (rdMbha),
als iranisches zugthier, einerseits über Indien, ako über den
35sten grad nördl. br. hinausweist, andrerseits die thiergeo-
graphische breite des Yorkommens des esels im alterthum nicht
über den 42^ nördl. breite hinausreicht, so ist damit wieder
die relative breite gegeben, innerhalb deren die ältesten A$vi-
nauhymnen hatten gedichtet worden sein können.
Zu demselben resultat fuhrt F. K. Ginzels abhandlung
,,Ueber einen versuch, das alter der vedischen
Schriften aus historischen Sonnenfinsternissen zu
bestimmen'' (Sitzungsberichte der kgl. böhm. ges. d. wissen-
8ch., mathero.-naturwissenschaftl. classe, Prag 1894). Giuzel
berechnet nach angaben Ludwigs das alter der Svarbhänu*
finstemis (Rigv. V, 40, 5) auf den 5. okt 1977 v. Chr., dies
aber ausdrücklich unter der ihm von Ludwig gemachten an-
gäbe, dass sämmtliche, im Rigveda erwähnten Sonnenfinster-
nisse, ausschliesslich einem streifen zwischen den Meridianen
70r-76^ östl. länge und 29—34* nördl. br. angehören. Dar-
nach hat Ginzel die Svarbhftnufinstemis auf das bogensegment
Bombay-Madras lokalisirt. Nun hält Ludwig (s. Ginzel pag. 8)
die Syarbh&nufinstemis für „die jüngste des Rigreda^', an-
drerseits hatten die Arier um 2000 vor Chr. kaum erst das
Pendschab betreten , geschweige dass sie schon Südindien
erobert gehabt hättisn. Weist aber die Svarbh&nu-sonnenfinster-
niss über Indien hinaus nach dem nordwesten, so gelangt man
an der band der fortgeführten bogenlinie Madras-Bombay direkt
nach Südkaspien und zu einer periode von mindestens 3000
vor Chr.
Berlin. Brunnhofer.
Böotische dgennaiiien.
Keine griechische landschaft hat bisher dem namenwörter-
buche eine solche fülle interessanten materials zugeführt wie
IG*
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148 t. Öechtei
Böotien. Prachtstücke wie Quofiovog^ BiOTtnaOTog^ Kkavain-
Ttoq leben im herzen aller kundigen. Die folgenden bemer-
kungen sollen darauf hinweisen, dass die erde noch immer
freigiebig ist.
1. T6V(^aaiyiv8ig,
In der Revue des Studes greques 1899. 53 ff. hat Theodore
Reinach zwei tanagräische inschriften veröffentlicht, die in enger
beziehung zu einander stehn. Der tempel der Damater und
der Kora soll in das innre der Stadt verlegt werden. Die erste
Urkunde bewahrt die namen der tanagräischen damen auf, die
sich verpflichten für die kosten aufzukommen, die aus der
tempelverlegung erwachsen. Die zweite, die rückseite des
gleichen Steines füllende, verzeichnet die namen der schönen,
die g^rderobegegenstände in den tempel gestiftet haben. Da
nur wenige persönlichkeiten beiden listen gemeinsam sind,
lernen wir aus ihnen die namen einer nicht unbeträchtlichen
zahl von Tanagräerinnen und ihrer väter kennen, die in den
letzten Jahrzehnten des 3. Jahrhunderts gelebt haben.
Unter den subscribentinnen wird eine ^Ertlxctgig Tav^iaat^
yi[viog] (z. 73) aufgeführt Der name ihres vaters erweckt
unser interesse. Der herausgeber nennt ihn »bizarre et inconnus
und hält für möglich ihn mit dem wortstamme in Zusammen-
hang zu bringen, von dem Teifir/g {noza^og &t)ß(Sv Hes.) und
Tsvfir]aa6g ausgehn. Gegen diese vermuthung spricht^ dass die
böotische gestalt des wortstammes Tevfio- aller Wahrscheinlich-
keit nach nsvfiO' lauten würde ; denn dass der name Tev^tjaoog
in engster Verbindung mit dem namen der phthiotischen Stadt
stehe , deren bewohner IIsvfidTioi ^) heissen (Fick zu Coli,
no. 3806 nachtr.), scheint mir nicht zu bezweifeln. Die com-
bination von Tm)fiaai' mit Tsv^tjaaog unterliegt aber noch zwei
weiteren bedenken. Eine inschrifb, die dftohyyizraadTi bietet,
würde den in Tev^itjoadg durch aa bezeichneten laut nicht mit
a wiedergeben. Und wenn Tevfiaai- auf den Tevfitjaaog zu
beziehen ist, wie kommt i in die compositionsfage? Ich setze
1) DaBB die Uivfiatui^ Phthioteo sind, hat Köhler Ztschr. f. nnmism.
12. 110 ff. gezeigt. Bei Brugmann Orieob. gramm. "116 werden sie zu
den Böotern gerechnet, trotz dem hinweise Heads (Bist. nam. 256),
Dittenbergers (IGS 1 no. 3287), W. Schnlzes (GGA 1897. 910) auf Köhlers
abhandlang.
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Böotiscbe eigennamen. 149
Reinacbfl nioht annehmbarem Torsohlage einen andren entgegen :
icb sehe in Tsviiaai' den aoriststamm von fetfidoftai. Dies
verbum ist bisher nur aus der Thebais des Antimachos bekannt
gewesen, und zwar hat sich Antimachos seiner bedient, um den
namen TevfiTiaadg etymologisch zu deuten i). Wackernagel, der,
wie ich selbst, von der Zusammengehörigkeit des T9Vfidof*ai
mit avest. hfaoman" (werk) überzeugt ist, hat vor jähren aus
dem erscheinen des t bei dem ionischen dichter gefolgert, dass
dieser das verbum von den Böotern habe (KZ. 28. 121). Wir
lernen aus dem erscheinen des elementes v«t;/uaai- in einem
tanagräischen namen, dass die Böoter das wort tev^taaiim
wirklich besessen haben. Wackemagels schluss gewinnt also
an Sicherheit. Der bedeutung nach kommt dem so verstandnen
TsvtJLCLatyhug der 6P > 85 aus Attika nachgewiesne name
^Ef^iyiyrjS so nahe wie möglich.
Aus der reihe der übrigen neuen namen, die durch die
beiden documente ans licht gekommen sind, seien nur zwei er-
wähnt, um deren Verständnis der herausgeber umsonst bemüht
gewesen ist BifAtav^ jetzt auch aus Akraiphia bekannt ge-
worden (BGH 23. 194 no. le, 200 no. 8t), kann aus eepiiaw
verkürzt s^ wie ^Aati auf dem tanagräischen grabsteine I6S 1
no. 618 aus 'Aawnw (Fick GGA 1883. 121). Und Tifiivag
(Bs7. ss) zeigt die gleiche bildungsweise wie udlaxlvag, [J](0'
Qivag in Tanagra selbst (I6S 1 no. 585 Illt, no. Ö37ai4),
Ilov^ivctg in Ghaironeia (IGS 1 no. 3313«), Ilsialvag auf Thera
(IGI 3 no. 797), naidivag in Pharsalos (Goll. no. 326 UIso. si).
2. MwXiavjog,
Eine anzahl neuer conscriptionslisten aus Akraiphia, alle
jünger als die mitte des 3. Jahrhunderts, hat Perdrizet BGH
23. 193 ff. veröffentlicht. Wir lernen durch sie etwa zwanzig
namen kennen, die sich grösstentheils an schon belegte an-
schliessen lassen, theilweise aber doch auch sprachgut enthalten,
das im namenbuche bisher noch nicht vertreten gewesen ist.
1) Steph. Byz. T%vfiinoa6^, o^g BotvnUts .... JirXij^i} <f* ovtiik, tk
ofh^tx« ol K^oriSfts, Sg [n] fjiiya n&cnv dvdtfau,
aVTQov M *üxffVfi& tivfjirifato - -.
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150 F. Bechtel
Zu der letzten klasse gehört der in der Überschrift ausgehobne,
den ich der zweiten liste (z. 25) entnehme. Der herausgeber
hat sich bemüht ihn zu erklären, hat sich aber den weg zur
richtigen interpretation durch die betonung MtoXlovtog ver-
sperrt. Die inschriften gehören einer periode an, in der die
Böoter V in bestimmter läge mit lov bezeichnen; so bietet die
zweite, die uns hier beschäftigt, z. b. ^iova[wv]og. Sobald
man dem tov in MQAIOYTOI den gleichen werth zuspricht, wird
der name durchsichtig: man erkennt dann in ihm das als
nomen proprium verwendete participium auf toq des fast ver-
schollnen verbs fiwluo^ dessen bedeutung aus der Hesychischen
glosse fifSlvg' 6 dfna^g. Soqxmlrjg di 0aid(far fufiwlvafiivtj'
ftoQeifiivri hervorgeht. Mfohowog gehört also in die reihe der
einstämmigen Spitznamen, deren zahl durch die neuen con-
scriptionslisten auch sonst Zuwachs erhält: sicher in 'O^oA-
X$i(g) 1) no. 2 16 (der söhn heisst FovQig) und in Koaxovlog
no. 7 17 (Perdrizet bemerkt gut: c'est un sobriquet pris da
langage de la corroyerie), vielleicht in SMttpiag no. 5i8 (einer
der ein axaq>iov trägt?) und in TAPiOYI no. 5t7 (lOY auch
hinter labialis für t;?).
Schliesslich noch zwei namen, durch die dem namenbuche
die demente ^AxgaiquO' und eyxog zugeführt werden: ^AuLqtf-
q>illai (no. lia) und ^yx-OQf^^^S (no. äi», no. 8t). Wie ntoh-
tllii Verkürzung zu rtrwiddwfog^ ÜTwioxleigf IlTiowTifAog ist,
so weist ^ AifLQifiq>lXku auf voUnamen zurück, die auf dem gliede
^u4xQrj<piO- aufgebaut waren. Ein vater, der seinen söhn z. b.
^A%Qr}q>to%hiig nannte, sprach in der benennung den wünsch
aus, der söhn möge seiner Vaterstadt zum rühme gereichen,
oder der ^AnoXXfov ^Ax^q^iog (ihn bezeugt Steph. Byz. unter
^A%QaUpia) möge ihm rühm verleihen. Der sinn von ^EyxoQfiag
ist ohne weiteres klar; wem der Homer lieber ist als der Wille-
halm, dem fällt vielleicht über ihm der vers ein Sog di %i ii
avdqa eXäiv %al ig OQfi'^v Syxsog el&eiv.
1) Vgl. Strattis bei Athenaios p. 621 f:
^wUx* ovS^v, näaa Brißaiav noXtg,
ov6iv not ilji fl TtQwta fikv r^ at^nlav
onndinflav, lus k4yova\ dvofAdCttB-
TOV dXtxTQvova J* oQtdXtj^ov - *«
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Böotiscbe eigennamen. 151
3. /addaiog.
Der selben zeit, wie die conscriptionslisteD von Akraiphia,
gehört eine von Ciollin BGH 21. 553 ff. herausgegebne Urkunde
von Thespiai an, über die kürzlich Meister gehandelt hat
(Leipziger sitzungsber. 1899. 141 ff.). Zu den bereicherungen,
die sie für grammatik ^) und Wörterbuch abwirft, gehört der
name ßadciaioQ. Ich glaube ihn etwas anders analysieren zu
müssen als Meister. Nach Meister ist er ein kurzname, der
auf zo /adog oder ßad- zurückgeht und sich der bildung nach
mit »kurznamen von der art Tifujaiog^ ^EQfiijaiog, Jdaiog^
2uHriag€ vergleichen lässt, »die von vollnamen wie Tifitjoldrjfiog^
'Ef§ifj0iapa§f J(oai&€og^ SwainQotrjg abgeleitet sind, nach deren
analogie auch ein vollnamen wie z. b. *ßad(oald'eog gebildet
werden konntet. Aber derartige vollnamen sind bisher nirgends
zu tage gekommen; es wird sich also empfehlen nach einer
erklärung zu suchen, die ohne sie fertig wird. Das lexikon
des Hesych gibt sie an die band. Hier begegnen wir den
glossen adovaiov agearop, aifig^yop und ädownaadfAevoi'
dulofisvoif 6fioXoyovfievoi. An die zweite hat Kumanudis (Eq>.
aQ%. 1884. 134) bei der Veröffentlichung einer attischen inschrift
aus dem ende des 4. Jahrhunderts erinnert, die man jetzt
CIA 4 suppl. 2 no. 252« findet Z. 13 ff. dieses denkmals
heisst es: «[IJKTi di a\yrov nai * ^'9]\rpfct'ioy -nual qwl^g tmlI
dij[fiö\v x[a]l (pQatQ[iag elvai \ a]vvwi adovaiaaaod'ai, ^g Sv
ß[o]vXf]%a[i]. An der authenticität von ddovaid^ofKUy damit
auch von adovaiog^ kann also kein zweifei walten. Attisches
adovatog — so ist doch wohl zu schreiben — verhält sich zu
ßadorf' wie ysQOvaiog zu yiQcv%-^ exovoiog zu /sxoW-, i^el-
ovaiog zu i^ilort^^ wie ind. sdhaniya- (siegreich) zu sdhanU.
In dem namen faddaiog erkenne ich das böotiscbe, als nomen
proprium verwendete äquivalent des attischen adovatog. Diese
auffassung wird nach keiner seite der rechtfertigung bedürfen.
1) Für die formeDlehre föllt das perf ectum . <f «caacü^CMrc ab (z. 2
ati. du^ei^Xv^e], aaf das man nach der prasensform dnuX^iiomiq (I6S 1
no. 1748 a, 1749 t) Refasst sein mnsste. Nnn ist wol Dittenbergers er-
gänzung äniiX[nXv'\^ioin^ aaf dem thespisohen steine IGS 1 no. 1766 t
nicht mehr zu halten; vielleicht haben in der lacke, die Lollings ab-
•chrift hinter AHEIA angibt, zeichen gestanden, die der Steinmetz aus
versehen eingegraben hatte and wieder ausgemeisselt hat.
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152 A. Bezzenberger
Niemand bezweifelt heute, dass die asBibilation des % durch
coDSonantisch gewordnes i eine gemeingriechische erscheinung
ist, dass also das % von TtewayuxTioc erklärt werden mass,
nicht das a von /adwaiog. Und was die function des adjectivs
ßadwaiog als eigenname anlangt, so kann daran erinnert werden,
dass auch das adjectiTum i^eXovaiog an die gruppe der mit
*E^eXo- beginnenden namen angeschlossen und schon im 5. Jahr-
hundert in Attika als eigenname verwendet worden ist.
Die hier gegebnen ausfiihrungen waren niedergeschrieben,
als mir aus andrem anlasse die Inschrift CIA 4 suppl. 1 fasa 2
no. 53 a wieder unter die äugen kam. Gleich in der dritten
zeile heisst es: AJ0210\2 b^itcb' l^aai to hiSQOv %o Koöqo
Tuxt TO NeXiog yuxi tig BaaiXeg .... Da treffen wir also unsren
freund in Athen.
Halle (Saale), 20. juni 1900. F. Bechid.
Got. bairau, konjunktiv von indogerm. hMro(u).
Auslautende ' gestossen betonte langdiphthonge der grund-
sprache haben ihren zweiten bestandteil entweder in einigen
sprachen aufgegeben und in andern teils überhaupt, teils
nebenbei bewahrt, oder allgemein verloren. Eine ändernng
der betonungsart der betr. endsilbe ¥ärd durch sein schwinden
nicht herbeigeführt. Beispiele: ved. a^tdu, asfa, got. ahtau,
gr. oKto)^ lat. octö u. s. w.; ved. deväu, devä, an. tvau, gr.
d-ew, lat. ambö, lit. balt^judu, asl. raba; gr. 7t6lfji(?)^ got
balga (anstai ä ansiSi oder — anstsj-i?), ved. agnä, lit. szali;
ved. sdkka, gr. ^ijrai. Vgl. J. Schmidt KZ. XXVII 377, Hirt
Akzent s. 117 f., Wackernagel Altind. gramm. s. 106 ff.
Hiernach ist es zulässig, die in avest pere(ä, gr. ixto, lat
legOj lit. tce&ü, got baira u. s. w. enthaltene gestossene endung
ö auf ou zurückzuführen i) , und da allein hierdurch die ein-
fachste aller bisherigen erklärungen von got. bairau *) haltbar
1) Hirt Indog. forschungcn I 228 möchte sie als dt anseteen.
2) „bairau genau gleich griech. conj. (piQtt^^ Eögel Zeitschrift f.
d. gymnasial wesen XKXIY 406, vgl. Wiedemann lit prat«ritum
s. 160 anm.
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Goi bairau, konjunktiv von indogerm. bhfro(u). 153
wird, da sogar bairau ohne die berleitimg von baira aus bkmröu
überhaupt nicht befriedigend zu erklären ist, so zweifle ich
nicht» dass dieselbe das richtige trifft — Dass im Gotischen
das indikatiyische ^s^u als a, das konjunktivische dagegen als
-a« erscheint, ist möglicherweise eine folge der indogermani-
schen Satzbetonung (vgl. z. h. tii ivä yami RV. I 24, 11, yÜ
tvä yami RV. X 47, 8), denn die lautliche behandlung eines
bherou und eines bhirou vollzog sich unter verschiedenen be-
dingungen.
In den meisten bisherigen behandlnngen von bairau ist
dieses mit berjau, bairadau, bairandau, bairaidau, bairaizau,
bairaindau zusammengefasst, und eine einheitliche erklärung
aller dieser formen versucht Jellinek und Hirt halten eine
solche sogar für „offenbar" erforderlich (Hirt a. a. o. VI 59).
Ich kann mich hierdurch indessen nicht abhalten lassen, bairau
und b^au von den übrigen eben erwähnten formen zu trennen
und in dem au von bhyau (und auch von viljaü) mit Kögel
a. a. o. einen eindringling aus bairau ^ in -dau, -ndaiu dagegen
mit Westphal Philos.-histor. grammatik s. 175 ff. (vgl. z. b.
Mahlow Lange vocale s. 107, Thurneysen KZ. XXVII 175)
mediale endungen zu sehen, die als solche den sanskritischen
aktivendungen -tu, -ntu ebenso gegenüberstehen, wie die
medialen endungen -iai, -niai den aktivischen -ti, -nti, -zau
endlich halte ich ftir eine durch -dau, -ndau veranlasste Um-
formung von*-2ru = skr. -«ra.
Die nebeneinanderstellung von bherou (skr. bhara-mi) —
skr. hharö^vah (— got. bairas BB. V 319) — skr. bharo^mah
lasst u als die eigentliche flexionsendung von bherou erscheinen,
und es ist verführerisch, dieselbe endung in lit $akaü, sukaü
(d. i. sakärUj suka^) anzunehmen. Allein dem widerraten
preuss. po^nna „ich bekenne'S laipinna „ich befahl*^ , deren
-a kaum anders, denn als -d = -ärä •- -d-d zu erklären
ist, und die dadurch für die annähme eintreten, dass sakaü,
8ukaü (und ebenso sakyczau, siikczaü) die litauische endung
der L sing, praes. -u — 'ö(u) enthalten (vgl. Wiedemann
a. a. 0. s. 161, 171) i).
Die einzigen formen, in denen ausserdem diese flexions-
1} Anch die erkläraog von sakai^ aukai aus iaka-^i^ iukä'\'i (i en-
dung der IL Bing, praes.) halte ich für richtig. Dass aber dies -i das
von Mi sei (Brngjnann Grundriss II, 2, s. 1844), glaabe ein anderer.
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154 Elia Lattes.
endung (u) vermutet werden könnte, sind skr. dadaü, paprau
u. 8. w. Aber auch hier kann ich sie nicht anerkennen. Es
ist zwar denkbar, dass im Altindischen der Singular perf. akt
von z« b. prä ehemals gelautet hat: I. papräuy "^paprd^ U. pa*
prdthäj III. paprd, dass in folge der Verwendung von paprä
ab I. und III. person auch papräu als III. person gebraucht
wurde, und dass die verba auf a ursprünglich also nur in der
L person sing. akt. den ausgang au hatten. Da aber wahr-
scheinlich das lateinische v-perfekt und das suffix des particip
perf. akt. (skr. väms u. s. w.) das u von dadaü, paprau u. s. w.
enthalten, so wird in diesem ein stammbildendes dement zu
vermuten sein (Fick Gott gel. anzeigen 1883 s. 594, vgl.
Benfey Kurze sanskritgram. s. 146, anm. 2), denn dass (wie
Colli tz Amer. Journal of philology IX 47 anm. anzunehmen
scheint) so bedeutende formengruppen durch ein personal-
sufBx beeinflusst oder gar hervorgerufen seien, würde mir selbst
dann wonig glaubhaft erscheinen, wenn dies suffix eine grössere
rolle gespielt hätte, als die vermutliche personalendung u.
A. Bezzenberger.
Le prime parole della g^rande epigrafe campano-etrusca.
1. Della grande iscrizione etrusca trovata a S. Maria di
Gapua (Bücheier Rh. mus. 55. 1 — 8, cf. Lattes Rendic. Ist.
Lomb. 1900. 340—371 e 541— 562) manca il principio; e di
quella della 61 linee, interamente o parzialmente superstiti,
che per noi e la prima, si legge ancora soltanto
luvacü . fuxu
dopodiche svanirono »sei lettere«, la prima delle quali »fu
forse a«. Ora in luvaeä possiamo con sicurezza separare come
parola intera vacü, perche abbiamo, fra due interpunzioni,
1. 4. 5. 6. 12 V€KÜ appunto, 3 suvcunl, 6—7 niianevacilUdam,
12 erivacü, 14 üacuvacü, oltre forse 46 vac[Ü] capoverso.
Puö poi esso vacil confrontarsi con akil o a^ü, acrü (nome
proprio di persona), avü o aivü ('anno', la seconda forma non
ben sicura), arü ('Atlante'), cafatü (n. pr. di pers., ricusato dal
Pauli Altit Stud. III 41-43), datixvü (lat. etr. 'Tanaquil'),
eil, petrnil (n. pr. di pers., Pauli come sopra), puü, rü (*anuo\
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Le prime parole della graude epigrafe campano-etrusca. 155
Pauli *eta'), ruvfil (n. pr. di pers., Pauli emenda rupfiffsj) midä
(ora anche ClE. 3306), taril-a, tinsanl (deita), tüü (n. pr. di
pers. ricusato dal Pauli), usü ('Sole'). Inoltre sta vacil a vael,
che ocoorre 18—19 Tolte nella M(ummia), come F. 2101 e
F. * 117 svalce avil a F. 2273 mxdee aü, come nella nueva
isciizione E(tru8oo) (Xampana) 1. 22 u$iU a M. VII 13 udi (cf.
M. V 21 udane-c), come Not d. Sc. 1889. 337 eeSilans a
s'eBlans (^Vulcano'), e forse come akä o acü a EC. 59 e M.
V 18 aelxa (cf. M. VIII 16. X 9 adxn) : puö pertanto vaeU
non difFerire da vad, se non sotto il rispetto foneiico o grafico ;
e conferma di tale conghiettura forse offre il üatto che £C. 6 — 7
a niivacilleßam precede vaeü . aav . ene» . Unamulirizäepicaa,
donde forse risulta aversi Unam (cf. tdi con EC. 30 tUulepa e
26 acar.Upa, 23 aeiitd con 10 ßiip 14 üi, 44 rü ecc. secondo
Rendic. cit. 357 8g.) fra due vacüj analogamente a M. VIII
16 — 17 vad etnam e XI 4 vad hexz etnam, se Unam sta a
etnam come pitrunia üruta a petrunial e dru.
2. Pertanto, sebbene i testi con vad non sembrino pre-
sentare finora spiocata e sicura somiglianza con quelli della
iscrizione capuana in cui occorre vacü, puö tornare non inutile
al futuro interprete di questa che qui si riassumano le oeser-
yazioni di fatto cui i primi danno luogo. Vale a dire primie-
ramente, quanto alla connessione di vad con dnam, pare essa
dimoetrata, oltreche dalle due frasi riferite (§ 1), si dall' essere
appunto vad e etnam le due Toci piü frequenti della Mummia,
dOTC dnam s'incontra 40 volte, si dal mancare tanto etnam,
quanto vad, nelle colonne IV e IX, laddore vad s'incontra 6
volte nella colonna VII, nella quäle etnam si presenta 16 Tolte;
inoltre tanto vad, quanto etnam paiono connessi con vinwn,
giacche leggiamo dall' un canto M. XI 2 vqcl vinum e 4 hetum
vinum Sil vady e d'altro canto troviaroo dnam e vinum associati
del pari oolle voci aima, actio ame e heiz o he%8 6; abbiamo
doe: M. XI 12. 14 e XII 1—2. 9 etnam aisna - VI 13
etnam eisna, IX ^^ 1 aisna hinOu vinum, IV 22 eiena pevax
vinum; M. VU 14 acü ame etnam^ VIII 5—6 muta-x husina
vinum paiveism acilS ame, 8 — 3 vinum afciljs ame mula hursi
(cf. VIII 3 müla hursi purudn vad); M. XI 4 vad he%z dnam,
IV 9. IX 6—7 he%se vinum r= IV 14 hm,sd vinm. lo so-
spetto del resto pur sempre (cf. Saggi e Appunti 42. 67. 71.
141, Ultima colonna della M. 6. 3« 17) che etnam designi un
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156 Elia Lattes
sacro liquido simile al vinum; che aima significhi all' in circa
'sacravit', acil ante s acüd ame circa 4n -ili ama', hexz =
hexsd circa ^faecavit' e he(c)tum (cf. hectam con aiaiun per
^uixTaitoy) circa *faecatuin'; e che fnula hu(r)8ina equivalga a
mula hursi (cf. lardia larßi, titia tiia tüi, tinia tina ecc). —
In secoDdo luogo, sembra esservi speciale relazione fra wid e
ara, giacche vediamo M. III 16— -17 e VII 17 p<id ara, VII 21.
VIII 10. X 4 vad ar, sieche sapplisoo 6. 802. 3 vacßj arS;
cf. altresi F. 2240 (tav. 41) usi are con M. VUI 9 md usi. —
Terzo, abbiamo M. V 16 — 17 vad seguito da citz, 19 citz vad,
VII 2. 3. 5 etnam dz vad (cf. XI 4 vad he%z etnam). —
Quarto, pare vctd essere connesso con äcanin ad avere richiesta
la societä di vocaboli in -in; troviamo infatti M. III lö vad
an seanin = 16 in scanin . . . ,^z (forse [he^fz, cf. sup.
vad hexz, he%sS e penezs nel cippo di Perugia A 16) vad,
X 11—12 vad s'canin, V 16 vad ßesnin, X y 2 vad cesarin.
lo conghietturo pur sempre che -tfi; diverse da in = ein s
Hm =r ei particola congiuntiva, possa tenersi per una prepo-
sizione suffissa e posposta e che äcanin possa per ayyentara
significare all' incirca 'in scamno' (cf. Saggi e App. 19 no. 30,
45. 116 ecc, Rendic. Ist. Lomb. 1894. 638 sg. p. es. favin 4n
fovea' = favUi come auOüi 'in sepulcro', ecc). Sospetto pero
che spetti altrove M. VII 16 Oezin fler vad, per confronto con
III 15 6ezi vad, con Oezine tre volte e ßezince pur tre volte.
— Quinto, incontriamo vad M. III 15 seguito e VII 2. 3. 5
preceduto da ceia, ch'e forse feminile di ce (cf. Larice Larv-
eeia, Jfrceia, Hu8tileia\ nome di deita nel templum di Piaoenza
e in G. 804. 5: in tal caso bene andrebbe vad preceduto o
seguito da ceia, con £ü. 6—7 vacil leßam, perche anche leOam
e noto e certo nome di deita; inoltre bene andrebbe con M.
Vni 9 v€^l i48i, se tcsi va con usil e sta a questo come EG. 23
ri . tur . zaes . xa^ a 22 rilJur . zaee . x<^0' Sarebbe mai quindi
vacü e sarebbe vad nome di deita al pari de' loro socii leBam,
usi e probabilmente ceia? A favore sta anche la ricordata
congruenza di vad ara con uei are (Deecke emendava ar[c]e);
e sta eziandio la circostanza che in G. 802. 3 a vacß] arß
precede i cexa a .. e segne c . . . . elisva : ora cexa,
come dimostrai, spero, nei Saggi e App. 95 sq. (cf. Rendic. cit
1900. 550) fu nome di deita, e *,.eli8va riesce analoge ad
eOaus'va nota dea e a stlasva, anch' esse verisimilmente nome
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Le prime parole della grande epigrafe campano-etrusca. 157
di deita. Prova piena di siffatta condizione s'avrebbe anzi per
v€iel, 86 col Breal Mem. de la soc. de ling. IX 35 invece di
F. 2484 lasa vecu si leggesse vecl e questo si pareggiasse con
vad; ma ne tale pareggiamento per ora paö ammettersi, come
da nessuno si ammette quelle di cUn con dan, sebbene il ge-
nitivo di questo suonö dens', ne quella lezione pu5 acoettarsi,
81 perche il finale 4 si vede ben chiaro (Gorssen I 246 ta?. 7),
81 perche lasa vecu riceve conferma da Not d. Sc. 1886. 360
lasa vecuvia, da CIE. 1499 sg. vecui e da etr. lat. Begoe Ve-
ffoia. Piuttosto un ulteriore argomento per la divinita di vad
vacil Tiene forse offerto da F. 2033 bis fa 5 (cf. F. ^ p. 110
confennato per autopsia dal Deecke ap. Krall 5C' s. t.) vacl .
larO : m ri; abbiamo in Catti EC. 3 8uvacä . sipir . s'u, ossia
t?aeä fra m e s'i (cf. 1. 8 piraa e pires, 11 pire, 18 /in), come
ivi davanti $i 8U e si, e abbiamo nella M. V 10. 14 eher e'i-c
seU'C (forse 'dei Seiaque Sivaque, cf. EC. 11 isum a zudevai
a pire forse 'deorum et Zuslevae et Pirae'), e M. II 12. V 8.
Xn 2 aiserae' sem — V. 20 eiserae' s'eus' (forse 'Deae [et]
SivaeO.
3. Connesso con tn/d apparisce vadinam, noto solo da tre
luoghi della Mummia: VI 10 fra due Sezerij al primo dei
quali seguono le parole laivisca lustres' fler; VIII 1 fra esviia
e esvitij ossia preceduto da eevita (cf. emA-s, cinque volte nella
formola xie' esm-c fasei, con laiUnita o lautniOa feminile di
laiutni)y congiunto mediante la particola ^ al nome di deita
cuU'cva^ e parimeute seguito depo epeiri etnam e depo la par-
ticola ic (cf. i% ine ininc) da esvüi enas ; XII 9 preceduto
dalla dfra per *cinque' (|||||), che VII 12 precede ugualmente
all' analoge ^npnqrß, al quäle segue ivi e XI 14 ßeean, nome
della dea Aurora, al modo che a vadinam segne fi? ctds'cva.
Cosi pure M. y B all' analoge caUUnam precede il numerale
du, preceduto da putnam, che il confronto con pute (nove volte)
puls (M. XII 4 e G. 799. 6) mostra essere diverse (cf. i genti-
lizii ecnatna venatnal ecc. con ecnat venate ecc.); a putnam
precedono poi le parole neri canva carsi, di cui per lo meno
le prime due sono verisimilmente nomi di deita (Saggi e App.
HO 8g. e cf. lat. Nerio). Cosi ancora l'analogo suntnam sta
M. XI 13 fra tuxla-e eßri e ce%a, dove questo, come gia si
awertiy e nome di deita e tu(n)x(u)la'C probabilmente e parola
numerale (cf. eufyjßulem ßun du). — Avendosi M. VIII 16—17
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158 Elia Lattes
f>ad etnam, conghietturo il Deecke ap. Krall s. y. che 4nam
in vacUnam e calatnam si potesse ricondurre a etnam; tale
spiegazione proposi anch' io Saggi e App. 136 sg., e 1a rin-
saldai osservando, fra Tattro, che come davanti a vncünam e
enteum sta la cifra per 'cinque', cosi abbiamo M. VII 5 la
cifra QD, ossia O — 1000, in fine di una linea dove occorre
etnam, linea preceduta da tre altre, nelle quali pure si legge etnam;
e furono forse piu di tre, giacchg ad esse precede una di cui
quasi nulla piu si legge, mentre poi mancano prima chi se
quante altre. Appresso per6 venne alla luce l'epigrafe etms-
cheggiante (Hermes, 31. 467) di Novilara, dove 1. 8 — 9 incon-
trasi kalatnenia, affine, come sembra, di calatnam.
4. Ritomiamo ora alle prime parole della grande iscrizione
campano-etrusca. Separate vacü, resta davanti ad esso lu che,
segnende a lacuna, potrebb' essere il residuo della parola pre-
cedente, quäle alu calu vdcialu (cf. velcialual e trepcduat) malu
(cf. Novilara 1. 6 6alü)^ aeüu crapilu, atdu apulu fulu, aplu
s'uplu, auslu (cf. trazlu-sf). Ma puö lu tenersi anche per pa-
rola intera : abbiamo infatti EG. 13 priceltUuU, 8. 28 pricipen,
22 tule, 8. 18 tuleiluc e 19 üuc (cf. 8. 18 ilucu, 14 ilueuvacil,
21 üucuper, 28 miüucve 29 ilucui)^ 14 tuleaq>e8f 19 tuleleßam;
donde risulta essere price e tule voci compiute, e pero tale
potersi reputare anche lu (cf. 30 . . . asei . /ti . . . .). 6iä del
resto un siffatto vocabolo era occorso negli epitaffii GIE. 2418
Bona : lu : anei : sepusa, dove secondo il Pauli »Zu nomen
gentile abbreviatum est«, e 3104 lar(H ^ \ tÜi : lu; per contro,
quanto a GIG. 4258 . . . j Jti cni.la., che il Pauli eraenda
lu.cqi.la. »ita ut lineae quae in principio cernuntur fortuitae
sint«, perche lo riferisce alla madre di 4259 Lartia . Caia .
Ijuci .f, osservo che il prenome lu(ci) abbreviato non s'incontrö
mai finora, e ben di rado pur l'intero lud; sieche forse m^lio
si leggera lucni^ quäle sta, per confronto con F. > 32 «= F. »
313 lucini, e si prescinderä dall' immaginata relazione coli'
epitafBo latino di Gaia» tanto meno probabile se alla lacuna
iniziale si supplisca p. es. con [0]q(na) e si ravvisi Tavanzo
di un a nelle linee che si suppongono fortuite. — Abbiamo
poi GIE. *3244 lu : venOace, uno »titulorum spuriorum« che
»ex eadem fabrica Glusina originem ducere et simiUtudine
quadam inter se vocabulorum, ut ita dicam, ficticiorum et litte-
rarum ductu probatur« (Pauli): me ne tutti falsi roi paiono
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Le prime parole della grande epigrafe campano-etrusca. 159
quei titoli, ne totto parmi falso ne' titoli falsi (cf. Studi ital.
di filol. clafis. VII 489 — 492); e torna in ogni caso notevole che
anche *3243 : le : sa | xma (Pauli sa . . .. xnia ), coUa prima
a capoYolta, come la seconda di *3242 iatifa e come quella
di F. 2481 frumaße, ooncorda con EC. 2 9a%nel . ., se leggasi
Mfne l[e]; il quäle le poi, che ritorna *3290 le : teti : lania :
tinei, occorre in EG. 5. 6. 19 rizüe, secondo risulta da 19
risnmaHy b picaa ,ri .sav 3 rüeOatn, 21 rieleBam e 19 rtzüe-
ziziriin; arroge forse mani le in *3262 manüe .tiniani.eme
di oontro a lari U in Mns. ital. di ant. class. I 363 mimvlu'
larile züitnlax (cf. mi, mulu, lari, mla% e EC. 5. 6. 19. 21 zi
con 19 zi-z e 18 lue). Va eziandio forse con lu, e ne diffe-
risce solo graficamente, luu della lamina di Campiglia, Not d.
Sc. 1895. 339, 1. 8—9 ßapifUa.ie'.eeusn .inpa.eapicun.i \
bm.Bapieun .ee$\zerie', se non si.tratti di üuu; e si scam-
biera föne Ince a suo tempo con lu 1a Yoce InSti di M. VI
14 — 15 fikro/e tine'in e'arve luBti, dove twe'in lußti richiama
CIE. 371 Uns' lut, che perö inclino a credere diverso e da
hMi e Ask lu, e mando piuttosto con F. 2095 Bulutfr (ossia
Bu luter) e con GIE. 3879 lutni (cf. CIL. XI 2045 Ludniae).
Bens! Boggerisce forse lu&ti l'integrazione lußfti] nelP epigrafe,
Not d. 8c. 1887. 438, aließi : frad tezis : lud,., (cf.
Bngge Etr. u. Arm. 92 sg.) scritta intemo al foro di nna lam-
pada aretina; del resto luBti e luB.,. potranno anche man-
darsi co i dae lursd del piombo di Magliano.
5. Rimane e'uxu . . . o ewjii^ . . .; dove anzitutto non ri-
pugna alP etrusco suxu come vocabolo coropleto, foggiato al
modo di zu^u uxu au%u axu, zvjku lixu eerixu; cf. altresl hucu
apucu-s, eaeu, cecu lecu precu, vdicu Oanicu muOiku-e', carcu
freu vescu (cf. Üsct) eencu. Torna perb piü probabile, dato
lo Stile della nostra epigrafe, si debba s'uxu . . o e'uxua scom-
porre in e'u e x^. Invero anzitutto e'u fra due interpunzioni
8'ha alla 1. 3 preceduto da eu vacü s'i pir, dove incontriamo
on altro 9U, yeridmilmente non diverso, salvoche sotto il ri-
spetto graficoy dallo e'u testi detto, perche del pari allato a e't
(cf. 18 e'in come nella Mummia) troyiamo si in 1. 11 eiricimu
(cf. 3. 2 ri con 32 ri^z, il numerale ci e F. 2269 Ati = F. i 72
inu confermato da F. > 43 mo; inoltre abbiamo ]. 4 ie' e 61
is, oltreche -ae' -ie' allato ad -a5 -m (1. 5 lunae', 19. 21 prie',
5. 6 picae, 16 tudiuras =17 [najciurae, 19 lis). Forse poi
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160 £lia Lattes Le prime parole della grande epigrafe etc.
s'u e SU non differirono« salvoche riguardo alla grafia, da zu
che incontrasi 1. 27 ziicexinilaiei (cf. 9. 11. 23 zu-s, cexa cexe
e forse 50—51 [cJexi-Sj 24 laief) : iD&tti gia ricordammo (cf.
§ 4) analogamente si si zi; cosi pure 1. 35 2^ e 22. 28 sal,
come M. X 20. 21 zal e VII 7. XII 11 sal; cosi ancora ac-
canto a W -o« e -ia As teste veduti, 1. 19 zi-z e 32 zi-z;
cosi del resto gia in altre note epigrafi etrusche p. es. s'uei
zuci, s'ulus zulus', dis'u (Novilara tisu) ßizu, sane zanes' s'arve
zarvfi, salvi zalvi, sece zec, seri zeri, atdes aules aulez, tes des
tez, cainis' cainiz, casnis' casniz, cealxus cealxus cealxuz (tutti
tre nelle Mammia), veW vds vdz, carssri heezri, hsmsince de-
zince (eDtrambi nella Mummia), eapsnas capsna capzna, pus'na
puizna, felsnal feizncU. D'altronde appunto neu' alfabeto
etrusco del vaso nolano F. 2767 in luogo dell' elemento s',
vedesi ripetuto l'elemento z^ come in luogo del qp s' ha il r in
apparenza e in realta il f latino (cf. p. es. CIE. 2421 nasBatnei
velzncd apparenti per mandatnei fdznal, F. 2168 vulunice appa-
rente per fuluniee con f latino invece del normale f etrusco),
e come nelP altro alfabeto campano-etrusco F. 2766 in luogo
dell' elemento k vedesi ripetuto l'elemento c.
Quanto poi a j^.. o x*^**-; 1a 1* 52 %ei.e0.)m: oi mostra
%u vocabolo perfetto, quäle apparisce altresi da 1. 8 jmper e 10
%uscuv per confronto con 21 üucuper, 19 üuc.uper, 8. 18 ilueu,
Not. d. Sc. 1887. 17 peras da solo au vaso di Nola, 7 sul.
scuvunemar, M. VUI 11. X ^^ 6 Bull. Inst 1882. 244 uns, M.
X 3 marem. Incontriamo poi 1. 18 x^.s^x^^ ^ 25 %ad.ce:
Iq-TM^f <love xues (cf. 24 — 25. 30 zae.s con 22. 23 zaes) e
XuO ben si possono stimare rispettivamente il genitivo e il lo-
cativo singolare di xu per confronto da una parte con 1. 8
pires e 3 pir^ 21 tules-atu (cf. 2 ai, 35 aie, 20 aius, 12 aium
incerto) e 9. 10—11 M, d'altra parte con F. 1 419—420
s'udiß — F. 2335 suditi 4n sepulcro' locativo di suOi; cf.
altresi M. VHI 8 zineti ratnueß e VI 5 hatiupeOi laeti con
VI 3. X 6 Kampes, XI ^^ 5 hamtpes, X 6 laes, come £C. 28
tideti e 21 tules teste allegato. Come poi xue8 x^f ^^^ ^-
23. 25. 30 zaes (0 zae.s) x^f 27 tae.s ^ad, 56—57 esares xaO
(scritto esare v s al modo che zae.e e tae.s), Infine fra' rari
esempli di %- per c- iniziale avendosi x^^^^^ V^^ ^^ Quari%$3
(cf. xarM2{(i«'), gioverä per x*^ ricordare CIE. 446 M. X 4 (in-
certo) XII 12 cfi-5; probabilmente nome di deita, forse attestato
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W. Stschepkin Anzeige. 161
anche dal nome del dio retioo-latino Cualanus (Due iscr. prerom.
63. 77, Rendic. Ist Lomb. 1900. 367).
Milano. Elia LaUen.
W. N. Stschepkin. Über die spräche der altslovenischen
Savvina Kniga.
Im letzten hefte des archivs für elaviaohe philologie, bd.
XXII. 247 — 255, erschien eine anzeige meines buches über die
spräche der altslovenischen Bawina Kniga. Diese anzeige, die
von einem jüngeren österreichischen Slavisten, Herrn V. Vondräk
stammt, giebt zu einigen recht ernsten einwendungen anläse. In
ihr überwiegt das polemische dement dermassen, dass der Verfasser
einer sachlichen besprechung der von mir erörterten fragen wo
möglich ganz aus dem wege geht. Er scheint es meistentheils
nicht angezeigt zu finden, seine höchst allgemein gehaltenen rügen
mit beispielen zu bekräftigen.
So fertigt z. b. Vondiak die einleitung meines buches, welche
die hauptresultate meiner arbeit zusammenfasst, mit folgendem
echt lakonischen satze ab: „In derselben ist vieles, was besser
ungedruckt bliebe" (s. 249). Ein Schlussresultat meiner beob-
achtungen, die behauptung, der schreiber der Savvina Kniga
habe seiner mundart überall recht entschlossenen ausdruck ge-
geben, sucht Vondrak mit ein paar billigen witzen zu beantworten.
Inzwischen stützt sich meine erwähnte behauptung auf recht viele
specielle gründe, die im buche selbst bei der Untersuchung der
lautbezeichnung schritt für schritt dargelegt werden und von einer
anzeige, die in einer ernsteren wissenschaftlichen schrift erscheint,
nicht schlechtweg todtgesch wiegen werden sollten.
8. 247 behauptet Vondrak wörtlich folgendes: „Nebstbei
macht vieles, was uns da geboten wird, auf uns den eindruck,
als ob der reelle boden der thatsachen verlassen und man lieber
mit einer art imaginärer grossen auf dem gebiete der Sprach-
wissenschaft arbeiten würde, ja es hört diese Wissenschaft bet-
nahe auf, eine Sprachwissenschaft zu sein, sie grenzt schon hart
an eine art uns vollständig unverständliche metaphysik''. Von-
drak unterlässt es auch hiei an beispielen zu erläutern, worin
diese metaphysik eigentlich besteht. Sonst hätte ein unbefan-
gener leser gleich erkannt, dass es sich nur um solche fragen
der lautphysiologie und lautlehre handelt, welche in Deutschland,
auf dem gebiete der indogermanischen Sprachwissenschaft, nament-
lich seit ihrer zweiten aufblüte, unumwunden gepflogen und er-
örtert werden. Die Slavistik hat noch leider nicht überall das
glück gehabt, in den kreis dieser sprachwissenschaftlichen eut-
Btttriftt t. knad« d. üul«. tpiaslMa. XXVI. \\
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162 W. N. Stschepkin
Wickelung gezogen su sein, und darin liegt vielleicht der haupt-
grund jener wiederholten klagen Vondraks über die Unklarheit
meiner erörterungen.
Die Verständlichkeit einer schrift hängt jedenfalls ebensoviel
vom schreibenden wie vom lesenden ab. Fast könnte es nämlich
scheinen, der recensent habe das buch nur flüchtig durchblättert,
oder er beherrsche die russische spräche nur dürftig. In der
vorrede, ganz vorne, (s. XII) sage ich z. b. ausdrücklich, dass
ich mich mit i autgesetzlichen fragen befasse und vor allem das
Schicksal der sla vischen halbvocale untersuche. Und dennoch
wundert sich Vondrak zweimal (s. 248 u. 249) nicht auch an-
deres in meinem buche zu finden, namentlich keine analyse des
Wortschatzes oder der slavischen redaktion der Übersetzung des
evangeliums. S. 250 ergeht sich Vondrak in pathetischen rodens-
arten, um am ende zu erklären, dass ich mich vor dem zuge-
ständnias des höheren alters der Glagolica vor der Cyrillica —
scheue. In der vorrede meines buches (s. II), deute ich an, dass
ich die hohe Wahrscheinlichkeit dieser hypothese S^fafik^s in
vollem masse anerkenne und nur die Verwahrung mache, dass
ich die Wahrscheinlichkeit eines directen glagolititchen Originals
der cyrillischen Savvina Kniga methodologisch nicht als eine
neue stütze jener hypothese betrachten kann. Die vielen und
verschiedenen beweise für das glagolitische original des denkmals
scheint Vondrak auch übersehen zu haben, denn er redet nur
von einem (s. 251), der ihm missföllt, und fordert andere, die er
in meinem buche hätte finden können. Nicht besser steht es,
wenn Vondrak behauptet (e. 252), ich wäre nicht näher auf die
bedingungen eingegangen, unter welchen die vocalisation der
altslovenischen halbvocale stattfindet. Ich hätte nur darüber die
Worte fallen lassen, die bedingungen seien dieselben, wie im
Russischen. Diese worte stehen wirklich auf s. 107 meines
buches. Doch es folgt weiter (s. 169 — 186) ein grösseres kapitel,
wo ich diese äusserung berichtige und die bedingungen der voca-
lisation in den einzelnen slavischen sprachen eingebend betrachte.
Etwas ganz ähnliches wiederholt sich, wenn Vondrak auf die
formen der parücipia ein> laßw, emane kctßcrgtg (für gewöhn-
liches altslovenisches kmi,, HMtime) zu reden kommt. Er verwirft
die möglichkeit, dass e- dieser formen sei lautgesetzlich aus jb-
entstanden, denn er glaubt annehmen zu müssen, jedes jb (besser
wäre es, von ältestem j|Y- und i- auszugehen) im anfange des wertes
wäre bereits „in den allerersten anfangen des Slavischen'' zu f
geworden. Vondrak theilt uns mit, em,) eM-biue beruhe auf ana-
logie von Seiten solcher composita wie evi-emi, vbs-eM-bine. Diese
möglichkeit wird auch in meinem buche erwähnt (s. 305). Dabei
übersieht aber Vondrak gänzlich, was ich in den berichtigungen
(s. 306) für den vorzug der rein lautgesetzlichen erklärung von
em» anführe. Die slavischen sprachen scheinen nämlioh darauf
zu weisen, dass im anfange des wertes nicht jedes jh (» j|t- u. t) ge-
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Anzeige. 183
nieinslavisch zu % wurde. Es müssen eben schon in der sla vischen Ur-
sprache zweierlei halbvocale unterschieden werden: geschwächte
vor Silben mit volllautenden vocalen und stärkeren halbvocalen,
stärkere — vor silben mit geschwächten halb vocalen. In der
einzelentwickelung der slavischen sprachen unterlagen die ge-
schwächten halbvocale meietentheils dem Schwunde, die stärkeren
— der vocalisation, d. i. einer dehnung bis zum kurzen voUlaut-
vocal mit änderung der unbestimmten, durch reduction hervorge-
rufenen qualität, in eine bestimmte. Nur gemeinslavisches jtr-
mit geschwächtem h scheint zu t geworden zu sein, jit- mit stär-
kerem h ging wohl unverändert in die einzelnen sprachen über,
um im Serbokroatischen und theilweise im Slovenischen zu ja-,
in den übrigen slavischen sprachen zu je- zu werden.
öfters wirft mir Vondrak vor, ich hätte nicht den muth
gehabt eine bestimmte meinung zu wählen. Ich habe allerdings
viele fragen angeregt ohne mir einzubilden, vor ihrer endgültigen
lösung zu stehen. Vondrak scheint es aber nicht zu ahnen, dass
die all wissen heit bei einem forscher nichts gutes zu bedeuten hat.
Der geist der Unfehlbarkeit weht uns auch aus allem entgegen,
was Vondrak neues oder festgestelltes vorzutragen glaubt.
Die Probleme vom Ursprung des slavischen schriftthums und
von der heimath des Altslovenischen stehen für alle slavisten
als wichtige kulturfragen da. Aber ohne die waffe der neueren
vergleichenden Sprachwissenschaft geht ein theil der slavisten wie
echte antiquarienliebhaber zur lösung dieser fragen. Tiefsinnige
paläographische und lexicalische erwägungen dienen nach wie vor
als hauptmittel fttr die starren geister. Und es wird mit längst
verbrauchten Zauberformeln ewig neu ein unaufhörliches ödtes
spiel getrieben. Ein beispiel, das ich der anzeige Vondraks ent-
nehme, möge genügen.
8. 249 belehrt uns Vondrak über den localursprung der
Sawina Eniga:. sie soll irgendwo in der nähe der slovakisch-
nissischen Sprachgrenze entstanden sein, einst habe der gelehrte
geradezu ans russische gebiet gedacht Wir erinnern uns
wirklich Vondraks launenhafter gedankenäusserung über den Ur-
sprung der Savvina Kniga und der Suprasler handschrift, der
beiden grösseren cyrillischen denkmäler des Altslovenischen aus
dem XL Jahrhundert. Wir waren jedoch auf die neuerliche auf-
erstehung solcher meinungen nicht gefasst. Denn für einen
Philologen, der in die beechaffenheit der altrussischen redaction
des Altslovenischen festen einblick gewonnen hat, bleibt die
russische herkunft der beiden letzterwähnten handschriften des
reinen Altslovenisch einfach ausgeschlossen. Vondrak eehört
aber augenscheinlich zu einer art slavisten, die für die feineren
lautlichen eigenscbaften der mundarten, wie sie aus den ältesten
quellen des Slavischen zu uns reden, keinen sinn hat. Todt
schmnen ihn diese alten pergamente anzustarren. Für ihn ist
auch daher die geographische fixirung eines denkmals sehr leicht;
11*
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164 W. N. Stschepkin
sie wird einfach nach vereinzelten, zufälligen und meist willkür-
lich erklärten merkmalen yorgenommen. So auch in unserem
falle. Denn es glaubt Vondrak, es könnte der ausdruck bi> nKsoeAA
eis ftavdoxBiov Luc. X 84 — statt bt, roCTiHHi^ der anderen
denkmäler — für die Savvina Kniga die nähe des slovakischen
oder kleinrussischen gebietes verrathen! (s. 249). Wer so was
behauptet, der operirt — und zwar im besten falle — mit argu-
mentis a silentio. Denn, gesetzt das wort rocoo^a »herberge« findet
sich in den jetzigen südslavischen sprachen garnicht wieder; ist
das ein logischer grund anzunehmen, das wort wäre auch nicht
altsloTenisch ? Ist damit wirklich bewiesen, die altslovenische
mundart der brüder CyTillus und Methodius, oder eine der vielen
mundarten späterer abschreiber aus den Jahrhunderten IX — XI
hätten das wort nie gekannt? Hat nicht schon Drinoff darauf
aufmerksam gemacht, wie vermeintliche Paunonismen oder Mora-
vismen sich zuweilen in den lebenden mundarten des Bulgari-
schen wiederfinden? Geben wir jedoch zu, das wort n>cnoAA sei
zweifelsohne ausschliesslich westslavisch (den dialectischen an-
strich des Kleinrussischen mitgerechnet) ; darf deswegen ein ernster
forscher sich aus den vielen möglichkeiten nur die eine heraus
nehmen, dass ein altslovenisches denkmal, welches das wort
rocno^a enthält, selbst an der westslavischen Sprachgrenze ent-
standen ist? Und wie wäre noch diese unklare Vorstellung zu
verstehen? Meint Vondrak, dass der Schreiber der Savvina
Kniga ein Westslave war? Dies ist ebensowenig möglich, wie,
dass er ein Russe war. Oder glaubt er, der Schreiber redete eine
altslovenische mundart Nordungarns, die noch im XI. Jahrhundert
ihr dasein fristete? In diesem falle dürften wir verlangen, dass
der dialect der Savvina Kniga auch in seinem lautsystem wenig-
stens etwas historische Verwandschaft mit dem Westslavischen
aufwiese, wie es bei den glagolitischen Kijewer blättern der fall
ist^ deren echt altslovenische mundart das organische merkmal
tj, k't «- c, dj — z, stj, sU — öd aufweist *). Davon ist aber
in der mundart der Savvina Kniga keine spur. Denn wenn sich
Vondrak noch auf die paar mal vorkommende endung 3. sing,
plur. praes. -Tb statt .n» zu stützen glaubt, so beweist diese en-
dung — man deute sie, wie man will — herzlich wenig; sie ist
ja auch aus dem Zographos-evangelium bekannt, ganz zu schweigen
von den Novgoroder blättern und von dem Ostromir, wo man
sie freilich — und zwar unbeholfen genug — als lauter Rus-
1) Im archiv für slavisehe philologie bd. XX. 1—18 u. bd. XXII.
39»45, kehrt sich Jagic mit aller möglichen energie gegen diese ansieht
MikIoaich*8 und Fortunators, die auch ich für die allein mögliche halte.
Japic hält die phonetik der Eijewer blätter für eine künstliche oonta-
mination von Altslovenisch und Mährisch. Der streit um die Kijewer
blätter spitzt sich so einer methodologischen principienfrage zu. An
einem anderen orte hoffe ich darzulegen, wie Jagic's beweisgrunde theils
auf dialektischen Irrwegen beruhen, theils gegen ihn reden. —
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Anzeige. 165
sismen wegdisputiren möchte. Einzelne splitter eines nordalt-
slovenischen grenzdialectes konnten übrigens sehr wohl durch die
slavische Völkerwanderung des V — VII. Jahrhunderts nach dem
Süden verschlagen werden, in eine beliebige landschaft Bulgariens
oder Macedoniens. Was sollte in diesem falle einem philologen
bei der geographischen fixirung einer solchen mundart ihr dialec-
tischer wertschätz helfen? Endlich konnte das wort rocnoA«! wie
andere mehr, während der pannonischen periode der slavischen
liturgie auf dem wege des schriftthums der altslo venischen litte-
ratursprache einverleibt worden sein. Von den vielen ist sich
Vondrak nur des einen weges bewusst und zwar nicht des
besten.
Die wissenschaftliche wie die litterarische richtuug Vondrak^s
zwingt michy bevor ich schliesse, noch zu einer an kurzer selbst-
anzeige zu greifen. Mein buch hat eine einheitliche wissenschaft-
liche aufgäbe, welche Vondrak gänzlich verschweigt: an der band
einer sprachquelle, welche mit grösserer klarheit eine lebende
altslovenische mundart des XI. Jahrhunderts zum ausdruck bringt,
unternahm ich einen historischen vergleich des altslovenischen
mit den heutigen mundarten des Bulgarischen, um auf grund
der gewonnenen thatsachen den Verwandschaftsgrad beider sprachen
festzusetzen. Der besagte vergleich hat mich zum Schlüsse ge-
führt, dass jene complicirten und langsamen processe, in denen
die lautliche Veränderung der halbvocale % und ^ bestand, im
Altslovenischen wie im Bulgarischen — so weit der vergleich
reicht — durchaus identisch waren: beide sprachen kannten die
vocalharmonie, (d. i. den Übergang von ^ zu h vor weichen und
von ft zu % vor harten silben mit volllautendem vocal oder stär-
kerem halbvocal), beide weisen die rundung des h nach den
lauten i, i, 6, M, id auf, wodurch h in dieser läge allmählich
in vielen dialecten zu ^ wurde; beide sprachen erlitten einen
frühzeitigen Schwund der geschwächten halbvocale in gewissen
consonantengruppen ; beide entwickelten dialectische Übergänge
der stärkeren halbvocale: des ^ zu o, des h zu e. In beiden
sprachen wurden die resultate aller dieser lautveränderungen auf
dem wege der analogie theils vermannigf altigt, theils ausgeglichen
und zwar auf nämliche weise in den nämlichen grammatischen
kategorien. Die aus der ganzen entwickelung der halbvocale
resultirende dialectische gliederung beider sprachen war durchaus
dieselbe. Es zerfielen nämlich beide in drei hauptdialecte, deren
erster gar keine vocalisirung der halbvocale kannte, der zweite
beide halbvocale vocalisirte: ^ zn o, h zu e, der dritte % behielt
(d. h. die qualität des lautes, denn quantitativ wurde der halb-
vocal auch hier zum kurzen volUautvocal) und nur h zu e ver-
änderte. Der erste dialect, noch erhalten in den vorlagen des
Zographos-evangelium's und des Ostromirs, dann in der Savvina
Kniga und in einem theile der Suprasler handschrift, verschwand
früh, indem er wahrscheinlich in den beiden andern unterging;
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166 A. Bezzenberger
der zweite lebt noch im Macedonisch-bulgarischen, der dritte im
ORtbuIgariächen fort. Nach dem inhalte der besprochenen laut-
lichen processe zu schliessen, musste ihre entfaltung gewiss einige
Jahrhunderte in anspruch nehmen. Während dieser Zeitspanne
besassen also Altslo venisch und Bulgarisch ein einheitliches terri-
torium und wir können nicht umhin sie als dialecte einer
einheitlichen spräche zu betrachten. Das liturgische Altslovenisoh
des IX. Jahrhunderts — soweit es aus quellen des XI. erschlossen
werden kann, — weist in seinen wesentlichen, spraohgesohicht-
liehen lautmerkmalen die meisten verwandtschaftszüge mit jenen
südostmacedoni sehen mundarten auf, deren eine, die von Suche,
von Oblak (Macedonische Studien, Wien 1896) beschrieben wurde.
Es ist kaum zu bezweifeln, dass die mundart der slavenapostel
in den bereich dieses südostmacedönischen dialectes fiel. Ob der
letzte zur zeit der entstehung des slavischen schriftthums weiter
nach Westen und bis nach Thessalonich reichte, oder ob er den
beiden brüdern aus anderen Ursachen gelaufig war, bleibt vor-
läufig dahingestellt, ist auch von keinem belang. So weit mit
der geographischen fizirung des Altslo venisohen. Wer heute ein
mehr anstrebt, und zwar nicht an der band der dialectischen
lautgeschichte , läuft gefahr, die pfade der Wissenschaft zu ver-
lassen und in der luft zn schweben.
Timonino; den ^^^4^' 1900.
2. juli
W. Stschepkin.
Etymologien.
1. In der erkläruug von got. aurahi „grab, grabstätte'' ist
man bisher über J. Grimm Kl. Schriften II 243 nicht hinaua-
gekoromen, dessen gleichstellung von aurahi und urc^us in-
dessen keinen beifall gefunden hat. Sollte aurahi nicht ver-
wandt sein mit lat. Oreus? Wegen der Überlieferung und der
älteren erklärungen dieses namens s. Prelle r -Jordan Rom.
mythologie II 62 f.
2. Wie lett. lidf, nordlit. lyg ,,bis'' zu lit. l^us „gleich, eben''
verhält sich begrifflich lit. ik\, Ik „bis" (ikiköl, iköl „bis dann",
iksziöl „bisher", iktdl „bis dahin", ikmetis, ikmetingas „zeitlich",
„doczesny") zu lat. aequus, skr. ika „einer". Den bedeutungen
dieser wörter ordnet sich auch der gebrauch des lettischen und
preussiscbeu verallgemeinernden präfixes ik unter (Idtt. Ucdinas
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Etymologien. 1B7
„täglich", ikkairs „ein jeder*^ iktdns dass. [lit. ikw'^nas bei
Miezinis vermutlich hieraus entlehnt], pr. ikai, ickai „wann,
ob''), und ich trage daher kein bedenken, halt, ila, ik mit aequm,
Ika etymologisch zu verbinden. Vgl. Bielenstein IiOtt.
spräche II 104 und wegen des von ihm berücksichtigten lit.
jikus, iku8 Brückner Lituslav. Studien I 87.
Andere verwandte von lat. aequus sind möglicherweise lit.
aiksztus (aus aiq9S'fu-s) „eben, weit, geräumig**, aikszte „ebene
flache, horizont** (bei Bretken „hof", „dimstis^*), vgl. lat. aequor.
Ich halte es indessen für nicht unmöglich, dass diese Wörter
mit dhzkus (fszkus) „deutlich** zusammenhängen. Vgl. lit.
laükas : gr. Xsvaow,
3. Griechisch diaivw „ich benetze*' (bildung wie fiiaivw^
Wurzel mevch) gehört zu dem gleichbedeutenden d«tai, womit man
längst ahd. zawa „tinctura**, zatcjan „tingere" verbunden hat.
4. Lit dinuftis „hof, gut'* und „hofraum au den gebäuden"
(so in der Bretkenschen bibelübersetzung II Mos. 27. 9). fem.,
aus dam-sfo^ „haus-stelle" vgl. gr. ödfi-oQ u. s. w. „des hauses
waltend" (J. Schmidt Neutra s. 221 f.) und an. riau-st „8chi£P-
schuppen** u. s. w. (ebenda s. 346). Der übertritt* von d^fn-sto-
in die t-deklination bedarf in hin blick auf die litauischen com-
positionsregeln kaum einer erläuterung. Über lit tiamal, woraus
J. Schmidt eine schwache form von do/aog folgern will, s. HB.
XXI 303 anm.
5. gr. qfiaQog, qaegog „leuchtend, glänzend, hell", dann
„fett, strotzend", <piagvvei' hxfinqvvu (Hesych) aus *q)ioaQd-gj
vgl. g>ai(o)6g „dämmerig**, lett gdütchs „hell, klar, leuchtend".
Man brachte den ablaut ai i i; das g> ist aus g>aia' über-
nommen.
6. Ags. beorcian „bellen", engl, bark, an. berkja „bellen,
poltern, toben" : zem. burgeii „unfreundlich sein, brummen,
zanken**, burgkms „brummbart**, lett bdrgs „streng, hart, un-
freundlich, unbarmherzig**. Anders Zupitza Gutturale s. 160.
Als Wurzel vermute ich bhereg, wozu auch an. braka „pras-
sein, krachen**, ahd. prciht „lärm** gehören können.
7. Wörter wie nhd. schenken, bescheren, besehiedeti, ags.
bryttian mit ihren ganz klaren bedeutungsentwicklungen geben das
recht, lit. UnUi „gewähren** (laima lemö saulüzös denät§ Schleicher
Lesebuch s. 8) „bestimmen**, lett nü-lemt „bestimmen, verfügen,
urteilen, prüfen" zu asl. lomüi „brechen", apr. limtwei dass.,
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168 Brunnhofer Nachtrag.
lett. iknt ,, zusammenbrechen", gr. vtolefiig „unablässig" zu
stellen, und da hierdurch Ihnti, nü-lemt den ihnen bisher feh-
lenden anschluss in dem lituslavischen sprachenkreis gewinnen,
lamiti u. s. w. aber ein litauisches etymon erhalten, und end-
lich Wörter wie limti und limtwei ohne zwingende noth nicht
von einander gerissen werden dürfen, so empfiehlt sich diese
Zusammenstellung in jeder hinsieht. Die ursprüngliche bedeu-
tung von limti mag „(einem ein stück brot) brechen'^ gewesen
sein. Die besondere beziehung des wertes zu Gott und dem
Schicksal kann durch den anklang an Idima veranlasst sein,
braucht aber keinesfalls ursprünglich in ihm gelegen zu haben.
Vgl. den gebrauch von lit. WcH, lett. likt : tatai Diewo likta
Br. P. 97, Ponas Diewas likens ira das. 130.
Dasselbe begriffliche Verhältnis wie Umti und limtwei zeigen
skr. bhdjati „austeilen" und bhandkii „brechen", und ich sehe
keinen triftigen grund, dasselbe hier anders zu beurteilen als
dort.
8. Asl. ob-redi „invenire, acquirere", su-resii „obviam fieri"
(präs. -r^fq), russ. obresti (präs. ohriiü) „finden, erwerben, an-
eignen, erlangen" : su-rhli (prät. süriczau) „erwischen, ab-
fassen" (Lit. forschungen s. 163).
9. Griech. oiZvg „weh, Jammer, Unglück" aus o*i*d;r-g, 6-/«d;iJ-g
scheint im ablaut zu lett. waiddt „wehklagen, klagen, jammern",
waidi „wehklage, Jammer, not" zu stehen und hiermit zu
lett. trai „wehe, ach", got. rai, ahd. as. we, lat. V€ie zu gehören.
A, Bezzenberger.
Nachtrag.
Bezüglich kämamüta (oben pag. Sl)) macht Weber bemerk-
lich, dass er in Kuhns Ztschr., bd. VI (1857) pag. 318 eine
w. mi7, flechten, nachgewiesen habe, aus welcher müta im sinne
des skt. mugdha (w. muh), verwirrt, herrühre.
Berlin. Brunnhofer.
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^•01 Vandenhoflck A Ruprecht
Sammlung
der grieehisehen Dialekt- Inschriften.
i VI h
U. CuUkU liMM i. UmhUl.
L Band, 4 fffffr) 1S8Ä-^4. U J^
KT, 8 ..Ä m 4 ü, Ik-ft; v'i fcK-iiuecJmfUti — '* 'mi*, Achfcni
ijZH »111. 2*//.Üii4 3.-a Heft: li*lplit«dL .>)
'*f, Kli*nw»l. HfkvtM*
l\fH U ff. I'F
ll"'.l ; i;tj.Ml-
lU- S&QCl» 2 Hallte. — tV» Hi?ltj Ukouiaii, Tftnmt, llumkiaii, Mc*ti«Qi>u,
4 iM SO ^ 2. ilcfl lhei% und Mdr«. '^ JK ^0 4)
r?. Band. — iLllefi: Wortfrjumtcr «tim I, Bmde, b Jt 2, Ihtl. 1. Ai
Üiiiiiaiig: Wortrt^iarrr znm L Ht^ft tie« IL Baiitlr*. !l .^ 60 /;
{1}m» Utgitter tmü (?»rj*«Mt Tl. Bhu'^- • * -r f^rnck )
Die grieehisehen Dialekte
diirgMtellt von
Otto Hofihiaiin,
1. Band: Der sfld-acbätsche Dklekt, 1S9L H Mark.
2. Band^ Wer nonl-aeliMsche »lalekt, lHi*8. U Mark.
3* BaüJ; Her loni«ichi* Diaffkt. yuellon und LauÜilirf*.
Die efriechisehen Dialekte
Richard Meister-
Auf CruiMÜ^ii-p ih^-i Wrrke^; >Üe Gme^iie ImguU'^ iHnIecti» ed, Alireufl*
tKiu beurbtiitBt.
1, l*«i.; Asiatisch'aoiisch, Böotisch, Thtssalisoh, 0 Mk.
2. M.: Eleiscb, Arkadisch. Kyprisch* Vi*rztiLliubs© zorn Lu, 2* Bande.
_ 7 Mk.
Blass, Fr.. Grammatik des tieutestamantltclien Griachisch. 21 '^ Bog.
IK96. Slk. 0,40; gt*li. Äfk iUO.
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j.
TtrUg von V*ndenho«h A Kuprcd>t in Göttinnen.
Vorläufige Ankflndigung.
Passow
Wörterbuch der griechischen Sprache
völlig neu bearbf^^ f '-t
VOD
lOilbeltn Crönert,
lii Lieferungen . Preis euva 80 cÄ
^eit IftUgeTi Jabrzehuteu mangelt «« au tinem gricchiiiihcii lIT^Vrter«^
Uoche, ilfis die FortuebnUe der Neuzeit Jiuf dein Gi biete der SprAchwiisi^n-
«ebiift wieiiei^iihe» diL* Mftsee der inzwiacbf'ci üufgfffiit] denen Sprnebdeukmiler
berückmchtigte und die scb^Jö früber bekannte Litteralur auf linrnd der hcnte
vorbegetidea» ßortTfaltig beailicHeten neuen Ausgaben Ijenutzte* ITm die mit
jinlem Jmbre fühlbarer werdende Lik-ke wenigetena in den einem H und ba che
gcfteckteii Grtmsen ant^ulilleiif b&t Herr Dr* W Crrmert auf unseren WtnmeH
oti unternominen^ Hn neues giiecbiauhe» Wörterbueh berunnctsgebeci. Aüfi
pr«ktiHeben Gründe« iitt im Ei« verstand nis mh Herrn F C> W* Vogel in LeipÄig,
diu Wörterburh von Tiissow al« Örnndiftge gewübit worden, obwobl von dem
Alten Bestutide nur wenig wird beibebalten werden können»
TroU der unnberpebbftren ifeitge der Verbeaserimgen and Erweiterungeo
holTfifi wir, eB dnreb VervoÜkommiiun^ der Driickeinneiitttng' zu erreiehitf^ da?
neae Wörterbniüi in ^ starken Lexikofiokt^vkind en erHcbeinen ku lausen.
IH*^ sebun bcgu nnen<? Bcs&rbeitnng wird in etwa 4 Jahren zu Ende gehen,
Friibjttbr 11K>5 kann vorBUfisiehtüeb die l Lieferung: örsebeinen. l»er Brucic
wird gf^ifen Ji Jahr« lu Anspruch nehmen, der rreis etwa 80 »^ betrsgefj*
Dji acjcbeu vou Atben *u^ ein verwandtes Ußtrernebmeu angekündigt wird,
iiebien es una von Wichtigkeit, ichon Jeist diese Mitteilung xu rnaehen, fline
clwaa elogehendere Darlegung der Art und GrundsätiB uöicre» Wörterhacb^st
\Tird allen Interessenten nuf Veridngen gern jfugeanndt
Sueben tind crachienen :
Der Delphische Dialekt ^*»™ ^'- ^-jj^"?/ 1^^ ,„ ^j^.
Diese Sehrift ist die er&te erceböpfeude Monagrrapbie über den de!pbi«ebwi
Dtalskt unier ¥erwertuug allen neuen Materials.
(Grammatik des Kiuyamriesi. t^.ä^t^'^J^X
:k:i, *?jieciell <Wt5 Dialektö y*m üiiyanyfajbe, nebst eim-oi Wort-
, ichms kiny*tintit!si-fioutseli und tit/ijtscb-kio^'amüeßi.
^ Div ('• Veltön^ Lehrer <ie& 8u:iheli am Seiniiiai- h oricntuL
L->j^r:ifthen in Berlin, Gob. Mk. 10,50,
TMp Sflirpn df^r rtPllPSis v^» Lic* Hennunii «atikol, Prof.
gtt. :^K. y j^u, g^ti AiK. ii.ü^>
Dicj^^
Beiträge
zur künde der
idogermanisehen sprachen
beTäüffr^f^tieil
Dr. AdL Bewenberger md I>r. W. Prellwlte.
uuuing:€o
Vamlenhoeck und Baprocht
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Eilig Beila{j6 von Cirl Wifttcr's Ufiiv.-Buclihand(üng in Hdtdtlbtrg.
)
Inhalt
Seite
Das litauische futurum. Von A. Bezzenberger . 169
Zu den altgriechischen Ortsnamen. Von Itohert Thomaa .... 183
Etymologien. Von A. Bezzenberger ............. 187
Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. Von Giusippe Ciardi'
Dupri 188
Or. mtqoi und nQo, , Voii Hana ReicheU 223
Die etymologie von Poplicola. Von A^^ Zimmermann 228
Zum namen des zeigfingers in den indogermanischen sprachen. Von
Max Niedermann 231
Or. diaato aus ^eaistkid. Von W. Prellwitz 232
Alle für die redaction dieser Zeitschrift bestimmten Sendungen wolle
man richten an Professor Dr. Adalbert Bezzenberger^ Kifnigeberg u Pr^
Steindamm. WalUtr. Nr, 1 «. 2, oder an Gymnasial-Oberlehrer Dr. WMier
Prellwitz, Königsberg i, Pr., Mittelhufen Luiaendllee 9,
Um die Anschaffung der älteren Jahrgänge dieser Zeitschrift
zu erleichteni, haben wir den Preis
der ersten 21 Bände
Yon 210 Mark auf 134 Mark ermässigt.
Kleinere Ergänzungen (nicht einzelne Bände) nach Überein-
kommen ebenfalls zu ermässigtem Preise.
Vandenhoeck & Bupreoht
Aasgegeben im Juli 1901. Vandenlioeck b Ruprecht, Götüngen, TheatonteMM IB.
Preis 10 Mark für den Band ron 4 Höften.
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A. Bezzenberger Das litauische futumiu. 169
Dm litanische faturam.
Mit ausnähme von Ascoli ^) sehen alle, die sich in neuerer
zeit über das dorische futurum geäussert haben, in diesem
etwas von den Griechen gemachtes, oder doch eine bildung,
die erst unter ihnen „futurum" geworden sei '). Ascoli da-
gegen hält -aw und -criai für eine doublette und lässt ihre
Verschiedenheit durch verschiedene betonung bedingt sein.
Auch mir erscheint das dorische futurum als eine alte
bildung, aber nicht etwa, weil sjo- aus aejo- entstanden sein
kann, sondern weil mir genau dieselbe bildung in dem gewöhn-
lichen futurum der litauischen Schriftsprache vorzuliegen scheint
Wegen der formation und der heutigen flezion dieses
tempus verweise ich auf die grammatiken. Dass beides alt ist,
ergibt sich aus der Übereinstimmung, die der hauptsache nach
Litauisch und Lettisch in dieser hinsieht z^gen, und aus den
älteren litauischen sprachquellen. Hoswid, die Forma chrikstima
und Szyrwid bieten übereinstimmend ausschliesslich die heute
regehnässigen finiten futurformen. Als belege führe ich an 1) aus
dem katechismus von 1547 (Lit. lett. drucke I): I sing, daaiu
14i8; n Hing, prieleisi löso, ßinasy 19s, rassy 194; I plur.
karaliausim 328ti busitn 328»; U. plur. nepapeiksit, padariaäy
btmt, turesii, paßffSjft, prisiartysjft 4^0 ff. ; lU* sing. plur. bus
13i89 14i7, atmes 55i negaus ö«, nares 6*8, 2) aus der Forma
chrikstima: I. plur. buHm 42*8; II. plur. itnaU, raasite 35«,
turerite 38«, daritite 38i6, i8; UL sing. plur. bus 3öi, 428, ras
3994, 436, apturea 42tb, 9<»us 43t, negeUms 43?, padoes 438,
3) aus den Punktay sakimu: I. sing. biUnesiu 8s8, iszüausisiu
9i; II. sing, bmi 16i8, Söso; I. plur. darisime 60io, priäsime
13485» mustisime 1349«, regierime 138i8, 1448o; II. plur. i«-
wisUe 6i4, imsite, raaite 15498; III. sing. plur. bua I619, 1549,
alays, atims 3Ö8, atskirs 38i9, mdegins 38909 regier 4394.
Abgesehen von einer unwesentlichen differenz in der
III. person stimmen mit diesen formen bekanntlich genau über-
1) Sprachwissenschaftliohe briefe b. 65 f.
2) Bechtel Gott, nachriohten 1888 8. 402 ff., Brugmann Grandriss
n, 2, 8. 1101 , JohaDSSOD De derivatis verbis contract. 8. 209, Mahlow
K. Zs. XXVI 686, G. Meyer Griecb. gram. * s. 618, Solmsen K. Zs.
XXXIT 547.
Bflttrtc« s. IokUm d. üi8g. fpnoteB. XXVL 12
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170 A. Bezzenberger
ein die präsensformen der meisten litauischen verba, deren in-
finitivstamm auf e ausgeht und deren präsens, um mit Schleicher
zu reden, „mittels j gebildet ist'' — und zwar nur diese; also
z. b. myKti, L sing. präs. myliu, I. plur. präs. mylime. Auch
diese Übereinstimmung zeigen bereits die ältesten litauischen
texte. So der katechismus von 1547: L sing, iikiu Hit, 12s,
7 9 9, 11 ; II. sing, gali 619, nary IÖ89; L plur. apturim 24i0,
tikim 24», 32i, is, is (auch in dem neu gefundenen Moswidschen
text); II. plur. turü Ö91, 7i, regü öts; III. sing. plur. nar
5i, 87f., tur 5t, 10} tik 13ts, 86 = tijk 13?, miß IGigf., negal
5(9 •- negcd 7$ (daneben stawi, stawij IÖ9«). Ebenso die
Forma chrikstima: I. sing, tikiu Söss, 376,8, noru (ungenau
geschrieben) 37 10; II. sing, tiki 36s9, ss, 37 n, nwri 379; I. plur.
turim 339, 36fi, 3799, 40i , girditn 33i8, 349, negalim 369t;
IL plur. turüe 3497, neturit 38i7, 94, 4O91; III* sing. plur. hir
339,16, 36i9, 387, 3998, negal 43 1, reg 43i9 (daneben netiki
43t). Vgl. unten s. 177 anm. 1. — Da die zu dieser gruppe
gehörigen verba auf -w-eti (z. b. aw'Sti, staw'Äi) in der I. sing,
präs. auf -triu endigen, wie aunü, stöwiu, dagegen verba, die
im infinitiv auf -au-ti ausgehen und deren präsens gleichfalls
mit j gebildet ist, in derselben form die endung -auju haben,
wie keliäuti : kdiduju *) (aber I. sing, prät kdiawaü) , so ist
hieraus geschlossen, dass in z. b. awiü und keliduju verschie-
dene bildungen vorliegen, dass dort ursprünglich ein hiatus
bestand, und dass z. b. amü ehemals atotju, oder vielmehr —
worauf das nichtpräsentische e hinweist — aweju (avdjo) ge-
lautet habe (J. Schmidt K. Zs. XXI 285 f.; Gott. gel. anzeigen
1879 s. 919 anm.; Wiedemann Handbuch der lit. spräche s. 31).
Diese aufstellung hat zwar nicht allgemeine anei-kennung
gefunden, ist aber nur von einem ihrer gegner, von Brugmann,
in einer weise behandelt, die eine präcise erwiderung zulässt *).
Nach Brugmann Grundriss II, 2 s. 1063 ff. gehören lit.
verba wie awiü : aweti zu einer classe von verben, „bei denen
dem -ib- [des präsens] ein -e- zur seite steht": dies "io- „stehe
1) In präteritis wie griöwiau ist das nach w siehende i bekanntlich
etwas ganz anderes als das t von awiü (dort tat« s eu). — Beiläafig be-
merke ich, dass in fallen wie griduti : griöwiau das iau der wnnelsilbe
für iäu steht (dagegen gduii : gdtoo),
2) Vgl. Johansson a. a. o. s. 191 , Streitberg PBB. XIY 225, ür-
germ. grammatik s. 802, Bemeoker Indogerman. forschnngen YIII 197.
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Das litauifiche futarum. 171
im Baltiflch-SlaTischen regelmässig im ablaut mit -f**^ Dem tr
TOD awiü u. 8. w. misst er keine bedeutang bei: „Für altere
zweisilbigkeit der suf&cform -io- sind aviu sraviü . . . . n. dgl.
darum nicht beweisend, weil sie durch die personen mit stamm
cuhi-, srathi- veranlasst sein können** (s« 1081).
Da lit kraijaa, naüjas b skr. hravya, ndvya sind, so hatte,
wenn Brugmann im recht wäre, an stelle von amü früher
*aujü stehen müssen. Hiervon liegt aber awiü zwar nicht nach
der zahl der laute, wohl aber nach der ausspräche so weit ab,
dass Brugmanns Vermutung über die entstehung von amk sehr
ungkubhaft ist und nur dann als maassgebender einwand be-
trachtet werden könnte, wenn er nachweisen würde, dass eine
flexion *aujü — auA, äwite dem litauischen obre jemals anstössig
gewesen wäre. Dies ist aber so wenig zuzugeben, dass diese
vermutang für mich aus der behandlung von atciü u. s. w. ganz
ausscheidet, obgleich ich, wie sich weiterhin zeigen wird, für
äwime selbst eine Stammübertragung annehme ').
Noch grösseres gewicht als hierauf lege ich aber auf an-
deres. Streitberg PBB. XIV 226 meint in bezug auf die frag-
lichen verba allerdings: „den infinitivstamm auf e, den das
Baltisch-Slavische besitzt, können wir bei seite lassen, da es
sich nur um die präsensflexion handelt*'. Unzweifelhaft darf
man die sache aber auch anders ansehen (vgl. Bartholomae
Studien z. indogerm. Sprachgeschichte II 150), und Streitberg
wird weder leugnen, dass man grundsätzlich immer versuchen
muss, die verschiedenen stamme eines verbs zu vereinigen, noch
dass in der regel ein nicht-präsentischer stamm auf B einen
präsens-stamm auf -e- oder -eje- zur seite hat. Da -«- in un-
serem falle nicht in betracht kommt, und die annähme eines
Überganges von -eje- in -i^- unbedenklich erscheint, so könnte
man es freilich unter systematischem gesichtspunkt für nicht
viel mehr als einen streit um des kaisers hart halten, ob atoiü
— awiü auf are;>- — ai«- oder auf avie- — av^ beruht
Allein die annähme einer verbalklasse der letzteren art steht
1) Beilaafig sei bemerkt, dass praseDtische plaralformen mit t vor
den personalendangen im Preassischen and Lettisohen stark gewuchert
haben (pr. pogaunimai, Mrdimüd : dinkauim€d\ lett /tmm, rtdfxm :
ITältm), im Litauischen dagegen aus berechtigten stellen verdrangt
sind {gäwMm; k&naiü, kmUH — Miesünn), und dass, soweit sie sich
ausgebreitet haben, dies nur in der bescheidensten weise geschehen ist.
12*
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172 A. Bezzenberger
auf thönernen fassen. Manches, was Brngmann für sie geltend
macht, begründet sie nicht; so ahd. dolSm (Grundriss U, 2,
8. 1064), das nicht zu lit. tyMi (präs. tyliu) gehören, sondern
seinem stamme nach mit griech. vaXai- (Fick Gott. gel. an-
zeigen 1883 8. 587) identisch sein wird (vgl. ahd. stomSn i
lat. constemaH ^) J. Schmidt Festgruss an Roth s. 18ö). In
anderen fällen erscheint in der tat neben präsentischem io (Jo)
nicht -präsentisches i, z. b. fiaivw^ e-ftcnnp^^ ^aftavrjfioi. Da
aber, wie Bruguiann nicht unerwähnt gelassen hat, neben fiaivuB
lit. menü (inf. min'äi) und neben fi^iionnejiiat fiifirpfa steht, so
lässt sich in diesen fällen ebenso wenig ein unmittelbarer Zu-
sammenhang zwischen präsens- und nichtpräsensstamm be-
haupten, wie z. b. bei ßlanita — ißhxßrjv^ ßlaßijaoftai. Ein
solcher Zusammenhang liegt aber — und dies ist für mich aus-
schlaggebend — bei awiü, äwime, aw'äi oder girdzü, gifdime,
girdeti klar am tage; eine form bedingt die andere: ständen
amü, girdzü nicht neben ato'etij gird&i, hätten diese nicht jene
zur Seite, so kämen äunme, gifdime und awiü nicht vor. Folg-
lich steckt in awiü — aweti eine konjugation, in welcher das
präsens unbedingt einen nichtpräsens-stamm auf e erfordert,
und als solche kennen wir mit Sicherheit ausschliesslich die von
z. b. q>ik€w, — Übrigens gehört, wie schon erwähnt wurde, trotz
kent&i zu kenczü keficzam (vgl. Schleicher Gram. s. 245), zu
reikUi reÜcia {regkiatnuy reykia Punktay sakimu 14s i, ISöi?).
Warum sieht Brugmann nicht hierin, sondern in atpiü, äwime
— awiti die Vertretung von ftaivoftav ifidvtiv?
Endlich fehlt vollends der nachweis einer indogermanischen
konjugations-klasse mit io(joJ : » im präsens- und e im nicht-
präsens-stamm. Brugmann vermutet sie bloss (Grundriss H, 2,
s. 1057, 1063 f.) und stützt diese Vermutung lediglich auf das
zeugniss unserer litauischen verba und der ihnen entsprechenden
altslavischen wie smrbzdq : smrbdüi — smrhdSii (lit. smirdzu z
smlrdime — amird&i). Andere werden dagegen meinen, dass
die Vereinzelung dieser konjugationsweise sehr vernehmlich für
ihre unursprünglichkeit zeuge. — Der unterschied zwischen
aslav. sfnrbdi- und lit. smirdir scheint mir für die beurteilung
1) Qkr.jänati fähre ich niobt aaf ^ffi-n«^' (vgl. Hirt Ablaut s. 98),
sondern jani-na-ti (zen9nai4i) zurück , indem ich (wie in vielen anderen
fallen) nicht in- sondern snffigplerang von nä(i) annehme. — Ebenso scheint
Brugmann a. a. o. s. 973 jänaü aafzafassen.
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Das litauische futurum. 173
des letzteren bedeutungslos zu sein (vgl. Wiedemann Lit. prä**
teritum 8. 168). Mit lat capis — attdis hängt er sicher nicht
zusammen (vgl. vielmehr die litauischen präsentia auf -ju und -yju).
Die zurückfährung von amü auf *avejö (genauer: avijö) ist
also durch Brugmann nicht erschüttert. Da|(egen ist sie (was Brug-
mann nicht zu bestreiten scheint) lautlich zulässig ^), gibt zugleich
die einzig denkbare lautliche erklärung von atptü, dSwiü, gratoiü,
slöunu, ist femer aus systematischen gründen geboten und be-
deutet endlich insofern einen erheblichen vorteil für die litaui-
sche grammatik, als sie ihr eine grosse, alte verbalklasse (griech.
qpiiUcci, (pilijaw u. s. w.) fast unberührt erhält, die ihr sonst
fehlen würde. Brugmann lässt dieselbe, ohne dass ich das
warum einsehen könnte, durch die verba auf -an- infin. -f/ti *)
▼erdrängt sein und sieht allein in wejü (infin. tvyU) ein präsens
auf -ejö, indem er es in ^-^io zerlegt (Grundriss II, 2, s. 1142 ff.).
Wäre dies richtig, so würde es die herleitung von atoiü u. s. w.
aus avijö u. s. w. doch nicht widerlegen, weil die behand-
lung einer zweisilbigen form nicht den maasstab für die beur-
teilung einer dreisilbigen abgeben kann >). Aber der etymologische
Zusammenhang, in dem wejü steht (vgl. Leskien Ablaut der
Wurzelsilben s. 288 und ausserdem skr. vdyati : vavau, uta,
gr. 696vf]f urkelt. vedd Stokes Urkelt. Sprachschatz s. 269,
1) Obgleich die beionang der singnlarformen awiü, girdzä, atri,
^rdl ihr nicht entspricht Da nämlich 1) z. b. die II. plnr. präs. dwiU,
gif diu wegen der geschleiften betonung der Wurzelsilbe nicht auf * ave-
jiU^ *girdejite beruhen können (BB XXI 295) und also beweisen, dass
z. b. *a»€ß betont war wie ai. paiägtä und 2) in inünitiven wie mf$ti
(reflex. werH^f'S) aus *vtr$Uje (vgl. ai. if^y^ tiiUye^ $Udye) keine Ver-
schiebung des hochtons auf die gestossene endsilbe stattgefunden hat
(vgL II. sing. präs. wwrÜ)^ weil solche formen früher dreisilbig waren
{^9erai^e), so sind far z. b. *a/o4jd^ *gird4fö nicht atüiü^ girdku^ sondern
*dtüiu, *girdsni zu erwarten. Da aber in der I. und II. sing, litauischer
zweisilbiger pr&sensstämme mit geschleifter (toereta') oder neutraler
{wka-) betonung der hochton sonst immer auf der endung ruht, so lag
die Verwandlung von *dwiu in amä so nahe, dass die betonung dieser
form ihrer herleitung aus *aoijd nicht ernstlich widerspricht.
2) Dieselben scheinen mir durch J. Schmidt Festgruss an Roth
8. 184 im wesentlichen erledigt zu sein.
3) Dass in aheft^ ähejo$ (skr. uhhdya) das e erhalten ist, wird durch
die analogie von dwsj\, ireß bewirkt sein, deren • durch dwejos, trSjos
gebalten wurde {dwej\ ireß [skr. dvagä, tragd] wären sonst zu dufi, trt
geworden).
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174 A. Bezzenberger
lit. äusti u. 8. w.), erweist Brugmanns erklämng dieser form
als irrig.
Besteht nun aber die erklärung von awiü durch avfjö zu
recht, so ist, wenn nicht ein zufall angenommen werden soll,
die flexion des futurutns aweaiu ganz ebenso zu erklaren, wie
die mit ihr übereinstimmende von atciü, so entspricht das nor-
male litauische futurum dem futurum doricum, so ist (aw^)8iu
die genaue litauische wiedergäbe von (ixrtgaii')aiw.
Wenn J. Schmidt Pluralbildungen s. 424 ff. diese Schlüsse
nicht gezogen hat, so kommt das wohl nur daher, dass er in
nordlitauischen formen wie süksiam die einzig echten litauischen
futurformen sieht. Diese sind aber gleich den lettischen auf
'Säm, "Sam (Lett. dialektstudien s. 164) und den nordUtauischen
auf -sam (z. b. iäksam BB. VIII 106 f.) von derselben herkunft
wie die formen auf -sim (vgl. Eurschat Gram. § 1165). Den
schlagenden beweis hierfür bietet Dowkonts zemaitische gram-
matik, indem sie an stelle aller verbalen endungen -im, -ü
die endungen -em, -et vorschreibt; also: tnüem „amamus'S
müet; müiesem, müieset; müiekem, müieket (ebenso milenuMs
part. präs. pas.); buiumem, butumet ^) (Prasmij; s. 97 ff.). Da
femer der zuweilen vorkommende optativische gebrauch des
litauischen futurums ebensowenig die optativform desselben be-
weist, wie dieselbe anwendung des griechischen futurums dies
zu einem optativ macht, so fehlt jeder äussere anlass , formen
wie dü'sim mit J. Schmidt für optat aor. zu erklären (aus
*dü8lm, vgl. skr. dis^mähi). Allein auch sonst ist diese er-
klärung zu beanstanden. Ich will nicht gegen sie einwenden,
dass das nebeneinander von -sim und -dm im Lettischen (Lett.
dialektstudien s. 164) jenem einen ausgeprägten indikativ-
Charakter gibt, denn hier könnte der schein trügen. Aber ich
muss gegen sie geltend machen, dass sie der Wahrscheinlichkeit
gar zu wenig rechnung trägt, insofern der sigmatische aorist
1) Hierneben bietet Dowkont als I. dual, busutu, btitumiau, was für
6tMUitra, hulumünoa steht and zum überfluss beweist, dass miiie$em^
hutumem für müiesiamf btdumiam eiDgetreten sind. Auch das Nord*
litauische hat im optativ die endungen -mem^ "tnst («(t)temem, tl(t)tutMi
und demgemäss IL dual. a(i)ium0t& >== -tum^tau bei Dowkont). — Rag-
niter formen wie htUum^m, btitumet (Schleicher Leseb. s. 214, 280, 238;
Mumet Mitteil, der lit. litter. gesellschaft I 66) sind aus der II. sing,
auf -Utmei {fvMtunm Schleicher Leseb. e. 236) gefolgert.
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Das litauische futurum. 175
bis auf einen kümmerlichen rest (die Dowkontschen formen auf
'Sai Geitler Lit stud. s. 60, preuss. boüsai) in den baltischen
sprachen sonst verschwunden ist, dieser rest aber auch aus
dem Optativ stammt und anders, als d'ä'sime, gebildet ist. Wie
könnte es da wahrscheinlich sein, dass ein zweiter optatiy des
»-aorists in demselben Sprachgebiet zu einem lebendigen tempus
. hätte werden können. Endlich habe ich mit Brugmann a. a. o.
8. 1101 anm. einzuwenden, dass „idg. -^ im Lit lang geblieben
wäre*' ^). Wollte man sich dem gegenüber auf die optativ-
endungen -bime, -biie berufen, welche J. Schmidt K. Zs. XXIV
305 für optativformen von hUi „fuif' erklärt (ohne sich indessen
über die entstehung ihres i deutlich auszusprechen), so würde
man hiermit nichts erreichen, denn eine lautliche Verkürzung
von F kann auch hier nicht stattgefunden haben'), und die
richtigkeit dieser erklärung ist nichts weniger als ausgemacht.
J. Schmidt hat sich zu ihr durch den gegensatz säktum4>e%
(IL sing.) — sühium-iittte etc. bestimmen lassen; aber jn den
ältesten litauischen texten fehlt derselbe (dotumbi, saugatumbij
laikitutnbi Z. geschichte d. lit. spräche s. 213, schw^umbi
Lit. lett drucke I lOts, btUumbi das. 17u, negautumbi das. 3488»
neapUgtumbi das. 36$, tccUgitumbim, giertutnbim das. 13i7, bu-
tumbim das. 19*81 ischmaitumbym, tikietumbim das. 208,», gin-
tumbim, giwentumbimj tarnauiumbim, nesektutnbim das. 2388 ff.,
pHeffnUuntbi f gedoiumbii Celichowski M. Mosswida Waitkuna
przeklad litewski u. s. w., Poznan 1897 >), pcbwisdetuinbi, apdowano-
1) Das Yon Dowkont mit Vorliebe gebratichte saffix, von dem
Geitler Lit. Studien s. 75 spricht, enthält nicht langes i, sondern einen
auf r beruhenden laut. Es ist also als -stn« anzasetzen. Vgl. Beiträge
z. geschichte der lit. spräche s. 109 anm., Gott gel. anz. 1885 s. 911
anm. nnd busena, eiuna in Mieäinis' Wörterbuch.
2) Das t von bü beurteile ich wie Wiedemann Ldt. Präteritum s. 141,
obgleich ich an der kürze des inneren i von biÜ nicht zweifle (P. F. Ruhig
Anfangsgründe der lit grammatik s. 78 und Phil. Ruhig Betrachtung
der lit. spräche s. 62 schreiben bitti). Die kürze wird aus bü in hiii einge-
drungen sein. Vielleicht ist büi überhaupt jünger als M, und dies steht
für hU9 (III. sg. med.). — Das bei Dowkont für biü vorkommende 6» (dijwas
iino kijno jautej, bi m^no werszej Dajnes s. 166) legt es nahe, auch 6tM»
lett bä auf bi : bü ,,8ein" zu beziehen. Aber ich glaube doch, dass mit
Brückner Lituslav. Studien I 72 in biU, bü das poln. byU zu sehen ist
8) In der II. plur. opt folgt Moswid im katechismus der flexion
der präsens-stamme auf-w- : üehmakiumbety atmitUumbet Lit« lett drucke
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176 A. Bezzenberger
tumbi, pastiprintumbi Lit. lett« drucke II 35ss, ts, apsamgotundfi^
palaHeituinbi das. 37 ss, gafUuttUnm das. 33«, turetumbim 34«,
sbiszüumbim das. 41 it), und -6et kann daher nicht als ein sicherer
fuhrer gelten, sondern eine der zahlreichen neubildungen des
lit. Optativs sein ^). Sind überhaupt in diesen endungen selb-
ständige verbalformen zu erkennen? Die alten lettischen formen
sarrgahf'Ubam >), sarrgahtubaht (Bielenstein Lett. spräche 11 160), .
verglichen mit Ididiba (ebenda s. 372; vgl lit. kaczeängi Z. ge-
schichte d. lit. spräche s. 267) weisen auf einen anderen weg.
Ich halte also lit. sfiksime, süksite für echte futurformen
und süksiam u. s. w. für nebenformen derselben (über ihr Ver-
hältnis s. w. u.). Aber ich gehe noch weiter, indem ich auch formen
wie dü'sme an das gewöhnliche futurum anschliesse (vgl. Schleicher
Gram. s. 227, Bechtel Lit. lett drucke III s. LXXXVU,
Wiedemann Handbuch s. 120). J. Schmidt a. a. o. wendet
hiergegen ein: „So wenig wie gedimes sein i verliert, konnte
dü'sime zu dü'sme werden''. Die möglichkeit dieses Verlustes
ist indessen nicht nur nicht zu bestreiten (vgl. die Imperativ-
formen mokikfes, walgikt u. s. w. Z. geschichte d. lit. spräche
8. 221), sondern ist in formen wie g'edimes höchst wahrschein-
lich vorgekommen. Wie Schleicher bemerkt hat (Gram. s. 246)
sind „gerade in dieser classe [g'Sdiüs, atviü u. s. w.] die alten
formen auf -mi sehr häufig''. Er schliesst hieraus, dass die
betr. verba „stammverba'^ sein. Da sie dies aber, wie J. Schmidt
selbst zuerst erkannt hat (K. Zs. XXI 285), nicht sind, musa
I 18ao9 preimiumbet ISs,, müetumheiese 16 ,. Ebenso überhaupt im plural
imperat {imküt 4i«, aiküt 35i, priUükiet S&,, tarikiem 21 n u. s. w., hukem^
dukem, garhinkem, perw^raket in dem von Gelichowski veröflfentlichten
text) — nicht aber im futuram und in den prasentien wie girdaü (vgl. oben
8. 169 f., unten s. 181 anm. 1). Die Forma chrikst anterscheidet sich hier-
von indem sie auch in der II. plnr. opt. -t- zeigt: pr%B%miumbiUt apdttmo»
tumhiU S4^, neetedüumbüe , toadüumlnt, westumhä 40^,,^ (dageg^en:
klaunkmne SS», nUUkmnoMi 84», 37 m« ^U« paklauMem 40,, d'&kem^ gat'-'
hinkem^ laupsinkem, dskawokmn 4S^ff,, Uüket SS^^^ 40, o, nedrauakst SB^^^
40]], praseMkst, Mehkokät, turukenket So«, bäckst 86i, bukst^pildik^ 42u, m).
1) -t als endnng des II. sing. opt. zeigen auch die heatigen formen
«tfuttumt (Karschat Gram. § 1168), mtf'(»)<t#mt, reßex, bij&'tumyM (Prokols).
2) Die „Disposition' bietet eeUtsbem, eeUubet a. s. w. (Königsberger
Studien I 198). — Es ist wohl nicht von bedeutung, aber immerhin zu be-
merken, dass lett. 6t^At# nicht nur I. sing. fut. ist, sondern auch die
lautliche yerlretung von lit. bueu , büczau (I. opt.) sein kann.
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Das litauische futaram. 177
z. b. siöwmi aus der flexion von Mwiu erwaohsen sein, und
ich weiss nicht, wie dies andere hätte geschehen können, als
dass siiwime, stöwite u. s. w. zu *9t6ufme, ^MwU wurden und
dadurch das präsens von stawÄi in die mi-konjugation über«
fahrten. — Allein bei der beurteilung des Terhältnisses von
dü'sme zu d^Lsime kann die lautlehre ganz ans dem spiel bleiben,
da dü'sme eine aus dem gewöhnlichen futurum erwachsene
neubildung sein kann, und zwar eine neubildnng auf grund
der ni. du' 8. Ich verzeichne einige analoge falle.
1) eüu u. 8. w.: eü BB. IX 334.
2) iviskite u. s. w., gebildet aus veZ'd(fyki u. s. w. Prusik
K. Zs. XXXm 157 f.
3) zinMU aus HnÜü (J. Schmidt bei Wiedemann Hand-
buch 8. 112); ebenso n^sztuwa (Kurschat Gram. § 1158), gaUS^
tutca (Mitteil. d. lit. litter. gesellschaft I 84) aus nhjgtü, gdUtü.
4) zinöiuwiau (Kurschat Gram. § 1159; der ausspräche
nach -h^io^äu) für kindtumiau (oben s. 174 anm. 1; vgl. Ükiau
Karschat a. a. o., bukiau Prasm^ s. 60) im anschluss an isifnatü
(für zifMuW'iau),
Zweifelhaft ist folgender fall. Szyrvnd bietet in den Punk-»
tay sakimu als endung der L plur. optat 4utne (darifume,
iureiume, eytume gc^etwne, buiume, med. iynkiumes, toadintumen
LLD. IV 8i, 32i9, 33fl, 64«, 144ii) neben 4mnüe (nicht -turnet
Schleicher Gram. s. 229) in der 11. plur. (tiktetutnite, kttdetu-
mite, eyiumite, iMgtufnüe ebenda 21s, 328s, 14797), 4umei in
der II. sing, {butumey ebenda 738i, ieytumey 986) und -tu in der
IIL (gatfletu, gaktUj butu ebenda 9t8, 13«, 34ao). -turne kann von
letzterem {-tu) aus gebildet, kann aber auch durch die aus-
stossung von -mi- vor -me- (Z. geschichte der lit spräche s. 91)
aus "tumime entstanden sein.
Die möglichkeit des hervorgebens von dü'sme, dü'swa aus
d&'s und der futurcharakter dieser formen ist daher nicht zu
bestreiten — es sei denn, dass man dü's selbst dem futurum
abspenstig machen will. Dies liegt nahe, denn es ist zweifellos
sehr merkwürdig, dass selbst die mundarten, welche ein
türij gtili (III. präs.) erhalten haben, ein düsi (III. fut.) an
sich nicht kennen i). Da aber die III. fut. im medium auf
1) So die mandart Ssyrwids. Unter verweisong anf bus, atay9 o. s. w.
oben s, 169 hebe ich ans den Punktay saldiDu hervor: I. plor. prfts. r«-
$ime 11,, 31„, 144,, turitne 29,1, 148m, U^; H* plor. ihwüe ISßi^ff.,
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178 A. Bezzenberger
'Si-s 1) endigt, so ergiebt sich hieraus, dass düs früher düai gelautet
bat ^) und nicht eine injunktivform des sigmatischen aorists ist.
J. Schmidt hat die eben erledigten formen nicht in's feld
geführt, macht dafür aber geltend, dass „die formen auf -sime
und sme nicht durchweg verschiedenen dialekten angehören",
und dass in einer erzählung aus Kakschen formen auf "Site und
'Sftf durcheinander gebraucht sind, „sonst aber in ihr kein ein-
ziges unbetontes i unterdrückt ist'^ Da aber z. b. Infinitive
auf 4'S, 4% und 4 (so z. b. in Gk>dlewa und im Ragniter dialekt),
oder die III. optat. bMü und hM (z. b. im Bagniter dialekt,
vgl. die Jurkschatschen märchen) mundartlich neben einander
vorkommen, da Schleichers gewährsmann Kumutat büium^ pa--
rddytai und fveüctumei gebraucht hat (Lesebuch s. 194, 238), so
vriderspricht das unmittelbare nebeneinander von d&'rime und
dü'sme meiner erklärung von dü'gme nicht, und ebenso wenig
tut dies die andere eben angeführte beobachtung J. Schmidts.
Ein von Jurkschat aufgezeichnetes märchen aus Galbrasten
(Mitteil. d. lit litter. gesellschaft I 83) zeigt die längeren und
kürzeren futurformen auch neben einander (bandyawa^ Upsiwa
u. s. w.) und bietet ausserdem die starke Verkürzung MnlUelk
(von trlnkteliti, sonst trlnktereti). Endlich begegnet für k&ines,
das J. Schmidt aus dem erwähnten Kakscher märchen anfahrt,
sonst oft genug Mn^ (ebenso dyumas für dywinas, doch ist
letzteres jünger), und das wort für „teufel" scheint Kumutat
nur in der synkopierten form wünits gebraucht zu haben.
Bedite 186^; part. präs. pas. reginuu lÖ^, neregimos 16»; Ili. Bing. plar.
pras. ftiri 9«, 28,, 26,,, müi 14„, pnguU 142,, 17,i, tüi 8814, 9^^^ ^^
48m, 30t fegisi 114») regin . . . regia 79,, galt 24,,, 138,, (daneben gtd
116,, negal 16„ 16,,, worin aber das weiche l zu beachten ist).
1) de$ü Panktay sakimu 81,, kiehis das. 9,, papikiinsis das. 18„,
rupinais das. 26,.
2) Man berücksichtige hierbei ausser tur, gal u. s. w. und regime
regt'S s. 177 f. anm. z. b. die behandlang der präsentischen endung 4i und
der imperativendunj; -ki. Ich grebe hierfür folgende belege 1) aas der
spräche Moswids: doeti Lit. lett. drucke I 13, » eeii das., 10,,, 11,, IS,«,
pradeetgee das. 9» — doet das. 13,, e$l das. ISi,; ^ki das. 12i,, iureki,
negimki u. s. w. das. 10,, ff. — ateik des. 12,,, dok das. 28,,, stoeykinki
ir gelbeky suesimilk arU tnuseu toieschpatie, eussimüki im Geliohowskischen
text, 2) aus den Punktay sakimu: duaeÜ 25,,, 28„, iadtioeti 16») ^^
21,41 26,,, deatie 11,, 16,, — ataduoet 16»« ntuideet 17«, 134„, prinegt
14„, ütegi aiu (aber aikUa, trokezta 16^1 megeia 14»)*
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Das litauische futurum. 179
Dfirfen hiernach d&'sitn, dü'Hatn und dUsme als echte
futorformen und sprösslinge eines und desselben Stammes
(dö80jth) gelten, so ist es nichts weniger als wahrscheinlich,
dass zwischen ostlit. büriua (— nordlit. büaoB — büsiqs Univer-
sitae linguarum Lituaniae s. 30) und schriftl. büsfS ein wesent-
licher unterschied bestehe, dass jenes «^wirkliches part fut/S
dieses aber „part. des aoriststammes büs-** sei (J. Schmidt a. a. o.
8. 426). bus^ scheint mir vielmehr für busiqs zu stehen ^) und
mit büsius identisch zu sein. Die lautliche rechtfertigung dieser
ansieht geben z. b. die von Moswid (der durchaus nicht „nieder-
litauisch"' geschrieben hat) gebrauchten formen Heideneziaa
Lit. lett. drucke I 63, kUidenczius das. 2öi», gieidenczius das.
22i, 2799, gieidenczias das. 24si, gieidenUi das. 26ii, aUeid&m,
gieidem das. 236, «, kientenezius das. 28 1?» mddenczius das.
3I»i, verglichen mit ateysts in dem Celichowskischen text (vgl.
aimenii Forma chrikstima 35 1« f.), die zugleich paiauezemp
mddzem Lit. lett drucke II 34s, se, 37 ti, wefezqs (J. Schmidt
K. Zs. XXVI 332) u. s. w. als neubildungen erscheinen lassen.
busius ist der nom. sg. masc fut act. Szyrwids (Lit. lett
drucke IV 35 le, Dictionarium unter przyfify); von gleicher art
und zugleich die einzigen partic. fut -formen, die ich ausser
btmus in den Szyrwid'schen texten gefunden habe, sind der
nom. pl. busiu und der acc. sing, numirsiunti Lit. lett. drucke
IV 107 10» 5I98. Hält man neben diese formen Szyrwids flexion
des finiten futurums (oben s. 169) und die äemaitischen partic.
fut busini, businti, busenti (Prasm^ s. 62), so liegt der verdacht
nahe, dass sie nach dem vorbild von z. b. szauk%uneio,gieydziun6iu
Lit. lett. drucke IV 33i8, 6O18 (III. präs. azaükia, geldzia) neu
gebildet seien, und dieser verdacht scheint durch turiunti das. 42ie
bestätigt zu werden. Allein diese form ist zu verwerfen, denn
Szyrwid braucht, soweit ich sehe, sonst niemals -mn^ statt
des participialen Stammausganges -int-, und seine spräche zeigt
1) Hiergnf weist auch das particip fat pas. Nach Schleicher Gram.
B. 98 und Mielcke ADfaDgsgründe (1800) s. 96 endigt es aaf -stma-«, da-
gegen nach Rnhig Anfangsgründe (1747) s. 77 Aui-sema-s, nnd eben diesen
ansgang bieten die ältesten mir bekannten belege dieser form (Beiträge
z. geschichte der lit. spräche s. 227). Er setzt gleich lett. -seham (Bielen-
stein Lett. spr. II 190 anm.) den futnrstamm auf -sia- voraus, und es
scheint, dass -sema-s fast erst vor unseren äugen unter dem eiufluss
von -sme an 'aima-s geworden sei.
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18() A. Bezzenberger
nie ia für den stammoharakter i finiter verbalformen. loh gebe
hierfür unter hinweis auf oben s. 169 (futurum), s. 177 (4umüe)
und 8. 177 anm. folgende bel^e (wenn nicht anderes angegeben
ist, aus den Punktay sakimu): iuris 7690, l^Ssi (ebenso Die-
tionarium unter bez 6iild und bezprzifgänny)^ turinSiu 77 15,
turintiemus 14öt7, turinöios 68t6, toiaaregis 8ts, regin6io 13Ö4,
wisagalis 9n, 738o, pergalin6iam 78i6, wisagälin6iami 153i8,
norini 148, 1428f; sutraukikime 152 n, duokUe, berkUe, barsti-
kiie 1409, imkite 146s8- — Diese formen ergeben aber nicht
nur die dialektwidrigkeit des angeführten turiunti, sondern
zeigen zugleich die unzulässigkeit der zurückführung von busius
auf busint' und beweisen überhaupt, dass busius seinem stamme
nach eine ursprüngliche bildung ist.
Hatte ich nun recht, süksime und sidcsiam zusammenzu-
fassen und beide formen auf einen futurstamm suksejo- zurück-
zuführen, so muss — da btisius von busiam, süksiam nicht ge-
trennt werden kann — auch busius auf einem futurstamm auf
'Sejo- beruhen, und zwar unmittelbar, ohne umwege. Dies wäre
aber unmöglich, wenn Wiedemann (Handbuch s. 31, 123) darin
vollkommen recht hätte, dass aus eje, ejo in nicht wurzelhafter
silbe im Litauischen i geworden sei. Ich erkenne dies teilweise
an, weil die meines erachtens einzig richtige beurteilung der
verba srawiü : srau^i hierzu nötigt, aber ich muss andrerseits
aus bfisius die unvermeidliche konsequenz ziehen, und kann
daher nur annehmen, dass in der angegebenen Stellung eje zu t,
eja dagegen zu ia wurde. Das einzige, was sich in sachlicher
beziehung hiergegen einwenden lässt, sind die formen sräwime,
gediitie u. s. w. (I. plur. präs.). Sie erledigen sich aber durch
die annähme, dass in der präsens« und futur-flexion von z. b.
sraweti ausgleichungen stattgefunden haben (sräwime für
sräiviame u. s. w.), und diese annähme wird nicht nur durch
busius an die band gegeben, sondern auch durch die doppel-
heiten mylim — myliam, sitksim — süksiam, die zweifellos
gefalliger aussehen, wenn man sie in einem abgeschlossenen
paradigma, als wenn man die einen, oder die anderen dieser
formen durch äussere einmischung entstanden sein lässt. Ich
nehme also an, dass früher flektiert wurde:
srawiü (aus srawejö) sratvesiu (aus srawösejö)
srawl (aus sraweje) srau>&i (aus srawösqe)
sräwia (aus sraweja) srawisia (aus si*awö8eja)
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Das litauische futurum. 181
srämame (aus srawejaniö) srawibiame (aus srawösejamö)
^srätoUe (aus srawejetö) srawiSriU (aus srawös6jetö).
Dieser flexion entsprechen büsius, attyses YoUkommen ; es
widersprechen ihr aber die ihnen zur seite stehenden partic.
präs. auf -ini- wie türp ^), die also notwendigerweise neubil-
düngen sein müssen. Die erklärung dieses gegensatzes wird in
der grösseren Seltenheit des partic. futuri zu finden sein, von
der man sich durch meine anfährungen aus den Moswidschen
texten und den Punktay sakimu bereits überzeugt haben wird.
Man wird niemanden widerlegen können, der türini- für
eine lediglich durch türite^ turl veranlasste Umbildung von
iuriatU' hält; scheinen doch auch türime, iüri ledighch durch
diese an ihre stelle gebracht zu sein. Aber, wie ich glaube,
ist bei iürint noch etwas anderes in betracht zu ziehen, und
dies ist indirekt auch für die entstehung von türime, tüH be-
deutungsvoll gewesen, denn es ist nicht wohl zu verstehen, dass
türüej türita, turl ohne äussere Unterstützung ein übergewicht über
türiame, ^türia, türiatU- gewonnen haben sollten. Ich meine die
ursprüngliche stammabstufende deklination der -n/-stämme. In
hinblick auf sie ist anzunehmen, dass in der flexion des parti-
cips z. b. der präsentia turiü, penü ehemals die stamme turianU
und turi(i)fU', penant- und peninU neben einander vorkamen.
penint^ wurde aufgegeben, da es von der sonstigen präsensflexion
von peniCi zu sehr abstach, turint- dagegen fand an turi, türiU
und türita einen halt und hob zugleich ihre Stellung. Das
ergebniss dieser Verbindung hat sich oben bereits gezeigt; in
einem teile des litauischen Sprachgebietes wurden türiame, tu-
riatoa, türia, türiarU- durch türime u. s. w. ersetzt, während
sie in dem anderen — unterstützt durch die Zweideutigkeit von
turiü, vgl. ariü : äriame — türite, türita, türinU sich annäherten •).
1) Moswid braucht roerkwürdig^erweise tikimesMm$ Lit. lett drucke
I 26(4, tikenUmntM (neben HkimM) in dem CelichowskiBchen Tedeam, sonit
in den betr. fallen nnr ^int- : ntiturinte Lit lett. dmoke I 16ia, turinHm9
das. 274, UtrineztM das. 64, iurinoziuB das. 26^1 gaiUntims das. SOx,,
itawinezUu das. 25 3«, »ortnostM Tedenm (yorwort). Die forma chrikstima
bietet: tihkißzuiu 85 m> Hkmezmwii So», vissagaliniighi 86at, ^oisBogaUni'
ioya 874, 40,9, vÜMogaliiis S7i„ 41„ naritU 86,5, 89,4.
2) Vgl. Mahlows erkl&mng von hidjan — hidan u. s. w. (Lange
▼ocale 8. 48 f.). — Ein ähnlicher aasgleich hat möglicherweise im pr&sens
von aslav. ehotHi xl s. w. stattgefunden. Vgl. lit. kenmü : kentiti.
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Id2 A. Bezzenberger
Ebenso wie türfs verhält es sich anscheinend um Dowkonts
bfisis, businti (oben s. 179). Allein ich glaube, dass diese
formen erst aus bus^, busenti (beruhend auf büsiqs, büsiantt)
entstanden sind, denn Dowkont bietet auch das seiner flexion
des finiten futurums entsprechende busenti und schreibt müis,
girdint (gerund.) im gegensatz zu anderen zemaitischen texten
(vgl. z. b. begtd^nt, beregiqnt Palangos Juze s. 10, 11, 13)
und teilweise gegen seinen eignen sonstigen Sprachgebrauch
(vgl. güintys — törentys, gölentes, nelOörenti Bud% prat.
s. 2, 3, 8). Dass in zemaitischen endsilben nicht selten i
für e (^) steht, habe ich BB. X 312 f. nachgewiesen. — Ich
stelle also Dowkonts (bu-Jais gleich Szyrwids (bu-Jsius und dem
preuss.-litauischen (bu-)8^, dessen oblique casus (jbÜ8enczovL.8.w.)
ihr e aus dem nominativ bezogen haben. Wenn ich daher bu-
sint für die entstehung von büsitnej bÜB(i) keine bedeutung bei-
messe ^)y SO ziehe ich darum doch nichts von dem zurück, was
ich oben über tiMr\s gesagt habe, sondern nehme vielmehr an,
dass die flexion von turesiu durch die von turiü beeinflnsst ist.
Um nun die ergebnisse der vorstehenden Untersuchung zu-
sammen zu fassen, so hoffe ich in ihr gezeigt zu haben:
dass litauische futurformen wie dü'siam, dü'simej dü'sme
nicht wesentlich verschieden, sondern aus einem und demselben
stamm erwachsen sind;
dass dieser stamm dem des dorischen futurums entspricht;
das das stammbildende dement des litauischen futurums
in der flexion desselben ehemals teils sia, teils si lautete;
dass sich durch konsequente durchführung von 9ia das
nordlitauische und zemaitische, dagegen von si das süd- und
ostlitauische finite futurum ergab;
dass sia sich im partic. fut. allgemein erhalten hat
Was schliesslich das verhältniss des litauischen und dori-
schen futurums zum skr. futurum auf -«ya- betrifft, so sieht
Ascoli a. a. o. in den futuren auf «90- und sjo- lediglich ver-
schiedene accenttypen. Er berührt sich hierin mit Fick, der
xQiww und das futurum xQiviw ursprünglich nur durch den
1) Dass Yon hMant- eine schwache Stammform im LitaDischen nicht
sicher nachsnweisen ist, ist vielleicht in verhindnng damit su bringen,
dass das altind. part. fat. aot den starken stamm bevorzugt. — An-
scheinend echtes -sM- liegt vor in ostlett. hytuit^ müont (gerand.) Kos-
sowski Qramatyka s 18, 22.
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Das litauische futurum. 183
aooent verschieden sein lässst (Gott gel. anz. 1881 s. 1438).
Aber diese berührung ist nur ganz äusserlich, denn während
Fick xqIwü} auf yLQivyw und xqiviio auf xi^vijw zurückfuhrt,
lässt Ascoli 'Sejo aus -sjö durch die entwicklung eines dünnen
vokales entstanden sein. Ich bedaure, ihm hierin nicht folgen
zu können, sondern erkläre das verhältniss von 'Sejo» und ^sjo-
in der oben angegebenen weise Ficks, ohne indessen seiner
aufifassung von XQiwio und %Qivi(o zuzustimmen.
Die vorstehende abhandlnng ist am 7. Oktober v. j. behufs ihrer
Teröffentlichnng herm Dr. Prellwitz übergeben. Weit spater erhielt ich
durch die gute Meillets einen aufsatz desselben, der im november v. j.
gedruckt ist und sich mit ihr eng berührt (Memoires de la societe de
liuguistiqne XI 297 ff.), aber ohne einfluss auf sie geblieben ist.
A. Bezzenherger,
Zu den altg^riechischen ortonamen.
Zu einer gesamtdarstellung der altgriechischen Ortsnamen
hat A. Fick eine grundlage geschafifen durch seine in dieser
Zeitschrift veröffentlichten aufsätze: Bd. 21, 237—286. Bd. 22,
1—76 und 222—238. Bd. 23, 1—41 und 189—244. Bd. 25,
109 — 127. Zu diesen im folgenden einige bemerkungen.
j^E^Lrofiog X6q>ög bei Gela: exvofwg übermässige^ 21,256.
Das wäre eine sonderbare benennung für eine so unbedeutende
höhe. Wir werden hier keine Zusammensetzung von ix und
vofiog haben, sondern ein von enrifiea'd'ai gebildetes adjektiv,
wie vTsovofiog von vrtwifiaox^ai stammt. Jenes verbum aber
zeigt Soph. Äi. 369 ovk aipOQifOv htvsfial noda; die bd. „hin-
aussetzen'^ und Hestych. und Suid. haben die glosse hL^epifirj'
TOI' i§^X&€v^ i^xtai. Der begriff des verteilens ist in den der
bewegung übergegangen, wie bei vwfiaw, das erst distribuere,
dann versare bedeutet. Somit dürfte Envofiog {l6g>og) als
„vorsprung"' zu erklären sein.
y^Ox^ höchste kuppe von Süd-Euböa als ^halt' des landes"
21, 260. Auch das wäre eine recht auffallende bezeichnung.
Nur als Vermutung wage ich zu äussern, dass der name von
einem oxij herkommt, das gleichbedeutend mit i^ox^ ist Für
exeiv =s i^i%uv „hervorstehen"' kann ich keinen beleg anführen,
doch sind rückwirkungen von compositis auf das simples nicht
ausgeschlossen.
JIdvofffAog (seil, hfiijv) wird 22, 7 und 23, 225 erklärt
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184 Robert Thomas
als ^yhafen, der bei allen winden das auslaufen gestattetes Dazu
22, 2: f90g/4og die rhede, als 'auslauf, ort der oQfnj^^ Fick
sucht also eine Verbindung zwischen oqidog und OQfi^ herzu-
stellen, während sonst die Wörter mit gutem gründe ausein-
andergehalten werden (vgl. Prellwitz); denn die beiden be-
gri£EiB sind im Griechischen scharf geschieden« OQfiog ist der
ruhepunkt des schiffes und steht nur zu der vorhergehenden
fahrt, nicht zu der nachfolgenden in beziehung (ygL auch
OQfiiüp^ bq^iCfa). ig/^rj, oQfiäw dagegen sind ebenso ausgeprägte
begri£fe der bewegung. Ich kann mir nicht denken, dass
sich diese Scheidung erst nachträglich herausgebildet hat. Sg/Äog
„ankerplatz'e ist dasselbe wort wie OQfiog „schnür, kette'* (von
tUgai); man band die schiffe am strande an (IL 1, 435 rqv d*
eig 0Q^O¥ fCffodgeaaav sQSTfiöig, ix i* evvag i'ßaXav, xarä de
Ttf^ftvijai edrjaav). Also ist ndvogfiog Xifijjv (Od. 13, 195) ein
hafen, der ganz ankerplatz ist, der überall das anlegen ge-
stattet, also ein guter, tiefer hafen.
y^MvgfiTixeg hiessen klippen und Sandbänke; . . . der
Vergleichspunkt liegt wohl in den starken einschnitten'* 22, 40
(dazu MvQfiri%ia¥ 23, 212). Ich möchte das tert. comp, in dem
wimmelnden durcheinander hervorragender felszacken sehen.
Interessant ist, dass auch das italienische formica in der schiffer-
sprache die (blinde) klippe bezeichnet (vgl. formicare wimmeln,
formicolaio gewimmel).
^f&dXafiai j. Kalamata in Messenien: ^otkifiri zelle^'
23, 28. Kalamata steht nicht an stelle des alten Thalamai;
übrigens gab es auch im alten Elis einen ort dieses namens.
d'aXafiTj ist nicht „zelle*', sondern „loch, höhlung'*, auch wohl
„Winkel, Schlucht" (Polyb. IV 75 von dem ort in Elis: eig t6
Xü)qIov, o naXovai Galdfiagj diä to tiJv ve xwqov %tjv nigi^
ctvToS arevrjv üvai auu övaifißolov %6 %e x^^iov ärtQoyfidtevTov
%ai dvoftQoaodov). Nach PoUux 2, 75 hiessen die nasenlöcher
^•aldfiai, dttXaiifi ist eine doublette zu d'dhxfiog wie nuxldf^f]
zu nalafiog. d'dXafiog aber ist gleichen Stammes mit &6log^
d'oJiaaaa und german. dal (nhd. thal); s. Prellwitz und Fick
22, 11. Der gemeinsame begriff ist „Vertiefung". So konnte
man d-dka/^og für den untersten schiffisraum gebrauchen (Athen.
II 37 D) und die dort rudernden ^aldfiioi, &aXafutai nennen.
Wenn y^dlafjuag in die bed. „wohnung" übergeht, so haben wir
darin ein interessantes sprachliches Zeugnis für höhlen* und
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Zu den altgriechiscben Ortsnamen. 185
grabenwoluumgen der uneit Ich ho£b der saohe bei anderer
gelegenheit weiter nachzagehen.
^yAvtai in Thessalien am Tempepass, 'lösephttz'*' 23, 190
Genauer f^einkehr^' (vgl. xovaAvAi).
^.Kofiftaaiov ort in Arkadien, 2u KOfina^ prahle?'*
23, 214 Vielleicht ist eher an die gmndbedentung Ton xo^
nat/uf zu denken, die sich aus wifiTvog sss strepitus (z. b. U.
11, 417 %6finog 6d6r§wf) und äftihni9fjift6£,ia (Anth. PaL VI 54
lifog dfesMfiftaaa %o^ 9,zerknallte") erschliessea lässt. War
ein wasserüftll in der niUie des ortes?
EvQvakog — Evfjvtjljoq (namen des Yon Dionysios ge-
bauten kastells bei Syrakus, unweit des heutigen ortes BelTe*
dere) betrachtet Fick als Weiterbildung von wqvq mit dem ad-»
jektiyischen ausgang -cäog, -ijAog. Gewöhnlich nimmt man Zu-
sammensetzung mit fjXo^ (aloq) nagel an. In diesem &U wäre
EvQ, wohl „nagelkopf^ Free man (Gesch. Siciliens, dtsche.
ausg. V. Lupus 1 534) übersetzt ,3]^eitnagel*' und fügt bei: „der
schmale rücken ist der stift des nageis, Belvedere sein köpf \
Das ist veritehrt, schon deswegen, weil dergleichen metaphem
nicht gepresst werden dürfen. Die ableitung Ton evQvq mit
"okoQ passt nidit zu der örtlichkeit, die eher schmal als breit
zu nennen ist —
„Die landschaft Biopto l in Aetolien wird wohl nicht von
*altären', sondern von 'stufen' des gebirges den namen haben,
indem ßtafwq in der alten spräche soviel als ßa&fAog ist^
22, 239. Vielleicht erklärt dieser gebrauch auch den namen
Inbomon, den ein teil des ölbergs in einem altchristlichen
Itinerarium fuhrt (vgl Itinera Hierosolymitana ed. P. Geyer
Vindob. 1899, S. Silviae peregrinatio, p. 83: subitur cum ymnis
in Inbomon, id est in eo loco, de quo ascendit Dominus in
caelis u. ö.).
Bei ^OXvfiftia (23, 206) kann an den „Olymp im idealen
sinne als den Wohnsitz aller götter der oberweit*' jedenfalls
nicht gedacht werden, da noch bei Homer ^'OXvfinog immer der
berg, nicht der Yon dieser anschauung losgelöste „götter-
himmel" ist.
In einer gesamtdarstellung der altgriech. Ortsnamen müssten
auch die mittel'- und neugriechischen Ortsnamen, soweit sie
nicht slavischen oder romanischen Ursprungs sind, berücksich-
tignng finden. Denn manche von ihnen weisen auf das altertum
B«IMgft s. kud« d. ladf. i»nek«i. XX?I. 13
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186 Robert Thomas Zu den altgrieohischen ortsnamefi.
zurück und sind uns in der alten litteratur nur zufällig nicht
erhalten; so der name der festung von Nauplia, Palamidi,
▼on dem Gurtius (Peloponnesos II 390) schreibt: „Merkwürdig
ist der klassische name der festung, den die fränkischen er-
oberer als bergnamen vorgefunden haben. Er ist auch gewiss
nicht im früheren mittelalter ersonnen worden, sondern durch
mündliche Überlieferung erhalten aus einer zeit, da auf der
höhe ein heiligtum des Palamedes stand; darnach hiess der
berg Palamedion, wie das Menelaion bei Sparta vom grabtempel
des Menelaos'S (Im allgemeinen s. Gurtius, PeL 189). Und
wenn das an stelle eines Apollotempels auf der passhöhe
zwischen Athen und Eleusis erbaute kloster Daphni heisst, so
geht der name doch wohl auf den lorbeerreichtum des ehema-
ligen heiligtums, also ins altertnm zurück.
Andere neugriech. Ortsnamen sind wenigstens als parallelen
interessant, wie Astros (städtchen am Golf von Nauplia) zu
"'^atQOv (23, 31), Aariifiw (23, 213) — vielleicht geht übri-
gens auch dieser name ins altertum zurück, vgl. Lolling in
Bäflekers Griechenland > s. 272 ~, Myli bei Argos zu Mvlai
(23, 30), Vath^ auf Ithaka zu Bd^og (23, 20), Itea, der
heutige haienplatz für Delphi, zu Eitia (23, 23) u. s. w.
Dass das fortleben der aus dem altertum bekannten Orts-
namen zu berücksichtigen wäre, ist an sich klar.
Einigemal führt Fick auch parallelen aus dem Deutschen
an. Ich erwähne zum schluss noch einige von den vielen, die
sich namhaft machen Hessen. Zu Ortsnamen wie uüyuQog^
Jqvs, KvTtoQUJaog (23, 23) wäre zu vergleichen Birnbaum
(in Posen), Pyrbaum (in der Oberpfalz) u. a., zu der be-
zeichnung vieler passe Jlvlai (21, 283) die in den Alpen so
oft wiederkehrenden Thörlen, das Eiserne Thor, vielleicht
auch die Tauern; zu Tlijhoy oqoq (21, 245) der Tegel berg
bei Füssen (tegel =s lehm), zu ui^vog (23, 29) Kaltem bei
Bozen; Kwog x&paXai (21, 268) ist unser Hundshaupten
(dorf in der sog. Fränkischen Schweiz), ^InnoiUq^akog (23, 224)
Ro8shaupten(so heissen zwei dörferjm bayrischen Schwaben);
uievwinetQa (23, 34) Weissenfeis, Lichtenfels. Wie ein
berg in Argolis KqBomaXov oder Kqüov hiess (21, 269) so
giebt es eine Fleischbank auch im Wilden Kaiser bei Kuf-
stein.
Augsburg. Robert Thomas.
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A. Bezzenberger EtymologieD. . 187
Etjrmologieiu
1. Durch den auüsatz Lid6n'8 „Ein baltisch-slaviscbes an-
lautgesetz'* (Göteborgs högskolas ärsskrift 1899 ^ lY) ist sehr
wahrscheinlich gemacht, dass anlautendes vi im Litauischen
und Lettischen zu l geworden ist. Man darf also vermuten,
dass lit Uüfna (läime Kurschat, laima Schleicher) ,, glück,
glücksgöttin'*, lett laime „glück, Schicksal'' anlautendes v
verloren haben. Als (tf)laima^ {v)laiinS erinnern aber diese
Wörter nach form und bedeutung lebhaft an osk. tHÜaemom
(tauticam) „das (ö£fentliche) beste'' und an das valaimas puldum
(puklu) der Vibiainschrift, das zwar nicht ganz klar ist, aber
zweifellos einen mythologischen gehalt hat, der dem begriff
des Schicksals nahe steht. Darf man diesen ausdruck statt
als „beste der kinder^)'al8 „der Besten kinder" deuten >), so
träte er der lettischen lames-mäte g^enüber und böte ein
analogon zu den „gottes söhnen", „gottes töchtem", „sonnen-
töchtem" der baltischen mythologie.
valaimo-, dessen a für indogerm. 9 stehen kann, ist von
Bugge und anderen mit lat valere, von Ebel K. Zs. VI 421
mit got. vaüa, ahd. wela, wola verbunden >). Trifft letzteres —
wie ich glaube — das richtige, so wären vcUaimo- und {if)laima
verwandt mit lit. ipelSs „die geisterhaften gestalten der ver-
storbenen", lett weli „die geister der verstorbenen" („die
holden'^ [vgl. lit u>&ifti „wünschen, gönnen", lett wiUt „gönnen,
erlauben, wünschen"], „die Manen"), sowie mit lit wHinas
(wünias), lett. wdns „teufel", das nicht anderes ist, als ein zu
*u>$U gebildetes maskulinum (vgl. afUinas, äunnas, isqsinaa u. s. w.
BB. XXI 296 anm. 2). Der lettische Sprachgebrauch lässt die
Zusammengehörigkeit von tcdns und weü noch deutlich er-
kennen (Ulmann Lett Wörterbuch).
2. Lett baurüt „brüllen der ochsen, namentlich wenn es
mit erdauf werfen verbunden ist", if-baurtU zinus „vom ochsen
gesagt, der brüllend erde aufwirft", baurät „mit bunden jagen",
1) Bücheier Oskische bleit^fel s. 16 (puJdo- » nkr. puträ „söhn"?)
Ganz anders Bngge Altitalische Stadien s. 8 ff.
2) In seile 4 kann valaimas puklum gleich dem folgenden tUa$ von
legmei abhängig sein.
8) Das von ihm voransgesetste *valai wird in lit. valai (Lit for-
schnngen s. 194) schwerlich zn erkennen sein.
18*
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188 A. Bezzenberger Etymologieo.
lit ue-si-buryti „sich ereifern, erzämen, zornig sein** und asl.
burja stürm =; russ. durja, poln. burza (woher lit bürys
»,regen8chauer**), russ. burüm „brandung, jähriger stier'', buryga
„ausgefahmes loch auf der Strasse", bürnj/j „stürmisch**, wr.
buriö ^yzerstören, umstürzen**, poln. burzy6 „ungestüm erregen,-
beunruhigen** beruhen auf einer wurzel beur^ : bUr- ,,toben*'y
die mit k erweitert erscheint in: russ. bürkatb „werfen,
knurren**, poln. burknqö „ausschelten, murmeln**, burczeS
„kollern, rollen, knurren, schwirren** und lit. burksznöja (kriusza
\ ]4ng%) „es prasselt (der hagel an's fenster)**, burhUnii (für
*burkninti? aus dem Polnischen entlehnt?) „unter dem hart
undeutlich murmeln**.
Hierzu gehört wohl auch lett buru burdtn „über hals und
köpf*, während lit. bütHs „grosse menge, grosser häufe, herde,
schaar**, lett. büra „menge** eher auf skr. bkuri „viel**, avest.
Iniiri „fülle** zu beziehen sein werden. — Ausserhalb der litu-
slavischen sprachen ist dies 6«ttr- : bur- nicht sicher nachzu-
weisen; am ehesten kommen dafür gr. gyvQfo und skr. bhurdU
(Prellwitz Etym. Wörterbuch s. 350) in betracht Auch die
Verwandtschaft von lat. furo, füria scheint mir erwogen werden
zu dürfen (vgl Froehde BB. XXI 326).
Begrifflich und auch lautlich berührt sich mit lett. bcLurSiij
if-baurdU eng lit maurüti „wühlen**, iaz-mauriti „auswühlen,
ausscharren**. Ich halte dies aber für zufillig und beziehe
maurM auf an. fnaurr, ags. myra, krimgot miera, ndd. mire
„ameise**, indem ich in mauröti eine ableitung der wurzel
dieser Wörter und also nicht ein von ihnen ausgegangenes
denominativ sehe. Ein solches ist dagegen norweg. maura
„fleissig arbeiten, wimmeln, herumkriechen, jucken, stechen'*.
Ä. Bezzenberger,
Zur geschichte der lateiniBohen voealsynkope.
§ 1. Zusammenfassende darstellungen der synkopeerschei-
nungen im Lateinischen sind bei Brugmann Grundr. I > 215 ff,
Stolz Hist gramm. I 201 ff., Lindsay Lat. lang. 170 ff. zu
finden. Solmsen in seinen Stud. z. lat. lautgesch. und S kutsch
Forsch, z. lat. gramm. u. metrik I haben vereinzelte falle einer
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Giuseppe Ciardi-DuprS Zur geschichte u s. w. 189
D&heren pröfung unterworfen. Neuerdings hat Sommer in
seiner lehrreichen abhandlung über *die komparationssuffixe im
Lateinischen' (IF. XI 1 — 98) manche die synkope betreffende
frage erörtert. Leider ist eine abschliessende behandlung dieses
gegenständes, wenn auch die synkope in den italischen sprachen
gleichwie in allen, deren akzent einen yorwiegend exspiratorischen
Charakter hat, den wichtigsten lautvorgängen angehört, noch
nicht gelungen. Um zur ausfullung dieser Ittcke in der latei-
nischen lautlehre einigermassen beizutragen, beabsichtige ich
das betreffende material so vollständig als möglich zu sammeln
und noch einmal zu sichten, um die gesetze der erscheinungen,
woYon die rede ist, ins rechte licht zu stellen.
Nur kurze unbetonte vocale werden ausgestossen. Eine
hochtonige silbe kann ihres vocals nur dann verlustig gehen,
wenn sie einen zweiten Sonorlaut enthält, der beim ausfokllen
desselben den wortaccent bekommt und zugleich sonantisch
wird. Dabei handelt es sich nicht um eigentliche synkope,
sondern um samprasära^a , wie es nach indischer weise heisst
Als beispiel sei tesiis 'zeuge' angeführt, das, nach Skutsch o.
XXm 100—104, auf *te(r)sH8, *tr9ti8, ^tristis {*tri8t08) zu-
rückgeht: zwischen *tristi8 und ^tristis ist also eine mittelstufe
*trri8ti8 vorauszusetzen. — Naturlange vocale entgehen regel-
mässig der syukopirung. Was die sogenannten 'positionslaogen'
betrifft, so hängt ihr ans&U von speciellen bedingungen ab:
z. b. nach ^, oder zwischen n, m, und nd, st findet die syn-
kope statt (attdiö aus *ä}iizdiö, vindo aus ^vinomdö, sEsqui-
aus *simi8gue-j u. dgl.), unterbleibt dagegen nach liquida {fere-
frum, praeferietdum d. h. ^praeferielom, u. dgl.). — Im allge-
meinen spielt die natur der umgebenden konsonanten beim
ausstossen eines vocals die erste rolle: dafür sollen die nach-
stehenden Untersuchungen den beweis erbringen. Hie und da
wirken andere faktoren mit, z. b. die qualität des zu synkopie-
renden vocals, die quantität der vorausgehenden silbe *), die
Silbenanzahl des wertes und das redetempo. Femer hat man
mit zeitlichen und örtlichen Verschiedenheiten zu rechnen.
Z. b. geht die synkope eines nach liquida bezw. nasalis stehen-
den vocals in die zeit der älteren lateinischen, wahrscheinlich
1) Dast in gewissen fällen auch die qnantiUt der folgenden tilbe(n)
mitgewirkt habe, glaube ich nicht behaupten za können. Vgl. nnten § 8.
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190 Giuseppe Ciardi-Dupre.
ttritaliscben, betonung hinauf, wie surculas (*8Üroeolo8)^ ünde-
dm (aus *o{nomdecem od. ^oinozdecem)^ anculua (aus *dtnbi'
colos) usw. lehren: dagegen fällt die synkope von ifr (aprtcus :
aperiö, suprSmus : superus usw.) in die zeit der neuen beto-
nung, da nachtoniges ^ Yor r nicht ausgestossen wird (vgl.
Uterus, procerSs, c&eriy äUer^ aUerum, superus u. dgl.). Unter
den lateinischen mundarten zeichnete sich, wie es scheint, die
Yon Praeneste durch die neigung zur synkope aus ^). Im echi-
römischen Latein, worauf unsere Untersuchung beschränkt ist,
sind dialektische eigentümlichkeiten in bezug auf die synkope
kaum zu konstatieren. — Endlich hat man die Stellung der
silbe, der der synkopierte vocal angehört, im worte zu beachten,
denn andere gesetze gelten für auslautende als für inlautende
Silben. Demgemäss theile ich das material meiner forschungen
ein.
L Die synkope in mittelsilben.
§ 2. Die synkope tritt regelmässig in folgenden fallen ein:
(1) nach liquida; (2) nach nasalis; (3) nach liquida (bezw.
nasalis) + consonant; (4) nach dem halbvocale u; (5) nach
consonant + s oder s + consonant
Für die synkope nach liquida kommen folgende beispiele
in betracht:
[A] nach l:
cidfdtua aus ^ddoUtos, part. praet zu adoleö, wie abolitus
zu aboleö. Die ^b-verba bilden das part. praet durch an-
fiigung eines -t- an die wurzel, das wahrscheinlich mit dem
Suffixe des präsens verwandt ist, und die Schwundstufe desselben
vertritt: z. b. ai. corita- zu coräyaii *er stiehlt'; bodhüa- zu
bodhdyati ^er erweckt, mahnt'; ai. vartüd-, got. fra-u^ardiß-s
zu ai. vartäyaH 'er setzt in drehende bewegung', got fra-
wardjan Werderben, entstellen'; ai. vasüd-^ got. wasi-ß-s 'be-
kleidet' zu ai. väsdyati 'er bekleidet', got. ga-wasjan 'sich klei-
den'; lat. monüus zu tnoneö. — Mit adultus etymologisch ver-
wandt ist das adjektiv altus, das keine synkope aufweist, denn
es ist mit dem particip cdtus (zu alö^ wie <ictus zu cyö) iden-
1) Freilich lästt sich das nicht aasmaohen, soweit man mit bloss
graphischer nichtschreibung von vocalen za thun hat. YgL StolpHist
gramm. I 20 u. 207.
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Zur geschiebte der lateiniBchen vocalsynkope. 191
tisch, dessen nebenform alüus eise analogische neubildung nach
monUm, genitus u. dgL ist
aUer aus *aliiero8, es verhält sich zu *€Uio8 wie lat. dexUr
("- * deJcn-iero-a) zu gr. de^ioq 'rechts'.
fidca statt fulica ^blässhuhn' ist nach Skutsch I 113 in
einem verse des Furius Antias bei Gellius 18. 11. 4 zu lesen.
haUwo 'grosse zehe' (Löwe prodr. 273) nach Schmidt
Pluralbild. 183 aus *hälo»dojik-$ oder *hdli'(hiX>8. Der erste
theil dieses compositums ist mit asl. goUim 'gross\ pol. O'gH
'der allgemeine', der zweite mit an. td, ahd. ziha ^zehe' (vgl.
Kluge Et wb. d. d. spr. * 433) zu vergleichen.
pöpidnus pöpulneoa aus ^papoUnos *pöpcline(i)o$ : pöpulm
'pappel'. Vgl. fagintM : fägns, gr. aw^ivog, kavQivogf g>^ivog.
Nach pöpdnus {-neus) ist fictdnus (-neus), statt des zu erwar-
tenden *ficinos (*'fieios)^ gebildet
alna aus '^öl(ijnä *ölena »• gr. wlirrj 'ellenbogen'. Dass
die laute l, n in ulna erst secuodär zusammengekommen sind,
ergiebt sich aus dem unterbleiben der assimilation, die bei ur-
sprachlichem In regelmässig eintritt: vgl. coUis aus *colnis (lit
kdlnas 'berg'), oUus aus *olno8 (asl. lanij ce. loni 4m vorigen
jähre' aus *olni). Daher ist die von Meringer Sitzber. d.
Wien. akad. GXXV 2, 42 (früher auch von Brugmann Morph,
unt 2, 173, jetzt nicht mehr, vgl. I « 368 u. 424) verfochtene
annähme, ulna enthalte die Schwundstufe -it- wie gr. wlldv
Ti^v Tov ßfoilavog yiafirti^v Hes. (aus ♦cäivo-v) und ai. äni-f
'zapfen der wagenachse' (aus *arni-8 — idg. *ölni'8), abzu-
lehnen.
volnu8 vulnus: gr. diHiOeg' aqnpisg tj ^äop Sfioiov fiekiaaij
(Hes.), ags. cuelan 'sterben', ahd. quelan 'heftige schmerzen
haben' quola 'faeklemmung, marter', airl. at'ba<ll 'er stirbt', lit
giUi 'stechen' (von der biene) gdanla 'stachel' gdä 'schmerz',
asl. zcUh 'leid, schmerz'. Die erhaltung der gruppe In weist,
wie bei ulna, auf die existenz eines ursprünglichen lautes zwi-
schen l und n hin. Es ist daher eine basis "^volenos- "^vdenoa-
anzusetzen: vgl. facinus und gr. vifisvog ^).
1) Nach L. Meyer KZ. XXIII 68 und G. Meyer Gr. gr. * 137
toll tmlnus mit gr. ovXfi ^narbe, zageheilte wunde', ai. vrana»8 vrana^m
'wunde, schaden' wü^^tma-m ^durohbohrung' verwandt tein, und auf eine
WS. *sffoyi- (Schwundstufe: ffjrt- as lat. voln-, gr. /-oly-) surüokgehen. Nach
Hoff mann o. XYIII 292, der diese ansieht gutheisst, sei die erhal-
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199 Giuseppe Giardi-Dupre
caldus soldua valde werden unten beeprooben.
Die Synkope nach l fand auch in griechischen lehnwörtern
statt: Pollüces (Plaut Bacch. 894; Poloces CIL. I 55 add. s. 554;
Polauces Epfa. Ep. I 18; dass. Pollux durch volksetymologische
Umbildung) aus * P6l(u)deucg8 , gr. noXvdevKf)g; baln^m (da-
neben balineum) aus ^balaneom ßaXaveiov nebst seinen ablei*
tungen balneolum balneäria balnearius (balinearium CIL. 1 1166)
balneätar (balineator Plaut. Rud. 527 hs.) u. s. w.
Hier seien noch einige Wörter erwähnt, die man als belege
für die synkope nach l citirt, jedoch mit unrecht, mdnes er*
achtens. — Osthoff in seiner abhandlung über "dunkles und
helles / im Lateinischen" {Trans, of the Ämer. Phild. Assoe,
XXIV [1893] 8. 50—65) hat das gesetz formulirt, dass e vor
l + consonant (die gruppen U, H ausgeschlossen) zu o wird,
und daraus den schluss gezogen, U, Iv seien in ceüis, meltom
(=5 'meliorem' P. ex F. 122 ed. Müller), hdvos erst secundär,
durch Synkope aus ^celetis (vgl. yiveaig)^ "^mdetom (rgl. kXerogf
axBl€t6g)y *hde^os (zu *hel^08, as. gelo gelwes, ags geolo, lit
zelvas 'grünlich' wie ion. Tisveog, kypr. xevev/dr zu att. xevog^
ion. yL€Lv6g) entstanden. Diese auffassung ist ganz unrichtig.
cdtis ist kaum ein altererbtes wort: es kommt erst in der Vul-
gata vor, und ist wahrscheinlich ein (keltisches?) lehnwort
(Skutsch o. XXII 126 f.) ^). Was meUom betrifft, ist seine
existenz selbst zu bezweifeln: in der that wurde das wort mdtatn
in der neuesten von l'hewrewk de Ponor besorgten aus-
gäbe des Festus durch die lesart meliosem ersetzt Die her-
leitung von helvos aus *hd,e^os ist zwar richtig, der Übergang
aber von *hele^' zu helvo- vollzog sich nicht 4urch synkope,
sondern durch reducierung des diphthongs zu monophthong,
vgl, denuö aus *d4 no^ö, induö hus "^ indo^ö, vidtM 9ms *^idof^
tuDg des In der Bonantischen natnr des / zuznsohreibin, wie in gr. nü"
vafitn, nUvov* ipa*6v. Kvnqwi Hes. (vgL 60A. 1889 8.B97f.)« Abgesehen
davon, dass es keinen gmnd gibt, die Bragmann'sohe erkläning des -Iv-
(I ^ 359) abzuweisen , ist die zasammenstellong des ai. vrantt- mit lat
vointu nnmöf:lich geworden, seitdem Rozwadowski Qnaest. gramm.
eto. ser. alt. s. 8 nachgewiesen hat, dass nrana- ein idg. r enthält (vgl.
poln. rana 'vulnus [ictnsf, serb. räna^ bulg. slov. rina^ poiab. rnno, ce.
rSfta).
1) Vgl. Terhandliuigen der Berlin, gesellschaft i anÜuropologie 1894
■> 861 ff. B.
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Zur geschichte der lateinischeB vocalsynkope. 193
u. dgL Auf äner linie mit hdvas steht ervam aus ^erofiam
*erogiHnn (gr. iifißivßog o^oßag 'kichererbse'). — Endlich lasst
Kretschmer Einleit i. d. gesch. d. griech. spr. 164 tnalva
aus *mal(a)yM ^inalagaä (gr. fialdxfj 'malwe') herkommeDy aber
mit unrecht, denn -oj- vertritt in tnalva, wie in palma (gr.
naXifitj^ airl. Idm, ahd. /bJma *hand') ein idg. langes/ (Brug-
mann I s 479).
[B] nach r:
corgö ('apud antiquos pro adverbio quod est profecto po-
nebatur' Fest. 37) *mit der richtung, mit recht, fürwahr, wahr-
lich'. Es handelt sich um eine erstarrte casusform mit vorge-
setzter Präposition (vgl gr. ^nrodcJy, vniQf^oQOP^ lat Üieö aus
^inslocö, denuö aus *(Un(wö, profecto aus *pröfaetö, lit atgäl
^zurück, rückwärts' zu gäUu *ende', isztes ^fürwahr' zu tesä
^Wahrheit' u. s. w.), d. h. ein *(r($m regöj woraus zunächst
*corr(e)gö oder *corr(i)gö. — Andere derartige bildungen sind
ergo erga. Ersteres kommt aus *iregö oder *irogö (vgl toga :
tegö, proeui : precor, abl. pondö : pendö u. s. w.) *aus der
richtung SB aus dem recht, aus dem gründe: daher, desshalb,
folglich, also' her (Vanicek Gr. lat. et. wb. 778), das zweite
aus *i rega oder ^^ roga 'aus der richtung her, in der rich-
tung auf, gegen hin, gegenüber' (ebd.). Die ursprünglich lokale
bedeutung lässt sich in dieser plautinischen stelle erkennen
(Truc. 405): tonstricem Suram | novistin nostram quae erga
aedem sese habet?
fermS aus *fer(i)inS, Superlativ zu fers (Lindsay 561,
Stolz 206, und neuerdings Sommer IF. XI 210, der Ver-
wandtschaft mit firmus annimmt, aber nicht denselben stamm
in beiden bildungen; dagegen Breal Journal des Savants 1898
8. 33 hält, gewiss mit unrecht, fermB für eine doublette von
firme).
fordue kann nicht von der wurzel bher- 'tragen' getrennt
werden ^). Ob es die Zusammensetzung des nominalstammes
1) Niedermann IF. X 227 hält fardue für identisch mit ai. gar-
hhadhd" Meibesfraeht gebend, schwängernd' (sa gärbha-^ Meibesfruoht', gr.
ßifiiffog ^fnicht im mntterleib', «sl. XrK^ ^füllen') nnd setzt einen stamm
*g^orbh4hdh6-8 an, woraus *i(orb(iJdo9 *^orhdoa *uordo», endlich durch
voUuetymologische aolehnang vi/errs (vgl. farmieay nach N. ans *ffor-
miea ^ ai. vahn^ka-s ^ameisenhanfe') ^fardoe. Eine solche etymologie
kann ich nicht ab richtig betrachten, denn ioh glavbe nicht, die aaf-
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194 Giuseppe Ciardi-Dupre
*bhoro- oder ^bhorOr (gr. tfoqa) mit einem -<2Ao- bzw. -(fo-
yertrete, wie Skutsch 1^46 anoimmt, oder eine ableitang von
*foreö (gr. g>OQeü}), wie tarridus von torreö sei, lasse ich dahin
gestellt sein.
hömos aus *höiörino8. Zu gründe liegt die als adverbium
erstarrte instrumentalform *hö iörö 'heuer' (ahd. hiuru aus
hiu järu) : av. yärd^ got. jer, aisl. rfr, ahd. jar *jahr' *).
hortor aus *horitor (3. sg. horiMur bei Diomedes OLE.
I 382. 23). Frequentativ zu * hortor (horitur 3. sg. ebd.).
lardutn neben dem seltner belegten laridum (vgl. Georges
Lex. d. lat wf. s. v.), aus *laridom : gr. läglvog 'fett', dessen
Wurzel fal- in klru. öe. loj 'speck' wiederkommt. — Fälschlich
setzt W harten Academy 681 eine basis ^däsidom an, und
vergleicht diese mit gr. drjfiog 'fett' aus *daa/46g^).
morbm aus ^moro-dho-s : ai. mära- 'tötend, verderbend'
mara-s 'tod, pestilenz', lit. märas 'tod, pest' (Solmsen KZ.
XXXIV 31).
portö aus "^poritö : *poreö (— idg. *porij[ö 'ich bringe
hinüber, schaffe herbei', ai. pärdyati 'er geleitet hindurch', got.
farjan 'fahren, schiffen') wie monitö zu moneö. Man hat es mit
der Wurzel per- 'durchdringen, hinübergehen' zu thun, die in
den indogermanischen sprachen öfters belegt ist: ai. piparti 'er
setzt hinüber, führt hinaus' pärä- 'hinüberfahrend', gr. nBifw
'durchdringe, durchbohre' noqog 'durchgang, Übergang, weg'
Ttegdoi 'dringe durch' rteQä 'weiter* Ttigav 'jenseits', lat peritus
'er&hren', got. faran 'wundem, ziehen', aisl. fara 'sich be-
wegen', ags. faran 'sich fortbewegen', got. fairra, aisl. fjarre,
ags. feor 'fern, weg', asl. perq 'ich durchmesse einen räum,
fahre'.
fastang von fordui ('bos forda qnod fert in ventre' Yarro LL. 6. 15)
sei dem volke geläufig, ebensowenig diejenige ron fonniea, die bei Ser-
vias ad Aen. 4. 402 angefahrt wird: 'sane formiea diota ab eo qaod
ore micas ferat'.
1) Ob gr. A^g 'jähr' S^ä ^Jahreszeit, zeit' hierher gehört, wie
6. Meyer Gr. gr. " § 214 und Prellwitz Et. wb. d. gr. spr. 370,
nach Pott and Gartius, annehmen, oder za ai. v^o-« 'Wochentag' zu
stellen ist, lässt sich mit Sicherheit nicht entscheiden.
2) Nach einer besseren etymologie ist ^rifi6s (arspr. 'brennbarer
stofT) auf *Sa^fA6g zaräckzufElhren und mit <fff/«i 'brenne' (aas *&«^im)
Otitis, Saog 'fackeP ai. dun&ti 'brennt, qa<' zu vergleichen.
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Zar geschichte der lateinischen vocalsynkope. 195
purgö wohl aus pürigö, vgl. elärigö. Die lesart pürigö ist
bei Varro r. r. 2. 4. 14 in zwei hss. bezeugt. Bei Plantus:
expürigö (Capt 616, Mil. 497 u. 517), perpürigö (Mil. 774).
*8ordu8 (wozu Bordidus wie fiaccidus zu flaecus, squälidus
zu it^tto/ti«, vIt'idM« zu vivus u. 8. w.) aus ^äorthdluhs (oder
^soro-do-s?) : ru. «or» 'schmutz, dünger' (Pokrowskij KZ.
XXXV 232f.; anders Niedermann IF. X 230, der an der
alten etjmologie [got. swarts 'schwarz'] festhält).
surculus ('summ dicebant ex quo per deminutionem fit
surculus*. P. ex F. 423) aus ^suroqda-s: deminutiv zu stirus
'pfähl' ^).
virtüs aus ^'^iro-tüt- zu *^irO' wie servüüs zu servo-s.
Hierher auch die nominalstämme car-n- und far- (^bhar-s-).
Die ursprachlicbe abstufung der en^ und ««-stamme ist dadurch
gestört, dass bald die eine, bald die andere stufe sich auf kosten
der übrigen verallgemeinert hat, und die entstehung von ver-
schiedenen Paradigmen verursacht. Z. b. in homö hominis
(= *hoin^n^ od. *hainSn^), ordö ordinis (= *ordenfy od.
^ordonSa)^ genus generia (= *genä8&)y tempus iempcris (=
^tempos^) hat die ^ ev. die ^stufe den vortheil über die
übrigen gehabt. Dagegen in edö edöniSj Uro iirönis, honor
(honös) honoris (as *honöses) wurde die dehnstufe verallge-
meinert. Von vornherein gibt es kein hindemiss, die stamme
car-fi- und ^far-s- aus der Verbreitung der nullstufe zu er-
klären, aber die thatsache, dass sonst die Verallgemeinerung
dieser stufe im Lat ein unbekannter Vorgang ist, legt die an-
nähme nahe, dass das zusammenfallen der enn (bezw. es-) mit
der «- (bezw. »-)stufe von der Synkope verursacht wurde. Ob
farina (zunächst aus *farrina ^farsina) auf ^hhar-s-lnä (asl.
hraäbno aus ursl. *borshno) oder auf *bhar'(e)S'inä (got. bari-
zeins 'gersten') zurückgeht, lässt sich nicht ausmachen.
Aus den composita von rapid, die gewöhnlich keine Syn-
kope aufweisen (arripiö corripiö dXripiö usw., wahrscheinlich
nach der analogie zwischen arripiö : arrepius und accipiö :
aceeptus, confieiö : confectus)^ kommen hier in betracht: surpere
(die belege bei Georges Lat. wf. s. v.; dazu surpuit Martial
1) Die kürze des u hat Stowasser Comm. Wölfflin. 25 ff. nach-
gewiesen. «ürtM verhalt sich sa ai. tvdru-ß 'opferpfosten* wie gr. vnvo^
Qz ai. tmöfna-B 'schlaf, träum', lat somnm.
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196 Giuseppe Ciardi-Dupre
12. 29. 10 u. 12); Srpe (in Plaut. St 716 statt des überlieferten
eripe von Skutsch I 36 anm. wiederhergestellt). Von einem
adjektiy *ii8ü'r('a)p0' (wobei ^rapo-i rapid wie *capo- [pccupö,
nüncupo] : capto) ist üsürpö hergekommen.
Die composita von regö haben theils die synkopierte, theils
die unsjnkopierte form: pergö pargö surgö, aber anrigö carrigö
dhrigö erigö porrigö surrigö. Es ist bemerkenswert, dass letz-
tere nur transitive bedeutung haben, erstere überhaupt die
intransitivische >). Das erklärt sich meines erachtens dadurch,
dass der Zusammenhang zwischen regö und seinen composita,
dessen bewusstsein die erhaltung ev. Wiederherstellung des vo-
cals in erigö porrigö usw. zuzuschreiben ist, bei intransitivischem
sinne minder durchsichtig geworden war.
Die Synkope nach liquida ist auch in den oskisch-umbri-
schen dialekten bezeugt: vgl. culchna (auf einem campanischen
thongefässe) aus gr. xvUxvti (woher auch lat. culigna entlehnt
ist) 'kleiner kelch', und die umbr. imperative kartu 'distri-
buito' kumaUu comdiu 'commolito' veltu 'deligito vel sim.'
ehudtu 'edicito, iubeto* holtu *?' amboUu **ambulito' [zu ambu-
lätö wie lavitö zu lavätö] arpeUu 'adpellito'. Prinzipiell steht
also nichts im wege anzunehmen, dass die anfange der Synkope
nach liquida auf die italische urzeit zurückgehen. Was die ein-
zelnen besprochenen beispiele anlangt, kann man freilich daraus
keine sichere folgerung ziehen, denn das gesetz, wonach ein
vocal nach liquida ausgestossen wurde, galt auch noch im
sonderleben des Lateins und wirkte in verschiedenen Zeiten.
Z. b. ist die synkope in olfaciö (ss *olefdciö) jünger als die
lateinische akzentverschiebung: dass sie unter der älteren be-
tonung nicht stattfinden konnte, darauf weist der umstand hin,
dass eine solche Zusammensetzung in jener periode noch nicht
zu fester worteinheit verwachsen war, wie aus der nichtschwä-
chung des ä (vgl. conficiö aus * cönfaciö u. dgl.) erhellt Gleich-
wie in olfaciö ist die synkope in calfaciö (s. die beispiele bei
De ecke Facere und fieri s. 47) neben caUfaciö, und arfaciö
(Cato r. r. 69. 1 und 157. 12) zu beurtheilen.
In einer reihe Wörter ist die vocalausstossung jünger als
der rhotacismus:
1) S. bei Georges Lat. Wf. 8. v. die belege för porgö » pcrrigö.
Seltener kommt nurgö in der bedeutung von mirrtge (z. b. Plant Epid.
vcbluasvers; hmbot $urgiU tAque ^xtoliiU) vor.
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Zur gescbichte der lateinischen vocalsynkope. 197
ardus (LuciL 27, 40 ed. M., CIL. I 577»,", femer, nach
Skutsch I 43, Plaut. Aulul. 27, Pers. 266) neben äridus aus
^asidaa : äreö 'bin dürr' asaus ara (altl. äsa) 'Scheiterhaufen,
altar' (eigentl. 'brandstätte') , to. (uify marr. awm u. aso, ai.
d$a-s 'asche, staub' (Osthoff PBB. XIII 396) lit. aiaüs (: 08-
- lit. aitrüs : lat. ««r. Prell witz o. XXI 71flf.).
iurgö iurgium aus ^io^s-agö, -io^m. Es ist ein composituni
aas der wz. ag- (vgl. den aufsatz L. Meyer's o. VI 130 — 137).
Die unsjnkopierte form obiurigandum in Plaut Merc. 118 (vgl.
Ritschi opusc. philol. II 426 £).
örtms aus *örinoB «« ^örinos oder ^ösenos : gr. [ax<^]W^
•weisspappel' (Fick Vgl. wb. I * 373 und o. XVI 171, Prell-
witz Et. wb. d. gr. spr. 42 und o. XXIV 106, Johansson
IF. U 52), air. humnius, nkym. (mnen 'esche' (Brugmann
I ' 772), lit. ^'ritf asL ja»em jasenb 'esche' (Solmsen KZ.
XXXIV 32 anm., Pedersen IF. V 44f., Brugmann a. a. o.).
vema ans *v€rina — *^e8inä 'der im haus geborene
Sklave' : ai. ikbati 'er verweilt, wohnt', got. wisan, ahd. tvuan
'bleiben, verweilen, sein' ^).
Ob veUmus aus ^^iterinos (zu väus, gr. Stog 'jähr', ai.
vatoä'S 'Jüngling' usw.) herkommt, oder nach alUmus, paiernus
u. dgl. gebildet ist, bleibt unsicher.
Endlich ist die synkope in caldus, scldua, vaHie später ein-
getreten als in hdUux PMüx, wie das unterbleiben der assimi-
lation von Id za U uns lehrt.
§ 3. Einige forscher nehmen an, die synkope nach liquida
sei nicht ohne mitwirkung anderer &ktoren eingetreten, und
die unsynkopierten formen calidus, gdidus, spirüus usw. seien
ebenso lautgesetzlich wie ealdus, vald^y hömu9, sutyö usw. ent-
standen, unter anderen bedingungen als diejenigen, die die syn-
kope verursachten. Zwei theorien wurden vorgeschlagen.
Von Planta I 214 hat im Umbrischen einem auffallenden
gegensatz zwischen dem imperativ auf -etöd (-Uöd) und dem
1) Conway Vemer's law in Italy 5 and Walter Bhotaeism in
the oid italiftn langnages 14 setcen einen stamm *i7Mnd an, denn de
nehmen einen lantwandel von sn za m an, was auch Deeoke Falisker
188 {Faiemu9 ans *Fäluno8y etuvema aas *edv€9na) sagiebt, m. e. nn-
richtig. Ohne rareicfaende gründe trennt Fröhde BB. XVI 212 vema
von der ws. fMt- 'wohnen' and vergleicht es mit lit. w^pat 'leibeigner*
io«r^tfi€ 'leibeigenschaft'.
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Id8 Giuseppe Ciardi-Dupre
particip auf -eto- (-ito-) bemerkt: das ^ (I), das im imperativ
(mit ausnähme der n-stämme) regelmässig synkopiert wird, ist
im particip durchaus erhalten, z. b. impt aüu = *agetöd,
deku = *deiketöd, dirstu = *didetöd, aber particip muieto —
*fntigetom, maletu = *maletomj o&eto = *ap8etä. Daraus
glaubt er die folgerung ziehen zu können, der unterschied
hänge von der natur der endung ab: "Im imperativ stand das
^ zwischen dem hauptton und der gewichtigen endung -töd
'tüdy während im part. sicher im nom. sg. masc. auf -ta aus
'tos (tagez, *8eg€z, *malez etc.), vielleicht auch vor anderen
leichten endungen wie z. b. --otn die synkope unterblieb und e
von hier aus dann auch in die übrigen casus eingeführt werden
konnte, so nom. pl. tas&Ur abL pl. vuf&ss prosesUir (für den
abl. sg. fehlen beispiele)". Danach *) scheint von Planta die
vermuthung möglich, dass lateinische doubletten wie calidus
cdldus aus einem urlateinischen paradigma nom. sg. *calidos
acc. * calidom gen. cald^ abl. caldö (adv. calds) usw. zu erklären
seien. Stolz 203 (und IF. IV 233 fif.) und Sommer IF.
XI 4£f. haben sich dieser theorie angeschlossen; Sommer aber
nimmt an "dass synkopierung eines zur zeit der uritalischen
an£angsbetonung auf die akzentuierte silbe folgenden kurzen
vocales hauptsächlich dann erfolgen konnte, wenn dahinter noch
mehr als eine more stand; es wäre dann ganz gleich, ob das
quantitätsthema des betrefiPenden wertes j^lu., Akj^jkj oder
Asj^Kj usw. gewesen war". Ein hübsches beispiel dieses ge-
setzes sei das pron. alter = ^dU-t^ro-s gegenüber dem adv.
iti4ir. — Andrerseits glauben Osthoff Arch. f. lat lex. IV
464 f. und Skutsch I 46 ff., das Sprechtempo habe bei der
synkope eine rolle gespielt: ärdus sei 'eine schnellsprechform',
äridtis 'eine form der geringeren geschwindigkeit', was man mit
anderen werten eine allegro- bezw. lentoform nennen kann.
— Ich weise beide hypothesen zurück, indem der einfluss der
analogie bei den unsynkopierten formen mir unverleugbar er-
1) Di«se hypothese einer n&faeren prafung unterwerfen kann ich
angenblioklicb nicht Beiläufig sei darauf hingewiesen, dass maletu, das
von Planta durch *moläum' wiedergiebt nnd dem impt. kufnaUu eotnoUu
entgegenstellt, von Gonway Italic dialects 681 fQr einen imperativ (za
-moftci wie lat. fertiHö ea ferväö) gehalten wird. Vielleicht ist es nicht
anmöglich, dass andere imperative anf -eto -etu an i-stanune ansn-
reihen sind.
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Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 199
scheint. In der Üiat gehören alle Wörter, bei denen die ^n-
kope unterbleibt f bestimmten kategorien an, wobei die Wörter,
die der Synkope unfähig waren, die übrigen davon zurückhalten
konnten, d. h. [1] nomina auf «ico- : aliea, fulica, pärieus,
viUcus u. dgl.; [2] participia auf -t-to- : abolüua, merüua;
[3] nomina auf -tu- : aliiuB 'nährung', ankäüus, spfritus; [4]
nomina agentis auf -tor^ : holitor; [5] abstrakta auf -tat : amä-
Titas, Caritas, crüdäiiäs usw. ^); [6] adverba auf 4us : caditus,
gentüüits, octditus; [7] adverbia auf 4er : alüer, celerüer, da-
riter usw.; [8] verba frequentativa: quaeritöj valüöj vclitö; [9]
zusammengesetzte verba aus legö (eoUigö, dUigö usw.), ligö
{alügö, eoUigö usw.), linö (illinö, relinö), rapid (arripiö, eorripiö
osw.), regö (arrigö, dirigö usw.) etc. Umgekehrt waren die Wörter,
wo die Synkope eintrat, isoliert und daher analogischen ein-
flüssen unausgesetzt. Bei hcdUtx hamus ornus vema gab es
keinen anhält zur bewahrung des vokales; bei volnus war das
einzige fcunnus unfähig eine Wirkung auszuüben. Entscheidend
scheinen mir hartar, partö, fordus. Warum quaeritö, volitö aber
hartor, partö? Durch das verhaltniss quaeritö : quaerö, volitö :
vdö, wurde der charakter eines frequentativum für quaeritö
und volüö bestätigt, und die endung -itö (vgl. habitö : habeö,
vamUö : namö u. dgl.) als dessen kennzeichen empfunden. Da-
gegen, bei mangel an einem ^poreö, *horior (letzteres gerieth
früh ausser gebrauch), wurden hartor, partö nicht mehr als
frequentativa angesehen. Ebensowenig konnte, da ein *fareö
(a. gr. (poQiaf) oder *forus (: gr. q>OQd) nicht vorhanden war,
*farida8 in candidus : candeö candar, mücidus : mücus, tnor-
bidus : morbus u. dgl. einen schütz vor der Synkope finden.
Dass die erhaltung des vokales analogischen einflüssen zu-
zuschreiben ist, dafür spricht auch der umstand, dass, wenn
synkopierte und nichtsynkopierte formen nebeneinander stehen,
letztere überhaupt der hochsprache, erstere der Umgangs- bezw.
der Volkssprache angehören *). Eine bekannte stelle Quintilians
(inst orat 1, 6, 19) ist darüber lehrreich: ''Sed Augustus
quoque in epistolis ad C. Caesarem scriptis emendat, quod is
1) Wie könnte man in quaeritö qua&ritäre, volitö volitäre, sowie in
den abstrakta aaf 'täs (gen. -tstss usw.), die erhaltong des r durch die
Planta-Stols-Sommer'sche theorie erklären?
2) Skatsch I 46 ff. hat diesen umstand anerkannt: er findet aber
darin eine stütce f&r seine lehre des Sprachtempos, m. e. nnriehtig.
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äÖO Giuseppe Giardi-Dupre
calidum dioere quam caldum malit, non quia id non sit latinabi,
sed quia odiosum sit et, ut ipse Graeco verbo significavit, ne-
QleQyop^\ Daraus ergibt sich, dass calidua statt caldus zur
zeit des Augustus als ein veraltetes im umgang zu yermeidendes
wort angesehen wurde. Unter den von der App. Pr. GLK.
IV 198 verpönten Wertformen findet man calda und virdia. Die
romanischen sprachen weisen auf synkopierte lateinische gnind-
formen hin: z. b. ermu (it. ermo, sp. yermo, mm. ermu)^ virde
(iL sp. rum. verde, fr. vert), caldu (it sp. caldo, fr. ckaud,
rum. cdld), eoldu (it. sMo, fr. stmd, sp. s9$eldo) usw. i). Fand
die erhaltung des vokals in alUer, dürü&'j äridue, calidus u. dgl.
durch anlehnung an gewisse wortkategorien statt, ist es selbstr
verständlich, dass sie von der grammatischen gelehrsamkeit
der sprechenden abhing, und daher vorzugsweise in der spräche
der gebildeten kreise zu erwarten ist.
§ 4. Als beispiele der synkope nach nasalis sind folgende
Wörter anzuführen:
jünctis aus ^joinicos : m. ir. aain, gen. atne (stamm
mantö (^mantare saepe mauere' P. ex F. 119) aus *fnanito
zu maneö wie tnanitö zu moneö. Mit mantö ist ommentans (Liv.
Andren, bei Fest 218), Mantuma (zu *mantor wie Plausumius
zu plausor) zu erwähnen.
nüneupö aus *nom(hcapö. Der erste theil weist den ersatz
eines n- durch einen o-stamm auf, was in Zusammensetzungen kein
seltner Vorgang ist: vgl. Aomici(ia ans ^hdnuhcaidä, sanguUsüga
(zu eangtuen-, denn sanguh ist eine nenbildung), al^o-ßaqn^g^
axfiO'OsToy usw. (Brugmann 11 26).
panceps (SXxog xnjvavg iTritQoxrjXlov Gloss. Philox. 141. 48)
aus *pan<hcaih8 : panus *diiise' (P. ex F. 276).
prandium aus ^präm-edioin (Hirt Idg. ablaut 83).
princepe aus ^primo-cap-s,
säibra aus *8^ini4ibra über *siUibra. Infolge derakzent-
Verschiebung fand die Vereinfachung des U statt: vgl. mamilta
(zu tnamma) aus *mammtlla.
essqui-, sestetiius aus *8emisque-f *semütertios.
sineiptU. Es wird nach der gewöhnlichen annähme, die
auf die alten grammatiker zurückgeht (vgl. Diomedes GLK.
l)Me7er-Lübke Gramm, d. roman. sprachen I 261 (vgl. anoh 54).
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Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 201
1 436, Velins Longus VIT 7), als ^simi-caput aufgefasst. Neuer-
dings aber hat Wackernagel (bei Niedermann £ nnd I
im Lateinischen 31) eine Tcrschiedene erklärung vorgeschlagen,
denn er nimmt an, sincipui sei aus * si^ino-eapia entstanden.
In lautlicher rücksicht sind beide erklärungen zulässig ^)f was
die bedentung betrifft, ist die Wackemagersche wahrschein-
licher.
Hnea aus "^timica : ai. timi^ 'fisch, ranbfisch'. Dieses
wort kommt zuerst als eigenname bei Cicero Brut 172 und
Quintilianus 1. 5. 12 vor, dann als fischname bei Auson. Mo-
seila 125. In letzterer bedeutung lebt's im Bomanischen fort:
ital. sard. iinca prov. tenca.
aUus (niUlua) aus *oxno*l(h8.
ündecim aus ^ü'nomdecem bezw. *ü'nazdecem *)•
vendö aus *venamdö, woneben venum dö (dare) eine neu-
bildung ist.
vindemia aus ^fftno^emia.
Hierher gehören auch die deminutiva auf -ellus, -^Uus,
•dlus, "öilua z. b. g&mdlus aus *g€men(o)los, femeUa aus */^-
mm(o)lä, eatäla aus *catSn(o)la, lupUlus aus *lupfn(ojlo8,
suUlus aus *8u§n(o)loSj vülum aus *vln(o)lom, persöUa aus
*per9on(o)lä, caröUa aus *corän(o)lä.
Sehr unsicher sind folgende beispiele:
anqufrö aus ^dnc^quaisö nach Lindsay 578, aber aus
*ämbküquai8ö nach Stolz 390. Beide annahmen sind mög-
lich. — Wahrscheinlicher ist die herleitung von anhmna aus
^dna-tem-na (anders freilich Stolz 308). Ganz fraglich ist die
bildung von ante^arii v. Planta I 475 setzt ein ^ana-teäärT
voraus, dag^en Brugmann I * 861 *anti'testäri; Lindsay
578 hält beide annahmen für möglich.
cante statt canüe kommt in einem bruchstücke des Carmen
Saliare vor, doch bleibt es unsicher ob man mit einer synko-
1) Der laatliche gegen die ableitnng aas *tami^aput von W. er-
hobene einwand, dass der Übergang von 'ene- su -ine- den lateinischen
lantgesetzen wiedersprioht, ist nioht Qberzengend, denn der wandel von
•öfie- sn -üne- {nuneupo) liefert tn -fne- «> -Sfie- eine gute parallele.
2) Von einer grandform * oj^forn-dekifi aaszugehen, wie Bartho-
lomae Grd. d. iran. phil. I 1. 112, hat man keinen grand, denn der
stamm *oj^ 'ein' (av. aüoth ap. aivo- '^in' gr. olog kypr. olsog 'allein')
scheint im Lat. yölli|f antergangen sa sein.
Btlttlf« s. Imiid« d. iadff. ipiMkMi. XXVI. 14
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202 Giuseppe Ciardi-Dupre
pierten form zu thun bat, denn ea kann ein überbleihsel der
athematischen flexion sein i). JedenfallSf hat das gewöhnliche
canüe durch systemzwang das i bewahrt^ev. .wieder hergestellt.
tnanceps (gen. mancupis usw.) fAancupö, mancupium aus
^manu-cajh. Neben manu- (lat mant^, umbr. mänuve % manu')
existierte der stamm man' (umbr. manf 'manüs' (acc), aisl. mund
'band', ags. mund, ahd. munt 'schütz, band'), und von vorn-
herein steht nichts im wege anzunehmen, manöeps u. s. m. B&egi
aus dem letzteren gebildet Die umfärbung aber dee wime^-
haften a zu ti setzt den einüuss eines tf-vocals {u, o, au} in der
vorausgehenden silbe voraus (Parodi, St itol. di filal. class.
I 411 f.). In mantdum (aus ^-terg-^Ao-m) mantätum (woraus
mantile und, nach monfle, fnaniüe) fnanciolus (maficioU»' tenellis
Laev. bei Gellius 19. 7) mcdlutium mansuSius, wo jenes krite-
rium unterbleibt, kann man sowohl *manu^ als *inan' ansetzen.
Es ist bemerkenswerth, dass die synkope nach nasalis nicht
nur in offener silbe, wie nach liquidä eintritt, sondern auch vor
gewissen kousonantengriippen, namentlich vor fid und H {zd?),
vgl. vendö aus ^venomdö, undecim aus *unoindeeem (od.
*ü'nozdecem?)^ sSsqui- aus ^stmisque, 898terHu8 aus * stmist^tios.
Daraus folgt die möglichkeit das plautinische fnifff$fium für
ministerium durch regelmässige synköpe zu erklären: daiin wäre
minister ministerium von magister magisterium gestützt.
Umgekehrt ist das gebiet dieser art synkope dadurch be-
schränkt, dass sie dann unterbleibt, wenn eine zweite nasalis
nach dem vocale liegt. — Dass der vokal in n-^iH erhalten
bleibt, ist keinem zweifei unterworfen *). Für • m — it liefern
fSmina (eigl 'die gesogene' : feläre, gr. di^aaro *er sog*, Ofjh]
'mutterbrust' usw.); flemim (zu norw. bkema 'hautbläschen',
dial. schw. bläna aus wz. bhU- 'schwellen' {Persson Stud. z.
1) Die lesart eonU wird die richtige sein? Man hat auch mit der
möglichkeit einer falschen Überlieferang su rechnen , wenn es sich nm
das Carmen Saliare handelt.
2) FfeiKch versacht Wharton Class. Rev. VI 11 f. fMrmm aas *jiä»-
mi *nönCtJmä henaleiten, erdenkt aber nicht (ebd. 268 f.) an eine kot-
gesetzliche entwicklang von *nänmS aas *9iöntma, sondern nimmt an,
grSma 'sarveyor's pole' and forma 'oatline' haben den trieb geg^>en,
aas *ndnima ein zweisilbiges wort za machen, unrichtig ist die von
Lindsay 271 vorgeschlagene herleitang von earmenffermen aas ^eamfi}-
fiMfi, *gen($}men.
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Zur geschichte der lateinischen yoealsynkope. 203
lehre y. d. wnrzelerw. n. wurzelvar. 173], nicht zu gr. ^^-
juoyf/); geminm; ründnö; coniäminö; eöminus; etninus, und die
endnng -mini der 2a plur. pA88. den beweis. Die ausnahmen
sind nur sdieinbar, denn alumnm (eigentl. part. pass. zu alö,
also 'genährt) erzogen'X columna (-« 'celsa' eigenü. 'die erhabene'
: eoüisy ex-cdlö, gr. inohav6g 'hügel'y got kaüus 'fels', ais. hfxUr
*hügel, abbang', lit. kfäms 'erhebung, berg' MUi 'heben'), pi--
lumnoe ('pilis armati" *) Fest. 244), Veriütnnus Vortumnus *der
gott alles wandeis und wechseis' (zu irnio)^ und die etymolo-
gisch unsicheren atrunma (zn gr. mmog 'Bchmerzlicl^ tramg'?
Fiahd« tt. Yn 325) y autumnm (zu ais, auär 'reichthum',
Schrader Sprachw. u. urg. > 440 [?]), Picumnus PUumnus
'brüderliche, ehegötter des alten Born', VUumnus 'ein gott, der
den kindem das leben spendet' Volumtius Vdumnß 'gottheiten,
denea man die neugeborne ^npfahl'y ceUumnia (ans * calü-mn-j^
zu cahi 'ausfluchte suchen' — acümen^ volümen : acuö, volvö)
enthalten die schwache stufe -mno- des suffizes "fneno- (ygL
Brugniann 11 155). Die nebenform domnus zu dominus ist
wahrscheinlich eine in appellatiyischen anwendungen entstan-
dene abhürzung^ wie ital. aar = 8ignor(e), sora ss signora >).
§ 5. Ein zwischen liquida bezw. nasalis und yocal liegen-
der consonant legt der Synkope kein hinderniss in den weg,
wie es aus folgenden beispielen erhellt:
[A] l + consonant:
ffilmm aus *fulg(ujmen *fidg^umen : ftdffeö wie doeumm"
(tum)^ ans ^doc^men{tom) zu doceö.
mtUctua aus *molgäo8 (?). Die Unsicherheit hängt dayon
ab, ob das C; dessen erhaltnng den beweis für das frühere
yorbandensein eines yocals zwischen demselben und dem t
liefern soll (denn ursprüngliches 4kt' wäre uritalisch zu -U-
geworden ygL uUus : idciscor; fvUus : fulciö; muUa, o. moUam
'multam' u. motar 'multae' : muhare), nicht andrerseits nach
analogie yon muh:^ (oder zur Scheidung yon mtdius 'yiel'?
Brugraann I * 668) wieder hergestellt sein könnte.
1) Hier hat das snffix 'tnCcJfUh die bedentang 4nit etwas versehen,
ausgestattet', so wie -io- in atir?<u#, efintiüa, otfUT^fi^, eortMÜus u. dgL
2) Der yocativ domne! kann als eine ^allegroform' angesehen wer-
den, da es um ein inteijektionsahnliches wort handelt, oder, nach
Sommer's ansdruck (IF. XI 5) 'molto-allegro-form'.
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204 Giuseppe Ciardi-Dupre
[B] r + coDSonant:
forceps ('forcipes dictae sant qaod forma capiant» id est
ferventia' P. ex F. 65) aus *form(h€ap'8.
forctus ('forctum pro bono dicebant' P. ex F. 73) aus •/or-
güö8 pari. prät. zu einem *forgeö ^hhorgSiö (ai. harhdyati
'kräftigt, stärkt'). Die synkope wird durch das c bestätigt,
denn urspr. -rkt- wäre zu -r^- geworden vgl. fortis o. fortis
'fortius, potius' aus ^Uifgh-tö-s (— ai. brähä-).
Marpar 'söhn des Marcus' (CIL. I 1076 u. yiell. IV 1906)
aus Marcipor ^).
omö aus ordinö, das nach ordö ordin- rückgebildet
wurde.
qtiemua aus *querc(i)na8 : quercus wie fäginua : fägus
u. dgl. — Anders, und m. e. unrichtig wird quernus von
Stokes o. XI 71 und von Meyer (-Lübke) KZ. XXVIIl 171
erklärt Dieser leitet es aus *que8inos^) her, jener aus "^qerno-
(air. crann *baumstamm').
io8tu8 aus ^torsUoSj part. prät. zu torreö = *tors^iö (aL
tar^äyati 'er lässt dürsten', ahd. derriu 'ich mache trocken,
dörre'), vgl. monüua : moneö, ai. carita- : cordyati u. dgl.
[C] n + consonant:
cunctor aus *concUor. Es ist ein denominativ aus *fcon'
qüO' (ai. gankUa- 'besorgt, ängstlich vor').
cünctua aus *coenquüo8. Es ist ein, wie penitus, in adjek-
tivischer funktion gebrauchtes adverbium zu ^co-efi-jMO-^ das
eine bildung wie longinquos propinquoa aufweist (Brugmann
Totalität 20 £f.).
deinceps vielleicht aus * deinde-cap-s,
quindecim aus * quinque-decem, quingentt (arch. quincentum
Fest 338) aus * quinquecenti , quincttis aus *quinqudo8 (zu
Quinhis wie ai. paflcatha-, air. cöiced zu gr. nifimoq) »).
1) Entstand Mareu$ selbst vielleicht aus * Martieoit
2) Wäre diese erklärang richtig, würde quemu$ auf derselben
linie mit orniM, loema stehen.
8) Absichtlich habe ich nicht, in dieser reihe impedire imp^rSre
angefahrt, denn ich glaube nicht, sie seien synkopierte formen ans mdu-
perSre indupedirey wie einige forscher annehmen, sondern halte letstere
ffir poetische, der lebenden spräche fremde bildungeo, wie auch Sc halse
Qaaest. ep. 15 anm. meint.
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Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 205
[0] m + consonant:
Hierher gehören alle mit der präposition *atnbhi (ai. abhi,
av. (jtßwi, ap. abitf, gr. ä^g>i9 as. ahd. unM) gebildeten Wörter:
anc€iesm ('ancaesa dicta sant ab antiquis vasa quae nunc cae-
lata appellamus, quod circumcaedendo talia fiunt' P. ex F. 15)
aus * dmbhi-kaid^tihs ; ancentus (CIL. X 4975, wo Momuisen
bemerkt, dieses wort sei bei Ammianus Marcellinus in folgenden
stellen statt des überlieferten 'accentus' wieder herzustellen:
'dato aeneatorum accentu soUenniter signo ad pugnaodnm'
[16, 22, 36], 'aeneatorum accentu signo dato ad progrediendum'
[24, 4, 22]); anceps; ancäia ('quod ea arma ab utraque parte
incisa' Varro 1. 1. 7, 43); ancuUts (— ai. dfiqdTtokog);
amfäriam ('pro ambftbus partibus' tiloss. Epin. 11 35); am'
fradus amfradärius amfragösus; atnflexus; amplector u. ver-
wandte; ampendices ('dicebantur ab antiquis quod circumpen-
derent' P. ex F. 16, 3); ampsanctus ('loci ampsancti, id est ab
omni parte sancti' Serr. ad Aen. 7, 565); anquirö ('/ s. oben);
amseges ('arosegetes dicuntur quorum ager yiam tangit' P. ex
F. 16); amsedeö ('amsedentes circumsedentes' Placid. p. 8 D),
amtermini ('qui circa terminos provinciae manent' P. ex F. 13).
Dass der beispiele dieser art synkope, in vergleichung mit
denen der synkope nach einfacher liquida bezw. nasalis, sehr
wenige sind, ist keine befremdende thatsache, denn, durch zu-
sammenstoss des dem yocal vorhergehenden konsonanten mit
dem darauf folgenden wird ersterer überhaupt verändert oder
ausgestossen, so dass der wurzelhafte theil des wertes und dessen
Verwandtschaft mit anderen wörtem unverständlich werden.
So z. b. würden aus farcimm^ sarcina, algidus, algificus, *f ar-
men (zu farc%ö\ *sarna (zu 8arciö\ *aldu8 *dlficu8 (zu algeö)
entstehen, wenn der vokal nicht erhalten oder wieder herge-
stellt würde.
§ 6. Synkope nach y, weisen folgende werter auf:
aububulcus ('pastor ovium' Löwe prodr. 348) aus *a)ft- oder
*ai»o- : idg. *ag!^, lat. avilla ägnuSj gr. dfivog 'lamm'.
auca auceps aucupium; augur augurium; auspex auapicium
aus '^a^i'hl u. s. w. Als erstes glied der Zusammensetzung
kommt der stamm *ajAi- 'vogeP (lat. avis, arm. hav, gr. ä-etog)
vor. •
audio ans *ä^izdiö : gr. aiaOdvo^ai 'nehme wahr'. Dar-
aus ergiebt sich, dass die synkope nach ^ älter ist als der
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2()6 Giuseppe Ciardi-Dupr^
schwand des z yor d, dem ein ^atndio wäre nicht zu audio
geworden.
atUumö, ein denominativ von *autumO' *a/i^itumO': : oua
(= ♦oAoi). Lindsay 180 u. 235. Wharton Et. lat s, y.
cautus (-to-) catUus (-tu-) cautor cauHö aus ^co/i^ü- (cavitutn
CIL I 200 «. ^ cavitionem P. ex F. 43): caveö. Vgl. mon«i«
(-^0- u. -tu-) monitar monüiö : monee^.
daudö aus *clä^idö : er25t^, gr. xAi^S^ xA^/g 'schüsser.
faudus aus ^fd^estos : jfiif?or. Vgl. honestus : honor.
iüglans nicht aus ^jo^-glana sondern aus *j^e8'glan8
'*joy!(z)glan8. Als erstes glied ist ein gen. sg. anzusetzen
(Von Planta IF. anz. X 58).
dpiler ('opiter est, cuius pater avo vivo mortuus est' P. ex
F. 230) aus *&y!(o)^pater eigentl. *der den grossvater als yater
hat'. Das t für au ist eine Yulgärlateinische eigenthümlichkeit.
pauctia aus *pauico8; pauper aus *pd^paro8 (vgl. opi-
parus).
raucus aus *ra^ico8 : ravis ^heiserkeit'.
Die adjektiva *audo8 (gen. sg. audl von S kutsch I 44 in
Plaut Bacch. 276 wieder hergestellt, audeö audäx, dagegen ge-
wöhnlich avidu^^)\ crüdus aus * cre^iodo-s *) zu (ruor, gt. x^ag
•fleisch', ai. krania 'rohes fleisch'); nüdus aus *nouodq8 *nog!Hh
do^8 (zu ai. nagnd-, got. naqaps^ lit. nügak, asl. nacp» 'nackt');
üdu8 (neben ilvidu8) aus ^Q^dos *ilg^(h8 (zu aisl. vgkua
'feuchtigkeit, nässe'?). In avidus gravidus pavidu8 üvuiu8 ist
der Yocal nach der analogie von lepidus rapidus u. dgl, wohl
erhalten ev. wiederhergestellt
Eigennamen [1] auf -ilo-^ -ilio- : Aulu8^ Aulim (neben
Aviliu8 CIL. I 85 « XIV 3069, Avilia IX 5699), Cauliu8
neben Cavüiu8 CiL X 1292), CtöKws (CIL. XII 1185, Cloulios
I 381, I 1297 = IX 4463, XIV 2820, neben auüius QU^iua
= *Qomliu8), Jülu8Jüliu8 [neben Juilius in^cbr. in Ann. inst
arch. 1880, s. 240, aus * Jotnlius), * Potdios (gen. sg. Pauli CIL.
I 1556, II 401, 4970, neben Puüiafsaoia] Fest. 330); [21 auf
1) Bartholomae o. XVII 120 erkennt in auda keine synkope
an, sondern die Schwundstufe einer bisyllEbischen wnrzel anfidh- {äMov
oMus : audeo == d^ : av^cfyoi). Diese annähme Boheitert daran, dass
orspr. *audh- zn *auh' geworden wäre (trotz Geci's aasfahrungen in
Rendic. Aecad. Lincei V, 4 (1895) ss. 618—686, Tgl. besonders s. 620).
2) Anders jetzt Hirt Idg. ablaut 103 [Gorrectomote].
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Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 207
-ddo-, -idiO' : Audius (neben AvidiuSj Ätddianus etc.)» Caudku
(wohl aas ^Cavidio»)^ Claudius (aus *Clav%dio8 : Clavius —
Aüidius : Avius); [3] auf -iekh : Aucius (neben Avidus); [4]
auf -isiio' : ülustius Noriim (? über das o vgl. unten) Bustius
(aus *Nevi8tios : *Ne\ii8tos ^) u. s» w. •>- Lepidius : Lepidus
u. dgl.).
Den Wörtern, die ein ojf (a> urspr. oj^ oder e^^) enthielten,
ist eine besondere betrachtung zu widmen. Davon weisen einige
r^elmässig die synkope auf:
brütna aus ^bre^mä. Diese grundform behauptet neuer-
dings Sommer IF. XI 210 gegen Osthoff Morph, unt V. 91
und Fiqk Et wb^ 11 * 179 die *breAuma ansetzen.
curia aus ^eö-yariß 2u ^^tro^s^ (lat. vfVj ai. pird^, air»
fer, got i€air, lit. vynas 'mann'). Die abweichende von Stolz
253 f. verfochtene ansieht» wonach carta (d. h. "^quoj^ä) mit
Qmrft^ auf eine wurzel*9e{iB- zurückzuführen wäre, gilt mir
als unwahrscheinlich '). Überdies kann ich mich nicht ent-
scheiden, eilria von vo. eohueriu (Von Planta I 279, über die
bedeutung des k vgl. IF. anz. X 57 anm.).
obtürö aus *obta^^ö, eine bildung wie moderö u. dgl.
. prOdens prüdmiia aus *pr6^^id'. Rückbildungen sind
providiö Providentia.
rüB aus ♦r«j^«- : av. ravtvnh.
rürsutn (rürsus)^ sursum aus *ri-^or80', ^sS-^arso-.
Salus, mit salvus zweifellos verwandt, aber in bezug auf
die bildung nicht genügend erklärt. Es sei mir hierüber folgende
vermuthung erlaubt. Dass ein stamm '^sale^a' dem adjektiv
sdlfms zu gründe liegt, ergibt sich daraus , dass ein urspr. ly^
zu U geworden wäre {y^. pallor paUidus : lit. pahas 'grünlich';
poüen aus ^polysn : pulvis aus *pole'^es•- u. dgl.). Von ^sale^o-
1) PaujLi Altit. stnd. U 140 f. macht darauf aufmerksam, daas in
mancher idg. spräche eigennamen aus superlativstämmen gebildet wer-
den: vgl. di. Jj^effha-i Nediffsa-s Vasiffha-ß ^aöittha-s ^restha-Sj gr.
'*AQitn9g KaXkiotos K^ttnog Müytinog nUZarog, lat. Fogtumius,
2) Dazu 'bemerkt y. Planta IF. anz. X 57: '^Mit einer solchen wz.-
eiym. ist für die sachliche Zusammengehörigkeit, die doch den ausgangs-
pimkt bildete, nichts gewonnen. Gehören die beiden Wörter wirklich
etymologisch zusammen, so kommt man, da curia wohl =s *c6fnrta ist,
für Quitiies auf * Cof^rtU» mit vortonigem u wie in eUiaca usw. , vgl.
fwaer itaL qußUo aus eoaeius u. dgl.".
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208 Giuseppe Ciardi-Dupre
wurde das abstraktum *sale^^iU' *8alou(o)tilU^ eigentl. 'Voll-
ständigkeit, unverletztheit', und daraus durch synkope *8alatfU',
und schliesslich durch haplologie salot" i).
In einer zweiten reihe von Wörtern erscheint neben der
Synkope die reducierung des a^i bezw. o^e zu ö:
nündinum {noundinom CIL. I 196 *'), aus ^na^endino-
(ai. dina-m, lit. d^ä 'tag^ : nondinum.
^nounos (acc. pl. f. nountis CIL. X 2381), aus ^noueno-si
nöfitis nönaginta nongenti,
üpäiö (Vei^. ecl. 10, 19 hss. M. u. R., Apuleius passim) :
öpiliö (von Servius a. a. Vergil's o. und von Gaper GLK.
Vn 112 in a. V.'s o. gelesen). Über die etymologie und die
bildung des wertes gehen die ansichten weit auseinander. Es
handelt sich um ein compositum, dessen erster theil sich mit
dem stamme *o^i' (lat. ovis, gr. oig usw.) deckt Der zweite
theil ist nach der gewöhnlichen annähme ein von der wz. q^-
'hüten' (gr. ai-ndXog 'ziegenhirt' ßovxökog *rinderhirt') abge-
leiteter stamm >). Dagegen setzt Geci Rendic. Accad. Lincei
V, 4 (1895) s. 530 f. zwei parallele stamme an: *o^i'qffol<hs
(wz. qifel') und ♦ Ofti-pHiq (mit ai. pdld-s ^hüter, hirt', aja-päld-s
afd'pald'S gO'pnld^ verwandt). Aus dem letzten soll das plau-
tinische öpüiö und die italischen eigennamen osk« lTpü(ieis)
•Opilii' Upils 'Opilius' peh Obelies 'Opilius' Obd *Opil-' ») her-
kommen.
Drittens weisen folgende nur die reducierung zu ö statt
der synkope auf:
contiö aus *c6itenHö, Rückbildungen sind conventiö, con-
venu.
fötus aus ^fo^üo-s : foveö — monüua : moneö. Gleicher-
weise fötus (gen. -tüs) fötor fömentum föctdum aus ^fo^itu-s
*fo\kitör- usw. (Zur etymologie s. o. XXI, 163). Wie fötüs usw.
zu foveö verhalten sich mötus tnötus (gen. -tüs) mötor mömen-
tum (aus "^mo^üo-s usw.) zu inoveö, und vötüs zu vaveö (wz.
•j*«gttA- : u. vufetes vufru). — Dagegen setzen löttts lötör löHö
1) [Vielmehr steckt ai. üU-» im zweiten teil. Pr.]
2) Das p «■ idg. q^ weist auf dialektischen ursprang von üpüU
(vgl. ^tM, hoB),
3) Diesen eigennamen, nebst lat. Opilius, halte ich vielmehr für
eine ableitang von Ope.
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Zur geschichte der lateinischen Tooakynkope. 209
hmentum einen stamm mit langvocalischem diphthong Toraus:
*^- (vgl. gr. nXuno^ zu "^ftlw/w). Ebenso iotus tomentum.
Nöla (osk. Nuvlanüs 'Nolani') aus *Nauela.
omen (altl. osmen) aus *i^i9men : gr. otofiai (•» ^6/ioiofiat).
Borna aus *8ro\^ma. Vgl. Geci Arch. Glott. Ital. s.
p. VI 19.
Unsicher ist die von Geci ebd. vorgeschlagene herleitung
Yon rörärii (Non. Marc. Ö32 ed. M., P. ex F. 359) aus *ra^
eMhrioi (gr. igevräw, igtvya, aisl. raun). Derselbe aber erkennt
die möglichkeit an, rörärii auf eine wz. *rOff- (gr. iQwij
'rasche bewegung' (^ioftai 'ich bewege mich', ags. riwanf aisL
röa 'rudern') zurückzuführen >).
Als regelmässige entwicklung ist im allgemeinen die
Synkope anzusehen: die abweichende behandlung wird analogi-
schen einflüssen oder speciellen lautgesetzen zuzurechnen sein.
Das o für ü (•>- 0)f) beruht auf analogischer anlehnung in
fotus fötor usw. (nach fövefi)^ mottis motor usw. (nach mifveo),
votus Votum (nach fdveo), nonus nonaginta (nach nSvem)^ und
wahrscheinlich in nontiäre (nach notüia)^ opilio (nach övis)^
omen osmen (nach ös), cöntio ist vielleicht folgenderweise zu
erklären: die ünsynkopierte form *e6f^ntio wäre bis zur zeit
erhalten geblieben, wo die assimilation des nachtonigen vokals
an den hochtonigen stattfand, dann wurde *c6f^Uö zu *cö^
ontiö und schhesslich, mit lautgesetzlichem Schwunde das if
zwischen gleichen vokalen, * coontio cöntio. Bei Nöla, Noetius,
Borna spielten wahrscheinlich dialektische eigenthümlichkeiten
eine rolle.
§ 7. Synkope nach consonant + s:
dexUr dextimue aus *d4jc8iter0'8 * difceitymo-s : gr. de^iög,
ai. dak^ind^ ddk^ina-, av. daiina- *dexter', lit. deszine 'rechte
band', asl. deebm 'dexter'. Dass ein vocal vor dem t wegge-
1) Unrichtig ist die von Kahn KZ. III 898 ff. herrührende an-
nähme, wonach gloria auf * Ide^-ei-ia (vgl. ai. fraooiyd'tn *rahin, ruhmeB-
that') zarücksuföhren sei. Unlängst hat Stolz IF. X 70 ff. diese ety-
mologie einer scharfsinnigen kritik anterworfen, and die zasamroen-
stellang jenes wortes mit glarit ^f/iv&oXoyos^ (GGIL. II 84, 16), unter vor-
aassetzang einer abstafang d : a wie in rädere : rädere ^ wahrscheinlich
gemacht. — Unentschieden bleibt ob ötium ans *oiietio-m entstanden
sei, oder ein valgärlateinisches ö für au enthalte und mit auiumnue
aisL amOr *reiohtam' zu vereinigen seL
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210 Giuseppe Ciardi-Dupre
fallen ist, ergibt sich aus der erhaltung des Xj denn urspr. "Test-
i^äre zu -^f^gawordeü: vgl. z. b; 8$stiu8 atts ^aextiosy iUnsiris
ans' ^itlöücäris ^). *' '
mixius aus- *fnixito9 : ai. mek^ayaH *ev mengt init^.
• " \pö»t^ auS'*)w^Ä»mo : Bii'k^iti-s, SL^f. »iti-ä 'ufohrmng, siede-
lung'i gr. 9criaig 'ansied^ung^ as. jr€^(, ahd. aedal '«itz^ Wohn-
sitz' usw. (wz. hfei' nach Brugmann I ' 790). BegeliHässig
'isi'diEkS' partiöip JMi^^iM; dagegen ist die gewöhnlichere neben-
vtorin p06i^ wohl eind rückbildung aus poMfi Baefa d«m.«?er-
iiädtniss^ penüms : genuf, habitüB : habiff^ oder naah der analere
des Simplex sUus. * . . . « , i
|>rae^o viell^cht aus "^prai^ksitod^
sümo aus *sup9'emo (vgl. suMneö aus Paup9*temefi). Das
archuisehe {)rät. aurSmit (i^/ ex F. 425) ;i$t lautgesetsUch aus
^ ^99ip9^fkü ^sutfsß^'mit eulstanden.* surempsU ^hä^ iat nach
'det 'ftna;k>gier 'diBr sigmatischen; abristQ umgestaltet, ebense wie
•coni^ (statt *'ö9mii -^us ^oö-Srnt), dempäi (statt . ^'^ddftni aus
*<f^iifl). 'Endlich "vi^urden nach campst eompiua : co$iUi, dempaf
demptua-f dstnö die «olassischen formen jrdmj^m aumptue-^^go-^
-bildet«' •' '■'•'•• ; ■• "' ' •
* Mit ^^eser ersch^inung in zutomnienhang steht "wohl die
spätlateitiiscbe synköipe nach ^^ bei supcfrlHtivst&mmen: pientiim-
(qL.in4462) pieniimo (VI 13432, 19877) rfi<fci>m<> (VI 13714)
feticima (ebd:y dultisfho (IX 6210) koHmäe (EE. V!If 266).
Darübfer Vgl. Soitamefr IF. XI 256f.
. pie Synkope eines ' l^ürzen yocals nach '« -f cbnsonant ist
nur in hospes (aus ' * höstipotis), sospes (nach Prellwitz aus
^sistipotis "^s^istipotia : ai. avaati-^ 'Wohlsein, glück') sicher be-
legt. Unsicher ist die hefleitung W)n aeatumt> aus *äpid(i)'
iUmö (Barthöloma^e XI 91; vgk Brugmann IF; 1 171 und
C e ti Rendic. Accad. Lincei V 4 ( 1 89ö) s. 636).
' - *■ § 8; 'Die präp'ösitiotten *a/x> (ftJ. rfpa, av. apa, gt. «iro,
got, af, ahd. aba) *opi (zu ai. dpi, gr. iTti) *x-upo (ai. üpa,
^ytupäl grivTcp, got uf)' werden in zusammengesetzten nomina
N . ul) In^dite«. ist du x: wafaradbeifilicb in aMohlosB ßjk <«sr..ortiio-
frflphitoh erhtilUn.
' 2) BeVaht ^ie vereinfadiang der gpmppe -4:^ auf der lange der
•vt)rh«rgiBhöüdeo 8ilbe?' ■
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Zur geschichte der. la^inischen vocalsynkope. , 2\t
und yerba zu oft, ob}), 8uh: z. b. abdieo bms * dp(o)'dicq(ji^,
asper WB *äß(Q)*8phrr0'9 (— ai. ajpa«^Aiirar V^gstossend'
Oathoff IF. VI 14£), officium aus *6p(ij'facioin, obttneo äas
*6p(i)'i^n(!(i)o, suffräfftutn aus * xüp(o)'fräffiom usw. Die media
statt der ursprünglichiBD. tenuis ist vor tÖpend^ anlaufendem
compositionsglied entstanden, und von solchen 'fallelti aus in der
Orthographie verallgemeinert *). ' ViMleicht geüört auch dplirnUs
hierher, denn man kann es auf eine grundfortn * öp(i}t'^ffio-8
zuräckfiihren, eine bÜdung der^elbäii tot wiä Tt^utQog *verdere\
Äi. prdtärd'fn 'weiter, kftnftig'' ±\i JV^-v^f*, lat. eederus tn tx
usWl •). • . ^ • '.• . w '
Hierher gehört proptervuH (von jproierw^ Wohl zu trerinen)
i\x^ ^ prip(€)t€^'S : gr. rtQOTferijg (vgl. F^föhde o. XVÜBlB).
, In allen besprochenen, wörtertl baf^delt. es .'sich /um jLie
. Bjnhope. eines i^ach toi^loser Ubialis stehenden vocals. "13a-
jegep 2^eigen lepidus rapi^dus sa^iäfti tepidus treptdus die 'f>e-
wahrung desselben in derselben Stellung. Der gegensatz efklart
sich daraus am besten, dass man es im ersten falle mit vieriBilbigen,
im. zweiten mit dreisilbigen wöi't^^i'ü zu thün hat. Wir 'werden
also <)as gesetz formulieren: Nach tonloser labialis (oder 'nach
tonlosem verschlusslaute itn atlgemeiten ?) tritt dfe Irj^kope in
drittletzter silbe ein. Ist da$ gesetz' richtig formuliert, kann
man die von ^f'ay Classl Rev. XI 93 und Prell Witz' o.
1) Im lat. A scheint mit *opi eitf *oW (eq tiL Mi 'auf, zQ* [von
abTü 'zu beiden Seiten,' uiä'^ vAg.^igdfhC zu trennen]/ MmU icM)»eo-
ttunmengfelailen. * ' . .. l • <\. *, ' tj
* ^ Hitf «nd da. kouml«. auch v die tfsn^ <y iror v 4^. iiiaifi (^fuit.
P«b. jHi« iük CQcL'vet.) ppjf^e^aiuin (Qsr. Heaat, 990 im^coii.'BeiDbinas).
S) .^Is ,eine neabilduQg naal^ legttumuß fimtumus ist opüuma (CIL.
I 1016 — ! VI 195|?) aDzusebeD. . ^ ' ' '
. 4) Brugmann I^ 216, Stolz 99 u/a. i^ehmen synltbi^e des Ve-
ddplicatioübVooals atf in nUuli \\it *rHf0}Ud$, i'tpp^ik'hnB'^rS^äJpuii,
reisei^'ixM *^4--€fe)e%d/t, rtpp«^ wU' ^.ti*p(fi.)p§i% tt. üg].. Dieser'; an-
taahitfe ftänn i<ali' nicht 'bcistimmeb, ni' rüQknobtlniif pM^ (wacipa J»icht
*praUuU ans * pr&-t[9}tut%f) propuli (waram Dicht *proppulif) n. dgl.
Vielmebr sind formen wie rtUuli r&ppuli u. dgl. durch haplologie aus
*r0pp^ipitk *r&Uetuh zu erklären. Der doppelte' könsoMÄnt idt durch
assimilatioD des au3lauienden ä der präposition {red-m ridambatd re-
dau9pico redhiheö redipiscor redhostio redamtruö redigo redim^ rBäirUigrö
rediUar redamö reduteero redindütus tedt'ntenw ^edopitö redop^io) ah' den
anlautenden konsonant des verbums entstanden.
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212 Giuseppe Ciardi-Dupre '
XXII 62 anm. vorgeschlagene erkläruDg von väricus aus *W-
p{a)trico8 (vgl. ai. vi-mäiar-) billigen (anders Brugmann I * 99,
II 180).
§ 9. In propter, aus "^propUifr, ist der vocalverlust, wie
Sommer IF. XI 5 annimmt, wohl dem häufigen gebrauche
dieser partikel in proklitischer Stellung zuzuschreiben, wie bei
iuxta aus *itigi8ta (in gegensatz zu magüier).
Im Vulgärlatein scheint die synkope zwischen dentalen in
vorletzter silbe stattgefunden zu haben: adgret(t)u8 egrätus aus
*'gred(ißos (zu -gressus «= ^-gred-Uhs wie elieitus zu adUetu8\
mattus aus *mad(i)tos (zu madidus wie 8tulti48 zu stolidus, oder
wie lit. Mrtas *fett\ le. ti4nrt8 zu asl. tvr^d^) »). Der Volks-
sprache gehört ebenso frigdo- (für frigide-) : 'frigida non frigda'
App. Pr. GLK. IV 198, fridam CIL. IV 1291, frigdar (beispiele
bei Georges Lat. wf. s. v.) infrigdo Fragm. Bern. GLK. IV 34,
frigdaria Lucil. 8, 12 ed. M. Auf *frigdo- geht auch ital.
freddo zurück. '
§ 10. Ein kurzer nachtoniger vor r stehender vocal
(namentlich ^, denn urspr. ä und ^ werden in dieser stellang
zu e, und ö, U bleiben unverändert, vgl. leporis arbaris fulguris)
wird nach folgenden gesetzen behandelt: I. In dreisilbigen
Wörtern wird ä, wenn kein st bezw. sp vorhergeht, beibehalten:
proceres; uterus; alter alterum; eitert; inferus, superus; lacer
lacerum; interim; iterum; impero, auperö u. dgl. Dagegen
scheint der vocal in tUer utrum, citra citrö, contra, infrä (aber
altl. infera nach Prise. 2, 30, 3; infera CIL. I 1166), suprä
(dafür supera nach Prise, a. a. o. in Gic. [ex Arato] nat. deor.
2, 42, 106 [bss. supra], und CIL. I 1011), ultra uUrö ausge-
fallen zu sein. Vielleicht handelt es sich um bildungen mit
der schwachen form 4ro- des Suffixes: vgl. lit. katräs 'welcher'
(zu ai. katards, gr. Tcoregog 'wer von beiden'), aL dtra ^hier,
dort, da' tdtra *dort, dorthin' ydtra *wo, wohin', got hidre
'hierher' jain^ö 'dorther' hwaprö *woher' usw. Was citra
1) Unriclitig wird futtiUs von Stolz 614 a. a. mit egrM(t)iu auf
eine linie gestellt und von einer basis *fud(%)to- hergeleitet. Es ist
vielmehr als *füUl%8 (vgl narrö » ^^närö) aufzufassen, d. h. als eine
bildung aus der wz. ^§h9^- (gr. //oi usw.) 'giessen', wie fertiiü aus hher-.
— In eette^ aus *eediU^, ist die synkope, wie Sommer a.a. o, annimmt,
ein effekt des spreohtempos.
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Zur geschichte der lateinischen vocfllsynkope. 213
infrä nnd andere Partikeln betrifit, die als präpositionen ge-
braucht zu werden vermögen, könnte die synkope bei prokliti-
scher Stellung eingetreten sein. — II. Nach st bezw. sp wird
^ ausgestossen: magüter minister (gen. -tri)\ räpittrum 'eine
art rtibe' (aus ''^ räpiS'Uro-m)\ *ßia8ter (gen. -tri) und die
übrigen bildungen auf -aster (vgl. Sommer IF. XI 31 ff.);
campester, ^Nemesier (aus Netnestrinus 'haingott' Amob. 4, 7
zu erschliessen), paluster u. dgl. (vgl. OQ^ateQog 'bergig , auf
beiden lebend', ayQotsQOQ 'auf dem felde lebend' usw.); bime-
Stria (mit Übergang in die i-flexion), menstruus (zu ^menstrih
wie annuus zu annus) ; sinister sinistrum (daneben, nach dextera,
sinistera Plaut. Merc. 880, Ter. Eun. 835); noster nostrum,
vester vestrum; extra (altl. eztröd CIL. I 196; daneben extera
nach Prise. 2, 30, 3). Diesem gesetze scheinen folgende bei-
spiele zu widersprechen: asper asperum (daneben €Lspr%s Verg.
Aen. 2, 379, asprös Stat. Tbeb. 1, 622 u. a. vgl. Neue Latein,
form, n * 15), dezter dexterum (daneben freilich auch dextr-,
vgl. Neue II * 8 — 15), exterus, posterus^ prosperus, vesperus
vespera. Im allgemeinen sind diese ausnahmen aus der analogie
des typus aUerum, laeerum zu erklären, jedoch können in ein-
zelnen fällen besondere gründe mitgewirkt haben, ^prosprus
wäre schwer auszusprechen gewesen, externa und posterus
nicht nur nach superus infems, sondern auch nach exterior,
posterior, dexter- aus * di1cs(i)teros ist vielleicht lautgesetzlich,
da die gruppe -xtr- erst secundär entstand >). Bei vesperus
vespera kann theils die analogie von vesper vesperis (wo ^ eine
stütze in verber, -eris, tüber, -eris, agger, -eris u. dgl. fand),
theils die anlehnung an gr. SaneQog eaniQa eingewirkt haben.
— III. In der vorletzten silbe der viersilbigen wörter scheint
e vor r synkopiert zu sein, wenn die drittletzte einen der Syn-
kope unfähigen vocal enthält: porcMra aus *pör€Stera *mutter-
schwein', fabatrum 'kern der bohne' aus *fdbätero-m, acc. pl.
ungulätros ('ungues magnos atque asperos Cato appellavit' P. ex
F. 379), ßiatrum (CIL. VIII 2848). Vgl. Sommer IF. XI 16
u. 33. In mcUertera unterblieb die synkope um die gruppe
-rtr- zu vermeiden.
1) Die hiafigkeit -der synkopierten form d§xtr' erklirt sich daraiu,
dMs die neigang sn dieser tri synkope bis sur spätesten seit blieb;
vgl. itaL deiirOf oipro, v—pro in gegensats zu lae^ro.
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214 ' Griuseppe CiarcH-Düpri
'I lt. Ip nueleus aüi ^nwUlB^qs ») (nuatdeu^ PlMt: Capt.
655; Curb. 55) ' habei Wir das' ^nzJge elaasiscfee beispiet der
syiikope vor r in nachtoniger* silbe. Bei ^äeduit$ neheiä scvk^ulmmy
pöclum neh&ii pöcidü)n ü/dgl. handelt es sieh nicht nin die
syiikope, , sondern' ist iduin die regelmässige' endntig, wofür
-c^&tm nach dW '^balögie dar demihutira^ mt-qi-iJ^' {vgl. tt.
strtihitä ^diraem,-H6um')'Bpafer eingetreten ist *)^ In eirdöB
(Ädfe. tr/lÖO ed. R; Verg^! Öeorg.' 3, ' 166), »eben genröhnlitshem
di'ciäus ÄÜ8 ^cireo-id-s, 'isi vielleicht die ^Synkope dei« variier-
gebendeh gnippe /; -f c^nsoüailt zaztcsch^^ibeni . Sonst findet
sie nichff irot i stätt,^ vielmehr entwickelt sich ein vo'kal ^wfsehen
cörisonänt tind/Z; z. b'. ftibflis aus ^fisblis (livitäK -ähh^^ mit
secünds^rem Übergang zur 'f-d^äitiätion), singulus Bu^^09md(98^
angvlv^ "BiViÄ * aiidös/i^ ^fisHaxxsw: In Vcncfon^ wä
WÄhri5cheihlich\*die'^ Viersilbigkeit die-urtÄchö^dei? synkope,' 8q
wie ih^ 2^^*^«w des tinterbMben»idw dÄä^^
DW gfeÄigte gilt nut'-^!lr die dassiaöhe sprteche; 'In der
späteren bezv^; vulgären 'fepraishe tritt die synköpe vor i regel-
mäs^g' ein: zyh.'aitiäd *(App. Pr;^ 6LK. IV 199, i) ung/lm
(197, ^2yäfiiclus (m,2iybadm(i9li2^)ba^'{^v^^
199, 14) capiclim (fö8; 34) faelä (19»-' i&y iiiglm (197, 22}
iwendvls (fÖ7, 29) fnasOuB (197, 20) ödfus (198, 18) oWbto
(198; 11) nepticta (199; iy spedntn (197, 20) «^afch^m (198, 2«>
tarn (19&i 2ä) tribla{l^, 9) ^li$s (— ffe^us 197, 20) vet^
näclüs X^9T\' 21) tJ/«»^ (- tüiäus 197,-21) cHw#ii*^ (CIL. XJ
33bä) jFVoctoeÄ ^V 115T). ' Die TOtoÄhisöheii B^rÄchen beatü-
tigdir'emeii solche^ iütatbestand : z. b. ital. seochia (9\k\g.'lB,t,
8ibla%' i\ä\: 'parecchio, fr. paneä/ sp/ pak^ja^ ^pthr. par^ i»#.
(vglät. puHdb") , itäli trebbiä- tf^i^bia^e, sp. trilta- tHUarj- afr.
tfibier,'pg. irühä^t^ (▼glät tribl^i^ tribWi}^ itaJ, vecchto,
{r: vhit, pfov. w^tt, sp. m>/ö; pg. ««*A^ (vglÄt. t^e^b)-) U«w. ^ •
' § 12; * Eine ^'rkühg- des'akzerits erflicheiat'in der synko^
{(irung Von äiptetäfn aspt4dd äspiititdö im gegensät^ 2ü asper
asperum} it äpH'öm AprUis'^jgeg^nhher'npefi^ in ' podrtdie
poitritnui: i pösterilie ;' in supremue-i ii$fperi$3; in extfAneus «ar-
1) Es ist ein deminutiv za nux 'nnas*.
.,..3) D^ im^plassiscliei^ asfiitalter V9r8p]bwandeiie formanter^chied
Evipchea beiden wqrtk^tegorien wi^rd von Fläu^usr nooh beibehalten, denn
er wendet -eokh statt -dlo- nur. .am. ende eines halbverses 'metri^ causa'
an, wie z. b. in Capt. 440: periclam vitae meae tao stat pericolöl
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Zur geschichte der lateinischen vocalsynkope. 2l5
irimue ^aMiMtem .: $sftfiru$; in aUHn9e(^ } ^Ufi^ altemm; in
[pßterj pnUr^Hs dji.'n^t der patera'<;^jpa/era ^). Wjr l^önnen
dimacb Aii&ehmen , daps Tortoniges f vo.r r^ nach 4^r jik^ßnt-
Terschiebni^ sjmk^ieri wurde». Das unterbleiben, dßf 8|yQk()|p,f^
bei imperätor operGsua veteränus usw. ist gleicht, zu erklären:,
vgl. inqperö, opera operor^ veteris (gen.) «), Pe|*9elbe voirgang
erscheint in disciplina (zu discipulua), cö^lata (Lucr. 6, 1086).
Freilich ist bei der synkope vor l schwer zu sagen wo die
Wirkung der vortonigkeit aufhört und diejenige dör Volkssprache,
die sowohl ' in Tor- als in nachtoniger Stellung zur vokalaus-
stossung hinneigte, anfängt. Das idt ^ b. der fall miüeaÜMö
(Plin. n. h. 16, 94) cafj^xsttr (Vitf.) zu catidus ; epedmor ^CIL.
X 684) zu speculfn-, quägUUor (CIL.' XIV 25) 'zö coägulö uiw.
II. Die synkope. in endsilben. ' '
§ J[3. : Die synkope in endsilben wird von eigenartigen
gesetzen geregelt, mit deren erforschung wir uns zu b^häf-
tigeB haben. Die vertheilung. des Stoffes geschieht am besten
nach der qualität dßs syn)copirten vol^Js.
ä bleibt ausser betracht, da es in ursprunglich äuslaiitien-
den Silben nicht vorkam. Das historisch in nominal- und ver-
balendungjen erscheinende ä (z. b. acc. sg. rosäfnf 3. sg.'impf.
amül^f präs. s'ubj. legaf) ist' aus älterem ä dilröh'secund&rb
abkürzung entstanden! ^ ' ' ' - '^''''
Ebenso, von f kann man absehen, denn 2" (=^ ^ ä) bleibt'
vor complicirtem consonanten unverändert {z. h\ auspe^t, inef^^
seges ^ ^segets, ui s. w.), und fallt vor einfachem ^cöhsonantto
mit t zusammen (z.b. geü. sg; getieris aus * genest», 'S.'sg. präs.'
legü SLixs *ieget usw.). Geht quättuör s,vS *qüetriSte8 (ü.' datti^
ras, gf. dor. jhofes nsw.) zurück, so li^ es nahe/ die synkope
des ^ anzunehmen, denn der Übergang des '^ zu t ist -Vielleicht
als jünge^ zu betrachten: doch kann quaiiuor die form des
neutrum* '^gffet^ori (ai. ccUvdri, ags. fioweirj Tüylcetiirl, Tgl.
Schmidt Pluralbild. ;91f,,*.227j vertreten. * Sonst ist das / iii
Schlusssilben eine kürzung aus älterem ei nom. sg. pater fraier,
VL ^gl.rS. sg. präs. in^. spUndet, suIq, am^^ fnt leget u, s. w.
Vt..<<i <, 4 ... *— , ■ .." ;» p ■ . I 1 n ,■;■ -r.' ■ ■■ -^ —:
1) €tt) dMgrieehiseh« Ititknmovt euprmtmu («wra^Mrao^ MiB.*p^pfa>
re$Mi8 (wie fnmUua miB ^^niemk^, unter der alteren betonong) «oder aoe
*eupCa}rS$9$ts (wie pottrldie a. dgl.) entatanden «ei) bleibt jmenjtoQhieden.
2) Ynlglat. veiramu bei Schuchardt Vokal, d. Vnlgirlat. II 424 f.
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21 6 Giuseppe Ciardi-Dupre.
§ 14. Hingegen ist die behandlang eines i eingehender za
untersuchen. Die in betracht zu ziehenden Schlusssilben sind:
-ris, "lia, Ms, -dia, -pis, -bis. Was -ris und 4is anlangt, scheint
mir angebracht zu sein, sie mit -ras, -los zu betrachten, da
dieselben gesetze beiderseits gelten. Also wenden wir uns zu-
nächst zu 'tis und -dis.
Die absorbtion des t und die darauf folgende reduction
von 48 zu -a geschieht bei ^is in folgenden fällen:
[A] nach langem vocal:
CÖ8 aus * cötia *) : cätus, ai. (i-fäti 'er wetzt, schärft' (p. p.
gUd'), gr. Koiyog ^k^el, spitzer zapfen'.
dös aus *dötis : dönumj dare, ai. dddäti 'er gibt, schenkt'
dänd-m 'das geben, schenken', gr. dldwfii 'gebe' dtoQov 'ge-
schenk', lit. dü'ti 'geben', asl. dati dass., darh 'gäbe'.
glus aus ^glütis : gliUen, gr. yXoiog ^klebrige feuchtigkeit'.
Its, altl. sVis suis, aus *stlUis : ahd. strU 'streit', as. strid
'eifer' «).
quies aus *quietis, av. ääti- 'freude', gthav. äyeiti-byö 'den
frohen', altpers. Hyatirs 'heimath'. Das compositum requies ist
in die «-flexion übergangen.
Hierher gehören die adjektiva cuiäs (quoias) nosträs vesträs
inferfiäs supernäs infumäs sumtnäs primäs, sowie die volks-
namen auf -äs z. b. Antias, Anxuras, Ardeäs usw. '). Im Alt-
lateinischen behielten derartige Wörter noch die endung -äiis
bei: quoiätis infumätis Sarsinätis kommen bei Plautus vor;
cuiatis bei Accius; Ardeätis Arpinätis bei Gato; nosträtis bei
Gassius Emina. Die grammatiker und lexicographen schreiben
der alten spmche die formen penätis (Priscianus, Festus),
vesträtis (Priscianus) zu. Wie Ardeäs, Arpinäs u. dgl. ist
auch SamWis (SamnUis Gato orat. 64 fr. 3) zu beurtheilen.
1) In späten schriftatellern (Venant. Fortan. 2, 9, 9; Camiodoms
▼ariar. 6, 1; Isidoros 16, 8, 6) kommt die form cdtia vor: sie aber steht
mit der ursprflnglichen in keinem Zusammenhang, sondern ist eine neu-
bildnng nach dem typas turrU^ elaasü eto.
2) Über die behandlung des anlautenden 9ti» im Germanischen
Tgl. eine bemerkang Uhlenbeok's in PBB. XX 828 f. Eine andere
besiehiing zn ahd. stttt a. yerw. sacht Klage Et. wb. d. d. spr. * 384.
3) Vgl. das Terzeichniss derartiger bildungen das sich beiCorssen
Aussprache usw. ' 11 598 befindet.
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Zur geschichte der lateiniscliei) vocalsynkope. 217
[B] nach unbttontem kurzem vocal:
campos impos aus *compoti8 "^impoUs.
hospea sospes aoB *h68(ti}po^ *868(ti)potis ^).
intercu8 aas ^inter cutis.
Dagegen unterbleibt die synkope nach betontem kurzem
Yocal: cüHs nätis rätis sätis (ady.) ffUia *). pSHs hat keine be-
weiskraft, denn die adjektiva zeigen gewöhnlich die endung -is
im nom. sg. — Damit ist die behandlung zu vergleichen» welcher
ein auslautender Tocal in manchem germanischen dialekte unter»
liegt: er bleibt, wenn die Torausgehende silbe einen kurzen
baupttonigen Tocal enthält, dagegen fällt aus» wenn jene silbe
einen kurzen nachtonigen vocal aufweist: z. b. ahd. tMri meri
ags. tnere ^meer', ahd. ehumi ags. eyme ^ankunft', ahd. udni
^freund'y fridu 'fried', aber ahd. Liobwin Friduwin (ans ^i4nniz\
Siegfrid (aus ^frißuz). Vgl Brugmann I • 252, 327, 983.
[C] nach liquida bezw. nasalis:
ara aus "^arüs : ai. rti-^ 'art, weise', vgl riü-^ 'Ordnung,
reger. Hierher auch die composita inera, sollers.
cokors aus *cohortis, einer Zusammensetzung mit hotius
als zweitem glied. Der Übergang von der o- zur f-flexion ist
in solchen fällen ein geläufiger Vorgang: vgl. indenmis zu
damnum, bimembria zu membrutn, exsontnis zu sotnnus u. s. w.
fors aus "^fortia, "^bhfiis : ai. bhrti-^ 'tragen, pflege, unter-
halt'y airl. brüh 'tragen', got gchbaürfs, ahd. gi-burt 'gehurt'.
gma aus "^gsrUis, wz. §efh vgl. ai. jänaS' 'geschlecht*, arm.
ein 'gehurt', gr. yepog 'geschlecht', lat gi^gn-ö mUiö genus,
airl. gein 'geburf , got kuni 'geschlecht' u. s. w.
mens aus mentia (das bei Ennius sat. 38 u. 39 ed. M. vor-
kommt) : ai. matl'^ mdti-^ 'gedanke, meinung, einsieht', got.
gamunds, ahd. gimunt 'andenken', lit. atmint\8, asl. pam^h.
Hier sind auch die composita amens, dsmens ') anzuführen.
1) Nach der analogrie von comh n. dgl. wurden ^hospot *909po9 sa
Aoipu sa9p0M amgestaltet.
2) Ist die oft vorgetragene erklärnng von no» 'naohtt' aas gen. sg.
*noeU9 (besw. *nM^oä) richtig, so ist anzunehmen, ein positionslanger
vocal vertrage sich in diesem besng wie ein naturlanger, und demnach
nom. oM« als eine rückbüdnng sn betrachten.
8) Auch eti$Mn$, v§h&mensf Osthoff Aroh. f. lat. lex. IV 468
will diese ans *Ü0inMnQ» *^$§hemeno9 (ai. ^rayamSnoi vahamäna») her-
leiten: die Synkope aber des Z in -vtMnoB findet sich durch kein sicheres
Bcitilg» I. kund« d. iAdg. tpndM». XXVI. 15
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218 öiuaeppe Ciardi-Dupre
mors aus ''^mortis : ai. mfti^ 'tod', lit mirtia, asL su-
mrhh ds.
pars aus ''^partis, in ablaut mit portiö. Hierher auch
€xper8> y
sars {sortis Plaut Gas. 680) y aus *$arctis ^srgtirs : ai.
9rfH9- 'Schöpfung, wesen, natur' (vgl. Osthoff o. XVn 158 £)?
Mit sors sind die composita consors exsars zu citiren.
Hierher wohl die volksnamen: Laurens {Laurentis Eon.
ann. 15 ed. M.), Tämrs (Tiburiis Gato orig. 2 fr. 61), Veiens
(aus *VsienHs).
Ob ingens und Isns einen {-stamm enthalten, bleibt un-
sicher. Lindsay 274 fuhrt ingsns auf eine basis ingenti- d. h.
*^eft-^ ^unknow, uncouth' zurück. Aus derselben wurzel
^0it- ^kennen' wird ingsns von Danielsson Altit stud. IV
149 f. erklärt; doch setzt er einen consonantischen stamm *tft-
gen-t' voraus. Endlich stellt Fay Class. Rev. XI 12 f. ingens
mit ai. mahänt- 'gross, wichtig' (und mit loc. pL aghdsu RV.
10, 85^ 13) zusammen, und erklärt es aus *^h'intr. — Für
lenti' scheinen nom. sg. lentis (Prise. 7, 64) und acc. leniim
(Gato r. r. 35, Golum. 2, 10, 15), abl. Unti (Titinius com. fr.
163 ed. Bibbeck) zu sprechen.
beispiel geatuizt, vielmehr sprechen daminuB getninui iermimu dagegen.
W. Schulze KZ. XXVUI 270 anm. führt vhemetu auf ^vikM-ment-
(vgl. ai. ayu^mant- 'der ein langes leben hat' zn ayuf- 4eben') znrück,
doch scheitert eine solche erklämng wohl daran, dass sie auf der unbe-
wiesenen, flofi^r unwahnoheinlichen theorie, t sei im Lateinischen vor
tonenden verschlnsslauten (namentlich 5, <Q und nasalen ohne ersatz-
dehnung ausgefallen, wenn es einem nachtonigen vocal folgte, begründet
ist. Nach einer dritten auffassung wäre die nebenform temens^ die für
manche stelle bezeugt wird (vgl. Lachmann Gomm. in Lucr. s. 182 t.),
als die ursprüngliche anzusehen: v9menB d. h. *V€menti8 sei eine bildnng
derselben art wie OA-samM ve-eorB usw. und bedeute eigentlich 'sinnlos'
dann 'rasend, heftig'; die form vehemens sei durch Volksetymologie ent-
standen. Dagegen sucht Nieder mann IF. X2&5f. nachzuweisen, dass
vemsfUf als die 'allegroform' zu vehwnens (s *9«A#m«fio«) anfgefasst, die
quelle der lateinischen bildungen mit anlautendem vS- ist (oioors, oisi-
fitM, V€grandi$, iapaUidu$f vJ$eu» 'wählerisch, heikel, keinen rechten
appetit zeigend' aber nicht i^eii« 'fressend, zehrend' das als eine retro-
grade bildung von vesear d. h. *v9^e8ear erklärt wird). Meines eraohtens
ist die frage über die etymologie von nekemen» noch eine offene. —
Was ei9m$ns anbetrifft, kann man eine gmndform * dÜ-mmU-s anaetsen,
aus der wz. ^UO- (dazu Schwundstufe *l/^ in d. holdf).
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Zur geschichte der lateinisohen vocalsynkope. 219
Über f<m8, pana, mom s. unten.
Eine ausnähme zu [A] liegt in mi^, rato, vUia vor ^\ die
ottch der analogie des typus ims^ dUis, rätii u. dgL umgebildet
sind. Was mUü anlangt » ist die Umgestaltung am leichtesten
erklärlich, da im Lateinischen die pariayUabische declination
bei den adjektiven die geläufige ist *;. Bei rstis und pUis yer-
mag ich nicht zu sagen, was fiir ein besonderer gnind den
anstoss dazu gegeben hat Dasselbe gilt für die ausnahmen zu
[C]: sefnenüs, 9entis.
Um die behandlung Yon -dis zu erforschen haben wir ein
dürftiges material zur yerfiigung. Man kann jedoch annehmen,
dieselben gesetze, welche wir für »^m ermittelt haben, seien auf
diesem gebiete gültig. In der that, stellen sich fidis, pSdia^
ruiis, südis, trüdia zu ciMs, nätia u. dgl. zur seite, und dem-
entsprechend zeigen canears (neben concordis CaedL com. fr.
109 ed. R.), diBcara (diacardis Pompon. com. fr. 165 ed. R.),
exears, misericars, aöcarSf vScors die Synkope nach liquida» wie
ars, pars u. dgl. auf *).
Die Synkope bei -pis und -bis scheint regelmässig zu sein:
carba (Fragm. Bob. GLK. V. 561) neben dem gewöhnlichen
corbia; apa Opa inopa neben dem seltneren Opia (P. ex F. 211,
Hygin. fab. 139, Fulgent. myth. 1, 2); acoba (Prise. 7. 40) neben
scobia; acroba (Prise. 7. 40, Fr. Bob. GLK. V. 561, Colum.
passim) neben acrobia; orba (nur bei späten Schriftstellern:
Yen. Fort. 9. 3. 14, Vita S. Mart. 4. 583) neben gewöhnlichem
arbia.
Die mit cctpU- zusammengesetzten ancapay bieepa, praaeapa
hatten eine ältere form ^-eapia (vgl. procapia 'progenies qnae
1) AbrichtUcb oitire ich nicht den angeblichen nom. Bg. ftUü
^wassergeschirr'. Ein solcher nominativ ist anbelegt, der aoc. fiUim
(Yarro 1. L 6, 25, 119) ist ein &nai Xfy6furw,
2) Die adjektintche fanktion war Tielleioht die nrtache wamm bei
noiträM v€&trm$ Arpinmi a. dgl. die endong -<m länger als bei ifö«, iu qbw.
am leben erhalten wurde. Bei Arpinäs und die übrigen yölkemamen
kann die thattache dasu beigetragen haben, daas sie am gewöhnlichBten
im plaral gebraucht worden.
3) Das8 alle oomposita ans -ecrd- in die »-flezion bei der zusammen-
Setzung übertreten seien, ist yon yomherein wahrscheinlich. Vgl. fttnö-
mmis *cui geminum est nomen' (P. ex. F. 26. 86) tognäminis (Plaut.)
mMfüTu (PUn. ; dagegen muUtfaru9 Ovid., hifora Vitmv.) iMquipedi»
(Hart. Galg. de arb. promif. 8. 1).
15*
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220 Giuseppe Giardi-Dupre
ab uno capite procedit' P. ex F. 281. 22), woraus zunächst
*'Cipi8 (vgl. ancipes Plaut Rud. 1158, praeeipes ib. 671, mit
-es yielleicht in anlehnung an superstes, atdisUs u. dgl.). Die
classische endung -^eps wurde wahrscheinlich durch die com-
posita mit cap- (aueeps, princep$ u. dgl.) beeinflusst — Meiner
ansieht nach sind trabs, urbs wurzelnomina auf b, denn die
nebenformen trabis, urbis kommen nur in späten texten veiv
einzelt vor, und daher können als rückbildungen betrachtet
werden. Ähnlicherweise sind die isolirten nominatiTformen nabs
(liv. Andron. bei Serv. zu Aen. 10. 636) und serps (Ven. Fort
8. 6. 195) analogisch gebildet, denn die synkope der endungen
'bss, 'pen8 ist keineswegs anzunehmen.
§ 15. Synkope des o. Zunächst wollen wir die silben
-ros, 'los berücksichtigen. Wenn ein consonant diesen endungen
vorausgeht, schwindet das o und wird das r bezw. Z zu r bezw.
/. Als beispiele hierfür seien erwähnt: ager aus ^agerft) ^agr»
*a§ro8 (ai. dfra-s *trift, flur', gr. ayqog *feld', got akrs •flur,
acker'), inAer (mit Übergang in die t-flexion) aus *if?iÄÄr<fo (ai.
abhrd^m, av. awra- ^ wölke', gr. oiq>fi6g 'schäum'), macer aus
^maeros (gr, fiOKQog 'lange'), integer aus *entagro8 (zu tangö).
Dabei handelt es sich nicht um eigentliche synkope, sondern
haben wir mit dem sogenannten samprasära^a der indischen
grammatik zu thun, das sowohl in schluss- wie in mittelsilben
(vgl. agdlus aus *agerlo8 *agrolo8, mätertera aus ^mätroUra,
sacerdöe aus ^sdcrodöts) erscheint Dagegen tritt die synkope
nach kurzem vocal ein: z. b. gener (aus *genero8)f socer (aus
*8ocero8 ^syskuros, gr. suvQogy ai. gvd^ra'^s, lit szeszuras
'Schwiegervater'), puer (aus *pouero8)\ asper miser prosper
pauper tener saiur; alle ^o-stämme; famul (aus *famdos,
nicht aus * famlos). Als rückbildungen sind inferus supems
exierus posterus properus prosperus camurus aemult4s famulus
pendulMs lumtdus usw. anzunehmen. Sommer 47 f. hat die
meinung ausgesprochen, die synkope sei in zweisilbigen wörtem
lautgescftzlich unterblieben , und beruft sich auf den gegensatz
fürus : semifer (mit kurzer offner paenultima) (vgl. cutis : wi-
tercus). Ist diese meinung richtig, sö/müssten vir (aus *viro8)
und far (aus *bharo8) analogische rückbildungen sein: für vir
denkt Sommer an den von triumvir, decemvir einerseits, und
von den auf -r auslautenden verwandtschaftswörtem wie gener
socer levir pater, namentlich von uxor, ausgeübten einfluss
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Zur geschieh te der lateinischen Yocalsynkope. 221
{far citirt er nicht). — Nach langer pänultima erscheint die
Synkope weder in zwei- noch in mehrsilbigen Wörtern (z. b.
clärus amärus virus sevirus dlrus mörus pürus nUUürus)^ und
es hindert nichts anzunehmen, dieser thatbestand sei der laut-
gesetzliche.
Da -i*i-; 'lu in bezug auf das samprasfira^a mit -ro-, -Uh
hand in band geht (vgl. hibemus aus "^hibrinos, facultas aus
*faditä8 u. s. w.), so ist von Yomherein wahrscheinlich, -lis,
•ris seien ebenso der synkope unterworfen, aber in der tfaat
kann man dafür kaum ein paar beispiele anfuhren, denn, in-
folge des häufigen Übertretens der ro-, */o-stämme zur i-flexion,
bleibt es in einzelnen fallen unsicher, ob es sich um einen -ro,
'lo- oder um einen -ri', -U-stamm handelt Wahrscheinlich
waren dMl (neben debäis)^ pugü vigil echte Jt-stämme.
Die endung 4o8 scheint in derselben weise wie -tis behan-
delt zu werden.
Nach Brugmann Ber. d. k. sächs. ges. d. wiss. 1893
s. 144 anm. geht fons auf den im gottesnamen FatUus erhal-
tenen stamm ^dhan-to-s zurück, worauf wohl die o-stufe der
Wurzel hinweisen soll. Die wurzel sei dhefy- ^fliessen\ vgl. ai.
dhdnati 'flieset, rinnt' (so auch Bugge Gurt. st. IV 343 f.,
BB. XIV 78, Fick I * 74 u. 463, Persson St 145; nach
Von Planta I 453 sind vielleicht hierher auch die flussnamen
Don, Donau zu ziehen ^). Der Übergang zur consonantischen
(bezw. i-declination) sollte im nom. sg. *fani(o)8 und gen. pl.
*fantum geschehen. — Gleicherweise geht man auf *mon-tO'$
zurück, WZ. men- 'hervortreten, sich erheben' (vgl. S-mineö im-
1) Über die eiymologie dieses wertes gehen die ansicbten weit
ftoseinander. Maarenbrecher N. jshrb. f. pbilol. GXLV 199 stellt fona
za fen&stra und fahrt beide aaf ws. dhen' ^öffnen' zarück (s. Brngmann
n 1483). Nach Breal MSL. VI 116 f. heisst fons 'endroit oq Teaa heurte,
OQ eile jaillit' and geht auf die wohl bekannte ws. fik^n- *sohlagen, ver*
letzen' zurück (der bedeatung wegen, sei auf gr. n^Y1^ 'oe qni perce le
8ol a la fa^on d*iin pien qu'on fiohe' hingewiesen). Johansson Beitr. z.
gr. sprachk. 116 verbindet /cms mit gr. ip^aq (gen. *^^jr9ro() und
liest den stamm ^font- aas ^fount- herleiten: das r sei im nom. sg,
*pur' aas ^fröu-t' daroh dlBsimilation verschwanden. Endlich sei die
ziemlieh verbreitete ansieht erwähnt, wonach foni- einem *§h^ont- (wz.
^^^ 'giessen', gr. /^a») entsprechen soll (einen stamm *gheif'0'fU- anzn-
setzen, hindern die romanischen sprachen, die ein 2^ erheischen, w&h«
rend aas */eifafU' nur */o[ff](mt^ *fötU-^ entstehen konnte).
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222 Giuseppe Ciardi-Dupre
mineö pramineö, wozu, nach G. Meyer Et wb. d. alb. spr. 255,
alb. mcye 'spitze, gipfeP : 8. auch Persson KZ. XXXIII 292 f.).
— Gewöhnlich wird pons mit ai. paih- 'pfad, weg*, asL pqh
*weg' zusammengestellt, wobei unentschieden bleibt, ob es ein
consonantischer oder ein i-stamm ist ^). Ich vergleiche viel-
mehr pons mit gr. Ttowog 'meer' nicht nur in rücksicht auf
die Wurzel sondern auch auf die flexion >). — Nach dem ge-
sagten können fraudulens (Plaut.) cpulms (Sali, ApuL) videns
(Horat.) die lautgesetzliche entwickelung von '^4ml(o)8 vertreten,
und daher fraudulentus u. dgl. rückbildungen nach den casus
obliqui sein.
Für die Synkope nach liquida gibt es ein beispiel: puls
aus *poUa8 (gr. nSXvos 'brei').
Die belege für die synkope nach langem vocal sind: dam-
näs aanOs, inquiSs irrequiSs mafiauSs. Dagegen sind inquistus
u. 8. w, und die participia auf -ätus, -^us, -Uu^ u. s. w. als
analogische rückbildung zu betrachten.
Was die endung -cos betrifft, kann ich mich darauf be-
schränken, auf Sommer 49 zu verweisen, der sich folgender-
weise ausspricht: ^'Freilich finden sich berührungen zwischen
k- und Ä;o-stämmen auch in anderen idg. sprachen [Brugmann
2, 239, 384 f.]; die grosse ausdehnung jedoch, die der Übergang
in die konsonantische flexion speziell im Lateinischen genommen
hat, so namentlich bei den adjektiven auf -Ix = -icos, -äx s=
"Oeos [vgl. das Keltische], legt die vermuthung nahe, dass der
deklinationswandel durch lautliche Vorgänge unterstützt wurde,
so, indem der n. sg. mask. auf -äcas usw. lautgesetzlich zu -ax
wurde".
§ 16. Synkope des ü. Das einzige beispiel soll cadAs
sein, das nach Solmsen EZ. XXXIV 35 f. auf * caiviU-bhu-s
(zu ai. JUvala- 'ausschliesslich, einzig*, also ^allein lebend') zu-
rückgeht. Der annähme dieser synkope widerspricht die durch
1) Im Ai. wechseln in der flexion von path* die consonantisohen
and die t^formen ab : Instr. Bg. paihs dat. sg. paihe loc. sg. patki gen.
k>c. da. palho$ acc. pl. paihas gen. pl. patkämy dagegen instr.-dat.-abl. da.
pathMyam instr. pl. pathMis dat.*abl. pl. ptUhMyoB loc. pl. patUu
Die übrigen casns folgen einem n-stamme.
' 2) Worzelverwandt sind alle antereinander. Für die bedeatangs-
entwicklang vgl. mit p(m9 : n6rT0f das verhaltniss av. p9r9kh 'brücke' :
ags. fardj ahd. vurt fort'.
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Zur gescbichte der lateiniacheD vocalsynkope. 223
kanen analogischeD einäiiBS zu erklärende erhaltiing des 41 in
der dativ-ablativendnng -ims. Ich nehme vielmehr an, die flezion
von cadebs sei nur in den casus obliqui lautgesetzlich. Aus
gen. sg. ^cafiibyfis dat. ^caffib\fi usw. konnte nur cadibis,
cadibi (ygl ditbius aus *duiihi^^^; amobö amabam aus "^amä^
Ut^'ö, *afnabk^''äm) entstehen. Zu eaelibia, eaelibi wurde ein
nom. caelebs gestellt, nach dem Verhältnisse primeepe : prmeipü,
urbs : urbi8 usw. Vgl. auch Prellwitz o. XXII, 114, nach dem
überhaupt nicht von -^bhü auszugehen ist, sondern von bhi
^scheinen'.
Florenz. Oiuseppe dardi-Dupri.
Gr. 7i€iQw und nQo.
Die idg. wurzel "^per, *par, zu der gr. ttm^ aus ^/rsf-joi
gehört, drückt die Vollendung einer nach vorwärts gerichteten
bewegung, bezw. eines nach einem bestimmten ziele hin ge-
richteten bestrebois aus. Aus dieser grundbedeutung erklärt
sich die grosse menge stammverwandter Wörter: I. Die wörter,
denen die bedeutung 'durchdringen, an das ziel oder ende ge-
langen' zugrundeliegt Gr. Tteiffw^ TteQafo 'dringt durch', noifog
'weg' (noQeviOy 7toqitia\ ifi-nofgog 'reisender', ai. päram 'ende,
grenze', parah 'das jenseitige ufer', pruMah 'rand, säum', gr.
ftiqa 'das jenseitige land', ^«^f; ds., näqaQ 'ziel, ende',
TtsQcUpta 'vollende', nenopfj 'spitze, nadel', ftUQa 'schärfe', ai.
patvan- 'abschnitt', gr. jtqifjLvov 'Strunk', TtQVfirSg 'der äusserste',
Tt^fiVT) '8chi£Gshinterteil', diafifreQig 'durch und durch', dia-
TtQvOLOv 'durchhin'. {-nBqeg in SiafiTtßQig ist das neutrum des
selben Stammes, der in d'7se(i)Qia'iog 'unendlich' vorliegt; dazu
Sia-TTifvaunf^ dessen nuva- die schwundstufenform zu -^«^^
ist. (Prellwitz Et. wb. 261 stellt nQifivw, nfv^pog zu an.
frakkr u. s. w., idg. "^preg, Spreng 'stark sein' ; das geht wegen
fcvfiiXTog nicht an, siehe unten), got. faran 'fiahren', fSra 'seite,
gegend' u. s. w., ahd. vurt, aisl. fi^Sr 'bucht', lat. porius
'faafen', porta *zugang', porto 'führe, kelt. 'ritum 'vadum', russ.
porofm, ahd. farm 'fähre', aw. por^tu- 'brücke'. IL Die wörter,
denen die bedeutung 'hinüberfuhren, verkaufen, handeln' zu*
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224 Hans Reichelt
gnmde liegt: gr. TtBQOfay TtiifPtjfUy niTtQoaxw 'Terkaufe' ftS^nnn
'verkäufliche dirne', ai. tnfO-priydh 'beschäftigen' vyä-parah 'ge-
schäft', ptm- aus "^pam" 'handeln', lit pelnas 'verdienst', pdmyti
'verdienen', perkü 'kaufe', prihis 'preis', lat pretium 'preis',
(Prellwitz o. 23.251 f.), inter-prea ms *^pret8 'Zwischenhändler',
air. renim 'verkaufe'. IIL Die Wörter, denen die bedeutung 'er-
fahren, versuchen' zugrunde liegt: nelQa 'versuch', ^«e^octf,
TteiQo^ 'versuche', aL ni-ptsnah 'gewandt, erfahren', lat. ex-
perior 'versuche', re-perior 'finde', perUus 'erfahren', periculum
'versuch', lit. pratdü 'verstehe', prötas 'verstand'.
Alle diese werter gehen also auf einen gemeinsamen idg.
stamm *p^, por zurück, der in den verschiedenen abstufungs-
formen als *p«r, '^por^ ♦pr, *p^, *pör C^prS, *prö) erscheint.
Ich gebe zu, dass sich gegen manches der angeführten Wörter
wegen seiner Zugehörigkeit einspräche erheben liesse, doch hoffe
ich mich durch die folgenden ausfiihrungen rechtfertigen zu
können. Die reihe der aus der wurzel *per zu erklärenden Wörter
ist noch nicht erschöpft. Es steht mit ihr zweifellos noch eine
anzahl adverbialer, bezw. praepositionaler formen in engstem
zusammenhange. Der reine stamm liegt in *per (lat. per^
umbr. per-, lit. per, got. fair") vor. Auf diesen stamm müssen
einzelne zu adverbien erstarrte kasusformen zurfickgefuhrt
werden, die zusammen die dedination eines einsilbigen neutrums
ausmachen [vgl ^df^, *dö 'haus' : ^detn-^ 'baue']. Die grund-
bedeutung ist etwa: "strecke (der durch das ziel abgegrenzte
weg), ziel, Zeitraum, Zeitpunkt, ende". Es mag diese ansieht ^)
1) üebrigens steht diese ansieht nicht vereinzelt da: idj(. *ama
(ai. ätUi 'gegenüber', gr. dvrC 'gegenüber', lat. ante *vor', got. and 'gegen',
(it. aSU *auf ) wird wie gr. avra 'gegenüber' (ttvrtiv) als kasas eines mit
ai. dnta^ 'nähe, ende', got. andeü 'ende' und lat. ante$ 'reihen' xu-
sammenhängenden Stammes aafgefasst. *anii ist regelmässiger locativ,
ttvra, avtffv regelmässiger instrumental ^an^, *antim [vgl. Verf. fiB.
25, 28S] zu einem stamm *afit-. Idg. *^-m Hram^ (ai. tirik, aw. torö)
ist genitiv eines Stammes *<ar- (zu ai. *<f- 'bohren', gr. xii^ a. s. w.),
dessen ursprüglicher nominativ *tir nur in osk. U§r[fim], tenim 'land,
gebiet', air. tir aas *t&r-i 'gebiet' vorzuliegen scheint. Der bedeutung
wegen vgl. die sippe ^p&r- : gr. niQas *ziel, ende' — ri^/ia 'ziel, ende';
ai. parvan 'abschnitt' — osk. terüm 'stück landes'; ai. pärdm 'ende,
grenze', pSrah 'jenseitiges ufer' — ai. ttram 'nfer, rand' ; mtQm : nfQ- :
noQog » reiQw : rig- : ai. Uräljt. lat. trans ist zu terra aus ^t&r-ea zu
stellen; vgl. ai. Kro^ aus *lfff9 : xoQa'ti ss träne aus ^trfe- : ters^i^
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Gr. Ttuqta und tt^. 22Ö
befremdend sein» allein die Tei^^leichung mit den dedinations-
yerhältnissen der einsilbigen neutra, wie sie Meringer S. Wien.
AW. 12Ö, 2 untersucht bat, unterstützt dieselbe wesentlich.
Zu dem yerbum *d^nö 'baue' gehört das neutrum ^d&my ''^do;
zu *perö ist allerdings kein '*pör(*p9rj oder *pö(^pe) zu
finden, doch beweisen mir formen wie ain (Ur[fnaU ^admodum
leniuB neben gr. nfpi-^r/p 'jährlich' einerseits und gr. na-ytav
'hart', n&Ki 'zu' neben rt^fotiy aw. paüi neben ai. prdti, hom.
Ttvfunog 'der äusserste' neben nQvfivog andrerseits, dass es einen
ursprünglichen nom. ^pSr thatsächlioh gegeben hat und dass
zu einem nom. ^por die nebenform *po noch vorhanden ist.
6r. nti^tav ist nach Prellwitz a. o. 269 zu vn^og 'stark'
zu stellen : ''starr nach der alten mode, YgL o^yQnioyiav^\
Diese erklärung scheint mir gerade so gekünstelt, wie die aus
Ttvyw. ftiaywf ist in nw^tav zu trennen; ^ytav gehört zu gr.
yiwgj lat gma 'kinn' und rroi- zu ^«^, nno^, mAytav ist also
das, was vor oder an dem kinn ist, der 'hart'. Vgl. q>Xoy6g
Ttur/iov 'der hart, rand der flamme' Aisch. Ag. 291. Zu gr.
TToVi, aw. paüi und Ttvfiotog vgl. die ablautverhältnisse von
idg. *§röu ^handmühle'. Meringer a. o. lit gir-na : ai. brö «a
§r : §ro. In idg. zeit standen bereits die nom. *§röu und *§rö
nebeneinander; der gemeinsame genitiv war *§rf^u^a8 (*^^-
nuf^). Als aber der nom. durch das -n- des obliquen kasus
erweitert wurde, entstanden neben nom. *^r^ formen wie
cymr. brewan, got qaimus aus *§re^i^(m'f *§^rnyr} neben nom.
§rö formen wie lit. glrna^ ahd. quim aus *^-, *^em mit
Verlust des stammhaften -«-. Gr. Tto-vi i ma-^iov — tto^-o^ :
*7t(OQ'. Hom. TtvfiaTog aus ftofiatog ist nicht mit osk. posmom
zusammenzustellen. Osk. posmom ist wohl wie pustm(a8) aus
post-mom entstanden. Planta 2, 207, Fr. Sommer IF. 11,209.
^nofictfog aus ^Ttofi^-^og ist direct mit Ttfifav-ov, ftfVfiV'Og zu
verbinden^ ftfhfiotog : Ttta^oy » Tt^^iivov : ftfuj'trjv. Ferner
ist das bestreben des nominativs sich zu vergrössem und das
Vorhandensein des aus den obliquen kasus stammenden -n ein
beachtenswerter anhaltspunkt Neben nom. *dömj dö 'haus'
steht gr. dofiog^ ahd. zimbar aus *dem'r(h und dcJjua, öiiaag
mit a aus 9; vgl. gr. niga 'jenseitige land', ai. pärdm 'ende',
hom. TcelQOQ 'ende' und gr. niqag 'ziel' (Ttegaivw), TteQovtj
'spitze', lit. pelnas u. s. w. Neben nom. *ö8 'mund' steht lit.
ü'a-^u 'flussmündung', preuss aust-in 'mund'; vgl. lit. pröt-as
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226 Hans Reichett
'verstand', lat. inter^pre(t)^8 'Zwischenhändler' u. s. w. Neben
nom. *dör (*döru) *holz' steht an. troff, ahd, mhd. troc aus
vorgenn. *druk6- [Kluge Wb. * 382]; vgl. lit. prikis 'preis'
(perkü 'kaufe'). Neben dem idg. nom. •ar, Ssr 'blut' steht ai.
^r?/ ^rI- S^' ^Q^y-ogy Ttgay-fna 'that', Ttgä^ig 'geschäft' aus
*1^S^-' Neben nom. *dötn 'haus' steht aw. nmäna-, d^mana^
aus ^dman- [Meringer a. o.]; vgl. lat prönus 'vorwärts ge-
neigt'. Lindsay Lat. gr. 371. Lat. prönus kann aber auch
aus *praven-08 entstanden sein, wie ncmis aus * noven-os, vgl. ai.
pravandh 'abhang'. Dafür spricht dor. nQäv7jgs,uB ^nga-fcnh-ifg
— *Pr'i^^)' [oder aus ^pfn*?]. Weitere parallelen werden
später zur spräche kommen.
Idg. *per (lat. per, lit. per, got. fair-) ist der reine stamm,
wie er in *per'ö vorliegt. Die bedeutung ist entsprechend
'durch'; daneben mit der bedeutung 'durchaus, ganz, sehr' gr.
fteQ, lat per- (magnus), lit. per- (saldüs), air. er- (chosmil).
Ich sehe keine notwendigkeit gr. mq aus Tte^i zu erklären,
wie es häufig geschieht Sowohl gr. Ttig wie alle andern ange-
führten formen sind suffixlose locative, wie gr. ev-dov aus ^-dom
'drinnen, im hause', o-vokalismus zeigt wahrscheinlich lat por-;
doch ist mit Lindsay a. o. 678 die möglichkeit zuzugeben,
dass in lat por- eine idg. nebenform pf, wie etwa in got faur,
vorliege. Dazu osk. per-t 'trans', vgl. pamphyl. negT-iStoKs;
got fairra aus ^fair-na 'fem' und fairneis 'alt'; ai. par-ui
'im vorigen jähre', gr. negvoi, an. { fiorä, air. onn-urü.
Idg. *pro 'vor, hervor' (ai. pra-, lat. pro, gr. TtQO^ air. ro-,
got. fra-, lit. prct-, asl. pro), *prö (lat pro, lit pro, asl. pro).
*pro kann keine kasusform unseres neutrum's sein. Man könnte
vermuthen, dass es entweder eine aus der komposition losge-
rissene form ist, die in dem -o den kompositionsvocal erhalten
hat, wie gr. vöqO" (neben awÖQog, ved. anudrdh) zu vötog, oder
ein [in der komposition reducirter] nom. *prö, der durch Um-
stellung aus *pör oder durch eindringen des r aus den ob-
liquen kasus aus *pö entstanden ist. Letztere annähme wird
wahrscheinlich, wenn man zu gr. TtQOji — kret noqri^ lat pcrt-
in portendo aus part-tendo oder zu aeol. ftgig aus ^ftqev-g^
lett pret, preti(m) — pamphyl. 7r«^-[€dwx€ vergleicht Die
beste erklärung dürfte aber die sein, dass *^r9 eine kasusform
eines aus ^per-*, pr- gebildeten o-stammes ist [vgl. gr. ftgo"
TtoQoi'^evj osk. perum, ai. pdrmä]. Dafür spricht vor allem
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Gr. tzbIuu} und nqo. 227
die komparatiyische bedentung Wor' und ai. pardh 'der andere',
welches wort in seiner bildungsart an lat. ali-us erinnert. An
den locatiy *a2$ mit der bedeutung 'dort' ist das o-suffix ange-
treten: ^^*alÜ08, der dort (nicht hier) befindliche, der andere".
Fr. Sommer IF. 11. 3. Ebenso ist an den locativ *per das
o-suffix getreten: ^per-os 'der durch, vom (also nicht da) be-
findliche, der andere'. Ich sehe in *prS den instrumental zu
*per'0-^ der in der komposition aus *perö reducirt worden ist.
Ebenso, wie ai. parah 'der andere, der fremde, der feind' und
zugleich 'der vorzüglichste, beste' bedeuten kann, begegnen sich
in *prS die gegensätze für' und 'gegen' (TtQÖti u. s. w.). Diese
eigentümliche erscheinung erklärt sich daraus, dass die kom-
parativische bedeutung durch ein vorhergegangenes urteil be-
dingt ist, in dem gegebenen falles die Sympathie des urteilenden
zum ausdruck kommt Dazu: ai. prdti, gr. TtQori u. s. w.,
asi. proti; ai. prdtara-f gr. nQdtsQog (doppelbildungen wie lat
superior, dexterior vgl. Fr. Sommer a. o. 97); gr. fCQÖ^og^
Ttqofxog 'der vordere', TtQv-tang (kret fgQÖ'javig) 'fürst', got
fruma, fram-, lit plrmas 'der erste', umbr. promom; ai. prä-
ihamäh 'der erste' ; umbr. per-ne 'vom' ; ai. prä-tär 'früh', osk.
pruter (pruter pan ^pr%ti8quam')\ ai. prök 'bevor, vor', prad
'östlich' (i-stamm; Bartholomae IF. 4, 121 ffi). Neben idg.
^Icer, *&)r 'hora, haupt' steht gr. MQvg, x^v-, aw. srvä; vgl,
ai. pü'rvdh 'der vorderste' (ap. paruviyatah 'von früher her'),
asl. prbvyj. Zu gr. rtgtSt 'früh' aus tzqwJ^-i {jtQwta^ 7tQmog\
lett prä''jam 'hervor', ahd. fruo, frö aus *(pröu) pro vgl. idg.
*döru 'holz', §önu 'knie' und gr. ytavia aus *y(oyj^-ia. Dazu
Tt^&vog 'der erste, vorderste' (dor. /r^orog) aus */rjfti/-OTog,
*|)n*-^-^o«/ nQiirjv 'vordem' (dor. ftQoy) aus ^TtQfaJ^-av^ ^pfVi-V^-
Neben idg. ger- 'körn' steht got kaumy asl. zrhno, lat gränum
aus *§fn-\ vgl. lat. pran-dium 'frühstück' aus *pfn~.
In ai. ptirdk 'vom, vor', aw. parö 'früher', gr. rtagog
'früher, vor* liegt der genitiv ^prr-ös vor. Syntactisch ist er
als partitiver genitiv aufzufassen, wie die homerischen localen
und temporalen genitive.
Ai. pare 'darauf, fernerhin', gr. Ttagai- (in TtaQatßairjg),
lat prae 'vor, bei', osk. prae, umbr. pre, got. faura, ahd. fora
(Collitz BB. 17, 17), lit pre aus idg. *prr'ai, "^pr-ai dativ.
Eine syntactische erklärung vermag ich nicht zu geben. Dazu
Ut pri9z (i-9tamro wiQ ai. präk, pra6) und presz-ais (nach
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228 Hans Reichelt Or. tzbIqw und ftQO.
Delbrück vgl. synt 589 I. PL), lat prae-ter 'vorbei an^
ausser', umbr. pre-tra 'priores'.
Ai. pdram *nach', pdra 'weiterhin', parä 'fort, hin' gr. rtaga
'neben, bei', mQä 'ultra', lat. perem- in perendie 'übermorgen'
aus idg. *prf'W'} *per'7it. Vgl. Hirt Akz. 226, Verf. BB.
25, 232.
Ai. pari 'um', aw. pairi 'um', gr. Ttegi 'um' aus idg. *per4
loc; daneben die suffixlose form *per, s. oben. Dazu gr. nioi-^
'ringsum' (i;-stamm), TtegiaaSg aus ^jtSQi-tiog 'überzählig'.
Vielleicht gehört auch idg. *pri (lat. pri, päl. pri, lit pri, asl.
pri, got. fri, hieher; es könnte ebenso gut ein loc. sein, wie
*p(f)rai ein dativ. Es ist aber auch möglich, dass es einen
nom. *pör-$ oder ♦jw-i gegeben hat. Vgl. Jqla %a nom. pl.
'dickicht' zu '^doru 'holz' (Meringer a. a. o.). Dazu gr. Ttf^l-v
'früher', lat. prior 'der frühere' aus *pri-io8' (pal. pri-trom)y
prlS' aus priris' (pri-ios-) in pris-cus 'alt', prü4inu8 'ehemalig'
(Fr. Sommer a. a. o.) prifnus 'der erste' aus ^pri-is-mus u.s.w.
Nach den obigen ausführungen rekonstruire ich die ur-
sprüngliche flexion folgendermassen :
Nom. (*pör), *pSr; *pö.
Es lässt sich schwer entscheiden, ob der ursprüng-
liche nominativ nur o-vocalismus gehabt hat. Doch
halte ich den ansatz eines nom. *pBr vom stamme
*per für durchaus berechtigt.
Gen. *prr-08
Dat. *pfr-ai, ^pr-ai, ^per-ai
Instr. ^ppr-em, *pr^-n^f ^per-em, *per'ip,
Loc. *per, ^per-i, *pr^ (*psr?).
Baden bei Wien, 26. Sept. 1900. Hans Reiehdt.
Die etymologie von Poplicola.
Skutsch fasst in Fleckeisens jahrb. suppl. XXVH p. 101 f.
Poplicola als entstanden aus poplicula, dem deminutiv von pö-
pulus „pappel". Ich sehe davon ab, dass bei pöpidus als
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A. Zimmermann Die etymologie von Poplicola. 229
nebenform pöplus (anders ist es mit poptdus) bis jetzt nicht
nachgewiesen ist, dass auch die ableitungen, so z. b. pöjndetum,
pöpuleus, päpulifer — poplifer würde eine schöne parallele zu
poplictUa ergeben — die form ohne u nicht bieten; ich sehe
davon ab, dass wir poplieola erst in folge von analogie aus
poplicula hervorgehen lassen müssen: aber, wogegen sich mein
Sprachgefühl bei dieser etymologie sträubt, das ist die annähme
der deminutivendung „cula^. Mochte in poptdus ursprünglich eine
deminutivform schon enthalten sein oder nicht, dem volke musste
das wort seiner form nach nur als ein deminutivum erscheinen.
Dann aber konnte als die Steigerungsform des deminutivs nur
9ellus(a)^ an den stamm herantreten. Vgl. pöpulus, popeOm —
auch in diesem wort ist „idus^^ nicht deminutivendung — ocu-
lus oceUus, tabula tabdla, areula areeUa etc. Vgl. femer dazu
noch Diomedes Gr. L I 326 f. Priscian (Hertz 102, 20 f.) lässt
sich über den gebrauch des diminutivsuffixes y,culus(ay^ folgen-
dermassen aus: „a primae vero vel secundae declinationis
nominibus null um invenitur diminutivum in has desinens
formas'' und wenn nun auch nach Stolz H. gr. II p. 577 diese
regel durch einige wenige ausnahmen durchbrochen wird, so
findet sich unter diesen ausnahmen doch keine, die auf ein
wort mit der endung ülus(a) zurückgeht. Denn oUa, wozu sich
Th. Prise. 4. 1. die form oUicula findet, konnte, wenn wirklich
es aus einem deminutiv, welcher endung auch immer, entstanden
ist, in dieser form unmöglich mehr als solches gefasst werden.
Wenn ßovxoXos'^) einen ochsenhirten bezeichnete, dann konnte
doch wohl poplicola einen völkerhirten bezeichnen. Poplicola
als eigeuname war dann ebenso möglich, wie die bei Bechtel-
Fick p. 83 und 236 citierten ^a-ßdrag, noi^-avöqoqy Tloif^-
avioq. Die form poplicola schliesst sich der bildung nach genau
1) Die dem gr. 'Xolog genau entaprechende form — eolut haben
wir noch im völkemamen Asquieoiua ^ vgl. G.I.L. I p. 664 elog. XXV
T9X AB^ueieolu9, das ? wohl bei Aequieohts in anlehnang an ausdrüoke
wie Aequieoletu^ AequieuHar hervorgerufen — und in „vui^o/tM". Vgl.
c. gl. n 207, 58 „viaeuhu 6df3v iTUfiiXffTfis^^, Aequieoku : Poplieola a
pedi$oquus : huoquß (Apuleius). Beide eigennamen sind nicht bloss in
ihren vollformen, sondern auch in der kurzform uns überliefert. A&qui'
eohu : ABquua s Popheola : PopUwy G.I.L. I 116b AoquieoluM bedeutete
urspr. den einen gleichen räum beackernden, der name war also wohl
bei der anfteilung der ländereien aufgekommen. AquieuluB (Pfahlbaner?)
Verg. Aen. IX 684.
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^30 A. Zininiermann t)ie elymologie von t^oplicola.
an agricola; hat dieser urspr. den den aoker umwandelnden
bezeichnet, so jener den sein yolk umwandelnden, schützenden;
ist doch Agricola auch ein häufiges cognomen im Latein ge-
wesen. Die bedeutung ,,yolksfreund'' hat das wort erst viel
später bekommen, als das verbum colere seine bedeutung nach
dieser seite hin erweitert hatte.
Nun soll nach Marx Studia Luciliana p. 74 der beiname
der Mucii Scaevola nichts anderes sein als das deminutiv von
seaeva im sinne des moetinum subrectumque Signum , des
Wappens der Mucii, und dem entsprechend möchte S kutsch
die pappel als das insigne der g. Valeria ansehen und den
beinamen ebenfalls von dem wappen herleiten. Aber das alles
ist doch sehr unwahrscheinlich. Wie viel leute des namens
Link bezw. Linke laufen im deutschen reiche herum, deren
Urahnen doch offenbar ihren namen daher erhalten haben, weil
sie, wie man hier in Schlesien sagt, linkser waren! Männer
des namens Snäiog finden wir bei Pape angeführt, und Scaevus
Memor war ein tragischer dichter zur zeit des Domitian. Es
ist doch viel wahrscheinlicher, dass Scaevola deminutiv des
häufigen c. Seaeva ist als des appellativums seaeva in einer
ganz entlegenen bedeutung. — Vgl. Sulla neben Sura, —
Seaeva aber ist neben Seaevus als name ebenso entstanden wie
Alba neben Albus, Casca neben Cascus, In erster liiiie kommen
doch bei der cognominalen benennung körperliche eigen-
tümlichkeiten in betracht, und zum ausdruck derselben waren
nicht bloss adjektiva recht geeignet — vgl. z. b. Sempronius
Longus — sondern auch substantiva mit adjektiven im ablativus
qualitatis. Derjenige, der später Seaeva bezw. deminutivisch
Scaevola hiess, war ursprünglich der homo ^) seaeva (manu),
der Alba oder Casca hiess, der homo alba, casca (comä) —
cascus wie cänus hier gleich grau — . Ich erinnere hier zum
vergleiche nur an den Wettiner Friedrich mit der gebissenen
wange, an die „Grosskopf, Breitkopf, Linke*' u. s, w. Nun be-
schränkte sich das c. Scaevola ja gar nicht auf die Mudi. Ein
P. Septimius Scaevola findet sich z. b. in den Verrinen I 13.
38 u. s. w. Ebenso gab es nach ausweis der fasti coss. neben
den Yalerii auch Gellii Poplicolae, einen M. Antonius Publicola
■ :m
1) Wie loBve spater allein die linke band bedeutete, 80 wohl auch
icaeva; wir sagen doch aaoh „c^i'e links^^.
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Max NiedennanB Zum namen des zeigfingers u. s. w. 2äl
finden wir C. I. L. VIII 15929 , einen Vipstanus Poplicola
XIV 2795, bezw. VI 2002 u. 8639.
Somit kann ich die von mir BB. 23. 86 gegebene und in
der hauptsache mit der alten übereinstimmende etymologie des
namens Poplicola für falsch noch nicht ansehen.
Breslau. Äug. Zimfnermann.
Zum namen des zeigfingers in den indogermanischen
sprachen.
Albrecht Weber im festgruss an Rudolf v. Roth (Stuttgart
1893) 8. 136 macht auf eine stelle im (^atapatha-Brfthmana
(XII 2, 4, 5) aufmerksam y wo es von den fünf fingern heisst:
>Dies ist der kürzeste, dies ist der grössere, dies ist der grösste,
dies ist der welcher am meisten speise verzehrt, dies ist der
breiteste. Er hält damit zusammen den bekannten deutschen
kindervers: >Das ist der daumen, der schüttelt die pflaumen,
der liest sie auf, der trägt sie heim, und das kleine fingerchen
hier frisst sie ganz allein« (cf. Simrock, Deutsches kinderbuch <
[1857] 8. 6 no. 27). In einer Variante dieses sprüchelchens
(Simrock a. a. o. no. 28) ist es der zeigfinger, der die pflaumen
isst. Beide, zeigfinger und kleiner finger werden mehrfach im
vedischen opferritual beim essen erwähnt. »Offenbar, sagt
Web^, wurden beide finger beim herausholen der speisen aus
der Schüssel und beim auskratzen der schüssel nach vollendetem
mahle speziell verwendet«. Eine bestätigung dieser ansieht
soweit sie den zeigfinger betrifft, liefert uns, was Weber unbe-
achtet oder wenigstens unerwähnt gelassen hat, der name, den
dieser finger im Griechischen, im Litauischen und im Bretoni-
schen und Eymrischen führt Griechisch heisst der zeigfinger
JUxavoSf was klärlieh zu keixo) ^ich lecke' gehört. Im Litaui-
schen haben wir smUius (Eurschat) oder smüinis piSrsztas (cf.
mittheilungen der litauischen literar. gesellschaft I 391) zu
1) Dass im altertam allgemein — nicht bloss von den Yaleriem —
poplicola als derjenige anfgefasst wurde, der popalam colit, dafür bieten
uns die not. Tironianae und das o. gl. einen beweis. Denn c. gl. II
269, 35 heisst es „Ji^/ioxi^Ji}; puhUeoW^ und in den not Tiron. folgen in
der mbrik „de agricaltnra", die mit oolit beginnt, aoeola, publieola,
agtr etc. Vgl. hierüber Heraens in Wölfflins Arch. XII p. 29.
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232 W. Prellwitz Gr. aiaaw aus ^samk^ö.
»maüüs ^naschhaft', nach Mielcke auch lizius, was dem griech.
hxctyog entspricht i). Die Bretonen benennen den zeigfinger
als biz iod d. i. »breifinger«: (iod »- bouillie, mets compose de
lait et de farine cuits «nsemble et qui est la principale nour-
rectare des paysans bas-bretons [Le Gonidec]) und entsprechend
heisst er in Wales bys yr utvd {uwd = hasty-pudding, bargoo,
pape, porridge). Schliesslich sei noch erwähnt, dass in dem
kinderliedchen no. 30 bei Simrock der dem daumen nächste
finger leckfeng d. i. leckfinger genannt wird und dass sich
dafür in der Altmark die bezeichnung pöttchenlickr >töpf-
chenlecker« finden soll (cf. Pott, Zeitschrift für Völkerpsycho-
logie und Sprachwissenschaft XII 163).
La Chaux-de-Fonds, 19. october 1900. Max Niedermann,
Gr. ätaaio aus *sa£sfkiö.
^Aiaaui kann, da ihm bei Homer das digamma fehlt, nicht
zu -^vig gestellt werden; auch das lange t von alinq bliebe so
unerklärt. Fröhde's ansatz (o. XX, 204^ von aisikio^ das er
zu ai. t^ate, e^a- stellt, hat das bedenklicne, dass die bildung
des ganzen wertes dabei unverständlich bleibt.
Dagegen wird diese vollkommen klar, wenn wir *8aisikiö
als intensivum von -^aeiko, ^k betrachten, nach dem typus von
ai. dedipyate von dip, dedWyate von dw, wie ihn G. Burchardi
o. XIX, 169 fiF. 197 festgestellt hat Als wurzel betrachte ich
somit 8ik, Seiko, sik in i xo», dor. elxoi, ^W, 7tQoiaao(iaij TSQoi^.
Für diese wurzel, deren sprösslinge in den idg. sprachen ich
im Gr. et. wb. unter fyuo aufiTiihre, habe ich als grundbedeu-
tung „hinreichen, wonach die band ausstrecken'^ angesetzt,
saisik^ diaaw heisst intransitiv losfahren nach einem ziele zu,
transitiv aus der band schleudern, schwingen, auch steht Soph.
Ai. 40 x^Q<^ ^ object zu ^^ev. Es zeigt sich also wirklich als
intensivum grade zu jener *bedeutung.
Die laute fügen sich dieser ableitung ebenso gut wie die
Wortbildung und die bedeutung. Zunächst wurden beide a zum
hauch, in aVioato aber schwand zuerst der anlautende hauch
infolge von dissimilation und dann der im innern. Vgl. avog
SS lit. saüsaa.
Tilsit. TT. P^eüwüz.
1) Eine nachbildang nach gr. hx«tv6g dürfte digiiu$ gmtaior bei
HieronymuB in Jesai. 11, 40, 12 sein.
1) In der Memeler gegend habe ich bU^dlail^ („sohoBsellecker")
flir Zeigefinger gehört. Ne. fuhrt auch 9maüu$ für Zeigefinger an. Pr.
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L Band,
n. HtTf ;
^•
Ar^
rwä^'xi Vandenhoeck & Ruprecht iu
Sammlung
der griechischen Dialekt- Inschriften
IL VMiU umi l\ Heehtel.
'.' .^ fiO 4 2. Heft: Äalituh, diO Oediehte
4 *^ &(i ^)
IL Band. (6 ttelU.i 1885-98^ BÖ *^
(l. Heft; Epi/oh>ch, AkÄrimnifirb« A^t ' ' ' ' Lo-
m. Band. 1. H&m». (5 HcftM lBg8-9e+ ?! .^
Fbleiu« tt. d. köriath, Colonien. 2 .£ B Hi 2 ^M 40 ^ 4. Heft;
Alptia, Fbolagandrr^«« Airnpbe, AMt>paliiiji, ieiots, ^19^'rof, Knido«, Kiivinu^
%m. n JL 4Ö ^ Ö. H^fr- 1^1--*^- ^ -äf na A\ ^
UL Band» z HäJfte.
4 ^ 4i» tj 2, Heft. Tlinra yiiil Melö». 2 <^ 80 4)
IV. Band. — (l.Heft: WortreijiMnr zum L Kiinde^. 5 »ü 2. Üöf!
tbciluug: Wcirtregtster »um L Heft des IL Üttfiden. 2 »C 60 ^t
(Pas Eegiiter euTn ((ftnz^n IL Bande iit im Druck.)
BljiidrtH. " 7 .# m> 4)
(L Heft; Lakonion, Tarenti Hernkleia, Moteemto.
K Bitmi:
3, Bahil:
Die grieehisehen Dialekte
Otto Hofimaim,
•. 0. FruhMuf an ilot ÜBiranlUt Biwba.
Der sad-acbSiische Dittlelct. 1891. 8 Mttrk,
Der nord-acliüisclu> Dialekt. IBdS. 14 Mnrk.
DiM' (nvNrlic Dialekt, t^uellen uuil Lautlulire.
1898. 16 Mark.
Die grieehisehen Dialekte
von
Richard Meister,
ttf GruiHllagi? des Werkes: »De Graecae lingyae dialectis ed. Abreu8#
neu benrlitMtet,
1. Bd.: Afiitiioh-aoiiich, Böotiseh^ Thessaliseb. ^ Mk.
2. Bd.; EIctSCh» Arkadisch, Kyprisoil, Verzeichnisse zum L u, 2. Bande.
Blass, Fr.. Grammatik ^^% nautestamentlichen GrieohiMk 21 ^t Bog.
\msS. Mk, [l40; ^d>. j\fk, n,4ü.
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-iÄ5 ij
Teriag von Vandcnbc^cch ä Kupredit in Göttingen.
vüu Dr. i\ Volti^n, L^hivr ihs Huitlieli am Seoiinar filr '
Spriichuii zu BiTÜn. Geh. 5 Mk», gi?Ii* Jtk* u^iöO*
Clmiiunatik des Kiuvamücsi, ^^r ■'iprac'ie 'i. .
Afrik*u i^jreciell di?^ Dialekts von Ufiyanji^nibeT uelmt einem '
verzeirhnis kinyiimfiegi-deiitscli und tleiitsch-kin V; '
Von Dr- (•. Velteü, Li.^hn^r des Suahf?li am Scminiti* i
Spmohpii in BeviuL Geb, Mk. 1u*üU,
Der DelpMsehe Dialekt "" ^" •'•iSS??/ JCik. ♦«► pü
Üieee Sübntl i»t tlie «ir«te erBclirjpfende y pliie über Ü6ii delpbitcbfrj
Dkkikt unter Verwertiiug allen ueueo
Vorläufige AnkGndigung.
passow^
OTörtcrbud) der gnecbiscbcit Sprache
%'5irrg oeu bearbeitet
VOTJ
<ailb<lm Cronert.
In Liefemngeü* Preis elwa 80 oÄ
ö,,ji. iiidgi-a JfthrjcebntcB mangelt e» no tmem g riech lieben W
buche, da» di« Fortecbritte der Keujeeit ftuf dem Gebiete der Spracli'
M-f' 'e, diu MitBso der ituwieoheu aufgefujideneii Si -
hr? ind die strbün früher b«?l«aürite Littenitur auf i'
vorli(jgeTidt*ii* sorjffültig bearbeitctea n&nen Äuitg^abeu beiiutsste. lim ^
jüdem Jabre ITihlbarer werdende Lücke wenigsteiti in deu ein«^ Hiitid i
gwteekten Oreiixen »uwtufiinen, bat Herr Dr. W. Crüuert auf tuiaertö ^'^
ett untv «, ein neut^a griecblacsbes üVörtarbuwb berau
pntktis' itden ist^ im Eitiveratäodois tnit Ib^mi F. 0. W. \
da« Wiirtiirbucb von Paaaöw ain Grundlage !iiu, ubwobl v^iu «ivi >
ititea B^tftatidf nur wenig wird btjibebaitvtj ri,
Trotz der uiiübt^reit*b baren Menge der Verb e»i<»niu{^eii tiiid Er\
bofiea wir, e» duTöb Vcrvullkummümiif der Drai^keinricbtmjg tu on
ueue Worttirbtiob iti ^ st a rk e n L b x i k üti o kin v b an d g u fmcbinüL
Di« Hcbou ' - wird iu etwa 1 Jabren zu EuJu
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vs^rd v%!L?^'ti ^ Jaiire iu Aiii»priicli nebmen, der Pt^iti etwa 80 «^ btjtntgva«
iJjä ttoebi^ii von Ätbtiii aua tm vcu-wandten Uiii^ruebmeu aiigckiliidi^L wir iL
icblett ea ulul van Wiobtitckeit, «cbi^n jetzt diene Mitleduug tu lumube^t). £tn -
e^. ' Ke tiiideriM WörterliBeb»^.:
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Beiträge
zur künde der
indogermanisehen spFaehen
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Dr. A(L BenoDberger und Dr W, Prellwlti.
Sechsiuid2waii35iggler band*
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lehalt.
Did griocbitüliön verband nameit (titlinik«it Von A. Fiek
Die lÄteimioh© V. dekliimtioii. Von ß, Meiehei'
2m den iaaebriften van Magnesia ain Mamndroa. Von A, Fick .
Zn HO. 26 der intchriiteti voo Magacaia a. M. Vou TF. Pr^UwiU
Die erite peraoti im Lykiiclien, Von -4. T^
Dh l^immmhen parfecU rettuli reppiüi- Von F. St^k
Bio etymologie von vis {m ttoh). Von s4. Zimmermann
EtytoologiBL'lic forschuagen. Von IT, Pt^lhaiU ... *
Asklcptoff und di« heilachlange. Voa d^ Fiok
Lat. wtfiirö, Von W. Frelktnit .,*......'
J. VaUori, Der delphische tüalect. afureÄeiirt von ff^. Preilv^ ,
Regkter. Von W. Pr^dimi^
388
276
291
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AlJe inr die redaBtion dieser Eeitschrift beBtimmten ae&dünfeo wolle
mAD Ticliten an Profeaior Dr» ^IcfafdöH i?«Mffn5«Fytr, ^dn^«6«r;^ i iV.,
S^iMföffiw WmllHr. Nr, I u. 2, oder an Gj mnasiElOborlelirer Dr. IF«ÖA#r
FrtUwiU, Kömtjsberg L Fr.. MitUlhufen LuüemtUM 9,
Um die Arißcbaffung der alteren Jahrgänge dieser ZmtBchrift
zu erleicbteni, haben wir den Preis
dar ersten 21 Bände
von 210 Mark aaf 134 Mark ermäi^ilgtt
Kleinera Erglniungen (iiitiit emsselEe Bände) nach Übereio*
kommen ebeiüfllls zu ermäsgigtem Fr&m.
Tandenlicieok & Bupreobt
1*1^ lö Mark fftr A»u 6«atf t«« « HttfUit,
i^^
Diq=
A. Fick Die griechischeti verbandDamen (ethnika). 233
Die griechischen verbandnamen (ethnika).
Die nachstehende skizze ist zu dem zwecke entworfen, an-
schaulich zu machen, dass auch die verbandnamen (ethnika)
der Griechen, zunächst die namen der Stammes-, Staats- und
stadtgenoBsen , nach denselben grundsätzen wie die übrigen
eigennamen gebildet sind, also in dasselbe grosse System einge-
gUedert werden können und müssen.
YoUnamen auf -afovsg.
Sehr alt und verbreitet ist die benennung griechischer
stamme als -ä/oveg. Die bedeutung dieses den schlusstheil
bildenden alten wortes äfwv ergiebt sich aus der vergleichung
mit ätrag (aßitag) „freund, geliebter" äita bei Alkaioe; nach
Theokrit Idyll 12, 14 o Gaaaaldg eiTtoi c^ttjv nannten die
Thessaler so den geliebten; in iv-tjtjg scheint sich Sog mit sskr.
dvas 9,gunst'^ zu decken; das verb lebt im lat. aveo und sskr.
dvat md gern haben, sich gütlich thun, fordern u. s. w.
-cuFtavy das für sich allein nur in dem namen der *'AovBg^
alter bewohner Böotiens erscheint, ist gebildet wie aqrffiov^
vijfporag' vr,g)ovTeg Hesych.; xorij^oi^eg zu xat-rjgnjg wie -ctfwv
zu hnn]g. Am Schlüsse von compositen findet sich -d/ün^ ver-
einzelt auch im nomen: so in öiöv^i-aan^^ ort-düpv; ionisch
attisch OQyiiov würde dorisch OQydwv lauten, wie 'Alnfiiwv :
^AX%iidwv !^Ax/uay, ionisch Maxeonf : Maxdtav; ionisch ^iwv
wozu ^etariT/j (sicl) bei Archilochos, lautet dorisch §wdp aus
fywdwv ; auch att artariwr ist hierherzuziehen : dncniunfog aus
anomjayog. Dorisch xoivdv geht auf xotvdfov zurück, aber
xoivoh-vog ist von noivw" in iu)iv(6^aa&ai gebildet. Will man
diesen ausgang -awv als „suffix"' benennen, so mag man es
thun; auch hier ist wie so oft z. b. im deutschen -thum und
-lieh, ein altes ursprünglich vollbegriffliches schlusswort zur
blossen ableitungsform herabgesunken.
Die mit -aoiy, dorisch -dv zusammengesetzten stammnamen
herrschen im N. und NW. des griechischen landes vor, sind
dagegen im 0. und S. nur vereinzelt erhalten.
Am Hämos wohnten, um im hohen norden zu beginnen,
die Iriy^iayes, ein Päonerstamm, aber griechisch benannt. Sie
Mtrtf« s. kudA d. iadff. ipiMkM. XXVI. 16
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i
234 A. Fick
hiessen nach Steph. auch 'Ay^lai^ llygatoi %et^avXXdßwgy
"Ay^oi und lAyQieigy aal to xrijTixcV ^Ayqiyuav; der natne ist
also ganz wie ein griechischer vollname gekürzt: i^yQiag wie
noTSidag : Tloxudawv^ l^yQoiog wie EqiAolog : "^EQ^diov, ^AyQieig
wie uilvuig : Aividv.
An der grenze lUyriens finden wir die ^EyxeXaveg, die mit
verkürztem namen auch 'Eyxsleig wie ^Ayqulg und AlviBvg^
und ^yxiXBioi hiessen. Die Schreibung ^Eyysläveg beruht wohl
auf der makedonischen ausspräche des namens vgl. Strabo 326
eyiOL de xat avfATcaaav t^v /ue^^t KoQuvQag Mctaedovlcnf nqoaa-
yoQ€vovaiVy ahioXoyovvreg c^a, SzixaixovQai xal öiaXe%%iai
aal xhziivdi, wxi alXocg roiovxoig xqdvrai rca^TrXrjaiwg, Ob
der name griechisch oder bloss gräcisiert ist, ob die leute ur-
griechischer oder illyrischer herkunft waren, ist ungewiss, die
sage setzt sie mit Kadmos, dem eponymen der Kadmeier in
Verbindung.
In Epeiros sassen die ^AqutS^eg. ^Aqutawv ist von o^xto^
bär gebildet wie Avyulaiv von Ivxog wolf. Im Deutschen liegt
ähnlich Bern-win (Förstemann I 237) neben Wolfwin (Fö. I 1357).
Man könnte sich auch an die ^AQxddeg neben den Avxaovldai
erinnert fühlen.
Ebenfalls in Epeiros hausten die ^AtivrSveg (Azivrari
Smlg. 1336). Der name gehört zu %iv%6v' kq>&6y Hesych; w
steht dialektisch für y^, z erklärt sich durch die aspirierte
ausspräche des v^ also Tcvrog aus uvh&og^ wie kretisch vvctwog
aus dyhavcg^ und ist so Tcvtog mit Tiv&og „kochend heiss^'
identisch. Ursprünglich war ^Aziyvaveg gewiss ein Spitzname:
er bezeichnete die leute als „rohiieischesser'S wie Thukyd.
3, 94, 4 von den Eurytanen Aetoliens berichtet: (ofioipdyoi
Biaivy (ig Uyovzat. Den Griechen war der genuss rohen fleisches
ein barbarischer greul, Schinken und rauchfleisch war ihnen
nicht geläufig.
Der name eines dritten epeirotischen Stammes Talaiaweg
{TaXaidv Smlg. 1349, TaXaiSveg 1349, 10) enthält vorn xaAai-,
wie in Talai-fiivrig und zalai-q>f(ay vgl. jaXa-Ttaigiog und takaai-
ipqwv; ihrem namen nach hatten die leute ihre lust am tragen
und wagen.
Am oberlaufe des Acheloos (Inachos) waren die ^A&a-
fiSa^sg zu hause, deren name an ^afiieg^ ^a^vog^ ^afiivog
''A&i^O'Vov anklingt; sie sassen wohl im „tann**. Ohne zweifei
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Die griechischen verbandiiamen (ethnika). 235
ist ^AS-a^ag vrog^ der sagenkönig der Minyer, eponym der
Athamanen, wie Jv^ag der Jv^äveg, oder wie Tevd'Qag zu
Tsvd'Qccpia steht. Eine weitere kürzung von ''Ad'diJLag liegt in
Jafififjg : Tofif^^w ^vyatQa nannte Kallimachos ^ wohl nach
Anakreons Vorgänge, die Stadt Teos^ als deren gründer Atha-
mas galt, wie denn Anakreon seine Vaterstadt ^A^a^arfida
genannt hat. Die Verdoppelung des ju ist in korznainen regel-
recht, f^ für ^ erklärt sich aus der aspirierung des ^, wie sie
in Mhei^iag und sonst auch in der schrift ausgedrückt wird.
Ebenso erklärt sich fiwXdg Anakreon 88 für f^ox^6g aus
fihaxlog; ^Aug bei Herodas 3, ÖO wohl aus Hipponax, sonst
Qaxigy steht für Qhaxig^ Aumqaog Bechtel Ion. inschr. 19, 67
für Aiaxghaogy raQpjXia ionisch neben d^anyfjlia 0. Hoffm. 3,
s. 602 entstand aus ^QhyijXia.
Von N. nach S. haben sich die AiviAvag vorgeschoben: der
schiflGskatalog nennt sie neben den Perrhäbern, in geschicht-
licher zeit wohnten sie am oberen Spercheios als nachbarn der
Malier. Nach Stephanos Jiiyoyvai nai Alviatg^ ihr land heisst
Aivia und Aivig^ xai Alviog noxaixbg av%rjg. Vielleicht sind
sie von diesem flusse benannt, oder nach dem lande Aivia^
wie die Ooitiarsg von 0oi%ia. Die Vorsteher des Stammes
hiessen Alviofxaif wie die der Dorier am Parnass Jw(^Q%ai.
Da die Dorier erweislich aus dem norden vorgedrungen
sindi dürfen hier die Jv/naveg eingereiht werden; der eponym
heisst bei Apd. 2, 8, 3, 5 Jv^ag, wie wir oben ^A9d^ag als
eponym der Athamanen fanden. Jvfiag kommt als heroen-
name auch bei Homer vor. Darf man Jvfioc» =s Jvfiawv zu
di-dvfAdioy stellen? oder mit diesem zu dofiog? Dann wären
die Dymanen die „hausleute"' im gegensatze zu den ^YUeig den
„kriegsleuten*' vgl. ftQ-vUeg und preuss. iditU „kämpfen''.
Den Westen von Mittelhellas nahmen die ^AxoQväveg ein.
Zur deutung des namens verhelfen die Hesychglossen naQvrj'
^fiia und avtOTuxQvog- avroOjfiiog. Die ^Anaifyaveg erfreuten
sich hiemach der straf- oder leidlosigkeit ; ähnlichen sinnes
sind die städtenamen l^-aivri und Ayc^lq>ioVy zweifellos zu
ctKQaigfvi^g „unversehrtes in Akamanien selbst *Alv^£ia zu alv^a'
alvTtov Hesych (Ivyja zu XvyQog levyaleog). Zu naQVTi, avTo-
TMxqvog gehört zweifellos der beiname Apollons Kagveiog^ als
gott des strafenden Verderbens. Weiterhin ist desselben Stammes
KiJQ^ dorisch Kdif. Die Keren sind ursprünglich Strafgeister,
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236 A. Pick
wie Rohde Psyche I, 10 und a. a. o. schön nachweist In He-
siods Theogonie heisst es von der nacht 217 %al Kfjgag eyai-
veno vrjleoftoivag. Dazu stimmt sehr schön lit. kora strafe,
weniger slav. Jcara „rixa''. Vor Akamanien lag eine insel
KaQvog; hängt ihr name mit dem der Akamanen zusammen?
In Akamanien wohnten die 0oiTiäyeg (0oiTiayog Smlg.
1380 a) dazu Ooitiai- TtoXiq ^AiuxQvaviag^ leyerai xat 0oixior
Kai t6 i&vixdv 0oiTievg aal 0oiTioi, (og ^EXXdviinog ev volg
TQwixoig Steph. Auch hier wird Ton dem ethnikon auf -aw
auszugehen sein, wenn der name mit gmvog^ (poitito umher-
schweifen zusammenhängt; davon kann der ort nicht wohl un-
vermittelt genannt sein, wohl aber von q>oiTiaoveg leuten, die
ihre freude am umherschweifen haben. Mit 0oL%iog^ 0oi%uvg :
0oiTiav vergleiche u^iviog Alvisvg : Alviay,
Im innem Aetoliens wohnten die EvQvrSvsg nach Thuk.
3, 94 ayvwaTOTOToi ylwaoav xal wfioqxiyoi. In heroischer zeit
spielten sie eine rolle: ihr eponjm ist Eurytos, der grosse
schätz und herr von Oichalia. ^i^vrog geht gewiss auf ivqvta
und so auf die Spannung des bogens; nach Thuk. a. a. o. waren
die Aetoler seiner zeit sämmtlich %piXoi leicht bewaffnet.
Im westlichen Lokris gehören hierher die MvavBg^ falls
Paus. 6, 19, 4 die Myanen, welche waffen als siegesbeute nach
Olympia gestiftet hatten, in den Mvoveig erkennt, die Thukyd.
3, 101 in Lokris nahe der phokischen grenze ansetzt. Steph.
sagt unter Mvovia — ol noJihai Mvoveg und nennt die Stadt
weiterhin Mvwv — oi noXnctL Mvoveg, wo cod. A die richtige
form Mviüveg bietet. Mviov zu Mvdv (= Mvottf») wie "/oiy zu
Yay — '/croiv. Am weitesten nach osten sind die ^Idwsg vor-
gedrungen, die vielleicht aufs engste mit den ^'Aoveg, alten be-
wohnern Böotiens, zusammenhängen, so dass 7aaii^ der voUname,
"Aiov daraus gekürzt wäre, wie bei uns During „Thüringer'^ aus
Hermun-dure gekürzt ist und diesen alten voUnamen späterhin
geradezu vertritt Hierfür lässt sich die länge des ä \n*'A.ow^
im gebrauche der dichter anfuhren, die sich aus der dehnung
des vocalanlauts des zweiten compositionsgliedes erklären würde.
Der name der 'Idoveg^ der berühmteste dieser gruppe, ist
vollkommen deutlich. Die formen anlangend bemerkt Stephanos
richtig: 'ld(ov xai 7ijW (altionisch) — hi di vov *ldwp ^Idv (do-
risch), kurznamen sind '7cciy 'lag ^IccKog. Mit dem voUnamen
hiessen die Attiker ^Idoveg, für die von Attika ausgehenden
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Die griechischen verbandnamen (ethnika). 237
kolonisten wurde die kürzung ^'iwv üblich, die später auch für
die Athener galt, so lange sie sich nicht des namens schämten.
Das erste glied Y- gehört zu Uoiaui lalvto ec^g aus w-. Die
volle bedeutung ,,heilfreund, heilesfroh*^ liegt noch in Uav-ianogj
von dem es Schol. Ar. Plut. 701 heisst „mot de ftQoati&iaaiv
^lopioTiov TLoi l^ls^OQa*^ nämlich zu 'laato und TlavanBia und
sonstigen heildämonen. 'Iiayides oder ^lioviadeg hiessen heil-
kräftige quellnymphen in £lis Paus. 6, 22, 7, auch der fluss
"liov in Thessalien wird von seiner heilkraft also heissen. "/oiyi
der eponym der *'l(avBg ^laopsg^ ist söhn des heilgottes ApoUon
ii/iog, der als solcher wohl selbst ^Idfop hiess, wie der heilgott
verkleinert als *Iaylaxog erscheint Der gottes-, beiden- und
Stammesname war ursprünglich ein und derselbe, me ja auch
ApoUon von Athenern und loniem als ftavQWiog verehrt wurde.
— Ähnlich tragen die Sachsen den verkürzten namen ihres
kriegsgottes Sahs-nöt, des schwertgenossen.
Im Peloponnes finden vnr den ausgang -acoy nur in stamm-
namen Arkadiens. Hier leiten sich alle Arkader von Lykaoniden
ab, die als söhne eines völkervaters Lykaon gedacht und benannt
sind. Ursprünglich fiel auch hier, wie bei den laonen, gottes-,
helden- und stammesname zusammen: Zeus ^vxaiog hieas mit
voUnamen ^vKd(ay, wie der heros und sein volk. Der volle
ausgang hat sich hier unter dem schütze des mythos erhalten.
Ebenfalls auf -aanf ging ursprünglich der name der ^A^veg
aus, die den NW. Arkadiens, die Azania, bewohnten. Ob der
attische demos Azenia hiermit zusammenhängt? Vielleicht ist
eine alte, nicht contrahierte kurzform ^A^ =s att. ^^ijV an-
zunehmen, wie eine solche wohl in Keq)alXdv = attisch-ionisch
K&paiXijv vorliegt Im hom. hymnos auf den Delischen Apoll
209 ist das überlieferte \i^ßrrida xovq^v (Koronis) ganz un-
nöthig in ^AK/on^ida verändert: ^'A^ag g/'Ä3i,cnf%og steht zu L^ov
wie ^Ad'dptag zu *A9a^dv^ Jvfiag zu Jvf^dv. ^A^evg hiess nach
Paus. 9, 37 ein Minyerfurst zu Erchomenos, der name verhält
sich zu !/^^aaiy wie ÜOQd'Bvg zu IloQ^dtav. Koronis heisst sonst
tochter des Phlegyas, des eponymen eines zweigs der Minyer;
derselbe wird als *'A^ag, vater der Koronis, und als Minyer-
könig 'A^svg benannt, weil a^a und g>Xiy€iVf g>leyv^g sinn-
verwandt sind. —
Wie in den stammnamen ist der ausgang -crcciy in den
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238 A. Pick
helden und götternamen stark vertreten, während es in histo-
rischen menschennamen kaum vorkommt
Es sei hier nur an die heroischen namen bei Homer l^fAv-
d-autv l^Ttiaauiv l^geratov l^Xx^onav ^Ixstatoy Avmiunß Majaunf
und an die götternamen ^Egfudtoy Jloaaiddwv Ilaiawv erinnert
Stammnamen auf -o/rcg, -(Ofcegy -tortoi
Wie Ed. Meyer Oesch. d. alt 2, 44 hervorhebt, tritt eine
anzahl meist nordgriechischer stamme durch die gleiche namen-
endung -ott, -m, wtc- in eine nähere Verbindung.
In Makedonien finden wir die ^Aigofceg^ auf die auch der
makedonische königsname lÜQonog weist: ^AiqonBg' e^og
Tgoi^riva Kcnoixovv xal iv MaxeSoviai yivog vv xal OQPea
Viva Hesych. Nach Aristot H. A. 6, 1,3 sind die vögel des
namens die bienenwölfe, die sonst jisQOTteg heissen. Vgl. aegid^g'
fiiXiaaai Hesych? Nördlich von Edessa sassen die ^'AX^iorteg^
vermutlich nach ak^a hain benannt, also „hainleute^^
Aus Obermakedonien, der landschaft Deuriopos drangen
die JtoQioTteg {Jovq-y JevgioTceg) vor, für die beim weiteren
vorrücken der kurzname JwQielg üblich wurde. Das land der
Dorier heisst Jwqigy ihre Vorsteher am Pamass JiOQidgx^^!., ihr
eponym JcjQog. Jiagvo — ist wohl die vollste form zu dgio —
wald, so dass die Doriopen als „waldleute'' benannt wären.
Makedonisch dagvllog eiche steht im richtigen ablaut zu diaqv
= ai. däru. Der jedenfalls poetische name für den eher do%i-
dwgog lässt sich als dvcxi-ömgo-g „den spiess bestehend*' dvaxdy
t6 öoqv deuten. Der makedonische flussname Exddtaqog könnte
als fexi'dwQog „vehens arbores** verstanden werden.
Der name der Jgvoneg verhält sich vielleicht zu dem der
Jugiofteg, wie die Gauta Schwedens zu dem Gut-thiuda der
Goten. Doch ist auch hier ein gleichlautender vogelname zu
beachten : mit dgvotfß schliesst Aristophanes vögel 305 die reihen
der 18, zu je 6 auf den vers vertheilten vogelnamen 303—5,
wozu die Hesychglosse gehört: ögvoip^ ogveöv vv di<upigov vat
dgvoKoldntov.
Im Pindos sassen die Jokoneg; man vergleiche die Hesych-
glossen doXona' iMiTdayuonov j fidargoTCOv und doXoTtevei' he-
dgevßi; fj dohanig Oivifag wgrj heisst Deianeira bei Soph.
Trach. 1050. Vielleicht soll der name dem wild auflauernde
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Die griechischen verbandnamen (etbnika). 239
fallensteller bezeichnen, doch gedieh auch das klephtenhand-
werk in diesen bergen zu allen zeiten. Als ausgang erscheint
iolog im namen der ^A^fpUdolov Triphyliens.
Die **Elko7tBg wohnten um Dodona, das selbst ^EiXomia
und "Ella hiess , kurzname der ^'ElJioTteg ist ''EXlot schon bei
Homer iT 234 aiiq>i JE2EAA01 d. i. diAtpi di a ^'EXloi,
woraus durch falsche worttrennung die Sdlloi. geworden sind.
In weiterer ausdehnnng wurde ^llot, noch mehr ''EUffveg zum
allgemeinen griechischen volksnamen; ^EXXoi' ^'Ekltp^eg ol iv
Jiodtivfji aal oi iegäig Hesych, wo man wohl lesen muss: ^'Ellf]-
P€g %al ol iv Jwdwprji legeig; ^ElXdg ist von 'EXXog abgeleitet.
Die etappen für die ausbreitung des namens sind noch zu er-
kennen: ^EXldg um Pharsalos, 'KiUi^eg die mannen Achills, die
Achäer von Phthia im schiffiskatalog, die landschaft Hellopia auf
Euböa, und im hymnos auf den Pythischen ApoUon ^EXXdg
Mittelgriechenland im gegensatze zum Peloponnesos.
elloxl) ,,fisch" hat mit den Hellopem nichts zu thun: der
fisch ist ev-loifj „in schuppen" vgl. elXoTtag Ix^g „beschuppte
fische" Hesiod Schild 212, von Xort- — iU/r/$, lomg „schuppe".
Die ''EXXofteg heissen wohl von ihrem wohnsitz in dem ^kog^
der reichen niederung um Dodona, von der es in Hesiods Eöen
heisst eatt. %ig ^EXlonitj rtolvki^iog tfif ivleif^tov,
MiqoTteg sollen die alten bewohner von Kos geheissen haben.
Der name lässt sich, wenn griechisch, verschieden deuten : ptioorp
braucht gar nicht componiert zu sein : es kann wie atigotfß zu
da%qdn%Wf so zu fidgipai^ ßQcitfßai d. i. pt^tpai. gehören, dann
wären die alten Eoer rauher juagTczieg gewesen, wie die Slvtieg
von Lemnos. Aber (liQOxj) hiess auch, wie das sich darauf rei-
mende di^xlt der bienenwolf. Endlich giebt es noch ein homeri-
sches beiwort der menschen — jieQOTtwv dvd-^fKov. Dies
stammt nicht von lAi^ag und o;r-stimme, so dass es die „artiku-
liert redenden" menschen bezeichnete, vielmehr gehört es zu
^e^- in lAi^fAtjQa fieQfitjQi^w, fjtiQ-ifiva „gedenken", wie avd-^nog
nach Bezzenberger zu fiiv&fiQa^ fia&'eiv vgl. cech. mudrak ein
verständiger.
OlviOTteg hiess eine Phyle in Kyzikos; der name ist deut-
lich.
Ob heroennamen wie KhtQotpy Moxpon-^ IliXotp auf alte
Stämme gl. n. schliessen lassen, bleibe dahingestellt: neXortSyrrjaog
für JUXonog vijoog heisst „insel des Pelops; sicher ist die
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240 A. Fick
bildung auf -o/r acht und altgriechisch; al^tp^ f^^yotp, J^7po^,
fi^lotpy XoQOtlf. Dieser ausgang gehört meist zu o/r sehen,
bezeichnet aber auch allgemein die richtung wohin, die be-
ziehung auf etwas, ist also für die Sprachempfindung frühe zum
blossen „suffix'^ geworden.
Auf -wTtog finden wir in Epeiros KaquanoL Smlg. 1339 »
KaQwnoi 1350 und KaoatanoL zu Kaoacirtfj' ftohg h Molo-
Tir/at Steph. und daneben KaaciOTcrj. Diese namen gehen wohl
ursprünglich auf örtlichkeiten, sicher gilt dies von KoiharcoL
in Epeiros Smlg. 1354. KoiXwnog heisst „hohl anzusehen''
oder „mit hohlen Öffnungen^' orri^ Öffnung, und ist Eurip. Iph.
Taur. 263 als adjectiv zu belegen. Aber nicht die KoiXantot
sind „hohl'S sondern ihr land, ursprünglich müsste demnach
das ethnikon auf -Ttiog ausgehen wie EvQfjinuog in Epeiros
Smlg. 1339 und ^ßgütmog; der gegensatz von evgwTtog ist
a%BV(07i6gy ein ^QQwnog ist auch für Epeiros bezeugt.
Vereinzelte ausgänge.
Der ausgang -aifo in ^Ax-atFoL findet sich ebenfalls in
dem nomen dfjv-aiog lange lebend E 407, also in dem sinne
von ai^tlnf. Aber die eigentliche bedeutung von aifo- ist „gang,
bewegung''. Diese liegt in aYj^olog „beweglich'* deutlich vor;
mit xoQvd-aioXog ist moqvd'-au^ gleich werthig, äixtj ist dem-
nach aiUf) zu schreiben und äiaaw^ attisch aiaaw als ai/ixj(a
zu denken, gebildet von alix^ wie tpovviaaia von q>oivi^.
Zu ^Axai^fog verhält sich ^fokogy der eponym der ^lo^
kelgy wie der windbeherrscher Aiolog der Odyssee zu dem
Sternen- und windgotte ItiaTQ^iog (besser l^a^g-^uog?) der
Theogonie. Schwierig ist die deutung des anlauts: sind die
Idx^aiJ'oi soviel als fiax-aifoi „schlachtgänger", etwa wie lit
kar^eivj^s „krieger*', wörtlich „krieggänger"? Aber eine Verkür-
zung von f^ax-^ zu ax* ^^^ nicht nachzuweisen, ebenso wenig
die von SyX'Og zu ax-, wodurch wir „speerschwinger" gewinnen
würden, auch ein früher gewagter Sprung über die grenze zu
den germanischen Ingaevonen sei hiermit förmlich und feierlich
zurückgenommen. Vielleicht gab es ein altes adverb axi-j oxe-
neben ayxt^ «Vz«- „nahe"? Dann wären die ^Ax-oti^J^ol als
„draufgänger" ayx^'f^oXoi^ ayxi'pLoxoi benannt und auch für
^Axi.-XXsvgj l^X^'^^S licsse sich dann eine deutung finden.
Eine spur von diesem axi- ist vielleicht in aoaov ^^näher" zu
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Die griechiscbeD yerbandnamen (ethnika). 241
erkennen, wenn dies ans dxijoyy ctxjw entstanden ist; aus
^7XJ^^ müsste äolisch alaaov geworden sein, wovon wenigstens
nichts verlautet.
Kiirai^oi Smlg. 1354. 1355 (ebenda auch Kihu»og) bei
Steph. „Kdlaid'or eihog GBaftQtoTixdv n^joaex^g viji, GertaUai
'Piavog (T. XiyorraL nai Kekai&Big^*^ (wie Kwaid-eig^ nsoaid-slg^
eponym niQcu&og). Vermuthlich Kelcu-ai^og „schwarzbraun''
wie die ^Id'iorteg, "I(akoiy 0oivixeg nach der färbe; Homer
nennt sie ^d'ixsg vgl. &Qaix€g^ TiptitlMg OoivvMg.
Den gleichen ausgang zeigt Kvvcud-a in Arkadien, ein-
wohner Kwaid'eig wie Kelatd'Big. .jdi&ri heisst ein pferd
Agamemnons ¥^295 „die braune^* wie aid-wv. Hängt xw- mit
xvcn^dog zusammen? Kw-aid-og ist alter mannsname, Kiv-ai&a
heisst eine ziege Theokrit Id. 5, 102; xvy- zu xiv- (x/ty), wie
Twöagidai zu lakonisch Tivöagiöai? Lit szvinas heisst „blei".
JleQaid'eig im gebiete der Mainalier Paus. 8, 27. 36 schliessen
sich im namen an die Kelat&eig und Kwcu^üg; der eponym
heisst Paus. 8, 3, 4 JliQai&og vgl. Kihxidi>g. Die Zusammen-
setzung mit neq »» nBqi ist klar, weniger klar, ob die benen-
nnng ursprünglich auf den ort oder die bewohner geht.
KaUl-nLOivoL hiess nach Kiepert Atlas v. Hellas VH ein
stamm nördlich von Epeiros. Der name klingt griechisch
„schönes gemeinwesen bildend*', ist aber vielleicht bloss gräcisiert.
IdqyoXag (oTgccTog) im Rhesos 41 ist wohl neubildung,
vielleicht nach ^AfffoXig seit Herodot, aber woher dies? Die
Römer bildeten von Messana: Mesalla.
TQiTtoXiaaor e&vog SeoTtoomKOVy ovg Ttai TQifcolioaiovg
xaXel ^Piavbg h %m nePveMiid€Kdv(ai Steph. (TQino)llaioi Smlg.
1360,6 vgl. Ttoliaaavxog und fvokiaaovo/nog bei Aeschylos. iTo-
Xiaa<h fand sich ursprünglich wohl nicht im ausgang, also sind
die TgiTtoXiOGot^ -aioi etwa als fQinoXiaoopofiOi zu denken?
MoXoaaog ist verständlich, wenn man fnoko- mit juailog
CAQifog) gleichsetzt, acog ist dasselbe me in Jogv-aoog, Aao-
aaog neben dogvaaoog^ laoaaoog^ die kriegerischen Molosser
wären dann sehr passend benannt.
Die namen Tgifvloi und nd^qwloi sind deutlich.
Zusammengesetzt mit crjuqpi, h^ Tcaga^ vitaL
In den stamnmamen, die vom a^q>i enthalten, ist das ver-
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242 A. Fick
hältnis der beiden theile nicht immer klar; so in ^AiAfpi-dokoi
in Triphylien vgl. JoX-omg^ ^ ApLfpi'Xoxoi in Akamanien, be-
wohner von Argos Amphilochikon vgl. "^Ynat-loxioi in Epeiros.
Die 'AiLiq)i'iiTvoveg hiessen später als neQiXTioveg, diifpiTieQniTiovei;
Kallinos 1, 2 *Ajnq>i'XTioveg y,um wohner'' ; xtvov- gehört wohl zu
^dg „die von rings her vereinigten''. Dagegen sind die nach-
stehenden mit |y, Ttagd und vTtal zusammengesetzten stamm-
namen aus einer adverbialen Verbindung dieser praepositionen
mit einem davon abhängigen lokalkasus hervorgegangen.
'^Eyx^g pl. ^'E)nii(njT€g soll nach Bekker Anecdd. Ghoiro-
boskos die ^EveoxQrp^eg genannt haben: aus l> KQiJTtii konnte
sehr wohl ''Eyx^g entstehen, wie epöixogy ircoQOVQog aus h
dUfjiy l7t agovgai. Aus Ttag* ahx entstand IlaQaXoi (Attika),
aus der Verbindung von naQd mit einem lokativ auf i adjec-
tivische stammnamen auf log, denen die gaunamen auf ta (yi^)
zur Seite stehen. So Tlaqavaioi in Epeiros am fiusse Avag —
^Awog^ naqaxriq>ioioVy JIoQanofafjiioi , JIoQaaüiTtiOL; JlaQa"
nvTtoQiaaiOL und nagdgeioi.
Mit dem epischen vnai für v/ro ist der name der 'Y/vai-
X6%ioi in Epeiros zusammengesetzt, vgl. ^Afi<piloxoi^>
Ethnika nach den iandschaften geordnet.
Makedonien.
Maxsdtiv ist gebildet wie MvQptidiav und ^A.nidwv : ^Am-
doveg und ^Antdav^Bg hiessen die Peloponnesier, ^Arcidoveg di
xai ol ^Agxdöeg Steph. unter 'Anla. Mit ^oanedvog „hoch"
fällt das adjectiv Maxedvdg „makedonisch" zusammen. Zieht
man auch das allerdings spät bezeugte firjuadavog heran, so er-
hält man die abstufung jnäxeöavog : Maxedwv : fjiaxedyog — Ma-
xedvog. Die Makedonen hiessen so als „hochländer", der alte name
des landes war Maniva zu /r€^t-jui/x€irog, also fidxevog : Märcha.
Eigenthümlich ist die bildung der ethnika auf -aza in
JidatM zu Jiov in Pierien, ^EoQdiaTai zu *Eogdoi, Kv^fjo%ai
zu KvQQog^ Avyx^ofai zu Avyxog (auch KvQqiatav und Av-
yniavai ist überliefert) und ^Oqiatai^ dies wohl von oqog „berg",
also als *OQia-a%di zu denken. Der makedonische mannsname
nevxeoTag geht auf ixe-Ttevxrjg oder ein ethnikon.
Steph. bemerkt unter 'Eoqdalot : die ^Eogdol htXi^&fjaav xai
*EoqdiaTai dng %ov eoqdifyi^ dg Avdog AvdLfyn {Avdiincu)^
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Die griechischen verbandnamen (Ethnika). 243
richtiger jedoch sagt er unter Jlov : Ilavaaylag di Juiatag
q>rjar Mcmaddvwv yaq 6 TVTtoq^ ^ÖQiatai ^vyxtjataL Übrigens
wird uns derselbe typus in Epeiros und Thessalien begegnen.
Zur deutung hat man sich an den ausgang -ta in olx^-f ijg,
g}vli-Tag, Tayed-rag zu halten^ -ata ist dieselbe bildung aber
von a- s= ia^ „sein", vgl. fjivrj'a%i,g neben fifj-tig. Strabo 330
fr. 20 heisst es vom flusse Erigon: in TQixloQoty ^itav di
^Ooeofdiv xai t^g Ilelayoviag. Hier kann ^Oqwtw nicht
richtig sein; am oberen Erigon neben den Pelagonen wohnten
die Doriopen und so mag der durchsichtige name der TqiyfXaqoL
an die alte dreitheilung der Dorier-Doriopen erinnern, deren
name, wie der der Almopen schon oben besprochen wurde.
Epeiros.
Unter den epeirotischen stammen nennt Steph. Xaovia
nach Proxenos aufzählung die ^^fivfioveg. Mit recht bemerkt
dazu Meineke: „lidem esse videntur qui supra ^'^fjitfivor i'dyog
^H^eiQiotixöv, ^Fiavhg .... leyerai xai^^fivfivaiog xai ^uifivfi-
vaia. Dazu ^^fivjdvofv gen. pl. Smlg. 1346. Ursprünglich hiess
es ^^iiv^ovBg gen. pl. '^fivfjivwv stammabstufend, wie in Mo-
ncöciv : Maxedvog aus MaxBÖywv.
Ebenso scheinen die Xäoveg und Xavvot : eih^og QEanqia-
%tx6v zusammenzugehören als Xdj^oveg gen. pl. Xawwy. Übri-
gens wird das „klaffen^' wohl nicht auf die leute, sondern auf
das land gehen, vgl. Xdov berg in Argolis und Xda alte Stadt
in Elis (kluft).
Den ausgang -oveg zeigen auch die sonst unbekannten
MagSöveg : ^HnsiQioTixdv ed-vog. EvnoXtg noXeai : „xai Xao-
pfov xai üaiovwv mal MotQÖovwv^^.
Die BvXUovag mit der Stadt BvXhg gehören wohl schon
nach Illyrien; oder ist makedonisch ß Tvlx (p eingetreten?
Q^Xkog heisst ein gebirg in Thessalien, 0vXUg eine landschaft
am Pangaion.
Die inschriften von Dodona geben einige stammnamen in
eigenthümlich gekürzter form wieder.
So lesen wir Smlg. 1334 den genetiv "OjugMxAog, ebd. 1347
den plural ^'OiJiq)aXBg, Die leute sind offenbar dieselben , die
Rhianos hf xBvdqxwi GeaaaXmcjv nach Steph. unter Tlaoavaloi^
^O^tpaXifiag genannt hat. Ihren Wohnsitz nennt Steph. *0/iig>d'
Ixov — IWt xat Q^%ciXi€tg. Die namen, die Rhianos in seinen
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244 A. Fick
GeaaaliiMi nennt, werden desshalb oft nach Thessalien versetzt,
auch schwankten die grenzen beider landschaften. — Die ent-
Wicklung Ton ^ 0inq)alirj€g zu ^'OfxqmlB^ kann nur durch ver-
änderten akzent, indem der nebenton auf der ersten silbe
mächtig wurde, vor sich gegangen sein.
IleiaXog lautet der genetiv eines ethnikons Smlg. 1352 mit
et für i in jüngerer Schreibung, üelakog ist aus IluaXijog oder
"Xiog gekürzt wie ^'OpufaXog aus ^O/ntpaki^og s. o. , das erhellt
aus Ilidlaia, noXig &€aaakixi^ vno %d KeQxirioy OQog^ %o
e^vKov ütaXsvg Steph. maXiog^ vielleicht ursprünglich ein
nordgriechisches wort, heisst ¥rie Ttiwv „fett".
Strabo nennt IlaQWQaioi als epeirotischen stamm. Smlg.
1355 lautet der name (nd)Q(aQogf im genitiv üaQWQov 1350;
beide namenformen beruhen auf JlaQioQeiog und dies auf Ttag^
0Q€i „am berge".
Der Stammesname Xigaögog smlg. 1352 geht auf einen
Ortsnamen, der sich nach x^Q^S ^^S „gemülm" und xa^d^a
„giessbach" nur als Xegadga denken lässt. Auch hier hat das
ethnikon eine starke Verkürzung erlitten: Xiqadqog aus X^qa-
dqaiog wie üdQfOQog aus naQtüQaiog (oder doch IlaQÜguog).
So erklärt sich auch der sonderbare stammname ^OvoTttQ-
vag. „Eselfersen'^ oder „Eselschinken" werden die leute schwer-
lich genannt sein, aber gegen einen Ortsnamen ^Ovovnigva
wäre nichts einzuwenden: *'Ovov yvd-d'og hiess die halbinsel
westUch von Kap Malea, und niqvrj' mot iie^d vov % ÜTiQVfj
(Hesych.) ein vorgebirg von Aigina. Also wohl ^OvoTtegvog aus
'OvoTtegvaiog wie ndqmqog aus IlaQiOQaiog, Xigaögog aus Xe-
gadgaiog.
Die Tdkageg sind irgend wie von '^aXagog flechtkorb be-
nannt, vielleicht nach ihrer milchwirthschaft von käsekörben
Od. 9, 247. Takagla hiess eine fvohg SvQcmovauav BeoTtofi-
nog hf OtXiftTiixwv pl Steph. Tdlageg verhält sich zu Tahzqia^
wie nisQeg zu Ilugia s. u.
Proxenos nennt Steph. Xaovla unter den epeirotischen
stammen die Kaoaiorcoi^ zweifellos die bewohner von Kaaawfttj *
noXig h MoXoxtoig — tö edrixov Kaaofßmaiog aal Kaaad-
Ttiog. — ^HQOÖufiog de Kaaoianovg avxovg (pjaiv „IW$ xaxcSs"
meint Stephanos. Vielmehr haben wir hier die echt epichorische
namenkürzung, wie in JldQWQog : nccQWQdiog zu erkennen. Der ort
heisst bei Strabo 324 Kaoaionri y gl. KaQuamog neben iCa^/ro^ 8.U.
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Die griechischen verbandnamen (ethnika). 245
Das ethnikon KoiXumol wurde schon oben auf einen Orts-
namen zurückgeführt, wie Kaaatanol auf KaooiaTvaiog von
KaaatoTtrj zurückgeht.
Für KoQKüTtov Smlg. 1339 liest man Ka^nov 1350, was
an ^Ayifiioi^' Ayf^oi zu ^Ayqlai ^AyqtowBq und Kaaawntj neben
KaaaiOTtfj erinnert. Die Kägeg^ die Rhianos h t^i ^ (Qeaaa-
XiTuSy) erwähnt ,f€7tTa de JfovevTivoiy araQ dvonaidena Kä(fag
Steph. unter JtayefTivog^ tragen vielleicht einen aus Kotn^iandg
gekürzten namen. Ka^uimog kann aus Kaajwrtög entstanden sein.
Wie überall in Griechenland ist die ableitung vom lokativ
auf i auch in Epeiros zur bildung der ethnika sehr beliebt.
EvQwniog Smlg. 1S39 geht auf einen ort Evifamog zurück Tgl.
Stephanos unter Ev^nog* — %ö k^inöv EviffSrtiog cJg ^üodth-
Ttiog, Auch in Epeiros soll es einen ort Oropos gegeben haben :
xai nififCTTj iv Geofegüniai sagt Steph. bei aufzählung der
Städte dieses namens.
Die XifKülioL smlg. 1347 scheinen eine kalte gegend be-
wohnt zu haben, wenn der name mit x^^^~ ^^ dva-%i^og^
xLlietXov zusammenhängt. XupLiqiov heisst ein vorgebirg und
hafen in Thesprotien Thukyd. 1, 30. 46 und Dodona trägt
n 234 das beiwort dvaxeifieQog, Xifiwliot geht auf Xi^iaXog
wie Ai%iihoiy -lUa auf u^itwlSg, und wie ofiOQTtoJiog von afiaQ-
Tely^ AlvwXog von atreZv, so ist Xifiwlog von %i^Biv -« %bi-
fielp frieren abgeleitet; möglicherweise würde Xifiiolioi besser
mit ei geschrieben.
Die ^Yftat'loxioi wurden schon oben erwähnt und mit den
Afig>lXoxoi in Akarnanien verglichen; sehr merkwürdig ist hier
die erhaltung des altepischen vrral neben vrtd.
In TgiTtohaoot neben TgiftoUaioi ist ato- zu ajo, aao
gewandelt wie in Kaaawntj aus Kaa(a)i6ft7i ; bei Aeschylos
schreibt man nohaaovxog^ noXiacovo^og wohl besser mit ein-
fachem a.
IlaQWQdiogf verkürzt zu IldQfOQog s. o. beruht auf rtoQot-
Qea SS TtoQWQeia^ wenn man nicht ein übergreifen des aus-
gangs -mo^ annehmen will.
Unter ^Afivfjivoi' e9vog ^Hnuqutiixov bemerkt Stephanos :
Xeyetai xal AfAVfivaiog xai ^ApLvpLvaLa. Dies ethnikon erklärt
sich, wenn wir ^Af4Vfiv6g, wie oben geschehen, nach analogie
Maiuddh : Max^dvog als ursprüngliches adjectiv zu ^Ajavitianf
auffassen. Dann ist ^Afiv^yä (sc. yäla) das land der '^/uv-
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246 A. Pick
(jiOVB^y und hieryon regelrecht das ethnikon litfivfivaiog abge^
leitet^ wie ^EXiaiog yon ^Elia und Tv^q>aiog von TvfAqnj.
Zu Kolnaiog smig. 1350 — jedenfalls mittelbar von x6>l-
Ttog — und Toqvdaiov 1339 fehlen die Ortsnamen; einen ort
ToQinnr] in Thesprotien erwähnt Plutarch Anton. 62. Nach einem
manne sind die reroäloi benannt e&vog Mohntaiag^ dno
Feyoov a^ovtog cnrucjv 'Piavog kv xsidqfswi Geaaahxwv Steph.
Inschriftlich erscheint der name mit v : Fewalov smlg. 1367,
wie umgekehrt Joeaatog neben Strabos Jviarai.
Geradezu einen mannsnamen tragen die 'A^ivtar e^og
GeaTtQaniTLOv ^yfiivog nvuovxeg 'u4fivvtai^^ (wohl aus Rhianos)
xal ^ AQvaxoziXrjg ev fiji %wv ^HrceiQiaidjv Tcohreiai Steph. Vom
könige Amyntas benannt? wie könig Philippos die Kreniten
0iXi7tnovg (ivoinaaev?
Die ethnika auf -ivog gehen auf den ausgang -<o zurück,
mag damit der Ortsname schliessen, wie in Abovciov : ^«ov-
Tivog^ oder eine kürzere form des ethnikons auf -co dabei über-
sprungen sein, ¥de in Ta^ag (ToQavtiog) Taifcnfrlvog, In
Epeiros ist -ivog vertreten durch ^^yvQivoi' e&vog ^Hfteidfü-
Ttxov Steph. zu difyvQiov silberbergwerk, ^Agyvgia ort im kappa-
dokischen Pontos, l/ä^YVQia in der Troas.
JanfSTzlvor e^og MoXooüixov^ "^Piavog 6' @€aaa3Uiiwv
„avTOQ Jwyenfivoi Irf* oxqrjQoi KeQoiveg^^ nai h rtji ^ „e/rra
öi JtavefTivoi^ dtaq dvoxaid&ia KaQeg*\ Der Ortsname, der zu
gründe liegt (J(av€T%i.ov? ) wohl zu dova^ „röhr". Woher hat
Passow unter dova^ „dorisch dcSi^al, ionisch doira^?^^ Boisacq
weiss nichts von dorischem duh^a^, sonst könnte man lettisch
dohne^ d. i. dune „schilf, binsen^* dafür geltend machen, dcvdx-
vag als beiname ApoUons geht auf iova^ n^hr, pfeil^S
KeaxqivoL hiessen die bewohner von KeaxQiay das gebiet
KeoTQivrj bei Thukyd., in Thesprotien, doch vgl. Hesych Ke-
axQiviKol ßoeg* oi ev Xaovlai- fj yaq Xaovia Ttqoxeqov Keaxqivt}
7rQ0aflY0Q8V€T0 (?).
Für OftXaivog Ethnikon Smlg. 1359. 1362 ist vielleicht
^Onlalvog zu lesen und von einer örtlichkeit abzuleiten, die
etwa „hufplatz" bedeutete, von onh^ huf, wie oTtUa bei Hesych;
^'OnXaivog „Waffen belobt" wäre doch ein allzu pomphafter
name.
Im ausgange von Kegälveg mag -Tv aus -ivog verkürzt sein,
wie in vcfiin neben iaf^/nji,
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Die griechischen verbandnamen (ethnika). 247
Eigenthümllch ist die Verwendung von -irdg für -tag in
epeirotischen stammnamen. Strabos Jviaxai 326 sind wohl
zweifellos dieselben leute, die inschriftlich Joeaatol heissen:
Joiaaxoq Smlg. 1350, 4, mit o neben v, wie umgekehrt in-
schriftlich reyvaioi neben Fwottioi beim Stephanos. Dieselbe
endung in ^Yyxeatov Smlg. 1349, wir dürfen demnach -aro^
als Vertreter des makedonischen -axag ansehen, ebenso -%6q
für -Tag in Kla&iatos Smlg. 1339, "0Qiav(6s) 1366, wohl zu
Horreum Liv. 45, 26, vgl. ^Oqiov tonog KQ^rrjg Steph. iDoi-
yatog Smlg. 1351 zu einem Ortsnamen Ooiva vgl. tpoivog
„braun"; Kagfca . . . 1367 und %ov 1346 sind vielleicht
zu KaQTCtTov zu verbinden.
Hierher gehört vor allem der volksname BsoTtfunog, ge-
bildet vne *^nod(av6g und Boiwtog, Vielleicht war der aus-
gang "Tag in Epeiros ganz durch zog verdrängt, denn die
^ AiiftQaiuüixaiy l^TteiQwtai und ^Apivvxai wollen nicht viel be-
deuten: Amprakia war eine kolonie von Korinth, ein gemein-
wesen der Epeiroten gab es erst in hellenistischer zeit, und die
^Afxvvrai. tragen einen makedonischen königsnamen. Das eth-
nikon ^Ortovog Smlg. 1349 erinnert in seinem ausgange an
^Ertovia' ftohg, ^ vvy 'AjdßQoxiay ^ ftQOteQOv IlaQaXia xai o\
oinLovvfBg Steph,; ^Onovog wird für ^Onoviog stehen.
Die Ji^fXQOi wohnten im norden nahe der illyrischen
grenze, daher ist der name wohl nicht griechisch — vgl. illy-
risch JaaooQTitav JaoaaQoi — man könnte sonst an difyLO&av
^uiQTja denken.
Die ^A^afiWBg ^AtivxavBg ^Eyyekaveg Takaiaifeg und
^'Elloneg wurden schon oben angeführt. Die grosse fülle von
Stammnamen erklärt sich aus den politischen zuständen des
landesy das ganz in der alten gauverfassung stecken blieb und
sich nicht zur bildung der hellenischen polis erhoben hat. Für
die griechische Volkskunde sind die eben betrachteten namen
darum wichtig, weil sie mit voller Sicherheit den acht- und
altgriechischen Charakter der bewohner von Epeiros darthun,
der nicht weiter angezweifelt werden sollte. Erst nachdem
Aemilius Paulus das kernvolk der Molosser nach dem siege von
Pydna in die Sklaverei verkauft hatte, drangen die Illyrier in
das entvölkerte land vor und Epeiros wurde „zweisprachig^^,
wie es Strabo kennt.
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248 A. Fick
Westhellas.
Ob die Taphier und Teleboer, um mit den westinseln zu
beginnen, griechischen Stammes waren, fragt sich hier nicht,
die namen sind jedenfalls griechisch. Die Tdg>ioi heissen so
als bewohner der insel Tdtpog, und diese ist als „grabinseP'
Taq>0'Vf}Oog benannt und nach ihr und ihren bewohnern die
umliegenden inseln y^aoi Tatpiai.
Der name der TriUßoai ist durchsichtig, aus v^Im und
ßoi^ zusammengesetzt, aber die deutung ist nicht ganz sicher:
weithinruf er? oder weithingerufene? als %ijkh(Xrj%OL iTtiwnjfoi?
ßoTj bedeutet schon im homerischen ßoiiv dyad'dg den Schlacht-
ruf und die Schlacht, heroischer Vertreter der Trjleßdai ist
vielleicht Tri)A^a%og.
KBq>a}Xiv ist, wie das doppel-it zeigt, kurzname; der voU-
name ist nicht wohl anzugeben, wenn auch deutliches x&paiaj
zu gründe liegt, wie denn als eponym Kitpalog genannt wird,
der auch dem attischen demos Ketpalij zu seinem namen yer-
helfen haben soll. Der Ortsname Keq>aloidiov jetzt Gefalu, auf
Sizilien geht auf xefpaX'Otdrjg „dickkopf * wie xvhoidiaia auf
Kvloidag; auch K&pakopfjoog name einer insel vor der Krim
ist zu beachten.
Kephallenia bildete eine tetrapolis, sie war unter die vier
Städte Same, Pronnoi, Krane und Pale getheilt ügtivvoi ist
eigentlich gekürztes ethnikon, die Stadt hiess mit vollem namen
TlQtivaaag Strabo 455. Statt der Pronnoi nennt Liv. 38, 28
neben den Granu, Palenses und Samaei die Nesiotae, offenbar
auf grund einer anderen kürzung von IlQwaaog, wie die '£xa-
to-njaioi sich selbst NaaidSzat nannten. Die namenrmhe ist
demnach: ÜQWvaoog (ÜQwyaaioi) und hieraus vom ersten theil
IlQwvtfOi, vom zweiten Naaiwrai.
Sagenberühmt und nur der sage bekannt sind die Kureten
von Pleuren. Der name ist kein ethnikon yon haus aus: xov-
Qffj%eg ^A%atwv heisst bei Homer die junge mannschaft, die da-
neben auch xovQOi ^AxaiGhf genannt wird. Auch bei den Kureten
Pleurons findet sich die doppelbezeichnung : Kovqiov hiess berg
und bürg über der Kuretenstadt Pleuren und Stephanos be-
richtet unter KovQ^g „xat KovQ&!g naqoy^yov xcd KovQuog
wxi KovQei&^. In den folgenden werten „xae KovQiaaa ^Xv^
xdfg^^ ist für KovQiaaa zweifellos KovQfjaaa zu schreiben ge-
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Die griechischen verbandnamen (ethnika). 249
bildet TOB Kav^y -Tog wie Kg^aoa von Kfi^g^ Mayvtjoaa von
Mayvfjg.
Die ethnika ^AxoQväyeg^ OoitSveg und l4fig>lkoxoi sind
schon oben zur spräche gekommen.
Der Aetolemame ist schon bei Stephanos richtig gedeutet.
Da heisst es unter u4hü>Xtig' „Smi xai ahtaXog htld'etov noQa
^fia to ciTeiv^*; also aitfal6g zu ahelv ahTjao} wie afuxQtwXog
zu aiiaqzüv a^aq%ri'ato. Klingt dieser sinn von Aifiolog noch
Od. 14, 329 durch? Jedenfalls ist der dort genannte Al%ial6g
dnjQ ein „heischender^^ ein bettler.
Die einbrechenden Nordgriechen sind auch sonst als bettler
und landstreicher benannt Qeaaalogj einheimisch ündixlog^
stimmt wesentlich zum ahd. bitil, pitil zu got. bidjan „bitten'*,
der bettelmann der Odyssee Iros hiess «mit eigentlichem namen
l^raiogy in ihm werden die von Arne in Thessalien einfallenden
Böoter, die lifräioi Bouatoi^ verhöhnt, und der dorische He-
raklide, der Korinth eroberte, heisst in der sage iMi^g „der
landstreicher". So sind Ahtokog und IU%d'ak6g ursprünglich
schimpf- und Spottname gewesen, die von den siegem nachmals
als ehrennamen adoptiert wurden; ein trefifendes beispiel bietet
die gesohichte des Geusenamens.
Stämme in der später dem Aetolerbunde angeschlossenen
AixioUa iTcUtTjTog waren die ^Otpiovifg Thukyd. 3, 9, 4, die
Strabo 451 mit kürzerem namen ^Otpiüg nennt, von oq>i>g
schlänge, aber in welchem sinne? „Schlangenverehrer?" oder
anwohner eines baches ^'Oq>ig (so hiess der bach von Mantineia)
oder ^Oipiiar?
Bwfioi^ ldq)oi AlnaUag, oi xatoiKOvrreg Bwfiirjg' Govkv-
didfjg %QiTrit c. 96 ^^Bw^vfjg xai Kaklitjg^^y alX^ Saviv dno tov
B(6fiiogy (ig and tov Xqaiog Xrjauvg*^ Steph* Unter den
Bwfioi sind wohl eher „stufen", vgl. ßa&fiog, als „altäre" zu
verstehen. Bto^irjg geht wohl auf Btifuov, gebiet der Bia^oi^
wie KaXXiijg auf KoÄXiov. Diese von Thukydides neben den
Biafii^g genannten KaXh^g sind die bewohner von Kdlhovy
dem gebiete des orts, der mit vollnamen Kalllmohg heisst. So
sind die KalkUig dieselben, die in den delphischen inschriften
als KakhnoXltai bezeichnet werden.
In ^Anodunoi findet sich derselbe ausgang vor wie in
BaaTtaanoL und BoutnoL Zu gründe liegt wohl OTtovg g,
anodog „fusslos d. i. unwegsam".
BttUilg« I. kuMto d. iwig. «KMhMi. XXVI. 17
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250 A. Fick
Ähnlich heissen die IdfteQowol so, weil sie in ,,undardi-
dringlicher" landschaft wohnen; die eigentliche bedeutung von
dniQovToq ist ,,nicht durchzukommen" (neQaivto). neoarria
Ttokig AlfiaUag Steph. ist, allerdings ohne rücksicht auf den
sinn, ans 'ATteQCcrfia gekürzt Die ^^ygäioiy in unwegsamen,
noch jetzt mit dichten Waldungen bedecktem bex^lande sesshaft
(Bursian Gr. g. 1, 140) sind von ilyga jagd als ^jagdleate,
Weidmänner^' benannt, wie Apollon dyQoiog^ Artemis ay^aia.
Das a^jectiv erfordert auch hier, wie immer in adjectivischen
ethnicis ursprünglich den zusatz avÖQeg.
Dem sinne nach stimmt, was aus Aetolien in der Hesych-
glosse liyQ€fiweg berichtet wird: dnjQaraly fto((9f]ViKoL Bona-
toi — nuxi toftog hf Ai%wXLai,y zunächst doch bezeichnung der
bewohner dieses ortes.
Der name der AohqoI ist dunkel, die Hesychglosse Iskqoi'
c^oi T(^ ilag>sliav (lUQatüfv?) giebt keine aufhellung. Dag^en
erklärt sich der bergname ''Oloxuog bei Pydna sehr wohl aus
o- „mW und im zweiten gliede zu -ilox^-^ abgeläutetem Aex^g
„mit geweihzacken versehen"; ähnlich heisst eine klippenpartie
am brocken ,,die hirschhörner^^
Die westlichen Lokrer nannten sich selbst Feandfioi^ wie
sie auch den abendstem in ihrem Siegel fahrten, bekannter
sind sie unter dem Spitznamen der 'O^oXm.
Dieser sollte, von ofyiv abgeleitet, die leute als „stinker"
bezeichnen, welcher gestank dann verschiedentlich hergeleitet
wurde. Sprachlich ist nichts einzuwenden: oZöltjg wäre von
0^(0 gebildet, wie fiaiyo'lrjg^ fjuayd-Xtig^ ohpö-Xfjgy orvmd-Xfjgf
q>aiv6'Xrjg von fuxlvofjiaiy filayWy ofügpcv, onvUa ffaino. Doch
stimmt mit dieser ehrenrührigen deutung nicht Skymnos 316 — 7,
wo es von den epizephyrischen Lokrem heisst:
AqIv d* anoiiioi %wv ^OnowtUaif AoriQWVf eifioi di jio^
xQüiv q>aai %wv iv 'O^oXaig. oCßi sollen nach Suidas die
feile twv ovayfiov geheissen haben, vgl. lit Ma haut
Thessalien.
Der Thessalemame lautet im eigenen lande üetdixXdg, in
Böotien 0€TaX6g, 0maXdg Smlg. 906. 708, attisch SstwaXdg;
das stammverb ist d'iaaeadixi, q>ea%6g in Bi6q>Bo%og Böoter
Smlg. 488, wozu tto^o^; ihm entspricht germ. hidjan und zend.
jaidhyümi „ich bitte". Hiernach ist die deutung des namens
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Die griechischen verbandnamen (ethnika). 251
nicht zn verfehlen: 0e%&al6g ist wesentlich gleich mit an.
bidhily ahd. pitil, mhd. bitel, nhd. bittel, hier und da noch für
den freiwerber gebräuchlich. Die erklärung des namens ist
unter Aitwhig gegeben.
AHiiweg heissen die Thessaler zuerst bei Pindar. Der
namenausgang oSfifov, doch wohl ,,kundig'' wie atfiova Sijfrjg
Homer, war besonders in Thessalien in ^ AviqaiiJuaPj ^Irtnal^w/w
üblich, und so bezeichnet Alfiovtg yielleicht die Thessaler als
leute, bei denen die -a^funi^-namen gebräuchlich, wie man bei
uns von den Brnnonen, Ottonen, Weifen spricht. Doch könnte
AliAtav auch speziell kiirzung von 'lTt7t<Ufiwv sein.
Der kern des landes hiess ^A^yog TlelaayixoVf d. h. wenn
Sfyog oben richtig als „mark" gedeutet ist, die pelasgische
d. h. den Pelasgem abgenommene mark, wie es bei uns eine
windische, d. h. wider die Wenden errichtete mark gab.
Diese mittellandschaft umlagern im norden die IleQfatßoly
Ils^aißoij vielleicht zu /re^/cr-, Tra^-grenze „die an der grenze
weidenden'^ ReQ-ifa ßoi zu /Qoißdg got. vraiqs krumm, „sehr
verdrehte leute'^ wird man schwerlich annehmbar finden.
^'ifalov' OQog JlsQQaißlag* ol ohtowreg^'ItoloiEßBjch. Dar-
nach lasen einige B 749 Ti3i d' Sq* ^iwXoi inov%o statt %m
d* ^Eri^veg t Dazu iwlaif' fiilay Hesych, eigentlich „rost-
ÜEurben^^ zu log, fiog „rost"; man könnte sehr wohl lesen: %ok
ii Flfoloi iftovfo. Die leute waren wohl weniger braun, als
ihr land, x6 ^Italov Hqog. Nahe an sie grenzten die KaXaid-eig :
^^inegy die ganz ähnlich nach der braunen färbe benannt
sind.
Nachbaren oder ein stamm der Perrhaeber waren die
^Ifigdeg S&vog TtQoaexig Toig IlBQqaißoig^ ^Enunaiog EvQWfVfji'
nolneovaiv ^Ifig>isg, IIsQQaißot^ vgl. ifitpag' ^§ttg. Bevtaloi
und ifAt/ßiog' Iloaeidwp S ^vyiog Hesych.
Dem n. oder nw. Thessaliens gehören wohl auch die '£^-
viotai an S^vog QeaaaXlag änb ^E9viü%ov xiSv Neonrokifiov
Ttttidtav iyog (lig ^Puxvbg d' xat s. Der eponym lässt vermuthen,
dass der stamm ursprünglich nach Epeiros gehörte, dort fanden
wir den „makedonischen typus^^ auf -(nag in Jviatav neben
JvwQvog. Dieser findet sich auch in den namen der unter-
worfenen Urbevölkerung Thessaliens IleyiaTai und Mwiotaiy
die sicher von den siegem herrühren. Prellwitz denkt bei
IhvioToi an lat. penes, aber man kommt mit Ttivofiai aus —
17»
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252 A. Fick
Ygl. nhnjg arm — wie für Meviatai mit /uiycti, vgl, die fipola
auf Kreta. Sonst hiessen die QeaaaXoixivai neldtcu und
nQOonalatcu „zugewandte leute". Die endung -voq für -Ta$
findet sieb vor im ethnikon von Gomphoi an der grenze Ton
Epeiros und von dort her eingedrungen; die münzen der Stadt
haben neben rofiq>iia¥ die aufschrift rofjLq>L%ovv. Dies ist nicht
aus roii(pL%aovv kontrahiert, sondern geht auf das ethnikon
ro/ng^iTog. Die ethnika auf -ro^ sind bei den nordgriechen
beliebt: 'Ofeatog Maked. » 'Oqiatag Arcb. Ztg. 38, 159
(nach PB. auch Avywfiofog Lyncestus bei Vitruv) „am häufigsten
in Epeiros — Joeaatog Klad-unög ^OQcazdg ^Yyx^^og CkU"
vavog lehren uns die dodonäischen inschriften kennen^^ Vf. zu
smlg. 334.
Die thessalischen Tetraden sind gleichförmig benannt, die
einwohner auf -(orag, die landschaften auf -dStig : ^Etmaiukigy
IlelaayuSTig, Qeaaahwvig d. i. nerd-ahiuTtg und O&mzig. In
der Hestiaiotis wohnten die Hestiäer d. i. F^OTialot^ die nach
der botIol oder der göttin d. n. benannt sind, in der Od'ifatig
die OSioiy die vom lande 0d-ia den namen führen: von 0&ia
ist Od-idrag « ionisch 09ii^rig von 0dioi fbd-uitrjg 09i6kig
gebildet
Schliessen wir unseren rundgang mit den Magneten. Die
ableitung des namens aus Mcmeddy : Mcacsdvog : Maydv-ijg ist
schon oben gegeben, es sei hier nur noch bemerkt, dass die
ursprüngliche betonung Mayvi/g Mayv^reg aufgegeben wurde,
durch den einfluss der Magneten Eleinasiens, die als Aeoler
den akzent zurückzogen.
Das bindeglied zwischen Makedonen und Magneten bilden
die nUgegy die bewohner der landschaft TliBqia zwischen Olymp
und meer. Der landesname ist deutlich : TtUiqa ist das feminin
zu Ttiiov und Ilugia entspricht zufallig dem sskr. plvart „die
fette*^ Aus JIieQia ist der volksname IlieQeg durch kürzung
hervorgegangen, wie wir solche in den epeirotischen stamm-
namen so häufig fanden, vgl. z. b. TdXoQeg neben TalaQia.
Jedenfalls sind die nUqeg ursprünglich nicht als „die fetten'*,
sondern als bewohner eines fetten landes gedacht.
In sagenhafte vorzeit versetzen uns die namen der Minyer,
Phlegyer und Lapithen. Man beachte, dass die drei verwandten
Stämme gleichmässig mit schliessendem ä benannt und Miviai
und 0Xeyvat sprachlich noch näher durch den gemeinsamen
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Die griechischen verbandnamen (ethoika). 253
ausgaDg ihrer namen auf -vä verknüpft sind. Eine deutung
der namen nnterlässt man besser, da sie zu wenig handhaben
bieten, jedenfalls sind in Minyem und Phlegyem nicht die alt-
indischen menschheitsväter llanu und Bhrgu zu suchen.
Ganz mythisch sind die Myrmidonen, das Yolk Achills.
Die alten sahen in ihnen ^^ameisen^S was im hinblick auf fivQ-
fior fivfffifixag Hesych und thiemamen wie tsp&iftjdfJv wald-
biene, te^tjötAw holzwurm, x^kUkaif schwalbe sprachlich wohl
möglich wäre. Vielleicht erinnert man besser an fivQfiog' g>6ßog
zu fiOfffiOi' (foßoi Kepoi^ iiOQ^ivia^ fioffid und fiOfißgw d. i.
fio-f^iQtu und fii^fieQog, und bildungen wie tTjuadaweg ^ fielij-
dovegj lat. formidines. Achill ist als söhn der Thetis, in der
Maass die Demeter ^eafio-^hig erkannt hat, eine chthonische,
aller heiterkeit haare gestalt, ein fürst der schrecken.
Osthellas.
Oben wurde der name der Stadt Phokaia von der bucht
Phokai am ausflusse der katabothren des Kephissos abgeleitet,
es steht nichts im wege ebenso mit dem namen der Phoker
Qktnuiig zu verfahren; sprachlich ist es jedenfalls ganz unan-
stössig» 0(aMvg als bewohner von ÜhSxcu zu deuten, wie 12a-
tQevgj BBCrtiilgy üotnevg regelrechte ethnika zu Ilav^aiy
Sianiaiy üotviai sind.
Auch die sage deutet hierauf: in den nachtragen zu He-
siods Theogonie heisst es 1004, Aiakos habe mit der Nereide
Psamathe den Phokes erzeugt, den ahnherm der Phoker. Ebenso
Pindar Nem. 5, 13. Dieser setzt den Aiakos zwar schon nach
Aigina, doch gehört der vater des Peleus zweifellos ursprüng-
lich nach Phthia in den süden Thessaliens. Damach hätten
sich „Aiakiden'^ d. h. Süd-thessaler an dem sandigen strande
der bucht von Phokai festgesetzt, dort den namen Ouniaig an-
genommen,, und wären unter diesem in das Kephissosthal und
an den |PamaS8 vorgedrungen. Hierfür lässt sich auch der
name einer alten Phokerstadt Navßoleig gelten machen, die
Paus. 9, 33. 39 erwähnt und nach der ein Phokerfurst Iphitos
B 518 Navßolldfjg benannt ist Sehr wohl stimmt dazu auch
der dialekt von Phokis, der kaum noch spuren der alten Aeolis
zeigte die nur in Delphi noch stärker hervortreten. Jedenfalls
war die Wanderung über die meerengen zwischen Phthia, Eu-
boia und Osthellas bequemer, als durch den leicht zu sperren-
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254 -A. Fick
den engpass der Thermopylen. So siedelten sich Hestiäer in
Histiaia auf Euboia an, ebenda finden wir eine landschaft
Hellopia, die von den Hellopern um Dodona Siedler und namen
empfing, und auf diesem wege ging auch der name Hellas nach
dem östlichen Mittelgriechenland über.
Die Abanten, einwohner von Abai im tbale des Assos, eines
nebenflusses des Eephissos, hätten sich nach den angaben der
alten von den Amanten in Epeiros abgezweigt, vielleicht sind
sie über Euböa gekommen, jedenfalls ist ^'^ßag g. vtog von
^'Aßai abgeleitet, wie ^'Yag von ^Ya^ 0lByv opteg von OXsyva^
^A^mXag und 'uiglaßag von ''^/uvx^i und ^Agiüßti.
Mit den Hyanten um Hyampolis, den nachbarn der Aban-
ten, gleichen Stammes war nach ausweis der namen, die west-
lokrische gemeinde, die Thukyd. 3, 101 *^Yaiot nennt Ihre
nwfiti hiess JToAt^, worin wir ein gegenstück zu ^Ydfi-fvolig
erkennen dürfen; ursprünglich hiessen beide gaue ^Ya und die
mittelpunkte derselben *'Ya nohg^ oder schlechtweg RoXig.
Auf die ältere bevölkerung von Phokis weist der name der
AloXideigy deren Stadt nach Xalxidelg : Xalxig ursprünglich
Aiokig geheissen haben muss; ebendahin die äolische neben-
form Bahpol von JehpoL neben den sonstigen spuren der Aiolis
in der mundart von Delphi.
Im dialekt der Böoter, dessen quellen jetzt so reichlich
fliessen, unterscheidet man deutlich zwei verschiedene bestand-
theile, altachäisch- äolische und westgriechische, also eine
mischung der beiden alten haupttypen, die von den Qriechen
selbst richtig erkannt und als äolisch und dorisch bezeichnet
sind, vgl. 0. Hoffinann de mixtis Graecae linguae dialectis.
Diese mischung erklärt sich aus der geschichte der bevöl-
kerung des landes: die sagenberühmten Staaten der Minyer,
Phlegyer und Eadmeier wurden von einbrechenden Westgriechen,
den Böotem, überrannt, und so entstand das mischvolk der
AloXslg BoKOToi d. i. der Aioleig ycai BoiunoL; aus dem
missverständnis dieses namens entsprang der irrthum, als seien
die Böoter die echten und echtesten Aeoler.
Der name der IlQOvdaTaiy nach Stephanos e&vog Bouaviag
und mit dem citate y^BouartSv öi rcvag rö Ttalai lUfovoaTai
xaliovrai^^ belegt, hat keinen realen inhalt: Ttqovdaxai heisst
„vorbewohner" zu vdaaaad'ac, vaiuv wie fiava-vdartjg und der
Karer Ndotijg im Troerkatalog. Ebenso leer ist der name der
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Die griechischen verbandnamen (ethnika). 265
"EKVTiveg oder ^EyxTtjveQf er „bedeutet wohl nur ansässige'' Bur-
sian 8. 302 zu iyKTtja&aif ^yxnjais; die form ohne nasal er-
innert an böot ertTtaaig.
Die ^^oveg^ deren' name am ^Ai»iov ftediov bei Theben
haftete, bezeichnen vielleicht den weg, den die ^laorag bei ihrer
Wanderung nach Attika genommen haben.
TififilKsg werden von Lykophron und Menelaos in seiner
Thebais nach Steph. ak urbewohner Böotiens genannt. Der
name ist gebildet wie u^ldTKeg Oolvlxag und geht vielleicbt wie
diese auf die färbe, doch ist ein reflex von altir. Umd dunkel-
heit, ags. fimm dunkel, s. tdmas dunkelheit im Griechischen
nicht nachzuweisen.
Deutlich weist auf vorgriechische bevölkerung Böotiens der
name TlBKayünf g. IleXdyoyTog. Einen IlelayovTa zeugt nach
ApoUod. 3, 12, 6 der flussgott Asopos und Kadmos folgt der
stadtgründenden kuh nach Theben awrvxw h toig ßorno-
Uoig ÜBkdyovTog. Der volksname üelayw g. nslaydvog passt
nur im nom. und voc. in den hexameter, dichter gaben ihm
daher die flexion mit r, die übrigens nur bei der betonung
IlsXayiav möglich war, wie auch homerisches SaQTvriierrog neben
SoQTtrjdovog auf barytoniertes Sa^T^rfdunf zurückgeht nach der
feinen bemerkung bei Hesych unter Sagrti^doyvog : ecti di
Ahhxrj dfto ev&elag trjg SaQrtijdiov. Im kämpf am flusse, 0
der Ilias, werden ebenüsdls unter dem verszwange zu IleXaywv
die obliquen casus ütiXeyova 0 159, Ilijleyovog 0 141 gebildet,
wie man bei dichtem auch MoKijdovlri findet.
Die Pelagonen, deren eponym Pelagon ist, heissen sonst,
wo sie in Griechenland als urbewohner erscheinen, neXaayoi^
die also einst, wie in Attika, auch in Böotien sassen, wie denn
die Thraker in Phokis um Daulis und als SQaiTudai in Delphi
wohlbezeugt sind.
Der name der Kadmeier ist ganz durchsichtig: nadfiog
verhält sich zu Kwadfi^pogy wie Tniafiog zu iKjdaaaa&aiy xaxcnr-
fiivog und wie xoafiog zu KBO-avö^a^ dorisch neben Kaaadvdqa,
Alle drei wortformen sind auch sonst zur namengebung ver-
wendet in &)%aöiiog Kaofivlog Eviwafiog Kdof^vTtftog 6P. *.
^OTtXodfiia hiess eine phyle in Mantineia, Hera ^Orcloapiia im
Peloponnes: jenes aus ^ 07thyii(p)dpiiaj dieses aus ^07tlo%(o)af4ia
zusammengezogen. Als nomen ist xddfiog erhalten in der He-
sychglosse: xadfiog' döfVf i^fog, aarcLg. Kq^v^g^ d. L waffen*
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256 A. Fick
schmuck. Der xaSfiog Sußalog ist der heerbann von Theben,
Kadfieioc die dazu gehörigen mannen, die Kadfieia der waffen-
platz von Theben. Als burggeist der Eadmeia ist Eadmos
schlänge oder schlangenfässig, als gründer und könig ist er der
xoafionoXig, wie die Lokrer, der wofiosy wie die Kreter ihr0
bürgermeister nannten, der yLoa^rftioq hx&v des epos. Aus dem
genetiv von Kadfisioi geht Kaöfieiwv g. Kadf^siwvog hervor, wie
^A%Q€twv „Atreide" aus dem genetiv von 'Ar^ioi. — Die her-
leitung des namens KäSf^og aus dem semitischen kedem „morgen-
länder*^ kann nur noch als curiosum erwähnt werden. Man
stelle sich doch einmal vor, wie sich der fremdling bei den
leuten als „kedem'^ einführte. Die Fdoloi sind die bewohner
der landschaft /l^Ia, des landstrichs um Oropos, als attischer
demos später F^g genannt. Bei Stephanos heisst Fi^la' 6
ftoUttig F^iogy eine rtokig ^EqftQiag^ weil Oropos eine Zeitlang
nach 411 im besitz der Eretrier war. Eponym der Fgäioi ist
Fgäg, den Strabo 582 als eroberer von Lc^bos nennt. Die
Stadt Graia im schifiiskatalog ist sicher Oropos, wenn auch
einige, offenbar des namenklangs wegen darin Tava-yqa sehen
wollten. Die FqqixoI sind zweifellos ursprünglich die bewohner
der Oropia, die Thukyd. 2, 23, 2 negainij nennt, wofür wohl
zweifellos richtig jetzt FQaixvj gelesen wird. Die Fffahteg waren
nach Stephanos AioXBlg oi to ndgioy olnovrrag; Fgäl^^ ge-
bildet wie &Qäi^j verhält sich zu Fgainog, wie Ühp^^ dreifuss
zu mensa Delphica, Jelfpix^ Tuane^Oy oder wie Aiontu^' xviU$
(Hesych.) zu Alomixfj (xv^), offenbar, wie die benennung nach
Aiakos, dem Schutzheiligen von Aigina, zeigt, ein erzeugnis
äginetischen kunstfleisses. Mit diesen FQoUHg von Parion haben
die T'^aZx«^- — noLQOt *u4Xxfiäpi al twv ^Ellijviav firjT4((€g xat
TtoQa JSog>oxl€i h Tloiixiaiv Steph. nichts zu thun. Das wort
stammt aus Alkmans bearbeitung der Odyssee: er nannte so
die heroinen der Nekyia, von denen es X 22b heisst: al öi
yvfpalKsg i]lv9^ov; diese nannte Alkman mit hinblick auf y^dicu
und reimend auf ywcuxeg als „altfrauen'^ ygähcsg.
Wie die Fgaloiy Fqaixoi als Graji Graeci in Rom zu der
ehre kamen, das gesammtvolk der Hellenen zu bezeichnen, ist
nicht klar; vielleicht bildeten die Fgaiot^ Fgamol den haupt-
bestand der ältesten bevölkerung von Eyme in Kampanien: die
Graia ist von Chalkis nur durch den engen sund des Euripos
getrennt. In den hesiodischen katalogen fr. 19 ist Graikos als
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Die griechischen yerbandDainen (ethnika). 257
söhn des volksvaters Denkalion schon ak Vertreter des gesammt-
Yolks zu verstehen. Zur betonung bemerkt Stephanos: vb de
rgahiog vo xvqiov ßoQvvevaiy vb ovv i^ixbv o^vverai vgl.
TevxQoi' o^onog ol Toweg, aTtb Tsintfav tov Snux^ca^dqov xoj
^läaiag vvfiqnjg Steph.
Dass die Böoter spätere eindringlinge in die nach ihnen
benannte landschaft sind, berichtet die Überlieferung; dass sie
den stammen des nord Westens angehören, zeigt ihre mundart,
die von äolischer beimischung abgesehen, im lautstande den
typus des nordwestens, der „nördlichen Doris^*, wie man sie
nennt, aufweist. Dazu kommt ihr name: Boiundg ist gebildet
wie ^uinodunog^ QeartQwrog und enthält den ausgang -rog, der
im norden und nordwesten -tag vertritt, oder damit wechselt
s. o. Vielleicht lässt sich aus dem namen auch der weg er-
mitteln, den die einwanderer genommen: 0. Hoffinann erinnert
an Boiov in der Doris und das Bdiov OQog an der grenze von
Epeiros und der Orestis. Bequemer war freilich der Zugang
von Thessalien über Euboia her, und man könnte sich sehr
wohl vorstellen, dass ein epeirotischer stamm, immerhin vom
Boiongebirge, in Thessalien eingedrungen, und von da durch
die Thesproter verdrängt über Euboia nach Böotien eingewan-
dert sei. Die herkunft zunächst aus Thessalien wird durch den
beinamen lägvoioi und die ansiedlung thessalischer namen wie
^^1^, KoQioveux^ KovQcihog bewiesen. Ging der weg über
Euboia? ^Oq>ihta hiess nach Lykophron ein berg auf Euboia,
^CkpeX%ag nach Plutarch Kimon 1 der könig, der die Böoter aus
Thessalien nach Böotien führte. Die Verbindung zwischen
Thessalien, Euboia, Osthellas ist auch sonst vielfach zu belegen.
Zu dem oben bemerkten kann man noch die Überlieferung der
Gephyräer in Attika stellen, die aus Eretria in Euboia ins
Asoposthal und von da nach Athen eingewandert sein wollten.
Ihr dienst der Demeter ^Axala weist nach Achaja im Süden
Thessaliens, wo die Demeter in Pyrasos hochverehrt wurde.
Auch in Thessalien gab es eine Stadt Eretria „IWi nai Qsaaa-
Uag^*- sagt Stephanos, ein XaX'Müdoviov ogog nennt Ap. Rh.
1, 50 neben Pherai, Chalkodons söhn Xalxwdovtidörjg heisst
im Schiffskatalog der fährer der Abanten von Euboia. Der
name dieses Chalkodontiaden *Eleq>ijvwQ geht übrigens wohl
nicht auf die alten, biederen Abanten, sondern die „alle weit
betrügenden*' (ila<paiQUi betrüge) chalkidischen kaufleute.
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258 A. Fick
Durchsichtig sind die böot. ethnika, ^tjßayweig im Aso-
posthale und ^Iftrcotai am Helikon. Koljoiq^^ hiess nach
Hesych ein OQoq BouxJtlag^ nach Stephanos hätten die ItävTi-
xovivleig^ vermutlich als bewohner dieses beides, Koloig>^vy€g
geheissen. Der sinn dieses namens erhellt aus Hesychs Kokoi-
ipqv^* TavayQoiog dXsKxqviiv^ zusammengesetzt aus moXoiog
zank, streit und (pqv^y wozu q>QvyiXog kleiner YOgel. Die kampf-
hähne von Tanagra waren berühmt. Als ethnikon ist Eokoi"
g>Qvy6g jedenfalls ursprünglich Spitzname.
Aus Euboia gilt es noch einen hübschen kurznamen zu
verzeichnen: Steph. Maxeig, ^ Evßoia' oi olnovvreg Ma-
xQwveg^ nicht wie MctKQUvg von Mmt^y sondern einem vor-
schwebenden: Maxifo-vijaog entnommen. Die einwohner von
MmQa hiessen nach Stephanos vom vollnamen ManQa v^aog :
MaKQOVfjaUai.
Attika.
Ein verbandname für die gesammtbevölkerung von Attika
ist vor der einwanderung des 'Idovag — ^'l(ayeg nicht nachzu»
weisen. Nach der Staatsgründung durch Theseus wurde der
loniemame durch ^A&rpfoioL verdrängt, ursprünglich adjectiv,
daher die Athener zu allen Zeiten als avÖQeg ^A^rpKuoi ange-
redet wurden. Sehr hübsch ist die kürzung des feminins
♦ A&fivaug zu ^Ax&lg^ wobei ^A&-7}vai als zweistämmiger voU-
name behandelt ist Vom namen des landes sind gebildet: von
^Axvij ^Axtaiog als eponym belegt und ^ArrtuSg für '^xrtxo^
vgl. Fqaixog^ XaXxidixSg u. a. Kgavad 7t6Xig und K^cn^ad hiess
Stadt und land yydid ro leTtTayacay elvai**. ApoUodor nennt als
tochter des eponymen KQaraog KQOvdi] und KQwalxfirj, Die
deutung des letzten namens als Zusammensetzung von xQoyav
und ätxf^ti „mit einer lanze von kornellenholz*^ giebt keinen
passenden sinn, auch kann der name unmöglich von denen der
Schwester Kranae und des vaters Eranaos getrennt werden.
KQavaixfiTj ist vielmehr als Kgaraal^xf^ri zu verstehen und zur
vergleichung HQttrcnjfcedog im hymnos auf den Delischen Apoll
472 heranzuziehen, wo Delos sagt yfXQavcnjrtBÖag slfii**; xQOPca^^
ist hier ionisch für ugavaai-y wie ionisch ^AX&tifihnjg für ^AXd'ai.-
fiivTig, Im ausgang -xf^ti ist eine verkürzte form zu xaiia-i zu
erkennen, x^avaai'^fir] heisst also soviel wie n^aijftedog „fels«
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Die griechischen verbandnamen (ethnika). 259
gründig" und ist voUname zu KQavia^ woraus dann das eth-
Dikon KjQamoq und der eponym des namens hervorgehen.
Die herkunft der ethnika auf -aaiog, ^i^aiog aus den loka-
tiven auf -aai, -tjai ist bei einigen attischen demotennamen
besonders deutlich, weil hier die betr. ethnika und topika neben
einander liegen.
So 'ijaiog neben -tjai in:
0 üevrelijaiog Xi&og = 6 üevTslilai JU&og von Ileyveltj.
^Exalijaiav fest des Zeus ^EnaXeiog : ^Enalijat zu Hekale.
Oltnjaiog 6 ^Eq^ijg : 0Xv^ai „zu Phlye", und daneben (PAwr-
aiog : 0lva&sv.
-aaiog neben -aat in:
QQiaaiog zu S^iäai : Ogia
IlreJieäaiog zu IlreXiaGL : ÜTeUa und Ovldaiog (warum ö?)
zu Ovkijat : OvX^.
Wie ist ^^vcifyvQdaiog zu ^^vayvQovg^ Oleiaaiog zu (DA^tot;^
zu beurtheilen ? Für (t>A«iaatog ist sicherlich von 0XBt4x aus-
zugehen, weil sonst -vt erhalten sein würde; aber attiych Tu-
x^gdaiog geht auf Taid-f^g avtog^ den älteren namen des ortes.
Das demotikon SvTtsvaiwy zu SvTtmj ist deutlich aus dem
gen. pl. Evnezttiojiy entstanden als elg twv SvTtevaitaVf ver-
selbständigt mit akzentveränderung wie in ^AQ^B^tanav : 6 /u^v
0 xwv ^AQtsfiiaitav von ^Aqxaiiiaia Artemisfest.
Peloponnesos.
Im Peloponnes sind die ethnika meist von landschaft- und
Städtenamen abgeleitet, und zwar gewöhnlich von lokativen auf
4, wie ^A(ffiiQi^ uiccMdaifiovioi von ^'Agysi, Aaxedaifiovi;
^Hleiog von ^HXsL-y FdXei neben Fall; Ilvhoi von Ilvh =a
IlvXoiy wie in Tcav-dti^l; von Meaadva : Meoaaviot; in '^x^-
^«ioe, KwovQioi stehen die landschaftsnamen auf -£ta, -/a jeden-
falls parallel, beide beruhen auf adjectiven.
Nach der Verzeichnung Kad^eiog : KaöptBifav ist ^Agysiiav
aus dem gen. pl. von ^Aqyaiog gebildet, vermutlich aus dich-
tem stammt die Hesychglosse ^A^elwvag tovg ^A^elovg;
richtig bemerkt Stephanos unter ^'AQyogi xal ^A^yalcüveg Xiyov-
%ai wg Kadjiieitoveg.
Ein yersuch zur bildung eines voUnamens liegt in ^Af^yo-
hxg vor bei Steph. aus Aristophanes "Hfioacv und Euripides
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260 A. Fick
JUeia^svei belegt Dazu ^AqyoXig und ^^Qyadsg' (eldog fpwov
aal) '^oyelai ywaixeg Hesych.
Originell ist die kürzusg Aaxiav für Aan^dai^onog^ auch
dem gebrauche nach eine ächte koseform dem vornehm offi-
ziellen uicmadaifiiviog gegenüber.
Zu ^EUxf] bemerkt Stephanos: 6 noUxtjg ^Eltxdviog drtb
Tov xTiatov ^Elinwvog, richtiger von ^EXiTniv = ^EUxij^ weil
elintov „weidicht^' sinngleich mit dem kollektiv gedachten kUxij
„weide'' ist. Ebenso heisst es Steph.: ^AX^Aog* TtoUg Boianlag.
— to i^txov — ^Alfiwviog. Zu Nvfiqxig' nolig ^AffdadUig
(Paus. 8, 34, 6) war das ethnikon Nvfupiaiog xal Nvijupaala
nrffr\ Steph. Vielleicht ist a hier schlechte wiedergäbe eines
£ und dies dialectisch für d, wie in SeyeoTa^ti, Auch ^^^xa-
alötjg liesse sich so erklären.
Vom alten lokativ auf -9;t;, sv (vgl. s. agnau zu agm)
stammen die ethnika auf svg wie 'AlytaXsvg^ MeyoQ&jg. Von
den Ortsnamen auf -«m bildet man den bürgernamen auf -evg
nicht auf -eievg, wie Mctprivevg' zu Mawivsia. Daher ist auch
'Odvooeig in Spanien nicht als plural vom heroennamen 'Odva-
aevg aufzufassen, wie o. 23, s. 244 geschehen; sondern die
^Odvaaelg sind die bewohner der Stadt ^Odvaaeia: yuxl h r^i
^IßtjQiai Ttövaaeia noXtg deUwrai Strabo 149, nach 157 ober-
halb Abdera im berglande der Turdetaner gelegen. Da nun
die bürger für die Stadt genannt werden können, heisst es bei
Steph. ganz richtig: ^Odvoaeig nolig ^IßijQlag. Aber wenn es
weiter heisst ägaevixwg- xai t6 l&vi%ov o^oioPy wg ^AtaqvAg
{yLoi JiTtaißig) scheint der sing. *Odvaaevg gemeint zu sein:
'Odvaaevg als Ortsname wie Msvikaog SoQTttjSdv Tala/Ativ u. a.
s. oben 23, 242. Für das sinnlose aQoevixwg ist evixaig „im
Singular'^ zu schreiben. Also: ^Odvaosig' noXig ^IßfjQiag' (xot
^Odvaaevg) evL^wg* nuxl v6 kdvmov ofioiovy wg *A%a^8vg wie
auch die Stadt hiess. Die bürgernamen auf -vag sind beson-
ders von Städtenamen auf -a sehr beliebt wie in ntaa-Toi,
Tsysä-vai, KaQva^av u. a. Snaftianjg ist nicht von Sftaqta
sondern von SnotQtia abgeleitet, was für die herleitung von
dem pflanzennamen artägtog „spart" spricht: aftagxid wäre ein
„Spartfeld'' vgl TtQaoia, Das jedenfalls nur poetische ^Agyeito-
Tfjg ^AqyutJtig ist regelrecht von ^Aqyelog gebildet wie O^id-
jrjg O&ickig von 0&iog.
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Die griechischen Terbandnamen (ethnika). 261
Schon dem epos sind die stammnamen '^^efdeg, Javaolj
^Enuoi und Kavyuov^g bekannt.
*AQxd6eg wurde von den Alten auf aQXTog „bär*^ oder
vielmehr „bärin*^ bezogen und durch die Kallistosage erläutert:
^AQwg sollte der sehn der bärin von Zeus sein. Die deutung
der Arkader als baren findet heute noch bei&ll, doch stehen
ihr schwere bedenken entgegen: die einbusse des % in oQxvog
ist sonst unerhört (angebliches ÜQuog bar und ctQullog bären-
junges sollen wohl nur die ableitung von ^Aq%ag stützen) und
-o^y Hxdeg von thiemamen bezeichnet nur weibliche thiere, wie
alydSeg dfivdÖBg jtaXauidBg u. a., und so kämen wir nur auf
bärinnen, nicht auf hären.
Sonst werden die nomina masc. auf -ad, -ad«^ nur von
adverbien auf -ad« und -adrpf gebildet, wie qnjyag von qwyade
„zur flucht'S loyadsg zu XoyddriVy pnyadeg zu fuydöfp^ = /ui^-
dtp^ filyda. So kämen wir auf eine basis dqKadBj die wir aus
dem Griechischen selbst erklären können, ohne zu lat. arca
und arx unsere Zuflucht zu nehmen. Von e^ßog ist alqißada'
aig eqaßog (Hesych.) gebildet, d im anlaut ist ausdruck der
vocalverschärfung unter dem ictus: die glosse stammt aus dem
epos, das nicht die folge von vier kürzen duldet. Wie iqißadB
von egeßogy konnte man ä((KadB von OQuog ^^abwehr^*, bilden
(bei Alkaios: aQxog loxvqw ßikaog und basis zu a^x^aaat); von
a^Kads aber ist ^AfKadsg richtig abgeleitet wie qm^ddag von
qivyads; avSQsg ^Aq^iddag wären demnach die „zur abwehr'^
verbundenen mannen.
Die 'Erteioi sind bei Homer die herren von Elis. Mög-
licherweiBe sind sie als „draufgänger'' von iniivai benannt,
entsprechend unserer oben versuchten deutung von ^AxaioL
Javaol heissen bei Homer die Argeier und wie ^AQyeioi
weiterhin alle Griechen (Achäer). Vielleicht hängt der name
mit ddrog ,fddvag' f^egldag Kaqva%ioi*^ (Hesych.) zusammen und
bezeichnete ursprünglich bloss die geomoren, die erbgesessnen
bauem von Argos. Dazu würde wohl passen, dass ihr eponym
^A(ffog awÖQov iöv Jayaog rtolrjosv ¥yvdQav Hesiod frg. 97.
Vielleicht ist übrigens auch hier vom landesnamen auszugehen
wie bei Kranaa = Attika. Kann es für zuüedl gelten, dass die
beiden gegengestade, die '^xro, Attika, und Argolis und ihre
bewohner reimweis benannt sind: KQovad : Jarad^ Kqaraoi'
Javaoi ?
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262 A. Fick
^ATtidayfj^ soll nach jüngeren dichtern uralter name der
Arkader und Argiver gewesen sein : ^Aqnideg 'AnUiavrfiq Ap.
Rh. 4, 263, nach Rhianos bei Stephanos war es Phoroneus' söhn
Apis, hq Q ^ Aitirj» iq>dvi^B xoi dveqaq ^ATtiöartjag, Nach Steph.
hiessen Argiver und Arkader auch ^AfttSiveg^ was an f^rpieda-
vog : Mcnudviv erinnert. Homer's äftlij yata zieht Rhianos
fälschlich hierher; 'ATtia ßovvig wird von Aeschylos SuppL 117.
127 Argos genannt. Apidanos hiess ein fluss Thessaliens, soUte
die benennung ^Artidar^eg bloss die herkunft der Peloponnesier
aus Thessalien bezeichnen? oder hängt der name der Javaol
mit ^Afti'öavrJBg zusammen? Schwerlich, da dieser erst spät
bezeugt ist
Ob die Eaukonen der Odyssee Griechen oder barbaren
waren? Jedenüalls sind sie ganz von den Kaukonen zu trennen,
die in K 429 Y 329 als bundesgenossen der Troer genannt
werden, nach den alten bald für ein e&vog naq>Xayapiag ^
Sxv&lagj nach andern für Eaunier(I) gehalten. Der name er-
innert an die vogelnamen xctvxaliag und TtcnnUalog bei He-
sych, lit. kaükaU ein vogel am Ha£P und kaülc4i schreien. Vgl.
stammnameu wie ^AiQOtp Mi^otf) Jftioiff KoXoiq>Qvyeg 0leyvag,
Ausserhalb des mutterlandes.
Die einwohner der ^Ewndvijaoi nannten sich selbst offiziell
Naatikai Smlg. 304 A 40 ; dieselbe Vertretung fanden wir oben
für die bürger von ÜQoipaaog = JZ^ob^ot auf Kephallenia, die
bei Livius Nesiotae heissen.
Sehr hübsch ist die kürzung des ethnikons Mvrilfiväiogy
von der Stephanos unter Mvrilijvf] berichtet Nach Hekataios,
heisst es dort, ist die Stadt benannt inö MwiXijvtig v^g Md-
naQog (des Schutzheiligen von Lesbos) tj üiXoTtog dvyav(f6g. ot
de Sri MwiXfjg rjv 6 ohuarqg. oi Si aTtb Mvttwog %ov Itocei^
dmog lud MvtiXfjv^jg' S&sy Mvrwvida xaXei t^v Aeaßov KaXki"
fioxog h Twi. TeTd(it(ot, Ilaq^iviog öi MvTta^iSag vag Asaßi-
xdg qnjai, UyovtaL de Mtnaveg xai Mwwvaioi xai MvTihj'
vaiou Die namen der angeblichen gründer Mwlltig und Mt;-
Tioy sind selbstverständlich von denen der stadt und der bürger
hergenommen. Mvrilrig ist gekappter (zweistämmiger) kurz-
name von Mvtilfj^aiog und Mvtotveg hiessen die Mwi-hji^aloi
wie Adxwveg die Aonu-dai/Aoyioi. Ob der name der stadt
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Die griechischen TerbandBamen (ethnika). 263
zweistämmig ist? fivrig „das innere der sepia'^ vielleicht diese
selbst und Irp^ög trog, behälter?? Jedenfalk ist der stadtname
als zweistämmiger gedacht, als man die kurznamen Mvtlhjg
und MvT(ay aus dem bürgemamen bildete, wie ^Atd^lg auf der
Zerlegung von ^A9ijvctt in A9' und rjivai beruht Mvtia^ als
gründemame schliesst sich der schier zahllosen reihe der riQioag
%%ia%aL an/ die das etbnikon der gründung als namen tragen,
deren man einige GP. * s. 363 verzeichnet findet. Sohn Posei-
dons heisst Myton als gründer einer Seestadt. Das etbnikon
Mitfav wird auch als männername verwendet s. 6P. * 337.
Usener sieht göttemamen s. 327 in Mvsfov das lat m&to
„penis'' und den phallischen gott Mütünus. „Was ist davon
auf griechischem boden geblieben? Nur auf Lesbos erzählte
man von einem söhn des Poseidon Mitiov^ nach dem die
hanptstadt Mytilene und die insel selbst Mvtunflg benannt war^'.
Also der müto wurde söhn Poseidons und gründer und bürger
(s. o.) von Mytilene. Mehr kann man billiger weise von einem
Ttoa^füv nicht verlangen! Übrigens ist die gleichung müto:
MvTior auch sprachlich unmöglich, da ü in müto, wie mhd.
meidem ^hengsf' und zend. maßthman „Vereinigung, begattung**
zeigt, aus oi entstanden ist.
Die urbewohner von Rhodos nannte man ^'lyvtireg und
rvijxeg nach Stephanos: Tj^wg' a&vog oUijaav ttpf ^P6dap. ev^sv
xal Xyvrftag oi i&ayepeig' keyetai yoQ xot fieva tov i ^lyn/wsg
vgl ^'lyvriwsg ol xai x^Q^ ^^ ^ Uyorgai (ig €i(ffi%ai h r^ y.
Dazu ^^tyvifreg attice scribi dicit Apollon. de pron. p. 330*^ Mei-
neke. ^/ ist Fi, in ßiv fldiog aus svi vgl. s. md; das digamma
ist in Rhodos früh verschollen und durch den hauch ersetzt
Über die nationalität sagt der name nichts aus, ipnjg ist eben
-> i&aysn^gf von interesse ist nur die kürzung von %yvi^ zu
rnjg.
Fremde ethnika.
Die namen fremder Völker wurden, wie alle fremdnamen,
von den Griechen sehr frei bebandelt und volksetymologisch
umgewandelt So wurden aus den Pärsa lU^aat mit anklang an
ninOTjg^ JleQüevg^ ninaai ; TceQaifttolig ßaalkeiog OTforog heisst
das Perserheer Aeschylos Perser 65 ; aus den Eillaku machte man
Kihiug nach GQoixeg rgalueg und unter den kaukasischen
Stämmen entdeckte man sogar ^A%aiolj *Hvio%ot und Twöa*
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264 A. Fick
fiöcu. Assur gab, als ^uioavqiog in ^Aa- und -^avQW^ zerlegt,
den volksnamen der Svqoi her, und aus der benennung der
Kappadoken Aevsto-ovQOi zog man den namen Sv(f€Oif wie He-
rodot 1, 72 sagt oi di KanTtaööxai in EiXrpiav 2vqioi ovo-
IJiäC,ov%ai.\ doch werden die namen 2iQ0i und Sii^iot von an-
deren anders gedeutet.
Die Lykier der Troas, die nur der erste theil der Dias
kennt, sind die Mannen des Lykaon, dessen söhn Pandaros sie
führt, also Amioi für Aviuxoviotj und so nannte Poseidippos
nach Steph. unter ZiUia die Lykier der Troas geradezu Ly-
kaoniden. Auch die Lykier Lykiens, die sich selbst bekanntlidi
Tramele TeQfiilai nannten, sind wohl als eine abzweigung der
Avxadpioi benannt, die nach Stephanos unter Avxaovia auch
AvKaoveg und Avuuäyeg hiessen, also scheinbar einen acht grie-
chischen Stammesnamen trugen ; doch wird hier wohl nach £a-
%a6vioi zu schliessen die Umformung eines einheimischen namens
vorliegen.
Häufig werden auch fremde, und zwar insbesondere wilde
und fabelhafte Völker mit ganz griechischen namen ausgestattet
und zwar nach ihrem aussehen die Al&loTreg die „braunge-
sichter^S nicht neger ! mit anschluss an al&o^ und die griechi-
schen ethnika JoloTteg jQvorteg JtoQloftag *'Ellofteg.
Stephanos MaiiQax€q>aloi n^og zöig KoXxoig^ mit dem
citat (aus Hekataios?) ,,oi yag ^HfiUvveg yuxi MctxQOxiqHxXoi xcd
Ilvyfjiaioi*^ sind nicht verschieden von den MAxQtareg^ oi vv^
Sawoi^ die ebenda, an der grenze von Kolchis oberhalb Trape-
zent zu hause waren. MdxQwv ist richtige koseform zu Ma-
iiQ(hiiig>alog. Die Kwo%iq>aXot Herodots 4, 191 sind wohl die-
selben, die Aelian KwofJCQOüwrtoi nennt. Die 'HfiUweg „halb-
hunde'' nach tifjti&iünf yivog ardfiSv sahen wohl ähnlich aus.
ApoUod. 2, 1, 4 heisst es vom Aigyptos: rfy¥ MeXaf47t6dofr
XiiQav a<p eavTOv tiyofiaaev AiyvTtTOv. Ob die Aegypter von
den Griechen nach ihren „schwarzen füssen*' benannt sind,
oder weil sie auf schwarzem erdboden nidop wohnten?
Auf Ttovg gehen auch die namen ^Artifcodsg und *Qxi-
Tcodeg, sowie die fabelhaften SxiaTtoöeg^ ^qovdtinodag und
Q^BUJfftodeg auf der insel OeXXd,
Nach ihrer tracht sind die MsXdyxXaivai benannt, nach
ihrer nahrung die ^IftrtTifioi/yoi und mit dem ausgang -qxiyoi
die ^AyqtO'y ^AxQido^y ^Avdqo^^ 'Av&fWTcO'f rXoKTO^^ *EXeg>ctv%0'y
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Die griechiflclien Terbandnamen (ethnika). 365
'ijtTKh^ 'ix^vo'y K(f€iO'^ Aiato-y Mtkinh^ Mwa^j Maaxo-f
^Oipio-y ndfi'y Ilolv-f ^Pi^y SitO'f 2ft$Qfict%0' und Saeffio-^
'YXa-y 0&HQO'y X€hav<Hp6e/Oi.
Ursprünglich ist hier Svdfes beigefugt gewesen, den reigen
eröffnen Homers avögeg ^wTogxiyoii ßahnrppayoi avÖQeg heissen
die Arkader schon bei Alkaios, dv^f aitaqwtyos ist bei Homer
allgemeine bezeichnung der menschen, aus dem adjectiv /Aoxto-
^yog N 6 ist Hesiod. frg. 189 schon der Yolksname nUncro-
tpayoi geworden.
Von der wohnung sind benannt die ^Ißl-^ixoi „Alpenbe-
wohner'' Strabos, wozu man den ^l{e)ßUaify Ligurer, söhn
Poseidons Apolld. 2, 5, 10 stellen mag, jedenfalls Vertreter der
von Herakles d. i. den Griechen bezwungenen urbewohner
Liguriens.
Die MocavPH}ixoi hieesen so TOn ihren holzthürmen, ge-
kürzt auch M6aavP0i und Möaawig vgl. Heejch fiocoweg*
inal^€ig' ftviffoi. xai (Moaavpeg) i^og Snvd'iMOP.
SdX^vMi war eine alte benennung der barbaren, vermut-
lich von ihren stein Wohnungen?
Späte kürzungen ursprünglich zweiwortiger namen:
^Xsvd-iQa Kihxia — oi olxtjfOifeg ^EXw&eifOKllixeg, vvy öi
EXev&eqtcai Steph. und uiißvsg ol vofiadeg „schweifende Libyer*'
heissen bei Appian No^adigy woraus die Römer Numiche ge-
macht haben.
Die Phönizier sind von den Griechen zweifellos als avdqag
ifoivixeg „rothbraune leute'' bezeichnet, woraus der eigenname
0oivnug hervorging, der sich gut an .yißi&TKag Tififilxeg an-
schliesst. Lat Poenus beruht auf der kürzeren form g>oiv6g,
ianpoivog^ 0oivodäfiag als vater der Segeste ist der „Punier-
bezwinger".
Heidelberg 31. januar 1901.
A. Fick.
B«tMc» X. kmid« d. iBdg. tpndMB. XXVI. 18
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266 Hans Reichett
Die lateüuBche V. deklinatioxu
Die frage nach der herkunft der lateinischen V. deklina-
tion ist noch immer nicht gelöst. Man hat in der mehrzahl
der hierhergehörenden substantiva sogenannte i^^-stämme zu er-
kennen geglaubt y obwol die thatsache, dass diese wörter im
nominativ sing, ein eud-s angenommen haben und vielfach
nebenformen auf -iis aufweisen, . zu berechtigtem zweifei anlass
gibt Lindsay Lat. gr. 394 spricht die vermuthung aus,
dass der ^-vokal des Lateinischen und der baltisch-slavischen
sprachen eine modifikation aus ursprünglichem a unter dem
einfluss des vorausgehenden y-lautes sein könnte, bemerkt aber
am Schlüsse seiner ausführungen Über die i^- stamme: Nach
alledem wird der urq)rung der lateinischen V. deklination etwa
der gewesen sein: zu den sy-stämmen res und spes und dem
^tt^stamm dies gesellten sich verbale ^-stamme wie sardes (vgl.
sarde-facio, sardS-bam) von sordes, facies (vgl. faei&iam) von
facio, species (vgl. speciB-bam) von sjükHo. Die beiden letzten
gaben den anlass, dass falsche formen von andern Verbal-
substantiven wie rcUne- statt rabia, progeniB- statt progeniä-j
permitü-, statt permüia, iUüviS- statt ülüfnä^ und mit der zeit
auch andere substantiva, z. b. segnüis- statt segnüiä^, vas^üie-
statt vastüiä" u. s. w., in die Schriftsprache eingang fanden".
Der grund, dass man in der hauptsache zu keinem befrie-
digenden resultat gelangt ist, liegt in der falschen beurtheilung
der -f'e-stämme. Ich glaube BB. 25, 234 ff. nachgewiesen zu
haben, dass die is-stämme ursprünglich mit den /-stammen
identisch waren und durch analogiebildungen , die insbesondere
von der lö-stammclasse ausgingen, eine scheinbar selbstständige
femininalclasse ei^aben. Daraus erklärt sich im Lateinischen
einerseits das häufige schwanken zwischen der IIL und V. dek-
lination, andrerseits die auffallende erscheinung der nebenformen
mit -iß'. Ausserdem ist noch die j^/ib klasse der verba in be-
tracht zu ziehen, da ein grosser teil der hierher gehörigen
substantiva zu ihr in beziehung steht.
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Die lateinische V. deklination. 267
I. Die stammblldniig.
Der V. lateinischen deklination gehören sowohl wnrzel-
stämme als auch abgeleitete stamme an, die sämmtlich mit
einer einzigen ausnähme auf einen ji-diphthong auslauten.
a) Die wMmMlMMe.
Die dekUnationsverhältnisse der wurzelstamme mit sonan-
äschern auslaut (auf ji, ^, r, l, m, n) sind ursprünglich fast
dieselben, wie die der abgeleiteten stamme mit gleichem aus-
laut. Der wesentlichste unterschied liegt in dem gebrauche des
nominativ -« bei den wurzelstämmen auf % (vgl. ai. roh neben
sdkha) und in den akzentverhältnissen.
r98 'gut' aus idg. *r^(i)'B, ai. rdh, wie ai. pdnthah^ aw.
pantd, gr. a^ai^g, lat verrSs. Neben ai. räh steht brhäd-rih,
wie aw. hü^ neben ai. svcnlhih, aw. b^rdzai-dü (zu "^dhai-
'einsieht') und gr. öeaTtoTijg neben ai. ddmpcUih vgl. lit. ri-j-u
'schichte auf. ai. räh hat die dehnstufe in allen kasus beibe-
halten (räjf- vor vokalen, rä- vor konsonanten), während aw.
raff' und lat r98 noch in einigen kasus die tiefstufe zeigen:
aw. raya I. S. aus *r9i^ (Bartholomae Grd. d. iran. Phil.
§ 193) neben ai. räyä, rayqm G. P. ans *rei'öm neben ai.
rOyämj lat r^ A. S., dessen -em wie bei den meisten i-stämmen
aus der konsonantischen deklination herübergenommen ist^ statt
*ri'm; ri Ab. S. ist wahrscheinlich ein alter lokativ *rS(i).
rem und rS liessen sich aber auch aus ri-^ (vgl. ai. sürä-
dhyäm, gr. g>iQovaav Verf. BB. 25, 235) und rx-^ (vgl aw. raya,
ai. sakhya) erklären, wenn es sicher ist^ dass lat. ji bei voraus-
gehendem konsonanten ausgefallen ist, wie für heri aus idg.
*§hi€S' angenommen wird, vgl. Lindsay Lat gr. 203.
spl^s „hoffiiung'' aus idg. *9phS(iJ'S : vgl. ai. aphäyati,
8plü4a', lit spifu, asl. speyf. Ob in ai. sphi-rd-, idg. *i oder
*9 vorli^, lässt sich ebensowenig entscheiden, wie bed lat. j^ro-
spe-rüs, da im lat in unbetonter offener silbe sowol a (aus
idg. *a) wie i zu e werden konnten, vgl. cinis, ciner-is neben
gr. xoFi^, ncfyia. Allerdings gewinnt die annähme, dass altes i
YorUege, an Wahrscheinlichkeit, wenn man gr. aqnj^kos (Fick
6GA. 1894, 247) und i'q>&i-fiog heranzieht Dann hätten wir
als ablautsstufen idg. ^sphei- : 9phl-, aphi-; eventuell *$ph9- :
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268 Hans Reichelt
*8ph9. Die normalstufe ^sphei- liegt in «pd'-i G. S. vor. Von
sp^ A. S., spS Ab. S. gilt daaselbe wie von r^, re,
di98 ,,himmely tag*^ aus idg. *die(u)-8, gr. Ziqg^ der ein-
zige ^-stamm der V. declination; daneben idg. dj^Sj ai. dyöuh,
gr. Zxvq^ an. tyr vielleicht in nü-diüs-Urtins, Die tiefstufe
♦dtjf liegt in di-^l G. S. aus ^diy.'ei(?) (ai. divdh, gr. Jiog)
und {ilt-d^ aus di^srVli (ai. div-am, gr. ^/t-a), die normalstofe
*^i<^- iß «Aw-fÄ G. S. aus *rfiej^-a» und Jav-em A. S. aus <2j|>jf-9i
(vgl. ai. krdt-vah, gr. /owog aus ^yovf-og und gr. ^dßo^ aus
*^de/-o$X sowie in der komposition vor: jü-glans ^Jiog ßaXaw^
und Ju'(p)piier aus *<Ij|(0U-.
b) Die
fides ^vertrauen' aus idg. *bheidhs(i)'8, gr. rtu9ip aus
idg. bheidhöi. Daneben gr. Tteiaig^ nstal^inQtnog, tat flklp-us
(in mediusfidius) und fidi-lis. Vgl. got. bidj-au, gr. iTti&tj'V,
^fti&ej^ in hom. Ttid^aw^ inldTjaa. Wie verhält sich lat. /^i^^
gr. Tteid^fft zu gr. rteiaig und in welchem Verhältnis steht der
nominalstamm zu dem verbalstamm?
Erstere frage glaube ich bereits in meiner arbeit über die
abgeleiteten |- und t^- stamme (BB. 25, s. 23SS.) gelöst zu
haben, wo ich die reduktion des ursprünglich dehnstufigen
nominativs gewissen akzentverhältnissen in der komposition zu-
schrieb. Die i-stämme hatten dehnstufigen nom. mit suffiix-
betonung. Daher erscheint die Wurzelsilbe allgemein in der
tiefstufe. Trat nun ein jf-stamm als letztes glied in die kom-
position, so musste durch den eintritt der enklise die endsilbe
am meisten reduzirt werden. Es entstanden also nom. mit der
reduktionsstufe -t, -f-s, die dann auch auf das simples über-
tragen wurden. Das Italische, Keltische und Germanische
haben durch die ihnen eigentümliche Verstärkung des exspira-
torischen akzents nom. mit der Schwundstufe entwickelt. Der
historische Vorgang lässt sich am besten an dem idg. i-stamm
*patei^ *herr' zeigen. Nom. idg. *patSx, ^pote, gr. (dea^)n6tiig :
ai. ddmpatih, lit vhzpaüs — ai. pdtih, gr. ftoaig^ lat potts :
lat. impos (* j>o^); got. brüßfaßs [lit. vesepats-päts]. Im Oskisch-
Umbrischen ist das -i- der endung durchweg sjnkopirt Im
Germanischen finden wir neben den schwundstufigen nom. noch
alte nom. auf ^-iz, run. hlewagastiE, BiA.gS8tr neben lat hostis^
asl. gosth : got. gaste; air. fäith aus *ff^i- stellt sich zu lat
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Die iHteinische V. dcJclination. 269
väiis, wie aisl gesir zu lat koetia. So erklärt sich gr. Tteiais
neben nu&(^ als ein aoB der komposition loßgeriasener nom.,
wofür auch die wurzelbetonung spricht. Hirt Idg. aka. s. 216
erklärt die akzentverbältnisse der i-stämme durch die annähme
eines idg. akzentwecbsels. „Da in den meisten kasus die en-
dungen betont waren, so überwiegt naturgemäss in den einzel-
spraohen die endbetonung. Wahrscheinlich lag noch im Idg.
im nom. akk. instr. sg. und akk. plur., beim fem. auch im nom.
plur. der ton auf der Wurzelsilbe''. Die annähme eines idg.
akzentwecbsels lässt sich allerdings rechtfertigen, aber nicht im
sinne Hirts. Die Wurzelsilbe der i-stämme ist der rogel nach
anbetont (tiefstufig), da der ton auf dem suffiz oder der kasus-
endung lag, und zwar im nom. akk. lok. sg. nom. (akL) plur.
auf dem suffix, in den andern kasus auf der endungssilbe. Dass
sich trotzdem vielfach wurzelbetonung findet, erklärt sich aus
dem einfluss der komposita, wie schon Wheeler 'Der griech«
nominalakzent' s. 34 für das Griechische erwiesen hat aTto-
uais ==» ai. dpacitih. Ttüaig aus j.7tuaig neben fiu9(f.
Dass zwischen der nominalen i-stammclasse und den k/jk>-
verben gewisse beziehungen bestanden haben, ist selbstverständ-
lich. Hirt Idg. akzent s. 191 bemerkt sehr richtig: „Verbum
und substantivum hängen derart in ihrer ganzen bildungsweise
zusammen, dass man nur gut thut, die parallelen zu ziehen".
Trotz der ausfuhrungen Streitbergs PBrE 14, 224 ff.
und Hirts a.a.O. s. 193 ff. sind die Verhältnisse bei den ie/^o-
verben durchaus nicht so komplizirt, wie jetzt allgemein ange-
nommen wird. Barth olomae 'Studien z. idg. Sprachgeschichte'
hat durch den ansatz der ablautsstufen ii-^ i- und i- die er-
klärung wesentlich vereinfacht
Nach Hirt, der in der hauptsache Streitberg folgt, sind
mindestens folgende klassen zu unterscheiden.
L i ist nicht praesenssuffix sondern gehört zum stamm.
II. i ist praesenssuffix und erscheint daher nicht in den
andern Stammformen. Diese klasse hat nach Brugmann Grd.
2, 1059 zwei abteilungen, je nachdem a) die Wurzelsilbe den
wortton hatte und vollstufig war, oder b) in der Wurzelsilbe
Schwundstufe herrschte, und der ton auf dem suffix lag, analog
den o-verben.
m. -ib im praesens steht neben einem zweiten stamm auf
-€ (oder -a) aus *-a| (oder -•öt).
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270 Hans Reiohelt
Diese einteflong lässt sich nicht aufrecht erhalten (abge-
sehen von der I. klasse). Dagegen spricht nicht nur der Zu-
sammenhang mit der nominalen i-stammklasse, sondern auch
der umstand) dass dasselbe idg. verbum in den einzelsprachen
verschiedenen bildungen folgt, was infolgedessen auf einen ge-
meinsamen Ursprung schliessen lässt. Zum beweis dessen fahre
ich folgende beispiele an:
lit. szlove 'ehre', gr. Kleiui ^verkünderin' statt *KUfo aus
^nfXef^oi" (vgl. üeidtif Atjtat) : gr. xletai 'mache berühmt'
aus *xJie/'i^, lat. düeo 'höre' aus ^dev^-ö. Dazu lit szlövi-nu
'preise*, idg. ^Jäo^i)-, ^Jd&^ö(i)' : *£fcjf«i- : "^Täe^i-,
lit. srove Strömung' : lit aravi^ü, sravij-au 'fliessen', gr.
i^itj-y 'floss', idg. *9raue(i)', *Sf'^S(i)' : ♦«roj^»-.
lit ffülis 'lager' : lit guli-ü 'l^e mich', gr. ßaUna, eßlfi-%0
'werfe', aw. ni-yraire 'sie werden geworfen' Bthl. Grd. d.
iran. phil. s. 79.
gr. x^^S 'gunst' : gr. x^^V^i h^'^ 'freue mich', aL hary^
ämi 'begehre'.
lat famBs 'hunger' : gr. x<^i^<^ aus *xa/a-w, exavfj-v
'gähne'.
got. grips 'der schritt' : lat. gradi-or 'schreite'.
gr. ^rjvig 'groll', ^avla 'raserei' : gr. /Aaivofiai^ ifiavt)-^
'rase'.
gr. fivda 'erinnerung' aus *^y«i-a, an. inun(rj, mon(r)
'sinn, unterschied' : ai. män-tfi 'glaube, gr. ^B-^v^-piai 'erinnere
mich', lat. re-niini-^cor 'erinnere mich', got. tnunan 'meine',
lit menii, min&i und menü, tniniaü 'gedenke', asl. nthniti
'meine', air. dthmoiniur 'puto'.
lat series 'reihe', gr. asiQa 'seil', aeQiQ' ^ßoatijg 'Hesych' :
gr. €iQio aus *a€Q%r<o 'knüpfe'.
lat facies 'erscheinung' fax, faces (Paul. Fest! s. 87j
'fackel' : gr. 7taiq>aaaw aus ^-^cnci-cci 'schimmere'. Dazu fiMce-
ius 'glänzend' ^).
lat. fides 'vertrauen', gr. Ilei&u} 'Überredung' neben TtBiaiq :
got. bidj-a 'bitte', gr. ini^rj-v. Dazu lat fidi-us 'wahrhaftig'
und fide-Us 'treu'.
lit skyle 'loch', gr. axalig 'hacke' : lit sküi-ü (schlage
feuer an) spalte mich', skdiü 'spalte', gr. axdllto aus axalj^no
1) Dazu lit zväke 4icht', worauf mich Prellwitz freundlighst auf-
merksun maoht
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Die lateinische V. deklination. 271
'scharre'. Dazu lo*. (ncaAi}-y«Sg, otAh-og 'krumm', idg. ^skdi-,
*8i^' : skKlJHr ^ gr. ondllm^ lit skiliü, skdim : gr. mtaltj-pog^
lit skjfle (mit secundärer dehnung nach WiedemauD Lit. gr.
8. 20).
gr. Uia 'erscheinung' aus ^Uh^-^, ai. vidyä 'wissen' : ai.
vidpäü 'er wird bemerkt\ lat vidiö 'sehe', got uriian 'beob-
achte', lit pfhvydkuy pa-^düSH 'beneide', asl. mUlq^ vidHi
'sehe'.
lat acieB 'schärfe', an. egg, eggiar 'schneide', ahd. $kka,
mhd. edce : an. eggia 'anreizen'.
lat species 'erscheinung', gr. aiumui 'warte' : ai. paigaH
'spähe', gr. moniw 'spähe', lat speeio 'sehe nach etwas', ahd.
sp^än 'spähe'. Dazu lat 9peeie4as, uuspiei-'Um.
Brugmann und Hirt haben das -a- der verbalen A-
Stämme mit dem ä der femininen o-stämme identifizirt Vgl.
H. M. Chadwick IF. 11, 169: „With regard to the origin of
theee stems the Suggestion of Brugmann (Or. 2, § 487) and
Hirt (Idg. akz. § 197) claims attention. Aocording to them the
ä of these stems is identical with the -^l* of feminine substan-
tives. We have already mentioned that the connection between
verbal and nominal o-stems is of great antiquitj, and there are
two further points in support of the theory. (1) The oldest
Stratum of feminine d-stems consists largely of verbal abstracts
(cf. Hirt akz. § 197, 271). (2) These stems likewise show as
a rule either reduced or a*vocalism in the root-syllable and are
accented on the stem-final".
Ich identifizire aus denselben gründen das e(i) der ver-
balen jH^tämme mit dem der nominalen i-stämme. Es steht
hier wie dort ei- mit ei-, »- und i- im ablaut lat fides ver-
hält sich gr. imdij-Vf wie lat fidi-w zu got Indj-a, Wie in
lat fidH G. Sg. aus *fidei'X (vgl. gr. ^n^i^oi^g), liegt in hom.
ni&ijawy iftl&tjaa zu ^ni&et'ta der eigentliche stamm idg.
*Mt^<l- vor. Die von Streitberg Urgerm. gr. s. 300 so ge-
nannten starren ii^/io-bildungen, zu denen got bid-ja gehört,
sind nichts weiter als durch den themavocal erweiterte «x-
stämme, die infolge der betonung des themavocals sowol stamm-
Silbe als ableitungssuffix reduzirt haben. Ob lat fidi-bam mit
lit vid^avau und asl. md^-<uih% gleichgebildet ist, oder wie
legänm der analogie der IL konjugation gefolgt ist, ist zweifel-
haft Es liesse sich zwar gr. nd^w und kTti^-v heranziehen;
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272 Hans Reichelt
dann könnte man annehmen, dase die verba der III. koiguga-
tion in der imperfektbildung stammen gefolgt sind, in denen,
wie bei fidOf das -^- ursprünglich war.
lit. ssHove verhält sich zu lat clueö aus ^de^^ö, wie gr.
xXhvos aus ^nXsft-vog zu xJU/oi aus *idi/%Ho. In lat. dueö,
sowie in allen hierhergehörigen verben der II. konjugation ist
die dehnstufe des sufiSxes durchgeführt (vgl. ai rdi, räydft u. s. w.),
während im lit. und asl. das praesens die tiefstufen i und i auf-
weist Asl. uedq, vidiäi^ lit -vydiu, -v^i neben lat videö,
vides. Doch ist das nebeneinander von formen wie lat jacio
und jaceo, pavio und paveo beachtenswert.
Neben den starren ii^/fb-bildungen verzeichnet Streitberg
a. a. 0. noch abgestufte ie, ib*bildungen. ''Wie beim nomen
im Litauischen käis neben k&ias steht, so erscheint auch beim
verbum neben der voUstufenform des suf&xes die Schwundstufe.
Und zwar kann diese doppelte gestalt habw: 1) Einsilbiges
-jK/i<>- wird in unbetonter Stellung zu kurzem u — 2) Neben
dem einsilbigen jk/jo findet sich unter den von Sievers PBrB.
5, 129 ff. festgestellten bedingungen zweisilbiges -jK/ib-. In der
Schwundstufe muss alsdann die länge , d. h. 1^ auftreten. Wie
das Germanische und — nach E. Berneker und P. Giles —
das Lateinische darthun, erscheint die zweisilbige vollstufe und
damit die langvokalische Schwundstufe regelrecht nach langer
Wurzelsilbe. So erklärt sich die lateinische doppelheit:
capto fareio
capis fard^
capü farcit
capimus faremus
capitis fareUis
capmnt farciunt.
Streitberg's ansatz der vollstufe mit le/ib und die heran-
Ziehung von lit. k&ia neben küias ist hinfällig. Wie sidi bei
den nominalen /-stammen -€ti- (-Ojh) als vollstufe ergeben hat,
ist auch hier -^- und nicht -ie- als vollstufe anzusetzen. Ich
verweise auf Bartholomae's 21. bis 25. klasse im grd. d.
iran. phiL 1, § 142—146. Obwol Bartholomae den Zu-
sammenhang dieser klassen betont hat, kann ich ihm in den
details nicht folgen.
j Aw. ni-yraire 'sie werden geworfen' (gr. Sfilt/tOj lit gulüi)
21. klasse und ap. agarbayah, ai. grbhäjfäii (vgl lat *viä^)
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Die Iftteinische V. deklination. 273
23. klasse enthalten die dehnstofe des Suffixes idg. *^'. Die
23. klasse ist durch den themavokal erweitert Vgl lat plebes
und plebeius.
jAw. niihidöU 'du setztest dich' 26. klasse und jAw. ff^u-
rvaya 'ergreife', ai. gtbMyanias 'die ergreifenden' 24. klasse
enthalten die rollstufe idg. *ei. Die 24. khisse ist durch den
themavocal erweitert i). Vgl. ai. adki und gr. oatiov.
jAw. vyä^mmüä 'er sagte sich los', ai. äbratM (Galand
KZ. 32, 302) 22. klasse enthält die tiefstnfe -1-. Hierher ist
lat. capto, capis und fareio, fareu, ahd. Mffu hims und got
sökja, sökeis zu stellen; ebenso lit MHu, sedi zu ied^ und
asl äSidif, sedüi zu sedeti, desgleichen formen wie aL sväpimi
neben asl. s^pljq, lat. petUus neben gr. imtf-v (Bthl. a. a. o.).
Bevor ich zum eigentlichen thema zurückkehre, möchte ich
noch die schlussfolgerung aus meinen ausführungen über die
i«/jK> verba ziehen. Die ie/io rerba bildeten ursprünglich
eine gemeinsame stammklasse mit dem suffix -o- (^i
und t, i), die mit der nominalen «ji-stammclasse in be-
ziehung stand. Aksentverh<nisse und die erweiterung durch
den themavokal haben schon in ursprachlicher zeit die einheit-
lichkeit gestört. Ich behalte mir eine nähere begründung für
eine die ie/io verba behandelnde arbeit vor.
plebes 'masse' aus idg. *püdhei^ plebes wird wegen gr. nli^'
x^oQj nsQL-nXfj&Ti^ allgemein als ein M-stamm behandelt. Ich
sehe in plähi(%)s und gr. nXrj9'tg dieselben ableitungen aus dem
erweiterten stamm ^pledh-, wie in ai. pur*t, gr. nol-ig und
ai. pur-uh, gr. TtoX-vg aus dem unerweiterten stamme ^pd-, ph
Ausserdem spricht für die annähme eines i* Stammes noch
jiebH'US und die nebenformen des nom. pIMns und plebs.
fames 'hunger' (gr. xcreVaii l%Anfi'V 'gähne'; wie oben) schwankt
zwischen III. und V. deklination. Ursprünglich folgte fames
der V. dekUnation. Vgl. Prise. 6, 11, ö9 s. 704. "Fames,
famei dicebant voteres, unde adhuc fame producitur in abla-
tivo." lat. facies 'erscheinung', acies 'schärfe' spectes 'er-
scheinung' series 'reibe' sind bereits zur spräche gekommen.
Alle Wörter der V. deklination, die im nom. sg. auf ^ies aus-
1) Nach Bartholomae ist die 24. klasse aos der 23. hervorge*
gaogen, indem das suffixale ä im anschloss an die formen der kausativa
und denominativa durch a ersetst wurde.
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274 Hans Reichelt
gehen und wirkliche i-stilmme sind, lauteten ursprünglich (wie
fides, plSbes, fames u. s. w.) auf -es aus. Das t- der endung
stammt aus den obliquen kasus ^).
pro-genies 'geschlecht'; got. kuni, hunjis 'geschlecht', gr.
yivva aus *y&^i^ 'geschlecht' •) : gr. yelvofiai aus ^y^pj^-oficu
'werde geboren', ai. jäy-e 'werde geboren'. Dazu si. fdnih
'frau', got. qens 'weih'; gr. yvij-aiog 'echt', lat. g^i-m 'schutz-
geist'. per-nicies 'verderben'; got nöm, nawis 'der todte' .
ai. niU'yati, jtw. naayeiti 'er geht zu grund'. Dazu lat. inter-
necies (OIoss. phil, Isid. or. 5. 26) inter-neeiüm (Not Tir.
p. 123).
Alle übrigen wörter schwanken zwischen der I. (rf!s-) und
V. deklination (vgl. Lindsay, Lat gr. s. 397 f. und Neue
'formenlehre' I >, s. 370 ff.). Sie sind ursprüngliche iä-stämme.
Die formen mit -ie- sind falsche analogiebildungen, durch
wörteri in denen das i der obliquen kasus in die ganze dekli-
nation eingedrungen war, wie festes u. s. w., veranlasst.
II. Die kasiisbflduiig.
ft) Siigiilar.
Nom. Es stehen ursprünglich nom. auf -es, -is und 2
nebeneinander, plibes, plebis (plebs). Das suffix -%, nur noch
in Weiterbildungen vorhanden (dätrp-x, genetri-x, jünl-x, regl-nä)
ist durch die gewöhnlichere endung -t« verdrängt worden. So
erklärt sich, gerade wie im Oermanischen , der übertritt der
lat. adjektiva auf -tis in die f-declination durch den einfluss der
femininbildung *). lat svavis 'süss' aus *8vädvi8 ^svadvl, got
9a/^fl>/|b-8tamm) neben ai. svädtih, avädvi, gr. ^ivsy ^deia.
lat gräffis 'schwer' aus * gravis, * gravi (idg. *y«'»nfi-),
neben ai. gurüh, gurvf, gr. ßagvg, ßageia u. s. w. In lat grü-
mu8 'erdhaufen' scheint noch der alte stamm *grU' aus idg. *gvrU'
bewahrt zu sein; ich teile *grü-humus, vgl. bimus 'zweijährig'
aus *bi'himu8 Hoffmann BB. 26, 130.
1) Vgl. QDien unter kasaobitdung. 2) Vielleicht ist gr. yive« wob
*ytv€t~a entstanden, und nicht aus *y€V€aia oder *yiviaü (lat. generSre).
3) Vgl. im Litauischen den übertritt der adjektiva auf -im in die
Ife/lfo- deklination : lit. hfigvas {hngvus) deicht' neben gr. ilaxvi u. s. w.
nach lengvif tevas aus ^tencM *dünn' neben ai. ton# u. s. w. und viel-
leicht erdvae 'loeker'; wegen seines auffallenden d^ vgl. Wiedomann
Lit gr. 8. 34, 35.
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Die lateiDische V. deklination. 275
Desgleichen levis, brevis, tenuis and mMia.
In Wörtern wie fae-ies, spec-ies ist das i teils durch den
einfluss des obliquen kasus, wie akk. und instrum. sing, und
der verba fac-iö^ spte-iö, teils nach der flezion von dies durch
die ganze deklination beibehalten worden, facies nom. statt
*faces nach faci^ akk. und facti instrum., wie faciebam statt
*facäHim nach fadö; vgl. gr. q>i(>ovaa (ursprünglich ^ipefovri),
das durch den akk. tpiQovüw aus *fps^vtiqi in die -lä-dekU-
nation gedrangt wurde.
Gen. Als die ältesten formen des gen. müssen die auf
'ies ^) angesehen werden ; vgl. lit. icles, kdrvis. Der ursprüng-
liche gen.-ausgang der i-stämme war idg. *-j(-o«, ^-i-es (neben
*^eis, *(ns). Zur Charakteristik des femininums wurde dieser
ausgang in den meisten einzelsprachen bald durch den der fo-
Stämme ^-iäs ersetzt, der im Lat und Lit durch den einfluss
des nom. in -i^ überging, lat facies neben materiäs. Zu
dieser zeit mag der formenaustausch zwischen den lat. /- und
iVl-stamroklasse rege geworden sein.
Die bildung des gen. -iei ist nach dem muster des gen.
der jV^stämme auf *iäf erfolgt Die gen. auf -i -f und -e- i,
facti und fidäi enthalten die voll-, bezw. nullstufe des ableitungs-
suffixes — e(i)' und -i-.
Dat Nach Lindsay a. a. o. s. 442 standen in idg. zeit
wahrscheinlich die doppelformen -et und -e nebeneinander.
Dann sind fide^ fatne alte lokative, vgl. lit. zolej-fh, szirde.
Vielleicht war fidii eine echte dativform *fidi'ai, gleichwie
fidei aus *fidei'ai? vgl. ai. sdkhye^ ävayi. Die Verhältnisse sind
hier sehr verwickelt, da sich gen. und dat. ausgeglichen haben.
Akk. Die ursprüngliche form des akk. scheinen mir die
Wörter bewahrt zu haben, die im nom. auf *as ausgehen: z. b.
faciänt aus ^fa^ci-rp,^ vgl. ai. surä-dhyäm, gr. tpi^ovoav. Alle
übrigen Wörter der V. deklination haben die endung der kon-
sonantischen Stämme -em aus *'iii angenommen (s. oben).
Abi. Die formen auf *e können entweder alte lokative
auf -e aus -ei oder instrumentale auf -e aus -em sein ; in ihnen
ablative auf -id zu sehen, ist gewagt, da diese sehr späte
1) Nene lat formenlehre * 8. 374 f. fahrt auch geniüve aaf -e« an,
z. b. ßdia. Obwol siofa dieser gen. aosgang bei den i-Btammen sonst
nirgends findet, möchte ich ihn doch ans idg. *<{-0s erklären (vgl. tre^
ans *^0|-m). Dann läge hier die älteste form des gen. vor.
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276 A. Fick
neubildungen sein mässten. Ich sehe in den formen auf -is,
wie feunS, apecis alte instrumentale (vgl. ai. säkh-^a, aisl. brude
u. s. w.) und in den formen auf -i^ wie fide, rt alte lokative
(ygL ai. agnd, lit 9zalh),
b) Pfund.
Nom. fidis ist dieselbe bildung wie tris.faciea bat unter
dem einfluss von dies das t aus dem sing, herübergenommen.
Akk. Der akk. enthält die endung des nom.
Der gen. und dat ist nach dem muster der ic^, bezw.
ä-stämme gebildet.
Baden bei Wien, am 7. Mai 1901.
Hans SeichsU.
Zu den inschriften yon Xagnesia am Haiandros.
Die inschriften von Magnesia a. M. (IMM.) haben von
Otto Kern Berlin 1900 eine durchweg mustergültige bearbeitung
erfahren. Möge es mir gestattet sein, einige partieen der treff-
lichen arbeit mit wenigen bemerkungen zu begleiten.
Der erste abschnitt handelt von der entdeckung der in-
schriften, der zweite s. V — XXVI bringt die Zeugnisse der
Schriftsteller und die aussermagnesischen inschriften. „Er-
schwert wurde die Sammlung der Schriftstellerzeugnisse'* be-
merkt der vf. s. IV „dadurch, dass die Überlieferung nicht
immer klar zwischen Magnesia a. M., am Sipjlos, in Thessalien
unterscheidet'S es ist gewiss zu billigen „dass in zweifelsfallen
hier eher zu viel als zu wenig aufgenommen worden ist''.
In einem falle glaube ich den zweifei des vf. beseitigen zu
können, nämlich in betreff des hübschen, Peisandros von Rhodos
zugeschriebenen epigramms, das der vf. s. VIII unter n. XXII
(bei Bergk PLG. II * 24) anführt:
xal %wl ^tj&afyogy xai d^effdnovti Baßijg,
GsaaaXos Ix K^fjttjg Mdyvrig yivog^ uit^ovog riog,
ciiXfiTo d^ iv 7S(iOfidxoi.gf 6§vv a^fj awaywv^
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Zu den inschriften von Magnesia a. M. 277
Wie Bergk a. a. o. meint „Thessalns fuit equus, Creticns
canis, Hippaemon Magnesias^S Dann hätte sich der dichter
sehr ungeschickt ausgedrückt: eher würde man in gleicher
reihenfolge wie in 1 und 2 Beaaalog auf den Hippaimon, hc
Kg^tr^g auf das pferd und Mayrqq auf den hund beziehen,
^fiwoq v\6g fiele dann, freilich höchst unpassend, dem knappen
zu. Wirklich scheinen die werte so bei PoUux VI, 45 ver-
standen zu sein, wenn es dort heisst y^ovöi firjv ovdi 6 Mdytrig
%vwv xb ^iTtTtaipLoyog XTfjfia S ^^^anyog, dvww^og xtX.
In Wahrheit gehen die werte des zweiten hexameters, was
übrigens auch Bergk a. a. o. weiterhin als möglich zugibt,
sämmtlich auf Hippaimon, einen ritter aus Magnesia am Mai-
andros.
Diese Stadt galt für eine MayiniT^av dnoixla xwv h Get-
%aU(f xal K(pitw¥ Strabo 636 und zwar war dies die meinung
der Magneten selbst, wie in IMM. 17, der in Magnesia um
200 V. Chr. abgefassten gründuugsgeschichte der stadt berichtet
wird. Hiemach waren thessalische Magneten nach Kreta aus-
gewandert, hatten dort eine stadt zwischen Gortyn und Phai-
stos und erst von da aus Magnesia am Maiandros gegründet.
Auf eben diese Vorgeschichte der Magneten am Maiandros
deutet das epigramm, wenn Hippaimon dort heisst:
QMüokibg h, KfiJTrig Mdyvrjg yivog
d. i. seiner herkunfl; nach aus Thessalien über Kreta her stam-
mender Magnete, wobei die werte allerdings gewissermassen
nach rückwärts zu lesen sind. Wie hier ein Magnete Thessaler
heisst, so nannte der Koer Philetas die Koerinnen Thessalie-
rinnen: BBaaalar ai Kwai nagä 0iXrfcaL Hesych: Kos und
umliegende inseln beherrschten nach II. B 678 f. Pheidippos
und Antiphos BBoaaXov vle diu.
Einen weiteren beweis, dass Hippaimon wirklich Magnete
von Maiandros war, liegt in dem, was Ailian V. H. XIV, 46
(bei Kern s. X n. XXXE) von der kampfweise dieser Magneten
berichtet: Ol Maidvdnt^ naqoinLOvrttg Mdyrqzeg ^Eg>$aloig
nolmovrr^g hiaatog xwv iTtTtiwv ^ysy avxm avaxgaxioixtjp
^^OT^y Kfira %al mortiaxi^v oluhrjv. Beim angriff warfen
sich, wie weiter erzählt wird, zuerst die hunde auf den feind,
.dann schössen die knechte, und nun erst brachen die reiter
gegen die erschütterten reihen vor. Jetzt wird uns das ganze
epigramm klar : es ist die grabschrift auf einen ritter aus Mag-
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278 A. Fick
nesia a. M., der mit knecht und pferd und hiind im kämpfe
gefallen und in deren mitte begraben war. Auf dem grabmale
war er selbst, sein pferd, sein hund und sein knecht abgebildet,
und die inschrifb nennt alle mit namen, die sämmtlich auf alte
gute zeit deuten: er selbst heisst ^iTtTtaifitov u^Sfiopog^ so dass
söhn und vater, voll und gekürzt, einen der altthessalischen
namen auf äiftwv „kundig'' tragen, die für Thessalien so be-
zeichnend waren, dass man die Thessaler selbst uüftovsg und
Thessalien uiifiopia nannte. Auf den alten pferdenamen J7o-
öoiffog reimt sich der name des hundes ^ij^oQyog „Tückebold'S
und Baßfjgy häufiger Baßvg^ ist ein bekannter sklavenname,
wahrscheinlich ursprünglich phrygischer herkunfi. Mit Baßa
beginnt die phrygische inschrift auf dem Midasgrabe. Dass ein
Rhodier Peisandros die inschrift verfasst, braucht gar nicht be-
zweifelt zu werden. Vielleicht war Magnesia einst mit den
Rhodiem im kämpfe gegen Ephesos verbündet, und fiel Hippai-
mon als ihr bundesgenoss in der viel umstrittenen Rhodischen
Peraia. Auch lässt sich die inschrift sehr wohl in den Rhodi-
schen dialekt umsetzen: Man braucht nur ^y in ^g zu verwan-
deln. Die zusammenziehung von eo zu i; in aftj ist nicht
dialektwidrig.
yyDie Stadt Magnesia'^ deren Inschriften von Kern ge-
sammelt sind „ist im j. 400/399 gegründet worden" IMM. XXIX.
Aber ausser der kurzen n. 1, die Kern der schrift nach noch
ins 4. oder in den anfang des 3. Jahrhunderts setzt, sind alle
jünger als 300 v. Chr. Darnach lässt sich ermessen, dass die
in Magnesia selbst in der heimischen spräche abgefassten
nummern nur wenige spuren des ionischen dialekts enthalten
werden, denn dieser war schon beim beginne der diadochenzeit
fast völlig erloschen. Nur in einzelnen erstarrten formein der
kanzleisprache, titeln und namen hat sich Ionisches erhalten.
So in n. 1 — 10, den der schrift nach ältesten nummern die
dem alten kalender angehörigen ausdrücke: n. 1 -fifjviijgf n. 2
öixofitjpiv]if n. 6 devvi^i vovfiip^itjg neben Ttqo^^viavj ft^edQicn^f
noUzuaVj dtdletay — und die monatsnamen "^Ayvfjuir n. 1
neben l/iyvuiv 100. 111. Xovfvjidv n. 4 neben KovQeanf 15.
110. 113, nakUiüiv n. 2 neben ilaUeiuy 110.
Dem ^ kataster gehören an in n. 8 %^g y^g ^fid^fS (i;
Xßiag) und %fji dyifoiiurji neben TQianorza^ tqiaxoaimv.
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Zu den insotiriften von Magnesia a. M. 279
Vereinzelt ist der ionismus in Manedw iS Aiyiiaw^ gen.
Ton ^lyal (oder vielleicht besser uAysäv gen. von Aiywiy
vgl. Steph. Byz. unter Alyai : xo i9vi%6v and fiiv diavUiaßov
AlyaioSf o/ro de tgiavllaßov wqvjtcu xai ovTtag AiyBdtrjq^
wozu Meinecke bemerkt „Itaque in superioribus Stephanus
etiam formam AXy^ija^ vel Aiye(i)ai commemoraverat'^) Aus
der kanzleisprache stammt in n. 2 azeXeitpf ionisch für ctt^-
leicnf neben Tt^BÖgion^ z. 18/19. In n. 98, anordnung des festes
für Zeus Sosipolis aus dem 2. jht v. Chr., hat sich in einem
amtstitel der sog. milesische genetiv auf eo) erhalten; tov ie(fi(a
xai Tfjg legeiag lesen wir dort dreimal. Aehnlich wird der ge-
netiv irtTtdfx^io des amtstitels tfendfxrjg ,,wie Mordtmanns Zu-
sammenstellung Mittheil. X 202 zeigt, auch in der römischen
zeit noch fortgesetzt" Bechtel I. I. zu n. 100.
Der „milesische genetiv" ist auch anzuerkennen in der
Hesychglosse inniw dvaßdtovy iTcißdtov^ wo M. Schmidt un-
richtig \n7tiw(c;) ergänzt, ie^cd ist ursprünglich richtiger ge-
netiv zu Ufifqq ^ \6Qevg\ erst als <«^'$ untergegangen, bildete
man zu Uiiiia den nominativ i«^co$.
In 98 z. 31 ist auch als rest der sakralsprache das alte
wort aTjTffog „Ziegenbock" erhalten, das als altionisch be-
zeichnet wird (s. Kern a. d. st.).
Nur in wenigen personennamen haben sich ionische laute
erhalten. So in dem (ächten?) Dareiosbrief 115 Jaqüog 6
^Ytndaftaw; ein Magnet 0i^r(OQ erscheint n. 90, l^Xe^^rwQ
öfter neben ^Avrdrfog 31 u. 32; endlich in einer grabschrift,
wie es scheint, aus dem ersten jht. v. Chr. ein verirrtes rj in
^Hyrjaayoqv].
In Ortsnamen, insbesondere den flumamen der magnesischen
gemarkung, hafteten ionische reste mit grosser Zähigkeit, und
haben sich solche bis in die römische zeit behauptet. In 113,
unter kaiser Claudius abgefasst, wird z. 23 eine Tuofiij Kadvifj
in der nähe von Magnesia genannt und in n. 116 aus der
Hadrianischen zeit begegnen die flumamen der feldmark von
Magnesia, immer im genitiv: lAdgvrjg; rQvXlirig Kvßiadirig
Aeovrifjg' Hetfisyrog ebenda z. 37. 47. 63 ist aus IlevQiijviog
und dieses aus Ilegfijayrog genitiv zu ner^i^etg „felsig" ent-
standen, in acht ionischer weise wie ri%ii\v%a (oder schon
r^iJkfyga'^ xvficna bei Archilochos, telhjvt trtea bei Tyrtaios.
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280 A. Pick
Auch der florname OvQtav 116 ist wohl auf ioDisches ovfog
„grenze" zu beziehen.
Die lange erhaltung der alten dialektischen lautform in
diesen flumamen erklärt sich nur daraus, dass sie aus dem
alten kataster, der gleich nach der grändung der stadt aufge-
stellt sein wird, immer unverändert heriibergenommen sind.
Die nummern 16 — 84 beziehen sich auf das fest der Leuko-
phryena, Sie zerfallen in zwei klassen: es sind entweder i,die
Urkunden, auf die sich die magnesischen gesandten bei den
zum feste eingeladenen fremden königen und Staaten berufen,
oder es sind die briefe und psephismen dieser" Kern s. 13.
Die letzteren sind meist im dialekt geschrieben und damit auch
von sprachlichem interesse, wenn sie gleich aus einer zeit
stammen — um 200 v. Chr. — wo der Untergang der mund-
arten schon besi^elt war und sie nur noch ein schein- und
schattenleben führten.
Wir beschiünken uns hier auf die im thessalischen, lesbi-
schen und arkadischen dialekte abgefassten Urkunden.
N. 26, das psephisma einer thessalischen Stadt, ist leider
sehr zerstört, doch lässt sich auch ausser Kerns ergänzungen
vielleicht noch einiges erkennen. Z. 2 aiet^a o lies hpa^piorju
iy a\y]c{ffa vgl Sammlung (Larissa) 345, 4 iif/aipiaTu %& no^
Z. 18 ata • . Xtd^ivcttf eia^et a..o
„Für drei buchstaben üTdßaif^^ (vielmehr vier nach atdllop
z. 27) „ist kein räum vorhanden*' Kern. Vielleicht h na]a%a^
[da] h9tvw^ zu naardg „verhalle". Für sia^ew ist wohl
iaa^av' d. i. Saa&€t(a) ^ hcdwa zu lesen, mit ihessalischem
iaa- ^ hc'j zu iKTi^iwu „ausstellen! aufstellen, damit es ge-
sehen werde, zur schau stellen z. b. pofun^* Passow. Es ist
hier die rede von den mitgebrachten aktenstücken der gesandten,
den ysyfafifieva in z. 17, die der allgemeinen kenntnisnahme
zugänglich gemacht werden sollen.
Dag^en geht z. 28 auf die aufstellung des besdilusses der
Stadt
tpag>ia]/ia aviaavtag eaüofiov Tta^a ....
Zu saaafiov fragt Kern ^Jg 2dfiOP?^^ aber das müsste
thessaUsch iv JSdfiov heissen. Vielmehr ist eaaaiwv zusammen-
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Zu den inschriften von Magnesia a. M. 281
gesetzt aus thesealischem iaü- •«• ^- ond fri^/uo, gebildet wie
im- und nifi^aTifiog, a», Aqi'^ »j-^fiog^ mit iüa- •• ix- in dem
rinne von SK^irjlog; hatifiaiteiT kommt Soph. Elektra 1191 vor:
no^er tovt* i^BafjfifiHig xcmdv.
Z. 24 ovg x' imtniavai 6 d&iiog.
Verständlicher wäre der conjnnkti? iftiatdetaij zu inlota'-
taiy wie alx« — mg — f^E ivwaEtai oonj. zu iR^arat in der
alten thessalischen inschriit 'JSgp. a^. IV p. 223.
Der dialekt scheint gewahrt zu sein: nach oyYQ^tfßiP z. 29
und &eavfOig 22, ^tovfog äl, ^sov^odmtoy SO, oSg 29 darf man
omlavfia z. 29 ergänzen (Kern: drdXtafia).
tig für x^ z. 30 (relativ I) wird wohl dem magnesischen
abschreiber zur last fallen, auch hat vermuthlich derselbe z. 18
9Sa^9t der vorläge in elü^w verwandelt, weil er iaa <— fe-
nicht verstand, und dafür elg vermuthete.
In n. 52, dem dekret einer lesbischen Stadt „ist der dialekt
von dem magnesischen sdireiber fast durchweg entstellt" be-
merkt Kern. Doch gibt uns dies nicht das recht zu dialekt-
widrigeü ergänzungen. So ergänzt K. z. 5 d/ridam[ay h äi,
wahrend die jüngere lesbische Aeolis doch nur d als relativ
verwendet.
Z. 6 ififpai4^oia[i}ji[Ti yvdweg: warum nicht oltti?
Ebd. iavtoig [vov &€6v. Besser 9in;%oia[i top ^sdr, wie
Kehl richtig z. 20 yeyifafi(U9o[iü€ ergänzt; z. 34 dagegen indy-
y9Xlipt9aai[v |y, statt -Teaai [ep.
Auch z. 8 stand auf der vorläge a9ßofiivoio{i) nicht aeßo-
fUpoig *'A((%BpiiP\ der dativ pl. hat sonst immer die äolisohe volle
endung auf -cre: z. 1 h Jehpoufi^ 32 ^Mti^eat, 40 Totg ftQ^a-
ßivtmai.
Z. 11 fiUlt der greuUge fehler etpagfiafievoi bvxi jedenfalls
dem magneten zur last; vielleicht hatte er eben — nach Kern
hat derselbe mann n. 16~-84 geschrieben — n. 41, 16 auf dem
dekret von Sikyon aftoSedeffiivoi ivti eingemeisselt; der Les-
bier hat selbstverständlich busi geschrieben.
Z. 17 steht auf dem steine avyfBvija, offenbar für das acht
äolische avyyemjv^ wie schon Kern verbessert; der Schreiber
dachte an üv/y€P4a vgl. avyytpiag 38, 20.
Z. 28 taig tb &vüittg; die vorläge hatte selbstverständlich
t€ug TB '9vaiaig vgl. die akkusative 23 voig ^BOig^ 38 d^Btonoig dvo.
IMM^ 1. kud« d. lUg. ■ynelMB. XXVI. 19
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282 A. Fick
Z. 30 didtoad'ac (statt diäoad-ai) kann richtig sein, wenn
man äoliscb didiov (aus didot/v oder didünjv) vergleicht
Z. 36 ircayyskXwat oi ^etogoi; w Tm wi nach jüngerer
aussprachQ ist kein fehler vgl. 36 iv vofKa neben 40 ta &^
rofifoif dagegen steht z. 38 im gen. roi OgipeKoi tot verkehrt für w.
z. 36 TtoQa MayvtjfSiüv ist zu berichtigen nach z. 32 Ttnq Maymj^
%fav^ vgl. 28 naq avswv; ist auch z. 16 fta^xaleioiai für ftoQOK^
zu lesen?
Möglicher weise hat der lesbische Verfasser auch z. 13
9MX9Qiay^ 37 xmozwnflvi und 21 ayy (statt oJi^), vielleicht selbst
z. 14 fioiaixoy statt fwvaixov geschrieben.
Dagegen ist in anodidov%Bg 15 für orTrt;-, fierextp^ 17 für
/r«d-y dsxeo&ac für d«x^, %a&a7t€Qy eq>€ini0Vj xa^ütj statt xov-
TOTteQ^ BTCiOTioVy xoTfjXTj die bildungssprache schon in den
äolischen text eingedrungen gewesen.
Bei dem versuche, die lesbische vorläge wiederherzustellen,
ist dem texte nothwendig die jüngere aolische akzentuierung zu
geben. Wie Alkaios und Sappho betonten, wissen wir nicht, wohl
aber, dass die Lesbier vom 4. jht ab den akzent mit den be-
kannten ausnahmen durchweg zurückgezogen haben. Mit [ ]
sind die ergänzungen der lücken, mit ( ) falsch ausgelassenes,
mit ( ) falsche Zusätze, mit grossen buchstaben der ersatz für
falsche laute des abschreibers bezeichnet. Auch aus dieser
möglichst gereinigten form des aktenstücks ist, wie eine ver-
gleichung mit Hoffmanns Gr. dialekten II ergibt, neues für den
lesbischen dialekt nicht zu entnehmen, doch ist es mundartlich
so gut oder übel abge&sst, wie man für die zeit seiner ent-
stehung — um 200 v. Ch. — nur erwarten kann.
In den ersten fünf zeilen erkennt man nur: 1. *'Eypw 6
dSfiog — 2. €7ti&9va — 3. o Ma[yvi]T[(üv — 4. (on .... Jio9v-
cio\$ JSJv — 5. TcT *Ay \ti^^ia^oi\ a7tidüi(K\av h %m eftifa
vi^oia[i\ o[Tti yvon^eg] XQV^^ iavTOta[i tov &iov
tov hf Jihpoiai Xdiov xat afiBLvo[y Sfifte-
vai aۧofiivoia(i)*'u^QtBfiiv AevwHpQvdvc^v
xal vofjuüaavraaoi tav ve Ttdhv xai %ct» x[^
10 ^oy iQov xai aavhov sfifisvai i%f)aq>iopi&foi
elSi awzeleiriv xa d{ffiuyi%idi tag noXiog
mtiüv ^AQxifAidi AsuiUHpqvdva dia fthte i-
titav dvalav xot ftavayvQiy xal huxEQicof xa[i
äyufva axaq>wL%av laoftv&wv fioraitiov wxl
15 yvßVi;Kov xal iftrtixoVf dinaUxv aTtodidoweg
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Zu den inschrifteil von Magnesia a. M. 283
XOQiy rä eveQyhidi^ xai naif(a)naXeloiai %bv da-
fiov q>iXav eovra wu avyyivfiN fievixrp^ tav
^vaiar xai vag namyvqtog xat x&w hLs%E^
Qiixv] , ' dulix^rjoav de xai oi nqiaßevtat cato-
20 ^otfl^ccis völg h tm ^ag>iafia%i ye^fafnitivf^un
vag [q>i]loviiiiiag ovöev iXXsinoweg' orswg^Qv
6 da]fiog (paivrjvai ifi nawi xaiQon vav ve 7tQ\og
vö]ig d-ioig Bvaißuav m§unf xai vav n^g M[a
ylyfjvag avyyhfuar xai q>iUav dunriii^{\ia¥^
25 d\y\a\&a vvxa* didox^ai vm dd^iwi iftaivB-
a]ai [/i]^ Mayrnfvag ini vä €va^ß\€iai vä ngog
v6 ^€^^ xai ini vai eivoUu väi Ttfbg vav n6h\v
dixea^ai di tvoq wiviov vaig vs 9vala{i)g xai
vov aytava uronv&^ov^ efifievai, di xai vav tto-
30 Xiv xai vav %iii(av Xifov xai cavXov^ xada-
fV€Q Mdyvrjvag a^toiai, diöwadai di xai
voig iftayyeXlowsaai &€ti(fOiai Ttag Mayv[i^
vurv £ig ve haQ%av xai etfiaviov x[ai] ^evia
oa]aa xai voig va Tlvd-ia inayy9Xk6v\v]Baai, [h
36 v]6fiia yiyoaftvaif xai irtei xa xa^f/xi/ 6 ay(o[v
K]ai ifcayyeXkoMJi ol ^itoQOi oi ;vä^o) Mtxyvtj"
v](aVf xEqovovijvw 6 däfiog vä iArlwo[g\ v&
'0]gfp€ia){i) va oxvonuxidaxava &mqoig d[vo i^
a]7tdwwp vSiv noUvaVy iofi^ai de xai o<)[t
40 ov] voig TtQeaßevvcuai vä iv voiitoi diaxo[ava'^ K.
Das psephiama yon Megalopolia n. 38 ist von dem magne-
sischen abschreiber fast noch übler als das lesbische zuge-
richtet, doch gestattet die länge desselben vielfach die fehler
nach den das richtige enthaltenden stellen zu verbessern.
Die genetive TIv&ayoQSil z. 3 neben Ilv&ayoq^I 4 und
^AqxeoiXOY 54 zeigen deutlich, dass hier überall der arkadische
genetäv auf -ov gestanden, den der abschreiber nicht verstand.
Die genetive auf coi: viat Jiowaiwv ^afiftetwi fallen ebenfalls
dem Magneten zur last, vermuthlich veranlasst durch nv^a-
yoQon^ das er wohl für arkadisch hielt.
Z. 6 ifiev zunächst für eliaevy dagegen 18. 21. 37 eivai;
die vorläge hatte zweifellos das richtige rjvatf z. 6 schwebte
dem abschreiber ai^iev in der gleichen Verbindung n. 16, 7 vor;
aus ijvcti machte er elvai.
19*
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284 A. Fick
Z. 12 iv TOi$ Blkcn^ag und 20 tovg avyyereag sind za be-
richtigen nach q>iJiog 20. 21 anQOfpaaanog 21, rog — ßagrifie-
vog 22, avTog 25, r^eoxoaiog, rog 28, ro$ oj^cnya^ 38, 49, toa-
VW Tog aHog 49.
Z. 48 ty roig vofiog kann tv roig voiioig oder tvTog yo/io$
gelesen werden.
Z. 14 «xex^i^icrv 44^ ivcx^x^i^v: 2. 33. 39 heisst es <x«xi/-
Z. 20 ist avyav^sip f&r avmn;|«v eingetreten, vgl 21 eve^e
tru» (für «ve^fivijyae?).
Z. 21 ^^0$ TTcryirag, 24 nqog afAfn^ dagegen 2ö richtig
Ttog ovrog^ 26 noaede^onfto, 49 ^og TOg aliloff.
Z. 24 afifie „uns'S richtig 22 rog mai afii eoQTjfiepog^ vgl. 19
afAereQai. Der abschreiber ist auch z. 12 in voi$ für tog auf
lesbische formen gerathen.
Z. 46 rat ^ro^i aber 10. 18 richtig fvoh,
Z. 47 ßwlevaavtai ist wohl verschrieben für -atawait für
didovai 56 stand in der vorläge didovet oder didoat vgl. 34
ffoievoi^ 37 a^iooi.
Das relativ 6'g kommt nur in den adverbien xa^ 9, di<$
29, xa^cog 37 vor, sonst fungiert; wie in den übrigen arkadi-
schen inschriften, nur 6 als relativ: 16 {ot/tafpa) tw r»%^6t, 24
Tov exoiev entsveiotv 28 da^eixog^ tog eKOfuaep, 34 aywva^ tov
ftoievai 40 ta yeyoafifisva rjv. EQemach darf man vermuthen,
dass auch z. 4 in der vorläge iv rot, statt iv oi gestanden habe.
Z. 43 &Btoqiavi schreibe d'saQiav nach ^eaQiai 44.
Die versehen des abschreibers 10 aQfio^oPtoig toig für -twg,
ebd. iv toig iffa<piafiati für roi, 11 iviq>a¥iCo¥ f. tvBqfotviJCjOv^ 13
na^omaUvtiogj wg f. -^on^, oig, 23 x^^^f'i» '• xqoiviav^ Biovt%g für
«XoiTCtfy (25 cmxxa scheint blosser Schreibfehler fiir ctpuca) sind
schon von Kern berichtigt
Bei möglichst wohlwollender Voraussetzung würde das
aktenstück, wie es aus der band des Megalopoliten hervorging,
etwa nachstehende gestalt gehabt haben:
IlQeaßavtav xai &aa[Q(av 7t]c^Q]aY€yo[vct(a9] ff[afa toi da§iOi
tdifi Mayvrftiov tw ini Maiävd^I {_0ilieiK[w tä JTt»9o-
yoQ^dY, Kiviovog tcS(i) Jiopval(a(i)^ Aafinhia^i) rc3 [/Tv-
qqY %al änodovtu^ td %pdq>iafjLa^ Iv (r)oZ xiir<x^[c^i<rro
5 i xifriaixdg 6 yayovaig vrtd toi 'AitoU^avi toi Ip J4l{g>olg]j
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Zu den inschrifteD ron Magnesia a. M. 286
AwiMH^qwpm nuti tonß n6JUP xai roy Xioffop leaap nuai
aavXw pofii^i(y) xal Ttegl ttüp loinfwr nwfaUf) iun-
l9%9iaai Ttad'ä ijxw xag htolitg noQa tat idlcu n6^
10 Xi [x]ai äf^o^dvtQg toig Iv ToKg) tfHtq>iaßiawi yy^afi-
liihoig, ivEq>ayti^ov de yuxi tav säg &€ag inufavuav
xai TOP ytyimiSactP tvro tolg rtfoyivoig W t6(i)g ^EXka-
wag evxßriinlap %al nafftnuithtfaNy wg moSix^"
%tti & n&kig tar ftccwayv^iv xai tctif hi9%HQia» xai %w ayw-
15 va atifparl%av iaonv&i[o]v t6v %b ^oi;[aix]oy xai yvfAVi-
xav xai inniMVj tov t$9ei toi '^fwi/mdi tat ^mmoffpjval
6 däfiog twfi Maynjvonf^ xai titp nohv xai top xwqop
avtäv itQOP xai äevXov ^Hvai^ tal ii ftdXi tat ifierifai
nä%^6v iatiiy) fidXiara luv tag täv d-aav t$§iag aw[ä\ih
30 |«(i)y, inuta di xai td(v)g üvyywiag xai ipikog ovtweQ^
ywijp iv to dftQoq>aalatog ^ipsa&ai ^Hvai g>lXog ft{Q)dg
nfoptag zog xai ißii ia^rjfjiivog^ tw Si Maymftanf tw
and MaidvdQOt ix nalai&p fiiv xqovwN ixovtüN wv6wg
n^Q\dg ifiiy avfiq>apig de ^onjaavtiap täv exotev ixti*
25 V€iap xai cSqwiv, ävl'xa naqtyhONto nog avtog nqwßei-
avteg Ilgfl^svog ^Ayig *Aqiat07ta^iav' edvSiog t9 yäq ftoa^
di^arzo ol Mayrr/teg xai idwxav Iv tov teix^Cficv tag
ftiXiog daQBixdg tQUixoclog, tag hit{fAia9(v) *Ayafirja^
twQf dio & ftoXig /nifivafiiva tag te avyyevelag xai
30 ^iXlag xai ftavttav t(Sv yeyavAttov evyvtafid'
vtiv vnb tat 7t6X$ tal MayvrjtaiP aftadi%nai ta^g]
9voiag tag ^Aftsßiidog tag AevxMpQvrpf&g xai tav hu-
X^iQ^op xai tdg aywag at9<pavitag iaonv9-iog tdv te
fiovoixop xai yvfivixov xai tn7tix6v^ tdv TtoUvai oi Ma-
36 yppftig dixalav anoöMvtag x^Q^^ ^^^ wegyitidi xai
xa&ctyefiOPi tSg ftiXiogy xai täv ndXiv xai täv x^d^^
^Hvai avtfiSv isgav, xa&uig 6 d-wg ^XQV^K^)} ^^^ ä^ioai
oi nagayuyovitug ftQaaßevtai xai d-auägol' toig ^B^QOig
toig iftayyiXXooi täv 9vaiap xai ixexriQiav tag ^Aqti-
40 fudog tag ^tvxoq>Qvriväg d6tto S99v6Xag 6 tafilag
aviAtpOQOig ivii^iovl xai tä
iv toig v]6fw[ig yeyQa']f4/Äiva ijv SlSoa&aiy tä Xaa yga-
^dtto Iv t^av d'eui^lav^ iv ii to Xombv tl del dldoa^t>
taivi tal ^Mo^iai lvla[t]iov ^IvaxixHgov,
46 Oi vofioyQOfoi^ ol iv tal ini ^vxiv[uf] heiai y^aiffav^
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284 A. Fick
Z. 12 iv TOi$ ElXarag und 20 tovg avyyeveag sind zu be-
richtigen nach q>ilog 20. 21 aftQog>aaiaTog 21, tog — aoQrjfu-
vog 22, onrtog 25, T^eaxoaeog, tog 28, to$ aytavctg 38, 49, toot-
yt;y Yog aillog 49.
Z. 48 ty TOig vofiog kann ti^ roig vofioig oder tvTO^ yo/io$
gelesen werden.
Z. 14 <xex«ificrv 44, ii^<x6x«i^i' : 2. 33. 39 heisst es eKe/n-
QiOV,
Z. 20 ist avyav^BiP f&r ai;yai;|«v eingetreten, YgL 21 tve^e
tr/v (fiir «vtf^/en^oe?).
Z. 21 ^^og TTcryirag, 24 fCQog afAfiii dagegen 2ö richtig
Ttog ovrog^ 26 noa^de^ayvo, 49 ^og TOg aJULo^.
Z. 24 afifie „uns^S richtig 22 tog mai afis sagrifiepog^ vgl. 19
afieva(fai. Der abschreiber ist auch z. 12 in toig für vog auf
lesbische formen gerathen.
Z. 46 rat ^ro^t aber 10. 18 richtig fvoJU,
Z. 47 ßiolevaavtai ist wohl verschrieben für -ainyrai, fär
didovoi 56 stand in der vorläge dUhvei oder dedoai vgl. 34
7toi9vai^ 37 a^ioai.
Das relativ j»^ kommt nur in den adverbien xa^ 9, di<$
29, xa^ü)^ 37 vor, sonst fungiert, wie in den übrigen arkadi-
schen inschriften, nur 6 als relativ: 16 (aywra) tofif v(«^«t, 24
tav exoi&f exxspetav 28 daQSixog, tog 9K0fiia$tf, 34 aywfa^ %ov
fcoievai 40 to yeyi^fAixBim ijv. EQemach darf man vermuthen,
dass auch z. 4 in der vorläge iv roe, statt ir oi gestanden habe.
Z. 43 S'Bioqiavi schreibe d-sagiav nach ^wxQiai 44.
Die versehen des abschreibers 10 aQfio^oproig toig für -Ttog,
ebd. IV zoig tfßaipiafictti für roe, 11 iviq>a¥iCo¥ f. iv«paviii09^ 13
nuqcniuKivtiogj wg f. -^oiy, tog^ 23 x^i'ci'^ f. xqofvojVy Biovtug für
exovTfop (25 crMTxa scheint blosser Schreibfehler für oi^ixa) sind
schon von Kern berichtigt
Bei möglichst wohlwollender Voraussetzung würde das
aktenstück, wie es aus der band des Megalopoliten hervorging,
etwa nachstehende gestalt gehabt haben:
HqMßwtav xai d-ealgw ff]c^Q]ay€y€[vii^(a9] ff[afa toi da^oi
TwiA Mayvrixwv rcSv ird Maiavd^I \_0ikiax[w sä JTu«fo-
YOqAYj K6vfavog Tc5<i> Jtopvalw(i)^ AafiTthta^i) tc3 [/Tv-
QaY xal drtodovtu^ td ^fmtpia^a^ Iv (7)0! i/i0t€Mi)([^^^o
5 i XQ^o^og 6 yeyovwg VTto rot '^n:6kXwvi tot Iv JMHg>oig]^
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Zu den inschriften Ton Magnesia a. M. 286
uievKtHpfwpfov tutl top rt6JU9 xoi vop XiaQa» iafov xtfi
oovilay voiiilCfioUjf) mal ftiQi tuhf koinüv niofaUy) iw-
lexd'iaai na^d ijxw tag IvtoXag noQa tat idim no^
10 Xi [%]ai &qiA0%6v%Qg voig h tOi(g) tpaq>i0ßiawi ytyifafi'
ßiit^oig, ivEq>dvii^ov de xai tar rag &€ag inupavHa»
xal %ay y^ywäoa» brto toig ftQoyivoig Iv t^^)$ ^ JBiUflr-
pag evxQVjiniay %oil ntifoiuiliptwN, wg aftodixn"
Tat a n6Xtg %av na»dyvqiv •mu w huxHfUtp nai %or dyü-
15 vet ati^Kinfltay laoffvd't[o]v tSv ra fiov[a$x]bp nai yvfin'
%bv utai Xnnintjovj tov ti&ü tai '^ftifudi vdi Ammwpiprjval
6 däfiog twfA Mayr^vtap^ nal tw noXiv kuu tw xwQtnf
adtäv itgav nal aavkov ^Htai^ %oCl ii ndXi %ai ifneriotu
ndtffiöv iaTi(y) fAuXiata fiiv tag top &aav tifutg ftwlalv-
aO Sa(jL)p, ineita di nai t6(v)g evyyayiag nal tpllog dvttveQ'
yat^ \v f ö änfog>aalctog ^haa^ai ^Hvai g>lJiog n(Q)6g
ftdptag tog nai afii iofrjfiipog, täv di Maymftwp tioy
dfto MaidriffOi h, naXai&v fdv XQOvwN ix^vtQN wv6wg
^Q\og ctfiiy avfig>€nfig de Ttoitjadvtaap tdv bxoi9¥ ixti*
26 map xal cinaaiv^ opfna naqayipONto nog avtog TtQaaßair
ovtag ngd^evog ^Ayiq ^AQiatondfAWf* edvowg ta ydq noa^
difygifto oi Mdypf/tag imi iötanuxv Ip tip taix^^f^CP tag
TtiXiog öaQeixSg tquoLoalag^ tog hi(ffna»(v) ^Ayafiria^
ttoQy dio & ffoXtg fiafivafiipa tag ta avyyapelag lutl
30 ^liag xal ftaptw» twp yayavAttop avyp^fji^
ptjp vfto tat n6Xi tat Mayptjtw^ ditodi%atai ta^g']
9vaiag tag 'Afta^idog tag A€v%(HpQVYpßag xal tdv eiU'
XnQiop Ttal tdg dyujpag atafpapitag laonv&log tdv te
fiovüiMP xoi yvfivmop xeri InmndPy tdv TtoUvai oi Md~
35 yw/tsg dinalav dnoöMvtag x<'^9^^ ^^^ aiagyitidi nal
%a&ayapi6vi tag ftdliog, nal tdv ndhv nal tdv x^Q^^
^Hvai avtiSv ia^v^ nad'wg 6 S'aog Mx(t^^^(y\ ^<^l d^ioai
oi nagayayovStsg ftQaaßavtal nal d'a^Qol' tolg ^a^QOig
toig iftayyiXXoai. tdv 9vaUtv nal kMxqqiap tag l/^ti-
4Ö fiidog tag Aavnofpqvrp^ag d6tw S&avdXag 6 tafniag
aviMpOQOig Ivid^tiov] nm td
Iv toig v]6fAo[ig yayQa']fifihfa Ijv Slöoad'aiy td iaa yqa-
tlßdtia Iv t^av d-aAqiaVy Iv da td loircop tl dal dldoa^t^
taipl tai ^aa^iai tpia[t]iop ^IvanaxJ^QOPy
45 oi vofioyQOfoi oi Iv tai inl Avniv[(a] haiai yfdifmv"
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A. Fick
r&g imdei^avtafv ral 7t6Kß)if wg ol noXitai ßtolmi-
üQvzai negl toivi' %a^adys(av da ol vofioyQaq>oi
iv To<t)g vdfiog aal %avrv{v) %a[v i]iisxHQiay^ xai tog
ayiSvag Toavv(v) yQcnpdvronf Ttög rog aHog
50 av^gxxvitag, wg ov^q>avBg yivrfta\i t]dlg Mdyvtj-
(Jty, Svt ä Ttohg vag re täv d'ew Svalag awm§€i
xal tä vno toig avyyeviai xal ipikoig %ai [ev]voiOig
a^itofiiva VTtaxotm' d'BOfodoTtog Kuxreatd&rj
NixijQCttog ^AQxeaHu4Y' id6&rj %oig d'eafoig ifti
55 %av xoLväv latiav tag noXtog düoai oig xai %al
d'edi Saov xal avtoi didoNai xat ^evta toig d^safHug
td in t&fif v6puav av&afUQav.
In dieser allerdings nach möglichkeit gereinigten ge-
stalt, enthält das stück nur wenige Verstösse gegen den
dialekt. Für oTtv durchweg a/ro 4. 23. 35, dix^a^ai 14. 31
und -tat für -irot in dnodixetai 31, dftodix'7'ai 14, ßfolsv-
awvtai 46, yivt^tai 50. Bedenklich ist das 9 in topyvv 48,
toavvy 49 (der Schreiber dachte wohl an vSv) neben taivl
44, toiyi 47.
Der dialekt ist in unserer inschrift besser gewahrt, als die
späte abfassungszeit eigentlich erwarten Uesse.
^BäQog aus &säßoQogy wie arkad. ^EqpLavog aus ^Eq^Mpovog
liefert die bestätigung von Gaagldag Megalopolit Hoffm. n. 17, 2. 4
Gut und alt ist das regimen von vno und TtOQd mit dem loc-
dativ; von iv mit acc., von dftd mit dem dativ: dfto Maidv^
ÖQOi z. 23, entsprechend den arkad. inschriften bei Ho£fm.
ctfii 22 „uns'' ist Ho£Fm. 1, 258 einzufügen. Hübsche belege
zu der jUi-weise der verba auf -ew bieten naQOKalitftfav 13 und
TtoUvoi 34; yeyovwaav 12 ist nach yeyovwg gebildet, iaafrjiaiyog
22 ist mir nicht klar, schwerlich von aiQi(o abzulöten. Be-
sonders interessant ist die behandlung des innem -va-. Neben
Ttdvai 8, Tcoiivoi lesen wir dtalex&iaai. 9, vofiiCßOi 8, inay-
yekXoat 39, d^ioai 37; darnach ist für dtdovat 56 entweder
didovai oder öiädaL zu schreiben.
Es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass in der periode des
absterbenden dialekts, der unsere inschrift angehört, das innere
-va- der analogie des schliessenden -y$ gefolgt ist Wie aus
tovgy tavg zunächst toag, taag^ dann tog, tag wurde, so aus
-crycTi, -evoi, -ovat : -aaai, -scüi (in diaXsiiS'iaai) -oaüi und
endlich -aai, -eai-, -oai. Die gleiche entwicklung fand in Argos
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Zu den inschriften von Magnesia a. M. 287
statt: in der mit der unseren gleichzeitigen inscbrift von Argos
n. 40 lesen wir z. 18 eTtayyiXlovai und in der nächsten zeile
19 ijtayyiXloaaij wozu Kern richtig bemerkt: „der nasal ist
hier assimiliert^^
Der ertrag der IMM. an griechischen personennamen sei
hier in aller kürze zusammengeCasst. Zunächst für die voll-
namen.
^Aylawilrig Itbaker 36, die ältere form zu ^AylaniXfjg Megara
GP. » 42.
Zu dem genetiy ^HQOJtv&ov M. 105 4. • bildet Kern den nomi-
nativ * Hqo7tvd'iig\ OP. * 245 werden Jfjfio-^ ^Hq^'» Mtp^Qo-
ni^og aufgeführt
SvwTvxijg Tlv&ayoQOv Magnete 302, zu dem bisher allein be-
legten weiblichen n. Swtvxri OP. ' 257.
Neue Tollnamen sind:
Zu -o^og : /fiovva-adxog jiafinwvog M. 88, 62, anderer Wi^a-
^aySiiov 79 9 zu GP. * 101, Zua-aiixoq Knosier 3. jh. 67 9
GP, « 133.
Zu 'ßiogi
nv»6'ßioq M. 26 GP. « 245.
^ HXo'XQorriQ M. 3. jh. 67. Nach Kern verschrieben für ^Hlio-
ytfatfjg; so hiess nach PB. „ein präfect des fiscus in Rom
bei Zosimus 5, 35. 45". Vielleicht ist doch 'fClo- anzuer-
kennen, wie ^l Sonne neben ^Xiog: den vater Epicharms,
der sonst ^HXiod-dXrjg heisst, nennt Heraclid. Lembus frg.
bist. gr. III, 170. 8 'HXo'»äXi]g. GP. « 136 ist nachzu-
tragen : 'HXionXijg, könig von Baktrien, söhn des Eukratides
2 jh.
Nvfig>6'Xoxog l4(fvefiidwQov M. 275 zu GP. * 225.
TaoTto-fiivfjg Taaxofiivov M. sieger im Pankration, CIA. 11
2, 967, 56 2. jh. ist der voUname zu
Tdamog h noXifjLiai Lakone Smlg. 4437, ^^vrifiaxov Tdaxav im
Amyklaion ebd. 4515 (4. jh.?) nach Meister zu der stelle
auch in Kreta: Taaitog Jqivtavog.
Der name Taamo-^ivfig ist hybrid: Tasco- ist keltisches
namenwort vgl. GP. ^ LXXVIII gall. Tasco-vanus, brii Tascio-
vanus : Tascius, Tascillus Tascifrca und Moritasgus (?) Wohl
durch galatische söldner nach Griechenland gekommen.
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288 A. Fick
Vater und sobn fähren voUnamen, in denm ein element
das gleiche ist:
!/tva§ijvwQ ^Aya^iKfdtovg M. 129.
'j^Qi^OTOfiaxog ^Aqtatoyikiog M. XIV n. XIX.
JrjftayoQag JrjfjioxäQidog M. münze XXII.
ee6g>iXog Beodotov M. 208i.
NvMLiög Niuanxov Qonnos 33 1.
SoHJ^nX^ Jundiog Magnete und sonst
^hftftog SfifowinTtov M. Sif.
Voll- und kosename vertheilen sich auf vater und sehn:
SwStaQog Jwqw) Magnet 2%.
^Iriftaiimap uH^ovog Mayyrjg epigramm des Peisandros s. o.
MavdQtjg MavdQolvtov IX u. XVI.
Bemerkenswerthe kosenamen sind:
"u^XUag Magnete 321 zu -aXlog OP. > 54. Mit TlBqiaXXog vgl.
Tcsqt närgiav eptpLevai. aXXtov A 287.
N^aig g. Nijaiog Parier 50 s.a. Zu Nfi^onXrjg GP. « 216.
Nvaiog Magnet 122 f. zu NvaavÖQog? oder kürzung von Juh
vvaiog?
Tcfinf lag Magnete 94 lo» T. ist koseform zu Evröviog nach PB.
„vater und die söhne (EvtSpioi) Anth. app. 356*^ Vgl.
t>6vviog zu TuaUfovog GP. * 281.
XeQovg Medidpiog Akamane 31« zu XiQai', gebildet wie"/^-
Ttvg u. a. GP. « 26.
XvXiag 323 bleibt dunkel „der name ist neu'* K. Vgl. äxvXog
„saftreich'^
XaQftoowog M. 283 i ist an die gruppe Xa^fio- GP. * 290 an-
zuschliessen als ^^angelehnter name'S
Kalender- oder geburtstagsnamen fähren:
Nwfiutv in ^^QiGTayoQag NsvfAiovog Magnete 101 öfter, gekürzt
aus NavfiijvLog, maskulin zu Niovfiij Tanagräerin GP. > 296.
TQitiag in Kailiava^ Tgifiov auf magnesischer münze XXIII;
zu TQhog TQitiog Tglf^XXog GP. « 296.
Göttemamen werden in älterer , frommer zeit nicht für
menschen gebraucht s. GP. * 304 f.
'EQfialag heisst allerdings ein Magnete, Zeitgenosse des Mithri-
dates bei Plntarch, Kern IMM. XVI, aber der gott hiese
damals 'Egfi^g.
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Zu den iDschriften von Magnesia a M. 2S9
Unter Alexander Seterus gab es einen y^^or«^ ^Sffs^ to ß.
auf Magn. münze XXV, einen arzt M. ^if. ^Efgi^g nennt
IMM. 119 19. ^EgfiBiag kann urspränglich koseform zu
MffAO^yiyfig ^* ^« ^O gewesen sein.
Ilotvij 276, wenn — JTo^i^' straf- und plagegeist» jedenfalls
höehst singulärer name.
An beroennamen für menscben terwendet sind neu und
6P. > 307 f. naobsutragen :
Sovag in Odo^epog GotSavtog M. 352 1. jb. v. Cbr. kann nur
auf den ätolischen beros S6ag geben, nacb dem aucb sonst
in Aetolien und lasos männer beissen; aber die form
Sovag (aus Oofag) ist neu, und, wie es scbdnt, äolisoben
Ursprungs.
Kipj^evg auf magnes. münzen IMM. XXIII, und tftf^i;^ g. 04-
^ijrog Magnete 18. 19. 61 sollen wobl an den Ursprung
Yon Magnesia als noXi^ AioUg erinnern: die beroen Kre-
tbeus und Pberes sind söbne des Aeolos.
Kficnog MoqI^ov Magnete 107 u. Nacb dem Molionen, bruder
des Eurytos.
^vKOfiTj&Kig beissen IMM. nicbt weniger als zebn Magneten,
wobl naob dem könige der Doloper auf Skyros.
IlQwteallag in 'u^ftefiidwQog IlQWTealla Magnete 11 s; der beld
war in Pyrasos zu bause, grenznacbbar der Magneten
Tbessaliens.
IMM. 5is erscbeint ein '^^iXaog Ai^ftov Mcnedtiv. Vater
und sobn fuhren die namen makedonischer könige, u^o-
Ttog ist soviel als ^Ai^^nog^ wie der name sonst lautet.
In den 6P. ' wäre hinter den namen aus der beroenwelt
8. 314 ein abschnitt einzufügen:
Namengebung nacb historischen personen i. b. ^Aaxvayrig
yQafiifAaTiyLog Westermann Vitae p. 363, Idxaiixivrig Delpher,
Jaqüog^ Kgolaog, Va^ifiijuxog u. a. Besonders die namen der
makedonischen könige und der diadochen: ^^/dvvtag, TleQÖUxag,
OiXiftfgogf besonders 'uiXi^avdqog; unser ^.4(ftihxog AXqotcov
reiht sich hieran. Unter den diadochen: ^AviiTtonQog^ JtifjLtj-
tQiog, IlTolefiaiog u. s. w. Aebnlich wuchern bei uns die
preussischen königsnamen Friedrich und Wilhelm.
JjU den für menscbeq^i verwendeten tbiernamen 6P. *314f.:
r^awr auf magnesisoben mumie» ^XX; wenn so und nicbt
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290 A. Fiele
Tglafop oder Tuavnf zu lesen ist, vgl. Fiftaunf' vg' l^iaTo-
q>onn]g de ovofia ÖQOfjiiwq PSPixtpcovog iv X)XvpL7ti([ arädiov
Hesych.
^AnoX}j6diaQog KoQvwnog Magnete, auch in Ephesos 6P. * 315,
vgl. iMn^iartiÖBg' nwvwfteg Hesych.
AvKivogAvxov in Same auf Kephallenia 3. jh. 35 1. 6P. * 319
zwischen Kogcauvog und Iloq^ivog einzufügen.
Hix&lwv auf magn. münze XXIII, wohl wie nl9ia» und üitdwif
zu m^rpiog äffe, GP. « 321.
SkvXUwv auf magnes. münze XXIII. Zu axvkXoy ttj» xvva
liyvaiv Hesych vgl. axvla^, gebildet vom thiernamen wie
^AuLQidUav u. 8. w. aufgezählt 6P. > 319.
GP. • 324 ZM^'Avd-QWTCogy ^Av^QWTOjXog:
^Ai^&Qomlaxogy Prytane in Korkyra 44%.
Zu GP. * 330 benennung nach leuchtenden körpern:
QHiaq>OQog NixavOQog Magnete 110b, zu qxoagfOifog (daTijg)
morgenstern.
Ein flussname als menschenname — zu GP. * 347:
Allyvrttogl^va^'fyHHfog Magnet 15 a«. Weitere belege des namen
giebt Kern zu d. st
GP. * 360 kann man zu den berufs- und standesnamen nach-
tragen
0ifi^T(OQ Magnet 90 1.
Ursprüngliche Spitznamen sind sicherlich
BoTTaXivog 64 diminutiv zu ßonvctkog Weichling, oder noch
schlimmeres, und
SivdQwv Magnet 14« = aivÖQfav benennung der dovloi htSovloi^
in Kreta {aiV'd-Qog » aiv-a-^g zu aivofAai),
n. 308 heisst es: 1) aogog l/iftolXiavidog xijg Miwion^og t^g
naXovfiivfjg ^Hdfjag (d. i. ^deiag). Man sieht hier, wie der
später übliche name ^Hdeia aus einem beinamen entr
Sprüngen ist
88, c siegt an dem feste der ^Pw/aaia zu Magnesia iv twi dymi
TQaywduSv
TIoXe/daTog JiodiOQOv ^Eq)iaiog
dgaiiictti KXvraifAijatQa.
Darnach scheint die Schreibung des namens mit juf auf
späterer umdeutung und entstellung zu beruhen. Der name
tritt dann in enge Verbindung mit Mrlanog Priamide bei Homer,
Hya- und IIoXvfiijavwQ. ^ YTtßQ^iijatQa heisst die tochter des
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Zu den inschriften von Magnesia a. M. 291
Erysichtbon bei Nikander, sonst MijavQa genannt; auch die
Danaiden d. n. werden nun wohl besser Hypermestra und
Mestra zu schreiben sein.
In einem anbange über Apameia am Seleias weist Eduard
Schwartz nach, dass Mearpn] ,,die hellenisierte form dee ein-
heimischen MaiiAn oder M^n'' ist nach Nöldeke „ein kleiner
Staat in der gegend von Baira am unteren Tigris, der hauptort
war Snaaivov x^^^i ^^^^ ^<>hl schlechtweg . . . Xaga^ ge-
nannt Also ist der anklang an fiiof} ein trug und darnach
das 0. 22 s. 228 bemerkte zu berichtigen.
Walsrode bei Hannover im Juni 1901.
Ä. Fick.
Zu no. 26 der inBchriften von Magnesia am Haiandros.
In dem bruchstück des beschlusses einer unbekannten thes-
salischen Stadt, dessen Verstümmelung w^en der mundartlichen
abfassung so bedauerlich ist, findet sich, bisher unerkannt, eine
Thessalien allein eigenthümliche wortform.
Z. 25 heisst es:
ovxy^ fioyov not tar Sfioyheiav \ [yuxi q^Xlop] fia (d. i.
alXa) wxi xÄr tav olotv uiNFP^AN
Kern's angäbe zufolge ist der undeutliche buchstabe nicht
-^ gewesen, kann aber als a gelesen werden. Trotzdem schreibt
Kern avyQo^tffyv^ was aber hier nicht in den sinn passt und
weiter unten z. 29 richtig thessalisch ovyQaif^iv] heisst. Zwei-
fellos hat in der vorläge ANrPESIN d. i. avyqeaiv gestanden,
das thessalische wort für äiQeaiv, nQoaiQeaiv (freundliche ge-
sinnung) auf inschriften in andern mundarten, me z. b. der
arkadischen o. s. 285 z. 25. Man denke an TtQoar/Q^ai. an
der sinnverwandten stelle S6DI 361 Bis \lnai;pAaS'ai] Aloma
h%S TtQoavyo^ai %äv || l^at .] . . . und an ig>apyQev^eiv der
grossen inschrift von Larisa 345 z. 41, das gleich ig>aiQovp-
%ai ist.
Also wird man auch am schluss wohl fiir Kerns ergänzung
aigc'^ vielmehr avyge&fj einzusetzen haben.
Königsberg i. Pr Mittelhufen. W. PreUwüz.
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292 Alf Torp
Die ente person im Lykischen.
Schon SaveUberg (II 61) hat hinter ^mt ^m%$, akk. sing,
und plur., das pron. poss. der L person yermutet. Daes diese
yeriDataiig, die auch Im her t (Mem. VIII 453) billigt, das rieh*
tige trifft, ist sehr wahrscheinlich. Das wort findet sich T. L.
106 (Lim.). Die inschrift fängt so an: „In diesem grabe ruht
(oder „soll ruhen'') Sbikaza, mitglied der Mindi des Pdd$ni (?)'S
und der schluss derselben lautet:
3urUa : seflnaha : epfUe : ladq : ^i : setideimis : ^is :
se tnelebi : ae tideimi:
„den verbundenen (?) mitgliedern (sei das hineinlegen erlaubt?)
nach meiner frau und meinen kindem'^
Dass ladq ^mi und tideimis ^is mit dem sonstigen lad^
ehbi und tideimis ehbis parallel gehen muss, liegt auf der band.
Wenn also ^i nicht mit tUn gleichbedeutend ist, was wir nicht
annehmen können, so bleibt nichts übrig als darin das posses-
siTum der 1, person zu sehen. Ein derartiges überspringen
von der 3. zur I. person ist in den griechischen inschriflen
Lykiens etwas ganz gewöhnliches, z. b. CIG 4215: Safifiiag
wnwMvaaw %6 (mj^Miop iavr^ xai \ ywaitd ccvvov ^v^iqau
Navijidog nuxi %6ig Texroig \ if töig hc %üv%wf hroßiivoig hcyS-
voig fiov TUii [ywaixi] %ov vicv piov . 4228: ac^rsa-
Tuvaaw toSto to fAvtj^üov *Enaya\9'og K^fotvif^ov im/w^ xai
ywaml nai thcvoig ycal \ 'folg a| ovrcSy thofoig yB^f)a{o)fiivoig'
fiffispi I di iSiatfo iv-^atpai ^ d^üvai tig vovro to fAnjfnBiop^
iwvog I iav ^ij w^og iyw iftit(fi\pm . 4230: fH iüvn
] xinre<nceua[a]«[i'] %b /uy[ij]^«7oy lowg x[«r]i %oig
%ai pLOv . 4232: uivq, Sviipapog \ ^Eq*
[doXincv \ %av€€X€vaa9v xod ini\yQatff6V' fietä | to ivtwff^vB |
ifii «ig ti/r [o]ato&ij%riv . 4299: v6 fiv[i^fiei]oy wnW'-
Ktvaaato ]&gvxo[g] | — ka[v]tip xuri yvHuiu la]iTcl[jü]
Bv7€XQi[f x]al thivoig avtw \K\ai olg w \ [a]wg wtf imj[g]i^
tffw u. 8. w.
Indem ich an den betreffenden stellen einen solchen Über-
gang annahm, habe ich in den verbalformen auf -^ (-gq)
(prfinavaxq, agq, piyaxq, ax9) ein prät. 1. sing, vermutet (siehe
meine Lyk. beitr. II 9 ff., IV 28 Christiania Videnskabeselskabs
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Die erste penon im Lykischen. 298
Skrifter. 1898). Dieee formen sind freilich als solche noch
nicht festgestellt, andererseits ist aber auch die Unrichtigkeit
dieser annähme nicht erwiesen. Vielleicht kann ich im folgern-
den etwas zur stütze derselben beibringen.
Ich will im folgenden den nachweis versuchen ^ dass auch
in einigen anderen inschriften die rede Yon der dritten in die
erste person übergeht.. Ist das richtig, so wird unsere kennt-
niss des Lykischen eine erweiterung erfahren. Wir werden
dann im stände sein sowohl das pronomen der ersten person
wie die entsprechende form des yerbums su belegen.
Die betreflfenden inschriften sind T. L. 128 und 135 (beide
aus limyra).
T.L. 128: 1. [eJbeUe : [krusttejh : aramziya : meyad^ : krtutti :
trbb^etneh : tideri : przzidi : a%qti : esbehi :
2. . . f I üa : ifbazi : amusiyani : ieli : se
ßjqda : tiupe : hrppüadi : tike : meiie : nalau : ii()e :
ara . .
,,Dies Heroonf?) des Kru8tti(?) machte Krustti, Trbbgni-
mis söhn ".
ti in der zweiten zeile ist wahrscheinlich das relatiyum,
vielleicht ist [seJH zu ergänzen. Was zwischen ti und iiAazi
stand, zu erschliessen ist leider unmöglich; wahrscheinlich ent-
hielt die lücke eine nähere bestimmung des wertes isbazi „grab-
raum'^ Das relative ti weist auf isbazi: „und der grabraum,
welcher ". tdi bezieht sich auf isbazi. Das wort be-
deutet entweder „hier** oder, wenn Bugge recht darin hat te
mit füe gleichzustellen, „drinnen". Mit siyani teli vgl. d^i
siy^ni. sriyani teli se [l]qda *) wie 58 : siy^i teli se lada „ruht
(oder „soll ruhen") hier (drinnen?) und die frau". Es bleibt
amu. Was bedeutet dies wort? Es ist darin entweder eine
an das Subjekt des verbs siyani gefügte bestimmung, oder dieses
Subjekt selbst zu sehen. Enthält das wort eine bestimmung,
80 könnte natürlich an verschiedenes gedacht werden, z. b.
„allein'S „tot" u. s. w. Allein amu wird kaum so aufgefasst
werden können. Das verb siyani muss ein Subjekt haben, mit
dem das folgende „und die frau" verbunden wird. Sonst wird
in ähnlichen Wendungen entweder der name des graberbauers
1) So liest K Blink a, evideüt richtig. Ich hatte Mher »4ddo ge*
leeen (IV 5»).
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294 Alf Torp
wiederholt» z. b. T. L. 101 meMepUqti zahqmq se ladq, 102
m^ iltepiiqii gxxutrazi se ladu ehbi, 90 [fnenJefUepitifii hrifnimq
sey ^ luaqtrahü, 91 [mme fitepüqtij xlppasi se ladu ehbi, 93
[meji fi[tepji[tqt]i upazi se ladu ehbi, b1 mei iitepUqti idq
fnaxzss<t se ladq, 145 mei fitepitqti Uq se lad[q], 149 me ige ne
hrppiiqU Hke iyamaraye übe ladi ehbi, — oder es tritt statt
dessen ein demonstratives pronomen ein : 111 [se^UepiJtqii
ebefine ebei, 131 mene fUqpüqti eb^n^ se ladq ehbi, 84 mete
fUat4fH eb^n^ hqtq se ladq, 134 me^ne(?) tUetpi^i, 112 me ne
fUepitqti, 88 m« ne fdepüc^i fUipa tezi se ladq ehbi, 94 me ne
iUepitqti hrzzi prfinati se ladq ehbi, 11 me iye ni hrppitqtu
tihe mm^ ladq^ 49 me iye nepe matt tike, 150 se iye ne
hrppüqti tike kbi hrpp iye mei tqti. Wenn, wie ich annehme,
die lücke zwischen [sejti and . . , Ha eine bestimmung zu idMzi
enthielt, kann das Subjekt nicht dort gestanden haben; die
lücke kann überhaupt das Subjekt nicht enthalten haben; denn
dass dieses durch isbazi und noch ein (auf -üa endigendes)
wort von dem dazu gehörigen amu getrennt sein sollte, ist ohne
beispiel und ganz unwahrscheinlich. Auch wäre . . ti vor dem-
selben ganz unverständlich. Es findet sich also zum verbum
siyani kein anderes Subjekt; folglich muss amu selbst dieses
Subjekt und kann keine an das subjekt gefügte bestimmung
sein. Das stimmt auch genau zu 58. Wie dort in dem satze
Aelimi siyani teli se lada das vor siyani stehende sbelimi und
das nacbgefügte se lada „und die frau" die Subjekte bilden, so
in dem satze amu siyani teli se lada das vorgestellte amu uivl
das nachgestellte se lada. Das subjekt amu wäre entweder ein
Substantiv oder ein pronomen. Ein Substantiv passt aber hier
nicht; ein solches müsste wohl einen titel angeben; in diesem
falle wäre es aber natürlich nach dem namen krustti angebracht
und könnte nicht diesen namen aufnehmen oder denselben ver-
treten, amu müsste also jedenfalls ein pronomen sein. Dass
wir nun hier ein sonst nicht vorkommendes demonstratives
pronomen vor uns haben sollten, dass also an die stelle des
gewöhnlichen ebe hier ein anderes, amu, getreten sein sollte,
ist sehr unwahrscheinlich. Dann bleibt aber wohl kaum ein
anderer ausweg übrig als in amu das pronomen der 1. person
zu sehen. Wir gewännen somit ein lykisches amu „ich^^ Diese
form liegt nun von ^mi „mein'' nicht allzu weit ab; vielleicht
steht gar amu hier für *^mu, so wie diese inschrift auch siyani
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I
Die erste penon im Lykischen. 296
für 9iy^ hat. Auch die verwandtsohaft der form mit griech.
ifii wäre augenfällig. Das Lykische hätte also bei diesem pro-
nomen den stamm der casus obl. auch für den nominativ an-
gewendet, vgl. altir. ffie „ich".
Ich glaube gezeigt zu haben, dass die annähme, amu be-
deute „ich'', viel Wahrscheinlichkeit besitzt, dass sogar der
ganze Zusammenhang in dieser inschrift diese bedeutung beinahe
fordert Wenn sich aber für diese annähme nicht noch weitere
stutzen finden Hessen, wäre sie dennoch nur als eine ziemlich
unsichere zu betrachten. Solche stützen glaube ich aber bei-
bringen zu können.
Neben der vollen form amu wäre eine kürzere pro- und
enklitische mu wohl denkbar. Diese form finde ich Stele Xanth.
Nord. z. 4: meüfnje mu a%agn, axagq ist eine verbalform von
derselben art wie agq T. L. 149 (= oxf )» nach meiner Ver-
mutung 1. pers. prät Vor dieser 1. pers. prät. steht also mu
„ich'«. T. L. 40 (Xanth.) hat:
eravazijfa : eb€[iy]
a : me prünawx%q
. u . tiAoAt : . üi : ah
qmadi : arfinadi
Hier ist uhahi ein wort fiir sich, vgl. 43: triyairbbahi :
pfinutahi : uhcAi. Zwischen prfinavax(f, nach meiner Vermutung
1. pers. prät. („ich baute''), und ühahi steht -u, ebenfalls ein
wort für sich (in der kleinen lücke zwischen u und uhahi hat
wohl kein buchstabe, sondern die interpunktion (:) gestanden).
Nach dem obigen mu a%agn wird wohl die ergänzung [m]u
sehr nahe liegen. Auch T. L. 149 (Rhod.) z. 13 eb^ me piya%q
m .... I mupmme mi/hte (Beitr. II 13) wäre demnach wohl
piyaxq mlu . . .] zu ergänzen.
Eine weitere stütze meiner annähme finde ich in unserer
inschrift seiht Die inschrift endigt so: tiuve hrppüadi : tike :
meUe nalau tike ara . . Hier bildet tiuve hrppitadi tike den
Vordersatz, der nachsatz fängt mit meite an. Der Vordersatz
bedeutet etwa: „wer (ti) etwa (uve, Beitr. HI 29) jemanden
(tike) hinzulegt" (hrppitadi). Nach sonstiger analogie müsste
der nachsatz bestimroungen darüber enthalten, wie der hinzu-
legende zu bestrafen sei. Dass dies hier nicht der fall ist,
zeigt das hier auch im nachsatz auftretende tike, das sich in
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296 Alf Torp
keinem andei^n nachsatz findet und unmöglich mit irgend einem
strafansatze zusammenzubringen ist.
Dieser nachsatz ist also nicht nach dem gewöhnlichen
muster gebildet. Einen Strafansatz enthält er nicht, auch keine
yerwünschung; denn das letzte wort des satzes ara . . verbietet
diese annähme, ara . . ist, wie die inschrift 135 zeigt, in
arafvqj zu ergänzen, das gewiss von aravaziya nicht wesent-
lich yerschieden ist. Diese inschriften haben vieles gemein.
Beide sind von einem söhne Trbb§nimis gesetzt, beide haben
tideri = tideimi, in beiden ist das grab aramziifa genannt,
für aravaziya haben beide weiter unten aratq. araftqj zeigt,
dass in dem satze meite u. s. w. etwas gesagt wird, das sich
auf das betreffende grab bezieht; also ist auch eine Verwün-
schung ausgeschlossen. Das verbum des satzes muss nalau sein.
Wenn dies eine form der 3. pers. seih sollte, dann könnte diese
nur der imperativ sein. Die 3. imper. endigt aber nicht auf
-u, sondern auf -tu oder -du (mit der einzigen ausnähme esu
MüTio^ das auf irgend eine weise aus ^etttu entstanden sein muss).
Auch müsste, wenn nalau imperativ wäre, der satz einen verbot
enthalten; denn in diesem falle wäre ja tike Jemand' als das
Subjekt zu nehmen; beim imperativ wird aber immer die nega-
tion m, nicht ne oder na gebraucht Ist nalau somit kein
imper. 3. pers., so ist das darin steckende verb nicht alahati,
ims übrigens auch formell kaum möglich wäre. Wenn nalau
somit keine form der 3. pers. sein kann, so kann es nichts
anderes sein als die 1. pers. präs. Ich teile in na lau ab und
sehe in lau die der 3. präs. lati entsprechende 1. pers. Für
dieses verbum habe ich früher (Beitr. I 32, III 12 £) die be-
deutung „will" angenommen. Jetzt möchte ich Bugge bei-
stimmen, welcher es mit „admittif' übersetzt na ist aus ne
durch assimilation an das folgende lau entstanden, vgl. 9a ladt
T. L. 27 OB ge ladt. Der nacl^tz wäre also etwa: ^fio lasse
ich niemanden zu ins grab'^ Freilich schliesst sich dieser
nachsatz sehr schlecht an den Vordersatz an« Eine Verbindung
wie diese: „wer etwa jemanden hinzulegt, so lasse ich nie-
manden zu ins grab", ist zwar eine grobe anakoluthie zu
nennen, aber dass sie eine ganz unmögliche oder undenkbare
sei, lässt sich keineswegs behaupten. EinerseitB scheint es
kaum möglich unsere stelle anders aufzufassen, andererseits
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Die erste pereon im Lykischen. 297
wird, wie ich glanbe, die richtigkeit meiner erklärung aacfa
durch T. L. 135 gestützt
Diese inschrift wird von Kaiinka folgendermaassen trans-
scribiert:
1. a[b.fln,J a[raw]az[ijä m]e [pr]anaw[at]S . [ujwaia
triiinimeh tideri sebäa ehetime[h]
2. tpderij ...<?... f'Ae .. . mS me ije . .a. [rju iice arawä
$e ne tueti tubeUi trmmiflij
3. ...... /r ...... 7 mifU . . a
Mit der durch diese transscripiion angedeuteten auffiissung
bin ich in vielen punkten nicht einverstanden. Zuerst scheint
es unmöglich — u tike aravq von — u tike arafvq] in der
eben behandelten so eng verwandten inschrift T. L. 128 zu
trennen. Das thut aber offenbar Kaiinka» indem er 128 das u
als falsch auffasst; er giebt nämlich die stelle so wieder: mei
te na[l]a {u) tike a[r]a . . Wenn aber beide inschriften das-
selbe 'U tike arawf haben, dann ist es doch wahrscheinlich,
dass auch das dem -u unmittelbar voraufgehende in den beiden
inschriften dasselbe ist. Vor dem -fi scheint T. L. 135 ein a
möglich, vor diesem fehlt ein buchstabe, der l gewesen sein
könnte, vor diesem fehlenden buchstaben steht a, also: afljau.
Vor diesem w&re also ein n erforderlich; der, wie es scheint»
sehr undeutliche rest des buchstaben deutet zwar nicht auf n,
aber der buchstabe muss doch ein n, wenn- auch ein miss-
ratenes gewesen sein. Das dem vermuteten [njafljqu un-
mittelbar voraufgehende war meines erachtens nicht ye sondern
$e; wenn zwischen se und [n]a[l]qu ein buchstabe gestanden
hat, kann dieser i gewesen sein: sei. Zu meiee vgl. 29 z. 6,
wo zwar Kaiinka auch meiye liest, wo aber das «, jedenfalls in
der gegebenen kopie, ganz deutlich ist.
Auch den an&ng der inschrift hat meines erachtens Ka-
iinka falsch aufgefasst. Er nimmt an, dass zwei personen das-
selbe grab gebaut hätten, -uvata Trbb^nimis söhn und Eb^la
EhetQmis söhn. Das ist aber nicht wahrscheinlich. Sonst
finden wir kein beispiel dafür, dass verschiedene personen ein
gemeinsames grab gebaut haben, wenn diese personen nicht
mann und frau (wofür viele beispiele), oder vater und söhn
sind wie 6: A^n^ fUatq fnene prfinavqt^ puUnyda muUiyeseh
86 dapara pulenydah — — . hrppi lada epUehi $e tideime
„diese grabkammer bauten Pulenida MuUiyesis söhn und Da-
Bttitrig» s. kui4« d. indg. ipnehen. XXVI. 20
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298 Alf Torp
para Pulenidas söhn fiir ihre frauen und kiIIder'^ T. L. 48
(Xanth.) und 78 (Tyssa), wo mehrere personen als suhjekte
auftreten, ist nicht vom errichten sondern vom sichaneignen
des grabes die rede (siehe darüber Beitr. IV 10 ff.)- ^^^^ ^i®
namen wären auffällig. Da kein lykisches wort mit b anfangt,
ist nicht ae i^/a abzuteilen, seb^ wäre jedenfalls, wie auch
Ealinka meint, in 8'd>^la zu zerlegen; hier würden wir jedoch
se oder aey eb^ erwarten; denn das e in se wird sonst nicht
vor namen elidiert. Ein name, der mit ehe „dieser'.' anfangt,
ist auch wenig glaublich. Ich glaube also nicht daran , dass
z. 1 zwei personen genannt seien, welche ein gemeinsames grab
erbaut hätten. Dann hat natürlich z. 2 nicht mit tfideri] an-
gefangen. In dieser zeile könnte k ..ihe den gedanken auf lAi
,ein fremder* hinfuhren; es könnte hier vielleicht ein verbot
gegen das beisetzen eines fremden ausgedrückt sein. Das geht
aber nicht: weder Jdri noch kbiyehi lassen sich aus dem
k,.ihe herausbringen. Dagegen ist wohl die richtigkeit folgen-
der ergänzungen schwerlich anfechtbar. Die buchstabenfolge
t...i..k..%he...m^^) deckt sich, wenn wir von dem ersten
werte absehen, völlig mit derjenigen in T. L. 59 z. 2 — 3:
[mtiyjadi : tike : tihe \ 2umm[^J. Also ist, wenn auch in 135
der rest des buchstaben, der vor dem ersten t stand, eher auf
r als auf d hinweist, doch so zu ergänzen: t , [a]di[HJkfetJihe
[zurnjm^. Das erste wort ist dann wohl t[ij „welcher'^ In
diesem falle ist [H]ke wohl nicht das Subjekt, sondern ist mit
[zurn]m^ zu verbinden: „irgend welchen schaden'' (Beitr. I 24).
Das nach [s^tmjm^ stehende mei gehört diesem satze an, vgl.
adi mey-^ tike yfükf tisfike T. L. 89 und 90, wo die Wortstellung
eine andere ist; dieser satz ist nämlich ein bedingender (vgl.
Pedersen KZ. 37 205); an unserer stelle liegt ein relativer
vor. Denselben platz wie hier hat mei in dem relativen satz
T. L. 80: tiyenede xM'^ti tike mei.
Also t[i ajdi [ti]k[e tjihe [eurnjm^ mei „wer irgend wel-
chen schaden an irgend welchen (toten) hier thut". Ober tihe
siehe Beitr. in 26. Der folgende satz ae [n]a[ljqu tike arav(f
y,und ich lasse niemanden zu ins grab", kann natürlich nicht
1) Wie s. 1 zeigt, können awischen t and t höebstens 8, nicht 4,
zwiiohen t und h nur 2, ewischen k und ihe nur 2, swisohen « and m 8
buchstaben gestanden haben.
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I)ie erste pOTSon im LykiBchen. 2d9
mit dem vorhergehenden verbanden sein. Wo ist also der
demonstrative satz? Dieser kann nur in den werten seb^
dtet^me gesucht werden. Hier muss ich vorläufig sab^a auf-
geben; dass das wort mit ehe „dieser** zusammenhängt, ist
offenbar; was ist aber -la? Das hat kaum etwas mit kxH zu
thun. Eher ist an Zusammenhang mit d^eli zu denken. Das
eigentlich bedeutungsvolle wort ist aber meines erachtens «ft«-
t^me. Ich halte dies wort für im wesentlichen identisch mit
hU^i „schuldig'* (T. L. 65, 91, 149). Das verhältniss zwischen
ehetpne und htt^i ist wohl so aufzufassen, dass in htt^mi die
beiden ersten vokale — wohl wegen endebetonung des wertes
— unterdrückt sind. Ich halte htt^mi für ein aus ehä^e durch
ein suf&x i abgeleitetes wort, e&e^me zeigt eine nicht geringe
ähnlichkeit mit ahata, ahatcAi, ehetehi (siehe Beitr. IV 26 f.).
Vielleicht war die eigentliche bedeutung des wertes „dem aha-
iaht verfallen, dem a. gegenüber schuldig**, eb^, das ich, wie
gesagt, der form nach nicht zu deuten vermag, bezeichnet viel-
leicht diejenigen, denen gegenüber der frevelnde ehet^me ist,
etwa „den hiesigen**, vgl. 149: htt^mi qnabah^ „schuldig den
Rhodiopoliten(?)** (Beitr. II 4). Dass eft^ ehei^e der demon-
strative satz, und dass ehet^me = kU^i ist, mag auch darin
eine stütze finden, dass in der inschrift T. L. 91 auf einen
mit dem relativen satze 135 fast gleichlautenden Vordersatz:
adi tike ühe zufmjtn^, ein nachsatz folgt, der hU^ enthält:
meveiy esu hU^i.
Ich übersetze also die inschrift T. L. 135 so: „dieses He-
roon(?) baute .uvataTrbb§nimissohn; und den hiesigen (?) (ist)
schuldig (derjenige), welcher irgend welchen schaden an irgend
welchen (der toten) verübt; und ich lasse niemanden zu ins
grab; und er (näml. der trotzdem jemand begrabende) soll
zahlen, was die lykische Satzung (s. beitr. IV 10) ist ".
In der inschrift T. L. 128 haben wir also in dem einen
Satze das pron. amu, in dem anderen die verbalform (na)tau
gefunden. Es ist nicht möglich lau für eine form der 3. pers.
zu halten; sie muss also die der 1. pers. sein. Dann erhebt
sich aber die Vermutung beinahe zur gewissheit, dass amuj für
welches die Verbindung, in der das wort steht, auf die bedeu-
tung ,4ch** hinweist, auch wirklich diese bedentung hat. amu
und lau stützen sich gegenseitig.
Ist aber lau wirkdich die form der 1. pers. präs., so ist
20*
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300 Alf Torp Die erste person im Lykischen.
hierin für den indogermanischen Charakter des Lykischen ein
weiteres zeugniss gewonnen. Denn eine präsensflexion : 1. pers.
sing, lau (aus *laö\ 3. siDg. latt, 3. plur. *l<fti, 3. sing, imper.
*laiu, infin. *lqne müsste doch wohl als indogermanisch ange-
sprochen werden können.
siy^ni zeigt keine personalflexion : es heisst amu siyani wie
^^imi aiy^nü Das deutet natürlich darauf, dass siy^i kein
yerb. finit. ist. Wir müssen in siy^ni entweder einen infiniü?
(in einem anderen kasus als die inf. auf -ne, -na?), etwa: „(ist)
zu ruhen'S oder ein particip sehen.
Christiania, juni 1901. Alf Torp,
Die lateiniBchen perfecta rettolT reppolr.
Die von Gorssen herrührende erklärung der lateinischen
perfektforraen repperl rettuli u. s, w. aus *rip(e)peri rit(e)tuU,
welche meines wissens die allseitige anerkennung der gramma-
tiker und Sprachforscher gefunden hat, ist von Giardi-Dupre
bd. 26, 211 ^ dieser Zeitschrift bestritten worden, indem er sich
folgendermassen äussert „Dieser ansieht kann ich nicht bei-
stimmen, in rücksicht auf protuli (warum nicht *proUidi aus
'^pr(ht[e]ttüf?) propuli (warum nicht *proppuli?} u. dgl. Viel-
mehr sind formen wie reiiuli reppuli u. dgl. durch haplologie
aus *reppepuli *rettetidi zu erklären. Der doppelte konsonant
ist durch assimilation des auslautenden d der präposition (red-
in redambulo . . . .) an den anlautenden konsonant[en] des ver-
bums entstanden". Wenn nun auch die möglichkeit der ent-
stehung unserer formen auf dem angedeuteten wego durch
haplologie oder Silbenschichtung gewiss nicht geläugnet werden
soll, ist andererseits die frage nicht zu umgehen, ob wir zur
ansetzung der grundformen *red4etuli "^red^pepuli überhaupt
berechtigt sind. Und diese frage, glaube ich, muss in vernei-
nendem sinne beantwortet werden. Eine durchmusterung der
zahlreichen komposita mit red- und re- zeigt uns die Verwen-
dung der ersteren form, abgesehen von den Zusammensetzungen
mit vokalisch anlautendem grundworte ^), wie redambulo redeö
1) Natürlich brauchen wir hier spätlateinische bildangen, wie rM-
dünSiio, rßaßdificc, reexinäniö u. a. nicht zu berücksichtigen.
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F. Stolz 301
u B. w., mit zweifelloser Sicherheit und ohne irgendwelches
schwanken nur in den formen des Zeitwortes reddö reddere,
die in red-dö red-dere zu zerlegen sind, femer beispielsweise
red'dimus red^Uis (aus ^red-damus ^red-dcUis)^ eine ansieht,
die mir gegenüber einer anderen noch in meiner laut- und
formenlehre * 161 hervorgehobenen möglichkeit insbesondere
wegen des altlateinischen futurums reddibö aus ^red-dabö (die
belege bei Wagener-Neue III ' 329 f., vgl. auch Brugmann
Gmndriss II 906) den vorzug zu verdienen scheint Neben
dem eben erwähnten reddö sind nur noch formen von redücö
wiederholt handschriftlich mit -^d- bezeugt, z. b. reddueere
reddue und andere von Wagener-Neue II ' 923 f. aufgeführte.
Dass auch die alte grammatik, abgesehen von den perfekt-
formen, die den ausgangspunkt dieser auseinandersetzung bilden,
nur in compositis mit re-, deren grundwort mit d- anlautete,
die gemination des anlautenden konsonanten kannte, ersieht
man aus der von Wagener-Neue a. a. o. angeführten stelle des
grammatikers Longus, der die Schreibung reddueere als falsch
erklärt Die wenigen sonstigen belege, darunter insbesondere
die Schreibung relligiö (Kühner Lat gramm. I 629) sind alle
mehr oder weniger zweifelhaft und können daher nicht ins
gewicht fallen. Wäre aber wirklich red^ auch in der Zusammen-
setzung mit konsonantisch anlautenden wörtem durchaus ver-
wendet worden, so hätte sich das auslautende d von red- jeden-
falls folgenden anlautenden bcfglpet assimilieren müssen,
und man müsste daher (gewiss nicht ungewöhnlicher als afferö
differö efferö) erwarten, formen anzutreflFen wie *rMeUi8 *rec'
einö *refferö *reggerö *reüegö *repparö ^reesecrö *retterö.
Aber von solchen Schreibungen weiss unsere Überlieferung nichts.
Immerhin liesse sich vielleicht hiefür folgende erklärung ver-
suchen. Die durch assimilation entstandene doppelkonsonanz
hat sich nur unter dem schütze des hochtons gehalten {riddö
riddinue ridducem Plaut Gapt. 623 nach einer konjektur
Schneiders), während sie bei vorrückung des tones zur ein-
fachen erleichtert wurde, daher reducö u. s. w. ^). Diesem
erklärungsversuch könnte zu willkommener stütze dienen das
eben erwähnte Verhältnis von red€(co zu riddö und die that-
1) Vgl. bist, gramm. 1, 225 und laut- und formenlehre ' 55. Ein
neiier beleg ist Maetitus zu tnaecw (Otto Nene Jahrb., sappl. 24, 802).
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302 F. Stolz
Bache, dass weitaus die grössere mehrzaU der Zusammen-
setzungen mit re- der oben angeführten bedingung entsprechend
nach dem dreisilbengesetz den hochton auf der dem re- folgen-
den Silbe trägt Sodann müssten nach diesen, wie gesagt, weit
zahlreicheren fällen mit der durch die yerschiebong des hoch-
tones bedingten und gerechtfertigten einfachen konsonanz auch
sämmtliche übrige umgestaltet worden sein. Gegen den eben
Torgeschlagenen erklärungsversuch lässt sich aber gewiss mit
fug und recht einwenden, dass dann doch auch bei Zusammen-
setzungen mit anderen präpositionen, die genau denselben Sach-
verhalt aufweisen, auch dieselbe erscheinung der erleichterung
einer doppelkonsonanz sich finden müsste, also z. b. ^oHfigö
*camGiö für attingö cammütö. Da dies nicht der fall ist, scheint
es mir auch geboten, von dem oben mitgeiheilten erklärungs-
versuch Umgang zu nehmen und bei der alten anschanung zu
verbleiben, dass in unseren Zusammensetzungen die form re-,
nicht red- vorliege. Freilich vermag ich nicht zu sagen, warum
gerade nur reddö von konsonantisch anlautenden Wörtern der
form red-, wenn ich bildlicher weise so sagen darf, den vorzug
gegeben hat, aber lieber will ich diese Singularität in kauf
nehmen, ohne sie erklären zu können, als die unbegründete
annähme machen, es sei auch in allen übrigen fällen vor kon-
sonantischem anlaut des grundwortes die präfixform red- ver-
wendet worden. Und wir haben ja dasselbe re- in reirö und
*rec(h, das bekanntlich in reciprocua vorliegt ^), sowie in den
umbrischen formen revestu restatu restef resfo. Sind die
eben vorgebrachten ausfuhrungen richtig, dann ist aber auch
sicher den von Giardi-Dupri angesetzten grundformen *red-
iehdJ ^redrfepull der grund entzogen, und nur *r^€tul% *r«-
p^pull sind berechtigt Natürlich können die formen rettuU
repperi daraus nur durch den Schwund des vokals der redup-
likationssilbe entstanden sein, den ja auch Giardi-Dupr6 in dritt-
letzter Silbe nach tonlosen verschlusslauten zuzugeben nicht ab-
geneigt zu sein scheint*), und die alte Gorssensche ansieht
1) CorsseD Erit nachtr. 186 f. nnä Bragmann Rhein, mus. 48, 402 f.
Vgl. auch hist. gramm. 1, 429 und Lindsay Lat. Langu. 691.
2) Vgl. das s. 211 formulirie „geseiz** : „Nach tonloser labialis (oder
nach ionlosem verschlusslaaie im allgemeinen?) tritt die synkope in dritt-
letzter Silbe ein". Dazn dürfte die fossnote 4) gehören, für die im te^^te
keine zahl ausgesetzt ist.
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Die lateinischen perfekta rettulil reppull. 903
bleibt somit aufrecht Die richtigkeit dieser ansieht wird aber
auch noch dadurch bestätigt, dass neben den regehnassigen
Schreibweisen recidere, reperire sich auch reccidere reppertre
finden. Sie stammen natürlich aus dem perfectum, wo die
doppelkonsonanz -ce- -pp- auf lautgesetzlichem wege zustande
gekommen war. Und es ist also natürlich nicht ein spiel des
Zufalls, dass gerade nur von diesen zwei Tcrben ^) sich neben-
formen mit doppelkonsonanz finden, nicht aber von einem an-
deren. Damit scheint auch von dieser seite durchaus glaub-
haft, dass wir in re-ctdd re-periö das ursprüngliche zu sehen
haben, wie in re-cinö re-citö re-coquö re-parö re^edö re-päö
re^putö u. s. w.
Nachdem durch die vorstehenden ausfuhrungen den von
Ciardi-Dupr6 au^estellten gmndformen thatsächlich der boden
entzogen ist, müssen wir auch noch des einwurfs gedenken,
warum nicht auch *proHulX *proppüll gebildet worden seien.
Diese beiden formen sind theoretisch natürlich gerade so
berechtigt, wie reUull reppuü; wenn sie nicht überliefert sind,
so wird der grund wol darin liegen, dass o von pro- in diesen
formen lang war. Hinter dem langen vokal von prOtulf pro-
pUli *) war doppelkonsonanz vollständig überflüssig, da die silbe
ja als solche lang war, und brauchte daher auch in der schrift
nicht ausgedrückt zu werden. Man darf damit wol auch den
bekannten fall vergleichen, dass nach langen vokalen und diph-
thongen die doppelkonsonanz -es- vereinfacht worden ist,
worüber es genügt auf bist, gramm. 1, 311, laut- und formen-
lehre > 77 f., Lindsay Lat. langu. 110 ff. zu verweisen.
1) Dass nicht auch ^reppeUd^ *r€Uundd nach r^ppuk rgtiudi ge-
Bprochon and geschrieben wurde, wird kaum mehr als sufall sein. Oder
sollte der umstand, dass wir es in diesen beiden Allen mit einer schweren
mittelsilbe zu thun haben, der einfuhrung der doppelkonsonans hinder-
lich gewesen sein?
2) Wenn auch bei Luoretius 4, 194 (198 Bemays) und 6, 1027
(1025 Bemays) in dem versschluss 'provehat atque propellat' prdpilüi
gemessen ist, so wird dadurch doch nicht die richtigkeit der im texte
gemachten ansatze prötuk und pröpuU irgendwie in sweifel gesogen.
[Anders über recedö asw. Osthoff Parerga 42 f., der aber reppuk
reUuk gar nicht erwfthnt C.-n.]
Innabruck. F. Stolz.
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304 A. Zimmermann Die etymologie Yon vis (zu vdo).
Die etymologie yon vis {m volo).
Die älteste form haben wir in dem vois der Duenos-
inechrift; denn sowohl Thurneysen K.Z. XV h. 2 s. 204 wie
L. y. Schroeder Jahreshefte des östr. arch. inst. III 1 üb^-
setzen da vais mit „du willst*^ Stolz H. gr. I p. 142 erklärt
dem entsprechend veis — cf.. Plaut Pseud. 47 — bezw. vis als
die in tonlosigkeit entstandene form z. b. in formen wie st Vis,
qut vis. Da vois dem nach der analogie Ton fers geforderten
voU ziemlich nahe kommt, so handelt es sich für uns nur
darum, den Übergang von l zu i fiirs Italische bezw. Lateini-
sche auch sonst nachzuweisen. Nun habe ich diesen wandel
von l zu i nachgewiesen im Rh. m. 55 p. 486 f. und 56 p. 320.
Dabei fiel freilich die hauptmasse der beispiele auf die Verbin-
dung „konsonant + 1 + vokal^' z. b. Ciassicius CLL. III 9809
neben Ciassicius CLL. 14851 ; aber auch die Verbindung „vokal
+ l + konsonanf' ist hiefur nicht ohne beispiele. Schon
von Planta II p, 556 n. 296 giebt umbr. Voisiener mit lat
Vohieni und umbr. Vds. mit lat. Volsii wieder. Es braucht
dieser Übergang nicht auf etruskischem einfluss zu beruhen ; denn
neben einem Glusiner A, Voesius CLL. XI 2505 finden wir einen
Praenestiner Cn. Voesius CIL. XIV, 3014 und in Umbrien gab es
nach Gonway The Italic Dialects ind. III s. v. eine g. Voesi-
dena. Im CLL. XV 3162, also auf einer römischen inschrift,
begegnen wir dem namen Saisa, während bei Buch eler carm.
epigr. n. 318 die entsprechung Salsa sich findet. Ja selbst für
Nuroidien lässt sich dieser Übergang belegen; denn CLL.
Vm 1249 steht BalsiUec Imüeonis f., aber VIU 5057 Numida
BaisiUecis f. Diesen beispielen des Übergangs von 2 zu i in der
Verbindung „vokal -f- ^ -f ^" schliesst sich passend vols vois
an. Dem einwand, warum denn nicht auch voU und voUis zu
voit und voitis geworden ist, begegne ich damit, dass mir noch
kein fall des Übergangs von / zu f vor t aufgestossen ist, wäh-
rend ich abgesehen von obigen beispielen von l vor s noch
hier erwähnen kann soivit für solvit Eph. Ep. VIII 3 p. 588,
duic für dulc(i) CLL. VI 21435, Eipinicus CLL. XII 5695(6)
für 'ElTtiviyLog, Paipennius CLL. VIII 9218 neben Palpenia
CLL. vm 16514.
Breslau, A. Zimmermann,
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W. Prellwitz Etjmologisclie forschungen 305
Etymologische fonchungen.
I. Or. fidoTig, fidatiSj fida^lfj., lit. mäst^gAtit
fnöstagütu
0. XXIV, 106 habe ich auf die äbereinstimmttDg von
fiaoTlyow und lit. mhstSg^ Aufmerksam gemacht, ohne die
etymologie aufzuklären. Seitdem habe ich bei Heydekrug selbst
kq mdstagüji? „was fuchtelst du (mit der peitsche) unnütz
hemm?'' gehört und glaube auch den inneren Zusammenhang
dieser auffallenden ähnlichkeit aufdecken zu können.
MaatiYow (Herod., att.) ist wie der homerische aorist
fidari^ep von fidati^^ ftaatlyog „ge»8el'' abgeleitet. Neben
diesem den concreten gegenständ bezeichnenden wort^) findet
sich in mehr abstracter bedeutung bei Homer fidattg und hie-
▼on kommt das verb fiatnlo}^ das medial II. XX, 171 vom
löwen gebraucht wird: ovgf, de ftXavQag tb xal Xaxia dfiffKniq-
(o&ev iiaatlnai, Mdarig ist also eigentlich nomen actionis auf
-sig von -^ftaC' der wir als bedeutung „mit der peitsche, den
armen ausholen, herumfuchteln'' zuschreiben dürfen.
Es läge nahe, auch fiia&Xfi und lAda^hjgy die Hesych be-
zeugt, dazu zu stellen. Indessen die bedeutung di^/ua, luxi vfro-
ifjfia qfoivvaövv %ai fjvla, dig>S'iQa passt nicht und ausserdem
ist das homerische lfi6a9Xf] zu berücksichtigen. Die annähme,
jenes jüngere wort sei aus diesem älteren durch lautliche Ver-
kürzung entstanden (Curtius Grdz.^ 394), werden wir heute
nicht mehr billigen, aber zweifellos konnte im sprachbewusst-
sein sophocleischer zeit tfida&Xtjf eine ableitung von IfidaatOf
ifidg, mit ^dtnig, fidari^y fiaatiydto zu einer gruppe zusammen-
1) Von Diomedes heisst es 11. XXIII, 600 bei den kampfspielen :
fiuOTi' aikv fknwi xarnfio^ov im peitschen weit aasholend (eigl. von der
Schalter hernieder, mit dem ganzen arm), dagegen 510 xXTvi <f' «qu
fiaariya norl ^vyov. Auch an der andern stelle, die /adarig bietet, Od.
XY, 182, wo es von Telemach heisst: ^ xal tnnouv fiaariv ßdU ist
nicht die geissei, sondern ein schlag mit ihr gemeint.
Wie ist fia<nt{ daraas entstanden ? Es läge nahe, es für eine za-
sammensetzang mit <ntCn za halten, fiacfn-arry oder fittif-arry^ ergäbe
fiaerty; vgl. lat. insügo. Doch wegen der litaaisehen formen empfiehlt
sich hier zarSckhaltnng. Man könnte allerdings das 9 von m^si^A^'
dem diphthong von ai. t^'aU „ist scharf, schärft" gleichsetzen,
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306 W. Prellwitz
treten und nach dem vorbild dieser kürzeren formen sein an-
lautendes i aufgeben. So erklärt sich auch, dass in jdäa&lfjy
fiaa9Xf]g offenbar mehr der stoff betont wird, während bei
fidati^, fiaaTiU) u. s. w., die Lob eck (Pathol. el. I, 76) ebenfalls
aus ^ifidoTi^ erklären wollte, offenbar die bewegung das wesent-
liche der bedeutung ist. Ihr wurzelverbum haben wir in fiaio-
fiai zu erkennen.
II. Gr. lAaiofiaiy fdijlt], slav. mach-, lit mozöti.
Sehr gut macht Gurtius ^ 312 auf IL V 748 (- VIII 392)
aufmerksam: ^'HQfj de piaaviyi &o<ag inepiaUr oV trenovg ^)
und leitet wie G. Meyer Stud. V, 111 ßdctig von fialofioi
ab, das vielleicht für ^fioaiofiai stehe. Dies wird durch das
fiitnr ndaaofiai und den aorist ifiaaadfitjv bestätigt Gebraucht
wird fiaiofioi sonst z. b. vom tasten mit ausgestreckten bänden.
So heisst es Od. IX, 441 von Polyphem Ttovraty oltav ine-
fialevo vmxa 446 %6v (sc. %Qi,dv) intfiaaodiAWoq 7tQoaiq>f]^ von
Eurykleia, die beim waschen ihres herm narbe fühlt: yvß ^'
inifiaaaafievri (Od. XIX, 468). Unser „antasten** ist gemeint,
wenn Agamemnon schwört, seine band nie nach Briseis ausge-
streckt zu haben: dkl^ i'fisv aTfQotifiaatog hi tXiaijjOiv ifi^-
aiv (II. XIX, 163), dagegen imfiaavog bezeichnet den bettler
(Od. XX, 377) entweder als einen, an dem sich jeder vergreifen
darf oder als abgegriffen, schmutzig, schmierig. Auch in a/iqot-
fidaaa&€ v^dnel^ag anoyyoig (Od. XX. 152) ist jener die -^mas
verdeutlichende gestus *) deutlich.
Zu ihr stelle ich jetzt auch in^Xrj „die sonde'S Es durfte
aus *fidalä „Werkzeug zum tasten^' entstanden sein, wenn es
nicht die unten zu besprechende kürzere wurzelform enthält
Das Slavische scheint eine langvocalische form unserer
Wurzel in mahaii, mahnqti „schwingen'*, mcMii se ruere, poln.
machad, wach streich, russ. machtdi zu bieten (s. Mi kl o sich
Vgl. wb. d. slav. spr. 180), das Litauische ausser in möstagüti
auch in mostereti (Mezinis 141) und mozM (Kurschat) „womit
hin und her fechten, wedeln, schwenken'' >). Ob z in asl. ma-
1) Vgl. auch II. XVII iSO /ucK<rr^« d-o^ intfiaUto 9^(vw,
2) Vgl. die einleitung zu meinem etymol. wb. d. gr. spr. 8. X.
3) Versohieden davon ist lit. mosM „beschmieren** (Geitler), apmo-
Mi betünchen, die Brückner (s. 110) mit recht für entlehnt halt. Aller«
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Etyinologisohe forschungen. 307
zati yysohmieren" moilo »,öl, salbe» butter'S auf ad zoriidigehe,
wie in lit. mozM, wenn dies echt ist» kann ich nicht aus-
machen. Spuren Yon sl. z für sd, zd bespricht Miklosich Vgl.
gram. I * 271; Ygl Pedersen IF. V, 36. Immerhin mag hier
slavolettisch ^fnazd- Torliegen.
Doch wäre es vorschnell, der gewöhnlichen annähme, dass
slav. ch (h) aus a entstanden sei, folgend aus russ. maehaU ein
slav. mOS' zu erschliessen. Über das slavische eh für idg. s
hat nämlich H. Pedersen IF. Y 33 ff. mit dem ergebnis ge-
handelt, dass 8 nur inlautend nach I, i, 4, u, r, k, q zu ursla?« ch
geworden ist, das durch die erste palatalisierung zu ^, die
zweite zu a wurde. Die oben genannten verba können danach
also doch nicht als beweis für idg. inaa angesprochen werden,
▼ielmehr muss ch bereits in dieser form innerhalb des Slavi-
sehen als ¥rurzelerweiterung an mä (s. u.) angetreten sein, oder
mit anderen Worten : nach dem Verhältnis von asl. duchaii neben
dunqii von asL uamichati a^ zu amijati a^ ist zu manqH „in-
nuere^', majati „vibrare'* auch machal^ gebildet worden.
in. 6r. fiaioidai, fiaariJQy fAaaTQOTtög, fiavkig,
lat. mälua, lit. tnäataa, tnäainti.
Eher scheint maa- vorzuliegen in lit. mäatM „eile'S d. h. der
ausgestreckte arm ^) und in lett. maata, fSr das Ulmann die
bedeutung ,,e. fischzug; die mast bei der treibjagd, klapper-
jagd*' angiebt; Nesselmann hat aus Prökuls *) auch lit. maataa
„fischzug'^ Dies passt zu der bedeutung „suchen, streben nach
etwas 'S die inifuzlofiai bei Homer auch hat und Hes. in
dings darf man nicht mit ihm beide formen aaf wr. mäza6, chmäzad
(woher maupa „schmatzfink^S vgl. inifutatog) snrüokfahren ; das i der
zweiten erklärt sich aus einer dem asl. m«fo „salbe'* entsprechenden
dialeotform, die anch „färbe" bedeuten mnss, wie asl. nuuR salbe und
färbe bedeutet; hieraus ist bekanntlich lit moitUj moit^, md$tyti ent-
lehnt.
1) Auch lat. malus aus ^matdos = nhd. nuut (eigl. ausgereckter
arm ?) mag hier seine wurzel finden.
2) Das homerische dfUffifiaaaif^M rQani(as ifn6yyots legt die Ver-
mutung nahe, das auch lit fMUffMi „abwaschen" (nicht „baden'«) lett.
nu^fgd^ ds., poln. maxgac „besudeln" hierher gehört. Jedenfalls ist das
auch neben der alten Zusammenstellung mit ai. mt^jjati taucht unter,
lat. fMrgo (Fick « I, 109, J. Schmidt Neutra 167 f. n.) zu beachten.
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308 W. Prellwitz
fidaaar ^rp^aai bezeugt. *) Griech, fiaartJQ, fdaaTQ6g sacher,
el. fiatngaai (ß. o. XVII, 169), fiaatQiar al tw a^orrwv
6v&waLy fiaoTever ^rirei, Iqsvv^^ tprjlag}^, imCijTei zeigen sie
ebenfalls. Auch ^laaiQortog' dvaTQonog, ftavovgyogy ärtat&oy.
6 tag ywouxag rj avögag ftQoanaldiv xai fiOtvXl^wv, tj fCQOctyfo^
yog (Hes.) gehört hierher. Es ist ein kompositum mit -ott-
,,atige'' im zweiten teil (o. XXII, 97 n. 1 12), wie die stelle des
Aristophanes (Wölk. 967) avrdg eccvrov nQoayiayevtav Toig og^-
&akfioig verstehen lehrt •). Auch fiavUCcj, das Hesych zur er-
klärung von fiaOTQOTvog braucht und ^avXlg dürfte sich als
fia(a)'vJiid' erklären. Das suffix ist dasselbe vertraulich demi-
nuierende wie in fiargvlti^ woher fuxTQvleioVf das Hesych aus
Menander anfuhrt mit der erklärung TÖfrog vaiv noqv9v6wfav^
Tovriati fvOQveiop, OTtov oi /naaTQOfvoif rjroi fiovliaTal dUv^-
ßov. Auch diese bedeutungsnüance findet sich im Litauischen:
jnasinti heisst „locken, begehrlich machen '^ So Eurschat
II 244; Nesselmann kennt sumaisinti „vexieren, zum best^i
haben".
IV. Gr. ^axQvlrij fiazfjQ, fiaTevw, /uorricu, fiaqrj^ fiidXtjy
fiaaxdXri; lat. manus, lit matyti, lett. mdtit, ksl. motriti.
Hier in pia%ijvXrj finden wir eine ableitung von ^latrg^
iniaxonog^ eTtiCrjrwVj egewriTTg (Hes.) '), das auf die kürzere
wurzelform fia- zurückgeht, wie auch fiar^aar piaotevaaiy
tffdjoaij ^azei' ö^rel (aeol. i§ higw d* hegov fidTrjg Theoer.
29, 15). Marsvto kommt schon II. XIV, 110 vor: iyyvg av^Q
— ov dfj&a fdorevoofisv. Die bedeutung „tasten" liegt wohl
dem lett. matü „fühlen, empfinden, merken zu gründe", während
lit. matyti „sehen", ksl. motriti „spectare" eigl. „mit den äugen
suchen" bedeutet haben wird. Vgl. dazu auch fidrctp' ^ Xvy^.
hioi de ^oTcmog tj fiataxov (Hes.). Wir haben hier also eine
Wurzel fia- belegt, der wir nach dem bisher gesagten die be-
deutungen „die bände wonach ausstrecken, mit den armen aus-
holen, schlagen, streichen, tasten, suchen" beilegen müssen.
Sollten auf sie nicht auch lat. ma-nus, gr. fid-Qt] *hand', zu-
1) Vgl. 0. Hoff mann Dial. IL 240. S. 260 wird fftlsohlich y^ptfr.
darin geraoht.
2) fiaftr^otpos r« uvra (Hob.) ist mir unklar.
3) Woher fiorriQfvHV' ficun^vuv, (n^iiv.
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Etymologische forschungen. 309
rückgeben? Die band kann die „ausholende, winkende*^ oder
„tastende'' ebensogut sein wie die „schlagende" (^ivoQj ygl.
auch Bezzenberger Urkelt Sprachschatz 141) oder die
„klatschende"' nalafifj (nXijaoaia) lat palma, ahd. folma u. s. w.»
womit wieder nhd. fühlen wurzelhaft verwandt ist. EvfiaQijg
„leicht, bequem" vergleicht sich ganz dem air. 9olam „schnell,
bereit", cymr. hylaw „expeditus, facilis" (Stokes Urkelt spr.
240, urkelt. *8U'platno8).
Auch das unerklärte ^dlti „die achsel" in der wendung vTto
f^dlfjg doqv^ iupidiWf tyxuQidiov fpiq€iv kann sehr wohl hier-
her gezogen werden, selbst das gleichbedeutende fiaoxalfj mag
dazu gehören. Es bezeichnet ja die achselhöhle, die stelle, wo
der leib an der achsel sich „gabelt". AkK> zu axallg „gabel"
yskha spalten (s. 0xd^) gehört wohl der zweite teiL Ma-
axakrj ist gegensatz zu axilog (s. d. im etymol. wb. d. gr. spr.)
das von yskelo in lett. schkelt „spalten" kommt, und auch mit
ahd. scuUra, nhd. schuüer (s. J. Schneid t Kritik der sonanten-
theorie 40) verwandt ist. Cymr. gafl m. „feminum pars inte-
rior" gehört so zu ahd. gabala^ nhd. gabel. S. Stokes a. a. o. lOö.
Ma-axttXri also entspricht in der bedeutung „achselhöhle" ge-
Wissermassen jenem cymr.
V. Gr. iAua9aty fidSkog, fiwkvgj fAetafitipiogj inavtri^
fiwvtog, fiazfjy fiazaiog^ juaracu, avtöfiatogt lit möti,
monai, lett. mänis, mänit, tnäfcha, mdditls, slav. maniti,
zamafiy germ. md; vltiA.. mühen ^ müde f ir. mon, in-madae,
madae.
Diese wurzel ma ist mit langen vocal im Lituslavischen
vielfieush belegbar. Lit. möju, möti heisst „winken, zuwinken,
zunicken, durch winken etwas zu verstehen geben sowohl mit
den äugen als mit der band" moj6ti, pamöti auch „mit dem
schwänz wedeln" (vgl. o. fuxauerai), cUmöju durch winken oder
kop&chütteln verneinen, mit dem stock ausholen" (vgl. ^ßdi^
im/icu€a»ai Od. XIII, 429, XII, 172), msimöju „hole aus", und
aus dem artikel ma „winken" bei Miklosich Vgl. wb. d. slav.
spr. s. 179 führe ich wegen der reichen bedeutungsentwicke-
lung folgende Wörter an : asl. manqti, majati, pomavaH „winken",
namanq se jemu edo^ev aitfp; nsl. majati „schütteln", bulgar.
maja ae „zaudern, staunen", c. manauti, mavati „schwingen",
klr. majaty „bewegen", mane ia komu po Sdoä „es kommt je-
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3lO W. Prellwitss
mand etwas in den sinn^S russ. majaü „bewegen, schwächen^S
majaia, majeta „schwere arbeit'^ Zu diesem letzten wort tritt
ahd. muom, mhd. müeien, nhd. sieh mühen, die mühe, müde^ wie
fiwXog „kampF fiwlvg „von anstrengnng ermattet". Die vocale
jener drei sprachzweige sind sämtlich doppeldeutig als idg. ä
oder ö, doch germ. mcjan ist schon längst mit fiiSJiog an-
strengnng, mühe verglichen, wozu kret dpftifioler « a/u^t/ioH
Xelv (ges. Y. Gortyn z. b. I. 1), aus Hesychius fttal^m^iw
fioxrjoerai, niii^v9rjaevaL gehört^).
Aber auch fiäadvii (ßtifieSa' t^rjfoviAev, fißoo' tiqruj (mxoi'
^ffrely Tcxya^erat) „streben^S eigl. „sich lebhaft bewegen, mühen'^
kann im vocal ganz gleich lit möti gesetzt werden, zeigt also
die Wurzel zu ^wXog „kämpf' in einer bedeutung, die wir oben
bei fialofMai und seinen ableitungen kennen gelernt haben.
Dieselbe aber erscheint im Slavolettischen noch mehrfach in
bedeutungen, die wir o. schon im Griechischen beobachtet haben,
und auch hier von der'grundbedeutung y,(mit den armen oder
bänden) uraherfechten" ableiten. Lett. mdnie „der gaukler^S
lit mönai Zauberei, lett. mam „gaukelbilder, trugbilder^S mänigs
„betrügerisch^', mänü und mänä verblenden, täuschen, be-
trügen'' gelten Brückner (s. 109) für entlehnt aus dem
Slavischen (vgl. asl. maniti „täuschen, trügen 'S klr. mana,
obman, omana „trug", pomanyty „verlocken", pryma'A „Ver-
lockung", wr. ma'A „betrüger") während Fick und Miklo-
sich (Vgl. wb. s. 109) Urverwandtschaft annehmen. Dies thut
auch Bezzenberger, der im altkeltischen Sprachschatz (Fick
^ II, 217) in man „tücke", lat mantietdare vergleicht und
weiter Zugehörigkeit von L mentirl behauptet Dem widerspricht
aber lett m&fchs „gaukler", mdfchi „gauJcelbilder, phantadeen"
mdfehMe „gaukelei treiben, faxen machen", mädiÜs ds., das
gewöhnlich „sich zubereiten, unternehmen" hosst und das
reflexiv von tnädit „mit der band winken, herbeischaffen, zu-
rechtlegen*' ist Diese reihe zeigt, dass mäfche auf *mädia8
zurückgeht und dies beweist, dass das n in mänis^ für *manio8,
nicht zur wurzel, sondern zum suffix gehört *). Lett mäni,
1) Auoh fui'XOfittif fit^'X^^
2) Ai. mSyd „konstgriff, wanderkraft, list, trug, täuschang, graa-
kelei" (auch penonifioiii und so im „Schleier der Maja" gebraucht),
bisher zu fdfios gestellt, könnte die brücke su dieser gmppe aeigen:
ma-ft : ml. In ftUfiog mag ausserdem reduplioation vorliegen wie in
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Etymologische forschnngen. 311
liL mönai (plnr.) ist also von den phantastischen, beschwörenden
bewegangen des zauberen zu Terstehen und so kann asl. tna-
niU ,,winken'* anch zur bedeutung „täuschen, trügen*' ge-
kommen sein ^). Doch ist noch ein anderer wog denkbar. Es
konnte nämlich auch auf dem urwort Ton nsl. zaman, uman
„vergebliches kr. mani zaman ds., c. mani, mani „zufallig'* be-
ruhen, wie lat. frustrarl auf frustra. Merkwürdigerweise hat
meines wissens bisher niemand jene wörter mit gr. fAstafuiviog
„vergeblich, ohne erfolg*', fioirii/* oXiyiaqia^ fitopidg' fiMaiog^
dxQeiog (Hes.) veiglichen, obwohl die Übereinstimmung voll-
ständig ist. Auch diese gruppe gehört zu unsrer yma, mö.
Die bedeutnngsentwickelung ist dieselbe bei den gleichfalls
verwandten iidtmoq^ f^OTi;y, ^ori;, fiaväw^ funlri und lässt sich
bei diesen Wörtern noch wohl verdeutlichen. Marato bedeutet
II. XVI, 473 f. „thue einen fehlbieb^' anaaadfiepog vopvfpug
aoQ na%iog ftaqd fitjQOv dt§ag äftixotpe naQftjOffW avf ifionjaw.
IL V, 233 wird es von rossen gesagt, die in der Schlacht aus
furcht etwa um sich schlagen: fi^ Tci fiiv diiaopve /icttijaeroy
ovif id-ilfjff&r ix^e^^^y noXifioio, überhaupt bezeichnet es mit
der negation ein zum ziel führendes, schnelles handeln, so dass
man es allein etwa mit „säumen" übersetzen kann (vgl. o. s. 309
bulg. maja se „zaudern, staunen"). Die Vorstellung der zweck-
oder erfolglosen bewegung, die dem gr. ftavdfo wie dem lit.
mä9tS6ff&ti eigen ist und die im Slavischen z. b. in klr. navmany
„anfs geratewol" hervortritt, zeigt sich recht deutlich in dem
nachhomerischen adverb li&tri». Im Prometheus des Aeschylos
fragt Kratos den weichherzigen Hephaestos %l fAÜÜMig xai
ifunoi%%iCßi fuhtjp; und mahnt ihn dann %ä fiijdiy uMp^lovwa
fifj novu fiavt/y. Ich halte es der form nach für einen instru-
mentalis entsprechend dem preuss. auf -an, lit q ebenso wie
mfi^ („eben") zu ox^i} „die zeit der kraft". Durch anhängung
von -og (s. o. 24, 105 f.) entstand daraus ä%firpf6g (Od. 23. 291).
Das Substantiv, wovon jenes fiartjy stammt, findet sich
mehrmals bei den tragikem und meist im plural. M^ dDi eup*
Sfioiwg mal Ttargog %ov aov fidtag entgegnet Klytaemnestra
(Choeph. 911) dem empörten söhn, dieser aber erwidert firj
^UyxB TOP ffovovvT 90(0 xa&rjfiivti^ hält also die fiovcu („ver-
mL numM „täaseheiii anlooken**, Seoh. omam blendwerk a. a. bei Mi-
klorich YgL wb. 182.
1) Gehört aach das zauberkraat fitSlv hierher?
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312 W. Prellwitz
fehlangen^') gewissermassen für verknüpft mit dem nov^iv. In
den suppl. 783 (Eirohhoflf) bezeichnet es ,,das hin- und her-
rennen der verfoIger*^ Die einzahl findet sich coUectiv ge-
braucht bei Soph. fi^m. 730 (Nauck) ovti %oi (nhQov fidtag,
Matam ist gebildet wie die lateinischen frequentativa und in-
tensiva z. b. citare, dictare. Im Griechischen sind sie nicht zu
einer festen kategorie ausgebildet, um so deutlicher aber sehen
wir hier ihre entstehung. Mattj ist ein abstractum auf -M
nach art der o. 25 s. 281 besprochenen ableitungen von nomi-
nibus und verbis, die an sich ja schon eine Wiederholung oder
eine eigenschafb als folge einer handlung bezeichnen wie lit
sukatä y,drehkrankheit''. Vgl. J. Schmidt Neutra 27. Manj
entspricht also gewissermassen dem russ. majata ,, schwere
arbeit'S von majaü ,,bewegen, schwächen^' und muss zunächst
eine zwecklose anstrengung, dann ein unruhiges, erfolgloses,
schädliches ver&hren bezeichnet haben. Mdrcuog geht darauf
zurück wie dtxaioq auf d/xj;, anovdalog auf artovd^ (s. vf.
Jahresbericht über die fortschritte der classischen altertums-
wissenschaft bd. GVI, 1900 s. 72), und es scheint schon eine
sehr alte bildung zu sein, da es sich auch im Keltischen findet
Wenigstens erschliesst S tokos s. 206 ein urkelt maiaios ,, ver-
geblich'^ aus ir. in-madae „sine causa ^S tnadae ,,vergeblich'S
madaeh (gl. cassa), madaigim „frustror'^ Das a dieser wörter
kann auch auf keinen nasal zurückgehen und widerlegt so
die von mir im etymol. Wörterbuch angenommene herleitung
von lAotaiog^ fjuivfjv aus ymen, die ja auch in der bedeutung
nicht recht passt. Jene substantiva auf -tä, die den verben
auf 'iaio zu gründe liegen, sind eigl. feminine abstracta von
participien auf 46$ und so gehört zu fiäta ein masoulinum *f<a-
Tog, erhalten in adtofiarog. Dies bedeutet eigl. „von selbst be-
wegt" (z. b. von drei fussen des Hephaest) „aus eignem antrieb",
später „willenlos, zwecklos, zufällig", to ai%6^a%ov ist das, wo
tiefere einsieht oder fürsorge, Selbstbestimmung als folge be-
wussten deukens fehlt; vgl. z. b. Arist. Phys. 2, 6 und Plato
Prot 323 c.
Wir haben mo- und mö- als einfachste formen der wurzel
kennen gelernt Wie weit fufiadg u. s. w. zur ersteren, wie
weit zu fiifiova gehört (s. W. Schulze Qu. ep. 366 u. nach-
trag), wird selbst bei genauerer Untersuchung kaum festzustellen
sein, fiaifidw gehört natürlich hierher. Hier zeigt sich ein
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Etymologische forschungen. 313
langer vocal (fiaifirjaa, fia$fi(i(oai u. ä.), den wir uns als ä
oder i vorstellen dürfen. Früher dachte ich, wie Schulze a. a. o.
an mä, vielleicht ist aber auch mS möglich, denn in /defiaota
(pvhx (Roehl 393) wie im Homerischen ^ef^adreg kann metrische
dehnung vorliegen. Auch an ^fiefiaa/oveg ist vielleicht zu
denken. Liegt mS ,,hin und her bewegen'' in lett. mSle „zunge,
Zünglein der wage, klöppel der glocke, dorn in der schnalle"
vor? Ist -^mS y^inneTUch. erregt sein*^ in fAaLvofAai im gründe
damit identisch? Über dieses vgL J. Schmidt E.Z. 37, 45.
Königsberg i. Pr. Mittelhufen.
W. PteUwitz.
AsklepioB und die heilBchlange.
Im ältesten glauben der Griechen spielte die schlänge, der
drache, eine grosse und vielfältige rolle. Besonders befremdlich
scheint es auf den ersten blick, wenn man diesem naturgemäss
gefürchteten und verabscheuten wesen die kraft krankheit zu
heilen, ja sogar todte zum leben zu erwecken zuschrieb. In
solcher rolle erscheint die schlänge in dem merkwürdigen be-
richte bei ApoUodor 3, .3, 1—2, den ich hierhersetze, weil er
mir werth scheint bis ins einzelne hinein betrachtet und ge-
deutet zu werden. Es heisst dort: FhwMg (ein söhn des
Minos) eti pijrtiOQ vTta^wVy (ivlav dmxiov elg fUXixog ttld'ov
Tteadfv cifti&cnfev. agxxvovg de ovrog av%ov Mivwg noXli^v
^tr^aiy 7toioviiS¥og rtegi T^g evQijaetog k/uaytsvero. KovQrjreg
Si el/cov avTWi vQixQ^f^cttov h Toig dyilaig ex^iv ßovv^ %6v
di Tijv TctvTfjg d'iav aqtata eixäaai dvyrj&ivta xat ^ßSufra %bv
näida dnoddaetv, avyyJitjdiwwv de %(üv (navTeanf IloXvtdog 6
Koi^avov trjv %ii6av vijg ßoog eXTtaaa ßdtov koqtkoi xai ^rjvaiv
tov Ttaida dvayiuxa&sig did Ttvog fiavreiag avevge. leyovrog de
Mlvofog OTi Sei nai ^dip%a dnohxßüv avxovy amBKkeia&rj avv
iwi yenQwi. h afÄrjxaviai de jtoXXtji %vy%aviav elöe dqdxowa
hii %ov vexQOif iovra- vovrov ßaXwv Xid-wi artexteive, öüaag
§iri X av ctvibg TeXevri] arji,, ei ti ro anSfia Ttad^oi. efxerai, de
^egog dfdxonf, wxl &eaaäfieyog vea^ov %6v nQwroy anetatv^ Aza
vrr(Hnf4q>ei Ttoav KOfii^ojy^ Tiai tcaSirpf iniTi&tjaiP htl nS» %c
Btitiig« f. knte 4. indf . fpitaku. XXVI. 21
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314 k. Fitk
rot heifov <mjua* htivB9'sl9¥jq ü «r^ n6t^ w€€Vf]y ^^eetadpiwog
di n^lvtSag wxl dtxvptmms v^y «rvci^ ^retty yrfa0«i«)ocQ>y Tm.
voS nmK9fv etifimTi aviv^fjaw, inokotßw de Mivwg %iv yniSa
Die in siob wohl «bgeethloflsene Erzählung etammt ¥er-
mutUJch M8 iMHem tnantkohen gedichte und legt wiedenmi
sse^qpms ab für die hohe begabung der Griechen eur noveUe,
oder der episofaea erBahlung» IHe küree des aoBzug« Ifast
einigies dunkel utad der aufhellung bedürftig erscheinen.
So ist nicht verständlich, was die werte fÄvlctv dicixtum be-
deuten: das kind starb „auf der jagd nach einer fliege''? Alles
wird klar, wenn man zu fiviav ein ausgelassenes x^^^^^ ^^'
gänzt. Die xa^x^ fiv7a war ein kinderspiel, das bei Pollux 9, 123
beschrieben wird: xaivlai tcü 6q>d'alfjL(a fteQia(ply^woQ hog
naidog^ 6 fiiv 7t€QiaTQ4g>eTai xtjQvnwv ^^x^Xxtjv fjiviav ^tjodatü^*^
Ol di a7toxQiPOfi€Pei ^^^ifdaets, niX ^ lif^i^^ (die längen
^|---i^| ^1— passen trefflich zu dem kindersingsang , den
man su hören glaubt)* tneuveiH ßvßUvo^ avwov mmovaiv^ Mwg
Bi Hft dies ganz dasselbe spiele das in Italien mosca cieca
,,blinde ffiege^* faeisst und von SaWatore Farina in der iiov^le
Mio figtio B'innaoKyra s. 42 f. so anmuthig geschild^ wird. In
Deutsohland heisst es, jedem deutschen kinde bekannt „blinde
kuh'^^ Man beachte die reihe pivla x^^^y mosca cieca,
blinde kfthl
fivoKv dtduxwif unserer erzähluiig bedeutet also „beim
UJttdekuhspiel''.
Auch die Worte mg jk^Amto^ fci-Sw nmwv an;e9ti¥W lassen
sich an8<(haulioher machen. Die kiuder spielteu auf dem hofe,
dabei fiel der Meine Glaukes dutch eine kellerlnke in ein fass
mit heilig, ohne dass «s eins der kiader in der aufregung des
spiele bemerkte. Wir fenüseen hier an eins der mannsheben
fimer denken, in derea inUt c!as kind spurios verschwinden
konnie. Die absonderliche todeeart wird ursprünglich anders
gedadift «ein: das lallen in den honig mass eich hnt das fiieiUf*
x^mw^ did todtenspende bestehen, lihnlioh wie die Iwmd
ififfei ig fA' «rrvrw Smlg. 1654 auf die honiggemiechte milch-
8|^ttda> die ftMttgmu f^kloaLvog E«r. Or. 115.
Die Kurelmi äi% woissaggende weeeik gehören zar kretisohen
stafiage, auch dur gefeierte scher Polj^os war vieUeidit in
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AsklepioB und die heUschlange. 315
einer älterea Cueung Kreier, wenigeteas ist der name eeiMi
Taters Koiranos altkretisch: «o faeiset Uiae 17, 611. 614 der ans
Lyfctoe auf Kreta stammende wagenlenker des Ifteriooes. Po-
lyidos ist bemfiMiame für einen aeher, der ah eolelier an keinen
ort gebunden ist, Hokvftdfoq ist „der nelmesende^S mid er«-
innert an den ,,doolor AUwisBend^ des dentsoben numkena;
MS fi4f^ (vgl. altatt. Üvoi ^die sengen'O ^^^ regafareoht
äolisck 'J-iSiog, dorisck -fidog; Sophokles kat £rg. 357 m. 36B
Holvldag gemesaen. Homer kamt einen asher Hohitiog iL
13, 663:
A^fiJMM^ IMoiMfldov fuofwiog eidg ^ Koflif9o9t 4itUa pmim$\
darauf hin ist Find. Ol. 13, 105 der Km^apUag d. L Polfidoa
Korinthier; dem widerspricht nieht, wenn ak heiaath des sehers
bei Apottod. a. a. o. Argos genannt wird, das im nlten spraek-
gebrnnch Eorinth mit be£s8ste. Fans. 1, 34, 5 und Diod. Sir.
4, 68 wird PolTidos an den grossen aeber Melampos nnd die
IMampodiden angesckloseen. Jeden£ills konnte anstatt Polyidoa
irgend ein anderer Seher genannt werden.
Ebenso ist es mit Gkukos, Ifinos söhn. Er ist bkas das
object für die beriditete wnnderwirknng. Der name ist fe-
wäUt im hinbliek auf den Meerglaakos, den naSitog lU^xim^
von Anihedon , der dnrek den genuss einer miei^ßtog Mm nacb
Aeschylos im Glaukos Pontios frg. 27. 28 immer neu beieU;,
wie 01a.ukos, Minos söhn, dnrch das scklangenkravt wieder
Idbendig wiid.
Die aasprecbeade sage ist Ton SopbnUiw drsmsrtsifst
weiden. Der titel des Stückes ..Mipt^tg^ »igt« daas die be-
rafiing der seber, von ApoUod. nnr dunek die «eris ov/xA^-
9in:nom de mir pavw9fav angedeutet, grösseren umfang annabm^
wie denn der name eines der fremden seber, WaptsroQ^ «ines
Sohnes des Teiresias (Nauok ficg. tif^g. 3£0) aberieefisrt sst:
|ov^o$ Qktfuvbq TuQ%9iov nmß' SmpoKlijg Mdvmaiv.
Femer hat Sophokles die farbenwechadnde brombeere
{ßiv^) diroh die frucht das maulbeerbamns, der ^vm^iof^
ersetnt, der, wie die Terse frg. 362 bmckken, zuerst wnias
blibt, dann rotbe beeren trügt, die bei dar rciüs eebwean
werden.
Amok Eurifsdes bat den sloff in einer tragödie ^elyidoa
oderflkiikos''bduindflU. In den «ensen des frg. 637 bedohtet
Polyidos, wie der lag dss meeradlers ran der see her anli
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316 A. Fiok
land ihn äberzeugt habe, dass die leiche des Glaukos auf dem
lande, nicht im meere zu suchen sei.
Aelian tadelt N.A. 5, 2 Euripides, dass er den Polyidos
habe eine eule sehen lassen und daraus geschlossen, dass er
die leiche des Glaukos finden werde; es gebe nämlich in Kreta
gar keine eulen. Hieraus geht hervor, dass Hyginus 136 den
zug in seinem berichte, dass Polyidus — vidit noctuam super
cellam yinariam sedentem atque apes fugantem, was ihn zur
entdeckung der leiche in dem fasse mit honig gefuhrt, dem
drama des Euripides entnommen hat Ueberhaupt haben beide
Tragiker den Hygini^s beeinflusst. Aus Sophokles nahm er den
maulbeerbaum „vitulum — arbori moro similem esse'S
Ob auch die sonstigen abweichungen in Hygins berichte
aus der tragödie stammen, ist ungewiss. Bei Hygin spielt das
kind ball — pila ludit — , wird Apollon, nicht die Kureten be-
fragt, das monstrum des bunten kalbes ist noch viel grosse:
es wechselt ter in die colorem — per quaternas' faoras; der
seher wird mit dem toten in dem grabmal eingeschlossen
und ihm ein schwort mitgegeben, mit dem er dann die schlänge
tödtet, statt wie bei Apollodor Xi&wi ßaXaiv, Nach belebung
des knaben hören vorübergehende beider rufen, und melden
das Minos, der nun das grab öffnet, den söhn lebend empfangt
und den seher mit reichen geschenken entlasst
Die griechische erzählung von der heilschlange hat eingang
in das deutsche Volksmärchen gefunden. Anfang und ende des
Grimmschen märchens von den drei schlangenblättem n. 16
lauten allerdings abweichend, aber das mittelstück ist geradezu
aus Hygin entnommen, wenn auch mit mancher feinen aus-
malung. Ein junger kriegsheld, heisst es bei Grimm, freite eine
Prinzessin, obgleich diese von ihm das gelübde verlangt, sich
nach ihrem tode mit ihr lebendig begraben zu lassen. Sie
stirbt, und nun tritt die entlehnung aus Hygin deutlich her-
vor. Ich setze die partie hierher, da sie zugleich ein hübsches
beispiel von selbständiger bearbeitung eines entlehnten sagen-
Stoffes bildet. „Als — die prinzessin — jodi war, da erinnerte
sich der junge könig, was er hatte versprechen müssen, und
es grauste ihm davor, sich lebendig in das grab zu legen, aber
es war kein ausweg: der könig hatte alle thore mit wachen
besetzen lassen, und es war nicht möglich dem Schicksal zu
entgehen. Als der tag kam, wo die leiche in das königliche
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ÄBklepios und die beilschlange. 317
gewölbe beigesetzt wurde, da ward er mit hinabgeführt, und
dann das thor Terriegelt und verschlossen.
Neben dem sarg stand ein tisch, darauf vier lichter , yier
leibe brot und vier flaschen wein. Sobald dieser vorrath zu
ende ging, musste er yerschmachten. Nun sass er da voll
schmerz und trauer, ass jeden tag nur ein bisslein brot, trank
nur einen schluck wein und sah doch, wie der tod immer näher
rückte. Indem er so vor sich hinstarrte, sah er aus der ecke
des gewölbes eine schlänge hervorkriechen, die sich der Idche
näherte. Und weil er dachte, sie käme, um daran zu nagen,
zog er sein schwort und sprach „so lange ich lebe, sollst du
sie nicht anrühren^^ und hieb sie in drei stQcke. Ueber ein
weilchen kroch eine zweite schlänge aus der ecke hervor, als
sie aber die andere todt und zerstückt liegen sah, ging sie zu-
rück, kam bald wieder und hatte drei grüne blätter im munde.
Dann nahm sie die drei stücke von der schlänge, legte sie, wie
sie zusammengehörten, und that auf jede wunde eins von den
blättern. Alsbald fugte sich das getrennte aneinander, die
Schlange regte sich und ward wieder lebendig, und beide eilten
mit einander fort. Die blätter blieben auf der erde liegen, und
dem unglücklichen, der alles mit angesehen hatte, kam es in
die gedanken, ob nicht die wunderbare kraft der blätter, welche
die Schlange wieder lebendig gemacht hatte, auch einem men-
schen helfen könnte. Er hob also die blätter auf, und legte
eins davon auf den mund der todten, die beiden andern auf
ihre äugen. Und kaum war es geschehen, so bewegte sich das
blut in den adem, stieg in das bleiche angesicht und röthete
es wieder. Da zog sie athem, schlug die äugen auf und sprach
„ach gott, wo bin ich?" „Du bist bei mir, liebe firau'', ant-
wortete er, und erzählte ihr, wie alles gekommen war, und er
sie wieder ins leben erweckt hatte. Dann reichte er ihr etwas
wein und brot, und als sie wieder zu kräften gekommen war,
erhob sie sich und sie gingen zu der thfire, und klopften und
riefen so laut, dass die wachen es hörten und dem könige
meldeten. Der könig kam selbst herab und öffiiete die thüre,
da fand er beide frisch und gesund, und freute sich mit ihnen,
dass nun alle noth überstanden war'^
In Wahrheit freilich war die noth, wie der fortgang des
märchens zeigt, noch nicht vorbei. „Es war mit der frau eine
Veränderung vorgegangen" heisst es weiter, sie wurde ihrem
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318 A. Fick
lebensrettar untreu und stellte ibm nach dem leben, das ihm
nur die drei schlangenblatter wiedergaben. Hier kommt die
in aller naturreligion tief wurzelnde vorsteUung zum ausdruck,
dass die einmal den unheimlichen todesmächten rerfallene seele
sum lebenfeindlichen gespenste wird, das sdbet die nächsten
angehörigen mit nnbefl bedroht —
Den glauben an die heilkraft der schlänge finden wir auch
in der bekannten erzählung toh der ehernen schlänge, deren
anblick den biss der feurigen schlangen heilte, also eine art
g^genschlange, g^gengift 4. Mose 21, 69. Der dienst erhielt
sich bis zum konige Hiskia, dieser ,,zer8ties8 die eherne schlänge,
die Mose gemacht hatte, denn bis zu der zeit hatten ihr die
kinder Israeb geräuchert, und man hiess sie Nehuflhan''
2. Könige 18, 4 i>
In Qriechenland ist die rerehrung der heilkundigen schlänge
eng mit dem kult des heilgottes Asklepios verbunden. ,,Da8
gewöhnliche symbol des Asklepios war die schlänge'' P(reller)
Rob(ert) s. 625 f. In seinen heiligthümem wurden schlangen
nnterhaltett. In der burlesken darstellung einer inkubation im
Asklepieion Aristoph. Plutos 649 f. zischt Karion, um sich eines
topfes mit brei zu bemächtigen (ig ftagelag w ofptg\ die
schlangen müssen also dort frei umhergelaufen sein. Dasselbe
ergibt sich auch aus Flut 782, wo auf den pfiff des gottes
zwei grosse schlangen aus dem tempel henrorschiessen, dem
blinden Plutos unter die aufgelegte binde kriechen, ihm die
angen belecken und diese dadurch heilen. Hier dienen die
schlangen geradezu als heilgehülfen. In n. 114 der heilungs-
gesohichten ?on Epidauroe Smlg. 3389 heisst es: Miq dantvlar
ii9tj hnb og>iog. Auch wird die tempelschlange beim opfer
mit bedacht, wie in Kos, s. Herondas 4, 90
ig te tfjp tfdylijp
tÖP ftilavov ¥if&€g tov dfdxoptog 4ti/^fi(og.
Ja der gott selbst erscheint als schlänge in der stiftungs-
legende des Asklepieion von Sikyon: g>aai de (ol Sikihopioi)
OipiCiP i^ ^'EftidavQOv ito/tia&^vai vöp d^aop inl ^evyovg ^/iuS'^
1) Dazu bemerkt auf meine anfrage, hülfbereit wie immer, mein
freund Ferd. Justi, „dass hebr. nä^ui von n^oi „ zischeln*' (von
schlangen) ,,schlange" bedeniet, dass aber nifxustän 2. könige 18, 4 von
aramäisch ns^ui „ers, kupfer^* oder näher von hebr. «M/iiiir „ers, knpfer'*
abgeleitet wird.
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Asklepios und die heilschlange. 919
ya»y i^6%ovi$ ^inmafiivoy Paus. 2, 10, 8. Hier habeB wir
den beweis ib bänden, dass nreprUngliob die seblange, ale In-
haberin wunderbarer beilkraft gedacht, selber das göttlich ver-
ehrte wesen, die heilgottheit war. Nieht jede sobhmgenart
genoes solche Verehrung, selbstverständlich keine giftige, es
waren, wie wir aus Arist. Plut 690 ersehen, die ntifefm HfHg,
von denen es bei Hesych heissts ü^a^ ali^ fi^ymlag nrcr^sidß
exovToty toStg de fjxiata ddnvei äy^Qoinovg. Bei Harpokration
beisst es p. 147, 4 nofeUu H^ig (^/uos^iMjg inif KTtjai"
gifSygog). naqüm cvofiä^wwal ViVig o^p$iQ na^ ti nofuitg
^i^wg Hjieiv^ cig nai Kfmlvog h 7)?o^Wiiii vx^mifirnlv^.
Demosth. de cor. 360 schildert den Aeschines, wie «r bei der
Sabaaiosfeier tobt „tov$ oq>eig toi^ nmftlag ^Ußum**.
In Lakonien vnirde Athene unter dem beinamen Pareia
verehrt: r^v ii in ^A^jfMtdlag hi^iv Ix ^6f9rjg i^^vp^g
iürtpiev inUXtfliv JIctQ^lag äfaXfia h vnaiS^HH Paus. 3, 20^ 8.
Athene ist auch sonst eng mit sohlangendienst verbunden, be-
kannt ist ja die heilige sehlange, die ^Inovfig Sfpig in ihrem
tempel auf der bürg, nach der Sophokles sie d^myLccvkog nannte.
So biess sie denn bei Sparta selbst näf$$0, wie sie In der M e-
garis h lä^vSg Al^vimg naXovfiiwwi (niofrMeii Paus. 1, 5, 8
aV&vu$ „tauchervogel, mergus^' genannt und oflbnbar auch als
solcher gedacht wurde.
Minos Beugte kinder ht IJa^tig vvfAq>ijg Apollod. 3, 1, 96;
als Ttageia ist auch die Echidna Heslods lu denken, wenn es
Theog. *298 von ihr beisst
^fiiav <f 0ivje fgiXfOdov Sfiy —
So ist denn auch die schlänge, deren ftoa dem Minoskinde
Glaukos das leben wiedergibt, zweifellos als ftoQBlag itpig au
denken.
Dass Asklepios wirklich ursprttnglich die göttlich verehrte
Pareiasschlange war, wird noch weiter durch die etyraologie
seines namens erwiesen. Verfehlt ist die Verbindung mit lat.
»ealpo (I), einzig richtig die Zusammenstellung mit aytaXand^ei,
^fißezai und fmaXffd^eiv' ^fißioicLg ßadl^eiv, beides bei He-
sych. Mit der erstem form anaXan^^aiv stimmt die thessa-
lische namensform ^^anaXamdg in ^AefutXnmddov^og Phalanna
Smlg. 13808, wozu ^AaxotXSg Hermion 8398 b ti eine koseform
ist, vgl. ^AayiXag xai 'AauXrinag ol 'AauXriTta Mitth. 10. 13 n. 1,
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320 A. Fick
l^axläft' verhält sich zu axalan:^ wie Thgrjxs zii %aQaaam^
Taqaxq' Zu OTfLaXft-^tßiv stellt sich die form ^Aa%aXni6q^ die
PRob. s. 522, 3 aus Kreta belegt. In AlaxalAniog^ wenn eine
solche griechische namensform dem lat. Aesculapius zu gründe
liegt, ist wohl eine intensivbildung mit ai.- wie in nai-qwaaw
dai^däUUo u. a. zu erkennen, al statt al- stimmt in der ein-
busse der aspiration mit iftearanovra der alten thessalischen
Hyloreninschrift s. o. 26, 118.
Auch der name des Asklepiaden IIodalaiQiog erklärt sich
völlig, wenn man eine beschreibung der heiligen heilschlange
darin sieht Die Zerlegung in noda „den fuss'^ und XaiQiog
(vgl. lit leüas schmal, dünn), und demnach die deutung: top
noda XsIqiop e^u^v ist gar nicht zu verfehlen und zu umgehen.
Nun wäre allerdings „schmalfuss'^ für einen beiden, als welcher
Podaleirios im epos erscheint, ein wenig passender name, desto
mehr für eine schlänge, oder schlangenfässiges wesen. Die
namen Asklepios und Podaleirios bezeichnen ursprünglich nicht
verschiedene wesen, sondern malen nur dieselbe heilschlange in
verschiedener aktion: als uicuXfjrcidg bew^ sie sich in Win-
dungen daher, anaXftd^ei* ^^fußioöäg ßadi^ev^ axaXana^* ^fi^
ßeraiy als IlodaXuqiog steht sie aufgerichtet da auf spitzzu-
laufendem fusse. Man vei^leiche dazu die darstellung der
Asklepiosschlange in der kunst: ,,sie wurde gewöhnlich aufge-
wickelt ruhend, oder mit emporgerichtetem oberleibe wandelnd
abgebildet'' PRob. s. 525.
Dieser Schilderung reiht sich Kogtoplg an, später als' mutter
des Asklepios gedacht, ursprünglich wohl nur die weibliche
heilschlange, die wir oben als ^Adtp^S noQsla und vvfjigni
IlaQala und Minos weib kennen lernten. Mit der krähe xo-
gtivf] hat Eoronis wohl nichts zu schaffen: sie ist die sich
ringelnde, zusammengewickelte schlänge, noQiovideg heissen die
gebogenen schiffe bei Homer, xoQciv^ alles was sich krümmt.
Ursprünglich gehören lAaxXriTciog iqdi KoQWplg auch metrisch
zusammen, wie üoöaXelQiog rjdi Maxatov.
Der letzte name ist nicht direkt zu fiaxi] zu stellen, son-
dern zu fi^og (xoxotT, voaov). XeiQOfiaxai hiess die hand-
werkerpartei in Milet, nicht weü sie mit der band kämpften,
sondern wirkten: fiijxog iji^ov^ und fiaxeod-ai sind von der-
selben Sippe, zu lAijxoLQ gehört (naxciiQcc; an die grundbedeutung
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Asklepios und die heilschlange. 321
„vermögen" schliesst sich „gegeninrken, wehren*' an, ofiotxog
ist soviel wie dfirixavog.
Ist Asklepios ursprünglich schlänge, so erklärt sich auch
das opfer des hahns, das ihm dargebracht wurde: der hahn,
erst um 500 v. Chr. in Griechenland eingeführt, ist späterer
ersatz für einen vogel überhaupt (umgekehrt hiess ij o^tg
später die henne), ein vogel ist aber für die schlänge ein schwer
zu erlangender und desto willkommnerer leckerbissen. In Thel-
pusa — Paus. 8, 25, 11 — ist aus der turteltaube tfvyiov, der
alten nahrung TQoqn] der Asklepiosschlange TQvywv die amme,
^ VQiHpog des Asklepioskindes geworden.
Versuchen wir nun dem gedankengange nachzuspüren, der
zur Verehrung der schlänge iJs eines heildämons führte. Zwar
ist die Vorstellung von Schlangenklugheit uralt und nicht bloss
bei den Indogermanen nachzuweisen, heisst es doch 1. Mose 3, 1:
„Und die schlänge war listiger denn alle thiere auf dem felde,
die gott der herr gemacht hatte'S und selbst die heilschlange
ist auch sonst verehrt worden, aber der weg, auf dem die
griechen zu ihrem Asklepios gelangten, hat doch besondere
Stadien durchlaufen. Ausgang ist hier die künde der kräuter,
die man der schlänge zuschrieb. Wenn sie durch gras und
kraut sich daherschlängelt, hat sie zu solchen Studien die beste
gelegenheit, und wenn der bergdrache Uias 22, 93 f. grässlich
blickend voll wuth um sein loch sich ringelnd den menschen er-
wartet, dann hat er „böse kräuter gegessen*', ßeßQwnwg xcmc
gnigficata liegt er da. Aber die schlänge kennt auch ein an-
deres kraut» das ihr die kraft ^bt, ihr leben zu verjüngen,
wenn sie die alte haut abwirft und damit das alter abschüttelt.
yiJQag „das alter" hiess geradezu die abgestreifte schlangenhaut
und To y^Qag hidvvai — Aristoph. frieden 336 — sich ver-
jüngen. Dies zauberkraut, diese n6a aeit^wogy galt es der in-
haberin, der schlänge, abzugewinnen. Willig gab sie es nicht
her, der drache ist ja durchweg und nicht bloss dem Griechen
— man denke nur an den nordischen Fafhir — der neidische
Schatzhüter, es galt also die schlänge freundlich zu stimmen.
Nicht jede schien zu diesem versuche geeignet, der giftigen
traute man nur böses zu — so wählte man die pareiasschlange,
die ^xiora daxvei dv^qiortovq. Auch gaben die grossen backen
ihrem gesiebte ein etwas menschlicheres, freundlicheres aussehen.
So nahm man denn die pareias in pflege und hut, gab ihr
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322 A. Fick
quartier and gute nahrung. Aber auch so gab sie ihre geheim-
nisse nicht jedem preis, nur ihrem pfleger, dem priester» liess
sie solche in der geheimnisvollen Offenbarung des traumes zu-
kommen: das ist der Ursprung der inkubation, der sich zwar
der patient selbst unterzog, aber doch nur auf Weisung des
prieeters und im tempelbezirke.
Im weiteren fortschreiten des religiösen denkens genügte
die Vorstellung einer ursachlos der schlänge einwohnenden
kenntnis nicht mehr : sie musste diese selbst von einem höheren
wesen erhalten haben. So trennte man den gott von seinem
fetisch, den Übergang bildete vielleicht die Vorstellung von einem
Schlangenkönige, wie die inder einen solchen kennen , bei den
deutschen ist's eine Schlangenkönigin. Wenn Asklepios die
Schlange speisend und tränkend dargestellt wird, so ist er es
jetzt, der das lebenskraut, den lebenstrank der früheren inha-
berin mitzutheilen die macht hat. In solcher macht heisst er
als der kraftspender die kraft selber — ^laxvs — der später
zu seinem vater erhoben und noch später als solcher durch
ApoUon verdrängt wurde.
An den lebenstrank knüpft sich die kur durch tränke, wie
an die noa die kräuterkur. Später wurde auch die luftkur
herangezogen, und so hiess Asklepios dyXaöfvrig und alykatjg.
Das sind natürlich jüngere namen, die erst entstehen konnten,
als sich zunehmende ärztliche einsieht bei den Asklepiaden
entwickelte.
Die heimath des Asklepiosdienstes war Trikka am Lethaios
„^y* w 6 l^axkTjTViog Xiyerai* yevvrjd^vaL^^ Strabo 647. Dort
in seiner ursprünglichen gestalt als Schlangendämon gehört er
zu den lokalen höhlengeistern, über welche Rohde's Psyche so
viel licht verbreitet hat. Schon als schlänge gehört er in die
unterweit, daher heisst es, Zeus habe ihn mit dem blitz er-
schlagen mit der neuen motivierung, weil er gegen die weltord-
nung todte erweckt habe. ApoUon verlässt in folge davon den
Olymp, d. h. er geht als Ischys in die unterweit. Von Trikka
aus hat sich der Asklepiosdienst über ganz Griechenland ver-
breitet, und auf dieser Wanderung die spuren des alten höhlen-
kults fast völlig abgestreift. Asklepios vnirde der göttliche
patron der heilkunst.
Vom epos wurde Asklepios und sein geschleoht heroisiert
und vermenschlicht: Podaleirios und Machaon sind als söhne
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AsklepioB und die heilschlange. 323
des untadligen antesror Ilion als ante thätig, ron ihrer
dämoniBchen natur keine spur. Überhaupt konnte das epoe
die alten höhlengötter als solche nicht brauchen, es hat feie
durchweg in beiden der vorzeit umgewandelt: so wurde der
Zeus Trophonios von Lebadeia zum tiefbaumeister, die Dios-
kuren von Sparta, die Molionen von Elis, Amphiaraos von Oro-
pos waren ursprünglich an ort und stelle hochTerehrte dämonen,
im epos sind sie blosse heroen, auch Odysseus gehört hierher
als inhaber eines Orakels in Aetolien nach Aristoteles frg. bist.
Oraec. II 147. 131.
Walsrode im october 1901. A. Fick.
Lat. umbra.
Lat plüma, lit. plünksna, ^^feder^S la.t. umbra, lit unkma
,,schatten^* ; ksL tUro „tagesanbruch^S goi ahtvö, lit. ükaa.
J. Schmidt Kritik der sonantentheorie s. 107 giebt die
schöne vergleichung und erklärung: „Lat. pluma aus ^pluxma
oder plunxma : lit. plünksna feder vielleicht aus *plunksna
(vgl. vandens aus vadens, got. vatins) zu abd. fliogan'^. Ich
nehme das thatsächliche hiervon durchaus aui und sehe
^plunksmna als grundform von pluma und plünksna an.
Diese etymologie führt auf eine neue erklärung von lat.
umbra, an dem man sich so oft vergeblich versucht hat Von
den beiden erklärungen Bezzenberger's (o. I, 342 zu ai.
ancßiäs »»blind'S o. V, 1Ü4 zu ovoq y,iiA traum^') ^) nehme ich
soviel an, dass ich br auch aus er entstehen lasse. Bedenken
wir noch, dass neben r- sehr oft n-suffixe liegen (s. J. Schmidt
Neutra 172 ff. Johansson Beitr. z. gr. sprachk. Iff., o.
XVin 1 ff. •)), wird die vergleichung von umbra mit lit. unksna
„schatten'' tadellos erscheinen. Auch hier gehört der guttural
1) Stell H. Gr. I. 2. S26 vermischt beide: y^umbra aas amra
ai. amdh4-*% woför er allein verantwortlich bleibt.
2) 8. 84 dieses aufsatzes wird fiezzenberger's vergleichung mit
OVOQ modifioiert angenommen. Aber gegensatz zu or-a^ ist Ijn-a^.
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324 W. Prellwitz Lat umbra.
zur Wurzel. Denn als solche ist für das litauische wort bereits
die von ükstos „es wird trüb wetter^* erkannt ^), das weiter zu
got. ühtvö „morgendämmerung" gehört. Die bisherigen Zu-
sammenstellungen Ton ühtvo mit anksti „frühes ai. akiä, lat.
nox, vi^ u. s. w. (s. J. Schmidt Neutra 212 ff., kritik der so-
nantentheorie 153) lehne ich alle eben des lit. aücsla wegen ab.
Auch dass got. ühtvo einen nasal Terloren habe, lässt sich nicht
mehr mit Sicherheit behaupten. — Zwar Szyrwids unksna könnte
für ^anksna stehen, wie Nesselmann richtig bemerkt, aber ükda,
apstüksta „der himmel bezieht sich mit wolken^S ükas „dunst,
nebel, trübe wolken^S iikana trübes wetter, üzüksmis „vor wetter
geschützter ort** zeigen, dass der wurzel ü zukommt Und
Mezinis, der anksti mit a schreibt, hat s. 262 neben uismS
und pauksmis auch paunkmüy wenn er auch das einfache
unksna nicht kennt. Also hat unhma altes, echtes u. Auch
ksl. utro „tagesanbruch** dürfte hierhergehören; denn es kann
für *üktro stehen und gleich got. ühtvö eigl „dämmerung**
bedeutet haben. Schon Berneker IF. X, 156 erklärt es für
nötig, dies wort und seine verwandten (Miklosich Vgl. wb. 373)
von ^log zu trennen, und hier zeigt sich uns der richtige weg
der erklärung. Brugmanns Zusammenstellung mit ß$, u
'schon' (Grdr. 2. 186) erschien auch Berneker nur als not-
behelf.
Mit unksna das gleichbedeutende lat. umbra vergleichen
heisst also für dieses *unxra als grundform ansetzen. Aus
dieser müsste *unsra, *unßra, *unfra, utnbra geworden sein.
Über sr zu fr-, -br- s. Fröhde o. XVI, 207.
Ich sehe nichts, was dieser erklärung entgegenstünde.
Dass die wurzel ük^ unk sonst im Lateinischen gar nicht be-
legt ist, darf nicht dagegen geltend gemacht werden, da umbra
in jedem falle isoliert dasteht. Umbria das „schattenland'S
ähnlich benannt wie das Ühtland in der Schweiz oder wie
Austria, hat seinen namen offenbar von den südlicheren La*
tinern erhalten.
1) Berneker Die preass. spr. s. 280; er schreibt fälschlich ikkiia
und behält die vergleichung mit anksÜ bei. Eine Vereinigung mit ikku,
aquüus^ anksti wäre aber höchstens möglich, wenn man neben ük ein
9uk- ak : Uk annehmen will, wofür sonst kein anhält besteht. Denn
avxr^X^' %fog vno Tuq{q)fiviSv bei Hesyohius kann daför nicht gelten.
Königsberg i. Pr. Mittelhufen. W. PreUtcüz.
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W. Prellwitz Anzeige. 325
J. Yalaori. Der delphische dialect Göttingen Vandenhoeck
und Ruprecht 1901. 83 8. 8"". 2.60 M.
Nachdem J. Baunack's ausgäbe der delphischen inschriften
in der Sammlung der griechischen dialect-inschriften fertig gestellt
war, lag es nahe, den delphischen dialect einer zusammenhängen-
den darstellung zu unterziehen.
Die vorliegende arbeit will ein bild der lautentwickelung und
der flezionsgeechichte entwerfen. Sie giebt geordnet in der üb-
lichen weise eine Übersicht über das materiad, die dem kenner
ähnlicher arbeiten wohl nützlich sein kann. Im übrigen muss darauf
aufinerksam gemacht werden, dass V. ganz nach der Schablone
arbeitet» und dass seine infolge allzugrosser kürze oft undeutlichen
behauptungen nicht wortlich zu nehmen sind. Das zeigt gleich
der erste satz: 1. ,^a entspricht einem attischen fi^'. Nichts kann
unrichtiger sein, und der vf. meint das auch gar nicht» will viel-
mehr nur sagen, dass im delph. dialect bisweilen da a erscheint,
wo im Attischen e steht. Einen lautlichen Übergang von a zu
e nimmt er wohl selbst in keinem der fälle an. So verträgt sich
mit dieser ersten behauptung auch die scheinbar widersprechende
zweite: „a entspricht einem att o''. In diesem stil wird die
ganze lautlehre abgethan. Ich habe in dem Jahresbericht über
die griechische dialectforschung (Bursian's jahresber. bd. 106.
S. 99) eine andere nicht so äusserlich schablonenmässige behand-
lung vorgeschlagen und erlaube mir den herm vf . darauf hinzu-
weisen. Es ist durchaus nötig, dass zunächst in den fachschriften
die fortschritte der Sprachwissenschaft wirklich durchdringen. Ist
es denn nicht gradezu traurig, wenn ein schüler Job. Schmidt's
in einer diesem meister gewidmeten sprachwissenschaftlichen arbeit
über ^AftiXkunf zu IdnoXhaif unter dem Vordersätze „£ entspricht
einem att. o^' handelt» obwohl er nachher selbst erklärt, „das o
gegenüber dem e ist unursprüDglich'M Soll man sich dann noch
darüber wundem, wenn die nichtfachleute über jene äusserliche
beurteilung nicht hinauskommen? So verteidigt im Bull, de corr.
heU. XXIV, 1900. 241 J. Demargne kret ßUtwi (— ßi6%(fi)
mit dem hinweis auf ^uiniXhav : ^SkTtdUxar und ein deutscher
Philologe von unzweifelhaften Verdiensten wie Hiller von Gärt-
ringen druckt so etwas nach (Hermes 1901. Bd. 36. S. 453)1
Offenbar befriedigt es ihn nicht» aber die Sprachwissenschaft hat
dafür zu sorgen, dass solche ganz oberflächlichen vergleichungen
überhaupt verschwinden.
Wenn man nichts besseres beizubringen wüsste, bliebe die
neue kretische form völlig unklar, ja man müsste sie für einen
Schreibfehler halten. Eine lautliche parallele dafür könnte man
höchstens in thess. du •- öia oder amorg. Jtevvaui finden, die
aber an sich auch unklar sind, also nichts erklären können.
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326 W. Prollwite
Vgl. O. Hoffmann Die griech. dialekte m, 256. Dagegen die
wortbildungslehre wirft ein helles licht auf unser kret ßierog.
Indem ich auf meine auseinanderseicung o. 25. 281 f. wweise,
führe ich hier nur olxitrjg neben dfjfji6%rjq^ epidaurisoh ^^Cioiog
und ^u^^oaiog an. So stehen ßierog und ßioxog als ableitungen
neben den Stammformen ßio-^ ßU- ^). Vgl. auch leyofMiif JiiyeTS.
Doch kehren wir wieder zur behaodlung des ddiphiKshen
dialeoto durch Valaori, speciell seintt: ausananderaetcung über
^^TteXlwv lATtoXkütv zurück. Er fährt als beleg dar enterea
form nur den monatsnamen '^fteXiMog an, den er in der her-
gebrachten weise von ^^TteXlwv ableitet Aber gerade die dd-
phische Labyadeninachiift sollte uns jetzt riditiger orteifan lehren.
So gut wie die «brc^JUrla, opfertierspenden sur itüiXu, der Ver-
sammlung der phratrie, kann auch der mooat nmck diesen in ihm
abg^ialtenen ^^Ttilkai. b^iannt sein. Dann erklärt sich aiidi die
Wortbildung, die bei ableitung von 'jiftüiAav unTerstandfich ist^
und es passt sehr gut dazu, dass der ^^dneUmog der erste sMnat
der ersten ^ifirp^og ist. Batmaok setzt dies in der aiimerkiuig
zur Labyadeninscluift alles auseinander, ja nur «ines haares breite
ll^lt ihm bis zur richtigen erkenatnis, wenn er sagt: ,,Das haupt-
fest waren die ^^ftellaiz es hat eben davon seinen namen, dass
im monat ^uäiteklaiog die verschiedenen fJumtrieen gleidbxeitig
ditelXag abhielten*'. afCBkloi^Biv ist nicht bloss, wie B. sagt, aus
den grammatikern bekannt, sondern vor allem aus der ^//i^a des
Lycurg (Plut c. 6), jedenfalls vor dem verdacht, von ^.AwäiXmf
heTBukemmen, sicher. Überhaupt, wo wird jemals ein fest nach
dem monat imd nicht viel mehr umgekehrt der monat nach fleinem
hanptfest benannt? Hierfür bietet der anfang des vierten teils
der Labyadeninschrift den besten beleg : legehnässige festachmause
sollen sein ^^niiXai xal BovKavia^ Bi^Sse, JmgdmpAoiaj Hot-
vganta x«rt ^aq>^[a x]ttt Beo^ena . . . . »m Gk^^anlci«
1) Vorausgesetst wird dabei, dass die kret. intchrtft ah ein eiaiger-
massen suverlässiges zengnis der mundart gelten kann. Hiller v. G.
nimmt ihr diese eigenschaft zwar, indem er aicv xata ifitifioa[v\vttiß ak
zeichen von „unconseqaentem dorismas*' aaffasst. Er scheint das wert
n&mlich von (^^i/uf?, dor. tpafia abzaleiten, während es doch ohne zweifei
» iipifiaavva — hom. iiffiftitffuinj (von triui, V^tf«l) ist. Bemerkeaswert
ist die bebandlang der zusammenstosseaaen vocale, for die man «lisiaa
des ff von xatd erwartet. Sie erinnert an neugr.^a ^x'^ssS-ä ij^m (Thnmb
Nengr. volksspr. § 10).
Die ganze inschrift lautet (nach Hiller von Grärtringen) :
[TXfUiiov Jio]
[v]v[d]os r^^«*]
ävxop,
JSoH, KwtaQtoaup&t KvHbh^ gyno» ayaJLfia
T/juoim fOToaev 0ap xaTa(prifiiMr[v}vaPf
avixa ol xara ri;xm dii[ipQ]ttd€s, el xcv Iv ladlm
[ix ;|f]ailcm»i; piirm ordi xal [iv ^v^tm.
ZiP&€fl9t 0
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Anzeige. 327
und dieeen festen entaprechen skdMr die delphischen atonatsnemen
BovxaTiog, ^HQaioQy Jaida<pcQiog, Ilou^xiog^ Sso^Ptog und
'fijpcbcAno^ und der ätolische AatpQiixioq 1902 i, der phokische
jiatpQi;og 1728», 1877 s* Also wird auch der ^^ftillkaioq nach
den ^AftiUjH benannt sein, ebenso der '^7tB)Jkaiw¥ in IWios
(Kewton Ans. imcriptions of the Brit Mus. nr. 377, 15) i). Das
neue buch über den delphischen dialect beehrt uns hierüber
nicht, die ^ ArciXXai findet man darin übeihaupt nicht, die
aneXkaia oder aniXkaia ninr als „spenden" s. 79 unter den ganz
dürftigtti lezicalisobea notizen s. 79 erwähnt. Allerdings haben
die Delfrfiier selbst in spaterer zeit den ^ AitikiMog fiijp auf
ihxen gott bezogen, wie der nur einmal vorkommende fn^y \An6k-
havog (laSl) zu lehren scheint. (8. Bischoff Ldp. stud. VII, 363).
Auch in XdXeiov finden wir einen ^An:eXldios (1927») und
eiaen fiijv ^jdm>khm/og (2300 s). Hier fehlt es an sicherer er-
kennlnis, noch mehr im folgenden punkte.
Was f»r ein fest waren die üoivgomia? Nun, da der
II&i9^7Hog in den december/januar fallt, feierte man offenbar die
T^e^vai j^ipte^vaL in ihm, die „zukehrung*' der sonne. Aber
wenn das richtig, was mag wohl der ^ Evivo7tm.€Q67tiog der
andern Jahreshälfte sein, der in den april/mai fallt? Ich vermag
das ratsel nidit zu losen, glaube aber auch nichts dass Usener
(Qotternamen s. 79) es gelöst hat >). D^ herr vf. aber leugnet
diesen monat überhaupt, indem er Johannes Schmidt 's (KZ.
XXXIII, 394) Vermutung folgt, der aus y^f^og Mvg IZoiTQO-
Ttiov*' „delphisch Mvg innerhalb" entnahm. Aber wie d^ikt V.
sich ^^ivdvg mit dem dativ noi%qoniiaC'\ wie er selbst s. 25
citirt? Dass ein lehrbuch über den delphischen dialect diesen monat
ohae jedes weitere wort der aufklarung aus der weit schafft, ist
denn doch erstaunlidi.
Das umfangreiche material ist eben gar nicht ausgenutzt
Auch die sprachwissenschaftliche litteratur wird zwar öfters citirt^
aber es fehlt dem vf. nicht nur an eignem urteil, sondern auch
an beherrschung der deutschen spräche. Besonders da , wo er
1) Aach Idn^llä^ uiniXliig^ ^AniXUxoi a. ä. wird man nan eher auf
den yinüXaiog beziehen mikiBen, was schon Bechtel-Fick Gr. Personen-
namen B. 64 als möglich erklären. Die belege für das e von IdndXwfif
schwingen also sehr zusammen.
2) Usener stellt *JEv^vs » t^v^og. Eher ist cfvycu, fv^vatg' nimi*-
dvaiQ (Hes.) oder Sva- in dem ersten teil za saohen wie vielleicht auch
in dvotQog' vnh Max^dovwv urjv (Hes.). Dann müsste man eine ver-
Schiebung des monats von der Sommersonnenwende annehmen. Oder
sollten ^EifSv0non^nm die wendang der sonne znr vollen sommerkraft
feiern? Dann wäre an nt^iSvaai' mqiSvvttaai (Hes.) y^deva^ du „stark
sein" in Svpofiai (Fick Vgl. wb. ^ I 457) and zwar an ein warzelneatrum
<fva- zn denken.
Jedenfalls hat der noiT(^7nos 6 deuzeQos in nro. 2090 (der zeit
nach identisch mit 2176), 2161, der ebenso wie der noiTQoniog 6 n^a-
to£ in der ersten Jahreshälfte und wohl nur im Schaltjahr vorkommt,
mit dem ^EnfSvOnontqoniog nichts zu thun.
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328 W. Prellwitz Anzeige.
eigene ansichten darzulegen versucht, macht sieh dieser doppelte
mangel peinlich fühlbar.
Seine darlegung über elgijva elgdva, die gut die hälfte einer
Seite einnimmt, schliesst mit der denkwürdigen erklärung, dass
(nach Kretschmerl) hier ein Wechsel von ä mit € vorliege, aber
jedenfalls das rj noch nicht klar sei. Danach hat er die vorher
citierten bemühungen der andern gelehrten, das, wie er selbst lehrt,
jüngere ä zu erklären (denn rj ist neben ^^VQa^ aY^rpca^ att. ä^mj
natürlich), offenbar gar nicht verstanden. 8. s. 9.
Dass strittige punkte, auffallende erscheinungen wie tj neben
€1 aus ersatzdehnung ^) klar hervorgehoben, die verschiedenen
Zeiten angehörigen quellen auseinander gehalten werden, ist da-
nach nicht zu erwarten, öfters finden sich ganz verschieden zu
beurteilende dinge nebeneinander oder nicht zur sache gehöriges
herbeigezogen. Dass dies urteil z. t. noch nicht scharf genug ist^
wird folgendes lehren. S. 39. § 28 absatz 4, der über „yX für
xl" (richtiger wäre ^ zu yX) handelt, heisst es: „Statt iy Aa-
ßvadäy will Baunack (Verbess. u. nachtr. zu den delph. inschr.
p. 957) fy uio9Q(jSv". Zur sache gehört das ja zwar gar nicht»
immerhin aber staunen wir über dUe kühnheit solchen woUens,
sehen nach und finden: Baunack verbessert nachträglich einen
druckfehler seiner eigenen anmerkung, wo der setzer statt des
unbekannteren koppa ein phei angebracht hat, V. aber fasst dies
als änderung im text des Steines auf.
Die 3. sg. impf, von elfÄi heisst in den tempelrechnungen
aus der zeit Alexanders (nro. 2502 Bss) echt dorisch ^g, in
einer freilassungsurkunde viel späterer zeit (182 v. Chr. nro. 2061 4)
kommt ^v vor. Dies ist natürlich aus der Umgangssprache ein-
gedrungen, y. aber erklärt jenes altdorische ^g s. 41 § 29 als
ergebnis einer assimilation eines auslautendem v an anlautendes
a. Und doch folgt auf ^g an jener stelle eine pause und dann
vocalischer anlaut: ^Etv^civdagl
Man sieht, die bahn für eine wissenschaftliche behandlung
des delphischen dialectes ist noch frei. Eine sehr dankenswerte
Zusammenstellung des materials bietet jetzt Dr. Carl Wendel
in seinem „Wortregister zu den inschriften von Delphi''
in der Sammlung der griechischen dialect-inschriften bd. IV. IL 2,
worauf ausdrücUich aufmerksam zu machen ich nicht unterlassen
wül.
1) S. 15, ^00^ (vgl. 8. 76) wird hier ganz übergangen.
Königsberg i. Pr. Mittelhufen.
W. IVeUwitz.
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329
Register.
I. Sachregister.
Ablaut: sparen alten declinations-
abknts in den g riech, stamm-
namen 243. Ursprüngliche ab-
stnfonff der n- stamme im Lat.
195; der participia auf -ni 181,
der partioipia auf 'fnefw (lat.
mino) zu mno 202 ff., lat. -iero-
zxL 'tro- 212 f.
Accent: eine spur des idg. sats-a.
153; betontes idg. esn (2. sg. zu
Mint) wechselt mit enklitischem
Mt 86. a.-wecbsel zwischen einem
oxytonirten ethnioon und dem
gleichlautenden indiyidualnamen
257; zur betonung der lit. verba
auf - ttf 178 n. Wirkung des a.
bei der lat. vocalsynkope 204 f.
Com Position: kürzungdes zweiten
gliedes von Zusammensetzungen
113. Vgl. eigennamen u. stamm-
bildung.
Gonju^ation: Bildung der inten-
siva im Orieeh. und Sanskrit
282. Die endunff der 1. sg. prs.
ö aus öu entstanden 153; diegot.
endungen auf -au, -dau, ndau :
skr. tu, niu »■ tot, tUai : ti, tdi
158, die lit. endung -du 153|
skr. dadaA u. ä. 154. — Das
dorische futurum gleich dem
litauischen 169ff. (anders noch
s. 84). Das lit. futurum in den
dialecten 174, formen ohne t 177;
die lit. conj. klasse der verba
auf -M«, eÜ ist gleich der g r. von
iftliw, ipdfiam 172 ff., der lit.
Optativ in den dialecten 174 n., in
alten texten 175, sein Ursprung
176. Bildung des sigmatischen
aorists, bes. der aoriste auf -(taa
soff., die conj. der verba con-
tracta imThess. zunächst gleich
der gemeingriechischen, dann all-
mählich in die fct-conj. überge-
führt 117. — Das i im imperf.
der lat. 3. com. 271. — Lit.
neubildungen auf grund einzelner
conjugationsformen 177. — Der
lett. debitiv eigl. ein infinitiv 68,
der infolge des zusammen^llens
mit der 8. pers. sg. ind. bei den
thematischen verben durch diese
verdrängt wurde 70.
Consonanten: behandlung zweier
aufeinanderfolgenden,ursprünglich
mit 9' anlautenden Silben im
G riech. 282. — Aspirata för
tenuis neben v in griech. dia-
lecten 284, tenuis m aspirata in
der nähe von fi, ^* 285; ver-
schiedener Ursprung von aa und
dem entsprechend verschiedene
behandlung 28 f., bes. im Kre-
tischen 34. Thessal. aa far
<rt vor vocal 122; thess. <f far C
118, V i(piXxu<rTM6v im Alt-
thessal. 118. Aul. a neben an-
lautendem ^f 114. — Lat anl.
/* aus anl. gh 184 ff., I- aus hl-
139 f. 142, ffr, gl aus idg. gkr,
ghl 141 ; idg. gh wird inlautend
nach kurzem betontem vocal zu
h 129 ff. nach langem vocal und
unbetontem kurzen zu g 131 ff.;
idg. Ikt zu lat. U 208, lat. let
durch Synkope entstanden 208;
lat. hi zu tf 207, -«r- zu -hr- 824.
Declination: zur decl. einsilbiger
Wurzelneutra im Idg. 225 ff. —
Instr. sg. der ä-stämme auf -3it 311.
Dat. plur. der 3. decl. im Griech.
35, altthessal. <r» neben jfln-
gerem -€(r<rt 118; gen. auf -c» von
nominativen auf f^g im Milesi-
schen 278. — Ursprung der lat.
5. d. 266, Verwandtschaft zwischen
ie und t-stämmen, Vermischung
mit tS- Stämmen 266 ff. casosbil-
dung der 5. decl. 274 ff. — Ver-
wandlung der feminina auf -f in
solche auf -is, wodurch im Lat.
und Germ, übergan^f der a^jec-
tiva auf -im in die t-decl. veran-
lasst wird 274 f.
1I«HtIs« I. kniA« a. 1n<lg. timelMO. XXYU.
22
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330
Register.
Dialecte. Zam lesbiscben d.
281 ff., zum arkadischen 283ff.
zum thessalischen 280f.; zar
Stellung des boeotischen d.
257; yerbindunff von Thessalien,
Enboea und Osthellas 257. Reste
ionischen d. in den inschriften
von Magnesia a. M., besonders
in den ausdrücken des katasters
278 f. Geschichtlicher hinterffrund
der grundungssage von Pholcaea
123 ff. — Yergleich des Alt-
slovenisohen mit den heutigen
bulgarischen mundarten 165.
Die mundart der' slavenapostel
sfidostmacedonisch 166.
Eigennamen: Über iranische
e. 74, neue griechische e. auf
den inschriften von Magnesia a. M.
287, vater und söhn führen voll-
namen, in denen ein dement
gleich ist 288, namengebung nach
göttem 288, beroen 289, histori-
schen personen 289, nach tieren
289 f. — Über einige griech. e.
120 ff. Kosenamen neben voll-
namen 111, 234, 249, gekappte
kosenamen 111, 113, 262, ein-
stämmige 149. 288. Spitznamen
von personen 290, Spottnamen der
Nordgriechen 249. Ethnica ge-
bildet wie Personennamen 233 ff.,
kürzung zweistammiger völker-
namen 124. 244. 258. 260. 262. —
Zu den griechischen Ortsnamen
183 ff.
Ethnica: s. eigennamen.
Etrusker: eigennamen der E. auf
'tru und tur *=» gr. -dtogos 48 ff.,
bes. 55. — Etr. Wechsel von
au und a 56, von tenues und
aspiratae 53. Svarabhaktivocale
54. Bemerkungen zu den e. in-
schriften 63 ff. ; zu den ersten
werten der grossen campano-e.
inschrift 154 ff.
Homer: An das ursprüngliche ge-
dieht vom zom des Achill schloss
sich zunächst eine erweiterung,
dann eine erbreiternng 1. Die
versabzählung ein mittel zur fest-
Stellung des urspr. umfangs dieser
teile 2 ff.
Inschriften: bemerkungen und
ergänzungen zu den inschriften
aus Magnesia a. M. im thessal.
lesb. und arkadischen dialekt
280ff., 291, zu den altkorinthi-
schen 110 f., zu den i. von
Amorgos 118, zu thessali-
schen 116 ff., zu metrischen
griech. i., deren verse entstellt
sind 120 f. Eine kretische i. 826.
Lehnwörter: griechische 1. im
Lateinischen und Oskischen 196,
polnische im Litauischen 175 n.,
lettische im Litauischen 167.
Lykisch: Wahrscheinlichkeit indo-
germanischer herkunft des L.
299 f. Endung der 1. pers. sg.
auf 'U 296 f., das pron. pers. der
1. pers. omu und mu 294 ff.
Präsensflexion 800.
Monatsnamen: die griech. m. von
von festen hergeleitet 825 ff.
Mythologie: Asklepios eigl. eine
heilschlange 819 ff.; über die heil-
kraft der schlangen 313 ff.; heimat
des Asklepiosdienstes 322 f.
Ortsnamen s. eigennamen.
Präfixe: vor consonantischem an-
laut l a t. r«-, nicht red- 800 ff. Die
Verdoppelung des folgenden con-
sonanten folge von syncope des
reduplicationsvocals 300 ff. (anders
211 n. 4).
Rigveda: alter und heimat des R.
145 ff., iranische spuren im R.
s. 76 ff., bes. 80. 100. 103. R.
I, 53 s. 77 f.; I, 80, 12 s. 10! f.;
I, 103, 8, s. 103; 116, 24 s. 78 f.;
117, 4 s. 79; 122, 3 s. 104; n,
7, 1 s. 79; 30, 2 s. 106; 31, 3
s. 81; IV, 5, 12 s. 106; 33, 7 s.
81 ff.; V, 43. 13 s. 83 f.; VI, 75, 1
s. 85; VII, 83, 2 s. 89 ff.; VIII, 17
s. 92 f.; IX, 10, 8 s. 93; X, 83, 3
s. 107 ff., 40, 1 s. 94, 61, 16, s.
95 f., 61, 16 s. 95 f., 68, 1 s. 96f.,
72, 8, 9 s. 99, 77, 2 s. 108 f., 89,
18 s. 100, 105, 7 s. 100 f.
Stamm bildung: wurzelstämme auf
ei, eu 267 f., abgeleitete nominale
Stämme auf ei, i (io) 268, verbale
269 ff.; nomina auf «, 9t, i neben
verbis auf ejfo 270; das -ä und -i
der Verbalstämme identisch mit
dem -ä und -9 der femininen sub-
stantiva 271 ; lo und i nach langer
Wurzelsilbe neben io und ^ nach
kurzer Wurzelsilbe bei den to-
verben im Germanischen und
Lateinischen (vollstufe des
Suffixes ist, ei, ei) 272 f. Übergang
von o- in »-stamme in der oompo-
sition im Lateinischen 217.
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331
Suffixe : Idg. r- and n-saffixe neben-
einander 828, grriech. -w 288, -<faiy
242, -<rra 242; etnica anf -xog im
Nordgriech. 252. 257, ckw, -omo^
neben -o>y, • ovog 255; nominative anf
'Wf aas dem sen. plar. entstanden
256. 259, auf 'äaxog^ -fj<nog aus
dem loc. plur. anf -Äfft, fiai 259,
auf -«o( aus dem loo. auf -i 259,
auf 'ds, ddog aus ad?erbien auf
-<K<fc, ffffijt^ 261 auf -cvc Ton loc.
auf 171/ , eu 260. Von Ortsnamen
anf -CMC wird das ethnioon nicht
weiter auf -€«€i;f, sondern nur
anf ivi gebildet 260, s. -i/ifog, lat.
miM, tdnus bei stoffadjecti?en 191,
lat. sU 216, 2mm neben i^n^tft 222,
-«2^, sMm, 0^, d0cM 201; lit
maeculina auf \na$ neben fem.
auf '€ 187.
Synkope: s. vocale.
Syntax: zur s. des infinitivs und
debitivs im Lettischen 66. 71 f.
Vocale: Behandlung auslautender,
gestossen betonter langdiphthonge
im Idg. 152 ; Wechsel von 0 und « in
der Wortbildung 826; von o und
V in epirotiscben namen 246 f.;
lat. anl. loi- wurde zu /«, bevor
der wandel von ot zu oa, 1« be-
ffann 188. — Vocalsyncope im
Lateinischen 186 ff., im Oskischen
und Umbrischen 196, einfluss des
folgenden vocals ist dabei nicht
nachzuweisen 196; die erhaltung
des vocals erklärt aus den Wir-
kungen der analogie in wori-
gruppen 199. 205. 209. Die syn-
oope unterbleibt zwischen m'n
und fi-m 202 f. — Zweierlei halb-
vocale in der slavischen Ursprache:
geschwächte vor silben mit voU-
lautendem vocal oder stärkerem
halbvocal, stärkere vor silben mit
geschwächten halbvocalen 168.
Wortbildung: ursprl. selbstän-
dige Wörter als suffixe: ^a^pw
288 ff. 286, -on, -wi, -wio 288 ff.
w. durch hypostase in lat pn-
m«r$9 46 ff.
Sanskrit.
akU^ 824
akrd 108
ägohya 88
dnla 224 n.
dnH 224 n.
aridhmy<u 77
änoi 238
aorkd 81
iffiati 112
Uta 178
üU 288
M 208 n.
ika 166 f.
ksmmn^ta 168
kfüi 210
jätubharman 108
fimuta 85 f.
tarfdjfoH 204
iiräs 224 n.
dhrajaU 130
fiahi 185
nipuifa 224
mbhanedkifiha 94
paSieatha 204
pat^ 224
II. Wortregister.
para 227 f.
param 228
pdri 228
panU 226
pars 227
pdrena 226
parvan 224 n.
para 228
pM 208
purä» 227
parva 227
pro- 226
prathama 227
j9ravaiki 226
prätdr 227
pr5nto 228
p/Oan 129
barhäyaÜ 204
5A4;a<t 168
bhanäkti 168
5Atir<lfe' 188
5Aö'rt 188
mäyä 810 n.
mekfayoH 210
rai^ifo 109
r^o^' 142
rif 267
rtflSiia« 98
r/ib» 106 f.
vdyaii 178
oavotf 178
vaaarhd 104
v9r<M 194 n.
v^ai 101 f.
vy«jiira 224
ffraaa 191 n.
foiiMa 204
fifnd 107
^sf ^ 80
«^a 105
»varu 195 n.
«vmI 268
Am 142
Iranisch. fAvestisch
unbezeicnnet.)
kathwa 75
Kannadoxta Ib
bibl. KapkÜMr 75
Aora 74
pers. kUhnak 108
jaidhydimi 250
ap. Tavvo^d^xfis 105
^oro 224 n.
22*
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832
r.
denana 226
nigraire 270
mnäna 226
ap. paruviyatah 227
paro 227
JIo/na^4^(frig 75
p§r«tu 222 D. 228
fttitri 188
opers. berf 102
maühman 268
ap. oasroAa 104
va>Va 101
t7i/V*a 101
np. rÄ 107
bosporan. Zarvqog 74
«Aö^* 216
ap. «Atyöh* 216
«ibyaoma 149
Skythisch.
KaQfATtaXovx 74
Armenisch.
zinel 106
Griechisch.
::^^a; 254
aßlfiqofp (Hes.) 45
thess. ayy^aiv 291
jiyXavQÖg 112
^i/^fo» 250
;</e</4oy£( (Hes.) 250
:<^y^Mcycc u. ä. 288 f.
maked. jiiqomg a. ä. 288
cccyfvcff (Hes.) 186
"Aiäv^g 287
epidaur. jiUato^t Idti-
atog 826
"A&afiäv€g 284
At^ixig 241
At&ion€g 264
cjixii 282. 240
Affioveg 251
AtfiwCa 278
AhUtvit a. ä. 285
^/oJlMreif 254
aroZof 240
uXnoXog 208
maked. At^nog 289
aia&avo/iMi 205
ion. Atax^aog 285
aArcroi 282. 240
c^ac 288
wlfrftiitoff 249
^xaDvarec 235
«jf/w^y 811
dxfifjvog 811
*AxQaüpiov 285
Ifjrrflcroc 258
l^liTTi;; 249
JdfJlJUa; 288
maked. uHfitmeg 288
oAi/C« (Hes.) 285
:<Ai;C£Mr 285
thess. uifjieüraag 122
jifjivuvot 248. 245
"AfAvfiovsg 243
*4fMpunv<yvBg n. a. 242
Ifyoyv^a(rM>c 259
itfyajrar« 118
dvttxaiov 118
ttvd-Qmnog 289
««ra 224 n.
ihr/ 224 n.
!:^oye; 288. 286. 255
tnaxiwß 288
boeot. a9r£a^€(/)oiTc;
151 n.
dor. cJ^rcUixCc^v 826
delph. Unaitu 826
delph. :^;reJlAaro; 826 f.
ten. :^;rclAaMry 827
^AniXltttP 826
uinegayroi 250
dniQ€iöu>g 228
dntivqa 145
!^7r/a 262
UniSopfitg 262
^AniSoveg 262
^AnoSiowot 249
anqoxtuaarog 806
'AQydiig 260
*u^^öla; 259
^A^olCg 260
^A^og UiXaayucov 251
'A^ddtg 284. 261
"AQxaa^rig 260
dQxiaaai 261
*AQXTävtg 284
'^^«»o; 249
«^17; 267
'u^ff/yij 285
thess. ^AaxaXaniog 819
hermion. *AaxaXäg 809
kret. *AaxaXni6g 820
*AaxXäg 819
"AaxXfinäg 819
'u^<rxli77rio; 319 f.
acrcroy 240
daxi^viqog 288
*u^T^^ff 258. 268
*AtiVTdv€g 284
*^TTMro; 258
at/Jli7^oy 45
Ai^aCa 111
ovo; 282
ce^oxa^yof (Hes.) 285
avrofcaroc 812
'AxM^og 240
a;^f^/ff 197
ffjlf^v 185
«j^ip'/a 185
oV«^f (Hes.) 116
dyjfHpimf (Hes.) 116
"A^fiifng 116
*A\ffi<püinf 116
i9aJUa> 270
BcA<y)o/ 254
kret. /fi^OM 825
ßXrixQog 188
ßofi&6g 118
BoMvro^ 257
delph. BotnMXTfa 827
ßovx6Xog 206
/ie<;r« i36
B^MK^WV 4
Beo^o/ 185
yiivofuu 274
ycyc« 274 n.
/lEycttiOi u. ä. 246
yjla^i;^; 141
Ti^a^^ 256
y^ixc( 256
ripatȣc 256
Tj^uro/ 256
yQuOttg 141
Ti^o» 256
Tj^craii' 289 f.
y^i^cu 141
delph. Aifdufpo^tog 827
fra>af 167
^ff/u^a 111
lak. /^a/4o/a 112
Aavaoi 261
«Toyiiff (Hes.) 261
maked. ^aQvXXog 238
dixofitti 188
<r^JLU^c; 191
deanoTTig 267 f.
iTci;« 167
^ixouai 188
<fi}^of 194 u. D.
<fMK/yai 167
iuifineQig 228
duinQvatav 228
AMaarai 242
AuiatßWf 110
aeol. dawa^i 282
boeot.ff «c(r(r<£l^£««€ 1 51n.
Ao€a<n6g 246. 247
AoXomg 288
(foiio( 225
AöQvaaog 113
AQvo7i€g 288
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383
Jvicrat 246. 247
zfvfjiävtg 286
jiwvetrTvoi 246
^togts u. ä. 288
*EyyeXaveg 284
"^en^ 242
"^yjxTi^ytff 266
'^/cli^ycc n. ä. 234
iyj^Qovm 142
"E&viinai 261
€l 86
dor. cfxM 282
"EstvoiAog 188
jElc^^cuff 267
'EXXrpftg Q. a. 289
'SJUo;r£c u. a. 289
iJUoi// 289
ifiTtä 144
Hftnäv 144
;^;r£;, ;/U7ra((?} 144
I/U7ri7f 142
HvSov 226
delph. ^ Evdvanotfgonu)^
827
Irij^C 238
thesB. HavaxddäfiP 116
"EoQ^iinai 242
*Em&oi 261
intfjiaaiog 806
ther . Jn iaaoifof 1 1 4. 1 1 6
boeot. innaa&s 256
i^ßiv&og 193
;^vya 209
^^17 112
thess. %afi«iAtnf 281
#(rir/ 86
Evxttdfiog 266
eüili^oo 44. 45
JSt;^valo( 186
evpi;; 44
EvQvrävts 286
EvQWtuig 246
^j^^ffoi^; 288
boeot. i^aifcuffiof 161 f.
^exa/9a 110
^/<fio; 263
4»A» 282
delpb. */f^aio; 827
delpb. *iEr(^A<»o; 827
n;faya> 136
nxn 132
^/^c( (Hes.) 136
BdXafsai 184
delpb. Sio^iviog 827
8cir;r^airoc 247
eeirffaXd; 249 f.
&tay6v€c 116
Oto^^oc 260
Govttrrog 289
GQuiatog 269
/a/^a> 118
7oxoV 286
"laviaMos 287
iaojiAttt 118
7aov€; 286
/«ooc 113
7a; 124. 286
layii 182
'law 124
IfT/a 271
ion. tiQiwg 279
fjra> 232
'Ifitpüg 251
r^i/w; 261
r/iiii;M>( 261
ivaaai o. a. (Hes.) 112
"Ivayos 112 f.
7rw 112
I<p&ifiog 267
r»ioy (Hob.) 261
"/(tfloy 251
7a>y 124. 286 f.
KaSfiiloi 266
ÜTacT/^oc (Hes.) 256
xdSuog 265 f.
JTaile««; n. ft. 249
XaXvtffio 88
Ktt^iiog 286
Jllaeri} (Hes.) 286
JTa^o; 286
Ka^i)9m6g 246
Kaa/itvXog 266
xdaaaadtii 266
Kaairtmoi 244
xtxttS fi^vog 266
XiXai&oi a. ä. 241
ion. «cyco; 192
kypr. x€Vivs6v 192
att. jrcv<$( 192
Xtattv^Qu 266
A^s^aJUoy 248
K€ipaXo(duiv 248
Xijff 286 f.
A^am; 268
Xi</o> 270
»;ii7^ 206
Aitt/ratfcifcrr^ 290
Koamnoi 240. 246
KoXoi(pQvS 258
dor. xoivav 238
xoivuvog 238
KofATidatov 186
xo^v&ali^ 240
ÜCo^tt»'^ 320
xoafAog 256 f
Abt;^( 248
Abi/efoy 248
Kqayalx(in 268
xTBUPiix^ (Hes.) 186
A^i;^^(rra» 242
^ccjrckw 260. 262
lä^iyo; 194
aetol. uiaipQiaiog 827
phok. uidmfftog 827
A^/^Miy 189
A£i^( 189
l€»;^i}y 186
A^t^al^o; 188
Aij^oyd; 231
Aoxqoi 250
uii^irfirrai 242
Jlvye<>^ 138
^i;«aotfy 234. 287
Avxivog 290
^i^M>» 264
uivra/ 186
3f«>^; 262
jiAaiouai 806 ff. 810
/uaila;^ l^^
MaxiSw 242. 248
Mttxidvog 242. 248. 262
3fax/ra 242
3foire^ 268
3fdjr^a»r€; 268. 264
lAaXri 309
Moyrtf'cvff 260
/uff^ 308
(jLa0^Xri(g) 806
/«atfril 805 a. n.
fAtt<ntg 806 a. n.
(Aacxiui 806 f.
el. lAUCxqdiu a. ft. 808
fAaffTQon6g 808
fAu^Qog 808
(laaxdXn 809
fAttttttog 312
/ioTivv (Hes.) 808
(im am 311
(laiaxog (Hes.) 808
/^or^rv 808
/iarij(y) 311 f.
/uari}^ 308
fioTQvXri 808
Maxaw 820 f.
/^a^i; 310 n.
fiaxofAai 310 n.
fAtfiatag 312 f.
Mtvitnai 251
M^wi^ff 126 f.
MiQoneg 239
Mearttuf 291
fAixafAtaviog 309
furavaarrig 254
Mndxoiov 118
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334
Register.
fUTaifßiipn (Hes) 116
f^T/nos 310 n.
thess. Mvaattag 121 f.
lJLVo(tt 252
fioxXof 236
Mvaves 2S6
Mvov€g 236
MvQfzipcig 184
MvQfAtS6v€g 258
/ii/(»/uo^ (Hes.) 258
MvTiXipni 262 f.
Mmilng 262
Jlfi^ory 262
boeot. MtoXiovTos 149
fcoSJlo; 310
f«0;ii; 311 n.
^(ufjlv; 810
/4<w«^ (Hes.) 811
lAovtos (Hes.) 811
NvuffMüiog 260
JVvaiOff 268
yftiilcf«^; 168
dor. iwav 283
ion. ^W€wv(fi 288
Svntrauüv 259
WvaatZg 260
oCff» (Hes.) 250
DCoAo« 250
o^ovij 178
oi^v; 168
otofiai 209
Olvmmg 289
oftti 206
''Oilox^C 250
mvfinia 185
lO^waicf 248 f.
'Ovons^og 244
'OnXoSfiüi 255
'OnXoOfiia 255
'O^/tfrof 242
o^/}o; 198
d^v;|rij 182
Ovor/off 126. 128
oi;!^ 191 n.
Oi;^aiy 280
ovxi 135
l9yÄTa(f) 257
^Oipulg 249
*0^iovfis 249
"O/i; 188
att. nautvla 124
att. IIcuovISm 124
naupdaam 270
naldufi 198
Uavdqoaog 112
üavoQfiog 188 f.
7ra^ 228
na^ißdriig 227
77iyee/a 819 f.
naQifag 819
naQiqiov 45
nagoi&iv 226
;ra^f 224 n. 227
/TiK^Ai^iOff 242. 244. 245
Tia; 143
mtaXog (gen. s.) 244
7r€i^ 224
n£^ 228
irfft^^ 228. 225
7r€/^ 228. 224 n.
TretcTK 268 f.
/TsAa^ftiy 255
miarai 252
üiviOTM 251
ITiVTeXiiau>g 259
7r£^ 226
7r/^ 228. 225
negaipm 228
ITiQavria 250
71/^; 224 D. 225
TiiQdTri 228
TTc^'o) 228 f.
7r€(»/ 226. 228
TT^e«; 228
7i€Qiaa6g 228
n^e«^ 228. 225
mg(Q)aißo( 251
/r^e^a» 268
pamphyl. niqridtmt 226
TT^^i/at 226
tbess. ITer^aXog u. a.
249 f.
mr^axog 118
ion. HcTQ^evrog 279
nevfiaTioi 148
nt^yvvfjLt 138
/TijicT^dva 255
77^e^f 252
nlXvafuti 192 n.
kypr.7ravoy(H68.) 192 n.
Tungdaxta 224
Jlit^üüv 290
no9aXilQiog 820
delph. IIouQoniog 827
HoXvßog 118
TTo^yij 224
Trd^o; 223
kret. TTo^/ 226
TTOTi 225
TtQayog 226
nqdfiog 227
Tr^öni; 226
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aeol. TT^f 226
nqfTj^rv 225
nr^/y 228
TT^' 228. 226
?r^/| 282
TiQoCaaofAtu 232
TiQOfAog 227
llQnvdöTai 254
üqoan^Xdjai 252
kret. ngoTttpig 227
TtQOTiQog 227
;r^'r» 225. 226
TiQvXieg 285
n^vfAVog 228. 225
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TT^wiTir 227
TT^ 227
n^waaog 248
n^mog 227
nvuatog 228. 225
nw/wß 225
^i( 285
'ftiit 45
ion. *Ä/i? 45
awyiag 114
(ret^^ 114
aad^ 114
aa/jpa» 115
aaunog 114
(TaAo^Cfr 115
acdalcK« 115
(railof 115
(faXvya 115
Sanifto 115
(r«^»y 115
aavxQog 115
aagjvjg 114
aa^rov (Hes.) 115
(Tfi^a (Hes.) 115
aeXX^&r^ai 116
sriä^^e; 116
(Ttvac 115
atvofAfu 116
(rrro( 115
ff/ir« 115
aerraxog u. ä. 115
axaXanäCn (Hes.) 819
oxttXffVog 271
axaJl/if 270
axaLloi 270
(TxaAniKCEfy (Hes.) 819
(Tjr^jloc 808
ffjrdjlioc 271
2:!Ki;JU^ikw 290
aot^g 115
(ro9)d( 114. 116
^:nriyorMxri}C 260
(TnXayxra 129
(T/rA^ 129
oriQotff 239
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Sv^ioi 364
Zv^»268
atp^gra (Hes.) 110
a<pfil6g 267
aipoqiTMf (Hes.) 110
Ikf6^os HO
(Tj^cO/f 809
TalaWvis 234
7aAo^( 244
TafAfifig 285
7ayay^ 256
ion. ra^^JUa 285
Taaxofiivns 287
Taffjrof 287
7a^o» 248
TVi^^^iTM)^ 259
rc^ 224 n.
TifA/jiTxig 255
r/^/ua 224 n.
TiVfidofitu 149
boeot. 7>t/^4r«//i'eKl48
rmov (Hes.) 284
7^&wiog 288
7(^JUv^» 248
TQtnoXtaaoi 245
7(^i;>^ 821
^YafinoUg 254
•YUf tf 285
^Tva^oj^iot 242. 245
iftuoq 167
4^taTa£ 252
9^/yitf 115
4>»Mkfri}( 252
9>ia^; 167
ifM^g 167
<;^jUMxirM>( 259
4HHxUtvig 286
ipQvyiiog 258
4>t;JUcirM>c 259
9)v^ 188
4>CEMrer( 258
X»(im 270
Xixorcc 248
Xavvoi 248
X^ifAOQ^og 118
mil. yn^fiaxai 820
XiqaiQog 244
Xi^iwiUof 245
jt^vii 140
;riUie6ff 189
ifwyiap 114
V^^AJUir 114
Vw^ae« 114
V«^<a 114
tffad-v^ 114
V«^^ 115
VwEMrra 114
Register.
V^iorr^e (Hes.) 114. 115
tffaXacaii 115
tffaXig (Hes.) 115
V'M^ n. ä. 115
yntgtc 115
iJE»in/x0o; 115
V'cUoff 115
tffifpag 115
V'^e«« (Hes.) 116
V^ 114
^m 114. 115
tffifvai 115
V/irit; 115
yflvofuu 115
V^Atk 115
V^/rrce 115
tf/iTjaxog u. ä. 115
ipnrta (Hes.) 115
V«^( 115
ifw&ut 114
\fm^(<yv 114
V'ai^^ 115
!a/t!/to 88
^IVyvyog 88
cS^ff 194 n.
£qog 194 n.
Lateinisch.
a6 211
valg. adgretfijM 212
aiitf^^ 190
AequieohiB 229 n.
Metfor 167
a«(^tM 166
aerumna 203
Aescuiäpius 320
Mf^mo 210
^nti« 205
äü> 180
afiS^ 198. 200
o/tu« 227
ofttfr 191. 198
alUi$ 190
olummM 203
amfäriam 205
afyi;ff0XtM 205
amfraetu$ 205
ai7^«iM{«e<« 205
ampl&etar 205
ampsanetuB 205
afiuedeo 205
am$eg0» 205
aneaeiui 205
afio#fiifM 205
oficMS 205. 219
anema 205
aneuiu9 190. 205
335
on^tro 201. 205
an^ 224 d.
an^amfki 201
an^trmmt 205
ofi^M 224 n.
anUtiäf% 201
d|>r^ 190
o^iit/iM 824 n.
ära 197
arduB 197 f.
STM) 197
arßeio 196
ärt<lMS 197 f.
arrügia 182
ors 217
asp^ 211
auMnUeui 205
atfca 205
aucßp» 205
.^tfctiM 207
otfiso 206 Q. n.
otiic f » aüuft^ 206
audio 189. 205
Audius 207
oti^r 205
^ti/iM 206
autpex 205
auftfmo 206
oti^tfmmM 208. 209
aveo 233
aoiffa 205
balneum 192
5?miM 130
hrüma 207
cmMs 222 f.
ealdua 200
eolAuno 196
eaUdus 200
ealtf miiüi 208
cofoi 208
eanU 201
CaudiuB 207
Coti/ttM 206
ea«^ 206
eav«ma 197 n.
eeUü 192
60^ 212 n.
eicf 108
cmM 267
Claudius 207
cAitMio 206
C^tiM 207
elim&M 217 f. n.
Cloeüus 206
C/fitZttM 206
CKtfA'tM 206
Clu9Hu9 207
<;oAors 130. 217
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336
Register.
caing[uo 143
arch. cotraveruni 187
eoktmna 203
campäff es 132
Concor» 219
coaUo 208
eorb» 219
eor^o 198
eorrügtis 182
cö« 216
eriklii« 206
cundor 204
CMnc^tf« 204
eüria 207
Daunu» 61
<i66t7 221
deincep» 204
<i0?»rtM 138
<i0ntio 192
dexter 191. 209
dexHmus 209
<lf0« 268
cIofimtM 203
dös 216
eginus 186
«^^6 185
egetias 135 f.
egrettus 212
0r^0 193
«r^o 193
0fToin 193
experior 224
dc^u« 211
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/acw» 270. 278
Falemu» 197 n.
/am^ 270. 278
far 220
/artita 195
Faunua 57
Fae»(tf/tM 57
FatM^iM 56 f.
fauttus 206
/müia 202
jMMtra 221 n.
/«»rm? 198
ßdi» 268. 270
/•yo 181. 183
ßgüra 134
./^tM 198
fivo 181
ßägüium 183
^vii« 142
flimina 202
^0 181
/ofw 221 n.
JV>fi<e» 221
forc9p9 204
/OTÜ^tM 204
/or<ifM 198 f.
formtca 193 n.
fort 217
/or^M 204
/oru« 185
Fd(9ßiu8 57
/o^tM 208 f.
fovea 135
/tfA;a 191
/iilrnm 203
fündo 134 f.
/mtui 188
furo 188
/t«^7M 212 n.
gen$ 217
germen 141
germinäre 141
^to5er 141
^^rt« 209 D.
^förui 209 D.
^/»« 216
gliUen 139
gnävw 142
gradior 141
6^a«cf 256
(?r<|;V 256
gramen 141
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^raüi« 274
grundio 141
-^Ttfo 142
grümus 274
Ao/Ztio; 191
Aa/vo« 192
Aert 267
Aortbr 194
AörntM 194
A<>rtor 194. 199
hoepee 210
Amt^m 217
t/tco 198
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tmJS^rtM 185
indupedtre 204 n.
induperSre 204 n.
tn^«fM 218
•n^uam 148
inUmedes 2'14t
interpre» 224. 226
jüglane 206. 268
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jüneue 200
iTiifio 57
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^MMiM 142
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^ar« 138
/ft5«r a. ä. 138
Ubum 138
lien 129
/^«r« 136
A^o 135
Itaürio 184
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Itra 188
/i« 216
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mallumum 202
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mt#<«rttfm 202
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altl. moiros 137
mofw 221 f.
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Register.
337
tnorbus 194
mors 218
mUua 206 f.
mtdcare 208
mulcius 203
muka 203
möto 268
narro 212 n.
negäre 185
negdUum 135
fit%t7 ISO
i^dto 209
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.Yo«^iM 207
lUMIfMM 208
nox 824; adv. 217 n.
nt«6« 220
nöndinum 208
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o& 211
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ofiMn«iito»tf 200
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omo 204
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ö^m 209 n.
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/»föma 828
PoUäees u. ft. 192
j>öno 210
pofw 222
PopUeola 228 ff.
pöpti^MM 191
jiöptilfui« 191
por^o 196
l»or^a 228
jiorto 194. 199. 283
portu9 228
jiotfti^tM 210
poBtua 210
Potfft 206
pro« 227
praeda 133
praesto 210
pratUr 228
altl. oraidad 133
/»ranatum 200
prehendo 180. 137
pre^nfffi 224
j»rf 228
primäre» 46 ff.
prtmuB 228
prtneeps 200
l^rtor 228
prueua 228
j>r7«(tntc« 228
pro 226
procapü 219 f.
profecto 193
progentes 274
prSnus 226
propUr 212
propt0rvu» 211
pro9V0ru$ 267
prMOtffi« 207
ptimV 221
i\«ai0 206
puryo 195
quaglätor 215
jtf^m«« 204
jftfte« 216
quineiua 204
quindeeim 204
j^tn^tffi^t 204
Qutrffö« 207 n.
(^mfiM 204
roiMMM 206
rot^M 142
rBCcidere 808
reeiproeus 802
rsperio 224
repperire 802
ri« 267
r0^o 802
ri^ir« 136
ri^rr« 186
naescere 186
rt^uM 186
i2öma 209
röram 209
nk^M 142
ri^a 132
r«o 142
rürmm 207
rör«tM 207
rti« 207
iZtit^W 207
«oAm 207 f.
Seawola 280
«eo5« 219
«cro5« 219
««^5ra 200. 202
»erp» 220
tM^t- 200
9e9tertiuM 200. 202
««j:<w« 210 n.
sineiput 200 f.
nn^tMti« 214
»ordiduB 195
«or« 218
«o<p«« 210. 217
tpis 267
iu5 211
migo 181
•iimo 210
Bupremu» 190
nirctito 190. 195
nir0mp«fi^ 210
alat. turhnit 210
nir^o 196
turpere 195
•wrtM 195
terra 224 n.
«0«<w 189
Unea 201
iöm&fUum 208
to«^iM 204
«ö^tt« 208
<ra5« 220
trägum 182
^roAo 180
<ran« 224 n.
triäiru9 a. ä. 55
Turnus 57
tM^tt« 206
üUus 201
ti/fki 191
um5ra 323
Umhrta 824
ündeetm 190. 201 f.
üpt7»o 208
tfr6« 220
BaiMf« a. kiuide d. iiulff. «piMhen. XXVI.
28
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338
Register.
iUürpo 196
vae 168
l&m 198
vS^na 188
madach u. ä. 812
vSaor 182
veketMna 217 f. n.
ÜMMiM 812
mon 810
V0ho 129
remm 224
vindo 189. 201 f.
«<r 224 n.
VeriKa 60
tiama 197 n. n.
Albanesisch.
vß$ear 218 n.
mqf€ 222
reib«« 109
oiteiw 218 n.
V09iigium 132
Slavisoh.
9^221
mndemia 201
(Kircbenslavisoh unbe-
zeichnet)
mr 220
wr. hwrie 188
otrtöf 195
burja 188
vitrieuB 212
ross. bürka^ 188
volmi« 191 u. n.
^ofiNfi« 191
t»0«tM 208 f.
yMenü 197
kara 286
Oskisoh.
JfeAfi 188
eulehna 196
rass. lo; 194
%a^if 182
«om«^' 168
^tkl 182
rass. majata 812
moUam 208
mi|;a^' 809
liart 226
mahaÜu. ä. 806 f.
posmom 225
momfifo' 811 n.
pru<«r 227
klr. mana 810
<0rtSm 224 n.
c. mani, mani 811
UpilCUit) 208
managt 809
oaMMnom 187
man^ 810
ffUMfe 807
Umbrisch.
moJtite' ie 807
amhoUu 196
mosapa 807 n.
man/' 202
p. masgai 307 n.
motar 203
ma<rÄ» 808
;»«nw 227
obri$U 168
j9re 227
poln. o;V» 191
preira 228
pra 226
profnom 227
russ. poramU 228
r«. 802
rana 192 n.
m</0<«« 208
rtio«<; 142
wi/ni 208
ruia 142
Italienisch.
rase, «ortf 195
9or 208
9üri$U 168
«ora 208
^«Sa<» 180
forikfö 212
Keltisch (Altirisoh
utro 824
unbeEeichnet).
Sollr 191
airmaU 225
mir. aoin 200
Preussisch.
«tönt?/ 191
autiin 225
bret hü iod 232
t'Aat 167
eM0dJ 204
Unäwei 167 f.
oymr. ffo/f 809
t«/tW 285
huinmu» 197
Litauisch.
a&0;1 178
aikmBU 167
OtiXMSflM 167
<SMsibM 167
äkliu 824 n.
ofiAw^) 824 n. n.
atgäl 198
6& 175 n.
5«fo' 175 a. n.
bhUdiaOU 282
M^M 188
zem. hurg^Bus 167
zem. hurgHi 167
burkUtUi 188
bwrkmmAja 188
6Srytf 188
ift^ 138
<itWw 167
<lt0«>i 178
^4lri 191
^ima 225
^rii 141
fflaudaa 140
giiaümas 189
^/imia 142
^rfSft 142
^rtidfM 142
grüdttu 142
^^ 270
t», Ik 166
iftmalM 166
«M^ttt 167
%nß» 198
ibora 236
läima 168. 187
2^(t 167 f.
maMfi^' 807
ma«<l^t 805
musto« 807
ffM^'808
maur^ 188
moEgdti 807 n.
mofu» 809
mtffto^'806
motterHi 806
mo<<i« 807 n.
m^ti 809
iiMMMJ^' 806 u. n.
namäi 167
jiomhAmim 824
pekuu 224 f.
per 224. 226
perkä 224. 226
/»töfi^MMi 828
prantü 224
|9r^3fcM 224. 226
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Register.
339
/»r? 227
prte 227
pri 228
pro 226
prSiM 224 f.
r#;i» 267
»kiKä 270
«^yff 270
MiotZ^ 282 Q. n
•fiaiitM 281
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4'«fa« 226
9oiai 187 n.
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vflM 187
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w^gas 197 n.
wergind 197 n.
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XvdA^ 270
Lettisch.
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hauHU 187 f.
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fttinf hirdm 188
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MmMm^ 187
/I4/'166
Hmt 168
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ifUfni» 810
mäiUi 810
m4/Wb 310
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m«r^<$< 136
«id^Mfi^ 167 f.
l»r«< 226
prikjom 227
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tfTotdt 168
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Gotisch.
mjfra 188
9üean 131
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mtrahi 166
Englisch.
6ii^ati 152
&^dafi 130
6arA; 167
Altsächsisch.
6^m260
gslo 192
ikrUd 141
falrra 226
/oran 223
Niederdeutsch.
fimr 226
leekf^g 232
fyura 227
Ära 228
Althochdeutsch.
/ri 228
Idao 142
^M 141
ft^tftM» 181
ffrÄi» 181
krimgot. niMra 188
M>ii 131
tUrriu 204
näuB 274
<ioi^ 172
^oirmM 225
ßUgan 823
BwarU 195
/ojffia 198
i^o^Vm 180
Amomi 132
tfAto5 824
fiirt 222 n. 223
vm 168
giai 141
votis 187
ffr2o 142
iUtin« 194
Altnordisch.
praki 167
hlär 142
oiM&m 191
6raAa 167
»Kngan 136
<lriMra 130
grik 142
Jbiar 142
<<ri« 216
t9^ 168
kry^ia 141
zawa 167
fiUNirr 188
zowfan 167
natM^ 167
s5^ 191
raun 209
sMn&ar 225
««ja 131
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Mittelhochdeutsch
Mr 139
6t^/251
^0^ 226
gruose 241
v^kua 206
m«t({«m 268
Schwedisch.
Neuhochdeutsch.
dial. Mlfia 202
jaM809
ma$t 307 n.
Norwegisch.
mühm 810
62<«ma 202
mil<2a 810
auOr 203. 209
«cAtf/^ 809
motfra 188
dial. pätUAenKekr 282
Angelsächsisch.
Etruskisch.
he&reian 167
aenatru 49
etcvi^ 191
attfia 156
fAfon 132
a|iata<rtf 49. 58
oäo 140
apan 59
;r4: 142
Tagu 182
opoini 49. 58
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340 Register.
avxfiltiK (Hes.) 58. 824 hi 168 VolaUrrae 62
aueena 58 muant(u}rn8 53 f.
etnam 155 f. priee 168 Lykisch.
fah&res 56 ttcie 158 amv 293. 299
faltru 50. 56 turan 57 ^t 292. 294
fastfdru 61 torc« 58. 55 mei 298
S^aeiäura 52. 54. 61 tcm 57 mti 295
clus. hairunia 51 ooct? 154 f. nalau 296. 299
^<t«r 52 f. vacUnam 157 Wy^i 293. 800
laturuB 52 ««l^ur 52 f.
Imnnitru 50. 60 f. veratru 50. 59 f.
Druck der Univ.-Bacbdruokerei von E. A. Huth in Göttingen.
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vorlag von Vaiidenhoeck & Ruprecht in Golunt^iiv
Soeben «ind orsicBit'iior] :
PraMscIiB Ailcitin m ErlunioBi iler ScW iler Sonlieli
Mm lh\ {j, Veiten, L^^hrfr cles Sutiheli am tSominiu- im onent
Sprachtm m Berlin. Güh. 6 ML, ^ub. Mk. bjäß,
trammatüi des kmyam.i.-si, t'^^^^^Jl'Z.
Afrika, spücidl des Dialekts vdd UnyanyeniJM], iioliSt miBm Wort-
TL^rmchnis k!nytttnöt*fii-tk*ul«!icili und d(*uts<Vh*'kinyftniftitjsL
Vua Dr. !■. YeUeiit lAhrer ck« Sufiheli nm Seminar C orieiitaL
Sprachen in Berlin. Geb. Älk. 10^.
Vorläufige An k Q nd Igu n g.
passow*
^örterbud) der grkcbischeti Sprache
vdlUg oeu beiirbeitet
von
milhtlitt Crönert.
Jji LiefeningeDp Frei» bIwü 8Ü c^
S^ti laugen JahriEobutea rnftogc^lt ea au cmam irriechiachcn Wo r tor-
buche, da* die Forltchritte der Neoieit auf dem Gebiete drr Sprmch Winsen-
•cttmft wiedergäbe, die M^sse der in^wiachen atifgefuTid^jten Sprai^btiGTikoiäler
berücksiebt Igte und die schon früher bt^kannte Litteratur auf Grund der heiitf^
vorliegenden, »orgfaltig bearbeitetem neuen Änsgab^an jienutzte. Um die mit
|fd€rm Jahre fühlbarer werdende I.üeke weniggtetta la den einen) Hand buche
gesteckten Grenzen »afziifnllen, hat Herr Dr* W. Crönert auf imsert^n Wunsoh
«§ nnteroommen^ ein neiiea griechiichea Wörterbuch heraaB^iigisben. Aui
praktischen Gründen ist, im EinventÄntinia mit Herrn F, C. W, Vogel in Ltiipzigt
dt» Wörterbuch von Pasäow als Gnindlage gewählt worden, obwohl von dem
alten ße^tande nur wenig wird beibebaUen werden können*
Troti der nnüberaeh baren Menge der Verhtfsiefniigeu und Erweiterungen
hofTen wir, es durch Vervollkomninnng der Druekeinnehtung £ti erreicbeik, daa
nme Wdrierbtic^h iit 3»tarkenLexikonoktiivbandeQ «racbeiueu jeu lasieu^
Die HC hon begonnen« ßeurbeitong wird in etwj* i Jahren zu End^ gehen*
Frühjahr 1905 kann vomuüichthoh die L Lieferang erscheinen* Der Druck
wird gegen 3 Jahre in Antpruch nehmemt der Preis etwa 80 *41 betragen-
Di soeben von Athen atts ein verwandtest Uoternehmon angekündigt wird,
schien ©» utm von Wiahtigkeit, »ohon jeUt die«e MiUeilung z\i ni»oben. Eine
«ftww eingehendere Darlegung der Art und QrtindBät^ liiwere« Wörterbnoh««
wird allen Interesaenten auf Verlingen gern tugeiftndt
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Verlag nm Vandenhoeck & Rupr^eM m i ik
®tt^ alte IHcJ oom ^öruc 3l(^ill3,
aus bei 3Has au5Stf(^t^^te^ unb inclrifdj übetfc^t
^tit in i'riti»ätil» fart 3 ^i
Sammlung
der grieehisehen Dialekt-Insehriften,
Her ausgegeben von
Hp Collitz und F. BachteL
1. Band. 4 Hefte) 18ea--84. 14 ^M
iL Ht-ft: OHfehrHPh-kypnBch, 2 .4i 50 A 2- Hell: Äolitok 4ie Gedicht«
a^-r Balhilla. 1\ ^ 2.^ S.Heft: Böotisch. 6 JK 4. HeÄ: Klewch.
Arkadisch, Pajj , 4 JK 50 ^)
IL Baod. {^ U^tttJ.) 1885-98, 30 Jl
(L Hctft: Epimtiäcb, ^karnftniicb, Aetoliecb, Aejimnieiiii, Phtijujuacn, Lo-
kriftoh, Pbokißcli. 3 ^41 60 ^ 2. Heft : Orakoliiwchrifteu amb Dodriua, At^btla
tmd «einen Uolotiien. 2*^-60^ 3.-6. Heft; Ddphiscb. 23 JK SO (Jj
III. Band, 1, Hglfte. (5 Hefte.) 1S88-99. 21 ,M
{L IMU Megariseh, 2 ^ 40 cj 2, Hefti Korinthos^ KJeoxitti, Sikv^n,
Pbleiua u, d. korinth. Cokmi^o. 2 .^ 3, Heft: Argivisüh. 2 ^-^ 40 ^ 4. lieft-
Aifpim, Pholegandros, Anaphe, Astyp»!»!«* TeloM, Nisyroü- Enidoe, Kalvfnual
Kos. i\ ^4 4\} ^ 6, Heft: Hhodoa. 7 JK W> ^)
m* Band, Z «älffe — L Heft: Lakonien, T«rei)t, Herakleift, Heftseniea«
4 «£ 40 4, 2. Ht^ft; Tliera unti Melo«. 2 ,^ bO^
IV, Band, — LHel\: Wortregister mm f, Bande, ö *^ 2. Htft; Wort-
register Äuru IL Umde S> *^ 20 ^ (1. Abt. 2 ,JK tjO ^J, 2. Abt 6 ,^ 60^)
Die grieehisehen Dialekte
(isr^'utlclll von
Otto Hofflnann»
L Band: Der «ttd-aehll sehe Bialokt. 1891. 8 Mark.
2. Band: I>er nord-achüiscbe Dialekt. 1803. 14 Mark.
8. Band: Der toniüche Dialekt, (Quellen und Latitlt
t«^ Ib :Ja,k,
Oly.
Beiträge
zur kunde der
indogermanisehen sprachen
herauBgegebeu
Dr. AcL Bezzenberger und Dr. W. PrellwitL
Siebenundzwanzigster band.
Göttingen
Vandenhoeck und Ruprecht
1902.
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Inhalt.
Seite
De vocalibus prodoctis Latinas voces terroinantibus. Von Georg
Wedding 1
Beiträge zur Geschichte der indogermanischen konjugation. Von
Hans üeicheU 63
Der imperativische infinitiv in den homerischen gedickten. Von
C. ffentze 106
Anzeige. Von -4. Bezzenberger . . ^ 137
Lat. prömulgäre. Von Qiuseppe Ciardi-Dupr4 185
Suom cuique. Von Giuseppe Ciardi-Dupri . 187
Lettische etymologien. Von J, JEndzelin 188
Qriech. y^lXoe. Yon F. Bechtel . , 191
Zu den altgriechischen Ortsnamen. Von W. Prellwitz . -. . . . 192
Alle für die redaction dieser Zeitschrift bestimmten Sendungen wolle
man richten an Professor Dr. Adaibert Bezzenberger^ Königsberg i. IV.,
Steindamm. WaHstr. Nr*lu.2t oder an Gymnasial-Oberlehrer Dr. WaUher
Freüwitz, Königsberg i. JPr., Mittelhufen LuisenaUee 9,
Un]i die Anschaffung der älteren Jahrgänge dieser Zeitschritt
zu erleichtern, haben wir den Preis
der ersten 25 Bände
von 250 Mark auf 170 Mark ermässigt.
Kleinere Ergänzungen (nicht einzelne Bände) nach Überein-
kommen ebenfalls zu ermässigtem Preise.
Vandenhoeck & Ruprecht
Gull, Schulze: Quaestiones epieae.
Prof. in Berlin. VIII, 576 S. gr. 8. Preis 12 Mk.
Verlag von C. Bertelsmann in Gütersloh.
Aasgegoben im Aug. 1902. Vandenhoeck- & Ruprecht, Götüugen, Theatantnase 13.
Preis 10 Mark für den Band von 4 Höften.
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De vocalibas produotto LatinM voces terminantibnt.
L
Fofmae Ib a ]Mrediieteai ezaimteB.
1. NaminaHvus et voe^xUfms ag. primae deelinatUmis.
Qaia in Unguis Indogermanicis nominatiTum singularis
primae, qnae appellator, declinationis exiisse constat in a litte-
ram productam» quam seryaverunt iniegram Sanfioritica et
Graeca: dpa, %iiaa^ fädle suspiceris in Latina quoque lingua
eam esse longam. Nihilo setius non est dubium, quin Plauti
aetate baec syllaba iam fuerit correpta. Haud raro enim apud
hnnc poetam eis deprebenditur lods, qui nuUo modo admit-
tunt prodttctam, yelut ultima thesis iambici senarii et trochaici
septenarii. Ut unum afiferam exemplum et alterum ^):
Gas. 114: Ex sterculino efifösse, tüa illaec präedä sit?
Gapt. 488: Pergo ad 41io8, vSnio ad iUos, defnde ad ilios:
ünä res,
quorum exemplorum numerus faoile potest augeri *). Sed bis
locis repugnant plus quam viginti, quos usque ad id tempus
adbibent viri docti planum ut iaciant ipsa Plauti aetate nomi-
nativum sg. primae declinationis desiisse in a litteram produo-
tam; pauci contra banc sententiam dizerunt argumentationem
accurate non facientes*), ut qui loci a longam oonfirmare ri-
dentur, eos denuo necesse sit congerere et considerare. Atque
primum quidem disseram de eis, qui exstant in diverbiis, quod
1) Plsutus adhibetar ex reoensione Leonis.
2) Yide: Epid. 296. 574. Merc. 857. Mil. 267. 972. Pers. 160.
615 sl. . .
3) Inprimis B. Mneller, de Plsnti Epidioo, pag. 41 sqq. et C. F. W.
Mueller, plautinisohe proiodie pag. 1 sqq.
BdtKi«« t. tnA» d. iadg. ipnHih«B. XXVn. 1
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2 Georgius Wedding
nomen eas comoediae partes significare volo, quae non mutatis
modis pronuntjabantur ^).
In senariis iambicis:
Asin. 762: Ne epistulä quidem Ulla sft in aedibus.
Bacch. 255: Volcänns, Söl, Lunft, Dies, dei qu&ttuor.
Baccb. 584: Quae te mala crux ^tat, qui ad istunc modum.
Bacoh. 893: Minerva, Lätonä*), Spes, Opis, Virtüs, Venns.
Gist 555: Vt res gestä sit. || Vtinam audire nön queas.
eist. 606: Nata, inquam, meo ero est filiä. {| Gerte modo.
Gore. 461: Sequimini. || Leno, c4ye in te sft morä mihi.
Epid. 498: Potuit: plus iäm sum liberä quinquennium.
Merc. 26: Ineptiä stnltitiaque 6deo et temeritas.
Poen. 85: Altera quinquennis, altera quadrimula.
Poen. 1052: Haec mihi hospit41is t^sserä cum ill6 fait.
lam Tideamus, num bis undecim versibus vis tribuenda sit
et anctoritas.
Luce, ut aiunt, est clarius tribus versibus, si ea ratione
leguntur qua supra, metrica inesse raenda. Guilelmo Meyer
enim acutam debemus observationem , quam dipodiarum legem
appellare consuevimus. Guius legis verba sunt haec*): er [der
Ordner der altlateinisohen iamben und trochaeen] liess die 2.
Senkung der iambischen und die 1. Senkung der trochaeischen
dipodie mit der folgenden hebung nur reine, nicht unreine Ver-
bindung eingehen, d. h. er liess die 2. hebuog der iambischen
und die 2. hebung der trochaeischen dipodie nur iambischen,
nicht spondeischen oder anapaestischen wortschluss bilden
durch dieses alüateinische dipodiengesetz erklärt sich, warum
im 2. und 4. fusse des senars, im 2., (4) und 6. fusse dee iam-
bischen septenars und octonars und im Übergang des 3. zum 4,
1) Venus, in quibuB a nominativi ag. primae deolinationis prodaota
est, contalerunt: CJorssen, über ausspräche, vocalismos and betonang
der lateinischen spräche II 499 sqq., Bücheier- Windekilde , gnmdriss
der lat. declination pag. 21, Neue, lat. formenlehre I 4, Stadehnann,
de qnantiiate vocaliam Latinas voces terminantium pag. 7 sqq.
2) Latonam ponit Stadelmann 1. c. pag. 15 in nnmero Graeooram
nominam proprioram, qaod nemini cum persaasnmm esse confido.
3) Wilhelm Meyer, über die beobaohtang des wortaccentes in der
altlateinischen poesie, abh. d. L kl. d. k. bayr. ak. d. wiss. XVII, I. abt,
pag. 48.
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t)e vocalibus productis Latinas vooes tenDinantibus. 3
und des 5. zum 6* fnste *) des trocbaeiachdn septanars der regel
nach nur iambisohe, nicht spondeieche oder anapaestische be-
tonte wortBohlüBse stehen.
Ab bac lege cum abhorreat v. Gist 5&ö:
Vt res gSstft sit . Vtinam audfre nön queas,
Guieti sequemur partes, qui tamquam praesentiens et divinans
transposuit voces res et gesta:
Ut g^sta res sit || Vtinam audire nön queas.
Cum altera lege metrica pugnat v. Cure. 461 :
Sequlmini. || L6no, c4ve in te sit mörä mihi.
Nam A. Luchs, qui de paenultimo iambid senarii pede instituit
quaestionem *), huius pedis thesin sjllaba brevi effici non posse
ostendit msi bis oondidonibus :
1. „si vocabulum non minus quattuor syllabarum finem Ter*
sus occupat velut Amph. 24:
Verum prof6cto hoc p^tere mi pr^cärio *).
2. yysi vocabulum creticum vel paeonem quartum aequans
versus finem efficit^) velut Asin. 803:
Tum si Coronas, s^rta, ungu6ntä iüsserit.
3. „si thesis pedis antepaenultimi duabus brevibus syllabis
ita efficitur, ut verbum paeonem quartum efficiens verbo
iamfaico excipiatury — | ^i^Ajju | u^ |{ ;
4« yfUt vooabulo in syllabam brevem desinenti sucoedant pri-
mum anapaesticum verbum, deinde verbum iambicum, i»
5. „contra si ita sunt vocabula syllabaeque distributa, ut
deinceps sese ezcipiant pyrrhichius (vel syllaba producta),
iambus, iambus — «^ (vel ^) { u^ | wo. || , non admiserunt
poetae iambum** *)•
His legibus cum repugnet finis versus Cure. 461 : . . . .
9U mord mihi^ i. e. ju j wo. | u^ ||, alio modo necesse est di-
metiri: sU m&ra mihi (es ^l|^> j u^), atque, ne versui insit alte-
mm mendum metricum, post verbum cave probare hiatum ') :
1) ExoeptoB est primuB pes irochaici tepienarii.
2) In Gnilelmi Studemund studüs, I, 1 sqq. — ef. Meyer, 1. c.
pftg. 89 sq.
8) In loomn exemploram, qoae Lnohs affert ex Phaedro, substitoi
PlmutiBa« 4) Lnohs, 1. o. pftg. 6. 5) 1. o. pag. 18.
6) 1. c. pag. 14. 7) quem recepit Leo.
l*
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4 Georgias Wedding
Seqafmini. || Leno, cäve | in te sit mora mihi,
qui hiatus, quamqaam Don est legitimus, in tot invenitnr ver-
sibns, ut in eo agnoscendo nihil sit difificnltatis et ofiEensionis ^).
Versus Bacch. 255 autem:
Volcänus, S61, LunS, Dies, dei quättuor
Claudicat deficiente caesura semiquinaria neque semiseptenaria
recte e£fecta. Quare omnes fere fabularum Plauti editotes
Guieto suasore nomina propria Solis et LufMe transposuenmt,
id qnod Gorssen, ut servet a litteraoi productam, refutare studet
his verbis *): „Es ist der sache nach natürlicher, dass erst Sol,
dann Luna genannt wird'^ Ego quidem eins partes non se-
cutus sim: contra verisimilius mihi est in hac enarratione oon-
iungi Solem et Diem quam inter hos interponi Lunam; qoam-
quam omsino non postulandum est, ut in eins generis enarra-
tionibus poetae ratione disponant nomina et ipsi usque quaque
secum consentiant *). Neque tamen nego usu receptum esse
ordinem, quem inscriptiones quoque testantur, ut primo loco no-
minetur Sol, secundo Luna, sed haeo ipsa res nescio quem
librarium videtur commorisse, ut nomina Solis et Lunae trans-
poneret
Porro versum Bacch. 584:
Quae te mala cnix ägitat, qui ad istünc modum
hac ratione non praebent Codices BGD, sed codicum ab Italis
correctorum scripturae; atque cum BGD pro relattvo quae ha-
beant formam qui, satis apparet illam formam quae Italorum
esse coniectoram scilicet improbabilem. Relinquam in medio,
quem ad modum emendandus sit hie versus *): id unum constat
dimetiendum esse: . , . . te mala crux.
Deinde fides deroganda est versui 26 prologi Mercatoris:
Ineptia stultitiaque &deo et temeritas.
Nam in Mus. Rhen. XXVI vol. pag. 437 recte exposuit Dziatzko
haue prologi partem non esse Plauti, sed mali poetae infacetam
enarrationem, qui, ut iam R. Mueller et G. F. W. Mueller per-
1) Fortaste inuuponendiun est:
Seqnimini. | Leno, cive Bit in te mont mihi.
2) 1. c. II 451.
8) Merc. 6 sol ponitor ante lunmm^ sed v. 4 nox ante dmn.
4) Seyffert proponit: qai<d est? qa4e) te mihi erax , . . •; Leo:
(die) qaft^ te mala oruz.
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De vocalibus produotis Latinas voces terminantibus. 5
spezeront ^), coDtra sermonem lAtinum v. 28 et 30 poBuit
coninnctionem et sine dabio ob eam causam, ne nominativom
8g. primae declinationis terminaret in a litteram productam.
Persuasitne sibi iste malus poeta a litteram in ineptia, quod
duae sequuntur consonae, produci vi positionis? Si minus,
agnoscenda est Ritschelii ooniectura
in^ptia 4tque stiiltitia &deo et temeritas,
cum vix crediderim tam malum poetam forma illa rarissima
(vel ezemplis non confirmanda) inepUes, ut suadet Lachmann,
usum esse.
Versui Asin. 762 autem non inest auctoritas, quia cum
hiatu eum legere licitum est Vulgo eum dimetiuntor editores:
Ne epistulä quidem Ulla sit in aedibus;
cum hiatu '):
Ne epistulä quidem | ülIajBit in a6dibns.
Nam quamquam controversia, utrum hiatus in semiquinaria
iambici sonarii legitimus sit necne, diiudicata videtur non eum
esse legitimum*), tamen permulti exstant versus, in quibus
idem invenitur hiatus velut:
Amph. 143: Ego häs habebo | üsque in p^taso pinnulas.
Amph. 976: Nunc tu divine | hüc fac Ädsis Sösia.
Most 549: Dixi hercle vero | ömnia. || Ei miserö mihi.
Quod pertinet ad versum Bacch. 893:
Minerva, L&tonft, Spes, Opis, Virtds, Venus,
non abest suspicio eum non recte esse traditum *), cum, quid
hoc loco sibi velit Latona, nemo fiftcile dieat Sed faciamus
codicum lectionem esse veram, ^o quidem hanc anteposuerim
dimetiendi rationem:
Minerva, Lätöna, Spes, Opis, Virtus, Venus b),
etsi haud ignoro Plautum raro et certis condidonibus thesin
solutam eo modo effecisse, ut syllaba eam interrumpat finalis ^);
1) R. Mneller, 1. o. pag. 51 ; G. F. Mneller, 1. c. pag. 8.
2) quem oommendat Leo. 3) Gf. Klotz, altroem. metrik, pag. IGSsqq.
4) Adnotat Leo: Lnna BergkiuB op. 1. 86; neo transponendo {Spe$,
LaUma GmetoB) Laionae nomen probabilius fit nee ri Minervae qnadri-
syllabmn facias.
6) Antepaenaltima in Latona breviatar ex lege iamboriim correp-
tionis. Gf. Skatsoh, VollmöUen jahresber. for rom. philoL I 88 sq.:
„eine lambiBche nlbenfolge, die den ton auf der kürse trägt oder der
die tontragende BÜbe unmittelbar folgt, wird pyrrbiohisch",
6) GL Klotz, l c. pag. 907.
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6 Oeorgius Wedding
neque tarnen dubito, quin Plautus in nominibos propriis, qnae
bunc ezplent yersom, illam lioentiam sibi adsamere potuerit,
praesertim cum omnes fere poetae in nominibus proprüs alii
aliam non repudiaverint licentiam ^).
Qui factum sit, ut in versn Gist 606 syllaba, de qua quae-
rimus, videatur esse producta, non diffidle est exponere:
Nata, inquam, meo ero est filia. || Gerte modo.
Gonstat enim inter metricos Plautum ante mutatam personam
admittere hiatum; et hunc ubi scaenici admittunt poetae, ibi
syllabam ancipitem non alienam esse, quis est, qui nesciat?
Legitimus est in diaeresi iambici septenarii et octonarii hiatus *),
legitimus eodem loco syllaba anceps *). Neque desunt ezempla,
quae in eadem sede, in qua syllaba ultima est nominis filia,
ante mutatam personam confirmant inveniri hiatum, velut:
Gurc 41 : Oblöquere. || ]^fat m&xume. || Eti&m taces? «).
Merc. 490: Tänti qnänti poscit, vin tanti illam emi? {| Auc-
tärium ^).
Poen. 191: Aphrodisia hödie sunt || Sciö. i{ Oculos volo %
Gedo, inquies, versus, qui eodem loco, quo superiores hia-
tum, syllabam praebent ancipitem, i. e. breyem : vide sis Leonem
ad Amphitruonis versum 719, qui tamen etiam versus afifert, in
quibus ante personam mutatam est syllaba finalis dubiae natu-
rae 7), et nonnullos, qui hoc loco non praebent mutatam per-
sonam. His omissis ezemplis quippe incertis sunt octo, de qui-
bus dubitare non licet:
Amph. 719: Verum non est puero gr&vida. || Quid igitiir? ||
Ins4nia.
1) Haie loco simillimi sant versuB Gist. 512 tqq. 619:
Enim vero ita me lüppiter
Itaqae me Inno itaque lanas (sie Ambrosianiu !) ita — quid dicam nSscio.
Estne Baceh. 898 Laiona a librario porita pro ,IanxiB* vel ,Iana'?
2) Velut: Amph. 190. 208. 260 etc.
3) Yelat: Amph. 196. 215 ete. 4) Vel. : maxamS'. | Etiam taces?
5) Cam troohaioom septenariom interpretentur metrici esse iambi-
eom senariom oretioo antecedente:
quarta arsis iambici senarii respondot sextae trochaioi septenarii.
6) Vel.: 8ci9'. || Occüos volo.
7) Velni infinitivi praes. aot. in -re, qaorom • finalis ntram pro«
duota Bit an brevis apnd Plautom, denuo osteadi oportet.
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De vocalibus productie Latinas voces terminantibus. 7
Asin. 828: Age decamb&mns ais, patlSr. | Vt iiisseris ^).
Epid. 485 : Reor et peccÄtum UrgitlSr. || Immo haec east.
Merc. 901: Die igitiir, abi illa ^st? | In nöstris aMib&s. {|
Aedis probas.
Pers. 482: Quid agis? H Credo. | Vnde agis te, Dördal«? ||
Gredö tibi «).
PoeD. 722: Quid 8i dnimuB esse nön sintt? 1 Esto üt sinit
Rad. 975: M&re quidem commune certost ömnibtis. H Adsentio.
Trin. 1185: Mfseria (üna) uni quidem höminist 4dfattm. ||
Immo hole parumst *)•
An ex bis colliges yersibus syllabam finalem datiyi*ablativi
plur. -Ims (aedibüs^ amnibos) olim in lingua Latina fuisse pro-
ductam? an, quia legimus Dordaü, olim Tocativam sg. seo. ded.
missum esse tibi persuadebis in e longam? At neque syllaba
finalis 'bu8 neque e vocaiivi uUo tempore fuit producta, id
quod, cum respondeant formae : Scr. mOJtr-bhyas : GalL fAowge-ßo :
Lat fHaifi4ms et equ^ : IWnrc, linguae no6 docent cognatae.
Maxime; sed qua de causa syllabam sine ulla dubitatione bre-
vem eo loco longam servatam esse arbitrabimur, a quo syllaba
anceps non est aliena?
Restati ut verba faciam de tribus versibus Epid. 498. Poen.
85. 1052, in quibus tria vocabula vel tres formae, quae aurea
Latinitatis aetate sunt dactylica, creticae videntur esse:
Potuft: plus iäm sum liberä quinqu6nnium.
Altera quinquennis, altera quadrfmula.
Haec mihi hospit&lis tesserfi cum illö fuit
Facile superat difficultatem Leo, qui Plautum dactylicis pro
creticis usum esse formis identidem contendit ^). Neque quis-
quam n^abit nonnullis locis vel diverbiorum dactylicas traditas
esse formaSy ubi creticas metrorum postuIat ratio velut:
Gapt. 11: Neg&t berde ille | ültimtüs. accedito.
Cure. 438: Quia nddinsqnärtus venimtito in C&riam.
Men. 327: Proin tu ne quo äbeas löngitüs ab &edibus.
Men. 5ü6: Sanum est, adulescens, sinciptit, intellego.
1) Weise tribait hone venimi »Iteri fabnlae recenrioni.
2) Hiatas inter er§do et utuUl
8) adfatbn : syllaba brevis et hiatas.
4) Velut ad Men, 762: ßüa oreticos at alia daotylica in hao prae«
lertim fabnla.
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8 Georgias Wedding
Men. 921 : PötiöniB &liqaid prius quam perciptt ins&nia i).
Merc. 920: Omnibus hie lüdifie&tur mk modfs. Ego stüHior.
Neque tarnen mihi quisquam probabit Plautnm ipsum ut
in bis versibus ita in aliis dactylicas posuisse formas pro cre-
ticis. Quaenam causa fiiit, qua hoc ut faceret, commoveretur?
An nostris temporibus philologi hos versus facile supplere pos-
sunt, Plautus ipse non potuit? Immo corrupti sunt versus,
neque explicare difficile est, qui factum sit, ut vocabnla dacty-
lica eaque praedpue in tertio et quarto pede iambici senarii et
in quinto et sexto trochaici septenarii reperiantur. Dipodiarum
enim lex facit, ut, si prima syllaba solutae quartae arseos iam-
bici senarii vel sextae trochaici septenarii est syllaba finalis,
quae antecedit theseos syllaba, eam brevem esse oporteat, h. e.
tertia arsis iambici senarii vel quinta trochaici septenarii saepe
una cum sequente thesi et prima syllaba solutae arseos (quar*
8. Td 5. 4. ▼•! e.
tae vel sextae) efficit dactylum (o. o ^[J\) *). Atque si quovis
modo vocabulum, quod alteram solutae arseos ef&ciebat sylla-
bam, deletur corruptela, dactylica forma creticae vice videtur
fungi. Emendandi sunt igitur versus Capt. 11. Cure. 438.
Men. 327. 506. 921. Merc. 920, emendandi Epid. 498. Poen.
8ö. 1052, in quibus syllaba Plauti aetate sine dubio correpta
longa videtur esse, cum vix serio ea re nitare, quod ter corrup-
tela insinuavit eos in versus, qui nominativum sg. primae de-
clinationis continent, singuUs antem locis formae: uUimus, veni-
mus, langitts, sinciput, percipüj amnibus creticae videntur esse *).
Quamquam, ut supra dixi, in bis omnibus versibus emenda-
tiones proferre non difficile est verisimiles aut probabiles *),
tamen eas, quae nsque ad id temporis sunt prolatae, valde
dnbito accipere ^).
1) Skutsoh, Wölfß. archiv XII, 212 oontendit in hoo versa formam
pereipä senravisse nltimam produotam; warn reote?
2) Vel raro: ^yj u ^tf[J\. Of. pag. 28.
8) Hanc argumentationem, at ita dioam, praeiadioiam esse non me
effugit Sed acooratias non prius iudioare possamos qaam de dactylicis
apud Plautum formis neoessaria institnta est quaestio.
4) Epid. 498 transponit Fleckeisen ^iftft^wMifiiififi et 9mm lAerOj
Poen. 1052 Mneller : i&9tera et emm üh fuü, — Poen. 86 proponit Klots
(pag. 276): Altera qoinqttennis, altera <6rat) qnadrimala.
5) Gf. Vahlen, Hermes XVn 806 sqq.
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De vocalibus produetis Latinas voces terminantibas. 9
Qnoniam illis undecim versibus iambids senariis aitctori-
tatem non ioesse satis demonstraTisse mihi videor, oonvertite
nandam animos ad trochaicos septenarios, ex quibos adbiben-
tiir yeraos tres:
Gas. 814 : Di hercle m^ cupiünt seryatum. lam öboloft Casma
prooul.
Cure. 602: P4ter istüm >) mens gestit&vit. || At me& maiertera.
Pen. 516: Quae istaeo Fortuna lucrificast? || Istas qaa6 no-
rdnt roga.
Ex quibtts minimi pretii est versus Fers. 516, cum inter se
discrepent Ambrosianus et Palatini. Hi enim versum prae*
bent, ut supra eum attuli, longe aliter autem Ambrosianus:
LVCRIFERAESTFORTVNA, qua in lectione nihil est offen-
sionis. Iure igitur legemus hunc yersum:
Qn&e istaec lücrifera est Fortuna. | Istas quae norünt roga *)
cum hiatu legitime in diaeresi et ante personam mutatam *).
Versus Cure. 602 traditusne sit recte, et Leo dubitat et
C. F. W. Mueller. Atque Leo, quia corruptelam opinatur esse
ante personam mutatam, in editione scribit:
Pater istum mens gestitavit * 1 At mea matertera
in adnotatione adidens : fort, geüüamt {Mm). Contra C. F. W.
Mueller coniunctionem at corruptam esse suspicans dicit 1. c.
pag. 9 : ich für meine person glaube nicht, dass man in irgend
dner spräche so disputieren wird: „den ring hat mdn vater
getragen''. „„Aber meine tante'**'. Atque hoc quidem assen-
tier Muellero corruptelam non esse in eis verbis, quae facit
Planesium, sed in eis, quae Curculio. Responsum autem, quod
reddit paradtus, Mueller neque perspexit neque, quae coniunc-
tioni at inest vis adversativa, tanti fedt, quanti est fadenda.
Atque, nisi omnia me fallunt, vera huius versus interpretatio
est haec: „mdn vater hat den ring getragen''. „„Aber meine
tante hat doch — "", i. e. mediam Curculionis orationem Pla-
nedum interrumpit verbis^): mater ei utendum dedercU, Quae
cum ita dnt, non alia coniocerim opus esse mutatione nid post
coniunctionem at addere particulam enim ^) vel pol, quas non
raro coniunctionis at augere vim satis notum est:
P&ter istüm mens gestitavit || At (enim) mea matertera — .
1) soll, atmhim, 2) Ambrosiani leotionem recepit Leo.
3) Cf. psg. 18. 4) Similiter res se habet Merc. 431.
6) De hac particula vide Brix ad Trin. 706.
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10 Georgius Wedding
Qui in V. Gas. 814 nominativuin sg. primae declinationis
exire contendunt in a productam:
Di hercle me oupiünt serv&tum. lam oboliut Caainft procul,
ementiuntur; nam neque in Ambrosiano neque in Palatinis
traditus est nominativus Casina sed potius GasiniAs. Quae lectio
sine dubio est prava neque, ut confirmetur, proferri potest,
quod y. 809 ridicule dicit Pardalisca:
Lübet Ghalinum quid agat scire, növom nuptüm cum novo
marito.
Nostro loco enim (v. 814) nemo loquitur nisi Lysidamus,
qui primam huius versus dicit partem, aut Olympio vilicus,
quorum uterque ignorat Gasinam esse revera Casinum i). Fieri
ergo non potest, ut formam dmnus probemus, sed emendatio
incerta est et ambigua*).
Quoniam quattuordecim iUi versus, quos, ut a litteram
nominativi sg. primae declinationis productam esse confirment,
ex diverbiis afferunt viri doctissimi, sine dubio sunt reiciendi,
eo magis diffidemus eis, qui adhibentur ex canticis, atque om-
nino valde miror, quod talibus locis iterum iterumque nimiam
vim et auctoritatem tribuerunt viri dooti tribuuntque, quamquam
neminem effugit, quam dubia canticorum sit ratio metrorum.
Sunt autem hi novem versus, qui afferuntur:
Aulul. 136: Da mi^ öptuma föminft, manüm *).
Baccb. 1128: Pol hödie altera iam bis detonsa oertost ^).
Gas. 655: Dicäm. Tua ancillS, quam tuö vilicö vis^).
Gas. 696: Quid üxor meä? Non adift atque ad^mit ^).
Gas. 743 : Genä modo si sit cöcta ^).
Men. 762: Quidnam h6c sit negöti, quod filiä sic^).
Pseud. 1278a: Id fuit naeniä lüdo 7).
Trin. 251: Nöx datur: dücitur f&miliä t6ta«).
Truc. 459: Lucri causa av&ra probrum sum exsecüta *).
1) Pardaliscae aut Chalini ipsius verba non sunt, quia hae per-
^ 8onae non prodeant ante v. 816.
2) CoHna proeul non legi potest, ne Cäätnü tribrachyn effieiens
ictom habeat in paenoltima.
8) Dimeter iambious acat — femina est vocativus, sed non detri-
mento erit de hoc versa iam hie verba facere.
4) Tetrameter bacohiaoas acatalectas. 5) Paroemiacns.
6) Dimeter bacohiaens cum Reisiano (va.u»^).
7) Trimeter oretions catalectioos. 8) Tetrameter oretions catal
9) Tetrameter baccb. acat,
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De vocalibus prodactis Laiinae voces terminantibus. 11
Quia versam AulttL 135 dimetri seqnuntur iambid^):
Vbi ea est? Quis e&et nam öpiuma?
II Tu. I Tüne ais? | Si negas, negö.
II Decet te ^quidem v6ra pröloqni;
Nam optüma null4 potest eligf,
facile adducti sunt viri docti, at, etsi numeri sunt deformes,
versum 135 quoqne dimetrum crederent esse iambicum *). Sed
com paulo post nova hoias cantici pars a creticis incipiat ver-
sibtts:
V. 142: D& mihi | operam amabo. | Toast, ütere atqoe imperä
si quid vis.
II Id qood in rem tuam öptumum esse ärbitror, ted id mönitum
advento *),
mihi dobiom non videtur esse, quin prior quoque pars (v. 135
— 141) cretico a versu ceperit initium:
Da mihi | optuma f^mina manum ^),
i. e. dimeter creticus cum clausula .uuu^*), quo versu iden*
tidem usus est Plautus velut:
Most. 339: Ecquis hie est? || Adest || Eü, Philolaches.
Inter dimetrum autem creticum et clausolam ^^^u. syllabam
admitti ancipitem nollo intellegitor n^otio et coniirmatur
V. Bacch. 1112:
At mihi Ghrysalüs öptomos homo.
Secondo loco detrahendos est y. Bacch. 1128, qui, ut supra
dixi, Tulgo legitur, tamqoam si bacchiacos sit tetrameter acata-
lectus. Sed qoid nos impedit» qoominos seqoamor Leonem, qui
soadet:
Pol hödie alt[e]ra *) iam bis detonsa certost
i. e. bacchiacos dimeter acat cum Reiziano, qui versus fre-
qoenter occurrit apud Plautum:
Gas. 649. 650: Malüm pessumümque hie modo intus äpud nos.
Gas. 658: Virö quae suo interminetur: vitam.
1) Goets-Sohoell in hac cantioi parte omittant ictas.
2) Inprimis G. F. W. Maeller et Leo.
8) Sunt oretioi tetrametri com clantula: ^u^^u^u.
4) Post mihi est hiatas (non legitimus) at in v. 142.
5) De olansola — uuu^ of. Leo, die plant, cantioa, pag. 11. 12.
6) aUra : 0ft»r« » d§xtra : dBxUra,
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12 Georgius Wedding
Gas. 662: Insectatur ömnis domi per aedis ^).
Similiter res se habet in versu Gas. 696. Atque opinatur Leo
hunc quoque versum ut Bacch. 1128 esse bacchiacum dimetrum
acatalecturo cum Reiziano eum legi iubens hance in modum:
Qaid üxor m^ä nön adiit &tque ademit,
vel mm per synizesin:
Quid üxor mea non adiit 4tque ademit,
quae yera Leonis videtur esse sententia. Sed metrici nos do-
cent bis condicionibus eo loco, quo est pronomen mea, pyrrhi-
cbium *) non admitti, et Skutscb synizesin ostendit verbornm
velut mea, mea^, iäo aliorum eiusdem generis apud Plautam
esse reiciendam >). Quae cum ita sint, Leonis lectio versus
Gas. 696 probari nequit; neque tarnen coniecturas necesse est
versui inferre aut transponere voces, sed aliam proposuerim
dimetiendi rationem:
Quid üxor meä non ädiit &tque ademit^
i. e. dimeter bacch. catal. dochmio non dissimilis *), quem clau-
sula sequitur iambica (dimeter iamb. catal). Liter utrumque
Colon autem, ut frequenter, syllaba est anceps. Neque omittam
nonnullos afferre locos, in quibus Plautus eadem ratione dime-
trum bacch. catal. cum clausula coniunxit iambica^):
Men. 972 in systemate bacchiaco:
Recordetur id, qui nlhili sunt, quid eis preti %
et similiter Amph. 638:
Parümper dat&st, dum virf mei mihi potestas videndi fuit,
i. e. dimeter bacch. acat + dimeter iambicus catal. +
dimeter bacch. catalecticus ^).
Etiam versus Gas. 655 neque vim habet neque aucto-
ritatem. Ad versum 654 enim adnotat Leo: ,,dicam (AP) (id est
in fine versus) secundum P dic&m, tua ancflla
1) Cf. Leo ad Gm. 649. 660
2) Cf. Klotz, 1. c. pag. 848: die zweisilbige Senkung [wird in
baochien] nie durch wortschluss von der folgenden hebnng abgetrennt,
sondern durch bindung mit der folgenden hebung in einem werte mög-
lichst schwach und unselbststandig erhalten.
8) Satnra Viadrina, pag. 122 sqq.
4) Cf Leo, die plaut. cant , pag. 15. 5) Cf . Leo, 1. c. pag. 16. 16.
6) Parn momenti est, quod in hoc versa dimetram bacch. catal.
sequitur dimeter iamb. acatalectus.
7) Versus Bacch. 1128 quoque (cf. pag. 11) eodem modo legi potest
ao Cas. 696: Pol hodie altera iam bis detonsa certost.
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De vocalibas productis Latinas TOees terniinatibos. 13
quam tuo vilicö yis^)"; et Goetz-Schoell varbum dieam sine
adnotatione tribuunt yersui 6ö4. Adhaeret igitnr in Ambro-
siano dieam versni 604*), in PalatiniB aatem, si Leonis recte
perspezi adnotationem, m initio positum est venös 655. Atque
quis est, qui dubitet, quin cum Ambrosiano verbum dieam
tribuendum sit versui 6ö4 (id quod fadont Leo, Goetz-SchoeU)?
Quo fity at uterqae versus (654. 655) sit sine offensione:
654: Possum soire ^o Istuc ex te quid negötist? | Dfcam.
Tua Änoillä, qu4m tu tuö vilico vis
Dare üzorem, ea intus — .
V. 654 igitur est bacchiacus trimeter acat. cum Reiziano*),
V. 655 baccbiacus tetrameter acat
Eiusdem generis versus est Truc. 459:
Lucrf causa av&rft probrum sum ezsecuta,
qui versus ab omnibus fere certissimum habetur docomentum
etiam aetate Plauti syllabaip, de qua didmus, fuisse longam,
qnia eo loco, quo adiectivi awira est syllaba ultima, in tetra-
metro bacch. acat. usqne quaque habeat Plautus productam.
Sed recte Klotz exposuisse mihi videtur rem aliter se habere.
Cuins viri doctissimi deUberatio est haec *): ^^Oberall, wo auch
sonst selbetständig verwandte metrische xüla zu einem grösseren
/iir^oy zusammentreten, ist hiatus (und syllaba ancqw) in
der diese glieder markierenden hauptcaesur zulässig. Wo aber
durch die caesur auch nur ein unselbstständiges, hyperkatalek-
tisches glied entsteht, ist diese asynartetische behandlung aus-
geschlossenes Affemntur exempla hiatum et syllabam andpitem
admitti in diaereu septenariorum et octonariorum, et iambi-
corum et anapaesticorum , et in diaeresi cretioorum tetram^
trorum. Et pergit Klotz, pag. 181: ,,Nach denselben grund-
sätzen wird sich in den bacchischen tetrametem der hiat
(und syllaba anceps) in der hauptcaesur nach dem zweiten
fusse halten lassen, wenn man auch dagegen, vgl. Müller, plaut.
pros. 619 fg., bedenken erhoben hat Denn er wird durch die
analogie der trochaeischen hauptcaesur der trochaeischen sep-
tenare und octonare genau so gerechtfertigt, wie der hiat in
l) — £.uu-£.u-.o-£ — o-£ — , ut videtur, oolon u— u—u — et di-
meter bacoh. acat 2) OL apograph. Ambroi., ed. Stademand.
3) Idem venua Gas. 669:
Qoid örgo? I Ah — M Quid äst? R Inter^mere ait velle vitam.
4) altröm. metrik, pag. 180.
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14 G^orgins Wedding
der hauptcaeBur der iambischen langzeilen'S Neque defioiant
exempla hanc rem confirmantia, ex quibus tria adbibere satis
erit omissis nonnullis aliis quippe corruptis aut incertis:
Trac. 463: Yosmet iam videtls, ut oroata inoedo^).
Men. 968: Vt abseilte erö rem | eri diligenter *).
Rad. 194: Tum | b6c mi indecöre, | infqae, inmodeste'X
Vt igitar in bis versibus et hiatus (legitimus) admissos est
et syllaba anceps, ita Truc. 4ö9 avara desinere potest in a
brevem^ atque supervacaneae sunt in versibus Truc. 463. Men.
968. Rud. 194 coniecturae Muelleri, Ritscbelii, Vssingii, inu-
tilis Truc. 459 Seyfferti avare ^).
V. Trin. 251:
Nox datur: düoitur fämiliä tota
Yulgo habetur pro cretioo tetr. catal. Quod rati Brix-Niemeyer
in quarta quoque Trinummi editione narrant ut in hoc versu
ita aliis lods Plauti, Ennii, inscriptionum ex satumüs compo-
sitarum a litteram nominativi sg. primae declinationis productam
esse. Sed huius versus fides infirmatur, quod paulo ante repe-
ritur alter, qui eodem loco, quo in v. 251 ultima est syllaba
in famäia, syllabam habet sine uUa dubitatione brevem:
248. 249: Nön satis id est mali» ni Ämplilto etiam s).
Sunt enim utriusque versus (248. 249 et 251) numeri:
248. 249: jLsJkjsj^sj^ -£.uui£ruxr
251: .A.s^ 1.«^ itfKJKjyj.l.'U'
Qoae cum ita sint, quisnam a finalem contendere audebit in
famäia hie esse productam? Sed deliberatio omnis est baec,
quomodo horum versuum interpretemur numeros. Neminem
effttgit priorem partem creticum esse dimetrum acat., quem
sequitur clausula _uu_u. Atque nisi omnia me fallunt« baec
1) Maeller rapplet: videtis (me).
2) (tarn) rmn recepenmt Bitachl, Vssing.
8) Fleckeisen transponit: indeeore mi,
4) Qui in bacchiaci tetr. diaered admitti syllabam ancipitem non
credit, ei suadeo, ut hos versus intellegat esse dimetros bacchiaoos acat.
cum clausola Beisiana:
Trac. 468: Yosmet iam videtls, üt ömata inoedo.
Men. 968: Vt ibsente ero rem | Sri diligenter.
Rud. 194: Tum | hoc mi indeeore, | Tnique, inmod^te.
Inter dimetros et olauralam admittitur syllaba anceps.
5) Leo hoc quoque loeo evitat difficultatem an^Uui eese creticum
contendens.
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De vocalibus productis Latinas voceB terminatibos. 15
clausttla adonio simillima (vel adonius ipse?) eadem est, quae
praeter alios locos invenitur Rad. 668:
(Seimus: tanto) in motu nunc sumus ämbae,
cuius clausulae prima arsis soluta est in v. Trin. 251, altera in
V. 248. 249.
Paulo loDgius mihi repetendnm est in v. Men. 762. Goetz-
Schoell et in hoc et in eis tribus, qui sequuntur, versibus
omisemnt ictus, quod numeri sint incerti. Leo autem illum
versum nos dimetiri iubet bunce in modum:
Quidnam höc sit n^oti, quod filiä sie ^),
in editione dicens fabulamm Plauti ter repetitnm esse u^^
crjL. o^ Kj^M. (i. e. bacchiacus dim. acat. cum Reiziano) cnm
clausula v.^.v^-£.-. yel Reiziana. Sed necesse videtur accurate
hos yersus afferre:
Quidnam hoc sit negöti, quod ffliä sie
Repente expetit me, ut kA sese irem.
Nee, quid id sit, mihi oertiüs facft, quid
Velit, quid me accersat*).
Antecedunt bacchiaci tetrametri ') ; a v. 764« alterum incipit
systema bacchiacum, cuius in fine est iambicas dim. cat.:
774: Id est quod süspic&bar.
Quod ad Leonis versus inde a 762 ad 764 dimetiendi pertinet
rationem, non eam laudaverim, cum pronomen guid, quod ille
tribuit versui 763», in codicibus adhaereat v. 764. Atque etsi
hanc rem per se non magni esse momenti haud ignoro, nostro
loco duae obstare mihi yidontur causae: primum quidem huius
cantici cola in codicibus usque quaque perbene seiuncta sunt,
deinde manuscriptorum lecüone servata nulla versus 763« et
764 dimetiendi est difficultas:
763a: Nee quid id sit, mihi certiüs facit
764: Quid velit, quid me accersat
763a est dimeter bacchiacus cum clausula (iambica) u— u. ^),
quae non raro cum versibus bacchiacis coniuncta est» velut:
1) Cf^ pag. 7, adnot 4).
2) Yel: YfiUt, quid me accersat (claasula Reiziana).
3) Excepto versu 760, in quo corniptela etiam nameros turbavisse
videtur. 4) Cf. Leo, die plaut. cant., pag. 22.
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16 Georgias Wedding
Poen. 252. 253: Quiesco. | Eigo amö te. Sed hoc nanc reep6nde
Mihi: sunt hic omnia.
Rad. 205: Ita hlc sola sölis'locis compotita sum.
Men. 764 autem est bacchiacus dim. acat; quamqaam mihi
verisimile est eam l^endam esse:
Qaid velit, quid me(d) accersat,
h. e. iambicas dim. catal., qui ut
Id est, quod süspic&bar
alterum systema bacchiacum (inde a y. 764» ad v. 773), clau-
dit primum. Sed numeri versuum 762 et 763 nobis nomina-
tivurn ßia interpretantibas esse dactylom sunt hi:
762: C...UJL.. »jLwu ^
763: Kju — Kj^ — sjjL — t.^
veli):
vel «):
Atque versum 763 sine dubio proximum est l^ere:
Repente expetit me, ut 4d sese irem,
i. e. bacchiacus dim. acat. cum clausula Reiziana. Verum,
quod ßia sie _j.uv^ in v. 762 vix colon illud est iambicum
u— u_, de quo supra verba feci, sed potius anapaestica videtur
esse clausula. Eins generis autem clausulas Plautum recepisse
et praecipue bacchiacis coniunxisse cum versibus nemo infitias
ire potest. Exempli gratia conferas:
Gist. 8: Pol isto quidem nos pretiö facile est firequentare '),
i. e. dimeter bacch. acat. cum paroemiaco. Iure igitur versum
762 interpretari mihi videor esse bacchiacum dim. acat cum
clausula anapaestica (monometro anap.), quam clausulam, com
simillimi sint numeri:
762: quod filia sie: t.uu^
763: ut ad s6se irem: «^u.e
etiam in v. 763 deprehendi crediderim.
Versum Pseud. 1278&, quia antecedunt cretici, ante id
temporis dimetiebantur viri docti, perinde ac si sit creticus
trimeter catal.:
1) m }id setSj ^yjj^ per legem iamboram oorreptionis.
2) ut coniungi potest cam prima hnias versus parte: repinU ex-
p0tU me ut , , ,\ inter primum oolon et olausulam est syllaba anceps.
8) Non nego claasalam uu^«^o^, ut videtur, in hoo nno verso
762a (et 763?) inyeuiri. Sed non est dubinm, qoin tempus posterum
scientiam nostram auoturum sit clausnlaram.
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De Yocalibus producUs Latinas yoces terminantibus. 17
Id fuit na^niä ludo^
Sed praeterqoam quod eiuB generis versus apad Plautum non
occnnit, altera hunc versum dimetiendi ezstat ratio:
Id fiiit naenlä ludo,
i. e. clausula auapaestica (paroemiacus); eadem, quae in fine
versttum creticorum invenitur Rud. 216 a:
Me n6nc miseram ässe ita uti sup.
lam unus superest versus Gas. 743 isque dubiae naturae;
quiy ut supra dixi, vulgo legitur:
Cena modo si sit cocta^
i. e. paroemiacus. Atque hoc ut accipiamus, 8uadei*e videtur
versus, qui antecedit, idem paroemiacus:
Quid nunc? quam möx recreas me;
dissuadetur, quod in Ambrosiano versus 743 non eodem or-
dine sub v. 742 scriptus est^), id quod ea de causa factum
videtur esse, quo faoiUus alium versum atque antecedentem
esse appareat Neque quidquam impedit, quominus — ut iam
Leo quamquam dubitans suspioatur — eum interpretemur esse
iambicum dimetrum cataL cenä tnödo si sti cöda, praesertim
cum paulp ante alter reperiatur dimeter iambicus (acat):
V. 732: Mane. || Quid est? Quis hie est homö? %
Demonstrasse mihi videor illorum trium et viginti versuum
Plautinorum, in quibus nominativus sg. primae declinationis
cadere videtur in a productam, partim admittere syllabam an-
cipitem, partim esse corruptos, partim in metrorum ratione
dubiae naturae, ut omnibus vis deroganda sit atque auctoritas.
Longe inoertiores autem, quam de quibus supra verba feci
versibus, sunt ei, qui adhibentur ex poetis et inscriptionibus ')
eittsdem fere, qua fuit Plautus, aetatis« Quae exempla ad unum
omnia reiecit Stadelmann ^) solum omittens versum Naevii, quem
iambicum senarium esse contendit Corssen Aussprache II 450:
Atque prius p&riet locusta Lucäm bovem.
1) Tide apograph. Ambros., ed. Studemnnd, et Leo, Die plaut.
Cant. pag. 48.
2) Sic Goets-Sohoell. Nescio qua de causa Leo in editione noiet
troohaeos.
8) Ex Scipionum afferuntur elogiis : forma (£. Schneider, Exempla,
88 ß, 3), famä (Schneider 90, 8), vüä (Schneider 91, 4) , quae formae,
oQin UBque ad id temporis saturniorum ratio metrorum non sit per-
specta, nihil valent. 4) L. c. pag. 7. 8.
\ %. kuai» d. indff. ■pnehm. XXVU. 2
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18 Georgius Wedding
Sed primum pognat in hoc versa nomen locusta cum dipodianim
lege <), quia paenultima producta efficit thesin quartam iambici
senarii; deinde Varro, qui profert illa verba, tantum dicit:
Apud Naevium : Atque prius pariet locusta Lucam bovem. Luca
bo8 dephas. Quae res cum ita se habeat, eodem iure atque ex
fabula quadam Naevil iudicabimus potius iUa verba sumpta
esse ex Bello Poenico, id quod suspicantur Ottfr. Mueller et
Luc. Mueller verba a Varrone allata duobus tribuentee versibus
saturniis *). Negari igitur non potest aetate Plaut! syllabam,
de qua quaesivimus, fuisse correptam, quae correptio sine ulia
dubitatione permultis annis ante facta est, ut neque inscrip-
tiones neque aevi vetustioris poetae hanc syllabam servaverint
productam.
De vocativo sg. primae declinationis pauds possam absol-
vera Apud Plautum neque exemplis ostendere possumus hunc
casum exire in syllabam brevem neque in productam, cum,
quibus locis occurrit, in eis admittatur syllaba anceps '). Nam
etiam in v. Gurc 192*), qui vulgo legitur:
EbriolS persölla, nügae? | Tan meam \ euerem vituperas?
non vis est et auctoritas, quia dimetiri licet:
Ebriolä persölla, nügae? | Tun meam ^).
Sed exempla aetate Plauti vocativum desiisse in a brevem po*-
multa ex Ennio, aequali fere Plauti, petere possumus:
Ann. 30 (L. M.): Eurydica prognatä, pater quam noster amavit
34: Postilla, germanä soror, errare videbar.
38: His verbis: o gnatä, tibi sunt ante ferendae,
aliis locis. Utrum autein vocativus in a brevem terminans
(velut ßiä) olim propria fuerit *) forma an ortus sit ex nomina-
tivo *filiä, diiudicare non possumus , quod in lingua Latina ex
utraque forma eam, quae cadit in a litteram correptam, eva-
dere oportebat.
1) Cf. pag. 2. 2) L. MoeUer, Bell. Poen. Y. 74. 75:
atque prios pariet locuata
Lucam bovem.
Baehrens, Frg. poet. Rom. p. 9:
atqu6 priüs pariet | bov^ locüsta Läoam.
8) ulmürtbä (Fers. 279 : neeoio, inquam , ulmitribä tu) est atirps in
a masculini geueris.
4) De versu AuluL 135 of. pag. 11. 5) Sic Leo.
6) Cf. askr. nom. ambä (mater), voc. amba.
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De vocalibus prodaotis Latinas Toces termtnantibas. 19
2. Nominatitus et vaeativßis natninum propriorutn Oraecorum
in -cg et -»?ff*).
a. Nominativus.
Quaestio, quam Stadelmann 1. c. pag. 18 de bis instituit
nominibus, parum est felis, quod simul de nominatiyo verba
fecit et Tocativo; quo factum est, ut omnia misouerit et turba-
yerit, planum fecerit nibil.
Quod ad nominativi pertinet syllabam ultimam, qua ait
natura, non facile est decemere, cum saepismme nomina repe-
riantnr aut in exitu Tersus aut ante vocalem, ut propter eli-
sionem natura syllabae finalis perspici non possit
Apparet tarnen Plautum bis nominibus propriis usum esse
littera finali a deiecta. Versus Plautini autem, quorum ratio
babenda est, sunt tres:
Amph. 438: Qufs ego siirn saltem, si non sum SosiS? te int6rrogo.
439: Ybi ego Sosift nolim esse, tu esto s&ne Sösia.
1024: Sösia. | Ita, sum Sösiä, nisi m£ esse oblitum existimas *).
Qttibus ex versibus nihil valet Amph. 438, quia pro te
licitum est scribere ted^):
Qufs ego sum saltem, si non sum Soslä? te(d) interrogo^).
In versu 1024 autem dimetiri possumus:
Sösia. I Ita, sum Sösiä, nIsi me esse oblitum existimas,
quam dimetiendi rationem ut accipiamus, suadetur, ne ultima
ante diaeresin thesis duabus efficiatur syllabis ^).
Sed si spectamus versum 439, nominativus Sosia longa vi-
detur terminari sjUaba. Gui rei, nisi omnia me fallunt, haec
repognat deliberatio: nomina velut Soria {S(jjaiag\ paeta (ftoirj"
Tijg), nauta {vaitrjg;) ex lingua Graeca in Latinam translata in
hac declinantur secundum primam, quam dicimus, declinationem;
1) a litteram nominativi sg. Graeeornm nominum propriornm fe-
minini generis velut Seapha^ Myrrina, JPkUum^na etc. docnit Stadelmann
1. c. pag. 15 sq. nsque quaque apud Plantnm et Terentinm eoe locos
tenere, ex qnibas de qaantitate nihil conclndi pouit.
2) Stadelmann affert praeter hoe verrae Amph. 888:
Nam qaom de illo subditivo Sötia mirümet nimis (!)
8) Maeller, Naohtr. pag. 2.
4) Leo hoo qaoqoe loco Sosia creticnm eme contendit.
5) Cf. Klotz, I. c. pag. 146. Skntach, Sat. Yiadr. pag. 141.
2*
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20 GeorgiuB Wedding
unde efficitur, ut nominativos SoHüj poeta, nauta respondere
necesse sit nominativo primae dedinationiB Latinae, cuins ulti-
mam etiam in nominibus feminini generis apud Plautum brevem
esse supra demonstravimus ^) : ergo fieri non potuit, ut nomina-
tivns Sasia mitteretur a Plauto in syllabam prodnctam. Quae
sententia duabus adiuvatur causis: primum Amph. 439 unus
est versas *), in quo nominativus nominis Oraeci in -ag longa
terminator syllaba, deinde non difißcile est transponendo huic
looo mederi:
Vbi ego nölim Söeia esse, tu esto s&ne Sdsia'),
id quod eo magis commendatar, qoia nominativus Soria cre-
berrime deprehenditur ante vocalem ^). Huc accedit, quod apud
Terentium Ulis dnobns locis, in quibus nominativus nominnm
eiusdem generis ac Soria non ante vocalem aut in exitu versus
aut in diaeresi iambici septenarii vel octonarii reperitur, duae
eum sequuntur syllabae (breves):
Eun. 707: Die dum hoc rursum, Ch&ereä tüäm v6stem dStraxft
tibi?
Phorm. 484: Phaedri& tibi ädest. | Vbinam? || Eccum ab sda
pala^stra exft foras,
quae res, nisi fallor, nos dimetiri iubet: Cha6reA tüam; Phae-
drii tibi adSst.
b. Vocativus.
Optima Latinitatis aetate poetas hunc casum duplici eiFe-
cisse modo: et in -ä et in -ä nemo ignorat:
Ovid. Met. V. 242: Te tamen, o parvae rector, Polydectä, Se-
riphi.
Horat sat. IL 3, 187: Ne quis humasse velit Aiacem« Atridft,
vetas cur?
1) Getemm nomina mueulini generis secandam primtm deolina*
tionem velat agrieoläf $eribä^ iegin$pä in lingaa Latina nanquam oaaom
rectam mintae videntar in a prodootam.
2) Inoertns est vertos Ennii Ann. 19 (L. M.):
Dootn' parens Anohistt, Yenos quem polchra dearnin,
qnem venam soribit Yahlen:
Doetoaque Anofaisä, Venu' quem puloherrima dinm.
8) Mneller pag. 9; Kaohtr. pag. 2.
4) Nominativus Sosia apud Plautum ondevioiea ocoomt, sed sep^
ties in fine versoa: Amph. 148. 838. 898. 400. 408. 956. 1002; nories
ante vocalem: Amph.: 887. 894. 411. 427. 698. 609. 615. 918. 619.
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De vocalibus productis Latinas voces terminantibus. 21
oontra per a prodactam:
Hör. carm. U. 4, 2: Xanthiä Phoceu. Prius insolentem.
Verg. Aen. X. 229: vigilasne, deum gens,
AeneS? Vigila et velis inmitte rudentis.
Quid veri est similius quam Plautum qnoque et Terentium
et seryavisse a litteram prodactam, at est apiid Graecoe, et
secundum Romanos usos esse a brevi, quae duplex consuetvdo,
cum forma Graeca et Latina essent simillimae, facile potuit
86 insinuare? Atque forte aooidit, ut apud Plautum uno loco
perspici poesit, qua quantitate sit syllaba finalis vocativi:
Asin. 740: Leönidft, curre, öbsecrö, patrem hdc or&to ut veniat,
i. 6. secundum Graecos ^); eadem ratione Terentius Heaut. 406:
Salve, inime mi. | 0 mi Cliniä, salve. || Vt vales?
Verum sive brevis sive producta a littera esse potest:
Andr. 301: Quid ais, B;frrifl? däturne illa P4mphilo bödie
nüptum? I Sic est.
Eun. öö8: Gha^rel, quid est qu6d sie gestis? quid sibi hie
vestitus quaerit? *)
Phorm. 154: Phaedriä, patrem ut ^xtimescam, nbi veniat in
mentem eins adventi! ')
3. NaminoHvuS'accusaHpus plurolis neutrius generis.
Nominativum-accusativum plur. neutr. gen. olim desiisse in
a litteram productam non solum docent linguae cognatae velut
Ved. yugd, Got. ßika, sed in lingua Latina ipsa numeralia in
^ginta^ quae nominativos-aoousativos plur. neutr. gen. esse satis
coDstat» semper a litteram servaverunt productam, cum, ante-
quam eomm a correpta est, obriguerint. Hanc autem oocrep-
tionem iam aetate Plauti factam esse eo ipso apparet, quod
saepe a nominativi-acc. plur. neutr. gen. invenitur in ultima
thesi iambici senarii et trochaici septenarii velut:
Most 49: Tu förtun4tus, ego miser, patiündä sunt
Most 417: Profecto ut liqueant 6mnia et tranquillä sint
1) Non iure igiiur transponit Maeller, 1. o. pag. 9: otirre, dhseerö,
Ledmd» . . .
2) AnteposQerim : Ckairßa, qtOd ssi qu6d He , ne theiin so-
lotam interrumpat syllaba finalis [Chadreäf qM \ Ut quöd. ....).
8) Praepono: Pha^driä, pUtrmn ut MimUeam , of . adnot. 2),
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22 Georgius Wedding
Trin. 861: Quam magis specto, minus placet mi haec homi-
nis f&cies: mirä sunt,
niultis aliis locis. Ut autem a viris doctis versus allati sunt,
in quibus a littera nominativi sing, primae declinationis pro-
ducta sit, ita opinantur esse versus, qui a productam nomina-
tivi-aco; plur. nentr. gen. confirment ^). Atque vulgo ex Plauti
fabulis haec promuntur exempla ') :
ex diverbiis:
a. ex iambicis senariis:
Pseud. 563: Me idclrco haec t&nta facinorft promittere.
b. ex trochaicis septenariis:
Asin. 199: G^terS quae völumus üti Oradca mercamür fide.
Men. 900: Quae me cläm ratüs sum fäcere, ea 6mnia fecit
palam.
Mil. 1314: Quid vis? || Quin tu iübes ecförri ömnift quae isti
dedi?
Mil. 1338: J^xite 4tque ecferte huc intus ömniä quae isti dedi.
Mil. 1408: Obsecro hercle te, ut meä verba aüdi&s prius qn&m
secat
Rud. 1086 : tx crepiindiä. H Quid, si ea sunt aürei. H Quid istüc
tua? »)
Quibus Septem versibus fidem esse derogandam censeo.
Versum Mil. 1408 enim dimetiri licitum est cum hiata legitime
in diaeresi ^) :
Obsecro h6rcle te, üt m^ä v6rba aüdiäs prius qu&m secat'),
et in V. Rud. 1086 ante personam mutatam syllaba admittitur
anceps, ut mutatione:
Cum crepündiis. | Quid . . . . ,
quam commendat Leo, non opus sit, quamqnam in eadem fere
re Plautum non nego scripsisse cum crepündiis Rud. 1362 sg.:
una istinc dstella excepta est modo
1) Gf. Gonsen, Aassprache II, 460. Baecheler^-Windekilde, Deoli-
nation pag. 40. Stadelmann, ]. c. pag. 28.
2) Omisi eos versui (iamb. tept. oct, anap. sept. oct), in qaibns
syllaba, de qua dicimas, eam tenet Bedem, in qaa admittitar «yilaba
anceps, velut in diaeresi: Amph. 1055. Asin. 419. 618 . . .
8) Bad. 1216. 1222 :
Omni&n licet? | Licet, sed sein quid est qnod te volo?
0mnift(n) licet? | Licet: tibi rursam r6fero gratiam,
a producta est vi positionis.
4) Cf. pag. 18. 5) Sic Leo.
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De vocalibos productis Latinas Toces ierminantibus. 23
Ciim crepündifs, quibuscum hödie filiam inveDi meam,
et similiter Cist 709: cistellam cum orepundiis.
Quod pertinet ad forma«: aUfrä (Asin. 199), ömfiia (Men.
900. Mil. 1314. 1338), fäcinöra (Pseud. 563) »). non aliter de
eis iudicandum est ac de formis libifrä, alt^a, ömmbüs, vSttt-
müs, de quibus accarate verba feci pag. 8 et emendandos esse
versus, in quibus occurrunt, ostendi. Atque in uno quidem
versu (Asin. 199) emendatio probabilis tamquam ipsa se praebet:
CSterüm quae völumus üti Oraeca mercamür fide '),
vel quam ego anteposuerim emendationem :
Cetera quäe (dos) völumus üti Graeca meroamür fide *).
Difficilius autem est yersibus Men. 900! Mil. 1314. 1338.
Pseud. 563 mederi, id quod vulgo fit transponendo: Men. 900:
omnia ea^); Mil. 1314. 1338: ofnnia isH quae*); supplendo
Pseud. 563: facinara {his} <). Neque vero bis coniecturis satis
habeo fidei, sed versus Men. 900. Mil. 1314. 1388 cum hiatu
legere praefero quaroquam non legitimo:
Men. 900: Quae me cl&m ratus sum f&cere | ea | omntä fecit
palam ^).
Mil. 1314: Quid vis? | Quin tu iäbes ecferri | ömniä quae | isti
dedi?
Mil. 1338: ^te &tque ecferte huc intus 6mnlä quae | ist!
dedi •),
versum Pseud. 563 desperans probabiliter corrigere.
Ad bos Septem versus autem diverbiorum accedunt sex ex
canticis:
Men. 974: Verberä cömpedes *).
Pers. 761: Quorum opera haec mihi facilia factü &ctft sunt
quae volui effieri »•).
Poen. 253: Sunt hie omnia quae ad deüm pacem oportet ^^).
1) Cf. pag. 8 adnot. 2).
2) Sic Leo. 8) (nos) add. Fleckeisen. 4) Bothe.
6) Ritochl et Taubmann. 6) Ritachl.
7) Fortasse post omma pronomen interponendum est velut Ate.
8) Versus Mil. 1814 et 1888 snnt sine offensione, si pro relativi
forma quae ponimns rariorem: quioy de qua vide sis infra:
omniä qnia isti dedi (?)
9) Creticus dim. aoat. 10) Anapaesticus oct.
11) Baccbiacns tetr. acat.
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24 Georgius Wedding
Rud. 199: Ts uavem atque ömniä perdidit in inari ^).
Rud. 215: Algor, error, paYor, me ömniä tenSnt •).
Rud. 933: Oppidä circümvectäbor; übi noMlitas m4a erit
cl&ra *).
Atque prirnum reiciendos esse ostendam illos tres Tersas
sumptos ex Radente. Y. 199 enim ultima adiectivi omnia
syllaba eum cretici tetrametri tenet locum, quo syllaba anceps
admittitur et hiatus *). Quae res his confirmatur versibus :
Asin. 134: N&m mare haud 68t mare, vös mare acerrumum.
Asin. 137: Qua£ dedi et quöd ben^ föci, at poeth&c tibi ^).
Rud. 233: Gerto vox mdliebris aüris tetigit meas;
hiatus autem invenitur:
Asin. 135: Nam in mari repperi | hie elavi bonis.
Gas. 149: Qu4ndo is mi et filio | ädvorsatdr suo.
Gas. 190: Nee mihi iüs meum | öptinendi optiost
Rud. 950: Sed boni eönsili | ecquid in te mibist?
Quod cum ita sit, iure versum Rud. 199 legemus:
Is navem ä.tque ömniä perdidit in mari.
Quis autem nobis persuadebit versum Rud. 215:
Algor, error, pavor, me ömnia tenent
creticum esse dim. acat. + clausulam _v>.u. ^), cum iam
supra viderimus ^) Plautum identidem creticos coninuxisse cum
clausula ^kj^jkj^ ?
Quia circum versum Rud. 933 reperiuntur anapaesti, dissua-
detur, ut eum compositum esse interpretemur ex trochaeis.
Neque haec res editores effugit fabularum Plauti, qui omnes
recepisse videntur:
Oppida circiimvect&bor.
Vbi nöbilit&s mea erit clara,
i. e. paroemiacus et anapaesticus dim. acatalectus.
Etiam versus Men. 974 et Poen. 253 altera legendi Sunt
ratione: v. Men. 974, cum antecedant versus baccbiaci (praeter
V. 973) et sequatur eiusdem generis tetrameter, facile adduci-
mur, ut dimetiamur:
Verbera compedes *),
1) Creticos tetr. acat.
2) Greticus dim. acat. cum clausula ~u_^u^.
8) Troch. oct. 4) Gf. pag. 18. 5) De hmif of. ioira.
6) De hac clausula vide Leo, 1. c. pag. 8 sqq.
7) Pag. 11. 8) Sic Leo.
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De Tocalibus productts Latinas voces terroinantibus. 25
i. e. bacchiacus dim. catal., qui patdo ante (v. 972) reperitur
cum clausala iambica^): Recördetur fd, qui nihili sunt, quid
eis preti.
Versus autero inde a Poenuli 252 ueque ad 254 disponit Leo
(nesdo, num oodicum secutus sit dispositionetn ; nihil enim ad-
notat) hunce in modnm*):
Quiesco. I Ergo am6 te. sed hoc nunc respönde
Mihi: sunt hie ömnia,
quae ad d6um ^) pacem oportet adesse? | Omnia äccurävi,
i. e. bacchiacus tetrameter acat. + bacchiacus mon. cum clau-
sula w.«u»_ ^) + bacchiacus trim. cum Reiziano.
lam nnus superest versus Plautinus Pers. 761, qui ipse
nos admonet) ne aetate Plauti litteram a, de qua dicimus,
fuiase productam temere concludamus, cum syllabam longam
non difficile sit remoyere. Qui versus vulgo legitur:
Quorum öpera haec mihi faciUa factu facta sunt quae
volui effieri;
G. F. W. Mueller autem, cuius partes seqnitnr Leo, proponit ^):
Quorum öpera haec mihi facilia factü facta (haec) sunt,
qua6 volui effieri, /
quam lectionem non dubito recipere.
Neque usquam alibi in litterarum Romanarum monumentis
exstat locus, qui syllabam, de qua verba facimus, longam esse
possit probare. Nam versus Ennii Ann. 300 (L. M.) sine dubio
est corruptus •):
Eloqueretur et cunctä malaque et bona dictu;
itemque corruptela insinuavit in Ann. v. 93:
92 : Gonspicit inde sibi data Romulus esse t propriam ^)
Auspicio regni stabilitfi scamna solumque.
Atque ego quidem inter stabilüa atque scamna coniecerim
omissam esse coniunctionem ei, quam librarios frequenter omi-
sisse nemo ignorat:
1) Cf. pag. 12. 2) Goetz-Sohoell scribnnt ictiboa omissis:
258. 254: Sunt hio omnia, quae ad deam paoem oportet adesse? | Omnia
accuravi.
8) Non reote Leo : quae ad deum , quo icta , niii fallor, no-
tare vult, deum per synicesin esse legendum. Cf. pag. 12.
4) Cf. pag. 15. 5) L. c. pag. 18.
6) Cf. Yahlen, Mus. Rhen. XIV 555 et L. Maeller in editione reli«
qniarum Ennii« 7) Yahlen: priora\ L. Maeller: proprüim.
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26 Georgius Wedding
Auspicio regni stabilita (et) scamna solumque.
Vnus, qui ex Terentii fabulis a£fertur veroas, dubiae est
naturae:
Ad. 612: Membra metu debilift sunt: animus timore^):
sunt cfaoriambi: ^kj^ e.uu.-£.uu_uj[ . Longe aliter autem
dimetitur Spengel:
Membra metu debilia sunt:
Animus timöre obstipuit,
i. e. trochaicus dim. cat et lamb. dim. cat. *).
Ut igitur in linguae Latinae monumentis usque quaque a
littera nominativi sg. primae declinationis brevis est, ita nomi-
natiTUS-acGusativus plur. neutr. gen. in a productam desinens
nusquam deprehenditur, sed huius vocalis correptio eodem fere
tempore facta videtur esse, quo a nominativi sg. primae decli-
nationis correpta est.
4. Ablativus sg. primae declinationis.
Ablativum sg. primae declinationis exiisse constat in ^-ad^
id quod aevi vetustioris testantur inscriptiones, in quibus inve-
nitur: Binnad% praidad*)] et senatus consultum de Baccha-
nalibus ^) (a. n. c. 568) semper ponit litteram d <), quamquam
dubitari nequit, quin illa aetate haec d aut non dicta et aadita
Sit aut tenuiter; nam apud Plautum a ablativi freqnenter eli-
ditur velut:
Amph. 193: Praeda &tque agrö | adöri&que adfecit populär^ suos,
et multis aliis locis. Neque mirum est, quod ablativus d littera
abiecta apud omnes scriptores Romanos mittitur in a pro-
ductam.
5. Secunda persona sg. imperativi praes. ad. primae coniu^
gaiiofiis.
Secunda persona sg. imperatiri praes. act quattuor coniu-
gationum respondet secundae personae sg. indicativi praesentis,
1) Sic Fleckeisen, Vmpfenbacb.
2) Verg. Aen. III 464 legitur gravid vi arseos, qnippe qoae forma
tribrachyn efficienfi in venu heroico locnin habere non posait.
5) Schneider, Ezempla 117: Äf, CUmdius M, f. eomol Humad ctpü.
4) Schneider, 1. c. 119: M. Foun'o C. f. tribunoi miUUir0 de ftrai-
dad MaurU deded, 6) L. c. 97.
6) Velnt; spiUnHad^ ^,
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De vocalibus productis Latinas voces tertniDantibus. 27
scilicet praeter id quod imperativi formae s littera carent finali:
laudä'8 : lauda; dd€'8 : deli; Ugi-s : leg^^)\ aiudf-^ : otkff.
Quod cum ita sit, a imperativi usque quaqne prodoctam esse
exspectamus. Neque tamen paucis accidit locis, ut baec syllaba
brevis Tideatur esse» sed exempla ipsa üacile nos docent boc
fiactum esse ex ea lege metrica, ex qua, si verbi iambici ictus
est in paenultima vel sequitur productam, baec corripitor >) :
satis erit unum exemplum afferre itemque alterum:
Carc. 38: luventüte et püeris liberis, ftmä quid lubet
Cure. 708: Qu&ndo vir bonü's, responde quod rogo. | Rögä
quod lubet.
6. Aniidea, anteä ^), postideä, postea, postillä, intereä, praeUrea,
eäprajder *), quärpropUr.
a litteram borum adverbiorum productam esse ex bis in*
tell^gimus versibus Plautinis:
pasiidea:
Aulul. 118: Nunc quo profectus sum ibo: posfeideä domum.
eist. 784: Ybi id erft factum, öroamenta pönent: pöstideft
loci *),
itemque semper cadunt in a productam podeä^^ pa9tiUä'^\
interea % praeterä »), proptereä lo), quä-propter **).
Quibus in adverbiis baeret oontroversiay utrum -eä (et
qua') ablativns sg. sit primae declinationis an aocusativus plur.
nentrius generis. Hoc contendit inprimis Corssen ^>), qui a
productam accusativi plur. neutr. in bis adverbiis servatam esse
coactas est opinam: fieri non potuisse, ut olim praepositiones
1) ^^ pro ^J^fi, qnia t brevis finalis in lingna Latina non serva-
tnr sed mntatur in -9; cf. nominat. marif pro *mar^.
2) Gf. pag. 6, adnot. 6).
8) Adverbiit aiMUi et atUsä Plautut non ntitnr, ted pro bis ad-
verbio miU.
4) Gf. Luoret. IV 887 (Lachm.) :
Deztera eapropter nobis simnlaora remittunt.
6) Stich. 97. 758. 6) Most. 185. Poen. 147.
7) Poen. 467. 750.
8) Asin. 48a Men. 446. Mil. 810. Pars. 172. Pseud. 266. Rud.
236. Stich. 81. Tmc. 82. 9) Anlal. 557. Merc. 88.
10) Mil. 1257.
11) Epid. 42. Men. 714. Most. 278. 825. Poen. 1886. Trin, 80.
12) Anaspraohe II 455 sqq.
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28 Georgius Wedditig
ante, pod, inter, praeter^ propter, coniungerentur cum ablativo,
dehide cnm accasativo. Sed primum quidem scriptam videmas
in seoatcra consulto de Bacchanalibas ^): sei ques eeent, ^trei
arvorsum ead fecteent, quam suprad scriptum est, h. e. prae-
positio adversus (adversum), a qua aurea Latinitatis aetate
pendet accnsativus, cum ablativo coniungitur in hac inscrip-
tione tarn accurate scripta, nt ead errorem esse fabrilem dici
noD possit Deinde in tabula Bantina*) reperitar: past exae,
quae forma quin ablativus sing, sit feminin! generis, dubitari
nequit Quamquam igitur in Latina quoque lingua praepo-
sitiones ante, post, inter, praeter^ propter fortasse cum ablativo
coniungi potuerunt, tamen haec adverbia non crediderim ea
ratione orta esse, ut praeposltio et forma (ablativus) pronominis
determinativ! a praepositione pendens coalescerent, potius vera,
nisi fallor, interpretatio ducitur de adverbiis eiusdem fere ge-
neris interU>i et postibi. In bis enim bina adverbia (inter +
ibi, past + fU) copulando iuncta esse neminem effngit Noa
aliter res mihi se habere videtur in adverbiis interea et poäea,
in quibus adverbia (praq[)08itiones) inter sive post coniunctae
sunt cum adverbio (ablativo) eä, non aliter in ceteris eiusdem
genens *).
7. Oiträ *), extra, infrä, intra »), supra, uürü.
Ex his apud Plautum mittunturin a productam:
extra:
Aulul. 711: Nam ego d6clin&vi padluMm me ezträ viam.
tupra:
Gürc. 477: Confid6ntes g&rrulfque et mdlevoli suprft lacum.
Pers. 819: £go pol vös erddicabo. | At t6 ille, qui suprft nos
h&bitat
Quomodo de his adverbiis et praepositionibus iudicandum
sit, apparet ex s. c. de Bacch., in quo scribitur exstrad ^), su-
1) Schneider, ]. c. 97. 2) Zvetajeff, pag. 76 (8), 77 (28).
8) Cf. poitmadoy deforas, Gf. Skutsoh, Jahresber. für roman. Philol.
IV 76.
4) cüra^ tn/ra, uUra^ nisi fallor, neqne apad Plantam neqae apnd
alium illias aetatis poetam tali loco inyeniantar , Qt 4^ t(Hilpae natura
qnid ooncladi possit.
6) Gf. Enn. Ann. 118. 422 (L. M.).
6) Gf. Oioorom Mrad,
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De vooalibiu productis Latiniw voeas terminantibus. 29
prad: sunt igitor ablativi 8g. primae dadinatioBis, qui postea
d litteram finalem abieoerunt
8. Contra.
De adverbio et praepositione contra, cuins forma simillima
est adverbiis citra, extra, Heorsnm disserere oportet, quia in
diTersas abierunt partes viri docti, utrum aetate Plauti contra
mitteretnr in a prodnctam ^), qua aurea terminatnr Latinitatis
aetate, an in a brevem '), in qnam adverbiom frustra olim
desiisse infra videbimus. Faciamas nos omnino ignorare, quae
ultimae sit natura, et coactos esse ex servatis lingnae Latinae
monnmentis usqne ad Lncilinm colligere, qua quantitate fuerit
syllaba finalis. Atqne sunt hi versus, in quibus contra occurrit,
scilicet omissis eis, ubi a littera eliditur vel in eo est loco,
quo sine dubio admittitur syllaba anceps:
Amph. 217: Plrodücit 6mnem exercitnm. Gontr& Telöboae ex
öppido Legiönes oducdnt su&s.
Pseud. 156: Adsistite ömnes contra me et quae löquar advör-
tite &nimum.
Rud. 242 : Accede ad me &tque adi contra. B Fit sedulö.
Truc. 124: Fer contra manum et paritSr gradere.
Naev. praet. 6 (I 278 ü.):
Gömiter sen6m sapientem contra redhostis? || Min salust?
Ennius (Ann.?)*): Quis pater aut cognatus volet nos contra tueri.
Ennins (Ann. ?) ^) : Contra carinantes verba atque obscena pro-
fatus.
Att. 538 (I 205 R.): Quem neque tu^ri contra ueque affiuri queas ^).
1) Cf. Stadelmann, 1. c. pag. 22 sq.
2) Inprimi« Ysener, Ind. schol. Gryphisvald. 1866, pag. 10 iq.;
Bergk, Aaslantendes D im alten Latein, pag. 82; naper Skntsch, Plant,
nnd Rom. pag. 8. 8) L. M. fab. 428. 4) L. M. fab. 444.
6) Nonia« 158, 14 affert ex libro XXYIIII Lnoilii verba: nanc tu
eontra venia vel q«i in nnptiis velseae neoes te nee sine
permitie. Quae verba valde corropta oorresit Ysener, 1. o.:
nunc ta
contra venis, nt qni in nnptis versere neceste
nee sine permitie.
Longe aliter antem L. Mueller in Nonii reoensione
non tu
contraheris? volgi imperiit vertere necessest
nee sine permitie.
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30 Georgias Wedding
lam singulos perlnstremus Tersus. In primo quidem Amph.
217 contra desinit in a productam:
Prodiicit ömnem exercitüm. Contra Telöboae ex oppido.
Ex contrario dubitari nequit, quin eadem syllaba brevis sit
Paeud. 156:
Adsistite ömnes contra me et quae loquar advortite inimiun,
quo in versa syllaba, de qua dicimos, ultimajpn ante diaeimin
iambici septenarii efficit tbesin. Sed in Yersibus Rad. 242.
Truc. 124. Naev. praet. 6 utrum contra in brevem mittatar
sjUabam an in productam, non potest diiudicari. Nam Rad.
242:
Accede ad me &tqae adi contra. || Fit sedulo,
a littera in ea sede est cretici tetrametri, in qua syllabae brevis
loco identidem succedit producta velut:
Amph. 236: Höstes crebri cadunt, nöstri contra ingruont.
Cure. 109: Sine, ductim. Sed hac &biit» hac persequar.
Rud. 243: Gedo manum. || Accipe. || Die, vivisne? öbsecro,
in multis aliis versibus.
In versu Truc. 124 autem duplex dimetiendi exstat ratio:
Fer contra mänum et pariter gradere,
vel:
Fer contra mänum et parit6r gradere,
quo in versu numeri ^m/uukjjl (dactylus, anapaestus) eadem
ratione et eodem iure coniunguntur quo Mil. 1024:
Age age ut tibi maxume cöncinuümst. || NuUümst höc siölh
d%ü8 säxum,
Denique Naev. praet. 6 legi potest:
Gömiter senem sapientem cönträ rSdhostis? || Min salust?
vel:
C6mit6r senem sapientem cöntrft redhostis? || Min salust?
ut a littera sit in thesi, quae indifferens est rhythmo ^).
Dubiae naturae est versus Ennii:
Quis pater aut cognatus volet nos contra tueri,
quem ex Annalibus sumptum et hexametrum esse contendnnt
alii >), alii ex fabula quadam, velut Vahlen , sed qui nos ponit
post quis, haec verba suspicatus esse reliquias duorum versuum
iambicorum senariorum'):
1) Ut eonirä r^hostis legamus, snadetnr, ne sylJaba finalis interrum-
pat Bolatam theain. 2) Bergk, Ribbeok.
3) VahleD, Ennii trag. ret. 44S. 444.
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De Yocalibus prodactis lAtinas voces termiuantibus. 31
U.V/ qulfl no8 p&ter aat cögnatüs volet
Contra tu6ri — o_u— u— *).
Neque tarnen, uisi fallor, pronomen noe opus est transponere,
et coniecerim haec verba ex tragoediae (vel comoediae) cuius-
dam parte petita esse, qnae trochaicis ex septenariis erat com-
posita:
-i.iu'.w, »u^ quis p4ter aut cognatüs tolet
Nos contra tuen — w, .«u— o, —u— *).
lam neminem effugiet nihil bic esse certi, nihil explorati.
In altero yersa Enniano et verba incerta sunt et numeri:
Contra carinanies yerba atqne obscena profatus,
quae scribit Vahlen (Ann. 181. 182):
contra carinantes
Verba (atra) atque obscena profatus.
L. Mueller autem haec verba ex cantico fabulae cuiusdam esse
suspicans adnotat anapaestos (v. 444. 445 fab.):
v.u-ov^ contra c&rinantes
Verba ai^ obscena prof&tos.
Denique syllaba, de qua dicimus, brevis aut producta esse
potest Att 538 (R.):
Quem neque tu6ri cönträ n^que &ffari queas»
vel:
Quem neque tueri contra neque äffarl queas ').
Omissis igitnr omnibus locis incertis restant duo Amph. 217
et Psend. 156, quorum alter a finalem in contra praebet pro-
ductam, alter brevem. Qnod cum ita sit, triplex exstat ratio:
aut Plauttts promiscue usus est formis contra et contra; aut^
ut apud Plautum deleatur forma contra, corrigendus est versus
Ampb. 217; aut huic poetae (simulque ceteris) deroganda est
forma contra, Quomodo diiudicandum sit, non ex bis duobus
versibus (Amph. 217. Pseud. 156) ipsis coUigere possumus, sed
deliberandum est, quaenam ratio sit verisimilis. Primum con-
tenderim Plautum non promiscue usum esse formis contra et
contra; id qnod eo ipso apparet, quod Plautus accuratissime
1) L. Mneller ex bis verbis restitait trochaicum septenariam
(v. 428):
Qqib pat6r oontrft taeri nös aat cognatüs yolet?
2) Primum pedem troohaici «ept. dipodiarum legem neglegendi
habere licentiam «atis oonstat. Gf. W. Meyer, 1. c. pag. 43.
8) Gf. pag. so adnot. 1).
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32 Georgius Wedding
et diligenter seiungit breves Tocalea et prodaott^ neqae anquam
eandem formam modo mittit in longam modo in brevem sylla-
bam. Ergo nobis diiudicandum est, utra ratio vera ait, termi-
nayeritne Plautus adverbium contra brevi an producta vocali.
Videamus, quibus argumentis haec adiuvetur ratio, quibos iUa.
Litteram a productam esse confirmat:
1) Versus Plautinus Ampb. 217.
2) Quod aegi'e adducimur, ut adverbium €on4ra divellamus
a formis ex-tra, in-ira etc.
3) Quod Oscorum cantrud ^), Lat. contra^ in cantrö-perHa
etc. eüam formam cotUra pristinum esse ablativum indioat et
respondent formae: contrud, contrö- : otmträ = citrö, intrö :
cürü, ifUrä,
Brevem autem ultimam esse nihil oonfirmat nisi:
versus Plautinus Pseud. 156.
Mihi quidem ba^c argumenta spectanti non dubium videtur
esse, quin semper ultima in contra fuerit producta atque hoc
adverbium ut suprä ex 8upra-4, exirä ex cx^trä-d ortum sit ex
*oonträrdj atque eo magis hoc ut credam addueor, quod etiam
in nonnullis aliis versibus in ultimam thesin ante diaeresin
iambici septenarii insinuavit syllaba longa, ut emendare necesse
sit Huc accedit, quod non diffidle est explicare, quonam modo
factum sit, ut huius versus modi turbarentur. Est enim in v.
Pseud. 156 altera corruptela, cum apud Plautum contra non-
dum sit praepositio, a qua pendet accusativus, sed usque quaque
^verbium, id quod perbene inteUegitur ex versu Capt. 664:
At ut confidenter (hömo) mihi contra istitit.
Quae res cum ita se habeati versum Pseud. 156 scriptum
fiiisse coniecerim:
Adsistite contra omnes mihi 6t quae loquar advörtite
animum,
atque nescio quem librarium Plautinum adverbii contra usum
ignorantem coniunxisse vocabula contra et mihi atque correxisse
contra me, quippe qu^ contra praepositionem coniungi sciret cum
accusativo ^.
1) Tab. Bant. 11, 17, 26: eontrud exeie,
2) Corrigrados est etiam v. Fers. 13:
Qais illic est qai contra ml astat? || Qafs bic est qai sio contra
mi astat,
in quo bis traditom est: contra me.
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Üe vocalibus prodaelit LadiiaB voces terminantibus. 33
•P. Fmstra.
Adverbium frustra optima Latinitatis aetate desinit in a
litteram ()rodactaiD. Quod antea effedsse trochaeum neque
apud Plaatum unquam efiScere spondeum diu perspexerunt viri
doctissimi ^) hos afferentes Septem versus, in quibus frudra
cadit in a brevem:
Merc. 528: Nunc, mulier, ne tu frusträ sis, mea nön es» ne
4rbitr6rei
et sexies in fine iambid senarii vel trochaici aeptenaiii ne
frurirä sis: Capt 854 Men. 692. Pers- 140.. Rud. 969. 1255.
Truc. 754"
Maiiifestum igitur est adverbium frudra non esse ablativum
sg. primae decÜnationis sed alium casum sive nominativum fig.
primae declinationis ^ve nominativum-accusatiyum plur. neutrius
geiieris*). Forma frusträ autem postea orta est propter simi-
litüdinem adverbiornm cUra, exträ.
10. Brgä, iuxtä, quOf unä^).
Cum ea linguae Latinae advertna, ^nae ezeunt in a, pri-
stiiiosi etee ablativos supra iatellexerimixs, iure etiam adVerbia
ergä, iuatä*)^ qua, uta eiusdem geoeris emb formas iudicabiraus^
quia, ubiciimque occurrunt, longa terminantur syllaba.
11. Ita, ita-que.
' Qua quantitate littera a in adverbüs äa et iia-que äpud
Platfttim füerity difficile est perspicere, quia persaepe ictus est
in paenultima vel sequitilr ultimam: Üä^ Uä ^.
' Apud Ennium autem haec adverbia efficere pyrrhichium
nos dooent hi versus Annalium:
1) Ysener, 1. e. pag. 18^. Spengel, Plaatiu, pag. SÜtq. Skatacli,
foFBoh. I, 8.
2) Cf.. Skutsoh, 1. c. pag< 8 adnoi. 1): nach dem plsutinu^hen ge-
brauch von fh$9tra erf oheint 9> nicht auagetchloMen, daat frui^a em
nominativ war. Das beirefiende substantiT (sei es nan *frustra oder
^flrudrum) liegt dem verbam /Hutrari zu gründe.
8) Adverbinm eireä ante saec. YII. a. a. c. non reperitur.
4) QiHbe adverbiornm «r^tf et iuaeUf sit etymologia, non liquet.
Yid. Lindsay-Nohl, die lat. spräche, pag. 671 et 678. — Cf. srgö : irgä^inirö:
Battrtf« «. kana« d. UUf. ■»tmImb. XXVU. 8
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ä4 Georgius Wedding
33: Et ripas rapiare locosque novos. Itä sola.
119: Et simul effugit speres itä fimditu' nostra^
Atque multi ezstant versus Plautini, abi ictus est in syllaba
-to et duae sequuntur syllabae, quaruiu prima una cum -td
efficit arsin solutam, altera thesin. Cuius rei exempla sunt
haec:
Bacch. 751: Quia mi it& Itibet: pötin ut eures te atque ut ne
parc&s mihiF
Gas. 17&: It& sölent ömnes quae sunt male nüptae.
eist 151: It4 pröperävit de puellae pröloqui.
Cure. 48: Quid itä? || QuIa proprium f&cio: amö pariter simuL
Mil. 1260. Tene me, öbsecrö. || Quor ? || Ne cad&m. || Quid iU?
1 QuIa stire nequeo.
Most. 685: Itä m^a cönsilia ündique öppugnäs male.
Poen. 691: Quid itä? || QuIa, (a) müscis si mi hospitium quae-
rerem.
Psend. 77 : Quid itä? || Genus nöstrum semper sicooculum fdit
Praeter hos versus comprobat syllabam brevem Rud. 212:
Aüt viam aut semitam mönstret ita nunc,
i.e. creticus dim. acat. cum clausula — <jukj — .
Tamen non mediocris exstat numerus versuum, in quibus syl-
laba 'ta producta videtur esse, quos, etsi de parte eorum iam
verba fecit C. F. W. Mueller^), non supervacaneum erit denuo
accurate componere.
1) Ex diverbiis:
Amph. 1077: Tua Brömia ancilla. ||T6tus timeo, ita me incre-
pnit lüppiter.
Amph. 1081 : Amphitruo : it& mihi änimus etiam nunc abest.
I Agedum expedi.
Asin. 18: Itä te obtestor per senectutem tuam.
Aulul. 69: Queo cömminisci: itä me miseram ad hünc modum.
Capt. 93: Itä nunc belligeränt Aetöli cum Aleis.
Capt. 372: Quem servitütem itä fers, üt ferri decet.
Gas. 343: Tibi et Ghalino: itä rem nätam intellego.
Gist. arg. 10: Itäque lege et rite dvem cognitam.
Gurc. 667: Quam ob rem istuc? 1 Quia ille itä reprömiait
mihi.
Merc. 762: Mihi quidem hercle. || Itä me amäbit lüppiter»
1) L. ü. pag. 14. 15.
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De vocalibus productift Latinas voces terminal) tibus. 35
Mil. 1047: Qua ftb illa? n4m itä me öocursiDt multae: memi-
Dlsse haud pössuin^).
Most 389: S&tin habes, si ego ädvenientem itä patrem &ci&m
taom.
Poeii. 566: Vix quidem hercle, itä pauzillast, digitulis primö-
ribus.
Po6D. 705: Quid itd? || Quia adrum pöscunt praeaent&riom.
Poen. 1258: Num hi f&lso oblectant gaüdiö nos? || At me itS
di servent
Trin. 447: Homo ego suro, homo es tu:ita me am&bit luppiten
Truc. 276: Ne ittig&s me. || Egon te tängam? It& me amabit
8&rculum.
Ad bo8 versus accedunt duo ex diverbiis TerentiaDis:
Eun. 697: Frateme? || It&. || Qnando? | Hodie | Qu4m
dudum? II Modo.
Phorm. 542: Itane? | Itä . || Sane hercle pülchre suädes:
etiam tu hfnc abis?
2) Ex canticis:
Amph. 635: Itä dis est pläcitum, Tolüptatem ut maeror comes
consequ&tur *).
Gapt. 502: Itä me miserüm restitändo retinendo').
Pseud. 1253: Itä victu excurato, ita münditiis dlgnis').
Tantus numerus versuum primum legenti bonam praelucet
spem eis posse probari adverbium ita apud Plautum re vera
terminari syllaba producta. Sed accurate hos versus perlu-
strantes videbimus omnes fere alio modo legi posse, nonnullos
sine dubio esse corruptos.
Atque ex Ulis undeviginti versibus, qui exstant in di-
verbiis, primo loco detrabendi sunt quattuordedm, quos cum
hiatu legere licitum est:
a) cum hiatu legitime in diaeresi:
Amph. 1077: Tua Bromia ancilla. | Tötus timeo, itä me in-
crepuit lüppiter.
Most. 389: Satin habes, si ego 4dvenientem itä patrem faciäm tnom.
Truc. 276: Ne ittigäs me. | Egon«) te tängam? itä me a-
mäbit särculum.
b) cum hiatu legitime ante personam mutatam*):
1) Sic Mneller. 2) BtoohiacnB hexameter.
8) Bftcchiaens tetrameter acal.
4) Yel: egön te i&ngam? ... 5) Cf. pag. 6.
8*
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86 Oeorgras Wedding.
Merc. 762 Mihi quidem herole. || Itä me am&bit lüppiter.
Ter. Eun. 607: Frateme? | Itä. H Quando? || Hödie. 1 Qa^
dndüm? | Modo.
Phorm. 542: Itane? ]| Itä. | Saue berde' pfilchre so&deB:
etiam ta hinc abis').
c) cum hiatu in caesura iambici senarii, de quo vide sis
snpra pag. 5: . i .
Aulttl. 69 : Queo cömsciinisci: | itä, me miseram' ad hünc modum.
Gapt. 372: Quom servitütem ) itä fers» ut ferri decet.
Gas. 343: Tibi et Ghalino: | itä rem n&tam intälego.
Cure. 667 : Quam ob rem istuc ? | Quia ille | itä reprömisit mibi ^).
Triti. 447: Homo ego 8um, homo (§8 tu: | itä me am&bit luppiter.
d) cum hiatu quamquam non legitimo*):
Amph. 1081: Amphitruö: | itä mihi inimus etiam nunc äbest
I Agedum expedi ^).
Poen. 566: Vix quidem hercle — itä pauxillast — digitulis
primoribus *).
Poen. 705: Quid it&? | Quiä ' aürum pöscunt praesent&riam *).
Secundo loco reiecerim Torsus Asin. 18. et Poen. 1258,
in qüibud pro me et te substituendae sunt formae med et ted:
Asin. 18: Itä ted obstestor per senectutSm tuam '').
Poen. 1258: Num hi fdlso oblectant gaudiö nos? | At med it&
di seryent*).
Porro V. Mil. 1047 non eä ratione traditus est, qua eum
affert Mueller«), sed potius:
Qua ab illarüm? nam Itä me öccursant multae:. meminisse haud
p6s8um.
Deinde corruptela est in versibus Capt. 93 et Gst. arg. 10.
1) Cf. Eon. 409 : Perpaucoram homlnimi. | Immo nüUonun irbitror.
Phorm. 146 : Qaod det fortasse ? | Immo nil nisi spem moram, •
porro Phorm. 968. Adelph. 604. 767. Spengel, Ter. Andr. XXXm ; [der hiat
ist] also anch hier [beim Personenwechsel, überliefert] vor Interjektion^
oder den interjektionen nahe kommenden adverbien.
2) Vel^. Qnam ob rem istno? | Qnia illi(c> it& reprömisit mihi.
a)Cf.. pog. 4. 4) Sie Leo.
5) Hiatns, nisi fallor^ defenditur, qoift üa pauxittaH est parentheais.
^6) Cf. Luchs, Herm. YIII 114. ^ Hiatum in hoc versn acoipere
non neoesse est, cum ante personam matatam admittatnr syllaba aaeeps:
Quid üat I Qma oiirtim . . .
7) Forma ted tradita est in codice D.
8) Cf. Wackernage], idg. forsch. I 410. «9)i Cf. supra pag. 35.
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De vocalibus productis Ijatinas voces terminHntibuB. 37
In hoc enim yerm — ut praetermittam eiun non in fabula
ipsa ezstare sed in argumento — adverbinm üaque ^egre qua-*
drat in Fensum :
9. Requirens servoB reperit qu&m proiececat.
. Itdque I^e et rite cxvem c^gnitam
AlcSsimäxclin^ ilt erat n&otos» p^ssidet»
maximeque desidero ryoces cicem eognüam aperte et ooncinne
cQniiinctf^s esse cum eis, quae antecedant» Terbis. Quod com ita
sitf ego qnidem . legendos esse ooniecerim hos versu«:
Requirenp seryps reperit qn4m proiecerat,
Illdmque lege et rite dvem. cögnitam
Alcesimärchus, üt erat n&ctns, pöeddet,
com ex älamque, üläque facUe corruptela üaque evadere potnerit.
In versa Gapt 93. autem, si legitur:
Itft nttnc b6Iliger&nt Aetöli cum ^Aleis
turbati •sunt numeri, quia neqne semiquiiiaria neque semisepte-
naria ^xstat caesiira. Neque tarnen dimetiri sufficit:
' M nunc beüigeränt Aetoli cum | Aleis
cum hiatü (nbn legitimo) inier (Tum et Aleis % ne paenultima
producta in Aetoli quartam iambici senkrii efficiat thesin; id
qüod cum lege pugnat dipodiarum ^. Cum igitur verba: AetUi
eufH AMef'i.e l — ^u — in fine versus öint sine offen-
sione, mendum in prima huius versus parte esse apparet,
praesertim cumi Terba, quae antecedunt, cum versu 93 non
conciAne sint coüiuncfä. Emendatiöne igKur opus est, sed pro^
babilem aut verisimilem confiteor me nescire, üt in prima ver-
sus 93 parte-coacti simus poiiere crucem, ut aiunt, desperationis.
Restat, ut verba faciätn de illis tribus, qui ex canticis
petiti sunt, versibüs: Amph. 635. Capt. 502. Pseud. 1253.
£x qüibuä diu cörrectüS' eist v. Amph. 63o, cum legatur:
ltä"dl(vi)8 est pl&citum, voMptatem ut maerot comes conse-
/ i ^ qu4tur*).
Gapt. ^502 autenii dubiae est naturae. Quam ob causam Goetss-
Schoell, oiiaiserunt ictus, verum Leo proponit:
. Itäime miserum rtetit&ndo:
' i Refeinendöqoe l^sum reddidörunt,
adnotatis: trodiaei esse videntur*).
1) Hiatum accipiant Goetz-Schoell, Bris-Niemeyer, (Leo?).
2) Gf. pag. 2. 3) Sic Leo.
4) Trochfuoas dim. acat. -{-' troch. mon- aoat. -f itbyphallioui.
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38 Georgias Wedding
Denique versum Pseud. 1253 praebet Ambrosianus:
Ita victn excurato ita magnis munditis, dis dignis,
quem snppleverunt Goetz-Schoell :
Itä victu excurato, ftä magnis munditiis dl(vi)s dignis,
et Studemund, stud. I 404:
Itä viotu excurato, Itä magnis munditiis (et) dis dignis,
non bacchios esse intellegentes sed anapaestos.
NulluB igitur exstat locus, quo äa (vel äa^ue) producta
terminetur syllaba. Cum autem omnia adverbia, qoae in lin-
gua Latina exeunt in o, mittantur in a productam, olim fuisse
verisimile est formam *itä (etymologia est obscura), sed cui
per legem iamborum oorreptionis ipsis antiquis temporibus sub-
iit forma üä.
12. Quia.
Goniunctionem quia deducendam esse Gorssen >) sibi per-
suasit ex instrumentali sg. relativi pronominis gui et ex ad^er-
bio tarn: *quiiam, qua ex forma tamen nullo modo evadere
potuit pyrrhichius qtuä. Nam praeterquam quod t productam
desideramus ex i + t' ortam, intellegi nequit, qui factum sit, ut
m littera finalis interiret et ne vestigium quidem sui reliu-
queret. Huc accedit, quod quae vera huius adverbii sit in-
terpretatio, est in promptu: scilicet nominativus -accus,
plur. neutr. gen. pronominis relativi et eius stirpis, quam
hoc pronomen recepit ex interrogative*). Inde inter se re-
spondere apparet formas *quia et quüä ut ^mari-a et mari^
etsi iam apud Plautum nusquam, ut videtur, quia relativi fun-
gitur vice*). Cum autem a litteram finalem nominativi-acc.
plur neutr. gen. Plauti aetate correptam fuisse supra demonstra-
visse mihi videar, quid verisimilius est quam in ooniunctione
quia quoque ultimam non servatam esse productam, prae-
sertim cum legem iamborum oorreptionis (quid, qtuä^) ultima
ut breviaretur, eo facilius efficere oporteret? Hoc confirmatur,
quod, ubi apud Plautum finali ictus est in syllaba^), usque
1) AaBspraohe II 850. 3) Cf. Leo, plaat. forsch. 287.
3) y. eist. 682 exbihent Codices B' et C: Nnnc vestigia hie si
quia sunt noscitabo, sed in hoc versa num forma quia reoipienda sit,
eo magis incertum est, cum bac bacchiaci tetrametri . sede pyrrhichius
non admittatur nisi certis oondicionibns. Gf. supra pag. 12. Ambigiii
sant etiam versas: Mil. 1314 et 13381; of. pag. 23.
i) Pleromque deprehenditur : quid vel qüiä -c-
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De TocalibuB prodnctis I^tinas voces terminantihus. 39
quaque (uno excepto loco) dnae sequuntur syllabae, quanim
prima cum syllaba -a arsin efficit solniam, altera thesin:
Epid. 177: Quiä Itcitümst eam tibi vivSodo vincere. | Oh.
Pen. 256: Qui& mSo amfco amicitör hanc cömmodititis cöpiam.
Pers. 546: Nfsi qai& epScie quidem edepol Ifber&lisi, qnisquis est.
Trin. 938: Nfsi qni& lübet experfri, quo evasürnsi denique.
Trnc. 786; Nfsi qui& tirmeö tarnen 0
Neqne tarnen desunt, qni uno utique versa coniunctionem
quia ef&cere iambum contendant: Merc. 395:
Qni verö ? | Quift non nöstra förmam hab^t dign&m domo.
Quod ego non crediderim. Nam cum paulo post inveniatur:
V. 405: NequjB sinam. | Qni yero? | Qufa illa forma m&trem
f&milias,
fädle adducimur, ut in versu 395 quoque suspicemur eadem
ratione ictus distributos fuisse: qui viro?lQuta^ atque ante
qui vero alibrario coniecerim interiectionem quandam (fortasse
ah) esse omissam*).
II.
Formae in -e exenntes.
i. Ablativus 9g, in -^ iertiae declinationis.
In tertiam, quae dicitur, linguae Latinae declinationem
satis notum est duas confluxisse declinationes : et stirpium in i
et earum, quae desinunt in consonam; quarum declinationum
haec efficit ablativum in-^>), iUs, in-;, quae orta est ex-K2. Au-
rea Latinitatis aetate promiscue uterque profertur ablativus,
quia partim stirpium in f desinentium receperunt -^ finalem ea-
ram, quae in consonantem exeunt, partim stirpium in conso-
nantemexeuntiumasciveruntiproductam. Sedusquead idtemporis
contenderunt viri docti aevo vetustiore ablativum sg. stirpium, quae
cadunt in consonantem/ servatum esse in -9 ex -Sd, quem ab-
lativum genuinum esse opinantur alii, alii eum re vera desiisse
in -ei (4d) : *aerM, *nomin&d, et eos in -«rf -id : *igned (: ign^)
i) Reliqna hnins versus pars prave tradita est.
2) Cf. Maeller, naohtr. pag. 8.
3) Haep forma est vetustas locativus: ^«fMrf ex germ^ : sor. jdnaMt,
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40 Georgiüs Wedding
aerid, nomtnidf ortos ease analogiam). Atqae reperitur abla-
thua io-^ hisoe in venibus Plautinis*)^:
Amph. 542: Nümqnid via? | Vt qnom ibaim m6 ajneSk'meloam
te abamte tamon*).
Ampb. 826: Amphitru6 aliüa, qui Corte ted, hiac ftbsente tarnen ^K
Amph. 860: Qnidqoid eat, iam ex. Naderate cogn&to id co-
gnoao&m meo.
A8iQ*.873: lUe opere &ria &eiündo l&aaua noota <ad me) &d-
tenit*)-
Baooh. 628: M<a ai41a me in peotore nunc Äeria &tqae acerba
. eveninnt
Caa. 140: Qiiaai mua^ in medio pärietä vara4bere«
Gaa. 318: Cum e&dem qaa tu aemper. | Cum uxore mea?
Pei».. 41: Quod tu me rogte; nam tu aquam a püaneß nunc
. * pöstidaa.
Paoiid. 761:. Omnea öniyine aub afgoia ducam Ic^nea meaa^
Ex quibua exemplia certiaaima aunt neque uUö modo reioienda:
NaucratS, operS, pectorS, uxarS, ordini. Quomodo de hia iudi-
cabimua formia? Utrum formam in -ed, -^ priatinam eaae pn-
tabimua, ex qua poatea evaaerit forma in -e? An re vera abla-
tivua olim desiit in -dd? An ei in -ed effecti aunt analogia?
Minime, cum atirpea itr coaAdnantdm -^feeiiieatea ablativum neque
unquam in -od (-lä) efficere potuerint neque in -ed, -e; et
cum neque eat ablativö in -^ {4d) neqiie ex illa in -6c{, -^ ex-
ai^re pojbu^rit ablatiyua in -^ Alia^inigitu]: haa forntaa .inter-
pretandi rationem necease eat inirO; quam, ration^, qna^
vera ..ait, aovi yetuatioria . noa docent inacr^ptionea. In bis
enim deprehenduntur pari ipodo formfie : aef^te 7)>» h^nore})
temp€9tate% aire^^), et praeter hoa : airid^^)^ ponvenUft'
nid^^)^ vifiutei^^)^ Quibua ex formia olim aUatiyum atir-
1) Gf. Gorssen/ ausspräche TL 462 ; Bneolieler-Windekilde pag. 96
sqq. ; Stadehnami; L c. pag. 87 sqq. 40. 41.
2) Omisi eol v«ms affdrre, in qmbas oeounraiit abkrtm atÜ^iniD
in d exeimtiuin velat 9arm {^ßme AP) Oapt. 914; jmt^ {QDy part$ B)
Men. 478; wrt^ Gas. 428 $ morü (£, ssor. Mf^) Mil. 707, et iiMertoa ve)iii
Gapt. 807. Pseud. 616. »68. 1812, aUos.
3) God. abMntem, 4) Sic omnes codioes.
5) (ad um) adiecit Fleckeisen. 6) God. ordines, correxit Soaliger.
7) Schneider, 1. o. 91,2. 8) Schneider, 1. ,c. 9l,5i
9) 1. 0. 96,6. 10) 1. c 24. 11) 1. c. 181.
12) 1. 0. 91,5. 18) L 0. 91,5
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De vocalibus productis Latinas voces tenumantibus. 4)
pium in i desinentium magis quam aurea Latinitatis aetate in-
sinoaviase ajpparet in eas stirpes, quae cadunt in consonantem,
atqae loddaTum ^, qni ablativi ftingitar vice, sununoTisse.
Qaod cnm ita cdt, non in errorem indacemnr formas ab$ent7,
NcMcrate, operS, pedarS, pariets. uxofS, pumice, ardine intelle-
gentes substitntas eese a librariis in locum earam, qttibus ii8a8
est Plautus : absenti, Naucrati^ aperi ^), pectori, parieti, uxari^
jmtnici, ordini, rel abaentei, op&rei, ardinei etc., praesertim cum
nonnnllicr in versibusyel codiceB prae1>6ant fonnam in » iä*
enntem velut:
Gapt 258: Qaöe tarn gr&ndi äim merc&tas praesenti pec6nia*).
Mil. 1341 : Bene quaeso Inter vös dicttis mf med Msenti tarnen.
2. Ablativus ag. quiniae dedinatümis.
Ablativu8 8g. sttrpium in i exeuntium usque quaqtte desinit
in e longam, cuiU8 rei apud Plantum quoque multa reperiuntur
ezempla, velut:
Bacch. 827 : Quanto in periclo et qu&nta in pfirnicie siet,
alii8que in veraibus'). ' Neque dubium est, quin ablativus in -e
velut r9, fide ortas sit ex *rEd, *fid^, quamquam eins generis
exemplum non est servatum. Nam in eis quoque versibus, ubi
poet ablativnm sg. quintae declinationis deprehenditur hiatus
velut:
Merc. 639: De istac r6 | argutus es, ut pär pari reepöndeas.
Psend. 19: Iuv&t>o aut re | aut öpera et cönsiliö bono,
vix credibide est formam rfti esse restituendäm.
Geternm nonnuUi exstant versus, in quibus hie ablativus
brevi vid^tur teminari syllaba, velut:
Fers. 243 t Fid^ dat& cred&mus. | Novi : omnes sunt lenae le*
vifidae,
sed haec corr6(ptio,'ubicnmque occurrit, effecta est vi legis iam-
borum correptioni^.
3. Secundä persona sg. imperativi act. secundae coHiugationis.
Haec quoque forma nusquam cadit in e brevem. Nam ut in
1) eorpari prsebet etiam lex lalia mnnioipalis, Schneider, 1. c.
312, 122. 2) VE praetmUia.
8) Qointae deolinatioius est etiam nomen fmnes. De ablativo vide
Aain. 146. Gist. 46. Mo«t. 198. Pen. 818. Stich. 216.
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42 Georgius Wedding
prima coniugatione secunda persona imperativi praesentis act.
— quippe caret 8 littera finali — respondet secundae personae
indicativi praesentis velat: laudä : laudä-s ^), non aliter respon-
det gaudS formBß gatids-s. Longam syllabam autem confirmant
apud Plautum:
Amph. 848: Edepol me lubente f&cies. || Quid ais? responde
mihi.
Ampb. 1110: Ne pave: sed &ngues oculis ömnis circumyisere,
permultique alii versus *). Ubi e littera brevis videtur esse,
oam breviat lex illa iamborum correptionis, ut creberrime in
imperativis: cdv^, döc^, hdb^, itiM, mäne, m6n^, mAv^ iäce>
tifie, vdU, vid^.
4. Infinüivus activi in -re.
De infinitivo praesentis activi nuper verba fecit vir doctissi-
mus Solmsen ') non modo infinitivum in -r^ contendens, id
quod nemo negat, esse vetustum locativum (viverif : sscr. *ß'
vdsi), sed etiam servatas esse formas in -ri et vivere respon-
dere sscr. jivdse. Atque Solmseni ipsius verba sunt baec*):
y,. . . . fragen wir, was aus idg. *gvi^äi = ai. fivdse im latei-
nischen werden musste, so muss die antwort lauten: zunächst
vivere. Nach dem bilde, das die inschriften uns gewähren,
dürfen wir diese Orthographie in plautinischer zeit noch durch-
aus erwarten, und ich meine, wenn wir nun im Plautustext
tatsächlich noch infinitive activi auf -ere finden, so dürfen wir
sie unbedenklich den ai. auf -^e gleichsetzen''.
Antequam videamus, quae sint exempla Plautina in -ri,
paucis liceat confirmare iam Plautum sine dubio infinitivum in
•re misisse in e brevem :
Mil. 82: Vt Sit ubi sedeat, lUe qui aüscult&r^ volt
Trin. 734: Par&ta dös domist: nisi exspect&r^ vis.
Merc. 2«70: Capram &bduxis8e, et coepit inrider^ me.
Trin. 661 : Perpeti nequeö, simül rae pfget parum pudert te.
Cure. 74 : Me, te atque hos ömnis. || Tum tu Venerem vömer^ vis.
Cas. 853: Paene exposivit cübito. || üubitum ergo ir^ volt.
1) Cf. snpra pag. 27.
2) Reperiuntnr formae: deiponde, gauds, Aa&i, ttifti, m^ta^ pma^
rsspondi, »alvd, iaee, tetie^ vii^, vide.
3) Idg. forsch. IV 240 sqq. 4) 1. o. pag. 260.
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De vocalibas prodactis Jjatinas voces ierminantibus. 43
Stich. 419: Ere, si ego tioeam seä loqu&r, scio scir^ te ^).
Quibus ex yeraibus Plauti aeiaie syllabam -re infinitivi
sads apparet fuisse correptam. Versus autem, in quibus infini-
tivus cadit in e longam, sunt hi:
a) Ex diverbiis:
Asin. 250: Aique argento cömpar&ndo fIngerS fall&dam.
Merc. 934: Stültus 6s: noli istuc, quaeso, dicere. || Certum
exsequist.
Mil. 848: Numquam edepol vidi promere. Verum höc erat
Mil. 1316: Tibi salütem me iusserunt dicere. || Salvae sient.
Pseud. 355: Ego scelestus nunc argentum promere possum domo.
Pseud. 1003: NuU&m salütem mittere scriptum solet?
Trin. 585: Nam certnmstsine dote haüd dare. || Quin tui modo.
Truc. 425: Non andes äliquid mihi dare munüsculum?
Ad hos versus Plautinos adicias duos:
Tit. 105 (R Com.): Ipsüs quidem hercle dücerS sane nevolt.
Ter. Andr. 437: Potin es mihi verum dicere? || Nil f4cilius.
b) Ex canticis:
Most. 696: Voluit in cubiculum abdncer^ me anus >).
Most. 710: Peius posthäc fore qu&m fuit mihi ').
Pseud. 1299: Cum coroUa ebrium incedere? || Lubet').
Rud. 209: Quae mibist spes, qua me vivere velim *).
Rud. 244 : Tu fatcis me quidem ut vivere nunc velim *).
Numerus sane non mediocris. Sed primum fides deroganda
est quattuor versibus: Merc. 934. Mil. 1316. Trin. 585. Ter.
Andr. 437, quia in eis syllaba, de qua quaerimus, est ante mu-
tatam personam, ubi syllabam admitti ancipitem identidem
supra vidimus ^). Item quattuor reiciendi sunt: Most. 696.
Pseud. 1299. Rud. 209. 244, quos versus alia ratione ac supra
dimetiri licitum est:
Most 696: Voluit in cubiculum abdücerS me anus.
Pseud. 1299: Cum corolla ebrium inceder^? || Lubet
Rud. 209: Quae mihist spes qua me viver^ velim,
qui tres versus sine ulla dubitatione cretici dimetri acat. sunt
non cum clausula _w-.u_, sed potius cum clausula _ v^.w^.
1) Praeter hoe versui cf. Cure. 178. Pers. 616. Tmc. 228, Merc,
644. Poen. 665. Stich. 801.
2) Gf. Buecheler-Windekilde, 1. c. pag. 120.
3) Creticiu dimeter acat. cum olaasula: .— cu..
4) Cretious tetrameter aoat. 5) Gf, pag, 6,
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44 GeorgiuB Wedding
Versus Rud. ^44 autem:
Tu facis me quidem ut vivere nunc velim
est creticus dimeter acat. cum clausula _u_w.y cuius prinoa
Üiesis hoc in versu duabus efficitur syllabis brevibus.
Deinde ^^nimi est pretii versus Most. 710:
Peius posth&c for^ qu&m fiift mihi,..
cuHi inter colon creticum et olausulam .v^^u.. syllatiam anci*
pitem' Ifcitum sit ponere ^).
Porro incerta sunt verba Titinii, cum.j utrum, haec verba
unius versus sint an duorum, nesdamus. .Atque mihi quidom
verisimile videtur esse ea duobus tribuenda esae veraibus:
..... ipsüs quidem hercle diicere
Sane nevolt . . . .,
nisi fallor, iambids senariis (vel octonariis 9).
lam quinque supersunt versus:
Asin. 250: Atque argento comparando fingere fall4ciam.
Mil. 848: Numquam edepol vidi prömere. Verum hoc erat.
Pseud. 355: Ego scelestus nunc argeptum prömere pössum domo.
Pseud. 10Ö3: Null&m saliitem n&^ttßr$ scriptum sol^?
Truc. 425; Npn aüdes &liquid jnihi dare mun^soulum '),
ex quibus facillimum est corrigere vjarsum Pseud. 355 ,< cum
scribatur::
Ego^^lestus nunc argentum promerS pötis sum.domo. /
Qui versus iure in suspicionem nos uddudt etiam quattuor
rdiquos non recte esse traditos atque de formis:* fing^r^, pro-
m^g, mUtSrg^ tthj.däri eadem ratione iudicandum eöse ac de foV-
mis yelni ömniAas, tSr^imüs, aliis eiusdem generis, de quibus
aocurate supra pag. 8 feei verba. Quae res cum ita se habeat,
iam nemo dubitabit, quin Plautus infinitivum praesentis act-
usque quaque tenninaverit in e brevem ^). .
Sed sententiam suam ut copfirmet, pergit vir doctissimns
Solmsen ^) : wir haben ein. schwerwiegendes . zeugniss für den
1) Cf. pag. 24. '
2) Etiam troohaici sept. esse posdunt : Sane nevolt . . .
B) Facile est transponere: däre mihi munusculum,
4) Versam Pers. 642': Iam de istoc rogare omitte. Non vidi» .
. nol]€. loqoi,
iam correxit Camerarius:
Iam de istoc rogare omitte. Non vides folle ^e)loqai,
5) l 0. pag. 260.
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De vocalibus productis Latinas Tooes terminantibus. 46
activisohen gebrauch des infinitiTS auf -I in der formel« duroh
die der oensor das voIk zum census berief und die uns Varro
L. L. VI, 86 aufbewahrt hat: si quis pro se prove cMero roHo-
netn dari vdet. lam süpra cum de tertiae declinationis abla-
tiyo in e feci Verb'a, demonstravisse mihi videor, quid fidei in
tali re libris habenda sit manuscriptis. Tamen hoc levius, gra-
vius autem illud: eodem iure ac contendit Solmsen hanc t in
dari esse proHuctam, alter dicet atque al&rmabit in bis ter-
bis vetustissimis servatam esse t brevem finalem locatiii, ex
(jua postea evadere oportebat e breVem, neque quisquam facile
eins refutabit sententiam.
Neque vero opinionem riri doctissimi Sohnsen confirmant
inscripitiones, etbi verba eiiU iam supra allata: ,,. . . tnverS,
Nach dem bilde^ das die inschriften uns gewähren , dürfen wir
diese Orthographie in plautinischer zeit durchaus erwarten",
nobis inidunt suspicionem in inscriptionibus infinitivnm praes.
act. per vicem mitti in I, E; EI, quae ratio scribendi syUftbam
finalem ortam esse confiirmkt ex diphthongo. Hanc yariam
enim scribendi rationem praebent inscriptiones in infinitivo
praes. passivi: pakari^), [denjantiari *) , fieri^) : €hrei^),
legei^); contra' infinltivus praes. actiyi üsque quaque ter-
unnatur littera'^ : cedre «), {compramesise) % audeire *), eire •) . . .
Quod cuih ita Sit, iure adducimur illam sententiam ut repipia-
mnSy in linguaLatina ab initio locativum sg. yelut viver^ ex
*iriveri, sscr. ^jwäri functum esse yice infinitiyi praes.
aetiyi, datiyum' yelut agt ex -^i, sscr. dfe yioe infinitiyi
praes. passiyi.
4 ... , .
4. Ädverbia in e (cMätivi secundae dedinatianis).
Fprmae facilutned ^% rected M), Oscorum amprufid '») (im-
probe) satis ostendunt eins generis adyerbia exüsse in litteram
1) Schneider, Exompla, 19. 3) Schneider, 1. c. 392, 8.
8) L. c, 298, 48, 70, 78. 4) L. c' 298, 9, 6*.
6) li. c 298, 18. ^ L. c. 95, 9.
7) L. 0. 97, 14. — De syllaba ultima m$niti?i perfecti eadem ra*
tione ittdicandum est ac de ultima infinitiyi prinesentiB actiyi.
8) 8. o. 296, 71. 9) 8. c. 298, 78.
' 10) 8. c. de Baech., Schneider, 1. c. 97, 27.
11) In insoripi. Falisc, Schneider, 1. c. pari. tec. 17.
12) Lex. Baut. 80, Zv pag. 78.
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46 Georgias Wedding
d et veteres esse ablaiivos. Cum autem post longam vocalem
d littera finalis saeculo sexto a. u. c. tenuiter audiretur, adver-
biorum quoque evanescere coepit. Neque enim exemplis pro-
bare possumus Plautum bis formis in -ed usum esse, frequeiiter
autem eis in -e:
Gura 44: Nempe buic lenoni qui bic habit&t? || Recte tenes.
Cure. 375: Verum hercle vero cum belle recögito,
permultis aliis locis.
Verum duo adverbia, bene et tnale, iam apud Plautum et
Ennium cadunt in syllabam brevem, quamquam ex illo poeta
certum exemplum afferri non potest, quia, ubicumque oceur-
runt, ictus est in paenultima herum adverbiorum vel sequitur
ultimam (bitte, mdl^, vel: b^pie-i., mäle^); sed in Annalibus
Ennii nonnuUi exstant versus, ex quibus hanc e Ulis tempori-
bus correptam fuisse satis apparet, velut:
105: Accipe daque fidem foedusque feri bene firmum.
107: Se fortunatim, feliciter ac ben^ vortat
Tamen tres adhibentur versus Plautini, in quibus e littera,
de qua didmus, producta videtur esse:
Asin. 137: Quae dedi et quöd benS feci, at posthac tibi ^).
Epid. 378 : Nimis döctus ille (est) äd male facienduuL || Me
equidem certo,
Rud. 1316: Di | bömines respiciunt: bene ego hinc prae-
d&tus ibo,
Qui tres versus tamen nihil valent, quia littera e eum tenet
locum, ubi admittitur syllaba anceps*).
Iam exsistit quaestio, qui factum sit, ut e finalis in bene
et mcde corriperetur, cum in ceteris adverbiis, quorum paenul-
tima et ultima efficiunt iambum, etsi eorum syllaba finalis iden-
tidem apud Plautum vi legis iamborum correptionis breviatur '),
1) GretioQs tetrameter aoat.
2) De versu Asin. 187 vide sapra pag. 24.
8) Velut maxumi Mü. 1024:
Age age üt tibi mäxamS concinnümBt. || Kallümst hoc Btolidias saxuro.
prosp^rg Psead. 574 :
Pro Ittppiter, üt mihi, quidqaid ago, lepide 6mnia prosper^tque 6veniiiiit
prob9:
Pen. 173 : Ovis si in ludum iret, pötuisset iam fieri nt probll litteras
sciret*
Pers. 756: Eas vobis habeo grates atque ago, quia probS sum lUtus meum
inimicnm.
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De vocalibus productis Latinas Yoces terminantibus. 47
ultima servata sit producta. Atque nm omnia me &lluut,
correptio in bene et male duabus effecta est ex causis: primuin
quia plus sermone terebantur ceteris, deiiide correptionem acce-
lerayerunt formae insirumentalis , quae semper carebant littera
fiuali d: *bene et *male; i. e. promiscue olim baec profere-
bantur formae: ablativi: *bened, ^mcded, *bin^, *fndl^, poetea:
*ben€f *male, bin^, mdl^; et instrumentales: * bene,* male, bini,
mdlM, quibus ex formis solae servatae sunt correptae : benS et
tnal^.
5. Catidie, hodie, meridie, podridie, pridie.
Haec adyerbia, ubicumque occnrrunt, in e litteram mittun-
tur productam. Originem unde ducant, sintne locativi an
ablativi, dubium est, quamquam, cum frequenter ooniun-
gantur formae velut die quarti, die septimi, die eraeiini et com-
posita poairt-dief pri-die, merl^ie priore in parte locatiYum
continere videantur, suadetur, ut die locatiyum esse credamus,
qui I litteram abiecit finalem. Sed buic sententiae offidt, quod
Faliscorum foied ^), etsi haec ipsa forma quomodo intellegenda
Sit non plane liquet *), ablativus singularis quintae declinationis
in -ed ndetur esse, qui d litteram servayit pristinam.
Pauca yerba mihi facienda sunt de adverbio hodie '). Quod
omnes fere ortum esse interpretantur viri docti ex hö^ie^)
quippe 0 littera correpta , quia duo coaluerint vocabula ^).
Profecto, negari nequit identidem in lingua Latina, duo ubi
coaluerunt vocabula, primae vocis vocalem finalem breviatam
Pseud. 608: lam pol ego hanc str&tiotioam nnntium advenient^m probS
percatiam.
In adverbiifl maxume^ progpere lingua Latina coneptionem non reoepit,
qoia haec adverbia non iambum effioinnt (ut olim beM, male, sg^^
quaiij sed oreticnm.
1) Deecke, spräche der Faliiker pag. 155: foied ' uino • pt^fo •
kra ' kort/o'
2) Deecke, 1. c. : „foied scheint eine verunglückte Faüskisirnng des
lat. hodie zu sein, in gegensatz zu kra ss orasy sei es verstellt aus
^fodie oder entstellt aus *fodied mit ablativisohem J . . . . verfehlt ist
die form in jeder hinsieht, entscheidend falsch des /**, — Sed of. pag.
48,4).
8) De perendie vide Skntsch, Jahrb., suppl. bd. 27. pag. 98 sqq.
4) NonnuUi ez hov4ie\ of. VaniSek, etym. wert. pag. 124, ex
* hoi-die-i,
5) Vide Buecheler, Wölfflins archiv III 145. Skutsch, forsch. I 8.
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4^ Georgiufi Wedding
esse ^). Sed haec correptio cum persaepe non reperiatur, mea
c^uidem sententia necesse est ostendere, quae siot loges, ex
quibus primae Yocis sylliaba fipalis modo oorrepta sit modo
servata producta *). Quibus ex legibus uua, nisi fallor, mani-
festa est: hanc correptionem non effectam esse, nbi iUam syl-
labäm finalem olim sequebatur consonans, quae e^m, ut ita
dicam,' tuebatur et defendebat, ut quöqircä e^ quo-d-^rcä^)
Omnibus temporibus o litt^ram servavit productam. Formam
*hödie autem qui acceperunt, non alia ex forma eam dedooeriB
possunt atque ex *hödee^i€ Yel*höd'die, quibus in formis con-
sonantes d et c impedivisse necesse est^ quominus hodie eva-
deret forma. Praeterea nonne miraris, quod in adverbiis co^
die, merüdie, postri-die, prl-die primae partis sjUaba finalis
nop correpta est, sed in hödie? Quaenam res in hoc adyerbiQ
correptionem effecit, probibuit in Ulis? *).
Quae cum ita sint, mihi quidem non dubium yidetur.esge,
quin forma hödie non duoenda sit ex, *hö^ie, '^hödee-die, sed
etymolQgiam non proponer^ malo quam incertam proferre vel
prayam.
III. Formae in i exenntes.
•■ Quia i brevis finalis in lingua Latina non senratur, sed
mutatur in e breyem^), illam omnibus in fonnis, in quibus
deprehenditur, productam esse oportet Quae i finalis partim
proles, ut ita dicam, est pristinae vocalis 7, partim orta ex
diphthongis -äi, -Ä; -^i.
Atque i pura sine dubio reperitur in numeräli vigifUiy quae
forma vetustus est nominativus-accusativus dhalis neutrius ge-
neris nata ex idg. vig^mth Nam idg. g^mt-, lai -gihi- respondet
stirps Banscritica in consonantem desinens -gat- in trttn-(«ftv
1) Yelut flpM ex ^m; of. mmm, Sohneider, Exempla 298, 64.
2) Non dabito, quin mpKmiB ictua respioiendas tit et endiris.
8) Haeo forma servata est Schneider, Exempla 298, 13.
4) Quod in inscriptionibiis Falisois / littera (füi^ scripta est pro
A {hodie), minimi est momenti. Cf. FeUna pro Helena (Schneider, 1. c.
42), Fereies (1. o. 46), FaraHa (1. c. 200).
5) Cf. snpra pag. 27, adnot. 1).
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De vocalibus productis Latinas yoces terminantibas. 49
catvarifh-fdt, pa^a-g&t. Ut autem ad stirpes neatrias generis,
quae exeant in consonantem , velut ahan (tag), jag(U (weit)
efficitur nominativus-^accusativus dualis: ahan-i, jagat-i, ita ad
stirpem -fat effici potuit nominatiyus-accusatiYUS dualis -nat^i ex
-^mt-i, quam ad formam referenda est forma tü-giniri.
Deinde pristinam i inyenimus in genitivo angularis secun-
dae, quae didtur, declinationis. Quam rem maxime testantur
stirpes in -jo, quas usque ad medium saeculum septimum a. u. c.
f stirpis et eam t, quae genitivi est Signum, contrahere non
solum poetae illius aetatis ostendunt, sed etiam inscriptiones :
Saetumi ^), aedißci •), benefici •), consüi *), iudici *), municipi •)•
Cum autem eaedem voces in -jo in locativo i stirpis et t loca-
tivi, quam ortam esse ex diphthongo -ei satis constat, nunquam
contrahant, id quod apparet ex versibus Ennii, quos affert
Apuleius Apol. 39 ^):
Omnibus ut Glupeae praestat mustela marina,
Mures sunt Aeni faspera; ostrea plurima Abydi
Mytilenae
Est pecten charadusque apud Ambraciai finis;
Brundisii sargus bonus est: hunc magnus si escit,
Sume tibi, apriclum scito primum esse Tarenti *),
et ex Terentii y. Eun. 519:
Rus Sünii ecquod h&beam et qu4m longe 4 man,
Yocalis i locatiyi ex diphthongo orta non eadem esse potest
atque i genitivi, h. e. dubitari nequit, quin i genitivi pura sit
et pristina (cf. Job. Schmidt apud Mahlow, die langen vocale
A E 0 37 sq.).
1) Schneider, Exempla 28. 2) 1. o. 295, 99.
8) 1. 0. 837, 8. 4) I. c. 298, 57. 5) 1. c. 295, 35.
6) 1. c. 312, 149, 152, 154.
7) Cf. Mueller, Ennü Sat. 51 sqq. — Baehreni, Frg. poet. Rom.
pag. 180.
8) Sic fere yerba cormpta restituenda esse oenseo neque intellego,
qaam ob oaasam L. Maeller pro Brunditn scribai ablativum Brundüio^
praesertim oam locatiyi Chipeae^ Aeni, Ahydi^ Mytilenae, Tarenti hunc
defendant locatiytim. — Geterum cf. Athen. III, pag. 92 d: lÄQx^^^^og
TOVg fAVS AIVOS ix^l fABydloVS, 0€rTQ€Ut «f* *!Aßv^oif
ras aqxtov^ HaQutv, rovg Sk xtivag i) Mvfikrfini *
nliünovs S* ^AfAßqeixia na^x^i, xal anlara ^cr* aurtSv ....
Buttrig» I. kud« d. iadg. funMhMi. XXVU. 4
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60 Georgias Wedding
Denique eadem i pura deprehenditur in secunda persona
imperaÜTi actiyi quartae, quae appellatar, coniugationis : audi :
audi-s 1).
Eas formas autem, qoarum • finalis in lingaa Latina orta
est ex diphthongis -äi, -%', -ai, satis erit breyiter componere'):
a) ex äi:
1) Infinitdvus praesentis passivi; agi: Sscr. dß.
2) Secunda persona plur. passivi -mtnT; legiminn inf.
leyifAsyai (?) »).
3) Prima persona sg. ind. perl act.; Lat. hUudl : Sscr.
tutudi (hoc primus intellexit Fick GGA. 1883. 588).
b) ex Si:
1) Lfocativas sg. secundae declinationis.
2) Dat. : iUi, isti... *).
3) mihi, tän, sibf, Ose. tifei, sifei.
4) uMy ib^.
c) ex Öi:
1) Nominativus plur. sec. decl.: poptd^ : fesceninoe : olnoi.
2) Dativus sg. pron. determ. : ä ex *ej(hi (cf. dat. quo-i).
3) Nominativus sg. juJ ex *quo-i, Ose. poi.
Unde i ducat originem in genitiYO sg. primae et quintae
declinationis: -ä-t, -e-^, et in datiyo sg. tertiae declinationis
(ex äi?) et in tU-i^) huc illuc interpretatione trahunt viri doc-
tissimi.
Non necesse videtur esse de omnibus bis formis ex dipb-
thongo natis accurate disserere, sed de una itemque altera yerba
ÜEicere non erit alienum.
1. Locativm tertiae declinationis.
Quanto opere in tertia declinatione permixtae sint decli-
natio stirpium in i et in consonantem exeuntium, iam supra,
cum de ablativo disputarem ^, exposui. Atque ut in hoc casu
ita in locativo quoque accidit, ut Plauti aetate locativus in i
1) Vide supra pag. 27. 2) Gf. Solmsen, idg. fonch. IV 241.
8) Contra Bopp contendit U^minl eandem esse formam ac Xiyofuvo^
e$t€.
4) Hae formae etiam deduoi possont ex *Hloi, *i$tai,
5) Cf. Job. Schmidt KZ. XXXH 407 sq.
6} Pag. 39 sqq.
seil.
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De Yocalibus productis Latinas Yoces terminantibus. 51
plus stirpiam in consonam exettotium occapayerit quam anrea
Latinitatis aetate, neque exstare videtnr Tersas^ in quo hie poeta
usus Sit locativo in -^ ^); forma in i autem in his deprehen-
ditur yersibus:
Cüst 156: Fuere Sioyoni iam diu Dion^sia.
Merc. 606: Sl neque hfc neque AcheruntI sum, übi sum? ||
Nüsquam gentium.
Cist 226 : Me hos dies sex rärl cöntinuos *).
Aulul. 454: Temperl, postquam implevisti fdsti fissonim
Caput *).
Merc. 255: Ad pörtum hinc äbii m&ne cum lud simuH).
Mil. 995. Qui ancupet me quid agam, qui de vesperT yiv&t
suo?
Gapt. 111: Her! quos emi de praeda 4 quaestöribus ^).
Forma ruri est locativus stirpium in i, rur^ ex *rurt
locativus stirpium in consonantem desinentium <). Rem ita se
habere negayit yir doctissimus Johannes Schmidt ^) locativum
in -e contendens ortum esse ex -e, cui formae respondeat Sscr.
agnä, Gr. ftolri-i. Sed haec comparatio quamquam scite facta
tamen est reicienda, cum, quomodo et qua de causa in lingua
Latina ex formis yelut *rurS eyaserit forma rur^, hac ex sen-
tentia intellegi non possit.
2. Mihi, tibi, sibi; ibi, ubi; quasi, nisi.
Lex iamborum correptionis effecit, ut borum yocabulorum
1) Libris mannsoriptis fides non habenda est.
2) rurt: Gas. 781. Most. 799. Ter. Phorm. 863.
3) tempert: Gas. 412. Gapt. 191. Epid. 406. — Umper^ Rad. 921
vi legis iamborom correptionis. 4) lueü: Men. 1005. Stich. 364.
5) h&ti locatiYQS est stirpis in « desinentis; cf. Am- in hest^rnu»^
Gr. jifö^ff. — Praeter v. Gapt. 111. her% apud Plantum : Amph. 799. Gare.
17. Most. 963; hw^ autem vi legis iamDorum correptionis: Amph. 514.
Gurc. 18. Pseud. 148. Stich. 516.
6) Nam iamPlautus signifioationes et formas: rtirt, auf dem lande,
et rtirir, von dem lande, seiunzerit, dubium est, cum neque forma rur}f
usquam dimetiendi ratione postuletur et nonnullis locis, ubi optima Lati-
nitatis aetas utitur forma rur}S^ in omnibus codioibus tradita sit
forma ruri^ velut
Most 1076 : Eüge, Tranio, quid agitur? || V^niunt rüri rüstici,
et Truc. 669: Mirum vidötur, Htri erilem filium
Strabdcem n6n rediisse.
(codd.: rurier iUm mm,) 7) EZ.XXyiI 290.
4*
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52 Georgias Wedding.
iambicorum partim omnino fierent pyrrhicbia, partim syUabam
prodactam modo servarent modo corriperent.
Adverbium guasi quamquam in nonnullis inscriptionibns
invenitor forma quasei^) poetae semper terminavisse videntur
I breyi, cum ei pauci versus, in quibus ef&cit iambum, nihil
▼aleant. Corruptus enim est v. Lucr. 11 291:
Et deyicta quasi*) cogatur ferro patique,
quem versum iam correidt Lachmann:
Et deyicta quasi (id) cogatur ferro patique.
In y. Pöen. 241 autem:
Quasi Salsa märiatica esse autum&ntur
Codices non tradunt guasi^ sed : quam si salsa .... et MiL 798 :
Militi üt darem : quaslque egö rei sim interpres. | Audio,
eodem iure dimetiri licet: quo^ue ^o, etsi yerisimile est inter
ego et rei cum Ritschelio interponendum esse pronomen ei et
legendum:
Militi üt darem, quasique ego (äi) rei sim interpres. | Audio.
Niei ^) creberrime apud Plautum desinit in syllabam breyem
{nisi, n%si-i), nonnullis locis autem in % productam:
Gas. 699: Nisl se sciat yilicö non datum iri^).
Cist. 61: Quid dic&m, nisl stultitia mea me in maerorem
rapi[t]?«)
Poen. 243: Nisl multa aqua üsque et diu maceräntur^.
Poen. 325: Opsecro hercle, ut mülsa löquitur. | Nil nisl later-
culos.
Rud. 1092: Hie nisl de opiniöne certum nil dic6 tibi.
Quamquam fortasse yersibus Gas. 699, Gist. 61, Poen. 243
derogabit quispiam auctoritatem (yide sis adnot 4). 5). 6).),
tamen eos defendunt yersus Poen. 325. et Rud. 1092, in quibus
quin nisi mittatur in i productam dubitari nequit.
Pronomina mihi, tibi^ sibi'^ nunquam apud Plautum efifi-
ciunt pyrrhichium nisi vi legis iamborum correptionis, neque
usquam finis versus iambici senani vel trochaid septenarii in-
1) Yelut lex Bantina, Schneider, 1. c. 292,12; lex Acil. repet., 1. o.
298, 41. 2) cod.: pum.
8} In inscriptionibas identidem nüet, velat 8. c. de Bacch., Schneider
. c. 97, 8, 16, 21. 4) A: NISI, P: m'. Ni s^se (?}.
6) Yel: Quid dicam, nisl stültitid mea me(d) in maerorem rapi[t]?
6) Hermann: nisi («t>. 7) Gf. pag. 60.
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De vocalibus productis Latinas voces termioantibus. 53
venitur velut : dicere itbü vnU. Postea autem usqae quaque hae
formae promiscue in % longam terminantur et correptam.
C. F. W. Mueller % quem sequitur Stadelmann >), in fabulis
Plautinis nusquam inveniri exemplum contendit, quod ibi et
übi in longam cadere syllabam confirmet. Tarnen nonnnlli
versus, in quibus nihil est offensionis^ i litteram praebent pro-
ductam:
Pseud. 425: Proficisci^ ibl nunc öppido öpsaeptdst ria.
AuluL 507 : Sed hoc etiam pülcrumst praequam ubi sumptus
petunt.
Aulul. 700: Ibo intro, ubi de cäpite meo sunt comitia.
Gapt. 955: Quid me oportet f&cere, ubf tu tälis vir falsum
aütumas?
Gas- 245: Vnde is, nOi? Vbl fuisti? VbT lustrÄtu's? Vbi bibfsti?
Cas. 875: Neque quo fugi&m neque ubi lateam neque hoc de-
decus quömodo celem.
eist 735: Grepundia üna. || Est quidam homö, qui illam ait se
scfre ubi sit.
Poen. 702: Quid mülta verba? F&ciam, ubi tu l&veris.
Rud. 1347: Tecum h6c habeto t&men, ubi iurä.yeris ').
Sed mirum mihi videtur esse, quod ex bis novem versibus
in octo ante adverbia ihi et ubi deprehenditur yocalis^), atque
iure quaerimusy num haec res forte facta sit, praesertim cum
etiam in v. Bud. 1347 non difficile sit Tocabula tecum et tarnen
transponere:
Tamen höc habeto tecum ubi iuräveris.
Suntne hi novem versus legendi cum hiatu? Haecine ad-
verbia a Flaute usque quaque consilio sie posita, ut, quae vera
1) 1. 0. pag. 28. 2) 1. 0. pag. 69.
3) Dabito de versa Trao. 698:
Vbl male acclpier mea mihi peounia,
qui, onm finis verbi intemimpat thesin alteram solntam, non reote tra-
ditus videtur esse, atque conieoerim :
Vbi m&le (ego) aooipiar m6a mihi peounia.
4) Etiam in omnibus fere oeteris versibus, quorum aliis alia ex
causa non vis inest et auctoritas, ante formas ihi et utn est vooalis:
Amph. 1094. Gapt. 606. Gas. 78. Guro. 340. Aulul. 439. Baoch. 17. 431.
766. Gist. 717. Men. 280. Most. 316. 327. 380. Fers. 630. Poen. 863. 866.
Pseud. 188. 490. 1269. Rud. 930. 1286. Truc 860. 914. — Sed of. Asin.
709 «»>?). Poen. 718 (ibi quai reltetiX) Gist. 717 (tua ub%). Pseud. 1278
(syllaba anceps). Truc. 606 : quin vibi natM : quin ß&f nätw i$t —
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54 Georgias Wedding.
ultimae dt natura, perspici non possit? Aegre hoc ut credam
adducor; tarnen hodne fieri non potnit?
Ut autem post Plautum sine dubio promiscue profernntur
formae: mih^, mihi, tibi, titü, sibi, aibi, ita etiam formae ubi et
ub$, ibi et iln. Cf. Ter. Phorm. 827:
Hoiusce habendae. S6d übt n4m Getam invenfre pössim,
quo in yersu ilitteram breviatam esse vi legis iamborum correptio-
nis non crediderim ^).
IV. Formae In ö exeuntes.
Operae pretium non videtur esse accurate de eis disserere
formis, quae usque quaque in lingua Latina cadunt in o pro-
ductam yelut dativus sg. secundae dedinationis : -ö ex -öt*):
Gr. -Alt, ablativus eiusdem dedinationis : ö ex öd^ nominativus
sg. in ö tertiae dedinationis, (homö\ prima persona sg. actiyi :
ferö : q)iQw, imperativus in -40 ex -töd^ itemque omittere possum
yerba facere de formis dualis amböj Gr. ajuqpco, octö : oxrcJ, *duö:
dvWf ex quibus duo^ ut apud Graecos quoque usitata est forma
dvo, nusquam in lingua Latina ö pristinam servavit productam,
cum unus, qui o longam comprobare yidetur versus, nihil yaleat:
Mil. 1384: Duo di quem cürant. | Qui duö? | Mars et Venös.
Nam ante personam mutatam admitti syllabam andpitem iam
supra identidem intelleximus.
Quaerere autem necesse est tribus de formis : egö^ modo,
cito, utrum servatae sint in lingua Latina an in earum locum iam
Plauti aetate successerint formae correptae ego, modS, cito.
1. Ego.
Permultis in versibus ictus est in paenultima pronominis
ego aut in ea quae sequitur ultimam syllaba, ut, quae ultimae
Vera sit natura, propter legem iamborum correptionis perspid
non possit. Nonnulli autem exstant versus, qui aetate Plauti
docent o finalem in ego sine dubio fnisse correptam:
Men. 279: Quisquis (V^^) egö sim»)?
1) Gf. pg. 56. — t prodaota serratnr in compositis : alibij ibidmn,
{iMim Bacoh. 818); tOrublque.
2) Vide sis insoriptionem illam: ManioB m^d fhefhaksd Numanoi,
8) Quin hio finis verans faerit, non est dnbiam.
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De vocalibus productis Latinas voces terminantibus. 55
Mil. 1138: Neminem pol yläeo, nisi hunc quem YÖlumas cön-
yentum. H Et egö yos ^),
quibus in yersibus, cum Plantus nitimam iambici senarii et
trocbaici septenarii thesin non ea efficiat ratione, nt illam ex-
pleat syllaba vi legis iamborum correptionis breviata, haec lex
▼aluisse neqoit.
Sed non mediocris yersnam affertor numerus, in quibus
pronomen ego in productam cadit syllabam, id quod alii yiri docti
contendunt*), negant alii *). Sunt autem qui adhibentur yersus hi:
1) Ex diverbiis:
a) ex iambicis senariis:
Asin. 810: Sequere h&c. Egone haec p&tiar aät taceam? Emori.
Aulul. 570: Non pötem eg9 qnidem hercle. II At ^o iussero.
Bacch. 196: EgOn ut, quöd ab illo fittigfsset nüntius.
Cas. 781: Cena übi erit cöcta; eg9 rurl cen&vero.
Gas. 786: Tandem üt fveniamus 16ci; egö cras hfc ero.
Epid. 389: EgO me excruciare &nimi, qu&si quid filius.
Men. 544: FiÄt. Gedo aürum, egö manüpretiüm dabo.
Merc. 544: Tandem impetr&vi egömet me üt corrumperem.
Mil. 142: In e6 conclävi egö perfödi p&rietem.
Mil. 554: Fateör. | Quid nl fate&re, egö quod ylderim?
Mil. 1379: Egö f ^^^ conyeniam illum, übi ubi est gentium.
Trin. 173: Sed nunc rogare egö vicissim te volo.
Truc. 357: Vah, v&pulo hercle egö nunc, 4tque adeö male.
b) ex iambicis septenariis:
Gist. 745: Quid istüc negöti est? Aüt quis es? || Egö sum illius
mäter.
c) ex trochaicis septenariis:
Aulul. 457 : Göctum egö, non y&pulätum, düdum cönductüs fui.
Bacch. 571: Töllam egö te in c611um atqueintro hinc aüferam.
I Immo ibö, mane.
Gapt. 1021: Sed die öro : p&ter meüs tune es? || Egö sum,
gn&te mi.
Cure. 294: Tristes ätque ebrioli inc6dunt : eos egö si offendero.
Cure. 305: Haüd magis cupls quam egö te cüpio. | 0 m6a op-
portünitas.
Men. 651: Quis is Menaechmust? || Tu istic, inquam. || Egone?
II Tu. I Quis &rguit?
1) Gf. Carc. 104. 2) ßneoheler-Windekilde, ]. c. pag. 27;
Neue- Wagner, 1. c. II 346. 8) C. F. W. Maeller 1. o. pagr. 80 sqq.
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56 Georgius Wedding
Men. 934: Quid, ego? | Dfxti ins&nus, inquam. || EgQne? || Tu
istic, qoi mihi.
Men. 1125: Mi germäne gemine frä^ter, salve. EgQ sum Sösicles.
Merc. 470: Füisse credo, praeut quo p4cto eg9 divörsus distrahor.
Pers. 198: Eo ego. | Is&ne. Ego domum ibo. Face rem hanc cum
cur& geras.
Pseud. 624. 625: Immo adest || Tun ättuUsti? | Egömei |l Quid
dubiUa dare?
Rud. 730: Ita hinc eg9 te orn&tum [te] amittam, tu ipsus te ut
non növeris.
Rud. 779: Abi modo, ego dum hoc cürabö recte. || lam egü re-
venero.
Rud. 1184: Sümne egö scelestus, qui illunc hodie excepi vfdulum?
Rud. 1410: Maxime. || Pro ill6 dimidio eg9 Gripum emittam manu.
Stich. 293: Ad me adiri et säpplicari egömet mi aequom censeo.
Stieb. 720: Nolo egö nos t prosumo bibere. Nülli rei erimus pöstea.
Truc. 526 : Töllere, it4 dolet itaque egö t medulo, neque etiam
queo.
2) Ex canticis:
a) ex anapaestis:
Poen. 1185: Spero equidem. || Et p61 egö, quem, ingeniis quibus
sümus atque &liae, gnösco^).
Pseud. 939: Sed egö quae tibi bona dabo et faciäm, si hanc
söbrie rem äccurässis.
Rud. 190: Hancine egö pärtem cäpio ob pietatem praecipuam?
b) ex bacchiacis tetrametris acat
Truc. 453: Egö prima de me, domo docta, dico.
Truc. 464: Puerperio egö nunc me(d) esse aegram adsimulo.
c) ex creticis tetr. acat.
Trin. 282:*N61o egö cum Improbis te viris, gnäte mi.
Sed ex bis duodequadraginta versibus, in quibus o finalis
pronominis ego producta videtur esse, detrahendi sunt undevi-
ginti, quos cum hiatu legere licitum est:
1) cum hiatu legitime in diaeresi:
Merc. 470: Füisse credo, praeut quo p&cto egÖ divörsus dis-
trahor.
Rud. 1410: M4xime. || Pro illö dimidio egö Gripum emittam mann.
Stich. 293 : Ad me adiri et süpplic4ri egömet mi aequom censeo.
1) In hoc versa et Rud. 190 egö legen dam esse in tliesi yersas
anapaestici contendit Seyffert, Bars, annal., 1895, pag. 260. 261.
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De vocalibus productis Latinas voces termiuantibus. 57
2) cum hiatu legitimo ante personam mutatam:
Men. 651: Qois is Menaechmust? (I Tu istic, Inquam. | Egone?
II Tu. II Quis irguit?
Men. 934: Quid, egö? | Dixti insdnus, inquam. || Egone? || Tu
istic, qui mihi.
Fers. 198: Eo Sgo. || I sane. egÖ domum ibo. F&ce rem hanc cum
cur& geras.
Pseud. 624: Immo adest. || Tun ättulisti? || Egömet. || Quid du-
bit&s dare?
3) cum hiatu in caesura iambici senarii^):
Aulul. 570: Non pötem eg6 quidem | hercle. || At ego iüssero.
Bacch. 196: EgÖn üt, quod &h illo | ättigisset nuntius').
Gas. 781: Gena ubi erit cöcta; | egö ruri cen&vero*).
Men. 544: Fi&t. Gedo aürum, | egö manupretiüm dabo.
Mil. 142: In eö conclävi | 6gÖ perfodi pärietem.
Mil. 554: Fateör. || Quid ni fateäre, | egÖ quod viderim?^)
Trin. 173: Sed nunc rogäre | egÖ vicissim te yoIo.
Truc. 357 : Vah, y&pulo hercle | egö nunc, ätque adeö male.
4) cum hiatu quamquam non legitimo*):
Aulul. 457 ; Cöctum | egö, non v&pulatum, düdnm cönductüs fui.
Men. 1125: Mi germdne gemine frdter, s&lve. | egö sum Sösicles.
Rud. 779: Abi modO) 6go dum | hoc cur&bo recte. || lam egÖ
revenero •).
Rud. 1184: Sümne | egö scelestus, qui illunc hödie excepi vi-
dulum.
Deinde sine ulla dubitatione corrupti sunt versus quattuor:
Gas. 786. Mil. 1379. Stich, 720. Truc 526, in quibus iam supra
corruptelae sedem cruce illa significavi usitata ^). Tum in Septem
yersibus tam facile est emendare, ut rationi dimetiendi egö iure
anteponamus emendationes :
1) Cf. sopra pag. 5.
2) Leo : iHoCy qaod verieimile est.
3) Hoc in veno alteram est mendum metricum, cum paenultima
producta looativi rüri quartam iambicinseDarii effioiat thesin; cf. pag. 2.
4) Hiatus in semiseptenaria. 6) Vide sis pag. 4.
6) Sic hunc versum ut legamus, praecipitor, ne paenultima in
curäbo tertiam trochaici septenarii efficiens thesin cum dipodiarom
pugnet lege.
7) Geterum Truc 526. meliore ratione quam supra legitur:
Tollere, lia dolet itaque eg5 f medulo, neque etiam queo.
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58 Georgias Wedding
Asin. 810: Sequere h&c (med). Egone haec p&tiar aüt taceam?
Emori i).
Bacch. 571: T611am 6gÖ ted in Collum atque fntro hinc aüfe-
ram. || Immo ih6, mane ').
Gapt. 1021: Sed (tu) die orö : pater mens tüne es? || Egö sum,
gn&te mi *).
Ost. 745: Quid istüc negöti est? Aüt quis es t(u)? || Egö sum
illius m4ter^).
Cure. 305: Hadd magis (me) cupis quam Sgö te cupio. || 0 mea
öpportdnitas %
Epid. 389 : Egö mS(d) excniciare &nimi, qu&si quid fiOius ').
Truc. 453: Egö prima de me(met), domo doeta, dico^).
Deinde duobus yersibus non inest auctoritas, quia inter se
discrepant Ubri manuscripti: versum Merc. 544 praebet Ambro-
sianus, ut supra eum attuli:
Tandem impetr&vi egömet me üt comimperem,
Palatini autem hoc in versu veram serrayerunt lectionem:
Tandem impetr&vi ut egömet me comimperem.
Contra Rud. 730 ordo verborum praeponendus est Ambrosiani:
Ita egö te hinc omätum amittam, tu ipsus te ut non
növeris,
quem versum non recte ezhibent Palatini:
Ita hinc egö te orn4tum te amittam, tu ipsus iA ut non
növeris.
Postremo tres versus aliam admittunt dimetiendi rationem:
Poen. 1185: Spero equidem. | Et pöl ögö quöm, ingenüs
quibus sümus atque &liae, gnösco *).
Versum Rud. 190 constare existimaverim ex duobus iambicis
dimetris catal:
1) (med) adieoi. of. Asin. 941:
Immo intro potiüs. Sequere hao me, mi anime. H Ego yero sequor.
2) D habet: Ut,
8) (tu) Bupplevit Havet, recepit Leo.
4) M t(u) Bcripsi pro codicnm lectione : Mt, in qaa m tu vestiginm
sai reliquisse videtur.
6} (me) Fleckeisen, Goetz, Leo. — Ooetz-Sohoell in editione :
Haüd magis cnpis quam eg5 te cupio. || 0 mea opportünitas.
6) me(d) recepit Leo. 7) me(m0(), sapplevi.
8) Cf. Klotz, 1. c. pag. 119. 123 sqq. — De daotjlo + anapaesto
(— «uuujl) cf. sapra pag. 80.
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De vocalibus productes Latinas voces terminantibus. 59
Hancine egö p&rtem c&pio ob pletatem praeofpnam,
praesertim cum in hoc ipso cantico reperiantur versus iambici,
in quibus omnes fere theseis syllaba longa efficinntur vel du-
abus correptis, ut illi versus, quamquam iambici, anapaesticis
similes videantur esse et ex uno loco, in quo una syllaba bre-
vis explet thesin, versum iambicum esse appareat Vide sis
versum 185:
Nimio höminum förtunae minus miserae memor&ntur,
iambicus dimeter acat cum clausula Reiziana (vel anapaestica?).
Similiter res se habet in versibus huius cantici 218 et 219:
Nunc qui minus serviö, quam si servä forem näta?
Neque quicquam umquam {lUs pröfuft, qui me sibi edux-
^runt,
1. e. e-uu.i., \jj. L CUU.C —
quorum versuum alter est iambicus dimeter catal. cum clausula
Reiziana ^), alter iambicus septenarius.
Versus Truc. 464 autem esse potest bacchiacus dimeter
cataL cum clausula iambica (iamb. dim. catal), quos versus
iam supra >) demonstravi identidem apud Plautum esse con-
iunctos:
Puerperio egö nunc m6(d) esse aegram adsimulo;
inter utrumque colon admittitur syllaba anceps.
Iam tres supersunt versus Cure. 294. Pseud. 939. Trin.
282:
Tristes ätque ebrioU incedunt: eos egQ si offendero.
Sed egö quae tibi bona d4bo et faci&m, si hanc söbrie
rem äccurässis.
Nölo egö cum fmprobis t& viris, gn&te mi.
Atque ego quidem, cum ceteri quinque et triginta versus,
in quibus ego in syllabam productam cadere videtur, nos dece-
perint, his tribus quoque fidem esse derogandam censeo, prae-
sertim cum, ut iam supra exposui, Plautus nunquam eandem
vocem vel formam hie terminaverit in vocalem productam illic
in brevem. Quod cum ita sit, mihi quidem non est dubium,
1) cnins nnmeri anapaestis sunt simiUimi«
2) Cf. pag. 12.
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60 Georgias Wedding
quin iam Plauti aetate pronomen ego nusquam effecerit iambum,
sed potius usque qoaque pyrrhichium, etsi confiteri debeo, quo-
modo illi tres versus Cure. 294. Pseud. 939. Irin. 282 pro-
babiliter emendandi sint, me nescire ^).
2. Cito, modo.
Adverbia dto et modo optima Latinitatis aetate cadunt in
syllabam brevem. Atque est controversia, utrum aetate Plauti
horum adverbiorum ultima iam fuerit correpta an post hunc
poetam facta sit correptio. Sed non desunt versus, in quibos
littera o finalis, de qua dicimus, est producta, qui versus
omissis incertis >) sunt hi:
a) citöi
CSist. 748: Elöquere, unde haec sunt tibi, cit9, crepündia.
Ter. Andr. 474: Hui, tam cit9? ridiculum: pöstquam ante
östium.
Heaut. 375: Sed qu&m cito sunt cönsecütae mülieresl
b) modö\
Asin. prol. 5: Age nunc resfde, cäve mod9 ne gritiis.
Asin. 869: Täce modo. Ne illüm (m)ec&stor miserum ha-
bebo. II Ego istüc scio *).
Aulul. 239: Dum modo moräta recte veniat, dötatist satis.
Capt. 458: Ad fratrem modo captivos älios lnvis6 meos.
Merc. 426: Täce modo: sen^x est quidam, qui illam min-
davit mihi.
Merc. 875: Hüc secündus v^ntus nunc est; cipe modo vor-
söriam.
1) Yix oredibile est v. Psead. 989 dimetiendam esse:
Sed egjt qo&e tibi bönft dabo et ficlam si | hano sobrie rem iocorassis,
ne initio versus tres se excipiant proceleusmatici. Sed versus Trin. 282
fortasse legendus est cum hiatu non legitime:
Nolo egö cum | improbis te viris, gnäte mi.
2) Velut: c%to\ Asin. 745. Bacch. 202. 641. Gas. 686. Gist. 748
(ante personam mutatam) Men. 226. Mil. 1868 {üe eüö vel iU eWf),
modo: Amph. 644 (Goetz-Sohoell omittunt ictus, Leo bacchios esse
censet) Asin. 876 (cum hiatu in diaeresi legi potest). Gas. 758 (a. pers.
mnt.) Guro. 665 (a. pers. mut.) Mero. 607. Mil. 984 (a. pers. mnt.).
Rud. 951.
8) {ni)eea9tor^ oorrexi. Vulgo: n« {ego) ülum setutor.
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De vocalibus productis Latioas voces terminantibus. 61
Most. 326: Cäve modo, ne prius in via accümbas.
Most. 994: Non ^uidem in A^ptum binc modo vectüs fui.
Poen. 926: Näm et hoc döcte cönsul^ndum, quöd modo con-
cr^ditumst.
Pseud. 689: M^um mendäcium, bfc modo quod subito cöm-
mentüs fai.
Mea quidem sententia dubium esse nequit^ quin in bis ver-
sibns et cüo et modo efificiant iambum, b. e. quin Plauti aetate
hae syllabae nondum fuerint breviatae. Quae res confirmatur,
quod, ubi utrumque adverbium apud Plautum efficit pyrrhi-
chium, ultima corripitur vi legis iambomm correptionis ^) neque
unquam eam occupat sedem, in qua syllaba natura brevis postu-
latur >). Vi eiusdem legis autem postea accidit, ut omnino bis
in adyerbiis o finaUs corriperetur. Quod in cüo paulo post
Terentium factum videtur esse, cum post hunc poetam forma
cito nusquam reperiatur; diutius autem servata est forma modö^)^
qua etiam Lucretius nonnullis usus est locis yelut:
n, 1135: Plura modo dispargit et ab se corpora mittit
II, 941: Ne congressa modo vitaUs convenientes.
lY, 1181: Vna modo, causas abeundi quaerat honestas^).
Atque mihi quidem verisimile est ob eam causam modo
diutius fuisse in usu quam cito, quia verborum conformationes
ut omni modo, unö modo, nuUö modo, quarum adverbialis fere
est significatiOy semper in modo o finalem servaverunt pro-
ductam.
Restat, ut verba faciam, unde adverbia modo, modo, cUö,
cito ducant originem. Atque nisi omnia me fallunt, ut in ad-
yerbiis bene et mcUe % in bis quoque fieri potuit, ut ex duplici
orerentur forma. Neque enim negari potest olim fuisse abla-
tivos *caöd, *modod et instrumentales *citö, *modö, quae for-
mae, cum d littera ablatiyi deiecta confluxissent, non aliam
formam parere possent ac cüö, modo, ex quibus yi legis iambo-
1) Velut: em: Gas. 744. Mil. 266. Most. 347. Pseud. 168. Ter.
Adelph. 448. mödS: Amph. 286. 696. Asin. 36. 168. 170. 240. 337. 457.
902. 927 etc. eto.
2) Velat in ultima thesi iambici senarii et trochaici septenarii.
3) Sine dubio Bomani quodam tempore usi sunt et forma modo et
modif, ut et tibi et <tK
4) Gf. Lachmann ad Lucr. II 1185.
5) Tide supra pag. 46.
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62 Georgias Wedding De vocalibus prodactis Latinas etc.
ram correptionis et quod sermone terebantnr adverbia, Dasei
oportebat formas cito et modo.
V. Fonnae in ü exenntes.
De formis in u productam desinentibus brevi praecidam,
quippe quae formae nee numerosae sint nee praebeant dif&cul-
tates, qoas denno necesse est vocare in quaestionem.
Nam formas in ü nominativi-accasativi sg. neutrins generis
quartae, quae dicitur, deelinationis velut cornü re vera vetustos
esse nominatiyos-aee. pl. neutr. gen. doeuit vir doctissiinns
Johannes Schmidt, die pluralbildungen der idg. neutra, pag. 49.
Deinde praeter eiusdem deelinationis dativam in -uet ^;, -ui,
euius interpretatio dubia est, omnibus temporibas in usu fuit
dativus in -ü% quem non modo Latinum esse, sed Italicum
maxime Vmbrorum confirmat dativus: trifo »).
Ablativus sg. autem olim desiit in -üd, cuius formae exem-
plum servatum est in s. c. de Baech. 13: promagiairatud ^),
postea — nee mirnm — usque quaque in u mittitur pro-
ductam.
Quem ad modum interpretandae sint formae diu et nocM,
utrum loeatiyi sint neene, dubium est. Nam in noctü ex -öu :
Sscr. äktaü amplissima reperiretur stirps -öu, quam in lingua
Latina servatam esse aegre crediderim.
Restat, ut verba faciam de pronomine tu. Quae forma
cum Omnibus temporibus cadat in u productam, ducenda est
ex Idg. *tüy cf. ags. /li = angl. thou, ahd. du, altpr. tau,
altslov. ty; sed dubium esse nequit, quin praeter Idg. tu iam
fuerit forma tu, quam maxime testantur gr. Ttf , lit. tu, ahd. du,
da: cf. Job. Schmidt, pluralbildungen der idg. neutra 219.
1) Cf. Schneider, 1. c. 805, 12: sMotuei.
2) Velut Mil. 1073:
Quid est? Yt lado? H Neqoeo hercle eqaidem risü meo moderarL |
Cf. Psead. 306. Rad. 294. — Sapinam in -ü : diciu, audäü etc. eandem
esse formam satis constat.
8) Bnecheler, Ymbrica, pag. 109.
4) Forma incisa magütratuo sine alla dubitatione error' est fabrilis.
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Hans Reichelt Beitrg. z. gesch. d. indogerman. konjugal. 63
Beiträge zm geschiohte der indogermaniBchen
koigiigaüon,
L Die abgeleiteten ^'-st&mme.
(Tgl. BB. 26, 284 ff.; 26, 266 ff.)
Die vorliegende arbeit behandelt diejenigen yerba der so-
genannten ib-klasse, die einen zweiten stamm auf S haben.
§ 1. Es ist wohl keine klasse des idg. verbalsystems, ob-
wol sich die bewährtesten forscher an ihrer erklärung ver-
suchten, in dem masse verkannt worden, wie die /o-klasse. Der
grund hiefiir liegt hauptsächlich darin, dass man das i-element
auf das praesens beschränkte und vom thematischen vokal nicht
loszutrennen wagte ^).
Die Verhältnisse bei dieser klasse sind durchaus nicht so
verwickelt, wie die neuesten Untersuchungen ergeben haben.
Die trennung in verschiedene weitere klassen, für deren not-
wendigkeit besonders Streitberg PBrB. 14, 224 ff. und Hirt Idg.
akzent, 192 ff. eingetreten sind, hat die erklärung nur erschwert.
Barthol omae^ der so oft tiefer blickt als seine fachgenossen,
ist der einzige, welcher den Zusammenhang der verschiedenen
bildungstypen erkannt hat. Dadurch, dass er für den zweiten
stamm auf -9 (oder -a) die entstehung aus -^ (oder -ai) nach-
gewiesen hat, hat er die grundlage für das richtige Verständnis
der in frage kommenden verba geschaffen. Vgl. Studien zur
idg. Sprachgeschichte 2, 142 ff. und Grd. d. iran. phil. 1, 79 ff.
§ 2. Nach Hirt, der in der hauptsache Streitberg folgt,
sind mindestens folgende klassen zu unterscheiden.
I. % ist nicht praesenssuffix sondern gehört zum stamm.
II. i ist praesenssufGx und erscheint daher nicht in den
andern Stammformen. Diese klasse hat nach Brugmann Grd.
2, 1059 zwei abteilungen, je nachdem a) die Wurzelsilbe den
wortton hatte und voUstufig war, oder b) in der Wurzelsilbe
1) Wie ich den mitteilongen über die 46. Versammlung deutscher
Philologen und Schulmänner (in Strassburg) lA. 12, 349 entnehme, hat
prof. Lenmann bei besprechung der vierten praesens-klasse im Sanskrit
das praesenssul&z --ya in • -f- a aufgelöst und damit die forschung auf
die richtige bahn gelenkt.
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64 Hans Reichelt
Schwundstufe herrschte, und der ton auf dem suffix lag, analog
den ö-verhen.
III. -iß im praesens steht neben einem zweiten stamm auf
-5 (oder -a) aus *4S' (oder *'ä%y
Abgesehen von der L, der wurzelklasse lässt sich diese
einteilung aus zwei gründen nicht aufrecht erhalten. Erstens
ist das i nirgends praesenssuffix ; es muss vielmehr überall auf
einen zweiten stamm auf ei oder äi bezogen werden. Und
dann lassen sich auf dieser grundlage nur wenige der hierher
gehörigen formkategorien verstehen.
§ 3. Die verba der ib-klasse zerfallen in zwei haupt-
gruppen, je nachdem der zweite stamm auf -a oder e ausgeht
Wie ich eingangs erwähnt habe, kommen hier nur die verba
mit einem zweiten stamm auf -^ in betracht Die wichtigsten
anhaltspunkte für ihre erklärung sind der Zusammenhang mit
der nominalen e^-stammklasse und der umstand, dass dasselbe
idg. verbum in den einzelsprachen verschiedenen bildungen
folgt, die in folge dessen einen gemeinsamen Ursprung haben
müssen. Vgl.:
ai. gödh 'licht', got. hugs, as. hugi ^sinn' : ai. gücyati
'leuchtet*! got. hugjan 'denken'.
ai. rudh 'licht', ksl. ludh 'licht' : gr. X&ioaw 'schaue' aus
*X8uiH'(0j lat lüceö 'leuchte'.
ai. varUh 'umlauf' : lit verczü 'kehre um', ksl. vrhätq
Werto'.
ai. kavih 'klug' : gr. Koita 'merke', lat. caveö 'hüte mich'*
aw. hadiä 'sitz' : lat. sedeö 'sitze', lit sed&i, ksl. sid&i
'sitzen'.
gr. x^Q^S ^gunst' : gr. x^^'^^i h^Q^ 'freue mich', ai. hdr^
ycUi 'er begehrt', umbr. heris 'vis', lit. gerü^s 'freue mich'.
Dazu got grsdus 'hunger' (Hirt SBtr. 23, 291).
gr. axalig 'hacke', Ut skgle 'loch' (mit sekundärer dehnung
nach Wiedemann Lit gr. s. 20) : gr. axaXilai 'scharre' aus
*aiuxXi'Wf lit. sküiü, skUti 'schlage feuer an'. Dazu gr. a%aXfj'
vog, axoXi^g 'krumm'.
gr. fivela 'erinnerung' aus *iivbi^-ol^ an. mun(rj 'sinn, unter-
schied', gr. ^tjvig 'groll', fiavla 'raserei' : gr. fialvofiai, {if^dyfjv)
'rase', fii'fivy-f^ai 'erinnere mich', ai. manyaU 'er glaubt', got
miman 'meinen', Ut menü, min&i 'gedenke', ksl. mtnjq^ mbnUi
'meine', air. do-moiniur 'puto'.
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 65
gr. Idia ^erscbeinung' aus */tif€x-a, ai. vidyä 'wissen', :
lat Video 'sehe', got tvüan 'beobachten', lit. pavydzu,
lat fid^ 'vertrauen', gr. Ileid'ti 'Überredung' neben Tteiaig :
gr. {7t8i&(o)y ifti'^y got. bidja 'bitte'. Dazu lat. fidius 'wahr-
haftig' und fidilis 'treu'.
lat. ctiedfy 'mord' : gr. axi^o) 'spalte', lit skedhu 'spalte'.
lat. aedes 'feuerstätte' : ai. idhyäte 'wird angezündet'. Dazu
lat. aedüisj osk. Atifineü 'Aedinii'.
lat. aci98 'schärfe', an. egg^ eggiar 'schneide', ahd. ekka,
mhd. ecke : an. eggia 'anreizen'.
lat. per-nieiBs 'verderben'; ai. nd^ati, aw. tMsyeiH 'er
geht zu grund'. Dazu lat. itUerneciea (Gloss. phil., Isid. or. 5. 26)
inter-neciüm (Not. Tir. p. 123).
lat. seriis 'reihe', gr. sYqw 'knüpfe' aus *ae^x-ai.
lat faciSs 'erscheinung', fax, faces (PauL Festi s. 87)
'fackel', lit. eväke 'licht' : gr. naiqxiaaw 'schimmere' aus
*-g>aKi'(o. Dazu lat. facstus 'glänzend'.
lat. species 'erscheinung' : ai. pdgyati 'er späht', lat. spe^
ciö 'sehe nach etwas'. Dazu lat. specietas, au-spici^nn.
got kuni, kunßs 'geschlecht', lat pro-genüs 'geschlecht',
gr. yhva 'geschlecht' aus ^yevi-a : gr. yeivofiat 'werde geboren'
aus *y€yi^'Ofiai, ai. jägcUi 'wird geboren'. Dazu gr. ofwyviog^
got samakuns 'verwandt', lat genius 'schutzgeist'.
got. grißs 'schritt' : ai. gr'dhyati 'er ist gierig', lat. gradior
'schreite'.
got. qumsy ahd. chumi 'ankunft' gr. ßalvw 'gehe', lat veniö
'komme'.
lit alAa 'äuge', gr. caaa 'äugen' aus *ox|-« : gr. oaaofiai
'sehe' aus ^onLi-oiicLi^ got. ahjan 'glauben'.
lit rudis 'rost' : lat, rubire 'erröthen', ksl. rtdUi 8^ 'er-
röthen'.
lit gulie 'lager' : lit guliü 'lege mich', ai. gldti 'er ist er-
schöpft', aw. ni-^äire 'sie werden geworfen', gr. ßdklta 'ich
werfe'.
lit. zinl 'künde' : ahd. ir-knau 'weiss' aus *§nei-ö.
lit szlove 'ehre', gr. Klatüi 'verkünderin' statt *Äi«a5 aus
*xA«/-o«- (vgl. üeid'oiy yirjTCu) : gr. xAc/ai 'mache berühmt'
aus *xJU/-i-ai, lat düeo 'höre' aus *dev^'ö. Dazu lit. 8zl6vi'nu
'preise'. Idg. ♦£tojfc(i>, *JUeitö(i)' : *Jcle^' : *keui'.
Baltrtfs 1. knadt 0. indg. ■pnelMB. XXVII. ^
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66 Hans Reichelt
lit srove 'Strömung' : lit. sravi-ü, sravij-au 'fliessen', gr.
i^rj-v 'floss', idg. *«röjfe(i>; *8rj^i)- : ♦«rojft-.
lit dväse 'hauch' : lit dvesiü 'atme', dilsiü, düsUi 'atme'.
Dazu gr. d^tTiog aus *&/8ai''0g 'göttlich', lat Fürius aus ^feu-
8P4$8, vgl. Petr, Krok VI 6, 248 f.
lit. grobe 'beute' : ai. grhhndmi 'ergreife', lit. grilbiu 'raffe,
packe', ^reiw 'raffe, harke' Brugmann Grd. ' I, 152.
air. cruim 'wurm', ai. kf'mih 'wurm', lit kirmis 'wurm' :
ai. kramyati 'er schreitet'.
§ 4. Brugmann und Hirt haben das -ö- der yerbalen
cs-stämme mit dem a der femininen ä-stämme identifizirt. Vgl.
H. M. Chadwick IF. 11, 169: „With regard to the origin of
these stems the Suggestion of Brugmann (Gr. 2, § 487) and
Hirt (Idg. akz. § 197) claims attention. According to ihem
the ä of these stems is identical with the *<s- of feminine sub-
stantives. We have already mentioned that the connection
between verbal and nominal e^stems is of great antiquity, and
there are two further points in support of the theory. (1) The
oldest Stratum of feminine ö-stems consists largely of verbal
abstracts (cf. Hirt akz. § 197, 271). (2) These stems likewise
show as a rule either reduced or o-vocaUsm in the root-syllable
and are accented on the stem-final".
§ 5. Ich identifizire in gleicher weise das ß)i der ver-
balen «n-stämme mit dem der nominalen ei-stämme. Es steht
hier wie dort ei- mit ei-, i- und t- im ablaut lat. fdi-s ver-
hält sich gr. htiS^'Vy wie lat fidi^us zu got. Wdj-a. Die von
Streitberg Urgerm. gr. s. 300 so genannten starren ji^/ia-bil-
dungen, zu denen got bid-ja gehört, sind nichts weiter als
durch den themavocal erweiterte ^-stamme.
Neben den starren ia/^b-bildungen verzeichnet Streitberg
a. a. 0. noch abgestufte ie^ ib-bildungen. "Wie beim nomen
im Litauischen kilia neben k&iaa steht, so erscheint auch beim
verbum neben der voUstufenform des Suffixes die Schwundstufe.
Und zwar kann diese doppelte gestalt haben: 1) einsilbiges
'ißlj^' wird in unbetonter Stellung zu kurzem t. — 2) neben
dem einsilbigen ißlio findet sich unter den von Sievers PBrB.
5, 129 ff. festgestellten bedingungen zweisilbiges -ißliO'. In der
Schwundstufe muss alsdann die länge, d. h. 1, auftreten. Wie
das Germanische und — nach £. Berneker und P. Giles —
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Beiträge zur geschichte der indogermaniBchen konjugation. 67
das Lateinische darthun, erscheint die zweisilbige yoUstufe und
damit die langrokalische Schwundstufe regelrecht nach langer
Würzelsilbe. So erklärt sich die lateinische doppelheit:
capio fardo
capis fareis
capit farcit
capimus fardmus
capitis farcUis
capiunt fardunt.
Streitberg's ansatz der vollstufe mit iejio und die heran-
ziehuug von lit kSlis neben hiilias ist hinfallig. Da sich bei
den nominalen «^-stammen -ei- (-oi') als vollstufe ergeben hat,
ist auch hier -^- und nicht -iß- als vollstufe anzusetzen.
§ 6. Wie für die nominalen ^it-stämmey deren bildungs-
typen nicht weniger verschieden sind, lässt sich auch für die
verbalen ^stamme ein einheitlicher Ursprung nachweisen. Die
ablauterscheinungen der beiden Stammgruppen sind dieselben.
Die silbe ei bewegt sich je nach dem akzent in den ablaut-
stufen ei (i) : ei : l, i; sie ist hier wie dort ursprünglich be-
tont gewesen, wodurch sich die grosse anzahl schwundstufiger
Wurzelsilben erklärt. Allerdings darf man diese Verhältnisse
nicht nur auf das praesens beziehen. Bezzenberger BB. 26,
s. 171 bemerkt sehr richtig: ''Unzweifelhaft darf man die sache
auch anders ansehen (vgl. Bartholomae, Studien z. idg. Sprach-
geschichte 2, 150), und Streitherg wird weder leugnen, dass
man grundsätzlich immer versuchen muss, die verschiedenen
Stämme eines verbs zu vereinigen, noch dass in der regel ein
nicht praesentischer stamm auf S einen praesensstamm auf e
oder eje zur seite hat".
§ 7. Dass die idg. grundsprache nicht aus wurzeln, son-
dern aus Worten bestanden hat, wird wol niemand bezweifeln.
Trotzdem darf man aber den wurzelbegriff nicht ohneweiters
fallen lassen, da ihn grammatische abstraktionen notwendig
machen. Ob die wurzel als solche jemals in sprachlichem ge-
brauche stand, ist einerlei; auf jeden fall ist sie noch für die
zeit, wo die spräche unserer forschung erreichbar wird, d. h.
historisch zu werden anfängt, hinter dem schleier von ablaut-
und flexionserscheinungen deutlich erkennbar. Die wurzel
braucht deswegen nicht immer einsilbig gewesen zu sein. Für
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68 Hans Reichelt
uns ist eben alles Wurzel, was sich bei mehreren etymologisch
zusammengehörigen worten als gemeinsames element ergibt
Es ist nun die frage, ob wir im vorliegenden falle die
Silbe ei zur wurzel zu rechnen, also von zweisilbigen wurzeln
auszugehen haben, oder ob wir in der silbe ei ein ableitungs-
suffix sehen müssen.
§ 8. H. Hirt Der idg. ablaut s. 25 — 153 hat eine neue
theorie der idg. wurzeln aufgestellt, indem er sie auf uridg.
basen zurückführt, aus denen sich seiner ablauttheorie gemäss
die historischen formen der einzelnen sprachen entwickeln.
Nach seiner einteilung gehören unsere verbalstämme zu den
zweisilbigen schweren basen und zwar zu den exBi-hBsen,
Ich stehe auf dem Standpunkte Bartholomae's, nach dem
9i (Bartholomae's äi) kein wurzelhaftes, sondern ein stamm-
bildendes sufGx ist, wofür ich einerseits den Zusammenhang
mit den abgeleiteten nominalen e^-stämmen, andrerseits das
Vorhandensein der zahlreichen formen von der einsilbigen, un-
erweiterten wurzel geltend mache. (Ich sehe nicht ein, warum
dieser annähme die infixtheorie entgegensteht, wie Hübschmann
lA. 11, s. 52 einwendet Der nasal kann ebensogut, wie vor
dem zweiten vokal der basis, auch vor dem ableitungssuffix,
das sich mit der Wurzelsilbe eng verbunden hatte, infigirt wor-
den sein) Hübschmann a. o. s. 52 ^ hat bei der besprechung
von Hirt's e^^i-basen schon auf mehrere falle aufmerksam ge-
macht, die die vermuthung zulassen, dass ^i ein stammbilden-
des Suffix war, und hat dabei auf die iranischen Verhältnisse
ein besonderes gewicht gelegt:
idg. *od'ei- neben ♦orf 'riechen' : gr. o^«, lat olSre, lit.
6!deu neben gr. od^iiq^ lat. od-or, ol-fadö.
idg. ^men-ei' neben *inen 'denken' : ai. mdnyate, gr. fiai-
vofiai^ got. munan, lit min&i, ksl. mhnSti neben ai. fnatäh,
maUh.
idg. *uer'ei' neben *^er 'sprechen' : gr. «t(pco, lit. reju
neben lat. ver-bum, got. waür-ds, lit por-das.
idg. *uel'ei' neben *^el 'wählen' : ai. vrndti, ksl. vdMi
neben lat vel, lit pa-vel-mi, ai. vr-tdh,
idg. *^eid-ei' neben *^eid 'sehen' : lat pidSre, got. wüan,
lit porvyd&i, ksl. mditi neben aw. ms-tö.
idg. ^keuk-ei- neben ^kevk 'leuchten' : ai. gücyati, got
hugjan neben ai. (ukrdlj^, aw. suxrö.
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Beiträge zur gescbichte der indogermanischen konjugation. 69
idg. ^bheudh-ei' neben *bheudh 'erwachen' : ai. büdhyati,
lit. budeti, ksl. bhdSti neben ai. buddhdh.
idg. ^ieudh-ei" neben *j^udh 'kämpfen' : ai. yMhyatiy lat.
iulOref lit judüi neben ai. yuddhdh.
idg. ^grebh-ef neben *grebh * greifen' : ai. grbhnäti, lit
grä>iu neben aw. g9r9pta', np. jrtW/i.
idg. ^stcheid-ei' neben ^sÜieid »spalten' : gr. 0%/^, lat.
caed^, lit skidzu neben ai. chinndh, lat 8ci88U8.
idg. *ghven-ei' neben ♦jrÄt^^n 'schlagen' : gr. ^«tVcu, lit.
^ene^i neben ai. Adft^t^ lit. ptil^».
idg, *ter-ei' neben ♦^tfr 'bohren' : ai. ti'ryati, gr. rfi/^oi,
lat. iri'Vi neben ai. U-tar-ti.
idg. ^der-ei- neben *rfer 'spalten' : ai. dpMydi, gr. if</^,
IdaQviVy lit. d»rfii neben ai. (/(friSfi, {Jr^aA, gr. dgcetSg.
idg. ^^erg-ei' neben *tf«rjr 'abhalten' : lat urgSre, lit. i?«r-
ih'fi neben lit vargas, ksl. rr(]^.
idg. )^-ei- neben *ff^ 'wenden' : ai. varUh, lit t^erc^iiS^,
ksl. vrhüq, vrrMi neben ai. var/^f, vrttäh, lat f?orMM.
§ 9. Hirt unterscheidet bei den zweisilbigen schweren
basen noch monophthongische, die sogenannten sSf-hasen (§ 187
— 443). Auf dieselben hier näher einzugehen, besteht keine
veranlassung. Ich will nur yorausbemerken, dass Hirt in seiner
beispielsammlung eine anzahl von stammen unter die ^^basen
eingereiht hat, die eigentlich zu unseren stammen zu rechnen
sind.
Das ableitungssuffix ist also in der vollstufe als -^-auszu-
setzen. Infolge des akzentwechsels innerhalb der flexion unter-
liegt es dem quantitativen ablaut Seine ursprünglichen ab-
lantsverhältnisse haben sich aber nirgends vollständig erhalten.
Wie beim nomen, so wurden auch beim verbum schon in ur-
sprünglicher zeit durch betonungsverschiedenheiten eine reihe
von nebenformen entwickelt, die in ihrer neuen gestalt ver-
kannt und von der eigentlichen stammklasse losgetrennt wurden.
Die Ursache der betonungsverschiedenheiten ist teils in der
komposition (durch den eintritt der enklise) und dem übertritt
in die thematische flexionsweise, teils in der beeinflussung
durch formen vom unerweiterteh stamme zu suchen.
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70 Hans Reichelt
I» Das praesens.
a) Singular.
§ 10. Nach Hirt Idg. ablaut s. 108 bilden die exei-hasen
das praesens verschieden. Die reinen ea^ei-basen haben im sg.
den akzent auf der ersten silbe: vüdiimai, pl. veideimis »- idg.
*v4idiini, pl. vidimiB, vgl. ksL pidüi, pl. viditm (statt *vhdifm).
Die ea;^/-basen mit n haben im sg. den akzent auf der zweiten
^ilbe der basis: ghrebh-fir^'Umai, pl. gkrebh-n-Si-mSs « ai.
grbhndmi, pl. grbhmmdh.
§ 11. Ich glaube, Hirt wird diese verschiedene praesens-
bildung 'der ea:^f-basen' nicht vertheidigen können. Es sprechen
die infixtheorie und der thatsächliche formenbestand zu sehr
dagegen. Ai. grbhäyäti (ap. agarbäyah, aw. g9urvain) enthält
die ursprüngliche praesensform des sg. vom erweiterten stamm
*gkfbh'ei', nur dass es durch den thema vokal vermehrt ist
Wäre der akzent wirklich auf der ersten silbe gelegen, so
müsste eine form *grdbMU (thematisch *grdbhyati) entstanden
sein, die nach infigirung des nasals ^grdbhnüi gelautet hätte.
Da eine solche form nirgends zu finden ist, wird man zugeben
müssen, dass auch 'die reinen ea;ei-basen' im sg. den akzent
auf der zweiten silbe gehabt haben. In der that finden sich
neben den thematischen formen, wie ai. grbhäy&ti, noch die
ursprünglichen athematischen: got. habaia, habaiß geht, wie
Bartholomae a. o. s. 147 nachgewiesen hat, auf idg. *kk9bh'H'
si, *leh9bh'€i-ti zurück. In ai. prasi, gUtti, psäti, gr. {f^if^y
ftXrjfiij (Ti^-tQfjfih Iftt. habes, hobst und in ahd. hab9m, habSa,
habet liegt die idg. nebenform auf ^'t-mi, *-€-«, *-^-*f vor.
Vielleicht ist auch lesb. (pUrifii u. s. w. hierherzustellen, wenn
die aeol. flexion der verba auf -co» nicht als gr. neuerung be-
trachtet werden muss. Die ursprüngliche flexion des sg. ist
demnach :
idg.
ai.
gr.
lat.
got
ahd.
*kh9bh-ea}mi
ti-t^m
habm
*kh9bh-$a)-i>i
prOsi
tl-TQijg
habes
habais
habes
*kh9hh-i(i)-H
gläti
ti-vijtjai
habet
haba^
habet
Vgl. ai. prdsi 'du füllst', gr. TtlfiTtltifit 4ch fülle' neben lat.
pUö 'ich fülle' aus *plei'^i ai« gl&ti 'er ist erschöpft', aw. ni-
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Beiträge zur geschiebte der indogermanischen konjugation. 71
yräire 'sie werden geworfen' neben ai. gUyati : gr. ßaXXto
4ch werfe', eßXriv 4ch wurde getroffen', lit gvHiü, guUSti 'schlafe';
ai. mldti 'er erschafft, wird weich' neben mlaycUi : gr. ilivHw
'mahle', ksl. mdjq 'mahle'; ai. paäti 'er zehrt auf neben gr.
tpi aus *xfnji-ei 'er reibt'; gr. Ti-^QTjfii 'bohre' neben ahd. drau
'drehe' aus *tr^ö : ai. tfryati 'er setzt über', gr. tetgta 'reibe',
tSQiü) 'bohre', lat (terö), trv^ 'reibe', lit. tyriü 'erfahre', ksl.
itrq^ treii 'reibe'; gr. rcL^-nlriiii (nach niii^-nhivw) 'fülle' wie
oben; gr.efi-^ci'ftQrjfxi. 'ich stecke in brand' neben ru88.|»r^,
prsti 'schwitze, siede'. Ferner die praesensformen des singulare
von: got ßah an, Bhd.dag9n 'schweigen', lai^tacere 'schwei-
gen'; got. toitan 'auf etwas sehen', ahd. wizen 'sapientem
esse', lat vidSre 'sehen' : lit. pa-vydeu, -vyd^i 'beneide', ksl.
vizdq, vid&i 'sehe'; got. Hb an, ahd. lebin 'leben' : gr. {aJLetqxo)
riXlqnjv 'salbe'; got. tnunan 'gedenken', ahd. fir-monin 'ver-
achten' : ai. tnänyatS 'er denkt' s. § 3; got. weihan, ga-toeihan
'weihen heiligen', umbr. e-veietu ■— ^-veig-S-^öd 'voveto' vgl.
Osthoff IF. 6, 39 ff.; got. ana-silan 'still werden', lat. stiere
Schweigen'; got. toahan 'wachen', lat vegere 'wecken'; got
haban 'haben', lat habere 'haben'; got ga-ßarban 'sich
enthalten' : is\.trbplja, trhpsti 'dulden'; got trauan 'trauen' :
pr. druws, druwU 'glauben' (dazu pr. druwi, druwis 'glaube');
lat 8ed9re 'sitzen' : ahd. sizzu 'sitze', ksl. sSzdq, sSdsH 'sitze'
s. § 3; lat rubSre 'roth sein' : ksl. rhidq^ rbd&,i 'erröthen' s.
§ 3; lat. val^re 'stark sein' : lit galiü, gaUU 'kann'; lat
mordSre 'beissen' : ai. mrdnäü 'er reibt', lit. nUrdHu 'bin im
sterben'; lat. ol^re 'riechen' aus *od^e : gr. o^ 'rieche', lit.
A'd&u, A'sti 'rieche'; lat luc^re 'leuchten' : gr. levaata 'schaue',
Ut. Idukiu 'warte'; u. a.
§ 12. Die gr. formen zeigen reduplikation. Dass bei den
abgeleiteten verbalen ^'-stammen in der reduplikationssilbe der
i-vokal erscheint, ist nichts auffallendes, da die schwundstufige
Wurzelsilbe mit dem ableitungssuffix gleichsam eine einsilbige
diphthongische basis, wie etwa ai. bibhtmi oder dkemi repräsen-
tirt: gr. tl^^-fii 'bohre' aus "^U-trSf-mi (zu ahd. dräu 'drehe'
aus *tr^"^) vgl. aw. didaüi 'er sieht' aus *dhi-dh^U. Gr.
'ftl'TcXrj-^L, mfiTtkfjfii 'fülle' aus *pi'pUi'fni (zu lat pleö aus
*plsi^)^ 'Tti'Tturi'fUf nififrQftjf^i 'fache an' aus ^pir-pr^-mi (zu
russ« preju, pr^ti 'siede'). Die schwachen personen dieser gr.
verba fiektiren wie die der gleichgebildeten monophthongischen
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72 Hans Reichelt
Wurzelstämme, was Brugmann mit recht dem einfluss yon prae-
sentien wie tatrifii^ tatafiev zuschreibt. In ai. U'tar4i 'er ge-
langt hinüber', pi-par-ti, pi-pra-ti ^erfüllt' ist das i der redup-
likationssilbe aus formen wie *ti4rSi''ini (tlvgri^t) u. s. w.
herübergenommen.
In andern fällen lässt das f der reduplikationssilbe auf das
ehemalige yorhandensein solcher ursprünglicher praesensformen
schliessen und findet darin seine erklärung. Ai. djijanat 'er
wurde geboren', aw. zlzan9nti 'sie gebären', gr. ylyvofiai 'ich
werde', lat. gignö 'ich erzeuge' nach *g'ig'n^ti, vgl. ai. janiSva,
lat. -yenies, got. kuni 'geschlecht' ; gr. fiiiivo} neben fniwo 'bleibe'
nach *mimnSiti, vgl. gr. /jtefiivfj'xaf lat. maneö 'bleibe'; ai. apl-
patat 'er fiel', gr. TtjfTttto 'falle' nach *piptBj^i, vgl. gr. niTvito
'falle', das B,\d*p9t'n^ifni zurückweist, Ttrüiov 'feder*, lat. (petö),
peti-vi; gr. ivlarta} 'ich sage' nach ^siskvEiti, vgl. gr. iv-iOTcrj-^ut^
an. skcM 'dichter' statt skdld aus ^8ke(i)'äla' Liden BPrB.
15, 507. ahd. sagSn; ai. ^dati 'er sitzt', gr. t^o)^ lat. ^ö
'setze mich' nach *9izdeimi, vgl. lat. sedeö 'sitze' u. s. w.; ai.
jighnatS 'er wird geschlagen' nach * gh^ightm^ti, vgl. gr. d'slvio
'schlagen', lit. gen'Sti 'äste abhauen', genys 'specht', ksL zbnj{f,
z^i 'schneide'. Hom. on-Tftevw 'begaflfe' nach *u9h>eitiy vgL
gr. oaaof^ai 'sehe', oaae 'die äugen', lit. alAs 'äuge', femer gr.
ouvio} 'zaudere', wenn man es mit Meringer S. W. A. W. 125 11.
s. 14 hieherstellen darf, das wie Tcitvew aufzufassen ist. [Ai.
tkßats 'er sieht' (äikäißi, ikäiidh) hat von (zkii 'äuge* das 8
übernommen; hom. fraQd-ev'OTt-TTtfjg 'mädchenbegafifer' ist ein
ursprünglicher d|-stamm wie SsaTtovTjg].
b) Plural.
§ 13. Für den plural fordert Hirt mit recht formen wie
*vidiinS8, enklitisch *mdimü, *mdU(h)6, enkl. vidit(h)i, *(vi-
dtnti) *vidiQii. Die formen mit -I- begegnen uns in ai. frraot-
mah, lat. saglnms, got. sökeiß, ksl. viditm für ^vhdifm (vgl.
Hditm)y die enklitischen in ai. svapimah, lat capimus, (ahd.
hiffenos nach hiffent »- lat. capiunt\ lit. vydime. Nach Bar-
tholomae a. o. s. 157 ff. ist das -i- von bravlmi i) etc. von
1) Hubschmann LA. 11, s. 46 nimmt an, dass ai. hrofEümi för
älteres *6rammi a idg. *mr^9mt steht. Aber die art und weise, wie
er sich mit aw. vydnwrlta und mrwairt (a. o. s. 55) abfindet, ist wenig
überEeugend.
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Beiträge zur geschichte der iDdogermanischen konjugation. 73
banse aus nar im praeteritum heimisch gewesen nnd erst von
da aus in das praesens gedrungen. Da sich aber im Aw. die
praesensform mrapäire findet, nehme ich keinen anstand, ai.
bravfnti etc. dazu in direkte beziehung zu bringen.
Es scheint sich hier die urar. fiexion *bravdimi : *6rat;i-
mds ausgeglichen zu haben. Im Awesta ist die lautgestalt des
sg., im Altindischen die des plural auf die ganze flexion yer-
breitet worden. Vgl. gr. eitjg : eirjts neben lat. iriSs : Htnus.
idg.
ai.
kt.
got.
ksl.
*vidimi8
aagimus
[sökjatn]
viditm
•vidUhi
sägitis
sökeip
vidite
*vidtnti
[sägiuntj
[sökjand]
ahd.
[vid^th]
Ut.
*vidifni8
svapimah
capimus
[hiffemes]
vydime
*vidUhS
svapüha
capitis
[hiffä]
vydite
*vidiiti
[capiunt]
[hiffentj
§ 14. Die ursprüngliche yerschiedenheit in der flexion des
Singulars und plurals lässt sich ausser bei den verben der ai.
9. praesensklasse nirgends mehr nachweisen. Aber sie ist in
vielen fällen noch deutlich erkennbar, da in den einzelsprachen
teils die flexion des Singulars, teils die des plurals durchge-
drungen ist, was bei formen desselben idg. yerbums hinlänglich
gewähr bietet Man hat dabei an dieselbe ausgleichung zu
denken, wie bei ai. bravtmi und aw. mrat^aire. Vgl. ksl. viditm
«a lat. säfffmus und vid^h ==» lat. vident. Eine parallele bieten
die nominalen ei- und e^^-stämme: vgl. die deklination von
hom. ßaailevgf gr. fjgwg^ nohg (ftoXetog) und die von gr. nSXig
{Ttokiog)^ ai. gauriah, nadiah, ndptyah.
§ 15. Bei den verben der ai. 9. praesensklasse, in denen
vor dem ableitungssuffix ein nasal infigirt wird, ist die ursprüng-
liche praesensflexion unverändert erhalten: grbhnimi, grbhnäsi,
grbhndti, gxbhnlmdh, grbhnifhd, [gfhhndnti] , Vgl.:
ai. dpüydt ^) 'spalten' : gr« öelgio^ idaQrjv ^schinde', lit
diriit, dirti 'schinden'.
ai. mfdnaii 'reiben' : lat. mordeö 'beisse', lit. mSrdziu 'bin
im sterben'.
1) Wegen des alters dieser praesensbildang vgl. Burtholomae
Stadien n, 176 •, Wackemagel Ai. gr. XXm *.
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74 Hans Reichelt
ai. cptdti (i^ryate) 'zerbrechen' : gr. xBiQtOy hagtpf ^scheere',
lit. skiriii, shtrti 'schneide'.
ai. ßnäH (jt'yatB) 'überwältigen' : gr. ßiviw 'beschlafe', lit
i-gujit, f-gyti 'erlange'.
ai. gamnifS gamaydU (gamyati) 'mühen' : gr. xojueco 'pflege',
napLvtOy mixfiri'Xa 'mühe'.
ai. prnäti (pü'ryamäna) 'fülle' : ai. präM s. § 11.
ai. Vfnati 'wählen' : dor. Aj aus *j^lrii^ßi 'er wünscht', lit
vSlyju 'wünsche', ksl. veljq, vditi 'befehle'.
2A. jandJti 'er weiss' aus *^^-n-d-^t; got kunnaiß 'er weiss'
aus * g^f^-n-ii-ti : ahd. ir-knau 'weiss' aus *§nii-ö. Dazu lit
zine 'künde'.
ai. gfbhndti (grhhäyöJti) 'ergreift' : lit. gr'Aiu 'harke'.
ai. dhumyät 'schütteln' : gr. dvvicn 'tobe', lit pri-dv^fas
'dumpfig'.
Dazu gr. niivripLi 'breite aus' aus * pdi-n-ei-mi : lat pateö
'bin offen'; got kunnais, kunnaip s. o.
gr. d-wiü} 'tobe' neben ai. dhuniyät, xovvi(o aus ^xoßviat
'merke' neben gr. xoeo), lat caveö, oxvio} 'zaudere' aus ^okv-
n-ei'ö neben oaaofiai 'schaue' aus ^akp-i-o- sind durch den
themavokal erweiterte formen dieser praesensklasse. Air. artp-
chrinim 'zerfalle' neben ai. grndti und -gninim 'erkenne' neben
ai. jandti sind mit gr. xAtW 'beuge, neige' aus *kIiV'1'Ho neben
ahd. hlinem 'lehne' aus idg. ^Jäün-emi gleichgebildet
§ 16. Auffallend bleibt freilich der umstand, dass wir im
praesens nirgends der vollstufe des Suffixes -ei- begegnen, wäh-
rend die mit -e^ abgeleiteten yerba (ai. 5. und 8. praesens-
klasse) im Singular des praesens fast nur die vollstufe des
Suffixes aufweisen ^). Allein die yoUstufenform -ej^- ist auch
dort nicht ursprünglich. Hübschmann a. o. s. 57 hat hervor-
gehoben, dass für wurzeln, deren praesens sowol nach der 5.,
wie nach der 9. ai. klasse gebildet wird, entweder verschiedene
basen angenommen werden müssen, oder dass das eine der
praesentia eine jüngere neubildung sein muss. Ich halte dafür,
1) Ich glaube nicht besonders hervorheben zu müssen, dass die
abgeleiteten verbalen -M^stamme ihrerseits mit den abgeleiteten nomi-
nalen -«s^-stämmen im zusammenhange stehen. Vgl. gr. d-Quav^ 'kühn',
lit. dr€^8Üs 'dreist' : gr. ^aga^m 'mnthig sein', d^QC^vm 'ermnthigen',
ai. dkf,iifXfU 'dreist sein'; lat. arduus 'steil' ; ai. fdhmU ^gedeihen'; gr.
oivi 'scharf ; ai. kfmuii 'wetzen'; gr. xogvf 'heim' : ai. kf^mi 'machen'.
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Beiträge zur gescliichte der iDdogermanischen konjugation. 75
dass die -e^- und -n-^-praesentia ursprünglich geradeso wie
die -ei- und -n-e/-praesentien im sg. die dehnstufe des Suffixes
entwickelt hatten. Vgl. ai. ürnduti neben Vfnifti ^bedeckt' und
kpnäuti ^wetzt'. Nach abfall des jT oder ^ in der Stellung vor
konsonanten lauteten daher die formen beider klassen gleich.
Idg. slrnemi, stf(r)eYni konnte sowol aus *8tpieifniy * 8tr(r)eimif
wie aus strneumi, str(r)iumi entstanden sein. Auf grund sol-
cher gemeinsamer formen sind dann neubildungen nach der
einen oder andern klasse erfolgt ^) :
ai. vrnoti, aw. V'^rdnvaiie neben ai. Vfucüi 'wählt' : dor.
X^ 'wünscht', ksl. veleti s. § 15.
ai. dhünoti neben dhunfyät 'schütteln* : gr. ^vm *tobe',
lit. pri4v'4ja8 'dumpfig' s. § 15.
ai. pp^uyät neben ai. pfndti, püryamäna s. § 11.
Umgekehrt ist ai. minäti, fninit, 'er schädigt' neubildung
zu minoti, gr. f^ivid-w^ lat. minuö 'vermindere', got. mins 'we-
niger' aus *minjf-i> F. Sommer IF. 11, 61). Zu ai. minäti ist
dann mlyate nach jindti-ji'yate, prlndti-prtyate, lindti-liyate
gebildet worden.
§ 17. Von den wenigen wurzeln der ai. 8. praesensklasse
gehören 5 sicher zu unseren stammen.
ai. mannte neben mdnyate 'denkt', got. munan 'gedenken'
§3.
ai. tan^ti 'streckt', gr. xdvvfKu 'strecke mich' neben gr.
xBivia 'strecke', lat. teneö 'halte'. Dazu gr. ratv/a 'streif, binde'
(gr. TLTaivo) 'dehne' lässt nach § 12 auf ursprüngliches *ti-
tneüi schliessen).
ai. vanoti neben vaniäat 'lieben', gr. oveioQ 'nutzen', lat.
venenum 'gift'. Dazu got. mnja 'weide'.
ai. hanoti 'schlägt' neben jighnate § 12.
ai. tarute neben tiryati § 12.
Meiner ansieht nach liegt in diesen neubildungen, denn als
solche müssen sie aufgefasst werden, der beweis, dass die ur-
sprünglichen praesensformen idg. *m^(^n^-c^i, *t'Q(n)'^ti, *}iv{^)'
^ti, *gh9'(j^(n)-^ti, *tr(r)-eti existirt haben müssen, ksanö'ti
'verwundet' (gr. Tcvelvw, xTivwfdi) ist zweifelhaft, karifti 'macht'
1) Vgl. die Übertragung des lokativauBganges -äu der ai. tf-stämme
auf f-stämme, die durch die gemeinsame sandhiform -ä (aus -äu, -äi)
ermöglicht wurde. Meringer BB. 16, 224.
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76 Hans Reichelt
(karünam 'bandlung, heiliges werk', kdrvaram *that' vgl. Hirt
Ablaut § 484) und sanoti 'erlangen' (gr. r]vwo 'es wurde voll-
endet', got. sniufan 'eilen' Hirt a. o. § 538) gehören offenbar
zu den ejf -stammen.
§ 18. Die praesentia, in denen die ursprüngliche singular-
flexion beseitigt ist und die durchweg das i oder i des plurals
verwenden, sind ziemlich häufig. Nicht selten bestehen die ab-
lautsstufen l und i nebeneinander i).
I. Praesentia auf idg. *i,
lat. farciö, farcüa *stopfe' : gr. g>Qdaawy itpqdyrpf 'stopfe'.
lat. paviö, pavls 'schlage' : gr. Jtaiw 'schlage' aus ^/raZ-j^tf»
lit. piduju 'schneide'.
lat. feriö, feris 'schlage' : lit. bariik 'schelte', ksl. harjq,
hrati 'kämpfe', ahd. berjen 'schlagen'.
lat. 8ägiö, sogis 'spüre' : got. sökja, sökeis 'suche', gr.
'^yiofiai 'führe'.
lat. veniö, venls 'komme' gr. ßatvo) 'gehe'.
got. Paüraeip mik 'mich dürstet' : ai. tjfäyati 'er dürstet',
torreö 'dörre'. Dazu gr. ragaid 'darre'.
got. ßugkja, ßugkeis 'meine' : lat. tongere 'denken'.
got. födja, födeis 'ernähre' : gr. n:a%io/jiai 'esse' aus *pat'
Si-O' % ksl. pit&jq 'nähre'.
ksl. sSzdq sHiH (sSdSti) 'sitze' s. § 3.
ksL tnhnjq, mhniäi (mmeti) 'meine' s. § 3.
ksl. vizdq vidiH (videti) 'sehe' s. § 3.
ksl. rhzda, rtdüi (rbdsti) 'erröthen' : lat. rubere 'roth sein',
8. § 3, § 11.
ksl. bbzdq, bbdüi {bbdeti) 'wache' : ai. büdhyate 'er erwacht',
lit. {bundü) budeti 'wachen'.
ksl. 9Vb8ta, svhtiäi {svhtsti) 'leuchte' : lit szvSczü, szvesti
•leuchten', szvit&i 'flimmern'. Dazu ksl. sveäta 'kerze' aus
*8vBtja, got. hvaüeis 'weizen'.
ksl. VTbätq, vTbtiäi (vrbteti) 'wende' s. § 3.
ksl. veljq, vdisi (velsti) 'befehle' s. § 15.
1) Im Lateinisohen und Germanisohen ist der gebrauch des t und
t so geregelt, dass -t- nach langer wurzelsübe and in mehrsilbigen
Wörtern, -•- nach kurzer wurselsUbe auftritt.
2) S. § 20 anmerkung.
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 77
ksl. trtplq, trhpiH (trhp^tt) •erdulde' : got. ga-parban 'sich
enthalten' s. § 11.
ksl. gorjq gorüi (gorHi) 'brenne' : gr. {»igofiat), i&€Qt]v
'warm werden'.
IL Praesentia auf idg. i.
ai. vdmimi 4ch erbreche' : gr. ifziu) 'speie' aus *vemei'ö,
lit. vemiü, lett. vemju 'erbreche mich'.
ai. imper. stanihi : tanyati 'er rauscht', gr. ateivw 'stöhne',
an. stynia 'stöhne', lit. stenii, sten^i 'stöhne', ksl. stenjq *seufze'.
ai. imper. janiäva : jäycUS 'er wird geboren' s. § 3.
ai. imper. gamiSva, gamtSva : gamgafi 'er müht sich' s.
§ 15.
lat. specio, specia 'sehe' : ai. pagycUi 'er späht' s. § 3.
lat cupiOj cupis 'begehre' : ai. kupyati 'gerät in aufregung\
ksl. kgpljq 'siede'.
lat. gradior 'schreite' : ai. grdhgati 'schreitet rasch los auf
etwas' s. § 3.
lit. girdzü, gifdime, gird&i 'höre' : gr. q>Qa^ü} 'gebe zu ver-
stehen'.
lit. galiü, gdlitne, gcUeti 'kann' : lat. valeö 'bin stark'.
lit sraviüj srävime, srav^i 'fliesse' s. § 3.
lit. pa-vgdzu, -vydime, -vgd^i 'beneide' s. § 3.
lit. 8^zu, 8'4dimey sediti 'sitze' s. § 3 i).
§ 19. Ueber die lit. formen hat zuletzt Bezzenberger in
seinen beitragen 26, 171 ff. gehandelt. Nach ihm sind die
praesensformen der lit. verba auf -iu, deren infinitivstamm auf
e ausgeht, mit der yollstufe des ableitungssuffixes -ei- anzu-
setzen: aviü — *avijö. Vgl. auch Wiedemann Lit. gr. § 203.
Bezzenberger macht gegen Brugmann Grd. 2, s. 1063 ff., der
diese verba in die klasse einreiht, bei der dem -ib- des prae-
sens ein -e- zur seite steht, formen wie aviü, sraviü, deviü u. s. w.
geltend, an deren stelle nach der analogie von kraüjas, naüjas
= ai. krävgam, nävya- früher *aujü, *sraujü u. s. w. hätte
1) Dazu noch mmü statt *fn&mu zu miniti 'gedenken', wtenü statt
*itemu zu sienHi 'stöhnen'. Vgl. Hirt IF. 10 23: "Um das fehlen des j
im lit. praes. zn erklären, mnss man darauf hinweisen, dass i znm teil
lantgesetzlich geschwunden ist, z. b. in iylü ans *tyl%i^tylH% 'still sein',
galä aus * gaUik-gaiUi, Solche falle können vorbildlich gewirkt, und ein
menü an stelle von mantA gegenüber gr. fiaivofjuu-^/Aohnpf herbeigeführt
haben."
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78 Hans Reicbelt
stehen müssen. Dieser einwand scheint allerdings mit rücksicht
auf die verba auf -auju, wie mduju ^streife' neben lat. movire,
piduju ^schneide' neben gr. maiw, lat. paviö berechtigt. Allein
die worzelgestalt der yerba auf -aujti erklärt sich aus der
thematischen flexion, während die verba, wie sraviü u. s. w.
athematisch flektirten. £s kann sich also nur um die I. person
sing, handeln. Gerade so, wie yon avis 'das schaf der dat sg.,
dessen endung aus der -j0-deklination herübergenommen ist,
äviai statt *aujai und der gen. pl. aviü statt *auju lautet, weil
in allen übrigen kasus lautgesetzlich die wurzelgestalt ath steht,
ist nach formen wie avl, ävüe die I. pers. aviü gebildet worden.
Es liegt also kein grund yor, für aviü eine andere erklämng
zu suchen als für piduju. Vgl. Bartholomae, Studien 2, s. 151 :
''Die in lit. pchv^dzu, vydi, vydime etc. vorliegende flexions-
weise ist gewiss alt; sie entspricht der von lat capiöj capisj
capite u. s. w., darin -is z. b. unmöglich aus -im gedeutet
werden kann".
§ 20. Die grosse menge der thematischen nebenformen,
die es ja auch bei den verwandten nominalstämmen gibt, hat
in vielen fallen die ui'sprünglich athematischen formen des
praesens verdrängt. So sind im Griechischen überall die athe-
matischen formen durch thematische ersetzt worden. Der
themavokal tritt an alle drei ablautsstufen des sufflxes an:
L Praesentia auf ^-ei-oje :
ai. gldyati 'er ist erschöpft' : ai. gl&ti 'er ist erschöpft',
aw. ni-yräire 'sie werden geworfen', gr. ßaXXo) 'werfe', ißd^v^
eßXijv 'ich wurde geworfen', lit. gvlifi 'ich lege mich'.
ai. mldyati 'er erschlafft, wird weich' : ai. nUänti 'sie er-
schlaffen', gr. fivlXü) 'mahle', ksl. tneljq 'mahle'.
ai. grhhäydti 'er ergreift', aw. ^urvain 'sie ergriffen' : lit.
gribiu 'harke'.
aw. vädäyöit 'er möge zurückstossen', gr. dd-io) aus *uödh'
^-ö 'stosse'.
gr. ifjiiw aus ^^emei-ö 'speie' : ai. vamiti 'er erbricht', lit
vemiü, lett vemju 'erbreche mich'.
gr. ofxiofiai aus *fghsi'0' 'tanze', ai. rghäydtS 'er bebt'.
gr. Ttomiw aus *pv^ei'ö 'schreite' : ai. panihäh aus potUh-
e(i)'S 'weg', lat pons 'brücke', ksl. p(fth 'weg'.
gr. ^oipiia aus ^sfbh^-ö 'schlürfe' : lat. sarbeö 'schlürfe',
lit. arebiü 'schlürfe', ksl. srMjq.
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Beiträge zur gescbichte der indogermanischen konjugation. 79
gr. xo€(o aus ^ho^ei-ö ^merke' : ai. hcwOi ^seher', lat eaveö
*hüte mich'.
gr. teliw aus *h>elBi'ö 'beende' : lit. keliü 'hebe'. Dazu
lit. k&ias 'weg'.
gr. tp^ aus *xfßri'i€i 'er zerreibt' : ai. psdti 'er zehrt auf,
bhasUah 'zu asche gerieben' vgl Brugmann Ord. II s. 961.
dor. Ag aus */Xti'ißi *er wünscht' ; ai. vrnäti aus fff-«-
e(i)'ti 'er wählt', lit v&lyju 'wünsche', ksl. veljq, veHH 'befehle'.
Vgl. Brugmann a. o.
ahd. ir-knau aus *§n€i'ö Veiss' : ai. jändti aus *ffQrn-e'ti
'er weiss', got. kunnaiß aus *^-n-6jf-^» 'er weiss'. Dazu lit.
zine 'künde'.
ahd. drau aus *^r^'-ö 'drehe' : ai. ttryati 'er setzt über',
gr. TeiQia 'reibe'.
lit. gir'^&s 'freue mich' : ai. hdryati 'er begehrt', gr. xalffia
'freue mich', umbr. heria 'vis'.
lit r'iju aus ^^r^i-ö 'brülle los' : gr. biqü} 'rede', dor. /^ij-
%ifa 'vertrag', lat rear 'meine' (früher 'spreche, sage'). Vgl.
V. Sabler KZ. 31, 283.
ksl. gov^jcf 'verehre' : govljq, gaviäi, lat. faveö 'bin gnädig'.
Dazu ai. häm-ma 'anrufung'.
ksL grSjq 'erwärme' : gorjq, goriäi 'brenne', gr. {&iQO/jiai)y
i&iQijy 'erwärme'.
ksl. pitsjq 'nähre', gr. nariofiai aus ^p^tei-^ 'esse' (mit
sekundärem ablaut) i) : got födjan 'ernähren'. Dazu ksl. piita
aus *püja 'nahrung' und got födeins 'nahrung'.
II. Praesentia auf 'iffj'^l^'
gr. i&bo 'schwitze' : ai. svidyati 'er schwitzt', ahd. stoizzu
'ich schwitze'.
gr. nQtio 'säge' : gr. TtEiQw, BTtäfriv 'dringe durch'.
Ut v%ju 'wünsche' : dor. Xy s. o.
lit kirmgjü 'schlafe' : ai. framyaii 'er wird müde'.
IIL Praesentia auf i-ofe.
Die praesentia auf i-oje zerfallen nach Brugmann Ord.
2, 1059 in zwei abteilungen, je nachdem a) die Wurzelsilbe den
1) Die warzelsilbe ist mit Hübschmann a. o. 8. 64 als päü anzu-
setzen. Der eigentümliche ablaut von gr. natiofiai 'esse' und ahd. /o-
imnga 'nahrang' mnss auf die nebenform *p«U (got fö^f'an) bezogen
werden.
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so Hans Reichelt
wortton hatte und yoUstufig war, oder b) in der Wurzelsilbe
Schwundstufe herrschte, und der ton auf dem suf&x lag, analog
den o-Yorben.
Wie ich schon oben hervorgehoben habe, hatten sämmt-
liehe abgeleiteten ei-yerhs, ursprünglich suffixbetonung. Es er-
scheint daher die Wurzelsilbe in der überwiegenden mehrzahl
schwundstufig, gleichgiltig, ob das ableitungssuffix durch den
themayokal erweitert war, oder nicht. Bei denjenigen verben,
wo trotzdem Wurzelbetonung vorherrscht, beruht diese entweder
auf analogie nach den o- verben oder sie stammt von formen,
die aus dem unerweiterten stamm gebildet sind. In letzterem
falle ist die vollstufenform der Wurzelsilbe wieder eingeführt
gr. ösIqo} neben idäQr]v, lit. diriü nach (gr. dif-w), ai. ddrh,
gr. Teigo} neben ai. tfryati, lit. tyriü nach (lat. ter'ö)^ ai.
tüartü
gr. d-eivw^ lit geneti neben ksl. zhttjq nach ai. hdnti, aw.
jainii,
gr. areivo), lit steniti, ksl. stenjq neben an. stynia nach
ai. stanihi, sta/n.
gr. ipiifa^ lit vemiü nach ai. vamanti.
gr. evQto nach lat ver-bum.
ksl. veUti nach lit. pa-veltni.
Von diesem gesichtspunkte aus gebe ich die beispiele, ohne
die 2 abteilungen Brugmann's zu berücksichtigen:
ai. ndgyatif aw. nasyeiti *er geht zu gründe' : lat. pemieies
8. § 3.
ai. manyaiä, aw. manyete 'er meint' : gr. ptaivo^iai s. § 3.
ai. hdryati 'er findet gefallen an etwas' : gr. x^^ 'freue
mich', umbr. heria 'vis' s. § 3.
ai. kupyati 'er gerät in aufregung' : lat. cupiö s. § 18.
ai. büdhyaJte 'er erwacht' : lit budeti s. § 18.
ai. lübhycUi 'er empfindet verlangen' : lat lubsi 'es ist ge-
fällig', got lubains 'hoffhung'.
ai. yüdhyate 'er kämpft' : lat iubeö 'befehle', lit. jud&i
'schwanken'.
ai. idhy&U 'er wird angezündet' : lat aed^ 'tempel, feuer-
stätte' 8. § 3.
ai. fücyati 'er leuchtet' : got. hugjan s. § 3.
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Beitrage zur geschiclite der indogermanischen konjugation. 81
gr. d^lqia aus *()«0(-€i>, idddtjv 'schinde' : ai. drnlyät
'spalten', lit diriü 'schinde'.
gr. eiQw 'knüpfe' : lat serüs s. § 3.
gr. veiga)^ Tegdw 'reibe' : ai. t^ryatf 'er geht hinüber', lat.
(terö), trv-vi 'reibe', lit. tyriü 'erfehre'.
gr. xor/^€i> aus *xri-^i hAn^ 'freue mich' : ai. hdrycUi 'er
findet gefallen an etwas' s. o.
gr. anaiQWf ioTtoQtiv 'zapple' : lit spiriü 'stosse mit dem
fiisse'.
gr. ßalXo) aus */»/j|-cö, ißdltiv, eßXtjv 'werfe' s. § 11.
gr. axäXXo) 'scharre' : lit. sküiü s. § 3.
gr. fivXlw 'mahle' : ai nUdti s. § 11.
gr. d'elvw aus *&ev%'W, 'schlage' : ai. hanydU 'wird ge-
schlagen' s. § 12.
gr. OTeivta 'stöhne' : ai. tdnyati 'rauscht', an. stynia 'stöhne',
lit. stenü, steneti 'stöhne', ksL sienjq 'stöhne'.
gr. vBivia 'dehne' ; lat. imeö 'halte', ags. ßunjan 'dehnen'.
Dazu gr. raivla 'streif.
gr. ßalv(ü aus ^ßm-w 'gehe' : lat veniö 'komme', got. qums
'ankunft' s. § 3.
gr. [laivofÄaL 'rase' : ai. mdnyatS s. § 3.
gr. 7tai(ü aus *naj^i'a} 'schlage' : lat. pavio, paxUs 'schlage',
lit piäuju 'schneide'.
gr. xXelü} 'schliesse' : gr. xXoidg 'kette', lat. clävis 'schlüssel',
air. ddim 'vincö' (Windisch IF. 3, 83).
gr. xlelw 'mache berühmt' : lat. dueö s. § 3.
gr. axl^o) aus ^ox^öi-w 'spalte' : lat. caedes 'mord', lit
skedziu 'spalte'.
gr. q>Q(iZio 'teile mit' : lit girdzü, girdMi 'höre'.
gv.viacü} aus *vdYk'<^ 'stosse' : ksL pro-nozüi 'transfigere'.
Dazu lett nazis 'messer', ksl. nozb 'messer'.
gr. l&iaaw aus *A«;)cx-a> 'schaue' : lat lüceö 'leuchte' s. § 3.
gr. oaaofiai 'sehe' : got. ahjan 'glauben' s. § 3.
gr. nai-qxxaao} 'schimmere' : lat. fctciSs 'erscheinung' s. § 3.
got. bidja 'bitte' : lat fides s. § 3.
got hugja 'denke' : ai. göcih s. § 3.
lit. skiriü, slariame^ sklrti 'trenne, scheide' : gr. x«t^ci>,
huxQifp^ 'scheere'. Dazu skir^as 'Schiedsmann'.
B«ltrig» B. kuiul« d. indg. spnelieB. XXVU. 6
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82 Hans Reichelt
lit aküiü, sMiame, skUti 'schlage feuer an' : gr. cncoUai
8. 0.
lit. spiriü sp%riaine spirH ^stosse mit dem fasse' : gr.
an:aiQ(Oy iartaQtpf 'zapple' s. o.
Ut. tffriüf tyriame, tirti 'erfahren' : gr. tEiQta *reibe' s. o.
lit. diriü, dtriame, dlrti 'schinde' : gr. J^/^oi, IdAfprpß
'schinde' s. o.
lit. latdciä, laükiame, Idvkü 'warte' : gr. levaaw s. o.
lit. vemiüy virniame, v4mti 'speie' : ai. vdmäi s. § 18.
ksl. meljq meljeH {müti) 'mahle' : gr. (ivXkw s. § 11.
ksl. vrjq, vrjeH {vreti) 'concludo', lit. vertu, vSriame, vMi
'schliesse' : lat operiö, operis 'decke'.
ksl. &bnj<f, ztnjedi {z^i) -schneide, ernte' : gr. &aivia s.
§ 12.
ksl. borjq, barjeäi (brati) 'pugno' : lat. feriö s. § 18.
air. 'Uciu 'lasse' aus *leiku'^ : ai. Hcyate 'er lässt frei',
gr. Xiaawf^ev' idawfisy Hesjch. vgl. Brg. Ord. 11 § 707, § 719.
air. do muiniur 'meine' aus *fif^ö : gr. fiaivofiat s. § 3.
§ 21. Im Ai. und Aw. gibt es noch praesentia auf -^i-a.
Nach Bartholomae ist diese praesensklasse aus der auf -äi-^i-
hervorgegangen, indem das suffixale ä im anschluss an die
formen der kausativklasse durch a ersetzt wurde. VgL Stadien
2y s. 93. Ich nehme keinen anstand ar. -a^-a direkt aus idg.
-ei'OJe zu erklären und verweise auf aw. k^ranava neben k9r9'
naoiti, ai. kfnoti, gr. d-a^aiw aus *d'aQaß/(a neben d-agavtna,
ai. dhr^ti, hom. oQio/icu aus ^oqef^o-fim neben OQWfu, ai.
ai. grbhdyaniah 'die ergreifenden', aw. g9urf>aya 'ergreife' :
ai. gtbhaydti s. § 20.
ai. turdyati 'er setzt über', ap. viyatarayamah 'wir setzen
über' : ai. ttrycU^ s. § 20.
ai. patdyanti 'sie fliegen', aw. apatay9n 'sie stürzten' : gr.
nitviw s. § 12.
Leider bietet das Gr. und Lat. nur in seltenen fallen eine
sichere gewähr dafür, ob praesentia auf -«oi, -eö mit idg. *^*-o/e
oder *-tfj|-o/e anzusetzen sind.
§ 22. Wenngleich Brugmann Grd. 2, 1144 bedenken ti^
die kausativklasse mit den i'o-klassen zu einer gruppe zu ver-
einigen, möchte ich doch einige punkte dafür geltend machen.
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Beiträge zur geschiclite der indogermanisclien konjugation. 83
Schon Brogmann hat als charakteristisches element dieser yer-
balklasse das ^wurzeldeterminatiy' -t-, das dem determinativ hi«
parallel ging, mit dem 7 von praesensformen wie ai. amUi in
nächste beziehung gebracht Wenn man daza den umstand,
dass es schon von idg. zeit her kausativa mit tie&tufiger Wurzel-
silbe gegeben hat, in betracht zieht , kann man noch weiter
gehen und das suf&x -^- mit dem unserer stamme identifiziren«
Denn auch bei unseren stammen ist es keineswegs auf das
praesens beschränkt.
So sind formen wie lit manyk, Bokyk 2. imper. sg. und
ksl. vrciäUf zu den in § 18 angeführten praesentien auf idg. t
zu stellen. Meiner ansieht nach bildeten die lit verba auf -au,
-yti ihr praesens ursprünglich wie ksl. vraitq, vratüi, bezw.
thematisch wie vät/ju und gaben erst imter dem einfluss der
verba auf -au, -^U diese bildungsweise auf. Vgl. Wiedemann
Lit gr. § 204: '*Der praesensstamm auf urlit ^ä ist hier jeden-
falls jünger als der infinitivstamm auf urlit -f-, der allen
ausserpraesentischen formen zugrundeliogt; dabei ist zu be-
achten, dass im praeteritum die endungen 1. sg. -au usw. ohne
Vermittlung eines j an das stammauslautende urlit -i- antreten,
wonach dieses sich in ij auflöst und mit den endungen des
praet zu den endungen 1. sg. -uiU; 2. sg. -ei, 3. sg. -^ usw.
verschmilzt". Die praesensflexion auf -au ist ursprünglich nur
bei den verbis auf -oti üblich gewesen. Da aber -P- die tief-
stufenform zu stammen auf -H- und -ai- sein konnte (vgl da-
raü, daryti 'machen' : gr. dgafo und manaü, manyti 'denken' :
gr. liAompf)^ sind auf grundlage von tiefstufigen formen neu«
bildungen mit willkürlicher Verteilung von -^|- und -etjt- ge-
schaffen worden. So kommt es, dass zu den lit. kausativa, die
mit dem suffix ^ei-, -t- abgeleitet sind, praesentia auf -au ge-
bildet werden konnten. Ein ähnlicher Vorgang war bei den
aL Verben, deren praesens nach der ö. und 9. klasse gebildet
werden kann, zu beobachten. S. § 16. Nach Brugmann a. o.
s. 1144 erklärt sich die ksl. praesensflexion dieser verbalklasse
am ein&chsten daraus, dass -i- aus dem infinitivstamm in sie
übergeführt wurde. Für mich unterscheidet sich vraätq, vratiäi
von vTbitq, vrUüi s. § 18 nur durch den vokalismus der
Wurzelsilbe.
Dass bei den kausativformen von wurzeln der e-reihe die
Wurzelsilbe fast immer die 2. vollstufenform o hat, halte ich
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84 Hans Reichelt
nicht für ursprünglich. Ich glaube vielmehr, dass der o-voka-
lismus von denominativen verben stammt, denen substantiva
auf ejo zugrundeliegen, und schreibe auch die eigentümliche
bedeutung dem einflusse derselben zu. Nach dem muster von
ipodiia zu (poQog {<f>^Qto)y g>oßi(o zu g>6ßog {q>BßopLai)f vQOTtiw
zu TQOTgog (zgiTtia) ist ai. täräyati, gr. vogew zu toQog^ ai. to-
nayoH zu tänah, gr. vovog, ai. kfänayati zu gr. xvovog, gr.
axoftiw zu anoTtog u. s. w. gebildet worden i).
§ 23. Ich hoffe, durch meine ausfährungen gezeigt zu
haben, dass die abgeleiteten ^-yerba ursprünglich eine einheit-
liche praesensbildung hatten. Infolge des akzentwechsels, der
auch für die flexion der abgeleiteten 6;2-nomina angenommen
werden muss, erscheint im singular die dehnstufe des sufOxes,
im plural die tiefstufe. So erklärt sich in den einzelsprachen
das nebeneinander von verschiedenen praesensbildungen der-
selben Wurzel. Vgl.:
ai. pfnäti, pü'ryamana ^füllen', (rndti, gtryati 'zerbrechen',
(anmiäi, ^amyati 'mühen', klifnaiiy kliQyaU 'quälen', pruändnt,
dpruäyat 'spritzen', gr. tefiiOy TeiQO) 'reibe', eiqiüfy Btqio 'spreche',
9vviu}j dvP(o (aus *dvi^'w) Svw (aus *dv^-(o) 'tose', oxvm^
oaaofiai 'sehe', xowiw (aus *xo/>^cii), xoiw 'merke', lat. paveö,
paviö 'schlage', frequenSy farcio 'stopfe', ahd. hogSn^ got hugjan
'denken', ahd. hab9n, as. hibbian 'haben', ksl. govSjq, goüjq
'verehre', gr^jq 'wärme', gorjq 'brenne'.
Anhang.
Neben lat. fidis 'vertrauen' steht gr. üeid-w 'Überredung',
neben lit. Bzlove 'ehre' gr. KUiii 'verkünderin' statt *KKb(ü s.
§ 3. Das ableitungssuffix erscheint also auch in der zweiten
vollstufenform. Die fälle sind allerdings sehr selten. Von ver-
balformen sind hier in betracht zu ziehen:
ksl. znajq 'kenne' aus *^nö|-ö, gr. eyvwv neben ahd. knau
aus *§n€i'ö vgl. Brugmann a. o. s. 960.
gr. xpC(S(o 'zermalme' aus *bhsöfö neben 1/^5 s. § 11.
ahd. blouen 'blühen' aus ^tnlöi-, gr. eßXiO' iq>avrj Hes. vgl.
Hirt Idg. abl. § 293.
1) loh werde diese ersoheinung in dem IL beitrag 'das partizipiale
nomen' eingehend behandeki.
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Beiträge zur geechichte der indogermanischen konjugation. 85
ahd. ^sprouen ^sprühen' aus *9pröi- neben gr. artalgw^
iaTtaQrjv, lit. spiriü s. § 20.
ahd. glouen 'glühen' aus ^ghlöi- neben lit. ilejä 'dämme-
rung'.
II. Der praesensaorist.
§ 24. Nach Hirt a. a. o. war der sogenannte praesens-
aorist in seiner bildnng Yon den praesentien nur durch den
akzent verschieden, der im sg., du. und plur. auf der zweiten
silbe der basis lag, in folgedessen alle numeri festen vokalismus
zeigen. Von Hirt's *veidsi z. b. ist der aoriststamm veidU =
idg. *videi', vor konsonanten ^vide-.
Ich kann mich hier Hirt vollkommen anschliessen. Die
abgeleiteten «i-verba hatten durch die ganze flexion des prae-
sensaoristes suffixbetonung.
idg. *fndeim
*videi8 ai. (aräih
*mdeit dgaräit^)
*mdeime(n)
*videite
*videint
ai. ofaräit, gr. hctgt], lit. skyri >) ; ai. aprOt, lit. pylS; gr.
ifiavT^, lit. mtnS; gr. ißlijy^ ißdXtjVy lit. gHUi; gr. icTtdfrjy lit.
spyre; gr. idagf]^ lit. dir^, dure; gr. iQQVfi (lit srope) ; gr. iliTttj
(lat. liest) ; gr. i^e-rtkayr], lit. pläke; gr. ig>vriy ksl. bE «) u. s. w.
§ 25. Neben dieser ursprünglichen aoristflexion hat sich
unter dem einflusse der enklise eine zweite aoristflexion mit
tiefstufigem suffix -i- entwickelt. Sie ist nur im Ai. und Aw.
erhalten. Wir verdanken ihr Verständnis den ausführungen
Bartholomae's, Ar. forschungen 2, s. 69fif. und Studien 2,
s. 158 ff. Das hauptgebiet der i-formen ist die 2. und 3. p. sing.
1) Vielleicht ist hierher aw. MtOt za stellen. Vgl. Bartholomae
Grd. d. Iran. phil. 1 § 142.
2} Nach Wiedemann unnrsprüngliche dehnong, vom praeteritam
Miau ausgegangen, lit. praet. s. 117 ff. Vgl. aber Bartholomae IF. 8,
s. 55 and unten § 46.
8) Hirt a. a. 0. § 411 setzt mit rüoksicht auf lat. fuam, -ham^ gr.
<pvii eine basis hkewä an. Lat. fe4usy ß-d, gr. <fi:-Tv, (pi-tvat, itpvrf^ ksl. h$
aber weisen auf idg. *M)^-0|-.
gr. Sf^avrjv
lit miniaü
ifidvfjg
minel
ksl. bi
ifidvrj
mini
bS
ifiavrjfiev
nnneme
ifuxvtjze
tnlnite
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86 Hans Reichelt
idg. ividlm al agrabhlm
MdU agrabkih
MdU ctgrabhU
ai. agrabhU neben lit. grebe; ai. adkuvU (dhumyat s. § 15);
ai. agarU neben agaräü; [ai. sparth neben gr. koTtdqri s. o.;
avamU neben lit. em^/ ai. agamU : gdmyati, gr. xo/ieoi?].
§ 26. Im Ai. sind die echten i-formen von formen des
-t^-aoristes schwer zu unterscheiden. Der umstand, dass die
singularen aktivformen des t^-aoristes normal die dehnstufe des
wurzelvokals , die i-formen aber die Schwundstufe hatten, ist
nicht immer stichhaltig, da durch syntaktische yerschweissung
der beiderseitigen formen eine ausgleichung der Wurzelsilbe er-
folgte. Wenn ich Bartholomae Studien 2, s. 164 recht ver-
stehe, stellt er auch alle aoriste, die in der Wurzelsilbe kurzen
o-Yokal haben, zu den i-formen.
§ 27. Nach Wiedemann liegt dem lit. praeteritum auf
"iau ein sekimdärer stamm auf -^ zu gründe, an den nach art
der unthematischen flexion die personalendungen getreten sind.
Dieser sekundäre stamm, dessen -^ mit der ableitungssilbe der
€^-yerba (in der dehnstufenform) identisch ist und ursprünglich
nur bei diesen verben berechtigt war, wurde im Litauischen
auch auf verba anderer bildungsart übertragen.
§ 28. Im Arischen gibt es praeterita, die die vollstufe des
ableitungssuffixes aufweisen. Vgl. Bartholomae, 6rd. d. iran.
phil. 1, § 146 und Studien 2, 127. Sie bilden die Zwischen-
stufe zwischen ai. agaräü und agarit^ vgl. pjrnoti neben
ürnduH.
aw. nühidöiä 'du setztest dich' aus *'89dei8 : lat. sedeö usw.
aw. yazaita *er verehrte' : gr. aC/ofiai^ Syiog.
m. Der arisehe passiyaorist.
§ 29. Bei der frage nach dem Ursprung dieser spezifisch
arischen formkategorie, kommen wesentlich drei punkte in be-
tracht: 1) der indogermanische lautwert des endungs-t; 2) die
qualität und quantität des wurzelvokals, 3) die bestimmung der
form an sich.
Osthoff bei Streitberg IF. 3, 390 sieht in den formen des
ar. passivaorists nominale «-stamme mit o-stufiger Wurzelsilbe.
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 87
Mit den wenigen beispielen aber, die namentlich aus dem Ghie-
chischen dafür geltend gemacht werden, ist die existenz von
idg. i-stämmen mit o- stufe des wurzelvokals durchaus nicht
ausser frage gestellt. Denn gr. tQOxiSy tQ6q>ig erklären sich
einfacher durch beeinflussung von tQOxog^ tQ6q>og, während für
gr. n6kig tiefstufige Wurzelsilbe angenommen werden muss.
Nach Hirt Idg. ablaut s. 49 liegen die reinen stamme von
«^^wurzeln vor. Auch er nimmt o-stufige Wurzelsilbe an, for-
dert aber für das endungs-t entstehung aus idg. 9. Die über-
wiegende mehrzahl der formen aus der älteren spräche gehört
jedoch zu unseren stammen und macht somit eine andere er-
klärung notwendig.
ai. a^ari : ^piäti, gr. neiQw; asädi : lat. sedeö; apoH : gr.
Ttvfviio; atäri : t%ryixt%; agami : gr. ßcUvw; av9di : lat. videö;
aröci : gr. letaau); abödhi : büdhyati; agöci : gucyati; äjani
(jäni, jani) : jdyatB; aw. jaini : gr. d'elvio.
Das endungs-f ist zweifellos die tiefstufe der ableitungsilbe
-ei-; die länge des wurzelvokals muss in der feststellung der
form ihre erklärung finden. Da es vom arischen passivaorist
nur eine einzige person, die 3. person sing, gibt, wird man
wohl mit Streitberg von einer nominalform auszugehen haben.
Dafür spricht auch der nahe Zusammenhang zwischen verbum
und substantivum, sowie die grosse zahl der augmentlosen vedi-
schen passiyaoriste. Die wurzelgestalt aber und die auflEiallende
endung -» erschweren die bestimmung der kasusform, die ein
nominatiy sein müsste, ganz erheblich. Ich möchte deswegen
den Ursprung dieser formkategorie in der komposition suchen
und fiässe di& einzelnen formen als losgerissene erste glieder
auf. Wenn ich auch aus dem Altindischen keine belege dafür
zu geben vermag, finden sich doch einige in den andern spra-
chen. Ich verweise auf die bei Osthoff 'Das verbum in der
komposition' angeführten beispiele aus den germanischen dia-
lekten: an. fleygi-kviUr ^ein losgelassenes, verbreitetes gerücht',
fl^i^ofiok ^wurfspiess' : verbum fleygja liegenlassen, werfen';
ftceäirbahhi 'bei der Überschwemmung bedeckte bank', ßixdi-sker
'beim hochwasser überschwemmtes felsenriff' : verbum iUeda
'fluten machen, überschwemmen'; sendi-boä 'übersandte bot-
schaft', sendiskip 'abgesandtes schiff' : verbum senda 'senden'
an. fleygi-, floedi-, sendi- sind nomina aktionis zu den entspre-
chenden schwachen verben. Unter an. sendi^kip dürfte ur-
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88 Hans Reichelt
sprünglich 'sendungssohiff, schiff der Sendung' verstanden worden
sein, woraus sich später die passivische bedeutung 'abgesandtes
schiff' entwickelte. Da aber nominalstamm und verbalstamm
der form nach zusammenfielen, verlor sich allmählich der no-
minale Charakter des ersten gliedes, wodurch der verbale falsch-
lich zur alleinigen geltung kam. Ich spreche daher mit aller
reserve die Vermutung aus, dass die arischen passivaoriste solche
missverstandene nomina aktionis sind, die aus der komposition
losgerissen in ihrer passivischen bedeutung als verbalformeo
zur Verwendung gelangten.
Ich zweifle nicht, dass sich, wie Streitberg ausführt, aus
fi6fig>tg (oder welcher form immer) mit zu ergänzender kopula
«s <es findet tadelung statt' bei passivischer wendung des ge-
dankens leicht die bedeutung 'es wird getadelt' hätte entwickeln
können, aber dann würden die ai. formen das nominativ-« bei-
behalten haben. Denn an neutrale verbalabstrakta auf -t ist
kaum zu denken.
IT. Der sigmatlsclie aorist.
§ 30. Es wird allgemein angenommen, dass im singular
des sigmatischen aorists Wurzelbetonung herrschte, während der
plural wie bei allen athematischen bildungen die endung be-
tonte. Daher abstufender vokalismus: idg. * tSr-i^s-fn, pl. tr(r)'
p-s-mi. Der typus der e2;^i-basen, wie ihn Hübschmann a. o.
im sinne Hirts darstellt, sieht allerdings ganz anders ans:
uridg. ghribhüaemj pl. ghrebhiiami =- idg. ghribhis^, pl. ghre-
bhismi — ai. "^grabhliam, pl. *gj'bhl8md, belegt dgrabhU^ agrabh-
ifma^ grabhi^ta. Auf diesen typus liesse sich aber nur eine
geringe anzahl der uns überlieferten formen zurückführen ^).
Und gerade ai. agrabhU neben den bei Hirt angeführten astä-
nit, (wSdU ist als beispiel schlecht gewählt, da es gar kein
sigmatischer aorist ist, vgl. Bartholomae, Studien 2, s. 165.
''Gegen die formale gleichsetzung von a^rit, agrabhih, mathU
u. s. w. mit gärU, jävil^ etc. , also gegen ihre einstellung im
1) Hirt hat eben viele eigentliche '«rif-basen' (d. h. abgeleitete
verbale «i-stämme), deren formen hier berücksichtigt werden müssen,
nicht erkannt. Aaffallend ist, dass er ai. astäfiUf lit. stefM basis ttehS
§ 880, bei der erklärung des «-aorist's den «räi-basen zuweist § 818 b.
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 89
i^-aorist spricht entscheidend die Unmöglichkeit, das i von
a^arit, agrabhih von dem äi in ofaräü, agrabai^am zu trennen.
Dass man aber von einem irgendwie aus dem ijif-aorist hervor-
gegangenen ^Hh nicht auf garaih kommen kann, diese annähme
dürfte heute schwerlich mehr auf widersprach stossen. Das %
in agarU^ agrabhit hat zum tj?-aori8t keine genetischen bezieh-
ungen; es ist das gleiche wie in äHt, worin noch niemand einen
i^-aorist hat finden wollen, wie in gdrftöh, gfbhUäh und ähn-
lichen nominalbildungen".
§ 31. Einen ai. i^-aorist hat es nicht gegeben. Die ver-
einzelten formen agrabhi^na, agrabhUta berahen, wie Bartho-
lomae a. o. nachgewiesen hat, auf kontamination. So ist z. b.
die 2. plur. agrabhlsta durch kontamination von *agrabhiffa
und *agrabhUa zu erklären. Die i-formen des i^-aorist's sind
neubildungen, ausgegangen von der 2. sing, auf 'if. "Neben
ar. *auadü stand nun in gleicher funktion *agrabhiä, jenem in
der flexionssilbe bis auf die vokalquantität gleichend. Bei
dieser ähnlichkeit konnten verwirrangen nicht ausbleiben. —
War nun erst einmal das dem 7-aorist entstammende -i^ und
'it 1) völlig im t^-aorist eingebürgert, so währte es wieder nicht
lange, bis umgekehrt dem i^lf-aorist zugehörende ausgänge in
den 2-aorist eindrangen. Und mit der zeit wurden i und if-
aorist völlig zusammengeschweisst Wie neben vodisma, avä-
difur etc. avädU steht so jetzt auch neben mathl^ und mathU
ein mathiftana u. s. w." Ich weiche nur in einem punkte von
Bartholomae ab, indem ich für unsere stamme die erklärung
des ai. i aus idg. t beanspruche und so die Verbindung mit
dem ei von agrahaiäam, gr. eipijaa herstelle.
§ 32. Die abgeleiteten verbalen ^i-stämme zeigen im sig-
matischen aorist die tiefstufe des ableitungssuffixes i.
o) Singular.
Die Wurzelsilbe ist dehnstufig.
1) ^'Dm völlige durchdringen von -it hängt mit der wirkang der
aaslautgesetze zusammen; ihnen zufolge musBte (absolut auslautendes)
ar. 'üi zu -is werden; eine solche endung für die 8. sing, konnte sich
aber dem deutlich charakterisirten -tf der 2. gegenüber auf die dauer
nicht halten, da ein derartiger teilweiser zusammenfall in den ausgängen
der 2. und 8. sing, sonst nicht vorkam". Bartholomae a. o. b. 166,
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90 Hans Reichelt
*idg. *8td'i^8'ip> 9i.asädi^m
*8ed'i'S'8 osadiA statt *a8ädih lat. sSdisti air. dcljücis
*8ed'i^'t (MOdit statt *a8ädih doljleic
ai. adarit : dfulyät, gr. ddqia\ ai. dtarti, tärifat :
tirycUl, gr. rct^co; ai. adhävU (neben adhuPU) : gr. ^viw;
ai. atanit : gr. r^tVco; ai. agärit : lit. ^rtö; ai. aAsnt^ :
gr. d'eivü); ai. acärlt : gr. T6^ctf; ai. äindhiffä statt *^lje2-
Af^.Ai nach indhäts : idhyais, lat. a^ss; ai. asädit, lat «6cl-
»»^i; lat. vBni8ti aus ^gvitn-is- : gr. ßaiy(o; lat f%di8ti aus
*bheidh'i8' : /!(2ei9/ lat. vldi8ti aus ^^Sid^is- : ai. avSdifam,
lat t?ü2^d; lat ^fj^t^i^^i; *air. -!9ct8 aus ^IHkfyJ^- : lat
Ich leugne nicht, dass lat. 5^» ^} ebensogut ein altes per-
fekt (*idg. 8e-zdr) sein könnte, und stütze mich lediglich auf
ai. a«eE(2l]^ neben aw. nühidöü. Wegen lat. fid», venij liqui,
ffdi yerweise ich auf Wiedemann Lit praet s. 111 ff. Mit aL
avidifam, lat tüdisti wird vielfach gr. ydaa^ ätdea 'wusste' zu-
sammengestellt. So erklärt Brugmann Grd. II § 836: ^^^dea,
üdea 'wusste', bildete das praet zu (Ada ^weiss', vgl. air. ro-
fetar *ich weiss' mit -€8- oder -is-, ai. d-vedii-am mit -m-, lat
tad%84i8 mit -fV. Bei dieser auffassung bliebe abgesehen da-
von, dass sich die Suffixe -es-, -98- mit -is- nicht vereinen
liessen, zum mindesten die herkunft des -e-«- bei einem stamme
auf -ei" fraglich. H. Zimmer E.Z. 30, 222 hat den richtigen
weg eingeschlagen y indem er air. roßetar als kontaminations-
form aus idg. *e vidis-r 3. pl act. — air. fidi8ar, fitar und
*e vidis-nto 3. pl. med. = air. fidi8et, fitet erklärte und so mit
ai. dfMi§am und lat mdisti in einklang brachte. *'rofitetar
gab mit den nach ihm gebildeten rofitemnar, rofUid das modell
ab, wonach der singularis in analogie von niarlassar, niar-
la88air : niarla88atar etc. umgestaltet wurde : rofetar 'ich weiss',
rofitir *er weiss^". Gr. ^d^a, £td8a ist gar kein sigmatischer
aorist, sondern mit aw. niähidöiä- gleichgebildet : ^decc, eXdea =
i'J-id-et'iji, vgl. idia = •/td-«^-a.
ß) Plural.
Die Wurzelsilbe ist tiefstufig.
1) Vgl. Brugmann IF. 8, 302 f.
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 91
idg. *89d'i-Mn6.
Die belege sind sehr spärlich. H. Zimmer a. o. hat auf
ai. idhifttnahi, rucifiya und gmi^iya aufmerksam gemacht. Ich
stelle noch ai. püriffhäh dazu.
ai. idhi^itnahi, indhifiya neben aindhiffa : ai. idhyäU,
lat. aedSs s. o.
ai. gmifiya neben gami^fam : gr. ßahio, lat. veniö,
ai. rucifiya neben rociäiya : gr. lavao(a s. § 3.
ai. püri^fhah neben apärit : ai. pü'ryamana s. § 11.
air. *fidisar s. o.
§ 33. Nach dem überlieferten formenmaterial zu schliessen,
haben die singularformen mit dehnstufiger Wurzelsilbe die herr-
schaft erlangt. Es gibt auch formen mit Yollstufiger Wurzel-
silbe : ai. ayödhU : yMhyaU, lat. jubeö; aL alöbhit : lübhyati,
lat lubSt; ai. bödhifat : büdhyatS, lit. btid'äi : ai. göcih : gucyati,
got hugjan; ai. ai;?(2i^; lat. vidisti. Durch das zusammenfallen
von formen des -i^aorists mit dehnstufiger Wurzelsilbe und yon
formen des praesensaoristes mit schwundstufiger Wurzelsilbe
sind die ursprünglichen ablautverhältnisse stark getrübt worden.
Es sind daher auch formen mit vollstufiger Wurzelsilbe nicht
auffallend.
§ 34. In den ksl. aoristen auf •'Sch^, die wie ai. agrah-
aiäam, gr. hpt]aa gebildet sind, ist ^ der einfluss von futurbil-
dungen wie ai. gläsyati — lit. gtUeaiu, ai. mnasyati — lit. mt-
nesiu (s. § 36) unyerkennbar. Vgl. Brugmann Grd. 2, 1186 f.
z. b. ksl. vidScH, lit pchvidesiu; ksl. mbn'ech^i lit. min-^u
u. 8. w. Ich stelle hierher auch formen wie zr^hh, zitrSclvb,
ir6ch%, vreclvb, nü^fvb, mr^lvb, die man aus *zerclvb, terchh usw.
durch metathesis zu erklären pflegt, und zwar aus folgenden
gründen. 1) Die in betracht kommenden yerba sind sämmtlich
abgeleitete ^-stamme; 2) in den quellen finden sich häufig die
Schreibungen inf. mhriti, zbrSti, aor. 1nhrSch^, zbr^ch%; 3) die
andern idg. sprachen haben korrespondirende bildungen.
ksl. meljn, tnUti, ml^ch% 'mahlen' : ai. mlati, amlasyatätn,
ndatäh 8. § 11.
ksl. hrq, trsti, tbriti^ tr9ch^ 'reiben' : gr. TkQtjfii, lat.
tero, tr%vij trltus s. § 11.
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92 Hans Reichelt
ksl. zhrq, zreti, zhrSti, zrech^, zhrSch^ 'fressen' : gr. ßi-
ßQw-amo,
§ 35. Der ausgang der III. plur. des perfekt» im Latei-
nischen ist "h'unt. Man erklärt die endung -^runt gewöhnlich
als 3. plur. des hiftsyerbums 'sein', indem man sie mit gr. -cacey
(III. plur. plusqupf.) vergleicht Ich möchte lat. -^runt aus
*i8ont erklären und wie die II. sing, und plur. dem -t-s-aorist
zuweisen: -is-ont statt -is-xf^, wie capiunt statt *capi-^.
Y. Das ftitarum«
§ 36. Für bildung von formen mit futurbedeutung diente
im Indogermanischen das suffix -si-o-, welches im Ar., Gr. und
Balt.-Slav. belegt ist. Leider sind die akzentverhältnisse noch
nicht genügend aufgeklärt. Vgl. Hirt Idg. akzent s. 204.
War das suffix -sio- ursprünglich betont , dann . müssten
Wurzel- und ableitungssilbe in der tiefstufe stehen: idg. ^mj^nj-
p-si'ö'. Im Ai. aber, wo thatsächlich suffixbetonung vorherrscht,
erscheint die Wurzelsilbe fast durchwegs in der vollstufe. Ich
schreibe diesen merkwürdigen umstand dem einfluss der aus
dem unerweiterten stamm gebildeten futurformen ^) zu, die im
Lit. Wurzelbetonung haben: vgl.
ai. vedi^ati neben vBtsyati, gr. ewofiat ; ai. varti^yati neben
vartsyäti, lit. versiu; ai. manisiß neben mqsyatE; ai. iani^yati
neben iqsydtS; ai. jani^yäti neben aw. zqhyamanqm; ai. han-
Uydti neben hqsycUi,
Der akzent von ai. *vdrt8yati, *tqsyate ') hat dann später
seine Stellung wieder nach vartisyäti usw. geändert Ursprüng-
liche formen mit tiefstufiger Wurzelsilbe sind ai. guri$y<US neben
gari^ati : grnätni 'preise' ; ai. grhUyati neben grahisyati, grak-
i^ati : grbhndmi 'ergreife'.
§ 37. Wahrscheinlicher aber ist, dass die abgeleiteten
verbalen e^-stämme wie im praesens und praesensaorist auch
im futurum die ableitungssilbe betonten, da hierin das Ai., Gr.
und Balt-Slav. übereinstimmen: idg. * fn(^)n'e(^)-8i'(h — ai
^mnasyor, gr. *fiavr]aO'y lit. ^min'^o-,
1) Nach Brugmann Grd. II s. 1092 hatten die ai. formen mit -ilya-
den -i^-aorist zur grundlage, vgl. ai. vddifydti zu dem aoriststamm tadii-
in d-vedi^-am, 2) Vielleicht ist ai. Jägyati aus *##(n)-*|-«<» ent-
standen, also eine form mit dehnstafiger Wurzelsilbe.
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 93
ai. gJasyati, lit. guUbiu; ai. psäsffati : psäti; ai. chtnlasya-
täm : mldti; ai. mnäsyati, gr. ficnnjaoficu^ lit mineaiu; gr. A-
dijaw^ ]ii. pa-^desiu ; gr, ^vijaofiai, lit sraveaiu; hom. ni&ijaw
: lat /Wes; gr. %aiQrio(o für *x<Hn^^i ^^^- g^^i^; gr. (i^ifacü i)
lat o2dr0; gr. fckijao) : TclfiTtXrjfii; gr. TtTi^aofiai : /rtry^ct;; gr.
yeyijaofuu : yeivofitxi.
Das € der gr. fatura auf -6io, die von unsem stammen
gebildet sind, gehört zum suffix *-esr(-o vgl. Bartholomae BB.
17 y 109. Es liegen also futurbildongen vom anerweiterten
stamm vor.
gr. xev-iio : ai. tani-^jfiUi; gr. deQüi : ai. dari-^cUi; gr.
tel-dß : ai. cari-^ati, gr. ^ev-im : ai. hani-^ati; gr. xe^-cü :
ai. gari-fffati; gr. ifi-H^vfiai : ai. vami-^cUi u. a.
Tl. Dag perfektum«
§ 38. Obwohl fast alle abgeleiteten ei-verba das perfek-
tum aus dem unerweiterten stamm bilden, finden sich doch im
Ai., 6r. und Lat. vereinzelte formen, denen der erweiterte
stamm zugrunde liegt.
Die Wurzelsilbe ist tiefstufig, das ableitungssuffix erscheint
in der dehnstufe:
ai. papräu, paprd, lat p/ftn vgl. Fick GGA. 1883 s. 594;
Sil. jagläu, gr. ßißltjftai; ai. mamnau, gr. fiifiyrjfiai; ai. mafn-
lau : (lat tnolui); ai. jagfUtu : (lat genui); ai. papsäu; lat.
crStn; gr. ThQtjraij ninlfjTai^ nsxoQrjrair u. a.
Das u der ai. und insbesondere der lat formen ist bis
jetzt noch nicht befriedigend erklärt; es kann aber schwerlich
etwas anderes sein, als das u, das uns schon im praesens be-
gegnet ist und das von den abgeleiteten ^-stammen her-
stammt '). S. § 16. ai. papräu j lat plevi ist demnach [auf
ai. ptnuyatf gr. nolvg^ lat. plus (s. § 44) bezogen] dieselbe
1) Gr. dC^orcti ist kompromiBsbildang und steht fär ddrao». Vgl.
Hirt IF. 10, 28.
2) Anch F. Sommer Lat. gr. 606 f. leitet das lat. v-perfekt von
den ti-verben ab; er lässt jedoch die ai. formen unberücksichtigt and
geht speziell von lat. füoi ans: "Als */t«m (anthematischer aorist) zu
^fü-ai, */w-{f-at umgebildet wurde, löste man bei der Silbentrennung
^fii-^ das -ya» u. s. w. als suüfix ab und übertrug es auf alle vokali-
schen verbalstämme". S. dazu § 44.
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94 Hans ßeichelt
bildung wie ai. cuk^näva von kSnäumi 4ch wetze'. Für den
abfall des endungs-a (bezw. -e der IIl. pers.) in den ai. formen
vermag ich keine erklärung zu geben. Ai. paprdtha 2. pers.
ist aus *paprä(j^)4ha entstanden.
Der bindeyokal ai. i, lat. t.
§ 39. P. Y. Bradke IF. 8, 123 ff. fuhrt den perfektischen
^bindeyokal' im Altindischen und im Griechischen auf den aus-
lautenden vokal der aS^tämme zurück und weist darauf hin,
dass derselbe Ursprung auch für den lateinischen und gotischen
bindeyokal geltend gemacht werden könnte. Demnach läge in
ai. i, gr. a, lat. i, got. u die Vertretung von idg. 9 vor. Für
die abgeleiteten €;{- stamme muas diese im prinzip zweifellos
richtige erklärung dahin modifizirt werden, dass für das ai.
und lat i entstehung aus idg. t festgesetzt wird. Das a der
gr. perfekta nanoi^a^sv^ vi&vafisp usw. bleibt besser aus dem
spiel, da es wahrscheinlich aus der 1. sg. und 3. plur. des
perfekts und des sigmatischen aorists stammt.
Bradke a. o. 135 f. nimmt mit recht an , dass die an-
knüpfung der perfektischen personalendungen mit dem binde-
yokal i nach der qualität der wurzel geregelt war, und stellt
folgende Schemata auf.
9^.^- wurzeln:
jagrdbha *jagr(ä>hitha jagrdbha ^jagfbhimd jagfbhd j(Mgibhiir
papdta *pap<Üüha papdta paptimd paptd papfür
am/-wurzeln:
vavdrta *vavärUha
vavdrta vavrtmd
vavrtd
vavftür
sasdda saadttha
sasdda *sidmd
ssdd
ssdir
(*8azdmd
sazdd
sazdir)
Bei der Scheidung in sif- und ani^wurzeln in der indischen
grammatik kommen nicht immer die idg. Verhältnisse zur gel-
tung. Von den beispielen, die Bradke s. 126 anführt (ausser
den genannten noch jajdna, tatdra, jagdma, eakdra)^ sind
sämmtliche abgeleitete cap-stämme. Eine teilung nach der qua-
lität der Wurzel ist hier wenigstens nicht nothwendig. Der
bindeyokal, der vor den konsonantisch anlautenden endungen
auftritt, ist die tiefstufenform des sufßxes -ei-. Formen vom
erweiterten und unerweiterten stamm gehen nebeneinander. Die
rigvedischen Schemata, die Bradke s. 137 aufstellt, bedürfen
daher keiner besonderen behandlung.
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Beiträge zur geschichte der iodogermanischen konjugation. 95
papäta papdUha pajpäta paptima paptä paptür
sasdda sasdUha sasäda sSdimd sedä sidür
jagrdbha jagrdbha jagrbhmd jagrbhd jagrbkür
vavdrta vavarthita vavdrta vavrtmd vavrtd vavttür
Ygl. ai. sSditnd, lat sSdimus; ai. vavarthüd, lat. vertimus;
ai. vivtditha, lat Pktimus; [ai. jagatnüha], lat vSnimus; ai.
iinimd, alat ie-tinimus; ai. babhütnind, lat fuimua.
yn. Terbaladjektiya.
§ 40. I. -to-j pari, perf., meist passiv. ''Bei den eigent-
lichen Partizipien ist im Idg. die endbetonung allgemein, was
wahrscheinlich aus einer zeit stammt, in der die passive bedeu-
tung noch nicht durchgeführt war". Hirt Idg. akzent s. 270.
Wurzel- und ableitungssilbe erscheinen infolge der endbetonung
in der tiefstufe: idg. *'^td'i4ö'.
ai. ruciidh 'leuchtend, glänzend' : ai. rtict'A 4icht'; ai. vU
düäh 'erkannt, bekannt' : lat videöi ai. mrdüdh 'zerdrückt,
gerieben' : ai. mrdnati; ai. tr^dh 'durstig', got ßaursißs
'durstig' : got ßaurseiß mik; aL tphurita^ 'zuckend, zitternd' :
gr. üTrainio; aL güüah 'verschlungen' : ai. grndti; ai. kupUah
'erzürnt, zornig' : ai. kupyati; lat licitus : liest. — ai. fami-
tah : ^myati, staniiah : stanihi, lat. genüus-z -^eniSs können
nicht mit Sicherheit hierhergestellt werden.
§ 41. Alle übrigen bildungen sind durch beeinflussung
von praesensformen zu erklären.
a) Die Wurzelsilbe ist vollstufig (vgl. gr. deiifta statt * daigw
aus *driö (lit diriü) nach ai. ddräi). ai. bhasitah 'zu asche ge-
rieben' : bdbhasti, bhdscU; ai. patitah 'gefallen' : ai. pdtati; lat
f>omitu8 : vomo, moUtua : molo. Vielleicht auch ai. galüah 'ver-
schwunden, fehlend' : ai. gcUati, ai. carüdh : ai. cdrati.
ß) Die ableitungssilbe erscheint in der dehnstufe; die
Wurzelsilbe ist tiefstufig, vgl. ai. nd&ti, psati usw. § 11.
ai. mUUdh, aw. mraiö 'durch gerben weich geworden' : ai.
nUäti; ai. prätdh 'gefüllt', lat im-pletus : ai. präsi; sA. psätdh
'gegessen' : paäti; ai. mnätcth 'erwähnt' : ai. mnäti; gr. ßlfjrog
'geworfen, getroffen' : ai. gläH; gr. ^6g 'verabredet, bestimmt
: lit riju; gr. Tftjtog 'durchbohrt' : gr. %LxQri(u\ lat crStm :
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96 Hans tleichelt
gr. xeiQ(o; an. trüadr ^gläubig' : an. trüa; ksl. grSt^ ^erwärmt'
: grejq.
Y) Die ableitungssilbe hat die tief stuf engestalt -r-; die
Wurzelsilbe ist meist tiefstufig, vgl. § 18.
ai. grhhltdh, grhUäh * ergriffen' : ai. äfffhüäm, grhithas,
grhl^va; lat. cupttus : cupiö, cupivi; petUus : *petiö *petire
(R. Thumeysen KZ. 30, 492).
§ 42. Es finden sich auch formen vom unerweiterten
stamm vgl. Grd. ü, 208 ff.
er) Mit tiefstufiger Wurzelsilbe.
ai. viüdh 'gefunden, erkannt, bekannt', aw. vistö 'ge-
funden', gr. aHüTog^ ungekannt, unkundig', air. ro fess 'scitum
est', got un-vis 'ungewiss' : lat videö, ksl. vidBti; ai. saUah
'gesessen' ^), lat. ob-sessus — aw. pcisu^astö 'viehhärde', an. sess
'sitz', lat. sub-sessa 'hinterhalt' : lat. sedeö, ksL sSthti; ai. Aa-
tdh, aw. jatö 'geschlagen', gr. g>ctT6g *getödtet', lit giMas 'ge-
jagt, getrieben', ksl. zq-th 'gehauen, gemäht' — ags. güd 'kämpf
: gr. ^eivfo, lit. genäi; ai. mcUdh 'gedacht', lat com-mentus,
got munde 'gemeint, gedacht', lit mifitas, ksl. mq-tb — ai. ma-
täm 'meinung', gr. avTOfiavog 'freiwillig', lat com-mentum
'einfall, erfindung', air. der-met 'vergessen' : got munan, lit
mineti, ksl. mhnSti; ai. vjitäh 'versus', lat vorsu8 (versus) —
ai. vfitäm^ ksl. vrbsta 'bewandtnis, befinden', lit. värsias 'pflug-
gewende' : ksl. vrbUti; ai. gatdh 'gegangen', gr. ßccvög 'be-
treten, gangbar', lat circumventus, lit pri-gimtas 'angeboren' :
gr. ßalvio, lat. venio; ai. buddhdh 'erwacht', gr. a-Ttvtnog 'un-
bekannt, unkundig' : lit budeti, ksl. bbditi; ai. drtäh 'gespalten',
aw. d9r9tö 'geschnitten, gemäht', gr. dQovogy daQvog 'geschun-
den', lit. nU'dirtas 'geschunden' : ai. drniyät, gr. Ido^i;»; ai.
taidh 'gestreckt, gedehnt', gr. taxog 'dehnbar', lat. tentus : lat
teneö; air. taH 'durst' aus *trstö- (W. Foy IF. 6, 338), got
fdurstei, ahd. durst : got Paurseip mik.
ß) Mit hochstufiger Wurzelsilbe.
lat msus, got un-veis 'unwissend, unkundig', ahd. uns
'weise' aus *jieiMO' (oder '^UHo- neben ai. viUdh usw.); ahd.
kind 'kind' aus *§entom neben got. qina-kunds 'weibgeboren';
ai. spaffäh 'ersichtlich, klar', aw. avi-spoHö 'belauert, ange-
1) bal. nista 'sitzend' aus idg. *n%'9i40' für *ni+Ml+^« Bartho-
lomae Grd. d. iran. phil. § 96, 1.
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Beitrage zur geschichte der inclogermanischen konjagation. 97
feindet', lat. adspectus aas ^speh-to-; gr. ini-ftHovog 'leicht
überredbar'y lat. fisus neben gr. matog Hreu, zuverlässig'.
§ 43. IL 'HO-, part. praet., meist passiv. Da das suffix
-no- betont war, müssten auch hier wurzel- und ableitungssilbe
in der tiefstufe stehen: idg. ^idri'n6-. Es sind aber fast nur
formen mit dehnstufiger ableitungssilbe erhalten.
ai. prOnah 'gefüllt', lat. plsnus, umbr. plener 'plenis' : ai.
präse; ai. mlänah 'welk' : ai. mUUi; aw. ynänö (vgl. Bartbo-
lomae Grd. d. iran. phil. § 209, 3); ai. krand 'gern, willig, so-
fort' : (ai. cdrati) gr. teliw; gr. axalvpfog 'krumm' : anäXXü);
ksl. tnhfam : mhtiSti; ksl. videm : vidsti. Hierher gehören
ferner die germ. infinitive: got munan, liban, ahd. lebsn usw.
§ 11.
Formen vom unerweiterten stamm sind aw. p9r9nö 'gefüllt
voll', got. fvUe : ai. prndmi; ai. chinndh 'zerbrochen, zerrissen'
• gr- <^Z*'^wi); aw. asna-, äsna- 'nahe' aus ^äzdna- : ksl. cAo-
diti >), vgl. ai. nediyah 'näher', deanna- 'nahe' Bartholomae IF.
5, 367, w. l kl. phil. 17, 1223.
Neben den partizipialbildungen aus dem unerweiterten
stamm stehen solche, in denen der vokal der tiefstufigen Wurzel-
silbe gedehnt erscheint.
ai. jätdh, aw. zätö 'geboren', lat. gnatus, nätüSy gall. cintu-^
gnätua 'erstgeborner' neben got -kunds, kun^; ai. ghalah
'tötend, schlag, tötung*, gr. d-vrjrdg 'sterblich' neben ai. hcUdh;
ai. vamtdh 'ausgebrochen'; ai. güridh, gürnah 'gebilligt, will-
kommen, angenehm', lat. grätus 'willkommen, angenehm', lit.
girtas 'gerühmt'; ai. mUrndh 'zermalmt, zerbrochen', alat. mal-
täs 'moUes', air. blaüh, mlaüh 'weich' — lit. mütai 'mehl' neben
ai. ^mrnah; ai. d%rndh 'zerrissen, gespalten' — nkymr., com.
dornt 'teil, stück' neben ai. dfixih; ai. gimah 'verschlungen', lit.
girtas 'betrunken'; ai. partdh, pürndh 'gefüllt, voll', air. län
'voll', lit. pünas 'voll' neben ai. pftäh; ai. tlmdh 'überschritten,
durchgemacht', türtah 'schnell'; ai. jurndh 'alt' — ai. jirndtn
«gebrechlichkeit, alter'; gr. tXtitos 'duldend, standhaft', lat.
UUus — lit. tÜtas 'brücke' — neben ahd. giduU 'geduld'.
1) ai. iüisMh 'pfeUköcher', das gewöhnlich aus *t}nO' erklärt and
zur Wurzel *UU[ex' 'tragen' gestellt wird, gehört nicht hierher. Vgl.
Bartholomae lA. 12, 28 und IF. 8, 187 f.
2) Oder zu lat. m<I«ö? Siehe § &0.
Beitrig» s. konde d. indg. apneheD. XXVII. 7
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98 Hans Reichelt
§ 44. Bezüglich des wechseis von fr und är im Arischen
und Lit.-Slavischen schliesse ich mich den ausführnngen Bar-
tholoroae's KZ. 27, 205 und Bezzenberger's bei v. Naegelein
^Zur Sprachgeschichte des Veda' 32 an, die darin den einfluss
eines folgenden vokals sehen. Vgl. Wackernagel Ai. gr. 29.
Ich habe in § 16 die thatsache, dass viele ai. verba das
praesens sowol nach der ö., als auch nach der 9. praesens-
klasse bilden, auf grund ursprünglicher praesensformen erklärt,
die in beiden klassen gleich lauteten. Ebenso ist der Wechsel
zwischen formen der 4. und 8. ai. praesensklasse zu erklären,
wie überhaupt zwischen formen der abgeleiteten verbalen ei-
und e^stämme. Die gemeinsamen formen , von denen neubil-
dungen nach der einen oder andern klasse erfolgt sind, sind
die des praes. sing, auf ^-e-mi, *-^-s!, *-e4i aus ^-ei-mi, •-cjf-
mi usw.
Da nun bei tiefstufengestalt der Wurzelsilbe in ein- und
demselben verbum der stimmton der liquidasonans bald dem
einfluss eines folgenden i, bald dem eines folgenden u ausge-
setzt war, kann es nicht wunder nehmen, wenn tr und ür
nebeneinander erscheinen,
idg. *ter-ei' 'durchdringen'.
ai. tiryat%, lit. tyriä — ai. tiräbi, Hrndh [Vir am 'ufer',
tirdh *durch'].
ai. farutBf turvati, arm. thaXotvl^)^ gr. vqvw^ ^^X^«
lit. trikstu, ksl. tryti — ai. turdH, türtdh, türnah
[turdh 'beschädigt'],
idg- *jr»er-ej|- 'singen'.
ai. grnäini, lit. giriü — ai. sam-girate.
gr. yrjQVü) {yiJQvg, dor. yaQvg 'spräche'] — ai. gurdU,
gilrtdh, gürndh.
idg. ^g^er^ei' 'verschlingen'.
ai. grndmi, lit. geriü, ksl. zr^ti — ai. girdti, gilitah,
girndh.
[aeol. diQQOi 'hals' aus *de^/ä Kretschmer KZ. 31. 397]
— \[ii.gurkly8 'kropP, ^i&\.gr^lo 'kehle'] ksl. irb<i.
idg. *pel-ei' 'füllen'.
ai prnämi, präsi [pdrinoh 'fülle'], gr. Ttififilfjfii usw. —
lit. pünas 'voll'.
1) Ygl. Meillet M^m. boc. ling. VIU, 168 f.
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 99
ai. prv^uyät, [gr. rtoXig 'viel'] lat. pUvi, plus *) — ai.
pürndh, pürtdh, [purüh 'viel\ ksl, pHm],
idg. *der-ei' 'spalten'.
ai. dfniyat, lit. diriü — ai. dir nah.
ai. därüh 'zerbrechend' [ai. däru 'holzscheit', gr. doQv
*balken', lit. dervä 'kienholz'? usw.] — lit. duriti.
idg. ^^el-ei' 'wollen'.
ai. vrndmi, ksl. veljq usw.
ai. vfnömi, lat. volui*) — [ai. hötr-vurya- 'einsetzung
des Hotar'].
idg. ^mel-ei' 'mahlen'.
ai. mrnihi, gr. iivlkut^ ksl. meljq -— [litmiltai 'mehl'].
got. ga-malwjan, lat. molui >), [emolumentum 'mahlertrag']
— ai. mürndh,
idg. *gvel'ei' . . .
ai. glatt, gcdüah, gr. ßdXha.
gr. ßXvta^ ßXvCfa — lit. guliü.
idg. g'er-ei" 'altem'.
ai. jtrgati, ksl. zrSju — bA, jlrndh.
[aw. zaurva *alter', gr. yQävg 'greisin'] — ai. jürndh,
idg. k'er-ei' 'zerbrechen'.
ai. gtryate, lit skiriü, gr. x«/^ — ai. glrndh.
ai. kfn(fini — gUrtdh [ksl. kr^n^ 'verstümmelt'].
§ 45. Gerade so, wie für die dehnung der tiefstufigen
Wurzelsilbe bei den «e^-basen der ausfall des 9 als Ursache an-
genommen wird, liesse sich auch bei den abgeleiteten -ey und
-^Verben die dehnung durch den ausfall des i oder u er-
klären. Es ist aber zu bedenken, dass infolge der suffixbe-
tonung bei den partizipien auf -to- und -ro- sowol ableitungs-
silbe, wie Wurzelsilbe reduzirt werden mussten. (ai. ruc-i-tdh,
mrd-i-tdh, sphur-i-tah, gil-i-tah). Selbst, wenn man annimmt,
1) Nach Fr. Sommer IF. 11, s. 94 ist lat. plus ein alter neutraler
akkuBativ auf -is wie magis und geht aaf eine grandform *pld'is zurück.
Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn die formen phus und plouruma
besser dazu stimmten. Denn in der Schreibung ou eine mittelstufe
zwischen oi und dem später daraus entwickelten ü zu sehen, entbehrt
einer sichern stutze. Da für die wurzel *pel durch ai. pfnuyät^ gr. no-
Xvi, \&i. ptevi usw. s. § 16 die ableitung durch -eff- erwiesen ist, sehe
ich kein hindernis, plus aus *plst$'Os zu erklären, wie minus aus minff-os.
2) Siehe § 88.
7*
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100 Hans Reichelt
dass durch die reduktion wirklich völliger schwand der ab-
leitungssilbe bewirkt wurde, hätte sich die Wurzelsilbe in ihrer
schwächsten gestalt erhalten müssen, da die Wirkung der re-
duktion, als der Schwund der ableitungssilbe stattfand, zweifel-
los am grössten war. Wie wären denn sonst formen wie ai.
8unmäh neben sunumdh, tanmd^ neben tcmvihdh, kurmdh neben
kunäMh erklärbar?
Wir haben es daher mit keiner ursprünglicher dehnung zu
ihun; sie kann erst eingetreten sein, als sich bereits der stimm-
ton der liquida oder nasalis sonans selbstständig oder unter
dem einfluss des vokals der ableitungssilbe entwickelt hatte,
und muss, da sie aus den partizipialformen selbst nicht erklärt
werden kann, auf Übertragung beruhen.
§ 46. Die praesentien, in denen der themavokal an das
tiefstufige ableitungssuffix % tritt, zerfallen in zwei klassen, je
nachdem die Wurzelsilbe den wortton hatte oder der themati-
sche Yokal. Ich habe schon in § 20 darauf hingewiesen, dass
die Wurzelbetonung unursprünglich ist und zum teil auf ana-
logie nach den o-verben beruht Bei den o-yerben stehen sehr
häufig formen mit Suffixbetonung und solche mit wurzelbeto-
nung nebeneinander. Vgl. Brugmann Ord. 2, 913. Da neben
ai. tiräti ^er setzt über' eine form tdra;ti steht, ist zu *tirydti
ein *Hry(xti gebildet worden, das endlich nach dem muster von
cdmati, krdmati, sähati ^), 8%dati >) u. a. in tl'ryati überging,
ai. jiryatiy jü'ryati 'er kommt in verfall' nach järati-juräti ;
ai. JdämytxH, främyati *er wird müde' nach — framati lit kir-
mt/jü 'schlafe'; ai. ddmyati 'er zähmt' nach got. *gatems in
gaUmiba 'geziemend', gatiman 'ziemen' ; ai. giryati 'er zerbricht'
nach an. skera — air. scaraim, ai. (rOsO^^h' ^- krdmyati 'er
schreitet aus' nach krämati; ai. fdmyati 'er hört auf nach
gamati; ai. jdyati 'wird geboren' aus *jayaU *§j^''iit% nach
jänati; von diesen praesentischen neubildungen wurde die deh-
nung auf die partizipia übertragen, ai. tirndh, tärtdhrtfryati,
1) £a ist hier belanglos, ob das ä solcher ai. praesentia aas dem
«-aorist stammt, wie Bartholomae Idg. F. S, s. 50 z. b. far ai. hhrifati^
aw. brattaäi neben gr. tpUya (ßbhräf)^ aw. räs^qn neben ai. tdrjanam
(atrskf aträf) nachweisen will.
2) Ai. gtdati ist ans *89Mt =s aw. hiSaüi nach lit. Mu oder einer
Ähnlichen form s. Roswadowsky IF.? umgebildet worden. Ygl. lit. «iK^M
«spalte mich', tylü 'verstnmme' nsw. Wiedemann Lit. praet s. 90.
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 101
turyati; ai, firndh, jürndh'jiryati, jü'ryati; ai. 0ridh, fartäh"
afryate; ai. pürtäh neben prtdh-pü'ryati; ai. klämtäh-klämyaH;
gf*amfdhrgrdmyaH; ai. gämtäh-gämyati ; ai. tämtäh-iämyati ; ai.
damtdh'ddmyati ; ai. jcUäh'jdyate.
Partizipia wie gr. -j^v^J^, lat. nätus neben lat. genüus
sind auf praesentia wie lat. näscor zu beziehen. Gr. T^carog
Verwundbar' : tiTQiooTUo; gr. ßganog 'essbar' : ßißQwaiiuo neben
ai. güüal^; gr. xlrjvos 'gerufen, willkommen, erlesen' : xixXij'
axcd 1). Vgl. ai. jnätäh 'gekannt', gr. yvunog, lat nötus, air.
ynd^ 'solitus' : gr. yiyvwayuo^ lat. gnöscö, ahd. Ämaen 'kennen';
ai. nUäUh, aw. mres^d 'durch gerben weich geworden' : nUaU,
mldyati neben lat. mclüus; ai. mniUah 'erwähnt' : ai. mnäU,
gr. fiifinjancDy neben ai. maiäh; ai. glanah 'erschöpft', nkymr.
Hin 'fatigatus' : ai. gldti, gldyaii neben galücA; ai« pratah 'ge-
füllt', lat. pUtu8 : ai. ^rrf^i; air. Itnaitn neben ai. ft^bf <^w.
p9r9nö; ai. psotäh 'verzehrt' : /»s^t neben bhasiiah.
Der stosston der lit. formen jr^r^o« 'betrunken', pa-Hntas
'gekannt', pilnas 'voll', miltai 'mehl' usw. stammt aus dem
praeteritum. Wie Bartholomae IF. 3, 9 ff. nachgewiesen hat,
ist die dehnung des wurzelvokals mit gestossenem ton im prae-
teritum nach dem muster der sigmatischen aoriste der auf 8
ausgehenden verba erfolgt. Nachdem sich die praeteritalbil-
dung mit i nach dem muster von lett. tisu, dzisu bei einer
reihe von verben mit praesentischem e wie lit. hdiiirkSUau,
geriü-^eriau eingebürgert hatte, wurde sie auch bei verben mit
anderm praesensvokal (i; u) nachgeahmt. So z. b. lit. giriü-
gyriau, skiriü-skyriau, spiHü-spyriau, duriÜ-düriau, ktUü^
kuliau. Vom praeteritum aus wurde dann der stosston in das
Partizipium und den infinitiv verschleppt
Yin. Terbalsubstanüya.
§ 47. I. Nomina actionis, die in verschiedenen kasus als
infinitive, supina oder gerundia auftreten.
a) Formen von dem durch die ableitungssilbe erweiterten
1) Es läsBt sioh nicht immer sicher entscheiden, ob dehnung Yon
tiefstufigen oder voUstufigen vokalen vorliegt. Im ersteren falle liegt
der unerweiterte stamm zugrunde, im letzteren der erweiterte.
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102 Hans Reichelt
stamm, ai. yudhdyS ^zu kämpfen', dat. zu ^ludh-ei-, ai. grhaiß
'zu greifen', aw. gdvdbqm 'festzuhalten' dat. und akk. zu ^gr^h-ei-^
aw. ydnqm 'zu töten', akk. zu ^ghvn-ei-, Bartholomae KZ.
29, 588, Grd. d. iran. phil. 1, § 2d5, 2, c stellt aw. g^r^bqm,
y^nqm zu den feminen ö-stämmen; ich möchte jedoch wegen
ai. grdhi, gfbhi- in aw. gdr^bqm den akk. eines -ai-stammes,
der wie aw. hi&qm, gr. ^^v gebildet ist, sehen. Ferner idg.
^ybidS' in lat vids-bam, ksl. vids-achz u. s. w. Vgl. Lindsay
Lat. gr. s. 563.
b) Formen von dem erweiterten stamm mit dem suffix
*'teu-, ^'tei'. Die akzentverhältnisse sind noch nicht aufge-
klärt. Wahrscheinlich ist ursprünglich, das suffix betont ge-
wesen und standen wnrzel- sowie ableitungssilbe in der tief-
stufe: ai. giritum 'zu verschlingen'. Vgl. § 41.
a) Die Wurzelsilbe ist vollstufig,
ai. caritum ^zu bewegen' neben ai. carüdh; ai. j'anitöh 'zu
erzeugen', lat. gentium; ai. taritum *zu übersetzen', (lat. tritum);
ai. püritum 'zu füllen', (lat. impletum); ai. pdtüum 'zu fallen'
neben ai. patüdh; ai. vämitum 'zu erbrechen', lat vontitum;
ai. vedüum 'zu erkennen' neben ai. vidüvä, vidüdh; ai. var-
titum 'zu wenden'; ai. göcüum 'zu leuchten'; ai. röcitum 'zu
scheinen' neben ai. rucüdh.
ß) Die ableitungssilbe erscheint in der dehnstufe, die
Wurzelsilbe ist tiefstufig, lat. im-plMum 'anzufüllen' neben ai.
püritum; lat. crStum 'zu scheiden' neben ai. garitöh; lit. miniti
'erwähnen', ksl. mbn^^i 'meinen' ; lit hudeti, ksl. bhdsti 'wachen';
ksl. vrhteti 'wenden, kehren' neben ai. vartUum; ksl. ttr^i
•reiben' neben ai. taritum; ksl. ztrBti 'fressen' neben ai. giritum.
Mit hochstnfiger Wurzelsilbe: lit. gefi£i% 'äste abhauen' neben
ai. hanitum; ksl. vel^ti 'befehlen' neben ai. varitum.
y) Die ableitungssilbe hat die tiefstnfengestalt l; die
Wurzelsilbe ist meist tiefstufig, ai. grdhUum 'zu greifen' neben
ai. grhftdh; ai. varitum 'zu wählen', lit. wilgti 'wünschen'; lat
petTtum, cubitum, tritum.
Formen vom unerweiterten stamm: ai. gdntum 'zu gehen',
lat. ventum, lit. gimtu 'geboren zu werden', ai. gäntuh 'weg',
lat. adventus; ai. mantum 'zu denken', lit miMu 'zu gedenken'
— ai. mdntuh 'rat'; ai. yöddhum 'zu kämpfen', lat. iuasum —
lat. iu88us 'befehl'; ai. vettum 'zu wissen' (neben vedüum), lat
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Beiträge zur gescliichte der indogermanischen konjugation. 103
Visum — lat. vf8U8 'blick ', air. fiss ^wissen'; ai. tanium 'zu
strecken', lat. tentum; ai. sattum *zu sitzen', lat. sessum; lat.
versum, vorsum, lit. vefati 'umkehren' — lat. versus 'Wendung';
ai. häniutn 'zu schlagen' (neben ai. hanitum), lit gifUu 'zu
jagen'; lit. mifUi 'gedenken' — ai. matih 'denken' usw. vgl.
Brugmann Grd. 2, s. 277 £P. ('ti- in primären abstrakta). Wegen
der lit. infinitive mit stosston wie girti 'trinken', virnti 'sich er-
brechen', vSrti 'auf oder zu tun', kiUi 'heben', skilti 'spalten',
dirti 'schinden', sp{rti 'mit dem fusse stossen', skirti 'schneiden'
u. a. 8. § 46.
§ 48. n. Die mit dem suffix -ter und -trom (-dhrom)
gebildeten nomina agentis und actionis.
a) Die Wurzelsilbe ist tiefstufig, die ableitungssilbe erscheint
in der dehnstufe: gr. ^^twq 'redner' : lit r^ju; lat im-plstar;
gr. TtXfj^Qov (ßldog ^hqov Hesych). Wegen ai. jMtd 'kenner',
gr. Yvw(ayi;riQ 'zeuge', lat. nötovy ksl. zna4elh 'wissender' s. Bei-
träge U.
ß) Die Wurzelsilbe ist meist Yollstufig, das ableitungssuffix
erscheint in der tiefstufengestalt -t-i
ai. janüd 'erzeuger', janüram 'geburtstätte', lat. genüor ^);
ai. v^düä 'kenner'; ai. prortaritd 'förderer'; ai. gräbhUä 'er-
greifer', pratigrahUd ^empfänger' ; ai. dhavüram 'wedel, fächer' :
dhuniyat; ai. carüram 'fuss'; lat. molüor; ai. tarutd 'über-
winder', 4drutrah 'hinüberschaffend' nach tarutS; [ai. manötä*)
'ersinner' nach manut^].
Formen vom unerweiterten stamm:
ai. vetiä 'kenner', gr. uncag^ Xatioq 'wissender, zeuge', lat.
v}sor^ in-visor, ksl. sptr-v^tdh 'mitwisser, zeuge', ai. böddhä 'wer
etwas versteht, kennt', gr. nevatiJQiog 'fragend, forschend', ksl.
bljustelh 'Wächter'; ai. hantd 'wer schlägt', aw. janta 'erleger,
tödter', ksl. z^tdh 'Schnitter'; ai. gäntä 'wer geht kommt', gr.
ßatriQ' ßaivwv (Hesych), lat ^in-ventor^; ai. säää 'wer sitzt',
1) Das i {(b) von gr. y«y-«-Tii^, H^-£-^qop, lat. ter-e-bra^ gr. l^-«-TOf
usw.. ist durch miachang der abgeleiteten «i'-yerba mit den primitiven
(themavokalischen) zu erklären. Vgl. Gurtius Verb. I 870 ff. und Ost-
hoff D. verb. i. d. nominalkomp. 184. Gr. yivrni^ : ai. jänati] gr. riQi'
TQov : ai. tdrat%\ gt. tfistoq : ai. vdmati.
2) Dieselbe bildung wie ai. manöta aus ^meneff-ier- ist lat. crthrutn^
air. eriaihar 'sieb' aus ^hrn-tro- : gr. x«/^w, lat. ere-vi. Vielleicht ge-
hört dazu ahd. (hjrltara f., mhd. rUer 'reiter, sieb'.
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104 Hans Reichelt
lat. ctdsessor, aw. aim-ädista ^wer sitzt'; ai. yöddhä 'kämpfer*,
lat. iu88or (neXevrfJQ gloss. phil.); ai. mantd 'denker', gr. Mev-
TfOQ, lat com-^entor, ai. mdntrdh, aw. mqd'rö ^sprach'; ai.
tdntram 'Webstuhl', lit. ii^Üdas 'netz'; gr. SiQtQoy 'darmfelP;
gr. viQ&QOv 'ende, spitze'; gc, ßä&QOv 'stufe, schwelle, sitz; lat
speärum ^bild'.
§ 49. III. Die mit dem suffix -men- gebildeten nomina
aktionis, meist neutra.
a) Die Wurzelsilbe ist tiefstufig, die ableitungssilbe erscheint
in der dehnstufe, gr. ßl^fia ^wurf, schuss' : ai. gläti ; gr. ^^fia
^ausspruch' : lit. reju; gr. fir^fia ^denkzeichen' : ai. mnätu
ß) Die Wurzelsilbe ist vollstufig, die ableitungssilbe er-
scheint in der tiefstufengestalt -t-. ^
ai. jänima 'geburt' : ai. jäyatS; ai. päritna 'fülle' : aL
präsi; ai. däHtna 'Zerstörung' : ai. dpüy&t. Formen vom un-
erweiterten stamm: gr. deq^a 'abgezogene haut' neben ai. där%-
ma; ai. värtma 'bahn, spur', ksl. vr&n^ 'zeit' aus *vertm^ : ksl.
vrbtM; ai. sddma 'sitz'; ai. jdnma 'geburt' neben ai. jänima.
Infinitiv ai. vidmdnS 'zu erkennen', lesb. i'dfievav 'zu wissen'.
IX. Die komparative auf -^ios.
§ 50. H. Hirt IF. 12, 200 fif. hat dadurch, dass er das 7
dieser komparativbildungen mit dem i der ai. set-haaen und
weiter mit dem ^ der übrigen sprachen in Zusammenhang
brachte, der forschung den richtigen weg gezeigt Das 7 kann,
wie die beispiele beweisen, nichts anderes sein, als die tief-
stufenform unseres Suffixes, und der umstand, dass daneben
nirgends I erscheint, weist darauf hin, dass es ursprünglich
betont und dehnstufig war. Es lässt sich allerdings nur eine
einzige solche ursprüngliche form anführen: ai. präyah 'meist',
lat *pU''iö8 in pleores (F. Sommer IF. 11, 51) : ai. prnäti,
lat pleo. (Die slav. komparative auf -^ßs, die Streitberg PBrB.
16, 266 aus *^je8 erklärt hat, sind wahrscheinlich sekundäre
bildungen und von adverbien auf -^ abgeleitet (Brugmann, Grd.
2, 410), kommen also schwerlich in betracht).
Wenn man aber die bedeutung der hierher gehörigen ai.
komparative berücksichtigt, kann die annähme der ursprüng-
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Beiträge zur geschichte der indogermanischen konjugation. 105
liehen betonang des ableitungssuffixes nicht befremden: ai. ta-
riyän deicht durchdringend' : "^triO'^i' * durchdringen'; ai.
yö'dhlyän 'besser kämpfend' : ^iudh-ei- 'kämpfen'; ai. t^dXyän
* besser kennend' : ^uid-S^- usw. Diese komparative haben
partizipialbedeutung und sind direkt aus dem verbalstamm ^)
gebildet Es scheint, als lägen in ai. dari-^ däri- 'spaltend',
grbhi' *in sich fassend', -^adi- 'sitzend', fuci- 'strahlend' korre-
spondirende positivbildungen Yor, und als wäre ai. n^dlyän
'näher, mehr dabei sitzend' (aus idg. ^ne-zd-, aw. nazdyah-
und nazdiätch Uhlenbeck Et. wb. d. ai. spr. 150) der regel-
rechte komparativ zu [pathij-fädi- '[am weg] sitzend'.
ai. tdriyan 'leicht durchdringend' : (ai. ttryati) gr. rltfrjfii,
ahd. drau.
ai. t^diyan 'besser kennend' : lat video, got. mtan, ksl.
vidHi,
ai. yödhiyän 'besser kämpfend' : lat. jtibeö.
aL variyän 'vorzüglicher' : ai. vrndti, ksl. velsti,
ai. haniyän 'besser schlagend' : gr. ^eivw^ lit gen&i.
ai. tanlyan 'sich mehr streckend' : gr. t«iVcd, lat. ten(Sre,
Anstatt ai. vediyän wäre also ^viddyan zu erwarten. Der
akzent von vediyän und die reduktion des dehnstufigen ablei-
tungssuffixes findet in der komposition seine erklärung. Die
komponirten komparative ziehen den akzent soweit als möglich
zurück. In sämmtlichen bekannten fällen ist die erste silbe
des Vordergliedes auch die tonsilbe. Reuter KZ. 31, 579.
vgl. vMsdiyän 'mehr feuchtend', prdticyamyan 'sich mehr
herandrängend', udyamtyän 'mehr in die höhe hebend'.
Solche in der komposition entstandene formen fanden dann
auch ausserhalb derselben ihre Verbreitung und verdrängten
schliesslich die ursprünglichen formen vollends.
1) Vgl. ndbhas tdrJySn 'die wölke leicht dorchdringrend', Vftrdm
hdniffha]^ 'der beste Schläger des Yritra'. Es finden sich auch falle, wo
der Wurzel eine praeposition vorgesetzt ist: agami§lha, 'aufs beste her-
beikommend'. Vgl. Whitney Ai. gr. § 468.
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106 C. Hentze
Der imperativische inflnitiy in den homerischen
gedichten.
Der bedeutung8UDterschied zwischen dem imperatiY und
dem Imperativischen infinitiv im Griechischen ist au£Pallend
spät erkannt und klar gestellt. Zwar hatte Delbrück bereits
in seiner dissertation de infinitivo Graeco, Halle 1863, in dem
gebrauch der Odyssee einen unterschied zwischen beiden formen
gefunden und dahin bestimmt, dass der imperativische inf. von
handlungen der entfernteren Zukunft stehe, der imperativ da-
gegen von unmittelbar oder doch in der nächsten Zukunft zu
vollziehenden handlungen. Dass dieser unterschied sich nicht
auf den gebrauch der Odyssee beschränkt, sondern in gleicher
weise in der Ilias sich zeigt, beobachtete dann Gaedicke (Der
accusativ im Veda, Sreslau 1880), aber erst Rieh. Wagner
unterzog in dem Schweriner programm 1891 (der gebrauch des
imperativischen infinitivs im Griechischen) den gebrauch in den
homerischen gedichten einer gründlichen Untersuchung. Das
hauptergebniss dieser ist, dass der imperat. inf. bei Homer
seiner bedeutung nach ein futurischer imperativ ist Hinsicht-
lich des gebrauchs aber wird festgestellt, dass er in Vorschriften,
die für alle zukunft und alle fälle gültig sind, selten ist, doch
für die zweite person ohne konkurrenz des imperativs, dagegen
besonders in Vorschriften, befehlen, mahnungen, Warnungen ver-
wendet wird, die sich auf einen einzelnen, nach verlauf einiger
zeit (zuweilen nur eventuell) eintretenden fall beziehen und deren
ausfuhrung häufig mit einem Ortswechsel verbunden ist; selten
endlich unter zurücktreten seiner futurischen bedeutung zur
bezeichnung eines energischen befehls oder dringenden Wunsches
gebraucht wird. Diese ergebnisse hat Delbrück Vergl. Syntax H
p. 4ö4 ff. im wesentlichen anerkannt. Nach ihm ist der griech.
inf. genau in die bedeutungssphäre des imperativs auf töd ein-
gerückt und bezeichnet, wie dieser, etwas, was erst in einem
augenblick der entfernteren zukunft geschehen soll. Äehnlich
bemerkt Brugmann Griech. gramra. « p. 517, dass der inf. in
die bedeutungssphäre der imperativformen auf -rw -a^cw u. s. w.
einrückte, die ursprünglich bedeuteten, dass einer aufforderung
erst in der zukunft nach einem gewissen Zeitpunkt nachge-
kommen werden solle.
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Der imperativische iDÜnitiv in den homerischen gedichten. 107
Indess sind durch die so verdienstyolle Untersuchung
Wagners nicht alle fragen erledigt So bedarf namentlich die
bereits yon Delbrück a. o. II p. 456 bestrittene annähme, dass
der imperativische inf. in einzelvorschriften bei geringerer deut-
lichkeit der futurischen beziehung von dem konkurrierenden
imperativ sich durch eine grössere intensität und einen gewicht-
volleren charskter unterscheide, und überhaupt das verhältniss
des gebrauchs beider formen noch einer näheren Untersuchung.
Sodann ist die von Wagner verneinte frage , ob innerhalb der
periode, welche die homerischen gedichte umfassen, eine ent-
wicklung des gebrauchs in einer bestimmten richtung sich ver-
folgen lässty noch einmal aufzunehmen. Endlich werden sich
noch weitere spuren von dem gebrauch des imperat. inf. 3.
person verfolgen lassen, als die bekannten spärlichen beispiele
bei Homer zunächst ergeben.
Wir wenden uns zunächst zu dem ganz überwiegenden
Gebrauch des imperativischen infinitivs der
2. person.
Die futurische bedeutung ergiebt sich vornehmlich aus den
zahlreichen beispielen, in welchen der imperat. inf. im nach-
satze eines futurischen temporal- oder konditionalsatzes oder
konditionalen relativsatzes steht, oder mit der konstruktion von
Ttqiv mit inf. verbunden ist. Wagner zählt in den hieher ge-
hörigen beispielen im ganzen 67 imperat. infinitive (U. 28, Od.
39); ich zähle einige mehr, im ganzen 78 (II. 32, Od. 46) i).
Imperativ, infinitive 2. person finden sich überhaupt in den
homerischen gedichten nach Wagners Zählung 199 (IL 76, Od,
123), 80 dass die mit futurischen nebensätzen verbundenen über
ein drittel der gesamtzahl ausmachen.
1) Es geht ein nebensatz Toran im conjunotiv, mit inriv O 148.
n 464. ff 294. (T 416. € 849 f. (2). C 298 (2). ar 527 f. (2). A 121. o 37 f.
(4). a 270. X 4*3; kniC xi I 708 (2). Y 387. * 535; St &v H 460
(2); 8t€ Xi <r 422 (8); önor' av 4» 841. x 611 (2). C 804; onort x€ J 42
(2). X 295. l 182 (2). v 166. 158. n 285 296; otpg av xs C 261; at xt E
130. 261 flf. (3). T 147 (2). t 504. i/; 79 ; rf x« B 182. / 279. 281. JT 89.
92. a 291 (3). fA 164. ^ 83. ü (liv xe — tl Si xi { 395 ff. (2); il KSil;
rpf Tii^ xal n 211 i. (2). Der nebensatz folgt nach: mit knriv 11 95 (2);
W av J hZ\ 8rt x€ X 335. n 287. r 6; «r x€ Ä 592. fi 49. Ein hypo-
thetischer relativsatz geht voran / 288. a 316. a 286, folgt nach SP" 246 ff.
Ein negativer imperat inf. neben n^iv mit inf. n 889 ff. 4> 294 ff,
X 536 f.
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108 C. Hentze
Oleichwerthig mit futurischen konditional- oder temporal-
sätzen sind participia des aorists, wie J7 87 in vrfov iXdaag
Uvai Ttdhv. B 91 0 296 f. rc 132 f. 283 S. Oft gehen dem
imperatiyisohen infinitiv auch hauptsätze im fut. voraus , in
denen ein Vorgang als zukünftig eintretend gesetzt wird, der
für die im inf. geforderte handlung die Voraussetzung bildet,
wie X 296 ff. fj di a vftodeiaaaa xslfjaezai cvvri&^ai' ev^a
av fifpch* BJCBix dnavrjvCLüd'ai &eov evvijv xtL *). Nicht
selten aber ist die in der Zukunft Hegende Voraussetzung für
die im inf. geforderte handlung gar nicht angegeben, aber aus
dem zusammenhange leicht zu entnehmen: aus vorhergehenden
futurischen nebensätzen X 259 (aus 256). x 173 ff. (aus 167).
K 65 (aus 63). y 327 vgl. 325 f.; aus vorbereitenden sätzen
mit lokalangaben V 334 — 343 (wenn du dem beschriebenen
ziel dich genähert hast), o 33 f. Sonst V 83 vgl. 80 f. (sinn:
ordne an, dass nach deinem tode unsere gebeine vereinigt
werden). Ein Ortswechsel, welcher der geforderten handlung
vorausgehen muss, wird ohne weiteres vorausgesetzt: / 369
(wenn ihr in Agamemnons zeit zurückgekehrt seid). S 501 f.
(wenn ihr nach hause gekommen seid), d 408 f. (wenn du zu
deinen gefährten zurückgekehrt bist). « 29 f. l 441 — 43 (wenn
du nach hause gekommen bist), l 455 f. (wenn du auf der
fahrt nach hause bist), v 307—10 (vgl. 306 dofioig m). O
500 f. (fiev dd'avdToiai ^eöiav d. i. 'im saale des Zeus') •).
An manchen stellen wird die im inf. geforderte handlung
durch beigefügte zeitadverbia ausdrücklich in die zukunft ge-
rückt: durch IWra, wobei die zunächst vorzunehmende hand-
lung theils vorangeht: V 245 — 248 [ausdrücklich mit vvv be-
zeichnet X ^^ — 43^9 ^0 xad^aiQeiv aber wahrscheinlich im-
1) Die beispiele gehören bis auf eins nur der Odyssee an. An der
spitze des parataktischen nachsatzes steht <f^ tot* inura m 629 ff., auf-
forderndes dXXd fji 89 ff. 101—109. 121—124. (p 232 ff., ein persönliches
pronomen als subjekt des inf. mit ^i B 73—75. <f 417—19. l 248—50.
n 288-85 und 295, nur ^i y 825—27, asyndetisch V 362—865. Dem
faturischen satze sind Ortsbeschreibungen oder undere angaben ange-
schlossen, welche an der spitze des nachsatzes mit looalem %v^ aufge-
nommen werden: C 291—95. v 407—11, ähnlich % 512—521. A 69—78,
auch C 304-10.
2) Hierher würde auch B 806 gehören, wenn mit Düntzer nach
dem vorschlage von Heyne an stelle des handschriftUoh überlieferten
iStiyi£a&ai zu schreiben wäre iSny^^^* 'du führe jene (die Troer)'.
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Der imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 109
perat. inf. 3. person ist], theils nachfolgt, mit vvv di T 147 f.
X 250 f., ohne yerhum mit tji %al ttvrlwx vvv 'F 551f., einmal
durch devT€QOv avve nach vvv V 602 — 605; durch rjcj&ev nach
Yorhergehendem imperativ q 599 f. t 317 — 320, offi' ^oi q^i.-
vofiivriq>iv t] 222 (nach Aristarchs lesart örfvveo&ai^ Zenodot:
oxqvvw^B). Vgl. auch / 705—9.
Als futurisch erweist sich der imperat. inf. auch ohne tem-
porales adverb, wenn zwei au£Porderungen einander folgen, von
denen die erste im imperativ, die zweite im infinitiv steht. Der
vorangestellte imperativ enthält mehrfach die bezeichnung eines
Ortswechsels: A 322 f. eQxead'ov yiliairiv Ilfjlrjiddeu} ^AxtXrjog'
XBiQog kXovT dye^ev Bqiafjlda. JB 8flf. ßdaii l&i — d-odg ini
vijag *^%aiSrv' iJL&(ov ig xXiairjv li4yafiifivovog — dyoqevifiev,
O 158 f. 1). Anschluss des inf. mit di J 701 y 17—19 vgl.
323 — 327. Selten wird bei imperat. inf. der Ortswechsel durch
das participium eines verbums der bewegung bezeichnet, wie
P 691 f. dXXd av y aly/ ^A%iXi^i. d'iwv Inl vijag ^AxanSv si-
neiv und o 543 f., oder durch eine locale bestimmung beim
verbum angedeutet, wie T 194 dtjga iiirjg naga vrjog evsi-
xi^ev. Ein zwischen beiden handlungen liegender Ortswechsel
ist nicht bezeichnet o 151 f. xalgsrovy (o tlovqu)' xal Niaxoqi
noifiivi ladfv elrcelv, wo x^^Q^^^ zu ergänzen ist, 'auch
Nestor sagt meinen gruss' (wenn ihr zu ihm gekommen seid).
Ebenso O 229 f. dlXcc avy h x^/^eaat Id^ aiylda &vaa^
voBoaav* r^v fidÜ imaaelünf q>oßhiv 'Axatoig* Apollo soll so-
gleich (noch auf dem Ida, wo er mit Zeus sich befindet) die
aegis ergreifen und, wenn er auf das Schlachtfeld gekommen,
sie schwingen. — Es kommt noch ein beispiel in betracht, in
welchem die lesart nicht feststeht: J!^ 140 ff. v^Big fiiv vvv övTe
d'aXaaafjg svqia noXrtov otpo^eval %e yiqovSf aXiov — xai ol
1) Nooh würde hieher gehören A 611 dkX' f^» — Niaro^* fQito,
wenn die anstössige form igito mit v. Leenwen-Mendes da Costa doroh
i(fiaSa$ oder mit Brandreth durch iqiad'ai zu ersetzen wäre. — Be-
merkenswerth ist auch die zu iV465 alV Imv, lAXxad'op inafivvofjiiv im
Yind. 5 sich findende Variante inafiwifiw^ far welohe spricht, dass im
folgenden der von Deiphobos hier aufgeforderte Aineias allein gegen
Idomeneus, der Alkathoos erlegt hat, vorgeht und v. 490 Deiphobos zu
hülfe raft. Aristarch wird den inf. verworfen haben, weil an In^
'komm mit' sich nie ein imperativ oder inf. sohliesst, sondern entweder
ein adhortativer ooig. oder ein absiohtssatz.
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110 C. Hentze
noYi dyogevaaiy wo die handschriften ayogevactv geben, wäh-
rend Zenodot ayogevaat las, worüber Didymos bemerkt: mat
vftoq>aiv€i to ^OtatjQiKOv i'd'og: Lud wich Ar. H. T. I p. 429.
Gleichwohl sind nur Bekker, Nauck und Fick Zenodot gefolgt.
Nun stossen wir aber auf eine reihe von beispielen, in
welchen der Wechsel von imperativ und infinitiv nicht ohne
weiteres verständlich ist, theils weil die bezeichneten hand-
lungen ohne Ortswechsel in unmittelbarer folge einander auf-
nehmen oder weil sie von der betrachteten reihe sonst in auf-
fallender weise abweichen. Zunächst zwei beispiele, in welchen
dem imperativ eines verbums der bewegung nicht der imperat
inf. folgt, sondern zunächst ein zweiter imperativ und dann erst
der infinitiv: Z 209 S. dXkä av fiiev Ttqog vrjov ^A&Tjvairjg —
e^eo — TiinXov de — tov ^ig ^Ad^votirjg irtl yovvaaiv — xcu
Ol vTroaxio&ai . ., wo man d'elvai an stelle von tov d-ig er-
warten sollte, umsomehr, als in der vorläge v. 92 ^eivai steht,
und X 402 ff. sqx^o vvv irti vrja ^cwjy — v^a ^ev oq Tcdfifcgah-
Tov iqvaaccsB i^jceiQOvöej XTfjfiaTa <f iv artijeaav freldaactfe —
avjog d' Stp ievai xat ayeiv iQirjQag etaigovg ^). Hier ist aber
in bezug auf den anschluss eines zweiten imperativs an den
imperativ eines verbums der bewegung sofort festzustellen, dass
dieses der regelmässige gebrauch ist, dem gegenüber die wenigen
beispiele, in welchen an stelle des zweiten imperativs der im-
perativ, inf. folgt, nur als ausnahmen erscheinen. Und zwar
schliesst sich einem sqx^o oder t^t ein zweiter imperativ nicht
nur dann an, wenn jene ohne Ortsangabe wie eine art verschlag
diesem vorausgeschickt sind, so dass sie sich der bedeutung
einer aufforderungspartikel nähern, sondern auch da, wo in-
folge der hinzugefügten Ortsbestimmungen die Vorstellung ge-
geben ist, dass eine längere oder kürzere zeit verlaufen wird,
ehe die zweite handlung ausgeführt werden kann *). Diese
1) Wäre die von Eirchhoff d. hom. Od. p. 219 and Fick über
y. 408 f. aasgesproohene athetese begründet und schriebe man nach
aasBcheidang dieser beiden verse statt avrog 406, sei es mit Eirchhoff
xit&iVf sei es mit Fick av^ig, so wäre das yerhältniss von tt^x^o nnd
iivai das gleiche, wie in den oben angefahrten beispielen.
2) Ich gebe eine vollständige Übersicht des gebraaohs. Nach i^x^o
(iQX^ff^-t) folgt ein zweiter imperativ : asyndetisoh M 843. x 820. 402 f.
n 180 f. Q 508. 629. 544, mit Si Z269f. r 28 ff. ff 814 ff. {fierigx^o
Z 86), mit xal 1 649. O 54; nach IIH mit xat Sl \Vli. a 284, nach
üatk^i mit utai Z 864; ll^^t mit H oi 214 f., nach f^» asyndetisch B
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Der Imperativische infinitiv in den homerischen gewichten. 1 1 1
beobachtang, sowie die andere, dass auch da, wo ein Orts-
wechsel durch das participium eines yerbums der bewegung
mit oder ohne Ortsangabe angezeigt ist, der imperativ, und
nicht der infinitiv, regelmässig gebraucht wird (nur zwei aus-
nahmen sind p. 109 bemerkt), ergiebt, dass der Ortswechsel,
durch den die zweite handlung in die zuknnft gerückt wird,
jedenfalls für die wähl der imperativischen form nicht das ent-
scheidende oder wenigstens nicht das allein entscheidende mo-
ment ist. In den beiden in frage stehenden beispielen sind
also die beiden zunächst vorzunehmenden handlungen als eng
zusammengehörig in derselben form des Imperativs gefordert,
die weiter hinzukommende aber durch eine andere form davon
gesondert. Dafür wird in x 402 ff. massgebend gewesen sein,
dass die rückkehr des Odysseus erst nach abschluss der vor-
hergehenden handlung (der bergung des Schiffes und der guter)
eintritt, wofür die beispiele JT 451 — 454 und <D 531 — ^535 zu
vergleichen sind, in denen vor dem imperat. inf. durch einen
fiiturischen temporalsatz ausdrücklich der abschluss eines bei
dem vorhergehenden imperativ bezeichneten Vorgangs angezeigt
wird. Dagegen ist in Z 269 ff. kein grund ersichtlich, weshalb
die unmittelbar zusammengehörigen handlungen der weihung
des gewandes und der zusage eines opfers durch verschiedene
imperativformen bezeichnet sind; man möchte vermuthen, dass
für die wähl des inf. die vorläge Z 93 bestimmend gewesen,
obwohl diese vorläge in v. 273 (ß^iq statt ^üvai 92) verlassen
ist. Aber auch sonst ist der Wechsel von imperativ und infini-
tiv nicht überall verständlich. In r 4ö8f. freilich, wo die
handschriften mit Aristarch geben: Ipiüq S ^Afffdriv ^EUvrjy
xai XTijfia&* Sfi ocv%^ «xdor«, %ai Tifi^v drcoTivi^w (Zenodot:
dftorlvevov irrig als pluralform gefasst), können Ahrens und
la Roche (Hom. unters. II p. 74) recht haben mit der ver-
168 ff. 179 ff. X 157 f. r482. K BS. 175 f. A 611. T347f., mit xai
V 646. tf 171 ; nach ßaax t^i asyndetisch 9 3d9. ui 186. n. 144 f., mit
xai tLVLch ü 886 f., nach Hi'ri mit ^i ß 189. — Ein Ortswechsel wird
beim imperativ durch das participium eines verbums der bewegung mit
oder ohne Ortsangabe angezeigt: durch Itav u< 179 f. Z490f. = a 856 f.
» 9 850 f. / 421 f. 2 198. Si 704. ß 178. 288 f. ^ 142. ^ 184. a 408;
durch xUav N 294; durch iXd'niv A 394. ^ 88 f., l^tX^ovre {reg) <p 90.
X 875, €iaeX&<av Sl 465 f. ; avaßäaa <f 751 f. V^ 864 f. d^imf x 106; naq^-
Cofuvos V 884; <p^^anf ^ 845, aytop A 828 ff.
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112 C. Hentze
muthung, dass die arsprüngliche lesart aTtorlvere wegen des
Hiats korrigiert sei, (y. Leeuwen-Mendes da Costa haben so ge-
schrieben). In a 162 f. ferner: dXl* aye dovQata fAOKQa TOfiwy
dqfjLotfiO xaX%^ evQBiav axadirpf orap X%qia ftij^ai ift' cpivrjg
ist die erklärung Wagners (p. 23), welcher Ttij^ai als imperat.
inf. aor. I act fasst, *weil die befestigung der XxQia erst ge-
schehen konnte, wenn das floss im übrigen fertig war' annehm-
bar (indess bleibt auch die möglichkeit die form als imperat.
aor. I med. zu fassen; einige handschr. bieten 7tfj§oy). Diese
erklärung ist aber nicht anwendbar auf das beispiel X 339 ff.
f4f] fie Icr TtaQa vrjvat xvvag ytataddtpai li4xai(3vy aXla av fiiv
Xahcov TB alig x^vaoV ze dide^o dwQo, rd tol dwaovai Ttarrg
%al TvÖTvia ^i]Tf]Q, GWfia de oXxai^ ifiov öd^evai Ttdhv. Denn
empfang (oder annähme?) des lösegeldes und ausliefernng der
leiche sind zwei so unmittelbar zusammengehörige handlungen,
dass ein Wechsel der imperativformen zu dem zweck, genau zu
bezeichnen, dass die zweite erst nach abschluss der ersten er-
folgen solle, durchaus nicht zu erwarten ist. Dazu kommt das
andere bedenken, dass beide handlungen der zukunft ange-
hören und zur Voraussetzung haben, dass die leiche in das
lager gebracht und ein lösegeld angeboten ist, daher nicht
diSe^o, sondern di%Ba&ai zu erwarten wäre i). Aber diese Vor-
aussetzung gilt auch schon für die erste bitte in 339, wo sie
auch in der Ortsbestimmung na^ vrjvoi deutlich enthalten und
trotzdem nicht der futur. inf. fiij ^e iäaai^y sondern der impe-
rativ fit] fie ea gesetzt ist. Hier bietet sich nun ein neuer ge-
sichtspunkt, von dem aus eine reihe von beispielen zu beur-
theilen sind, in welchen handlungen, welche unter der Voraus-
setzung, dass eine andere vorhergegangen ist, erst in der Zu-
kunft zu vollziehen sind, doch nicht im infinitiv, sondern im
imperativ gefordert werden. Der grund ist hier, dass Hektor
die von Achill 335 f. ausgesprochene absieht seine leiche hunden
und vögeln preiszugeben abwehrt: fxiq (äb ka ist dem sinne
nach : gieb die absieht auf, und dem entsprechend ist auch bei
1) ^ix^ifd'M bietet die handschr. H. (Yindob. 117) bei la Roche
statt ^i^t^o und darin vermathet Delbrück Vergl. synt. II p. 191 die ur-
sprüngliche lesart, aber deshalb, wie es scheint, weil er für das perf.
ßi^iyfiai nur die bedeatnngen 'standhalten' and 'warten auf anerkennt.
Aber MiyfAipo^ A 124 wird doch nur heissen können 'empfangen
habend'.
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Der imperatiTische infinitiy in den homerischen gedichten. 113
dem positiven gegensatz dXla — didßSo nicht daran gedacht,
dass die ausfdhrung der handlang der znknnft angehört, son-
dern die bitte geht auf eine yon Achill augenblicklich abzu-
gebende erklärung, dass er das in aussieht gestellte lösegeld
annehmen werde. Ein weiteres schlagendes beispiel für diesen
gebrauch des imperativs ist Si 137 aüJt' ay$ ä^ Ivaov^ vwqoIo
de di^ai arroiva^ wo es sich ebenfalls nicht um die sofortige
lösung der leiche handelt, sondern um den entschluss Achills
seine bisherige ablehnende haltung aufzugeben und eine dem
entsprechende erklärung. Aehnlich JT 451 Suaow vgl. 458 fil
Yon hieraus sind nun auch die beispiele zu verstehen, in denen
eine der geforderten handlung vorhergehende ausdrücklich im
part. aor. bezeichnet ist und doch nicht, wie in den p. 108
verzeichneten beispielen, der imperat. inf., sondern der impe-
rativ zum ausdruck der forderung gewählt ist In drei bei-
spielen spricht der redende im imperativ seine Zustimmung aus
zu einem vom angeredeten soeben ausgesprochenen anerbieten
oder entschluss, verknüpft damit aber die forderung, dass er
vor der in absieht genommenen handlung eine andere vollziehe,
die er im partic. aor. entweder dem imperativ folgen lässt:
Q 599 av ^ Siixeo deielujoag vgl. 593: 'gehe, aber vespere zu-
vor', und o 171 ff. vgl. 164 f., oder vorausschickt: T 34ff.
dXJia dt;/ elg dyoQf^v ycaXiaag fJQOHxg ^Axaiovg^ ^rfviv anounw
— €u\pa lAdÜ ig ncXaiAov d'iaqifsa^o — ^rüste dich, aber berufe
zuvor' vgl. 23. (Vgl. auch % 106 mit 101). Nehmen wir dazu
ft 150 diXd av / dyyellag OTtiom xie 'sobald du die meidung
gemacht (im palast der Penelope), kehre zurück' (von der Stadt
auf das gehöft), wo die aufforderung im gegensatz zu einem
anerbieten des Eumaios (137) ausgesprochen wird, so ergiebt
sich, dass im imperativ der wille des redenden mit bezug auf
den ausgesprochenen willen des andern entschiedener zum aus-
druck kommt, ohne rücksicht auf das temporale verhältniss der
geforderten handlung zur gegenwart des redenden, wogegen
dieses bei der wähl des imperat. inf. vorzugsweise in betracht
gezogen wird. In 7t 150 ff. folgen dem imperativ sofort imperat
infinitive mit rücksicht darauf, dass die handlungen erst voll-
zogen werden können, nachdem Eumaios vom gehöfte sich in
die Stadt begeben hat
In dem eben besprochenen beispiel befremdet freilich der
rasche Wechsel der Imperativformen, weil der positiven aufforde-
BMtrtge s. kttnd« d. indg. spnehMi. XXVU. 8
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114 G. Hentze
rung zunächst eine negative ansfuhrung folgt, die doch dieselbe
ausdrucksform zu verlangen scheint: oftiata yUe, fitidi xar
ayQOVQ nXa^eO'^ai fier ixeivov. Von dieser erscheinung finden
sich noch folgende beispiele: E 605 dXla TtQog TQwag nstQu^-
fiivoi aUv oniaoio uy^b^ firjdi d^eolg ^eveaivefiev lq>i fiaxea&ai
(wo nach Bentleys verschlag Christ und v. Leeuwen-M. vregen
des digammatischen anlauts von lq>i schreiben fiereaivßte)^
a 105 ivwav'^oi vvv tjoo avag re %vyag % dueQvyuaPy fiifjdi
ov ye ^Bivwv nat 7ct<axd)v xoiQovog elvai. IvyQog iwv. In nicht
so enger Verbindung mit dem imperativ steht der inf. mit iirfie
Q 277 el d* i&ileigj irtL^uvov^ iym d* el^i TtQOTtdQOi^sv' iirfii
ov drj&vveiv. Nach dem gedankenverhältniss beider glieder ge-
hört hieher auch K 235 £f., wo im ersten gliede der imperativ
durch das futurum vertreten wird. Wagner p. 24 misst den
mit ^f]di eingeführten infinitiven ein grösseres gewicht bei, als
den imperativen, und erkennt in E 606 und a 106 in denselben
für alle zukunft geltende verböte bezw. Warnungen. Diese auf-
fassung ist aber den übrigen beispielen gegenüber nicht haltbar.
Wirklich futurisch im verhältniss zu der im imperativ sofort
geforderten handlung ist die mit ^tidi im inf. bezeichnete nur
a 105 f. und q 277 f. (wenn ich hineingegangen bin), und
nur an der ersteren stelle geht die geltung der warnung über
die nächste zukunft hinaus. An den drei andern stellen da-
gegen bildet der infinitiv mit firjdi die negative ausführung zu
dem vorhergehenden positiven imperativ. Ich weiss damit nur
beispiele zu vergleichen, wo einem positiven imperativ ein mit
fitjdi angeschlossener optativ folgt, wie F 159 f. 406 f.: der
positiven aufforderung gegenüber mochte die abgelehnte mög«
Uchkeit dem Sprachgefühl in eine gewisse ferne gerückt er-
scheinen, für welche dort der optativ des Wunsches oder der
Vorstellung, hier der infinitiv die passende ausdrucksform schien.
Dasselbe verhältniss zwischen imperativ und negiertem inf. würde
bestehen in B 163—165 und 179—181, wenn Naucks vei>
muthung ^rjö^ idav statt der Überlieferung firjöi sa die ur-
sprüngliche lesart herstellte, vgl. aber Ameis-Hentze Anhang
zur Dias 1 « p. 120.
Die umgekehrte folge der geforderten handlungen, der art,
dass die später auszuführende im inf. vorangestellt, die früher
zu vollziehende nachgebracht wird, zeigen folgende beispiele:
l 248 £P. TtsQiftloftivov cT hiaviov ti^aig dylad tixva — cv
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Der imperatiYische infinitiy in den homerischen gedichten. 115
de Tovg nofiieiv dvallifievai te. vvv d* l(jx«t; ^^ dw^jux tuxI
lax^o. In K 65 ff. hat ov^t fUveiv zur voraassetzungy dass
Menelaos vorher Idomenens und Aias gerufen hat und mit
ihnen zu den wachen gegangen ist; das q^d-iyyeo aber soll er
vorher, auf dem wege zu den genannten, ausführen. In O 231 ff.
ist der zuerst auszuführende auftrage äbereinstimmend mit
y. 221, iyuQBy nach welchem der vorher im inf. ertheilte (90-
ßiuv) ausgeführt wird. Vgl. indess Hentze Anhang zur H. 5*
p. 103 f.
Aufiiallend erscheint wieder der Wechsel der Imperativ-
formen, wenn ein im imperativ, inf. ertheilter auftrag durch
einen asyndetisch angeschlossenen imperativ ausgeführt wird:
B 8 — 11 ßdo% Xd-i — nay%a fuiX^ d%Q€x4u}g dyoQSvifuy^ dg
iTtvfiUM' »wQtj^aL e xiXwe . . . Aehnlich O 158—160. Ohne
zweifei war für die wähl des imperativ, inf. dyoQsvifiw das
temporale verhältniss dieser handlung zu dem vorhergehenden
imperativ ßdox i^i bestimmend, dieses trat dann aber in den
gedanken des redenden zurück, weil durch (og htizilkia wie
O 159 durch ndrta tdde der worÜaut der auszurichtenden
botschaft angekündigt wird, den er jetzt vernehmen soll An-
derer art ist 6 342 ff., wo der imperativ, inf. dkld fidX cJd*
sQ^ai eine reihe von rathschlägen zusammenfassend einleitet,
die sich nicht nur auf die gegenwart, sondern zum theil auch
auf die Zukunft beziehen, während der gleichen einleitenden
formel ^ 258 ff nur anweisungen für die zukunft folgen.
Die fnturische bedeutung des imperat inf. ist überhaupt
und insbesondere in seinem verhältniss zum imperativ durch
ein reiches material zweifellos festgestellt; die nicht sehr zahl-
reichen beispiele, welche an stelle des zu erwartenden inf. den
imperativ zeigten, liessen sich meist befriedigend erklären. Es
sind nun einige stellen zu besprechen, in welchen eine futuri-
sche bedeutung des imperat. Infinitivs nicht annehmbar ist
Wagner macht für die erklärung dieser beispiele zum theil
von seiner annähme gebrauch, dass dem inf. in einzelvor-
Bchriften bei geringerer deutlichkeit der futurischen beziehung
eine grössere Intensität und ein gewichtvollerer Charakter eigen
sei, als dem imperativ. Allein die für diese annähme geltend
gemachten gründe: das grössere gewicht, das ihm schon die
längere form verleihe, und namentlich die beobachtung, dass
besonders gern göttliche wesen zu sterblichen in imperativ.
8*
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116 C. Öentze
infinitiven sprecheo, haben geringes gewicht. Der weitere ge-
sichtskreis, in dem sich der imperativ, inf. bewegt, und die
abhängigkeit der zukünftigen handlang yon yoraassetzungen
verträgt sich nicht wohl mit der annähme einer grösseren in*
tensität der bedeutung. Erscheinungen, wie der mit /j.^qdi ein-
geführte imperat. inf. nach vorhergehendem imperativ, begün-
stigen dieselbe auch nicht, vgl. p. 114.
Von einer sofort auszuführenden handlung steht der imperat.
inf. an folgenden stellen: 1) J 6ii av de Sviaaov ^j^dt/vaij]
inireiXai . . ,, vgl. 68 f. 2) auch in ui 20, wo man nach
Wolf jetzt gewöhnlich liest : näida (f ifiol Xvaal %e q>ihjy %a
%* anoiva dixeadai, richtet sich die bitte des Chryses auf die
sofortige losgabe der tochter — er hat das lösegeld bereits zur
stelle gebracht — , der gedanke an eine längere Zwischenzeit,
welche bis zur wirklichen lösung verlaufe, liegt ganz fem. 3)
a 346 TTJ Si^ rode xQi^defivov vnb axiqfifOio %onfvaaai. Vorher-
gehen imperative: 343, etiÄora toCt änoöbg cxeSifjv aviiioiai
(pigead'av näKUne xtI. von sofort auszuführenden handlungen,
und das ablegen der kleider und anlegen des Schleiers folgen
so unmittelbar aufeinander (vgl. 373 avviTca)^ dass die Unter-
scheidung eines früher und später durch verschiedene impera-
tivformen unwahrscheinlich ist. — In diesen drei beispielen
lässt sich der Infinitiv allerdings leicht beseitigen. In no. 1
giebt Apollon. de synt. 78, 14 mit iTvUulai vielleicht die ur-
sprüngliche Schreibung. In no. 2 kann mit la Roche, Leaf»
Rzach der am besten (in ^ beglaubigte optativ kvaaiTe her-
gestellt werden, der als ausdruck einer bitte der stelle auch
wohl angemessen ist Liest man dann aber weiter mit AD ra
S* artoiva (vd v ist konjektur) dix^a^^ai, so ist auch hier der
futur. imperativ au&Uend, weil der emp&ng des bereit liegen-
den lösegeldes ein mit der rückgabe der Chryseis eng verbun-
dener akt ist. Keine analogie bietet X 340 ff. vgl. p. 112, es
bleibt nur Z 273 f. zu vergleichen mit dem eben&lls nicht
recht erklärlichen Wechsel von imperativ und inf. Sonst müsste
man sich für die von C gebotene lesart dixaa^e entscheiden.
In no. 3 aber wird sich empfehlen den in einigen handschr.
gegebenen imper. aor. I med. Tawaoai in den text zu setzen,
dem auch la Roche zuneigt, freilich nur wegen der medialen
form. Nach dem Imperativischen vi} folgt sonst überall der
imperativ. — 4) In dem heroldsruf ^ 11 £ öbvv aye, 0aiipua¥
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Der imperativische Infinitiv in den homerischen gedichten. 117
^yiJTOQeg ijdi fiidopregy slg dyo^ livai ist der imperat inf.
nach dsvre abweichend von dem regelmässigen gebrauch, der
sonst nach dsvQOy devze nur den imperativ kennt Möglich^
wenn auch nicht sehr wahrscheinlich, ist, dass devt Uvai nach
analogie von Wendungen, wie of^eo — nohvif «/i«y ^ 255)
zusammengestellt und Uvai, inf. des zwecks wäre. — b* A 682 f.
alka avfov / iizhaai xa&aTtrw&ai fialcmdiaiV ceitlx Mjtud^
iXaog ^OXvfiTCiog aaaevai fjfiiv — i)« Ist die in der anmerkung
gegebene auffiassung der stelle begründet, so enthält sie ein
nicht zu beseitigendes beispiel dafür, dass der imperativische
inf. von einer sofort auszuführenden handlung gebraucht ist.
Keinem zweifei dagegen unterliegt die futurische bedeutung
des imperat inf. in folgenden beispielen: T 147 f. da^o fihy
ai X id'iXya&a^ 7toLqaa%i^BV — i; % ^e^w rtaqa aoL vvp di
fiyriawfied'a %aqiiirjq ahffa fiola: Achill weist Agamemnons aner-
bieten, sofort die geschenke holen zu lassen, schroff zurück.
Voraussetzung für den imperat inf. ist die beendigung des
kampfes, wie der folgende gegensatz vw di zeigt. Vgl. auch
p. 114f. — %!> 364 f. Big vfCBUtp avaßSaa — ^ad'aiy fitjöi tiva
TtQOTiSaaeo firj^ igieivs: dass hier nach dem formelverse 364
statt des Imperativs (d 752. q 50) der imperat. inf. folgt, er-
klärt sich daraus, dass Penelope, als Odysseus sie auffordert,
nicht, wie dort, im frauengemach oder im männersaal sich be-
findet, sondern im ehegemach im hinteren hofe, und zwar noch
im bette, also erst aufstehn, sich ankleiden und in das haus
gehen muss, ehe sie zum obergemach hinaufsteigen kann. Ganz
1) Wagner p. 24 nimmt an, dass der von Hephaistos seiner matter
ertheilte rath nicht nur för den vorliegenden, sondern auch för alle za-
künfügen Wie gelte. Aber es gilt doch nur ein entweder — oder. Die
fallsetznng 580 f. elneq yAq x id^ili^inf X)Xvfintoe daxiqonrftrg H iiiwf
OTvipeXC^ai kann unmöglicli allgemein gefasst werden, sondern ist nur
als unmittelbar drohende möglichkeit, die nach 678 f. und 587 f. vgl.
mit 566 f. nicht so fem liegt, an der steUe. avn 578 aber ist nicht:
'wieder einmal in znkunft, wie jetzt', denn zum ^alra ragäoanv and
OTwpiX^M ist es noch nicht gekommen, sondern 'wieder, wie schon
früher', er denkt an 590 ff. Um der jetzt drohenden möglichkeit einer
wiederholong vorzabeagen, soll Here Zeas mit freundlichen werten
nahen, nicht bloss, wie bisher (569), sich stumm dem willen des Zeus
beugen. Mit dieser mahnung kehrt Hephaistos zurück zu den worteu
577 f^ijr^l 6* iyu naQatprifA^ xt(.
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118 C. Hentze
unbegreiflich aber sind dann die folgenden imperative ^). — In
fi 56 ff. ¥y'd'a TOI omir erveita ditp^&ciwg ayoQevoto, dftnoriqti
dij TOI 6 dbg eaaeracj akla xal avTog Svfii^ ßovXevsiv' eqifo di
TOI afiq>OT€Q€od'ey^ ist für den imperat. inf. voraussetzang : wenn
ich dir beide wege beschrieben habe.
Den gebrauch des imperat. inf. in Vorschriften, die für
alle Zukunft und alle fälle gültig sind, bezeichnet Wagner
p. 25 als selten. Er führt p. 12 zunächst nur die vier beispiele
an: / 255 ff. ^ 788 f. A 441 ff. % 287 ff., es werden aber im
weiteren verlauf der Untersuchung in gleichem sinne noch sechs
beispiele erklärt: u4 582. ß 305. a 106. tjj 355 f., als allge-
meiner oder für eine längere dauer geltend E 606 und P 501.
Von diesen beispielen ist A 582 nach der oben gegebenen er-
klärung auszuscheiden. Allgemeine Vorschriften für die Zukunft
enthalten die beispiele: t// 355 ff. xTi^fictra fiivy to fioi &m,
xofii^efisv h fieyaQOiaiv ^) und ß 305; nahe stehen E 606 und
P 501y welche Vorschriften für die dauer des bevorstehenden
kampfes geben, und a 106. Es sind diesem gebrauch aber
noch folgende beispiele zuzuweisen, in denen Wagner die wähl
des imperat. inf. zum theil aus der vermeintlich intensiveren
kraft dieser form erklärt. An E 606 und P 501 reihen sich
an E 124 d'CtQoäv vvv^ Jidfiijösg, ini Tqdeaot fidxso&ai und
O 347 vrjvaiv eTtiaaevea&cu ^ iSv ^ Syccga ßgoToevra '). Eine
mahnung für alle zukunft enthält W 605 devTsgov ccvt aXia-
adixi afieivovag tjftSQOTtevetv^ Vorschriften für eine längere dauer,
nach vorausgegangenem Ortswechsel v 307 ff. 411. o 33f. xff 365 f.
1) Die vene geben auch sonst begründeten anstoss und sind von
Autenrieth in Ameis anhang zur Od. 4' p. 96 und von v. Leeuwen-
Mendes da Costa verworfen.
2) Wagner p. 20 bringt die Vorschrift an Penelope in nicht annehm-
baren Zusammenhang mit dem folgenden, wenn er erklärt: 'die obhut
der besitzthümer soll Penelope — erst dann und jedesmal dann über-
nehmen, wenn Od. auf einem raubzuge abwesend sein wird'. — Ver-
kennung der bedeutung des imperat. inf. Hess Autenrieth im anhange
zu Ameis Od. 4* p. 96 einen unbegründeten widersprach zwischen
*o(juÜ(iiv und 864 f. finden.
8) Die von Leaf aufgestellte und von v. Leeuwen-M. in den tezt
gesetzte yermuthung inurafv€a&* {e), ideiv würde einen nicht yerständ-
lichen Wechsel der imperativformen ergeben. — Fiok lässt die infinitive
von ixixXero 846 abhängen und erst mit 348 die direkte rede beginnen,
wofür J 802 f. und ^ 864 f. verglichen werden können.
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Der imperativische Infinitiv in den homerischen gedichten._119
und a 267 £f. (ftir die ganze dauer der abwesenheit des Odys-
sens), mit bestimmter angäbe des endpunktes durch aig S x«
mit conj. o 542 f., des anfangspunktes Y 337 f. So ergeben
sich im ganzen 19 beispiele von yorschriften allgemeiner gel-
tung (H. 8, Od. 11), wovon aber für die zukunfb überhaupt
nur die sieben gelten: /255f. u^788f. ¥^605. ß 30b. A 441 ff.
X 287 ff. }p 356 ff.
Nach feststellung der futurischen bedeutung des imperat.
inf. lässt sich nun auch für einige beispiele, in welchen die
aufiassung des inf. streitig war, eine sichere entscheidung ge-
winnen. So ergiebt sich für J 404 L^TQstdfjy fi^ \f)Bvdi ifti-
ardfievog aaqm eirteiv als einzig richtige Verbindung ju^ ^evdeoy
iftia^r, a. altt,^ und ist die andere ^ui} ^eidea elTceiv, irt. od<pa
(Faesi-Franke) unhaltbar. Ebenso findet die von mir im an-
hange zu Ameis Od. 3^ p. 67 f. näher begründete Zurück-
weisung der von Aristarch und Nicanor vertretenen imperativi-
schen auffiassung der nach u ^ i&eUig folgenden infinitive in
Z 150. Y 213. 0 487. o 80 jetzt eine sichere bestätigung.
Denn der imperat. inf. findet sich nur nach futurischen be-
dingungssätzen , nach ei mit ind. dagegen steht der imperativ,
insbesondere nach el d* i&ileig T 142. 7t 82. q 277. Andrer-
seits müssen jetzt die von Gauer durch veränderte interpunktion
<y 61 f. $€lv, fil' a OTQvvsL ugaditj xai dv/wg dyijvwQ^ zovrov
dXe^aad-ai und (nach Doederlein und Bergk) % 231 f. ntüg d^
vvv — avta fivrjatiJQwv oloqwQeai; alxifiog elvai^l neu einge-
führten imperat infinitive als dem homerischen gebrauch wider-
sprechend zurückgewiesen werden, weil eine sofort zu voll-
ziehende handlung in frage steht. Dagegen ist als futurisch
gerechtfertigt der imperat. inf., der durch die von G. W. Nauck
vorgeschlagene und im anhang zu Ameis Od. 2' p. 130 be-
gründete Veränderung der üblichen interpunktion hergestellt
wird fi. 49 f. draQ avTÖg dxovi/dsvy ai % id'iXrjad'a* drjadw(av ....
Als futurische imperative sind auch unter veränderter inter-
punktion in T 4 ff. TrjXefiaxe, XQV ^^X^' d^ijia xard^e/iev avato
Ttdwa fidX'' ovroQ /AvrjOT^Qag — fcaQq>da9'ai^ ove xiv ae fie-
taXXwaiv^ und in yj 78 f. avtctQ iywv eiiid^ev jteQiduaofiaL av-
trig' ai nev a' l^aTtaqxa^ xtelval ^6 . . . die inf. 7taQq>dad'ai
(dies gilt für Telemach allein, xaT&ifiev auch für Odysseus)
und KTäivai an ihrer stelle.
Wir haben nun noch die scheinbaren oder wirklichen
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120 C. Hentze
übergriffe des imperativs in das gebiet des imperativischeii inf.
zu verfolgen. Nach oder vor futurischen temporal- oder kon-
ditionalsätzen findet sich der imperativ in folgenden stellen:
y 45f. ccvTOQ enel OTtelcfjg ts xal ^^mi — , dog xal zavr^
efteita dinag-, die unmittelbare folge der handlungen ^so
(43) und d6g wird die wähl der gleichen ausdrucksformen ver-
anlasst haben. In B 236 f. noifitjadv fiov Zijvog — oaae — ,
ovriTL irtel tmv iyw ftagali^ofiav ... ist die wähl des Impera-
tivs durch den vorhergehenden xal vvv nei^ev bestimmt, für
den er die ausfiihrung giebt. — In ^^ 202 ff. oq>Q^ av fih xew
ÖQ^g — , T6q)Q VTtoBixe fiax^Qi ^^'^ d* aXXov Xaov aywx^i ßaq-
vaa^ai bezeichnet der imperativ VTcdeixe (halte dich fem, wie
bisher, vgl. 163. 198) eine fortzusetzende, avta%9i eine sofort
zu beginnende handlung. Vgl. H 193 f. ö 374£ Z 112 f. —
In B 33 f. wird der temporalsatz mit €vx av im conj. nur zu
dem zweiten imperativ (3. person) gehören, nicht zu ^e. — In
n 445 f. und T 401 f. gehört der fut. konditional- bezw. tem-
poralsatz zu den von (fqäCfio (tpQaKlßad-B) abhängigen infini-
tiven.
Der futurische bedingende relativsatz A 549 ov di % iyw
aTtavBv&B &B&V id-ilco/dt vorjoat ist ohne einfluss auf die aus-
drucksform der folgenden aufforderung pn^ ti av %av%a huaoxa
duiQBo geblieben, weil Zeus den eigentUchen nachsatz: so sollst
auch du diesen gedanken nicht vernehmen, überspringt und zu
dem vorliegenden fall zurückkehrend jede frage zurückweist.
In O 109 %iff ^«t', tkxi, %ev vfifii xaxov TtifiTtyaiy htaarfiß da-
gegen steht der imperativ von der nächsten zukunfb (solange
Zeus vom Ida aus die schlacht leitet) und mit bezug darauf,
dass Ares schon jetzt von leid betroffen ist (110).
/U17 Ttflv mit imperativ O 340 fiijdi tvqIv dftonavB teop
fiivog^ alX* hnox av d^ q>d'ey^OfÄ iytav idxovaa^ tot« axelp
andfiovov TtvQ erklärt sich daraus, dass fünf imperative voraus-
gehen und das adv. tcqIv nicht, wie 11 839. 0 294, eine aus-
fuhrung mit TtQiv und inf. vorbereitet, sondern nur unbestimmt
andeutet, dass vor dem anoTtav^tv etwas anderes eintreten
müsse, wie 2 134. T 306 ff. ; sobald dies in einem futur. tem-
poralsatz bestimmt ausgeführt ist, folgt im nachsatz der im-
perat inf. Von den beispielen mit imperativ, in welchen dem
Vollzug der geforderten handlung eine andere im partic. aor.
bezeichnete vorau%ehen soll, ist eine besondere klapse schon
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Der Imperativische infiDitiy in den homerischen gedichten. 121
p. 113 besprochen, d 750 ff. und ^ 48ff. p. 117. Vereinzelt
steht c^i N 235 (alX' ays vevxsa devQO hxßw i»i) nach
Wagner p. 11 in der bedeutnng 'kehre (hieher) zurück*, wie
efx^o (abgesehen Ton q 599 und 7t 270) nur a 280 (vff aqaaq
eQ%Bo) Ton einer nicht sofort auszuführenden handlung; an
beiden stellen aber haben die participia nicht die bedeutung
fnturischer temporal- oder konditionalsätze, sondern bilden
einen theil der aufforderung selbst.
Trotz der ausdrücklichen angäbe, dass die geforderte hand-
lung erst am folgenden morgen ToUzogen werden solle, steht
diese mehrfach im imperativ. In rt 270 ff. aXXä av fiev vvv
Eqxsv ctfA Y^ol g>aivofiivrj(fiv oYiMxde — , avtag if^i TtQari aatv
avßdrtjg vareQOv a^ei steht der imperativ unter der einwirkung
von vvv, welches von der vorhergehenden erwägung des zu-
künftigen kampfes mit den freiem zu den zunächst zu er-
greifenden massregeln überleitet und die nächste zukunft um-
fasst, daher die Zeitbestimmung Sf^ i^oi g>., die ihren gegensatz
in vcrefov hat, keinen einfluss auf die wähl der imperativ,
ausdrucksform geübt hat; von 277 an folgen imperat infinitive,
die den voUzug der 270 — 73 in aussieht genommenen mass-
regeln voraussetzen. In ^ 36 werden die werte oÄi* ay ino^
TQwov TtariQa xlvtov i^id&i ngo — ig>07tXiaat in der nacht
kurz vor anbruch des tages gesprochen, vgl. 48 (ccvtlMc).
Aehnlich o 14, vgl. 56. Vgl. auch o 308—310. Schwer zu
erklären ist aber die wähl des imperativs W 48 f. 6XX' ijzot
vvv fiev OTvyeQ^ fcei&dfieS'a daitr ^wd-ev (f otqwov, ava^ . . ,
wo der gegensatz zu vvv fiiv gerade erwarten liesse, dass der
zeitliche unterschied durch den imperat. in f. zum ausdruck ge-
bracht wäre. Ferner a 272 f. avQiov eig dyoQrjv xaUaag tJQioag
l^xatovg fivSüv 7t€q>Qade, worauf der imperativ auch 280 ff.
fortgesetzt wird, sogar 284 von handlungen, die der gegenwart
weit entrückt sind. — ij 222 ist p. 109 den beispielen mit im-
perativ, inf. zugewiesen. In q> 265 aber gehört t'jwd'ev zu dem
abhängigen int. äyeiv, nicht zu xilea&e (Melanthios ist an-
wesend). Uebrigens ist zu beachten, dass in den entsprechen-
den beispielen mit imperat. inf. (p. 109) überall imperative
vorausgehen, die eine sofort vorzunehmende handlung be-
zeichnen, Q 600 und T 320 auch durch voranstellung von ijU)^€v
di das zeitUcbe verbältniss beider handlungen besonders mar-
kiert ist.
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122 G. Hentze
Ohne rücksicht auf die zeit sind ferner imperative auch
da gesetzt, wo die ausführung der geforderten handlang den
eintritt einer andern zur Voraussetzung hat: a 305 (wenn ich
fortgegangen bin, vgl. 303 f.); /u 160 (wenn wir zu der insel
der Sirenen gekommen sind, vgl. 166—178), an diesen beiden
stellen wohl erklärlich, weil der eintritt der Voraussetzung un-
mittelbar bevorsteht Aber v 386 f. folgen unmittelbar auf
einander äXX^ aye fÄTJnv vqnfpfov und tcccq di fioi avvrj ar^&i^
zwei handlungen, die zeitlich und örtlich weit auseinanderliegen:
denn den rath der Athene wünscht Odysseus sofort (beide be-
finden sich im hafen von Ithaka), ihren beistand aber zum
kämpfe mit den freiem , der später im palaste des Odysseus
stattfinden wird. In ähnlicher weise sind räumlich und zeit-
lich getrennte handlungen unterschiedslos im imperativ ausge-
drückt Z 46 = -^ 131 ^liyQei — , av d* a^ia di§ai anoiva *)
und P 652 flf. axdTtreo vvv — av xev Idtjai — ^AvvlXoxoy —
oTQvvov d' It^xiX^t — dnuv. An der letzten stelle folgen
wenigstens beide handlungen nach Ortswechsel unmittelbar auf
einander.
Dass ein voraufgehender Ortswechsel, durch den die ge-
forderte handlung in die zukunft gerückt wird, bei der wähl
der imperativischen form öfter nicht berücksichtigt wird, ist
schon oben beobachtet Hier sind noch die beispiele anzu-
führen q Ib und IT 667 — 71 (Zeus giebt, auf dem Ida sitzend,
dem hier ebenfalls anwesend gedachten Apollo den auftrag,
auf dem schlachtfelde für die leiche Sarpedons zu sorgen). In
^ 302 f. aber ist die nur rhetorische bedeutung der aufforde-
rung der grund, dass Achill so spricht, als ob Agamemnon
sofort in der agora den versuch machen könnte ihm noch ein
anderes stück aus seinem besitz zu entreissen, was doch nur
in Achills zeit geschehen könnte, vgl. 300 f. In diesem heraus-
fordernden sinne wird der imperat. inf. überhaupt nicht ge-
braucht
Dass der imperativ mit dem imperat. inf. auch in Vor-
schriften, die für alle zukunft und alle fälle gelten, konkurrirt,
was Wagner p. 25 bestreitet, zeigen folgende vier beispiele:
E 428 f. ov toiy rixvov i/^6v, dedotav 7coXefii]ia eqya* dXka av
1) V. Leeuwen-Mendes da Costa schreiben SiU^ d. i. J^lwt statt
Si^ai^ Nauck vermuthete cf^l?}, — eine niebt ganz abzuweisende ver-
muthang, da der Papyr. zu Si 137 Sif^ bietet. Vgl. K 878.
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Der Imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 123
y ifiegSeyra fisri^eo egya yäfioio. v 180 f. Ttofintjg ^h
TtctvBa&e^) ßQoräVy ove %e» tig ixtjTai , . . E 348 elxe^ Jiog
^vyaxBQ^ noXifjLOv xai df)i<nrJTog d. i. halte in Zukunft dich
fem Yom kämpfe, wie die gegensätzliche fallsetzung 350 ai de
ov y ig Ttölsfiov moXrpBai zeigt, nicht: weiche jetzt aus dem
kämpfe, r 406 ff. fjao nag avxdv iovaa, 9'atSv <f drtdeixa
•Mkev^cv d. i. halte dich für immer fem vom pfade der götter,
wie 407 (iri^ m und 409 aiai zeigt. Sehr zahlreich aber und
bei weitem zahlreicher als die p. 118 verzeichneten im imperat.
inf. sind die Weisungen im imperativ, die für eine längere dauer
der näheren zukunft gelten.
Nach unsem beobachtungen ist eine so reinliche Scheidung
des gebrauchs beider imperativischen formen, wie man wünschen
möchte, nicht zu gewinnen. Die konkurrenz des imperativs mit
dem imperat. inf. reicht doch weiter, als Wagner annahm, ins-
besondere auch in Vorschriften, die für alle zukunft und alle
fälle oder doch für eine längere dauer der nächsten zukunft
gelten. Sodann bleibt der einer geforderten handlung voraus-
gehende Ortswechsel, durch welchen die ausfühmng weiter in
die Zukunft hineingerückt wird, auf die wähl der imperativi-
schen form vielfach ohne einfluss. Auch machen sich im zu-
sammenhange der rede mannigfache einflüsse verschiedener art
geltend, welche die rücksicht auf das zeitliche verhältniss der
handlung zur gegenwart des redenden zurücktreten lassen. Die
daraus sich ergebenden Schwankungen im gebrauch beider im-
perativischer formen erschweren denn auch die beantwortung
der frage, ob innerhalb der periode der homerischen dichtung
eine Weiterentwicklung im gebrauch des imperat. inf. sich ver-
folgen lässt. Die ausserordentliche zunähme der imperat. in-
finitive in der Odyssee (IL 76, Od. 123) giebt ohne weiteres
keinen beweis dafür, dass die verliebe für diese ausdrucksform
zugenommen oder die gebrauchssphäre sich erweitert habe. Der
grund dafür kann in dem verschiedenen inhalt und Charakter
1) Die von Nauck ond v. Leeuwen-Mendes d. C aas guten hand-
Schriften aafgenommene lesart navead^e (übt nicht weiter die entsen-
dong) verdient wegen des folgenden faturisch-iterativen temporalsatzes
den Vorzug vor dem sonst gelesenen navaaa&e (stellt die entsend ung
ein).
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124 G. Hentze
beider epen liegen. Allerdings bietet, wie Wagner bemerkt,
die Ilias weniger gelegenheit zu so aasführlichen Vorschriften
für die zuknnft, wie sie die Odyssee in grösserer anzahl enthält,
obwohl doch auch A 393—412. E 124—132. 260—264. Z
269—278. O 221—233. il 49—100. 667—671. ® 331—340
und y 334—343 ähnliche enthalten. Nun finden sich aber
unter diesen beispielen theils solche, welche die Weisungen im
imperativ geben, während der nothwendige Ortswechsel infinitive
erwarten liesse: A 394. 407. 77 667—671, theils solche, die
einen au&llenden Wechsel beider ausdrucksformen zeigen, wie
Z 269—274. O 221—233. Ferner gehören der Ilias auch
vorzugsweise die sonstigen beispiele an, in denen Ortswechsel
und zeitverhältniss bei der wähl der imperat. form unberück-
sichtigt geblieben sind: A 179 f. B 11. 163 ff. Z46 - ^ 131.
A 828 ff. iV 235. S 236. P 654. V 49, oder die einen nicht
leicht erklärlichen Wechsel der formen zeigen : T 458 f. X 340
—342, oder imperat. infinitive zeigen, wo imperative zu er-
warten wären: A 20 (bei der lesart XvQai und dixBod-ai), A
582. J 64. 0 340. Auch gehören von den vier beispielen,
welche Weisungen für alle zukunft im imperativ enthalten, drei
der Ilias an. Hienach wird man doch soviel sagen dürfen,
dass die einfiüsse, unter denen der imperativ mit dem infinitiv
konkurrierte, in der Ilias wohl noch im grösseren masse sich
geltend machen und der gebrauch des imperat. inf. noch nicht
so befestigt erscheint, als er uns in der Od. meist entgegentritt
Nach der sehr wahrscheinlichen annähme von Delbrück
Vergl. Syntax 11 p. 459 f., dem Brugmann Griech. gramm. '
p. 516 zustimmt, ist nun der imperativ, gebrauch des inf., der
bereits urindogermanisch war und sich auf alle drei personen
erstreckte, aus dem finalkonsekutiven, dem der dativ zu gründe
lag, in der weise hervorgegangen, dass der in dieser bedeutung
ursprünglich zur ergänzung einer Satzaussage dienende inf. ver-
selbständigt wurde, indem die Satzaussage selbst nicht ausge-
sprochen, sondern nur hinzu empfunden wurde. Auch homeri-
sche beispiele können über eine solche verselbständigung noch
aufschluss geben, indem sie zeigen, wie eine Satzaussage, die
mit einem final -konsekutiven inf. verbunden war, darüber
hinaus bei einem weiteren gliede auf die wähl des inf. bestim-
mend einwirken konnte, obwohl diesem gliede durch die art
der anknüpfung eine selbständigere Stellung zukam. Besonders
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Der Imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 125
deutlich ist dies verhältniss H 372 ff., wo nach tjw&eif d* ^Idaiog
Xtm TiolXag ini vijag Bini^ev l/tvQsidfjg — (ivd'ov ^AXe^dvögoio,
375 xai di — ein:i/4^ai sehr wohl noch als inf. des zwecks von
tTCtf abhängen könnte, wenn nicht xai de nach seinem son-
stigen gebrauch einen selbständigen satz anzunehmen empföhle.
In o 125 £ dw^ toi xal iy(6^ ximvov q>lX8^ ravto dldo)fiij
(ivij^ ^Elevtjg x^^^^y TtokvrjQdvov ig yafxov &QTpff afj dX6%(fi
q)OQieiv' Tßiwg de q)ilj] nafä ^firgl xelad^ai lassen Hinrichs-
Faesi und Delbrück Tie'iad'ai wirklich noch, wie q>OQievVy von
didwfu abhängen, und wenn diese auffassung auch nicht wahr-
scheinlich ist, weil nur q^oQ^eiv den zweck des gebens bezeichnet,
während die worte reiwg di -- -Miad-ai einen nebensächlichen
punkt betreffen und durch den gegensatz zu der vorhergehen-
den Zeitbestimmung eine selbständigere Stellung gewinnen, so
lässt sich doch verstehen, dass öiötofii mit abhängigem inf. bei
der wähl des inf. xeia^oti noch nachgewirkt hat Selbständige
imperativ, infinitive werden noch angenommen von Meyerheim
de inf. Hom. I p. 66 in V 618 t^ rvv, xal aol %ov%o^ yiqov,
xeifiijliov ea%o)j IlazQOKXoio tdipov fivij(A efifierai. und von
Düntzer in X 512 ffl diX rj %oi rdöe Ttdvra xazaq>li^(o — ,
avöiv aol y ^oifeljog^ htei ovx fyxelaeai cwTolg^ dXXd ttqog
Tfeian^ xat Tifwidötov %Uog elvcu ^es sei dir dies zum rühme',
was eher annehmbar ist, weil die zwischen dem hauptsatze
und dem inf. stehende apposition ovdev aol y oipelog mit be-
gründung den Zusammenhang des inf. mit dem hauptsatze
lockert. Jedenfalls können auch diese beispiele zeigen, wie eine
weitere trennung des infinitivsatzes vom hauptgedanken oder
eine kleine pause vor dem Infinitivsätze zur Selbständigkeit des
letzteren fuhren konnte.
Für den Ursprung der imperativ, infinitive 2. person aus
final-konsekutiven sind besonders die beispiele belehrend, in
welchen solche sich an den imperativ eines verbums der be-
wegung asyndetisch anschliessen. In O lö8f. ßdax Y&iy ^Iqt
ro^aZa, Iloaeiddafyt avoKtt ndkva %dit dyyelkaiy ftrjde xfjevödy-
yelog üvai könnte dyyellai an sich noch als finaler inf. ge-
fasst sein, wie ^ 255 oQoeo — noXivit l'fievy und es liesse
sich begreifen, wie dieser inf. die gleiche form für die negative
ausführung nach sich zog, obwohl diese nicht mehr in dem-
selben verhältniss zu dem imperativ ßdax Xd'i stand, als der
positive inf. In A 322 f. und £ 8 ff. aber, wo zwischen die
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126 C. Hentze
imperaÜTe und die infinitive in den participien ilowe und
iX&vh eine neue handlung tritt, wird der unmittelbare Zu-
sammenhang der infinitive mit den imperativen gelöst, und
damit erhalten jene eine selbständige Stellung. Diese beispiele
stellen aber aller Wahrscheinlichkeit nach eine der ältesten ge-
brauchsweisen des ursprünglich finalen , dann imperativischen
inf. dar. Es sind die einzigen ihrer art in den homerischen
gedichten: in allen entsprechenden beispielen folgt nach dem
imperativ eines verbums der bewegung, auch nach ßac% X&i^
asyndetisch ein zweiter imperativ. Es ist also die ältere Ver-
bindung, die nur in ^ und B und nachgeahmt in dem sicher
späteren O sich findet, innerhalb der homerischen periode auf-
gegeben und durch die andere ersetzt. Nur einzelne beispiele
(p. 109), welche nach dem imperativ eines verbums der be-
wegung einen mit di angeschlossenen imperativischen inf. zeigen,
lehnen sich an die ältere Verbindung an.
Die entstehung der imperativischen infinitive aus der ver-
selbständigung ursprünglich abhängiger finaler infinitive erklärt
nun ebensowohl den ihnen eignen futurischen Charakter, als
dass sie ganz überwiegend im anschluss an andere aussagen
und meist abhängig von den darin gegebenen Voraussetzungen
gebraucht werden, sehr selten aber an der spitze einer rede
sich finden. Daher nicht selten die aufeinanderfolge eines im-
perativs von einer sofort auszuführenden handlung und eines
imperat. infinitivs, der eine später vorzunehmende hinzufugt,
und ganz besonders der gebrauch des imperat. inf. nach futu-
rischen temporal- und konditionalsätzen, entsprechenden relativ-
Sätzen u. a., der über ein drittel der gesamtzahl der beispiele
umfasst Dass die entwicklung des letzteren gebrauchs aber
vorzugsweise in der periode der homerischen dichtung sich voll-
zogen hat, wird nicht sowohl durch die bedeutende zunähme
der beispiele in der Odyssee (IL 32, Od. 46) wahrscheinlich,
als durch folgende beobachtung. Der gebrauch ist in der Ilias
auf die 12 gesänge JEHIKOüTYOyKi beschränkt, während
die Odyssee ihn in 17 gesängen hat. Unter den gesängen der
Ilias aber, die ihn entbehren, sind AAXy die jedenfalls zum
ältesten bestände der Ilias gehören (der seinen haupttheilen
nach ebenfalls dahin gehörende gesang JT weist in diesen an
1 stelle drei beispiele auf: v. 89. 92. 95) und die auch nicht
jungen gesänge BFZ, Diese sechs gesänge mit überhaupt 10
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Der imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 127
beispielen imperativischer infinitive zeigen diese vorzugsweise
im anschluss an imperative: in den 5 beispielen A 323. J3 9f.
r 459. Z 274. X 342 (und nach einem optativ der bitte bei
der lesart Ivaaite A 20), ansätze zu dem gebrauch nach futur.
nebensätzen in 2 beispielen: B 73 — 7d und X 259, ausserdem
in A 582 ein beispiel von einer sofort auszuführenden hand-
lang (wozu in A 20 bei der lesart Xvaai %a ein zweites kommen
würde), endlich in AL 788 ff. drei imperat. infinitive, die eine
allgemeine Weisung für die zukunfb enthalten.
Der mit einer geforderten handlung verbundene Orts-
wechsel hat in den sechs gesängen keinen wesentlichen einfluss
auf die wähl der imperativischen ausdrucksform geübt. Von
den 5 beispielen mit imperat infinitiv nach einem imperativ
sind nur A 323 und B 10 mit Ortswechsel verbunden, der im
imperativ selbst bezeichnet ist; die stellen aber, an denen man
wegen des Ortswechsels einen imperat. inf. erwarten könnte,
zeigen den imperativ: A 179 f. 394. 407. Z 273 vgl. 270.
B U vgl. 10. Z 46 = ^ 131. A 828 ff.
Haben wir die grundlagen für die entwicklung des home-
rischen gebrauchs der imperat infinitive richtig bestimmt, so
wird die ganz voraussetzungslose Verwendung derselben für
jünger gelten müssen. Von den seltenen beispielen, in denen
der imperat. inf. eine rede ohne weiteres eröffnet, findet sich
das erste E 124, dem sich weiterhin anschliessen S 501. O 347.
P 501. l 441 f. % 287 ff. Von diesen beispielen gehören die der
Ilias gesängen an, die mit grund für jünger gelten. Damit ist
aber meistens zugleich eine erweiterung des gebrauchs über die
ursprünglichen grenzen hinaus verbunden : die Verwendung auch
in Weisungen für einen längeren abschnitt der nächsten zukunft
und für die zukunft überhaupt. Die gesänge der Ilias ABFZJIX
enthalten mit ausnähme von A 788 f. kein beispiel dieses ge-
brauchs.
Der gebrauch des imperativischen infinitivs
3. person
ist nach Wagner p. 6 auf folgende 6 beispiele beschränkt.
r 284 ff. d de x' IdU^avÖQOv xTeivji ^av^og Mevilaog, Tqwag
efiud^ ^ElivTjy — djtodovvai,^ Tifi^v d* ^^gyeloig dnorivifiev. —
Z 86 — 93 ^XTOQ^ ä%otQ at nohvde fiaraQxeOy alTti 6^ Sfteiza
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128 C. Hentze
fitpFiQi — ^ di ^dyovaa yBQcuag — ftiTcXov — d-elvai l^^tj-
vaifjg ijtt yovvaaiv — aal o\ vnoax^o&ai, — H 77 flf. «l ftiv
Kcev ifie yieivog ^Xj] — y tevxea avhjaag q>eqhto xoilag int v^ag^
0(5 fia da ovKaif ifiov dof^evai naXiv. — H 372 ff. tjw&ey f
^Idaiog itw xoUag inl vrjag eirviiiev *A%qBtdrjg . . . ., xat ds
%6d' BiTtifisyav nvKivbv ertog. — X 443 dUd %d fiiv g>ac&ai,
%d ÖS wxt Tux^fifiivop elvai., — o 125 ff. diÜQÖv toi luxi fyw^
xhyov g>lX8f tovto didwfii — TtoXvrjQO^ov ig yafiov wQtp^y a^
äXoxfp q)OQi€iv' zelwg de q>lXrj Ttagd fitjtQt Kelad'ai. Von diesen
beispielen zeigt das erste das Subjekt im accusativ, in den fünf
übrigen ist es im nominativ theils ausdnicklich gesetzt (Z 87.
X 443), theils aus dem vorhergehenden zu entnehmen. Alle
zeigen den imperat. inf. 3. person in futurischer bedeutung:
nach fut. bedingungssatz F 285 f. und H 79, nach ^(o9ep
H 375; Z 87 — 93 hat zur Voraussetzung Hektors gang in die
Stadt u. s. w., o 128 Telemachs heimkehr, X 443 Odysseus
rückkehr nach hause. Was andere gegen die annähme von
selbständigen imperat. infinitiven 3. person in diesen beispielen
vorgebracht haben, ist nicht überzeugend, i).
Vielleicht aber ist diese geringe zahl von beispielen doch
1) In Z86 — ^98 ist Leaf geneigt ein durch die weite trennong von
snbjekt nnd praedikat veranlasstes anakoluth anzanehmen: nach ^ ^i 87
habe der dichter im sinne gehabt am schlnss ^irn folgen zu lassen.
Jedenfalls wird der anstoss, der ihn mit zu dieser annähme bestimmte,
dass dies die einzige stelle sei, wo der imperat. inf. 8. person das Sub-
jekt im nominativ zeige, durch X 448 beseitigt. — Zu JET 79 bemerkt
Delbrück Yergl. synt. II p. 465: S6fiePM könne wohl auch heissen: ihr
sollt zurückgeben. Aber dagegen spricht durchaus die genaue korre-
sponsion von 77—80 und 81—85, auch würde eine deutliche bezeiohnung
des Subjekts zu SofuvM {vfjiiZg Si) zu erwarten sein. — Zu A 443, der
einzigen stelle mit passivischer Wendung, findet sich im Schol. A 545
neben der oben angegebenen lesart die Variante dlXa ro fikv ol ipaa^i
inos, To J* M <pQ€al xiv&eiv, die Delbrück a. o. vorziehen möchte.
Diese giebt allerdings einen leichteren und natürlicheren gegensatz, aber
ob die nur hier sich findende passivische Wendung, die doch einen
grösseren nachdruck hat: 'sei und bleibe verborgen', ein genügender
grund ist die handschriftlich allein überlieferte lesart zu verwerfen, ist
doch zweifelhaft; das ungewöhnliche spricht eher für diese. Ueber
o 128, wo xsTa&m die lesart Aristarchs und einiger handschriften , die
gewöhnliche lesart aber xiCad-w ist und Hinrichs-Faesi und Delbrück
nüa^aif wie tpo^tip, von ilSmfii abhangen lassen, nnd über H 375 ist
schon p. 125 gesprochen.
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Der Imperativische infinitiv in den homerischen gedichten. 129
um einige zu vermehren. Für W 618 f. freilich ist die an-
nähme Meyerheims de infinit. Hom. I p. 66, dass fiv^fi efAfie-
vai imperativ, inf. 3. person sei, von Capelle im Philol. 37
p. 99 und Wagner p. 6 wohl mit recht zurückgewiesen. Eher
ist, wie schon p. 125 gezeigt ist, die gleiche annähme für X 514
ngog Tqdwv xcd TQioiddtfyy ycXiog elvat. begründet. Femer ist
zu erwägen V 245 ff. rvfißov d* ov fidXa TtoXXov fyw Ttwiea&ai
avwyoy aiX iniuxia toiov STteita de xat rov l/lxcuoi eiqvv
&* vxpijl6y T« Ti&tjfieymj ot Ttev efielo devtsfoi h rqeaav —
UTttjad^e, wo die andern hefausgeber %i^(i9»at als imperat inf.
2. person fassen, Stier aber ti^fievat, b» ti9ivt(xiv erklärt.
Diese auffassung scheint sich deshalb zu empfehlen, weil Achill
nur zu den fürsten redet; für den überging von der gesamtheit
der Achaeer zu den fursten in dem beschrüikenden relativsatze:
^die ihr (soweit ihr) mich überleben werdet', kann B 301 f. ver-
glichen werden.
Für X 437 ff. aqxetB vvv vi%vag q>o^eiv xal üvtaxd-e ywai-
TMxq' avTotq Bftuta d-QOvovq — xa&cuQeiv, wo xa&aiQeiv allge-
mein als imperat inf. 2. person gefasst wird, kommt in be-
tracht, dass das na&aiQeiv in Wirklichkeit nicht Sache der
männer, sondern der mägde ist, wie ausser v 151 f. gerade die
folgende erzählung zeigt. Dass der inf. aber noch von aytaxd'e
ywalnaq abhängig sei, ist nicht wahrscheinlich, weil diese Worte,
zu denen aus dem vorhergehenden q>oqiBiv zu ergänzen ist,
einen so abgeschlossenen gedanken geben, dass ein weiteres
anhängsei in einem neuen abhängigen inf. durchaus nicht zu
erwarten ist« Es wird xad-aiQeiy als imperat. inf. 3. person zu
fassen sein: aber danach sollen sie reinigen.
In den beispielen q> 235 ff. eMelv %b ywai^lv Tckrjlaw fie-
yoQOiO ^Qag — , tjv di %ig atovcexrjg iji xTVftov hfdov äxavaTj
— , fiij Ti ^Qa^e TtQoßXwaxeiv und y 381 ff. TijXifiaxog xils-
Tai ae, fteQiq)(f(ov EvQVKXeia, %krjia€u %%i ==■ 236—39 empfiehlt
Pfudel Die Wiederholungen bei Homer, Liegnitz 1891, p. 15
nach V. 236 und 382 kolon zu setzen, denn mit 237 und 383
werde in direkte rede übergegangen. Diese auffassung ist be-
sonders für die zweite stelle geboten, weil hier mit der fall-
Setzung riv öi %ig 383 die folgenden infinitive ihr besonderes
Subjekt erhalten, so dass Tcikeral ob nicht mehr gedacht werden
kann. Freilich sagt Renner bei Faesi: die adresse, an die die
rede sich wende, sowie die satzbeherrschende Stellung von x^-
Beltilgt I. kimaa d. ladg. tpiMlMii. XXVII. 9
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130 C. Hentze
Xerai ae lege in die worte 383 — 385 den sinn von fi^ iav
TtQoßXtSaxetv , aber formell sind sie doch von xiletai as ge-
löst, und berücksichtigt man die abneigung der homerischen
spräche gegen ausgedehnte abhängige rede und den häufigen
Übergang aus dieser in die direkte form, so wird man Pfudels
auffassung den Vorzug geben müssen.
Mit dem beispiel F 284 ff. , in welchem das Subjekt des
imperat inf. im acc. steht, sind die stellen zu verbinden, welche
den infinitiv in Wunschsätzen zeigen. Auch in diesen steht das
Subjekt zum theil im acc: B 412 ff. Zev Kvdtare — , ^17 tt^i^
'^ihov dvvai — , TtqLv iib narä TtQtjvig ßaleeiv IlQidfiOiO fiila-
d'QOV ... Ä 179 f. Zev ndxBQ^ tj AXonfxa hx%eiv iq Tvdiog vlop
? avTOv ßaaiXfja — Mvyujvrig. q 354 f. Zev ava^ Trjleficexop
lioi iv ävögoiaiv olßiov dvai.^ xal ol Ttavra yevoiTO . . ^). Dazu
würde noch kommen £ 117 ff. bei der im SchoL gebotenen
lesart vvv ovt ifdi q>ikai^ ^^dTJvrj' tdvde %e fi avöga eleiv
xal ig OQfArpf h^^og iXd^eiv^ og fjt eßals . . .y während die
handschr. geben: ddg de ne statt ndvde xi (tov de %e). Das
Subjekt ist im nominativ gedacht in zwei beispielen nach der
formel tu yäg Zev xe Ttdxeq aal ^A&tp^alt] xai ^'AnoXkov: die
2. person 17 312 ff. xoio^ idv^ oTog ioaty xd xe q>QOvifay^ a t
eyii TteQy rtaidd x ifii^v ix^fiev xai ifiog yafißQog xaleea&ai
av&i fiiviov olxov de x {% M) iy(d xat xxtjfiaxa öolrjv. —
die 1. person (o 377 ff. olog NfJQinov elXov .... — xdiog iw
xot xd'iXpg — iq>eaxdfieyai. xat dfivveiv avÖQag fivrjaxrjgag' xq
xi aq>iwv yovvm ekvaa ...*).
Zum acc. c. inf. in F 284 ff. vergleicht Delbrück Vergl.
synt n p. 455 dieselbe ausdrucksform in inschriften, wo sie
neben anderen formen den willen des gesetzgebers ausdrücke,
und nimmt an, dass überall ein verbum wie ^es wird bestimmt'
1) V. Herwerden empfahl yiviad'ttt statt yivouo , welches allein
überliefert ist, ohne gmnd, vgl. B 417 f. mit 418.
2) In V 218, wo man nach Aristarch und den handschr. liest Zevs
atf^ag rCaano, wird Zenodot die lesart xCaaadxn zageschrieben. Ribbeck
im Philol. 8 p. 705 f., Dindorf und Lndwich Ar. H. T. I p. 600 halten
die angäbe für durchaos unwahrscheinlich und vermathen als Zenodots
lesart rurdad'* a* xusdad-ta. Für einen gebrauch des inf. in der weise,
wie sie in der lesart Zenodots vorausgesetzt wird, findet sich allerdings
keine analogie. Dass auch der imperativ gegen den homerischen ge-
brauch sei, begründet Gebet Mise. crit. p. 882.
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Der imperatiTische infinitiv in den. homerischen gedichten. 131
oder dergl. vorschwebe, wie bei den Wunschsätzen im acc. c.
inf. nach anrufung der gottheit ein yerbum wie Sog, Ebenso
denkt Bnigmann Griech. gramm. ' p. 519 dort an doKäi, di^
dcnzai^y edo^e, hier an d6g oder evxof^ai. Aber das beispiel
r 284 ff. wird richtiger in anmittelbarem zusammenhange mit
den Wunschsätzen im acc. c. inf. behandelt werden, mit denen
es gemeinsam hat, dass eine anrufung der götter vorangeht
(276 — 80) y unter deren schütz hier die Vertragsbedingungen
281 ff. gestellt werden. Der zunächst befremdende Wechsel der
ausdrucksformen — 282 f. imperativ und conjunctiv, 285 acc.
c. inf. — scheint auf folgendem zu beruhen. Imperativ und
conj. des wollens gebraucht der den vertrag abschliessende
Agamemnon von dem, was von seinem eignen willen abhängt,
was er geschehen zu lassen (^^oi) oder mit den seinigen zu
thun (vecified'a) bereit ist; dagegen richtet er die forderung,
was die Troer thun sollen, an die adresse der als zeugen und
hüter des Vertrags angerufenen götter. In dieser auffassung
werden in den mit anrufung der gottheit verbundenen Wunsch-
sätzen im acc. c. inf. die personen, welche die bitte betrifft, in
der Vorstellung des bittenden zu Objekten, die er als solche der
einwirkung der gottheit empfiehlt; ebenso in F 285 die Troer,
die ohne beziehung auf die götter, in direkter forderung als
Subjekte eines imperativs im nom. stehn würden. Bei dieser
erkläning, in der ich im wesentlichen mit Leaf zu F 285 über-
einstimme, bedarf es für die Wunschsätze im acc. c. inf. nicht
der ergänzimg eines sonst sich findenden dog oder eines ei^o-
fiai oder JUaaofiai. Dass der infinitiv ebensogut, wie er mit
befehlendem oder aufforderndem tone gesprochen die stelle des
imperativs vertritt, auch mit wünschendem tone gesprochen den
Optativ vertreten kann, zeigen 17 311 und a» 376 (vgl. L. Lange
ei II p. 525). Vollends für das beispiel mit fulj B 412 ff. ist
jede annähme einer elUpse abzuweisen. Dass ein verbum des
wünschens oder bittens vorschwebe, ist unwahrscheinlich, weil
fiij mit inf. oder acc. c. inf. nach diesen verben bei Homer
sich überhaupt nicht findet Es scheint hier eine alterthüm-
liehe ausdrucksform vorzuliegen, in welcher der durch fuj ab-
gewehrte gedanke in seiner gesamtheit als objekt der Vorstel-
lung gefasst wurde: fem sei der gedanke (d. i. die Verwirk-
lichung des gedankens), dass die sonne eher untergehe . . .
Diese. ausdrucksform konnte aber ohne weiteres der anrufung
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132 C. Hentze
der gottheit folgen, wie z. b. 17 331 ein wünsch im opt. dieser
ohne weiteres angeschlossen ^rd, vgl. auch q 354 f., wo der
anrufung des Zeus ein acc. c. inf. und ein wünsch im opt
durch xal verbunden folgen. Die Verbindung von dog mit
einem durch ju^ negierten acc. c. inf., wie sie sich i 530 findet,
wird die jüngere ausdrucksform sein.
In £ 118 haben die neueren herausgeber nur mit aus-
nähme von Franke-Faesi die handschriftliche lesart dog de we
mit recht aufj^nommen. Gegen die Variante tovSe ts, die nach
Ludwich Ar. H. T. I p. 252 nicht mehr als Aristarchs lesart
gelten kann, spricht, dass hier nicht, wie in den andern bei-
spielen, eine einfache anrufung der gottheit vorangeht, sondern
die werte vvv avr ifii (pihxi^ *A9rjVYiy zu denen sich besser die
ruhigere ausführung durch einen neuen imperativ {dog) schickt,
als die lebhaftere form des acc. c. inf.
Dass in den ganz vereinzelt dastehenden Wunschsätzen im
inf. 17 312 ff. und oi 377 ff. die Subjekte nicht im acc. stehen,
sondern im nom. gedacht sind, erklärt sich aus der besondem
beschaffenheit dieser wünsche. Der zweite ist überhaupt uner-
füllbar, und auch in rj konnte Alkinoos an die Verwirklichung
des gewünschten nach Odysseus äusserung 223 f. im ernst nicht
denken und hat auch daran nicht gedacht, wie 315 ff. zeigen.
Hienach war die form des acc. c. inf., in welcher der ange-
rufenen gottheit der wünsch zur Verwirklichung gleichsam unter-
breitet wird, nicht recht anwendbar ^). Warum der dichter
dann aber nicht den nach der formel a? yaq Zsv te ftateg
aal ^A&rpfairi %OLi "ATtoXkov in wünschen gebräuchlichen Optativ
anwandte, ist nicht zu sagen.
Die erörterten beispiele des imperativischen infinitivs 3.
person sind nur die spärlichen reste eines ursprünglich um-
1) Diese göttertrias wird überhaupt nicht, wie in den obigen bei-
Bpielen Zeus, angerufen, um von ihnen die Verwirklichung des Wunsches
KU erflehen, sondern nur, um sie gleichsam zu zeugen zu nehmen für
einen feierlichen ausspmoh, den der redende in die lebhafte form eines
Wunsches kleidet, wie er z. b. B 871 der ausdruck freudiger bewunde-
rung, H 182 wehmüthigen Schmerzes ist. Auch in 17 811 hat der
Wunschsatz mehr den Charakter eines ausrufs, welcher der bewunderung
ausdruck giebt, die Alkinoos f&r den fremden empfindet, während sich
in M 876 mit der erinnerung an frühere thaten der schmerz verbindet,
an dem kämpfe mit den freiem keinen antheil gehabt zu haben«
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Der Imperativische infinitiy in den homerischen gedichten. 133
fassenderen gebrauchs. In den homerischen gedichten wird
die Funktion eines futurischen imperativs 3. person regelmässig
durch den imperativ 3. person versehen, was mit Wagner
daraus zu erklären ist, dass ein befehl, dessen Subjekt ein ab-
wesender sein soll, stets futurischen Charakter hat. Aber von
dem älteren gebrauch des imperativ, inf., der sich, me das
Altindische zeigt, ebensowohl auf die dritte und erste person,
wie auf die zweite erstreckte , sind aller Wahrscheinlichkeit
nach noch spuren in den infinitivkonstruktionen nach tcqIv vor-
handen. Die erklärungy welche in Übereinstimmung mit Heikel
im Skandinav. archiv 1891 I p. 274 ff. (mir nicht zugänglich,
vgl. Berlin, philol. wochenschr. 1893 p. 89 f.) Brugmann
Griech. gramm. ^ p. 519 f. für diese giebt, scheint nach den
verfehlten versuchen anderer durchaus das richtige getroffen
zu haben. Indem ich im anschluss an die von ihm gegebenen
andeutungen die entwicklung dieser konstruktionen hier noch
eingehender verfolge, hoffe ich theils seine erklärung noch weiter
stützen, theils einzelne punkte richtiger stellen zu können.
Für die erklärung der infinitivkonstruktionen nach rtQiv
sind folgende daten zu gründe zu legen: 1) die infinitivkon-
struktionen schliessen sich dem hauptsatz regelmässig post-
positiv an (in 74 beisp., U. 41, Od. 33), praepositiv finden sie
sich nur 0 100. ^ 229, zwischen die glieder des hauptsatzes
eingefügt £i 245. e 301. v 124. q 105. oi 430; 2) der gebrauch
gehört ganz überwiegend den reden an (in 66 beisp. von 81)
und bezieht sich vorwiegend auf zukünftige handlungen (45
beisp.); 3) die hauptsätze sind überwiegend negativ (in 51
beisp.); von den 30 an positive sätze angeschlossenen infinitiv-
konstruktionen gehören der Dias nur 12, der Odyssee 18 an;
4) der infinitivkonstruktion mit rtQiv geht im hauptsätze in 29
beisp. (II. 20, Od. 9) ein adverbiales ngly (ya)^ näqog oder
jcQoad'ev voraus; die ersten fünf gesänge der Ilias kennen nur
die Verbindung Ttqiv (ndQog) — Ttglv in 7 beisp.
Hienach werden den ältesten gebrauch die beispiele dar-
stellen, in welchen der infinitivkonstruktion mit Ttglv ein ne-
gierter hauptsatz futurischer richtung (meist im fut. oder im-
perativ) mit dem temporalen adverb Ttqlv (ftdQog) vorausging,
welches zunächst nur unbestimmt andeutete, dass vor dem ein-
tritt der bezeichneten futurischen handlung eine andere eintreten
müsse, [und daher einer näheren bestimmung bedurfte, Diese
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134 G. Hentze
wurde zunächst in einem selbständigen satze nachgebracht, in
form eines gegensatzes, wie 0 340 firiSi ngiv änonacvB weöp
fiivog* diX onot* aw dtj q>d'iy§ofji fywv ld%ovaa^ %6%€ axifjtev
mdfucvov rcvQj vgl. TT 62 f. und T 306 ff. In engere Verbin-
dung mit dem vorhergehenden satze trat die ergänzende be-
stimmung, wenn sie durch ein ebenfalls ursprünglich adver-
biales ftqlv demselben angeschlossen wurde, welches auf das
vorhergehende zurückwies: ^ehe das bezeichnete geschieht', wie
Ttqlv auch sonst gebraucht wird, z. b. ui 29 vipf <f iyia od
liaw rtqLv fiiv Tuzi y^Qag €7ceiaiv rjfietiqffi ivi oYnup. Elnthält
nun der vorhergehende satz eine erklärung des redenden, dass
er die in frage stehende handlung entweder selbst nicht voll-
ziehen oder von dem angeredeten nicht vollzogen wissen wolle,
ehe eine andere vollzogen sei, so fügt sich in diesen Zusammen-
hang der ursprünglich selbständige inf. in imperativischem sinne
auf das leichteste ein. So erklärt sich der einfache Infinitiv
nach TCQiv: nach negiertem imperativischem inf. 2. person als
imperativ, inf. 2. person z. b. iT 839 fiij fioi Ttqiv Uvai —
Ttqiv "ExTOQog — xeraJ^a — dat^ai^ ursprünglich gedacht: *zu-
vor zerfetze Hektors leibrock', ebenso 0 294 f.; als imperat
inf. 3. person ui 98 ov<f oys nqiv Javaoiaiy äeixia JüOLyov
aTtwaeif Ttqlv y ano Ttarqi q>ll(p Sdfievat — xovqijv ^zuvor
sollen sie (die Danaer) dem vater die Jungfrau zurückgeben';
aber auch als imperat. inf. 1. person 2 334 ov ae nqiv xTeqiäj
Ttqiv y ^'ETttoqog ivd'd^ ivAnuxL xbvx^oi xat xsqnxkijv ^zuvor will
ich Hektors rüstung und haupt hieher bringen', ebenso <Z> 224 f.,
vgl. auch H 45 ff., wo die direkte rede lauten würde: ov Ttqiv
aTtoviofiac, Ttqiv ivi^Ttq^aai, und x 383 ff.
Aber auch der acc. c. inf., wie wir ihn als ausdruck einer
forderung oder eines Wunsches p. 130 kennen gelernt haben,
fügt sich mit dem zurückweisenden Ttqlv auf das natürlichste
in den Zusammenhang ein. So schliesst sich in dem an Zeus
gerichteten gebet B 413 ff. an den wünsch fiij Ttqiv ^eAioy
dvvai xtI ein zweiter wünsch mit Ttqtv^ der das erste Ttqiv
näher bestimmt, Ttqiv fxe narä Ttqrivig ßalisiv Ilqiafioto ftHa-
^qov ^zuvor möge ich (lass mich) das deckengewölbe des Pria-
mos niederwerfen', woran sich noch ein Wunschsatz im opt.
schliesst, wie q 354 im gebet dem acc. c. inf., durch xai ver-
bunden, ein wünsch im opt. folgt. Als ausdruck des willens
kann Ttqiv mit acc. c. inf. ursprünglich gedacht sein O 72 — 74,
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Der Imperativische iafinitiv in den homerischen gedichten. 135
als forderung ß 127 f. rj^üg d* oiv irti kqya ftctQOs y Xfuv
o^e TtTj allfjf Ttqiv av%rp yijfiaad'ai Idxmiav ^ % kd'iXyav
'zuvor vermähle sie sich . . .' Ebenso a 288 f., auch B 354 f.
So entstand bd engem zusammenschluss beider sätze eine
art korrelation zwischen beiden nqlv^ welche bewirkte, dass
während das erste vorausweisende in Verbindung mit der nega-
tion seine scharfe betonung behauptete» der ausführende satz
mit dem zurückweisenden nqiv und inf. allmählich seine Selb-
ständigkeit einbüsste und damit auch seine voluntative bedeu-
tung verlor.
Auch nach negativen aussagen ohne voraufweisendes nqiv
erklärt sich der inf. auf das natürlichste als ausdruck des
willens: T 422 f. dXlä %al efinrig ov lij^fOy nqiv TqdSag adtjv
ilaaai TtoUfioio 'zuvor will ich die Troer genugsam im kämpfe
umtreiben', vgl. auch ¥ 44 f.; als forderung an die 2. person
X 536 f. iiriÖB iäv veKv<ov cifievrivä xaqriva oUfjLotog aaaov Xfxsv^
nqiv Teiqeoiao nvd'iad'ai 'zuvor befrage Tiresias', an die 3.
person / 386 f. oidi %ev <og ¥ti &vfxdv ifibv nsiaai *Aya(xiiiv(av^
nqiv y anb naaav i^oi öofievai dvfialyia küfßtjv 'zuvor soll
er mir seinen frevel vollständig büssen'; ähnlich acc. c. inf.
nach nqiv als forderung an die 2. person % 63 f. Einige bei-
spiele sind dadurch bemerkenswerth , dass durch nqiv mit inf.
nicht sowohl das temporale verhältniss beider handlungen be-
stimmt wird, sondern der gegensatz des positiven gedankens
zum negativen überwiegt, sodass nqiv geradezu mit 'vielmehr'
übersetzt werden kann: Y 256 dkxtjg d* ov fi inhaaiv äno-
vqitpeig /i^^aJra, nqiv x^^^V h^^oaad'ai ivavtiov ^vielmehr
bestehe den kämpf mit der waffe'; X 265 ff. ovte ri vwiv
oqyua iaaovtai nqiv tj ^sqöv y$ neoovra älfiarog aam ^'Aq^a
'vielmehr muss einer von uns beiden fallen', vgl. auch M 171 f.
O 556 ff. — ein ähnliches gedanken verhältniss, wie A 29 %riv
^ iyw ov Ivato ' nqiv fiiv xai yfjqag eneiaiv ^€tiq(f evi olx^,
vgl. 5 282 f. ß 551. 0 164 ff.
Eine weitere entwioklungsstufe bezeichnen die beispiele, in
denen der erste satz (ohne nqiv) nicht mehr negativ, sondern
positiv ist, von der zurückweisenden bedeutung des adverbialen
nqiv nichts mehr vorhanden ist und der inf. nur noch die Vor-
stellung eines zu erwartenden ereignisses enthält. Unter diesen
beispielen sind besonders die hervorzuheben, in denen die infi-
nitivkonstruktion eine dem redenden unerwünschte möglichkeit
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136 C. Hentze
enthält, deren eintritt er durch eine im hauptsatze geforderte
oder gewünschte handlung zuvorkommen möchte, sodass rtqlv
mit infinitivkonstruktion der bedeutung nach einem negativen
finalsatze gleichkommt So nach aufforderungen im imperativ
Z 80 f. a%i^v cevTov xat kaov iQvxdxeve — tcqiv avv iv X^Q^l
ywaixwv q>evyovTag fteoiei^v, rc 376. oi 430 , in anderer form
P 30flf. — y 198 ff., nach wünschen im optativ Z 464 f. allA
f4e tedytjwra x^^ i^ccra yäia xakvrttoi tiqIv yk %i aijg ve ßofjg
aov y ek%ri»fxoio n;v»ia»ai. ß 245 f. d 667 f. q 597, mit atd^
äq>Bll8 a 401 vgL X 16 f.; auch nach aussagesätzen, die einen
wünsch des Subjekts enthalten, wie d 823 = v 426 — o 30
(loxotoaiv) Ufisvoi ntsivai rcqiv Ttavqlda ydiav iTdad'ai. O 588.
Auch in der erzählung wird durch tzqIv mit inf. öfter eine
nicht wirklich ausgeführte handlung bezeichnet, deren ausfüh-
rung durch die handlung des hauptsatzes verhindert ist : JT 322
eqfdi] oQs^dfisvog nqiv ovtaaai 'ehe er durchbohren konnte'.
@ 453. » 301. l 319. — In oratio obliqua steht n^iv mit
infinitivkonstruktion in futurischem sinne, nach negierten haupt-
sätzen (mit oder ohne nQlv): E 288. P 504. ß 375. d 2Mt
741. Q 10b, nach einem positiven e 301 ; im anschluss an einen
befürchtungs- oder absichtssatz mit fii^ im opt. nach praeteri-
tum J IIb, V 124. 193, mit fit} im conj. t] 196.
Der letzten entwicklungsstufe werden die beispiele ange-
hören, in welchen der inf. auch nicht mehr futurische bedeu-
tung hat, sondern im anschluss an aussagesätze im ind. praes.
oder praet. eine als eintretend gesetzte oder wirklich einge-
tretene handlung bezeichnet und durch ftglv lediglich die zeit-
liche folge beider handlungen (im sinne von bis oder bevor)
zum ausdruck kommt. So im anschluss an eine aussage im
praes., an eine negative T 170 ovdi %i yvla Ttqiv wx^vuj tvqIv
Ttdvtag igw^aai Ttolsfxoio. B 19. Y 100. 0 578; an eine
positive ^ 288. Häufiger in der erzählung: nach n^ertem
hauptsatze T 313 ovdi vi dvfn^ %iqftG$o nqlv rtolsfiov arofia
dvfievai. H 48L i 65. 148. l 50. 89. fi 187. t 475, nach
positivem hauptsatze / 403 - X 156. N 172. a 210. v 83,
vor positivem hauptsatze 0 100. $ 229. Der diese letzte ent-
wickelungsstufe darstellende gebrauch ist auf 20 beispiele be-
schränkt (II. 10, Od. 10). Die beispiele der Dias gehören den
gesängen HINSTYOX an; die ersten 6 gesänge und ausser
andern auch ^ und JI bieten kein beispiel.
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Der imperativische infinitiy in den homerischen gedichten. 137
Der gebrauch von jcagog mit Inf. bietet kein beispiel, in
welchem der inf. ursprünglich in voluntativem sinne gefasst
sein könnte ^).
Ich muss noch ein bedenken erwähnen, welches Delbrück
Vergl. Synt. IQ p. 437 gegen die von Heikel und Brugmann
aufgestellte ansieht über den Ursprung der infinitivkonstruk-
tionen nach rtQvv erhoben hat, das bedenken: es sei nicht ein-
zusehen, warum die Griechen gerade den infinitiy, und nicht
lieber den imperativ gewählt hätten. Dies bedenken erledigt
sich, meine ich, dadurch, dass in den beispielen, welche uns
den ältesten gebrauch von tcqIv mit inf. darstellen, die voraus-
gehende negative aussage (im fut. oder imperativ, inf.) eine
handlung enthält, welche erst im verlauf der zukunft vollzogen
werden kann, und auch die vorher zu vollziehende, welcher
jene unmittelbar folgen soll, eine futurische ist, daher der im-
perat. inf. als fnturischer imperativ an der stelle war.
Göttingen. C, Hentze,
Leo Heyer Handbuch der griechischen etymologie. Leipzig,
8. Hirzel. 8°. I. band (656 s.), II. band (860 s.), IH. band
(488 8.) «).
Es wird wenige gelehrte geben, die im laufe eines langen
lebens der arbeitsart und dem arbeitsfeld ihrer Jugend so treu
geblieben sind, wie Leo Meyer, und wenn ich nun sage, dass
ich die wissenschaftliche persönlichkeit des Verfassers der „Ge-
drängten vergleichung der griechischen und lateinischen decli-
nation'', der „Vergleichenden grammatik der griechischen und
1) Der viel seltenere gebrauch von ndgog mit inf. (überhaupt in
12 beisp., II. 7, Od. 6, mit inf. in 8 beiep., IL 4, Od. 4, mit aco. c. inf.
in 4 beisp., D. 3, Od. 1) findet eich mit ansnahme von xff 909 nnr nach
positiven satzen, daher auch nirgend ein nagog oder n^iv vorausgeht,
und nur in beziehung auf die Vergangenheit. Er berührt sich nur mit
der zweiten entwicklungsstufe von nQtv mit inf. in 4 beispielen in
AMSO, die eine in der Vergangenheit nicht eingetretene handlung ent-
halten, am meisten aber mit der letzten entwicklungsstufe von n^Cv, da
8 beisp. in Z£^ und in der Odyssee eine in der Vergangenheit einge-
tretene handlung bezeichnen. Dagegen nimmt Delbrück Yergl. synt. III
p. 486 f. an, dass nqCv sich nach nuqog, und zwar in schon sehr früher
zeit gerichtet habe.
2) Ygl. die selbstanzeige 66A. 1901 s. 825^329.
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138 A. Bezzenberger
lateinischen spräche'', der ,yFlexion der adjectiva im Deutschen^
der „Gothischen spräche" u. s. w. in dem „Handbuch der griechi-
schen etymologie" fast unverändert wiedergefunden habe, so glaube
ich damit eine Vorstellung von dem gehalt und dem wesen dieses
Werkes zu geben, die nur für diejenigen einer ausfuhrung bedarf,
welche nicht, wie ich, jenen älteren Schriften ein gutes teil ihrer
wissenschaftlichen Schulung verdanken.
Gleich den früheren arbeiten Leo Meyers „charakterisiert sich"
auch die vorliegende „durch eine reinliche, klare und nüchterne
darstellung*' (Benfey Geschichte der Sprachwissenschaft s. 591)
und durch, wie mir scheint, unbedingte Zuverlässigkeit aller tat-
sächlichen angaben. Gleich jenen zeigt sie aber auch eine be-
schränkung des arbeitsgebietes sowohl auf griechischem, wie auf
nichtgriechischem boden, welche ich trotz des alters und der
klassicität der von Leo Meyer bevorzugten Sprachdenkmäler als
richtig nicht anzuerkennen vermag, und dieser beschränkung
gegenüber ein eingehen auf das vorkommen der von ihm berück-
sichtigten altindischen, lateinischen und gotischen Wörter, die den
eindruck der Verschwendung macht. Was hat es beispielsweise
für einen wert, dass III 166 lat. dare mit „Enn. ann. 234;
447'' belegt ist? Oder dass ebenda s. 295 „das ganz vereinsamt
dastehende gothische bnauan 'zerreiben'" (das Leo Meyer ver-
mutungsweise zu x^aveiv stellt) mit dem citat: „nur Luk. 6, 1:
raupididun ahsa sipdnj6s is jah matid^un bnauandans — '^cJ-
XOVTsg' — handum" verbunden ist? Oder dass ebenda s. 300
unser graben, goth. graban (nach Leo Meyer möglicher weise zu-
sammenhängend mit x^^^aaßtr) belegt ist mit: „Luk. 16, 3:
graban — 'onaTtTBiv' — ni mag; 6, 48: mann timrjandin razn,
saei grob; 19, 43: bigraband fijands theinai grabai — 'x^qoxc^
— thuk ?" Oder dass ebenda s. 461 got. varmjan mit den be-
legen: „Mk. 14, 54; Joh. 18, 18 — 2 mal — und 25; Ephes.
5, 29" ausgestattet ist (während dem Verfasser auf der vorher-
gehenden Seite für dasselbe verbum das citat „Ephes. 5, 29:
födeith ita jah varmeith" genügte) ? Btatt ein übermaass von zeit
und räum auf solche citate zu verwenden, die sich aus spezial-
wörterbüchern doch leicht entnehmen lassen, und deren ange-
messenheit von dem herr Verfasser selbst dadurch in frage ge-
stellt ist, dass er sie öfters ganz willkürlich ausgewählt (vgl. z. b.
die obigen anführungen über got. varmjan und die belege für
altind. pdti-s II 506, 546: RV. I, 44, 9; I, 52, 13 — RV. I,
127, 8; I, 105, 2) und bei der anführung von z. b. altslavischen
und litauischen Wörtern verschmäht hat — statt also sich und
sein publikum mit solchen citaten zu plagen, wäre es gewiss
richtiger und willkommener gewesen, wenn er die griechischen
dialekte ausgebeutet und bei jedem griechischen werte die beson-
deren mundartlichen formen, unter denen es bekannt ist, ange-
geben hätte. Dass er dies unterlassen und die dialekte nur auf
das notdürftigste berücksichtigt hat^ beeinträchtigt den wert seines
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Anzeige. 139
Werkes sehr empfindlich und macht zugleich den mangel eines
der anläge von Büchelers Lexicon italicum oder von Miklosichs
Etymologischem Wörterbuch entsprechenden, aber mit belegen aus-
gestatteten griechischen Wörterbuches recht fühlbar.
Auch mit griechischen citaten hat übrigens der herr Verfasser
sein werk allzu reichlich bedacht, indem er sehr oft bei einer
anführung oder einem verweise ein griechisches wort mit beleg-
steilen begleitet, obgleich dasselbe wort an seinem platze mit aus-
geschriebenen belegen genügend versehen ist. Ich verweise bei-
spielsweise auf ftooig n 546 und 506, dearto'nig III 217, II 546,
Td^ig II 766 und 728.
Das werk ist lexikalisch angelegt und grundsätzlich aber
nicht mit pedantischer konsequenz nach stammen geordnet. Ab-
gesehen von einzelheiten kann ich dies nur billigen, muss es aber
einstweilen für einen missgriff halten, dass die ordüung nicht in
gemässheit des griechischen alphabets, sondern nach einer von
dem herrn Verfasser gewählten buchstabengruppierung erfolgt ist
(a, €, 0, 17, w; t, aiy €iy 01; v, av, ev^ ov; % [auch ^, 7t [auch
V']» ^; y» ß> ^» C; X» ?>> *; <^i ^ l^> Q* ^)- ^«^ «^^^» ^en der
herr Verfasser für diese einschneidende neuerung geltend macht,
dass nämlich die reihenfolge des gewöhnlichen alphabets „eine
sehr bunte ist und viel nah zusammengehöriges weit auseinander
reisst'< (QQA. 1901 s. 328), wird niemanden mit ihrer unge-
heuren Unbequemlichkeit aussöhnen. Der angegebenen Ordnung
gemäss folgen der reihe nach z. b. auf ftä „sich erwerben'' (II
465): Ttatd", ^«og-, Tto- (pronomen), 7to- „trinken", ttj, ntjö^gy
nah- „trinken", ttcü, Ttwv-y Ttwvyy-y 7t i- (Ttl-) „trinken", /rla^,
nUtßiVy Tttov-y ftal'Siv, rtai^o-v, Ttai^ov-, Ttaiwviä, nol, noUeiv^
Ttoio^^ Ttoitj „gras", Ttoiri „sommer, jähr", rtiavo-gj ftveXo-g,
nvo-g^ Ttvog-t Ttav-ead-ai, Ttovy TtoMXouv u. s. w.; auf Jiwpvao-g
im 177): dtfaXvYio-gy diaiy dlaita^ Siaivsiv, dal u. s. w.; auf
^qv^AO^v (in 253): ddilo-g, dilaof u. s. w. — Femer muss ich
mich gegen das nicht seltene zerreissen von zusammengehörigem
aussprechen, das der herr Verfasser doch gerade vermeiden wollte,
z. b. von 7to-^ TTw-, Ttir- (7ti') „trinken" (s. oben), oder von ya-
„töten" (in 348), qnxto-g „getötet" (III 360), q>€V- „töten" (ge-
folgert aus e7t€q>vov; III 384) und ^-ay- „schlagen" (III 449:
„im gründe das selbe mit q>€V' 'töten'"), obgleich zuzugeben ist,
dass in dieser hinsieht die richtige mitte zwischen einem zu viel
und einem zu wenig nicht leicht gefunden werden kann.
Bei der behandlung des Stoffes ist der herr Verfasser darauf
ausgegangen, ihn von seinem wissenschaftlichen Standpunkte aus
nach möglichkeit gruppenweise vorzuführen. Um aber auch die
Selbständigkeit mindestens der wichtigeren ableitungen hervor-
treten zu lassen, hat er dieselben auch besonders — öfters, wie
bemerkt, etwas zu breit — behandelt, oder doch aufgeführt. So
heisst es z. b. unter tdaaaiv (II 766) nach einer reihe von be-
legen dieses wertes:
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140 A. Bezzeuberger
„Dazu tä^ig 'geoidnete auf Stellung, heerhaufen, Ordnung*;
'Stellung, platz'; Aesch. Prom. 128: q>iUa yag fjÖB va^ig nxBQvycop
^odig afililaig Ttqoaißa Tovde Ttayav. Pers. 298: oa% erct
oxTjTtTOvxiijf ToxS'etg avavdgov tcI^iv fjQi^fjtov &avtiv. Soph. Oed.
Kol. 1310: ^^^ctjK^wv %a tcSv k^äv^ dt vvv avv STtra xd^eaiv
avv enxa re Xoyxatg xb Qijßfjg tzböLov äf4q)eaTaai fzäv, Hdt.
1, 82 : 6 di %wv AomedaifjLOviunf ^O&QDadrig . . . |y r^ xa^i elxe
kiovTÖv. (Biehe auch besonders seile 728). räyo-g 'anordner,
befehlshaber' (siehe besonders seite 749). — tayij 'Schlachtord-
nung' (siehe s. 749)".
Schlägt man die stellen, auf die hier verwiesen ist, nach, so
findet man:
(S. 728) „rd^ig 'geordnete aufstellung, Ordnung, Stellung,
platz' (weder bei Homer noch bei Hesiod; Pindar hat es nur in
dem abgeleiteten ra^iow&ai 'sich in Schlachtordnung aufstellen'
Ol. 7,8;— Aesch.Prom. 128; Pers.298; 380; Soph. Oed.Kol.1311;
Bruchst 399, 3; Hdt. 1, 82; 6, 111; 9, 26; 27), siehe weiterhin
unter tdöOBi^v 'geordnet aufstellen, ordnen'; 'verordnen, befehlen'".
(S. 749) „xäyo^g 'anordner, befehlshaber'. H. 23, 160:
Ttagd d* oi %ayol afjifjLi fÄSvovtonf (scheint weniger gute lesart
als . . . o? if" dyoi 'führer' . . .). Aesch. Prom. 96: voior^ 6
viog Tayog (layuxQiov i^Q W ifioi deOfÄOv aeixfj. Pers. 23:
%ai Meyaßdftig ^^ ^AOTciaTtrjg, %ayoi üeqativ. 324: Bdqvßig
V€ ftev%m.(nf%OL ftevränig vewv %ay6g. 480: vawv yB zayol %wv
XBXBL(jLfjLBV(j}v . . . fUQovtm wvytjv. Agam. 110: l4x^^^ dld-qorov
xgctTog^ ^Ellddog fjßag ^fjKpqova rayti. Soph. Ant. 1057: ao^
ola&a rayovg ovtag av Idygg liyiov; Eur. L A. 269: avv o
^'AÖQaatog rjv tay6g. Ar. Bitter 159: o; %wv ^Ad'miiav %aye rwv
evdai/iovwp. Xen. Gesch. 6; 1, 8: ort . . . evneruig äv iyw
rayog Qertalwy dndvtwv xaraoTairjv. Pollux 1, 128 erklart:
i'di.ov . . . &eTtaX(Sy zayog, — Dazu rayi/ 'Schlachtordnung';
Ar. Lys. 105: 6 d' ifiog ya (nämlich dvjjg), xav ix to^ rayag
eXop nona. — Scheint eine verbalgrundform räy (oder %ay)
'ordnen, anordnen, befehlen' zu ergeben, die aber in keiner ein-
zigen verbalfonn deutlich heraustritt, ausser in dem paBsivaoristi-
schen ray^vai, das aber nur bei späteren (wie ApoUod. 1, 9, 23;
rd iTtV'Tayivra) vorkommt und sich zu dem präsenlischen %daauv
(siehe seite 766) stellt".
Diese beispiele lassen zugleich die sehr eingehende behand-
lungsweise erkennen. Was an griechischen Wörtern einem Stich-
wort untergeordnet und nicht durch Verweisungen erledigt ist, ist
mit belegen versehen, und alsdann ist auf lautliche Verhältnisse,
form und verwantschaft des betreffenden wertes bezw. wortkreises
eingegangen.
Unleugbar ist diese behandlungsweise sehr zweckmässig und
wie sie, so erkenne ich auch gern an, dass die belege, obgleich
in einzelnen fällen über ihre auswahl eine auskunft erwilnBcht
wäre, über das vorkommen der griechischen Wörter in der litte-
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Anzeige. 141
ratur gut orientieren, und dass das eingehen auf die form der
Wörter, ihre erläuterung durch parallelbildungen eine grosse an-
nehmlichkeit bildet. Womit ich mich aber nicht befreunden kann,
ist die etymologische seite des Werkes. Nicht selten ist gar keine
deutung eines wertes gegeben, obgleich es klar oder befriedigend
erklärt ist» und nur zu oft ist eine gute etymologie in unbegrün-
deten zweifei gezogen oder gar bald ausdrücUich, bald still-
schweigend einer weniger guten nachgesetzt. So heisst es unter
ddiv- „drüse" (I 137): „dunkeler herkunft . . . Fick I * 363 ver-
muthet Zugehörigkeit zu altbulg. jendro 'kern, hode' und altind.
andä^m 'ei, hode' (Manu; Hit)". Die tadellose kombination
Saussures: ddrp^ — lat. inguen — an. ehkr „geschwulsf' (M6-
moires de la soci6t6 de linguist VI 53) wird hier jeder vermissen.
— Von ddivo-q^ das „etymologisch völlig dunkel" sei (I 141),
gibt es eine bemerkenswerte erklärung Zupitzas (Gutturale s. 88).
— af4vä(4og „enkel, nachkomme", das sich von selbst in d-fjLväfxo^
zerlegt und einen nachkommen insofern benennt» als seine erinne^
rungen nicht soweit zurückreichen, wie die eines vorfahren, ist
mit dOT kurzen bemerkung „dunkelen Ursprungs" abgefunden
(I 249). — Von iQoyfj „andrang, schwung" (I 443) ist gesagt:
„Die gewöhnlich angenommene identitat mit dem vorausgehenden
iQun^ 'das ablassen' ist bei dem weiten auseinanderliegen der be-
deutungen beider Wörter durchaus unwahrscheinlich. Weiterer
etymologischer Zusammenhang noch unermittelt". Diese äusserung
trifit schon seit langer zeit nicht mehr zu, s. Fiok Vgl. wbch.
• m 252 (unter räaa), Prellwitz Etym. wbch. s. 104. — iqioq
(I 602; nach dem herm Verfasser „alt wahrscheinlich /ifto-^')
ist unerklärt geblieben, und iifiog, das daran anklingende beiwort
ApoUons, soll von imog „kläglich, jammervoll" nicht verschieden,
„aber wohl anders (aoer wie?) gedacht" sem (II 15). Die erklä-
rungen, die Froehde BB. III 7, XIX 235 von diesen Wörtern
gegeben hat, durften hier nicht unerwähnt bleiben. — Für fij^oixa
(11 22), J^Bixd^eiv (II 105), ßeixtav (II 106) u. s. w. ist angeb-
lich „weiterer etymologischer Zusammenhang noch nicht nachge-
wiesen; Fick (bei Bezzenb. 4, 184) behauptet einen solchen mit
lit. vfkti 'eintreffen, zutreffen, wahr werden', bringt aber gar nichts
bei, das die von ihm angenommene bedeutungsentwicklung irgend
me wahrscheinlich machen könnte" (II 23). Diesem mangel hätte
der herr Verfasser aber selbst leicht abhelfen können. Ich führe
an: lit. pchtvdikslas „beispiel", pa-weikdfis „musterhaft" (vgl.
ßei^xülv), newyk^ ddikts (lit. forsch, s. 57, vgl. äßsixehog), lett
uAkstüs „ich schicke mich an" (vd. J^ifoixe „es schickt sich").
Übrigens stellt Fick neuerdings ioiyux vermutungsweise zu skr.
vigati „eintreffen" (Wbch. * I 543) und Prellwitz Wbch. s. 85
ist ihm leider darin gefolgt — Über oixea&ai liest man (II 131):
„Da in den verwanten sprachen sich ofienbar keine frappant ent-
sprechende form findet, so bleibt Benfeys Vermutung (Or. und
Oco. ly 427; 732) erwägenswerth, nach der das % ^ &^^ ^hn-
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142 A. ßezzenberger
lieber weise wie in a^ead'ai 'kommen, gehen' (1, seite 460) sich
aus älterem prasentischem sk entwickelte und dasselbe alte altind.
ti zu gründe liegt, das mit der bedeutung 'bringen , heibeiscbafien'
schon unter oU 'tragen, bringen' (seite 121) aufgeführt wurde,
mehrfach aber auch in der beideutung 'gehen, kommen' auftritt".
Ich möchte wissen, was Leo Meyer gegen die Verbindung von
oXxofiai und lit eigä „gang" (Prellwitz Wtboh. s. 221) einzu-
wenden hat — Obgleich Homer nur xiJQ zeigt, bleibt der herr
Verfasser doch bei der alten annähme, dass %^q aus xictQ kon-
trahiert sei, und erklart über dieses: „Dunkeln Ursprungs. Die
annähme naher Zugehörigkeit zu xceQÖitj 'herz' ist ohne boden"
(n 218 f.). — 7tQOfiv7iaTiv(hg „einzeln einander folgend" ist mit
{»yxcoi^lvog verglidien, „das offenbar von dem superlativischen
ayxiotO'-g ausging. So darf man auch in unserem wort
das -aT- für superlativisch halten. Die vorausgehende suffixform
begegnet offenbar denen in n^vf^vo-g 'der äusserste' Die
grundlage aber bildet nQO 'vor"' (U 640). Ganz anders und
wie ich glaube, abschliessend ist TtQOpLvrjaiTtvog von O. Hoffmann
Rhein, museum LVI 474 erklart. — Die Zusammenstellung von
xiod^äCßiv mit unserem tadelf die übrigens meines Wissens zueest
von mir gemacht ist (BB. V 315), trifil nach dem herm Verfasser
„schwerlich das rechte". Er selbst ist nicht abgeneigt, daa grie-
chische wort mit skr. hdscUi „lachen, verspotten" in zufiammen-
hang zu bringen, an dessen intensivform jähasyamäna tw^^v
„sich möglicher weise eng anschliessen könnte" (H 763). — ßi^nri
soll „etymologisch nicht mit Sicherheit weiter zu verfolgen" sein
(UI 151). Ich glaubte bisher, dass Ficks etymologie ßlijxV'
ahd. kUtga (BB. XII 161) allgemeine Zustimmung gefunden habe
(vgl. Brugmann Grundriss * I 614, Zupitza Gutturale s. 82). —
dQVTtTBiv (ÖQvqfeiv III 252) „scheint" nach Leo Meyer „in den
verwandten sprachen noch nicht aufgefunden zu sein", ist aber
mit recht zu lett, drupt „zerfallen, in trümmer gehen, zerbröckeln"
gestellt (G. Meyer Griech. gram. * s. 69 ; wegen des Verhältnisses
zu lit. trupSti „in brocken zerfallen" (dazu trutnpas „kurz") s*
s. Noreen Urgerm. lauüehre s. 185 anm. 3, Eretschmer KZb.
XXXI 455 anm., Zupitza das. XXXVH 389). — xoQOg, deesen
identificierung mit lit zäras (Fick Wtbch. « I 435, Prellwitz
Wtbch. s. 362) ich für tadellos halte, ist ohne erwähnung dieser
etymologie in Zusammenhang gebracht mit skr. ghurndti „hinund-
herschwanken, wanken, sich hinundherbewegen, zucken" (HI 308).
Nach dem herm Verfasser selbst ist es lediglich wissenschaft-
liche strenge gewesen, wodurch sein etymologisches verhalten be-
stimmt ist. „Alles" sagt er in der selbstanzeige des Werkes s. 329
„was an früheren worterklarungen nach dem gegenwartigen stände
der Wissenschaft als ganz verfehlt angesehen w^en darf, ist ganz
unerwähnt geblieben, ebenso aber auch alles, was etwa an fülzu
unsicheren und verwegenen muthmassungen sich hie und da leicht
hätte vordrängen mögen. Wo ausreichende erklärungen noch
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Anzeige. 143
fehlen, ist es unverblümt ausgesprochen; mit Wendungen wie
'dunklen Ursprungs', 'etymologisch noch unaufgeklärt' und ähn-
lichen ist durchaus nicht gespart". Die obigen anführungen geben
aber ein ganz anderes bild. Nicht strenge rücksicht auf den
gegenwärtigen stand der Wissenschaft hat den herm Verfasser ge-
leitet, sondern lediglich sein subjektives ermessen, sein wissen-
schaftlicher geschmack, und dass er in dieser beziehung auf ein-
samem pfade wandelt — wenn dafür noch ein beweis nötig ist,
so bietet ihn z. b. I 636, wo die Zusammenstellung von i^ilix-
und aind. sadrg- als „noch immer wahrscheinlich" behandelt ist
Diese Subjektivität hat aber nicht nur unmittelbar, sondern
auch mittelbar das urteil des herm Verfassers ungünstig beein-
flusst, denn sie — und gewiss nichts anderes, da der Vorwurf der
bequemlichkeit der ungerechteste wäre, den man Leo Meyer
machen könnte — hat ihm auch die neuere einschlagende litte-
ratur fem gehalten und ihn also verhindert, sich ein zutreffen-
deres bild von dem gegenwärtigen stände der Wissenschaft zu
machen. Wie wenig er sie zum grossen schaden seines Werkes
berücksichtigt hat, wie viel er aus ihr hätte entnehmen können,
das man nun wieder mühsam zusammen suchen muss, wie viel
nutzbarer und zeitgemässer er mit ihrer hülfe ein werk, das in
solcher ausdehnung nicht leicht wieder erscheinen wird, hätte
machen können, zeigt dasselbe auf jedem blatt. Ficks Wörter-
buch ist wohl das einzige hülfsmittel, das er mit einer gewissen
regelmässigkeit benutzt hat, und gewiss gebührt diesem eine be-
vorzugung im höchsten grade, denn niemand wird leugnen, dass
Fick der verdienteste etymologe unserer zeit ist. Aber Fick selbst
wäre der letzte, der den grossen etymologischen leistungen Bugges,
Froehdes, J. Schmidts aufmerksamstes gehör versagen und es ab-
lehnen würde, überall nach etymologischen perlen zu suchen, wo
er sie vermuten kann. Wie er ein etymologbches handbuch des
Griechischen anlegen würde, hat er in seiner anzeige von Prell-
wits* etymologischem Wörterbuch (GGA. 1894 s. 227) ausge-
sprochen. Dass Leo Meyer ihm nicht gefolgt ist, wird hoffent-
lich dazu beitragen, dass Prellwitz' werk bsdd in einer neuen
bearbeitung erscheint.
Die zahl der falle, in denen ich aus der fach wissenschaft-
lichen litteratur etymologische bemerkungen gegen den herm Ver-
fasser zu entnehmen habe, ist zu gross, als dass ich sie erledigen
könnte, und hier noch eine auswahl aus ihnen zu treffen, hätte
wenig zweck. Dagegen erlaube ich mir eine reihe von Wörtern
zu behandeln, deren beurteilung ich fördern zu können glaube.
dßoKiBiv, aßcMtig (I 127).
Diese Wörter und aßa^^ das Hesych als erklärung von aßet'
xfig braucht, nebst dßcactjfiary ^^aXalog^ davyerog" (ders.) verbinde
ich mit ßaxTfjQia „stock, stütze", ßänTQOv „stab, stütze", ßdxtai
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144 A. Bezzenberger
j^loxvQoi*' (Hesyoh), lat bäculutn, ifipieciUus „schwach^' (Fick
BB. XVII 320\ Uhlenbeck PBB. XVIII 242 hat zu diesen
Wörtern mit recht nd. pegel gestellt; ahd. chegil, das Fick ihnen
zugesellen wollte, ist das asl. zhzh^ russ. iiezh ,,stab, stock'',
lett fißs „Stab", vgl. Miklosich Etjm. wbch. s. 413.
Die ursprüngliche bedeutung von a-ßccK- wird „haltlos,
schwach" gewesen sein, und hiervon liegt „ruhig, sanft, still"
nicht weit ab, vgl. z. b. den gebrauch von engl. soft. Übrigens
kann in aßmriacnf Od. 4, 249 dieselbe geringschätzigkeit stecken,
wie in imbecäliis.
dyavcmTeiv (I 108).
ayctwccKzifa — ay-ava%T€<o enthält vermutlich -otycty — • f>ngh
in lit. ünkti (üngau) „Ammern wie ein hund", ünkstyii „leise
winseln, wimmern", germ. ank- in mnd. ankert „seufzen, stöhnen".
Vgl. GGA. 1898 s. 554 anm., wo weniger gut TceQi'tifjuxTifo zu
üfäcti gestellt ist.
ae»Xov (I 8), aoQ- (I 14).
aeS-lov „kampfpreis", asS'Xog „kämpf, wettkampf" hat Benfey
Wurzeil. I 255 f. zu skr. vadh „schlagen, erschlagen, verwunden,
töten" gestellt (vgl. txxdhd, vddhatra^ vadhdnä, vädhar = av.
vadare „waffe"), und diese etymologie scheint mir viel zu früh
aufgegeben zu sein (so auch von Zupitza KZs. XXXVII 405 f.).
aed'kov kann ursprünglich „wafie" bedeutet haben: die waffen des
gegners waren damals die svoqol. Später trat anderes unter ihrem
namen an ihre stelle (II. XXII 163 f.). Unter diesem gesichts-
punkt findet die Hesychische glosse aoQeg' ywaixeQ Hyavrcu xal
ZQiTtoöeg (vgl. äoQwv * ywat%(Svj falls nicht zu ändern in ooQOfy)
ihre sehr einfache erledigung, und auch nicht zweifelnd lässt sich
hierauf ein äoQ- „frau" begründen (I 14). Nur insofern ist
Hesychs deutung von aoQeg beachtenswert, als sie eine Überliefe-
rung erkennen lässt, die als eigentliche bedeutung von aaS^lov
aoQ€g, also eben „waffen" annahm.
alomeiv (11 74).
Wie idw auf *aefajü} kann alovato „begiesse, feuchte an"
auf *aaißoväjw beruhen^) und zu lit sywai „saft", lett. ^we,
aiws (auch gijs, wie aj^s „schafe", güjs „kühe" Lett dialekt-stud.
s. 160) „das öl, das sich beim stossen des hanfs bildet, mist-
jauche" (auch „scharfe materie" im anschluss an siws „scharf"),
got. 8aiv8 „see" gehören. Die wurzel dieser Wörter scheint im
Griechischen bereits durch al^a (Prellwitz a. o. s. 8, Stokes Ur-
1) Fick 60A. 1894 b. 229 zieht far die erklämng von aiovdta yed.
ifvämi drapBäm in betracht. Allein dies heisst „ich sende den tropfen^*
(KV. YIII 86, 14), und in atovdu liegt nicht die vorstellang der schnellen
beweguig, die an ty haftet.
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Anzeige. 145
keltischer spraohschats s. 303) vertreten zu sein (s. jedoch Fick
GGA. 1894 8. 229).
Got. (german.) saiva auf *8oikvi-' zurückzufuhren (Zupitza
Gutturale s. 68) nötigt gar nichts, denn ahd. giaig {gesUc, gtsic)
„palus, stagnum'S das angeblich für die erklärung von saivs
maassgebend ist, hat kein recht für mehr als eine hochdeutsche
bildung (aus sigan Graff VI 130 f.) zu gelten. — Pick Vgl.
wbch. 3 II 257, ^ I 141 stellt lit aywai zu gr. veiv „regnen
lassen 'S „regnen'' und skr. 8un6ti „auspressen". Allein dem
widerspricht das y, und was veiv betrifil, so ist es fraglich, ob es
mit skr. su zu verbinden ist. Empfehlenswerter scheint mir seine
Vereinigung mit onieiv „schöpfen" (Fick BB. 11 187, Osthoff O^
schichte des perfekts s. 486), lat haurio und an. ausa „be-
sprengen, begiessen", nicht nur, weil in vbiv die Vorstellung des
pressens nicht enthalten ist (vgl. in dem vorliegenden werke II
139), sondern auch weil durch diese Zusammenstellung eine be-
friedigende erklärung der formen vadTjoay und iqwafiivog und
des Wortes vatioKOv „trinkgefass" (II 165) gegeben wird. Dass
vd-kog „leeres geschwätzt zu veiv gehöre (Persson Wurzelerweite-
rung s. 8 f.), ist sehr unwahrscheinlich. Wohl aber darf ^idv
auf veiVy ausa bezogen werden (Froehde BB. XX 212; an. eyrr
bleibt besser fem).
ämevsiVy ayuovuv (I 43 f.).
dxevsr rtjQei» KvrtqiOL (Hesych), axsiovtog im recht von
Gortyn (von Bücheier mit „indem hört" übersetzt), Idmevad
(Bechtel GN. 1888 s. 411) will Kretschmer EZs. XXXIU
565 wegen der nicht zu bezweifelnden vergleichung von amovia
mit got. hausjan von änovw trennen. Ich lasse es dahinge-
stellt sein, ob nicht mit wenigstens demselben rechte diese ver-
gleichung wegen mevw aufgehoben werden könnte, da mir alle drei
Wörter eng zusammenzugdiören scheinen. Ihre letzterreichbare
grundlage sehe ich in asi. öuti „noscere", nsl. öuti „hören, wachen",
wr. cu6 „hören" (Miklosich Etym. wbch. s. 37, Bemeker IF.
X 151, Zupitza KZs. XXXVH 399).
Aus der hierin enthaltenen Wurzel k^ ergaben sich zunächst
zwei ablautsf ormen : keu und kä. Letzteres ist erhalten in gr.
nvdog „rühm, ehre" (11 277), hervorgegangen aus ^kexidos- = slav.
öudo „wunder" i). Zu keu stellen sich %o(/)iwy skr. kavl (II 21 9 f.,
Hirt Ablaut § 449), wie z. b. lit. sraweti zu ^€Ci>, und es liegt
selbst vor in (a-)x6t;co, in dem %ev durch 8 erweitert ist (vgl.
russ. düchath „schmecken" : duth „wahrnehmen", gebildet wie asl.
qchati^ gr. uaadofjLcti BB. VII 62).
Aus {a-)7i€v{a)(o ergab sich endlich (a')xov{a)j(o — got.
hauaja sei es auf dem von Meister (Dialekte II 231) vermuteten
1) In Hudo sehe ich eine doroh Hu€hf „riese", HuUdh „fremd" ver-
anlasste Umwandlung von oudo. Anders Bemeker a. o. s. 156. Vgl.
J. Schmidt ESB. VI 184.
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146 A. Bezzenberger
wege, sei es als eine denominale bildung (ygL axaij). Dass diese
beiden verba ursprünglich „wahrnehmen'' bedeutet haben, darf un-
bedenklich angenommen werden, und ebenso ist es ganz unbe-
denklich, in dem d- von a%svw^ axotco das lett. sa zu sehen (vgl.
lett, just „fühlen, bemerken, empfinden'' — sajud „fühlen, be-
merken, wahrnehmen"); die entwicklungsreihe ^acmetaw — ^Ha-
xevHü) — äytevHü) — dxevop ist völlig regelrecht Nicht unbe-
denklich ist dagegen die von Ejretschmer vertretene annähme,
dass anovfo auf einer Zusammensetzung ax-ovg „ein scharfes ehr
auf etwas habend" beruhe (vgl. auch Fick BB. I 334, Johansson
IF. III 199). Viele analoge bildungen lassen sich keinesfalls
nachweisen, und driQoäa&at, die hauptstütze dieser erklarung^
steht seiner bildung nach so weit von dxovto ab {cniovfo —
dxQodofiai; dutjxoa — iJxQoäfiai), dass es mehr gegen, als für
jene annähme spricht.
In den kreis der eben behandelten werter ziehe ich auch
das viel erörterte lat. custödtre (s. Zupitza Qutturale s. 127 f.),
dessen st seiner unmittelbaren Vereinigung mit xei^oi widerspricht
(vgl. J. Schmidt EZs. XXV 166), und dessen erklarung aus
hudhS'U (Brugmann IF. VI 103 f.) mir zu gekünstelt ist i). Als
„bewahren, verwahren" lässt es sich dagegen eng mit mevw
vereinigen. — Ohne bedeutung für die etymologie von custödire
sind die von Prell witz BB. XXV 312 herangezogenen lettischen
Wörter, da sie gar nicht echt-indogermanisch sind: ktide „stelle
in Aussen, wo die fische laichen" ist das liv. kud, estn. kudu
„laich" (Thomsen Beröringer s. 262) und in ufkude „keller^,
ufkuds „brotkleete" steckt liv. koda, estn. kodu „haus" {uf-
„hinter" wie im Litauischen), gleichwie in kodlaks „hausier".
d%idv6g^ dxiÖQOS (I 41 f.).
Die Zusammenstellung dieser Wörter mit skr. khid „stossen,
drücken" ist bedenklich wegen des kh dieses verbums, und noch
weniger kann ich mich mit der Verbindung von äxidvog mit
fiixQOs (Bury BB. VII 340) und mit ^rtadavog (Fick GGA. 1894
s. 229), sowie mit seiner beziehung auf x/dvi; „geröstete gerste"
(Prellwitz Wbch. s. 10) befreunden. Begrifflich Hessen sich
dxidvogf dmdQog eher auf rjxa „schwach", oKaXog >,ruhig" be-
ziehen, aber formell sind sie hiermit nicht wohl zu vereinigen.
Dagegen steht nichts im wege, sie zu cymr. cwyddo „fallen", an.
hitta „treffen" (Stokes Urkelt. Sprachschatz s. 75, Zupitza Gutturale
8. 117) zu stellen. Als ihre ursprüngliche bedeutung wäre dann
„hinfällig" anzunehmen.
1) Ahd. hutta „hütte" und hüs „haus", die wiederholt mit eutUdSrB
in Zusammenhang Rebracht sind, stelle ich (hMs als küt9»-<h) zu nordlit.
zemait. lüitis „stall", lett. käts „viehstall, vorhängeschloss" (nach
Brückner Litoslav. stud. I 100 vielleicht aas poln. kue»a „niedrige hütte",
entlehnt, was er wohl selbst nicht mehr glaubt).
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Anzeige. 147
axoXog, aßoXog (I 39, 129).
axoXog „brocken, bissen" scheint mir nichts, als a-noXo-^
(vgl. lat ceüo) zu sein, obgleich keine der möglichen deutungen
des a- sich dieser erklärung leicht fugt. Dagegen kann in aßoXog
„mantel'' nur das „kopulative*' o enthalten sein, wenn es, wie ich
nicht zweifle, ein griechisches wort ist. Wie der mantel zu diesem
namen gekommen ist, lehrt das lateinische „pallium in collum
conjicere*'.
av€(p^ av8(o (I 192).
BB. rV 314 f. habe ich tj „sprachV von skr. oA getrennt
und eine erklärung von ^ vorgeschlagen, die ich heute zwar nicht
mehr für richtig, aber an und für sich noch immer für besser
halte, als die zurückfuhrung von rj auf *^x^ (ausfuhrlich hier-
über Osthoff BB. XXIV 171 f.). Was gegen jene erklärung
spricht, ist aveto (aveqi), das von rj nicht wohl getrennt werden
kann imd insofern die annähme einer wurzel se für ^ verbietet
(vgl. a'(a)cti;og). Es ist ablativ (vgl. Buttmann Lezilogus II 1 ff.)
von ^arfjßog =» av-tj/o-Q „nicht sprechend" (vgl. Düntzer KZs.
XIII 1 f.), gebildet aus dem er privativum (wegen dieser betonung
vgl. Knauer KZs. XXVII 1 ff.) und einem adjektivum i^fo-g,
das zu ^ gehört, wie lat. gnavu-s zu lit. zinö4i, gr. tXtj/o^
(: tXä/og) zu tXtjf^i,. Das t] ist verkürzt wie z. b. in Toxiioy.
Ficks Schreibungen ävaoi, aväw sind, soweit ich sehe, ohne ge-
währ. Die betonung aV«cti erklärt Buttmann a. o. s. 3.
avTfjQlg, avtQOV (I 205, 208).
ävTtjQLg soll nicht nur „stütze", sondern auch „fensteröffnung
oder überhaupt loch, nüster" bedeutet haben (dann dvr^Qig be-
tont) und scheint mir, soweit ihm diese bedeutung zukommt, zu
avTQoy zu gehören. Für verwant halte ich asl. qÜb „durch-
löchert" ((fUina, qtlizna „scissio"), russ. ütlyj „leck, morsch,
schwach, krüppelig", poln. wqtly „schwach, nicht fest", wqtlica
(fvqklica) „zerbrochener topf" (Miklosich a. o. 223, 430) und
lett. dtenis, dtdinüe vermutl. „krüppel-birke" (gegensatz: purdinüe
„sumpf-birke").
a^og, äo^og, o^og (I 13, 145, 524).
Leo Meyer hat o^og in der Verbindung o^og^'^tjog von o^og
„zweig" nicht getrennt, während ich von der richtigkeit der an-
nähme überzeugt bin, dass es in dieser Verbindung an ^ao^og,
a^g „diener" anzuschliessen ist. In der deutung von oXog ^'Aqrjog
bin ich also mit W. Schulze Quaestiones s. 497 (vgl. Johansson
IF. III 199 f.) einverstanden, aber nicht beipflichten kann ich
seiner lautlichen erklärung dieses oC,og als o-ad-o-g, da sie nicht
allein Übergang von ad in ^ annimmt (wofür sichere beispiele
10*
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148 A. Bezzenberget
fehlen), sondern, was noch viel empfindUcher ist, in o^og und
ao^og (das von W. Schulze als a-aoö-jo-g aufgefasst wird und
sich gar nicht anders auffassen lässt) principiell verschiedene
bildungen sieht und das ^ von o^og ganz anders beurteilt als das
von ao^og. Beides ist aber so willkürlich, dass eine bessere er-
klärung von o^og (*i/iQt]og) gesucht werden muss.
Eine solche wäre schon die zurückführung von o^og auf
0'a{o)dJ0'g, also eine bildung, die sich von ao^og durch ihr o-
= a- (vgl. W. Schulze a. o. s. 494 ff.) und das fehlen des
wurzelvoktds (ebenda s. 498) unterscheiden würde. Allein abge-
sehen von anderem bliebe bei ihr unklar, warum der wurzelvokal
in ao^og geblieben, hier aber geschwunden wäre. Aus diesem
gründe ziehe ich es vor, in o^og (^'Aqrjog) eine falsche Umschrei-
bung von 0Z02 s=a w^og und in dem w dieser form das ergeb-
niss einer kontraktion zu sehen. Als offne form setze ich o-oCog
voraus, da zusammenziehung von a(a)o der echten homerischen
spräche nicht zugemutet werden daif, während kontraktion von
o<<7)o durch ^Hovg d 188, aldovg v 171 (vgl. Pick Ilias s. 556)
gut bezeugt ist und durch zusammenziehungen von a(o)a eine ge-
wisse bestätigung findet. Das Hesychische o^eia - &€Qa7t€ia bietet
keinen triftigen einwand gegen diese erklärung, da o^eia eine
ganz späte ableitung aus dem falsch umschriebenen 0Z02 sein
kann; und ebenso wenig sind a^oc, d^fjtm (I 145, W. Schulze
a. o. s. 500) für die erklärung von otpg (*A^og) von bedeutung,
da nichts hindert, atßg^ äl^^Tai zu schreiben und das anlautende
d mit Leo Meyer auf a — o zurückzufuhren.
Ein besonderes interesse verdient ao^og (fi^og, ci^og) insofern,
als es dasselbe ausweichen eines kompositums in die ,;o-deklination
zeigt, das sich im Litauischen und Lettischen zum gesetz erhoben
hat. Bekanntlich steht es aber in dieser hinsieht im Griechischen
nicht allein. Einige derartige griechische bildungen habe ich
Beitr. z. geschichte der lit. spräche s. 105 angeführt, andere
sind von Pick GGA. 1881 s. 444, Johansson BB. XIV 171,
Prellwitz Programm des gymnasiums zu Bartenstein 1895 s. 8
erwähnt. Ein hübsches beispiel ist VTtvog : iv-Vftvvov, weil
h'Vftviov deutlich auf eine lokativische Verbindung als Veran-
lassung des thema-wechsels hinweist und zugleich die entstehungs-
art einer anzahl von /o-stämmen aufhellen hilft, da unzweifelhaft
(ev-)v7tviov identisch ist mit lat. somnium, slur. 8väpnya-m und
sich hiervon lediglich unterscheidet wie ev-alog (neben evaliog *«
iv ali'Og) von lit. sola „insel'^ (Prellwitz a. o.). Selbstver-
ständlich kann aber nur eine beschränkte zahl derartiger bildungen
aus der Verbindung einer präposition mit einem lokativ ohne
weiteres erwachsen sein; von den meisten derselben ist vielmehr
anzunehmen, dass die ihnen je zu gründe liegende Verbindung
nach mustern wie ircix^iviog^ ivdXiog deklinabel gemacht wurde.
So entstand z. b. evvTtviov nicht ebenso aus *iv vnveiy wie iTtc-
X&Sviog aus ijti x^ovi^ sondern ist in iv-vn:y{BCyuhy zu zerl^;en.
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Anzeige. 149
Beiläufig bemerkt darf I^t. insomniutn nicht mit iyvnviov identi-
ficiert werden, sondern ist als eine lateinische neubildung anzu-
sehen, da es jünger als somnium ist. — Ein keltisches komposi-
tum, das in den kreis der hier behandelten Zusammensetzungen
gehört, ist Mediolanium Revue celt. VUI 187 (vgl Fick BB.
Xn 161).
Im anschluss hieran erlaube ich mir, einige belege für die
Umstellung von compositionsgliedern, die ich Beiträge z. geschichte
der lit. spräche s. 106 f. berührt habe, zusammenzustellen : Leop.
Schroeder Bedetheile s. 215, 6. Meyer EZs. XXII 13 f., gr.
a(^(h'V<xv%rjq „den schifiern beistehend'', Bühler BB. IV 76,
Zachariae BB, V 53, PW. IV 157 f. unter nipata (vgl. auch
Pänini 2. 2. 31, 38), Bollensen UrwasT s. 164. In fällen wie
XvKQafd-qüiTtog — werwolf (falls dies „mannwolf'' bedeutet), an.
fuähunir — nhd. Hundsfott sind die kompositionsglieder nicht
vertauscht, sondern ihre Stellung widerspricht sich lediglich in
gemässheit verschiedener anschauung.
dTteiX^ (I 74).
aTteiXrj „drohung, prahlerische Versprechung'' und dnevliia
„drohe, prahle, gelobe" kennen wir, so viel ich weiss, nicht aus
einer Überlieferung, die über die beschafienheit ihres ec sicheren
aufschluss gäbe. Hat Fick statt ihrer mit recht äol. aTreXXä,
aTteXXiü) angenommen, so können sie zu lett. pM „schmähen,
lästern, verleumden", paias „tadel, Schmähung", if-ptUüt „tüchtig
ausschmähen" gestellt werden. Vgl. begrifi^lich mhd. präUn
„hofi*ärtig, gross tun" und „lärmender Wortwechsel". — Die Ver-
mutungen Froehdes BB. XIX 242 lassen sich hiermit sehr wohl
vereinigen.
aTr^vrj (I 70), Ttartdvä (H 242).
Für dmjvri „lastwagen" sollen die Thessaler Ttandvä ge-
braucht haben, und hierin scheint mir ein fingerzeig für die er-
klärung dieser Wörter zu liegen, den ich nicht vernachlässigen
möchte. Den schluss beider beziehe ich auf nfjvog' vwaofia
(Hes.), lat. pannU'8, got. fana, asl. o-pona „vorbang" (II 579)
und sehe in aTtrjvrj eine mit (a-) einem verhäng oder verdeck
versehene a/ia§a. Dasselbe bedeutete meines erachtens iMtnavä
= xa(i:o)-7räva (also, falls nicht nannävä zu schreiben ist, wohl
nicht thessalisch, sondern kyprisch?), vgl. iiardfj,7tsXog „reich mit
weinstöcken versehen", TcaraTtdytov „langbärtig", xatdaxiog
„schattig", xaTaaxorog „dunkel", natdazeyog „bedacht", xard"
tex^og „kunstvoll", xardxctXxog „mit erz belegt". — Anders über
xarcdvä Prellwitz Etym. wbch. s. 138 unter lidTtsrog^ Stokes
Urkelt. Sprachschatz s, 330,
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150 A. Bezzenberger
aQßrjlos (I 281).
aQßfjXoq „rundes sohustermesser'^ ßtelle ich zu lett irbs
„Stricknadel'^ irbulis „pflöckchen, griffel** : lit. ufbinti „mit dem
pfriemen ein loch machen'', urhti = \eit.urht „bohren", urbulis
„pfriemen, grifiel" : lit rubH „aushöhlen", Hiptüwas „hohlmesaer**,
lett. räbs „kerbe, einschnitt, falze, mangel, zwistigkeit" (BB.
XVII 215; Basis: erdh orob- rob), — Darf angenommen werden,
dass aQßvXrj „starker, den ganzen fuss bedeckender schuh" ur-
sprünglich einen holzschuh bezeichnete, so passt diese etymologie
auch für dieses wort.
Ganz verschieden von lit. rubti „aushöhlen" ist r&'bti in ap-
si'rü'bti „die häuslichen arbeiten verrichten" (Kurschat Lit. wbch.
s. 18). Dies steht in ablaut zu got. arbaißs, ahd. arabeit, asl.
rabh „servus", rabota „servitus" (Basis orobh- röbh, vgl, J. Schmidt
Vocalismus 11 144, 478). Hierzu gehört auch lit. roba „leib-
eigene, gefangenschaft" (Miezinjs s. 208), aber nur als lehnwort.
Eine wesentlich andere et3rmologie von arbai^s gibt Oiien-
berger Sitzungsberichte der Wiener Akad. phil.-hist. cl. GXLII,
VIII 28. Ich stimme den von Uhlenbeck PBB. XXVH 115 f.
gegen sie gemachten einwendungen bei und benutze übrigens
gern diese gelegenheit Grienbergers beachtenswerte erklärung von
aurahi (a. o. s. 36 f., vgl. BB. XXVI 166) hervorzuheben.
d%ifißüi (I 88).
Mit Fick GGA. 1894 s. 245 halte ich die sämmtlichen faUe
der angeblichen Vertretung von aspirata — aspirata durch griech.
tenuis — media für äusserst bedenklich ^) und gebe daher die
Zusammenstellung von drifjißm „schädige, verkürze, beraube" und
skr. dabh auf. Auf eine bessere etymologie führt die vergleich-
ung von: äxifjißBi d-vpidv ivl OTtj^eaaiv IdxauSv ß 90 mit:
l^vdQOTcXeidTj xavadw %ai trpf yXw%{%)av xrjv wxKriv mal %dv
d-vfxov rov xcrxov J\tovvaLOv yL(na[5]w %ai %'^v yhSx(%)aif
Tfjv yuxycTjv xal tov dv/nbv tov ycaxbv xat tt^v xlJvxfjv i^y xcnci][v
(R. Wünsche Defixionum tabellae atticae [Corp. Inscr. Attic.
Appendix] s. 19 no. 84 a). dxifjißw erscheint hierdurch als sy-
nonymum von %a%adi(a (vgl. auch ediytre hbXbv&ov d 380, 469).
Als solches aber tritt es von selbst zu xdfißog „band, schleife'^
(dies wort finde ich bei Leo Meyer nicht), lit. kimbü „bleibe
haften, hängen", norweg. hempa „band, schleife, haken, klammer"
(Pick BB. II 187, Bugge das. III 103, Zupitza Gutturale s. 22).
Vergleichbare ausdrücke sind lat. ligäre, obligäre, fascinare
(neben fascia, fascis Wharton Etyma lat, s. 34) und, wie ich
glaube, auch an. sida „Zauberei treiben", seidr „zauber", lit. saisü
angebl. „zeichen deuten, prophezeien" (vgl. ahd. seito „strick,
fessel, saite", seid „strick, fallstrick", lit. saitctö „strick, fessel",
1) nOnyoq zu lett. peldf€ (neben pehe = lit. pMe Pick Wbch. *
B. 478)? Bei Tegea hiess ein wald nOayos, vgl. Fidc BB. XXII 231.
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Anzeige. 151
8^08 ,,8trick'S lett. saüe ,,baDd, feesel, schnür", sUawa „tuch um's
bein", skr. sMu „bindend, fesselnd, band, fessel''). Qanz anders
hierüber Osthoff BB. XXIV 158 ff. ^).
aqweiv (I 158).
aquvuv (i^-aqwoytsg) und äqwaoeiv (aus a-qwTJetv) be-
rühren sich lautlich und begrifflich so nahe mit lat ifnbuo, dass
die gleichstellung dieses Wortes mit dqwcj der erwägung wert ist.
Vgl. z. b. fii&v ägwoauv „wein schöpfen, giessen" und gidtura
lade hnbuere „die kehlen begiessen"; terras vomere imbuere,
opus itnbuere und dia d' tyrega x^Axog ij^ae^ ^Ixog äq>vaaeiv.
Die Zusammenstellung von imbuo mit aXi-ßdita (Lettner
KZs. VII 178 no. 123) und di/w (Leo Meyer BB. HI 75, Fick
das. V 352) lässt einen rest, der mir durch Bugge (BB. XIV 61,
vgl Prellwitz Wbch. s. 81, Eretschmer KZs. XXXI 424 f.) nicht
eben verkleinert zu sein scheint (vgl. Brugmann IF. XI 277),
und die gleichsetzung von imlmo und i^q)vo} (Havet M6m. de
la soc. de linguist. VI 32 und Osthoff Perfect 254 anm.) er-
innert — da if4qw(0 im Lateinischen durch infui vertreten ist —
etwas zu sehr an das hexen-einmaleins.
Ist die gleichung itnbuo — ägwio richtig, so kann als
grundform dieser Wörter 9-n(e)bhu- angenommen werden, wodurch
man zu ved. nabh „bersten", nabhan^ „fluss" gelangen würde
(vgl. Benfej Einige derivate des indogerm. verbums anbh —
nabh, Fischöl Ved. stud. II 101, Scherer Z6DS. > s. 405). In
derselben richtung bewegt sich die Vermutung Froehdes BB.
II 336.
äqwayerog (I 158).
Für nicht verwant mit ag>vaaeiv halte ich aqnHfyevdg
„schlämm, unreinigkeit in einem fluss". Das Verhältnis von got.
biugan zu skr. bhujäti gibt das recht, aus got. us-baugjan „aus-
fegen" ein indogerm. bheug- (bheuz-?) von ungefähr gleicher be-
deutung zu folgeren, und hierauf kann aqwayerds (als a-ij^vy"
axe-TO-g) beruhen. Seine eigentliche bedeutung wäre aann
„kehricht, gemüll'^
Avest. buj, das zu us-baugjan gestellt zu werden pflegt,
lasse ich vorläufig bei seite; s. Qeldner KZs. XXIV 142, Ost-
hoff IF. V 294.
ßa^SLV (in 86).
ßay- in ßd^eiv „sprechen" (ßißa%%aC)y ßdyfia „rede", ßdßa^
„Schwätzer" steht für zvag- (oder zv^ng-?) und gehört zu lit.
1) J. Grimm erwähnt bei der besprechung von ««kfr* got. »auft
(Mytb. ' 988). Das gibt mir gelegenheit za der bemerkung, dass hunal
zu lit. Munlä „schmore, brühe" « lett. tuiu „ioh werde heiss, schmore,
bähe" gehören kann (als hun(Ji)$la'\ vgl. Grienberger a. o. s. 121 f.).
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152 A. Bezzenberger
zwingti „wiehern^' i) -• lett. fvAgt « asl. zv^ti ,,caiiere'S U^
8U'&wingti „in wiehern ausbrechen", fzwqgantziu {toaru) Bretk;
I Kor. 13. 1 „tönendes (erz)'', zwageti „klappern" » lett. fw€uifH
dass., lit. zwaglnei „wiesenklapper", lett. fwadßndt „plappern,
schellen, tönen machen, sich hören lassen" und german. kvak-
in mnd. quaken, nhd. quakeuj quacken.
Von den eben erwähnten baltischen wörtem sind ganzlich
zu trennen lit. swagiti „tönen" und lett. swadßt, swadfindt
„rasseln, plappern". Zu dem, was von Fick Vgl. wbch. ' 11 692,
Bchade und Zupitza (Qutturale s. 181) ihnen zur seite gestellt
ist, füge ich vermutungsweise gr. rixq^ ^xd „schall, ton". Lat.
vägire, womit diese griechischen Wörter verbunden werden, ist bei
skr. vagnü „tönen" u. s. w. gut untergebracht (Uhlenbeck Altind.
wbch. II 267). O. Hoffmann stellt mit recht hierzu auch lit.
wögrauti „krahlen" (mündliche mitteilung).
Weniger klar sind mir lit. zwaglSti (begrifflich «- zwageti)^
Zic'Sgauti und zwögauti „unartikuliert schreien". Ihr z charakte-
risiert diese verba als lehnwörter, allein nur für zwegauti kann
ich eine auswärtige unterläge nachweisen (klr. zvjaha „lärm"
Miklosich Et. wb. s. 404) und muss daher die möglichkeit offen-
halten, dass zwag'iSti und zwögauti durch zvegauti veranlasste
abänderungen von zwageti und * zwögauti sind.
ßhfia^siv (HI 154).
ßXlfjiätßLV „prüfend betasten", von Brugmann IF. XI 286
anm. vermutungsweise aus ßXvOfi- erklärt und zu alban. g'iM,
gtiät „finger" gestellt, scheint mir zu gehören zu: lett. glaimM
„scherzen, schmeicheln, liebkosen", an. kleima „beschmieren, be-
netzen", norweg. kleima „kleben, kleisteren", „liebkosen, um-
fangen", ags. clceman „kalfatern, zustopfen, festmachen", deutsch
kleimen. Vgl. Zupitza a. o. s. 147.
ßqaöouv (in 117).
Wenn man ßgaoaeiv (ion. hc-ßQijaaeiv ; die nebenform ßga-
l^eiv nach Leo Meyer zu streichen) „sieden, aufbrausen, worfeln"
auf ßQäd'- zurückführt, so tritt es neben lit. murdynas „quellige
stelle im boden", lett. murdit „aufsprudeln", murdi „sprudel"
und lit. miirdyti „etwas rüttelnd, schüttelnd behandeln". — Auch
Osthoff Morphol. Untersuchungen V 97 lässt das ßq von ßqaaaBiv
aus mr entstehen, verbindet aber lat. fretum mit ßgaoaeiv. Ich
kann lat. fr für mr nicht anerkennen.
Von den erwähnten baltischen Wörtern zu trennen ist lett.
murdit „phantasieren", das für *murgdä steht, vgl. mur^i
„Phantasien, nordlicht". Über lett. murda „reuse" s. Thomsen
1) Mit Hirts zusammenbringnng von mo^ngti und skr. hü (BB.
XXIY 246) kann ich vorläufig nicht rechnen.
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;e. 153
Beröringer a. 270. — ßgatteiv' TtXtj&vveiv scheint mir W. Schulase
Quaestionee s. 168 anm. 2 richtiger zu beurteilen, als Zupitza
Gutturale s. 129.
ßifexuv (III 122).
ßoiXBiV „benetzen, übergiessen", ßQOX^^Q „regen", von Prell-^
witz Wbch. s. 52 richtig zu lett. merga (mdrga) „sanfter regen'',
mergüt „sanft regnen" gestellt (dazu mergäinis „nebelig"), gehören
weiter zu öech. mrholüi „nieseln", mrhülka „feiner regen" (Mi-
klosich Et wbch. s. 191; das unmittelbar hiernach aufgeführte
tnerch' und morsit ebenda s. 202 gehören wohl zu lit mursz-
linii, mürkszlinti „patschen, sudeln").
Die von Thomsen Beröringer s. 201 betreffs lett. merga
offengehaltene möglichkeit wird durch das vorstehende sehr un-
. wahrscheinlich.
ßqll^uv (III 129).
ßqiLfa „bin schläfrig** (d-ßgi^' fypffOQwg Hes.) scheint mir
seine erklarung zu finden durch russ. grSza „träum, traumereien,
faseln", grizüh „im schlafe reden, träumen" (nach Miklosich Et.
wbch. s. 78 aus griz-).
Wiedemann . BB. XIU 310 anm. denkt an Zusammenhang
von ßQiCßiv und lat. marc^re. Ich muss diese Vermutung als zu
gewaltsam ablehnen.
yXaqw (IH 62).
yXaxpv „höhle" (zu ylcupsiv „scharren, kratzen, ausgraben")
kann identisch sein mit bulg. glob „höhle, grübe", vgl. poln. tvy-
ghbiS, tpy-giabiaö „aushöhlen" (Miklosich a. o. s. 66).
ödfiOQ (III 231).
ödfiaQ ist von W. Schulze KZs. XXVm 281 f. als datn-ft'
„des hauses waltend" erklärt, und diese zierliche etymologie hat
die Zustimmung J. Schmidts Neutra s. 222 und Prell witz' Wbch.
s. 67 gefunden. Andere dagegen haben ddfiag, seiner bildung
nach, an skr. ydkrt, genit. yaknds — gr. ^rcaq^ ffncevog — lat.
jecUTy jecinaris u. drgl. angeschlossen (so Johansson BB. XVIII 11,
IP. III 227, Pedersen KZs. XXXII 244), und ich sehe weder
einen grund, diese annähme zu verwerfen, noch ödfiaq von an.
timbr „bauholz", as. timbar „bau", got. Hmrjan „zimmern, er-
bauen" zu trennen, denn es steht nichts im wege, diesen Wörtern
ein grundsprachliches neutrum dimar- „gezimmer" zu gründe zu
legen und das verhältniss desselben zu dem nominativ ddfjiaQ{T)
nach massgabe von xongogi skr. gdkrt (Pedersen a. o. s. 245)
und zu german. timra- nach vöuq : vatra- (J. Schmidt a. o.
s. 202) zu beurteilen. Im wesentlichen dieselbe auffassung von
dd^aq und titnbar lese ich bei Johansson BB. XVIII 11 zwi-
schen den Zeilen. Wegen der entstehung der flexion ddfiaq{T)
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154 A. Bezzenberger
da/iaQTog verweise ich auf J. Schmidt a. o. s. 184 und wegen
der bedeutuDg von 3a/iaQ auf JohansBon a. oo., y. Bradke IF.
IV 86 sowie auf skr. antahpura, (uddhatUa 1. „gynaeceum*',
2. ,,die bewohnerinnen desselben*'. Den weg endlich, auf dem
dafiOQ zum femininum wurde (Brugmann IF. XI 103), veran-
schaulichen die im Grimmschen Wörterbuch IV, 1 c. 85 ange-
führten verse:
das frauenzimmer auch da stund
in irer allerschönsten wat.
Skr. därd „eheweib", womit v. Bradke a. o. (vgl. IF. V 273,
Vin 152) dofiag verbindet» halte ich diesem fem, da für *dami-
rd- *damrd zu erwarten wäre. Über järd s. BB. XVII 223.
— Ansprechend stellt Ehrlich Die nomina auf -svg s. 40 anm. 1
zu da(Aa(^ lit. martl als {iymartl. Aber eine brücke würde ich
auf diese etymologie nicht gründen.
deyva^Bi.v (in 224).
Wie duQiSv' XoidoQaia&ac. ^dyuaveg (Hes.) zu lat. garrio
(Fick BB. XVI 286), dehpig zu gall. gdlha verhält sich devva-
teiv „beschimpfen, verhöhnen" (nebst dhvog „ beschimpfung,
schände'^ dswov • xmfjoloyoy Hes.) zu lat. gannio „kläffe, belfere,
lärme'^ Das vv wird zu erklären sein, wie in ßlewa (Stokes
a. o. s. 188, Zupitza a. o. s. 147), ßliwog^ yiwa (nach Frohde
BB. VII 104 aus yiv\a vgl. skr. jdnana; nach Solmsen KZs.
XXIX 64 aus yev-va vgl. tcot-vo; nach Wackernagel das.
XXX 314 beruhend auf *ydyvir}fic; nach Johansson BB. XVIII 39,
KZs. XXX 410, 413 auf einem y-stamm beruhend, oder aus
yev'väy oder aus *yevfä; nach Eretschmer KZs. XXXT 361 anm.
plural von '^yiv'VO-v vgl. tixvov; nach anderen, z. b. Brugmann
Qrundriss i II 348 aus *yev-ina, vgl. skr. jdnman).
Brugmann Grundriss « I 659, IF. VI 103 ist geneigt, ßUwog
aus mleds-no- und dewog aus ^g^edzhno- zu erklären.
eveQOL, kviqxsqog, sveQ&e (I 406).
In dem anlautenden € dieser Wörter sieht Leo Meyer, ge-
stützt auf vigzegog und viqd-By „ebenso wie in iyeyxeiv einen
jünger entwickelten laut''. Umgekehrt halten Johansson BB.
XrV 171 anm. und Sommer IF. XI 13, wenn ich sie recht ver-
stehe, wie schon Benfey Wurzell. 11 48 heQtaQog^ eveQ&e für
ursprünglicher, als vcQveQogy veQd-e.
Qegen beide ansichten ist einzuwenden, dass neben ive^i
ein *viQOV nicht vorkommt Warum fehlt dies, wenn sich viQ^e
neben dem nach Leo Meyer unursprünglichen eyeq^e erhielt?
oder aber, wenn sich dem angeblich ursprünglichen eveod-e das
junge viQ&e zugesellt hat? Ferner spricht gegen die erste an-
sieht, dass prothetische vokale im Griechischen nicht so schwan-
kend auftreten, wie Xieo Meyer es in diesem falle annimmt; gegen
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Anzeige. löö
die zweite aber, dasB vi^s^g durch umbr. neriro, an. norSr ^)
für eine viel früherere zeit bezeugt wird, als ivi^eoos. Man
mag daher immerhin viqvBQog aus (e)ner'ter(h8 (vgl. vniqTeQog)
erklären: im Griechischen muss vigregog für alter als iviffregog,
und folglich vsg&e für älter als Svegd-e gelten.
Die einzige möglichkeit, sowohl diesen momenten, als auch
dem doch nun einmal unverkennbaren Zusammenhang von ¥if€Qd'a^
iyiftSQog und evegog gerecht zu werden, scheint mir darin zu
liegen, dass man jene Wörter für volksetjmologische, durch BV€Qog
hervorgerufene Umgestaltungen von veQ&e, ri^egog erklärt.
¥y€Qog dagegen war durch seinen unheimlichen gehalt vor einer
lautlichen änderung geschützt
Was nun die etjmologie von eveqog betrifft, so kann es seiner
form nach zweifellos mit Sonne EZs. XIV 11 als komparativ von
iv betrachtet werden. Aber die bedeutung des Wortes scheint mir
doch mehr zu ihrem rechte zu kommen, wenn man h^€QOi „die unter-
irdischen" nicht so, sondern als ol ir SQff als TMjnaxhovioi erklärt
iTtdxpno (I 358).
Leo Meyer erklärt diese form nicht, bestreitet aber mit recht»
wie mir scheint >), dass sie zu irtixw gehöre. W. Schulze, der sie
auf ex^LV bezieht (Quaesüones s. 228j, hat bei ihrer betrachtung
Wendungen wie ^^ijv d' Ix« /Movyog ertißXijgy 9vqa ei%e%o fJLO%li^
überschätzt, und seiner meinung, intixaTO beruhe auf *i6xctT0,
das der dichter „ut vocabulum inhabile metro aptaref' zu ioxccro
gemacht habe, und das „proclivi errore'' zu i7t(a%(no bezw. ^/rr^i-
Xaxo geworden sei, glaube ich durch ihre erwahnung genugzutun.
Ich sehe in iiKaxcno eine hohe altertümlichkeit der home-
rischen spräche und zwar eine aoristform von Ttayvvfiv, deren
genaue bestimmung ich aber vorläufig ofienlasse, da l/tcixaTO
sowohl den ved. aoristformen dUärima, avädiran, bädhühäh
(WJiitney Sanskrit Grammar ' § 904 d, verschieden behandelt
von Baräiolomae Stud. II 165 und Bechtel Hauptprobleme s. 164),
als auch der arischen III sing. aor. pas. auf -i wie ved. avaci
» avest aväci (richtig hierüber Brugmann Grundr. ^ II 1380,
vgl. Benfey Mit r anlaut. personalendungen s. 7 f . , anders
Bechtel a. o. s. 159, Osthofi^-Streitberg IF. III 389 f., Reichelt o.
s. 86) angereiht werden kann. Im ablaut stimmt erctixaro zu
red-amzaL, ^w^ai : &äy(o (Saussure Systeme s. 154 f., BB. V 317,
G. Meyer Gr. gram, s 88 f., Bechtel a. o. s. 236).
In begrifi*licher hinsieht verweise ich z. b. auf den gebrauch
von Ttaxtovv.
/exöTt (I 343).
Nach älterer auffassung soll hirjtL (/«xj/Ti, hcäTi) „nach
1) Vgl. Bagge BB. m 105 und A. Ludwig EZs. X 446. Nicht zu
übersehen ist, dass die Inder die nördliche seite üdane und die südliche
adharaSie nennen : also das gerade gegenteil der germanisohen auffassung.
2) Vgl. indessen Brugmann IF. XIII 280 [korrektornote].
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156 A. Bezzenberger
willen, um willen*^ datiy bezw. lokativ sing, sein, und dieser
meinung neigt nicht nur L. Meyer zu, sondern sie wurde früher
auch von Eretschmer vertreten (KZs. XXX 586). Sie lässt sich
aber nicht aufrecht erhalten, da exfjti wegen seines i nicht datiy
eines Stammes /ejcört- (Benfej Wurzell. I 347) sein kann, und
die annähme eines Stammes fexär- mit abstrakter bedeuton^ in
der luft schweben würde (vgl. x^Aiyg, i^/Jijg, fthnjg^ Tarvijq
L. Meyer Vgl. gram, i II 100; über y^Aoir-, Ipwr- J. Schmidt
KZs. XXVI 344, Solmsen EZs. XXIX 109). Mit recht haben
also Osthoff Perfekt s. 335 (vgl. Froehde BB. XTX 235) und
Eretschmer EZs. XXXI 459 jene ältere auffassung aufgegeben.
Osthoff sieht in h(,mL den „reflex eines sanskr. *vagä cid" (▼gl*
dazu Hirt IF. I 17); Eretschmer trennt ?xdTt in ^kar-iy stellt
^xäT- dem skr. ablativ vagäi gleich und lässt das folgende -i
nach analogie von doppelformen wie fcoti : ttot angetreten sein.
Beides ist aber zu bestreiten. Gegen Osthoff spricht, wie
Eretschmer hervorgehoben hat, dass er dem Griechischen eine
hier beispiellose Verbindung zumutet, und ob gr. ßexä- einem
instrumental vagä gleichgesetzt werden darf, ist mindestens sehr
fraglich. Gegen Eretschmer aber ist einzuwenden, dass seine
annähme, das auslautende d des ablativs sei zu t geworden und
sei T geblieben, als ihm l angeblich angefügt wurde, einen Vor-
gang konstruiert, der gleichfalls beispiellos genannt werden muss
(vgl. TtodanoQj onddog BB. XXIV 321). Seine erklärung
kommt indessen, wie mir scheint, der Wahrheit sehr nahe, und
diese suche ich^ darin, dass ich, zwischen Osthoff und Eretschmer
vermittelnd ^xazi in den ablativ /fixä((J)+Tt zerlege, aber in ri
nicht skr. cid, sondern das element ti sehr, das z. b. auch in
TtQOti, skr. prdti : tvqOj skr. prd enthalten ist. Insofern die
erweiterung von */fixa(d> zu /exa(d)-Tt nach analogie von ftgo :
TtQorl mit demselben recht angenommen werden kann, mit dem
Ejretschmer *lxaT zu ^cctl nach analogie von tvot : Ttori werden
lässt, wird er hiergegen nichts einzuwenden haben. Anders aber
steht die sache, wenn man, wie ich es tue, in /£xä(d)-rt nicht
eine analogiebildung, sondern eine freie bildung sieht, denn als
solche entspricht sie nicht den von Eretschmer EZs. XXX 565 ff.
aufgestellten regeln über die behandlung von r vor t. Aus
dieser Verlegenheit könnte man sich freilich wieder durch inan-
spruchnahme der analogie helfen, indem man die erhaltung des
T von h^äTi aus der einwirkung „des gleichbedeutenden lovrjri**
erklärt. Allein mir scheinen die ein Wendungen, die Goidanich
I continuatori ellenici di ti indo-europeo (Salemo 1893, vgl. das
referat Brugmanns Indog. anz. V 50) gegen jene regeln erhoben
hat, beachtenswert genug zu sein, um auf das v von Sutiri kein
gewicht zu legen. Dabei kann ich aber nicht umhin, zu be-
merken, dass die von Goidanich s. 8 getadelte arbeitsart Eretsch-
mers mir im allgemeinen doch weit erspriesslicher zu sein scheint»
als das alla grossa-verfahren Goidanichs selbst.
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Anzeige. 157
Dasselbe ti wie in uQOti ist enthalten in ftovl s avest.
paiti, skr. Üi (lat. iti^emf), yennutlich auch in ital. pert, lat.
post (Lindsaj Latin language s. 588). Dagegen ist es mir sehr
fraglich, ob es auch in oqxi, steckt, und auf keinen fall kann
ich es in bildungen wie dfiox^'^ anerkennen.
Was diese bildungen betrifft, so bestreitet Leo Meyer (I 343)
die „unmittelbare Zusammenstellung*' von /ixäti mit äfiaxrfci^
avovTtjri^ ttvaifiwrly dviÖQtavi u. s. w., „da sie anders betont
sind und auch gedehntes auslautendes i haben*'. Eretschmer
EZs. XXX 586 erklärt äfioxriri gleich iotän für lok. sing, und
trifft hierin zusammen mit W. Schulze Quaest. s. 450 : „a(Jio%r]fti
0 437 est locativus stirpis in consonam t exeuntis quae latet
in substantivo fiayrj^rjg". Mir scheint die erklarung dieser ad-
verbia vorgezeichnet zu sein durch eyQfjyo^i K 182, das un*
zweifelhaft von einer yerbalform ausgegangen ist (vgl. Kissling
EZs. XVII 213) und sich eng an ved. carkrU „preis, lob,
loblied" anreiht. Ich stelle die adverbia auf -xL daher ihrem
Ursprünge nach zu den latein. auf 4im (Leo Meyer EZs. VI 301,
anders vergl. Gram. ^ II 392). Die bestimmung ihrer form
hängt davon ab, ob ihr -/ lang, oder kurz anzusetzen ist (H. W.
Smyth Amer. Journal of Philol. VI 427 f.). Entscheidet man
sich für die länge, so wird man ihre auffassung als instrumen-
tale (s. J. Schmidt EZs. XXVII 287 f.) sehr naheliegend finden.
Sieht man dagegen in dem l von z. b. fyQrjyo^l^ &vovTf]tl nur
eine Wirkung des iktus, so sind sie nach skr. prabhrti zu be-
urteilen. — In dnoviTBiy dvctvsi, durjqvxTsl mögen, wenn ihr €i
anzuerkennen ist, lokative von ro-stämmen vorliegen.
Mit a^L pflegt man armen, ard ,Jetzt" (Bartholomae Stud.
H 23, Bugge EZs. XXXII 3) und lit. artl „nahe'< zu vereinigen,
und diese kombination ist um so bestechender, als neben OQti
aQTvw „füge zusammen, bereite*' und neben artl artüs „nahe''
steht. Allein auf diesen parallelismus ist in Wirklichkeit nichts
zu geben, da artüs ungebräuchlich ist und erst aus artl ge-
wonnen sein wird ^). Scheidet man aber artüs aus , so nimmt
man damit der Vereinigung von ccqti und artl ihre festeste stütze
und kann sich bei der Verschiedenheit dieser Wörter in bezug auf
betonung und auch auf bedeutung zu gunsten ihrer Vereinigung
oder gar identificierung (so anscheinend Brugmann Orundriss > I
161, Prellwitz Wbch. s.34) nur auf ihre lautliche gleichheit berufen,
die mir in diesem falle aber nicht massgebend zu sein scheint
aQTi, erst nachhomerisch, lässt sich nicht trennen von den
homerischen Zusammensetzungen agTi-feTtingy aQri'Ttog^ dQTi^q>Q(aVy
und von diesen ergibt dfri-ferti^g deutlich aQ^i' als nominal-
stamm = lat. arti' (vgl. W. Schulze Quaest. s. 159 anm. 1).
1) Vgl. J. Schmidt Nentra 8. 846, dem ich aber in bezug auf at^
itüs nicht beistimme, Tgl. skr. duf^, suffhü. — In den kreis der von
J. Schmidt hier behandelten formen wird auch lett. nüai „weg, fort" zq
ziehen sein.
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158 A. Bezzenberger
Indem die bedeutung dieses compositions-gliedes etwas yerblasste,
gewann es den anschein eines präfixes und wurde in nachhome-
rischer zeit als adverb verwendet. Dabei erhielt es nach analogie
von d/xl-voog, ayxi-d-aog u. s. w., hpi-^vyog^ vtpi-TtiTfjg u. s. w.:
a/%t, vtpi die betonung auf der ersten sylbe. Dass im gegensatz
hierzu an^aQTi betont wird, ist vielleicht durch aft-aqTttfa ver-
anlasst^ vielleicht aber mit dem betonungswechsel in skr. prdti :
-^ati, pünar : a-pundr in Verbindung zu bringen. Dagegen ist
es mir ganz unwiüirscheinlich , dass die accentuelle Übereinstim-
mung zwischen aTt-of^i und lit. artl mehr als zufällig ist. Wie
andere betonte auslautende t des Litauischen scheint nämlich
auch das von artl und ebenso das I von ankstl (QGA. 1896
s. 962 f.) aus gestossen gesprochenem e verkürzt zu sein (vgl.
Leskien Archiv f. slav. philologie V 188), denn neben ankstl
haben wir preuss. angsteina, angstainai (= ankste-nai?) und
neben artl zem. artei (Schleicher Leseb. s. 256) ^=9 artie (Ze-
majtiu Wiskupiste I 51), d. i. arte. Dies arte (preuss. *anksie-
nai) verhält sich zu artl (ankstl) und artyn, artybe {ankstybas,
ankstybi, vgl. BB. XXI 312), wie die präposition ope zu opi- in
apl-kaläi und apy- in z. b. apy4anka, und wie hier und in an-
deren fällen (z. b. koke — ger'e -ß — gerl) eine zwiefachheit der
betonung eine zwiefachheit der form hervorrief, so ist dies auch
bei arte und artl anzunehmen. Ich fasse jenes also als arte
auf und führe dies auf ein nur accentuell hiervon verschiedenee
*arte zurück.
Da ferner mit lit. artl im gegensatz zu oqtv kein einziges
compositum beginnt, und da es einen ganz anderen gehalt hat
als a^i- in aQTi-feTtijg, so schrumpft die scheinbar enge ver-
wan tschaft dieser beiden werter zu der möglichkeit ihres wuhe^
haften Zusammenhangs ein. Und auch dieser scheint mir im
besten falle als ein nur sehr lockerer anerkannt werden zu
könnejD, denn es hindert nichts, in artl (aus *arie) eine Verbin-
dung der präposition ar (lett. ar, lat. ar-, BB. XXTTI 298) und
tö; einer ablautsform von ti in skr. prdti u. s. w., zu sehen.-
Dieselbe nebenform (fö) ist vielleicht anzuerkennen in slav.
proti uTtgSg^' und lett. preti „entgegen, gegenüber" (neben prei,
pretim)y sowie in ahd. nida =» ags. nide „infra" : skr. ni und
in lat. cottldie (Wackernagel KZs. XXIX 147 mit der beachtens-
werten Vermutung, dass hier ti mit xoL gleichzustellen sei). Auch
in altlit. idafite »- idanti (heute iddnt; ostlit adunt, was For-
tunatovs BB. III 63 erklärung von iddnt etwas erschüttert),
nete = net (Fortunatov a. o. s. 58) und teipte u. s. w. (Bei-
träge z. geschichte der lit. spräche s. 268) kann sie enthalten
sein, aber man geht sicherer, wenn man ihr -te dem ausgang von
anöte^ anöt gleichstellt. Dies wort bedeutet nach Eurschat „ent-
sprechend, gemäss" und erscheint in Wendungen wie atiöte tewo
„wie der vater zu sagen pflegte" (Kurschat Lit wbch., Schleicher
Lit gram. s. 280), anit and kalbös „nach jenes rede" (Jurkschat
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159
Lit märchen s. 44). Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich
es unter berufung auf dvd-Xoyog „dem logos gemäss'^ auf avest.
ana „durch — hin, über — hin", gr. ard „auf, an, durch",
germ. ana „an, auf, bis, gegen" beziehe.
Wie dies 4e aufzufassen bt, ist zweifelhaft; da neben dem
erwähnten neU neta vorkommt (Beitrage z. geschichte der lit.
spräche s. 71, 2671), so ist eine notwendigkeit, es mit -ti und
4e zu vereinigen, nicht anzuerkennen, sondern es kann auf eine
linie mit t«, ye gestellt werden. Aber -te kann auch für -He
stehen; dann würde es mit 4i und -Vi eng zusammenhangen und
dem griech. -ob in aAAo-tr«, hLei-ae^ dfio-ae entsprechen.
Wie sich dies nun aber auch verhalten mag: jedesfalls steht
das -ti von skr. prdti u. s. w., das -t'e von arf'i und -oe in Zu-
sammenhang mit bildungen wie skr. ant-astya : lit. fszczos (Jo-
hansson IF. III 242), skr. dpatya : lit. apaczä (wegen der be-
deutungsverschiedenheit vgl. skr. apa-kr^fa „niedrig, gering" :
ui-hrfta „eine höhere Stellung einnehmend"; BB. IX 334), skr.
amdtya : asl. *doinaith (Zubat^ Archiv f. slav. philologie XIV
152), skr. *upatya : gr. v/roog, gr. eXaw : lett. tkscha (BB.
IX 334), gr. fihaaaaiy vsoaaog^ rtegiacog (vgl. maked. neQixia
Pick KZs. XXn 213), ahd. fremidi (got. framafja-) : got. fram
(W. Schulze Berlin, phil. Wochenschrift X 1506), lat. pretium :
lett. pret (Prellwitz BB. XXIII 252). Schliesslich erlaube ich
mir kurz auf lett. kldt „nahe bei, zugegen" und lit. tdü't „lieber
als, ehe als, anstatt dass" einzugehen.
Über das verhältniss von kldt zu ktdd „zusammen, mit ein-
ander" s. BB. XVII 214. Genauere auskunft über.Ärla^ gibt
seine nebenform kldtu: ein wie lit. arti gebildetes ^IdäM gab
anlass zur bildung eines adjektivs *kldius (vgl. oben lit atiüs)
und hieraus wurde ein neues adverbium kldtu gebildet (vgl. tdlu
BB. XVII 201), das sich als einziger rest dieses adjektivs neben
dem aus *kläti verkürzten Mdt erhielt.
tiiä*t {uiot Nesselmann, a&üi Miezinys, uzidt ^) Eurschat,
uziA't^) Schleicher), von Zubat^ IP. VI 279 f. anm. bereits be-
rührt, gehört, sei es als -ti-t sei es als -/S-ableitung zu der pra-
Position uz (aiti), deren verschiedene formen ich BB. XXI 315 f.
zu bestimmen versucht habe ^). Dass auch uzücza „Verborgen-
heit" auf ihr beruht, habe ich schon Beitrage z. geschichte der
lit. spräche s. 336 bemerkt. Die reihe atü^ : uiüUfy : uxAcza
entspricht beinahe ganz der reihe fCQO : ngorl : n^aaw.
\) Weffen des t vg
uiurgkdÜB^ sowie ii
2) über die etyn
vg:l. die wechselnden schreibangen nurgidüa „raub"
nnd niurgiiäB^ sowie üoroH „glänzend strahlen" : k&Ui dass.
2) Über die etymologie ganz verschieden Meillet Memoires de la
societe de lingnist. IX 54 f. (slav. za, got. ga) und Prellwitz BB. XXIII 67
anm. 2 (slav. m, griech. ava : von). Dass za ua prenss. ms« gehöre
(Meillet a. o. X 141 f.), glaube ion nicht.
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160 A. Bezzenberger
CrjTiw (III 265).
Eretschmer KZs. XXXI 354 anm. will die vogelnamen
xjyf, xovij^, xava^, xijvf „durch eine ursprüngliche flexion *xaf
aus *xciv^ : *xat;xdg vereinigen". Allein diesen namen steht eine
solche menge von anklangen zur seite ^), dass die zurückführung
von *xa^ (j^^S) *^^ *xäi;f mir unnötig erscheint. Etwas bessere
belege für ä bezw. jj « dt; (bezw. lyv) sehe ich in:
1) Xrpiv&'og' TO fAera^v tov Xavuavlov %ai av%svoq i^x^^S
(Hes.), verglichen mit lavxavia „kehle'S l^t. pa4aüki8 „wamme
unter dem kinn des rindes" (Fick BB. I 3321; dazu slav. lalzkh
Miklosich Et. wbch. s. 160 als reduplicierte bildung?);
2) TtT^Qä „ranzen", mjQiy „hodensack", vgl. lett pürs „ein
kornmaass (lof), aussteuerkasten", pürtnsch „ein kober, ein
paudel von lindenborke";
3) ^rjTiü} „ich suche", vgl. lett, jdutdt „fragen, forschend
fragen", gehörig zu lit. jaüsti „fühlen" = lett. jdust „zu ver-
nehmen geben", lit. jüsti (pras. juntü) „durchs gefühl gewahr
werden" = lett. just „fühlen, bemerken, empfinden", lit. juius
„wach", lett. jdutrs „munter, lebhaft, frisch". Vielleicht beruht
jätU' auf jäu, und aus diesem könnten ^'^Xog (^äXog) „eifer, eif er-
sucht, neid" (= nsl. jal „neid"?), Kri/Äia (^ctjUto) „strafe, schaden"
und ^iOQog „feurig, ungemischt" (vom wein) hervorgegangen sein.
Von Benfe^ Wzll. I 681 f. und Pick Wbch. » I 731 sind
^ijXoQ und ^iOQog zu ^ew gestellt (vgl. Brugmann IF. XII 899
anm., Solmsen KZs. XXIX 349); Prellwitz stellt ^^log^ ^W^^9
^7]%€a} zu ved. ycUdr vermutl. „rächer", yätü „spuk", rna-tfä
„schuldrachend", und G. Meyer Gram. ' a. 292 folgt ihm in be-
zug auf ^fjXog und trjTdü), bringt dagegen Kri/nia in Zusammen-
hang mit skr. yam halten (aber weder in yätdr u. s. w. noch in
yam wird das durch ^ reflektierte y stecken); nach Wharton BB.
XVIII 295 soll ^ijlog zu lit. gM „heftiger schmerz" gehören;
^(0Q6g beziehen Solmsen a. o., Kretschmer KZs. XXXI 383,
O. Hofimann Dial. I 102, Prellwitz und G. Meyer IP. VI 110
auf asl. ^ar» „amarus, iratus", doch neigt Solmsen KZs. XXXFV 53
einer älteren annähme zu, nach der l^wQog zu ^ijv gehört (G. Meyer
Gram, i 45). Froehde BB. XX 186 fasst dies jarh auf als
*er* (im weiteren berührt sich mit ihm Kretschmer a. o.); ich
stelle es zu lit. aürüs „bitter und brennend im munde und im
halse", dem Prellwitz BB. XXIII 68 einen sehr weiten Unter-
grund zu geben sich bemüht hat.
Nach G. Meyer Gram. • s. 573 soll auch di^rjfiai mit J^fjzio)
zusammenhängen (vgl. L. Meyer im vorliegenden werk III 210).
Das wäre überzeugender, wenn neben diC,rjfiav nicht di^Ofiai und
diC;!jaoftai standen, und dlt,r]iim nicht e enthielte (neben ^äTiw).
1) Vgl. lett. kdhtt „dohle", akr. kika „krähe" — lit. kowa „eaat-
krahe", poln. kawa, kawka „dohle" — lett. kaija „möwe", aal. cqfka
y,dohle" — deatach kau n. a. w. Grimm Wbch. V 804.
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Nimmt man mit Prellwitz als eigentliche bedeutung von Si^rifiaL
„ich schaue mich um'' an, so lassen sich mit ihm lit. didis „gross",
lett. difchs „gross, ansehnlich, hübsch'', an. teitr „laetus, hi-
laris" vergleichen.
fjyayov (I 612).
ryavov „bratpfanne" und das hiermit von Prellwitz ver-
einigte äyavog „freundlich, sanft" beruhen auf cr/a-, das sich
dem lett. ugu- in ugu'ns „feuer" (= lit iignls, asl. ognh, lat.
ignis, skr. agni) gleichstellen lässt. Für verwant hiermit halte
ich auch a^a „dürre, glut", a^o) „ich dörre", ä^aXiog „trocken,
dürr, ausdörrend" (von Osthoff PBB. XIII 396, Persson Wurzel-
erweiteruDg s. 282, Kretschmer EZs. XXXI 452 anm. 2, Walde
das. XXXrV 521 zu nsl. öech. ozditi „darren" gestellt, vgl.
PreUwitz BB. XXIII 71, 74).
»vUofJLav (m 487).
&vliea&ai „opferen" gehört zu lett. düle „brennende pergel
(holzspähne) beim krebsen oder fische-stechen", dülit „bei einer
düle fische stechen oder krebsen; mit dem dül6js feuer machen
oder räuchern", duUjs (düldjs) „(aus lumpen und stroh gemachte
mehr rauchende als brennende) fackel", lit dülis „räuchermasse
zum forttreiben der bienen", skr. dhüli „staub" (vgl. Zubat^
Archiv f. slav. philol. XVI 392).
La (n 3).
Von den verschiedenen ansichten über die herkunft dieser
form (aufgeführt von J. Bchmidt KZs. XXXVI 891 ff.) erscheint
mir am wahrscheinlichsten die von Leo Meyer und Prellwitz ver-
tretene, nach welcher va zu skr. aydm, got. is u. s. w. gehört.
Ich halte es femer auch für richtig, mit Prellwitz BB. XXII 95
ahm. 2 la dem skr. ij/[dm] gleichzusetzen, aber ich bezweifle mit
Leo Meyer (im vorliegenden werk), dass la, bezw. das r, worauf
iyäm beruht, mit der endung der „movierten Feminina" zu identi-
ficieren sei, wie Prellwitz vermutet. Diese endung scheint mir
vielmehr in l'a und iydm enthalten zu sein.
Skr. aydm (avest. aem) beruht nach wohl allgemeiner an-
nähme auf indogerm. ei (^-loser nominativ sing. masc). Hierzu
könnte ein femininum *i nur auf grossen um wegen gebildet sein;
da aber nicht der mindeste grund vorliegt, skr. iydm (avest fm)
für jünger zu halten, als aydm (aem), so ist eben nicht *i, son-
dern *iT\ d. h. das regelrechte movierte femininum von ei-f als
letzt erreichbare grundlage von iydm (im) anzusetzen.
Dies *ii ergab im Sanskrit i {iy-dfn) und würde im Grie-
chischen ganz genau vertreten gewesen sein durch *ua. Hieraus
aber wurde va entweder durch hyphäresis (vgl. J. Schmidt Neutra
s. 323 anm.) oder in anlehnung des nomin ativs (und ebenso des
Beitrig» z. kond« d. indg. sprsolMii. XXVII. 11
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162 A. Bezzenbdrgef
akkusativs) sing, an den genit. sing. *ijSg und den dat. sing. ^ißU
(wegen des ; s. J. Schmidt Sonantendieorie s. 136, 188).
Im Litauischen wurde *n = *iia zunächst vertreten durch
*ii, genitiv *ijds. Dies ergab *i (weiter i durch die Wirkung
des stosstons), genit. iös (vgl. gerös-ios und Wiedemann Hand-
buch 8. 31), wofür später durch den einfluss maskuliner formen
ß, jd8 eintraten. Vgl. szl (aus *8zi%), genit. sziös (aus *$zijÖ8).
Dass J. Schmidt Neutra s. 43 als grundform von aslav. si, lit.
8z\, ags. hi nicht ^ia, sondern gi-a angesetzt hat, scheint mir
nur durch eine zu weit gehende rücksicht auf asl. si veranlasst
zu sein. Die bildung von femininen auf ''i'<t zu maskulinen auf
•i-s ist für die grundsprache mit Sicherheit noch nicht nachge-
wiesen.
Prell witz a. o. sieht in dem i von skr. l-drg das, worauf
iyäm zunächst beruht, also das femininum von ayfdmj. Diese
annähme wird aber erschüttert durch: lit. ypaczei „besonders'S
ypatybi „eigentümlichkeit, eigenschaft^', ypatysU „besonderheit^%
ypatiszkas „besonders, eigentümlich, fremdartig, sonderbar'^ ypa-
tinis „eigentümlich*' ^), ypatas „einsam, allein, abgesondert, eigen-
tümlich, individuell, ausgezeichnet, hervorragendes lett ipats
(tpaachs) „sonderlich, eigentümlich, abgesondert, eigen angehörig^,
ipaschi „besonders, insbesondere, abgesondert", tpaschu'ms „das
eigentum, die eigenheit''. — Dass ypaczei u. s. w. in i-pat- zu
zerlegen sind, und dass in ihrem ^- überhaupt eine pronominal-
form zu sehen ist, wird durch die folgenden lexikalischen an-
gaben bewiesen: „Osöbno. Separatim. Sewiszki, setripassi",
„Osöbnosc. Secessus, solitudo, anachoresis, locus sine arbitris.
Sewiszkums, sewipaszuma ^ tuksznese'' (Kurmin Stownik polsko-
lacinsko-lotewski) — „Osobnoäc. Becessus, solitudo, anachoresis,
locus sine arbitris. Ipati wieta, ipatiste^^ „Osobny. Solitarius,
singularis, peculiaris, secretus, seclusus. Ipatu^^ (Szyrwid Dic-
tionarium).
Aller Wahrscheinlichkeit nach ist das i von l-drg dasselbe
wie das von ypaczei u. s. w. In diesem aber wäre i als nom.
sing. fem. „sie'' unverständlich, und darum wird in idrg und
ebenso in tä-drf, yä-drg eben nicht dieser kasus enthalten sdn.
XxQiov (II 29).
XyLQiov „brett, deckbrett, balken" erinnert sehr an russ. Vera,
poln. ikraf lit. ikrai, lett. ikriy preuss. yccroy „wade" bezw.
„waden", und der technische gebrauch von xv^fitj und unserem
schiene, auch von franz. jamAe (jambes de force „giebelbalken")
lässt diesen anklang etymologisch bemerkenswert erscheinen.
1) In der bedeatnng „der untere" (Beitrage z. gesohiohte d. lit.
spraohe 8. 288) fehlerhaft far apaünit.
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ix%aQ (11 24).
ixtaQ (iTttaga Hes.), name eines fisches, kann zu russ. os'etrt
„stör" = poln. jesiotr (aus egetro-s) gehören. Das verhältniss
dieser Wörter zu preuss. esketres „stör", altlit. eszkitras „walfisch"
(später erszketras „stör"') ist noch nicht aufgeklärt.
Ufi (II 68).
ilri nSchBoa" ist von mir BB. XXI 300 anm. zu lit. eile
„reih^, Schicht", von Btokes BB. XXV 256 zu ir. iall i,trupp,
herde" gestellt; beides mit unrecht, da tlri, wie Leo Meyer und
vor ihm schon Ahrens II 45 f. richtig erkannt hat, ursprünglich
anlautendes digamma hatte. Den beweis hierfür liefern ausser
den Hesychischen glossen vilti' Ofi^Xog (1. Oficlog) uiid ßeiXag-
fioardg' ßeildfxccg. TaQOvclvoi die inschrifllichen böotischen
formen fLla^x^owog, ßila^iovriov (Meister I 225). Die attische
form war tXr]^ die ionische, wie es scheint, el%ri (Smith Amer.
Journal of philol. VI 438). Als kretisch überliefert Hesych
aQXiXXdv a^LftoifiCvaj und auf den ersten blick scheint hierin
eine umkehrung von ellofx^S vorzuliegen. Aber das digamma
von ßiXaQxiovTog u. s. w. widerstrebt dieser auffassung in dem
grade, dass es wohl besser ist, in kret. *ä^ilXäg eine auf
*a(ixc-läo-g (Fick-Bechtel Personennamen s. 73) beruhende,
namenartig verkürzte form zu sehen.
Als grundform von tXtj kann wegen der angeführten böoti-
schen formen nicht */€Xjä oder ^J-aXaä oder drgl. angenommen
werden. Dagegen scheinen mir alle betr. dialektischen formen zu
ihrem rechte zu kommen, wenn man als grundform veislä (ßeiXä)
aufstellt und annimmt, dass dies in kompositis und ableitungen
(iXadov) zu vislä wurde, und dass dies {FtXa, tXfj) dann Selb-
ständigkeit gewann. Dies veislä würde fast genau aem lit. veisle
„Zucht, brut" (nach Nesselmann auch „geschlecht, familie") ent-
sprechen.
Nur zögernd wage ich die Vermutung, dass auch lat. vüis
(„in menge vorhanden, zahlreich") hierher zu ziehen sei.
iXtg (II 69).
tXvg „schlämm, bodensatz", von H. Weber KZs. X 251
vermutungsweise in vorgeschlagenes i und Xv-g zerlegt, „wenn
das lange i durch das metrische bedürfnis hinlänglich gerecht-
fertigt erscheinen sollte", ist im anschluss hieran von Osthoff
KZs. XXIII 584 (vgl. Wackernagel KZs. XXIX 124) gleich-
falls vermutungsweise als *l'aXv^ zu mhd. slam, sllm, von
Thumeysen KZs. XXX 352 als *zla' (vgl. Kretschmer KZs.
XXXI 332, 342, Persson BB. XIXT 280 anm. 7, und die be-
denken Waldes KZs. XXXTV 530) zu lat. lütum, gr. Xvfia u. s. w.
11 ♦
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164 A. ßezzenberger
gestellt. Dagegen vermutete J. Schmidt Vocal. II 259, 486,
dass iXvq auf sei- beruhe und zu skr. acUüä, lat. scUiva gehöre.
Diesen künsteleien gegenüber entscheide ich mich für den
(ich weiss nicht von wem aufgestellten) vergleich von t Xvg mit
asl. russ. ih „schlämm", poln. ü „mergel, letten" (Miklosich Et.
wbch. s. 95) und zugleich die Zusammenstellung von ^^i;^ mit
etXv' fjiihxv Hes. (Weise BB. VI 234), indem ich diese beiden
etymologien vereinige und lett. Us „stockfinster" in ihren bereich
ziehe ^). Es steht nichts im wege , empfiehlt sich vielmehr, AXi
als *iXv aufzufassen, und da Ua auf *üu-^ beruhen kann (vgl.
lett plata neben plaschs „breit", lit. plaiüs), so können siXv und
ils ihrem stamme nach identisch sein. — Begrifi^lich ist diese
Zusammenstellung bereits von Weise durch anführung von fiiXag
und fioXvvü) (dazu lit. mulwe „morast, schlämm") gerechtfertigt.
Ich verweise in dieser hinsieht auch auf nhd. schwarz : lat. sor^
didus, skr. käla „schwarz" : asl. hih „koth".
Iv^eiv (n 18).
Für ^ivJ^ü) „schreie laut" «) schreibt Fick P 66, o 162 vlvCta
= fivtfü (ebenso vlvyfnoi S 572). Die homerische spräche
selbst gibt aber keine berechtigung, iv^eiv mit anlautendem di-
gamma zu versehen, und ebenso wenig rechtfertigen die sicheren
homerischen beispiele für äol. v == f (Fick Odyssee s. 18) die
Schreibung vlvC,ü) statt /ivJ^w (vgl. W. Schulze KZs. XXIX 237).
Die ansetzung von /ivC/co statt iv^w gründet sich lediglich auf
die Hesychischen glossen dßiv%zov' i(p ov ov% iyivevo ßo^
dnoXXvfJievov und ixßiov^ei' d-qinvü fuerä ycQOvyrjg (KZs. XVII
315, BB. VI 238, XIV 83). Ich kann dieselben als sichere
zeuKcn für fiv^w nicht anerkennen. Nicht dßivutov, sondern
dßirjxtov ist handschriftlich überliefert» und dßivxtov ist hierfür
von Is. Vossius, wie ich aus Ahrens II 47 anm. 18 ersehe, „e
Serie litterarum" eingesetzt Die alphabetische Ordnung erlaubt
aber auch äßiovyLzov^ wie M. Schmidt in der grossen Hesych-
ausgabe (vgl. die kleine unter hißiovtßi) schreibt und wegen
h,ßiovC/ßi vorzuziehen ist. Ein *ßvv^(a ist also gar nicht über-
liefert, und ßiov^u) kann eine boiotisierende Schreibung von ßvCio
„schreie wie ein uhu" sein, das Hesych auch in der intensivform
ßtjßvCjEiv ^yaaXTtiCßiv** bietet und das verschieden gedeutet
1) Nicht verwant mit lett. iU „stockfinster" sind lett. ÜCmseh
„wiudstoBs, Windsbraut", lit ylinge6sA%, (im Nordlit. entstellt in oiingu)\
sie sind yielmehr aus einer nordgerm. spräche, yermutlich dem Däni-
schen, eingedrungen: dän. Hing (Jessen Dansk Etym. Ordbog I 107),
norweff. eling^ tßling (Aasen Norsk Ordbog s. 182), aisl. H „Schneesturm"
vgl. Zupitza Gutturale s. 64, Prellwitz Deutsche bestandteile in den
lett sprachen s. 8.
2) Von Leo Meyer nicht erklärt, von Fick Vgl. wbch. ' II 204 xu
\ai,jugm-e (hierüber anders BB. VI 238), von Pott BB. VIII 67 (ygl.
Wiedemann Lit. präterit. s. 40, Zubatj^ BB. XVIII 255, Froehde BB.
XXI 380) zu unserem jauchzen gestellt.
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werden kann ^). Allerdings tritt insohriftlich boot. lov für
t; nur mit bekannter beschrankung auf. Allein an eine He-
sychiscbe glosse ist nicht der maasstab einer guten inschrift
zu legen, lOv = v steht vereinzelt sogar am wortanfang (Meister
I 234), und J. Schmidt scheint mir ganz recht zu haben, dass
„lov als eine nur graphische bezeichnung des zwischen i und ov
liegenden, auch im Bootischen allmählich an die stelle von u
tretenden ü aufzufassen sei" (Jen. lit.-zeitg. 1877 art. 691).
Ich sehe in ^tvXto eine ableitung von *iu^ das auch ent-
halten ist in lit. ywaa „nachteule, uhu'^ preuss. ywty-garge „eulen-
bäum'' und in MeTai' xXaUi, odigevai (Hesjch). Hierzu ver-
halt sich lit. yna „stöhnt'S wie z. b. skr. dAon- zu dhanih
(Persson Wurzelerweiterung s. 146 anm. 3). Das vermutlich zu
gründe liegende 1 ') kann sich in lett icUt „ächzen, stöhnen, leise,
brüllen" erhalten haben, das aber auch für *ind6t stehen kann.
Den möglichen Zusammenhang von lvt,ia mit lälefiog, i^
„ruf", iij (ausruf), iijtog, iv, lavy Uv^ iov, Ici lasse ich hier un-
er wogen.
Von den im vorstehenden erwähnten glossen ist keine, wenn
ich nicht irre, in dem vorliegenden werke berücksichtigt, und
überhaupt ist das lexikon des Hesjch für dasselbe nichts weniger
als ausgenutzt. Ich will mit dem herrn Verfasser hierüber nicht
rechten, da diese quelle ohne eine gewisse Zurückhaltung über-
haupt nicht ZU benutzen ist, möchte diese Zurückhaltung aber
nicht so weit getrieben sehen, dass Hesjchische unica als solche
einer etymologischen behandlung für unwert gehalten werden,
und muss sogar bekennen, dass dieselben für mich einen beson-
deren reiz haben. Die berechtigung dieses Standpunkts ergeben
— um nur einiges anzuführen und zwar solches^ was in dem
vorliegenden werke fehlt — die glossen dgoov * ioxv^^* ^A^eioi
(Bugge BB. XVm 165, Froehde BB. XXI 207, Zimmermann
BB. XXV 6) und Sdegog' yaatriq (Johansson Beitr. zur griech.
Sprachkunde s. 138, IF. II 15). Auf einige andere, die ich an
stelle des herrn Verfassers nicht bei seite gelassen hätte, erlaube
ich mir im folgenden kurz einzugehen.
yoLQ-Mtv' ^aßdov, Maxedövsgy yoQQa' ^aßdog, yaQaava'
(pQvyava. KQrjveg^ vgl. lett. fars „ast, zweig" (vgl. Fick KZs.
XXn 203, Zupitza Gutturale s. 193).^
ydgvov xo eaw tijg TtXrjpivTjg oidwgiov, o tov a^ova tgißei,
vgl. lett. gurni „die gabel am spinnrade, darin das rad läuft".
di^a (bekreuzt)* at^. Jdyuaveg, aus ^diyja, vgl. ags. ticcen
„Zicklein", ahd. zikkin, nhd. zicke (beinahe ebenso Stier KZs.
XI 210; über alban. <J* Q. Meyer BB. VIH 186).
1) Das zu ßv^to gehörige ßv^ „eule" pflegt nach dem vorgange
Froehdes BB. XIV 84, 99 zu mhd. A^z«, küz, nhd. kam gesteUt zu
werden. Die scbildernng, die Brehm vom fressen und kotzen derealen
überhaupt gibt, legt eine andere erklärung von kaut nahe.
2) I aus fl (ahd. jamar) ? %u aus %$u (deutsch yaufo»)?
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166 A. Bezzenberger
Urea* dxovriovy vgl. entweder alxkor al ytaviat %ov ßikovg ^)
(preuss. aycido „nadel'O» oder aiyavif] „wurfspiess'' und atifitj
,,lanze, lanzenspitze". — Wie schon Düntzer KZs, XV 61 ge-
sehen hat, gehören alyaverj und alxfÄYi zusammen; alxfitj steht
für aizsmä (lit. e8zm(M, lett. Sstns, preuss. aysmis f&r aizsmo-s).
Die Wurzel mag auch in preuss. eyswo „wunde'' = russ. jdzva
„wunde, geschwür", lett. ife „riss, brach, spalt*', lit. ejzieti
„brechen'* (Greitler Stud. s. 82) u. s. w. *) enthalten sein. Gegen
Schraders Zusammenstellung von aiyavif] und alyig mit unserem
eiche (EZs. XXX 461) habe ich ausser anderem einzuwenden,
dass eichene speerschäfte und eichene schilde schwerlich irgendwo
in gebrauch gewesen sind. — a%%ia' dogara. xag^a^, worauf
M. Schmidt unter ixTcu verweist, beweist nichts gegen die richtig-
keit von hcria,
yLag>a' XovttJq, ^axtaveg = axdiffj „trog, wanne".
nagxi^eLv {Gyprü) yelSv, iuxq>d^oi' xcncx^^oi" Y^J^ gehören
zu xa%aCfiiVy dessen % darum aber nicht als gh aufzufassen ist
(vgl. Zupitza Gutturale s. 127). %aq)aCfiLV ist vielmehr in den
kreis mundartlicher formen zu ziehen, den ich BB. XVI 253 an-
geschnitten habe. Ficks bemerkung über Tuxxd^ecv GGA. 1894
s. 243 ist mir nicht verstandlich.
xsdvog (II 273).
xsdvos „geehrt) schätzenswert" kann lautlich mit xnd^a^ca
{Kädso&ai) „sorge tragen", xijdog (xadog) „sorge", ntjd&JTTjg „ver-
schwägerter" (kret. rLädBa%ag\ ausfuhrlich über dies wort Del-
brück Verwandtschaftsnamen s. 145 ff.) kaum anders zusammenge-
bracht werden, als indem man es mit Bartholomae BB. XVII 109
anm. „für eine speziell ionische Umbildung von *yLadvo^ nach
xijdiatog u. s. w. ansieht". Hierzu wird sich aber wohl niemand
entschliessen , da xsdvdg lediglich der dichtersprache angehört,
auch bei Pindar und den tragikern vorkommt, als ionisch nicht
bezeugt und von xtjdiarog begrifflich verschieden ist {xijdtaTog
xsdvÖTOtog T«), und da ^nadvög auch für einen lonier ganz un-
anstössig gewesen wäre.
Mir scheint xeövog auf einer linie mit aefivog zu stehen.
Bragmann EZs. XXV 302 hat dies treffend erklärt als den,
„vor dem man zurücktritt". Demgemäss stelle ich xßdvög zu lat.
cSdo als den „cui ceditur".
Keine Schwierigkeit bereiten dieser erklärung die von Froehde
BB. VI 175 f. und von Thurneysen und Bragmann (IF. XIII 84)
aufgestellten deutungen von cSdo. Jene scheint mir bereits all-
1) Anch dies vermisse ich in dem vorliegenden werk (behandelt
dagegen schon von Benfey WzU. 1 164). Ist nd. ine „granne, ährenspitze"
(Doomkaat Eoolman) verwant?
2) Hierzu lit. izakott „klauben", der bildung nach vergleichbar mit
gr. danaxttCofÄM : aan&iofAtu'i
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gemein aufgegeben zu sein und diese {ce + zdö, piäsens von
sed „gehen'*) ist nicht sicherer, sondern unsicherer, jedenfalls ge-
suchter als meine erklärung von xedvog. Eine gewisse Schwierig-
keit bereitet ihr dagegen der umstand, dass sie fds schwache form
von kSd- xed' ergibt» als solche aber in xsMtdciy, Ttejcddowo, xe-
Yxxdrjasi xaS- erscheint. Hieraus aber lässt sich die Unrichtigkeit
dieser erklärung nicht folgern, denn eine unbefangene betrachtung
kann unmöglich ä, sondern muss ^ als normale kürzung von S
anerkennen, und nicht der ablaut kSd- : kSd-, sondern der ablaut
kSd- : käd- (den ich natürlich nicht leugne) bildet daher ein
problem. In die behandlung desselben kann ich hier nicht ein-
treten, will aber konstatieren, dass der ablaut S : ^ nachgewiesen
ist (vgl. die literaturangaben Noreens Urgerm. lautlehre s. 71,
Bartholomae BB. XVII 108, Bechtel Hauptprobleme s. 242 f.,
Hirt ablaut s. 142 § 731, Saussure Systeme s. 167 f.), und dass
in mehreren fallen gleichzeitig ^ und ä als ablautvokale eines
nicht auslautenden S erscheinen (vgl. Persson Wurzelerweiterung
s. 226 f. anm.). So:
lit. ify'as ,4amm" — gr. €Qiq>og „bock" — lat. äries;
lit isz-püsti „ausbreiten**, lett pl&st „breit machen, offnen**
— lit. pletnua „dick, beleibt**, lett. piek = plSst (Bielenstein
I 368) — lit platüs, lett plats = gr. nlarvg „breit**;
lit. tetytis „Väterchen**, lett. Ute, Utitis dass. — lit. U^is dass.,
gr. thra — gr. Tora, lat. tixta.
Neben lit pUUüs, lett plctts stehen lit. plötia „breite**, lett
plaiÜ „breit machen**. Daher können den obigen reihen ange-
schlossen werden:
lit. bl^i „laufen, fliehen**, lett. b^gt „fliehen, laufen, meiden**
— gr. q)€ßofiai, „fliehe, flüchte, meide** — lit boginti „flüchten,
eilen machen'*;
lat r6po, lit. replidti „auf allen vieren kriechen** — lett
r&püt „kriechen**.
Mit r^ steht cedo auf einer stufe*); cesal und xedvog ver-
halten sich hierzu, wie lett. plest zu pUat, (pißofiai zu lit b^i;
x€m16ov%o zu eido wie nXarvg zu lett jdSst, lit plisti. Die be-
rechtigung, in cido, xeSvogy xeitddoyto verschiedene ablautsstufen
einer wurzel zu sehen, ist daher unanfechtbar.
TMfidg (n 340).
Zu nefidg „reh**, „hirschkalb** scheint mir ausser an. ags. hind,
ahd. hintä (s. Zupitza Gutturale s. 207) preuss. camstian „schaf**
zu gehören. Dasselbe gehört seiner bildung nach zu eristian
„lamm** (lit eras), prastian „ferkel** (lit parszas), tcerstian
^kalb** (lit. icerszis), tvofistian „zicklein** (lit ozys) und darf
1) Sehr beachtenswert ist, was Osthofif Perfect s. 107 ff. über
solche präsentia vortrafft. Ich gehe darauf an dieser stelle nur deshalb
nicht ein, weil es mir hier nur auf tatsächliches ankommt.
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168 A. Bezzenberger
unbedenklich auf *kemadstian oder *hemadistian zurückgefübit
werden, a statt e ist im Preussischen bekanntlich nicht selten.
%Ba%iov (II 291).
neaxlov ,ywerg, flachsabfalP' gehört offenbar zu asL öesati
„kämmen", öech. pades „werg", poln. paczeä „hede" (Miklosich Et.
wbch. 8. 35). Auch unser hede lässt sich diesen wörtem an-
schliessen. Dagegen weiss ich nicht, wie man tlooxivov „sieb^
an das Leo Meyer und Prell witz bei yceaniov denken, mit ihnen
vereinigen könnte.
noivog, xwfioQy üUffiT] (II 324, 344 f.).
Lit kaikaras „horde, häufe" (GeiÜer Lit. stud. s. 89) und
lett. ziku „truppweise" (zikät „wimmeln'') schliessen sich begriff-
lich so eng an lit. kaimene „herde", dass Zusammengehörigkeit
dieser Wörter anzunehmen ist i). Von kaimene lassen sich aber
andrerseits lit. kemas „hof, dorf , lett. zlrm „dorf" (auch „ver-
sammlungshaus der herrenhuter") nicht trennen >), und dass hierzu
mit recht got. haims, an. heimr u. s. w. und gr. xiifitj „dorf^'
gestellt weiden, ergibt das nebeneinander von haims und an. ßing-
heimr „die ganze beim thing anwesende Versammlung", von luifjir]
und TLWfiog »ygelage, grosser zug, schwärm". Beide Verhältnisse
entsprechen dem von kemas zu kaimene (kaikaras, zVcu), Da-
gegen wird xiiurj ohne not von Tcäfiog losgerissen, sobald man es
zu lit. szeimyna „gesinde" u. s. w. stellt (Zupitza Gutturale
s. 49, vgl. Grienberger a. o. s. 106).
Da baltisches ai in mehreren fällen (z. b. lit kemas : opt-
kaime, kaimynas, vgl. szdUi : porszolys, skanils : sMn-skoniai)
als vrddhi von 'd auftritt*), so kann als wurzel der behandelten
1) Ich stelle zu ihnen auch preuss. kaytoe, lett. kiwe „State"
(herdenpferd). kSwe muss aus dem Nordlitauischen entlehnt sein, wo
lit. *käwe (« pr. kaywe) *kewß lauten würde, aher verloren ist.
Zu noifAf^^ noCfivn, nwv (W. Schulze EZs. XXVn 426) gehören
lit. pi^fva „wiese" (derselbe Quaestiones s. 45 anm. 2, Persson BB. XIX
257) und lit. pSsa „herde'* (Geitler Lit. stud. s. 103). — Beiläufig be-
merkt lassen sich ^ianoiva, ags. /(smne ,gungfrau, junge frau'\ tSries.
fämne „frau, magd" ebenso gut zu noifirpf^ wie zu avest. päeman „milch
der weiber" (J. Schmidt Sonantentheorie s. 104 £P., 186) stellen.
2) Vgl. skr. grama ,,dorf, heerhaufe, schaar", rnss. wr. poln. gro»
tnäda „(grosser) häufe, dorfgemeinde" und Zupitza Gutturale s. 149;
ferner an. ßarp „gehöft, dorf ' : pyrpoBt ,,8ich drängen" und Feist Grot.
etymol. s. 146.
8) In dem -ais des instrum. plur. der a-stämme sehe ich nicht
-öü, sondern -om. Die arisohen instrum. plur. auf -oü (s. hierüber For-
tunatov Archiv, f. slav. phil. XII 97 f., J. Schmidt KZ. XXVII 305, Feet-
gruss an R. v. Roth s. 184, W. Schulze KZ. XXVII 421) halte ich für
neubildungen auf grund der instrum. sing, auf -ä, indogerm. -ö. Analoge
bildungen sind avest. avatihüa^ yätus (66A. 1875 s. 1116, vgl. Geldner
KZs. XXVII 225, Studien I 186, Bartholomae Beiträge z. flexionslehre
8. 73 f„ 143, BB. XyU 107).
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worter köi : koi : Ja „gesellen, sich schaaren'^ aufgestellt werden,
und unmittelbar hieraus kann Ttoivog „gemeinsam" erwachsen sein.
Aber es scheint mir trotz J. Schmidt Sonantentheorie s. 120, 147
auch erwogen werden zu müssen, ob %0iv6q nicht etwa aus
*xoifxv6g (vgl. kaimenä) hervorgegangen ist.
Weitere anknüpfungspunkte bieten vielleicht skr. cinöti „an-
einanderreihen, schichten, sammeln'', asl. dinüi „oomponere''.
x6la^ (II 428).
xola^ „Schmeichler" ist der „qui nimis colit". Wegen des
anlautenden k berücksichtige man urkelt vo-keld „ich sorge mich"
(Stokes Urkelt. Sprachschatz s. 83) und dvavLolog^ d^erjxologj deren
zweites glied nicht notwendigerweise mit -TtoXog in ai-rtoXog,
dvrj-noXog identificiert werden muss (vgl. Fick BB. XVIII 135).
%oloi6g (U 435).
xoloiog „dohle" kann beinahe gleichgesetzt werden dem asl.
slavij (russ. solovij) „nachtigall" (preuss. salotpis dass. hieraus
entlehnt? s. J. Schmidt Vocal. II 137). — Ahd. nahtagala be-
deutet nicht nur „nachtigall", sondern auch „corax", „nocticorax",
„noctua".
Dass üohffog „geschrei, lärm", %oJi(pav „lärmen, schelten" zu
yioloiog gehören, erscheint mir selbstverständlich.
noQog (II 368).
yu)Q/ogy xÖQ/af von Leo Meyer nicht erklärt, stellt Prellwitz
Wbch. s. 159 zu tloq&vvw „erhebe". Aber näher scheinen mir
doch xo^g „heim", xoQvaaw „rüste, wappne, erhebe", zu liegen.
Die grundbedeutung dieser Wörter (von denen ich übrigens manches
fem halte, was Johansson EZs. XXX 347 ff. mit ihnen vereinigt)
ist zweifelhaft, allein der gebrauch von noQvaaaiv gibt die berech-
tigung, mit ihrem xogv^ zu verbinden: preuss. saruns „waffen",
lit. szdrwas „harniscb, ganze rüstung eines kriegers", „mitgift"
(Szyrwid Dictionarium unter posag, wyposazam, vgl. zbroia). Die
ursprüngliche bedeutung dieses wertes wird „ausrüstung" im all-
gemeinen gewesen sein i), und es wäre daher ebenso bedenklich,
sartais und sisdrwas mit skr. gdru „speer, pfeil", got. hairus
„Schwert" zu kombinieren, als darin eine entlehnung aus got.
sarva „waffen, rüstung" (ahd. saro, ags. searu) zu sehen. Hier-
gegen spricht auch der anlaut von szärwas. Eher könnte got.
sarva aus dem Preussischen entlehnt sein.
1) Eine andere möglichkeit ergibt sich aus Tacitus Germ. XVIII
(ipsa armorum aliquid viro affert), woran Prellwitz mich erinnert, falls
diese stelle nicht auf einem irrtum beruht. Für litauische anschauungen
liegt sie aber sehr fern. — Über ndrwae vgl. noch Brückner Lituslav,
stud. I 116 anm. und Lit. forsch, s. 152.
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170 A. Bezzenberger
Lit. szdrwas, dekliniert wie kilmas (BB. XXI 295 anm. 2)
und daher vielleicht auf dem dreisilbigen stamm *szaru€h be-
ruhend, entspricht dem gr. xoQfog lautlich genau, und wenn man
jenes mit „rüstung'' und dies mit „der rüstige'' (s. ycovgoteqog)
übersetzt, so besteht zwischen ihnen ungefähr dasselbe verhältniss
wie zwischen skr. gasa „befehl'* und gäsä „gebieter''.
Insofern szdrwctö „mitgift» aussteuert' bedeutet, und eine mit-
gift eine legale eheschliessung voraussetzt, berührt es sich mit
xovQidiog, in dem „der begriff der ehe der wesentliche ist" (Butt-
mann Lexil. I 34), das man aber doch nicht gern von %ov^
ganz wird losreissen wollen. — Ob die kretischen Kureten nach
ihren waffentanzen benannt sind, ist mir sehr fraglich.
Ttohiecv, xQOKri (II 395, 399).
XQixeiv „schlagen, klopfen" (ein gewebe, ein Saiteninstrument),
XQOxr] „einschlagfaden, gewebe" stelle ich zu asl. krosno, poln.
krosna „Webstuhl", russ. krosna dass., auch „ungebleichte lein-
wand" und nsl. kresati, russ. kresttt „feuer si^agen", poln.
krzesaö, krzmS dass., auch „schlagen" überhaupt, „hauen". —
Auch lett. krekls „hemd", ags. hrägl „gewand", ahd. hregü „in-
dumentum" (Zupitza Gutturale s. 123) lassen sich hierher ziehen,
indem in krekls assimilation des wurzelauslautes an den anlaut
angenommen wird.
KQoaaa (II 401).
XQoaaa „mauervorsprung, zinne, absatz, stufe" darf nicht,
wie von mir BB. XII 239 und Zupitza a. o. s. 122 geschehen
ist, auf x^ox- zurückgeführt werden, wenn auf die Hesychische
glosse üQÖazLva ' qwlayLtfJQia etwas zu geben ist. Jedenfalls aber
lässt sich xQoaaa auch zu got. hröt „dach", as. hröst „sparren-
werk des hausdachs" (s. Henning Das deutsche haus s. 122)
stellen, und hierzu gehört asl. krada „rogus, fomaz, altare", nsL
„holzstoss", klr. kr<ida „Scheiterhaufen" (Miklosich Et. wbch.
s. 137), falls dies nicht auf lit. krösnis „ofen" zu beziehen ist.
— Anders über hröt Johansson EZs. XXX 349 anm. 2, Wie-
demann IF. I 194, Zupitza a. o. s. 127 (wo auch lit. kriaüte,
kraüU „bodenraum" hatte aufgeführt werden können), Grienborger
a. o. s. 119 f.
xmcLBiv (11 239).
%vyLOiBiv „rühren, mischen, aufrühren", iiVKrjol'T€q>QOg „mit
asche gemischt", xvyLeiSv „gemisch, misch trank, mischmasch",
%vxr]&QOv „rührkelle" sind nahe verwant mit lit. szduksztas
„löffel", sziüksztnes „geröU, auskehricht", sziüksztus „mit spreu
oder kleie gemischt". — Lit. szüke „scharte, Scherbe", szukos
„kämm", lett süka „bürste, Striegel", sukis „scherbe", sukums
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Anzeige. 171
,4ücke, scharte^ (lett. schuhe, schukis, schuld halte ich im gegen*
satz zu Leskien Ablaut s. 318 für lituanismen) stelle ich da-
gegen zu skr. 0Üca „granne des getraides, Stachel eines insekts'^
avest güka ,,nadel" (vgl. begrifflich ahd. scirbi „scherbe^, lett.
schkerpele „splitter'' Zupitza a. o. s. 155).
xwvog (II 318).
Die gleichheit von xüvog „kegel, pinienzapfen, helmspitze,
der kegelförmige kreisel'* ^) und skr. gäna „ Schleifstein <' steht
durchaus nicht fest *), denn gdna scheint minder richtig als gäna,
und gegen die annähme, n könne im Sanskrit oder gar in den
veden an und für sich durch n ersetzt sein, besteht ein berech-
tigtes misstrauen (s. Leumann E!Zs. XXXII 309, Persson EZs.
XXXin 288). Auch bei fäna ist dasselbe zutreffend, denn (äna
kann unbedenklich zu gää „stein, fels'', an. hella „flacher stein,
schiefer'^ gestellt werden (vgl. Stokes Urkelt. Sprachschatz s. 72 f.).
Femer aber ist es doch, zumal in hinblick auf nsqi'TifavsiVy
wahrscheinlich, dass die bedeutung „pinienzapfen'' älter sei, als
die bedeutung „kegel*^; nimmt man dies aber an, so ist die Ver-
mutung nicht abzuweisen, dass %(avog zu asL spsna „abies", russ.
sösna (auch sosnä) „flehte, kiefer, föhre" (s6sna italij&nskaja
„pinie'^y poln. sosna dass. gehöre. Es würde sich lautlich hierzu
verhalten wie gr. ufiog zu skr. ärhsa u. s. w. (Solmsen EZs.
XXTX 62, 81) und begrifllich wie hd. iann zu tanne^ lat. molum
zu malus '). — Die Zusammenstellung von sosna und ahd. kien
(Pedersen IF. V 66) ist zu gewaltsam.
Auch das n von ved. mani „perle, perlenartiger zierrat^
kleinod, edelstein, juwel", das J. Schmidt EZs. XXXII 385
neben gäna als sicheren beleg für n = n nennt, ist als solcher
nicht anzuerkennen (vgl. Windisch EZs. XXVII 168). mani
kann nämlich aus *malfnni entstanden sein und zu got. malma
„sand", lit. mdmü „nierenstein'S sdmalnes „schrotmehP' gehören
(vgl. J. Schmidt Sonantentheorie s. 104, 114, 117). Begrifflich
ergibt sich dies aus der Verdeutschung von lat. margarita (ahd.
merigrioz u. s. w.).
x(5og (II 222).
Neben xäog „höhle, gefingniss'S xvecv „schwanger sein"
(n 227), xvaQ „Öffnung" (II 230) mache ich aufmerksam auf
lett. schäwa „eine scheidenartig geformte spalte oder höhlung an
1) Die Übersetzung „spitzstein" Michels IF. lY 68 ist nar will-
kürlich.
2) Ans der neueren literatur darüber erwähne ich Hirt BB. XXIY
234 nnd Zupitza Gutturale s. 184.
3) Wie xwos far ^xatavo^ steht yielleicht xavvog „loos" für xava-
vo-i, vgl. asl. pr^khiiti „durchs loos gewinnen" (Miklosich a. o, s. 154),
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172 A. Bezzenberger
einem bäume", das auf geti- beruht und also in einem bemer-
kenswerten ablautsverhältniss zu xwog u. s. w. steht — Nicht rnnz
zutreffend scheint mir Leo Meyer eyxvog „schwanger", iy-xtutav
dass. : xvoq- „fetus", yiVfAa dass. zu beurteilen. Die richtige
beurteil ung dieser Verhältnisse ergibt sich aus skr. jcUhära „mutter-
leib", got kilßei dass. — got. inkilßö „schwanger" — engL
child.
oid' (II 129).
Zu old- „schwellen", olöog „geschwulst", oldfia „schwall*'
stellt Leo Meyer lat aemidus, armen, ait-nu-m „ich schwelle'S
ait'Umn „gesdiwulst", att „wange" und ahd. eiz „eiterbeule, ge-
schwur", an. eitiU „drüse" mit der bemerkung: „Kaum dazu auch
altn. eitr, ahd. eitar, nhd. eiYer".
Dieser bemerkung gegenüber halte ich an der Zusammen-
gehörigkeit der erwähnten germanischen Wörter fest, die mir durch
bair. aiszeln „schwären, eitern" und anderes, was Schmeller Bayer,
wörterb. I 157 f. aufitihrt, bewiesen zu sein scheint. Andrerseits
gehe ich über Leo Meyer hinaus, indem ich an. eür, ags. äioTj
ahd. eitar, mhd. eiter „gift", nhd. eUer, mnd. schwed. etter „eiter,
bezw. gift" nebst ahd. mhd. eiz, an. eitill und asl. russ. jath,
poln. jad „gift" von olöog u. s. w. trenne. Maassgebend hierfür
sind lett. idra „das faule mark eines baumes", idrüt „einen faulen
kern bekommen" i), die sich von den obigen Wörtern nicht trennen,
aber den begriff des schweUens nicht hervortreten lassen und
lediglich auf die Vorstellung eines krankhaften einschlusses fuhren ;
und hierzu stimmt gut an. eitill, das nach Cleasby-Vigfusson
nicht „drüse", sondern „a nodule in stone, iron, or the like"
bedeutet. — Möglicherweise gehört zu dieser wortgruppe lit aidinti
„reizen" (Beiträge zur geschichte d. lit spräche s, 269 f.), vgL
poln. jad und unser gift in der bedeutung „zorn, wut". Viel-
leicht war aber die eigentliche bedeutung dieses wertes „auf-
wiegeln", und dann würde es auf oldog u. s. w. und asl. jtidro
„sinus", „velum" (von Fick KZs. XXI 5, 463 mit recht zu oldog
gesteUt) zu beziehen sein. Auch lit. didyti „toben, getöse machen",
angeblich auch „wiederhallen", aid(is „echo" können hierzu ge-
hören.
Ob lat. ae^nidus mit oldog u. s. w. verwant sei, ist sehr
fraglich, s. Froehde BB. V 273. Lit aime „eine zahllose menge"
(Geitler Lit stud. s. 76), das an aemidus erinnert, ist mir nicht
gut genug bezeugt.
oi(pBiv (II 131).
Als eng zusammengehörig betrachte ich skr. ibha „diener-
Schaft, hausgenossenschaft, familie" {ßhya „zum gesinde gehörig,
1) Ein lett. idrs „kern" (Fick Wbcb. * I 363 unter wdra-m) gibt
es, soweit ich sehe, nicht.
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Anzeige. 173
höriger**), ahd. eiba „land, gau** in Wetareiba, Wingarteiba,
langobard. aib „gau*< in Burgundaib, Antaib, Bainaib (Brückner
Sprache der Langobarden s. 99) und lit. aibis „menge, echaar**
(Miesänys). Das verhältniss von ahd. hl-rdl „heirat, Vermählung**
zu ags. hWed „familie**, an. hS^rad „bezirk, landschaft** legt den
gedanken nahe, dass {bha u. s. w. und oupeiv verwant seien.
Ich muss dies aber ablehnen, da oiq>eiv nicht das schliessen einer
ehe ausdrückt, vielmehr nach seinem ganzen gehalt in einem
scharfen gegensatz zu ibha und eiba steht. Dasselbe gilt von
skr. ydbhaU und seinen slavischen verwanten (poln. jebaS, slov.
jibati u. 8. w.), womit ol'q>€iv herkömmlich zusammengestellt wird.
Von der richtigkeit dieser kombination ist Leo Meyer freilich
nicht fest überzeugt, allein die gleichmässigkeit der bedeutung
macht sie doch so wahrscheinlich, dass das fehlen eines anderen
oi- = skr. ya- sie nicht ernstlich gefährdet. Wegen dieses Ver-
hältnisses s. Persson Wurzelerweiterung s. 231, Hirt ablaut s. 132.
Die ähnlichkeit von {bha, eiba mit skr. sabha, got. sibja
„sippe" (vgl. Noreen Lautlehre s. 218) liegt auf der band. Wegen
der bildung s. Prellwitz BB. XXII 89 ff.
d^g (I 500).
o^Lva „egge**, das sich ohne gewaltsamkeit von lit akUSczos
{ekiSczo8\ lett. eaisehi (com. ocet, ^d. egidä) nicht trennen lässt,
enthält nach ausweis dieser Wörter nicht g, sondern k fvgl. Zu-
pitza Gutturale s. 129 i)). Da femer von o^Lva auch o^g sich
nicht losreissen lässt, so ist folglich auch dessen ^ als ks auf-
zufassen, und die Verbindung von o^q mit skr. d^ „ecke, kante**,
äpi „rasch, schnell**, gr. axQog^ ancvg u. s. w. ist zu lösen. Da-
g^en lässt sich o^ identificieren mit cdcs- in lit cAstts „spitziges
stöckchen**, äkstinas „Stachel, ochsenstecken, federstachel** == asl.
ostbm „Stimulus**, lett aksts „flügge, hurtig**. Eretschmers tref-
fende erklärung der Hesjchischen glossen ^qovj ^vQßl (EZs.
XXXI 414) wmi hierdurch nicht berührt, während die von ihm
veranlasste Vereinigung von o^ mit skr. k^naüti „schleifen,
wetzen, schärfen** (Pedersen IF. II 314, 325) mit meiner auf-
fassung jenes wertes nicht besonders harmoniert — Führt man
0^ = aks- auf ein neutrales okes- zurück, so verhält sich o^g
hierzu, wie lit tamsiis zu skr. tdmas (lit tamsä). Der gedanke
Hirts IF. Xn 225, o^g sei „aus *ak8ii8 erst im Griechischen
entstanden** wird wohl wenig Zustimmung finden, und mhd. wahs
„scharf**, das nach Fick GGA. 1894 s. 242 möglicherweise zu
o^g gehört, gilt mit recht für eine entstellung von was (ahd.
htoas).
1) Ans dem von Zupitza herangezogenen lat aeus will 0. Hoffmann
Dial. I 278 kypr. dxoOTri „gerate** ableiten, das aber für 9Vxo<nä oder
jwTtwnii stehen kann, vgl. asl. j^ehmy^ rnss. jacmSnh „gerate** (Mikloaioh
Et wbch. 8. 104).
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174 A. fiezzenberger
Für wurzelhaft verwant mit o^g, lit aksÜs halte ich oxQig
{oxQiSeig, OKQiaofxai), lat. ocris und ir. ochar, cymr. ochr (Stokes
Urkelt. Sprachschatz s. 6), während ich axQLg mit dfri identi-
ficiere. Vgl. Hirt Ablaut s. 162.
oojQCfjiov (I 538).
oOTQifiOv yßtaJl, hürde" kann auf daTQO- beruhen (vgl. oßQi-
flog 9 auf das auch Leo Meyer verweist; Fick BK XVI 170),
und dies kann aus od^QO^ entstanden sein und dann gehören zu:
as. edor ,,zaun, umfriedigung*', ags. eodor „zäun, dach'S nmd.
<tder(e) „staken, knüppel, woraus man die zäune macht^, an.
jadarr „rand'^ ahd. etar^ mhd. eter „geflochtener zäun, umzäuntes
land, säum, rand'S asl. odrb „bett'S odrina „stall", russ. 6drh
„lager, brettergerüst". — Dürfte man hiermit bair. eszter ,/alltor
am fahrweg durch einen geschlossenen feldbezirk'' (Schmeller
I 161), Schweiz, ester „fallgatter'' (Grimmsches Wörterbuch III
1172) verbinden (wie Stalder Schweiz, idiotikon I 346 vorschlägt),
so ergäben diese werter eine bildung, die der vermuteten unter-
läge von oavqiiiov sehr nahe käme.
ortqaXiog (I 514).
Zupitza EZs. XXXVII 406 ist auf eine Vermutung Ficks
zurückgekommen, welche dieser aber anscheinend aufg^eben hat,
nach der otqaXiog^ STfrjQog^ ozqvvw mit lett. dtrs „rasch, heftig,
hastig, hitzig'' zu verbinden sind (Vgl. wbch. ' II 514). Ich
halte dieselbe aber nur unter der Voraussetzung für zulässig, dass
das ä von ätrs ^) und von lit otu „schnell" (Greitler Lit. stud.
s. 99) ablaut von i ist. Und nur unter derselben Voraussetzung
lassen sich as. cidro „eilend, alsbald, zeitig, früh", ags. cedre
„sofort", ahd. atar „acer, sagaz, celer" zugleich mit äJtrs, otu
und mit 6%(iaXiog u. s. w. vereinigen (Zupitza a. o.), gleichviel ob
der anlaut dieser werter lang oder kurz anzusetzen ist
Fick a. o. zieht zu dtrs ausser ozfiaXeog u. s. w. auch lat.
äbrox und skr. ötati „wandern, laufen" (vgl. dtya „renner").
ätrox wird besser zu äter gestellt; die beziehung von dtoH sei
es auf dtrs, sei es auf &tQaXiog, sei es auf beides, erscheint mir
aber noch immer sehr berücksichtigenswert (vgl. Prellwitz B&
XXin 69 f.).
Sxevog (I 526).
Unter preisgäbe einer früher von mir geäusserten Vermutung
(BB. XXni 298), die sich aus begrifflichen gründen nicht woU
1) Hieraus scheint mir nordlit. dirus „heftig, hitzie, jähzornig"
(«^i(t), üV«(t) ady. dass. „schnell", Lit. forschungen s. 97) entlehnt sa
sein. loh lasse es deshalb im text bei seite.
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An^ige* 17Ö
durchfuhren lässt^ stelle ich ox^^S „nniie, kanal, Wasserleitung''
als oxharog zu lit ekete {akete, aJcyte) „in das eis gehauenes loch
zum Wasserschopf en , wuhne", lett. akate ),mit wasser gefüllte
grübe im moraste'S ableitungen von lit. d^as (äkis) „wuhne'',
lett. aka „(gegrabener) brunnen''. Gegen die Verbindung dieser
Wörter mit lit. akis (Brückner Lituslav. stud. I 43 anm. 31) und-
slav. oko (J. Schmidt Neutra s. 405) habe ich mich schon Deut-
sche lit. -Ztg. 1889 sp. 1458 erklärt und habe sie zu skr. kha
„höhle, öfinung'S kha = avest khä „quelle" gestellt (BB.
XVin 221 anm., XXIU 297). Hierin sieht man herkömm-
licher weise sprösslinge von skr. khänati, avest. kafUi „graben''
(so auch Brugmann Grundriss ^ 11 456). Diese annähme ist aber
bereits von Hirt Ablaut s. 93 mit recht bezweifelt; der gebrauch
von kha und das hiermit zusammengesetzte sukhd machen sie
ganz unwahrscheinlich und der lautliche gegensatz zwischen avest
kaMi {BL^^em. ko/fitanaiy, vgl. auch armen, akan Hübschmann
Armen, gram. I 413) und khä (khd) tragt — wenn auch das k
von kafiti u. s. w. unursprünglich ist, vgl. Fierlinger EZs.
XXVII 335, Bartholomae das. 367 anm. 2, Persson das.
XXXni 290 — nicht dazu bei, sie glaubhaft zu machen.
Lit. dk(i8 und skr. kha, lett aka und skr. khä lassen sich
vereinigen unter indogerm. ökho- : khö-, bezw. ökhä : khd. Das
aus 6mä verkürzte Idia trat neben z. b. k§a und bildete daher
den nomin. sing, khoa = av. khä. Die zu gründe liegende wurzel
kann ich anderweits nicht nachweisen (skr. ökhardy Okhü?), Wegen
des X '^ kh verweise ich auf Wackemagel Altind. gram. s. 119f. ^).
fri^a (H 533).
TtiC/Di „kleines fischernetz" gehört wohl nicht zu neCfit „fuss,
säum", sondern zu ^iiv „fessel". Von der diesem zu gründe
liegenden wurzel (Fick Wörterb. ^ I 474) stammen auch lit. pidas
„getreidegarbe", lett pida „bund, armvoU".
nXadog (II 694).
TtXad' in nXadog „feuchtigkeit» Schlaffheit, faule", nhxdaqog
„nass, feucht^ matschig", Ttladaecv „nass, schwammig sein" ent-
spricht dem lett plid' in plidindt „sich baden", plide^ns „glatt-
eisig". Dies beruht auf pled- in lett pled^kscha „etwas ausge-
flossenes", dessen etwaigen Zusammenhang mit peld- in lett peldÜ
„schwimmen" ich dahin gestellt sein lasse.
1) Prellwitz Et. wbch. s. 155 hat zu xoyxn i^tt. 9ßme „muschel"
gestellt. Richtiger scheint aber ftme : Ulmann s. 284, Magazin der lett.-
liter. Gesellschaft XIII, 1. stück s. 25. Nicht ganz so unsicher wäre der
vergleich von xoyxri mit nslov. ssimü „schlafe" (vgl. skr. ^ai/ikkd „rnnschel"
— „schlafe") ans »mbßt> (Miklosich Et. wbch. s. 292).
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176 A. Bezzenberger
TtoixlXog (n 481).
nomllog „bunt, kunstvoll gearbeitet, manigfaltig, gewandt**,
tihd.feh „hunt, schillernd'', slav. pisati „schreiben'', skr. pigas „gestalte
form, färbe" (Pischel Ved. Studien II 113 ff.), apers. nirpisianaiy
„schreiben" sind mit recht gestellt zu üt paüzas „russfleck",
peszä „russ" (Zupitza Outtuiule s. 189), iz-payßau (wie für iz-
payfau zu lesen ist) „rysuig co w^glikiem, dowem etc., delineo,
adumbro, primas lineas duco" (Szyrwid Diction. 6; Miklosich Et.
wbch. 8. 271), peszti „schreiben" (Feist Got etymologie s. 30,
Leskien Ablaut s. 292). Im hintergrunde jener Wörter steht also
nicht die arbeit mit dem grabstichel oder dem meissel, sondern
die graphische darstellung in ihrer einfachsten art, die adum-
bratio, das aufreissen von figuren oder bildem mit schwarzer
färbe. Dies ist zwar ebenso selbstverständlich, als dass m%i(6q
von Ttoinllog zu trennen ist ^), ist aber soviel ich weiss, noch
nicht ausgesprochen, obgleich es für die beurteilung der indoger-
manischen kultur, des alters und der entwicklung der indoger-
manischen kunst von sehr grosser bedeutung ist.
Ebenso wie nirpistanaiy und pisati bedeutete auch got. mä-
jan ursprünglich ein zeichnen, malen mit schwarzer färbe, wenn
es von Grienberger a. o. s. 158 richtig — wovon ich überzeugt
bin — mit gr. fiiXag vereinigt ist
Ttvikag (n 512).
Tttilag „eher", rtteXea' ovg vtvo AocMoviav können zu lit
idas „kalb", lett. iihch dass., asl. id^ = poln. cielq (genit. de-
l^cia) „kalb" gestellt werden unter der Voraussetzung, dass diese
Wörter anlautendes p aufgegeben haben. Vgl. begrifflich lat.
verres „eher" : lit. wefszis „kalb".
Möglicherweise steht preuss. kUnte (voc., clynih Grünau)
„kuh" für *Üente aus (pytelente.
TcvfiOTog (II 593).
nvfiOTog „der letzte" auf *7t6o(JLa%og oder auf *fK6fiaTog
(so Reichelt BB. XXVI 225) zurückzufuhren, ist nicht nur sehr
bedenklich (Solmsen EZs. XXIX 90), sondern auch ganz unnötig,
seit Bugge BB. XIV 68 nvfiavog zu skr. pünar „wieder, zurück,
von neuem" (bildung wie avest. hanare Bartholomae BB. XV
16, 23) gezogen und aus *pU' „hinter" abgeleitet hat, das Bugge
auch in lat puppis und in skr. pücdui „schwänz, schweif, ruthe"
vermutet. Auch skr. puta „hinterbacke", griech. nwog (jvivyog)
1) Auch ahd. feigt, an. feigr, nhd. feige trenne ich von ntHxUog
und bleibe bei der Zusammenstellung dieser Wörter mit lit. paÜtas
„dumm", indem ich in dem feigen nicht mit Schade und Zupitza den
„gezeichneten", sondern den dem todesschlaf, der betaubung bereits
yerfallnen (vgl. Vilmar Idiotikon von Eurhessen s. 100) sehe.
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Anzage. 177
„ftQüntTSg** (über novviov 8. w. u.) und an. fitä ,,oanna8'S mhd.
vut „cunnus, yulya" und ahd. fona „yon** (das mit ftvfiatog und
pünar längst verbunden ist [J. Schmidt KZs. XXVI 24, Perseon
Wunselerweiterung s. 224 anm., IF. II 214 f.] und gleich pun-^r
eine n-ableitung wie lat externus, infemus, got. inn u. s. w.
darstellt) beruhen auf dieser grundlage, neben der ich aber ein
gleichbedeutendes *pau oder *peU' annehme wegen preuss. ^pau'
nian „hinterbacken" (BB. XXIII 310), lett pauna „(rucksack),
ranzen, tomister, bündelchen'S paune „bündel, tornister, knap-
saok'* (woraus estn. paun ,,ranzen, feileisen'' u. s. w. Thomsen
Beröringer s. 272 entlehnt), pipaunä „auf dem rücken'', paundt
„(buckeln), auf dem rücken tragen'', 8a-paun&t „(sacken), zu-
sammenpacken". Ob Tvowia^eiVj ftovviov {ftowid^aiv TtaiöiKOig
XQ^^iU' ftovPiOP yoQ 6 dciKtvliog Hes.) dies *pou enthalten,
oder mit Ahrens II 125 als lakonisch anzusehen sind, lasse ich
dahin gestellt sein (ebenso die erklärung von äfffinovg' äerog,
Mcmedoveg, Fick EZs. XXU 2001). — Eine zweite nebenform
von *pu' „hinter", nämlich *pür enthält vielleicht nvyij „der
hintere" (vgl. skr. apa-gd „sich abwendend" und skr. mak^',
mÜhü : maksü, miihu); anders, aber noch unsicherer BB. XII 79,
XVIII, 135, QGA. 1894 s. 245. ^
Von J. Schmidt a. o. sind Ttvfxatog und ahd. foua auf gr.
äno bezogen, und ich halte dies prinzipiell für richtig, stimme
aber Persson a. o. und Johansson PBB. XV 230 bei, die das u
von pünar und Ttvfiarog dem v von a/rv, xarv, ftfv-^ vnv gleich-
setzen (vgl. OGA. 1887 8. 418). An diese formen reihen sich
ferner an z. b. got. du und halt, pru- — rcqv- in lit. prusnä
„maul, schnauze", preuss. prusna, prosna „angesicht".
Wie alle diese formen zu stände gekommen sind, lassen
lat. sin^ : gr. iiyev : skr. sanu-tär, got. inu (Prell witz Wbch.
8. 23), das obige *poU' {*peU'?) : */>«- u. a. erkennen; sie be-
ruhen je auf der Verbindung eines fertigen wertes mit einem u,
das ich für identisch halte mit dem v von Ttdvv, ovzog u. s. w.
Eigentliche lokative (vgl. hierüber Bartholomae BB. XV 23,
Hirt IF. I 30, J. Schmidt EZs. XXXII 412 anm. 1) kann ich in
ihnen nicht sehen.
Hin und wieder scheint mir aus einer solchen Verbindung
ein 170-stamm erwachsen zu sein: gr. vei/avog „der unterste"
(Fick BB. I 336), asl. niva „acker" (skr. nivanä „zu tal" ?) aus
*nei : *nei-u; skr. pü'rva „vorderer, früherer", gr. TtQiÜTog; lat.
prlvus, umbr, preve. — Auch die griechischen ortsadverbien auf
-Vi, -VLg führe ich auf eben solchen Verbindungen zurück und
sehe also in z. b. Ttijlvi und ttqwJ-i ^) gleichartige bildungen.
Ganz anders J. Schmidt EZs. XXXII 394 ff.
1) Lett. pr^am „fort, weg" trennt J. Schmidt KZ0. XXXII 407 in
prdirjatn^ ohne dies an erklären. loh halte es fär entstanden aus *jirdio-
jam (vgl. gMma, dimin. von giw „knh"), was sieh zu n^ti^uis verhält
wie gwam „vorbei, vorüber" zu ga^seh „lang".
Beitrife s. kand« d. Indg. ■pnehen. XXYII. 12
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178 A. Bezzenbetgel'
voftog (n 737).
Zu TÖftog ,,ort^ stelle'S %07ta^p „vermuten** (vortä^' eina^u.
lÖQvsi, vTtofCfsvBi. a%oxaC,etai Hes.) stelleich: lit. Mp^' „werden",
pri-tapH „antreffen, kennen lernen, erfahren", lett tapt „werden,
geschehen, gelangen'*, tapigs „ein fähiger köpf**, iapindt „(za-
kommen lassen), borgen, leihen**, if4apt „loskommen, zurecht-
kommen, es einem zu danke machen, mit ihm zurecht kommen**,
pa4apt „hingelangen, wozu kommen können, müsse haben**, pa-
tapas „müsse**, sa-tapt, sa^aytapt „begegnen, auf jemand treffen*'
{nä <üwa sastapts „von gott beschert'*); ags. ßofian (mit ä s.
Sievers PBB. X 509^ „etwas geschehen lassen, sich in etwas
fugen** (god hü gejßafode „gott lies es zu**). — Der begriffliche
Zusammenhang ist nicht ganz klar, aber einleuchtend. Zweifelnd
vergleiche ich klr. do-t^M „einsieht" (Miklosich Et wbch. s. 352).
Sfx^ (II 170).
vifxn Angeblich „irdenes gefäss für eingesalzene fische'* kann
zu lit wdrias „korb zum fischfang, reuse**, lett. warfa „fisch-
wehr**, to(»r/i „setzkörbe*' gehören. Der name könnte von dem
geflochtenen auf den möglicherweise gleichgeformten irdenen
fischbehälter übertragen sein. Übrigens berührt sich die älteste
keramik mit der flechterei (vgl. z. b. Schrader Beallezikon
s. 457), und auch abrit bdscauaa scheint ursprünglich einen ge-
flochtenen korb bezeichnet zu haben (vgl. G. Meyer IF. VI 106
anm.).
Lat. urceuSy das man früher zu vfjm stellte, wird jetzt besser
mit aslav. vrböb verbunden (Miklosich ESt. wbch. s. 383).
vaaog (II 162).
vaaog „wurfspiess" aus ^vo^jo^g gehört zu as. ord, an. oddr^
ahd. ort „spitze**, womit auch verbunden sind vc%i(i^ „Stachel-
schwein" (Noreen Urgerm. lautlehre s. 190) und vvigy vvm]
„Pflugschar", lit. usnls „distel, hagedorn**, lett usehnes ^) „disteln"
(Fick BB. XU 162, vgl. Solmsen EZs. XXIX 81).
vaact^ „weibliche schäm** kann auf vx- beruhen und zu lat
Vagina gehören.
g>i]fif] (in 388).
Neben g>^fiTi {g>afiä) steht das gleichbedeutende lett. bäume
{bauma) „gerüchl^ nachrede*', und bekannte analogien legen die
— aus anderem gründe bereits von Persson Wurzelerweiterung
1) Von iMeAfiM (fehlerhaft aaoh t^ftehms) ist gmchmm m trennen.
Stender fibersetst jenes mit „döbelkraat, disteln**, dies mit „bergdistel,
(gänsedistel)". Die ubersetKong „gänsedistel** verrät die herkanfi von
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Anzeige. 179
8. 140 berührte — frage nahe, ob statt der Wurzel bhä „spre-
ehen<' (Fick Wbch. « I 489, Hirt Ablaut s. 31) etwas bhäu an-
zusetzen sei. Ich nehme dies aber nicht an, sondern stimme viel-
mehr Persson a. o. s. 120 ff. und Zubat^ BB. XVIU 247 f.
darin bei, dass die angeblich langdiphthongisch auslautenden
wurzeln — einige wenige vielleicht ausgenommen — io Wirklich-
keit langvokalische waren und nur durch das antreten formativer
elemente (vgl. Johansson De derivatis verbis contracti:? s. 173 ff.)
das ansehen diphthongischer wurzeln erhielten ^). Zu dieser Auf-
fassung drangen Widersprüche, welche der formenkreis einiger
wurzeln enthält So weist z. b. ved. cbSy» (III sing. aor. pas.
von da „geben'*) folgerecht ebenso auf döi^ wie ved. äpäffi „ist
getrunken" auf pöi „trinken" (W. Schulze EZs. XXVII 420,
vgl. Hübschmann Vocalsjstem s. 25), und niemand wird leugnen,
dass dies däi die denkbar einfachste erklärung des reduplikations-
vokales von äidwfii bietet (vgl. Reichelt o. s. 71 f.). Andrerseits
aber ist ebenso folgerichtig wie aus päydna „das tranken" auf
p(H ') und aus dvtj „quäl" auf däu (W. Schulze a. o. s. 420, 427),
aus ved. dävdne, kjpr. iv/avoi ') u. s. w. (Bechtel GN. 1888
s. 409 f., Fick BB. XV 291, Hoffmann Dial. I 165, Wiedemann
Lit. Präteritum s. 43) auf wurzel döu zu schliessen (Persson a. o.
s. 139, Hirt a. o. s. 32).
Von besonderem interesse für die beurteilung der zahlreichen
fälle dieser art sind 1) lit 8t6ju „ich trete" (inf. stöti; stöti^
„sich stellen") — lett stdju „ich stelle" (inf. stdt; sidti-s „sich
stellen, bleibenden aufenthalt gewinnen") und lit. stöwiu ^) „ich
stehe" (infin. stoweti) =» lett. stdwu „ich stehe" (infin. stdwit
„stehn, bleiben"), 2) lit. dedü (demi) „ich lege" (infin. d^i; apsi-
d^i „sich etwas anlegen") und lit. dewiü „ich trage (ein kleid)
angezogen" (infin. d^&t)^).
1) Vom Standpunkt der theorie ans vereinigen sich gr. onnna and
Tia^tp^nina unter eiq, onwia und got ougö unter öuq^ ^ntona und
oaat unter dq. Die annähme von oiq und öuq neben öq wäre aber ab-
surd. Das zeigt, wie vorsichtig man mit der annähme langdiphtbong^-
scher wurzeln überhaupt sein muss, die ich grundsätzlich übrigens nicht
leugne (vgl. o. s. 160).
2) Die annähme einer nebenwurzel p9u zieht Zubaty BB. XVIII 249
in betracht.
8) Jvciv, ^vta^ai lässt sich öfters mit lat. m dare übersetzen (vgl.
Lentz Wissenschaftl. monatsblätter VI 167) und also zu dv^uvoi ziehen.
Von skr. ducds „hinausstrebend" tritt es durch die bedeutung „(waffen)
anlegen" weit ab.
4) Hirt IF. XII 197 will auf lit. $t<npUi „kein gewicht legen«. Wenn
er vor einem *9iwawHi nicht zurückschreckt, scheitert aber an tiowHi
seine indogerm. basis sih^wä,
5) Dies verbum berührt sich mit poln. od^Uwaö „bekleiden, ver-
hüllen", wtdtimDaö „anlegen", russ. odivätb „anziehen, bekleiden" (BB.
VI 288), unterscheidet sich aber von diesen komponierten iterativen so
sehr, dass es nicht in unmittelbaren Zusammenhang mit ihnen gebracht,
oder gar als slavisches lehnwort angesehen werden kann.
12*
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ISO A. ßezzenberger
Das verhältniss von stöju, stäju zu Mwiu, stäum, von dedü
(dimi) zu demü ^) entspricht dem von tcTTjfiiy arfjawy ecvfiaa
„ich stelle'' u. s. w. zu iarrpLa „ich stehe", oxrjvai „stehen", und
den engen, geschichtlichen Zusammenhang dieser Verhältnisse kann
nur der in zweifei ziehen, der in stoweti (stäwH) und dew^
denominativa sieht. Gegen diese auffassung streitet aber nicht
nur die mehrheit der baltischen verba auf -tu : -^i, sondern
auch der tatbestand. s^iwiu (stäum) hat allerdings 11t. siawä
„stelle", stdms „zustand", lett. stäws „gestalt", stäwa „stehend"
zur Seite, aber neben d^witi findet sich kein nominalstamm, auf
den es zurückgeführt werden konnte, denn indieufai (Bnigmann
IF. IX 370) mit seinem durchgehenden ie passt nicht zu d^SH
und bedeutet übrigens Da 45, 22 gewiss nicht „künstlich" (eher
„wunderbar", vgl. asl. divo „wunder?"). Ich sehe daher in stöwiu
(stduni) nicht eine ableitung von stowä u. s. w., führe vielmehr
beides auf ein und dieselbe verbale grundlage zurück.
Nach dem vorausgehenden gehören stöwiu und dewiü in das
gebiet entweder des perfekts, oder des aorists. Auf den aorisl
könnten diese prasentien indessen nur bezogen werden, wenn die
betr.' Wurzelverben als stkau, d/ou anzusetzen wären, oder wenn
es einen v-aorist gegeben hätte. Für die annähme eines solchen
fehlt aber noch der beweis (vgl. Persson a. o. s. 2101), und
sthäu, dhsu können trotz allem, was sich für diese basen an-
führen lässt (Fick BB. XV 290, Hirt IF. XII 195, Kretschmer
EZs. XXXI 385, Persson a. o. s. 1401, J. Schmidt EZs. XXXII
385 f.), nur als ableger der wurzelverba sthä, dh& betrachtet
werden, da unter regelmässigen Verhältnissen nur aus sthä, dhi
lit. stöti, d'4ti erwachsen konnten (während sthou ^stätUi und
dheu waJirscheinlich "^deduti ergeben hätte), und da stoweH und
dewUi wegen ihres dargelegten Verhältnisses zu sMi, dÜi aus
der flexion derselben wurzelverba (sfhä, dhS) abgeleitet werden
müssen. — Wie es um die „wurzel" sthäu (J. Schmidt EZs.
XXXII 386) steht, lehrt übrigens sehr deutlich der umstand,
dass auch sie eine „Ai-wurzel" (sthäi) zur seite hat (Fortunatov
EZs. XXXVI 45, Hübschmann a. o. s. 19).
Eine befriedigende erklärung von stoto&i, dewUi und ihrem
verhältniss zu stAti, d&i ergibt sich dagegen, wenn man sie aus
dem perfektum ableitet, zu dem sie durch ihre bedeutung über-
dies noch besser passen, als zum aorist (Meltzer IF. XTT 343).
Auch Mahlow Lange vokale s. 144 sieht in stöwiu eine perfek-
tische form, nimmt aber — wogegen ich oben bereits gründe
geltend gemacht habe — als ihre grundlage eine „wurzel stev'*
an, während ich stöwiu, dSiciü für sprösslinge eines alten per-
fekts von si6ti, diti halte und unmittelbar an ved. tasthaü, dctcUtaü
1) diwiü hat gleich lett. Mwu geschleifte wnneelsilbe and hier-
durch wird es wahrscheinlich, dass nicht die betonung von tUSwu (BB.
XXI 814) sondern von lit. Mwiu anarsprfinglieher ist.
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Anzeige. 181
(vgl. BB. XXVI 154) anschliesse. Wie man dazu kam, hier-
aus, oder vielmehr aus den diesen formen entsprechenden, um
die reduplikationssilbe verkürzten baltischen perfektformen *8iäUj
*diu (wegen des ^ vgl. gr. vixhjxa^ re&Bfiivog) verba auf -tu :
•Sti zu bUden, lasst sich erkennen.
Was von den lateinischen verben auf ^eo gilt, dass sie näm-
lich zum teil „einen passiven oder intransitiven Charakter tragen"
und in Übereinstimmung „mit den griechischen starken passiv-
aoristen, zu denen" sie teilweise „die präsenüa zu sein scheinen ^),
den reinen stamm enthalten" (Leo Meyer Vgl. grammatik ^ II 29,
vgl. Froehde KZs. XXTT 250, PrellwiU BB. XXI 162, vgl auch
Fay Btudies in honor of B. L. Gildersleeve s. 201 ')), gilt auch
von den baltischen verben auf -tu : ^iti (vgl. Wiedemann Archiv
f. slav. philol. X 655). Für diese Übereinstimmung, durch
welche die BB. XXVI 169 ff. verfochtene erklärung dieser verba
bestätigt wird % gebe ich folgende belege:
lit. a/üti (pras. aunU) ■- lett. AiU (pras. dunu und ä/u^)
„die füsse bekleiden" : lit. awHi (pras. awiü) „(fussbekleidung)
angezogen haben";
1) Dieser umstand ist von wesentlicher bedeatang bei der bear-
teilung der lateinischen verba auf -^a (aod ihrer entsprechnnffen) und
des gr. passiv-aorists aaf -ip^, denn insoweit jene mit dieser form zu-
sammenhängen, kann ihr 9 nur auf 9t zurückgeführt werden, wenn zu-
gleich "ftv als -i(On aufgefasst wird.
Ich bemerke bei dieser gelegenheit, dass das, was Bartholomae
Stud. II 71 anm. 1 und Streitberg IF. III 862 vortragen, nicht ganz
neu ist; vgl. Grassmann KZs. XI 81, Scherer ZGDS. ^ s. 182 anm. und
meine äusserung über skr. damüa Zs. f. deutsche phil. V 475 (wo das
beispiel freilich unmodern ist).
2) Lat. earere mit Leo Meyer, Froehde und Prellwitz zu gr. ir«^-
vai (Mt^) zu stellen, kann ich mich freilich nur mit dem vorbehialt
entschliessen , dass es auch mit lett. kanu „nüchtern, hungrig, schlank,
leer", russ. Mmyj „klein von wuchs" (vgl. Fortunatov KZs. XXXYI 15)
verbunden wird (wozu vielleicht auch gr. a-nui^g „kurz" gehört). Zu-
pitza Gutturale s. 110 (vgl. Hirt BB. XäV 276) bezieht earere zweifelnd
auf mhd. nhd. harrmy lett. sarA „meinen, vermuten, hoffen", n^rskUi
„worauf jmd. seine hoffnung setzt, das warten", w&hrend ich diese
Wörter zu serb. korota „trauer" und ahd. as. nhd. härm (anders z. b.
Zupitza a. o. s. 188, Luft KZs. XXXVI 145) stelle.
Zu den aorist-passivischen lat. verben auf -«rs lässt sich auch das
vielbebandelte lat. halar$ rechnen, wenn man es als „begabt sein" zu
unserem geben stellt (ähnlich, aber, wie mir scheint, weniger gut Wiede-
mann Archiv f. slav. philol. X 655). Anders z. b. Zupitza KZs. XXXVII
887 (vgl. Luft KZs. XXXYI 145. Beiläufig bemerkt trifft Lufts Zerle-
gung von got. vainei ebenda s. 148 mit einer annähme zusammen, die
ich vor 80 jähren ausgesprochen habe [Got. adverbien s. 89] , die aber
ebenso wenig beachtet ist, wie meine zurnckfOhrung von got. -uh auf
unh [daselbst s. 98 ff., vgl. Hirt PBB. XVm 299]. In betreff des nei
von vainei halte ich an meiner auffassung fest).
8) Reichelt oben s. 78 wendet gegen meine auffassung der I. sing,
lit. awiü den dat. sing, dtpiai und den genit. plur. aunü ein. Aber amü
spricht durchaus nicht gegen mich (vgl. iriju ^ gr. to$üv, got. frifi
sowie iyo „es regnete" [: Igfo = dUo „nutzte sich ab" : d^h] und
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182 A. Bezzenberger
lit. -gidti (präs. -guliü) „sich legen*' — lett. -gt^Ü (pms.
gtdu) „sich schlafen legen'* : lit. guliti (pras. guliü) » lett. guiSi
(pras. guiu) „liegen'* bezw. „schlafen" (wegen der etjmologie s.
Zubat^ BB. XVIII 263, Mikkola BB. XXI 219);
lit käUi (präs. kalü) „schmieden" = lett. kalt (pras. kaiu) ^),
lit. ap-k<Uti „beschmieden , gefangen setzen" «a lett ajhJcali „be-
schlagen" : lit. kaliti (präs. kcUiü) „gefangen sitzen" (irrig wird
kcUHi von Prellwitz Wbch. s. 135 mit gr. xaXv^ „knospe", von
Kretschmer KZ. XXXVII 406 mit skr. kdra „gefängniss" ver-
bunden) ;
aslav. tditi „besänftigen", russ. u4oUth „stillen", utoUtb-
8Ja „sich beruhigen", ir. tuilim „ich schlafe", lit tylü „werde
schweigend" : lit. fyleti (präs. tyliü) „schweigen" (vgl. Strachan
IF. II 369, Persson BB. XIX 261, Stokes Urkelt Sprachschatz
s. 134);
lit. trefüeti (präs. trenkiü) „dröhnend stossen" == lett trikt
(präs. trizu) „zerstossen, wegjagen, scheuchen, erschüttern" : lit.
trinkiti (präs. trlnkiu) „dröhnen" «- lett trtzSt (präs. tftzu)
„zittern, beben";
lit. twSrti (präs. tweriü) „fassen" — lett ttoirt (präs. tweru)
: lit tureti (präs. turiü) „haben" (auch „bekommen" =» „ein
junges werfen") » lett. turSt (präs. turu) „halten, haben, hegen,
dafür halten" = preuss. turit „haben" {es turri „ich soll") (vgl.
Fick Wbch. » II 576; hierzu gr. miqavyogt) «).
Die baltischen verba auf -iu : -üi bezeichnen also vielfach
die folge eines getan-häbens oder eines geworden-seins und be-
rühren sich dadurch auf das engste mit dem perfektum, insofern
dasselbe „eine handlung bezeichnet, welche in der gegenwart des
redenden als eine vollendete, zur entwickelung gekommene er-
scheint" (Kühner Ausf. gram. ^ II 126). Daher lag es sehr
nahe, diese verba zur gewinnung perfekt-präsentischer verba zu
benutzen, und dass dies schon in lituslavischer zeit geschehen
ist, macht mir lit. sidzu, sidefi „sitzen" s asl. sezdq, 8idHi
wfjurscheinlich.
Wiedemann Handbaob 8. 59) und äwiai bearteile ich ganz anders als
Reichelt. Ich halte seine endung nicht für „aus der -tä-deklination
herübergenommen", sondern zerlege awiai in aufi (alten dativ aaf i) -f-
ai (dativ-endung der ä-deklination), was als späte neubildung (Klein gibt
noch awy als normalen dativ von au)U an) sich als awiai erhielt. —
Ebenso kann der lett. datiy sCrdiJ entstanden sein (a* 9t rdi^^i, vgl.
BB. XV 299 ff.).
1) Lett näudu kalt „geld münzen" erklärt preoss. eaUe „ein margk"
(Grünau).
2) Wegen des scheinbar nicht nur begriff lieb, sondern auch for-
mell (wiedemann a. o.) entsprechenden Verhältnisses aslav. inu^ „icdi
nebme^* : imSti „haben** s. J. Schmidt Sonantentheorie s. 146, dessen
auffassung freilich die resultative bedeutung von imSti nicht erklärt
Über preuss. eb-immai „begreift" : itnmimai „wir nehmen" s. BB.
XXUI 807,
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Anzeige. 183
Für Mwiu sagt man im Memeler dialekt stiunu und stäunu
(Schleicher Gram. s. 240» Jacobj Mitteil. d. lit. litter. gesellechaft
I 65, Eurschat Gram. § 1186). Niemand wird bezweifeln, dass
diese form nicht lautlich identisch ist mit aslav. sianq „ich stelle
mich*'. In demselben lautlichen verhaltniss wie stanq zu gidunu,
steht aber (pafid zu lett. bäume, d. h. jenes beruht auf bhä
„sprechen*' (lit. biti „wonach fragen'') und dies auf einem hieraus
flexivisch entstandenen bhäu,
(poißog (HI 371).
Lautlich stimmt zu diesem wort sehr gut lett. baigi „alle
fürchterlichen zeichen am himmel, als nordlicht, feuerkugel u. s. w.",
dessen alter durch den heidnischen ausdruck baigi kdujds „das
nordlicht schlagt sich, kämpft (= flackert)" gewährleistet wird.
Es gehört zu lit. baigus „schüchtern", baiisztis „fliegenwedel"
(Leskien Ablaut s. 271).
Über andere erklärungsversuche s. Froehde BB. XIX 232
(vgl Fick BB. I 15).
g>6efiifi (III 396).
(poQpuy^ vereinigt sich mit poln. brzmieS „ertönen, klingen,
summen" in einer basis frAerem- '), zu der ich im anschluss an
G. Curtius Etym. » s. 483 und A. Kuhn KZ. VI 152 lat. fremo
und ahd. bretncm „brummen" stelle.
Wie q>6Qfiiy^ halte ich auch xtx^OQig {xi&oQä) für ein echt
griechisches wort, vgl. lit. &didiu „ich spiele" {afd smutko „auf
der geige").
X^lvvfi (TU 335).
X^lvvrj ,4ipp^'S wahrscheinlich auch „kinnlade" verhält sich
zu lett. felit (dfeÜf) „sabbeln, lecken, aber auch wohl kauen
überhaupt" (ganz verschieden von lit. seilUi „sabbern, geifern")
wie lat IMum zu lambo. Ob zu feUt lett. dfdAkmis „backen-
zahn" gehört, ist zweifelhaft (vgl. äem. gerqnkszte, nordHt. cre-
rükszte dass.). Wahrscheinlicher ist mir verwantschait von xeXwf]
und x«Ai;(r<r«iy (xsXXvaaetv) „mit anstrengung auswerfen, überh.
ausspeien, auswerfen".
Xr]X^ (III 338).
XfjJiTJ (x^Xa) bezeichnet sehr verschiedenes gespaltenes und
spaltendes („klaue, huf, kralle, krebsscheere, kerbe, alles zwei-
1) Zu den basen dieser art (Hirt Ablaut s. 128 ff.) gehört n. a.
aoob die von Fick Wbch. ^ I 492 als bh^rgo- angesetzte. Sie ist im
Slavisohen rertreten durch urslav. berget (vgl. tff^vyiXoc) Miklosich Et,
wbob. ß. 10.
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184 A. Bezzenberger
spaltige zinkenartig hervorragende") und stimmt also nicht nur
lautlich, sondern auch begrifflich zu skr. häld = hüld »,pflug
(auch als waffe)" (in modernen indischen dialekten har Benfey
Kl. Schriften IV 89, Grierson Bihär Peasant Life s. 1). —
Hübschmann Armen, gram. I 471 stellt zu hold zweifelnd armen.
jUt-m „furche, pflüge".
Zum schluss erlaube ich mir auf eine frage von allgemeiner
bedeutung einzugehen. %dlv^ „knospe" und oqvv^ „wachtel"
weichen von den gleichbedeutenden sanskritwörtem kalika, vor-
tdka (vartikä) hinsichtlich des dem ableitenden guttural voraus-
gehenden vokals ab, während fidga^ „knabe, mädchen" in dieser
Beziehung zu skr. maryakd „männchen" stimmen kann. In gleicher
weise unterscheiden sich von xaAv^, oqtv^ z. b. dilg>a^y dora^y
ndqa^^ Ofjiq>a^ und femer z. b. dv&€Qi^ (dvd'eQixog^ dvd-eQlxti),
xdli^, und dies schwanken wird wiedergespiegelt durch skr. vor-
taka und vartika (s. oben), durch das nebeneinander der slavi-
schen bildungen auf 7>kb und hkb, deren Scheidung „oft auf der
band liegend, in vielen fallen unmöglich, in anderen unsicher ist"
(Miklosich Vgl. gram. II 254), durch lat. ütiMcus : got. cdncJia,
an. göfugr : got gabiga, gabeigs ^) (mehr bei Noreen Urgerm.
lautlehre s. 66 und an den daselbst citierten stellen) u, a. Nur
selten lässt sich dies auseinandergehen durch das zurückgreifen
auf tatsächlich vorkommende primäre bildungen erklären (vgl.
z. b. skr. kUi neben kaitka) und mit den mittein der lautlehre
ist ihm nicht beizukommen. Es kann folglich nur darauf be-
ruhen, dass das gebiet dieser A'-ableitungen durch Übertragungen
in Unordnung gekommen ist (vgl. Brugmann Grundriss ^ II 239) ;
und dies lässt sich nachweisen.
Sowohl sekundäre, wie primäre stamme auf -aka haben im
Sanskrit sehr häufig feminina auf -ikä neben sich (Benfey Vollst
gram. s. 230, Whitney Sanskrit Grammar « § 1181 c, § 1222 i,
Lindner Altind. nominalbildung s. 131). Obgleich dieser Wechsel
im Rigveda nur an iyattcJcd : iyattikd hervortritt, ist er doch
uralt. Vielleicht liegt er vor in ahd. mardh „equus" — mertha
„equa" (J. Grimm Gram. II 315 [299], Graff II 844; aou merr,
ags. myre beruhen auf *marhi\ offenbar aber steht er in engem
Zusammenhang damit, dass im Litauischen, wie Kurschat Gram.
§ 356 angibt und trotz Leskien Bildung der nomina s. 517
zahlreiche tatsachen bestätigen *), diminutiven auf -vka-^ (z. b.
1) Vgl. avest. marzhdika „barmherzigkeit" : ved. mfdikd „gnade"
und Bartholomae Stadien II 174.
2) Ein *tn0müke „matterchen", *mergük4 „mägdlein" statt mamM^
merglk^ würde ich mouströs finden. Sobald aber ein solches wort mas-
kulinisiert (ursprünglich wohl neutralisiert wird) endigt es auf -ukat :
mamükt yr ghra (Prökuls), wozu das von Leskien s. 518 angefahrte
toiiztükoB stimmt. Hier ist wiederum ein *mam\ka8 für mich undenkbar.
Vgl. übrigens Lett. dial.-stud. s. 140, Sprache der preuss. Letten s. 44
anm. 1, Osthoff Sprach wissensoh. abhandlungen hsg. von Patrubany II 100 f.
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Anzeige. 18Ö
tewükas Väterchen : teivas „vater'|^ feminina auf -Uce gegenüber
stehen. Es wird weder einem zwei^l unterliegen, dass hier -ike mit
skr. 'ikä zu verbinden ist, noch dass -üka-s das ihm korrespondierende
skr. -akch vertritt, noch dass es diesem lautlich nicht entspricht
Folglich ist 'üka-B an stelle von ^-aka-s getreten, und es kann
wiederum nicht zweifelhaft sein, dass -tSi^a-« ursprünglich nur
diminutiva von u-stammen bildete und sich von ihnen aus bis
zur völligen Verdrängung von ^-aka-s verbreitet hat.
Wie hier -uka-s, so sehen wir im Sanskrit sowohl -aka- wie
'ikor sein gebiet erweitern — offenbar, indem der alte unterschied
-aka-^ : ikä ausgeglichen wurde (z. b. kan^nakd : kanl^nikäj
ajakä : aßkä, mdk^ikä : m&k^ika, vartaka : variakä, väriikä :
vartika).
Fasst man nun wieder got. ainaha und lat unicus, an.
göfugr und got. gabigs in das äuge, so erkennt man dort das
verhältniss skr. iyattakd : iyattikä, hier das verhältniss lit. tS'
toükas : mamlkä wieder und erkennt ferner in einem grossen
umfange ebensolche Übertragungen und ausgleichungen, wie ich
sie eben zur spräche brachte. Und femer sieht man, dass z. b.
o^v^ nicht zu den skr. bildungen auf -aka-, -ika-, sondern zu
den litauischen auf -ukas zu stellen ist.
Was endlich den auffallenden Wechsel -akch : *ikä im San-
skrit betrifft, so findet er meines erachtens seine erklärung durch
den vokaüv singularis (mask. a, femin. e). Dieser kasus scheint
mir die grundlage sehr vieler diminutiva gewesen zu sein, so der
litauischen auf -eli^a, deren feminina auf -ele erst von den ent-
sprechenden maskulinen aus gebildet sind.
A. Bezzenberger.
Lat prömulgare.
Lat prömulgäre ist meines wissens noch nicht befriedigend
erklärt worden.
Gorssen Ausspr. I > 77, II * 152 hält es für ein deno-
minativum vom stamm promulca- (^promulco agi dicitur navis
cum scaphae ducitur fune' P. ex F. 281. 6 Th. d. P.), wie re-
mulcäre von remutco- (^remulco est, cum scaphae remis navis
magna trahitur' ebd. 383. 15), und nimmt dabei erweichung
des c zu ^ an. Da propntdco" 'schlepptau, trödelseil' bedeutet,
wäre der ursprüngliche sinn von prömulgäre 'hervor bewegen',
woher später '[einen gesetzantrag] vortragen, vorbringen [vor
die öfiEientlichkeit]'.
Bugge KZ. XIX. 444 ff. postuliert einen urit. stamm *mO'
nogo' 'vier (idg. ^managha' d, h. ^monogho-, vgl. got manags
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186 Giuseppe Ciardi-Dupre
aks. m^nog^ u. verw.), woher durch dissimilation ^mologo- und
dann durch syukope ^molgo-, ^mulgo-. Der nämlichen sippe
gehöre weiter multus — *mülgtu8 an. Die eigentliche bedeu-
tung von prömulgäre sei danach 'vor viele, vor die menge
bringen'. Diese etjmologie hat Vanicek Et. wb. d. 1. spr.
^ 123 (Et. wb. ' ist mir unzugänglich) und Gr. lat. et. wb. 699
aufgenommen: am letzteren ort aber bezeichnet er sie als
^'ziemlich unsicher" und führt andere möglichkeiten an.
Nach Fröhde o. IL 336 wäre prömidgäre mit got. md
'Zeitpunkt' plur. 'schrift' mdjan 'schreiben' faürameljan *fv^
yQaq>€iv\ ahd. mdl 'zeichen' gemäUn 'jüngere, scribere, desig-
nare' lit. molavAti, lett. mäUt 'malen' wurzelverwandt Für die
bedeutungsentwicklung des lateinischen wertes lege das ent-
sprechende gr. nQOYQdg>€iv 'bekannt machen' ein zeognis ab.
Die angeführten deutungsversnche lehnt 0. Wiedemann
o. Xni. 303 nach sorgfältiger prüfung ab; und da ich seiner
kritik im wesentlichen beistimme, halte ich es für nutzlos, mich
hiermit eingehender zu beschäftigen. Jedoch kann ich die neue
von ihm vorgeschlagene etymologie ebensowenig billigen, wie
die vorhergenannten. Wiedemann setzt, wie Bugge, einen no^
minalstamm ^mulgo- voraus; diesen aber fuhrt er auf eine
Wurzel tnelg- zurück, die er in tnuUus (aus *muletu8 'ange-
schwollen'), lit müzinasj lett. müzena 'riese', milzt 'schwellen',
milze 'grosser häufe' wiederfindet Mit den bekannten lautge-
setzen steht eine solche etymologie nicht im Widerspruch,
scheint mir aber in semasiologischer hinsieht kaum wahrschein-
lich.
Andere forscher (wohl in anlehnung an Festus, s. unten)
lassen prömtdgäre aus dem ähnlich bedeutenden prövulgäre her-
kommen, indem sie Umwandlung des v in m annehmen. So
z, b. Pott Et. forsch. I > 552, der freilich proinvulgare an-
setzt, und Bickel KZ. XIV. 427, der als weitere instanzen
desselben Vorgangs ^'mare statt väri, fjtdQnrva = vark, vrofc,
clämo — grdvayämV^ [sie] anführt. 0. Keller Neue jähr.
GLV. 349 ff. schreibt den Übergang des t; (und b) einer sabelli-
sehen muudart zu, und sieht die Wörter, worin er denselben
nachzuweisen glaubt, als entlehnungen an. Es genügt aber auf
die betreffenden wörter (multa nach Keller «» mvUgdta =
vulgata [seil, poena] : Matners = Mavors = *Ma[g]vor[ij8
'Schlachtenwender'; SamnUSs ^ SctwUaii turma ^ iurbä)
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Lat. prömtdgäre. 187
einen blick zu werfen, um sich da?on zu überzeugen, dass die
Keller'sche annähme in der luft schwebt.
Die sonderbare von Zehetmayr erfundene, mir bloss durch
Keller a. a. o. bekannte etymologie, wonach pramulgäre mit
promungere [?] zu vergleichen sei, und ursprünglich 'vor-
schneuzen' heisse, braucht nicht besprochen zu werden.
Was bedeutet prömulgäre in historischen zeiten? Festus
spricht sich darüber folgenderweise aus: ^promulgari leges di-
cuntur cum primum in vulgus eduntur, quasi provulgari' (P.
ex F. 281. 4). Näheres ein alter schoUast zu Cicero Pro
Sextio 2ö: ^Saepe hanc ostendi promulgatae legis et latae di£fe-
rentiam: nara trinundino proponebantur, ut in notitiam populi
penrenirent, quo exacto tempore ferebantur in iuris validi fir-
mitatem' (bei Mai Class. auct. t. IL 139 f.). Statt '[legem] in
vulgus edere', 'proponere% durfte man 4n vulgus (od. vulgo)
promere' sagen: vgl. Horaz epist II. 1, 105 'clienti promere
iura', Quintilian 1 , 1 , 22 'cur improbetur si quis ea . . . . in
publicum promit?' und Martial 8, 18 'promere vulgo epigram-
mata', wobei promere 'bekannt machen' heisst. Es liegt also
die vermuthung sehr nahe, prömtdgäre sei als Umbildung von
promere nach tndgäre divulgäre usw. oder nach vulgus anzu-
sehen. Umbildung eines wertes durch angleichung an die lau-
tung sinnverwandter werte ist kein seltner Vorgang in den indo-
germanischen sprachen, vgl. ai. jtpdtu-p 'leben' (aus ^jyäiu-^,
av. gen. jfyäJtöuä + fivi- j^vaii)^ gr. odvcaaüßcu 'grollen' (aus
WZ. od-, lat. odium + dva-), mhd. nhd. heischen (aus ahd. eiskon
+ mhd. heigen, nhd. heiesen) u. s. w. (s. Brngmann IF. XII.
löOff. und die dort angeführte literatur).
Florenz. Qiueeppe Ciardi-Dupri.
Saum cuique.
Die von mir o. XXVI 189 angeführte etymologie von Ustie
hat Henry (Bull. Soc. Ling. VII s. CHI) zuerst vorgeschlagen.
Die Verwandtschaft von ai. vrana-, poln. rana usw., die
ich o. XXVI 192 anm. nach Rozwadowski Quaest. etc. ser.
alt angenommen habe, wurde gleichzeitig und unabhängig auch
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188 J. Endzelin
von Liden Ein baltisch -slavisches anlautgesctz (Göteborgs
Högskolas Ärsskrift 1899, IV) s. 19 f. anerkannt
Florenz. Giuseppe dardi-Dupri.
Lettische etymologien.
pßdHJcne.
Oben XXV 270 leitete ich pedurkne „ärmel^' von dem ver-
bum pedurt „anheften'^ ab und liess weiterhin aus pedurkne
über p'edürkne — p'idrükne entstehen. Nun aber findet sich
pedriikne auch in solchen mundarten (Schlock, Mitau, Siuxt u. a.),
die den Übergang von anteconsonantischem ur in ür nicht
kennen; mithin kann p'edrükne nicht aus p^urkne entstanden
sein, wohl aber lassen sich alle dialektischen formen, wie wir
unten sehen werden, auf pedrükne zurückführen. Man hat also
mit Bielenstein in dem zweiten bestandteil der form das
wort rüka „band'* zu sehen; es fragt sich nur, was das ped-
ist In pe-d-- es zu zerlegen, was Bielenstein thut sind wir
natürlich nicht berechtigt, und auch die Vermutung Prell-
witz's (o. XXII 123 n, 77 n) ist mir ganz unwahrscheinlich.
Ich sehe also darin ein aus dem Germanischen (vgl. got paidoy
ahd. pfeü, as. pSda „rock, Unterkleid'') entlehntes Substantiv
*pMa „rock'' : p9drükne bedeutete also ursprünglich „rock-
ärmel'' (man beachte, dass dialektisch das blosse r^Jca „ärmel"
bedeuten kann). Im lauf der zeit ist mit dem Wechsel der
moden das einfache wort *pikla verloren gegangen und infolge
dessen der ursprüngliche sinn der Zusammensetzung vergessen
worden, sodass das wort mannigfacher Variation in den ver-
schiedenen mundarten unterlag. Durch metathesis entstand zu-
nächst pidürkne, das aber nur in solchen mundarten (Frauen-
burg u. a.) sich halten konnte, die dr aus ur vor consonanten
haben ; überall da (Wolmar, Kremon u. a«), wo solches dr nicht
vorkommt, entstand lautgesetzlich pedurkne; durch erneute me-
tathesis entstand daraus pedrukne (Wallhof). Durch regressive
metathesis entstand aus pedrukne — perdükne (man vergleiche
dazu die Gaikensche form p'erddbs aus p'edärbs „dreschtenne"),
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Lettische etymologien. 189
das aber nur da (Luttringen) sich hielt, wo ir vor oonsonanten
zu er wird ; aus p^dükne ist in mundarten, die jetzt kein ante-
consonantisches er kennen (Kursiten, Gross-Esseru) , pirdükne
oder pir^dükne (wie cir^is, dur^vis u. a.) wohl rein lautgesetz-
licb entstanden. Scheinbar ohne suffix ist die form psdr&k
(Uipisch, Dondangen; doch könnte in diesen mundarten sehr
wohl am ende ein n abgefallen sein); ein anderes suffix zeigt
die form pSdrSHesne (Remten). In mundarten, die suffixales ö
zu a oder mit nmlaut zu e oder e (offenes e) kürzen, erscheinen
die formen pMrakxf, (Ubbenorm), pidraka (Neu-Salis), psdreh^,
(Pemigel), psdrfkn' (Nabben). Aus einer derart gekürzten form
müssen durch die Zwischenstufe *pedrk^, — nach der Synkope
des Vokals war r schwer auszusprechen, — die formen ped'k^n
(Popen; der apostroph bezeichnet hier einen unqualificirbaren
stimmlosen yocal) und mit secundärer entwickelung eines vooals
zwischen d und k (man vergleiche dazu die Popenschen formen:
diket < dikH, salkets < salktis u. a.) p'idikx^ (Suhrs, Windau
u. a.) entstanden sein. Eine solche kürzung ist in den tahmi-
schen mundarten nichts auffallendes : man vergleiche z. b.
nom. s. oüg^ns = oAgüns, mdc^tes = mäcttäjs; nom. pL aüdz'ie
= südzetaji; loc. pl. südm'les = sudmaläs; inf. mäzg'tes =
mazgät^a; praet. nüsmäzjas = riümazgäjäs (Suhrs; zum Über-
gang zj > 4/ vergl. taS jumU jäuzjum » tos jurhls jhuzjum ebenda ;
^jfnU = uzjemt Samaten; iik'Sr = isk'&ra Angermünde; ^
jums dui » es jums düäu, neben es tou d. Anzen ; leö Jänit
== lec Janit Alschwangen u. a.); loc. pl. möki'Aas — mäk&Ms;
nom. s. ceifies = ceturtais, astit^s = astütais, är'jiä = ari-
jini (Hasau); acc. s. d'ensud = densvidu (Wensau; vgl. idg.
ysup- aus ysi^ep'); nom. pl. 6giA = aügüAi (Targeln; dem ö
< au entspricht dort B < ei : mStans = tn^tene); inf, strät =
strädät (in den tahmischen mundarten hat sich der fallende
ton dem stosston angeglichen), meklt = mekUt; nom. s. astes
= ast'ätais, sept^s = septUais, desrpies =s desmitaia; näkä nedf
= näküäu nedil'u (Popen); hidxf' = sücten (Angermünde);
nom. s. ü^sies as ^Uäjs, nom. pl. skatte — skatUäji (Anzen
u. a.). Nicht unerwähnt will ich noch die form perükne
(Wiexeln) lassen, obwohl sie nicht als ganz gesichert gelten
darf, da die person, von der ich dieselbe hörte, sprachorgan-
fehler zeigte (doch sprach sie daneben p'idrabsl); wirklich vor-
kommend, wäre die form eine volksetymologische Umgestaltung
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190 J. Endzelin
von pidr^ikne; man vergleiche dazu apdureB (Schrunden)
„hemdärmeP' ans ap „um*' und düre „faust'^
aüia.
aüia „narr, alberner mensch" kann auf *au8tjä zurück-
geführt werden und gehört dann zu lit. ausöoti oder auädUi
„schwatzen**, preuss. acc. atuün „mund''; die ursprüngliche
bedeutung dürfte „Schwätzer'* gewesen sein. [BB. XXI 304.]
zuiis.
zutis „aap' fasse ich als zu-tis auf und verbinde es mit
zivs oder (dial.) zuvs, lit. zuvls „fisch**; die ursprüngliche be-
deutung dürfte die eines deminutivs „fischlein'* gewesen sein.
Zur quantität des wurzelvokals vergl. lit. zUkmistras „fisch-
meister'*, preuss. mckis „fisch'*.
k^eiris.
k'eiris „linkshand** erinnert zunächst an lit. kairya „link-
hand**, und zwar erklärt sich das k' im anlaut des lettischen
Wortes fiir zu erwartendes c offenbar dadurch, dass k!eiris durch
dissimilation aus *kreiri8 (wie auch lit. kairys aus ^^krairys)
entstanden ist Denn beide formen gehören natürlich zur wurzel
krei-, die wir noch in lett kre\98 „link**, kreüis „linkhand**
(kreilis dürfte gleich k'eirio auf *kreiri8 zurückgehen; vgl. dazu
skahgals und skalgans „stück von einem pergel** aus ^skalgals^
und praüh „vermodertes stück holz*' aus *pl^aul8 < ^pSulas
zu püt „faulen**), lit. krelvaa „schief" haben (vgl. dazu in se-
masiologischer beziehung d. schief : gr. axaiog, lat. seaevas,
Brugmann, Grdr. I > 207). Eine der wurzel krei- parallel lau-
fende wurzelform grei- hätten wir in lett. greizs, lit graüuB
(Mie^inis) „schief" (zum Wechsel der tenuis und media vergl.
noch lett klipis „schooss" : lit glAya „armvoll**, lett. purna
„schnauze** : lit. burnh „mund", lett. tesmtns : destnens „euter",
lett iuset „stöhnen" : dusit „keuchen**; lett trupindt „locker
machen" : drupindt „zerkrümeln" u. a. und Brugmann, Ordr.
I ' § 701); in anbetracht des Verhältnisses von russ. krivda
„unrecht" zu russ. krivoj „schief' könnte man endlich slav.
grkkb „sünde** hierherziehen und es auf ^graisas zurückführen.
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Lettische etymologien. 191
katn'äH.
kameH „Schulter'^ gehört vielleicht zu abd. hemidi „hemd^S
ir. caimmse „nomen vestis" (man vergl. in semasiologischer be-
ziehung lett. pUdi „weibliche jacke ohne irmeV' :pl^ „Schulter");
als nom. s. gibt Ulmann kamesis an, doch fragt sich sehr, ob
er eine solche form aas dem volksmund gehört hat, zumal
dieses wort jetzt wohl nur noch aas der bibel bekannt ist.
Jedenfalls kann man sich als ursprünglichen nom. s. ^Jcam^is
denken, zu dem sich kamesis verhielte, wie kvesis (nach dem
nom. pl. kveH „weizen") zu lit. kv'itys.
titi.
IMi „sehr'' gehört wohl als lehnwort zu russ. Ijutyj „grau-
sam'' (vgl. aksL IjuU „gewaltig, heftig'' und das deutsche
„furchtbar gross" u. a.); als wurzelverwandt stellt sich zu slav.
Ijutbj lett. taüns „böse", beides wohl participia zu dem verbum,
das wir noch in lett. taut „lassen 'S lit lidutis „aufhören"
haben, vgl. d. „ausgelassen*' (vgl. Per Persson o. XIX 279).
J, Endzelin.
Ghriech. yUAog.
Dies wort hat sich als appellativum in der Zusammen-
setzung veayiXlog erhalten. Diese ist aus dem epos und der
vom epos abhängigen litteratur bekannt; aber auch dem pub-
licum, für das Isaios schrieb, ist sie verständlich gewesen, da
sich Isaios nach dem Zeugnisse des PoUux ihrer bedient hat i).
Die lexikographen glossieren veoyiJilSg mit vBoyovog und ver-
wandten ausdrücken; sie rathen auf die bedeutung lediglich
aus dem zusammenhange.
Als Simplex ist yilXog nur aus der namengebung bekannt
Herodot erwähnt einen FiXlog dvtjQ TaQavtlvog (III 138); eine
FiXXlg erscheint auf dem attischen grabsteine C!IA IV 2 no.
3790 b; und ein ZtonvQog riXXlofvog ist freilasser auf der ka-
lymnischen inschrift Anc. gr. inscr. 306 a.
1) Poll. II 8 ro <f^ vtoyMov {vtoyiXov A) *Iaaiog fikr if^xiv iv tiS$
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192 P. Bechtel Griech. ydX6g.
Die beiden epigraphischen Zeugnisse entscheiden definiÜT
darüber, ob man bei schwankender handschriftlicher Überliefe-
rung ysayillog oder veoyiXog zu bevorzugen habe. In der
Odyssee (fi 86) haben La Roche und Nauck gegen die auiorität
des Yen A veoyiX^g aufgenommen; Theokr. XVII 58 ist Ziegler
dem 'princeps omnium Theocriti codicum' gefolgt und hat sich
für ß9ig>os vsoyiXXov entschieden. Es ist nicht zweifelhaft, wer
hier mit grössrem glück verfahren hat.
Die bedeutung von yüilogy deren richtung durch Verbin-
dungen wie ßQiq>og veoyiiXov bestimmt wird, lässt sich durch
die etymologie noch genauer feststellen. Dass griech. IX aus
dX hervorgegangen sein kann, lehrt lak. %XXa (auch in x€ra£(JUl)a),
dessen identität mit lat. sdla längst erkannt ist. Steht aber
yiUAg für yidXog^ so liegt die Zusammenstellung mit lit zindu
(ich sauge) auf der band. yiXldg ist also ein püpus, und wenn
erwachsne menschen FlXXog und FtXXig heissen» so liefern sie
nur einen neuen beweis dafür, dass benennungen der kinder-
stube dem einzelnen auf die Strasse nachfolgen können, selbst
dann, wenn er nicht einmal durch sein benehmen an den tag
legt, dass er den zulp niemals aus dem munde gebracht hat
Halle, 25. januar 1902. R Bechtel
Zu den altgrieohischen Ortsnamen.
^'Oxi^ ist die höchst« kuppe von Süd-Euboea, war also
wahrscheinlich schiffermarke. Dann stellt sich der name sehr
klar zu txBiy „hinhalten, steuern^^ Nach dem, was Thomas
o. 26. 183 über das rätselhafte dieses namens sagt, darf ich
diese Vermutung wohl äussern, auch wenn mir selbst nie ein
versuch vergönnt sein sollte, ob man ein schiff lein nach jener
oyr^ steuern kann. — Zu erinnern bleibt, dass der eigenname
hier wie so oft zurückgezogenen accent zeigt, denn als appellatiy
müsste das wort o^i/ beissen, wie Fick o. 21. 260 bemerkt
Königsberg i. Pr. FF. Prellwitz.
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Vandeiihoeck & Ruiireehl
In * »" . LI 1 1 ^"jj,
8c><4li4it «laii t*r*cbiftiK+ü i
il, l fli
Blüss, Fr„ Griiatii ies litBstaoieiitllclieii GriecU.
r ^ ttüc 2kh mm 3oriic 21(l)iü*J,
aus bn 3üa^ mi^$\*fd]icöi:n iinö mctnfA übet Km
Sein in üctnwflii^ laxu l\ Wt
:£i^i)rt4): 'Hilf lim luata tit» btit f^ca Tl
.Jitf Imt 011^ K*n ^riimmvrtt, in Me Mc Jlrttit Mq ?[Iti :iTiA[tt.ini An ticucis
f(i^atf pointiert, hU IkTfc fiab f(ie|nit unti pwn 33or(f(t-(i 1 :^t.'
tOOO und niül iiiid erschleüen ;
FraMscIe AilBilMi w Mermo ier SM aer SimliBli
von iJr, C Veiten, Ldm*r des Suaheli «ni Setniunr für on*^nt.
Sprachen zu Berlin* Geh, 5 ]\rk,, goh. Mk bMl
Grammatik des Kinyannu-si. f„Lt"f",^lI-?S;
Afrikäu speciell iles Dialekts von ünyjinrenib(% nebst eineTii Woil-
verzeichniiä kinyaoiüesi-Jeutsrh luul di!tit>srh*kiiiyamües!.
Von Dr. €. Veiten, Lehrer des Suyheli am Seminar £ oriental.
Sprachen in Berlin. Geh* Mk, 10*50,
Safari za Wasnaheli 'So.'."Gä.'9'S;. ,,b. .«,. 9.60.
SoMdermisen der Suaheli Z^SS^^Z':!
Au8 dem Muude von Sualieli-Negeni gesammelt und übersetzt
von Dr. i\ Vidtivii, Mit Einbandzeiehnimg de* Kolonialmalers
Heilgrevc. Geb. ML 5.
.J)a& Erscliemi'n diußüe Bui^Ues bat uns tin -gemein freudig lierülirt . . , ,
Weiteres inii-^'ni wir uöb vprsugen, wir scLl < der Erklartinj^t da^s dits
Bu€li mehr t^iitliätt ab dor t^iiifafrlie Tit*?l t und da.-it* ^tin StudiuJi*
j^d^m Fpcnindi* ims-vrer WiBnensdiaft Flf.^Ichiun^ uim! loii^tion Gpuues l>ringen
viM/* I Intern* Arohiv f. Ett^ttograpliie VM)2, S. 4 u. Bj
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I
Verlag von Hermann Coslenable. Bariin W. 57, Kurfiirsienstr. tl.
DIE HEIMAT DER INDOGERMMNEN
IM LICHTE DER URGESCHICHTÜCHEN FORSCHUNG
VON
n\ MATTHAEUS MUCH.
Ei« Banrl Gr. 8«. 7 Mit,
Dio JleiHiLit der liidugerroaiiüii ist zu eioer im I'
dei Pniiiistiirie, lier Geschiclite^ der Ethnographie mid ; .«^^
kuiide, d^r Sprach- und Ritsseiilbi^chiing mid seihst der Politik
eirigelieud ertkterto wissenseliatUiche Tagesfrajje gewonlcn und
wir »JTid »iclier» ihm dü^ vorliegende Bneh dm bekuDuteii iVä-
liistorikers lebhaflcK iDteitJsse erregen ütid lebhafte Nadumgi*
hervorrufen wird.
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Das Ich
als Grundlage unserer Weltanschauung.
Von
Gustav Gerber.
^T>h DürHtdtun^c - . ■ verdient dfe Aafmerkiamkeit dir pt?fla«i>|)lifQ^
rtnden Gegenwart In tioheiti Masse, und uhnv; Fi^i^i* wini <h' i/u
In (^ nschaftNchen Autfassung der Wirkliohkeit zu gewfr
th . ♦ 1 ! I S f i n 0 i ri 1 1 1 Ti 1 1 1 1 1 - " ( O öd. öelfh rti '
QlBSprafihsuDdiluErkiiiiniL' Di> SpracliB alt Kunst.
Gustav Garber. ] "
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„Km hoehiM j ^^fj^ 2 B Ml.
s?ii I „Ein Werk von tiißti
^Werta von iortenem Werte und groeaer Origlnalltit** (Hrme c^
lr»t.H>i*i.4»«*V*r*t «n« IL» A. II ulk. Mf4tlt««i^
Beiträge
zur künde der
indogermanisehen sprachen
herauig^gtbeti
lir. Ad. BesEEanbergeF «nd Dr. W< Prellwlte.
Siebenundzwanzigster band,
Brittea und Tiertes hesh.
GdtfiDgeD
Vandenhoeek und Rnpceehi
190a.
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Good|^^
Inhalt
Etymologien. " Von Wiedemunn *. 193
Yedisch «<Uf«. Von W. Neisser . 262
Phrygisohes. Von Alf Torp 280
Rhodisohe Beitrage. Von iS, Nachmaiuon .291
€ontribntion8 to Old Italic Etymology. Von Zouü JET. Ortw . . 297
Zar decUnation der lettischen bestimmten adjectiva. Von J, jEntbeUn 310
Lettische comparativbildangen. Von J. Endzelin 815
Zu den lettischen Zahlwörtern. Von J, BndxMn 819
Lettische etymoldjgien. Von «/. Endzelin 329
Zur i-epenthese im Latein. Von A. Zimmermann ....... 831
Homerisch x€xa(pti6ta. Von W. PrellwiU 8S2
Ferdinand Sommer, Handbach der lateinischen laut- und formen-
lehre. Angeieigt von W. FrelknU 883
Register. Von W. PriOwitz 884
-■■■■■ ■ ■ ■ - ■ ■ ■ ■
Alle für die redaction dieser Zeitschrift bestimmten seudangen wolle
man richten an Professor Dr. Adalbert Betuunherger^ KOmg$berg i. Pr.^
Stmndatnm. WaUgtr.Nr.lu.2, oder an Gymnasial-Oberlehrer Dr. WaUker
Pr$üwftz, Königsberg i. Fr„ MiUelhufen LudienaUee $,
Soeben erscheint:
FE PAS.
Hbbandlangen fur JndogermanisAen SpracbgesdHdite
HudUSt f idt
jom 5ieben)t05teit öebartstage gewidmet
von f reanden and $d>alern.
Inhalt der Festschrift:
Seite.
Friedrich Blase, IlaefisvidTfs oder Üagfisveldijs * . • . 1 — 16
Pritz Bechtel, Ein Einwand gegen den äolischen Homer 17 — 32
Otto Ho ff mann. Das Präteritum der sogenannten redu-
plizierenden Verba im Nordischen und West-
germanischen 38 — 62
Walther Prellwitz, Zur lateinischen Wortbildung. Con-
sidero, desidero und andere Präfix-Denominativa 63 — 76
€arl Hentze, Die Entwicklung der «/-Sätze mit dem In-
dikativ eines Präteritum in den homerischen
Epen 77—107
Eranz Skutsch, lambenkürzung und Synizese ..... 108—151
A. Bezzenberger, Ober das lange i einiger Ableitongs-
Elemente 153—214
Walter Neisser, Altindisch bhavati / syät ...... 215 — 227
Konrad Zacher, Zur griechischen Wortforschung. MvataS,
fmaxa^ und vjt^v?; 229 — ^248
Georg Mekler, Gotisches hunsl 249—264
I. Wortregister 265—268
II. Sachregister 269—271
ni. Stellenregister 271—272
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Wiedemaim Etymologien. 193
Etymologien«
1. 6ot. dthginnan, abulg. -6^%, hont, schwed. börja^ lett. Si
alb. z^.
Wiederholt hat J. Grimm (myth. > 525, 1218, zfda. Vm 14ff.,
dtsch. wb. I, 1296) got. du-ginnan, ags. ä-, be-, on-, under-
ginnan, afries. bi^enna, as. bi-ginnan, mnl. beHjhinnm, ahd. bi-,
in-ginnan anfangen, beginnen mit aisl. gina, ags. tö^glnan
klaffen, gähnen, ahd. ginin gähnen zusammengestellt, indem er
als gmndbedeutung beider Sippen „schneiden", „spalten" an-
nahm und dies durch hinweis auf ähnliche bedeutungsentwick*
lungen innerhalb andrer idg. sprachen zu stützen suchte. Mit
recht hat Pauli (KZ. XIV, 97 ff.) dagegen eingewandt, dass die
bedeutung „spalten" bei ahd. inrginnan nur vereinzelt auftritt
und erst bei mhd. mannen völlig zur geltung kommt. Femer
spricht gegen J. Grimmas Vermutung der umstand, dass das
got und ags. verbum nur »anfangen' bedeutet, (Bugge PBB.
XII, 405). Trotzdem halten Franck (Etym. woord. d. nederl.
taal 69) und Prellwitz (Etym. wb. d. griech. spr. 264 s. v.
7t(^(paTog) die herleitung der bedeutung „anfangen" aus der
bedeutung „öffnen", „spalten", „schneiden" noch für möglich
und stimmen J. Grimm bei und auch Tamm (Etym. svensk.
ordb. 29 f.)) der einer weiter unten zu erwähnenden etymologie
beipflichtet, lässt es unentschieden, ob „greifen", „heben" oder
„schneiden" die ursprüngliche bedeutung des nur in Zusammen-
setzungen mit präfixen vorkommenden verbs ist. Pauli nimmt
als ursprüngliche bedeutung von -^nnan „den mund auftun"
an und das ist das einzig richtige, wenn, was auch Pauli an-
nimmt, -ginnan zu aisL gina usw. gehört; denn in abulg. zij<xti,
lit. ziöti, lat. hiäre, aisl. gina, ahd. giwSn, gewön, mhd. giweny
gewen liegt diese bedeutung ja noch unverändert vor. Indessen
ist die von Pauli angenommene bedeutungsentwicklung „den
mund (zum sprechen) auftun" — „zu sprechen anheben" —
„anfangen" doch nicht recht glaublich und J. Grimm's etymo-
logie muss daher ganz aufgegeben werden, wenngleich sie ausser
Franck noch viele anhänger gefunden hat (Pott Etym. forsch.
I 1, 142, II «, 2 8. 85 ff.; Diefenbach Vgl. wb. d. got. spr.
BAitrtg« s. künde d. indg. ■pnoken. XX VH. 13
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194 Wiedemann
n, 405; Weigand Dtsch. wb. I *, 172 f.; Schade Adtsch. wb.
>326f.; Benecke-Müller-Zarncke Mhd. wb. I, 528; Lexer
Mhd. handwb. I, 1018; Leo Meyer Oot. spr. lö, wo -ginnan
zwar nicht mit aisl. ginüy ahd. ginSn, wol aber mit dem auch
schon von Pott aao. herangezogenen lat. in-choäre und zwei-
felnd auch mit gr. xalvatv zusammengestellt wird; Heyne Dtsch.
wb. I, 317). Aber auch ahd. in-ginnan spalten, schneiden, das
etymologisch von got. du-^nnan, ahd. bi-ginnan und deren ent-
sprechungen in den übrigen germ. sprachen getrennt werden
mussy gehört nicht zu aisl. glna, ahd. gin^ und deren sippe»
denn letztere hat, wie wir jetzt wissen, idg. gh als anlaut (abulg.
zijati, lit. ziAti)^ während in ahd. in-ginnan, idg. gith vorUegt
(ai. 3. pl. präs. ghnänti sie schlagen, gr. ^ctVcii schlage, treffe,
g>6yog mord usw.).
Eine andre etymologie des got. du-gtnnan hat A. Kuhn
(KZ. Q, 463) aufgestellt: -ginna entspricht darnach dem aL M-
"nv-a-mi, der nebenform zu ai. hi-nö^ setzt in bewegung, treibt
an, veranlasst, fördert, schleudert Von Seiten der laute ist
gegen diese etymologie nichts einzuwenden: idg. -m?- wird zu
germ. -nn- (A. Kuhn aao. 460 ff.; Leo Meyer KZ. IV, 408 ff.)
und der ablaut in -gann, '^unnumj -gunnans ist von Joh.
Schmidt (Vok. I, 62 ff.) befriedigend erklärt worden. Daher
hat diese etymologie, der auch von Seiten der bedeutungsent-
wicklung nichts entgegensteht, nicht nur bei Leo Meyer (aao.
408) und Joh. Schmidt (aao. 66), sondern auch in neuerer zeit
vielfach Zustimmung gefunden (Osthoff MU. IV, 40, 402; Brug-
mann Grdr. I «, 335, II, 1007, 1015, 1017, 1259; Pederaen
IF. n, 316; Streitberg Ürgerm. gramm. 296, Hirt o. XXIV, 245;
Delbrück Vergl. synt. II, 45, wenn auch mit beigefügtem „viel-
leicht*^). Im letzten grund ist diese etymologie identisch mit
der von Graff (Ahd. sprachsch. IV, 208) neben derjenigen
J. Grimm's für möglich gehaltenen etymologie, der zufolge in
'■ginnan eine „sekundäre wurzel von ga^% d. h. der nach Graff
in ahd. y^n gehn steckenden wurzel, vorliegt; denn ahd. gen
geht auf eine idg. w. §hei zurück (verf., lit. prät. 142) und ai.
hinöti, hinvati ist seiner bedeutung nach nichts anderes als das
kausativum zu ahd. gen. Zur stütze dieser etymologie Uessen
sich lat in-i-^fum, ahd. ane-genge anfang anfuhren; aber gegen
sie spricht, dass die zu lat inäium und ahd. anegmge gehören-
den verba, lat. in-ire^ bez. ahd. ane-gen zwar „seinen anfang
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fitymologien. 195
nehmen*^ bedeuten können, aber nicht „einen anfang machen'S
was ginnan neben „seinen anfang nehmen*' bedeutet. Daher
mu88 auch diese etymologie abgelehnt werden.
Fick (Vgl. wb. I *, 415) verbindet -ginnan mit gr. Trpoor-
9)aTog „frisch'^ und ihm schliesst sich Prellwitz aao. an, der
weiter gr. ^aivfo töte und gr. qxSvog mord heranzieht und
für fCQoaqnxTog die bedeutungsentwicklung „frisch geschlachtet",
getötet, frisch annimmt. Dabei bleibt aber die bedeutung von
nQoSf das doch, wie ja auch Prellwitz annimmt, offenbar
in TVQoaqxnog steckt, unberücksichtigt. Ich möchte daher im
zweiten teil von nqooqxnog die von Prellwitz (o. XXII, 76 ff.)
behandelte idg. w. bhe scheinen, glänzen, suchen und TtqoO'
qxxvog als „entgegenglänzend'' auffassen; dass sich hieraus die
bedeutung „frisch" entwickeln konnte, leuchtet wohl ohne
weiteres ein. Zweifelnd zieht Fick noch lit gifiti, abulg. ghnati
treiben, do-gbnati erreichen heran, die er auch schon früher
(II 8, 335, III ', 98), und zwar zuversichtlicher, verglichen
hatte. Indessen ist auch diese etymologie nicht befriedigend,
denn ich weiss die bedeutung „anfangen" weder aus „treiben",
noch aus „schlachten" abzuleiten.
Eine wesentlich andre und hinsichtlich der bedeutung auf
den ersten blick sehr bestechende etymologie hat Bugge (aao.
405 f.) vorgeschlagen. Indem er im anschluss an Kluge (KZ.
XXVI, 82 ff.) das Verner'sche gesetz auf die anlautende idg.
tenuis des zweiten gliedes von Zusammensetzungen ausdehnt, ver-
bindet er das nur in der Zusammensetzung vorkommende -ginnan
mit dem ebenfalls nur in Zusammensetzungen vorkommenden
abulg. 'ö^H (präs. -dbnq) : e?*-, na-, po-ö^ti anfangen und mit
dem nomen abulg. kont anfang. Diese etymologie hat nicht
nur bei Kluge (Etym. wb. * 36), sondern auch bei Tamm aao.,
Vercoullie (bekn. etym. woord. d. nederl. taal * 22), Osthoff
(Verhdlgn. d. 41. philologenvers. in München 1891, s. 301),
Möller (Zfda. XXXVI, 330 anm.), Zubat^ (Arch. f. slav. phil.
XVI, 386 f.), Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. got. spr. » 38),
Kluge-Lutz (Engl. etym. 15 f.) und nicht so zuversichtlich bei
Noreen (Urgerm. lautl. 132) Zustimmung gefunden. Gegen sie
spricht aber der umstand, dass, wie Streitberg (Urgerm. gramra.
126) richtig bemerkt, die verbalkomposita jünger sind als die
uominalkomposita, was sich aus der betonung (z. b. duginnan
nicht *düginnan) ergibt. Ferner wendet E. Zupitza (Oerm.
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196 Wiedemann
gatt 116) gegen Bugge noch ein, dass abulg. öMq, kofif» ver-
mutlich mit ir. cenn, cymr. penn spitze, ende, köpf verwandt
seien, also idg. ki^ haben. Da aber Bugge's etymologie trotz-
dem viele anhänger gefanden hat, scheint es mir nicht über-
flüssig, sie ausführlicher zu bekämpfen.
Bugge hat sich zu seiner etymologie augenscheinlich da-
durch verleiten lassen, dass sowol got. -ginnan als auch abulg.
-J^{ die gleiche bedeutung, nämlich „anfangen* S haben und
abulg. kofih anfang scheinbar vortrefflich dazu stimmt. Daher
werden denn auch allgemein abulg. -d^t und abulg. konh in
etymologischen Zusammenhang gebracht (so z. b. von Miklosich
Etym. wb. 114 f., Fick I *, 382 f., wo ein europ. *qeno anfangen
angesetzt wird). Sehen wir aber genauer zu, so ergibt sich,
dass alles, was Fick aao. unter *qeno vereinigt, zu fünf von
einander geschiedenen sippen gehört
1. Idg. w. ken fassen. In der Zusammensetzung mit vh,
na, po hat abulg. -d^i allerdings die bedeutung „anfangen";
dass diese aber erst aus einer andern hervorgegangen ist, zeigt
klar die Zusammensetzung mit za, die einzige, die ausser denen
mit vh, na, po noch vorkommt: za-ö^i bedeutet aber „empfan-
gen" (vom weih). Diese bedeutung ist aus einer allgemeineren
,yaufnehmen'S „in sich fassen" verengert, wie das zugehörige
primäre nomen zeigt: abulg. za-kom gesetz, in anderen slavinen
auch „brauch'S „sitte", „ehe"; wir haben hier also dieselbe
bedeutungsentwicklug wie bei gr. vo/dog gesetz: got. niman
nehmen. Hieraus ergibt sich, dass das simplex abulg. -6^ nur
„nehmen'', „fassen", „fangen" bedeutet haben kann, und dafür
lässt sich geltend machen, dass das bedeutungsverhältnis von
abulg. *d^t : Vb-, na^, po-ö^i : za-ö^i genau demjenigen von
lat. capere : in-cipere : con-cipere oder demjenigen von nhd.
fangen : an-fangen : emp- fangen entspricht. Ausserhalb des
slavischen lässt sich diese (unerweiterte) idg. w. ken nicht
sicher ^) nachweisen. Zwar hat Zubaty aao. versucht, lett.
1) Für sehr wahrscheinlich halte ich die zagehörigkeit einiger kel-
tischer Wörter zu dieser idg. w. ken fassen. Wenn wir das bedeatongs-
verhältnis von gr. t/xtoi gebäre, Hxvov kind : aisL piggja nehmen,
empfangen, aisl. pegn knabe (zu der weitverzweigten idg. w. tek fest
sein, fest nehmen) erwägen, so lassen sich zu abulg. -o^' nehmen, fassen,
fangen ziehen : ir. cinmt entspringe, eetOi, acymr. eenetl gesohleoht, die
femer in etymologischem Zusammenhang mit gr. 'scaa^ gesohlecht in
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Etymologien. 197
cfsfe-s, cU9'8 streben, trachten, ringen, lett. cjntte^ kämpfen,
ringen, sich bemühen, lett. censVi-s sich anstrengen, sich be-
streben, sich sehnen, ai. cdnas gefallen, befriedigung, ai. cd'
niffha-B sehr gnädig, sehr genehm, av. cinö liebe, hnld mit
abolg. -dfh' etymologisch zusammenzubringen; doch gehören alle
diese Wörter zu einer idg. w. km sich strecken, aus welcher
bedeutung einerseits die bed. „sich verlangend nach etwas
strecken", „verlangen", „lieben" (lett. rf/^», ai. cdni^fha-s, av.
cinö)y andrerseits die bed. „sich anstrengen", „ringen" (lett.
cUi-8, cinite^, censte-s) hervorgegangen ist; vgl. dieselbe be-
deutungsentwicklung bei der idg. w. ven : ai. vanM wünscht,
liebt, erlangt, gewinnt, siegt und got. winnan leiden, aisl. vinna
arbeiten, erwerben, gewinnen, besiegen, aushalten, leiden. Zu
dieser idg. w. ken sich strecken stelle ich femer gr. xavciv
gerader stab, richtschnur, wagebalken, messmte, lat cönar
(strecke mich womach — ) erstrebe, versuche (ganz anders über
cönor Stowasser Lat.-dtsch. schulwörterb. 226 und Schwyzer,
KZ. XXXVII, 147 f.) und, mit wurzelerweitemdem i, ir. cisaim
leide nebst sippe (Fick II ^, 77 f.), lit. keniiti aushalten, leiden
und dessen sippe, zu der jedoch das von Leskien (abl. 331)
dazu gestellte lit kanezä schmerz, quäl nicht gehört (s. u.),
wol aber die oben erwähnten lettischen Wörter, deren t also
nicht, wie Zubaty annimmt, infolge etymologischer undeutlich-
keit von formen wie präs. fut. censzu, inf. censt für 8 einge-
treten, sondern vielmehr etymologisch berechtigt ist ^). — Mit
uvto-icaai-yiniwoq dem eignen geeohlecht entstammend stehn. Letzteres,
oder vielmehr xaaC-yvrjros, ist schon von 0. Sohrader (Spmohvergl. n.
urgesch. * 687 f. anm.) mit abnlg. -^t zusammengestellt worden ; aber
anch ir. ai-^^ der erste zieht Sohrader heran und fibersetzt x€Ufiyrfßos
mit „erstgebomer". Zwar hat Wackemagel (KZ. XXXTTI, 18 ff.) avro-
nuatyinßog als umgestaltet aus ^av^rixaal-yvfiTog zu erkl&ren versnobt
nnd bei Bmgmann (Ber. d. säohs. ges. d. wiss., phiL-hist. kL 1896, s. 47,
anm. 2) Zustimmung gefunden ; aber die Zusammensetzungen mit fiovaa,
das ja in seiner stammbildung mit -ttxaay- übereinstimmt, zeigen fiovao^
so dass man * avTixaaoyvfjTot erwartet. Dass in avvoxaaiyvf[rot ein wort
ffir „mutter** steokt, soheint mir aus stellen wie ^ 267 ss M 871 , r
237 f. nicht notwendig zu folgen; im gegenteil seheint mir in Ünat^,
bez. TM fAoi (lUt yiivoTo /uijti}^ nur eine genauere bestimmung des aUge-
meineren avroxaaiyvfitos vorzuliegen.
1) Zu lit. kMUti hat Fiok (o. Vni, 831, XVI, 281, vgl. wb. I \ 888)
gr. T9v^tvg^ 6 lltv^ihg na^a ^Bxtnatm Phot, niv^o^ leid, trauer, ndax»
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198 Wiedemann
wurzelerweiterndem idg. t gehört hierher got. -hinpan fangen,
zu dem schon J. Grimm (Gramm, ü, 35, nr. 395) mit recht
got. handus hand und got. handugs weise gestellt hat, wenn er
auch mit einem fragezeichen andeutet, dass er diese Zusammen-
gehörigkeit nicht für sicher hält. Dass handus zu hinßan ge-
hört, wird wol ziemlich allgemein für sicher gehalten. Wider-
sprochen hat £. Zupitza (Gutt. 183), der handus unabhängig
von Thurneysen (KZ. XXVI, 310 anm. 1) in etymologischen
Zusammenhang mit dem zahl wort für 10 bringt und bei Kluge
^ 161 und 0. Schrader (Reallex. 968) Zustimmung findet Da
es kein idg. wort für „hand^' gibt, liegt nichts näher als die
annähme, dass die einzelnen idg. Völker die hand nach irgend
einer ihrer tätigkeiten benannten, woraus es sich erklärt, dass
wir bei Wörtern für „band*' mehrfach ein primäres verbum da-
neben haben, so lit. rankä, abulg. rqka hand: lit rifikii sam-
meln, handus : -hinpan. Für handugs dürfen wir unbedenk-
lich dieselbe bedeutungsentwicklung annehmen wie sie bei lat.
capax vorliegt; auch an nhd. behende sei erinnert. Anders
urteilen über handugs Osthoff (P6B. XIII, 418 ff.) und Stokes
(Fick II *, 90), dem sich E. Zupitza (aao. 206) anschliesst
Mit ahd. hantag acer hat handugs nichts zu schaffen, obgleich
noch ganz neuerdings Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. got.
spr. ' 73) das für möglich hält.
2. Idg. w. kaen spitz sein. Hier ist zunächst abulg. konh
nur in iskoni ab initio zu nennen. Dass die bedeutung „anfangt
erst aus der bedeutung „spitze'^ hervorgegangen ist, zeigen
teils die anderen slavischen sprachen, teils das Altbulgarische
selbst : abulg. kontcb ende, slov. konica spitze, klruss. hin ecke,
russ. konath bis aufs äusserste treiben (weitere verwandte bei
Miklosich Etym. wb. 114 f.); femer ziehe ich aus dem Slavi-
schen noch hierher abulg. kanüi treiben, ermuntern (eig. „an-
leide gestellt und darin, soweit ich sehe, fast allgemeine znstimmang
gefanden ; nur Bezzenberger (bei Fiok II ^, 78) und Solmsen (KZ. XXXIV,
644) haben sich meines wissens dagegen ausgesprochen und vielleicht
lassen auch die von Gast. Meyer (Gr. gramm. ^ 262) gewählten worte
„man hat . . . verbanden" auf zweifei sohliessen. Durch das Keltische
wird meiner meinung nach Fick's etymologie endgiltig umgestossen und
man hat bei der alten Zusammenstellung von mv^- mit lat. -fwfhdo zu
bleiben (Grassmann KZ. XII, 120, Joh. Schmidt Vok. I, 92 ff. ; was Grass-
mann und Joh. Schmidt sonst noch dazustellen, gehört nicht hierher).
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Etymologien. 199
stacheb'*) und seine sippe (Miklosich aao. HO), zu der aber die
Wörter mit der bed. „betrügen** schwerlich gehören. Ausser-
halb des Slavischen gehören hierher: ir. cenn, cjmr.penn spitze,
ende, köpf und wol auch lat. cuneus keil; mit wurzelerweitern-
dem idg. t gehört hierher auch lit. Jeanczä quäl, schmerz.
3. Idg. w. ^ent spitz sein. Diese wurzel steckt in gr.
Tuvrew steche, lUvtQov (aus *%ev%f{UQov; Fick KZ. XXII, 99)
Stachel, %ov%6g stange (daraus wol lat contus Stange, wurfspiess
entlehnt), ir. cinteir gl. calcar, cymr. cethr spitze, nagel, ir.
c9tne der erste, gall. (Hntus, ahd. hantag spitz, scharf, got. hin-
dumists äusserster, bürg, hendinos könig, lett. sits («- lit. ^szin-
tos) jagdspiess. Vielleicht ist das t wurzelerweitemd (Saussure,
Mem. 76, Persson, Wurzelerw. 42); dann Hesse sich noch ai.
gi'^d-s, gi-gn-d^m männliches glied heranziehen und, mit wurzel*
erweitemdem labial, alb. &ump, best. &umbi Stachel, nhd.
humpe, humpen.
4. Idg. w. ken glänzen. Hierher gehören gr. xaivdg neu,
ai. kand, kanyd mädchen (zum bedeutungsverhältnis vgl. gr. viog
neu : veavUcg Jüngling), kdmyän junger, kleiner, kamna-s jung,
kantnakchs knabe, jüngling, augenstem, kaninakd mädchen,
Jungfrau, kan^naka, kaninika augenstern.
5. Idg. w. rek fest, straff sein. Diese wurzel ist für lat.
recens frisch, kräftig, rüstig, jung, neu anzusetzen. Steckte in
recens eine idg. w. ken, so bliebe es unverständlich, was für
einen sinn die Zusammensetzung mit re- haben soll. Ich sehe
daher in recens das part. präs. act. von einem verbum *rec&^e
— lett. recit, sa-rec^t gerinnen (von der milch); dazu gehören
weiter lett rikt, sa-rikt gerinnen, m-rika gallerte, lit rMnti
schliessen, räktas Schlüssel, ai. racdyati ordnet, verfertigt, bildet,
bereitet, macht zurecht, racana-m Ordnung, anordnung = got
ragin beschluss, abulg. raöiti wollen; auch abulg. rekq sage
kann mit E. Zupitza (Gutt. 136) hierher gezogen werden, wo-
bei noch an gr. Hyta reihe die worte aneinander, sage zu er-
innern wäre, das dieselbe bedeutungsentwicklung durchgemacht
hat. Anders über lat. recens Darmesteter (MSL. IV, 225 f.) und
Emault (ebda. V, 48).
Kehren wir nach dieser notwendigen abschweifung zu got
du-ginnan zurück, so dürfte es nicht überflüssig sein, zunächst
noch einige andre verba mit der bedeutung „anfangen** zu be-
sprechen« Wie bereits erwähnt ist, haben wir bei lat. in-cipio,
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200 Wiedemann
nhd. an-fangen, abulg. vh-, na-, po-d^i die bedeutangsentwick-
lung „nehmen*\ ,,fa8sen*^ „üangen^' : „anfangen^'. Dasselbe ist
der fall bei osk. kahad capiat : lat. in-eohäre, in-ehoäre an-
üangen, bei ir. g(Min nehme : gabim friss fange an und bei lit.
imti nehmen y das mit einem abhängigen infinitiv »anfangen*'
bedeutet. Die gleiche bedeutungsentwicklung nehme ich für
ai. prabhrti'S, das u. a. auch „anfangt' bedeutet, und schwed.
börja anfangen an; Tamm (Etym. svensk. ordb. 84), der
Mrja mit recht zu ai. bhdraU, gr. q>€Q(o usw. stellt, will zwar
von der bedeutung „(die band oder den fnss) heben'' ausgehn,
aber viel näher liegt es, direkt an die bedeutung des abulg.
b^rati nehmen anzuknüpfen.
Etymologisch unaufgeklärt ist bisher lett saH anfangen;
ausser der von Leskien (Abi. 374) zweifehid gegebnen Zusammen-
stellung mit der sippe von lit. szökti springen, die sich von
Seiten der bedeutung nicht halten lässt, ist mir kein weiterer
erklärungsversuch bekannt Gehn wir für saht von der be-
deutung „fassen", „festnehmen'^ aus, so lässt es sich in etymo-
logischen Zusammenhang mit lat aancio mache fest, setze fest,
bestimme, dessen nasal ursprünglich nur präsensbildend war,
aber auch in ausserpräsentische formen gedrungen ist, z. b.
lat sanctus eingeschlossen, eingehegt, heilig g^enüber aisL saUr
versöhnt (-= lat. ^sactus). Mit gr. aarTio stopfe, atpuos bürde,
wozu man es früher stellte, hat sancio nichts zu schaffen.
Endlich ist noch alb. zi, geg. zq bertihre, fange, fange an,
empfange (vom weihe), miete zu nennen. Zwar hat G. Meyer
(Et wb. d. alb. spr. 483) zi als lehnwort aus bulg. zemam,
zimam (aus abulg. za- und iwq) nehme betrachtet; aber die
bedeutungsentwicklung, die die bei G. Meyer angeführten alb.
Wörter — ausser zM noch dzs, ndzi fasse, enthalte, begreife,
lerne, zikem werde ergriffen, bürge, streite mich, z% seele, zem
fang, faust als mass, ZBnei streit, zbt&A fange an, ndzenss
Schüler — aufweisen, hat mich schon längst daran zweifeln
lassen, dass wir es hier mit entlehnung zu tun haben. Auf
eine deshalb an G. Meyer gerichtete anfrage habe ich im sept
1895 von letzterem zu meiner freude die antwort erhalten, dass
er seine aao. vorgetragene ansieht zu gunsten der meinigen
aufgebe, nach der ze auf uralb. *zenö zurückgeht Für dies
uralb. *zenö darf man die bedeutung „nehme'S „fasse'S „fange**
ansetzen. Aus dieser bedeutung ist aber die des bei G. Meyer
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Etymologien. 201
aao. weiter angeführten perzt, geg. perzq vertreibe nicht her-
leitbar; letzteres muss daher etymologisoh von zi, g^. zq ge-
trennt werden. Die bedeutung lässt an eine Zusammenstellung
mit lit genü, abulg. zenq treibe denken und ich halte eine
solche für durchaus haltbar. Zwar hat G. Meyer (aao. 136,
alb. stud. III y 7) zu genü, zenq alb. ga'/i jage, verfolge, ge-
stellt; doch muss nach dem, was Pedersen (KZ. XXXVI, 330 f.)
auseinandergesetzt hat, g'ofA als etymologisch dunkel gelten.
Andrerseits hat aber Pedersen (aao. 305 ff.) in fiir mich über-
zeugender weise i) dargetan, dass die idg. labiovelare im alba-
nischen vor Palatalen vokalen palatalisirt werden: idg. h» wird
zu 8, idg. gu, g^h zu z. Es hindert also nichts, in alb. perze
eine Zusammensetzung mit idg. *guheno zu sehen. Miklosich
(Etym. wb. 62, 409), Leskien (Abi. 326, 368) und 6. Meyer
(Alb. stud. III, 7) trennen zwar abulg. zmq, lit. genü von
abulg. zhnja ernte, lit. geniü ästle und 6. Meyer fährt alb.
g'a^f abulg. zenq, lit. genü auf ein idg. *genö (im anlaut me-
dia, ob aber reinvelar oder labiovelar, lässt er unerörtert,
scheint aber ersteres angenommen zu haben) zurück; aber gegen
O. Meyer muss geltend gemacht werden, dass abulg. zenq, lit.
genü ursprünglich nur vom treiben des viehs auf die weide
gebraucht worden sein muss (das lehren wörter wie poln. wygon,
russ. tygon weide, lett. gam hirt, gani pl. tant weide), so dass
sich die bedeutung „treiben'^ sehr leicht aus der bedeutung
1) Damit soll nicht gesagt sein, dass alle von Pedersen zur stätse
seiner Vermutung beigebrachten beispiele einwandfrei sind. Gerade
unter den 4 ersten, von P. fSr schlagend gehaltnen beispielen sind zwei,
die ich für bedenklich halte: pest fünf und <iV äuge. Ersteres führe ich
mit G. Meyer (Alb. stud. U, 47ff., III, 6, 25, 80, Etym. wb. 829) auf
uralb. *p0nktfi zurück, denn der einwand Pedersen's, -fi- werde nicht
zu 'iiä- erweitert, scheint mir übereilt ; das -f in alb. besi glaube kann
doch eben so wenig auf idg. •%$ zurdckgehn wie das von mbesi nichte
(gegenüber gr. dvixißia geschwisterkind, got. nipjo verwandte: lat. nepUs,
idid. niß, lit. neptis enkelin : ai. naptt enkelin, von denen die ersten
zwei — got. 'fy'o beruht natürlich auf idg. *tjä — im suffiz mit alb.
mhest identisch sind; ai. napt^ liegt von tnhen viel weiter ab), dessen
-e Pedersen ja allerdings nicht auf idg. *-w zurückführen will. Was
alb. Mt anlangt, so lässt es sich anstatt auf idg. *ok^, lit. akU ange
und dessen sippe vielleicht besser auf ein idg. *h>idom zu got. hveiis
weiss, lit. azvidus blank, glänzend, ai. ^indaU glänzt, leuchtet zurück-
fahren. — Besonders wird Pedersen's Vermutung durch die falle ge-
stützt, in denen im wurzelauslaut k mit «, g mit t wechseln (s. 828 f.).
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202 Wiedemann
„schlagen'* entwickelt haben kann. Ich sehe daher keinen
grund, abulg. zenq, lit. genü von ai. hdnti schlägt, erschlägt,
tötet, gr. ^dv(a schlage, erschlage, töte, q>6vog mord usw. zu
trennen. Es ist also für abulg. zenq, lit. genü, idg. gifh- anzu-
nehmen und -ze in alb. perzi kommt zu den von Pedersen
beigebrachten beispielen als weiteres hinzu. — Wie psr^ müssen
auch die bei 6. Meyer am schluss des artikels genannten wörter
mit wurzelbaftem zem- von ze getrennt werden: zimsre, geg.
zimBVBf zimbere, scut z^mer herz, vnlle, leib, zemertUe, zembe-
räk jähzornig, zsmer^'än, zemer-durüim langmütig, zemer-k'in
hartherzig, zemer-nguäte ungeduldig, zemsrM erbittere, reize
zsmerir herzhaft, gr. z&neraU zorn. Auch diese wörter halte
ich für einheimisch und setze alb. zem- =» idg. §hem-, dessen
grundbedeutung „sich heftig bewegen'* ist vgl. die gleiche be-
deutungsentwicklung bei ai. dhümd-8, abulg. dynn, lit dümai
(seltner dümas)^ lat fümtis rauch, ahd. toutn dampf, dunst»
duft : gr. &vfjL6g gemütswallung, geist, seele, willen zorn und
bei lett. gaiss luft : aisl. geisa wüten, ags. ^äst geist (über
diese sippe handle ich in einem andern aufsatz, wo ich auch
meine von der allgemein herrschenden annähme abweichende
ansieht über die natur des anlautenden gutturals begründen
werde). Diese idg. w. §hem sich heftig bewegen liegt meiner
meinung nach in germanischen bisher wesentlich anders beur-
teilten Wörtern vor: aisl. gaman lustig, freude, scherz, alt. dän.
gammel lustig, dän. dial. smikke gammeü leichtfertig sprechen,
Unzucht treiben, nhd. gammel sinnlicher Übermut, geilheit, männ-
liches glied; mit wurzelerweitemdem labial gehört hierher mhd.
gumpen, gampeti hüpfen, springen, stampfen, mhd. gümpd,
nhd. gimpel, mit wurzelerweiterndem guttural ahd. gähi (aus
urgerm. ^ganh-) jäh. Auch ahd. *gamug, gamg gemse darf
hier genannt werden, denn wenn das germanische wort auch,
wie Much (Zfda. XLII, 167ff) dargetan hat, lehnwort aus dem
gleichbedeutenden lat. camox ist, hat doch volksetymologische
anlehnung an die hier behandelte germanische sippe stattge-
funden. Über diese letztere haben Kluge (KZ. XXVI 70) und
Wadstein (IF. V, 8, jwo noch weitere german. wörter beige-
bracht sind) die Vermutung ausgesprochen, es lägen hier Zu-
sammensetzungen mit ga- vor, nach Kluge ga-^man zu got
manna mann also „Zusammenkunft von menschen'*, nach Wad-
stein (ausser ga-man auch) g-aman zu lat, amäre lieben; auch
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Etymologien. 203
in ahd. gohi hat Erdmann (antiqv. tidskr. för Sverige XI, 4,
8. 30 f.) eine Zusammensetzung mit ga- gesucht und unter Zu-
stimmung von Noreen (Urgerm. lautl. 44) und E. Zupitza
(Germ, gutt 190) im zweiten glied ein zu gr. tixvg schnell,
lat. öcior schneller gehöriges wort vermutet. — Zu dieser idg.
w. §hem möchte ich auch lat. homo, lit. imtl, ihnogüs, pr. smoif
mensch, got. guma mann ziehen, indem ich von der bedeutung
„beseeltes wesen'' (vgl. lat. animal, got. diw beseeltes wesen,
tier) ausgehe; allgemein werden diese Wörter als „zur erde ge-
hörig'^ „irdisch'* aufgefasst und zu lit. ütne, abulg. zemlja
erde usw. gestellt *). — Was alb. zem- betrifft, so vertritt z
hier die idg. palatale media aspirata, wie in den bei G. Meyer
(Alb. st. III, 18) genannten beispielen zok, best, zagne junger
vogel : arm. jag dass. und zotb darm : lit zdma, aisl. gpm
dass., lat. hertiia darmbruch *). Dazu kommt noch ze stimme :
abulg. zvom schall, arm. jain stimme (von Hübschmann, Arm.
gramm. I. 469 zwar abgelehnt, aber es hindert doch wol nichts,
-ain- aus ^nj- zu erklären ; vgl. abulg. zvbniti klingen mit der-
selben ablautstufe). Über die Ursache, warum die idg. palatale
im Albanischen bald durch interdentale, bald durch dentale
Spiranten vertreten werden, vermutet Pedersen (aao. 338 f.),
dass ein benachbartes v die Wandlung von uralb, ä zu su^
uralb. d zü zu veranlasst habe. Damit ist aber die frage noch
nicht endgiltig beantwortet, denn, um nur bei idg. §h zu bleiben,
von den drei genannten, auch von Pedersen anerkannten, bei-
spielen fiir 2; = idg. §h ist nur bei Z€ : abulg. zvot^ ein v
nachweisbar; für zok lässt Pedersen die möglichkeit zu, dass
der auslautende guttural labiovelar war und für zofe postulirt
er ein v oder u (anlaut ghv- oder auslaut -nu--); aber §hv-
1) Bemeker (IF. IX, 860) will auch got. manna mann, magus knabe,
knecht in etymologischen Zusammenhang mit got. guma bringen, därfte
aber darin wol kaum znstimmnng finden ; abgelehnt hat diese Vermutung
bereits ühlenbeck (Kursgef. etym. wb. d. got. spr. * 104, 106). Bei-
läufig sei bemerkt, dass das suffix des abulg. nu^ mensch an -gu- in
lit. kmo-gÜB erinnert; genau entsprechen würde ein lit. *-giu'.
2) Das bei 0. Meyer ausserdem noch genannte zjaf feuer, lit. za-
rija glühende kohle, pr. aari glnt hat Pedersen (aao. 320 f.) mit zjarm
hitse besser zu gr. ^ßQfioi warm und dessen sippe gestellt. Dagegen
stelle ich zu lit. iarija usw. das von Pedersen zu pr. golimban, russ. ^o-
luboj blau gezogene ir. gorm hiau, dessen r zu dem litu-slav. l, wie auoh
Pedersen bemerkt hat, nicht recht stimmt.
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204 Wiedemann
hätte germ. w- ergeben und for das alb. wort ein andres suffix
anzunehmen als für das litauische, das sich mit dem albani-
schen ja sonst auf's genauste deckt, wird man sich nicht so
leicht entschliessen können. Es ist daher auch ohne einwir-
kung eines v oder u die Vertretung von idg. §h durch alb. z
möglich. — Wie in zi-msrs und seiner sippe kann auch in der
sippe Yon ze das anlautende z Vertreter von idg. §h sein; es
steht daher nichts im weg, got. du-^innan in etymologischen
Zusammenhang mit alb. ze zu bringen und auch für du-ginnan
von der bedeutung „berühren'S „fassen^*, „fangen^' auszugehn.
Zu besprechen bleibt noch das "nn- in du-ginnan. Wie be-
kannt, hat A. Kuhn (EZ. II, 460 fif.) -nn- aus idg. -nv- erklärt
und in du-ginnan und andren verben mit -nn- Umbildungen
alter präsensstämme nach der ind. 5. klasse gesehen und hat,
wie oben erwähnt ist, -ginnan dem ai. MnvaH gleichgesetzt.
Es lässt sich aber nicht bei allen verben mit -nn- aus dem
Altindischen oder einer andern idg. spräche ein präsens mit
idg. -nr- nachweisen und man hat daher schon für manche
der von Kuhn besprochenen verba wurzeln auf idg. n ange-
setzt. Daher ist also auch lautlich gegen eine Zusammen-
stellung von du-ginnan mit alb. ze nichts einzuwenden; nur
liegt bei dem einen eine andre präsensbildung vor als bei dem
andern: slh.zi ist «- idg. *§henö, got. -ginna ist — idg. ♦^Äen-
v-ö (Umbildung aus einem präsens nach der ind. 8. kl.) oder
idg. ^ghsn-nö (auf einem präsens nach der ind. 9. kl. beinihend).
Zu gunsten des letzteren darf aisl. ginna bezaubern, das einem
got. *ginnon entsprechen kann, schwerlich beigebracht werden,
denn die bedeutung liegt zu weit ab. Auch sonst lässt sich
aus den germ. sprachen nichts mit Sicherheit zu got. -ginnan
ziehen; denn got. ganajan, das Diefenbach (Vergl. wb. d. got.
spr. II, 386) und Rheden (Etymol. versuche a. d. geb. d. idg.
spr., 18 f., 21. jahresber. d. bisch, privatgymn. zu Brixen, 1896)
hierherziehen, lässt sich, da es nur 6al. 6, 17 als Übersetzung
des gr. Tcagexeiv belegt ist, in seiner eigentlichen bedeutung
nicht scharf genug fassen; man übersetzt es gewöhnlich mit
„verursachen", dann aber darf es mit -ginnan nicht verbunden
werden; nur wenn man es als kausativum zu einem got. *gin-
san nehmen betrachtet und mit „nehmen lassen", „geben",
„gewähren'^ übersetzt, kann es zu -ginnan gehören und -s- als
Wurzelerweiterung aufgefasst werden. Auf keinen fall verdient
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fitjmologien. 206
JohanBfion (PBB. XV, 228 f.) Zustimmung, der gatujan als zu-
sammensetzung von geh und ncutjan ansiebt und ihm die ur-
sprüngliche bedeutung „hervorkommen machen'* beilegt; erstens
liegt ja got. ga-nasjan gesund machen /heilen, erretten noch
vor und zweitens bedeutet got. ^nisan ursprünglich nicht „her-
vorkommen", sondern ^»(gesund) zurückkommen (aus dem krieg)'S
denn, wie wol allgemein anerkannt wird, gehört "^isan zu gr.
viofAai kehre zurück, voazog heimkehr. — Auch Ghrienberger
(Unterschgn. z. got wortkunde 89), der an zusammenbang mit
abd. ganz ganz denkt, tri£Ft schwerlich das richtige.
2. Got. brüßs und andre idg. verwandtschaftsnamen.
Obgleich got brüßs Schwiegertochter (daneben got brüßfaßs
brautherr, d. h. bräutigam) schon wiederholt etymologisch er-
klärt worden ist, befriedigt doch keine der vorgeschlagenen
etymologien und es scheint mir daher nicht überflüssig, eine
neue etymologie vorzutragen, um so mehr als ich sie schon
vor einer langen reihe von jähren gefunden habe und sie auch
trotz inzwischen erschienener neuer etymologischer erklärungen
für haltbar erachte.
Allgemein anerkannt ist heutzutage nur, dass die alte noch
von Bopp (Gloss. ' 356 a) und J. Grimm (Wörterb. U, 33) ge-
billigte Zusammenstellung von got. brüßs mit ai. praudhä die
heimgeführte aus lautlichen gründen unhaltbar ist; dagegen hat
man sich nach der anderen, positiven Seite hin noch nicht ge-
einigt, obgleich, so weit ich sehe, vier verschiedene etymologi-
sche erklärungen gegeben sind.
Lautlich am besten liesse sich mit Döderlein (Lat synom.
u. etym. VI, 139) brups dem lat. Frütis gleichsetzen und diese
etymologie hat daher auch wiederholt Zustimmung gefunden
(Fick, Vgl. wb. « 822, II », 696, DI », 217 f., I *, 493, Job.
Schmidt, Vok. II, 288 f., Zehetmayr, Anal, vergl. wörterb. 173,
Kluge, Etym. wb. s. v. [in allen auflagen], Franck, Etym. woor-
denboek 153). Aber es ist noch nicht sicher, dass FriUia ein
echt lateinisches wort ist, denn eben so gut könnte es auch
eine entstellung des gr. ^Aq>Qodti:ri sein, wofür sich Keller (Lat
volksetym. 37, 325), der zuletzt hierüber gehandelt hat, ent-
scheidet Ist Frütis nicht entlehnt und entstellt, so ist es am
besten mit Fick I ^, 493 zu lat fnUex Strauch, mhd. brisen
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206 Wiedemann
schwellen, knospen zu stellen und könnte sehr wol mit got.
brüps, dessen bedeutung ursprüngl. , Jungfrau'' gewesen sein
kann, zusammengestellt werden (vgl. z. b. gr. 7ra^^<^o^ jung-
frau : TVfOQ&og trieb/ sprössling).
Wesentlich abweichend sieht Bugge (PBB. XIII, 184 f.) in
brüfo eine Zusammensetzung, führt es auf idg. *par'4idhi^ zu-
rück, erklärt es als „die heimgeführte'* und stellt es zu lit.
vedü, abulg. vedq führe, ai. vadhü'-s braut, junges eheweib,
weih. Aus lautlichen gründen (germ. b- s idg. jp-) muss diese
etymologie, die, so weit ich sehe, nur bei Heyne (Dtsch. wb.
I, 483) und VercouUie (Bekn. etymol. woord. d. nederl. taaJ
* 45) Zustimmung gefunden hat, abgelehnt werden.
Lautlich einwandfrei ist die von Torp (SprygL-hist. studier
tilegn. prof. C. R. ünger 174), ühlenbeck (PBB, XXII, 188)
und Hirt (ebda. 234) fast gleichzeitg gegebene Zusammenstel-
lung von got. brups mit ai. brävUi sagt, spricht, vorausgesetzt,
dass die wurzel idg. r enthält; beide fassen urgerm. ^brädi^
als verbalabstraktum auf, dem sie die bedeutung „Versprechung*^,
„Verlobung" beilegen; Torp zieht auch lit. marti braut, junge
frau, Schwiegertochter heran. Dagegen, dass sich die in urgem.
*brüdi- vorliegende konkrete bedeutung aus einer abstrakten
entwickelt haben kann, ist nichts einzuwenden. Trotzdem halte
ich diese etymologie für unbefriedigend, denn ai. brävUi und
seine komposita zeigen nirgends die bedeutung „versprechen",
„verloben" und ausserdem haben abulg. mhva tumultus, inhvüi
tumultuari, öech. mluva rede, tnluviti reden, klruss. mova spräche,
rede, movyty sprechen, reden, sagen, russ. molva gerücht^ mcl-
vüh sagen, sprechen, murmeln u. a., die von ai. brävUi nicht
getrennt werden dürfen, // die Torp-Ühlenbeck-Hirt'scbe etymo-
logie ist daher auch aus lautlichen gründen anfechtbar.
Endlich hat Wood (Mod. lang, notes XV, 96) urgerm.
*brüdi' mit kret. f^aQTig Jungfrau, lit. martl (nicht tnartis, wie
Wood angibt) zusammengestellt und diese vergleichung durch
hinweis auf das krimgot. marzus braut gestützt. Dieser deu-
tung kann ich nur zustimmen; Wood hat aber mit ihr nichts
neues geboten: brüßs ist ausser von Torp bereits von mir (lit
ctrbl. 1898, sp. 810) ohne kenntnis von Torp's teilweiser Prio-
rität mit lit. martl, gr. BQLt6-f4a^ig, fxsiQa^ knabe, mädchen,
lat marttua ehemann, ai. maryakd-s männchen zusammenge-
stellt worden und krimgot. marzus hat bereits Solmsen (KZ.
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Etymologien. 207
XXXV, 481 £f.) mit lit. marti, gr. BQito-fAaQvts verglichen.
Wenn ich hier nochmals auf die etymologie von urgerm. ^brüdi-
eingehe, so geschieht es einerseits, um die vergleich ang von
urgerm. *brüdi- mit lit. martl usw. näher zu begründen als es
a. a. o. geschehen konnte, andrerseits, um einige andre gleich-
bedeutende wöi'ter etymologisch zu behandeln.
Wie wol bekannt sein dürfte, hat 0. Schrader (o. XV, 130;
wiss. beil. z. jahresber. d. grossherz. gymn. zu Jena 1895, s. 58;
reallex. 955) zu lit. mart\ die germanischen benennungen des
marders (aisl. mprdr, ags. mearß, meard, ahd. mardar) gestellt.
Jedenfalls haben krimgot. marztis und urgerm. *brüdi' zu-
nächst ansprach, mit lit. marti verglichen zu werden, um so
mehr, da sich für aisl. mgrär usw. eine andre, sehr nahe
liegende etymologie bietet. Zunächst bemerke ich, dass ich,
abweichend von 0. Schrader (KZ. XXX, 462, o. XV, 128 f.),
gr. alilovQogy ai'XovQog^ wiesei mit gr. aioXog beweglich, schnell
und urgerm. '"'tciriUi' wiesei (ahd. wistda usw.) mit abulg. veseh
hilaris verbinde und ähnlich cymr. bele marder, ahd. büik bilch,
russ. biüca eichhörnchen mit got. ^bcUßs, adv. balßaba kühn,
dreist Das wiesei und der marder können sehr wol ihre be-
zeichnung von ihren flinken bewegungen bekommen haben und
so lassen sich die germ. Wörter für marder an die idg. w. mer
flimmern, schimmern (gr. fiaQfiaigw) anknüpfen; die der bed.
„flimmern^S „schimmern" zu grande liegende allgemeinere be-
deutung „sich rasch bewegen^' liegt meiner meinung nach noch
in lat. mare, ir. muir, got. marei, abulg. morje meer, lit. mären
haff und in ai. marü wind, windgott vor, das man seit Leo
Meyer (KZ. V, 387) und Grassmann (KZ. XVI, 161 ft), der es
ebenfalls zu gr. fxaQfiaiQio zieht, mit lat. Mävors zusammen-
stellt, wogegen aber die quantität des a in Mo/dws einsprach
erhebt Es verhält sich aisl. m^är usw. : ai. marüt seiner be-
deutung nach ebenso wie gr. alikovoog, aiXovqog : gr. aUlogy
das ja zum namen des windgottes geworden ist
Was nun den weiteren etymologischen Zusammenhang von
urgerm. ^brüdi-, lit martl usw. betrifift, so hat Johansson
(GGA. 1890, s. 745 aum.) die Vermutung ausgesprochen, lit.
martl, kret. fjtaqxig bedeute die „integra'S ^intacta" und ge-
höre zu gr. oQvefifjg incolumis, integer. Weiter stellt Johansson
auch air. briihem richter hierher und begründet diese Zusam-
menstellung durch annähme einer bedeutung etwa „der unpar-
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208 Wiedemann
teiische^^; aber br- kann hier nicht anf idg. mr- zurückgdm,
sondern musB, wie cymr. bam, mbret. bam gericht« ir. bam
richter zeigen , auf idg. bhr- oder g^r- zurückgeführt werden,
wenngleich die etymologie dieser keltischen wörter noch zu
finden ist, denn zu gr. 9>^y gemüt, an das Bezzenberger (Fick
II \ 169) denkt, können sie, falls q>qr(» mit aisl. grtmr ahnung
zusammenhängt, wie ausser Bezzenberger auch £. Zupitza (Germ,
gutt. 97) annimmt, nach dem von Osthofif (IF. IV, 268 fif.) aus-
geführten nicht gestellt werden; ausserdem liegt qp^y auch
seiner ursprünglichen bed. „Zwerchfell'' w^en begrifflich zu
weit ab; näheres über q>^v im nächsten aufsatz. Aber nicht
nur die heranziehung von air. brühem, sondern auch die aii-
setzung der bedeutung „integra^S „intacta'' für lit martl, kret.
fia^ig kann ich nicht billigen. Das Ut. marti bezeichnet nicht
nur die braut und die Schwiegertochter, sondern auch die junge
frau bis zur geburt des ersten kindes und wir dürfen, da auch
urgerm. *brQSi- braut, Schwiegertochter, junge frau bedeutet,
annehmen, dass sowol das litauische als auch das germanische
wort ursprünglich „mannbares weih*' ohne rücksicht auf unbe-
rührtheit bedeutet hat; erst mit der geburt des ersten kindes
beginnt ein neuer abschnitt im leben des weibes. Die diesen
Wörtern zu gründe liegende wurzel kann keine derartige bedeu-
tung gehabt haben, dass von ihr nur bezeichnungen für weib-
liche Personen gebildet werden konnten, denn, wie man schon
lange erkannt hat — wer das zuerst ausgesprochen hat, kann
ich nicht feststellen — , stehn zu lit. martl, kret fiOQug und,
wie man nun hinzufügen darf, urgerm. *brüdi' in engstem Zu-
sammenhang ai. mdrya-B, junger mann, bes. bräutigam, junger
ehemann, maryakd-8 männchen, gr. fieifa^ knabe, mädchen,
fieiQaMW knabe, also wörter, die auch männliche wesen be-
zeichnen. Femer gehört hierher, wie ich aao. schon erwähnt
habe, lat. marUus ehemann ^) und auch den ersten teil des zu-
1) Zu dieser ansieht war ich anabhängig von Bartholomae (Stad.
z. idg. sprachgesob. II, 82) gekommen, habe aber später gefunden, dass
schon Weber (ESB. IV, 281) and Benfey (Sanscrit-engl. dict. 690) ma-
HtiM zu ai. märya-9 gezogen haben. Dass, wie Bartholomae annimmt,
auch lat. mulier weib hierher gehört, halte ich für sehr anwahrschein-
lich; denn mtUier mass seiner bedeutang wegen zu einer wurzel ge>
hören, von der keine Wörter zur bezeichnnng männlicher wesen stammen
können. Am besten lässt sich mit Benfey (Or. wrzUex. II, 277) muUer
zu lat. mul^ßo melke ziehen, nur muss man dann g in mulgere als wurzel-
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Etymologien. 209
sammengesetzten kret. Bfitd^fioftig möchte ich lieber hierher
ziehen als zu kret ßgitv' yXwv Hes., denn erstens passt die be*
nennung «, süsse Jungfrau'' für die keusche, herbe Artemis
schlecht und zweitens müsste es dann doch ^ BqiTV'iicLqtig
heissen; andrerseits steht nichts im weg, in BQuo-fiontig eine
ähnliche Zusammensetzung zu sehen wie in nhd. schdUcskneekt,
lindumrtn u. a. Auch ein ^jagd'' bedeutendes wort könnte in
ßgito- stecken; die etymologische Zusammengehörigkeit beider
glieder bliebe auch dann bestehn. Aus dem Keltischen hat
schon Diefenbach (Vergl. wörterb. d. got. spr. II, 50) cymr.
morwyny com. tnorain virgo» puella, ancilla herangezogen;
Stokes (Fick II ^ 211) fügt noch ir. moru in rnuir-moru see-
jungfer hinzu. Bildungen mit gutturalen suffixen oder wurzel-
erweiterungen liegen vor in den ebenfalls -schon bei Diefenbach
erwähnten cymr. bret. merch tochter, weih, com. myrgh tochter,
lit. mergäy pr. mergOy mergu mädchen; es ist nicht nötig, mit
Bezzenberger (Fick 11 ^, 211) die keltischen Wörter auf ein
idg. *merg9kä zurückzuführen, denn es kann sehr wol im Kel-
tischen ein suf&x idg. -kä-^ im Litauischen ein suffix idg. -gä-
oder -ghOr vorliegen; doch vgl. auch E. Zupitza (KZ. XXXVI,
237). Die litauischen Wörter stehn lautlich der sippe lit mir-
gUi flimmern (Leskien, abl. 337) sehr nahe und bestätigen da-
durch die herleitung der hier besprochenen wörter von einer
idg. w. mer schimmern ; in allen diesen Wörtern handelt es sich
ursprünglich um die bezeichnung erwachsener in der ersten
blute ihrer Jugend und daher ist für sie von der bedeutung
„strahlendes „leuchtend^' eben so gut auszugehen wie bei dem
oben s. 199) besprochenen ai. kanyd und bei ai. yö^ä mädchen,
junges weib zu idg. ^juvefi- (lat. juvenia usw.) jung : lat. juvo
erfreue, jücundus erfreulich. Dass es sich hier vorwiegend um
Wörter für weibliche personen handelt, ist nicht auffallend, da
ja vor allem an dem weibe Schönheit gepriesen wird. Aus
dieser ursprünglichen Sphäre hat sich die bedeutung nach zwei
verschiedenen richtungen hin entwickelt, einerseits bei lat marUus
erweiteruDg auffassen, was auch Persson (Wrzlerw. 62), ohne mulier zn
erwähnen, tut. Übrigens bleibt anoh zu erwägen, ob die lautgruppe
idg. 'igi' nicht lautgesetzlich zu lat. -i^- werden kann, da ja auch nach
einem vokal vor i im Lateinischen schwindet (Sommer, IF. XI, 88 ff.,
Solmsen, KZ. XXXVII, 23).
BeiUig« s. kund« d. Indg. »praebM. XXVII. 14
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310 Wieclemahti
zu der bedeutang „ehemann", andererseits, zum teil bei wörtem
mit deminutivsuffixen, zu der bedeutung „knabe, mädchen'^
Dieselbe bedeutungsentwicklong wie die hier besprochenen
Wörter zeigt alb. re neuvermählte, Schwiegertochter neben ri,
f. re jung, neu. G. Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 366) stellt
ri vermutungsweise zu alb. rü mache gross, übertreibe, erziehe,
wachse, pass. ritem wachse und weiter (s. 367) zu ai. rdhnäti
gedeiht, fördert, abulg. rasti wachsen ; doch hat diese zusammen-
stellang wenig für sich, denn der begriff „neu^' kann sich aus
dem begriff „wachsen" wol kaum entwickeln. Der bedeutung
besser gerecht wird daher die von Bugge (o. XVIII, 170) be-
fürwortete Zusammenstellung von alb. ri mit gr. vhg neu, jung
und seiner sippe, die schon Bopp (üb. d. alban. 541) und Stier
(KZ. XI, 248) vorgeschlagen haben; aber hier macht wieder
alb. r- für idg. n- Schwierigkeit, denn die von Stier und Bugge
beigebrachten beispiele für alb. r- «» idg. ff- sind alle sehr
zweifelhaft. Daher schlage ich vor alb. ri, dessen bedeutung
sich aus der bedeutung „schimmernd'S „leuchtend'^, „strahlend^'
entwickelt haben kann, zu lit. reglet sehen zu stellen, das
Strachan (o. XX, 27) und Bezzenberger (Fick II *, 230) mit
ir. rsil klar, rHaim offenbare verbinden, wogegen nichts einzu-
wenden ist ; mit Bezzenberger stelle ich auch ir. rose äuge hier-
her. Aus dem Albanischen ziehe ich noch re in der Verbin-
dung v€ re gebe acht, betrachte, beachte, merke auf hierher;
der bedeutung nach verhält es sich zu lit. reg'iti wie ahd. ahta
beachtung, aufinerken zu idg. w. ohf sehen. G. Meyer (aao. 362)
denkt an lat. gravis schwer.
An alb. re schliesse ich alb. nuse braut, neuvermählte,
Schwiegertochter, Schwägerin an. G. Meyer (o. VIII, 191), hat
nuse auf *nusjä zurückgeführt und zu ai. snu^ä, gr. wog^ lat
nürus, abulg. swickOf ahd. mur Schwiegertochter gestellt, diese
etymologie aber später (Etym. wb. d. alb. spr. 312) aufgegeben
und nuse für entlehnt aus lat. *nuptta (für nupta) angesehen.
Dagegen hat Pedersen (o. XIX, 295, IF. V, 34, KZ. XXXVI, 283)
die alte etymologie durch annähme einer dissimilation der beiden
idg. 8 zu halten gesucht. Gern mag man zugestehn, dass bei
annähme einer dissimilation der zurückführung von alb. nuse
auf idg. *8nusä keine lautlichen Schwierigkeiten entgegenstehn.
Aber trotzdem lässt sichlnt^e mit ai. snu^d usw. nicht in ety-
mologischen Zusammenhang bringen, und zwar seiner bedeutung
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Etymologien. 211
wegen. Denn während ai. snu^ä und die dazugehörigen Wörter
der übrigen idg. sprachen, so weit ich sehe, nur ganz verein-
zelt etwas anderes als „Schwiegertochter" bedeuten, stimmt nuse
in seinen bedeutungen genau zu urgerm. ^brüSi- und lit. marti;
wie letzteres muss es das mannbare weib bis zur geburt des
ersten kindes bezeichnet haben, wie sich aus alb. nuser^ zeit
Yon der hochzeit bis zur niederkunft ergibt. Wir müssen uns
also nach einer anderen etymologie für alb. nuse umsehen.
Bevor ich aber auf nuse eingehe, sei mir erlaubt, eine Vermu-
tung über die etymologie von ai. snusä usw. auszusprechen.
Man hat früher nicht daran anstoss genommen, die idg. Wörter
für Schwiegertochter in etymologischen Zusammenhang mit dem
idg. wort für söhn (ai. sanü-s usw.) zu bringen, wofür man
sich auf Schwab, söhnin, söhnerin berufen hat; diese ansieht
vertreten u. a. Schrader (Sprachvergl u. urgesch. * 542, reallex.
753), Delbrück (Verwandtschaftsn. 534 f.), Kluge (Etym. wb. «
350) und, wenn auch zweifelnd, Fick I ^, 150. Gegen diese
etymologie hat sich Bartholomae (Stud. z. idg. spraohgesch.
II, 31, anm. 5) erklärt, indem er mit Job. Schmidt (KZ.
XXV, 29) ^) annimmt, ü könne doch nicht ausfallen. Die alte
etymologie hat dann in Pedersen (o. XIX, 297 f.) einen Ver-
teidiger gefunden und man darf mit Pedersen die möglichkeit
offen lassen, dass ü unter umständen schwinden kann. Nun
haben wir aber zur bezeichnung der durch heirat entstandnen
Verwandtschaftsverhältnisse wörter, die ihrer etymologie nach
von dem begriff des bindens, festmachens ausgehn:
ai. jdm&ä, av. zämatar-, alb. dsndsr, dendsf, gr. ycLfjtßqoQy
lat. gener (volksetymologisch umgestaltet aus *geiner), lit.
zintas, abulg. z^ Schwiegersohn, ai. jämä Schwiegertochter,
jami'S verschwistert, gr. yafiio) heirate, lat. gemini (die ver-
bundenen =) Zwillinge; zu diesen Wörtern stelle ich ir. gemel,
cymr. gefgn fessel, gr. yevto fasste, vyys/nog- avXXaßi]^ aisl.
kimbeU bündel, ags. cimbing commissura; abulg. zwnq drücke,
das gewöhnlich zu gr. yiwo gestellt wird, gehört nicht hierher,
sondern eher zu lat. gemo seufze.
1) Job. Schmidt bringt zweifellos mit recht ai. Hr^ weib in ety-
mologischen Zusammenhang mit ai. sätu-s matterleib, irrt aber darin,
dass er weiter urgerm. ^sadi- saat heranzieht. Es unterliegt für mich
keinem zweifei, dass ä in aatU'S auf einen u-diphthong, idg. eu, öu oder
äu, zurückgeht und atUu-s etymologisch zu ai. suie («au^t), »uyaU {süyaii),
sdvati zeugt, gebiert gehört.
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212 Wiedemanti
ags. ädum, ahd. eidum Schwiegersohn gehört mit argerm.
*aißa- eid zu ahd. Swa gesetz, ehe; der diesen wörtem zu
gründe liegende begriff ist „festmachen", „binden'S die orsprüng-
Uche bedeutung des urgerm. "^aißa" „festmachung", „erhärtung'S
die des urgerm. *aiwö- „festsetzung", „vertrag**; wahrscheinlich
ist auch das zahlwort für „eins", idg. ^op-no-s^ ^oi-ko^s, verwandt
und bezeichnet ursprünglich das vereinigen mehrerer dinge zu
einem. Hingegen ist got. ai^ei mutter nicht hierher zu stellen.
gr. rcsv&sQog vater der frau wird allgemein zu gr. fcüa§jia
tau, seil, got, bindan binden usw. gestellt.
ai syald'8, abulg. iurh, äurim, iura bruder der frau, die
Hoffmann (o. XXI, 140 ff.) zusammengestellt hat, gehören weiter
zu ai. sjfü'ma band, riemen, zügel, naht, gr. vftijv hochzeitslied,
gott der ehe und zu ai. aivyaü näht und seiner sippe.
mhd. gatß gatte, got. gadiliggs vetter, verwandter zu ahd.
gaiaro gatter, nhd. guter (Kluge, Etym. wb. * lä5, will hierin
eine Zusammensetzung aus urgerm. ^ga-, ge- und urgerm. *dur-
tür sehen) und weiter zu ai. gadk" festhalten, festmachen.
com. dof Schwiegersohn : ir. däm gefolge, schar, gr. däiiog^
Srjfiog Volk, denen der begriff des zusammenfassens zu gründe
liegt; vgl. got. hansa (aus idg. ^konUsä) schar : got hintan &8sen.
lit. laigönas bruder der frau : lat ligo binde, wobei für
das litauische in rücksicht auf alb. Üid' binde (G. Meyer, o.
Vm, 186, Etym. wb. d. alb. spr. 245, Alb. stud. IH, 17) Ver-
mischung der gutturalreihen anzunehmen ist
Andre in betracht kommende verwandtschaftswörter sind
etymologisch dunkel; aber die hier genannten genügen, um es
gerechtfertigt erscheinen zu lassen, auch für ai. mu^d und
seine sippe von dem begriff des bindens, festmachens auszugehn
und es zu ai. mdva, snävd band, sehne, abulg. snov^ zettele,
gr. vi(a spinne, vcv^a, yevQov sehne zu stellen; mit wurzeler-
weiterndem labial gehört hierher auch abulg. snubiii verlangen,
lieben, in andern slav. sprachen auch verloben, wobei von der
grundbedeutung „die band wornach ausstrecken" auszugehn ist
(das straffwerden der sehnen ist hierbei das wesentliche; vgl.
dieselbe begrifisentwicklung bei nhd. sich sehnen : nhd. sehne ^).
1) E[ret8chmer (ans d. anomia 27 mit anm. 2) will aach lat mbo
heirate hierher ziehen und von lat. nübo Terhfille trennen, laaat dabei
aber ansser acht, dass nübo nur vom weibe gebraucht wird, abolg. tnu-'
lü% aber Tom mann ; andrerseits ist ja das verhallen der brant eine alte
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Etymologien. 213
Kehren wir nun nach dieser abschweifiing zu alb. nttse
zurück, 80 ist zunächst noch ein anknüpfungsversuch dieses
Wortes zu erwähnen. Kretschmer (aus der anomia 27 f.), der
an der Zusammenstellung von nuse mit ai. snu^d usw. festhält,
setzt nuse einem nur in der quantität der ersten silbe abwei-
chenden thrak. vvaä mit denselben bedeutungen wie gr. vvfignjj
TuieT], Ttaqd-ivog gleich und sieht das zugehörige maskulinum in
dem namen JtO'yvaoq^ den er als „Zeussohn*', „Zeusheld'' er-
klärt. Darin, dass mit dem kultus der Semele und des Dio>
nysos auch die namen beider gottheiten aus Thrakien heräber-
gekommen sind, hat Kretschmer vollkommen recht; aber mit
der deutung beider namen scheint auch er mir nicht das rechte
getro£Een zu haben. Ohne auf die bisherigen deutungen des
namens Jiowaog, die G. Meyer (Gr. gramm. * 381 f. anm.)
zusammengestellt hat, einzugehn, möchte ich hier eine neue
deutung versuchen, wobei ich voraussetze, dass der name thra-
kischen Ursprungs ist. Wie SefiiXt] meiner meinung nach nicht
zu thrak. ^efieixo erde (lat. hutnüis)^ sondern als „traube" zu
ahd. uo-quemilo racemus gehört, wobei ^-, d. h. z-, und ahd.
qu- auf idg. gv- zurfickgehn können <), so ist Jiovvaog (Ju-
indogermaDische sitte. Es darf daher unbedenklich nubo heirate mit
nübo TerhÜUe identifizirt werden, obgleich Kretschmer bei Stolz (Hist.
gramm. I, 302) und Brugmann (Grdr. I *, 764) zastimmang gefanden hat.
1) G. Meyer (Alb. stad. III, 61 anm. 2) bringt in ähnlicher weise
gr. aitog getreide, weizen, mehl, brod, nahrong in etymologischen Zu-
sammenhang mit got. hvaiisü weizen und mit diesem weiter zu got.
hveä», ai. fvetd-» weiss (idg. w. hffeid neben ^!f«tQ, wobei er lit. kvflty»
weizenkom, pl. kveetät weizen als germ. lehnwort betrachtet, wie es
anch Elnge (Etym. wb. * 420) tat. In rücksicht anf das bedeatongs-
Terh<nis von lit. kvHgs : hoihzäf^ das dem von lit. rugii roggenkem :
pl. rugiäf roggen n. ahnl. entspricht, halte ich lit. kv^fy», kvSezat für
einheimisch und stelle es mit got. hvaiUU zu abulg. whU\ blühe (idg. w.
kfieit : hffe%d)\ oTtos hingegen stelle ich, es ebenfalls als fremdwort auf-
fassend, zu abulg. mto fructus, bulg. IHto weizen, serb. Mäo getreide,
weizen, slov. 9Uo getreide, roggen, Sech. Jtöo roggen, osorb. Üto, nsorb.
iyto getreide, roggen, polab. zaiHi getreide, poln. iyio getreide, roggen,
klruss. iyio roggen, russ. IHto getreide, pr. yeits brod, gatdi» weizen ; die
bedeutung des pr. geäa spricht namentlich für meine erkl&rung von
aZtoi, das ja u. a. auch „brod" bedeutet; pr. gaidü darf von pr. geits
nicht getrennt werden, wie es z. b. bei Bemeker (Preuss. spr. 289) ge-
schieht. Was das lautverhältnis von gr. a- : litu-slav. g betri£ft, so liegt
entweder im Litu-slavischen yermischnng der gutturalreihen vor oder
das von Pedersen (KZ. XXXVI, 805 ff.) für das Albanesische naohge-
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214 Wiedemann
vvaog, Jeovijaog) abgeleitet yon thrak. *Ji6vä (^Jisvä^ ^Jeoya)^
das etymologisch zu gr. Qvwvtj, einem namen der Semele, und
weiter zu der in gr. dvu) stürme daher, rase, opfere steckenden
Wurzel gehört und daher die „berauschende" bedeutet; Jicrv-
aog fasse ich als ein von ^ Jiovä mit dem suffix idg. -utja^
(vgl. lit. -^tis) gebildetes deminutiv oder, was ja dasselbe ist,
metronymikon auf und führe zur stütze dieser ansieht den rho-
dischen namen des gottes, &vwvidag, das ja unverkennbares
metronymikon von Qtmvrj ist, ferner Qviovevg = spross der
Gvunnj und den päonischen namen des Dionysos, JvaXog, an.
Der fremde name ist dann in einigen griechischen dialekten in
volksetymologischen Zusammenhang mit Zeig gebracht und zu
^Jiog-vwog umgestaltet worden. Ob -a- in Jiovvaog erst auf
griechischem boden aus -ti- entstanden oder schon im thraki-
schen -ti- zu -s- geworden ist (im Albanischen, dem ja das
thrakische nahe steht, wird nachtoniges idg. -^i- zu s-; 6. Meyer,
Alb. stud. III, 25) ist gleichgiltig; wichtiger ist, dass die Grrie-
chen, nachdem sie im namen Jiovvaog den namen des Zevg
enthalten glaubten, das ursprüngUche *- vvaog mit anlehnung an
Nvaa in -vvaog umgestalteten. Ist meine erklärung von /fio-
vvaog richtig, so findet alb. nuse an -vvoog keinen anhält ; hin-
gegen wäre etymologischer Zusammenhang mit gr. Nvaa^ lat.
niUrio nähre möglich, wenn man für Nvaa, nfUrio von dem
begriff „strotzen'' ausgeht; vgl. z. b. fries. fämne raädchen,
magd, ags. fcßtnne Jungfrau, Jungverheiratete frau, die Joh.Schmidt
(Sonantenth. 105) mit recht zur sippe von lit. pencu milch
zieht. Aber meiner meinung nach liegt es doch näher, wie für
lit marti, urgerm. ^brüdi-, so auch für alb. nuse von dem be-
griff „schimmern^', „strahlen'', „glänzen'* auszugehn. Daher
führe ich alb. nuse auf idg. *nükä zurück und stelle es zu-
wiesene gesetz, dass die labiovelare vor palatalen vokalen palatalisirt
werden, gilt auch für die spräche, ans der oTrog entlehnt ist; ich halte
letzteres für wahrscheinlicher. — Anders wird ahd. uo-^iuemtio Ton
E. Zapitza (Germ. gntt. 83) beurteilt, der darin eine weiterbUdnng von
ahd. uo-quemo sprössling, nachkomme sieht, es also aagenscheinlich zu
got. qiman kommen steilen will; das halte ich für sehr unwahrschein-
lich. — Das phrygg. C^fjtiUv ßaQßagop avdQanodov. 4^vy€s Hes., das
Eretschmer mit anderen als „mensch" auffasst and zu lat. Aemo, hämo
mensch stellt, bedeatet meiner meinung nach von hause ans „gefesselter",
„gefangener" und gehört zunächst zu dem bereits oben (s. 211) er-
wähnten ir. getnel fesseL
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Etymologien. 215
nächst zu ir. nfUichor (— idg. ^neuTc-oro-s, bez. -orä) bräatigam,
braut und weiter mit Stokes (Fick II ^, 193) zu idg. *nevo8,
*nevijo$ neu, wozu ja auch gr. veaviag jüngling gehört; Stokes
sieht in -chor zweifelnd das gr. xoqtj mädchen, aber ich glaube
doch, dass sich alb. nuse zu idg. *nevos ebenso verhält wie ai.
yuva-gdrs jugendlich, lat. juvencus jung, junger stier, jüngling,
got. jugga jung : ai. yüvan jung; im Keltischen ist dann noch
ein r-suffix angetreten. Dass 8 in msse Vertreter eines idg. 1c
sein kann, wird durch das von Pedersen (KZ. XXXVI, 338)
aufgestellte lautgesetz gestützt; daher wird auch Pedersen, der
ja wiederholt für alb. nuse = ai. snu^i eingetreten ist, keine
lautlichen bedenken gegen meine erklärung von alb. nuse gel-
tend machen können.
Die bedeutung „mannbares mädchen'^ ist meiner meinung
nach die ursprüngliche des lat. uxor ehefrau, gattin gewesen,
vrie sich aus der redensart uxärem dücere in mätrimönium er-
gibt, die doch nur dann einen sinn haben kann, wenn sie be-
deutet „ein mannbares mädchen in die ehe fuhren*^; auch die
redensart tixöre exeisdere um die braut kommen spricht zu
gunsten meiner annähme. Ob die bei Plautus an zwei stellen
im cod. vet. überlieferte form mit anlautendem vo- gewährt hat
(Koch, n. Jahrb. CI, 283 flf., 685, Froehde, o. XIV, 95) oder
nicht (Brix. Plaut, trin. 111, Stolz, bist, gramm. 149, lat.
gramm. ' 79, anm. 11, Lindsay, lat spr. 6), ist für die etymo-
logie nur in sofern von belang, als durch voxor die bei den alten
grammatikern beliebte Zusammenstellung mit lat unguo (ungo)
salbe, die heute ausser Keller (Z. lat. sprachgescb. I, 18fif.)
ohnehin wol- kaum noch einen anhänger finden dürfte, und die
nicht gerade überzeugende Zusammenstellung mit ai. ücyati
findet gefallen, 6kas behagen, gefallen, gewohnter ort, wohn-
stätte, heimwesen (Fick, Vgl. wb. « 23, I * 7, 159, 360, o.
XIV, 79, XVIII, 138, Bugge, o. XIV, 76, Prellwitz, Et wb. d.
gr. spr. 227) widerlegt werden; denn unguo enthält überhaupt
kein idg. u- (ai. afij-, präs. andkli salbt usw.) und zu ai. ücyati
usw. lässt sich kein hochtoniges idg. vek-vok- nachweisen. So
bleiben denn von den bisherigen Zusammenstellungen nur die
von Pott (Etym. forsch. I \ 9) herrührende mit der sippe von
ai. vdhati fuhrt, fährt, zieht, fährt dahin, fliesst, weht, trägt,
führt heim, heiratet (diese etymologie billigt u. a. auch Del-
brück aao. 439) und die von AscoU (KZ. XIII, 157 ft) her-
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216 Wiedemann
rührende mit der sippe yod ai. txfyfi will, gebietet, yerlangt,
begehrt, hat gern lautlich möglich ^). Aber auch hier bieten
sich grosse Schwierigkeiten. Gehört uosor zu vehere, so könnte
es seinem suffix nach eher „führer" — bräutigam, als „ge-
führte" = braut bedeuten. Diese Schwierigkeit sucht Delbrück
aao. durch die annähme zu umgehn, uxar beruhe auf einem
*vexa = vecta und verdanke sein suffix dem einfluss von 9oror;
aber zur ansetzung eines *vexa berechtigt uns nichts, denn das
part. pass. lautet eben vectus und es gibt ausser tentus neben
tensus, die aber nicht als stütze von *vextM benutzt werden
dürfen (tenttM = gr. Tcrrog, ai. tatd-s, tensus aus ^tend-to-s)^
kein beispiel für -so- neben -to-. Auch bei Ascoli's etymologie
macht das -s- Schwierigkeiten. Oehn wir aber für uxor von
der bedeutung „mannbares mädchen" aus, so lässt es sich ohne
das geringste lautliche bedenken zunächst an ai. ükfaii wächst
und weiter an dessen sippe anschliessen, woran schon Leo Meyer
(Vgl. gramm. I • 808), aber mit annähme einer andern be-
deutungsentwicklung, gedacht hat; auch Froehde aao. vertritt
Leo Meyer's ansieht. Zu uxor gehören etymologisch wol auch
die keltischen Wörter com. gtdiU, bret. gouhez Schwiegertochter,
die auf idg. *veks- zurückgeführt werden können.
Die bedeutungen „braut**, ,Junge frau", „Schwiegertochter"
vereinigt auch abulg. nev^a und die ihm entsprechenden werter
der übrigen sla vischen sprachen; dass auch hier von der be-
deutung „mannbares mädchen" auszugehn ist, zeigt russ. nev6sta,
das diese bedeutungen neben den erwähnten hat, dann aber
auch „alte Jungfer" bedeutet Es ist daher nicht möglich, mit
Prusfk (KZ. XXXm, 160 flf.) slav. nevSsta aus *nev(hvSsta zu
erklären und darin eine Zusammensetzung aus *nevo = novo-
1) Schrader (Sprachvergl. u. argesoh. ' 544, reallex. 166, 752) wiU
lat. uxar zu lit. ü'bkvib vater der frau stellen und lat. u-, Ht. A- auf idg.
ö- zurückfahren, indem er sich auf lat. /tir : gr. (pnaQ dieb beruft; an
der zuletzt angeführten stelle fugt er zweifelnd auch ags. de Stiefvater
hinzu, das von Kluge (Festgr. an Böhtlingk 61) wol richtig zu ü'noi*
gestellt worden ist; lat. ü = idg. ö zu setzen, sind wir aber nicht so
ohne weiteres berechtigt und ausserdem lässt sich die Quantität des u
in uxar nicht feststellen. Lautlich einwandfrei wäre die Zusammen-
stellung Schrader's nur dann, wenn sowol lat. u als auch lit. ü u-vokale
wären, wogegen ags. öe nur dann sprechen würde, wenn man nrgerm.
ö aus idg. du oder au nicht gelten lassen will. Mich hindert aber die
bedeutung, lat. uxar mit lit. ü*nvit, ags. öe zusammenzustellen.
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Etymologien. 217
neu und ^vesta die heimgeführte : abnlg. vedq fahre, zu sehen,
obgleich Joh. Schmidt (Sonantenth. 96) diese erklärung gebilligt
hat. Die ?on Pnisik für litu-slav. e — v beigebrachten beispiele
sind alle zum beweis seiner annähme nicht zu gebrauchen,
denn es handelt sich um Wörter, die entweder Tolksetymologisch
beeinflusst sind (wie z. b. serb. devesüj neben nevesilj huflattich),
oder um wörter, die sich anders besser erklären lassen (wie z. b.
lit. devyni, abulg. dev^th neun aus litu-sla?. ndv-, verf., handb.
d. lit. spr. 27); auch Zubat^ (Archiv f. slav. phil. XVI, 405)
hält die annähme Prasik's für unglaublich. Recht hat Prusfk
nur darin, dass er, wie es auch schon andre vor ihm getan
haben, abulg. vino mitgift, für verwandt hält. Letzteres geht,
wie wol allgemein anerkannt wird, mit lat. vSnum kaufpreis
auf idg. *vHhnom oder *vSdnom (vgl. gr. eedva, ?dm brautge-
schenke) zurück. Da slav. vSno ursprünglich den für braut
gezahlten kaufpreis bedeutete, so liegt nichts näher als ne-v^ta
als „(noch) nicht verkaufte^', „(noch) nicht verheiratete*' zu
fassen, wie das auch Zubat^ (aao. 407) tut, der aber ai. vin-
ddti findet, erwirbt, heiratet, vetta gatte vergleicht. Ausserhalb
des Slavischen stehn begrifflich am nächsten ai. vadka's braut,
junges eheweib, lit. vadü'ti auslösen, got. gohtcadjan verloben,
tcadi pfand, handgeld, lat. vas bürge. Verwandtschaft mit lit.
vedü, abulg. vedq führe ist zwar anzuerkennen, doch liegen
diese Wörter begrififlich femer; wir dürfen wol eine idg. w. v^h :
vM mit der grundbedeutung „fest machen^^ annehmen, woraus
sich einerseits die bedeutung „an der band fassen*', „führen'\
andrerseits die bedeutung „festsetzen'^ „einen vertrag schliessen'S
„bürgen'* entwickelt hat Von sonstigen idg. Wörtern für „ehe-
frau*' bespreche ich noch ai. dards pl. m., über das zuletzt
Johansson (IF. III, 224 flf.) und Bradke (IF. IV, 85 ff.) gehan-
delt haben; ältere literatur über därds hat Johansson s. 225
angeführt. Beide nehmen für därds die bedeutungsentwicklung
„haus", „familie'S „hausfrau** an, indem sie sich auf ai. grhas
pl. m. das dieselben bedeutungen hat, berufen; beide ziehen
das griechische heran, Johansson öovXog' ^ oixia^ i] rijy irtl
to avTO awelsvaiv tuiv yvvaixdjy Hes. und öovXog^ dor. ödiXog
Sklave, Bradke ödfjiaQ gattin. Johansson stimmt im wesent-
lichen mit Legerlotz (Etymol. Studien, progr. Salzwedel 1882)
tiberein, wo eingehend über doiXog gehandelt wird. Dass dovlog'
fi oiula und dovkog sklave identisch sind und weiter zu ai. da-
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äl8 Wiedemann
rd-s das 7. astrologische haus gehören, darf man Johansson
UDbedenklich zugeben, wenngleich meiner meinung nach das
begriffsverhältnis von „haus" und „sklave" von Legerlotz und
Johansson verkannt ist; wir haben es mit derselben würzet zu
tun, die z. b. in gr. dvvafiai bin stark, kann steckt, und Sovlog-
^ oiyua bedeutet, wie z. b. gr. öofiog „das feste" (vgl. gall.
dünum, aisl. tun, die auch Johansson s. 232 anfuhrt), dovlog
Sklave aber „zimmerer'S „arbeiter''; weitere verwandte hat Lo-
rentz (IF. V, 342 f.), der ebenfalls für Sovlog sklave von der
bedeutung „arbeiter" ausgeht, zusammengestellt, insbesondere
got. taujan machen, aisl. ags. töl Werkzeug. Auch Legerlotz,
der allerdings auch manches nicht hierher gehörige heranzieht,
hat Sovlog schon zu got. taujan gezogen; das bedeutungsver-
hältnis von gr. Sofiog haus : Sfidg sklave beurteile ich ebenso.
Dass Johansson's erklärung des ai. daräs nicht das richtige
tri£ft, beweist meiner meinung nach der umstand, dass aL da*
raka-s nicht nur „knabe", „söhn'* bedeutet, sondern auch „tier-
junges"; es ist also für ai. daraka-s von der bedeutung „Säug-
ling" auszugehn (vgl. lat. fiUus söhn, ftUa tochter — lett däe
saugendes kalb oder lamm zu lett. dEju sauge). Da man sich
wol schwerlich dazu entschliessen wird, ai. däraka-s und ai.
därikä, darakS mädchen, tochter von däräs zu trennen, kann
letzteres nur als „säugend" gefasst werden; die plurale form
ist eben so zu erklären wie bei Johansson's etymologie. Wie
ai. dards das 7. astrologische haus und gr. Swlogy Sovlog von
Johansson richtig auf eine idg. w. däu zurückgeführt werden,
so liegt auch dem ai. dära- saugend, säugend eine idg. w. däu,
d&i oder döu zu gründe; zu ai. dära- gehört, mit andrer ab-
lautstufe, nhd. zullen saugen, dessen Ursprung Kluge (EtymoL
wb. ^ 439) als dunkel bezeichnet.
Im anschluss an die bisher besprochenen verwandtschafts-
wörter, bespreche ich hier noch einige andre, die ich etymolo-
gisch anders erkläre als allgemein üblich ist, ohne auf die bis-
herigen etymologien näher einzugehn, als es zur begründung
der von mir vertretenen ansichten nötig ist.
Mann. Wie idg. * vires (ai. vlrds, av. virö, lat. riV, ir. fer,
got. wair, lit. vyras) bezeichnet auch ai. püman den mann als
den starken; begrififlich am nächsten stehen £ech. pevny fest
(weitere slav. verwandte bei Miklosich, Etymol. wb. 269); ganz
anders, aber schwerlich richtig, über diese slavische sippe Zu-
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Etymologien. 219
bat^ (Archiv f. slay. philol. XVI, 408 f.). Auch alb. buf, bufe
mann, ehemann bedeutet ursprünglich ,>8tark*S denn es gehört
nicht, wie 6. Meyer (Etymol. wb. d. alb. spr. öö, Alb. stad.
m, 74) will, zu ahd. bür haus, kammer, sondern mit ahd. baro
mann zu gr. (pigteQog stärker, tapferer, vortrefflicher; ich führe
buf auf idg. *bhemo8 zurück, denn der idg. rednzirte vokal
erscheint auch sonst im Albanischen als u. Ob mit O. Meyer
auch alb. mbuf lobe, mbufem prahle, bin stolz hierher zu stellen
ist, lässt sich nicht entscheiden, da alb. b nach anlautendem
m auch idg. p vertreten kann und in diesem fall die bei Mi-
klosich (aao. 268 unter päch-) behandelte sippe begrifflich sehr
nahe stünde; -ch- ist Wurzelerweiterung; alb. f wäre in diesem
fall suffixal. — Falls für got. c^ ehemann von der bedeutung
„mann*' auszugehn ist, und dafür spricht die bedeutungsent-
vncklung bei got. qens ehefrau — ai. -jäni-s weib, gehört es
zunächst zu got abrs stark, heftig; näheres über aha, abrs in
einem anderen Zusammenhang. Über got guma s. o. s. 203.
Weib. Von den wörtem dieser bedeutung erwähne ich
nur aisl. vif, ags. as. wif, ahd. wtp, das mit recht zu ahd.
weibön schwanken, unstet sein, ai. f>ip<xt€^ vepati regt sich,
zittert gestellt wird, nur möchte ich nicht mit Kluge (Etym.
wb. * 417) an die in ai. vipra-s erregt, begeistert, dichter,
priester und andern altindischen Wörtern dieser sippe hervor-
tretende auf das geistige übertragene bedeutung, sondern un-
mittelbar an die des ahd. tpeibön anknüpfen; urgerm. *trzfta-
bezeichnet also das weib nach dem mehr oder minder wiegen-
den gang; die übertragene bedeutung „erregt sein" ist» so weit
ich sehe, ausschliesslich indisch.
Mutter. Das idg. ^mater- (ai. tnätä, av. mäta, arm. mair,
gr. fiijtfjQ, dor. f^aTfiQj lat. tnäter, ir. tnäthir^ aisl. möder, abulg.
mati; lit mötSj mote eheweib, weib, alb. motre Schwester haben
eine andre bedeutung angenommen) wird gewöhnlich (so z. b.
auch bei Delbrück aao. 384) zu ai. mdti, mimati misst und
entweder als „bildende** oder „waltende** gefasst; aber die in
ai. truUi, mimäti steckende wurzel lautet idg. m^, nicht mä
(vgl. abulg. m^a mass, lat mitior messe usw.), daher ist idg.
*tnater'^ falls es nicht mit Kretschmer (Einl. in d. gesch. d.
griech. spr. 353 ff.), dem Schrader (Reallex. 564) beistimmt, als
Umbildung eines lallworts aufzufassen ist, besser mit lat manus
band auf eine idg. w. ma : ma fassen zurückzuführen und als
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220 Wiedemann
„empfangend** zu fassen; allerdings kann lat. manus auch, wie
das gewöhnlich angenommen wird (so z. b. von VaniÖek, Etym.
wb. d. lat. spr. * 200) zur idg. w. tnS messen gehören» aber in
rücksicht auf got. handus : hinßan (s. o. s. 198) liegt es näher,
lat manus als „fassende** zu erklären. [S. o. XXVI, 308. Pr.]
Sohn. Über idg. ^sänu- (ai. sünü-s, av. hunu--, got. sunus,
lit süniis, abulg. stfm^y daneben mit anderem suffix gr. vlog^
vtvg^ könnte man zweifeln, ob es der „erzeugte** oder den
künftigen „erzeuger** bedeutet; Delbrück (aao. 453) und Schrader
(aao. 781) nehmen z. b. ersteres, Benfey (Griech. wrzUez. I, 410)
letzteres an. Wenn wir aber erwägen, dass neben idg. ^aänu-
der präsensstamm ai. sunti- (sundti presst aus, keltert), neben
gr. vio- der präsensstamm vo- : v«- (vsi es regnet) liegt, so
kann es nicht zweifelhaft sein, dass idg. *9Ünü, gr. vios den
künftigen erzeuger bezeichnet. Hingegen ist ai. stUd-s söhn
„der geborene*^ Letzteres ist auch die bedeutung des alb. bir^
das Pedersen (KZ. XXXIII, 541) zu aisl. burr stellt; zu dieser
ansieht war auch ich unabhängig von Pedersen gekommen, zu-
nächst an got baür denkend ; aber schon lange vor Pedersen
und mir hat Diefenbach (Vgl. wb. d. got spr. I, 261), wenn
auch nicht gerade got baür, so doch das wurzelverwandte got
bam kind, dem im suffix alb. bafs last (» idg. *bhoma) sehr
nahe steht, zu alb. bir gestellt; trotzdem bezeichnet Schrader
aao. letzteres als „dunkel**. — Als etymologisch dunkel gelten
arm. ustr und ordi. Während man früher (vgl. die bei Lagarde,
Arm. stud. 120 verzeichnete literatur) ordi zu Alpidrd^ söhn,
kind gestellt hat, hat neuerdings Bartholomae (Stud. z. idg.
sprachgesch. II, 33 anm. 2) versucht, uHr und ai. putrd-^ in
etymologischen Zusammenhang zu bringen, dabei aber auch
darauf hingewiesen, was dagegen spricht Mit grösserer Zuver-
sicht verbinde ich ustr mit ai. uk^d stier, cymr. yck, got auksa
ochse, ai. ukadti lässt träufeln, besprengt, und ohne das vmrzel
erweiternde s : gr. hyqog^ aisl. v^kr feucht u. a.; zu gründe
liegt dem arm. ustr ein idg. ^ukter-^ dessen volares k nach u
eben so durch arm. s vertreten ist wie bei arm. duslr tochter
aus idg. *dhukter' und arm. usanim lerne : abulg. vyknqti sich
gewöhnen (vgl. Hübschmann, Arm. gramm. I, 408, 440, 484).
Eine andre erklärung von ustr versucht Müller (MSL. VII, 162).
Was ordi betrifft, so hat Bugge (Beitr. z. etym. erläut d. arm.
spr. 28) es durch zurückführung auf ein idg. ^gatriö- mit lat
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Etymologien. ül
Uterus mutterleib, got. qtfror in lau&-qiprs leermagig zasammen-
bringen wollen; doch ein idg. ^goirid- hätte nach Bartholomae
(aao. anm. 1) *kori oder *kwr ergeben. Windischmann (D.
grundl. d. arm. im ar. sprachst. 38, 3) verbindet ardi mit gr.
noQtig kalb, junge kuh, doch stellt jetzt Bugge (aao. 9) mit
besserem recht zu letzterem arm. arf kalb; Hübschmann (aao.
483) hält diese Zusammenstellung für unsicher; aber über-
zeugend ist auch Windischmann's etymologie nicht. Da sich
arm. ardi auf idg. ^ardh-- zurückführen lässt, yerbinde ich es
mit mhd. nhd. art angeborene eigenschaft; allerdings kann das
i Yon art auch auf idg. t zurückgehn, aber auch in diesem fall
braucht art nicht von arm. ardi getrennt zu werden, denn im
Armenischen wird idg. -rt- lautgesetzlich zu -rd^ (Hübschmann,
aao. 408); weiterhin ist, da bei Zugrundelegung einer idg. w.
erdh : ordh das dh Wurzelerweiterung ist, die in ags. 2. sing.
eart, pl. earan, lit. yrä steckende idg. -w. er : ar sein (Job.
Schmidt^ KZ. XXV, 595) zu vergleichen; die konkrete grund-
bedeutung dieser idg. w. ^ : or ist wol „geboren werden '',
„seinen Ursprung nehmen*', denn auch lat. ariar erhebe mich,
entstehe, ardiar fange an, sind verwandt; auch abulg. radz ge-
Bchlecht, geburt, natur ziehe ich hierher, indem ich vorslavisohe
metathesis von idg. or- zu ra- annehme; schon Ebel (KSB.
I, 428) hat rad^ und art zusammengestellt Von art angeborne
eigentümlichkeit ist ahd. mhd. art ackerbau, ackerung (zu lat.
aro, gr. dgoio pflüge usw.) ganz zu trennen. Ist die hier ge-
gebne erklämng des arm. ordi richtig, so würde es „zum ge-
schlecht, zur familie gehörig*' bedeuten; dieselbe bedeutung hat
man ja auch für lat filius bei der lautlich unmöglichen Zu-
sammenstellung mit gr. qwki^j gwlov (Thumeysen o. XHI, 281
anm.) angenommen. — Im Keltischen haben wir air. tnaccy
cymr. mab, über die zuletzt E. Zupitza (KZ. XXXVI, 237) ge-
handelt hat, nachdem er schon früher (Germ. gutt. 65 f.) got
magus knabe, knecht dazu gestellt hatte; abweichend von
£. Zupitza führe ich air. macc auf idg. ^mahtds zurück, auf
das auch lat. magntM gross zurückgeht, dessen übliche Zusam-
menstellung mit arm. mec, alb. mad' (best fnaö'i)^ gr. fifyag^
fieyako-^ got. mikils gross des a wegen bedenklich ist; im suffix
entsprechen einander einerseits macc und lat. magnus^ andrer-
seits mab und got. magus. Über die weiter zugehörigen Wörter
handle ich weiter unten in einem besondem arükel.
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m WiedematiD
Tochter. Das idg. wort für tochter (ai. duhäd, ay. duy-
dar-, arm. dustr, gr. &vyäTfjQf got. daühtaVy lit. dulde, abulg.
dhäti) hat man von jeher in etymologischen Zusammenhang mit
ai. dögdhi melkt, milcht gebracht, dabei aber das wort teils als
„melkerin", teils als „säugend^', „nährend'S teils als „saugend''
erklärt Die erstgenannte au£fassung halte ich für die richtige;
das Objekt des melkens ist pdtitn (z. b. RV. I, 105, 2) ; wie bei
idg. *8änü- ist also auch hier die künftige geschlechtsfunktion
bezeichnet.
Bruder. Etymologisch unaufgeklärt ist bisher alb. vdij
vbü. Zwar hat G. Meyer (Alb. Stud. III, 36) es in der weise
mit idg. *bhräter- zusammenzubringen versucht, dass er darin
eine koseform sah, wie eine solche z. b. auch in lit. brölis yor-
liegt. Aber vi- bietet Schwierigkeiten, denn avul dunst, auf das
6. Meyer sich beruft, indem er letzteres zu der sippe von ai.
cAhrä'S trübes wetter, gewölk, luitraum, staub stellt, muss yon
dieser getrennt werden, da sie auf eine nasalirte wurzel (idg.
*einbh) zurückgeht, wie lat imber platzregen, air. imritn stürm
zeigen (Johansson, IF. IV, 139); ob Johansson (aao. anm. 1)
apui richtig mit gr. aslXa zusammenstellt, bleibt fraglich. Was
aber veiä anlangt, so hat G. Meyer (Etym. wb. 470) einen weg
gezeigt, der, wie mir scheint, zum ziel führt: er erinnert an
idg. Verwandtschaftsnamen mit anlautendem sve-. Hieran an-
knüpfend, stelle ich veid zu aisl. svili brother-in-law, pl. svüar
the husbands of two sisters; zu letzteren stellen Kluge (KZ.
XXVI, 86) und Hofi&nann (o XXI, 142) gr. eiXtaveg- oi . . .
ädehpag yijfiavreg ofioya/ißgoi ^ avyyafißQOi (Pollux IIl, 32);
doch bereiten andre gr. dialektformen lautliche Schwierigkeiten
(Meister, o. XVIII, 324 ff.), so dass diese griechischen Wörter
besser bei seite bleiben. Wenn wir annehmen dürfen, dass dem
urgerm. *8wüjan- ein wort für „Schwester*^ zu gründe liegt, so
wäre dies das dem alb. vM entsprechende femininum; doch
kann aisl. svili ursprünglich auch „bruder^* oder „vetter'^ be-
deutet haben (Schrader, Reallex. 754), was die heranziehung
des alb. vdd nur noch besser rechtfertigt. — Über gr. aivona"
aiyvTfvog s. o. s. 196 f. n.
Grosseltern. Die für die idg. Ursprache zu erschliessen-
den Stämme *avo- (arm. hav, lat. avm, aisl. ai, das aber „ur-
grossvater'* bedeutet), avä- (got. awo) die noch von Delbrück
(aao. 482) zu ai. dvati hat freude, tut sich gütlich, sättigt sich,
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Etymologien. 223
tut wol, tut gfitlich, sättigt, hat gern, wünscht, liebt, findet
gefallen, lässt sich angelegen sein, beachtet, begünstigt, fördert,
ermutigt, hilft, schützt gestellt werden, will Schrader (aao. 308)
davon trennen und von der bedeutung „die alten'', „die vor-
fahren'* ausgehn, wofür besonders abd. ano grossvater, ana, pr.
ane grossmutter, lit anyta Schwiegermutter, gr. dwig (Hes.)
grossmutter gegenüber lat. anus alte frau spricht Doch kann
sich Schrader nicht dazu entscbliessen, beide gruppen etymo-
logisch an die anklingenden präpositionen ai. ava von her, bez.
gr. dpa hinauf anzuschliessen, weil derartige bildungen von
präpositionalstämmen schwerlich analoga haben. Zu einem, wie
ich glaube, annehmbaren, ergebnis kommen wir aber, wenn wir
von den pronominalstämmen idg. *aP0' (av. apers. ava-^ abulg.
ov^ jener), bez. idg. ^ano- (ir. ano- er, lit o/ha jener, abulg.
am jener, er) ausgehn und annehmen, dass idg. *avO' : *avä-^
bez. idg. ^ano' : *anar die grosseltern als „entferntere" ver-
wandte, als „vorfahren" (vgl. arm. hav, nhd. ahnen) bezeichnen.
— Unaufgeklärt sind bisher alb. güi, güie. Zwar hat Bugge
(o. XVIII, 176) versucht, sie als lehnwörter aus lat. ^aviüsitm,
bez. ^aviüsia zu deuten; solche lateinische formen sind aber
wenig wahi*scheinlich, zumal wenn ^avüsiua, -ia bestanden
haben. Ich versuche die albanischen Wörter als einheimische
zu deuten. Da alb. tregü§ urgrossvater, ia^resfüi ururgross-
vater, peseguä urururgrossvater bedeutet, d. h. dritter, vierter,
fünfter vater, so darf man annehmen, dass güä, güäe ursprüng-
lich nicht die grosseltern, sondern die eitern bezeichnet haben
(vgl. alb. täte vater, das im südalb. auch „grossvater" bedeutet,
und lat parentes eitern, oder auch „grosseltern"); unter dieser
Voraussetzung lassen sich alb. güi, g'üäe auf idg. *8ü868, bez.
*9ü8d zurückfuhren und alb. güie stimmte dann in laut und
betonung (Pedersen, o. XIX, 29ö) genau zu ai. »ü^d (AV. I,
Hl 3) gebärende. — Unter den Wörtern, die eine generation
von vorfahren bezeichnen, verdient noch lat trUavus, das den
am weitesten zurück liegenden vorfahren, also den ahnherrn,
bezeichnet, beachtung. Neben tritavtis liegt das bei Festus 31
überlieferte stfitavtis, auf grund dessen Bury (Glass. rew. II, 43)
abulg. 8taf7> alt zum vergleich herangezogen hat. Ob das
richtig ist, mag dahingesteUt bleiben (Miklosich, Etym. wb. 320
stellt starb, das zunächst dem aisl. starr gross genau entspricht,
zu ai. sthird-s starr, fest), jedenfBdls aber ist von der form mit
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Üi Wiedemann
str- auszugehn und an diese klingt alb. iter- in itsrgüi or-
grossTater, ätergüie urgrossmutter u. a. bei G. Meyer (Etym.
wb. 416) verzeichnete wörtem 80 auffallend an, dass 6. Meyer's
Vermutung, letzteres sei aus ital. Hra- entlehnt, sehr unwahr-
scheinlich ist; (8)trü' und äter- gehören meiner meinung nach
zu lat. sUrps stamm, trabs balken, stamm und deren sippe,
(8)tr%taiu8 bedeutet also auch der etymologie nach „stamm-
yater'S „stamm ahn**; in dem 4- steckt ein suffix, doch könnte
man auch, was allerdings unwahrscheinlicher ist, an Übertragung
von ixt-, das zu lat. at-, abulg. oh» weg gehört, denken. Im
anlaut haben wir in striU neben trü- dasselbe Verhältnis wie
in stirps neben trabs. — Über av. nyäka-, vt/äks-, die man zu
ai. ni-aüccUi, ni-^icati biegt nieder, beugt sich gezogen und als
„gekrümmt** gedeutet hat, möchte ich nur bemerken, dass sie
lautlich eben so gut und begrifflich jedenfalls besser zu spätahd.
eninchüf enkel gezogen werden können, das ja etymologisch zu
ahd. ano ahn gehört, also zu einem wort, das in seiner bedeu-
tung zu av. nyaka- stimmt; dann wäre -ka- suffixal, das ä
enthielte die wurzel.
Enkel. Zu besprechen ist hier nur arm. forn, das bei
Delbrück (aao. 479) und Schrader (aao. 183) als „dunkeP* be-
zeichnet wird und bei Hübschmann fehlt. Lautlich einwandfrei
dürfte es wol sein, torn zu lit. tarnctö diener, ai. tarna^ kalb
zu stellen; die begriffe vermitteln ai. tdnma-s, gr. T^^i;y jung,
zart, osset. farin knabe, lat. tlrö rekrut, neuling, lehrling, das
trotz Solmsen (KZ. XXXIV, 2) von %iqrjiv und seiner sippe nicht
getrennt werden darf, wenngleich auch das l noch nicht befrie-
digend erklärt ist; wahrscheinUch liegt dem i zunächst I zu
gründe (vgl. z. b. falle wie lit skyrius unterschied : akiriü
scheide), keinesfalls aber ist l aus e entstanden und die frage
ist nur im Zusammenhang mit dem von Niedermann in seiner
dissertation „« u. % im Lateinischen** Darmstadt 1897) behan-
delten Problem, das übrigens Niedermann noch nicht gelöst hat,
zu entscheiden. Darnach dürfen wir für arm. forn von der
bedeutung „kind**, „söhn** ausgehn, wofür ir. aue, falls es auf
idg. *pavio8 (zu gr. Ttdßig, Ttaig usw.) und nicht, was doch
wol viel eher der fall ist, auf idg. *anio8 (zu lat. avus usw.)
zurückgeht, ein analogen bietet Da auch bei lit. tafnaa von
der bedeutung „kind** ausgegangen werden kann (vgl. ausser
anderen wörtem besonders lit birnas knecht : got. barn kind),
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Etymologien. 225
so ist es unnötig» mit Flensburg (Stud. a. d. geb. d. idg. wrzlbild.
I, 89, 99) für tafnas von der bedeutung ,^nk'' auszugehn.
Oheime und tauten, neffen und nichten. Unter den
hierher gehörenden wörtem bespreche ich zunächst das slavi-
sche wort für „bruder des vaters*' : abulg. stryjh. Delbrück
aao. 500 und Schrader aao. 595 wissen es nicht zu erklären;
Miklosich (Etym. wb. 327) vergleicht lit strujus greis, mit dem
man, ganz abgesehen davon, dass es offenbar slav. lehnwort ist,
nichts machen kann (vgl. Leskien bei Delbrück aao. 497
anm. 2). Da das abulg. wort erst aus jüngeren denkmälem
belegt ist, hindert uns nichts von einem älteren *gvtryjh auszu-
gehn; dann aber liegt hierin eine Zusammensetzung *9n»4ryjb
vor, deren erstes glied die präposition abulg. s^ (vgl. verwandt-
schaftsnamen wie gr. d-vBxfJwg^ lat. can-sobr^nua) ist, während
das zweite glied ir- aus idg. ptr- enthält und sich von ai.
pitrvya-s nur im vokalismus unterscheidet (vgl. die namen für
„vater*' mit idg. U, die Job. Schmidt, KZ. XXV, 34 aus idg.
pt' erklärt, wie mir scheint, mit recht). Für meine auffassung
dieses slavischen Wortes spricht auch obers. tryh, das s%- nicht
enthält. — Mit dem idg. wort für „vater^' hängt nach Grimm
(Wörterb. I, 1147) auch ahd. basa vaterschwester zusammen.
Auf grund dieser Vermutung hat Bugge (PBB. XIII, 175) ahd.
basa als eine koseform aus urgerm. ^fadurswist^r, ^faPurswesö
zu erklären versucht. Das halte ich für unwahrscheinUch, ob-
gleich Kluge (Etym. wb. * 33) und Schrader aao. 847 ebenfalls
etymologischen Zusammenhang mit ahd. fatar annehmen. Einen
weg zur etymologischen deutung des ahd. basa weist uns das
alb. mbesSf bess enkelin, nichte. Zwar meint 6. Meyer (Etym.
wb. 265) nAese, bese und basa seien nicht zusammenzubringen;
aber ich glaube, dass es doch möglich ist. Pedersen (o. XX,
232) hat alb. mbesB, bese auf idg. *nepotia zurückgeführt; das
halte ich für richtig, nur setze ich statt idg. ^nepotiä idg.
*n(e)potiä, ^mpoiiä an. Auf einer form idg. *nepot' oder
*nepöt^ also mit dem ton nicht auf der ersten silbe, beruht
meiner meinung nach nun auch ahd. basa, indem ich die reihe
urgerm. *nib^, *n(ißj-, *mbj., b— (auf die übrigen laute
kommt es nicht an) annehme. Das -o- ist wol durch einfluss
eines dem ags. faidu, afries. fethe vatersschwester entsprechenden
verlorenen worts zu erklären, falls man nicht neben idg. ^nepöf-
und ^nept' noch ein idg. *nepat- annehmen darf; das s ist
B«ttrige s. kmuie d. indg. ipiMliML. XX VU. X5
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226 Wiedemann
ist suffixal. Wenn mit £. Leamann (Festrgr. an Böhtlingk 77 f.)
idg. *nipöt' zu idg. ^paUr- yater zu stellen ist, was Delbrück
aao. 504, Bartholomae (Stud. z. idg. sprachgesch. U, 31 anm. 5)
und Fowler (Negatives of the indo-europ. lang. 3) allerdings
bezweifeln, hängt ahd. baaa etymologisch in der tat mit ahd.
fatar zusammen, wenn auch nicht so nahe, wie Bugge will;
doch halte auch ich Lenmann's etymologie nicht für über-
3. Got. hrusU und andre idg. benennungen der brüst.
Zu den etymologisch noch immer nicht befriedigend auf-
geklärten Wörtern gehört auch das gemeingermanische wort für
brüst: got. brusts, ahd. bnut, ndd. ndl. barst, daneben mit
andrem yokalismus aisl. brjöH, ags. brSost, afries. briiist, as.
briost. Früher hat man unser wort wol ziemlich allgemein zu
aisl. brjöta, ags. brSotan brechen, mhd. briegen hervorbrechen,
aufischwellen, knospen gestellt und auch as. brustian aufbrechen
herangezogen, also für st' in brusts entstehung aus idg. d + t
angenommen, so dass also als ursprüngliche bedeutung von
brusts „schwellend" anzusetzen wäre. Heute, wo wir wissen,
dass idg. dental -j- 1 za urgerm. -ss- wird (vgl. Noreen, argerm.
lautl. 190 ff. und die dort verzeichnete literatur), dürfen wir
brusts nur dann auf eine wurzel mit auslautendem urgerm. t
zurückführen, wenn wir annehmen, dass unserm wort zunächst
ein «-stamm zu gründe liegt (über derartige erweiterungen alter
«-Stämme vgl. Brugmann, IF. VI, 102 ff.; wo aber ahd. quist
verderben, Vernichtung sicher zu streichen ist); aber brusts,
das noch spuren konsonantischer flexion zeigt» macht durchaus
den eindruck eines primären nomens. Und was as. brustian
betrifft, so darf es nicht von as. ahd. brestan brechen, reissen,
bersten getrennt werden, sein u ist also nicht idg. u, worauf
das u in brüst, da es im ablaut zu i»-diphtongen steht, notwen-
dig zurückgeführt werden muss.
Noch bedenklicher als die Zusammenstellung von brusts mit
aisl. brjöta usw. und mit as. brustian ist in lautlicher beziehung
die von Bugge (PBB. XIII, 320 ff.) versuchte etymologie, der
zufolge brusts zu abulg. prbsi pl. tant brüst, ai. prstt-s, pdr-
(U'S, av. p^r^su-- rippe gehört. Gegen sie spricht 1) germ. b
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Etymologien. 227
= idg. jhf 2) der umstand, dass in got malkstm mit h yor st
nicht geschwunden ist, obgleich das wort isolirt steht, 3) der
in aisl. brjöst usw. Torliegende diphthong, den Bugge als sekundär
betrachten muss. Bugge's etymologie hat daher ausser Vercoullie
(Beknopt. etym. woordenb. d. nederl. taal ' 40) wol kaum einen
anhänger gefunden.
Bei Kluge (Etym. wb. « 60) und Schrader (Reallex. 466)
wird, wol infolge der andeutung bei Windiscb (KSB. VIII, 430),
brusts in etymologischen Zusammenhang mit ir. bruinne brüst
gebracht, wogegen an sich nichts einzuwenden wäre, denn ir.
bruinne kann auf urkelt. *brü8niä zurückgehn. Dass aber ir.
bruinne nicht auf diese form zurückgeführt werden darf, be-
weisen cymr. brynn coUis, so dass Stokes (Fick 11 ^, 184) für
alle diese Wörter eine keltische wurzel brend schwellen ansetzt;
weiter vergleicht Stokes die von mir (o. XIII, 310) mit einander
zusammengestellten gr. ßgivS'og stolz, ßgeif&voficu brüste mich,
lat. grandis gross, bedeutend, wozu Bezzenberger auch noch
das ebenfalls von mir verglichene abulg. gr(fdh brüst fügt. Doch
lässt sich nicht entscheiden, ob kelt. brend- &= idg. ^g^rendh-
oder, wie Stokes früher (o. IX, 88) angenommen hat und wie
auch K Zupitza (Germ. gutt. 129) annimmt, ob es — idg.
*bhrendh' ist. Zu gunsten der letzteren annähme scheint mir
der umstand zu sprechen, dass sonst zwei nicht benachbarte
Völker kein gemeinsames wort für „brust^* haben, was für die
slaven und kelten bei zurückführung von kelt. brend- auf idg.
g^rendh- der fall sein müsste. Für viel wahrscheinlicher halte
ich es aber, dass kelt. brond- auf idg. bhrend- zurückgeht (s. u.
8. 243).
EndUch hat Uhlenbeck (Eurzgef. etymol. wb. d. got. spr. >
32) u. a. die Vermutung ausgesprochen, bruBts bedeute „die
schwellende** und gehöre mit as. brustian knospen zu slov.,
serb. brst, klruss. broeth knospe und weiter zu den schon oben
erwähnten aisl. brjöta, ags. brSotan, mhd. briezen. Lautlich
könnte urgerm. brüst- sich mit urslav. *brbst', worauf die ge-
nannten slav. Wörter zurückgehn, decken, aber nur unter der
Voraussetzung, dass beide auf ein idg. *bhrust' zurückgehn.
Da jedoch slav. -8^- auch auf dental + ^ zurückgehn kann,
wird man diese im Slavischen isolirt stehenden Wörter von aisl.
brjöta usw. wol kaum trennen dürfen und as. brustian enthält,
wie wir oben gesehen haben, kein idg. u. Weiter erwähnt
16*
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228 Wiedemanü
Uhlenbeck als möglicherweise verwandt auch noch ags. brymn
brechen, air. Z^ütm zerschlage, zerschmettern; aber diese liegen
in der bedeutung doch zu weit yon brusts ab, denn es tritt bei
dieser sippe, zu der auch ahd. brösma, andd« brösmo brosam,
krume, bröcklein gehört, nur der begriff des zerbrechens hervor.
So bleibt also eine etymologie für brusts noch zu suchen.
Sehen wir uns zunächst in den germanischen sprachen um,
so könnten nach laut und bedeutung in betracht kommen aisl.
brjösk knorpel, mhd. bmsche, nhd« bratische beule (dazu nhd.
dial. brauschy Gebhardt, PBB. XXIV, 409 ff., wo mit recht
franz. brusque frech als germ. lehn wort aufgefasst wird), die
schon von Diefenbach (Vergl. wb. d. got. spr. I, 331) und
Bezzenberger (o. II, 191) zu brusts gestellt sind; ferner sind
zu nennen nhd. dial. brües, dazu das demin. nhd. bröschtn
brustdrüse der tiere, engl, brisket tierbrust, die ebenfalls schon
Diefenbach aao. erwähnt hat. Alle diese Wörter lassen sich
auf eine idg. w. bhretis schwellen zurückführen; aber eben so
gut können sie vor s ein t eingebüsst haben und gehören dann
zu der sippe von aisl. brjöta, in welchem fall brusts von ihnen
getrennt werden muss.
Von den bei Diefenbach aao. genannten Wörtern, die er
nebst brusts gern zu der sippe des got. bairan tragen ziehen
möchte, gehören, was ja heute selbstverständlich ist, nicht hier-
her die unter d angeführten Wörter aisl. bringa brüst, schwed.
bringa, dän. bringe brüst, bruststück grosser tiere. Wenn ich
dennoch diese Wörter hier erwähne, so geschieht es, weil ich
glaube, sie befriedigend erklären zu können. E. Zupitza (Germ,
gutt. 129) stellt aisl. bringa zu lit brlnkti quellen, schwellen,
brankä anschwellen, brankszöti emporstarren, russ. nahrjcücnui
anschwellen, gr. ß^dusTov' nXfjd'og, ßgoTTsiv nXrjdvvuv Hes.
An und für sich lässt sich gegen diese Zusammenstellung nichts
einwenden; aber zunächst verdienen doch wol andre Wörter,
und zwar aus den germanischen sprachen, berücksichtigung, da
sie lautlich dem aisl. bringa sehr nahe stehn: got briggan, ags.
bringan, ahd. bringan, as. brengian bringen, die E. Zupitza
(aao. 209) mit Stokes (Fick 11 S 186) zu cymr. he-brwng de-
ducere, com. hem-bronk deducet stellt; femer ist zu nennen:
aisl. at brpngo (Hamdismal 20) klemme, das Falk (Akad. afhdl.
til. S. Bugge 13 f.) mit norw. dial. brank bruch, schaden,
branka beschädigen, brechen, verrenken, zerren, brankutt abge-
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Etymologien. 229
tragen, abgestossen, zernagt (deren -fiA;- auf älterem -ng- be-
ruht) zu ai. bhrqgas fall, yerlust stellt, womit er nach dem
Vorgang andrer ir. brec lüge verbindet; nach Bugge (Eddaaus-
gabe 320) gehören zu hr^go : nisl. hrang lärm, tumult, schwed.
dial. bränga gewaltsam andringen, wozu E. Zupitza (aao. 188)
noch engl, to brangle streiten, zanken fügt, in dem er die be-
deutung durch hinweis auf engl, to faU out zu vermitteln sucht.
Letztere annähme ist, ganz abgesehen davon, dass ai. hhrqga^
nach ausweis des part. -bhr^fa-s keinen wurzelhaften nasal
enthält, also aus der reihe der hier genannten Wörter auszu-
scheiden ist 1), nicht nötig, wie lat. pugno kämpfe : gr. Trvxi-
vog nvyivog dicht gedrängt, alb. pud- küsse (eig. umarme),
pu&t6A presse, umarme (O. Meyer, Etym. wb. d. alb. spr. 356)
zeigt. Von der bedeutung „fest umschliessen*' lassen sich alle
in den genannten wörtem der germanischen sprachen auf-
tretenden bedeutungen ableiten, wie z. b. got. preihan drängen,
lit. trefikti heftig stossen, lat. truticus cymr. trüch verstümmelt
mit derselben bedeutungsentwicklung zeigen. Dass auch für
aisl. bringa brüst von der bedeutung „fest amschliessen*' aus-
zugehn ist, zeigt das schwed. bringa, das die variarum rerum
vocabula mit „thorax" übersetzen; mit „thorax" ist doch wol
,,brustkorb'' gemeint. Darnach darf man annehmen, dass die
bedeutung „brusf' bei aisl. bringa sich aus der bedeutung
„rippe'^ entwickelt hat, wie das ja bei abulg. prtsi gegenüber
ai. pdrgU'S der fall ist. Etymologisch gehören zu den zwei
letzteren wörtem pr. pirstenj lit. pirsztas, abulg. prbsth finger,
was auch schon bei Grimm (Dtsch. wb. 11, 443 s. v. brüst) an-
genommen wird, und so gehört auch aisl. bringa zu got. brig^
gan, wie schon Tamm (Etym. ordb. 59 s. v. 2 bringa) für mög-
1) Eben so gehört anch ir. hree nioht hierher, ganz abgesehen da-
von, dass seine bedeutung sich weder mit der des ai. brcfipa-s, noch mit
der des aisl. br^ngo vereinigen lässt ; ich stelle hr&c zu aisl. kringla kreis
aus idg. ^gUrefii-, daneben idg. *g9frenk' in lit. gresiü drehe, engl, erank
krümmung, ahd. chrancholön straucheln, schwach werden, mhd. kranc
schwach, kraftlos, nichtig, gering, schlank; gr. ßgoxog, ßgox^s schlinge,
zu dem man kringla und gr^ü gewöhnlich stellt (s. z. b. £. Zupitza,
aao. 82), muss, da es keinen nasal enthält, fernbleiben. Mit Bezzen-
b erger (Fick II ^ 183) hrie zu ahd. krumh krumm zu stellen, verbietet
der germanische labial; begrifflich ist diese Zusammenstellung weit ein-
leuchtender als die mit ai. hkrc^chB^
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230 Wiedemann
lieh hält; nur dass die bedeutuDg ursprünglich ,, tragender
körperteil" oder „erhöhter, hervorstehender körperteil" gewesen
ist, wie Tamm annimmt, halte ich, wenn wir auf die ausser-
germanischen verwandten von got. briggan rüeksicht nehmen,
nicht für richtig. Über got. briggan hat ganz neuerdings Brug-
mann (IF. XU, 154 ff.) gehandelt Brugmann sieht in got.
briggan und in den p. (s. 228) und bei Fick II S 186 ange-
führten keltischen wörtem eine Verschmelzung der wurzeln idg.
bher und idg. eneh, enk, nek. Ist das richtig, so ist eine der-
artige Verschmelzung nicht auf die germanischen und keltischen
sprachen beschränkt, denn wir finden auch in andern idg.
sprachen wörter, die sich auf idg. w. bhrenk fest umschliessen
zurückführen lassen.
1. Die bei Diez (Etym. wb. d. roman. spr. ^ 63) und
Körting (Iiat.-roman. wb. > 163, no. 1544) unter branca zu-
sammengestellten romanischen Wörter, die zunächst auf lat.
branca pranke, pfote zurückgehn. Dies halte ich für entlehnt
aus einem gall. *branca s= idg. ^bhrenlca arm. Wenn Neu-
mann (Ztschr. f. rom. phil. V, 386) unter berufung auf nhd.
zweig : zwei die romanischen wörter auf ^bi-ramica zurück-
führt, hat er übersehen, dass die bedeutungsentwicklung arm:
zweig in ir. biss finger : aisl. kvidr zweig ein analogen hat;
auch in ableitungen wie ital. brancolare tappen tritt die ur-
sprüngliche bedeutung von roman. branca noch hervor. Im
Italischen würde die idg. w. bhrenJc als frinc- oder mit -g- statt
-c- als fring- erscheinen; vielleicht gehört daher lat. fringiUa
(fringuiUaJj fringiUus kleiner vogel hierher (zur bedeutungs-
entwicklung „klein^* aus „fest umschlossen^* vgl. gr. nvyfxaio^
eine faust gross : Ttvyfiij faust : TtvKivog TtvKPÖg dicht gedrängt
und die o. s. 229 genannten alb. wörter.) Die gewöhnUch
(z. b. bei Fick U », 175, Vaniöek, Etym. wb. d. lat. spr. « 191)
zu fringiUa gestellten wörter liegen, da sie keinen nasal halten,
etwas ab.
2. Das bei Miklosich (Etym. wb. 23) angeführte aruss.
bruena quaedam pars corporis, für das Sreznevskij (Materialy
dlja slovarja drevne-russkago jazyka 181) nur einen belog
bietet: pleäda ze i grudi ot^ strä'nago udarenija i otT» sabet-
nago i brusng jego bjacku sini jako i sukno. Da schultern und
brüst genannt sind, darf man vermuten, dass brusny einen be-
nachbarten körperteil bedeutet, und da liegt es denn sehr nahe,
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Etymologien. 231
die bedeutung ,,ann*^ anzunehmen und brusfta auf urslav.
*brq8na oder ^bf'qshna zurückzuführen.
3. Auf eine idg. w. bhrenh führe ich auch gr. ipQdaaw
(aus idg. ^bhrenkjo) umgebe, schliesse ein, verzäune, umfriedige,
versperre, verwahre zurück, das ja wol fast allgemein dem lat.
farcio stopfe voll gleichgesetzt wird. Doch bezweifeln Waltor
(KZ. Xn, 385) und Fick (Vergl. wb. I S 495) mit recht diese
Zusammenstellung. Wie ja allgemein anerkannt wird, hat far-
cio wurzelauslautendes idg. k», das die labialisation vor dem j
des präsenssuffixes eingebüsst hat. Erhalten ist der labialisirte
guttural in lat. frequens voll gestopft, zahlreich, reichlich, das
aber eine andre Stellung des r zeigt. Ich führe daher farcio,
frequens auf eine zweisilbige idg. w. bherektf zurück, zu der
auch das u in lit. bri^i einzwängen stimmt (vgl. Bezzenberger
o. XVII, 216). Eben so weist auf eine idg. w. bherektf das
alb. bark bauch, von dem mbars mache trächtig abgeleitet ist
(Pedersen, o. XX, 231, 238); doch möchte ich im gegensatz zu
Pedersen -ark- auf eine ältere form mit einem vokal zwischen
r- und k zurückfuhren ; der vokal ist geschwunden als die Wand-
lung von altem -rk' zu -f- schon abgeschlossen war. Über den
Wechsel zwischen alb. k » idg. k» und alb. 8 vgl. Pedersen,
EZ. XXXVI, 323. Die grundbedeutung dieser idg. w. bhereh* ist
„voll sein", „schwellen^S kaus. „voll stopfen". Hierher ziehe
ich auch die von W. Schulze (Quaest. ep. 168, anm. 2) zwei-
felnd zu got. ana-praggan bedrängen, von E. Zupitza (aao. 129),
wie erwähnt, zu aisl. bringa gestellten hesychischen ßgoxerov,
ßqavtuv^ die offenbar aus einer dem Albanischen nahestehenden
spräche entlehnt sind.
Die hier besprochene idg. w. bhrenk hat eine nebenform
mit wurzelauslautender media, die ausser in dem oben erwähnten
lat. fringiUa noch vorliegt in schwed. dial. brikka brüst, aisl.
brekka, ndd. brink hügel, engl, brink rand, ufer; nach E. Zu-
pitza (aao. 198) gehören diese wörter zur sippe von got. marka
grenze, was sehr unwahrscheinlich ist. — Die etymologische
Zusammengehörigkeit von gr. arigrov brüst, abulg. strana seite
und ahd. stirna stim lässt mich die Vermutung aussprechen,
dass zur idg. w. bhrenk auch lat frons stim gehört; front-
kann aus * fronet* entstanden sein. Dieselbe bedeutungsent-
wicklung, die ich hier für die idg. w. bhrenk angesetzt habe
(„fest umschliessen" : „tragen") zeigt auch gr. avayxri zwang :
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232 Wiedemann
heyneiv tragen ; es würde also von seilen der bedeutung nichts
im wege stehn, die von Brugmann für das Keltische und Ger-
manische angenommene Verschmelzung von idg. bher und idg.
enenJc in eine ältere periode zurückzuverlegen. Die frage ist
nur, ob wir berechtigt sind, für eine mit ausnähme des Litaui-
schen und Albanischen — das alb. wort, das allenfalls auf die
idg. w. bhrenk zurückgeführt werden könnte, glaube ich weiter
unten besser erklären zu können — in allen idg. sprachen
Europa's nachweisbare wurzel eine derartige Verschmelzung an-
zunehmen, oder ob es nicht besser ist, neben idg. bher und
idg. enenk noch ein idg. bhrenh anzusetzen. Das got. briggan,
das Brugmann (aao. 155) gegen ansetzung einer idg. w. bhrenk
geltend macht, kann doch kein ernst zu nehmendes hindemis
sein; ich sehe nicht ein, was uns hindern könnte, für got.
*breihan : briggan, ags. bringan, as., ahd. bringan : ags. bren-
S(e)an, as. brengian dasselbe Verhältnis anzunehmen wie es z. b.
got. ßreihan drängen : aisl. pryngwa drängen, ags. ßringan,
as. thringan, ahd. dringan dringen : mhd. drengen drängen
zeigen.
Von den Wörtern, die Diefenbach aao. aus anderen, nicht
germanischen sprachen heranzieht, verdienen ernstlich in er-
wägung gezogen zu werden alb. briAe rippe, abschüssiger boden,
anhöbe, küste und russ. brjucho bauch. Ersteres kann auf idg.
* bhrOsnjä zurückgeführt werden und würde dann wenigstens in
seinem wurzelhaften teil zu bmds stimmen; ich glaube aber
weiter unten aus den germanischen sprachen ein wort bei-
bringen zu können, mit dem sich alb. MAs auch im sufüx
deckt, so dass der wurzelvergleich von briiie mit brusls zu
gunsten einer wortgleichung aufgegeben werden muss. Was
russ. brjvuiho betrifift, so kann dessen -ch- zwar auf idg. -«- zu-
rückgehn, eben so gut aber auch auf idg. -ks-, d. h. volares
oder labiovelares h -^^ 8, und in diesem fall kann brjucho nicht
mit brtLsts zusammengestellt werden. Mit Sicherheit lässt sich
nur behaupten, dass russ. brjucho in etymologischem Zusammen-
hang mit ir. brü leib, bauch, cymr. bru venter, Uterus, ai.
bhrünä-s embryo steht ; zu gründe liegt eine idg. w. bhreu oder
bhreu schwellen, auf die jedoch die bei Fick II *, 187 unter
*bru und bei Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. aind. spr. 208
s. V. bhründs) sonst noch zusammengestellten Wörter nicht zu-
rückgehn. Diefenbach aao. hat bereits ir. brß und ai. bhrünA-s
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Etymologien. 233
erwähnt; Miklosich (Etym. wb. 22) läast die slayischen Wörter
unerklärt.
Auf ein idg. ^hhruzdh- will Pedersen (IF. V, 73) aiel. broddr
spitze, ags. brord Stachel, ir. brot Stachel, abulg. brezda frenum
zurückführen; wir brauchten nur noch neben idg. *bhruzdh-
ein idg. ^bhruzd- anzusetzen, um eine lautgruppe zu gewinnen,
mit der sich urgerm. *bni8t' auf's genaueste deckte. Leider
aber ist es schon der von Pedersen gar nicht erwähnten, von
abulg. brbzda aber schlechterdings nicht zu trennenden lit.
brlzgüas, pr. h-izgelan zügel wegen (von den offenbar dazu ge-
hörigen bei Joh. Schmidt, Vok. II, 464 verzeichneten Wörtern
schon ganz abgesehen) nicht möglich in abulg. brbzda ein idg.
*bhruzdh' zu sehen; ir. brot und urgerm. *bruzdaz sind schon
ihrer bedeutung wegen auf alle fälle von abulg. brtzda zu
trennen und haben aus dem Slavischen nur die sippe von abulg.
brazda furche zur seite.
Eine von lautlicher seite einwandfreie etymologie von brüste
hat Helten (50 bemerkgn. zum Grimmischen wörterb. 16 ff.)
vorgeschlagen: er stellt brusts zu ai. bhrü-s, gr. oq>qvgj lit.
bruvis, abulg. obrtvh, brhvty ags. brü^ ahd. prawa, bräwa, nhd.
braue, aisl. brün, nhd. augen-braune, indem er für letztere nicht,
wie das gewöhnlich geschieht, von der bedeutung „zucken^',
sondern von der bedeutung „gekrümmt, gebogen sein" ausgeht.
Ferner zieht Helten hierher: lit. brauna (Eurschat: briaunä)
rand, kiel, aisl. brün rand, brjösk knor^l, mhd. brüsche, nhd.
braiMche beule und hebt hervor, dass gt. 6(pQvg auch „hügel'^
und „rand'' bedeutet; bmsts bedeute also das „gewölbte'\ Wenn
wir von aisl. brjösk, mhd. brüsche, nhd. brausche, die ja immer-
hin „gewölbt*^ bedeutet haben können (eine viel einleuchtendere
etymologie dieser wörter ist oben s. 228 erwähnt), absehen, so
ist weder für die sippe von ai. bhru-s, noch für lit. briaunä,
aisl. brün von der bedeutung „gekrümmt, gebogen sein'' aus-
zugehn. Bei den Wörtern für „braue^' ist, wie man auf grund
des anlautenden vokals im Griechischen, Slavischen und Irani-
schen (npers. ebrüy osset. d. arfuk, t. ärfig) wol vermuten darf,
von idg. *obhrü- auszugehn, das dann als *obh'rü- zu erklären
ist, also gar kein wurzelhaftes idg. bhrü enthält (Osthoff, Mü.
IV, 217). Diese sippe kommt also für die etymologie von
brusts gar nicht in betracht. Eben so ist bei lit. briaunäy
aisl. brün nicht von der bedeutung „krumm**, sondern von der
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234 Wiedemann
bedeutung „spitz", „first", „kante" auszugehn, denn die darin
steckende idg. w. bhrü (ich setze die tieftonige form her, weil
sich die hochtonige nicht sicher feststellen lässt; vielleicht bhreu)
ist eine erweiterung der idg. w. hher spitz sein in aisl. barmr
kante (Persson, Wurzlerw. 287) gr. (faQÖo) pflüge, urslav. * boma,
serb. brana, russ. borona egge, lat. foräre, ahd. borön bohren
u. a.; daneben liegen die erweiterungen : 1) bher-dh in ai.
-bradhnch pfeil, abulg. brbdo hügel (Diefenbach, KZ. XVI, 221),
ahd. barta heil, bart spitze, lit. barzdä, abulg. brada hart; 2)
bher-8 in ai. bhrsH-s spitze, lat. fasttgium first, ir. barr schöpf,
gipfel, aisl. burst spitze, horste ; 3) bher-z-dh in ir. brot stachel,
aisl. bf'oddr spitze, abulg. brazda furche (Persson, aao. 19, 45,
85, 98, 286 f., der allerdings eben so wie andre die idg. w. bher
spitz sein von der idg. w. bher schneiden, hauen nicht scheidet;
meiner meinung nach sind es zwei verschiedne wurzeln, die sich
scharf scheiden lassen ; nur bei ahd. barta kann man zweifeln,
ob es seine benennung seiner kante oder des Schneidens wegen
hat). Zu der idg. w. bhrü spitz sein stelle ich auch lett brüds
(aus idg. *bhröudho8) dachfirst, das Persson (KZ. XXXIII, 292)
weniger überzeugend zu aisl. bratt, ags. brant steil zieht. Da-
gegen gehören die von Fick (KZ. XX, 178) zu aisl. brün ge-
stellten aisl. bryni Wetzstein, bryna wetzen, schleifen nicht hier-
her, auch nicht wie Tamm (Etym. ordb. 64) will, zu aisl. brünn^
ags., as., ahd. brün braun (eig. „glänzend"), sondern gehen auf
urgerm. *bruxn- — idg. ^bhruJcn- zurück und gehören zu
urslav. *bru8^ (— idg. *bhrauho8) in bulg., serb., slov., öech.,
osorb., nsorb., poln., klruss., russ. brt48 wetz-, Schleifstein zu
abulg. brbsnati wischen, streifen, abstreifen, brechen, das von
Pedersen (IF. V, 38) falsch beurteilt wird, s. u. s. 244.
Einen sicheren anhält zur etymologischen erklärung von
bru8t8 gewährt uns das Albanische. Gehn wir für brusts nicht
von der bedeutung „schwellen", sondern wie bei dem oben
(s. 228) besprochenen aisl. bringa von der bedeutung „fest um-
schliessen" aus, so dass also für brusts als ursprüngliche be-
deutung „rippen" anzusetzen wäre, und hierfür spricht der um-
stand, dass got. bru8t8 plurale tantum ist — , so steht nichts
im weg, got. bru8f8 in etymologischen Zusammenhang zu bringen
mit alb. bre8 (best, brez-i) gürtel, geschlecht, generation, brents
binde, mbreA gürte. G. Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 46 f.)
geht von einem alb. ^breno- *- *breunO' aus und vergleicht
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Etymologien. 235
got brunjo, aisL brynja, ahd. brunna brastbarniscb. 6. Meyer
hält demnach diese germanischen Wörter für erbwörter. Eben
80 Kluge (Etym. wb. « 60) und Tamm (aao. 64), die Verwandt-
schaft mit air. bruinne brüst für möglich halten. Das geht
aber nicht an, da das -nn- des irischen wertes, wie oben (s.
227) erwähnt, aus älterem -nd- assimilirt ist. Aber auch kel-
tisches lehnwort, wie 0. Schrader (Sprachvergl. u. urgesch.
s 336, Reallex. 612) und Stokes (Fick II S 184) annehmen,
kann urgerm. ^brunjän- nicht sein, da in diesem fall germ. -nn-
oder, falls das wort vor der assimilation von -nd' zu -nn" ent-
lehnt wäre, germ. -nd- zu erwarten wäre. Oder ist -n;- in
got. brunjo gleichzeitig mit -n;- in got. sunjia wahr aus urgerm.
'ndj-, -ndj' entstanden? Das Keltische dient uns also wol nicht
zur erklärung des urgerm. ^brunjän-, wol aber, wenn wir
urgerm. *brunjän'' mit Kluge, Tamm und 6. Meyer als erbwort
ansehen — und das dürfen wir wol unbedenklich tun — das
albanische. 6. Meyer war also auf der richtigen fährte, wenn
er urgerm. ^brunjan- zur auf hellung eines albanischen wertes
heranzog, nur steht dem urgerm. *brunjän- das dazu gehörende
Albanesische wort lautlich nicht so fem wie alb. bres, sondern
deckt sich mit ihm, wenn wir den germ. än-stamm auf einen
idg. ei-stamm zurückführen, was ja bei erbwörtem immer ge-
schehen muss, laut für laut. Urgerm. ^brunjän- führe ich auf
idg. *bhrenjä' zurück und nähme weiter an, dass idg. «n vor
folgendem vokal oder j durch alb. in vertreten wird (vgl. alb.
ir » idg. $r und alb. ü — idg. d in derselben Stellung Pe-
dersen, KZ. XXXIII, 541, verf., liter. ctrlbl. 1898, sp. 810); so
gelangen wir zu uralb. *brinjä, woraus alb. briM rippe, ab-
schüssiger boden, anhöbe, küste hervorgegangen ist. Allerdings
wird alb. briM (und das dazu gehörige alb. br^, best br\-ni,
Uf-ni rippe, seite) von G. Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 48,
alb. stud. III, 14, 31 f.) ganz anders erklärt: brin- für ♦jpmn-
=r= idg. *perJcn^ zu si. pärgu-s rippe, av. p9r9su- rippe, seite,
osset. fars seite, gegend, abulg. prhsi pl. t. brüst, lit. priszis
brüst beim pferde. Obgleich 0. Meyer kein weiteres beispiel
für alb. br» aus idg. pr- beibringt — denn in alb. breme neben
mbreme abend, dessen Zusammenstellung mit got. fram von . . .
her, von ... an, adv. weiter (G. Meyer, Etym. wb. 266, alb.
stud. III, 31) von 0. Meyer selbst nicht sehr zuversichtlich
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236 Wiedemann
vorgetragen wird *), wäre der wandel von idg. p zu b nur durch
das vorangehende m hervorgerufen — , hält er seine erklämng
von briAa doch für zweifellos. Trotzdem glaube ich eine bessere
etymologie von briiis gegeben zu haben, obgleich sie mit einem
von 6. Meyer (Alb. stud. III, 66) aufgestellten lautgesetz nicht
in einklang steht. 6. Meyer lehrt nämlich, dass idg. -nj- vor
vokalen zu -/- wird; ein idg. *bhrenja wäre also lautgesetzlich
*brije geworden; man darf wol unbedenklich annehmen, dass
durch einfluss des gleichbedeutenden brf das n vor dem schwand
bewahrt worden ist; vgl. jedoch Pedersen (KZ. XXXVII, 339),
der erhaltung des inlautenden -li- lehrt, so dass -n- in brins
lautgesetzlich wäre, was jedenfalls meiner erklärung vorzuziehen
wäre. Lässt sich somit meine gleichsetzung von alb. brlAe mit
urgerm. *brunjan- lautlich rechtfertigen, so steht ihr andrer-
seits auch von Seiten der bedeutung nichts im weg, wenn wir
für die in alb. bri'Ae und urgerm. *bnmjan- steckende idg. w.
bhren die bedeutung „umschliessen*^ ansetzen; die „rippen" sind
es ja, die die brüst gewissermassen umschliessen, und was
urgerm. *bruHJän betrifft, so dürfen wir, da die brünne ur-
sprünglich aus leder bestand, zunächst von der bedeutung
„leder", „feil", „haut" ausgehn, die weiter auf die bedeutung
„umschliessendes" zurückgeht. Elinen ähnlichen bedeutungs-
wandel haben wir bei der von Thumeysen (Hermann Osthoff
zum 14. aug. 1894, s. 5 ff.) behandelten idg. w. k(i§h, nur dass
wir hier keine Wörter mit der bedeutung „rippe" haben, und
ferner bei der sippe von ai. pdr^-s, worüber der nächste auf-
satz handelt. Indessen kann die bedeutung des urgerm. *brun^
jän- auch unmittelbar aus der bedeutung „umschliessend" her-
vorgegangen sein, wie z. b. gr. x^wqö^ brustharnisch, krug :
ai. dhäraka-s haltend, behälter zeigt. Zu alb. brine, urgerm.
*brufijän- stelle ich auch gr. q>QTJv^ pl. q>Qiveg, 6. Meyer
(Griech. gramm. > 337) bezeichnet q>Qijv als etymologisch dunkel;
die bisher gegebnen erklärungen hat er also nicht für befrie-
digend gehalten. Allgemein abgetan sind heute wol die Zu-
sammenstellungen von g)Qi]v mit ai. pränd-s hauch, atem, lebens-
hauch (Benfey, Wrzllex. I, 119, Bopp, Gloss. « 256 b, Pott,
Etym. forsch. « I, 543, II, 4, 3 f., Christ, Griech lautl. I, 119)
1) Eine, wie iofa hoffe, annehmbarere erklärung will ich in einem
weiter unten folgenden aafsatz geben.
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fitymologien. 237
und mit ai. plihd, gr. anXijv^ lat. lien iiiilz (Leo Meyer, KZ.
V, 374, VaBiöek, üriech.-lat. etymol. wb. 1190, Wharton, Etyma
graeca 131). Alle andren mir bekannten etymologieen des gr.
(pQ^v sind lautlich zum teil auch heute noch haltbar. Zunächst
die von Pott (Etym. forsch. I ^, 182) angedeutete, aber nicht
weiter begründete Zusammenstellung mit ai. ghräti, jighrcUi
riecht, für die namentlich das ebenfalls von Pott herangezogene
gr. ooipQaivofÄai rieche, wittre sprechen würde; später hat Pott,
wie oben erwähnt, Benfey's etymologie gebilligt. Sonne (KZ.
XII, 296), dem Ebeling (Lex. hom. II, 447) zustimmt, führt
q^Q'-ev- auf eine idg. w. bher (Sonne schreibt phar) umhegen,
einschränken, schirmen zurück, die er weiter in ags. bern, engl.
bran scheune, nhd. barn krippe, räum in der scheune zum auf-
bewahren der garben, engl, bar, nhd. barre schranke, riegel
sieht; auch gr. q>Qdaa(Of das er auf eine idg. w. bher-g (er
schreibt pharg) zurückfuhrt, stellt er hierher, desgleichen engl.
brim, nhd. bram rand, nhd. braue. Brugmann (Curtius' stud.
IX, 376 anm.) stellt q>Q-€V'' zu ai. bhuräti zuckt, zappelt, und
dieselbe ansieht spricht auch Windisch (Ber. d. sächs. ges. d.
wiss., phiL-hist. kl. 1891, s. 198 f.) aus, ohne, wie es scheint,
Brugmann's priorität zu kennen; auf dasselbe kommt es auch
hinaus, we^n Leo Meyer (vgl. gramm. I >, 751 f.) (p^v mit ai.
bhrdmati, bhrdmate, bhrdmyati schweift umher, ist unstet, ist
in Verwirrung, irrt zusammenstellt, denn ai. bhram- ist wurzel-
verwandt mit ai. bhuräti (Persson, Wrzlerw. 68); jetzt hält
Leo Meyer (Handb. d. griech. etym. III, 402) q)Qi^v für „dunkeP^
Andrerseits hat schon Döderlein, Hom. gloss. II, 315 f.) (pnijv
mit gr. q>Qa^(a lasse wahrnehmen, lege dar zusammengestellt
und diese Zusammenstellung ist in neuerer zeit vielfach wieder-
holt worden, so von Fick (o. I, 334 f.), Bezzenberger-Fick (o.
VI, 239), wo allerdings nicht q)QTJv^ wol aber das davon nicht
zu trennende gr. q>QOvi(a denke erwähnt und weiter lit. girdik
vernehme, höre dazu gestellt, das gr. q) also auf idg. gnh zu-
rückgeführt wird; ferner wird q>Qr]v mit q>Qa^(ü verbunden von
Froehde (o. YII, 116), der aber aisl. garnir pl. därme, magen
und ai. hrd-, hrdayorm herz vergleicht, und von CoUitz (o.
X, 59). Dann sind, nachdem Bezzenberger (o. XVI, 240) €pQcä^w
(ohne heranziehung von q>Qijv) zu pr. po-gerdaut sagen, cymr.
am'fnraivdd Umschreibung, brawddegg redensart (urkelt. grund-
form nach Bezzenberger *bradO'^ nach Stokes bei Fick II *, 216
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236 Wiedemann
*brädO') gestellt und zweifelnd auch cymr. bard, corn. barth^
ir. bard, gall. bardos barde herangezogen hatte, von Fick (Vgl.
wb. I *, 417 f., n *, 162, 0. XVIII, 142) tpq^v und qxial^fa ausser
zu den genannten litauischen und keltischen Wörtern noch zu
aisl. grunr ahnung, verdacht, gruna beargwöhnen und zweifelnd
(wie übrigens auch schon von Pott, Etym. forsch. I \ 182) zu
lat ren^ nieren gestellt worden, wozu Bezzenberger (Fick II *,
162) noch ahd. gruog anrede, anspräche, anklage, gruss, gruo-
gan rufen, nennen, grüssen, angreifen, as. grötian anreden, ags.
gretan grüssen, herausfordern, afries. greta anklagen hinzufugt
Prellwitz (Etym. wb. d. griech. spr. 348, 349) und Zupitza
(Germ. gutt. 97) stimmen der heranziehung der aisl. Wörter bei.
Femer wird q)iia^(o (ohne heranziehung von g>Qi]v) von Wharton
(Etyma graeca 131), Brugmann (Grdr. U, 1061 f.) und Hirt (o.
XXIV, 262, abl. HO) zu lit. girdeü, von Stokes (bei Lottner,
KZ. XI, 163 anm., KSB. VII, 386, o. XL 70) zu kelt. *bard<h
gestellt; Osthoff (IF. IV, 275) lässt es unentscliieden, welche
von diesen beiden vergleichungen den vorzug verdient. Uhlen-
beck (Ark. f. nord. fil. XIV, 388, Kurzgef. etym. wb. d. got.
spr. > 66) stellt qp^a^cu zu pr. pa-gerdatä und der sippe von
got. gretan weinen und nimmt für diese wörter eine idg. w.
g^rSd, guherd an. Wesentlich abweichend von allen diesen
erklärungen ist die von J. Grimm (Gramm. I *, 593) her-
rührende Zusammenstellung von q>qäC,(a^ (J. Grimm erwähnt nicht
q>Qd^(o, wol aber q)^dijg verständig) mit lat. prüdens klug und
got. frops klug, verständig, fraßjan verstehn, denken, die bei
Döderlein (Lat syn. u. etym. V, 113, VI, 177, hom. gloss.
n, 311), Benfey (Griech. wrzUex. I, 363, II, 352) Diefenbach
(VergL wb. d. got. spr. I, 394 f., II, 760), Curtius (KZ. IV, 237,
grdz. 6 673), Fick (Vgl. wb. I », 679 f.), Vanidek (Gr.-lat. etym.
wb. 553 f.) beifall gefunden und mit ausscheidung von prOdens
und dem, was aa. aa. oo. sonst aus dem Lateinischen, Litaui-
schen und Altindischen beigebracht ist, auch heute noch für
diejenigen haltbar ist, die für die idg. Ursprache tenues aspi-
ratae annehmen und für ^^^o) und die sippe von got. frofsj
fraßjan als anlaut idg. ph ansetzen (Osthoff, Perf. 322 f., Mo-
reen, Urgerm. lautl. 119, 182, Streitberg, Urgerm. gramm. 112).
Da meiner meinung nach der heutige stand der forschung uns
noch nicht berechtigt, für die idg. Ursprache tenues aspiratae
anzusetzen, fällt die Zusammenstellung von q>Q<iZü} mit der sippe
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Etymologien. 239
von got. frapjatiy frofs^ die nur mit der sippe von lit. prantü
werde gewohnt, pr. prätin rat, lat. inter-pres vermittler, aus-
leger, inter-pretor vermittle, lege aus zusammenzustellen ist
Ferner ist die etymologie Froehde's, die nach seite der Bedeu-
tung vorzüglich ist, aus lautlichen gründen abzulehnen; denn
die von Froehde verglichenen Wörter haben idg. §h wie u. a.
lit. zärna darm zeigt (Fick, Vgl. wb. I *, 54, 219, 435 fc,
E. Zupitza, Germ. gutt. 201 und die an diesem ort weiter an-
geführte Uteratur).
Wir haben nun zwei fragen zu beantworten: 1) GFehören
g>(^ und q>Qdl^w etymologisch zusammen? 2) Ist ihr q> Vertreter
von idg. fff^ oder von idg. bh? Die erste frage ist leicht be-
antwortet; wir brauchen nur ein paar Zusammensetzungen mit
-qfqiov, das natürlich nicht von 9>^v, und mit 'q>Qaöfig, das
eben so wenig von q>Qa^a) getrennt werden darf, herauszugreifen,
um diese frage bejahend zu beantworten. Homer hat neben
einander aq^qtav und dq>Qadijg unbesonnen, unvernünftig, töricht,
€vq>Qa)v freudig, erfreuend und evq>Qadijg deutlich, wolberedt,
TCBQUpQiav und nBiiiq>qadrig sehr verständig; dem homer. yucnLo-
g>qadijg schlechtes sinnend, unbesonnen steht zur seite das bei
andern dichtem vorkommende x(XKÖq>Q(av schlecht gesinnt, bos-
haft usw. (vgl. Pape, Etym. wb. d. griech. spr. 235, 268). Nicht
ganz so leicht ist die zweite frage zu beantworten, aber auch
hier ist eine sichere entscheidung möglich, so dass sich Osthoff's
zweifei beseitigen lassen. Was zunächst aisl. grunr betrifft, so
wird es von Wadstein (IF. V, 28) als zusammengesetzt aus ga'
und run- zu aisl. rün geheimnis, rune, got. ga-rüni geheime
beratung gestellt und Uhlenbeck (Ark. f. nord. fil. XIV, 388,
kurzgef. etym. wb. d. got. spr. > 60) stimmt ihm bei. Ich halte
Wadstein's Vermutung für sehr bedenklich, stimme ihm aber
darin bei, dass wir es in aisl. grunr mit einem idg. u zu tun
haben, und vermute, dass aisl. grunr zu aisL grär, ags. grceg,
ahd. grao grau (zu ags. gräg vgl. Jellinek, PBB. XIV, 584),
ahd. in-grüin schaudern, mhd. grüwen grauen, grausen, mhd.
griuwel, griul, ndl. gruwd schrecken, grauen, gräuel gehört; zu
gründe liegt die bedeutung „schimmern'S so dass etymologischer
Zusammenhang mit lit ziur&i, abulg. ztr^i sehen und den von
Leskien (Ablaut 319, 371) und Miklosich (Etym. wb. 401 f.)
zusammengestellten Wörtern sowie mit lat. -gur in at^gur vogel-
beobachter, vogeldeuter, gr. x<xqo7t6g strahläugig besteht Für
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240 Wieaemann
das Germanische hätten wir in diesem fall von einer u-erweite-
rung der in den genannten wörtem steckenden idg. w. §her
auszugehn. Ist meine Vermutung haltbar, so hat aisl. grunr
palatale aspirata, ist also mit ^^i;V, (pQal^(a unvereinbar. Pala-
tale aspirata hat auch got gretan, das daher nicht mit Dhlen-
beck zu ipqaC/b) gestellt werden darf; jetzt lässt Uhlenbeck
(Kurzgef. etym. wb. d. got spr. > 66) es unentschieden, ob
got gretan zu q>Qd^(üj pr. po-gerdaut oder zu ai. hrddate tönt
laut, zu dem es bisher immer gestellt worden ist, gehört; got.
gretan gehört zweifellos zu ai. hrddate wozu man weiter av.
zradö kettenpanzer stellt, das aber auch anders und, wie ich
glaube, besser erklärt werden kann (s. u. s. 247). Dass g- in
got. gretan auf palatale aspirata zurückgeht, beweist schon das
A- des ai. hrddate; idg. gh wäre ja im Altindischen vor r durch
gh vertreten. Was nun die Zusammenstellung von g>QT^^ <pQdCw
mit lit. girdzü, pr. po-gerdaut betrifft, so zeigen die bei Les-
kien (Ablaut 327) verzeichneten zu dieser sippe gehörigen Wörter,
dass ftir sie von der bedeutung „tönen", bez. „tönen lassen''
auszugehn ist. Dasselbe gilt von den bei Fick (Vgl. wb. U S
162) zusammengestellten keltischen Wörtern. Sehen wir nun
zu, ob die bedeutungen von q>QT^y, q>Qa^(ü dazu stimmen. Bei
Homer bedeutet der singular cpQijv im wesentlichen dasselbe
wie unser nhd. sinn, der plural „Zwerchfell", „eingeweide",
„inneres'\ bes. im gegensatz zum körper, daher „sitz der gei-
stigen tätigkeiten'S „bewusstsein", „vorstellungsvermögen", „ge-
dächtnis", „gemüt", „verstand", „klugheit". Dem entsprechend
deckt sich g>Qd^Ox^ai im wesentlichen mit nhd. sinnen, q>qa:fy}
bedeute „ich lasse sinnen", „lasse mit den sinnen erfassen'S
„lege dar"; die bedeutungsentwicklung ist der des gr. ley^
ziemlich gleichartig : bei beiden Wörtern handelt es sich um ein
geordnetes, für den verstand, nicht für die phantasie, berech-
netes darstellen ^). Die Zusammensetzungen mit q>Qfav und
1) Diese bei der sippe von if>^, <pQdCa hervortretende bedeatang
maöht er meiner meinung zur gewissheit, dass gr. dXfyttj dUyl^ küm-
mere mich, dlsytvoi besorge, lat. nsg-lego kümmere mioh nicht, di-Ugo
liebe, re-ligeru gottesfürchtig von gr. Xfyai, lat. lege nicht getrennt werden
dürfen, was seit Döderlein (Hom. gloss. I, 76 f<), wie es scheint, allge-
mein, geschieht , obgleich Lingen (D. wrzln. uiSr und uiEX 85 f.) sich
gegen diese trennnng ausgesprochen hat; nur möchte ich die bedeu-
tungen etwas anders vermitteln als Lingen; nsg-Ugo ist „zähle nicht**,
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Ctymologien. 241
-^PQaihig können wir im allgemeinen durch Zusammensetzungen
mit „gesinnV^ wiedergeben; a<pQünff aipgadijg ist „sinnloses „ge-
dankenlos*'. Desgleichen zeigen €pq6vig verstand, klugheit, ein-
sieht und (pQOVTig sorge, fürsorge, aufmerksamkeit, nachdenken
bedeutungen, die unserm „sinn*' sehr nahe stehen. Nirgends
tritt bei g)Qi]v q>Qa^w und ihrer sippe die sinnliche bedeutung
einer tonempfindung oder -erzeugung hervor, wie dies bei den
genannten keltischen und litauischen Wörtern der fall ist; 9)^v
9^cr^ai dürfen daher weder zu der einen noch zu der andern
sippe gestellt werden, aber es hindert uns nichts, die keltischen
und litauischen Wörter untereinander zu verbinden, was meines
Wissens bisher noch nicht geschehen ist; dazu stelle ich mit
Müller (MSL. IX, 150) auch arm. kardam erhebe die stimme,
dessen kard- = lit gird- auf eine idg. w. gnerdh weist und
dessen bedeutung besonders zu der des urkelt. * bardos stimmt
Den dental der armenischen, keltischen und litauischen Wörter
fesse ich als Wurzelerweiterung auf und stelle weiter hierher
si. jdrate ruft, grnäii singt, gr. degiar koidogiai^ ahd. queran
seufzen, lit. girti loben; das von £. Zupitza (Germ. gutt. 78)
hierher gezogene ir. berran kummer liegt begrifflich zu weit ab
und gehört eher zu den von Stokes (Fick II ^, 173 f.) unter
^bhersd zusammengestellten Wörtern.
Sind also die erwähnten etymologien von 9>^i/y, q>Qa^ü} teils
von Seiten der taute, teils von Seiten der bedeutung — letzteres
ist auch bei der von Hirt (Abi. 83) gegebnen Zusammenstellung
der fall — abzuweisen, so steht der von mir vorgeschlagenen
Zusammenstellung von 9)^, q>Qät,w mit got. brunjo, alb. brf^
brine nichts im weg, denn wir brauchen bei g>QTJVf q>QciCj(a keines-
wegs von einer idg. wurzel auszugehn, die den begriff der be-
wegung bezeichnet. Wie Windisch anfuhrt, sagt üalen, dass
Aristoteles die bedeutung des Zwerchfells als avanvoi^g oqyavov
noch nicht erkannt hatte; es ist daher wenig wahrscheinlich,
dass die Griechen ein wort, das als zur sippe von ai. bhurdti
re-Ugwu (die abschweifenden gedanken) wieder sammelnd; vgl. dieselbe
bedeatungentwicklung bei der idg. w. kftei (gr. ri o> zahle : sobätze, ehre,
re-'t £-71- fiat bin betrübt, eig. bin besorgt, abulg. cim Ordnung; dbttb
ehren), sowie bei nhd. pM : geUen, schätz (das ja allerdings fremdwort
ist, aber doch hier genannt werden darf): sehlUzen^ pr^ (ebenfalls
fremdwort) : preisen. — Mit aXyog schmerz hat dXiyia eben so wenig za
schaffen wie liytt (Lingen aao. 81 ff.).
Biililg« c. knd« d. iidg. ipiMlMB. XXVU. 16
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242 Wiedemann
gehörig nur „zackendes'S „bewegliches^^ bedeutet haben kann,
zur bezeichnung des Zwerchfells verwandten. Vielmehr werden
sie dazu ein wort mit der bedeutung ,,haut'S »»feil" gewählt
haben; ^^ bedeutete also ursprünglich „das umschliessende,
umfassende, deckende". In q)Q6yig, q>QOVTig, -^^aivw, tpQafyd ist
die ursprüngliche konkrete bedeutung „fassen" aufs geistige
gebiet übertragen, wie das z. b. auch der fall ist bei aisl. geta
erlangen, erreichen, vermuten, alat tongeo kenne, got pagkjan
denken : abulg. t^o Ifidg^ lorum und dessen bei Miklosich
(Etym. wb. 350 f.) verzeichneter sippe ^). Ihre ursprüngliche
sinnliche bedeutung hat die idg. w. bhren im Ghriechischen noch
bewahrt, in 6a'g>Qaiyoidai (aus *od(€)a- : lat. odor und q>Qal'
yojuat, s. Wackemagel KZ. XXXIII, 43) Witterung bekommen
= riechen trans. Es liegt durchaus kein grund vor, mit Pott
(Etym. forsch. I S 182), Windisch (aao. 198 anm. 1) und
Brugmann (IF. VI, lOOff., griech. gramm. ^ 114, 258 mit anm.,
272) oo-ipQaivo^ai in etymologischen Zusammenhang mit ai.
ghräti, jighrati riecht zu bringen; mir scheinen formen wie
äaq>qav%o^ iiaq>q6firj¥^ 6oq>Qiadixv sich ganz ungesncht als durch
einfluss der verba auf -cryoi, -atvio erklären zu lassen. Zu
letzteren gehört ja auch das seiner bedeutung nach von oog>Qai'
yofiai nicht allzu weit abliegende aladiiyoficu nehme wahr und
dioipQOfifiv verhält sich zu oaq>Qaivofiai genau so wie ^o^fitpf
zu aiad'dvofiat >). Die beeinflussung durch ala9iivofiai und die
1) Zu alat. iangeo, got. pagJ^an ziehen Stokes (Rev. celt V 252,
268), Tharneysen (ebd. VI, 185 anm. 1) and Arbois de Jabainville (MSL.
XI, 880) auch ir. iangu schwöre, dessen arsprfingliehe bedeatang dann
wäre „mache fest", „bekräftige". Doch kann sich die bedeatang
„schwören" auch aas der bedeatang „sprechen" entwickelt haben, wie
got. 9waran schwören : aisl. wara antworten, nhd. «cAtotirsn, ai. närati
tönt zeigt. Falls auch bei ir. iangu von der bedeatang „sprechen" aos-
zagehn ist, gehört es, wie aach schon Stokes (Fick U * 121) andeatet, za
ir. Ung», xung», Za lat. iango berahre, wozu Stokes ir. tongu stellt,
stimmt es lautlich schlecht, da es warzelhaftee s gegenüber lat. a and
festen nasal gegenüber dem nur aof den präsensstamm beschrinkten
des lateinischen hat.
2) Auch lat. ft'Sgro rieche intr. hat meiner meinung nach mit ai.
ghrWti^ jigkraU nichts zu schaffen, sondern ist vielmehr, wie das z. b.
schon bei Fick (Vgl. wb. I " 697, II • 178, UI " 216) and Yani&k
(Etym. wb. d. lat spr. * 189) geschehen ist, mit lat. fr§gum erdbeere
zu mhd. hrcßhen riechen intr. zu stellen.
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fitymologiefi. 243
andern abgel. verba auf -mvw^ -oyoi konnte bei 6o'q>Qalvofiai
um 80 leichter erfolgen, als letzteres seiner bedeutnng nach den
übrigen Zusammensetzungen mit -q>^iv(o fem getreten ist, durch
sie also nicht gestützt werden konnte. Der präsensstamm gr.
q>Qaivo- : g>Qaiv8 entspricht in ablaut und sufßx genau dem
alb. briiie, got. brunjo und dadurch erhalt meine etymologie
Yon f^ifv, (fga^o) eine nicht unwesentliche stütza Eine weitere
stütze würde sie gewinnen, wenn sich auch der in 9^^o- : q>Qa^
steckende stamm, idg. ^bkrendja-, ausserhalb des griechischen
nachweisen Hesse. Das ist, glaube ich, in der tat möglich.
Denn alb. bres, best, brez-i, von dem wir ausgegangen sind,
lässt sich ohne weiteres auf idg. *bhr$ndjo8 zurückfuhren; idg.
•n wird vor folgendem konsonanten (ausser j) durch alb. e
Tertreten (G. Meyer, Alb. stud. II, 2ö), wie ^zet (in 'At-^zH
zwanzig u. and. dekaden) : ai. gati-s, gr. -'Mni.y lat. -ginti^ ginta,
ir. 'Che^ gen. chatj got. -hund zeigt, und uralb. -dj^ wird nach
dem ton zu -z- (6. Meyer, Alb. stud. III, 28). Die nicht er-
wetterte idg. w. bhren kann in alb. nibreiA gürte vorliegen; denn
es hindert wol nichts, alb. -breA auf idg. *bkrenjö zurückzu-
führen, da auch sonst die diphthongirung des e ohne erkenn-
baren grund unterblieben ist (6. Meyer, Alb. stud. III, 85 f.);
alb. g'aA jage, das am schwersten gegen zurückführung von -breA
auf idg. *bhrenjö in's gewicht fallen würde, wenn es mit
G. Meyer (Etym. wb. 136, Alb. stud. IE, 7, 84) auf idg. *genjö
zurückgeführt wird, ist nicht zu verwerten (Pedersen, KZ.
XXXVI, 330 f.). Indessen kann e auch t-umlaut von a {-breA
aus *branjö = idg. *bhronjö; -breA stünde dann dem gr. q)QO'
vito nicht allzu fern) oder e kann =s idg. ö sein ('4>reA =: idg.
*bhrönjö), in jedem fall lässt sich -breA auf die idg. w. bhren
zurückführen. Auf die in q>Qa^€o vorliegende idg. w. bhrend
führe ich, wie schon oben (s. 227) angedeutet, auch die bei
Fick (Vgl. wb. II ^j 184 unter *brend) zusammengestellten
Wörter zurück und bemerke zu cymr. brynn coUis, dass alb.
briAa u. a. auch „anhöhe'' bedeutet. Auch aisl. braUr, aschwed.
brantr, ags. bront steil gehören meiner meinung nach hierher.
Neben der erweiterten wurzel idg. bhren-4 liegt die oben (s. 230 f.)
behandelte idg. w. bhrenk, die sich ebenfalls als erweiterung
auffassen lässt: bhren-Jc; dadurch gewinnen wir die möglichkeit,
das oben (s. 228) besprochene aisl. bringa in einen, wenn auch
entfernteren, etymologischen Zusammenhang mit den keltischen
16*
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244 Wieclemann
Wörtern für „brust^^ zu bringen. Aus diesem gründe halte ich
auch die zurückftihrung von alb. mbr&A, bres auf die idg. w.
bhren, bhren-d für viel wahrscheinlicher als 6. Meyer's zurück-
führung auf ein idg. *bhreunO', denn diese albanischen werter
gewönnen dadurch anschluss an eine ganze reihe andrer be*
nennungen für „brüst". Sollte indes mit G. Meyer bre- in alb.
bre8, tnbreA auf idg. bhreu- zurückzuführen sein, so würde ich
statt idg. *bhreun(h lieber idg. *bhreu8'no- ansetzen und got.
bru8t8 dazu stellen.
Es gibt aber im Albanischen noch ein andres wort, das
sich lautlich ohne weiteres mit got. brtMis vereinigen lässt, und
dessen bedeutung, wenn sie auf den ersten auch abzuliegen
scheint, dennoch mit der des got brusts vereinbar ist: alb.
breäsn hageL G. Meyer (Etym. wb. 47, Alb. stud. III, 35, 61,
72, 90) stellt breäsn zu ahd. brösma krume, bröckchen, kelt.
^bräS' zerschlagen (weiteres über die kelt. Wörter bei Thur-
neysen, Eeltorom. 94 f.) und Stokes (Fick U \ 187), abulg.
brbsfUfti rädere, corrumpere, brbseh scherbe. Diese Zusammen-
stellung ist aber von lautlicher seite sehr anfechtbar, wie schon
Pedersen (IF. V, 38) erwähnt hat. Über das, was Pedersen
behauptet, lässt sich aber ebenfalls streiten. In ags. brysan
brechen, ir. braim zerschlage, ahd. brösma und lat. frustum
brocken, stückcken liegt meiner meinung nach eine idg. w.
bhreuB : bh-üs brechen, zerbrechen vor. Wer mit Pedersen in
ags. brysan^ ahd. brösma eine «-erweiterung der in aisl. brjöta
brechen vorliegenden idg. w. bhreud sieht, muss diese Wörter
von ir. brüim und seiner sippe trennen und dazu kann ich mich
nicht entsohliessen. Sind aber die germanischen Wörter nicht
auf eine erweiterte idg. w. (bhreud-s — ) bhrmt-s zurückzu-
führen, so fallt auch die stütze für Pedersen's herleitung von
slav. brbS' aus einer solchen erweiterten wurzel. Dazu kommt
noch, dass die ursprüngliche bedeutung der von Miklosich
(Etym. wb. 23) behandelten slav. w. brhs^ gar nicht „brechen",
sondern „streifen'^ „wischen*^ ist Dieselbe grundbedeutung
hat die bei Leskien (Abi. 293, wo aber lit briikÜ zu streichen
ist; 8. o. s. 234) zusammengestellte sippe von lit braukti
wischen, streichen, lett. brukt abbröckeln, braukt fahren, wie
Pott (Etym forsch. UI ^ 193 f.) erkannt hat Daher hat denn
auch schon längst Fick (Vgl wb. II >, 622) die slavischen und
litauischen werter mit recht zusammengestellt ; der Widerspruch
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Etymologien. 245
zwischen slav. 8 und lit k löst sich dadurch, dass beide ver-
schiedene wurzelerweiterungen sind: slav. s = idg. Jc^ lit. k =
idg. k oder hf (vgl. auch Persson, Wrzelerw. 126, wo aber mit
unrecht slav. 8 als idg. 8 aufge&sst und eben so mit unrecht
die litu-slavischen Wörter an wörter angeschlossen werden, denen
sie begrifflich fern stehn). Die nicht erweiterte wurzel steckt
in lett brauna schelfer, abgestreifte haut, schuppe, das uns
auch zeigt, wie die bedeutungen von abulg. hnsnqti und br^8d^
zu vermitteln sind. Mit recht stellt Miklosich aao. auch abulg.
(jbruvb handtuch und bulg. serb. slov. 2ech. osorb. nsorb. poln.
klruss. russ. brus wetz-, Schleifstein dazu, was Pedersen (aao. 39)
befremdlicherweise für falsch halt; wie oben (s. 234) erwähnt
ist, gehören auch aisl. bryni Wetzstein und aisl. bryna wetzen
hierher.
Wäre demnach eine Vereinigung von alb. breisn mit abulg.
brhsnqtij brbseh nur unter der Voraussetzung möglich, dass das
i von breiBn aus älterem 8j = idg. Jej entstanden ist, so ist sie
doch eben so wie die zurückführung des alb. breäen und der
von O. Meyer damit zusammengestellten keltischen und germa-
nischen sippe auf eine idg. w. bhreus von Seiten der bedeutung
abzulehnen. Wenn wir von nhd. graupdn absehen, das eine
junge bildung ist und seine entstehung offenbar der ähnlichkeit
des hageis mit den graupen verdankt, so wüsste ich kein idg.
wort für „hageP^ zu nennen, das nachweislich ursprünglich
„brocken^^ oder etwas ähnliches bezeichnet hat So weit die
Wörter etymologisch klar sind, bedeuten sie ursprünglich „festes
„hart** oder, was auf dasselbe hinausläuft, „gefrorenes clenn
„frieren" ist ja nichts andres als „fest, hart werden". Etymo-
logisch klar sind aisl. haigl, ags. hcegd, ahd. hagal : gr. ndx^S
kiesel, lit. kriuszä : ahd. (h)ro8a eis, kruste, gr. x(fvog frost,
TidvaTaXXog eis, lat. crüsta rinde, cradu8 roh, cruor geronnenes
blut usw. (das 8Z in lit. kriu8zh ist nicht, wie Pedersen aao. 36 f^
will, idg. 8, sondern idg. h, also eine andre Wurzelerweiterung
als idg. 8 in den genannten gr., lat und germ. Wörtern; lit
kriÜ8zti zermalmen mit 8z = idg. £ und die sippe von abulg.
kruch^ frustum mit ch = idg. 8 sind von kriu8zh zu trennen),
mhd. doge : ahd. 8liogan (festmachen — ) schliessen, an welcher
Zusammenstellung man nicht zweifeln darf, gr. xahxtfii : xaXi^
kiesel. Schwierigkeiten bereiten lat. grando und abulg. grad^y
zu denen Meillet (MSL. X, 280) auch das gleichbedeutende
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246 Wiedemann
arm. karkut (aus ^ka-kruf) stellt. Schrader (Beallez. 664)
schliesst sich der üblichen Zusammenstellung des lat. grando,
abulg. grad^ mit ai. hrädüni-s an, während Meillet letzteres
nur mit x^^^"^ verbindet; auch von andern wird x^Aer^a zu
ai. hradüni-8 gestellt. Als urheber dieser Zusammenstellung
darf wol Benfey (Gr. wrzUex. II, 135) gelten, obgleich er ai.
hradüni'8 nicht nennt; er erwähnt aber gr. xcrAa^, lat. grando,
abulg. grad^ im Zusammenhang mit dem bereits oben (s. 240)
erwähnten ai. hrddate und zieht u. a. noch ai. hradim fluss,
hradd'8 teich, see, hräda-s geräusch und das ebenüetUs schon
oben (s. 240) erwähnte got. gretan heran. Ohne auf Vollstän-
digkeit anspruch zu machen, nenne ich von den Vertretern der
ansieht Benfey's Curtius (Grdz. * 196 f.), Miklosich (Lex. pal.-
slov. 141, [Etym. wb. 76), Walter (KZ. XI, 433), Grassmann
(KZ. Xn, 89), Ascoli (KZ. XVII, 324), Schleicher (Komp. 3 (4)
238), Siegismund (Curtius' stud. V, 139 anm. 28), Fritzsche
(Ebda. VI, 321), Joh. Schmidt (Vok. II, 118), Vaniöek (Griech.-
lat. etym. wb. 265 f., Etym. wb. d. lat. spr. > 95), Froehde (o.
VI, 174, Whai-ton (Etyma graeca 132), Saussure (Mem. 263
anm., 268), Leo Meyer (Vergl. gramm. I >, 1047), Bersu (Lat
gutt. 188), Hom (Grdr. d. npers. etymol. 152). Dass gr. xala^
und lat. grando mit einander nichts zu schaffen haben, darf
jetzt wol als allgemein anerkannt gelten; meinungsverscbieden-
heit besteht nur darüber, ob gr. xdla^ oder lat. grando oder
keines von beiden zu ai. hrädüni-s zu ziehen ist. Für xdla^a :
hrädüni'8 haben sich ausser Meillet noch entschieden Hirt (o.
XXIV, 233, 246, Abi. 88, wo befremdlicherweise unter no. 278
zu einem idg. ghdä brause auch ahd. hagal^ aisl. hagl, ags.
hagol aus idg. *kaglÜ9y also mit anlautender tenuis, erwähnt
wird ; die Verwirrung ist wol durch gr. xaxhxlQu) plätschern her-
vorgerufen) und zweifelnd Fick (Vgl. wb. I *, 438), für grando :
hradüni'8 ausser Schrader noch Wharton (Etyma lat 42),
Froehde (o. XVI, 213), G. Meyer (Griech. gramm. » 158),
Johansson (IF. 11, 43, Uppsalastudier 72), Lindsay-Nohl (Lat.
spr. 338), Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. aind. spr. 362).
Ferner habe ich folgende Zusammenstellungen gefunden: lat
grando und got. gretan (Bugge, Curtius' stud. IV, 348 f., wo
aber ohne rücksicht auf die übrigen germ. sprachen von der
bedeutung des gotischen wertes „weinen'' ausgegangen und
darauf hingewiesen wird, dass im nordischen die tränen oft als
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Etymologien. 247
hagel bezeichnet werden); lat. grando und abulg. grad^ (Fick
I *, 417, Froehde o. XXI, 328, Hirt o. XXIV, 281); lat. grando
und abulg. gradh : gr. xiqadog griess (Persson, Wrzlerw. 220,
Stolz, Hist. grarnm. d. lat. spr. 261)^). Endlich ist noch zu
erwähnen, dass Pott Etym. forsch. > IV, 417 ff.) über alle diese
Wörter gehandelt hat, ohne irgend eine entscheidung zu treffen.
Es ist wol auch kaum möglich, eine entscheidung zu treffen,
die etwas unbedingt überzeugendes hätte; so viel sollte aber
meiner meinung nach allgemein anerkannt werden, dass ai
hrOdi/ni'S nichts mit den oben (s. 240) bereits erwähnten ai.
hradate, got. grektn zu schaffen haben kann. Dass der hagel
seine benennung Yom lärm hat, müsste erst durch weitere bei-
spiele nachgewiesen werden. Ebenso unwahrscheinlich ist es,
dass av. zrädö, dem man die bedeutung „kettenpanzer'' beilegt,
zu ai. hrädate, got. gräan gehört. Nach Bartholomae (IF. XI,
128) bedeutet av. zrädö vielleicht „koller'' und damit dürfte
Bartholomae wohl recht haben, denn npers, zirih panzer be-
weist eben so wenig etwas für Verwandtschaft mit ai. hradate,
got. gretan. Für av. zrädö und npers. zirih darf man wohl
von der allgemeineren bedeutung „deckung'S „umschliessendes''
ausgehn; dann ist es möglich, beide Wörter mit ai. hrädüni-s
zusammenzustellen und für letzteres dieselbe bedeutungsent-
wicklung anzunehmen, die mhd. slöze aufweist. Mit ai. hrä-
düni-s stellt Nöldeke (bei Hom aao.) npers. zala hagel, reif zu-
sammen; doch verdient meiner meinung nach die von Hom
(KZ. XXXn, 588) vorgeschlagne Zusammenstellung mit ai. ja-
da-8 kalt, starr, regungslos, stumpf den vorzug, denn erstens
erklärt sich npers. -äl- aus älterem ^ard- besser als aus -räd-
(Hübschmann, Pers. stud. 72, 131 f., 260) und zweitens lässt
sich npers. zäla bei Hom's eigner erklärung auch weiter zu
abulg. zlidica glatteis, got. kalds kalt, lat. gelu kälte, frost usw.
stellen; der dental d neben dh, ist Wurzelerweiterung. Da
npers. iäla „hagel'' und „reif bedeutet, würde es, fidls es
wirklich mit Nöldeke zu ai. hrädüni-s gestellt werden müsste,
den beweis liefern, dass ai. hrädüni-s nicht zu ai. hr&date, got.
gretan gehört; denn dass auch die bedeutung „reif' aus der
1) Übrigens hatte aach sohon Benfey aao. gr. ;if/^(foc im Zusam-
menhang mit lat. grando, abalg. gradhy gr. jj^aitaC«, ai. kradüm'$ er-
wähnt.
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248 Wiedemann
bedeutung „tönen*^ herleitbar ist, wird wohl niemand behanpten
wollen. Da andrerseits in ai. hrädüni-s h, weil es vor r steht,
nur Vertreter von idg. §h (nicht gh oder g^h) sein kann, mnss
abulg. grad^ von ai. hrädüni-s getrennt werden, denn es liegt
kein triftiger grund vor, für abulg. grad^ Vermischung d«r
gutturalreiben anzunehmen. Ich glaube daher, dass Meillet
recht hat, wenn er abulg. gradh, lat grando zu arm. karktU
stellt; dazu füge ich noch mit Fick (Vgl. wb. II ', 555) lit
grödas frischer, steif gefrorener strassenschmutz, das Brückner
(Slav. fremdw. im Lit. 85) mit unrecht für slav. lehnwort hält
Jedenfalls dürfen nicht die von Brückner angeführten poln.
gruda schölle, erdschoUe, eisschoUe, grudzieA, wruss. grudieA
dezember herangezogen werden, da slav. u im lit nicht durch
0, sondern durch u wiedergegeben wird. Nur lit. grudis de-
zember kann slav. lehnwort sein, ebenfalls auch grodinis de-
zember, das eine durch grödas hervorgerufene volksetymolo-
gische Umgestaltung eines entlehnten *grüdinis sein kann.
Durch lit. grödas wird also auch für abulg. grad^, lat. grando.
arm. karkut die grundbedeutung „hart'', „gefroren'* erwiesen i).
— Ferner führe ich an osset. D yex, T ix, Ix eis, hagel, D
yexan, T ixan kalt : npers. yax eis, yaxöe hagel und pr. key-
taro, das ich zu lit. kitas hart stelle.
Wird auch durch die hier erörterten Wörter für „hagel'*
meine annähme, auch alb. breäen bezeichne den hagel als
1) Auch für den fall, dass lat. grando nnd arm. karkut weder mit
abulg. grad^ noch mit einander verwandt sind, lassen sich fcir beide
anknüpfangen finden, bei denen ebenfalls die gleiche bedeutungsent-
wicklang vorläge. Für lat. grando kämen ausser dem von Persson und
Stolz verglichenen gr. ;|f/^a<foc noch in betraoht gr. ygov^og geballte
fanst und die von Liden (Stud. z. aind. n. vergl. sprachgesch. 157) dazu
gestellten Wörter oder gr. /orcf^c knospe, graupe, kom, das zuerst von
Benfey (Griech. wrzllex. II, 136) aus *x^^Qog erklärt worden ist; für
XovSqos : grando könnte ein r-n-stamm angesetzt werden. Doch ist die
Zusammenstellung von grando mit gr. ;|f^^<foc oder x^^^Q^ insofern
nicht ganz einwandfrei, als die frage nach der Vertretung von idg. gkr^j
§hr- im Lateinischen noch immer eine offne ist (vgl. Hoffmann o. XXVI,
140 ff.). Für arm. karkut Hesse sich, wenn wir es mit Meillet zunächst
aus *ka-krut herleiten, Verwandtschaft mit den oben genannten slav.
Wörtern (poln. gruda usw.) oder mit dem oben (s. 245) erwähnten lit.
kriu9zä annehmen; in letzterem fall hätten wir im Liitauisc)ien und Ar*
wenischen verschiedene Wurzelerweiterungen,
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Etymologien. 249
„hart", „gefroren" genfigend gestützt , so erhält sie noch eine
weitere stütze durch das albanesische selbst. Dem alb. breäen
steht laatlich sehr nahe das alb. breäe, breäke Schildkröte.
G. Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 47) hält mit Schnchardt
(KZ. XX, 253 f.) das wort für entlehnt aus lat. *brö8CU8, er-
halten in mlat bf'uscus frosch. Schuchardt meint mlat. &ru8-
CU8 könne mit prv. brusc rinde identisch sein, da die kröte
auch sonst als „rinde" bezeichnet werde. Das ist im gründe
richtig; nur muss man für „rinde" und „kröte" die bedeutung
„harte schale", „schild" zu gründe legen und annehmen, dass
mlat. brvscus ursprünglich „Schildkröte" bedeutet hat, dann
erst „kröte" (im allgemeinen), „frosch". Das bei G. Meyer
weiter genannte alb. bretäke Schildkröte ist meiner meinung
nach etymologisch von alb. breika, breäe zu trennen und zu
gr. ßoTQCtxog frosch zu stellen, das, wie wohl allgemein ange-
nommen wird, für ^ßqatqaxog steht und das ich mit gr. ßgaacw,
ßQo^o) sprudle, siede, worfle zu derselben idg. w. mer ziehe,
die in der oben (s. 184 f.) behandelten sippe von got brafs
steckt Die grundbedeutung dieser idg. w. mer ist „fluctuare"
(ein völlig bedeutungsgleiches deutsches wort finde ich nicht),
woraus sich einerseits die bedeutungen „springen", „sieden"
(= blasen treiben), andrerseits die bedeutung „flimmern"
„schimmern" und aus ihr wieder „hell sein" und „dunkel sein"
entwickeln. Dasselbe bedeutungsverhältnis wie zwischen ßa^Qa-
xog : ßgaoaü) besteht zwischen lit. varle frosch und pirti sieden ;
dazu stelle ich auch lat. räna (aus *vränä) frosch. Hingegen
bedeutet die in alb. breäke, breSe und breisn steckende idg. w.
bhrem „hart, fest sein" und für das bedeutungsverhältnis von
alb. breäke, breie : breSen führe ich als analogen dasjenige von
gr. x^^^S Schildkröte : x^^^<^ &i^i ^in^ Zusammenstellung, die,
soweit ich sehe, bisher noch nicht vorgeschlagen worden ist
Da von x^^^G abulg. zely, zehvb Schildkröte nicht getrennt
werden darf, wird für x^^^G ^^^ damit auch für x^^^^ ^^
anlaut idg. gh, d. h. die rein-velare media aspirata erwiesen,
80 dass auch aus diesem grund die Zusammenstellung von x^^^^^
mit ai. hrädüni-s unhaltbar ist. Für rein-velare media aspirata
sprechen ferner die meiner meinung nach mit x^AtJ^, x^^Cor
verwandten gr. x^ilxe^g kupfer, erz, pr. gdw, lit. gelezis^ lett.
dzelze^ abulg. zelezo eisen. Gegen idg. gh scheint lit. zilvS
Schildkröte zu sprechen ; daher bat Zubat^ (o. XVII, 327 f.) das
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250 Wiederoann
slav. wort für ein lit lehnwort gehalten (auch Hirt, o. XXIV,
257 hält es für ein lehnwort), aber später (arch. f. slay. phil.
XVI, 420) das i für 2? = lit. z als folge volksetymologischer
anlehnung an eine andre, von Zubat^ (aao. 423 f.) ebenfalls
besprochene sippe aufgefasst Viel näher liegt es aber, das
Ut. zilve und das russ. dial. zelv Schildkröte als anlehnungen
an das wort für „grün'^ (lit. zelvas, abulg. zdem) aufzufassen,
falls diese beiden Wörter nicht überhaupt etymologisch yon
abulg. zely ganz zu trennen und zu dem gleichbedeutenden
lat. gdaia zu stellen sind. Für die etymologische Zusammen-
gehörigkeit der Wörter für „Schildkröte*^ und der werter für
„eisen^' spricht auch lit. gelezln varle, wo gelezinis noch auf
eine für lit. geUÜs vorauszusetzende bedeutung „hartes'' weist
— Da nun gr. xiXvg nicht nur „Schildkröte*', sondern auch
„brusthöhle'S „brustkorb", „lyra'' (zu letzterer bedeutung vgl.
gr. xi&dqa zither : xid-agog brüst, ir. cruit harfe, cymr. crwth
Violine : lit. krütis, krüüne brüst; E. Zupitza, KZ. XXXVI, 242)
bedeutet, so steht von Seiten der bedeutung nichts im wege,
got. brusts und seine sippe zu alb. breäen und breike, breis zu
stellen; es sei nur noch zur weiteren stütze dieser Zusammen-
stellung darauf hingewiesen, dass die eben genannten lit krüüs,
krütine etymologisch zu dem oben (s. 245) erwähnten lit kriu-
8zä gehören. Alle hier behandelten Wörter für „brüst" haben
zunächst „rippe" bedeutet, welche bedeutung auf die ältere
„umschliessendes", „umfassendes" zurückgeht.
Die gleiche bedeutungsentwicklung liegt in pr. kradan,
lit kriklas, brüst vor. Nesselmann (Thes. ling. pruss. 79) und
Bemeker (Preuss. spr. 300) stellen zu pr. kradan Wörter die
„klappern", „krächzen'' bedeuten, was natürlich ganz unan-
nehmbar ist Vielmehr müssen beide Wörter mit Leskien (Nom.
452 f., hier ist allerdings nur lit. kriklas erwähnt, aber s. 451
ist neben letzterem pr. kradan genannt) zu lett krekls hemd
und weiter mit Brugmann (Curtius* stud. VII, 281, wo übrigens
nur lett. krekls genannt ist) und E. Zupitza (Germ, gutt 133)
zu ags. hrcRgl gewand, stahlhemd, ahd. hragü indumentum ge-
stellt werden. Weiter stelle ich dazu russ. kroäni pl. t Schulter,
rücken und alb. krcJiß oberarm, arm, Schulter, flügel, krahnuery
krahanür geg. kraheruar, -ör tosk. Schulterblatt, flügelknochen,
brüst, krahenurü brustleidender, krahnöä schäfertasche. Die
alb. Wörter werden von G* Meyer (Etym. wb. d. alb. spr. 203 f.,
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Etymologien. 251
alb. stud. III, 6) und Lid6ii (aao. 43 f.) anders, und zwar von
beiden verschieden beurteilt. Ohne Schwierigkeit lässt sich alb.
krähe aus idg. *hrok8kä herleiten wie alb. äoh sehe (aus idg.
^sik^Tcö, nach Pedersen, KZ. XXXVI, 283) zu got. sa{han
sehen ^) (G. Meyer Alb. stud. III, 6 f.) zeigt; slav. hroä- geht auf
idg. *krok8' zurück. Die ursprüngliche bedeutung dieser idg.
w. krek tritt noch hervor in abulg. okroöiti cingere (Miklosich
Etym. wb. 131), poln. krokwa verklammerung, harren, dach-
sparren, öech. klruss. krokva dachsparren, die Miklosich (Etym.
wb. 141) von abulg. okroöiti mit unrecht ganz trennt; auch
gr. %Qwoa6g krug, urna und ir. crocän, kymr. crochan topf ge-
hören als „umfassendes** hierher. — Die von G. Meyer zu alb.
krähe gestellten wörter, die auf eine idg. w. kerk weisen, lassen
sich, wenn man von der bedeutung „biegen'' ausgeht, mit lat.
circue kreis und seiner sippe, über die Brugmann aao. gehandelt
hat, allerdings ohne die auf idg. kerk weisenden formen von
den auf idg. krek weisenden zu scheiden; im letzten grund
mögen ja idg. krek und kerk verwandt sein.
Sehr stiefmütterlich und zum teil auch unrichtig ist eine
andre sippe von Wörtern, die „brusf' oder auch einen benach-
barten körperteil bezeichnen, etymologisch behandelt. Es ist
das die sippe des . lat pecius. In Pott's etymologischen for-
schuugen fehlt pedus gänzlich. Bopp (Gloss. comp. * 338)
stellt es, wenn auch zweifelnd, mit ir. ucht brüst zu ai. vdk^as
brüst und Benfey (Griech. wrzUex. II, 23) wiederholt die Zu-
sammenstellung von pedua mit vdk^ae, erwähnt aber ucht nicht.
Gegen die Zusammenstellung von pectue mit väk^as zu polemi-
siren, ist heute nicht mehr nötig, da wol niemand mehr daran
festhält. Schwenck (Etym. wb. d. lat. spr. 553 f.) stellt pectue
1) Die znsammenstellung von got. »aihvan mit alb. ioh habe ich
erst nach Veröffentlichung meines aufsatzes (IF. I, 257 f.) bei 6. Meyer
(Etym. wb. d. alb. spr. 411 f.) gefunden, sonst hätte ich alb. aoh nicht
unerwähnt gelassen. Übrigens habe ich nachträglich auch gefunden,
dass schon Diefenbaoh (Vergl. wb. d. got. spr. II, 184) alb. ioh als dem
got. saihtan am nächsten stehend erwähnt hat. An der von mir ge-
gebnen etymologie von got. saihvan halte ich auch heute noch fest, ob-
gleich Kluge (Etym. wb. ^ 860 f.) und Uhlenbeck (Eunsgef. etym. wb. d.
got. spr. ' 125) noch immer Aufrecht's etymologie vertreten. Far meine
etymologie hat sich neuerdings wieder Brugmann (IF. XII, 28) ausge-
sprochen.
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252 Wiedemann
mit Isidor zu lat. pecto kämmen und, was auf dasselbe heraus-
kommt, Bitschi, wie ich aus der erwäbnung bei Schweizer (KZ.
III, 377, XIV, 151) ersehe, zu lat. pecten kämm; doch ist diese
Zusammenstellung, obwobl Schweizer und Zehetmayr (Analog.-
vergl. wb. 323) ihr beipflichten, sehr unwahrscheinlich und mag
daher auf sich beruhen; lautlich lässt sich gegen sie natürlich
nichts einwenden. Dann hat Hupfeld (EZ. VUI, 375) peetus
zu ai. pak^d-8 seite, achsel, flügel, hälfte, monatsmitte, partei,
anhang gestellt, worin ihm Hintner (KL wb. d. lat. etym. 163X
Br6al (KZ. XX, 80), BrÄal-Bailly (Dict. etym. lat. » 254) und
Byrne (Origin of the greek, latin and gothic rootsg (isnlt ofd%.
Hintner zieht auch noch lat. pango befestige hinzu, eben so
Vaniöek (Griech.-lat. etym. wb. 461, Etym. wb. d. lat spr. "
149). Zu pango ist peetus schon yon Perotti gestellt worden,
wie ich aus Vossius (Etymol. linguae lat. 377) ersehe; in neuerer
zeit haben sich für Zusammenstellung mit pango ^ ohne aL pa-
kpä-8 zu nennen, Curtius (De nom. graec. formatione 20 anm. 89),
Schweizer-Sidler u. Surber (Gramm, d. lat. spr. 197), und Fu-
magalli (i principali etimol. lat 152) ausgesprochen. Aber
schon Vossius nimmt an dieser Zusammenstellung des zu dem
e in pedus nicht stimmenden a wegen anstoss; wenn er aber
zu gr. TtriTitog gefügt seine Zuflucht nimmt, worin ihm Döder-
lein (Lat. synon. u. etym. VI, 260) folgt, so ist auch das heute
nicht mehr möglich, denn wir wissen jetzt, dass das i] in
nrjxfog und seiner sippe idg. ä ist Es bleibt also nur der
vergleich von peetus mit ai. pak^d-s, pdk^as bestehn, nur darf
man weder mit Breal aao. lat. -et- = ai. -i^- setzen, noch
mit Korscb (Ohafkovskij sbornik istoriko-filologiieskago obsöetva
1895, s. 9 des sonderabdr.) ^), abulg. pleäte Schulter, rücken
heranziehen. In diesem sinn hat sich denn auch Pedersen
(Nord, tidsskr. f. filol., HI. raekke, bd. V, 32) ausgesprochen,
der seinerseits noch gr. nixog vliess heranzieht, was, wie ¥rir
weiter unten sehen werden, nicht angeht. Abweichend von den
bisher genannten forschem hat Schleicher (Komp. § 167, 3) an
Bopp's Zusammenstellung von peetus mit ir. ueht festgehalten,
aber mit recht ai. vdk§as bei seite gelassen; denn ir. ucht
kann zwar entweder zu ai. vdk§as gestellt werden oder zu
1) Das Zitat gebe ich nach Pedersen, da mir die abhandlang nicht
zaganglich ist.
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Ctymologien. 25d
pectuSy nicht aber zu beiden. Die znaaminenstellung von ir.
tKiht mit ai. väksas ist unter der Voraussetzung möglich, dass
vdk^as, wie Bopp angenommen hat und wie auch noch Uhlen-
beck (Kurzgef. etyra. wb. d. aind. spr. 267) annimmt, zu ai.
ük§ati wächst gehört; u- in ir. ucht ginge dann auf idg. m-^
va- in ai. vdksc^ auf idg. 90- zurück. Aber schon Benfej aao.
hat väk^as zu ai. vank^antt-a krümmung in der gegend des
Schosses, leisten, weichen gestellt und auch Böhtlingk-Roth
(Skr.-wb. VI, 616, 618), stellen vdk^as und vank^cma-a zu
ai. vakfdna hohler leib, bauch, weichen, flussbett; diese ge-
hören aber weiter zu ai. va^aii wankt, wackelt, geht krumm,
schleicht, vaficayati entgeht, entwischt, hintergeht, betrugt,
vacydU dreht sich, tummelt sich, fliegt, vdnhri-a rippe (dies
wort spricht besonders für die hergehörigkeit von vdk^as\
vaakü-8 sich tummelnd ; zu diesen und den von Uhlenbeck (aao.
8. 0. vdficaü, Kurzgef. etym. wb. d. got. spr. * 163 s. v. wagga-
reis und toaggs) zusammengestellten Wörtern ziehe ich auch
noch aisl. vdngr, engl, wing (nord. lehnwort) flügel; zur be-
deutung von got. waggs (aue), paradies vgl. lett lekns, Wcna
niederung, feuchte wiese : lit. lifücti sich biegen und abulg. lqg^
hain, russ. lug wiese : lit. lingü'ti sich hin und her bewegen.
Mit pr. wangus dameraw, das Pauli (KSB. VII, 178), Nessel-
mann (Thes. ling. pass. 199), Fick (Vgl. wb. II », 769, HI »,
288), Schade (Altd. wb. » 108), uhlenbeck (PBB. XIX, 523),
Berneker (Preuss. spr. 329) und E. Zupitza (Germ. gutt. 181)
zu got. ivaggs stellen, kann damit nichts zu schaffen haben,
denn bei pr. wangtis muss von der bedeutung „wald'' ausge-
gangen werden; das wort kann ursprünglich eine baumart,
wahrsch. „eiche'' bezeichnet haben, so dass etymologischer Zu-
sammenhang mit ai. vanghchs ein bestimmter bäum, zu dem es
auch Uhlenbeck (Kurzgef. etym. wb. d. aind. spr. 267), wenn
auch nicht ganz zuversichtlich, zieht, meiner meinung nach
nicht zu verkennen ist — Da nun ir. ucht nicht auf eine idg.
w. venk zurückgeführt werden kann, bleibt nur lat. pectus zum
vergleich übrig. Wenn E. Zupitza (KZ. XXXV, 266 f.) für
diese Zusammenstellung eintritt, so kann ich ihm darin nur
beipflichten, wie das auch schon Stokes (KZ. XXXV, 594) getan
hat, der früher (Fick VgL wb. II *, 55, Ztschr. f. celt phil.
I, 73) lett. pups weiberbrust verglichen hatte. Aus obigem
kann aber E. Zupitza sehen, dass er keine geringeren Vorgänger
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254 Wiedemann
hat als Bopp und Schleicher. Die Zusammenstellung Ton pectus
mit ir. ucht macht aber die Verbindung von peetus mit ai
pakfd-s nicht hinfällig; es liegt nur im Indischen ein anderes
Suffix vor als im Italischen und Keltischen. Zu ai. pak^d-s
hat Bezzenberger (o. XVI, 120) lett paksis hausecke, aizpakszem
bei Seite gestellt Dies lettische wort lehrt uns, dass wir es
bei ai. paksd-s, lat. pectus, ir. uckt mit einem velaren oder
labio-velaren guttural zu tun haben; es geht daher nicht an,
mit Böhtlingk-Roth (Skr.-wb. IV, 350) und Goldschmidt (KZ,
XXV, 611) ai. päJc^ma haar, wimper zu ai. pak^d^ zu stellen,
denn ai. pdk^ma hat -ks- aus idg. -Jca-, wie das i von av,
paän9fn augenwimpern zeigt; npers. pctäm wolle beweist nichts,
da apers. xä (= idg. ks) vor konsonanten zu npers. i wird
(Hübschmann, Pers. stud. 232 f.), also mit apers. i (= idg. Ics)
zusammengefallen ist, wol aber wird für ai. pa^kma -ka- aus
idg. -hs' noch erwiesen durch arm. tisr Schafwolle, vliess, von
dem das gleichbedeutende gr. ftixog nicht getrennt werden darf
(damit ist Pedersen's Zusammenstellung von lat. pectU8 mit gr.
Ttixog widerlegt), und durch lit. piszti abreissen, rupfen, pflücken.
— Ausser lett. paksis weist der litauische sprachzweig noch
einen spross dieser idg. wurzel auf: pr. paggan wegen, das ich
hierher ziehe; zur bedeutung verweise ich auf nhd. -seits, von
Seiten und besonders auf nhd. -AaZA, -halben, halber : got haJJba
hälfte, Seite, halbe halb. Ausser bei Pierson (Altpr. wörterschatz
29), der in paggan eine Zusammensetzung aus jemh und einem
dem gäl. kion grund, Ursache, chiim wegen verwandten wort
sieht, habe ich keine etymologische deutung von pr. paggan
gefunden; ich hoffe, dass meine deutung für besser als diejenige
Pierson's befunden wird ; sie wird auch dem -gg- besser gerecht,
denn in einer Zusammensetzung hätte der ton wol auf dem
zweiten teil geruht und daher wäre nach dem (unbetonten) a
der ersten silbe das g nicht doppelt geschrieben worden. In
pr. paggan sehe ich den instr. sg. eines A-stammes (vgl lit. -a,
dial. 'U, lett. -u, abulg. '(oj)<f, ai. -ä, aus idg. -^n, Mahlow,
Lang. vok. 70). Das Preussische erweist als wurzelschliessenden
konsonanten idg. media oder media aspirata. Beide formen,
die mit -g- oder -gh- und mit -ks-, kommen in den slavischen
sprachen vor, die zahlreiche verwandte von lat. pectus, ir. uckt,
ai. pakehd-s lett. pakeis, pr. paggan aufweisen. Zunächst nenne
ich osorb. pod^paha achselhöhle, in dem wir den aus pr. paggan
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Etymologien. 255
erschlossenen ^f-stamm, nur mit anderem wurzelvokal, haben.
Derselbe vokalismus hegt vor in den mit den Suffixen idg. -so-,
'Sä' gebildeten, also slav. -ch- aus idg. -ks- enthaltenden, russ.
poch leistengegend, poln. klruss. russ. pacha achselhöhle, wruss.
pachi pl. t. Schulterblätter, pacha achselhöhle, band, osorb.,
russ. pod'pach, klruss. pod-pacha acbselhöhle; auf einem ü-
stamm, urslav. pachy-, pochy-, beruhen: russ., wruss. pachva
Achselhöhle, leistengegend , russ. pachvi pl. t, poln. pachtoinaj
pachunny pl. t. leistengegend, wruss. paehviny (pl. t.) unterer
teil des körpers von den rippen bis zu den füssen, wruss.
pachvina, russ. pachovina teil des bauches vom nabel bis zu
den weichen (bei tieren), serb. povi (f. *pohvi), slov. pohvine
Schwanzriemen, iech. pochva scheide, degen-, messerscheide,
pl. pochvy Pferdegeschirr, paäva^ osorb. pdawa, poln. pochtva,
poszwa, klruss. pochva, wruss. pochva scheide, russ. pochva
Schwanzriemen, poiev (veraltet), poävy m. pl. t. poSevni pl. t.
breiter und niedriger Schlitten (zur bedeutung vgl. russ. sani
pl. t. Schlitten : lit. szinas seite; Zubat^, Arch. f. slav. phil.
XVI, 410 f.). Femer gehört hierher klruss. -paü in ruko-paS
handgemein, wie schon Miklosich (Etym. wb. 230) angedeutet
hat. Hierher ziehe ich auch klruss., wruss., russ. pagtb Schlund,
rächen und abulg. peith höhle, das entweder von abulg. peätt
ofen (zu abulg. pekq backe) ganz zu trennen ist oder in der
weise damit identisch ist, dass für beide von der bedeutung
„höhle'^ auszugehn ist; letzteres halte ich der bedeutung „fels'^
wegen, die urslav. ^pekttr- in mehreren slay. sprachen neben
der bedeutung „ofen'' zeigt, für das wahrscheinlichere; zum
bedeutungsübergang „höhle'S „felsenhöhle'% „fels" vgl. lit. ^ä
felsenhöhle, fels neben gr. avlög flöte (vgl. gr. cvQiy^ flöte :
lit kiduras, Bezzenberger, o. XUI, 299), avXdv hohlweg, cevk^
hof, Wohnung, abulg. ulijh bienenstock (nach den waben be-
nannt), ulica gasse, die zum teil schon zusammengestellt sind;
für das bedeutungsverhältnis „höhle'' : „ofen" führe ich noch
an lat. fornix höhle, Wölbung : fornäx ofen, die meiner mei-
nung nach ebenso zusammenhängen wie lat. öUa, alat. aula,
ai. ukhä'8, uhhä topf und got. aühns ofen, die schon längst
zusammengestellt sind. Es darf also auch für abulg. pestt» un-
bedenklich von der bedeutung „höhle'' ausgegangen werden.
Vielleicht deckt sich abulg. peith laut für laut mit lat pectus,
denn das diesem zu gründe liegende idg. *pekiu8 kann lautge-
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266 Wiedemann
setzlich nur zu abulg. peHt (zunächst aus *peih) werden; yom
nom. sg. aus kann das wort der analogie der zahlreichen ab-
strakta auf -it verfallen sein. Natürlich kann eben so gut
abulg. pestb auf idg. *pekti8 zurückgehn, und das müssen die-
jenigen annehmen, die mit Miklosich (Festgr. a. Böhtlingk 88),
Fortunatov (Arch. f. slav. phil. XI, 567) und ühlenbeck (PBB.
XIX, 517 ff.) der ansieht sind , aus abulg. p^ «= lit. pefiktas
fünfter ergebe sich das lautgesetz, dass idg. -A^- zu t slav. -t-
werde, nach Fortunatov und Ühlenbeck vor dunklen (harten)
vokalen. Ein derartiges lautgesetz darf aber aus abulg. p^
eben so wenig gefolgert werden, wie aus lat. quintus fünfter
für das lateinische ein lautgesetz, dass idg. -kt- zu lat -4- wird;
aus abulg. p^h, lat. quirUus folgt nur, dass in beiden sprach-
familien in der lautgruppe -nkt" h sehr früh, im Slavischen vor
der Umwandlung von idg. -fe- zu abulg. -M-, serb. -<5- usw.,
geschwunden ist. Leider hat Brugmann (Grdr. I >, 585) diese
annähme Fortunatov's und Uhlenbeck*s gebilligt und auch
E. Zupitza (KZ. XXXV, 266) hat abulg. potb schweiss auf idg.
*pokf^08 (zu abulg. peiq backe) zurückgeführt, ohne auch nur
ein wort über slav. -f- zu verlieren i). — Aber noch eine reihe
andrer Wörter aus dem Slavischen gehört zu lat pectus usw.
Zunächst nenne ich öech. paze arm, pod-paenik schosshund,
günstling, podpaznice Schulterkissen, (busen)freundin, wund-
beule, osorb. paza achselhöhle, nsorb. paea räum zwischen
Oberarm und seite, pod-paza achselhöhle; das paz- dieser Wörter
geht auf urslav. ^pagj- zurück. Durch anfiigung eines dental-
suffixes, idg. HiO'(-dä-J oder •4ho-(-dha') an die wortform idg.
^pöks- entsteht idg. ^pögzd- oder ^pögzdh- — slav. pazd- in
slov. pazdiicha, paadicha achselhöhle: femer mit -zd- aus
urslav. 'zdj- : öech. pazdi achsel. Neben diesen formen mit
1) Viel näher liegt es, abulg. potb als „nasses^* za fassen und mit
gr. notafioi fluss, HoriSäc (od. I7oTi<faf ?), IloastSiSv aaf eine idg. w.
pet : pot nass sein , fliessen znrückzafahren ; die übliche zusammenstel-
lang von IToanStSv mit gr. novrog meer, ai. pänthSs pfad, bahn, weg,
lat. pons brücke, pr. pinHs, abulg. pt^h weg scheitert an den laaten,
denn durch einfluss von gr. naros pfad darf man den spurlosen Schwund
des nasals in lloaetdtav nicht erklären, da der etymologische Zusammen-
hang von ndrog und nopros kaum dem Sprachgefühl der Griechen
lebendig war. Ebenso unwahrscheinlich ist es, dass notafiog zu gr. ni-^
TOfia^ fliege, nlnxui falle gehört, wie man gewöhnlich annimmt, da in
dieser sippe nur die bedeutUngen „fliegen", „fallen" hervortreten.
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fitymologien. 257
'zd'('zd') liegen formen mit -2f- : abulg. pcLZueha, bulg. pa-
zucha pazuva, jpo^va busen, sQvh. pazucho axsbsel, %\o^.pazucha,
pazicha acbselhöhle, öech. pazticha achsel, pazauch nebenzweig,
poln. pazucha bösen, pl. pazuchy achselhöble, klruss. wruss.
russ. pazucha bösen , abolg. pazuähnica onterkleid, russ. pazu-
Hna höhle, vertiefong. Diese Wörter mit 'Zdr(id)' ond -2r- sind
bisher noch nicht befriedigend erklärt worden. Miklosich hat
zo verschiedenen Zeiten verschiedene ansichten geäossert. Im
lex. palaeoslav.-gr.-lat. 551 vergleicht er lit. pazastis achsel-
höble; vgl. gr. II, 290 f. will er von ^paducha aosgehn ond
darin eine zosammensetzong von pa ond ducha (zo ai. dös
Vorderarm, arm, onterer teil des vorderfosses bei tieren, lett.
duse, pa-duse achselhöble) sehen; vgl. gr. I >, 258 zerlegt er
abolg. paztAcha in paz-ucha (dazo lett pazuse onter dem arm,
pad'448e achselhöble ond ai. afhsa-s scholter; s. 286 heisst es
wörtlich: „ucha für ai. dthsas (Mikl. hat äsa). pazucha steht
für pazducha : lett. duM, paduse; etym. wb. 52 geht er von
pazducha aos ond kehrt zo seiner annähme einer zosammen-
setzong mit ducha (ai. dös) zorück, bemerkt aber am schloss
des artikels „donkel ist paie osw.*' Fick (o. 11, 267, vgl. wb.
I S 433) zerl^ das wort ebenfalls in pa-zucha^ will aber das
'Uch- aof idg. ^ons- zorückfohren, was gegen die laotgesetze ist
(vgl. jetzt Pedersen, IF. V, 56 f.). Obgleich Miklosich's ansieht,
dass -ducha mit ai. dds zosammenhangt bei Pedersen (aao. 38)
o]>d Ublenbeck (Korzgef. etym. wb. d. aind. spr. 131) zostim-
mong gefanden hat ond aoch Nehring (IF. IV, 400) ihr zozo-
stimmen scheint, halte ich Miklosich's frühere zosammenstellong
mit lit. pazadis insofern für richtig, als er dabei paz- als
worzelbaft ansah, wenn aoch lit pazasth mit Zobat^ (o. XVII,
327) als zosammensetzong aos por onter ond ^zasias = ai.
hdsta-s, av. zastö, apers. dasta-, npers. dest band ^) anzosehen
ist ond daher mit pazucha nichts zo ton hat. Aosser lit. pa^
1) Ob aach gr. dyocrros (nar bei Homer in der formel IJU yaiav
dyoarm und bei anderen dichtem, ebenfalls nur im dativ) hierher ge-
hört, ist sehr fraglich; viel näher liegt es, mit Döderlein (Hom. gloss.
III, 4) dyooTos in Zusammenhang mit gr. dyri bug za bringen, nur darf
nicht mit Döderlein gr. ayifvfn breche verglichen werden, weil dies an-
lautendes ^ hat, dyooTog aber nicht. Auch möchte ich nicht mit Benfey
(Or. wrzllex. n, 18) und Leo Meyer (Handb. d. grieoh. etym. I, 115) an
die idg. w. ang sich krümmen denken, sondern lieber an die sippe von
Beitiig« 1. kaodA d. indg. apnehwi. XX VU. 17
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258 Wiedem&nti
z€i^\8 hatte Miklosich aber früher auch £ech. petze usw. yer-
glichen, Wörter, die er später als „duokeP* bezeichnen musste,
da sie bei der annähme, pazucha sei eine Zusammensetzung,
mit diesem unyereinbar sind. Mit recht nimmt denn auch
Walde (KZ. XXXIV, 510) zur erklärung des z in pazucha
gegenüber dem -zd- in sIot. pazdueha auf diese formen rück-
sicht; wenn er sie aber aus ursl. paz- + /-suf&x erklären will,
so kann ich ihm darin nicht folgen, da ich mich nicht ent-
schliessen kann, die slav. Wörter Ton fr. paggan, lett. paksis
zu trennen, welches letztere ja den slav. wörtem mit poch-,
paeh" (poi-, pai') lautlich sehr nahe steht. Zur erklärung des
z in pazucha muss zweierlei berücksichtigt werden: erstens, dass
Wörter wie russ. pachva, bulg. pazva auf einen u-stamm weisen,
und zweitens, dass wruss. pacha nicht nur „achselhöhle^' son-
dern auch „band'S also den untersten teil des arms, bedeutet
Dies führt zur yer mutung, dass das idg. wort für „unterarm^*,
*bhaghü- (ai. bähü-s, av. bozu-, gr. mjxvg (näxvg)^ aisl. bögr)^
auch im Slavischen, wo es *bazh gelautet haben würde, vor-
handen gewesen, dann aber ausgestorben ist, jedoch nicht, ohne
in dem z des abulg. pazucha, in den auf einen u-stamm wei-
senden wörtem und in der auf den unteren teil des arms er-
weiterten bedeutung spuren hinterlassen zu haben. Grehört
auch sIoY. pazdueha nicht zu aL dös, so doch ausser ir. döe
arm noch lett. duse^ pa^duse achselhöhle, wie auch schon
Walde gesehen hat, der auch lett pazusS (Walde hat pazuse;
Ulmann Lett.-dtsch. wb. 190, aber fährt das wort nur im lok.
sg. pazuaE an) richtig erklärt, und, wenn wir für diese Wörter
Ton der grundbedeutung „schwellen'S bez. „hohl sein'' ausgehn,
was unbedenklich ist, auch lat ab -dornen neben ab^düfiMn
(„unter den weichen befindlich" =) Unterleib (anders über ah-
dehnen Brugmann, IF. XI, 271 ff.) und ai. do^d („verhüllend",
„verhüllt" ==) dunkel, nacht. Das in slov. pazdueha steckende
idg. pögzd' oder pögzdh- möchte ich auch in einem lateinischen
wort suchen: da idg. pögzd-, pögzdh^ nichts anderes ergeben
kann als lat pöd- so hindert von selten der laute nichts, lat
pödex hinterer hierher zu ziehen; hinsichtlich der bedeutung
erinnere ich an die oben (s. 255) angeführten slav. wörter mit
lat a»äla aoheelhöhle, aisl. ^ achsel denken; sn gninde liegt dioten
Wörtern der atamm idg. * agu-.
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Etymologien. 259
der bedeutung „Schwanzriemen^^ i). Doch gibt es ausser dieser
und der üblichen Zusammenstellung mit lat. pedo noch zwei
andre, nicht minder gute erklärungen von pödex: 1) pödex :
abulg. pozd^ („zurück-, fernliegend'* =) spät (vgl. nhd. At«-
terer, abulg. zcuh rücken, zaedt hinterteil; anders über diese
slav. Wörter Pott, Etym. forsch. * IV, 416 anm., E. Zupitza,
Germ. gutt. 201 f. mit anm.); 2) pödex : gr. noa&ri männliches
glied (vgL lit. bulis hinterer : gr. q>aXXog männliches glied);
femer kann lat. pödex auf idg. ^pöugdr oder *pöugdh- zurück-
geführt und zu dem gleichbedeutenden gr. nvyij gestellt werden
und endlich können diejenigen, die für das Lateinische Zu-
sammensetzungen mit pO' = lit pa-, abulg. po auf annehmen,
zu denen ich aber nicht gehöre, in lat pödex mit besserem
recht die idg. w. sed sitzen suchen als Rozwadowski (IF.
V, 353 £) in pr. peisda, russ. pizda *). — Ausser den hier be-
handelten Wörtern gehört zur sippe von lat. pectus noch ai.
pafasyä-m bauchgegend, weichen, das schon von Pedersen
(aao. 49) mit recht zu russ. pcich gestellt worden ist, wenn
auch Pedersen den Zusammenhang beider mit ai. pak^d^
nicht erkannt hat'); mit unrecht nennt Uhlenbeck (Eurzgef.
1) Der bedentung nach hätte das Verhältnis von lat. pödex : abnlg.
poBueha (rass. p€ttueha bedeutet u. a. auch „aohselhöhle**) eine ent-
sprechang in dem von serb. gut hinterer, poln. gweiea steiss der yögel
zu franz. gouasei achselhöhle, dem. zu franz. gausse schote, hülse (ital.
gtueio schale von nassen, eiern, schaltieren). Die von Dies (Etym. wb.
d. roman. sprachen ^181, Scheler (Dict. d'etym. franc. 260) und Kör-
ting (Lat.-rom. wb. ' 420, no. 4136) gegebnen erklärungen dieser roma-
nischen Wörter befriedigen nicht. Legen wir ein lat. *guseius^ das für
*gue8ciu8 stehn kann, mit der bedeutung „Schwellung", „höhlung** zu
gründe, so erklärt sich alles aufs beste; dann darf auch franz. goussatU
dick, gedrungen herangezogen werden. Zu den von Stappers (Diot.
synopt. d'6tym. frang. ' 772) herangezogenen keltischen Wörtern vgl.
Thumeysen (Eeltorom. 65). Das von Miklosich (Etym. wb. 81) ver-
glichene lit. gi^Aas knorren ist slav. lehnwort : poln. guz beule, knorren
(Brückner, Slav. lehnw. i. lit. 86, Leskien, Nom. 190); wol aber sind die
bei Leskien (Abi. 816 u. tu-ei-guzU) genannten Wörter verwandt.
2) Bozwadowski's aufsatz ist völlig verfehlt, weil in ihm das von
Miklosich (Etym. wb. 248) verglichene alb. pi^y best, pid-i weibliche
soham, das ganz andre wege weist, unbegreiflioherweise gänzlich ausser
acht gelassen ist.
8) Das von Pedersen erwähnte slov. paelueh zuchtstier, das nach
Pedersen irgendwie mit russ. pa$iueh hirt zusammenhängt, hat damit
17*
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260 Wiedemanü
etym. wb. d. aind. spr. 162) diese zusammenstellang unsichOT.
Das ai. päfosyä-m gibt uns aufscbluss darüber, dass das g {gg)
in pr. paggan auf idg. media zurückgeht; dass es die rein
Telare media ist, zeigt uns das germanische, denn zu der hier
behandelten sippe ziehe ich auch ags. fcec Zeitraum, zeit, ahd.
fah teil, abteilung die allgemein zu nhd. fügeti gestellt werden ;
höchstens nhd. -fach in einfach könnte zu fügen (vgl. gr. -na§)
gehören, aber für ags. ftBC, ahd. fah setzt man wol am besten
als grundbedeutung „(hohl)raum'% „spatium'' an; dann aber
gehören sie zu der sippe Ton lat. pectus, haben also germ. a =:
idg. 0, gegenüber ahd. fang &ng mit a — idg. a. Es ist aber
durchaus nicht notwendig, -fach von ahd. fah zu trennen, um
es mit gr. -^o^ zu verbinden; die in -fach vorliegende bedeu*
tung kann sich sehr gut aus der bedeutung des ahd. fah ent-
wickelt haben. Höchst wahrscheinlich ist von ahd. fah teil
ahd. fah reuse, schlinge etymologisch zu trennen und zu dem
gleichbedeutenden gr. Ttdyog zu stellen; denn von der bedeu-
tung „schwellen", „hohl sein", die der sippe von lat. pedm
zu gründe liegt, sehe ich keine Vermittlung zu der bedeutung
„schlinge", die sich andrerseits aus der bedeutung der idg. w.
päh, pä§ „fest sein", „fest machen", „fügen" ohne weiteres
entwickeln konnte.
Während nach diesen darlegungen lat. pedua eine recht
ansehnliche sippschaft hat, steht ein anderes lateinisches wort
für „brüst", nämlich ^nu^; ziemlich vereinsamt; erst in neuerer
zeit hat G. Meyer (o. VIII, 192, etym. wb. d. alb. spr. 140,
alb. stud. UI, 44) alb. g'i (stamm g'in-) busen, schoss, meer-
busen dazu gestellt. Die von A. Kuhn (KZ. II, 462, 466) her-
rührende Zusammenstellung des lat. sinus mit ai. aänu-^ Ober-
fläche, rücken, höhe hat heute wol kaum noch einen anhänger,
von Leo Meyer (Vergl. gramm. I * 753) vielleicht abgesehen.
Niedermann (^ und I im lat), der das lat. sinus bei billigung
der etymologie A. Kuhn's hätte besprechen müssen, erwähnt es
überhaupt nicht, woraus man wol schliessen darf, dass auch er
diese etymologie für völlig abgetan hält. Lautlich haltbar ist
natürlich nichts za schaffen, sondern gehört zn ahd. /mW naohkommen-
schaft, mhd. vaaelnni zuchtstier und dessen sippe, über deren slav. sa-
gehörige Pnisik (KZ. XXXV, 601 f.) gehandelt hat; doch zieht er aoch
allerhand hierher, was nicht daza gehört, u. a. anch manche der von
mir oben anders erkl&rten Wörter.
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Etymologien. 261
die von Lid6n (o. XIX, 284) vorgeschlagene zarfickfiihrung auf
eine idg. w. «i- mittere, aber die von Liden angenommene
bedeutungsentwicklung „niederscbiessende, herauslaufende kriim-
mung^S „falte'* ist wenig einleuchtend und auch das von Liden
herangezogene got. skauts zipfel, säum des kleides, nhd. schoss :
ahd. skioggan schiessen hilft nichts , denn es hat doch eine
wesentlich andre bedeutung als lat. sinus, alb. g'i, die beide
auf eine grundbedeutung „ schwellend '% „rund 'S „gebogen"
weisen. Daher ist die schon von den lateinischen grammatikern
herrührende Zusammenstellung mit lat. slnus, glnum weit-
bauchiges, tönernes gefäss, sUüla eimer, krug, wozu weiter
umbr. sviseve dass. (vgl. zu diesem wort Planta, osk.-umbr.
dial. I, 305), möglich. Ich glaube aber noch ein bisher nur un-
befriedigend erklärtes slavisches wort hierher ziehen zu dürfen :
abulg. Üja schüsselbein, hals, das Miklosich (Lex. palaeo-slov.-
gr.-lat. 1134) zu ai. si/äti, sinäJti bindet gestellt, aber später
(etym. wb. 339) unerklärt gelassen hat; er erwähnt nur serb.
O'Hjati umschwenken, za-o-äijcUi beugen. Die lautverhältnisse
liegen bei lat. sinus, alb. g'i, abulg. äija genau so wie beim
Zahlwort für „sechs" (lat. sex, alb. g'aite, abulg. ieath)^ für das
Job. Schmidt (KZ. XXV, 121 anm.) und Hübschmann (KZ.
XXVII, 105 ff.) auf grund des ai. ^dt und des ay. x^^x^ ^^^
recht idg. ksv- ansetzen ; vgl. auch Kretschmer (KZ. XXXI, 418).
Die von Pedersen (IF. V, 76 f.) versuchte erklärung des i- von
abulg. ieath ist verfehlt, da das Slavische bei diesem wort im
inlaut nie etwas andres als -st- gehabt haben kann; slav. cA-
(i-) kann stets nur auf idg. ks- (oder ksv-) zurückgehn und es
ist durchaus nicht zu gewagt, wenn man für diejenigen sprachen,
die in solchen fallen auf idg. 8- (oder sv-) weisen, Schwund des
Ar- im sonderleben der betreffenden sprachen annimmt Im
Albanesischen muss dieser Schwund schon zu einer zeit statt-
gefunden haben, als idg. ks- noch nicht zu alb. h- geworden war.
(Fortsetzung folgt.)
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262 W. Neisser
Vediaeh stu^e.
Die interessante probe einer kritisch- exegetischen bearbei-
tung des textes der rgvedischen hymnen, die H. Oldenberg
im laufenden (55.) bände der ZDMG. veröffentlicht, hat diesen
hervorragenden forscher im laufe der erörterung zahlreicher
mit dem texte verknüpfter probleme auch zu ved. stu^e und
genossen geführt (s. 306 ff.), denen ich o. 20, 54 ff. die (in
einigen fallen infolge umdeutung verdunkelte) geltung aus infi-
nitiven hervorgegangener imperative (meist 2. person, bisweilen
1. pers.) zuerkannt habe, die besonders häufig auf ein koUek-
tivum als Subjekt bezogen erscheinen. Das ergebnis der von
Oldenberg geföhrten Untersuchung ist von dem von mir er-
mittelten wesentlich verschieden. Er gibt den fraglichen formen
durchweg indikativische, nicht imperativische bedeutung und
bezieht sie nicht auf kollektivische, sondern auf singularische
Subjekte (meist 1. pers., bisweilen 3. pers.). Oldenbergs Unter-
suchung hebt sich von den im folgenden namhaft zu machenden,
dem gleichen problem gewidmeten Veröffentlichungen durch
vollständige berücksichtigung des belegmaterials ab. Obwohl
ich die ergebnisse nirgend unverändert mir aneignen kann,
danke ich ihnen die anregung zu erneuter prüfung, die das
früher mitgeteilte im wesentlichen mir bestätigt, doch im ein-
zelnen kleine berichtigungen und mehrere nachtrage ergeben
hat Neben gewissen leicht abzugrenzenden exegetischen In-
dizien sind es vorwiegend grammatische gesichtspunkte, durch
deren ausfuhrlichere darlegung ich eine einigung der meinungen
anzubahnen hoffe.
Oldenberg (s. 309) hält es für nächstliegend, stu^e als
indik. praes., gebildet aus dem stamme stu^- ^) mittelst antritt
des sog. primären personalsuffixes -e anzusehen. So schrieb
ehedem Delbrück Altind. verb. 181: „am ein&chsten ist wohl,
dass man stu^e von einer wurzel stus ableitet, die sich zu siu
verhielte, wie ^rti? zu äru. Dafür spricht auch stu^iyyar^
Die hier verglichene „würzet' ^ru^, der — abgesehen von RV.
1) „. . . ein sigmatifloher aoriststamm? Dann mfirate natürlich
pun%§i f^'iue etc. aaf amwegen, die aber wohl gangbar sind, erklärt
werden''. (Anm, 0.*b).
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Vedisch stu^e. 263
I, 68, 9 iri^an, das formell konj. des 5*aor. sein kann, vgl.
unten s. 266 extr. — 4ro§antu, irö^amönoh entstammen, zeigt in
Übereinstimmung mit ne^a par^a nak^ati rosate u. a., dass nicht
1. 3. sing, stu^e, sondern 1. sing, "^sto^e, 3. sing, ^stopate einer
aus Verallgemeinerung des aoriststamms hervorgegangenen
„wurzeV' stu^ entspringen würden. Das nnthematische stu^e
kann nur aus der lebendigen, regelrecht unthematischen flexion
des «-aorists hergeleitet werden, wofern es als finite form ver-
standen werden soll. Freilich erregt der umstand, dass alle
finiten formen des aor. sto^^ hochstufe der wurzel aufweisen
(ebenso ahe^ata von aor. he^-, dagegen tiefstufig hifie)^ sogleich
bedenken gegen die Zusammenstellung von stu^e mit den finiten
formen. Und wie sollte das praesentische personalsuffix in stu^e
erklärt werden? So ist begreiflich, dass Delbrück in der Ver-
legenheit eine „wurzel'' siu^ aufstellt, hi^e gehört dann ver-
mutlich zu „Wurzel'' hi^ . arcaa-, füjcia- u. s. w. dagegen in
arc<ise, rfijase u. s. w. werden „doppelstämme" genannt: namen
bedürfen keiner erklärung. Brugmann Grundr. II 1020, der
an Delbrück (und Grassmann) sich anschliesst, ohne Lud-
wigs infinitivtheorie (inf. im Yeda s. 73 ff., „Qg^eda" passim)
zu erwähnen, reiht die ausschliesslich ^) als 1. sing, oder 3. sing,
nachweisbaren stu^e und genossen an altertümliche, durch das
ganze paradigma durchflektirte praesentia der wurzeln ar. dve^
„hassen", idg. jös „gürten'S idg. ves „sich ankleiden", deren
herkunft aus dem 9-aorist unsicher und kaum wahrscheinlich
ist. Durch diese kombination kann die bei praesentischer auf-
fassung von stu^e u. s. w. sich ergebende völlige isolirung dieser
formen nicht aufgehoben werden«
Nun sei zugegeben, dass zwar nicht der «-aorist, aber an-
dere praeteritalstämme neben ihren regelrecht mit sog. sekun-
dären personalsuffixen bekleideten finiten formen gelegent-
lich und ausnahmsweise (vermutlich infolge des umstands,
dass in den nichtaugmentirten formen vielfach eine praeteritale
bedeutung nicht zu tage trat, ja von haus aus fehlte) praesen-
tische formen auch des indikativs zulassen. So finden sich im
RV. bei den in gewöhnlicher praeteritalflexion sehr reichlich
belegbaren aoristen kar-, gam-, bhü- ausnahmeweise praesentisch
1) J. Schmidt Ztschr. 27, 326: „auffällig ist, dass keine anderen
personen der art vorkommen".
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264 W. Neisser
krthas ' krtha \ gathd ^, bhüOids * bhiUas ^, bei perf. nine- einmal
ninUhds^)f u. ähnl., alles im Terhältnis zur masse des regulären
in einer kleinen minderheit von fällen. Wollte man analoges
gelegentliches übergreifen auch des «-aorists in die praesens-
sphäre für prinzipiell möglich erklären, so wäre doch ersichtlich,
dass stt4?e, das 20 mal belegt ist, dreimal häufiger als die echt
praeteritalen medialformen von sto^-, nicht zur gelegenheits-
bildung gestempelt werden kann und von krthas u. s. w. prin-
zipiell zu scheiden ist Das von stu^e gesagte gilt verschärft
für arcase Hijase u. s. w., neben denen finite formen gar nicht
vorhanden sind^ deren bei praeteritaler bildung praesentische
bedeutung den anstoss zur annähme praesentischer personal-
suffixe gegeben haben könnte.
Ich betrachte als erwiesen, dass stu§e seiner form nach
nicht indik. praes. sein kann. Da nach dem stände unsers
Wissens das auslautende -e nur entweder als personal- oder als
infinitivsuffix angesehen werden kann, so bleibt formelle iden-
tifizirung von stu§e mit dem inf. stu^iy von dem es nur durch
Unterwerfung unter das gesetz der verbalenklise sich scheidet,
einzig übrig. Da formell auch hi§e mit inf. ß^i sich vergleicht,
Hijase dohaae von den gleichlautenden infinitiven nur durch
die verbalenklise geschieden sind, neben grnl^e mit anderem
8u£Sx, aber gleicher Stammbildung inf grn^äni sich einstellt,
während gäyi§e etwa an MS. 1, 2, 17 (27 4) dvyathiae (wohl
kein eigentlicher inf., doch ähnlich verwendet) erinnert, so er-
gibt sich ein bis in die einzelheiten des morphologischen auf-
baus zu verfolgender parallelismus von 8t%i§e und genossen mit
den auf -se auslautenden infinitiven. Es bleibt die frage der
ursprünglichen identität beider kategorien unter dem gesichts»
pnnkt der bedeutung zu prüfen.
Die möglichkeit einer vergleichung der beiderseitigen be-
deutung en ist in der bekannten tatsache begründet, dass Infi-
nitive im sinne eines verbum finitnm verwendet werden können.
Es wird zu fragen sein, ob die für diese Verwendung geltenden
gesetze auch als den gebrauchs weisen von 8tu§e u. s. w. zu
gründe liegend erweislich sind. Für die vedische spräche lassen
die bedingungen, unter denen infinitive die stelle eines ver-
1) Für verfehlt halte ich es, wenn H. Hirt IF. 12, 220 hierin
(sowie in nintytH) einen fortsetzer vorindischer praesensbüdung sucht.
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Vedisch stu^e. 265
bum finitum einnebmen können, sich 80 formuliren: sie ver-
ireten (trotz Delbrück Vgl. Synt 2, 453 a. E.) nie einen
indik. praes., wohl aber (als sog. infinitivi historioi) gelegent-
lich einen indik. praeteriti ^); ihre häufigste bedeutung
ist die imperativische. Vergleichen wir hiermit die Verwen-
dungen von stu^e u. s. w., so wird der praeterital-indikativi-
schen^ die auch bei echten infinitiven seltener nachweisbar ist,
das mindere gewicht beizumessen sein'), aller nachdruck da-
1) RY. X, 182, 1 ijSnäm id Dy&ur JBhumir ^hi prabhü§d^i,
yänäm Adüifiäv abhi avardhatäm „dem opferer standen himmel and erde
zn diensten {prabhüadni wohl nicht zu prä hhü „za gute kommen, nützen",
das den dativ regiert, sondern za prd hhüf „bedienen, ansrüsten'*), dem
opferer erwiesen die Aivin Wohltat". Vgl. auch Vm, 89, 1 yajddhyai
neben astofi. Jedenfalls ist, wie in den von Wackernagel Verh. d.
39. philol. vers. 279 f. belenchteten enropäischen parallelen, der „histo-
rische" igebranch ans dem imperativisohen abzuleiten. (Ober entspre-
chende herleitung von idg. hlüU „warst" ans hhüB „sei" vgl. o. 20, 72 A.).
2) „Historische" Verwendung eines ^infinitivs scheint vorzuliegen
in VI, 11, 5 vfüji^ dem praeteritale indikative parallel gehen. Auch
I, 142, 6 Vffl;e kann «» avfHjata zn verstehen sein. Vgl. VII, 2, 4 vjrit-
jaU (diese parallele ist Foy EZ. 84, 244 entgangen); doch ist (kollektiv-)
imperativisohe auffassung ebenso möglioh, die ich früher vorgeschlagen
habe. An perf. dädhära (freilich mit praesentisoher bedeatung) lehnt
sich an I, 62. 9 Smasu cid dtidhife pakodm atUdJjt „in die rohen kühe ist
gare milch gelegt": nimmt man dadhifs als 2. sg. („du hast gelegt"),
bleibt die medialform unerklärt. Hiemach könnte auch X, 96, 10 das
auf aharyat folgende dadki^e als auf die 8. sg. bezogenes infinitum
angesehen werden, doch liegt keine nötigung vor, da in v. 11 formen
der 2. sg. folgen. Sehr schwierig ist I, 128, 6 dwatra haoydm öhif€, das
trotz der härte doppelten Personenwechsels {6h. steht zwischen formen
der 8. sg.), für den das lied sonst keinen anhält bietet, Pischel Ved.
stnd. 1, 191 und Oldenberg SBG 46, 188 als 2. sg. gelten lassen.
Ohne zweifei ist die 8. sg. dem Zusammenhang des satzes angemessener.
Aber wie seltsam dann die grammatische bildung. Ein -wa-infinit eines
perf. wäre verständlich, wenn letzteres erstarrt und als praesens be-
handelt wäre. Dies wird man von 6hif4 nicht behaupten können, da in
dem parallelen VIU, 19, 1 dwatra hmydm dhire sicher unversehrte
Perfektbedeutung (es geht hier dadhanmre voran) vorliegt, dadhife ist
natürlich nicht zu vergleichen, da nichts hindert, dieses auf praes. dadh-
zu beziehen. Infinita des perf. scheinen vorzuliegen in den bereits von
Ludwig in diesem sinne gedeuteten YIII, 8, 10 oakrade^ VUI, 57 (»
Val. 9),'* 2 dadrüy VUI, lOO, 10 duduhs, vielleicht V, 89, 4 jH^Ufe, da
die Verbindung dieser anscheinend singularischen verba mit pluralischen
nicht sächlichen Subjekten wohl keine andere auffassung zulässt. Vgl.
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266 W. Neisser
gegen auf den nachweis der imperativischen funktion und prin*
zipiellen aasschliessang der indikativisch -praesentischen gelegt
werden müssen.
Imperativische Verwendung auf -e auslautender verbal*
formen bei singularischem Subjekt habe ich 0.20,69 darch
I, 76, 4; VII, 42, 2; X, 14, 5 huvi, V, 56, 1 hvaye [dieselbe
form auch in v. 5], X, 61, 21 vavrdhe belegt. Der erste beleg
wird abweichend aufgefasst von Oldenberg SBE. 46, 96, der
die Worte prajävatä vdcasä vdhnir äsä \ d ca huvi ni ca satäihd
devaih so überträgt: „with words procuring ofifspring, carrying
tbee (to our sacifice) with my mouth, I call thee hither, and
thou shalt Sit down here with the god8'^ 0. dtirt Delbrücks
Zeugnis synt. forsch. Y. 473: „es liegt kein grund vor, dem
huvi den Charakter einer ersten person zu versagen'^ (D. fugt
jedoch hinzu, dass die (oben mit ausgehobenen) werte des ersten
Pada ihn bedenklich machen). Dies zeugnis erfahrt seine m. e.
entscheidende Widerlegung durch Delbrücks eigne bekundung:
„dass Sätze mit nicht parallelen verben durch ca verbunden
würden, dürfte kaum vorkommen^'. Es ist mir unzweifelhaft»
dass durch das doppelte ca parallelismus von huve und saisi
erwiesen wird und beide verba auf die nämliche person be-
zogen werden müssen, a ca huvi ni ca satsi ist = höta ni
9lda (v. 2), vgl. VIII, 75, 1; X, 70, 3. prajdvaUl vdcasä be-
zieht sich auf Agni wie VI, 16, 36 prajävad brähtna; vdhnir
äsä bedarf, gleichfalls auf Agni bezogen, keiner rechtfertigung.
Auf die pardlele U, 6, 8 ist früher schon von mir hingewiesen
worden. Alles scheint mir so in guter Ordnung, während der
— im gegensatz zu der demütigen spräche des v. 1 — pomphaft
von sich redende opferer die in vv. 2 — 5 gehäuften apostrophen
Agni's etwas auffallend unterbrechen würde.
Zu V, 56, 1 hvaye trage ich die parallele V, 43, 10 noch
nach. Femer als neuen beleg eines singularischen «-imperativs :
VII, 7, 1 cd bhdvä no diUö adhvardsya vidvän \ imdnä devifu
aaoh das gleichfalls von Ludwig zitirie X, 23, 2 (hdrt) vidi vdtu „(In-
dra's falben) finden sich gntes'^ Aber von diesen -a-formen bis sn
uhi§e ist ein weiter weg. — Zar praeteritalen Verwendung der infinite
vgl. noch VI, 26, 6 dAtfi and die im sinne praeteritaler indikative
stehenden konjj. II, 11, 10 nijurvst, V, 81, 5 äreän, 6 vihkdrai^, VI, 17, 11
Vifrdhän, X, 74, 4 Utfisän (während I, 68, 9 iröfon, YII, 68, 7 pärfoi als
thematische indikk. gelten können, vgl. o. 7, 242).
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Vedisch stufe. 267
vivide mitddruh „sei unser opferkundiger böte, finde in
schnellem lauf bei den göttem dich ein*^
Eine reibe mit -8- gebildeter e-infinite reiht sich an: V,
13, 6 d rddha^ cUrdm rfijase „ausgezeichnete spende verschaff
uns, Agni*' (anders Geldner Ved. stud. 3, 35); VI, 22, 9
dhi^d vdjram ddk^ine, vUvä dayase vi mäyah „nimm den
keil in die rechte, vernichte alle truggestalten'' (in dem genau
parallelen VI, 18, 9 steht abhi prä manda (nicht „ziehe los
gegen", sondern transitiv : „schlage in die flucht'*) an der stelle
von dayaae); VIII, 93, 19 käyd tvdm na tUyä abhi prd man-
da se (et^a „mit welcher hülfe wirst du zu uns eilen" (vgl
Geldner Ved. stud. 2, 133) enthält das zu abhi mandasanäh
(v. 21) gehörige infinitum (cf. rfijase : rfijasändh) ^), das hier
konjunktivisch verwendet ist (cf. v. 20 käsya suU sdcä rantU);
VlU, 4, 10 nimighamäno (simam) divi-dive \ öjiftham dadhi^e
sähah kann hierher gehören („täglich den soma in dich
giessend gewinne gewaltigste kraft"), da dieser wünsch an die
vorangehenden d gahi ptba simam sich angemessen anschliesst
und die ezistenz eines inf. dadki^e anderweit gesichert ist, vgl«
oben und V, 45,. 11 dhiyam vo apsü dadhi^e avar^am (cf. VII,
34, 10) „richtet auf die wasser eure erfolgreiche andacht"
(diese stelle ist o. 20, 59 nachzutragen); X, 50, 5d (. 6a)
eiä sdvanä tütuma kr§e ist von Bartholomae IF. 2, 280 mit
recht imperativisch („mach diese pressungen wirksam") ge-
nommen worden, während desselben gelehrten Interpretation
von V, 58, 1 8tu8e im sinne einer 2. sg. iropt. zweifelhaft ist:
8tu§e kann auch hier wie sonst (s. u.) pluralisch gefasst werden.
Näher liegt singularische Übersetzung, die Ludwig Inf. i. V.
(s. 75 a. £.) vorschlägt, in VUI, 23, 2, doch ist auch hier
pluralische interpretation in passivem sinn zulässig: „und ge-
priesen seien die wagenstreiter". Singularisch nehme ich X,
93, 9 sd ca stuae maghönäm „lass unter den gabenspendern
dich preisen", vgl. V, 10, 7 stdvase (konj.) ca nah.
Mit X, 93, 9 berührt sich inhaltlich V, 33, 6 präryd
stu^e tuvimaghdsya ddnam „zu preisen sei des trauten Spen-
ders gäbe", wo stuae als imptv. 3. sg. vorliegt. Das ist auch
der fall — ich berichtige hiermit meine früher gegebene dar-
1) V, 38, S a yamase „halte an dich" kann mit yanuuSnä- ver-
einigt werden (yamas-e) oder mit konj. yamaU {yanuk'9e).
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268 W. Neisser
Stellung — in I, 122, 7 stu^e sd väm — rat{h (cf. X, 143, 4,
cit6 tdd vam — räUh), 8 asyd stu^e mähimaghasya rädhcA,
VIII, 63, 3 0 $tu^i tdd asya pdunsyam; mit der letzten stelle
hat Ludwig Inf. 75 (vgl. Bartholomae a. a. o.) VHI, 3, 20
= 32, 3 krpi tdd Indra pdunsyam „gerühmt sei, Indra, diese
heldentat*^ zutreffend zusammengestellt und die weeentliche
Identität von hr^i und cdrkr^e erkannt Vgl. Bartholomae
0. 13, 78, Foy KZ. 34, 238, deren Interpretationen im ein-
zelnen der Verbesserung bedürfen. carhr§e ist X, 74, 1 im
sinne der 1. sg. verwendet: „ich rühme die Vasu^S dag^en
X, 22, 1; 105, 4 auf die 3. sg. bezogen, im ersten belege in
gewöhnlicher bedeutung „er werde gerühmtes im zweiten in
jener praegnanten bedeutung „rühm erwerben (im sport)", d. L
„schnell vorwärts kommen", die ich o. 17, 251 ff. für carkarmi
und mehrere Synonyma nachgewiesen habe, vgl. besonders X,
22, 4 8to^ dävä „lass, Indra, wie zum preise, die rosse schnell
laufen''. Danach X, 105, 4 sdcä yir rndraä cdrkr^ dn ups^
nasdh Baparydn{tam) „mit denen (den rossen) Indra schnell,
wie zum preise, eilt zur einkehr beim Verehrer'* (vgl. — von
carkr^e abgesehen — Fischöl Ved. stud. I, 197). carkr^e
auch hier Imperativisch zu übersetzen („er eile**), verhindert
das parallele pdpaje in v. 3, für welches indikativische auf-
fassung anzunehmen ist. — Auf die 3. sg. können femer be-
zogen werden VII, 96, 1 brhdd u gdyi^e vdco asuryä nadtnäm
„ein mächtiges lied erhalte gesungen die herrin der ströme'^
und, um noch gleich dem schon genannten cUi -^lose bildungen
anzufügen, X, 13, 1 yuj4 vam brdhma pürvydm ndmobhih „ge-
rüstet werde euch ein vorzüglicher spruch**, VII, 97, 2 Brha^
spdtir no maha d sdkhäyah „B. werde von uns gefeiert**.
Aus der zahl der pluralischen belege hebt eine gruppe
von nahezu 30 in meiner früheren abhandlung ^) verzeichneten
Sätzen sich ab, in denen das pron. vah den «-infinitis voran-
geht, was Bartholomae (für einige dieser ^tze) und ich als
bestätigung des pluralischen Charakters der verbalform und
ihrer beziehung auf die 2. person betrachten. Delbrück Vgl.
1) Fuge hinza: X, 101, 9 a oo dhiyafh yqflUyoth varta ütdye. Da-
gegen ist VI, 48, 1 däkfOBs seines akzentes wegen besser zu den eigent-
lichen infinitiven sn rechnen; nimmt man es rein verbal, so ist die
cäsur zur erkiämng der betonung heranzuziehen.
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Vedifioh stu^e.
synt. 2, 446 hält dagegen unter zastiminaiig Oldenbergs
a. o. 309 vcA für durchweg bedeutungslos und untauglich, über
den Charakter der sPu^e u. s. w. gültiges zeugnis abzulegen.
Es ist nicht zu leugnen, dass die Verwendung von pah in
einigen rgvedischen belegen den Interpreten ein kleines problem
stellt. Geht man die einzelnen falle durch, so yermisst man
einmal (A) ein nomen, von dem man vah regiert denken
könnte, anderswo (B) folgt auf pah eine andere verbalform
ab die erwartete 2. plur. Gelegentlich kann A mit B kom-
binirt sein.
A. I, 37, 1 krildm pah sdrdho M&rutam — abhl prä
gOyata, HI, 13, 3 Äguim Uim po äuvasyata, I, 122, 4 prd po
Ndpätam apdm krnuMpatn, YU, 36, 8 prd vo maiim Ardma^
Um krnudhvam, V, 41, öprd po Rayim yulUdaäpam bharadhpam^
Vm, 49 (— Vftl. 1), 1 abhi prä pah — I'ndram arca ydtha
pidi. liier befindet sich pah in Übereinstimmung mit dem ver-
balen praedikate, als welches in allen sechs fallen ein imptv.
2. plur. oder der Vertreter ^) eines solchen fungirt Aber es
fehlt ein nomen, zu dem der casus obl. pah in beziehung ge-
setzt werden könnte. Man hüte sich, dasselbe in den neben
pah stehenden göttemamen zu suchen und etwa „eure Marut-
schaar^*, „diesen euem Agni" u. s. w. zu übersetzen. Obwohl
diese art der Übersetzung allgemein gebräuchlich ist, glaube
ich, dass sie nicht nur in den obigen belegen, sondern durchweg
im RV. aufgegeben werden sollte. Vergegenwärtigt man sich
Sätze wie folgende dem YII. buche entnommene: 3, 1 Ägnim
PO dütdm adhpari krnudhvam, 4, 1 prd pah iukrdya bhär
ndve hapydm matim ca Ägndye, 31, 1 prd pa Tndräya
mädanam — gäyata, 31, 10 prd po mahi bharadhpam prd
sumaUm hrnudhpam, 34, 9 abhi po dhiyam dadhidhpam,
1) Als Vertreter von areata darf area im letsten belege, wie in
VIII, 69, 4, angesehen werden, vgl. X, 101, 10 s^Usa neben iakfoia «oa-
fadh9am yunakUif 12 i eySvaya neben dadhätana eodaytUa khudata nnd
das oben 20, 56 a. E. bemerkte (ebenda 58 über I, 143, 4 himshi). So
UI, 18, Iprd va^-- hdrhiffham aroSamai (of. III, 12, 5), VI, 16, 22 prä va^
Mokhäyal^ — ärea gaya ea (of. VI, 45, 4), X, 50, 1 prd vo mah6 mdndth
mänäya ändhaao area (cf I, 62, 2), X, 76, 5 i vah — arca (of. 1 i va
rVo9e), vm, 46, 14 abM vo Vtrdm — gäya, V, 25, 1 dehä vo AgrUm
dvas0 dmubk gUi^ wohl auch VI, 45, 22 tdd vo gdya auU saeä (obwo^
in V. 16 Uuhi vorangeht).
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270 W. Neisser
fri vo devaträ väcarh krnudhvam, so findet man nicht götter-
namen, sondern ganz andere begrifife mit vah Terknüpft. Diesen
beispielen aus buch VII lassen sich gleichartige aus allen teilen
des RV. anschliessen. Rechnet man dazu fälle, wie VI, 48, 1
lad va ukthasya barhdnä tndräyopcutnflifdni, wo ein impe-
rativischer infinitiv auf vah folgt, so dürfte ihre zahl auf drei
dutzend sich belaufen. Würden meiner auffiissung gemäss auch
die Sätze, in denen stu^e u. s. w. auf vah folgen, berücksichtigt,
so ergäbe sich eine noch erheblich grössere zahl. Doch scheiden
wir diese strittigen sätze aus der betrachtung aus. Auch so
steht fest, dass vers- oder satzanfange wie Agnifk vo düidm,
prd vah äukrdtfa, prc va rndraya u. s. w. durch den RV. ver-
breitet waren und dass diesen anfangen regelrecht eine fort-
setzung folgte, die das zu vah gehörende bezugnomen (das kein
göttemame war) enthielt Da ist leicht verständlich, dass ge-
legentlich die anfangsformeln sich verselbständigten (zunächst
etwa unter hinzudenkung des zu vah gehörenden nomen), wo
kürzerer ausdruck bedürfnis war. So lassen die sechs unter A
gegebenen belege eines defektiven typus auf den normaltypus,
der vah mit imperativ und nomen verbunden zeigt, sich im
prinzip zurückfuhren. Ja die kürzung lässt sich noch am ein-
zelnen falle wahrscheinlich machen. Der letzte der unter A
verzeichneten belege ist eng verwandt mit VIII, 69, 4 abhi prd
gdpatirn gird \ I'ndram arca ydihä vidi-, hier ist das gird er-
halten, das wir in obigem abhi prd vah — I'ndram area ver-
missen. Femer ist zum vorletzten der obigen belege (V, 41, ö
prd vah — bharadhvam) v. 6 des liedes zu vergleichen: prc
vah — krnudhvam arkaih {prd bharadhvam und prd krnu-
dhvam neben einander auch Vn, 31, 10). Durch ergänzung eines
begriffs wie arkaih erklärt sich auch prd vah — krnudhvam
in den an dritter und vierter stelle unter A genannten belegen,
die gleich V, 41, 5. 6 Vi^ve devah-hymnen entnommen sind:
bei der häufung der anrufungen, aus denen derartige hymnen
sich zusammensetzen, werden kürzungen des ausdrucks unver-
meidlich. Da solcher art leise fäden sich finden lassen zwi-
schen der isolirenden Verwendung von vah und der dasselbe in
Verbindung mit zugehörigem nomen bewahrenden, bin ich nicht
geneigt, mit Delbrück Synt. forsch. V, 206 und Th. Bau-
nack Stud. I 353 vah in obigen fallen die bedeutung einer
verstärkenden parükel («^ iJTOi) zuzuschreiben, wodurch der
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Vedisoh stuse. 271
abstand von den volle pronominale bedeutang wahrenden be-
legen übermässig vergrössert würde. Es wird genügen, vah für
innerhalb oft wiederholter satzeinleitender formein erstarrt zu
erklären, bisweilen scheinbar erstarrt, so dass eine den ein-
zelnen beleg mit seinen verwandten und parallelen verknüpfende
betrachtung dem wörtchen seine bedeutung zurückgeben
kann.
B. VI, 38, 3 tärh vo dhiyd (cf. VI, 22, 7) abhy änü^t
arkaih, VII, 2, 3 ilinyam vah (cf. VII, 9, 4) — sddam in
mahema, V, 21, 4 devdm vo devayajyayä (cf. VIII, 71, 12)
lUta mdrtyahi hier ist vah in pronominaler weise (nicht als
Partikel!) mit bezugnominibus verbunden, stimmt jedoch an-
scheinend nicht zu dem verbum des satzes. Erinnern wir uns
der freiheit des Personenwechsels z. b. in VIII, 24, 1 sckhaya
d iiaämahi — stu^d ü ^ vo nrtdmäya „wir wollen unser
gebet an Indra richten, gepriesen werde von euch der held'^
(cf. ebenda 19 = VIII, 81, 4 ito nü rndram stdvamä) oder
V, 45, 11 dhiyam vo apsu dadhise (« VII, 34, 10 dadhi-
dhvam\ ayd dhiyd syäma devdgopäh „weihet eure andacht den
wassern, möchten wir durch diese andacht den schütz der
götter erlangen", so wird auch der in obigen belegen zu be-
obachtende Sprung in der darstellung der personen weniger be-
fremden. Einer unter den priestern kann die genossen in der
2. pl. sowohl anreden wie, sich einschliessend , in der 1. pl.
{mahe^na) zusammen&ssen; er kann wohl auch als einzelner in
der 1. sg. {anOfi) sich ihnen gegenüberstellen oder in allge-
meiner Wendung („der sterbliche") in der 3. sg. {i^ mdrtyah).
So folgt eine 1. pl. auf vah im nämlichen satze auch in I, 36, 1
prd vah (mit viädm zu verbinden und dtithim zu ergänzen?) —
imahe, VIII, 88, 1 tarn vo mandandm dndhasah — abM girbMr
navämahe sowie VIII, 24, 18 tdm vah — ahamahi, yajfiibhir
vävrdhSnyam. Mit dem letzten beispiele beginnen grössere
Schwierigkeiten sich einzustellen. In ihm könnte vah mit
yaj^iSbhir verbunden werden: „wir rufen ihn, der durch unab-
lässige Opfer von euch zu erfreuen ist". Aber eine gleiche
Interpretation ist ausgeschlossen in dem doch nicht zu trennen-
den belege V, 64, 1 Vdrunam vo riäddasam red Mürdm ha-
vämahe: hier kann vah nicht auf red bezogen werden, „wir
rufen mit euerm lied" wäre widersinnig. Ein zu vah gehören-
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272 W. Neisser
des bdzugnomen fehlt ^), wie oben in den belegen des typus A»
in IV, 16, 16 tdm id va Fndram suhdvam huvema, VI, 19, 4
tarn va Indram — huvema. Hiernach wird auch VIII, 24, 18
tarn vc^ {Tndram) — ahümahi für sich allein za nehmen,
yajfiibhir vävrdhinyam von vah zu trennen sein. Will man
nicht vah auf die Yajamänäh (vgl. Pischel Ved. stud. U 228;
Geldner ebenda III 179) beziehen im gegensatze zu den jeden-
falls auf die priester bezüglichen verben huvema havamahe ahü-
mahi (wie zuvor navamahe imaA«), wodurch der Personenwechsel
sachlich zu begründen wäre (cf. auch VIII 45, 28!), so wird
vah hier ähnlich wie in den belegen des typus A ab in der
Satzeinleitung formelhaft eingeschlossen zu betrachten sein.
Diese ') belege des typus B sind es, denen im sinne Del-
brücks, dem Oldenberg sich anschliesst, die falle anzu-
reihen wären, in denen stu^e u. s. w. auf einen vcA ein-
schliessenden satzanfang folgen. Da beiden gelehrten stuse und
genossen in der grossen mehrzahl der belege als 1. sg. gelten,
so würde in den fraglichen fallen zwischen vah und dem satz-
praedikate ein ähnlicher Personenwechsel wie in den soeben
besprochenen belegen zu konstatiren sein. Aber die ähnlich-
keit wird durch eine grössere unähnlichkeit ihrer beweiskraft
beraubt Sehen wir von X, 106, 4 (api vah — gami^fam) ab,
dessen Situation von der den anderen belegen des typus B zu
gründe liegenden ebenso verschieden ist wie von derjenigen der
belege von stuae u. s. w. und darum sich nicht eignet, das
1) Ebenso anscheinend in X, 106, 4 äp^ vah — gamiB^am (Roth
ZDMG. 48, 118).
2) Zu streichen ist Baunacks (a. a. o.) beispiel VIII, 26, 16
tdtya vratani dnu vai earaman (der einzige faU, in dem bedentungloees
vah ausserhalb des satzanfangs stehen würde), mit vah sind die v. 16
genannten ndra^ angeredet. Zu dem spränge von vah zn tüno, an dem
Ca 1 and Synt. d. pron. 59 * anstoss nimmt, in VIII, 19, 7 »uagnäpo vo
agnibhü^ syama Müno Mhasa]^ ist der Personenwechsel in IV, 2, 8 anidr
lyase — yuftnaiM ea dwan vUa tt ca mdriän „dn gehst einher zwischen
enoh göttern and den menschenstämmen*'» VII, 95, 5 ima [havyim]
iühvSnä yufmdd ä — jufaMva „diese spenden von euch empfangend
koste'* zu vergleichen : va^ darf wie ytt^man, yuftndd in pronominaler
geltung genommen werden. Delbrück hat I, 62, 2; 122, 1; 127, 1
(die letzte stelle aach ich a. o. 64 anm.) irrig herangezogen, vah hat in
allen drei fallen pronom. bedentong. — An stellen wie V, 7, l; VIII
69, la; 70, 8; 71, 12. X, 92, 1; 115, 8 ist ein imptv. 2. pl. oder ein
inf. neben vah zu ergänzen.
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Vedifich du^e. 273
gegenseitige verliältniB beider belegkategorien aufzuhellen, bo
bleiben für typus B neun beispiele übrig. In ihnen finden wir
mit wih verbunden siebenmal eine 1. pl. (mahetna imahe na-
vömahe ahütnahi havämahe huvema*)^ je einmal eine 1. sg.
(anu^ und eine 3. sg. (flUa). Also die Verbindung von vah
mit einem verbalen singular stellt eine ausnähme dar, die*
jenige mit einer 1. plur. ist häufiger zu finden und obendrein,
wie oben nachgewiesen, durch parallelen zu stützen, in denen
einer verbalform der 2. plur. eine solche der 1. plur. unmittel-
bar sich anschliesst. In schärfistem gegensatze hierzu würden
stu^e und genossen nahezu dreissigmal als 1. sing, mit vah
verbunden erscheinen. Die annähme, dass vah in den belegen
der fraglichen «-formen bedeutungslos sei, wird mithin durch
eine prüfung des sonstigen auftretens des anscheinend oder
tatsächlich irrationalen vah nicht bestätigt, sondern in anbe-
tracht der dargelegten Zahlenverhältnisse zu fall gebracht. Die
grosse masse der vah-helege kann stuse u. s. w. als 1. sing,
nicht enthalten; nur im vereinzelten falle wäre eine derartige
Verwendung denkbar, wie einmal auch die 1. sing, anü^i neben
vah uns begegnet ist.
Die raA- belege von du^e u. s. w. gleichen den belegen mit
vah verbundener imperative 2. pl. oder gleichbedeutender infi-
nitive so genau, sind auch durch andere indizien so deutlich
als pluralisch gekennzeichnet, dass schwer verständlich wäre,
wie sie verkannt werden konnten, wenn nicht die bisweilen ein-
getretene umdeutung zur 1. sg. von der richtigen erkenntnis
abgelenkt hätte. Wodurch unterscheidet sich VI, 15, 1 imäm
ü fü vo diithitn — rfijase girä (cf. 4 dyiUändm vo dtithim-
rfijase) von 6 priydm-priyam vo dtithim grnfpdni? Wo-
durch II, 16, 1 prd vah satdm jyi^fhaiamäya suffuHm —
havir bhare *) von VI, 67, 1 vUvesäm vah saidm jyisfhatamä
g%rbhir vävrdhddhyai? Warum X, 101, 1 dvase nf hvaye
vah in gegensatz bringen zu allen imperativen, zwischen denen
es steht, während dvase vah zu vollem rechte gelangt, sobald
hvaye im sinne eines plur. genommen wird? VIII, 31, 14 ist
vah — ile, dem VIII, 23, 7 vcük — huve grne, vahk — stu^e
parallel laufen, mit saparydniah verbunden, ebenso VIII,
1) Diese stelle wird von Oldenberg als beleg eines mit «o^ ver-
bundenen indik. 1. sg. zitirt.
Dttitzfige z. künde d. indg. spraolien. XXVU. 18
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274 W. Neissöi*
74, 1 vah — 8tt4^e und I, 30, 1 vah — sifice mit vajdyantah,
Willy 66, 1 vah — huve mit gdyantah, I, 142, 5 vrfijf mit
strnänäsah. Zur entkräftnng des aus diesen partizipien auf die
^-formen zu ziehenden Schlusses erinnert Delbrück Vgl.
synt 2, 447 an das II, 11, 4 unabhängig stehende vardhdyan^
tcL^i so seien auch aaparyantah u. s. w. nicht notwendig mit
den e-formen eng zu verbinden. Es ist richtig, dass dergleichen
vorkommen kann, wenn auch sichere belege rar sind (II, 38, 10
vajdyantah kann über Ndrä^dnsah — avyäh hinweg mit syäma
verbunden, YII, 34, 16 sfdan vielleicht als Vertreter von 9i^ dan--
tarn angesehen werden); aber was in einem satze zutrifft, kann
in einem anders gebauten sehr unwahrscheinlich sein. Delbrück
hat übersehen, dass der Verfasser des liedes II, 11 die caprice
hat, jeden vers, bisweilen mehrere Päda desselben verses mit
einem auf -ant oder -äna ausgehenden partizip (in 10. 11
sutdsya, sutdsah) zu beschliessen: 1 k^drantak, 2 c manyamOfiam,
d vävrdhändh, 3 c tnandasändh, 4 a vardhdyantak, b dddhänäh,
c vävrdhändh, 5 b k^ydntam, c tastabhvänsatn u. s. w. u. s. w.
bis einschliesslich v. 19, nur in 16 stehen brhdntah, strnändnah
nicht am ende, sondern am anfang des Pada; in 18 setzt das
prinzip aus; in 20, dem eigentlichen schlussverse ist vielleicht
Trit&sya den oben genannten autdsya, sutäsah an die seite zu
stellen. D. wird einräumen, dass ein diesem liede entnom-
mener partizipialbeleg nicht geeignet ist, das urteil über die
konstruktion der von mir vorgeführten fünf belege zu beein-
flussen, in deren jedem eine abtrennung des mit vah, bez. der
e<form harmonirenden partizips den satz kläglich zerreissen
würde. — Wenn endlich gegen meine konstatirung, dass durch
anerkennung des pluralischen Charakters von stu^e u. s. w. in
vielen belegen die mit diesen formen verbundenen- plurale
girbhih süktaih äo^aih u. s. w. erst in das rechte licht gestellt
werden, von D. eingewendet wird, dass solche pluralische nomina
auch mit singularischen verbalformen verknüpft werden können,
so ist das quantitätsverhältnis nicht in anschlag gebracht: in
solcher häufigkeit wie immer wieder neben stt^e und genossen
sind pluralische termini neben singularischen verben nicht zu
finden; die kategorie der e-infinita wird daher durch diese
häufigkeit als pluralisch bestätigt; nur im einzelfalle würde,
das räume ich ein, Delbrücks einwand gelegentlich geltend ge-
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Vedisch du^e. 275
macht werden können, wenn nicht andere erwägungen die
pluralische interpretation der fraglichen verbalform empfehlen.
Ich hofife erwiesen zu haben, dass die in rede stehenden
6-formen nicht vorhistorisch, was Oldenberg als möglich
gelten lässt, sondern an zahlreichen stellen des rgvedischen
textes als infinita sich ergeben. Als solche sind sie, was Bar-
tholomae und Delbrück durchweg verkannt haben, von den
eigentlichen infinitiven zu unterscheiden (vgl. oben 20, 74 ^) ^).
1) Den Vorschlag Foys KZ. 84, 287, die enklitisch überlieferten
e-formen mit akzenten zu versehen, begnüge ich mich hiermit zu er-
wähnen. Das auch sonst in textänderungen oft abenteuerlichsten ge-
prages sich dokumentirende Unvermögen dieses Schriftstellers, den Hgveda
so wie er ist zu interpretiren , findet ein drastisches seitenstück und
eine psychologische Illustration in seiner behandlung eines — modernen
textes. Foy bespricht meinen aufsatz vier Seiten hindurch, ohne ihn
völlig gelesen zu haben. Er stellt a. o. 286 als ergebnis desselben hin,
dass die «-infinite im Yeda ausschliesslich pluralisch verwendet werden
im gegensatze zu ihren singrularischen griech. entsprechungen. Foy hat
also die Seiten 69 und 70 meines aufsatzes übersehen, in denen ich die
singularische Verwendung der ved. «-infinite nachweise, die Wichtigkeit
dieser Verwendung für beurteilung des gesammtproblems ausdrücklich
(mit hervorhebuDg durch Sperrdruck) betone, nebenbei über ursprüng-
liche pluralische funktion der fraglichen form im Griech. eine Ver-
mutung vortrage! Femer behauptet Foy a. o. 286, dass die echten
(akzentuirten) infinitive von mir mit stillschweigen übergangen worden
seien; er findet den mut hinzuzufügen, es sei dies deshalb geschehen,
weil dieselben meiner über itu^e u. s. w. vorgetragenen ansieht nicht
entsprechen. Foy würde auf diese insinuation verzichtet haben, wenn
er s. 74 meines aufsatzes gelesen hätte. Die echten infinitive sind von
mir nicht übergangen, sondern als grundlage der enklitischen formen
anerkannt worden, obwohl die anerkennung sich erübrigte, da sie selbst-
verständlich ist: der von Foy konstruirte Widerspruch zwischen meiner
aufifassung von »ttise und der Verwendung allgemein anerkannter infini-
tive liegt in Wirklichkeit ja gar nicht vor. Wenn iiufe und genossen
in meinem aufsatz zunächst als imperative eingeführt werden, so ge-
schah es nach dem nämlichen grundsatze, dem zufolge gr. ßovUvCiu^
lat. UgimifU als imperative allgemein bezeichne! werden: über den Ur-
sprung der form wird durch diese einen gegebenen tatbestand beschrei-
benden termini nichts ausgesagt. Wohl aber ist nach darlegung der im
ved. tezt uns nächsterreichbaren imperati vischen geltung von »t%tf€ und
genossen auch ihr infiniter Ursprung eingehend von mir gewürdigt
worden. Gegenüber der bestimmtheit , mit der Foy seine sätze hinzu-
stellen pflegt, schien es mir von allgemeinem interesse, an flagranten
beispielen den grad der ihnen innewohnenden verlässlichkeit festzulegen.
18*
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276 W. Neisser
stu^e und genossen gehören ihrer betonnng nach zum yerbum %
echte Infinitive zum nomen. Der § 149 in Delbrücks Vgl.
synt II, der die abgrenzung des infinitivs gegen das verbum
finitum behandelt, ist völlig umzugestalten. Insofern äu^e zur
1. sg. umgedeutet ist, gehört es in die betrachtungen des an-
gezogenen Paragraphen überhaupt nicht hinein. Nicht stufe
als 1. sg., sondern als enklitisch gewordener infinitiv ist dem
nominalbetonten infinitive gegenüberzustellen, in der akzentuellen
differenzirung ist die abgrenzung des verbum gegen das nomen
beschlossen.
Mit der akzentuellen Scheidung von sta^S : stu^e ist eine
funktionelle naturgemäss verbunden zu denken. Zunächst
offenbar die, dass stu^e mit dem verlust des nominalen ak-
zentes auch den der nominalen funktion erlitt: „ich verlange
nach preis*^ kann nicht durch vifni stu^e, sondern nur durch
vimi stufi (vgl. VIII, 4, 17) ausgedrückt werden. Wichtiger
als dieser negative umstand ist die tatsache, dass das rein
verbale slu^e in die sphäre des medium bezogen worden ist
Durchmustern wir die s in gul arischen Verwendungen
von stu^e und genossen (oben s. 266 ffl), so gehören huve und
hvaye „rufe", rfijaae y^erstrebe", dayase „zerteile" zu verben,
die auch sonst häufig oder ausschliesslich medial flektiren.
Wird VIII, 23, 2 stu^e als imptv. 2. sg. („preise'^) interpretirt,
so ist zu erinnern, dass 1. sg. stavai und 1. sg. agto^i mehr-
fach in aktiver bedeutung vorliegen, so dass auch bei aktiver
Übersetzung die form stuae als medial behauptet werden kann.
Dasselbe gilt für X, 50, d. 6 advanä t&tumd kr^e „mach die
Pressungen wirksam": das PW. verzeichnet unter kar 15)
mehrere fälle, in denen das medium, wie an unserer stelle
kf^By mit doppeltem akk. „eine sache oder person zu etwas
machen" bedeutet, vgl. aus dem RV.: III, 43, 5. V, 30, 8.
An der stim tragen ihre medialbedeutung X, 93, 9 stu^e „lass.
dich preisen", VIII, 4, 10 dadhi^e „lege dir bei" sowie vävrdhe
„stärke dich", vivide „finde dich ein" ; mandaae wird durch das
Ihm in einzelheiten Ea folgen erübrigt sich dnrch das oben im tast
gesagte.
1) Oldenberg würdigt dies voUanf, rückt aber «Inf«, indem er
es SU den praesensformen stellt, zu weit ab von den echten infinitiven,
von denen es doch dnrch akzentnelle differensimng nor leise g^
schieden ist.
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Vedisoh stu^e. 277
benachbarte mandasändh ausgewiesen« Die auf die 3. sg. be-
zogenen infinita stehen meist passivisch : stu^e „werde gepriesenes
kr^e f, werde gerühmt'* (ähnlich X, 22, 1; 105, 4 cdrkr§e\
gäyi^e ,,werde besangen", ciU „werde bemerkt'S yuji „werde
gerüstetes mähe „werde gefeiert''; in praeteritaler fnnktion
VI, 11, 5 vHiji „wurde hingeworfen", I, 62, 9 dadhi^e „ist ge*
legt" (event. X, 96, 10 dadhi^e „hat sich beigelegt"). Sollte
I, 128, 6 havydm öhi^e auf die 3. sg. zu beziehen sein (=<= „er
fährt das opfer zu den göttern'^), so wäre zu berücksichtigen,
dass auch sonst das medium vahate ,jmdm. etwas zuführen"
bedeutet, so V, 53, 13. VIII, 26, 23.
Unter den pluralischen belegen würde Ym, 23, 2 riu^e
event passivisch zu interpretiren sein, wie oben bemerkt. Von
den anderen pluralischen belegen zeigt ein teil formen, deren
zugehörige praesentien zwar von uns aktiv übersetzt werden,
aber sei es häufig, sei es durchweg medial flektiren: huve
hvaye, %fe, Hijdse; ein anderer teil formen, in denen ein re-
flexives oder neutrales medium zu tage tritt: V, 45, 11 dhiyam
vo ap9Ü dckdhi^e „lenkt euern frommen sinn auf die wasser",
X, 19, 7 pari vo viSvdto dadhe „füllt euch überall", anschei-
nend auch vivak^aae im refrain X, 21 ; 24; 25 (.,kräftigt euch"?);
der grösste teil bietet überwiegend aktiv flektirenden verben
angehörige formen, deren medialität als exponent kollektiver
funktion zu betrachten ist.
Gegen die aufstellung eines kollektiven medium (o. 20, 65 ff.)
argumentirt Delbrück Vgl. synt. 2, 432 in etwas eigentüm-
licher weise. Er übergeht meine herleitung des der BrShma^a-
prosa eigentümlichen medialgebrauches von stuvate „sie tragen
ein s&ma vor" aus dem kollektiven „sie lobpreisen alle zu-
sammen"; meinen hinweis auf ved. sacate (= gr. fnerai =
lat sequüur)^ dessen grundbedeutung „zusammengehen" sich
kollektivisch auffassen lasse; ignorirt ved. janghananta >, arcata
gtobkaia, grnania, vrüjate, marjayadhvam (denen ich acht an-
dere mediale imptve. 2. plur. anreihe), med. bhara- *^, sieamahe
sificämahai, janayanta^; nur I, 140, 3 tareie und III, 7, 1 sam
earete (ein beispiel unter vielen für die bekannte regel, dass
sonst aktiv flektirende verba in Verbindung mit sam das me-
dium anwenden) werden zitirt mit dem bemerken, dass D. diese
zwei stellen „nicht sicher zu übersetzen wage", also — damit
schliesst D. die Untersuchung ab, ohne sie begonnen zu haben
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278 W. Neisser
— den rein kollektiven sinn des medinm nicht finden könne.
S. 447 a. e. wird dies negative ergebnis in die positive form
gekleidet, dass D. die aufstellung eines kollektiven medium für
verfehlt halte.
Die aas der reihe meiner belege willkürlich von D. aus-
gehobenen zwei stellen liegen jetzt in SBE. 46 in Oldenbergs
Übersetzung vor. An der ersten stelle bleibt der grund des
anstosses, den D. gefunden, mir unersichtlicb. Ich halte tareie
für ein schlagendes beispiel der kollektiven funktion des me-
dium. An der zweiten stelle ist mein zu buchstäbliches
„schreiten gemeinsam** durch „kommen zusammen" zu ersetzen.
An der grammatischen auSassung wird damit nichts geändert.
Ist (pUära) sdm carete zu trennen von Y. 9, 5 fracaröi^s
(pita pufraäca) „vater und söhn schreiten gemeinsam vor"?
Wird in letzterem satze nicht das Subjekt als zusammenge-
höriges paar, als koUektivum also, durch die medialform cha-
rakterisirt?
Über die beziehung des kollektiven medium zum rezi-
proken sei dem früher (a. o.) bemerkten noch folgendes angefügt
hinblick auf modernes empfinden und übersetzen. Beide arten
des medium können im Deutschen durch Verwendung des be-
gri£Pes „einander** verdolmetscht werden. Bei dem reziproken
medium ist dieser begriff als grammatisches objekt anwendbar:
„sie lieben, hassen, bekämpfen einander**; beim kollektiven
medium ist diese anwendung ausgeschlossen, dagegen kann hier
„mit einander** in jedem falle bei dem verbum hinzugedacht
werden. So wäre z. b. janghananta bei reziproker bedeutung
wiederzugeben durch „sie schlugen einander**, bei kollektiver
durch „sie schlugen einen gegenständ alle miteinander** ; arcata
grnanta astuvata rezipr. bedeuten: „sie priesen einander**,
während sie als koUektiva besagen: „sie priesen (die götter)
alle mit einander** ; marjayadhvam rezipr.: „reinigt euch^S koll.:
„reinigt (das feuer u. s. w.) mit einander**, bharadhvam rezipr. :
„erhebt euch**, koll.: „erhebet (die stimme u. s. w.) alle mit-
einander**, u. s. w. • Beide typen sind so scharf ausgeprägt,
dass der grammatiker sie zu berücksichtigen und auseinander
zu halten gezwungen ist.
An diese finiten medialformen kollektiver bedeu-
tung reihen die «-infinita sich unmittelbar an. Zu stupote gehört
stu^e „¥är wollen alle mit einander (die götter) preisen** oder „preiset
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Vedisch stu^e. 279
alle mit einander'S zu arcata grnanta treten arcase nnd aree,
grnlse und grne, zu vrfijate : vrfije, zu hharadJivam sificämahai
janayanta : bhare siilcejanaye; hiae ist etwa mit ahe^ta (4 mal in
buch IX) zu kombiniren. Es reiben sich femer an (belege am
früheren ort) : dohase (1. pl.) 4u^e parte name mande i^e iae
piväse voce juju^e, neben denen finite media kollektiver funktion
nicht nachweisbar sind. Das kann nicht auffallen, da zu impe-
rativischen anrufungen, als deren träger die «-infinite erscheinen,
besonders häufige gelegenheit geboten war.
Dass die medialität der «-infinita von Delbrück für
scheinbar erklärt, von Bartholomae nicht erwähnt wird, ist
auf den umstand zurückzuführen, dass beide gelehrte die verbal
gewordenen infinita von den nominal fungirenden nicht unter-
scheiden. Auch ist das Verhältnis stuäe : stöpi von diesen for-
schem nicht in seiner vollen tragweite gewürdigt worden. Folgt
doch schon aus dem hinblick auf die nie ^) kollektiv oder sonst
medial verwendeten sto^ und genossen mit Wahrscheinlichkeit,
dass wie diese dem aktivum, so stu^e und genossen dem medium
angehört haben, seitdem sie dem gesetz der verbalenklise sich
unterwarfen. Oder gibt es fälle, in denen unzweideutig ein
«-infinit, auf eine einzelne person in aktiver funktion bezogen
erscheint?
Eine isolirende betrachtung könnte ein auf die 1. sg. be-
zogenes imperativisches infinitum aktiver bedeutung finden in
VII, 8ö, 1 punt^d väm arak^dsam mani^äm söfnam Tndräya
Vdrunäya jühvat „ich will ein tadellos lied euch weihen",
X, 74, 1 Vdsünäm carkr^a iyak^an „die Vasu will ich rühmen"
oder V, 34, 9 sahasrasdm Agniveäim grni^e „den tausende
schenkenden A. will ich preisen", ähnl. II, 33, 12; aber gegen-
über der grossen zahl der bisher besprochenen stellen, an denen
mediale bedeutung vorliegt, würde nur zwingende not die an-
nähme aktiver bedeutung rechtfertigen. Ein zwang ist jedoch
nicht vorhanden, da die tatsache nicht bezweifelt werden kann,
dass an einer reihe von stellen (die a. o. von mir verzeichnet
sind, man füge hinzu X, 49, 7 rdhaJe kr^e) das «-infinit als
1) Dass das Y, 25, 1 mit vah verbnndene gän nicht zam koUek-
tivnm (gestempelt werden darf, folgt aus den o. 269 ^) angezogenen
paraUelen, in denen in gleicher weise gäya, area and andere singnlar-
formen anf oo^ folgen nnd die stelle eines plarals einnehmen.
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280 W. Neisser Vediscb stuae.
1. 8g. indik. praes. behandelt worden ist und nichts hindert^
den gleichen Vorgang in obigen vier belegen vorauszusetzen.
Diese sekundäre umdeutung berührt nicht das endergebnis
unserer Untersuchung, das dahin formulirt werden kann, dass
die infinitive des durch stu^i und rfl/a« 6 gekennzeichneten
typus träger medialer funktion wurden, indem sie dem
gesetz der verbalen enklise sich unterwarfen. Dass sie
nicht gleichwertig mit beliebigen medialformen, sondern nur mit
Imperativischen und praeteritalen verwendet werden konnten,
folgt aus der natur des Infinitivs.
Dass die d-losen infinita huve hvaye vavrdke u. s. w. in
nominaler betonung nicht belegbar sind, kann auf zu£all be-
ruhen: auch stu^i ist nur VIII, 4, 17; 24, 1, fiijase nur VUI,
4, 17 als verbalnomen belegt Es ist kein grund vorhanden,
der ansetzung eines echten Infinitivs *huvi zu widerstreben,
der dem X, 88, 10 belegten bhuvi (vgl. U, 16, 3 paribhvi)
entsprechen würde. Dagegen werden hvaye bhare arce siflce
viväse u. ähnl. auf nachahmung beruhen, wie innerhalb der kate-
gorie der s-infinite die formen grnt^e puni^e.
Beide kategorien, die mit 8 wie die ohne 8, zeigen die be-
schränkung auf mediale funktion in der enklise: wie bei gr.
ßovlsvaai (Bezzenberger GOA. 1887, 428) hat ersichtlich
anlehnung an das mediale verbum finitum stattgefunden. Das
enklitische formenpaar sto^/atu^e hat den kontrast des finiten
aktivum und medium zur Voraussetzung und illustrirt ihn seiner-
seits nur insofern, als es das wesentliche seiner äusseren form
im akzentwechsel erkennen lehrt. Diese erkenntnis war freilich
aus finiten formen der stammabstufenden konjugation wie 3. sg.
dögdhijdugdhS bereits zu gewinnen.
W. Nei88er.
Phrygisches ^).
1. IDie BiHngiiis von IDorylaion.
Diese inschrift ist in den mitteilungen des k. deutschen
1) Die von Ramsay in Eohns zeitschr. 28, 8. 381 ff. behandelten
phrygiBchen ioschrifben aas römischer zeit beseiohne ich als E. 1, E,2 a.8.w.,
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Alf Torp Phrygisches. 281
Instituts, Athen, XXIII s. 362 nach abschrift und abklatsch
Yon 7. MriXiÖTSovXog veröffentlicht worden. Sie lautet:
e . . i&ifiovfievog
viOiaiogyadQOTog
€i%ovfiiTQaq>ccva
xefiagrefiQoye
i4}gK€novvTag
ßagußevaTo^va
dovfi&neoiovd'
ßavaddoTWtOQOv
av TtaQe&ififjv v6
fiytlfUiOv %oig nQO"
yeyqa/ifiivoig &a-
oig x(ai) tj xoifif]
L4axXf]ni6g.
Der veröffentUcher, H. von Prott^ hat daran die folgenden
bemerkungen geknüpft:
„Der anfang enthält offenbar eine bestimmung in phrygi-
«cher spräche (participium auf -fievog mit sitov = i^otto). Es
folgen phrygische namen durch x« « gr. xai verbunden. An-
sprechend vermutet A. Dieterich, dass dies die im griechischen text
als -^soi erwähnten toten sind, deren schütze das grab anver-
traut wird, und verweist auf die bekannte phrygische sitte, die-
selben namen für götter und sterbliche zu verwenden (Kretschmer,
Einleitung in die geschichte der griechischen spräche, s. 200, 1).
Zu den namen bemerkt P. Kretschmer: MiT(fag>aTa persich,
wol = MiTQoßatrig, lykisch Mi^rapaia. Mag als frauenname
C. L G. 4411a und Heberdey- Wilhelm, Beisen in Ealikien
nr. 264, scheint als männername vorzukommen bei Heberdey-
Ealinka, Reisen in Kleinaäien s. 37 nr. 47; TefiQoyuog ist
Tembrogius, wie Plinius VI, 4 den Thymbres nennt, an dem
Dorylaion liegt. Zu Ädda vgl. einleitung s. 338, zu den nomi-
nativen Oiovd'ßav{?) und Toqovav das illyrische feqC/av (in-
schriften von Olympia nr, 695)".
die drei von Hogarth in Journ. of Hellenio Studies 1890, 8. 158 f. mit-
geteilten als H. 1, H. 2, H. 8. Zwei abhandlnngen von mir: „Zu den
phrygischen inschriften aus römischer zeit 'S Ghristiania Videnskabs-
Selskabs Skrifter 1894, nr. 2, and „enm Phrygischen", daselbst 1896
nr, 8| eitlere ich der kürse halber als Phryg. I und Phryg. U.
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282 Alf Torp
Seine in diesen worten angedeutete auffassung hat Kretschmer
später (Mitteil. d. k. deutsch, inst. XXV, s. 445) wesentlich
geändert, indem er jetzt glaubt, z. 8 das aus den phrygischen
grabschriften 'römischer zeit bekannte adöcmer erkennen zu
müssen. Die richtigkeit dieser aufiassung ist über jeden zweifei
erhaben, und es wundert mich nur, dass ein so scharfsinniger
forscher wie Kretschmer nicht gleich beim ersten blick das
verbum addaxer erkannt hat. Dagegen scheinen mir seine
übrigen bemerkungen zum grössten teil nicht zutreffend. Er
sagt a. 0.: „da durch die von Chantre, Mission en Cappadoce,
Paris 1898, s. 169 mitgeteilte altphrygische inschrift, wie ich
in der Wiener Zeitschrift für die künde des Morgenlandes XIII.
B. 359 dargelegt habe, erwiesen ist, dass phrygisches xb grie-
chischem T€, lateinischem que, skr. ca entspricht und enklitisch
nachgestellt wird, so muss Eva%aQv{a) dovfid- z. 6/7 das letzte
der durch x£ verbundenen glieder sein. Ich schlage also vor
z. 6 ff. zu lesen :
EvoTOQva-
[g?] dovfjL» X«- Oiovd^
ßav addaxer oqov
av.
In MiTQa(pataf Mag TsfiQoyeiog^ Ilovvtaaßag sind doch wol
nicht vergötterte tote, sondern wirkliche d-soi zu erkennen, denn
TtaQsd-ifirp^ entspricht doch sonstigem Tragadldtofii ^ das die
formel einleitet, mit der ein grab dem schütz der unterirdischen
götter anempfohlen wird". „Da im griechischen text zu
Toig mQoyeyQafi^ivoig &€oig hinzugefügt ist x(ae) r^ xw/nfj^ so
wird man auch im phrygischen text eine erwähnung der xcSfitj
suchen und in dem letzten der mit xe verbundenen glieder,
EvoraQva dov^d^ erkennen dürfen. Sonderbar und im wort-
auslaut wenig glaublich erscheint in dem zweiten wort die kon-
sonantengruppe fiS-. Vielleicht ist & verschrieben für O oder
ii und dovfio, dovfia) oder dergleichen zu lesen: dann wäre hier
das phrygische dovfiog zu erkennen, das auf einer inschrift aus
Maionia vom jähre 173 nach Chr. in der bedeutung avvodogy
avyxltjTogy avtußlioaig vorkommt und zu got. dötns „Satzung,
gericht" = asl. duma „rat** gehört (Bezz. beitr. XIV, s. 51,
Kuhns Zeitschr. 34, s. 53). Hier müsste es xd^tj entsprechen
oder etwa „gemeinderat, gemeindeversammelung^^ bedeuten und
EvaTaQva[g?] dann der name des ortes sein*'.
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Phrygischee. 283
Mit Eretschmer halte ich es für wahrscheinlich, dass S in
dovfiy^ feblgeschrieben und doviJio oder dovfup zu lesen ist.
Wenn aber Kretschmer daraus, dass auf dovfi^ ein xe folgt,
glaubt schliessen zu können, dass Evota^alg?] dovfid' das letzte
der durch xs verbundenen glieder sein muss, so kann ich die
richtigkeit dieser Folgerung nicht anerkennen. Dass xe nach-
gestellt wird, habe ich schon Phryg. 1 s. 17 nachgewiesen und
daselbst griechisches r«, lat. que verglichen. Allein phryg. xe
weicht vom griech. t«, lat. que darin ab, dass es, wenigstens
in den neuphrygischen inschriften, auch vorangestellt werden
kann. Vgl. R. 6: tag vi fte ^afiielw yiedeog . . | . . . «rt i^Ttr-
terix^srog £[i]Toi;, R. 7 : öeog x€ ^€fÄ[elw], H. 2: [fiB ^e]fi€ltog
xs [S]€[o]g, R 29 : log asfiow xvovfiavB \ xaivi ^avxa xaxov adda-
x[er]. Diese letzte stelle ist besonders beweisend, denn xaivi
ist natürlich x'atn; hier werden also durch das zwischenge-
stellte x€ die synonyme xvovfiave und aivi fiavxa verbunden.
Dieser doppelte gebrauch ist so auffallend, dass man versucht
sein könnte, in dem vorangestellten xe ein anderes wort zu ver-
muten, als in dem nachgestellten, nämlich das entlehnte grie-
chische xaL Wie dem auch sei, jedenfalls lässt sich nicht be*
streiten, dass xs auch vorangestellt werden kann. Unter allen
umständen könnten die werte EvoTaQva[g?] öovfid- nicht ein
glied ausmachen, das durch xe mit den voranfgehenden ver-
bunden wäre, denn nach der analogie von tb und que hätte es
doch in diesem falle EvaTaQva[g?] xs dovfid- heissen müssen, es
sei denn, dass wir EvaraQva dovfix^ als ein kompositum aufzu-
fassen hätten, was doch wol nicht sehr wahrscheinlich ist.
Also: nicht EvaraQvag dovfid' x6, sondern dovfi& xs bildet das
letzte glied der aufzählung. Hier ist das xe nachgestellt, aber
daraus folgt nicht, dass es auch bei den übrigen gliedern nach-
gestellt sein muss.
Ueber die letzten werte des phrygischen teils der inschrift
bemerkt Kretschmer:
„Ueber den schluss des phrygischen textes lässt sich wol
nur soviel sagen, dass er vielleicht dem schluss des griechischen
paralleltextes Tavd'^ 6 nar^g l^axXrjTiiog entspricht, addaxsz
also ein hier fehlendes und zu ergänzendes verb mit der be-
deutung „hat festgesetzt, angeordnet*^ wiedergiebt*'.
Dieser auffassung kann ich mich nicht anschliessen, einer-
seits weil addaxst in den übrigen phrygischen inschriften die von
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284 Alf Torp
Eretscbmer angenommene bedeutung nicht aufweist, und auch
nicht als Präteritum, sondern als präsens gebraucht wird, und
besonders weil so der anfang der inschrift ganz sinnlos wird.
In fi . . i^viovfievog — — eiTov kann wol niemand eine Ver-
wünschung verkennen. Dann muss aber notwendig auch gesagt
werden, wen diese Verwünschung treffen soll, und das wird in
den übrigen neuphrygischen inschrifben durch einen eben
dieses verb addoKer enthaltenden relativsatz angegeben. Also
sollte sich auch hier ein solcher relativsatz vorfinden. Und
das ist auch der fall. Das subjekt des verbs addcmev bildet
das relative pronomen tog z. 5, von Eretschmer falschlich als
die endung des namens refigoye aufgefEisst. Das folgende x«
macht das relativum zu einem indefinit relativen , vgl. log xe
R. 27, ig xfi R. 5; dem phrygischen log %e entspricht skrt.
yagca, griech. ogre. Ich möchte die inschrift so erklären:
[Z. 1 — 4 enthalten die Verwünschung. Z. 1 fehlen nach e
zwei buchstaben. liier ist gewiss b\%C\ zu ergänzen. Dieses «rt
kommt häufig in der Verbindung eritTevixfieyog vor, und scheint
der bedeutung nach dem deutschen ver- zu entsprechen; vgl.
skr. ati „über — hinaus^', als erstes glied einer Zusammen-
setzung mit verstärkender bedeutung, z. b. atidüra^ „sehr ent-
fernt" (Phryg. I s. 14). Die Verwünschung ist durch die drei
asyndetisch verbundenen Wörter t&viovfisvog vioiatog vadQorog
ausgedrückt. Dieser wortreichtum deutet auf einen sehr ener-
gischen Charakter derselben. Das erste dieser werter idyiav-
{jLBvog halte ich für ein participium perfecti med., vgl. Tfrtx-
liBvog. Das wort erinnert merkwürdig an das griechische idvota
„krümmen 'S med. „sich (besonders im schmerz) krümmen^\
Ich möchte die beiden Wörter zusammenstellen, idvou} ist ein
speciell homerisches wort, für welches keine etymologie gefunden
ist. Sollten die kleinasiatischen Griechen dasselbe von ihren
phrygischen nachbaren entlehnt haben? Das phrygische i&viov-
fieyog würde sich von einem griechischen idvwfdivog nur darin
trennen, dass, während das griechische verb von einem adjektiv
*idv6g gebildet ist, das phrygische auf einem mit dem sufiKxe
•^0 gebildeten * idviog beruhen würde. Falls dies richtig ist,
so zeigt sich auch in der bildung des perfektum med. eine
merkwürdige Übereinstimmung zwischen Griechisch und Phry-
gisch, sowohl hinsichtlich der vor der perfektendung (-/uai,
"/^eyog u. s. w.) eintretenden vokalverlängerung, als hinsichtlich
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Phrygisches. 285
der reduplikation : tetixfjiepog: Ttarteiafiivog; Zdyiovfievog (denn
dass der anlautende vokal verlängert wurde, ist sehr wahr-
scheinlich): ^idywfiivog. «[ri] idytovfievog also gleichsam: y, ver-
krümmt (im schmerz zusammengekrümmt)".
Bedeutet aher i&viavfievog „im schmerz zusammeuge-
krümmt*^ so liegt es nahe anzunehmen, dass die bedeutungen
der beiden darauf folgenden und damit asyndetisch verbundenen
adjektive auch in demselben begriffskreise zu suchen sind : auch
diese weisen wol auf körperliche misshandlungen hin. Ich stelle
vaÖQOtog einem griechischen dvdvdQonog gleich, vgl. avavÖQoa}
„entmannen'^ -ad^- halte ich für aus -ovd^ entstanden, und
dass *avadQOTog durch weg£etll des unbetonten anlauts zu va»
ÖQOTog werden konnte, ist wol leicht denkbar. Auch hier wäre
die Übereinstimmung mit dem Griechischen au£Pallend. Ein
passives verbaladjektiv auf -arog liegt auch in jAeiarog R. 23
vor (siehe Phryg. II s. 7). Diese form setzt ein verb *inetojo
voraus, mit welcher bildung zu vergleichen ist altphryg. xaaviot
(d. i. ^kakojoi)y 3. präs. opt (Kretschmer Mitteil. XXV, s. 361).
Auch vioiaiog scheint auf ein beraubtsein hinzudeuten. In
ni scheint es aber nicht möglich die negation zu sehen; dagegen
könnte diese partikel dem indischen ni^ entsprechen. Dass an-
lautendes 8 im Phryg. schwand, scheint durch den namen ^AXvg
bewiesen, welchen bereits alte griechische Schriftsteller aus dem
bei dem flusse befindlichen salz erklären. Schon Spiegel (Eran.
alt I 183) hat demnach ^'AXvg fiir griechische entstellung
eines auf arm. aX „salz'' zurückgehenden namens angesehen.
Also war wenigstens bei den Armeniern schon vor Herodot das
anlautende b zum hauch geworden oder geschwunden (vgl.
Bugge Kuhns zeitschr. 32, 81). Wenn nun aber die richtigkeit
der angäbe des Herodot, dass die Armenier Ogvywv aTtoixoi.
seien, kaum zu bezweifeln ist, so scheint die annähme gerecht-
fertigt, dass auch im Phrygischen derselbe lautübergang statt-
fand. Schwand aber das 8 im anlaut, so muss es auch, wie
im Arm., inlautend zwischen vokalen geschwunden sein. Vgl.
Phryg. II s. 13, 16 — 17, wo ich phryg. o mit griech. 6 „der**,
phryg. tot mit hom. Ibi, präs. opt. 3. sing., gleichgestellt habe.
Betreflfs des zweiten gliedes des kompositums ni'Oi8io8 wage ich
eine Vermutung, die ich natürlich als eine sehr unsichere be-
zeichne. Wenn vadforog die bedeutung „entmannt** hat, so
muss in vioiaiog wol eine verwandte bedeutung gesucht werden«
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286 Alf Torp
-oioioq könnte aus ^-oitios entstanden sein, vgl afji[fia]aiap
aus *ammartian (R. 15: fiavxav afi\\iLi]aaiav „unsterbliches
denkmal", vgl. fivrjfieiov ä^dvavovj das in kleinasiatischen iu-
Schriften vorkommt, Phryg. II 7). *Oiviog könnte auf *oidios
zurückgehen, denn es scheint sieber, das der im Arm. durch-
geführte Übergang von g und d in k und ^, auch im Phrygi-
sehen unter gewissen, noch nicht ermittelten umständen statt-
fand, vgl. ßinog „brod*^ = arm. bek „casse, rompu, brise'*,
bekar „morceau, ot- = idg. ud (Phryg. U 3 f., 8), i&vtovfieyog^ wo
d" wol t bezeichnet, = idvcjfiivog u. m. Bei dem stamm *oidio^
könnte man an an. etsto n. asl. isto n. „testikeP* denken. Tgl.
an. eitiU (— idg. oidäo-) „glandula". ni(9'J oisios also: „ohne
hoden"(?).
Z. 3—4. fiiTQaipata \ xhfiagvefiQoye, Beide Zeilen sind um
einen buchstaben kürzer als z. 2. Leider geben uns die „mit-
teilungen'' darüber keinen bescheid, ob nach fxLzqaqxna und
nach tefiQoye ein buchstabe verloren gegangen sein kann. Ich
halte die beiden namen für dative. Falls in jeder zeile ein
buchstabe zu ergänzen ist, so lese ich fiivQaqKna[i] und TSfi-
Qoy6[i]y wenn nicht, so können auch die formen f^iTgaqxxta und
tefiQoys als dative gelten, vgl. ra R. 2, f^avxa R. 29, neben
fiavnai, nvovpLova R. 26, 28, neben xvovfAavsi, Die namen, die
durch zwischeogestelltes xe verbunden sind, bezeichnen die gott-
heiten, denen der verwünschte anheim fallen, oder von welchen
die strafe verhängt werden soll. Im letzteren falle wäre also
der gebrauch des dativs derselbe wie im Griechischen, wo ein
solcher dativ bei einer passiven verbalform das wirkende Sub-
jekt bezeichnet Der dativ T6fiQoy€(i) entspricht einem nomi-
natiy Tefigoyig^ vgl. den dativ XafaXxaei, Die endung -ig ist
aus -Log entstanden (vgl. die italischen namen auf -is); durch
den nominativ sind diese bildungen in die i-äexion hinüberge-
zogen worden (Phryg. II s. 8). TBfiQoyig ist, wie Kretschmer
erkannt hat, der flussgott Temrogius ; durch den vorangestellten
genitiv (jiag ist er wohl als der söhn der göttin Ma (Rhea) be-
zeichnet.
Mit z. 5 fängt, wie gesagt, der relativsatz am now-
taaßag fasse ich als den genitiv eines frauennamens ftovwaaßa.
Falls dieser name das idg. wort für „pferd'* enthalten sollte,
so müsste er wol eranischer abkunft sein, denn phrygisch hätte
es jedenfalls -eaba heissen müssen. Durch xe wird dieser name
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t^brygisches. 287
mit einem anderen Evota((ya[g] yerbanden. Auch hier ist also
das xfi zwischengestellt. EvaTaQva[g], (so ist gewiss mit
Kretschmer zu ergänzen) ist der genitiv eines frauennamens
EvajaQvUy der wie das passiv-particip der mit der präposition
Bv verbundenen worzel sUr^ (skr. 8i%rnd') aussieht.
dovfid' xa. Hier ist das verbindende x« nachgestellt. öovfiQ
(oder öovfiq)) halte ich für den genitiv eines männemamens
Jovfioq^ worin wol eine kurzform eines von dem oben er-
wähnten werte dovfiog gebildeten namens zu sehen ist, vgl.
JovfÄhaog (Solmsen, Kuhns zeitschr. 34, 53). Einen solchen
genitiv erkenne ich auch in vei^avxo R. 15 : ^ewt] xa vBi^av%o \
dadf, d. i. „Xeune die gattin des Neixauchos*^ Der genitiv der
o-stämme endigte meines erachtens im Phrygischen ursprüng-
lich auf -ö, aus *'(hso, * -o-o entstanden. Dieses -ö hätte wie
jedes andere -a werden sollen. Wir erwarteten also * dovfiov.
Bei den o-lauten schwankt aber die Schreibung sehr. So findet
sich oft aefiov statt aefiowy umgekehrt wird das kurze o in
TuxKov häufiger mit -ov (kockow)^ einmal auch mit (o wieder-
gegeben.
Die genitive Ilovvzaaßag, EvaraQva(g)y Jovfjto sind von
o^oi;ai' abhängig, oqovccp ist der akk. sing, eines *OQOvay worin
gewiss ein wort für „grab" zu sehen ist. Verwandt ist OQvxa
R. 15, das ich nicht länger (vgl. Phryg. II s. 7) für das ent-
lehnte griechische oqvx>], sondern für echt phrygisch halte.
o^xa ist von o^ot;a durch ein X;-8uffix abgeleitet, ogova er-
innert merkwürdig an das lykische arava „heroon'', das, wie
die ableitung eravaziya (neben aravaziya) zeigt, aus *erava
entstanden ist. In OQOva^ aus *ordra(?), ist dann vielleicht
ein ursprüngliches anlautendes e- durch assimilation an den
o-laut der zweiten silbe in o übergegangen.
Dieselbe endung wie OQOvav zeigt oiov&ßay. Hier macht
die lautverbindung oiovS-- einen wenig zuverlässigen eindruck.
Vielleicht ist deshalb ot als ein wort für sich zu fassen und
dies mit xs zu verbinden ; dies ist um so wahrscheinlicher, weil
auch in zwei anderen inschriften auf xe unmittelbar ein oi
folgt: [^«i^]« TU Ol eiQOi, R 7, ^/uga xe oi Tteieg x«, R. 12.
Dieses oi kann ich freilich nicht erklären, vermute aber eine
bedeutung wie „auch^*.
Für aSdaxez nehme ich hier die bedeutung „facif' an.
Die präposition ad- hat also hier keine ausgeprägte bedeutung.
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288 Alf Torp
So kommt auch neben dem gewöhnlichen aefiow nfvovfioofu
yuxKov addaxei einmal (R. 26) der ausdruck oefww xvav/ncafe
xamov donuT vor; dies könnte darauf hindeuten, das auch in
dieser Verbindung addomei nicht „afficit" sondern nur „facit^^
bedeutet (Ttccnov Igya^eTai). In ov&ßav^ das ich für ein ad-
jektiv halte, wäre vielleicht die präposition ^ud za erkennen,
vgl. or- in ürearafivle] R 9. & bezeichnet wohl den f-laat;
vgl. oben idyiovfievog. ov und o bezeichnen hier beide den
kurzen i^-laut. Ich vermute die bedeutung ,,offen*S ohne dass
ich den letzten teil des wertes zu erklären vermag (suff. -ro-
wie im skr. udvd-?).
Der relativsatz wäre demnach so zu übersetzen: „wer
immer das grab der Pountasba und der Enstama und auch(?)
des Doumos öffiuet (eigentlich offen macht)".
So erhalten wir auch die namen der begrabenen, deren
nennung doch wohl ziemlich notwendig war.
Aus dem griechisch gefassten teil der inschrift erfahren
wir weiter, dass der vater dieser toten ihnen das grab bestellt
hat
9. IMe insolLrift von Tyrialon.
Mitgeteilt von Anderson, Journ. of Hellenic Studies XVIU
8. 121.
aao8fi0w%vovfiavqdid'QeQcat
^evveoiddixeieiav (vacat)
fiavxctvuxveaTaeg ßgarefe
fÄaifÄaQtiXvTcovKQogfiavig
, . ysyenoQxegdetovv
§evvttvatdfi(ogß(f(ni8UO
öeKfiovwonriaiav
TtQOtoaov
Das verbum ist eazaeg^ ein deutlicher sigma-aorist der
Wurzel 8ta, vgl. altphryg. edaeg. Dies neue beispiel solcher
bildung ist besonders interessant, weil dadurch bewiesen wird,
das phrygisch ^E nichts wie einige gemeint haben, den 9-laut
wiedergiebt; denn eine form *e8ie8 wäre ja undenkbar. Meine
erklärung dieser formen (Phryg. II s. 14) war also wol richtig,
sie sind -d«s-aoriste; edaeg ist aus * e-dä^^ejes-t, eataeg aus
*e'8tär^8)e8-t (oder *e'8tä'{s)e8-t) entstanden, vgl. av. dä-hfs „du
hast gemacht'*, skr. agä-^ „er ging'^
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Phrygischea. 289
Das Objekt ist fAavxav „denkmal'S akk. fem. Zwischen
diesem wort und eavaeg steht lav^ das wie das relative pron.
im akk. sing. fem. aussieht. Hier scheint aber ein relatives
pronomen nicht am platz zu sein, weil, so viel wir sehen können,
sich in der ganzen inschrift nur das eine verb eataeg vor-
findet, und das ganze demnach nur einen satz bildet; denn
zwar könnte z. 2 ^evve als ein Subjekt aufgefasst werden, aber
das darauf folgende ocddinei sieht nicht wie ein verb aus. Ich
halte deshalb das i in lav für einen zufälligen strich, und lese
aveorasg = griech. dvioTtjas. Dies ist mir um so wahrschein-
licher, weil in aaaefiow dasselbe ov, womit das verb zusammen-
gesetzt ist, als Präposition aufzutreten scheint. Denn der dativ
asfiovv ist von keinem verb abhängig, also muss in ag- eine
den dativ regierende präposition vorliegen. Da eine präposition
ag nicht denkbar ist, so muss das g in ag durch assimilation
eines konsonanten an das folgende g entstanden sein. Man
hätte dann wol nur entweder an ad oder an av zu denken.
Da nun aber ad wol kaum den dativ regierte, so bleibt als die
wahrscheinlichste die annähme, dass aaaefiow aus av asfiow
entstanden ist. In den griechischen inschriften Phrygiens ist
avioTriae fivfjfia ein sehr häufig vorkommender ausdruck. Das
auf ae^ow folgende wort ist wohl xvovfiovadi zu lesen, wenn
auch das a hier eine ungewöhnliche form hat (A gegenüber
sonstigem A). Von %vovfiav „grab'' lautet der dativ sonst xvov-
fiavei. Die endung -adi kann ich nur so erklären, dass ich ein
von nvovficey abgeleitetes synonymes wort ^yLvovpiavad- annehme.
Was die endung -i betrifft, so findet sich auch sonst i stat. bi
als dativendung konsonantischer stamme {xvovfiovi R. 7, 12, 25,
daöiTi R. 9). aaaefiow xyovfiavadi also: „auf diesem grab'S
In den folgenden werten sehe ich die namen des toten.
In &QeQaK ist entweder die dativendung -i verwischt, oder der
Steinmetz hat vergessen diesen buchstaben anzubringen. ^8i;-
veoiddixei halte ich für den dativ eines patronymicums oder
metronymicuras auf -ig : ^svveotddmig, ^evve (S^wrj) ist sonst als
frauenname belegt und kommt auch in der akkusativform
^evvav in dem wegen der lücken unverständlichen schluss un-
serer inschrift vor. eiav verbinde ich mit iiavxav und sehe in
demselben den akk. sing. fem. des demonstrativen pronomens,
dessen nom. sing. masc. ig R. 28 belegt ist. ßqaxsQB ist der
dativ des Stammes ßgareg- „bruder^*. Zur endung -e (falls hier
BeiMg« s. künde d. indg. tprafllieii. XXVU. ^9
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290 Alf Torp Phry^sches.
nicht am ende der zeile ein -t zu ergänzen ist) vgl. ntvovficn^e^
und zur ablautastufe -reg- altpbryg. ^atsgav^ akk. , fiareQB^
gen. Daneben steht, wie es scheint, -Tag im nom. f^ctrag.
fiaifAOQtjlvftovxgog ist wohl kaum als ein wort aufzufassen.
Ich teile fjiaifiaQrjlv fcovrcgog und vermute in dem X ein miss-
ratenes A. fiai^aQtiqv verbinde ich mit fiavxav und vergleiche
die form mit dem griech. fiagfKXQmv von fiaQfjtaqsog „flimmernd,
glänzend, marmorn**. Entweder ist in dem phrygischen wort
fxotL^- aus ficcQfA- entstanden, oder, was wahrscheinlicher ist, es
liegt hier eine andere art von reduplication vor. In novxifog
fiavig sehe ich einen doppelnamen. Das folgende . . v&f ist
mir unverständlich. Mit inaqueg de tow- - fängt ein griechi-
scher text an, der sich wegen der lücken nicht deuten lässt
Wir erkennen hier die namen Emkxv und JexfiovTcajolov^ vgl.
Jenfiovraig R. 9. -
Ich übersetze also die inschrift so:
„Auf diesem grabe hat dem Threrak Xeunoiddikis
das denkmal errichtet, dem bruder das glänzende (oder:
„marmorne"?) Poukros Manis — ".
Mit dem ausdrucke: „hat auf diesem grabe das denkmal
enichtef' vgl. einen ähnlichen R. 9:
vadowerog, ovftaae
dexfioVTttig Xivo[t;]
lna[v]Ti fivxavoteüTafi
i{fi] daöiTivev[va]Qia
TcaQTvaovßQa.
Auch hier bildet fi{a)viiap das objekt OTeataf^vls] habe ich
Phryg. II 8 mit einem skr. udastabhnät verglichen (phryg. -a/uy-
aus -afißv- = idg. -^bkn-). Dieses imperfekt ist mit dem
aorist aveataeg ungefähr synonym. xivo[v]ßa[v]Ti muss dem son-
stigen xvovfiiavei entsprechen. Liegt hier ein nebenstamm xfov-
juotw- vor? Vgl. gr. ovo^avi (idg. -mp^-). dadiTi ist der dativ
eines Stammes öadir-^ nom. dadi „gattin'^ Das Subjekt ist in
der 1. zeile enthalten. Die namen scheinen kaum richtig ge-
lesen zu sein. jJeKfÄOvtaig ist ein patronymicum oder ethnicum.
Das ganze wäre etwa:
„N. N. Dekmoutais errichtete auf dem grabe ein denkmal
der gattin Nenusria — *^
Christiania april 1902. Alf Torp.
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E. Nacbmanson Rhodische beitrage. 291
Bhodisohe beitrage').
1. dyad'ät Tvxai'*
Die inschrift n. 789*), ein sakrales gesetz aus Hadriani-
scher zeit, ist ganz in gemeingriecbischer spracbe abgefasst,
bat also durchweg tj für der. d, aber dennoch z. 1 dyad]M
Tvx[a]t, Dazu sagt Hiller: „Lectio mira certe in hoc titulo
communi Graecorum sermone conscripto". Vielleicht doch nicht
so erstaunlich. Ich mache zuerst darauf aufmerksam, dass, wie
Björkegren s. 42 uns belehrt, seit etwa der mitte des 1. Jahr-
hunderts nach Chr. nie auf den rhodischen inschriften i dveK-
gxavtffov geschrieben ist, ausser eben in diesem dya&'}ai ri^[a]i
(aber iXoU(p ibid. 17). Den grund, dass eben diese Verbindung
in zweifacher beziehung ein altertümlicheres gepräge trägt,
sehe ich darin , dass sie eine alte forme! , als Überschrift zur
inschrift gestellt, bildet. Es mangelt doch nicht an parallelen.
Auf xoif^-inschriften aus der zeit, wo man längst aufgehört
hatte, das t zu schreiben, habe ich indess zuweilen die Über-
schrift dya&^i. '^vxn^ gefunden. E^ folgen die belege:
aya&rji tvxfji Ath. mitt. 9, 18 z. 1 (Kyzikos) aber tj veta-
x6(f(fi 3.
dya&^i Tvxrji Ath. mitt 24, 425, z. 1 (weihinschrift aus Niko-
media, 206 nach Chr.), aber &e<p 2aßa^t^ Ilav-
aa\yav(p 2 — 3.
dyadiji tvx']^ Ath. mitt. 25, 122 n. 1, 1 (Philadelphia, später
als 212 nach Chr.), aber evatad-eiif 4.
äya^fji xixfji Revue archeolog. 1874, 112, z. 1 (ehreninschrifb
aus Milet, von dem aweÖQiov twv XivovQydSv ge-
setzt, später als 212 nach Chr.), aber av%(p 7,
Tip idl(p 9, BQyip 10, nocvfj 7, Tg 8, idiif 7.
1) Neuerdings ist eine abhandlung über die lante der rhodischen
inschriften erschienen: Rudolf Björkegren, De sonis dialecti Rhodiacae,
üpsaliae 1902. Beim studinm derselben 9ind die folgenden bemerknngen
entstanden. Sie beschäftigen sich mit einigen erscheinnngen, die B.
entweder gar nicht oder ganz ungenügend behandelt hat.
2) Blosse zahlen beziehen sich auf Hiller von Gaertringen's Samm-
lung, Insoriptiones Graecae Insulamm I im Berliner corpus.
19*
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292 E. Nachmanson
äya&^i Tvx^i Bull. Corr. Hell. 11, 100 n. 23. 1 (ehreninschrift
aus Thyateira, von färbern gesetzt, vermutlich
2. jhdt nach Chr.), aber iXi(p 11, t^ knalTÖ^r-
TaOTvXifi 13, t^ jiin/mf TtOTOßffi 17, Tjj 21.
ayla^i. Tvx]rii Bull. Corr. Hell. 13, 312 no. 20, 1 (weihinschrift
für Zeus Bonitenos, 215 nach Chr.), aber &€i(p
TtOTQioip Jd Bovitrivif 1.
&yadrii tv^qt Bull. Corr. Hell. 17, 540 n. 16, 1 (weihung der
sonst unbekannten Charmideaner, 161 — 169 nach
Chr.), aber ^Olvfi7ci(p 2 aaT^\7taUff 2, tuxqtvo-
q>6Q(p 4, T(p 7tqti%(p 8.
a'^a']^l Tvxrji Bull. Corr. Hell. 22, 522 n. 12, 1 (thrakische
ehreninschrift für Septimus Severus) neben 9-
maligem -(p.
äyadiji Tvxfji Inscr. Brit. Mus. n. 174, 1 (Dekret von Tomis zu
ehren des Aur. Priscus Isidorus), aber t^ xßa-
tIoTTj ßovk\f] 2, T^ Xaf47tQ0TdT(fi Öljfl(p 3.
TvxV'^ crya^^t Journ. Hell. Stud. 11, 121 n. 5, 1 (Keramos) aber
T^ 9 (zweimal).
äya&rii xvxqi' findet sich ferner als Überschrift bei folgen-
den nachchristlichen inschriften : Ath. mitt. 10, 18 n. 4 (Byzanz,
2. oder 3. jhdt); 20, 243 f. (Philadelphia, später als 212);
25, 124 u. 8 (ort und zeit wie vorher); Inscr. Brit. Mus. n. 575
(Ephesos, 2. jhdt); Le Bas- Waddington Asie Mineure n. 147 c
(Ephesos, 3. jhdt); Bull. Corr. Hell. 13, 305 n. 13 (Pompei-
polis in Paphlagonien , 2. jhdt). In diesen findet sich zwar
kein beispiel für 17, ^ oder ^, aber sie sind doch, weil aus so
später zeit, geeignet das oben gesagte zu stützen.
Auch rein äusserlich wird zuweilen einer alten formel, wie
es diese ist, spezielle aufmerksamkeit zu teil. Ich verweise auf
Dittenberger-Purgold , inschriften von Olympia 486 und 487
(off. ehreninschriften vom jähre 257 nach Chr., jene von den
Messeniern, diese von den Achäem gesetzt). Über die beiden
sagt Dittenberger sp. 541 zu n. 449: „Der paläographische
Charakter der beiden inschriften spiegelt sehr deutlich die zeit
der hereinbrechenden barbarei wieder' ^ Aber im gegensatz
zum übrigen steht in beiden mit monumentalem styl sorgfaltig
eingehauen die Überschrift aya^l Tt%iy.
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Rhodische beitrage. 293
2. Zur geschichte des et.
Es ist bekannt, dass das €((«-?) vor yokalen mit aus-
nähme nur für den fall, dass i vorherging, bedeutend später
als vor konsonanten in f übergegangen ist, Tgl. Schweizer,
Gramm, d. pergamen. inschr. 51 ff., besonders 55 f. Das ein-
schlägige material aus Rhodos ist zwar nicht eben umfassend,
reicht indessen vollkommen aus, um festzustellen, dass die ent-
wickelung auf Rhodos gänzlich mit der gewöhnlichen überein-
stimmt Um 200 vor Chr. ist vorkonsonantisches Bi (und vor-
vokal, nach i) in T übergegangen, vgl awenifÄekrj^iLiiv O. D. I.
3751, 13 (rhod. Staatsdekret, c. 170 vor Chr.) und axBq>av(o-
maav Ath. Mitt 25, 107 n. 106, 5 (grabschrift, 2. jhdt) neben •
aT€g>ava)d'eiattv ib. 2, ebenda z. 4 auch *y4Xeia (worüber weiter
unten). Bedeutend später tritt i vor vokal für si auf, d'Tov
72b, 10 (grabschrift, c. 80 vor Chr.) und ^i[o]v auf der statue
107, 18 (c. 70 vor Chr.), wie van Gelder G. D. I. 3819 m. e.
richtig ergänzt (Hiller las ^[€r|oi'(?), aber nach der Zeichnung
fehlt nur ein buchstabe). Dazu kommen in der zeit vom jähre
200 vor Chr. an die Schreibungen tj und e für antevokalisches
fit (XaQiTLX^a 516, 1 und '^lUa 730, 17, l^gyeog 180, 3, KaQ-
viov achtmal auf den amphoren belegt), denn diese sind ja
nichts anderes als versuche den ?-laut auszudrücken, vgl.
Schweizer a. a. o. 56.
Nachdem ei = l geworden war, wurde bekanntlich für
langes i gewöhnlich ei geschrieben, dies kann sogar als die
übliche Orthographie bezeichnet werden; dagegen kommt i für
ev ziemlich selten vor. Es scheint mir daher angebracht, auch
die späteren belege für i statt et zu verzeichnen :
1) vor konsonanten:
a) in off. inschriften: ig 3, 2; 84, 5; 831, 4.
b) in privatinschriften : lg(g) 937, 5,7, 10, eTtavyila-
piivov ib. 10, 11 neben füg 8, 9, ^TtopyeUero 7, iTtavyeikafii-
vov 9; ovdig Ath. mitt. 23, 403 n. 105, 8 *).
c) auf den amphoren: Q€vq>ldevg 1142, IIiaiarQdTov
1180, 1 jind 5,, ^AQtaxlda inschr. von Pergamon 890, I. G. Sic. It.
2393, 102.
1) Dagegen statt 7ra[^]rv[a]», d. h. nageivat, wie Hiller auf Diels'
Vorschlag 789, 2 geschrieben hat, lese ich lieber mit Dittenberger
Sylloge * n. 567 7ra[^]6'[a]«, d. h. na^iiptti, vgl. Dittenberger zur stelle
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294 E. Nachmanson
2) vor yokal. Das einzige beispiel ausser den oben ge-
nannten ist hehiodif] 693, 2 (christl. grabschrifb).
Eine weitere bemerkung hinsichtlich des et mag hier platz
finden. Für die übliche xoivif-kontraktion von ui^ d. h. ü, in
ly virorüber vgl. Schweizer a. a. o. 101, bieten auch die rhod.
inschriften einige belege. Das fest, welches gewöhnlich "^AXlua
heisst, ist ^AktTia *) Ath. mitt. 25, 107 n. 106, 4 (vgl. oben) und
58, 19 geschrieben, femer L^AciW 12, 4. Aber erhalten ist ui
im götternamen ' Yyuiai 25, 3 (3. jhdt. vor Chr.) *).
3. Ol > o.
Dieser Übergang ist auf Rhodos nur zweimal belegt :
eTvofjaavTo C. 1. G. 3656, 6 (zu Kyzikos gefundenes rhod. pse-
phisma, 2. jhdt. vor Chr.) und TtoelaS^wv 155, 70 (grabaltar
aus demselben jhdt.) neben Jtouiad'waap ib. 22. — „umge-
kehrte Schreibung^' oi für o kommt einmal vor: IlQa^ivoif] 397
(grabschrift).
4. Zur liquidadissimilation.
E. Schwyzer, Neue Jahrbücher 1900, 261, vgl. auch
Meisterhans ' 82, hat darauf aufmerksam gemacht, dass q
nicht nur in demselben werte, sondern auch im Satzzusammen-
hang dissimilatorisch schwinden kann. Ich glaube dieselbe
erklärung bei einigen fällen von ^-Schwund auf Rhodos anwen-
den zu dürfen. So bei Kl€vat{Q)arog KkeuxdQiog \ Kkuttopa
^KpQavoQog I &€oig 106. In EvipQOviog | K(a)aaaavd{Q)€v(g) \
XQ^ff'^i XOLlqe 429 ist q vermutlich wegen der umgebenden q
geschwunden, obwohl die inschrift mit ziemlich geringer Sorg-
falt eingehauen ist. Vielleicht gehört hierher auch NvxayoQa \
2x{g)a%i7t7tov 347, 1 — 2 (indessen auch ^i]vrjaLd(a)fAOv ib. 4).
Etwas anderes als reinen steinmetzfehler wage ich nicht bei
Tifia(Q)xidag Q^iXiTtnov in der namenliste 42, 8 anzunehmen
(immerhin zwei q in der folgenden zeile).
Ich gestatte mir in diesem Zusammenhang zwei ander-
weitige falle namhaft zu machen: JiooTnovQidi^g ^E(g)fzog>ilov
Heberdey-Wilhehn, Reisen in Kilikien 71 flf., n. 155 A IX 162
1) So ZQ accentuieren !
2) Dagegen vyüxg 1088, 4 (Karpathoa), vytias in Nero's brief Ath.
mitt. 20, 887 z. 16.
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Rhodische beitrage. 295
(liste der priester des Zeig KwQinfLLog)^ wo man bemerke die
Worte der herausgeber: „Die inschriften der hauptseite A sind
durchweg sorgfältig eingetragen'* i). Zweitens . . . ra fjiev
iaq>Q\ayia^iva t&i da/Äoalai ag>Qayldiy rä di daq>(Q)dyiaTa noxl
tovg 7fQoata[r]\ag G. D. 1. 3591a, 38fif. (Kalymna) »).
5. Silbentrennung.
Darüber werden wir durch die wortbrechung am ende der
Zeilen unterrichtet Zwar lässt sich ein streben deutlich be-
merken, jede zeile mit ToUem worte zu sohliessen, aber, wo ge-
trennt wird, wurde im grossen und ganzen die hauptregel be-
obachtet, die die Griechen bei der wortbrechung befolgt haben,
d. h. jede zeiliB schliesst mit einer ToUen silbe.
Zuerst eine bemerkung über das hier in frage kommende
material. Die wortbrechung bei inschriften, die ja durch die
form des Steines bedingt ist, stammt natürlich nicht vom con-
cipienten, sondern vom jeweiligen Steinmetzen >). Deshalb haben
wir es hier nur mit den erzeugnissen der Steinmetzen von Rhodos
(oder dessen colonien) zu thun. Eine inschrift wie z. b. British
Museum 3, n. 403 ^) (Schiedsspruch einer rhod. commission, in
Priene eingehauen) kommt somit hier nicht in betracht, da-
gegen aber z. b. der auf Rhodos eingehauene brief Nero's, Ath.
mitt. 20, 387 f., z. 6 — 26, der bei der sonstigen behandlung
des Rhodischen natürlich fem zu halten ist.
1) Ein konsonant gehört zur folgenden silbe, z. b. ti\fidg
155, 35, x^l^o^y 762 B, 14. Ausnahmen von dieser regel sind
nur: avT\ov 652, 3, Jafi(aydaafi\g 672, 1, aTdla\g 677, 8, Bov-
%\6nia 798, 2 ni^<^a^dq\\d\vog 799, 1, Ilfn\eidävi 905, 2.
1) Über das element *£^fi- in kleinasiat. namen vgl. EretBohmer,
Einleitang in d. g68ch. d. griech. spr. 361.
2) Betreffs der disBimilation im einfachen worte sei auf va\mXi\qov
912, 2 (cbristl.) aufmerksam gemacht, vgl. dazu Solmsen, Rhein, mns«
68, 151 ff.
8) Als beleuchtendes beispiel sei auf die beiden exemplare des
Schiedsspruches der Magneten im streite zwischen Hierapytna und Itanos
(das magnetische Kern, Inschr. von Magnesia a. M., n. 106, das kreti*
sehe ebenda abgedruckt) verwiesen.
4) Nebenbei bemerkt, Verstössen Hicks' ergänzungen nicht selten
gegen die gesetze der Silbentrennung. So, um bei dieser inschrift zu
bleiben: \v\6\ 25, \9\vö\ 28, \x\fi^w\ 185, [»arax€;^|a)^Mr^ya] 166 etc.,
was alles van Gelder (G. D. I. 8768) unkritisch abdruckt.
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296 E. NachmanBon
2) Zwei oder drei konsonanten werden zur folgenden silbe
gezogen, wenn mit ihnen ein griechisches wort beginnen kann
(über a -f- kons. s. 3)), z. b. yelygafi^ivov 155, 101, dedolx^-ai
761, 43 elßSof^at 890, 29. Zuweilen auch einige andere gruppen>
s. Kühner -Blass I § 91, 4 a. Yon diesen ist auf Rhodos yfi
belegt, xdQv\yf4a 155, 31.
Aus dieser regel folgt, dass geminaten getrennt werden,
z. b. Bäa\aov 648, 1, 67tav\y[ikl](ayraL 762 A, 19, ebenso nasal
oder liquida -f- kons, (ausser juy, mit dem ja ein wort anfangen
kann, yv\uvaal&a^ov I. G. Sic. It 256, 20 (Gela), indess yviij-
vdaiov ibid. 25), z. b. ävdQidv\r(av 58, 14, L^Ar€^a[y]|()^^ 155, 16
(pikooTOQlyiag 72b, 17 u. s. w. Ausnahme macht nur £o(y)-
ar[a]\vrivov 911, 2 (christl).
3) Bei der gruppe a-konsonant haben die Griechen sehr
geschwankt. Das war auch der fall auf Rhodos. Getrennt
sind: €Qano\Tav 9,3, Ov€o\7taoiav6v 58, 6, xaXkia\ro)v ib. 9,
XQdTia]\TOv 95 b, 2, 7rXsta\Tav 762 A, 5, 7cQoa\xdQaiog 791, 3 *),
altr]oaa\&ü} 890, 19, 7caQ€la\{xyp^ai 922, 12, ifßaq>ia\fÄCcrog Ath.
mitt 21, 53, n. 51, 1. Diesen 9 fällen gegenüber stehen fol-
gende 6: 2eßa\aT0v 59,3, Jafio]\a&€VTjg 72b, 5, ^^Qi\aT6ßiog
128, 3, €v[e]\ataii6Teg 155, 20, €VTvxB\a[Tdt(av 772 b, 2, evas-
߀\[araTCJv ib. 1 (deutliche spur von a).
4) Die beiden komponenten eines diphthonges werden nicht
getrennt, z. b. UQOta^i\evactvTa 58, 15, 7coi\€iaS^(av 762, 22.
Ausnahme nur rtQo[aax]dQa\iog 798, 1.
5) Diese regeln gelten auch bei zusammengesetzten Wörtern.
Die wenigen belege sind: k\^ai(H>vfi9vov 155, 72, i\^oxJjv Nero's
brief z. 16, a]\7tidoaav ibid. 13, (ganz unsicher ist i|[7raivov-
fiivav 839, 10), ebenso 7ux\t evog 839, 30. Nur einen fall habe
ich gefunden, wo mit nichtbeachtung der gewöhnlichen regeln
nach den kompositionsgliedern getrennt ist, avv\[B]ifcnfia%daf
155, 46. Zu diesem abschnitte vgl. Crönert, Qu. Herc. 15 f.
Nach aufgäbe des alten alphabets und annähme des ioni-
schen hat man zuerst atoiytidov geschrieben (indessen ist diese
anordnung auf Rhodos nur einmal belegt, n. 760), dann hat
man sich allmählich das später übliche System angeeignet. Der
umstand, dass einige ausnahmen von den gewöhnlichen regeln
1) Dittenberger's erklärang dieses wortes (Syll. ' n. 626 ') ist der
von Hiller gegebenen (Paoly-Wissowa III 1 8. 1017) vorsuziehen.
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Rbodische beitrage. 297
in Inschriften des 4. oder 3. Jahrhunderts vor Chr. zu finden
sind (n. 677, 798, 799, 905) deutet darauf hin, dass auf Rhodos
wie anderwärts (vgl. dazu Crönert a. a. o. 16 f.) dies System
erst gegen 200 y. Chr. ausgebildet war. — Dass mau in der
späten kaiserzeit mitunter nachlässiger wurde (n. 652', 91 1),
darf nicht befremden.
Stockholm, 16. juni 1902. Ernst Nachrnanson.
Contributions to Old Italic Etymology.
Oscan aflakus^ aflukad : Latin (ahßaqueo.
In the Capuan curse of Vibia this verb occurs three times
as foUows: usurs inim malaks nisirus pakin kluvatiud vala-
mais pfuklu?] ^) aflukad (11. 2 — 3), and 9vai puh afiakus
pakim kluvatiium valaimas puJdui 8upr[uis?] inim tuvai leginei
inim sakrim svai puh aflakus huntrus teras (11. 10 — 11). In
the latter passage 'as in 1. 8' ptddui is probably to be cor-
rected to puUum (cf. the yarious emendations coUected by
V. Planta, 11, 629, and Conway, 127). The a seems to be
original in this Oscan verb, so that u in the subjunctive aflukad
was apparently a secondary development (cf. v. Planta, I, 238,
284—285). Previous conjectures as to the meaning of the
word have been suramarized by v. Planta, IL 627, although
he finds none of them altogether satisfactory. Perhaps we may
compare with aflakus Latin lacio, lax (Festus, ed. Tb. de Ponor,
83, ladt decipiendo inducit. Lax etenim fraus est)^ laqueus,
and Old Church Slav. Iqka *trick', l^öq 'I seize, entrap' (cf. Fick,
I *. 535, n ». 216, 648). Furthermore, in Latin the verb
laqueo, the denominative from laqueus, is used in composition
with ab, the equivalent of Oscan and Old Latin af^ as in Cato,
RR. 29, et si ibi olea erit, sirrnd ablaqueato, stercusque addiio,
and Gloss. Latino-Graec. (Goetz, II. 4, 3), ablaqueata Siogvx-
diwa. While the force of the compounded verb evidently
1) The intervening words anikadum damia leginum seem
too corrupt to admit of satisfactory interpretatioQ,
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298 Louis H. Gray
differed in Oscan and in Latin, the root meaning seems to hare
been *to seize unexpectedly or by guile, to ensnare, to carry
off. My suggested rendering for the two passages cited would
accordiugly be: ^may she entrap (my) enemies and foes nearest
to [i. e., likest to?] Paoius Cluvatius, son of Valaima', and»
'whether thou shalt have entrapped Pacius Cluvatius, son oi
Valaima, as doomed both to the gods above and to thy host,
or shalt have entrapped him beneath the earth',
Oscan cadeis : Late Latin cadmeus,
The OTT. ley. cadeis, Tab. Bant. 6, evidently denotes from
the context 'disadvantage'. The most obvious etymology for
the Word is the root found in Doric xado), Skt k(id (lexicogra-
phical) 'injure', Latin cadamitas (cf. Lindsay, Lat. Lang.» 286,
and see Mar. Vict. 8, 15, ed. Keil, Gramm. Lat VI, Grn. Pom-
peius Magnus et scribebat et dicebat kadamitatem pro cahmi-
tate) 1). For the root kad in Italic we may probably quote in
addition to cassus < *kad-tus also Gloss. cod. Sangell. 912
(Goetz, Corp. Gloss. Lat, IV 215), catmea victorie non bone,
which Goetz, V 160, emends to cadfnea(e), (rBiher*cadamea{e)?)
< *kadim'eO' like cadamitas < ^kadim-üas (cf. Sommer« Lat
Laut- und Formenl. , 121). If the comparison of cadamiUu
and cadmeus with cadeis be correct, the meaning of the Oscan
word would seem to be established.
Oscan angetuzetj angüu- : Latin ango.
The verb-root atigito- is found but twice in the Italic in-
scriptions thus far discovered, both times in the Bantine Tablet
The first passage, 1. 2, is corrupt, q moUam angitu . . ., and is
rendered by v. Planta 'quaestor multam fro^osuerif, The
second instance, 11. 18 — 20, is tolerably clear, pon censtur
Bansae tautam censazet pis eeus Bantins fust censamur esuf in
eituam poizad ligud isusc censtur censaum angetuzet This is
translated by v. Planta, 'quum censores Bansae popnlum cen-
sebunt, qui ciuis Bantinus erit, censetor ipse et pecuniam, qua
lege ii censores censere proposuerint'. The first point to be
1) For other etymologies see v. Planta, Osk.-Ümb. Gramm., 1. S27,
471 f., Fick, Vgl. Wtb., 1. * 32.
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Gontribations to Old Italic Etymology. 299
considered is angetuzet. Various etymologies ha^e been suggested
for it, particularly with Latin gnosco, Lithuanian ziniiti as
Standing for * an^en-t^zet , or with the Latin verbs ingesserä,
ago, or aio (see v. Planta, L 329, 441, 475, IL 261, 343). The
arguments of v. Planta against a derivation from *an^e(n)'
i-uzet seem to me valid, but I am unable to accept a com-
parison with ago or, as he prefers, aio, since noither of these
words has in any of its cognates a nasalized form of the
root. I think it possible, howeTer, to connect the Oscan Terb
with the Indo-Germanic root an§h-^ Sanskrit arhhas, Avesta
qzah, Armenian anjük, ancuk, Old Church Slavic qzhkb, Greek
ayx^f Gothic aggwus, Old Irish cum-ung, and Latin angö
(Brugmann, Grundr., I >. 549). In all these dialects the root
meaning is *to narrow\ whence may be derived the signification
'to constrain', which is, I think, its force in Oscan. In for-
mation angetuzety angitu . . . is an iterative like Umbrian etaians
'itent', dato 'itate', Latin vocUo, agito, sciscüo, etc.
The second point concerns the Infinitive cenzaum. It is
noteworthy that the Osco-Umbrian dialects have no present
infinitive which is distinctively passive (Bück, Chicago Studies,
I 137, V. Planta, II, 405). The same form must consequently
do duty for both voices (cf. Giles, Manual *, 469). Thns we
have Capnan fatium (v. Planta, 129, 6; 8 sa Conway, 131),
Latin fatsriy and probably Umbrian stiplo (Tab. Ig., VL a, 2),
Latin stipuläri, It would then seem preferable to render cen-
zaum by 'censeri' than by 'censere'. I accordingly suggest
translating the passage ander consideration : 'when the censors
shall make a census of the people of Bantia, whosoever shall
be a Bantine Citizen shall have his census taken there (? cf.
v. Planta, I, 509—510), even as regards his money, according
to whatever law those censors shall compel the census to be
made'.
Volscian aepu : Latin sequo.
The Volscian word sepu occurs once, Tab. Velit 3, in a
line which forms a complete sentence by itself, sepis touticu
couehriu sepu, ferom pihom estu. The two preceding lines of
the tablet prescribe an expiatory ofifering for touching the
Statue of Decluna. The line under discussion is rendered by
V. Planta, II. 543, cf. 652, 'siquis publice conuentu sciente,
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300 Louis H. Gray
ferre pium esto'. Tbe word sepu is therefore regarded as an
ablative, and it is compared with Oscan sipus 'sciens' (cf.
V. Planta, I. 94, II. 396, Conway, Ital. Dial., 655—656). Apart
from pbonological difficulties, there is a serious syntactic ob-
jection wbicb may be urged against such a translation as
y. Planta proposes, for tbe conditional clause tben has no yerb.
It seems doubtful wbetber sepu is a participle in tbe abiatiye
Singular. I am inclined to regard it as a yerb in tbe third
Singular of tbe future perfect (cf. atahus, 1. 1). Against this
it may be urged tbat final s is written in Oscan and its kin-
dred dialects. In this yery inscription we find atahus, sepis
(twice), pis, uesclis (cf. y. Planta, I. 581 — 582, Brugmann,
Grundr., I * 921). On tbe otber band 8 may either been
omitted, as in tbe Capuan AnniiH for Anniieis (y. Planta, 137
— Conway, 107), or baye been a Latinism like Yestinian Uetw
for Uetios, especially as tbe Volscian inscription is written in
tbe Latin alpbabet. If we are justified in reading 8qi>U8 for
sepu, tbe yerb is not to be compared with Latin sapio, Old
High German int-sefflu, but with Latin sequor, Greek %7toiiai^
Old Irisb do-seich (cf. Fick, I * 137, 559, II * 295—296). Tbat
*seq^-- has an actiye as well as a middle yoice is clear not only
from Sanskrit sacati, Greek yTcw beside ^rtofiaiy Old Irish do-
sechim beside do-sechur, but also from Latin sequo (Aulus Gellius,
XYm. 9, 8, nam et sequo et sequor et item secta et Sectio con-
suetudine loquendi differunt^ sed qui penittis inspexerü, origo et
ratio utriusque una est, see also Priscian, Instit, VIII. 29, ed.
Keil, Gramm. Lat, II. 396). The yerb sepu is used here abso-
lutely as is frequently tbe case with sequi in Latin, e. g., Caesar,
BC, I. 1, 4, Pompeio esse in animo reipublicae non deesse, si
senatus sequatur. Finally, toticu couehriu is probably an abiatiye
absolute like Tab. Baut. 21, toutad praeseniid, I sbould accor-
dingly render Tab. Velit. 3, *wbosoeyer shall baye conformed,
wben tbere is a public assembly, let tbe ofifering be boly'.
Pompeian kaila : Latin caelum.
Tbe Oscan word kaila occurs once in a Pompeian inscrip-
tion (y. Planta, 28, 6 — 7 = Conway, 39), where it eyidently
signifies *temple' (ant kaila lüveis Meeilikiieis 'before tbe temple
of Melician Jupiter'). Tbe reading kaüa instead of tbe old
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Contributions to Old Italic Etymology. äOl
katda may now be considered as fixed (cf. t. Planta, II. 499,
767, Conway, 58). Bücheler's comparison, Umbrica, 49, with
Latin calare, Oreek v.ali(a does not seem beyond criticism to
me. If we may assume that Oscan kaüa is derived from
Pre-Italic *qaüa'', it may be connected with Gothic haüs, Old
Irish cä, Prussian kaUüstiskan *health', Old Church Slavic cä^
*hale, whole' Greek xoUv to %ak6v (Hesychios) (cf. Fick, I *.
375, II *. 88, Brugmann, Grundr., I «. 575-576, Ausdr. f. d.
Totalität, 41—42, 50—51). Instead of '^qoüo-, ^qeüo- for the
Indo-Germanic forma of the word, as Brugmann proposes, I
ßhould prefer *qaÜ0', ^qeüo', *qoilO' (cf. Brugmann, Grundr.,
I «. 490). Furthermore Latin caelum, Caelius may then be
compared with Oscan kaüa, Gothic haiU, etc. as against the
etymology of Fick, II '. 62. Germanic and Keltic give close
semasiological parallels for this Suggestion. Anglo-Saxon hcel
sometimes signifies *portent', as Beowulf 203, h<el sciawedon
*omens observed they*, while the denominative verb hdlsian,
hedlsian has a similar meaning, as in Elene 699, ic iow hedlsie
Purh heofona god 'I adjure you through the God of the hea-
vens'. So too the Old Norse heü, e. g., HyndlulioS 48, 8, eüri
hlandinn mipk ülu heilli *mead mingled with poison, with ill
omen', and Old High German heüisön, Middle High German
heüsen have a like signification. The Keltic words cognate in
meaning and in etymology with Oscan kaüa, Latin caelum are
Old Irish csl *augurium', Old Welsh coilu 'auguriis', coiliaucc
*augur', and Comish chuülioc ^augur', cuillioges 'phitonissa'
(Fick, n *. 88).
Paelignian uus : Old Church Slavic vy,
The Paelignian Herentas-inscription contains the pronoun
of the second person plural twice, both times in the same form
uus. In one of these two passages the word is plainly nomi-
native, eüe uus 'ite vos'. In the second instance, in the follo-
wing line of the inscription, uus is almost as certainly a dative,
dida utis 'det vobis'. The dative uus is explained as standing
for *vöfs, *vöfis, Latin vöbis (cf. Brugmann, Grundr., II. 817,
Conway, 671, Giles, Manual «, 301, v. Planta, I. 119, 230,
464, II. 233). While this theory is plausible, there is another
possibility worth noting. To the Latin accusatives nös, vös the
Old Church Slavic ny, vy correspond exactly. These same
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302 Louis H. Gray
forms ny, vy serve as enclitic daÜTes plural bedde the non-
enclitic natm, vatm (cf. Miklosich, Vgl. Gramm., III *. 46,
IV. 72—75, Leskien, Hdb. d. altbulg. Spr. »,97, Vondr4k,
Altkirchenslav. Gramm., 59, 178). With the Old Church Slavic »)
enclitics ny, vy as acctisatives and datives one immediately
compares the Gsthä Ayesta enclitic accusatives nä, vä, as well
as the enclitic genitive-datives n5, i;», Younger Avesta nö, vö
and Sanskrit nah^ vah (all accusative-genitlTe-dative). In Indo-
Germanic *nes, *ys8 evidently served for the enclitic accosa-
tive, dative, and genitive plnral of the personal pronouns of
the first and second persons (Skt. nah, vah — acc., dat., gen.
— , GAv. «5, f^ — dat., gen. — , JAv. nö, vö — acc, dat, gen.).
Beside the atonic *ne8, *^e8 stood the tonic *nö8, *jfö» (GAv.
nä^ vä — acc. — , Latin nös, vös — acc. — , Lith. mds, jus —
acc. — , Old Gh. Slav. ny, vy). In Slavic the Indo-Germanic
*nö8, *^ö8 assumed at least a portion of the functious of *ne8,
*^e8 (Audouin, Declinaison, 358, 375 — 376, see also Meillet,
Genetif-accusatif en Vieux-Slave, 96). It may perbaps be pos-
sible, therefore to regard the Paelignian uns in the second of
its occurrences in the Herentas-inscription as an enclitic dative
which may be compared in fanction with Sanskrit vah, Avesta
HS, vö, and in both fanction and form with Cid Church Slavic
vy. On account of the vocalism we cannot compare with Pae-
lignian VU8 the Old Latin >) nis 'nobis' (Gloss. Cod. Sänge) 1.,
912, ed. Goetz, IV. 261, cf. Festus, ed. Th. de Ponor, 33,
Caüim antiqui dicebant pro clam^ ut ni8 pro nobis, 8am pro
suam, im pro eum, see aJso Lindsay, 425, Schmalz, 137, Som-
mer, 444).
Paelignian hanustu : Latin fanum.
In the Paelignian Herentas-inscription (v. Planta, 254, 7,
Gonway, 216) over the grave of the priestess Vibia the goddess
1) Of the other Slavic diftlects only Old Gzeoh preserved the accn-
satives ny, vy. Here too the New Czech, like the other langaages of
the group, sabstitated the genitive (tUU^ vd$). In Serbian it is inte-
resting to note that m, vi, like Old Chorch Slavic »y, oy, are fonnd
beside the regulär dative forma nama^ vama (Miklosich, m *. 360 — 361,
216).
2) Still more doabtfal is the Old Latin noi9 or noMt of the Daenoe-
inscription, even if it means 'nobis', whioh is very uncertain (cf. Sommer,
444, Egbert, Latin Inscriptions, 846—347).
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Contributions to OH Italic Etymology. 303
Herentas, who corresponds to the Roman Venus, has the epithet
hanustu, found only here in the inscriptions thus far discovered.
Seyeral conjectures as to the meaning of the word haTe been
collected by v. Planta, I. 463, IL 660. The best of these seems
to be that of Breal, Mem. Soc. Ling., VI. 84 — 85, who regar-
ded hanustu as connected with Latin fänum, Oscan fiisna^
Umbrian fesnafe (cf. also Stolz, LAt. Gramm. »,74, Lindsay,
Lat. Lang., 294 — 295), even though fesn, apparently an abbre-
viation, is found in Paelignian (v. Planta, 253, 4 — Conway,
239). Possibly Paelignian hanustu is for *ha8nu8~t0y ^fasnus-to
(cf. Oscan-Umbrian fesna-)^ with the same formation as in
Latin onus-tus, vetus-tus, venus-tus, Umbrian mersto (cf. Brug-
mann, Grundr., IL 218, y. Planta, II. 40). With hanustu one
may also connect the (Faliscan?) gloss (cf. Cionway, 385), hch
nula, parva delubra, quasi famUa, Festus, ed. Th. de Ponor, 73.
The phrase hanustu herentas would tben mean 'the Venus of
the shrine'. It may well be that this goddess was, according
to the Paelignian cnlt, one of the eerfum semunu (1. 4) whose
priestess Vibia had been.
Umbrian an gif : Sanskrit a^cati.
The Umbrian Stv. Xsy. angif is found in Tab. Ig. U. a, 25
in a passage reading: arvia puni puHuvitu, vestikatu, ahtre-
puroitu, pustin angif vinu, nums ahtrepuratu, tiu puni tiu vinu
teitu. The word angif is usually regarded as the accusatiye
plural of a noun meaning Mces' (Conway, 601, Bücheier Um-
brica, 133—134), although others compare it rather with Greek
ayKvXi] or with ayysa (v. Planta, L 361). At all events, its
kinship to Umbrian anglome, Latin ancus, angulus, Greek Synog,
Old Irish ^ath 'hook', Old High German angul, Sanskrit awka,
aficati, as well as-with the Oscan gloss ungtdus ^anulns', Latin
uncus, Greek oyxog seems certain (cf. v. Planta, I. 328, Lind-
say, Lat. Lang., 259, Fick, I *. 348, II *. 32, H ». 7, Prellwitz,
Etym. Wtb. d. griech. Spr., 218, Uhlenbeck, Etym. Wtb. d.
altind. Spr., 4). The view that angif is a noun, however, does
not seem altogether satisfactory to me, for vinu, which is
obviously dependent on angif ^ is hard to explain on such a
hypothesis. I regard angif, therefore, as the present active
participle of *angio which is cognate with Sanskrit aücati
*bends\ Pahlavl anöitan. For the form the Volscian asif *arens,
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304 Louis H. Gray
ardens' (cf. v. Planta, 11. 651 — 652, Bück, Chicago Studies,
I. 183, 134) is to be compared, as well as Latin forma like
serxribäs, seribas, insignibaty mollbar, praesagibat, exibam, leni^
bat, etc. (Sommer, 569, Lindsay, 491, Neue-Wagener, Formenl.
d. lat. Spr. «, m. 317—318). If this explanation of the üm-
brian word be possible, then the phrase anpt/ vinu 'bowing
with wine' has an exact parallel in Sanskrit. The definition of
the root a^c as given in the DhStupätha, L 203, ed. Böbtlingk
(see also the edition of Kirste, L 105, 890 — pp. 19, 110),
a^cu gatipüjanayöh is confirmed by such a sentence as bhimö
'yam girasaflcati ^Bhlma here bows with his head' (i. e., salut^).
The word pustin, like puste, I. a, 25, though it is a prepo-
sition governing the accusative in the other passages in wbich
it occurs (IV. 13, V. a, 13, 18, 20, 21, b, 8, 12, 14, 17, so
also Oscan püstin slagim, Cipp. Abell., 34), seems to be here
a temporal adverb (cf. however v. Planta, IL 450 — 451). In
like manner Latin post is used both as a preposition and as a
temporal adverb, e. g., Plautus, Menaechmi, 36, pauds diebus
pöst Tarenti emMiwst, Cicero ad Farn., VII. 5,2, atque Ha
miUo, tU initio mea sponte, post autem invitatu tuo mittendum
duxerim. I accordingly translate the passage under conside-
ration: 'let him present the fruits of the field (and) sour wine,
let him pour a libation, let him dance, then bowing with wine
let him dance nine times, let him say, '*thee with sour wine,
thee with wine (I honor?)"'.
Umbrian amperia : perum.
The Umbrian amperia occurs but once, IL a, 29, where it
is found in the passage, katlu purtuvltu, amperia persnihmu,
asegeta käme persnihmu. Various conjectures as to the etymo-
logy of the word have been coUected by v. Planta, I. 466— 467
(cf. Conway, 599). It seems clear that amperia is to be divi-
ded am-peria. The first component is, in my judgment, the
preposition ana (Avestan ana, Greek opd, dv, Thessalian, Ijes-
bian, Cyprian oy, Latin an-helare, etc.). The dental nasal be-
comes m before the labial, as in am-pentu beside an-peties^
a-pentu (cf. v. Planta, 11. 455 — 456) *). The second part of
1) Cf. the same change in Greek, as in afinvtvfia. Find., Nem.
1. 1, dfAnenalMV, r 355, beside «vinaXro, 9 85. The Hesychian gloss
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Contributions to Old Italic Etymology. 305
the word is obviously connected with ümbrian perum 'ground',
Latin ojhpidum, Greek Ttediov^ etc. The meaning of amperia
accordingly seems to be 'placed on the sacrificial space'.
Umbrian niru : Greek vIqov.
The Umbrian word niru, which occurs once, 11. b, 15, in
the pbrase pistu niru fertu has been connected with hesitation
by V. Planta, L 375, with Latin nigrum. Bücheier, ümbrica,
146, is probably correct in bis explanation of niru as 'pistum
frumenti genus aut leguminis', and equally justified in declining
to identify it with Greek vijqiov. As a mere conjecture I offer
the Suggestion that the Umbrian niru may be related to the
Hesychian gloss, viqov fiiya. In meaning niru may denote
either the size of the grain which is to be ground, or, less
probably, its quantity (cf. magno in populo, Verg., Aen. I. 148).
Umbrian eru 'ab se'.
The pronoun eru in the passage Tab. Ig., V. a, 7 — 10, has
occasioned much discussion. The section in questioii reads,
revestu pure terte, eru emantur herte, et pihaklu pune tribrigu
fuiest, akruiu revestu emantu herte, Here the last three words
are plainly parallel to revestu eru emantur herte. Of
all the translations only v. Planta's (II. 568, cf. 671), 'reuisito
a quo datnr, ab eo emantur oporteatne', recognizes the fact
that eru is ablative singuIar masculine. On the other band I
think Conway, 517, correct when he renders pure terte by 'quod
datur'. The question is at once suggested as to whom or what
eru refers and'how it is to be construed. It is, I think, an
ablative of agent after emantu(r) herte and refers to the im-
plied subject of revestu. It consequently Stands for the re-
flexive which, like all the personal pronouns, has no ablative
in the Osco-Umbrian dialects. Ablatival forms like Old Latin
sS(d), mE{d), te(d) (cf. Neue- Wagener , Formenl. d. lat. Spr. *,
II. 354) are not found in the other Italic languages. It would
seem therefore that the personal agent in Osco-Umbrian was
expressed by the instruroental-ablative without a preposition,
diverging herein from the Latin usage. Although it is true
dfina^lfiv' (favBQ^s cannot, if correctiy transmitted, be compared with
Umbrian ampetia on account of the vocalization.
Beitrag« z. knnde d. indg. spraoheii- XXVU. 20
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306 Louis H. Gray
that Latin from the earliest moDuments onward employs a(b)
with the ablative to denote the personal agent with yerbs in
the passive voice and grows careless of this rule only in the
decadence of the langaage (Schmalz, Lat. Synt. ^ 252, Draeger,
Hist. Synt d. lat. Spr. «, L 547—548), yet I believe that this
use of a(b)y as of the corresponding syntactic equivalent v^o
in Greek, is relatiyely a late development, and that the Osco-
Umbrian adheres in this regard to Indo-Germanic usage (cf.
Delbrück, SR, V. 135—136, Vgl. Synt., I. 268—269, Audouin,
Declinaison dans les langues indo-europeennes, 321). I should
accordingly prefer to render the passage here considered, 're-
yisito quod datur, (ab) se emantur oporteat (ne), et piacalomm
qunm temio fiet ex agro, revisito, einantor oporteat(ne)'.
Umbrian anderuomu : Latin interluo.
The Umbrian S/r. Xey, anderuomu occurs Tab. Ig., VL b, 41,
anderuomu sersUu arnipo comatir pesnis fust. Bücheier renders
the word 'inter rogos', while y. Planta, L 380—381, hazards a
connection with Latin lämen or Umbrian uoco- or 9ub-{y^jocO'.
As a very doubtful Suggestion one might regard anderuomu as
an instrumental-ablative of manner (cf. Conway, 500 — 501) from
ander-uo-mO' < * ander 4U'mO' (cf. on Umbrian u < Z v. Planta,
L 285 — 289). The word would then be a -mo- formation, like
Oscan eg-mo, Latin fä-mä, ro-mus, to Latin lue, lutum, Greek
loßco, Xovü), Armenian loganem, etc. (cf. Fick, I *. 539, 11 •.
223—224), as well as to Latin lö-mentum, Greek Xv-firj. The
meaning of anderuomu, if this Suggestion be adopted, may be
gained from the foi:pe of the cognate Latin interluo in such a
passage as Cato, RR., 132, cum pollucere oportdnt, sie fades
manus interluito, poetea vinum sumüo. The passage
under discussion would accordingly seem to signify, 'let him
Sit with a (ritualistic)' washing (of the hands) between (the
stages of the sacrifice), until he shall have prayed when (the
grain offering) is ground'.
Umbrian asiane,
Umbrian asiane occurs but once, Tab. Ig., I. a, 25, in a
passage reading, puste asiane fetu, zeref fetu, Previous sugge-
stions relative to this obscure word are collected by y. Planta,
I, 388, 526, who seems to me correct, I. 526, Ö. 7, 32, in
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Gontribntions to Old Italic Etymology. 307
associating it with Umbrian aso, Marrucinian asumj Latin os-
säre, New High German esse, etc., with the suffix -ano-. It
is possible that asiane is a deriTative from a proper name *asfO',
and is the designation of some building in Iguvium near the
Veian gate. Various places belonging to or named after per-
sona are mentioned in the Umbrian inscriptions, especially in
VI. a, 12 — 14, presoliafe nurpier, tettome müenitar,
carsome uestisier, etc. Further, the 'Ono- formation
freqnently gives derivatives from proper names both in Osco-
Umbrian and in Latin (v. Planta, II. 32—33, Lindsay, 326—
327). The name *asiO' may have belonged either to a man,
in which case the Umbrian (?) name Asania, i. e., As-ania,
cited as occurring bnt once by Conway, 446, may be compared
if (mane is to be analyzed as-i-äne, or to a local fire-godling
of the Iguvines who offered a sacrifioe at bis shrine during
their lustral procession.
Umbrian ruseme : Old Norse rodra.
The Word rt^seme occurs three times in the Iguvine Tables,
VII. a, 8, ape supo postro pepescus, enom pesclu rusetne uesti-
catu, Vn. a, 9, enom uesclir adrir ruseme eso persnihimu,
VII. a, 23 — 24, enom ruseme perschu uesticatu, The term is
quite unclear (cf. the explanations coUected by v. Planta,
I. 161, 428), but I believe that v. Planta, IL 50 is right in
thinking that the root of rusetn-e ends in a dental and that
the word is a -^i-formation. Possibly ruseme refers to the raw
flesh of slaughtered victims, especially as the words in other
Indo-Oermanic dialects which I regard as its cognates some-
times have special application to slain animals. I think that
rusi is for *rudh4% (cf. Sanskrit nidA-tVa *red', Greek e-^ö-^og,
Latin rub-rum, rus-sus < ^rudh-so-, Umbrian ruf-ru, Old
Church Slavic rbd-rb, Old Norse roä-ra, Fick, I *. 116). The
form rtm instead of *rusti may be compared with Latin ßissus
< *iudh-tO' (Sanskrit yuddhi) and Latin gressus < *gredh-to-
(Gothic grids) (cf. Bnigmann, Grundr., I. • 627, v. Planta,
I. 423, bat against this Sommer, 281, 645). As another ex-
ample of Umbrian s < dh-t one may cite the word Fisiu if
this Stands for *bhüdhrtO', as v. Planta says, rather than for
*bh%dh'SO', as Brugmann is inclined to believe. The etymology
here suggested for Umbrian ruseme I regard as merely tenta-
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308 Louis H. Gray
tiye, but I think tbat the resultant meaning 'blood' fits tbe
context a little better tban previous explaDations. It is worth
notiDg in this coDnection tbat Old Norse rodra, wbicb I regard
as related to ruseme, refers especially to the blood of slaugh-
tered animals.
Umbrian furfaO : Sanskrit gfbhnOH.
Tbe Umbrian verb furfa- is of extremely doubtful etymo-
logy. Tbe four passages in wbicb tbe word occurs are as
foUows: I. b, 1 vuhikum luviu, pune uvef furfad, tref viünf
turuf Marte Hufie fetu = VI. b, 43, uocucam louiu, ponne
oui furfant, uitlu foru trif fetu; VI. b, 17, eno mefa uestisia
8opa purome efurfcUu, subra spahmu = VII. a, 38, enno uesti-
sia mefa spefa sopam purome efurfcUu, subra spahamu, The
old etymology of furfaß was witb Latin februus (Breal, Tab.
Eug., 132 — 134), still held, apparently, by Brugmann, Grundr.,
IL 958. The Suggestion of v. Planta, I. 459—460, tbat the
verb may perhaps be compared witb Latin forfex and contain
the root bher 'out' seems ratber improbable. If , on the other
band, y. Planta is rigbt wben he states, L 111, tbat Italic o
becomes u before rf (whence, by implication, Itahc or from
Indo-Germanic r becomes ur before f/), it seems possible to
suggest an etymology, wbicb is at once pbonologically correct
and suitable to the context, and possessed of morpbological
parallels. I think that Umbrian furfad may be derived from
Indo-Germanic ghrabh 'seize', Sanskrit grbhnäti, Old Church
Slavic grabiti, Old High German garba, English grab, etc. Um-
brian furf- from ^ghrbh- may be compared eitber witb the
Sanskrit present stem seen in grhUkäs, grhita, grhisva, agrhUäm
or witb the aorists grhe, gfhat^, gfhämahi, if indeed these latter
forms are not ratber presents (cf. Delbrück, Vgl. Synt, IL 76).
From the same low grade of this Indo-Germanic root comes
the New High German verb grappen, grapen (Hirt, Ablaut 80).
If, on the other banrl, Sanskrit grhe, etc. are, as Whitney
supposes, aorists (cf. the root-aorists grbhäna, agrbhran and see
Whitney, Uoots, 40), we then have one of the instances where
a given root-grade has an aoristic force in one language and
a present value in another (cf. Delbrück, Vgl. Synt., II. 100
— 101). Other Umbrian words from Indo-Germanic roots
which have no equivalent in Latin are not lacking. As an
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Contributions to Old Italic Etymology. 309
example tbe I3mbrian hahina 'goat' may be cited. This word
is to be compared with Sanskrit chäga, Älbanian ked, Old
Church Slavic koza, Anglo-Saxon hicen (cf. Wackernagel, Altind.
Gramm., I. 155, otherwise v. Planta, I. 336). Finally, for the
preservation of tbe double aspirate in Italic from ^ghfbh- we
may compare Oscan feihüss^) 'muros', Latin fig-ura, Greek
TfiZ^og, Gothic deigan, Sanskrit dehi, etc. from Indo-Germanic
*dhei§h. The two passages, I. b, 1 and VI. b, 17, quoted abore,
are accordingly to be rendered, if furfad is connected with the
root *ghfbh-, as follows: 'in the grove (?) of Jupiter, when one
takes the sheep, let bim offer three bullocks to Hudian Mars',
and *tben let him take out to the fire and spread above it the
sacrificial cake, the libation, and the entrails'.
Umbrian andersafust : Italian andare.
The yevh andersafust, andirsafust, aterafust occurs three
times in the Iguvine Tablets in the following passages : I. b, 40,
pusieriu parte puplu aterafust « VII. a, 46, postertio pane
poplo andirsafust, VII. b, 3, appei arfertur Atiersir poplom
andersafust. The meaning of the verb (cf. Bücheier, ümbrica,
113) is clearly 'circumdederit, ambieverit', literally **arabidederit'.
It is a Compound of Umbrian amfr-, amf-, am- (Latin afnbi-,
Greek a^qpt, etc.) and the root da (v. Planta, I. 294, IL 246
—247, 455, cf. also Osthoff, Perfect, 240—241, Brugmann,
Grundr., II. 967, Bück, Chicago Studies, I. 132). While no
exact Latin representative of this Umbrian verb is found, the
word andersafust has, I think, a Romance descendent, the
Italian andare and the Spanish and Portuguese andar. The
y^rb andar(e) has given rise to much discussion among Ro-
mance scbolars. Among other etymologies Körting, Lat.-Rom.
Wtb. *), 283, traces andar(e) to *am(b)dare. This is, I believe,
the correct view. The Latin ^ambdare, *ambidare corresponds
precisely to the Umbrian andirsafust, while it has given rise,
through the transition grades *amdare, * andare to the form
1) On the phonetio valne of this h cf. v. Planta, I. 486, 446—447.
2) In the second edition, 51 — 55 Körting seems to nie to retro-
grade decidedly when he regards Latin ambularB as the only possible
ancestor for andarfej. The objection of Br6al, Mem. Soc. Ling., XII. 2,
to the postulation of a Latin verb *ambdare^ *amhidare^ seems to me
nngronnded.
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310 Louis H. Gray Contributions to Old Italic Etymology.
found in ItaliaD, Spanish, and Portuguese. We tbus have the
interesting pbenomenon of an Italic verb unknown in Latin and
even in Folk-Latin, yet existing in a neigbbouring cognate dia-
lect and preseryed in impoi*tant members of tbe Romance group.
Umbrian vatuva : Latin vates.
The Substantive vatuva occurs twelve times in the Iguvine
Tablets, only in the phrase vatuva ferine fetu (also spelled
vatuvu, uatuo, uatue), The etymology of the word has been
discussed by v. Planta, I. 350 (cf. also 426, 287) but bis com-
parison with Sanskrit kvathati ^boils' seems to me extremelj
doubtful, even if the change of root-determinative from p to
th be granted (cf. Brugmann, Grundr. I *. 790). On the other
band I think he is right in regarding vatuva as a stem in
-^0- (IL 163, cf. 13 — 15) like Umbrian saluuom, mersuva). For
the etymology of the word it seems both simpler and clearer
to connect vatuva with Latin vates, Gothic wödSy Sanskrit api-
vätayati 'understands', etc. The word would then signify *re-
lating to augury, and the formula vatuva ferine fetu is to be
translated, %i bim put the things relating to augury on the
barrow'.
Princeton, N. J., U. S. A., April 24, 1902.
Louis H. Gray.
Zur declination der lettiBohen bestimmten a^jectiva.
Mit recht verwirft Leskien (Declination im Slavisch-
Li tauischen und Germanischen, s. 135) die ansieht von Bielen*
stein und Miklosich, dass in der declination der bestimmten
adjectiva das Lettische in allen casus das thema des adjectivs
enthalte und eine form wie der nom. pl. labe „die guten'* durch
contraction aus labäji entstanden sei, indem er hinweist, dass
lab^ nach den lettischen lautgesetzen gar nicht aus labäji her-
geleitet werden kann. Verfehlt ist jedoch die weitere behaup-
tung Leskiens: „to&o- kann deswegen nicht stamm des ad-
jectivs sein, weil sein a stets lang ist; wer es dennoch dafür
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J. Endzelin 311
hält, muss eine erklärung der länge geben/^ Denn wollte
jemand noch die ansiebt Bielensteins und Miklosicbs ver-
treten, so könnte er mebr als die erklärung der länge geben,
nämlich die postulierte kürze des a nachweisen. Dabei kommen
freilich nicht formen aller mundarten in betracht. Es werden
nämlich in Rujen, Allendorf, Salis, Lemsal, Ubbenorm, Pernigel,
Adiamünde und Loddiger in den Suffixen alle langen vocale
(und an allen diesen orten, ausser in Loddiger, auch der diph-
thong ü, teilweise auch e) zu kurzen vocalen ; noch weiter gehen
bekanntlich in dieser hinsieht die tahmischen mundarten Kur-
lands, wo die gekürzten längen teilweise ganz geschwunden
sind (vgl. Bezzenbergers Lettische dialekt- Studien 150 ff.
und oben XXVII 189). Aber auch in solchen mundarten, die
sonst eine Verkürzung der suffixalen längen nicht kennen,
werden gerade vor j lange suffixvocale gekürzt; so z. b. in
Bodenpois und Segewold. Es kann demnach eine form wie der
dat. s. v^cajatn „dem alten** aus Stenden auch auf vecäjam
zurückgeführt werden, denn in Stenden werden in einigen formen
die langen suffixvocale gekürzt: dat. pl. mäcüajim „den
pastoren**, inf. iur^ „halten'^ dat pl. m^am „den töchtern**,
loe. s. meza „im wald**, praet. nevarej „konnte nicht", fut
näMdis „wird abbeissen", mSs runa „wir sprechen", nom. s.
Irbit „kleines rebhuhn*', dusmigs „zornig** u. a. (daneben : comp.
Iftäks „leichter**, praet izdzSrds „zechte zur genüge**, loc. pl.
puUcäs mäjäs „in vielen häusem" u. a.). Dagegen dürfen wir
in folgenden formen keine Verkürzung des a annehmen : dat. s.
smotkajam „dem feinen" (Palzmar), labajam „dem guten**
(Smilten, Dickein, Olai, Wallhof, Mitau, Grünhof, Dohlen,
Schwitten, Liewenbersen , Siuxt, Lesten, Neuenburg, Remten,
Frauenburg, Kursiten, Ringen, Grösen u. a.), loc. s. labajä „in
der guten*', dat. pl. lelaßtm „den grossen**, jaünaßm „den
jungen** (Wolmar). Denn in diesen mundarten wird ursprüng-
liche länge des a auch vor j bewahrt: dat. s. arhjam „dem
pflüger*', wäöUäjam „dem pastor^^ loc. s. Imäjä „auf dem
flachsfeld**, runäjam „wir sprechen'* u. a. (Wolmar). Für die
nomina agentis auf -täja- und -äja- gilt dieses von allen den
eben genannten mundarten, während in den verbalformen einige
derselben verkürztes a aufweisen: praet. dzedaja „er sang**,
mazgajda „wusch sich"; daneben: tnd^Mäjs „pastor** (Olai). In
den mittleren mundarten Livlands und Kurlands, die der letti-
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312 Zur declmation der lettischen bestimmten adjectiva.
sehen Schriftsprache zu gründe liegen, scheinen also bloss ad-
jectivformen mit kurzem a vorzukommen, wobei die kürze dea
a ursprünglich sein muss. Formen mit langem a (z. b. dat
s. sUnkäjam „dem faulen") habe ich in Serbigal, Mehrhof
(Liyland) und in den westkurischen mundarten von Nieder-
Bartau, Klein-Gramsden, Preekuln, Grobin, Amboten, Nigranden,
Wirginahlen, Schrunden, Wormen, Lahnen u. a. gefunden. Auf
'äjam muss wohl auch die endung -am (z. b. slinkäm ,,dein
faulen^') zurückgeführt werden, die ich in Firckshof, Schneh-
peln, Gross-Iwanden, Dubenalken, Hasenpoth, Zierau, Sacken-
hausen, Appricken und (in Livland) in Adsel-Schwarzhof gehört
habe. Das a der schlusssilbe wird nämlich auch tonlos ge-
sprochen (sUnküjam in Wähnen und Kabillen ; mundrajam „dem
muntern", Ober-Bartau) und fällt dann auch ganz aus, worauf
das j nach ä gleichfalls wegfällt (slinkäm) oder mit a, bezw. a,
den diphthong ai bildet: dat s. mundraim in Kalleten^) (ähnlich
wird in Kalleten der nom. s. fem. g. izgajusi hußSaa zu izgaisi,
in Wolmar dagegen zu izgosi gekürzt). Die formen mit langem
a hat Leskien (Declination, s. 136 f.) wohl richtig erklärt;
verwerfen muss ich nur seine erklärung des dat. s. labäjam, in
dem er mit hinweis auf lit. labqjem aus labäm-jam weiterent-
Wickelung eines ursprünglichen ^labäm-jam sehen möchte.
Erstens ist die von Leskien angesetzte urlettische form mit
langem a ganz undenkbar (dieselbe kann nur *labam'jam ge-
lautet haben), zweitens sind wir nicht berechtigt, Übergang von
-aw/- in -äj- im Lettischen anzunehmen; vielmehr muss labär
jam ebenso wie etwa der loc. pl. labäjüs erklärt werden, näm-
lich als analogiebildung nach dem gen. s. masc. g. und dem
nom. 8. fem. g «). Aus dem ursprünglichen ^labam-jam ist da-
gegen labam entstanden, das neben labäjam im sinne eines be-
stimmten adjectivs gebraucht wird. Wie sind aber die formen
mit kurzem a (wie labäjam) entstanden? Dass dieselben der
Verbindung des reinen adjectivstammes {Idba-) mit den casus-
formen von jis ihr dasein verdanken, wird wohl niemand mehr
1) 0. XVII 276 führt Lautenbaoh aas der Abaagegend den dat.
8. lahaim an.
2) Ähnliche nenbildungen kommen auch im Litauischen vor: ausser
hierher (gehörigen formen in Kurschats gramm. s. 251 vgl. noch den
dat. s. fem. g. tr^eziöjei (Bezzenberger, Lit. forsch. 1), jaun^snöfei
(ibid. 9).
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J. Endzelin 313
behaupten wollen. Mir scheint es, dass diese formen vom dat.
8. fem. g. ihren ausgang genommen haben; dieser casus muss
im Urlettischen *labaijai gelautet haben; ^labaijai ist aber
meiner ansieht nach rein lautgesetzlich zu labajai geworden.
Zu dem fem. labajai dürfte zunächst das masc. lahajam hinzu-
gebildet sein ^), und weiterhin die übrigen casus. Freilich kann
ich keinen sicheren fall des angenommenen wandeis von
suffixalem -aij- in -aj- namhaft machen; allenfalls lassen sich
die hochlettischen praeterita auf -eju oder -eju für -eiju (=
schriftlett. -Iju ; vgl. Bezzenbergers Lettische dialekt-studien
131) vergleichen*). Andererseits spricht aber meines wissens
nichts gegen die annähme eines solchen lautwandels, und man
versuche nur formen wie *labaijai rasch zu sprechen, so wird
der Übergang von ^labaijai zu labajai sehr natürlich vorkommen.
Nach dem muster des dat. s. fem. g. wie labajai scheinen
ursprünglich für alle casus nebenformen mit einem scheinbaren
adjectivstamm auf -a oder — nach andern musterformen —
dialektisch auf -ä im gebrauche gewesen zu sein; wenigstens
lassen sich solche formen aus den Volksliedern nachweisen
(beispiele bei Bielenstein, Lett. spr. II 57). Da aber eine
form wie der acc. s. labü „den guten*' aus Habü-ju (Bielen-
stein, Lett spr. II 57, weist, freilich mit falscher auffassung,
aus einem Volkslied die form raznü^ju ') nach) sich auch so
deutlich von labu „einen guten** unterschied, so konnte die
längere neugebildete form labaju oder labäju neben labA nicht
recht aufkommen. Dagegen unterschied sich eine form wie der
dat. s. labam „dem guten** aus ^labam-jam äusserlich durch
nichts von labam „einem guten^, und deshalb wurde hier die
1) Vgl. dazQ den lit. dat. s. fem. g. hdUäjai (Kanchat, Gramm.
8. 250), der doch wohl nach der maskalinform balUffäm (ibid. 248) nea-
gebildet ist.
2) Vgl- dazu folgende lit- formen: dat. s. Uiiamuiam (Psalteras
Dowido 1626, Ps. 87, 12), piktamujem (Ps. 94, 18).
8) Übrigens ist es zweifelhaft, ob rahiAju wirklich die alte vor-
ausgesetzte form ist; man könnte aach an contamination von rainü nnd
raSnäju denken, wie denn der loc. s. taini (Behrshof) „in dem*' (dazn
der loo. pl. tainijäs aas Ziepelhof) durch misohung von tat und tant
entstanden ist. In iaint einen umlaut zu sehen, was Bielenstein o. I 217
tut, ist unmöglich. Zu rainüf'u stelle ich noch zwei andere acc. s.:
$kl%dAfu (Latwju dainas 2887, 1), «iouwe pirmoye DeeU (Evangelia und
Episteln, Riga 1616).
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314 Zur declination der lettischen bestimmten adjectiva.
neubildung labajam oder labäjam sehr üblich. In der leben-
digen Volkssprache setzt sich also das paradigma folgender-
massen zusammen (der kürze wegen führe ich hier nur die
Wolmarschen formen an):
masculinum femininum
sing. nom. labais labä
gen. labä labäs
dat. labajam od. labam labajal od. labai
acc. labu wie masc.
loc. labajä od. lahä wie masc.
plur. nom. labe labäs
gen. labä wie masc.
dat. labaßtn od. laltem labajam od. labäm
acc. labus labäs
loc. labajds od. labus labajds od. labäs.
Endlich sei hier noch erwähnt, dass in den westkurischen
mundarten von Appricken und Paddem der dat. pl. masc g.
der bestimmten adjectiva auf -Sm, bei den unbestimmten da-
gegen auf 'im auslautet, z. b. föm mudigem swAim „den flinken
hunden*' neben ar savim v^cim draügim ^) „mit seinen alten
freunden" (Paddem). In diesen mundarten (wie in vielen an-
dern) lautet nämlich der dat, instr. pl. der o-stämme und -io-
stamme auf -im aus. Dieses -im kann nun freilich keine rein
lautliche Schwächung aus -em sein, wie Bezzenberger Lett.
dial.-stud. 129 meint, denn dagegen sprechen mundartliche
formen: so wird z. b. in Rujen suffixales e durchgängig zu e
gekürzt (z. b. cdes „erhebe dich'* aus ceUs)^ im dat. pl. er-
scheint aber hier nicht etwa -em, sondern gleichfalls -im (z. b.
zubim „den zahnen"; vgl. auch Rakstu Eräjums XIII 75 und
86). Dieses -im der o- und ib-stämme stammt vielmehr von
den masculinen t-stämmen, wie taüdim „den leuten^^ In
Wolmar unterscheidet man noch das masculinum Vaüdim (mit
kurzem i) von den feminina wie z. b. giMm (mit secundärer
länge des i) „den kühen". Anderwärts spricht man aber jetzt
auch Vaudim, indem dieses wort sich ganz den feminina ange-
schlossen hat; ja, in den tahmischen mundarten von Sirgen,
1) f ist offenes #; in diesen mundarten hat sich der fallende ton
dem stosston angeglichen, daher: drailgim.
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J. EDdzelin 315
Pilten u. a., wo die weiblichen «-stamme in die declination der
j^-si&mme übergegangen sind, heisst es im dat. pl. toudfm wie
d'äer^m „den türen*', värt^ ^) „der pforte"; vordem hat aber
auch hier Vaudim sein -im auf die o- und ib-stämme über-
tragen, denn auch hier geht der dat pl. dieser stamme auf
-im aus: skapim „den schränken**, rtxtim*) „den rädern",
käPjim „den schmieden" (Pilten), h&Mm „den bäumen", ah-
mv/dm „den steinen" (Sirgen). Von den substantiva ist dann
die endung -im auch auf die adjectiva übergegangen; natürlich
wurde dabei -em nicht plötzlich durch -im vollständig ver-
drängt, sondern es konnten eine zeit lang beide endungen neben
einander gebraucht werden (so noch in Wolmar; anderwärts
hört man bereits nur -im). In den erwähnten mundarten von
Apprieken und Paddern ist dann das nebeneinander von ~dm
und -im in der weise ausgenutzt worden, dass die volleren
formen auf "'em den bestimmten, die auf -im den unbestimmten
adjectiva zufielen.
«/. Efidzelin.
Lettische comparativbildimgen.
In den Schriften des Mancelius (z. b. Postille I 39 und 41)
findet sich öfters das comparativische adverb labis „besser";
entschieden comparativische bedeutung hat auch das adverb
väirs ') „mehr", das auf *vairi8 zurückgeführt werden kann
1) Hierzu der n. pl. värf$; im Wolmarschen dagegen n. pl. värti.
2) In der amgegend von Windaa sind oft erweichnngen za hören;
ich gebe einige beispiele: nad st' „komm (zu) essen" (Schlehk); n. s.
fem. g. patudfii „verloren*', mdt' „matter", ck^ad „kackak**, vdladi
„pfingstvogel (Sirgen) ; te pai' „hier selbst", n. s. maso. g. sades „loca-
tas", a. s. näd „das messer" (Pilten); n. pl. ad*$ „äugen", 1. pl. toui'iiia$
„in der fremde", praet. gad^ijat „traf sieh" (Suhrs); praet. nmuSisüt*^
„schickte nicht ab", d. pl. därbfm „den arbeiten" (Hasan). Aus der
erweichang entstand dann öfters ein epenthetisoher vocal: vdlaM, ba-
laid^*9 „taube" (Hasan) ; n. vä^rt' „pforte" (Popen) u. a.
8) Die angäbe Ulmanns (im Wörterbuch) und Mnhlenbachs
(Dafchi jautajumi par latweeschu walodu UI 27), dass vair$ nur in ne-
gativen Sätzen vorkommt, mag allenfalls für bestimmte mundarten richtig
sein. Wenn aber Mahlenbach ganz allgemein einen satz wie tikai
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316 Lettische comparativbildungen.
und wohl von einem adjectiv *vair(a)s „gross" „viel" (davon
das verbum fxnriU „mehren", wie von l(ü>8 „gut" — labilt
„bessern") abgeleitet ist, von dem auch das adverb vairdh
„mehr" stammt; auf '^vairis gehen wohl auch die dialektischen
formen vairi (von Bielenstein, Lett. spr. 11 279, ans Volks-
liedern angeführt), vair^ vais, vai zurück. Mühlenbach (Dafcbi
jautajumi III 25) sieht in labis und vairs alte instr. pl., des-
gleichen in pr. tälis oder täls „weiter", und verweist in sema-
siologischer hinsieht auf litauische ausdrücke wie tolifn vazi&'ti
„weiter fahren". Aber die litauischen formen auf -yn sind ja
keine instrumentale und erklären deshalb keineswegs, wie ein
instr. labis zur bedeutung „besser" gekommen sein sollte.
Ausserdem kann auch pr. täl{i)8 kein instr. pl. sein, da ja im
Preussischen dieser casus noch den diphthong aufweist (Ber-
neker, Preussische spräche 197). Das -« in pr. tälis ist viel-
mehr dieselbe comparativendung , die wir in lat. magisy goi
hauhis finden (Berneker211). Und so sehe ich auch in den
lettischen formen labis und vatrs alte comparative; vielleicht
sind es auch pirms aus pirmis (die letztere form finde ich
noch ^) in Latwju dainas 4991, 4 b und in den aufzeichnungen
aus dem dialekt der preussischen Letten, die ich der gute
hm. L. Behrsiris verdanke; neben pirms ist jetzt pirmdk im
gebrauch) „ehe", „früher" und senis (Bielenstein Lett spr.
n 273; dafür ist üblicher sendk oder — in Paddern — sendks,
wo das -5 vielleicht auch vom comparativ stammt) „vor zeiten".
Doch können die zwei letzten formen auch instrumentale sein,
wie es ganz sicher retis „selten" (Wolmar) ist Unentschieden
muss ich die frage lassen, ob das -is in labis ursprünglich ist
(wie in pr. tcUis) oder aus -ais gekürzt ist (vgl. pr. massais
„weniger", Berneker 210); denn in lautlicher hinsieht ist
ndtras un fuzäles vair$ siUajä 8aulg{Ut (der schrift eines kurl&nders ent-
nommen) „es gibt nar noch nesseln und nnkrant im warmen Sonnen-
schein'* far fehlerhaft aasgibt und darin einen germanismus sieht, so
muBS ich dagegen entschieden protestieren. In Wolmar und anderwärts
steht eben vairs nach tik(ai) „nur** auch in positiven sätsen. Im übrigen
ist das wort vielleicht wurzelverwandt mit v7rs „mann'', vgl. got ma-
nagi : aksl. tnc^h. Unverkennbare comparativbedeutung hat das wort
z. b. im folgenden satz: katters arridtczan wayr» gir nska wens Prophetz
„der auch mehr {fitiCov ti) ist als ein prophet'* (Evangelia und Episteln,
Riga 1615).
1) Vgl. auch Mühlenbach, Daschi jautajumi III 88.
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J. Endzelin 317
meiner ansieht nach beides möglich ^). Sollte vätrs über
*vairi8 auf *vairai8 zurückgehen, so sollte das i wohl sich er-
halten haben, doch ist der verlust desselben in diesem so ge-
bräuchlichen adyerb nicht auffallender, als etwa der verlust des
i in pSc „nach'* aus pedis (vgl. Mühlenbach, Dafchi jauta-
jumi EI 87 f. und 102) oder in dHz „bald" aus dmi u. a.
(vgl. Zubat^, Flickyokale 7). Dass aber in labis auch die-
selbe endung vorliegen kann wie in pr. tälis, dafür dürften
sprechen bei Mancelius vorkommende formen wie n. s. avis
„schaf", vesis „gast'' (dazu der n. pL und acc. pl. v^is, also
ein «-stamm ; heute n. pl. vesi), neben denen auch formen ohne
* wie sirds „herz" vorkommen. Freilich ist es nicht ganz
sicher, dass in den angeführten nom. s. wirklich altes i vor-
liegt. Man müsste auch für die zeit des Mancelius erwarten,
dass der nom. s. — sirds, der gen. s. dagegen — sirdis lautet
(regelrecht heisst es in der Dispositio imperfecti: n. s. sird^,
gen. s. sirdis; bei Mancelius dagegen schwankt die endung im
gen. s. zwischen -s und -ü wie im nominativ *) : püis „der bürg"
neben airds „des herzens"). Ferner beachte man, dass dialek-
tisch noch heute der nom. s. der t-stämme auf -is auslautet:
Bezzenberger, Lett. dial.-stud. 160, führt aus Puseneeken
und Schlehk den nom. s. zivis „fisch" an, und ich habe mir in
Kabillen die nom. s. güvis ') „kuh", zuvis „fisch", ierdis „herz",
1) Die behaaptang Poriezinskijs (CöopnHRi» cTareH, DocBim^eHHbix'b
O. 6. OoprynaroBy, 626 und 645), dass im Lettischen der diphthong ai
in endsilben nirgends za t gekürzt sei, hat für mich nichts überzeu-
gendes; wie will denn herr Porlezinskij die alten dative von ö-stammen
auf -t erklaren, die in erstarrten redewendungen (z. b. pa laln ruki „zur
rechten band", pa iesi „wahrlich" u. a ), bei Mancelius Und dialektisch
auch noch heutzutage vorkommen? Dass die jetzt üblichen formen wie
rükai nicht lautgesetzlich sind und ihren Ursprung der pronominalen
flexion verdanken, hat schon Zubaty vermutet (Flickvokale 8), sogar
— dem anscheine nach — ohne die erhaltenen formen auf -t zu kennen.
Vgl. dazu Zubaty, Genitivendungen 11. Für den entsprechenden wandel
von auslautendem -au zu -ti, der von PorSezinskij (ibidem) gleichfalls in
abrede gestellt wird, ist ein sicheres beispiel die form puiu „entzwei" :
lit. pusiau.
2) Die gleiche inconsequenz findet man in den allerältesten letti-
schen drucken von 1686 und 1587.
3) Durch diese Schreibung soll die tonlosigkeit des t bezeichnet
werden; kurze endvocale der mittleren dialekte werden dort (in Ka-
billen und anderwärts), meist tonlos gesprochen.
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318 Lettische comparativbildungen.
pert%8 ,,bad8tnbe'S acis „auge'^ (dieselbe form hat dort der gen.
8., also: ff^fH8)y in Samiten ffüvis^ zuvis gemerkt Wenn man
endlich bedenkt, dass in den tahmischen mundarten von Pase-
neeken und Schlehk sogar ursprünglich lange sufiixyocale ge-
kürzt und teilweise ganz geschwunden sind und auch den
mundarten von Kabillen und Samiten derartiges nicht ganz
fremd ist ^), so wird man wohl schwerlich an erhaltung des
ursprünglichen i in den genannten nominativen denken. Wahr-
scheinlich ist in Kabillen und anderwärts das i aus dem ge-
nitiv, wo es lautgesetzlich war, auf den nominativ übertragen,
und in den übrigen mundarten der genitiv dem nominativ an-
geglichen worden (etwa nach dem muster der consonantischen
oder gar u-stämme *), wo der nom. und gen« s. vielleicht schon
zu einer früheren zeit die gleiche form erhielten?). Wenn diese
annähme richtig wäre, so würde man auch das schwanken
zwischen -is und -« bei Mancelius leicht verstehen. Oleichwohl
halte ich es nicht für unmöglich, dass in der form labtB altes
i vorliegt, das aus irgend einem uns unbekannten gründe er-
halten blieb ') (etwa um den zusammenfall dieser form mit dem
nom. 8. des adjectivs labs zu vermeiden?). Was nun endlich
die formen vaiH und vaira anbetrifft, die ich nur aus Volks-
liedern kenne, so muss man das -t und -a dieser formen wohl
für flickvocale ansehen, was keine Schwierigkeit bereitet In
den formen vair, vais, val haben wir Verstümmelungen vor
1) Belege werden in einer znaammenhängenden darstellung dieser
mnndarten gegeben werden.
2) Für anrichtig halte ich die beh'anptong Brdckner8 (A. f. sl.
ph. III 260), dass ein gen. s. wie akm«ns (die qnalitat des e in diesem
wort ist mir unbekannt, doch vergl. den gen. rudeM „des herbstes'* mit
geschlossenem e aus Weinschenken) „des Steines" nar aof eine neubil-
dung ^ahm^nis, nicht aber aaf eine consonan tische form (wie lit. ak-
mM) zurückgeht I was durch die erhaltung des -mi- bewiesen werde.
Auch wenn akmena (gleich lit. aknMni) auf *akm0ns8 zurückgeht (und
das halte ich far ausgemacht), musste das -en- erhalten bleiben. Ebenso
wenig kann ich Brückner beipflichten, wenn er (A. f. sl. ph. III 284)
für einen gen. s. wie tirds eine rein lautliche entwickelung aus *nrdSi
annimmt; eine grundform *»irdü$ möchte aber auch ich fürs ürlettische
annehmen. Anders darüber Bezzenberger, Beitr. z. Gesch. d. lit.
spr. 182.
8) [Viel wahrscheinlicher scheint mir jetzt die annähme, dass labi9
aus ^labaU entstanden ist. Korrektumote.]
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J. Endzelin 3 19
uns, denen adverbia und partikeln nicht selten ausgesetzt sind,
vgl. Bezzenberger Lett. dial.-stud. 46 und Zubat^, Flick-
vokale 13. —
Wenn zwei eigenscbaften verglichen werden, so steht im
Lettischen (wie im Lateinischen) der comparativ beider adjec-
tiva, z. b. sivene remdks nekä garäks „das ferkel ist mehr dick
als lang^^ (Kaugershof), doch steht zuweilen nur das erste ad-
jectiv im comparativ, z. b. suric rfsndks kd gari „der bund etc/'
(Wolmarshof). —
In einigen westlivländischen mundarten entspricht dem
deutschen „als'' nach comparativen die praeposition uz (wie äi
im Litauischen), z. b. uz manim vfcaks „älter als ich" (Lod-
diger). —
J. Endzelin.
Zu den lettirchen Zahlwörtern.
In lett. vens, lit venas ist das anlautende v gewiss kein
produkt einer rein lautlichen entwickelung. Ich vermute in
dieser form falsche teilung einer missverstandenen Zusammen-
setzung. Vielleicht mnss man lett. ikvens (der wortaccent ruht
auf der zweiten silbe), lit kSkvenas , jedweder" in ^iky^-%nas,
^käc^-iSnas zerlegen. Nachdem *iku, *keku zu ik, kek ge-
worden (der abfall eines auslautenden u dürfte in diesen isolirt
stehenden, sehr gebräuchlichen formen zulässig sein), musste
man ikvens, kekvencta als ik-vens, k'ik-venas auffassen und daraus
das numerale vens, lit. venas abstrahieren. Es könnte freilich
der angedeutete Vorgang auch in einer andern (uns nicht über-
lieferten) Zusammensetzung stattgefunden haben. —
Die zweizahl lautet bekanntlich in der lettischen Schrift-
sprache dtpi (masc. und fem.), das aus *duvi entstanden ist,
wie schon Bielenstein (Lett. spr. II 62) erkannt hat; dieses
*dufn ist aber nom., acc. dualis fem. et neutr. und somit zu-
nächst mit aksl. d^ve identisch (Bezzenberger, Spr. d. preuss.
Lett 73; Mühlenbach, Dafchi jautajumi III 49 und IF.
XIII 238). Ich will hier zunächst über den umfang und die
Verbreitung des Überganges von -Hf^ zu -tv- sprechen, den ich
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320 Zu den lettischen Zahlwörtern.
als eine art von dissimilation ansehe ^) (die mittelstufe wird
wohl -üV' gewesen sein). Ausser divi bietet der mittlere dia-
lekt noch folgende beispiele: sivens ,,ferkeP' und zivs „fisch"'.
Diese drei Wörter kommen auch in der Schriftsprache nur mit
-iv' vor; dagegen bietet die Schriftsprache das adverb tuvu
9,nahe" (nebst ableitungen) im gegensatz (wenigstens teilweise)
zum mittleren dialekt. Denn für tuvu spricht man im grössten
teil von Westlivland (vgl. Rakstu Kräjums XIII 81) fivu, ander-
wärts tümu (z. b. in Dickein), tidu (z. b. in Trikaten) oder
tuwu *) (z. b. in Bauske) und mit regelrechtem schwund des
w vor u tau ') (z. b. in Erons-Würzau). Freilich habe ich im
mittleren Kurland an einigen orten (Ruhenthal, Strutteln, Kal-
nazeem u. a.) auch tuvu gehört; doch heisst „nahe" in Mittel-
kurland gewöhnlich Jddtu oder auch (in Samiten und Bixten)
ist (so spricht man in Samiten: viAä man isi rada „er ist mir
nahe verwandt'^; isineks „ein naher verwandter'*; uz isäkä meia
braukt „zum näheren wald fahren''). Es wäre daher möglich,
die form tuvu in Ruhenthal u. a. dem einfluss der Schrift-
sprache zuzuschreiben (der einfluss derselben macht sich jetzt
in allen mundarten stark geltend); es fragte sich dann nur,
woher das tuvu in der Schriftsprache, die doch auf dem mitt-
leren dialekt beruht. Vielleicht ist dieses tuvu eine ungenaue
Schreibung für ta(w)u, denn das ü wird hier vor (w)u etwas
kürzer gesprochen, als vor andern lauten. Ferner hat man -uv-
im schriftlettischen druva „Saatfeld"; und nur mit -«&- kennen
dieses wort auch die meisten mundarten. Ich habe zwar selbst
mir dieses wort nur aus Gross-Pönau und Dehnen im gebiet
des mittleren dialekts notiert, doch zeugen für die weite Ver-
breitung dieser form die nummern 13, 2427, 4506 u. a. der
Latwju dainas. Die form driva ^) habe ich bis jetzt nur in
1) Aach bei Ulmann, aber ohne angäbe des fandortes, angeführt.
2) Vielleicht lässt sich damit ambr. aoc. pl. iv^ka od. %u§nga »
XtX, juveneaa vergleichen. 3) Mit to sei hier ^ bezeichnet.
4) Alle diese formen können mit verschiedenen Suffixen von einer
wurzelform Uk- abgeleitet sein, von der wahrscheinlich aach lit. Uiliu
„so mancher*', pr. tulan ,>viel", aksl. tyti „fett werden" a. a. stammen.
Da aber die meisten lettischen mundarten auf eine gmndform Uiwu zu-
rückweisen, so sind tulu und tümu (wären diese formen alt, so müssten
sie, wie lit. tüla$^ den acut haben) vielleicht nenbildungen ; iuiu könnte
auf tüu zurückgehen und das / von seinem gegensatz tdUi „fem" be-
zogen haben; schwieriger ist das m in tümu, vielleicht stammt es aus
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J. Endzelin 321
▼olksliedern gefunden, die ans hochlettischem gebiet stammen,
z. b. in 13,2, 2427,2, 2448, i, 4506, ic, 4507 c der Laiyrjn
dainas; und mir scheint es sehr bedenklich, auch hier an laut-
gesetzlichen Wandel des uv in iv zu denken (weiter unten wird
gezeigt werden, dass wenigstens vielen hochlettischen mund-
arten dieser lautwandel fremd ist). Bekanntlich gibt es im
Litauischen ein wort dirvh „acker"; und im hochlettischen ge-
biet ist die entsprechende form ebenfalls bekannt, vgl. dirvans
„neu aufgenommenes dreeschland^' (bei Ulmann nach Lange
aus dem Oberland angeführt, wohl in phonetisch ungenauer
Schreibung) und derva (= druvä) in einem Volkslied (Latwju
dainas 4506, 2) aus Ludsen; derva ist aus *dirva entstanden,
wie gen. s. terga 1194, 2 aus iirga, n. pl. sertni 2469, 2 aus
sirmi, n. pl. part. cerstis 3086 (der nachtrage) aus ^drstis
(— niederlett. cir stets) u. a. Ich halte, es für wahrscheinlich,
dass driva durch contamination von druva und *dirva ent-^
standen ist. Endlich findet sich nur uv nach r in den Wörtern:
druvis „Schauder*' und druvMes „sich furchten" (von Ulmann
ohne angäbe des fundortes angeführt), ruvft^ »»ruhig werden,
sich legen'' (bei Ulmann aus Kremon angeführt; wahrscheinlich
entlehnt), kruva (bei Ulmann) „häufe", grtwa (Ulmann) „schutt",
„ausgefahrene gruft", kruweäi (Wolmar) oder (nach Ulmann)
auch gruioeH „gefrorener kot". Nach andern lauten kommt
noch (ausschliesslich) uv vor in nuvejais „der jetzige" (bei Ul-
mann aus Witebsk angeführt; phonetisch wohl ungenau ge-
schrieben) und in puweäi „eiter". Das letztere wort könnte
natürlich in bezug auf das u von put „faulen" beeinflusst sein
und käme dann nicht in betracht; das gleiche gilt von den
praeterita guwu, äuum (in Wolmar lautet auch das praesens :
äuum)^ gruwu, kl'uwu, puwu, zuum, die ihr u den übrigen ver-
balformen verdanken könnten und zum teil (äuwu, zuum neben
sivens, zivs) wahrscheinlich wirklich verdanken i). Schwer zu be-
urteilen (sogar zu lesen) ist die form büwis oder buewis „ge-
tü{w)umä „in der nähe", wofür man im schnellen sprechen auch tAmä
hören dürfte (belege habe ich gerade nicht). Die von Ulmann aus
Hasenpoth angeführte form Ujaki ist eine contamination von it^'äki nnd
and Hväki.
1) [In Latwju dainas 1843, 1 findet sich tatsächlich die hoch-
lettische form iyvu < ^Hvu. Korr.-note.]
Beitrfige z. kumle A. indp. tpraehen. XXVII. 21
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322 Zu den lettischen Zahlwörtern.
wesen" aus dem «nchiridion *) (vgl. Bezzenberger, Einleitung
XIII) neben scbriftlett. bijis und westkurisch buj^ (Dubenalken,
Schlebk, Sarnaten, Suhrs ; dazu das praeteritum bui aus Popen *);
Tgl. auch Bezzenberger, Lett diaL-stud. 94); eine erörterung
dieser formen würde uns hier zu weit ins gebiet der verbalen
Stammbildung ablenken und doch schwerlich mehr als blosse
hypothesen erzielen; sicher scheint nur das eine, dass das i in
biju „ich war" ursprünglich ist (vgl. Bezzenberger, Beitr. z.
gesch. d. lii spr. 207). In suffixaler Stellung scheint -uv- ge-
meinlettisch zu sein, vgl. namentlich die wörter auf -tuva oder
-luve (Bielenstein, Lett. spr. I 274); freilich finden sich in
einigen mundarten auch bildungen auf -ive; so finde ich in
Latwju dainas z. b. raudiveü'e 2513, 2, a. s. slaaktiveiti
2217, 2, mal'tiveife 695, 2 (vgl. auch 678 und 680, 2). Die
citierten lieder stammen aus hochlettischem gebiet, und aas
einer hochlettischen mundart (Swirdsen) entnimmt auch Bezzen-
berger (Lett. dial.-stud. 95) die formen roudive und värstive;
aus einer niederlettischen mundart (Gross-Essem) stammt die
nummer 4714, wo man neben rauduvUe auch raudivUe findet ').
Das i in diesen bildungen muss man wohl anders beurteilen
als das i in divi u. a.; man beachte daneben bildungen mit
der lautfolge -ev- : raudmnU 2513, 2 c und 2515 und ligeviAa,
cUevv/iaf DauyeviAa (aus Saussen, nach Eaulin, o. XII 216).
Man wird also für den mittleren dialekt mit einiger Sicherheit
folgendes lautgesetz annehmen können: in Wurzelsilben bleibt
-UV- nach r erhalten, nach d, t, z, s dagegen geht es in -iv-
über *) ; in suffixaler Stellung bleibt es immer erhalten ^). Es
bleibt die frage übrig, ob u auch vor anderen labialen in i
1) [Da im enchiridion ue {Ü) nur den lautwert eines langen « oder
eines Ü (aas t) hat, so kann auch huewU (büwis) nur als büvis (ans
*bwi8) gelesen werden. Eorr.-note.]
2) Vgl. auch hi^fums „hab and gat*^ (bei Ulmann aus Pebalg an-
gefahrt).
8) Man beachte daneben die formen n. pl. zuvis, n. s. nioffw, d. pl.
dt^'äm aus Gross-Essern.
4) Für die übrigen lante fehlt es an sicheren beispielen ; vgl. hieza
den darch bestimmte naohbarlaote bedingten wandel des u in t im
Lateinischen (Sommer, Lat. laut- nnd formenlehre 88).
5) Der Übergang von uv za iv findet sich auch in lit. mondarten:
brtvai „aagenbranen", a. pl. lüves „fische". Mitt. d. lit. litter. ges.
IV 168.
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J. Endzelin 323
übergeht? Ich glaube, man mu8s darauf eine verneinende
antwort geben. Neben schriftlett. tumsa „dunkelheit'' kommt
meines wissens nur im Hochlettischen timm vor (vgl. Latwju
dainas 3426 und Bezzenberger, Lett diaL-stud. 95), und
diese Verschiedenheit ist anders zu beurteilen, wie lit timsras
und aksl. thmhtn zeigen ^). Das gleiche gilt von schriftlett. Sk'ipde
„schaufel^^ neben westkurischem (z. b. in Preekuln und Sacken-
hausen) äk'upelei hier erklärt sich das nebeneinander von u
und i durch die lautliche gestalt der entsprechenden platt-
deutschen formen „schüffel'^ oder „skuppel'' (Zeidler, Mag. d.
lett. liter. ges. XYI 1, 69). Vgl. ausserdem die gemeinlettischen
formen tupet „hocken*', upe „fluss" u. a. Sehr schwer zu be-
urteilen ist nur das eine wort dibem oder (in Wolmar) dibine
„boden'S „grund^* ; so viel ich weiss, ist i in diesem worte dem
ganzen mittleren dialekt eigen (nur aus Burtneck führt Ulmann
die form dtibengals an), und auch aus dem hochlettischen ge-
biet kenne ich bis jetzt nur formen mit i, z. b. dibänc *) (Palz-
mar, wo man zuve und suvänc spricht), vgl. auch Latwju dainas
4976 » und 1943, 12 und Kaulin , o. XII 224. Den M-vocal
zeigt dieses wort in westkurischen mundarten (Bezzenberger,
Lett. dial.-stud. 160 und Spr. d. pr. Lett. 118): dubens (z. b.
in Zirau), dubenc (z. b. in Gramsden), duhans (z. b. in Pilten).
Und zwar kennt man in Westkurland dort, wo man dieses
wort mit u spricht, in der regel auch die lautfolge -ui?- ; dieser
umstand spricht scheinbar sehr zu gunsten der ansieht, dass
"Ub- in diesem wort in gewissen mundarten lautgesetzlich zu
-Hh- geworden ist. Doch kann ich mich nicht enschliessen, eine
solche ansieht hier zu vertreten, denn dieselbe Hesse das -ti6-
in dubti (gemeinlettisch) „kot*' unerklärt (dazu bei Ulmann die
formen diAt „einsinken" und aus Neu-Autz duba „garbe").
Man könnte ja etwa an verschiedene behandlung des -uh- je
nach der betontheit oder unbetontheit der silbe denken, doch
wäre dieses eine so vage hypothese, dass sich mit ihr nichts
anfangen lässt. Ich bin daher geneigt, an Vermischung von
zwei wurzeln zu denken, vgl. aksL dfibrh „schlucht", russ. debro
1) Ebensowenig gehört wohl hierher hochlett. kymmsy (von
Bezzenberger o. XXI 315 angeführt) aas *kimüs%8 neben niederlett.
kumiißs „bissen*^
2) Mit ä bezeichne ich einen zwischen f and a stehenden, sehr
offenen «-laut.
21*
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324 Zu den lettischen Zahlwörtern.
y,8ohlttcht<S „wald in einer niederang'*. — Ich gehe nan über
zu der frage, wie die lautfolge -tir- im Hochlettischen behan-
delt ist; da ich aber zur zeit diesen dialekt aus eigener an-
schauung nur zum geringen teile kenne, kann ich hier nichts
abschliessendes geben, sondern beschränke mich auf folgende
angaben. Für schriftlett iv in zivs und sivfna spricht man uü
(nebst sonstigen Veränderungen dieser wortformen) in Palzmar,
Grundsahl, Adsel, Odensee und (nach Treu, Mag. d. lett liter.
ges. Xm 1, 22) in Oppekaln und (nach Mag. XHI 3, 70) in
Setzen und (nach Eaulin, o. XII 232) in Saussen (neben tivu
und tutoMiSs)^ vgl. auch Bezzenberger, Lett diaL-stud. 95.
Dagegen finde ich -iv- in den formen g. pl. zytu (Latwjn
dainas 2673 S 1), tyvu 3709 >, divi 4993, 1 und 2142 ^
(alle diese Volkslieder stammen aus dem Witebskischen); in
der zweizahl scheint der hochlettische dialekt nur -itv zu
kennen. — In den westkurischen mundarten ist das u '),
von einiger beeinflussung durch die Schriftsprache abgesehen,
noch treu bewahrt. Den schriftlettischen divi, zivs, sivfns, tuvu
entsprechen hier dui oder auch duj oder (in Schlehk, Pilten)
du; 2Ü8 (Oramsden, aus zutcs)^ zuve oder zuvis (Kabillen) oder
zujs (I wanden); suv^s (Oaweesen) oder suvfnc (Rutzau); tufu
oder (im Tahmischen) mit vocalschwund tuj *). Es mnss uns nun
die frage beschäftigen, auf welche grundform das westkurische
duj zurückgeht Denn dui ist nur in der ausspräche von duj
verschieden, und auch du entspricht nicht etwa dem lit dü^)
(dieses bemerke ich wegen Brückner, Ar eh. f. slav. phil.
IV 24; dem lit. du würde lett *dü entsprechen), sondern ist
nur eine Verstümmelung von duj, vgl. die formen lU. praes. re
1) Die geographische verbreitang des u in Westkarland kann man
nngef&hr aas Bielensteins „Atlas der ethnolog. geographie des Letten-
landes" (karte VI, isoglosse 4) ersehen; indem ich die einzelheiten für
eine zasammenhängende darstellnng vorbehalte, bemerke ich hier nur,
dass die betreffende isoglosse zam teil weiter nach osten sa hatte ge-
sogen werden sollen.
2) Die von Ulmann gebotene form tifaki (ans Hasenpoth) ist eine
contamination von tiväki nnd iujäki, [Zar bearteilang der oben ange-
fahrten form Umiu „nahe^* führe ich hier nachträglich aas der lettischen
mftrchensammlang von Lerchis-Paschkaitis VII, 1 , 75 den loo. s. Uuna
(aas Ul(w)umä) „in der nähe'* (aas Wohlfahrt) an. Eorr.-note.]
8) Damit ist aach das arteil über Brückners erklärnng von d^i
(Arch. f. slay. phil. IV 24) gefallt.
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J. Endzelin 325
„bellV' aus rej, fragepartikel va aus va\ (Schlehk), imp. lAe
y,gies8e ein^* ans elej (AlBchwangen), imp. du „nähe'' aus inj
(Duhren), imp. e „geh" aus ej (Füssen), partikel la aus lat
(Stenden), n. s. mä „haus^' über mäj aus mäja (Pilten) u. a.
Auch wäre es an und für sich recht unwahrscheinlich , dass
das nur in einem kleinen gebiete bekannte du auf eine andere
grundform zurückginge, als das sonst in Westkurland übliche
duj. Durch recomposition ist du auch in die zusammenge-
setzten Zahlwörter gedrungen, z. b. dudesmit „zwanzig'^ (Schlehk)
für älteres duidesmü (Ooldingen). Dieser auffietssung von du
widerstreitet auch nicht das offenbar sehr alte^) compositum
duceles „zweirädriger wagen" (Sackenhausen und weiter süd-
wärts am strande), denn sonst heisst es in Sackenhausen dui
(nicht dut) und dujlpacmü „zwölf^ Das hohe alter dieser
form *) nötigt uns vielmehr, das du- in ducdes mit dem italischen
du- >) in lat. ducent%, duplex , umbr. iu-^ah zu identificieren
(in ital. du^ mit Brugmann und Sommer eine neubildung
zu sehen, liegt eben kein zwingender grund vor). Dieses duj
nun, das sich als die gemeinwestkurische ^) form der zweizahl
1) Das Simplex (vgl. preass. h^lan^ aksl. holo „rad'') ist n&mlich
nicht mehr bekannt (in der alten bedeatnng); etlU (lit. JUiyM) heisst nur
noch „kniescheibe" (dazu auch e^Fi „weg"). In Ziran sagt man dafür
duiriU4i,
2) Far duesle* kommt in andern mundarten (Nieder-Bartan n. a.)
die form dieele vor; wie dieselbe zu beurteilen ist (die zweizahl lautet
in Nieder-Bartan duH, lasse ich unentschieden.
8) Dieses du könnte die allerUteste form der zweizahl gewesen
sein, ans der durch anfügung der dnalischen oasusendung die formen
*dyS(y) oder *di»ffd{jf) entstanden.
4) Die form duva nämlich, die Bielenstein (Lett. spr. II 64)
aus Sackenhausen anfuhrt (ohne zu sagen, ob er dieselbe selbst gehört
hat oder der mitteilung eines andern verdankt), scheint mir zu schlecht
beglaubigt. Zwar will ich den umstand, dass zwei von mir befragte
ältere personen aus Sackenhausen nur dui kannten, als keinen entschei-
denden gegenbeweis ansehen, doch sonst scheint mir die form duva
sehr sonderbar zu sein. Sollte dieselbe wirklich vorkommen, so könnte
sie eine neubildung (aus der zeit, wo in die zweizahl noch nicht das j
eingedrungen war) nach aba sein, vgl. aba-dui „beide*' (Nieder-Bartau,
Eruhten u. a.) ; dieses aba scheint mir durch vocalassimilation entstanden
zu sein aus dem alten nom. acc. masc. g. *abu (vgl. den acc. ahudt in
der Dispositio), als das -u nicht mehr als dualendung lebendig war. Zu
der angenommenen assimilation vgl. z. b. mttgura „rücken'* aus älterem
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326 Zu den lettischen Zahlwörtern.
erweist, kann nicht, wie Bezzenberger (Spr. d. preoss.
Lett 73) anzunehmen scheint, mit dem schriftlett. dwi aus
*duvi der bildung nach identisch sein. Denn ein *duvi müsste
in Westkurland diese seine lautliche gestalt durchaus bewahrt
haben, vgl. den acc. s. zuvi ,,den fisch^* (im südlichen West-
kurland). Der laut v oder w schwindet nämlich, wie weiter
unten gezeigt werden wird, regelmässig nur vor u und ä. Frei-
lich kommt in einzelnen mundarten wegfall des v (w) auch vor
andern vocalen vor: zuj^ina „fischlein" aus zu{w)üina, neben
ztwe und suvfnc (Preekuln), n. pl. zues, n. s. sapuis „verfault"
(Migranden), d. pl. güim „den kühen" (Schmarden), stians
„ferkel" (Pilten), woraus weiterhin rntis (Schlehk; hier hat sich,
wie überhaupt in Westkurland , der fallende ton dem stosston
angeglichen) oder »uns (Sarnaten; dagegen in Sirgen, Wensau,
Suhrs u. a. noch suvans). Dies sind aber, wie gesagt, nur ver-
einzelte fälle, deren keiner allen oder auch nur den meisten
westkurischen mundarten eigen ist, während duj gemeinwest-
kurisch ist; ja, es zeigt sich das j sogar in allen casus und
ableitungen : gen. müduju „unser beider'' (Rutzau), dat. dujüm ^)
(Leitischneeken) oder dußm (Preekulu), fem. dujäm (Durben),
loc. dußs (Sackenhausen); dujcUa „zu zweien" (Gramsden),
woraus weiterhin dttjö^a (Kalleten); dujäd „zweierlei" (Sarnaten);
das V habe ich nur noch in der ableitung duvejäd^ „zweierlei"
(Alschwangen u. a.) gehört, vgl. dazu Bezzenberger, Spr. d.
preuss. Lett. 72 und 118. Wie duj aufzufassen ist, zeigt uns
das ebenfalls gemeinwestkurische tuju „nahe", das offenbar über
*tuu auf ttivu zurückgeht. Also führe ich duj aus ^duju über
*duu auf *dui0Uj die form des nom. acc. masc. g. (= aksl.
d^va)J zurück. Bekanntlich war im Lettischen und Litauischen
der Schwund des ^ vor u und ä und des i vor % von jeher
lautgesetzlich (Brugmann, Grdr. I« 289, 337, 340). In den
verschiedenen paradigmata wird dieses lautgesetz zwar vielfach
durch den systemzwang durchbrochen, aber doch hört man
auch die regelmässigen formen : nom. s. part. fem. g. paguusi
(vgl. lit. nugara) mugara (im nördlichen Lettland), oder upurü „opfern*'
ans up0rit (so noch bei Mancelias).
1) Diese form ist, gleich abßim (Nieder-Bartau) und irifüm (Ober-
Bartau, Bezzenberger, Spr. d. preuss. Lett. 16), eine neubildung mit
tl nach dem Icoativ, nach massgabe des femininums, wo ä im loc und
dat. steht.
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J. Endzelin 327
von pagiU „erlangen^' (Butzau), gen. pl. zuu „der fische^S nom.
pl. pari. fem. g. 8am^ay,äas aus 8am^a(u;)uSa8 yon sam^ltU
„zusammenlügen'* (Nieder-Bartau), I s. praet. nukau von nükaüt
y^erschlagen'* (Wolmarshof); nom. s. part. masc. g. skreia von
skrU „laufen'' (Nieder-Bartau), demin. patiAas von paljas
„kinderspielzeug*' (Kumbern), loc. s. le^nä „im kleinen tal*' von
leja (Wolmarshof) u. a. Auch wo kein vollständiger Schwund
eingetreten ist, spricht man doch, soviel ich beobachtet habe,
in der regel vor u und ü — ^ (nicht v) und vor t -i (nicht j).
Es mussten also aus tuwu und *duwu in Westkurland lautge-
setzlicb die formen *tuu und "^duu entstehen; dieselben erhielten
sodann zur Vermeidung des hiatus ein j^ sodass tuju und "^dvju
entstanden. Da nun der nom. acc. *duju viel gebräuchlicher
war als die übrigen casus und ableitungen, so drang auch in
die letzteren das j aus *duju ein. Ähnlich muss man, glaube
ich, auch das j auffassen in den formen nom. s. zuje „fisch''
(Iwanden u. a.), nom. s. g^J€ „kuh" (Lubb-Essern u. a.), nom. s.
*a;« „schaf (vgl. dat. pl. ajam und acc. pl. afs bei Bezzen-
berger, Lett dial.-stud. 160); hier wird das j zuerst in den
gen. pl. zuu (so in Nieder -Bartau), *güu (vgl. güwu in Ka-
billen), *au ^) (eine solche form oder auch *aum kann ich nur
zufällig augenblicklich nicht belegen) regelrecht aufgekommen
und von da aus in die übrigen casus eingedrungen sein, zumal
auch in diesen (von zuws und g^w8\ wie oben gezeigt ist, zu-
weilen der hiatus erscheint. Das j in *aje ist eventuell erst
durch den einfluss von güj€ aufgekommen. — Nun sollte die
form *duju das -u eigentlich bewahrt haben; wenn man aber
bedenkt, dass dieses -u zuletzt ganz isoliert dastand (der dual
war ausgestorben), so wird der Schwund desselben in einem so
gebräuchlichen zahlwort nicht allzu auffällig erscheinen, vgl.
dazu ndst >) „weg'' aus *nü8tü (vgl. lit. atdü und lett atastu
„seitwärts ab", nach Treu, Mag. d. lett. lit. ges. XIII 1, 26,
1) Daför finde ich in der Postille dea Manzelius die regelrechte
form der t-stämme: avojo I 306 oder acf/o II 24 (ich lasse die formen
ohne transscription) ; auch glaube ich im südlichen Westkarland den
gen. pl. auju gehört za hahen, ohne jedoch leider die form mir gleich
notiert zu haben.
2) Dialektisch ist »t«^ zu nu (nicht zu verwechseln mit der prae-
position nä!) verstümmelt. Die ungekürzte form niriu habe ich in
Grundsahl gehört.
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328 Zu den lettischen Zahlwörtern.
in Oppekaln gebräuohlich), kad ;,wann*' aus *kadu (Zubat^,
Flickvokale 20). — Etwas schwierig ist das du der Dispositio
C ist dort längezeichen) zu beurteilen; es könnte etwa aus
*duu contrahiert sein, oder (und dieses ist mir wahrscheinlicher)
du ist die hochlettische form (mit dem hochlettischen wandd
des ü zü ü) für niederlettisch *dü («» lit. du, ai. dväü oder
dva). Denn die Dispositio ist nicht (wie Bi eleu stein, Mag.
d. lett lit. ges. XIII 3, 103, sich ausdrückt) „in niederlettischem
dialect mit nur wenig hochletüsoher farbung'' verfasst, sondern
ist eine vom Verfasser vorgenommene willkürliche mischung
einer streng hochlettischen mundart und des mittelkuriacben
dialektesy worauf der autor selbst hindeutet (,,haec grammatica,
licet non niminm Curlandicae dialecto inhaeret, eam tarnen
magis sequitur** i)). Meist ist zwar ü (nicht ü) geschrieben,
aber ü (aus ü) bieten die formen gen. pl. tu, jü; I. s. praes.
celus (lies cd'üs = niederlett. cd^üs), L s. praet cäus (=
niederlett. celüs), L s. fut celszüs (= niederlett cetäus). Ausser-
dem stellt der autor neben du die schriftlettische form divi,
und diese beiden formen können unmöglich einer und derselben
mundart angehört haben, was also gleichfalls zu gunsten der
hochlettischen provenienz von du spricht >). — Lett tris, lit irys
gehen ; wie ihr accent zeigt (vgl. o. XXV 269), auf eine ge-
meinsame grundform "^triiis zurück; dazu stimmen zwar nicht
ai. trdyas und gr. (gort.) zqiBg (was bekanntlich nicht der ein-
zige derartige fall wäre), wohl aber osorb. tfo, nsorb. täo, die
auf *trtji zurückgehen (Mikkola, Betonung und quantität in
den westslav. sprachen I 37). Das i von *triji8 stammt ganz
entschieden, wie auch Brugmann (Grrdr. n 665) vermutet,
aus den casus obliqui. — In däri „vier" weist das anlautende
d auf entlehnung aus dem Slavischen hin; bei dieser aufiassung
würde sich auch am besten das geschlossene e erklären, das in
allen casus beider genera auftritt, auch in solchen mundarten,
die das jotierte r nicht verloren haben (z. b. loa öetrüs in
Kandau). Die entsprechende Ordnungszahl lautet in Kruhten
1) Wie aus den darauf folgenden Worten hervorgeht, hat der
autor die absieht gehabt, für leser, die nur des Hochlettisohen mächtig
waren, auch die niederlettische Schriftsprache zuganglich s« machen.
2) [Die entsprechende niederlettische form du (gesohr. doh) findet
sich in der Lotavica grammatica vom jähre 1787 in der abteüung de
adverbiis. Kor.-note.]
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J. Endzelin 329
cetr^aü; wie die form aufzafaBsen ist, bleibt mir zweifelhaft
Man könnte ja an nietathese denken (vgl. c^iürtaia in Oaweesen
u. a.), aber ür kommt meines Wissens in dieser form nur in
solchen mundarten vor, die überhaupt anteconsonantisches ur
zu ür verwandeln. In Kruhten aber bleibt anteconsonantisches
ur (und ir) nicht bloss unverwandelt, sondern es stellt sich
sogar ein svarabbaktischer vocal ein: kurble »»taub'S dzir^t
„hören'' u. a.
Bielenstein (Lett spr. II 67) gibt für „sieben"' nur sep-
tmi und für „neun" nur demM an; aber in Wolmar u. a. sind
nur die älteren (vgl. Brugmann, Grdr. II 479) formen sep-
Mi und devii&i bekannt (»eptini und devlAi kenne ich aus Nieder-
Bartau).
Die acht lautet im Lettischen astüni oder (in Wolmar u. a.)
astwM; atitwAi ist nicht etwa eine lautliche kürzung aus ostMi,
sondern hat das u von der Ordnungszahl ^astuntaia (— lit.
(MuMaa) bezogen, worauf über ^astviais die Lemsalsche form
astutaä zurückgeht (Rakstu Kr^ums XIII 74). Umgekehrt hat
die form aMtais das ü wahrscheinlich von (MiAM bezogen.
In Dondangen habe ich die formen septafU^ „siebenter"',
€ist(»ntf8 „achteres dev<^nte8 „neunter"" gehört. Man wird wohl
hier nicht an bewahmng des n denken dürfen, sondern es wird
dasselbe wohl von den entsprechenden cardinalzahlen einge-
drungen sein. Die formen sepUntfS, astatU^ (vgl. daneben asti'A
„acht'"I), depantes gehen zunächst wohl auf *8eptxfif8, ^ast'QJI^,
*devv^ zurück, wie acc. s. nikan über *nikfi^ auf niknu, n. s.
steran über *ster^ auf stema u. a.; *8ept'Qt^ etc. ist aber wohl
aus *8eptifUfs etc. entstanden. —
J. Endzdin.
Lettische etymologien.
sfnalcis „hülsen"", „kleie"' kann (vgl. J. Schmidt, Kritik
der sonantentbeorie 120) auf *seinn€Ua8 zurückgehen und ge-
hört dann zu lit. SiSmenys „saat'".
In mafita (gemeinlett.) „schätz"', „hab und gut'" erklärt
sich das n am besten bei der annähme, dass manta ein lehn-
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330 Lettische etjmologien.
wort ist, und zwar leite ich es von lat. mofiäta ah (vgl. got.
8k(Uf8 „geldstück** : d. schätz); hinter n ist ein vocal geschwun-
den wie in dem ebenfalls entlehnten kungs „herr".
Den namen ÜsinS „schutzgott der pferde*' (oder auch der
bienen) hat Bezzen berger (Mag. d. lett. lit. ges. XVI 2, 39)
von der wurzel abgeleitet, die wir z. b. in lit atiärä „morgen-
röte" haben; demnach wäre ÜsiAä ursprünglich ein lichtgott
gewesen; freilich wäre der gott da stark degradiert worden,
doch wäre das nicht unmöglich. Stärker widersprechen dieser
etymologie formelle gründe. In allen von pastor Auning ge-
sammelten materialien (Mag. d. lett. lit ges. XVI 2) erscheint
nur die form ÜsiiiS, bis auf den gen. s. üsa (im liede no. 36),
der offenbar eine jüngere abstraction von dem scheinbaren de-
minutiv Üsinä ist (wie im volksmunde aus brandavTns „brannt-
wein** auch brandava entstanden ist). Nun ist -Mä aber nur
ein deminutivsuffix, und da Üsüiä kein deminutiv ist, so halte
ich diesen namen für ein lehnwort aus dem Germanischen (vgl.
ahd. n. pl. hüsinga „penates**, afries. hüsing „hausmann**). Dass
ein hausgeist sich zu einem Schutzpatron der pferde entvrickeln
konnte, ist ja leicht denkbar. Näher will ich dieses an einem
andern orte begründen i).
Neben bärda „hart" steht dial. härzda, lit. barzdä; das z
der zwei letzten formen stammt meiner ansieht nach aus
'^barzdä, das wir auf grund des Slavischen (russ. borozda
„furche** u. a.) auch fürs Urbaltische annehmen dürfen. Dass
ein wort unter dem einfluss eines andern, ähnlich lautenden
wertes seine form ändert, kommt ja auch sonst vor; ich gebe
im folgenden dazu^noch einige beispiele: Bielenstein (Lictt spr.
I 53) unterscheidet noch richtig käst „seihen'* (lit. köHi) von
kdrst < khrst „tocken** (lit. karäti), aber in Ronneburg hat
nach P. Schmidt (TpoÄKaH ^^oorora m» aaTbnocROMi» mhorh 23) eine
gegenseitige ausgleichung der beiden verba stattgefunden, indem
dort jetzt zwei formen käst und kärst üblich sind , die beide
die bedeutungen „seihen** und „tocken** haben. In der lett
Schriftsprache heisst der wachholder paegle oder paeglis (woraus
in Ronneburg, nach P. Schmidt 32, über * paeglis die form
paiglis entstanden ist), in Wolmar aber pahrglisi erst ist das e
1) [Ist bereits geschehen in der Zeitschrift Apskats I 25 £f. Korr.-
note.]
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A. Zimmermann 331
unter dem nebenton gedehnt worden (dass im Lettischen kurze
Yocale unter dem nebenton gedehnt werden, will ich nächstens
nachweisen) und dann hat sich unter dem einfluss von irglis
„adler** noch ein r eingestellt. Für süatSt „brennend schmerzen"
(die III. praes. süst finde ich auch bei Mancelius) sagt man in
Wolmar suratet unter dem einfluss von mrs „bitter" (dass das
r in mrstet nnursprünglich ist, zeigt die länge des u, vgl. o.
XXV 273).
Dorpat 19 27/XI 02. J. Endzelin.
Zur i-epenthese im Latein.
Trotzdem die lat. Schriftsprache keine spur von i-epenthese
aufweist, muss sie doch im Latein, wenn auch nur in der
vulgär- bezw. dialektsprache , eingetreten sein. Das beweisen
zunächst die romanischen sprachen und dann vor allem die
eigennameu. Wenn im CLL. nach meiner Zählung 117 ver-
schiedenen gentilicien mit dem Stammvokal a ebensoviel parallel-
gentilicien mit dem Stammvokal ae (bezw. ai) gegenüberstehen,
dann kann das m. e. nicht auf zufall beruhen, sondern die
mehrzahl dieser gentilicia auf a muss mit denen auf ae in einer
bestimmten beziehung stehen d. h. die auf ae sind aus denen
auf a durch t-epenthese hervorgegangen; auch sind die meisten
dieser gentilicia auf a für mich etymologisch durchsichtig,
während das bei den andern meist nicht der fall ist. Vgl.
Amidius bezw. Amäius neben Aemüius (Aimilius), AUius neben
Aetius, Maccias neben Maecius, Navitis neben Nc^evius etc. Es
braucht darum auch nicht notwendig die form Aüius in den
fasti Cap., wenn die auctores hier auch Aelius bieten, verderbt
zu sein, sondern es wird eben aus AUius durch t-epenthese
sich später Aelius entwickelt haben. Cf. Unger Fleckeisen 1891
p. 476. Sind doch auch im Deutschen Katharina und Käthe,
Walther und Wälti etc. dieselben namen. Ist doch nach dem
ind. n. (III) bei (Jonway AUius fast ebenso häufig wie Aelius
und wird Alius schon unter den praenomina der allerältesten
zeit beim auct. ine. de praen. c. 1 angeführt. Auch steht in
einer alten marrucinischen Inschrift v. Planta 11 p. 549 u. 275
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332 Zur i-epenthese im Latein.
(Teate) u (dies l, sa altes ow (— F. AUius L. /"., Sa Aüius
As. f,). Schon das fehlen der gemination in beiden fallen be-
weist für das alter des praen. und n. gentile ^). Aber es giebt
auch noch andere beispiele. Auf der alten Pränestiner Inschrift
CIL. XIV 4098 — cf. Conway § 291 — steht Painiscos für
navianog, auf einer ebenfalls alten andern Pränestiner inschrift
XIV 3110 Craislios, was offenbar aus Ordssüios hervorgegangen
ist — cf. afr. graide neben grdcüis — , und praen. Gnaivos
entstammt doch einem Onamos wie Naevius dem Navius cf.
Onaus VI 4712 und Navos ibid. 2641. Inschriften aus späterer
zeit — es sind der mehrzahl nach solche, die namen von hand-
werkern bringen und fremdsprachlichen gegenden entstammen
— weisen zum Stammvokal a i-epenthese ebenfalls auf. Ich
erwähne: XV 7458 (saec. I med. vel exeuntis) Maivae C. f. Pro-
ciUae, VI 29279 Ulpia Flaiva, VIII 5763 Flaivius Fuliqus,
VI 26564 Silia Ilaira (vgl. frz. 8t. Hüaire), V 421 Fktemica
(Flamius z. b. VHI 16015), XV 4746 P. Graüi, XI 4996
(Ora)itano et Theodosio AA. vv. cc. XI 6999 (208) Urbaini (frz.
urbain), XHI 10010 (395) of. Cailoi (8 mal) cf. XU 5686 (159) k,
XIII 10010 (486 c) Caäü (b Catüli), II 4970, 278 c Laicin(i)
aus Olisipo {b aus Tarraco Lacini) und schliesslich XI 6716
bene vaeleas für valeas bezw. valias.
A. Zimmerfnann.
Hom. xsxafpriora.
Keaaqnjora &vfiov wird meist zu udmai schnappe gestellt.
Eine eingehende Würdigung der Homerischen stellen wird klar
machen, dass dies zu verwerfen ist. Besser erklärt wohl fol-
gende Zusammenstellung das participium: nhiiffp&f' ri^rrjus»
(Hesych.); noHpög gelähmt, stumpf, lat. hebes, hebetis stumpf,
unempfindlich, abgestorben.
Königsberg i. Pr. W. PteUwUz.
1) Eine benennung G. AIUub Grispi 1. Princeps AeUiM XI 5396 ist
fiir UDB dann ebenso verständlich wie etwa im Deutsohen Heinrich Heine.
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Anzeige W. Ptellwitz. Sd3
Sammhuig indogermanischer fohrbücher unter mitwirkung von
Dr. E. Berneker, Prof. Dr. J. J. Mikkola, Dr. F. Sommer. Prof.
Dr. W. Streitberg, Prof. Dr. A. Thumb, Dr. A. Walde und Prof.
Dr. J. Zubaty herausgegeben von Dr. Hermann Hirt. 1. reibe
grammatiken. 3. band. Handbuch der lateinischen laut- und
formenlehre. Eine einfübrung in das spracbwissenscbaftlicbe
Studium des Lateins von Dr. Ferdinand Sommer. Heidelberg
1902. Carl Winter's universitatsbuchhandlung.
Dem vom gymnasium kommenden Studenten will das vor-
liegende buch eine schnelle und bequeme einfübrung in die er-
gebnisse der vergleichenden grammatik ermöglichen, soweit sie
das lateinische Sprachgebiet betreffen. Es bringt daher zunächst
eine ziemlich ausführliche einleitung über die Stellung des Latei-
nischen zu den verwandten sprachen tmd mundarten, die hilfs-
mittel zur erforschung der lateinischen spräche und einige kurze
erklärungen über die prinzipien der Sprachforschung. Darauf
folgt, unter heranziehung einer möglichst grossen fülle von tat-
sachen auf knapp bemessenem räume, die lautlehre. Während
hier vom lautstand der Ursprache aus die änderungen der laute
in der italischen und lateinischen sonderentwickelung dargestellt
werden, wird in der formenlehre der lateinische bestand zu gründe
gelegt und mit möglichst weitgehender heranziehung des altlatei-
nischen materials in zwei abschnitten (I. das nomen und pro-
nomen, U. das verbum) behandelt
Die Stellung des Verfassers innerhalb der Sprachwissenschaft
wird durch sein Verhältnis zu Karl Brugmann, dem das buch
auch gewidmet ist, gekennzeichnet. „Der anfänger will vor allem
in die tatsachen der historischen grammatik eingeführt sein, und
so findet er bei mir einfach, was ich persönlich für richtig
halte" .... „Auch in der polemik habe ich mich nur aufs aller-
notwendigste eingelassen. Wenn gerade hier Brugmann's grund-
riss vielleicht am häufigsten in die debatte gezogen ist, so habe
ich das aus einem rein pädagogischen motiv getan : bei der grossen
autorität^ deren sich das vortreffliche werk mit recht erfreut, liegt
die gefahr gar zu nahe, dass namentlich der anfänger dasselbe
als eine art bibel betrachtet und die darin aufgestellten ansichten
urteillos hinnimmt Eben deswegen habe ich in einigen fällen,
wo ich von Brugmann abweiche, versucht, ausdrücklich die be-
rechtigung einer andern meinung darzulegen." (S. IX u. X).
Die darstellung ist also vielfach einseitig und man darf nicht
erwarten hier über den stand der gesamten forschung aufgeklärt
zu werden. Zu der persönlichen farbung tragen auch eigene,
zum teil recht kühne Vermutungen des vf. bei wie s. 225 die er-
klärung von Majua aus * Maisios (osk. Maesius (Paul. Fest 109.
Th. d. P.). Aber trotzdem füllt das buch m. e. eine lücke aus,
weil es zum selbständigen durcharbeiten des stofis anregt und
die Probleme oft klar darstellt und inuner scharf anfasst Es
ist ganz dazu angethan, in späteren auflagen bei reichlicheren,
das ganze forschnngsgebiet unpassenden citaten und objectivierer
farbung zu einem rechten handbuch zu werden.
Königsberg i. Pr. W. PrellwÜz. /GoOgle
334
Register.
Register.
I. Sachregister.
Accent: wechselnder a. in Par-
tikeln wie aqjt, anaqtlj ai. pfinar^
apundr 158. Wechsel von ge-
stossenem and geschleiftem a. in
der lit. endung -h' 158. Abände-
rung des a. in griech. eigen namen
192. S. pronomen.
Bedeutungsentwicklnng:
fangen, fassen, nehmen — an-
fangen 196. 199 ff.; fassen — be-
greifen 242; wallang, danst —
zorn, geist 202; binden — Ver-
wandtschaft durch heirat 211 ;
sich gesellen — dorf — gemein-
sam 168 f.; glänzend, strotzend —
junger mann, junge frau 207, 209,
214; stark — mann 218; fest,
— hagel 245; fest — Schildkröte :
brüst 250; brüst — leier 250;
umfassend — rippe — brüst 250 ;
arm — zweig 280, seite — Schlitten
256; höhle — ofen 2öö; bein —
balken 152; dunkel — schlämm
164; biegung — wiese 253; kalb
— eher 176; sprechen — schwören
242 n.; russ — schreiben, form
176. Herkunft der indogerm. ver-
wandtschaftsbezeichnangen 218 ff,
Comparativbildungen im Letti-
schen 815 ff.
Com Position zweier bedeutungs-
ähnlicher demente 209. Um-
stellung der c. glieder 149.
Conjugation: eine idg. stamm-
erweiterung mit -ei liegt allen
-lo-verben zu gründe 63 ff. 68 f.,
daneben nominale -et (0)-Btämme
64. Die starren -j(0-stamme sind
durch -0 erweiterte t-stämme 66 f.
Das praesens dieser bildungen
hatte im Singular -im» u. s. w.
im plural -fmds u. s. w. 70. 80.
Mit dem singular stimmten paral-
lele «v-bildungen überein, sodass
eine Vermischung eintrat 75. Reste
der «t-praesentien 72 ff. Der vocal
der praesensreduplication ist t,
weil er die schwachstufige Wie-
derholung des wurzelvocals ei ist
71, dt 179. Der praesens -aorist
auf idg. e(i)m, enkl. im 85 f. 181 n.;
der arische passivaorist ist ein
losgerissenes glied nominaler Zu-
sammensetzungen, '» die tiefstufe
des dementes -ei 86. Der sig-
matische aorist der M^it-basen
88 f., die 3. sg. aof -U gehört eigl.
zum praesensaorist 89 n. ; das
futurum 92 f. perfectum 93. Her-
kunft des u in ai. -au, des v in
lat. vi 83 f.; das verbaladjectiv
auf 'toSf 'i-toB 95. 181 n. — Die
idg. causativa 82 ff., die ari-
schen verba aaf -aya 82; alter-
tnmlichkeit der ai. 9. klasse 73;
infinitivi historici im Rigv. 265 n.;
0-intinita mit bedeutung einer
2. sg. imptv. 266 f., einer 3. sg.
imptv. 267 f. eines imptv. plur.
268 ff.; in die Sphäre des medioms
gezogen 276 ff., umgedeutet als
1. sg. indic. praes. 279 f. Con-
junctiv mit bedtg eines indicativs
praeteriti 265 n. collectives me-
dium 277, reciprokes 278. Griech.
TQ^ea 90, fntur auf ^ai 98. Lat
verba auf -io 66 f. 77 n., auf -to
181 ; die 1. sg. perf. act. auf -i
=» ai. e 50. 90, die 2. sg. perf.
act. 90 f., die infinitive auf -r«,
alte locative, bd Plautus stets
mit IS 42 ff., die inf. auf % alte
dative 44. Inf. praes. pass. fehlen
im Osk. 299. — A ir. rqfiUtar 90.
der Esl. aorist auf echö 91; die
lit. verba auf ü<, €ti brauchen
nicht aus ej'o hergeleitet zu wer-
den 78, zeigen wie die lat. auf
-ere passiven oder in transitivem
chsracter 181 f.; die lit. prae-
sentia auf -au gehören zunächst
nur zu Verben auf -o<», erst sekun-
där zu -yÜ 83. — Sigmatischer
(fM-)aorist imPbrygiscben 288.
Consonanten: anlaut. idg. pt zu i
225; armen, s für q nach u 220;
8 im anlaut und zwischen vocalen
im Arm. u. Phryg. geschwunden
285; gänzlicher verlast zweier c
in aufeinander folgenden silben im
Griech. 146; german. nn aus nv
204 ; die idg. labiovelare erscheinen
vor palatalen vocalen im Alba-
nesischen palatalisiert , q als i,
g und gh als z 201; q als k und
«231; die palatale media und
aspirata als z 203; 4/ nach dem
Aor. als z 243, nj zaj 286; lat.
mbd zu nd 309, m, umbr. s aus
dht 307; nkt im Latein, und
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Register.
335
Slav. schon sehr früh zu nl,
sonst aber slaT. kt nicht za t 256.
Dissimilation zweier r und l im
Lett. 190. Liqnidendissimilation
in benachbarten griech. Wörtern
294 f., Wechsel von anlautender
tennis nnd media im Lett. 190,
lett. f(;tf ans tm, uvu 826 f. Schwund
eines j im Lit. infolge von sy-
stemzwang 78 n.
Declination: Instrumental sing, der
ä-stamme idg. auf -an 254. Lat.
gen. sing, der io- und o-stämme
auf echtes •% 49 f., abl. der 3. d.
39 £f., der 5. d. 41. Die ad ver-
bia auf 0 teils ablative auf -ed,
teils instrumentale 45 ff. Lit.
instr. plur. auf -aü ist aus ois
entstanden, ar. äü dagegen jün-
gere neubildung 168. Dat. sg.
awüu, lett. airdi; 182 n. Zur d.
der lett. bestimmten adjectiva
310 ff. Dative im Phrygischen
49 f.
Deminutivbildung auf dem vo-
cativ sing, beruhend 185.
Dialecte: eigentümlichkeiten lett.
d. 310ff.
Enclisis: Die schwachstufe zu ei
ist in der c. I, nicht ? 72.
Inschriften: deutung phrygi-
scher i. 280 ff., zu rhodischen
i. 291 ff.
Lehnwörter: Gallische 1. im Lat.
280; keltische im Qerman. 285;
lat. im Ahd. 202; german. im
lit. 164 n., 169, 213 n.; dtsche.
im Lett 823, 880; Lat im Lett.
380; dtsche. im Französ. 228;
baltische im Got. (?) 169; slav. im
Preuss. 169; im Lit. 2, 150, 152,
248, im Lett 328, lit im Lett
168 n. 171, lett im Lit 174 n.;
liv.-estn. im Lett 146.
Metrik: das lat. dipodieen gesetz
2; bedingungen für das eintreten
einer kürze in der thesis des vor-
letzten fusses des iamb. senars 3;
das lat. iambenkürzungsge-
setz 5 n.
Pronomina: ai. vaft pron. 2. plur.
scheinbar bedeutungslos im Rig-
veda269ff.; enolit und hochbe-
tonte formen des gen. dat. acc.
plur. des pron. der 1. und 2.
person in Idg. 302; die älteste
form das p. ü 161 f.
Silbentrennung in griech. in-
schriften 295 ff.
Stammbildung: identitat der no-
minalen und der verbalen 3-, «»-, {%-)
««- («-) Stämme 66. 74 n ; her-
kunft der movierten feminina 161 f.
s. conjugation und deminutiva.
Entstehung von -tio- stammen aus
locativen auf -t 148; composita
mit o- Stämmen werden -»o-sÜmme
im Griech., Litt., Lett, Kelt 148 f.
Suffixe: der Wechsel im Ai. zwi-
schen fem. -ikä und roasc. -aka
ist uralt 184 f., spuren davon im
Ahd.; Lit. demin. männl. auf
'ükas, weibl. auf ike 184 n.; slav.
ükü und tkü^ gr. 'vy, -ax, -uc,
lat. -»CM#, got -oÄ, -^g 184. Tier-
namen anf 'ttian im Preuss. 167 f.;
't% in Partikeln 156 f., griech. ad-
verbia auf -r/ und j€( 157.
Syntax: Der idg. imperativische
intuitiv beruht auf dem final-
consecutiven (dativ) 124, hat bei
Homer futurische bedeutung 106.
126; wird auch für die 3. person
gebraucht 127 ff., wovon die in-
finitivconstruction nach ngir noch
eine spur ist 133.
Vocale: Ablaut von e : ä neben
dem von « : e in demselben wort
167; H in der xoivri ist später vor
vocalen als vor consonanten zu i
geworden 293; oi zu o 294, ausl.
-at, -ei, 'oi in mehrsilbigen lat.
Wörtern zu % 50; gr. & (17) aus äu
vor consonanten 160; i-epenthese
in lat eigennamen 381; umbr. u
aus / 306; idg. «n, «r, J> vor vocal
im Albanes. zu m, »r, ü 285;
«n vor consonanten zu e 248 ; halt
at als vrddhi zu U 168; preuss. a
statt « 168, lett iw aus uu> 319 ff.
vocalkürznng und sekundäre vo-
calentfaltung in 1 e tt. dialecten 189,
811, 317, 824 f., 329. Vocalassi-
milation ebd. 325 f. n.
Wurzeln: bedeutung des wurzel-
begriffs 67 f. Sekundäre entste-
hung langdiphthongischer wurzeln,
z. b. aiäu, diu aus dem per f. act.
179 ff. Beeinflussung eines wertes
durch ein anderes ähnlich lauten-
des im Lettischen 380.
Zahlwörter: zu den lett z. 819ff.
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336
Sanskrit.
303
dtaü 174
ankuiya 169
^Mi^ya 169^
api'VStayati 810
tuitpatai 72
anMfti 169
aydm 161
^' 174
»dAwiinaAf 91
ihka 172
tyitoi 161
äff 162
tiA«a<t 216. 220
ukkd 266
nuiy« 160
rdhnöii 74 n.
iUma 199
Awmna 199
katiSyttn 199
<;anvä 199
kaWcä 184
A»v< 146
kupjaU 78
AT^m» 74 n.
ATVItf * 66
kramyati 66
kfmioii Ib
kffOuH 74 n. 76
A^ 176
hhä 176
5rad% 212
grfäH 241
gfdhyati 66
grhhnmi 808
yrAö» 217
gmifiya 91
^^0^* 66. 70
5r%a<» 71. 78
gräma 168 n.
^Aroff 242 u. n.
eanoB 197
caniftha 197
Jafhdra 172
j<uto 247
jV^ote 241
janÄi 74
jams 211
fdmäta 211
yam^ 211
ßvaiu 187
^ru^a 224
^ani^ 76
Utma 224
cföyt 179
OSrä 217
II. Wortregister.
däraka- 218
({öriiM 218
ilirS« 817 f.
dSrikä 218
cteiMin« 179
duvds 179 n. 3.
dtiff^ 167 n.
duhdta 222
*t«J^ 81
dofi 268
<iof 267 f.
dhsraka 286
dhutayat 74 f.
<iA«fK»i 76
<2AM/f 161
ähnnati 74 n«
ft<wV 201 n.
nabh 150
poJkfir 252 ff.
pdr^ 226. 229. 236
päjagyä 269 f.
pueeka 176
puto 176
ptiiuir 176
fwman 218
pürüfhsh 91
^'tra 177
prftt' 226
0«0«M 176
ftaXii 268
bhurdÜ 237
6Arf^' 234
bradhna 234
ftrift^li^' 206
bramfa 229 a. n.
ft^roma^' 237
bhrü 233
ftAröfki 232
moiii 171
marüt 207
ffuSryff 208
maryakd 184. 206. 208
mdd 219
mati 219
mtfki<#, mtn?)t 76
fn^aU Ib
mm 71. 81
fMydii 71. 78
yolii 160
yähhaH 172
yö^ 160
y<V« 209
raeana 190
racdyaii 199
riKyate* 82
rtfctfiya 91
^Ayo^t 80
vaktätiä 253
voAfM 251 ff.
vahkü 263
oiMibn» 253
ooAibfa^a 263
nahgha' 263
voey^ 263
Mffcol» 263
viKiA 144
vadhü 217
va9M$<» 75. 197
varU^ 184
fMir<i%a 184
vmltf 74 f.
wiM 75
oWfo 217
v^paU-U 219
vraiM 187
^akkhd 175 n.
corSÄft 85
fAru 169
oiifia 171
etiä 171
fifnd 199
ptiib-a 66
eueyaÜ 66
püAn 171
fW0< 81
främyaU 79
fvindaU 201 n.
po«eii 213 n.
fa^ 261
idiu 211 n.
•amttt 76
sabia 173
ftvyaft 212
suU 220
ncfw»« 220
«tif^ii 167 n.
9iUe 211 n.
sünu 220
«er* 211 D.
9Mrd 223
«ft«9a 212
•nti|i 21 1 f.
»ydti 261
$yäU 212
«yjima 212
Aan<»t 76
hdiUi 202
AoM 184
ha0€fna 79
AiMto 257
iU2rf 184
himtämi 194
V<^ 337
hradd 246
Arocia 246
Aräi2a<« 240. 246
Digitized by V^jOOQ IC
337
hriduni 246
Iranisch rAvesiisch
unbeseiobnet.)
äem 161
avaAhüs 168 n.
np. ßbrü 288
kir»fun>a 82
kkä 175
khfVOf 261
gAirvSin 78
^fM» 197
sofiäf 86
soffö 257
Dpers. t«rt% 247
strsdho 247
npers. IKäfo 247
ap. datta 257
ilulAätfo 71
npers. de$t 267
mffhraire 65. 71. 78
ap. nrnsUmaiif 176
nühußis 86. 90
|>aSffMm 168 n.
painem 264
»«TMW 226. 285
5is» 258
5i{; 151
npers. yax 248
npers. yaxce 248
yusatfto 86
vddäyäi$ 78
ctfMrd 66
ffiiba 171
Ossetisch.
arfuk 233
/ori 285
ix 248
rarp 224
y«c 248
Armenisch.
172
aüumn 172
akan 175
•^fAvf 285
ord 157
an- 254
(JtM^ 220
fom 224
kardam 241
A;ar^tf< 246. 248 n. n.
Aat7 222
jag 208
y0m 208
jUm 184
or<2f 220
or<* 221
uaanim 220
f««er 220
Phrygisch.
adSaxer 282
ufifMMOunß 286
(fatf^rft 290
(faxer 288
(fov^o; 282 f. 287
£(f acf 288
CMEir 289
e<mMc 288
fr«TTeTM/u«9^ 284 f.
UhfiovfAivos 284
loffxe 284
xaxvu>$ 285
xe 282 f.
fiavxw 286. 289 f.
fierarog 285
i^aS^oTOC 284 f.
vuMTwe 284 ff.
o» 287
o^vav 287
o^i/ara 287
annafivi 290
ov^/fcty 288
nowraaßas 286 f.
Oriechisoh.
Apaxinv 148
ußaxrifAW (Hes.) 148
a/faxi}; 148
a/}af (Hes.) 148
ttßivxTOP (Hes.) 164
a/}oXoc 147
a^p/{ 158
dytcraxrim 144
ay^otftoc 257 n.
aViir 141
fiJ^irdc 141
cU^loy 144
ae^ioc 144
aeUcr 222
aCa 161
iSCfd/o; 161
i^C^ra» 148
äCot 147 f.
aÜu 161
afyapin 166
aUlovpos 207
ff/xlo» (Hes.) 166
aflov^C 207
of^« 144
tOolog 207
afoyixM 144
ain6Xog 169
afjp/u^' 166
<|x«Piic 181 n.
dx€vHV 145 f.
lixivato 145
axufvof 146
dxtd^i 146
oxoJtoc 147
dx(Krr^ 178
iJjroMty 145 f.
axe«; 174
dxQodofitu 146
ofAväfAog 141
ai/o( 241 n.
ai«)^i^tt> 240 n.
ail^yw 240 f. n.
dXeüpu 71
avdyxri 281
a<f«t; 177
ccre^MK 201 n.
avi^ 147
oy^ip^ 184
dvvis (Hes.) 222
aiTi;^/ir 147
aPTQOP 147
aoCof 147 f.
dnagti 158
a^rcUij 149
«TTITITI 149
ti^ßnXos 150
ap/}i;Xi| 150
dey^novs {Hea.) 177
a^«i/oycici^i|C 149
a^i 157 f.
d^unijt 157
d^tnog 157
dQTUpQtw 167
drifißm 150
ai/c«y 145
aulij 255
avJU^f 255
avtoxaafyptfToc 197 n.
dfpviiv 150
dffvaytros 151
dwvcauv 151
/!a^{ 151
/»ai^^r 161
^axriM (Hes.) 148
ßaxTUQla 148
ßdxTQOV 148
/»aUiki 65. 71. 78
ßdjf^X^ ^^
ßnlagfioarde 163
/»Jl^yyof 154
/J^'ür? 142
ßXmaC» 152
ßQoxnov (Hes.) 228. 281
ß^aöm, ßQuCn 152. 249
ßqdjT^w (Hes.) 158. 228.
281
i9^^C 227
^^<;tM 158
i9^/{» 158
Bqt>j6(Mi(fH£ 206
^^/c 229 n.
i8^/of 229 n.
BtIMc« s. kud« 4. ind«. ipnahMi. XXVIl.
22
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338
Register.
ßv^a 165
ßußvCitv (Hes.) 164
ytifiß^S 211
yafUu 211
maked. yagxav 166
yaqvov (Ü66.) 165
yaq^ (Hes.) 165
ydffaatfa (Hes.) 165
y^ivofAtu 65
/6va 65
/^ITO 211
raz/^ 191 f.
riXlog ü. ä. 191 f.
yldtpv 158
/^^C 248
^tifia^ 153 f. 217
<re/^ 81
ä€wdCi$v 154
<f€^^« 241
dianoiva 168
(f^MOf 212
«r/^QMi« 179
ecia (Hes.) 165
SCCfifAtu 160
SfCofuu 160
JmvGOos 218 f.
<f)(iwc 218
«fof^ffl 184
JovJloc (Hes. s o/x^)
217 f.
^ovXos 217 f.
<r^o<>y (Hob.) 165
Sv€tv, dvia&a& 179
kypr. dvßdvoi 179
dwafjuu 218
dvftxoXoq 169
l/fAik> (Hes.) 84
iynvfiww 172
l}^«i/off 171
l/ywv 84
iy^fiyo^i 167
el»a(ik> 141
<{xftfy 141
ion. efil]} 168
iiXloPts 222
eUv (Hes.) 164
ef^ 68. 79. 81
effffti 159
ixßtovdi (Hes.) 164
feri^i 155 f.
ion. ixß^aoitv 152
lii^r^ ;r^ii« 71 bis
hftQ^i 154 f.
hnQoi 154 f.
hi^iQos 154 f.
htonm 72
loura 141
iniuj[tno 155
l^i^x); 167
1^ 141
itpva^os 145
/ißouta 141
^txdCii^ 141
^etxtiv 141
boeot. ^UaQx^o^o^ 163
CijAof 160
Ci}/u/a 160
f^r^A» 160
Cikipoc 160
fl47
Hyapov 161
ScTca 90
[MC 141
JM»y 145
ivvvro 76
i};^« 152
^^iu 82
^ci7xoJU>c 169
^c^jnu 194 f. 202
^ew 66
^Q/A6g 203 n.
&Qaaiaf 74 n.
d^avvw 74 n.
^t;i};r<$Xoc 169
^vliofjuu 161
^i/y^o» 74
^oi^l 236
Oi/owAfac 214
ra 161
idlt/ios 165
toi; 165
Wa 65
JcTru 79
/€i; 165
ii 165
/17W 141. 165
IxQityy 162
f»T0^ 168
ixTia (Hes.) 166
rjli9 168
llvg 168
/yvcrm (Hes.) 165
iov 165
jv 165
Jvfciy 164
/» 165
xa«ydc 199
xdXv^ 182. 184
xfxyoiy 197
thesB. xanivä 149
xavvo^ 171 n.
lak. xMfa (Hes.) 166
kypr. xag^dCitp (Hes.)
166
»a/Jl^f 245
xidvös 166
x</^ 74. 81
xtxaipffiora 332
»e/uac 167
xiVTiu 199
»^^ov 199
jc/<nr<oy 168
xtv&w 146
x/i^ae^ 188
x£diiQog 250
jtJUyw 74
xoyxn 175 n.
xo^A» 145
»oi:At; (Hes.} 301
xonfog 168 f.
»dJUtf 169
xolxuog 169
»oA^V 169
»c$^/So( 150
xopvim 74
xovTos 199
«o^vMi 169
jcd^o; 169 f.
xo^vf 74. 169
xdaxwov 168
xovQlStos 170
»ov^c^off 170
xqixiiv 170
x^jn; 170
xQo^ca 170
je^o<rriya (Hes.) 170
x^vorroiUo; 245
»rf /!rft) 75
xtlwvfii 75
«i^e 171
»mToc 145
»ucir 171
xuxttCir 170
xvua 172
XM>f 172
xiofin 168
xcS/uoff 168
xaH'oc 171
xiSof 171
XavxttPüt 160
Aiyw 240. 241 n.
dor. li 74 f. 79
Jliixv^c 160
Uaatufup (Hes.) 82
Xvxdp&QWios 149
kret. /uaV^ 206
tMUfdofitu 145
^i^ 184. 206. 208
fUraaCfu 159
/uvil« 71. 78. 81
vtUarog 177
yco^cXlo^ 191
ViOfAM 205
v€oaa6£ 159
y^^»€ 154 f.
ri^iQoc 154 f.
y<t/^ov 212
y^w 212
yi^ (Hes.) 805
yd^of 196
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839
ifocTOi 305
Nyaa 214
vTüüau 81
ivQov 173
BSe^ (Hes.) 165
oSvaaaa<hu 187
oCiia (Hes.) 148
of^a«) 93 n.
oiog 147 f.
o/Jua 172
oldos 172
or^«r 172 f.
otx^a^oi 141 f.
oyy^flo 72. 74
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divff 74 n. 173
6ntn€vu 72
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oervf 184 f.
dqx^^fJ^^ 78
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7ta<rx» 197 n.
nariofiai 77
TToroc 256 n.
I7£«^iu 65
nixog 252. 254
^rcv^c^C 212
niv^oi 197 D.
ne^fl/juxriw 144
n€Qusa6s 159
maked. ntqijut 159
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7r^(w 160
TTi;^/)^ 160
TT^IfVff 258
nMe^C 176
nrnttt 72
nuviu 72
nirvTifii 74
nXnda^g 175
nXaSdof 175
TrAocTof 175
TT Acer VC 167
TtoutiXos 176
noiiirpf 168 n.
notfivri 168 n.
TToiToc 256 n.
noaiidtSv 256 n.
TToor^ 259
notafAOi 256 n.
novvwif (Hes.) 177
?r^/y 133 ff.
;r^Aw 79
;r^<myi}<rriyoc 142
n^Ofpatos 195
;r^ft);r« 177
ngwos 177
TTT^Accc 176
lak. TTTcA/a (Hes.) 176
Trr^lo)' 72
TriyjJ 177
nvyfitdoi 230
^rvxiyoc, TTVjrvdc 229 f.
nvfjunos 176 f.
^«/yof 176 f.
TTuliv 168 n.
-tfi 159
2«^/Jli9 213
cflTog 213 n.
tfxaM^ff 190
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r^^il^ 224
tniflfiai 241 n.
r^fra 167
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^^M 234
Ipißofuu 167
iffifTiqoq 219
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a)üro 85 n.
lesb. ^/ili7j(ii 70
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^eiT*" 208. 286 f.
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^eaCo» 81. 237 ff.
ipQdatfvi 231
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9)^i( 241 f.
(pQovrls 241 f.
qfQvyiXog 183 n.
9)0^ 216 n.
j^aJlttCff 246 f. 249
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XaXxos 249
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XaQon6g 289
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//ilt;c 249 f.
xeXvacfiw 188
X^^^og 247
/ijjlij 183
XOvSqoc 248
/o^C 142
V^, 79
V^ctf» 84
M^^fti 78
Lateinisch.
aMöfiMii 258
abdünun 258
aetM 173 n.
aed49 65
aemiduB 172
omi^0 202
an^aä u. ä. 27
amm 223
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arduus 74
aMor« 307
ö^ 174
airox 174
atiaur 239
atiAi 265
avus 222 ff.
imZbi 258 n,
haeulum 144
5«nar 46 f.
hranea 230
mlat. IrfMCtM 249
eadamüas 298
CMii«« 65. 69. 81
caekim 300 f.
oartfT« 181 n.
ea$»tM 298
22*
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28
&9do 166
esOo 147
eäo 60 fi.
eUrä u. ä.
eiuM 66
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eontra 29
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erüdus 245
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dueenü 825
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Mir 54 ff.
fa^Uu$ 65
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fanum 302 f.
/oreio 281
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AioM 79
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f^ndo 198 n.
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ßltui 218
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/or»-« 284
fomax 255
fomiz 255
/rj^o 242 0.
yrä^m 242 n.
fremo 183
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fringilhu, -a
/ro9M 281
^ti«<ttm 244
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fuam 85 n.
/i^ 216 n.
Füriu» 66
gannio 154
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gradier 65
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grando 245 ff.
Aofer« 70 f. 181
Aatirto 145
A«rl 51
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A«rma 208
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Ao<{m 47 f.
hämo 208. 214 n.
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moftiM 219 f.
mare 207
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mulUu 186
neglepmu 240 n.
iMplw 201 D.
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nubo 212 n.
mi<no 214
oeris 174
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ordior 221
ortbr 221
jMifint» 149
pavio 77. 81
jMe<iM 251 ff.
permeiii 65
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prMitn 159
prnmt 177
prömuigäre 185 ff.
jiii^fio 229
puppis 176
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r«fta 249
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rini« 288
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ang€iuut 298 f.
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h«ri8 79
iMfiro 155
ntrti 305
prm>€ 177
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341
rufru 807
ruMimt 307
iwplak 826
sms&ve 261
fxxtuva 810
Faliskiflch.
foied 47
Twimla 308
Italienisch.
andere 809
hraneolare 280
gu$eio 2ö9 n.
Paelignisch.
AaiNM^u 302
ttiw 801
YolskiBch.
««pti 299 f.
MarrnciDisch.
asum 807
Französiflch.
gou»Bant 269 n.
gau9»e 269 n.
goustet 269 n.
GalÜBch.
Cm^iM 199
-dtfnum 218
Mediokmium 149
Irisch,
air. orocArtmin 74
au« 224
harn 208
ftorr 234
60rran 241
6tM 230
ftrie 229 a. n.
air. brühem 207 f.
hroi 238 f.
dm 282
hrüim 227. 244
air. hruitms 236 f.
üatmmM 191
üan?/ 196 n.
eenn 196. 199
eifotm 197
e?/iM 197 n. 199
citOeir 199
air. ei<$tm 81
eroean 261
<Tiit< 260
dSm 212
^mtm/ 211. 213 n.
air. »gninim 74
^ofw 208 n.
air. imrim 222
air. lieui 82
air. tnaoe 221
207
209
nüaehar 216
ochar 174
r?»/ 210
rsAitm 210
air. roßUtar 90
ro«e 210
<afi^« 242 D.
/oiMrtf 242 n.
»<;& 261 f.
Gymrisoh.
ammrawdd 287
6ar<I 288
harn 208
6a/0 207
hratodtgg 287
frru 282
6ryfm 227. 243
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erwihan 261
cru^^A 260
ewyddo 146
Mfyn 211
\ehrumg 228
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m«reA 209
mortoyn 209
oeAr 174
jvenn 196. 199
trüeh 229
Cornisch.
<2o/ 212
guhü 216
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morofft 209
Albanesisch.
omii 222
hafi 220
6arA 281
60S€ 201 n.
hir 220
6r«ftfo 284
hres 234. 243 f.
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hretiki 249
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243
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dindif 211
Ji 166
199
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^'m^c 261
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^t«< 162
^ril« 162
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%raA£ 260 f.
krahmurh 261
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krahnuer 261
r*» 212
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m6«M, 60M 201 n. 226
mhrmi 284. 248 f.
mhuf, mhufem 219
mo^c 219
mue 210 ff. 214
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peni 201 f.
JIM« 201 n.
ptd' 269 D.
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r« 210
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Mt 201 n.
ioh 261
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zemhiräk 202
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scmcrcittrtiim 202
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sem£rn^tf«<0 202
zemiröH 202
Z€mir6r 202
i(/af 208 n.
so^ 208
soff 208
Slavisch (Eircben-
slavisch nnbezeichnet.)
qchati 146
€^ 147
&«rjäi^ 188 n.
hi 86
6^;^ 207
mss. harona 284
ftracla 234
hrazda 238 f.
5r0S({<i 283
rase, hrjueho 232
serb. slov. hrBt 227
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342
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ru8s. hru9 284
arnsB. bruma 280
hrüdo 284
brUselü 244 f.
brümati 234
brütfufti 244
dMO^t 168
dtnä 241
cUU 241 n.
dticlo 146
ruBs. cuehaCt 146
dti<t 146
cvitq 218 n.
(im?^ 217
dotipa 178
ijtfma 282
düiii 222
^fo6 158
^(;o9;V{ 79
govyq 79
^oMet 808
gradu 246 ff.
orodt 227
griehä 190
^^a 168
^^t& 158
p. gruda 248
r. %krä 162
t7fi 164
jVkJro 172
jadü 172
jorö 160
p. jebad 172
j^my 173 n.
AMimY» 198
kir. A:tft 198
r. kona» 198
A;<mr 195 f. 198
korm 198
A!<$riij^' 181
korota 181
Ara<2a 170
D8l. kr»$ati 170
p. krokwa 261
Aro«ito 170
r. A;ro«nt 250
kruchii 246
A:ti0(^a 78
laWkü 160
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&'u^ 191
mc^ 208 n.
m«&Vi 71. 78. 91
nUUva 206
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klr. möt^a 206
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tMV^Ma 216 f.
m'fa 176
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obru9u 245
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okroeiti 251
of>ona 149
o#{;a<t 261
o«ft>tä 173
Sech, vaces 168
r. jvaeX a. ä. 255
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bIov. r. pastueh 259 n.
bIov. pazducha u. ä. 256
Sech. pMi 256
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ptfier 256
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l^Ä^Vi 77
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ruBB. JM-Ät 71
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prUtiSi 229
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re^ 199
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34S
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tloib^f 166
joüsU 160
jtMia^f 66. 80
ßuti 160
juliM 160
kaikaras 168
ÄMiimen^ 168
A^Zil^t 182
kaneta 197
;k?ffUM 168
kentHt 197 n. n.
iktmM 150
kirmiujü 79
Ar?A£ia 250
kriam 170
^tMsa 245. 248 n.
kriümBU 245
kromis 170
Arü^U 250
iem. Aü^M 146 n.
kwäty» 191. 213 n.
Jaigönas 212
AVMPd'6' 258
töllb^' 258
martl 154. 206
mdH/u 79
melmu 171
fiMntk 78 n.
msrdSiu 71. 78
m«rffa 209
mübmu 186
mM 85
mai^ 219
murdpnas 152
mör<fy<t 152
mtirAlM/tfi^' 158
mtirtsftnft 158
altl. neto 158
altl. n«^« 158
neptü 201 n.
n^wyk^ 141
o^ 174
|>aiA:iM 176 n.
paiwas 176
palAükU 160
pawMilas 141
po&M^« 257
l>^«E<t 254
jilTM 168 n.
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pUai 176
ji^a 168 n.
pja^'u 77. 78. 81
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l^an^d 239
pridvijas 74 f.
prinü 285
prtMfia 177
rdA;to# 199
ranA^ 198
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t<0nw 78 n.
Mju 179 f.
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nM^MS^t 259 n.
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närtooB 169 f.
szdukazias 170
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täpH 178
tofnat 224
altl. UUfU 158
«0^« 176
Miytü 167
fyMft 182
tyriä 71. 81
^•Jl^t 229
trutnpas 142
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544
Register.
irupHi 142
ugnU 161
ünktt 144
unkttytt 144
ufbinii 150
wfAs 178
ttSäcsa 169
tMt 159
ätö 255
ö'mom 216 n.
tooid'^' 217
warU 249
f<?«Ja 217
to«M/7 163
wet'ssia 176
viH 249
venas 319
wögrauU 152
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twl^anU 152
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Sanj'a 203 n.
i^na 203. 239
attfnto« 211
Ühffuitf 192
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üttiir^' 239
iOejä 85
Ifmo^ö« 203 u. n.
hnü 203
Sioii^^f 152
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ü^^< 152
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6ar<2a 330
harzda 330
5atffn0 178.
5ratfA^ 244
hrauna 244
&rtfA^ 244
hHkda 234
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dumenB 190
(lifo 218
dt/b^ 161
cftun u. ä. 319 f.
drupinäi 190
drtip^ 142
dubma u. ä. 323
254
183.
323
duzeles 305
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duse 257 f.
<2tM^ 190
4fMksni$ 183
«s^cAt 173
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^rm' 165
gwehma 178 n.
i<ii«^ 165
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f^ofo u. ä. 162
tr6« 150
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hamM9i 191
Akim« 181 n.
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klät(u) 159
A^lip« 190
Arai^ 190
kr€%98 190
;kr«;U9 170. 250
kude 146
A<^ 146 n.
koisis 191
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räum 191
ftXsfw 253
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merga 153
murda 152
muref^ 152
fM(/S9 81
mU< 157 n. 327 u. n.
dtditdU 147
ötmü 147
paduse 257 f.
j^oA^ 254. 258
j>ala« 149
pauna 177
|7<i/u«i 238
pe'ldit 175
|>i^A 149
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p^dr^ikne u. ä. 188 fi.
p%rm{%)» 316
pledskscha 175
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p/ültiu£f 175
prallt 190
preti 158
pr&jam 177 n.
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usehnes 178 n.
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wtns 319
toTA:«^ 141
ZMBtU 197
S0r« 181 n.
Mu 168
stfi«^« 197
süsÜB 197
si^« 197
sfm« 168
Gotisch.
aba 219
o^an 66. 81
atutpraggan 281
arba^s 150
atiAiM 265
aoo 222
ba^aba 207
ftom 220. 224
baur 220
6M(;'a 65. 81
bringan 228 230. 232
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345
hrunfo 284. 241
brusU 226 ff. 234
brüps 205 ff.
d&nu 282
dun 177
dugmnan 193 ff. 204
fana 149
fö4fa 77
frabian 288
gadüiggs 212
gafuujan 206
gan^an 204 f.
gaparban 71. 78
gauHuyan 217
^aton 288. 240. 246
^]^« 66
0t«iiwi 208
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Aofton 71
AaOf 801
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Ath/on 198. 212
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huMl 161 n.
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Ao««to 201 D. 213
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203 n.
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krimgot. mmrzu9 206 f.
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mtman 71
nij^o 201 n.
quin» 219
ra^n 199
BoSkran 251
Mto« 144
Barva 169
•ati^ 151 n.
sibja 172
«Aaii<« 261
«niioon 76
noaran 242 n.
^'oft 218
Umbrjan 158
^OIMM 71
ßag^'an 242 ü. n.
preiKan 229. 282
-iiA 181
tM^atf^on 161
vadi 217
iiMiff^« 268
wahan 71
u?atiMt 181 D.
iMiAa» 71
wit^'a 76
tMfifum 197
Uföds 810
Altnordisch.
(Altiflländisch.)
ät 222
ausa 146
6armr 284
bögr 268
&ra^ 248
6riii^a 228 f. 248
brJöBt 226
5r;ö<a 244
broddr 288 f.
&r(^o 228. 229 n.
brün 288 f.
brgna 246
6rym 284. 246
hurr 220
6tir«^ 284
ati^»« 172
eür 172
«yrr 146
fud 177
fiMundr 149
gaman 202
^omtr 287
^«ita 202
^fM 193
^^m 203
^är 289
gruna 288
yninr 288 ff.
Hella 171
A^Af 172
At'fMJ 167
hiUa 146
jiuftirr 174
Atm6«|{ 211
kUima 162
hringla 229 n.
Avw^ 230
marr 184
mddf 219
m^^y- 207
noriir 166
oddr 178
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9x1 258 n.
roÄ-a 307
iSttr 200
«M^ 160
tMto 160
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•tara 242 n.
m/i 222
Uür 161
^m6r 168
tön 218
196 n.
. ,> 196 n.
purp 168 n.
pryngwa 282
/yy^M^ 168 n.
v<Bngr 268
t7(^ 220
vtfina 197
Norwegisch,
dial. brank 226
dial. hranka 228
dial. 6raiiAiiM 228
Kwnpa 150
Dänisch.
5rtfi^# 228
gammel 202
Schwedisch,
fttfr;« 200
-dial. bringa 229
dial. brikka 281
Angelsächsisch.
3^m 212
bem 287
&rayi<284
6r?o«t 226
brord 283
6ryMn 228. 244
einUnng 211
0/<eman 162
aar Oll 221
eari 221
/Veo 260
famne 168 n. 214
Aa/ 801
hrt^l 170. 260
nwfis 158
öe 216 n.
tisean 166
tcgtnan 193
tö/ 218
Pqfian 178
fda« 202
Englisch.
bar 237
6arn 287
6raii^^ 229
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346
Register.
hrink 2S1
brim 237
brisM 228
chüd 172
erank 229 n.
wing 258
AltflächBiech.
adro 174
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brtutian 226
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Arö<e 170
ard 178
j?0<2a 188
Frieflisch.
fämne 168 n. 214
Mittelnieder-
deutsch.
aderCeJ 174
an&«n 144
quaken 152
Niederdeutsch.
ftrtfiA; 281
p^el 144
Burgundisch.
^«ficitna« 199
Althochdeutsch.
ano 228 f
otor 174
baro 219
6ar<a 284
basa 225 f.
&^tnfi«fi 198
6t/^ 207
bhtoen 84
6ordn 284
breman 188
5re«ton 226
6rö«ma 227. 244
drsu 71. 79
eiba 178
«ultim 212
etjs 172
eninehüi 224
etor 174
ewa 212
/oA 260
/««/ ?60 n.
/M 176
/«^t 176 n.
fona 177
fremidi 159
^o^t 202 f.
^ams 202
gawi 205
^ar5a 808
^atoro 212
gen 194
gewön 198
^nen 198 f.
^iw^ 145
pft00» 193
glatten 85
oruos 238
hagal 245 f.
Aon^ 198. 199
hemidi 191
Ätro* 173
hlinem 74
Äroyi?, Är«^ 170. 250
hü9 146 n.
Au<<a 146 D.
htoas 178
fin^'nnan 198 f.
inarüen 289
trAfiau 65. 74
chegil 144
A%a 142
ehraneholön 229 n.
ATtfm6 229 n.
leben 71
moroA 184
mardar 207
merigrioz 171
m«r^ 184
ntVIa 158
my)( 201 n.
ort 178
p/n^ 188
quer an 241
9tfM< 226
«i;^tfn 72
shazan 245
«^trna 281
uoquemiio 218. 214 n.
uo^iMmo 214 n.
weihön 219
toencdf 149
1070 219
tottuAi 207
zikkin 165
Mittelhochdeutsch.
ar< 221
brahen 242 n.
5ri«sen 205
drengen 232
gampen 202
^crf« 212
gümpel 202
gumpen 202
«2öM 245
tooA« 178
Neuhochdeutsch,
bair. aineln 172
ar^ 221
5am 287
5arr# 287
ftrom 237
braue 283. 287
6ratMeA« 228. 238
bröeehen 228
dial. brüee 228
Mfi/oeA 260
«ü; 212
en^ fangen 196
bair. ms^ 174
gammei 202
gimpel 202
^«»Sr 212
^A(i')p^ 808
Aorm 181 n.
harren 181 n.
keuchen 187
Atiino«fi 199
hundefaU 149
Jauchzen 164 n.
Amiub 165 n.
»chüf 190
«cAoM 260
schwirren 242 n.
si«/^ 218
Lykisch.
arava 287
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Terkg von Vanhenifocä & Supre^t in (ß5ütn^cti.
(tiüii Irfirbitbnrtt 0. pi|itianiiJ,
Dr. ^utttillfrs. ^rttf ooti (gS^ftii
V<tt«tf, Bo3cmrri am 5emrtiar für
orirntalif^e Sfrafi^en in 3criiit*
„Über ben «l^riogtop^ifc^eit SBcit Ut\fi Ruf-
^di^nungeti Matif^t e^ feiner iS^otU^ eS fei
f^ nuT bafauf |ingcfoicfni Mft ba& Bu^
ftueti 9lci| tot, brti tontiß «iitbfrc ^erfc
ntiiKit, eiimi fymäi F^f^rr Orißinatitäi. tteii
ferne nod» fö in'# lüttöil ge^citk @<l$abttuiig
!)at utt^ uii^rmeiit fttubt^ berJi^tt. .... Wh ^Un nuf E)irt unb ha einen
^riff tu ben xtittitn ^nf^(tU bei SEÖetffI' <tetan. ^riterf^ miifffii tok on«
bftiflflen, tüit [djUf§en mit bei GrUäiung, ba^ bai 5^uc^ metit enthält, aU bet
einfo^^ ^^^^t berfi^tic^l unb bo| (ein Ctubiitm lebetn ^tetmbe uttjeta ^tflett-
f^aft ^^ete^Tuitg unb T^td^en OSenug bxtnQen toirb/
mcbui 82. SBonb 1002 @, 49: ^_ . . . @* ip ni^t mialit^, in cinrni
fixT3tn ^nd^t brn ^iibaLt bf4 nou bet IBerlagä^iibtung ui»t;4Üg1i^ auä^rftat'
teten 5^n(^^ )u fr|i|öpfeu. t:ah <?^ ^u beii m fflf(|neii iBü<^crn a^IjÄd , bie
Ml jf^t ßbfT mifcre ilöloniftt eTf<öieitiii finb. unb ba^et bie Tiic(tefk SPetbtei*
tong nerbjcnt, bAiilbei ^tnti^t tinln ben ISemirm nnfnff Üötüniets ntit eine
IHemuiii,*'
^ItfiiAbotf» 1i^0;j ®. 56; ^ »du etiiopflit^et Äfiffli^ttbfiti: mb^
mit tö toeiar^cn, H^ idj bie Hieifeeqäl^lunaeii bie(<t etitfa^ien ©tta^Ci mit
i^KH bianifttifdjiii Iialo^3«n, tlrwm ÜJUngtt ati Sierleriüntn, tl)rft päc&tRfföpctt,
glciilini^igen ^atfttrEuKa ^t^n ^lenft^ ititb tin, B^on unb ^d§uj|, <9til
unb JlSöf« öiel iHtetenont« fitib« all bte geHjüiraten d^til^t^ bie n mit ßiif*
tiWt . - ^ ■'
Okjohzeitig sind erfchierioü;
von Dr, C, Veiten.
J90L Gek 9 Mk.» geb. t Mk. GO Pf.
Int Sifan &in<l die ieisescIifldQniiiseR im OrJgmJzIlii:^ wOlAär€
täueÄ Ltjsc- laiii LbuügebueU far di« Soalielisiir&die. ^
Uoijtine^
TcrUg von Tandenboeclt & Ruprecht in eötttii9eii.
1902 ist erschienen:
Die attischen frauennaineii
nach ihrem Systeme dargestellt
von
F« BeohteL
Preis 5 Mk.
In der Dentschen Lit.-Ztg. 1903, No. 15 schreibt J. Wackernagel:
,,In den bisherigen systematischen Darstellungen des griechischen Namen-
Wesens waren die Franennamen höchstens nebenbei berücksichtigt worden. Es
ist erfreulich, diese Lücke nun ausgefüllt zu sehen, imd zwar von berufenster
Hand. Allerdings ist das in dem neuen Buche Gebotene wiederum nur ein
Ausschnitt; die ausserattischen Frauennamen warten auch jetzt noch des Dar-
stellers. Aber die vorläufige Beschränkung auf Attika ist durchaus zu loben.
Hier allein gestattete es die Fülle der inschriftlicheu und das gleichzeitige
Vorhandensein literarischer Quellen über blosses Aufzählen und formale Analy&e
hinauszugehen und die Onomatologie in einen sittengeschichtlichen Rahmen
einzufügen. Die gewonnenen Ergebnisse rechtfertigen das Verfahren des Verf.s.
Überhaupt ist an dem Buche so gut wie alles zu loben. Die einge-
streuten Scherze wird sich auch, wer selbst zu solchen weder imstande wäre
noch Lust hätte, als Wtir^e gern gefallen lassen *'
Früher ist erschienen:
Dil liiclicliii PdsoiiH ü^d'^/Jli^'ge^^^
von Aug. Fick, Zweite Auflage bearbeitet von Fr. Bechtel
und Aug. Fick. 1894. Preis geh. 12 ]Vfk., geb. 13 Mk.* 60 Pf.
Aus dem Literar. Centralblatt 1894, No. 41. „Es ist etwas beschämenb
für die griechische Philologie, dass Fick's „Personennamen", durch welche die
griechische Onomatologie zuerst auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt
worden ist, volle zwanzig Jahre warten mussten, ehe sie eine neue Auflage
erlebten. Diese ist denn nun auch ein ganz neues Buch geworden.
. . . . , Die in den Abtbeilungen C und D gegebenen Sammlungen von
Namen bilden den wertb vollsten Theil des Buches. An ihrer Vervollständigung
hat Bechtel einen ganz hervorragenden Antheil, der seine reidien Sammlungen
aus den Inschriften dem Werke zur Verfügung gestellt hat. Wir haben in
diesen Abschnitten zwar noch kein vollst, griech. Namenbuch, aber wir haben
etwas ganz Vorzügliches, das, so lange wir keines haben, uns einen an verächt-
lichen Ersatz dafür zu bieten vermag. Die reiche und harmonische Fülle der
griech. Personennamen ist hier zum ersten Mal bequem vor uns ausgebreitet,
in C geordnet nach den Namenwörtern, aus denen die Anfangs- und Bndglieder
gebildet sind; ihnen schliessen sich in D die Kalendernamen, Widmungsnamen,
die ans der Götter- und Heroenwelt, dem Thier- und Pflanzenreiche, von
Geschlechtsnamen und von Rang und Amt hergenommenen Namen an.
.... Das Ganze ist ohne Zweifel eine der werthvoUsten Bereicheningen
unserer wissenschaftlichen Literatur aus den letzten Jahren, ein Bach, das bald
je dem Linguisten, Philologen, Epigraphiker und Historiker ein
unentbehrliches Handbuch werden wird.'*
Die MBtuTolilig ler imlopiiiiiMeii Liutlilin
seit Schleicher. Von Fr. Bechtel. 1891. Preis 9 ML
„Verf. hat sich die ungemein dankbare Aufgabe gestellt, die wichtigsten
der zahlreichen Entdeckungen, die in den beiden letzten Jahrzehnten auf dem
Gebiet der indog. Lautlehre gemacht worden sind, in ihrem histor. Zusammen-
hang darzulegen und sie einer krit. Prüfung zu unterziehen, die das Bleibende
vom Veralteten sondern und zugleich die noch bestehenden Lücken anarer
Kenntnis andeuten soll. Diese Aufgabe hat er in ebenso besonnener wie om-
sichtiger Weise gelöst und dadurch ein Buch geschaffen, das ein sehr will-
kommenes Hilfsmittel für Alle bilden wird, die sich über den gegenwärtigen
stand und die einzelnen Entwicklungsstadien der indogerm. Lautlehre unter*
richten wollen.'' (Literar. Centraiblatt 1892, 21.)
UnlT.-Buchdixckvrf^l Tim E. A. Halb, Ol^ttluien.
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