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FROM THE BKQUKST OF
JOHN AMORY LOWELL,
(OIam of 1016).
This fand is $20,000, and of its income three quartera
•hall be »pent for books and one quarter
be added to the principal.
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( MAY 29 1889' ) (ß/il&f^j/
Beiträge
zur künde der
indogermanisehen sprachen
herausgegeben
von
Dr. Adalbert Bezzenberger.
Fünfzehnter band.
Erstes und zweites Heft.
V(X Göttingen,
Vandenhoeck und Ruprecht'» verlag.
1889.
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?£jLrt. 2-lf
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Inhalt.
Seite
Arisches. Von Chr. Bariholomae ---- 1
Die kyprischen glossen als quellen des kyprischen dialektes. Von
O. Hoffmann 44
Postverbal aspiration in Old Irish. Von J. Strachan 100
Pali thahati und dahati. Von R. Pischel 121
Studien auf dem gebiete der griechischen Wortbildung. I. Von
O. Schrader 127
Ein altes denkmal der litauischen spräche. Von W. Nehring und
A. Bezzenberger 139
Die Teichinen. Von W. PreUtoitz 148
*Exttvog — xijvos, äol. xij und verwandtes. Von W. Prellwitz - - 154
Einige verwandte der wurzel pS und die praposition lat. ad, osk. az
im Griechischen. Von W. PreUwitz 158
Adolf Fritsch, Zum vokalismus des herodotischen dialekts. An-
gezeigt von Karl Ferdinand Johansson - 161
Arisches. (Fortsetzung.) Von Chr. Bariholomae 185
Yasna 83. Von K. Qeldner 248
Ueber die durch anhängung der dativisch flektirten wurzel dha,
dhä, dhi, dhü an beliebige andere wurzeln gebildeten infinitive
des Veda und Avesta. Mit einer kritik Pänini's und dessen infi-
nitivsuffixes adhyai. Von Hermann Brunnhqfer 262
Zur geschichte des rhotacismus in den germanischen sprachen. I.
Eine ausnähme des Verner'schen gesetzes. Von Q. Sarrazin - - 270
Einige deutsche baumnamen und verwandtes. Von O. Schrader - 284
Thessalisch l^v, t&vae. Von A. Fiek 290
Grundsprachliches m und n am wortende. Von A. Fick - - - 291
Zar lettischen declination. Von A. Bezzenberger 294
Morphologische Studien. II. Von K. F. Johansson 804
Anculus, dfjUfCnokog. Von JET. Osthoff 316
Awest. apfikhtara. Von W. Bang 317
Haoma yo gava. Von C. de Harlez 817
Heinrich Leberecht Fleischer. (Nekrolog.) Von A. Müller - - - 819
Berichtigungen 887
Register. Von W. PreUtoitz 838
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( MAY 29 1889
\
■/RRA^
Arisches.
I. Ai. «wre dwAtfä RV. jf. 34. 5.
Die Übersetzung der stelle:
tristhAn vänt surö duhitä ruhad rdÜiam ||
ist einfach genug: „euren (der Aävinen) dreisitzigen [oder: auf
drei rädern ruhenden; vgl. Sajana z. st. und das Petersburger
Wörterbuch u. d. w.] hat des Sonnengottes tochter bestiegen".
Vgl. dazu RV. 7. 69. 4:
juvoh srijam pari jöfävfnUa
surö duhitä pdritakmjajam |
„eure (der ASvinen) pracht hat sich die Jungfrau auserwält,
des Sonnengottes tochter, im morgengrauen".
Aber die grammatische erklärung von sure duhitä ist nicht
so einfach. Sajana erläutert kurz: sürS surjasja duhitä putrl.
— Benfey, orient und Okzident I, s. 52 bemerkt zu sure:
„lokativ, weil neben </<m-'erzeugen' 'geboren werden' der lokativ
steht". Aber surö geht doch auf den vater der Surja, nicht
auf deren mutter; nur dann aber könnte man Benfey's er-
klärung sich noch allenfalls gefallen lassen. — Grassmann
nimmt sure als lok. sing, zu sü'ra- „sonne", übersetzt aber
„des himmels tochter". — Gegen diese fassung wendet sich
Ludwig, rigveda V, s. 579 ff. in einem heftigen angriff auf
Grassmann und alle grammatiker, die sich seiner (Lud-
wig's) adaptionslehre noch nicht angeschlossen haben. „Da
. . . su rl duhitä unzweifelhaft 'die tochter SuraV bedeutet und
nicht 4 die tochter bei Sura\ so folgt . . ., dass sure den genetiv
vertritt", sure soll eine Stammform sein und „an und für sich
ganz unbestimmt; nur der Zusammenhang entscheidet".
Ludwig hat jedenfalls in so fern recht, als er die mög-
lichkeit sure in lokaler bedeutung zu nehmen bestreitet. Im
übrigen muss ich auch seine erklärung abweisen, ebenso wie
die von Benfey und Grassmann, sure vertritt nicht den
Bettrlge i. knnde d. indg. sprachen. XV. 1
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2 Chr. Bartholomae
genetiv, sondern ist genetiv. Es scheint, dass alle drei gelehrten
die oben angefürte parallelstelle übersehen haben, welche zeigt,
dass sure nicht zum stamm sura-, sondern zu svär- zu ziehen
ist. sü're duhita ist die gerade fortsetzung eines arischen
surazdhuzhitä, einer Verbindung wie ai. gäspdtis, vdnaspdtis u. a.,
gr. JidaxoQoi u. s. w., und wie diese wol am besten als ein wort
zu schreiben. Die Wandlung von az vor d, dh in e ist als die
regelmässige bekannt. Dass der worttext sü're | duhitd | bietet,
beweist nur, dass diepadisten das wort nicht mehr verstanden,
sonst gar nichts. Ebenso wenig lässt sich aus sti'rö duhita in
RV. 7. 69. 4 gegen meine erklärung von su're duhita folgern.
sü're duhita verhält sich zu sü'rö duhita ungefär so wie
usädhhis zu u?obhis; vgl. verf., beitrage, s. 162; s. auch RPr.
259, 283.
IL Ai. hasrä- > av. gahika-.
Ai. hasrä- findet sich nur einmal, RV. 1. 124. 7, wo es
heisst:
dbhrät&va pusd eti prati&i
gartarüg iva sandje dhdnänäm \
gäjgva pdtja usati suväsä
u?ä hasreva ni rinite dpsah ||
Jaska, nir. 3. 5 gibt hasrä mit hasanä „lächelnd" wieder,
und ihm sind, soviel ich sehe, alle spätem erklärer der stelle
gefolgt; so Sajana und Benfey, Delbrück, Grassmann,
Ludwig, Roth. Vom Standpunkt der etymologie aus ist ja
auch gegen diese Übersetzung nichts einzuwenden. Danach
würde die strophe besagen: „Wie ein bruderloses mädchen geht
die USas stracks auf die männer zu, wie ein wagenkämpfer (es
tut), wenn es gilt beute zu gewinnen. Wie ein schöngekleidetes
weib, das dem gatten willig ist, enthüllt sie lächelnd gleichsam
ihre reize". Auch mit dem so gewonnenen sinn könnte man
sich einverstanden erklären. Aber dennoch muss ich mich
gegen Jaska's fassung wenden. Denn einmal zwingt sie uns
iva in der vierten zeile anders zu nehmen als in den drei
vorausgehenden; und dann zerstört sie ganz und gar den
schönen auf bau der strophe. Alles kommt in Ordnung, wenn
hasrä dem abhrätä, gartarük und gäjd syntaktisch gleich ge-
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Arisches. 3
stellt, mit hasr&va also ein neuer satz begonnen wird. Dann
gewinnen wir für die strophe eine prächtige gliederung.
Welche bedeutung aber kommt dem ai. hasra zu? Das
lehrt uns das avestische gahika-, das sich zu hasrä- verhält,
wie z. b. ai. hjsahi-, fem. hjsika- zu hjsra-. Die bedeutung
„bule" fügt sich ganz trefflich in den Zusammenhang. Ich
übersetze die strophe jetzt so:
„Wie ein bruderloses mädchen geht sie stracks auf die
männer zu, wie ein wagenkämpfer *), wenn es beute zu gewinnen
gilt; wie ein weib, wenn es dem gatten zu willen ist, wie eine
bule enthüllt sie ihre reize, die schöngewandige USas."
8uvdsä mit upä zu verbinden, halte ich mich trotz RV. 4*
3. 2, 10. 71. 4, 91. 13 für berechtigt. Ich nehme an, dass die
zeile gajiva . . mväsah, die dort wörtlich wiederkehrt, unsrer
strophe entlehnt ist
Wer eine etymologie von hasra — gahika, gahi gewinnen
will, dem möchte ich jedenfalls raten, lieber an ai. hdsati sich
zu wenden, als an die fabelhafte „avestische wurzel" ganh-
„springen, kommen (von bösen wesen)".
IIL Ai. padbhif.
Soweit mir bekannt, findet sich die form sieben mal:
RV. 4. 2. 12, 14, 38. 3, 5. 64. 7, 10. 79. 2, 99. 12, VS. 23. 13.
Die kommentare geben sie mit pädai? — zu RV. 4. 2. 12
pädäih 8vategöbhi$ — wieder, ausser zu RV. 5. 64. 7, wo padbhis
mit pädavadbhis Ica padaUatusfajöpetäir asväi? erklärt wird. Ma-
hidhara teilt uns noch erläuternd mit: padasabdasja däntatvam
khandasam. Roth, Grassmann und Lanman folgen dieser
angäbe, ausser für die stelle RV. 4. 2. 12, wo sie padbhü auf
einen stamm pas- „blick, äuge" zurückfüren. Dagegen stellt
Ludwig, rigveda IV, 8. 309 die bedeutung „mit den füssen u
für padbhif ganz in abrede; er will das wort überall — doch
s. unten — durch „mit (den) stricken" übersetzt wissen, wobei
er auf päsa- verweist. — Eine nochmalige Untersuchung der
frage dürfte nicht überflüssig erscheinen.
Dass padbhlp nicht auf dem weg lautlicher entwicklung
aus dem stamm päd- hervorgegangen sein kann, bedarf keines
s ) sc. geht sie auf die männer zu.
1*
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4 Chr. Bartholomae
besondern beweises. Die regelmässige form des ins tr. plur.
dazu konnte nur padbhis lauten. Und so lautet sie im AV.
und später ja auch wirklich. Im AY. steht sie so vier mal.
Im instr. dual, aber bietet auch der RV. die zu erwartende
dentalis: padbhjdm RV. 10. 90. 12, 14.
Sajana's Vorgängern in der rgvedaerklärung scheint doch
die deutung von padbhis nicht ganz so einfach vorgekommen
zu sein wie ihm selber. Jaska, nir. 5. 3 fürt für padbhis im
naigh. 4. 2 die stelle RV. 10. 99. 12 an und erläutert es:
pänäir iti vä späsanäir iti vä sparsanäir iti vä. Das mehr-
fache vä zeigt, dass die vedagelehrten über die bedeutung des
worts nicht einig waren. Aber auffalliger weise will es auch
nicht einer so wie Sajana gedeutet wissen, es sei denn, dass
pänäir alter fehler für päddir wäre, was anzunehmen kein
anlass gegeben ist. — In Panini's grammatik geschieht der
form padbhis keine erwänung, ebenso wenig in Katjajana's
varttika dazu, wo doch madbhis und usddbhis zu mos-, usds-
nicht vergessen sind. — So viel steht fest: Die erklärung von
padbhis als instr. plur. von päd- „fuss" ist nicht vor Sajana
und Mahidhara nachweisbar. Es fragt sich nur, ob nicht
die texte selber sie verlangen.
Zweifellos unmöglich ist diese erklärung für RV. 4. 2. 12,
wie man ja schon längst anerkannt hat. Gf.:
dtas tvdm dfsjq agna etdn
padbhih pasjer ddbhuiq arjd eväih ||
d. i. „von hier aus sollst du, Agni, auf die sichtbaren (menschen)
hier mit (deinen flammen)blicken schauen und auf die unsicht-
baren (götter), freundlich wie immer u . Auch Ludwig, der
noch a. o. die beziehung von padbhis zu pasjati für unsre
stelle geläugnet hatte, erkennt sie jetzt, a. o. V, s. 626 an.
Auch RV. 4. 2. 14:
ddha ha jdd vajdtn agne tvajd
padbhlr hdstebhis Icakpna tanubhih \
will Ludwig jetzt padbhis mit „äugen" übersetzen, indem er
dazu bemerkt: „[es] können die 'äugen' darauf bezug haben,
dass man den feuern nicht den rücken zuwenden durfte". Das
scheint mir freilich etwas weit hergeholt. Anderseits aber ist
Ludwig, a. o. IV, s. 310 durchaus im recht, die Übersetzung
„mit den füssen" abzuweisen. Die füsse spielen weder bei der
feuererzeugung noch bei dessen Verehrung irgend welche rolle.
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Arisches. 5
Ich ziehe hier padbhts zupäs- „strick" und übersetze die stelle
so: „was wir jetzt, o Agni, zu deinem besten mit den stricken,
mit den händen, mit den leibern getan haben . • .". Die beiden
zeilen gehen auf die feuerbereitung. Die stricke — oder auch
der strick, wenn, was leicht möglich, das wort plurale tantum
ist — setzen den feuerborer in drehung, die hände bewegen
die stricke. Die leiber aber, was haben die dabei zu tun? Ich
denke mir die Situation, auf die unsre stelle anspielt, ganz
änlich der in der odyssee I 382 ff. geschilderten. In einem
stück weichen holzes, in einer Vertiefung darin, ruht, senkrecht
aufgerichtet, der feuerborer, der von zwei männern durch den
gleichzeitig sich ab- und aufwickelnden strick in bewegung
gesetzt wird. Sein oberes ende steckt in der Vertiefung eines
klotzes aus hartem holz oder auch eines knochens, auf den
sich ein dritter mann mit dem Oberleib aufstemmt — lq>v7teQ&w
dsQ&eig — , um dadurch das ausspringen des borers zu ver-
hüten und gleichzeitig im darunterliegenden holzstück, das in
glut versetzt werden soll, die reibung zu vermehren. Man ver-
gleiche dazu die bei Peschel, Völkerkunde 6 , 8. 142 beschrie-
bene art der feuerborung bei den Aleuten. Die art und weise
der feuergewinnung war bei den vedischen Indern nicht überall,
oder wenigstens nicht zu allen Zeiten die gleiche.
RV. 10. 79. 2 lesen wir:
dtränj asmäi padbhih sdm bharantj
uttändhastä ndmasädhi viksti I
„Sie tragen ihm (dem Agni) den frass 'mit den fussen' zu-
sammen 4 * kann man natürlich nicht übersetzen. Grassmann
hilft sich dadurch aus der Verlegenheit, dass er padbhis im
sinn von patsü, patsutds nimmt: „zu fuss" (d. i. zu fussen).
Die möglichkeit dieser fassung wäre auch dann noch zu be-
streiten, wenn padbhis als instr. plur. zu p&t zweifellos sicher
stände. Auch hier passt „mit stricken" weit besser in das
Satzgefüge wie auch in den Zusammenhang. Also: „seinen frass
tragen sie ihm mit stricken (d. i. in bündeln) zusammen".
Vgl. dazu ausser den bei Ludwig, a. o. IV, 8. 412 angefürten
stellen noch avesta, j. 10. 17 und Geldner, metrik, s. 160.
In der Schlussstrophe zu RV. 10. 99 heisst es:
evä maho asura vaksdthäfa
vamrakdh padbhir üpa sarpad indram \
Grassmann übersetzt: „So nahte sich, o gott, zu des grossen
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6 Chr. Bartholomae
kräftigung Vararaka dem Indra demütig mit seinen Gissen 41 .
Ob wol die demut — von der ich übrigens in den Worten des
texts nichts finden kann — darin besteht, dass sich der dichter
zu fuss naht und nicht etwa zu pferde? Ganz abgesehen davon
müsste auch, wie Ludwig, a. o. V, s. 484 zutreffend bemerkt,
der dual padbhjdm stehen. Auch hier verdient Lud wig's Über-
setzung „mit schlingen" dem sinn nach weitaus den Vorzug.
Der dichter Vamraka spielt mit der bedeutung seines namens
„ameislein". padbMr geht auf die „zangen" der ameisen, mit
denen dieselben fassen und festhalten. Also: „So hat jetzt,
o gott, das ameislein (= Vamraka) mit seinen zangen den
Indra beschlichen, auf dass er ihm mächtig aufhelfe. Nun
mu8S er, darum gebeten, ihm heil schaffen". Das verbum des
folgenden Stollens ist gewiss auch futurisch zu nehmen; es ist
also gegen den worttext a-bhäh zu lesen.
In RV. 5. 64. 7 steht:
sutdm somaw nd hastibhir
d padbMr dhävafant nara
bibhratäv arhananasam ||
Grassmann, der die strophe in den anhang verweist, ändert
hastibhi? in hdstebhis und übersetzt: „presst mir den soma
gleichsam mit den händen und knetet mit den füssen ihn, o
männer (dual), den Artsananas unterstützend". „Gleichsam"
verstehe ich nicht. Und was haben Mitra und Varuna mit der
somabereitung zu tun? Lud wig's Übersetzung ist auch hier
wieder die bessere. Doch folge ich ihr nicht unbedingt. Die
strophe, die allerdings erst später an das vorhergehende lied
angeschoben worden ist, knüpft an folgende Situation an: Es
ist nacht. Der dichter ist von feinden bedrängt. Da bittet er
Varuna und Mitra ihm zum morgen beistand zu bringen. Die
„greifenden schlingen" (vgl. unten pasa-) sollen die feinde
fesseln. Ich übersetze : „Wenn mir die hellrindrige (morgenröte)
am götterreich aufleuchtet, ihr ehrwürdigen, dann kommt (hur-
tig) wie zum somasaft, ihr beiden, heran mit den greifenden
schlingen zu ArtSananas, ihn zu schützen". Die einzige Schwierig-
keit, die dabei bestehen bleibt, bildet jagatd in der ersten zeile,
das als vokativ unbetont sein sollte.
In RV. 4. 38. 3 lautet die dritte zeile:
padbMr gfdhjantom tnedhajüto nd mran_.
Grassraann hat „im laufe strebt er wie ein beld nach beute 14 .
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Arisches. 7
Sa Jana gibt die weithergeholte erklär ung: pädäir abhikänksan-
tam diso langhitutn. Endlich Ludwig übersetzt: „der wie mit
schlingen bestrebt zu erfassen, als lanzenkundiger held". Die
stelle ist leider keineswegs klar. Wenn der vedist in bildern
zu uns spricht, bleibt er uns nur zu häufig dunkel. Dazu
kommt noch, dass auch die bedeutung von rtädhajüm, das sich
nur hier findet, nicht sicher zu bestimmen ist. Sa Jana er-
klärt: sangrämeJckhum . . jad vä jagnakramcmekUhum. Wichtig
ist es festzustellen, dass die bedeutung „ausgreifen", die Böht-
lingk-Roth, oder „rasch schreiten", die Grassmann dem
verbum gr'dhjati als erste beilegen, keineswegs feststeht, gfdhjati
bedeutet sonst nur „er begehrt, ist gierig, lüstern". So auch
in der AY.-stelle 8. 6. 1: durnämä tdtra ma gfdhat „darnach
soll sich kein durnaman gelüsten lassen"; zur konstruktion
mit dem lokalis (tdtra) vgl. RV. 2. 23. 16: dnnesu gägrdhüb
u. a. Auch die zu gardh- gehörigen nominalbildungen setzen
keine andre wurzelbedeutung voraus, grdhnüs ist immer „gierig",
wie es auch Ludwig übersetzt, nicht „rasch". Das avestische
gerezdlm j. 51. 17 bedeutet „verlangen, wünsch"; cf. Geldner,
Kuhn's Zeitschrift XXVIII, s. 204. Was soll das nun heissen:
„Ihm (dem Dadhikra), der wie auf abschüssigem boden dahin
eilt, jauchzt frolockend das ganze volk zu, ihm, der mit seinen
füssen begehrt, wie ein kräftiger held"? Ich weiss es nicht.
Jedenfalls lässt sich aus dieser stelle die bedeutung „mit den
fassen" für padbhis nicht folgern. Vielleicht ist medhajüm
eigenname, und padbhir grdhjantam bezieht sich auf eine be-
sondere eigentümlichkeit des helden, etwa „mit schlingen nach-
stellend". Also: „. . volk zu, wie dem helden Medhaju, den
mit schlingen nachstellenden, dem wagenschnellen, der wie
der wind dahinfegt". Darf man etwa an die wurfleine (lasso)
denken?
Es bleibt endlich noch die stelle VS. 23. 13, wo wir lesen:
väjüs tvä paUatäir avatu \ dsitagrivas Jchdgaih \ njagrodhas
Uamasaih \ salmalir vfddhjä \ esd sjd räthjo vfsa \ padbhis
Uatürbhir $d agan \ brahmdlqrsnas 1ca nö 'vatu \ ndmö 'gndje \\
D. h.: „Vaju stehe dir mit gekochten speisen bei; der schwarz-
nackige mit bocken; der njagrodhabaum mit bechern; der Salmali-
baum mit Wachstum; dies hier ist der für den wagen taugliche
hengst; mit vier padbhis ist er herangekommen; der nicht-
schwarze priester auch soll uns beistehn; Verehrung dem Agni'**
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8 Chr. Bartholomae
Was heisst nunpadbhis katürbhif? Ich kann's nicht sagen. Die
erklärung des QBr. 13. 2. 7. 6 und des kommentar's „mit vier
füssen" ist doch allzu simpel. Das scheinen auch deren Ver-
fasser selbst gefiilt zu haben. Sie erachten es daher für not-
wendig mitzuteilen, dass ein pferd beim stehen drei, beim gehen
oder ziehen aber die vier fasse gebraucht, eine mitteilung, die
in ihrer zweiten hälfte kaum für irgend jemand etwas neues
enthält. Uebrigens ist die ganze stelle — prosaisch und
brockenhaft — zweifellos recht spät Und wenn wirklich
pädäi? mit padbM? gemeint sein sollte, so könnte allenfalls die
erinnerung an die oben angefiirten rgvedaverse, die frühzeitig
mögen missverstanden worden sein, auf die Schreibung des
Wortes eingewirkt haben.
So schliesse ich denn: padbhi?, auf lautlichem weg aus
päd- „fuss" nicht abzuleiten, verlangt auch nirgend die Über-
setzung „mit den füssen". Die landläufige erklärung des worts
ist also aufzugeben und padbhi? teils zu pas- „blick", teils zu
pas- „strick, schlinge" zu ziehen.
IV. Ar. aka- mask. > ika- fem.
Neben den maskulinen nominalthemen auf aka- stehen im
indischen, wie bekannt, gewönlich feminine auf ikä-; cf.
Whitney, gramm., § 1181a, 1222 d. Die gleiche femininal-
bildung ist auch aus dem avesta nachweisbar.
Av. pairikä- bedeutet „die bule". Nach Spiegel, kom-
mentar I, 8. 29 „stammt das wort von par, pere, was im altb.
kämpfen bedeutet, und hängt mit pairithna, kämpf, zusammen".
Da das suffix „bezeichnungen von solchen bildet, welche den
verbalbegriff als künstler oder handwerker vollziehen" (Benfey,
vollst, gramm., s. 142), so wäre die pairikä- eigentlich eine
„kämpferin". Worum sollen sie denn gekämpft haben? l )
Ich nehme pairikä- als feminin zu paraka-, das in av.
parakayistema — sowie in parö.katar§temem paröJceytöern *) —
*) Etwa um ihre Unschuld? Nach Geiger, ostir. kultur, e. 339
zeichneten sie sich „durch körperliche Schönheit und warscheinlich
auoh durch lockere sitten aus". Letzleres möchte ich sogar für sehr
warscheinlich halten; cf. j. 9. 82. a ) Vgl. zeitschr. d. dtsch. mgl.
gesellsch. XXXVI, s. 681 f., Kuhn's Zeitschrift XXVIII, s. 6 f. Geldner,
Bezzenberger's beitrage XIV, s. 11 spricht sich gegen meine dort aus-
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Arisches. 9
vorliegt, und auch im indischen, am ende von Zusammen-
setzungen vorkommt. Es verhält sich zu pära- wie z. b. an-
jakä- zu anjd-. Im indischen gibt es auch ein adjektiv para-
hija- „fremd", das auf paraka- zurückgeht. Sonach gilt mir
die pairikä- einfach als „die aus der ferne, aus der fremde,
die fremde". Der name stimmt durchaus mit dem, was uns
die texte von den parika's berichten; cf. W. Geiger, ostir.
kultur, s. 81 ff., 339.
V. Arisches -j#i als fem. zu mask. -t*&
Die eigentümliche femininalbildung auf ij*i- zu einem adjektiv-
stamm auf ay,- ist aus dem altindischen bekannt, wo sich
prthivi neben pfthvi zu prthüs stellt (vgl. dazu Zimmer,
Kuhn's Zeitschrift XXIV, s. 221). Ein zweites beispiel derselben
bietet das avesta in jeziffi j. 53. 3. Die bedeutung des worts
ist bereits von Geldner, ebd. XXVIII, s. 195 richtig bestimmt
worden, jeziiii ist das feminin zu ai. jahüs, statt dessen das
indische jahm bietet; vgl. dazu prthivi > prthvi.
VI. Av. zqßä „genitor".
In meinen ar. forschungen II, s. 158 f. habe ich den Vor-
schlag gemacht das zu-j. 44. 3 1 ) überlieferte zq^a/m zantä zu
ändern, da ich mir die spirans nicht erklären konnte. Das ist
abzuweisen, p ist einfach den kasus mit schwacher suffixform
entlehnt. Streng genommen wäre zu erwarten: zantä, zantä-
rem, zqfirä, zqpröi etc. Nun hat die spräche zwar den Wechsel
von tr und pr bei der tar-deklination ertragen — wenn schon
ein fall des ausgleichs auch in dieser hinsieht vorliegt, cf. ätr&m
und verf., a. o., s. 133 — , aber der Wechsel zwischen q und
an ri88 die formen allzusehr auseinander, um nicht eine aus-
gleichung nach der einen oder andern seite hin hervorzu-
gefurte ansieht bezüglich des o aus. Wie steht es aber mit pard.ke\Odem
< parakauistetna? Zu j. «57. 13 schreibt auch Geldner in der neuausgabe
parö.kat . Und woher überhaupt das 5? Der hinweis auf die Super-
lative wie spentottmo ist nicht glücklich; vgl. mein handbuch, § 271.
*) Bei dieser gelegenheit sei ein fehler in der daselbst gegebenen
Übersetzung der Strophe verbessert. In der vierten zeile muss es heissen :
„wer (ist der), durch den ."',jä ist instr. des mask.
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10 Chr. Bartholomae
rufen 1 ). Die durchfiirung von -qß- war begünstigt durch die
wurzelverwandten wörter zqfiwa- und zqpa-, welch letzteres
allerdings seine lautgestalt selber erst unter dem einfluss von
zqfiwa- (und etwa der in die gleiche bedeutungsgruppe fallenden
noinina auf/a-) empfangen haben kann; in regelmässiger ent-
wicklung wäre ar. *zantka- zu *zanta- geworden.
Bezüglich des Verhältnisses von ai. gani-ta zu av. zq-ßä
will ich hier noch auf die folgenden arischen pare verweisen: 9 )
ai. dühitd > gd. dugedä, jav. dugda*);
ai. garitar > jav. aibigaretar;
ai. drdvinas > jav. draonö 1 );
ai. dtithis > gd. astiä, jav. astaiö*);
ai. medhiram > jav. mqzdrem, gd. hutnqzdrä*);
ai. sthäviram > jav. staorem.
[Ferner mit i:
ai. pdrinas > jav. parenanhwüem 7 ); — ai. yabhiräs > jav.
gafra; — ai. gxbhUdm > jav. gereptem; -r- ai. rg*?dtn > jav.
aräöJcarem 7 )].
Ueberall hat das avesta die schwächere form. 8 )
Die fälle mit fr > r sind vielleicht anders zu beurteilen;
ir könnte auch ar. /r entsprechen. — Wegen bh, w > f (= ph)
in ai. gabhirds, gambhlrds, av. gaiwLvafrahe etc. > av. gafra,
gqfnufya verweise ich auf Brugmann, grundriss I, § 469. 7.
Dazu auch dämmern > ddhämi mit fcfe >'gh. — Wie steht es mit
jaofytnaidf jt 4. 1 ?
VII. Av. asfti > ai. dtithif.
astiä steht für idg. *otthis. Im übrigen s. oben.
Zu öwfoj- „gast, gastfreund 44 gehören die meisten der bei
Jußti unter „1 osti 3) der inbegriff der knochen, der körper 44
zusammengetragenen wörter. Eine Übersetzung der einzelnen
stellen wird, so hoff ich, genügen die richtigkeit meiner an-
name zu erweisen. Nur eine kurze bemerkung ist noch vor-
1 ) Ueber einen änlichen fall vgl. man meine beitrage, s. 125. Doch
Hesse sich das lokativische -osü auch direkt auf -ot-su zurückfüren; man
halte dazu meine bemerkungen auf s. 134 f. und 162 f. *) Vgl. dazu
Fick, Bezzenberger's beitrage III, s. 159 f. 8 ) Verf., Bezzenberger's
beitrage XIII, s. 91. 4 ) Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXV, s. 205.
*) S. unten VII. •) Vgl. dazu verf., a. a. o., s. 80 f. ') Geldner,
drei yasht, s. 74. 8 ) Verbalformen habe ich absichtlich bei seite gelassen.
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Arisches. 11
auszuschicken aber das mehrfach mit asM verbundene väzütö.
Der zendist übersetzt väziita- mit burtar, die modernen Über-
setzer unter hinweis auf ai. vdga- etc. mit „förderlichst, wirk-
samst". väziUa- bedeutet vielmehr „erwünschtest, willkom-
menst, sehr willkommen". So werden auch aia^azawhö und
a&iyäzö j. 10. 1, 14 klar, die man selbstverständlich von väziita-
nicht trennen darf; Hauma ist „dem frommen erwünscht, will-
kommen" 1 ). Der astü väzütö ist „der willkommenste gast";
und in j. 36. 3 heisst es: „welcher von deinen namen dir der
willkommenste ist, mit dem begrüssen wir dich, o Atar". *) —
Die stellen mit astai- „gast" sind:
j. 31. 22: h#ö töi mazdä ahurä
väzütö anhaut astiä
„der wird dir, o gott Mazdah, ein willkommener gast sein"; —
j. 49. 11: drugö demän?
haipjä anhen astajö
„im haus der lüge werden sie ewige gaste sein"; zitirt v.& 107; —
j. 46. 11: jayöi vispäi
drügö demänäi astajö
„als gaste auf allezeit für das haus der lüge". 8 ) Die drei
stellen gehen auf eine gemeinsame anschauung zurück. Die-
selbe anschauung, dass der fromme ein gast des Mazdah, der
böse ein gast der Drudä werden wird, findet sich noch ausser-
halb der gatha'8 in j. 70. 4 : bu%ama ahurahe mazdä friß väziUa
asta%ö „(retter möchten wir werden, sieger möchten wir werden,)
des Ahura Mazda liebe willkommene gaste möchten wir werden";
die stelle ist in Zusammenhang mit jt. 19. 89 ff. zu betrachten.
— Einen andern gedanken treffen wir j. 13. 2: frjjkf vllzi&tahQ
astöü ratüm ärnrufö ätrern ahurah$ mazdä „den beschützer des
(jedes) lieben willkommenen gastes rufe ich auf, den Atar, den
son des Ahura Mazdah". Der gott des feuers (herdfeuers) gilt
als Wächter über die heiligkeit des gastrechts — ein uralter
zug. Zur bedeutung von ratuS verf., ar. forschungen III, 8.44 ff.
*) Wörtlich „den wünsch des frommen ausmachend". •) j. 51. 12
ist wegen der vielen anal Xtyoptva unsicher, zöüenü väzä etwa „mit
glühendem verlangen"? Vgl. dazu von Bradke, Kuhn's Zeitschrift
XXVIII, s. 295 ff. ") So kommen beide stellen, j. 46. 11 und 49. 11
in Ordnung, one dass man für ast° eine verschiedene erklarung not-
wendig hat. Darnach ist das in Kuhn's Zeitschrift XXVITI, s. 20 gesagte
zu berichtigen.
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12 Chr. Bartholomae
In j, 17. 11 und v. 19. 40 steht ätrem väziHem. Nach der
tradition soll das ein ganz besonderes feuer sein, über dessen
seltene eigenschaften man Justi, s. 273 nachschlagen möge.
Wenn man berücksichtigt, dass vaziäta- sonst fast nur in Ver-
bindung mit astai- vorkommt, und weiter, dass im veda dbithi?
einer der gewönlichsten beinamen des Agni ist, so lässt es sich
wol nicht ganz one berechtigung vermuten, dass die worte
obrem väzütem einer stelle entnommen sind, die vollständig
.. Sirein väziHem astlm . ., d. i. „den Atar, den willkommen-
sten gast" gelautet hat. Auch zu j. 36. 3 könnte die wal von
väziäta- in erinnerung an diese Verbindung erfolgt sein; s. oben.
Statt des Justi'schen astö j. 51. 12 ist attö zu lesen, d. i.
ein lokativischer infinitiv zu ans- „erreichen"; cf. verf., Bez-
zenberger's beitrage XIII, s. 83. ahmi ist von aHö attrahirt,
vgl. verf., Kuhn's Zeitschrift XXVIII, s. 23 zu j. 31. 15. [Anders
Geldner, ebd., s. 407. Infinitive wie ai. visftas finden sich
auch im avesta, wie ich schon in Bezzenberger's beitrage IX,
s. 302 gezeigt habe. Aber dem t geht immer ein vokal vorher;
s. Whitney, ind. grammatik, s. 499 unter -t}.
Ueber astim j. 33. 2 cf. verf., a. o. XIII, 8. 81 f.
VIII. Noch zwei avestische infinitive.
1) Zur wurzel os- „sein".
Zu vsp. 3. 7 lesen wir in der neuausgabe: tum nö äßraom
zaotast$, d. i. „du, o athravan, sollst unser zaotar sein". —
Geldner hatte früher (Studien I, s. 142) mit K 4 zaotasti
lesen und sti als 2. sing. imp. akt. zu as~ erklären wollen;
aber diese form könnte doch nur zdl lauten, wie sie ja zu
j. 31. 17 auch wirklich überliefert ist. sts ist vielmehr der
imperativisch verwendete infinitiv zu as-; bildung und gebrauch
sind die gleichen wie bei mrüt$ im nächstfolgenden satz. In
den gatha's entspricht genau stöi, welche form den in Kuhn's
Zeitschrift XXVIII, 8. 21 unter XVI aufgezälten hinzu zu fügen
ist (Geld n er, ebd., s. 206), und zwar: j. 31. 8, 34. 4, 45. 10,
46. 16, 49. 2, 50. 2, 6*). In n. 3. 10 = jt. 24. 6, wo auf
j. 34. 4 angespielt wird, ist stöi durch st$ wiedergegeben: stöi
] ) Zu j. 33. 10 ist mit Geldner (in der neuausgabe) zu korrigiren.
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Arisches. 13
rapantf < st? rapantqm (so gegen die neuausgabe zu lesen;
vgl. die Varianten und meine beitrage, s. 127) x ).
2) Zur wurzel Ifiafr „wonen".
In v. 3. 24 steht aiwi.äöifine, in v. 2. 25, 33 °1{iöipne. Die
richtige form ist die one #. Man vgl. dazu die altpersischen
infinitive auf -tonaij: Icartanaij, kat° (für kant°), fräst (für
fast ), -pne und -tanaij deuten auf alten ablaut. Die wurzel-
form vor dem suffix ist die mittlere. — So erledigen sich die
zweifei SpiegePs in seiner vergl. grammatik, s. 166.
Eine dritte form dieses infinitivausgangs , nämlich -tanai }
wäre für av. fax&äne j. 33. 13 anzuerkennen, wenn ich mit
meiner erklärung des worts in ar. forschungen II, s. 42 recht
behalte. Anders urteilt Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXVIII,
s. 262. Ein sicherer entscheid wird sich kaum treffen lassen,
da das folgende verderbt ist.
IX. Arisch uai- „wollen" mit akk. und inf.
Unter „gebrauch des infinitivs" zitirt Whitney, ind. gram-
matik, § 982 b die vedastelle jdd Im usmdsi kdrtave kdrat tat
(RV. 10. 74. 6) und übersetzt sie „was wir getan wünschen,
das möge er tun". Dabei wird im als bedeutungsloses füllsei
betrachtet und der infinitiv in passivem sinn genommen. Das
avestische erweist diese Übersetzung als falsch und zeigt, dass
vielmehr Ludwig das richtige getroffen hat, der die stelle so
wiedergibt: „was wir wünschen, dass er tue, das füre er aus".
%08- „wollen" wurde im arischen so konstruirt: die person,
von der etwas gewollt wird, steht im akkusativ, wärend das
von ihr gewollte durch den infinitiv ausgedrückt wird. Die
avesüschen stellen, die das beweisen sind:
1) j. 34. 4: a]> toi ätrem . . usemahi . . stöi rapants 1ci-
firä-auanhem aj> . . daibiäfante . . dereätä.a$nawhem „von deinem
feuer wünschen wir, dass es dem der zu dir (oder uns) hält,
augenfällige hülfe gewäre (wörtlich: gewärend sei), aber an
dem, der dich (oder uns) befeindet, sichtbare räche übe". Zu
rapantf vgl. j. 28. 2 und meine beitrage, s. 13. stöi ist infinitiv
zu as-, cf. oben s. 12.
*) Als das stück geschrieben wurde, war offenbar das genaue ver-
sUndnißs der gatha's bereits erloschen. Der fall steht keineswegs ver-
einzelt. — Eine Übersetzung der gathastelle ist unter IX gegeben.
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14 Chr. Bartholomae
2) j. 50. 2: je hlm ahmüi västrayaitim stöi usiäjt „der
von ihr, der weidereichen, wünscht, dass sie ihm zu teil
werde", stöi wie oben. Im übrigen vgl. verf., ar. forschungen
II, s. 162.
3) j. 46. 16: j$ng usyalii uMä stöi (Geldner unrichtig
uitäjtöi) „von denen wir wollen, dass es ihnen nach wünsch
gehe", stöi wie bei 1 und 2. uätä ist lok. sing, zu uMii.
Aus dem veda ist mir ein weitres beispiel für diese Verbin-
dung nicht bekannt.
X. Arische lokative mit r.
Vgl. dazu Scherer, zur gesch. d. d. spräche 2 , s. 468;
Persson, studia etymologica, s. 113.
1) Av. zemare „in der erde", im kompositum zemarguzö.
Ueber die bedeutung des worts „in der erde sich verbergend"
war man niemals in zweifei; aber zemar blieb unerklärt Justi,
handbuch, s. 363, § 83. 4 wollte es gleich *zemas — gen. sing,
oder akk. plur.? — setzen. Dem steht aber sowol die laut-
lehre als die syntax entgegen: letztere weil güz- doch nur mit
dem lokativ, oder höchstens — in der bedeutung „verhüllend"
— mit dem instrumental verbunden werden kann; vgl. z. b.
RV. 2. 11. 5, 10. 32. 6, 5. 63. 4 u. a. m. Spiegel, kommentar
II, 8. 95 meint: „zemare, das nur in dieser Verbindung vor-
kommt, ist eine nebenform von zem- und lautet wol ursprüng-
lich zeman". Aber auch dabei wird man sich schwerlich
beruhigen können. Denn das dürfte ja heute wol allgemein
zugestanden werden, dass durch den ansatz von so und so viel
verschiedenen (angeblichen) Stammformen das verständniss der
flexion und Wortbildung nicht um das mindeste gefördert wird.
[Neuerdings hat wol auch Spiegel eine andre ansieht über
zemar, da es sich in seiner vgl. grammatik, s. 168 f. unter 11)
nicht vorfindet] 1 ). — Nach dem metrum in j. 9. 15 wurde
zemargüzö dreisilbig gesprochen, e ist also svarabbakti. Man
vergleiche zu zmar den ai. lokativ gmdn, worüber ein folgender
artikel handeln wird.
2) Ai. vanar „im wald, im holz", in den komposita vanar-
*) Ich bemerke bei der gelegenheit, dass das dort aufgeförte Wjtara-
niebt ein saffiz ara- enthält, sondern jedenfalls in sru+bara- „hörn
(-haut) tragend" zu zerlegon ist; vgl. gada^arö.
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Arisches. 15
ff us, vanarsddas, vanarsddam. Nach Whitney, ind. gram-
niatik, § 176 c wäre vanar unregelmässige sandhiform für vanas.
Offenbar ist dabei an vdnaspätis gedacht Aber auch hier ist
das erste glied eine kasusform, nicht ein stamm. Dafür spricht
schon die betonung des worte auf beiden gliedern, welche nur
in uneigentlichen, durch zusammenrückung entstandenen kom-
posita altberechtigt ist, wie in bfhaspätis, gndspdtis, gäspdtis,
sündhs&pas u. a. vdnas ist gen. sing, zu van-, das deutlich genug
in vqsu und vandm — av. vanqm (v. 5. 24) vorliegt; wegen
des akzents auf der Stammsilbe vgl. Lanman, Journal of the
am. or. soc. X, s. 479. Und ebendazu gehört als lokativ auch
jenes vanar. 1 )
3) Ai. war „in der frühe", im kompositum usarbhüt. Die
tirform des worts ist entweder mit *us-er oder warscheinlicher
mit *u8-s-tr anzusetzen; vgl. vatsar no. 12) und dazu Collitz,
Bezzenberger's beitrage X, s. 23, verf., beitrage, s. 155. —
Alle andern formen mit r, wie usrds, usräm, usrd- sind auf
jenem alten lokativ aufgebaut. Zu ihrer bildung hat zweierlei,
einzeln oder zusammen, anlass gegeben. Einmal: usdr konnte
leicht den gewönlichen lokativausgang i hinzu erhalten — cf.
usri oder, wie nach dem metrum zu lesen, us&ri (Lanman,
a. o., s. 420, 427); gr. tjqi aus *ausM; dazu J. Schmidt,
Kuhn's Zeitschrift XXVII, s. 308 — , und an diese form schlössen
sich dann eine neue flexion und neue Wortbildungen an. Und
zweitens: das nebeneinander von komposita, welche einen stamm,
und von solchen, welche eine kasusform als erstes glied hatten,
konnte sehr leicht dazu füren, dass man jene kasusformen „als
stamme auffasste", d. h. nach dem nächsten besten vorbild
weiter deklinirte. Es ist das ein für die flexion und stamm-
bildung nicht unwichtiges moment, das, wie mir scheint, noch
nicht die gebürende Würdigung gefunden hat. So gab z. b.,
um beim indischen zu bleiben, prtsu-tursu neben prt-sutis den
anlass zur bildung von piisusu; divö-gas in Verbindung mit
nabhögds erzeugte den „stamm" (divas- und) divasa-, der be-
kanntlich in der altern spräche noch nicht zu finden ist;
u. s. w.
4) Ai. vasar „im früling u , im kompositum tasarha RV. L
122. 3, einem beiwort der frülingsäquinoktialstürme; pörigmä
*) dnarviid ist junge nachbildang. Ebenso räthaspdtif.
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16 Chr. Bartholomae
geht auf Vata oder Rudra; vgl. dazu Zimmer, altind. leben,
8. 372 f. Die basis ist idg. %es-, in vollerer gestalt vis-, welch
letztere in lat. ver und an. vdr vorliegt, sowie in gr. elcrp, d. i.
EAP = nctQ. — Das avestische vavkri „im früling" *) verhalt
sich zu vasar wie usri zu usar; cf. oben. Zum griech. akk.-
nom. eaQ vgl. die bemerkungen zu 3). — S. noch vasantd-,
worüber später.
5) Ai. dhar „am tag", auch im kompositum dhardivi (vgl.
La n man, a. o., s. 488) und in äharahar (ein ämröditam wie
djdvidjavi). Die basis ah- liegt auch im lokativ dh-an „am
tag" vor (cf. unten), und vielleicht im genetiv dha (= dhas)
an der unklaren stelle RV. 6. 48. 17. — Ueber dhar als akk.-
nom. cf. eaQ unter no. 4).
6) Av. kanare „in der ferne, fern von — , one" (mit abl.).
Zur bedeutung vgl. avev&e. — Das dem av. hanare zu gründe
liegende idg. sen-, bzw. s#-, s#n~ findet sich noch in ai. san-u-
tdr, san-i-tdr u.a., lat. sin-e*) [und sin-is-ter?*)], mhd. sunder,
und wol auch, trotz des Spiritus lenis, in gr. a-teQ (cf. Bugge,
Bezzenberger's beitrage III, s. 128), av-ev und av-ig.
Was avev und Svlq anlangt, so halte ich letzteres für eine
alte instrumentalbildung mit -Is, wie solche am deutlichsten
im avesta vorliegen, z. b. in bau nämsniä; literatur hierüber
bei verf., beitrage, 8. 74 4 ). Ebensolche bildungen sind noch
SliQ „in häufen", x w Q^ „ausser" — das selbstverständlich mit
ai. hurds, hurük, hiruk b ) zusammengehört — u. a. m. — avev
*) So lautet die form. °ra bei Justi beruht auf einem irrtura, der
freilich jetzt kaum mehr auszurotten sein wird, nachdem er schon minde-
stens ein dutzend mal wiederholt worden ist. *) Die alte ableitung
von sine aus sl+ne hat zwar jüngst wieder eine neuen anhänger ge-
funden (Iw. Müller'8 haudbuch II, 8. 196), ist mir aber darum nicht war-
scheinlicher geworden. — Das t von sine, statt a, erklärt sich aus pro-
klise. Im übrigen verhält sich situ zu avie genau wie lat. pote (est) zu
potis (est), 8 ) Also eigentlich „abgelegener"? — Die Prellwitz'sche
Zusammenstellung von sinister mit dquttSQog (Gott. gel. anzeigen 1886,
s. 760) kann ich auf keinen fall billigen, vgl. dazu Bezzenberger's bei-
trage XIII, 8. 69. *) Dasselbe suffix liegt gewiss auch in den gewon-
nenen instrumentalformen der o-stämme vor. In alter zeit waren ver-
mutlich instrumental und soziativ auch formell geschieden, -is in av.
numerus verhält sich zu -a*is in ai. devdis wie -s im gen. sing, zu -m, -os
und -d im abl. sing, zu -od; cf. Brugmann, grundriss I, s. 409 n.
ö ) ir, ur = fr. Das auslautende k geht auf altes ks y wie es in gr. anal
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Arisches. 17
halte ich rar eine lokativform zu dem in ai. sanutdr und
sdnutjas steckenden idg. *senu, *s&nu (s. unter no. 15). -«;
entspricht entweder dem ai. -ö in sänö, av. -ö in peretö, ap. -auv
in margauv (cf. verf., Bezzenberger's beitrage IX, s. 308,
XIII, s. 83), oder aber es geht auf die antekonsonantische
satzform für -ijv = ai. -äu; vgl. Bezzenberger, nachrichten
d. ges. d. w. zu Gott 1885, s. 160 ff. und dazu Zeig gegen
ai. djatis u. a. *).
7) Ai. 8asodr „im verborgenen, heimlich" =» av. hamihare,
im kompo8itum hanühareMatem „den im verborgenen lauern-
den" (verf., beitrage, s. 164). Die grundlage sas-, sas-u vermag
ich sonst nicht nachzuweisen; vgl. übrigens no. 16). — Eine
ableitung von sasvdr ist das adverb sasvdrtä, instr. sing, zu
°ta-. Zur bildung vergleiche man muhürtdm neben mühur und
av. pataretafibia, no. 11) und 14).
8) Av. Üare „im schuss, sogleich", auch im kompositum
iäareätäitfa. Zur basis iä- vergleiche man ai. d?rf- „hineilend",
sVa- „das hineilen" und isu? „pfeil".
9) Ai. sdbar „im augenblick, alsbald", im kompositum
sabardhük, > gr. aqxtQ. So nach dem Petersburger Wörter-
buch; anders Grassmann, Froehde, Bezzenberger's beitrage
n£()i£, ptra$-v> lat. mox, ai. makf-ü u. s. w. vorliegt; s. Kissling, Kuhn's
Zeitschrift XVII, s. 216.
*) Es steht letztere anname allerdings im widersprach mit dem von
Me ring er, Kuhn's Zeitschrift XXVIII, 8. 281 aufgestellten lautgesetz:
„idg. ausl. -äu wurde vor konsonant im satz zu -ö", und entsprechend,
wie man hinzufugen muss, -eu zu -e, -äu zu -5. Wie aber erklären sich
dabei ai. gäü?, djätif, näüf = gr. ßovg, Zeve, vavs? Satzinlaut und wort-
inlaut lassen sich ja doch nicht trennen. Die sache ist, wie mir scheint,
noch nicht genügend aufgeklärt. Vielleicht spielt der akzent oder die
akzentart dabei eine rolle. Oder war der wandel von -5u zu -a ursprüng-
lich etwa auf den absoluten auslaut beschrankt, oder auoh auf die Stel-
lung vor einzelnen bestimmten konsonanten? [Vgl. dazu W. Schulze,
Kuhn's Zeitschrift XXVII, s. 428 und Bezzenberger in seinen bei-
tragen Xu, s. 79.] — Zu dem satz a. a. o., s. 2S2, z. 18— 17 möchte ich
mir eine kurze anfrage erlauben. Meringer sagt daselbst: durch germ»
ahtau, ai. Oftäü und gr. oxtcj, lat. octo „ist der idg. sandhi 5, äu er-
wiesen, dessen Spiegelbild im sandhi des rk noch ganz klar ist, wenn es
8. 2. 41 heisst atfa paräh, aber 1. 126. 5 Offav aridhqjosö«. Ich bitte
Meringer RV. 1. 35. 8a und 10. 72. 8a nachzuschlagen und frage, ob
er auch dann noch von der völligen treue des Spiegelbilds im sandhi des*
RV. überzeugt ist.
Beiträge i. tande d. Iniig. gpncbon. XV. 2
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18 Chr. Bartholomae
X, s. 294 f. und Ludwig, rigveda IV, s. 361 f., (dessen ver-
gleichungen an den lautgesetzen scheitern.) b neben q> (aus bh)
kann auf eine ursprachliche differenz hinweisen, vgl. yewq >
ai. hdnu§ u. 8. w.; es kann aber auch im kompositum mit
d(h)ugh- nach bekanntem gesetz aus bh hervorgegangen sein.
Der Spiritus lenis in aqxxQ erklärt sich wie in I^w, ed-og u. a.
— Die basis mbh- findet sich noch in acp-va), h£-atq>-wjQ u. 8. w.,
Weiterbildungen aus einem alten, mit sabar > cl<pccQ gleich-
bedeutenden n-lokativ; vgl. zetnar > gtndn unter no. 1).
10) Ai. pünar „wiederum". Es liegt nahe genug pün-ar
mit gr. naX-iv zusammenzustellen und auf *pürar = idg.
*p#°, d. i. gr. naX°, zurückzufiiren. Aber dann hätte man not-
wendig anzunehmen, dass in alter zeit die urindische gruppe
r+ vok. +r durch einen dissimilationsvorgang zu n+ vok. +r
geworden sei: eine anname, die an den perfektformen wie
anarsat u. 8. w., bei denen ja allerdings r für n zu erwarten
wäre, doch wol nicht die genügende Unterstützung findet 1 ).
Das iranische lässt uns leider im stich.
Was das gr. ndXiv anlangt, so ist es jedenfalls auch eine
lokativbildung, und zwar mit dem suffix -in, das ausser in ai.
asm^in, jdsm-in etc., gr. &p-iv y te-iv etc. noch in gr. TtQiv, itQb
vorliegt 2 ). Die avestischen formen ahmt neben ai. asmin, fwl
(?; verf., ar. forschungen III, s. 28) neben vetv, sowie lesb.
afAfu neben yfuv, sind wol unter dem einfluss der gewönlichen
lokative auf i entstanden.
11) mühur „im nu". Das auslautende ur geht auf ar. -p*;
vgl. dazu ai. sanitär neben sanutdr. Davon abgeleitet ist mu-
hürtdm, mit ür aus f. Entsprechende bildungen s. unter 7)
und 14). — muh- steckt auch in mühu, muhü und muhukdm.
Einige andre formen gleicher art sind zwar nicht selber
überliefert, lassen sich aber aus überlieferten Weiterbildungen
dazu erschliessen. Diese Weiterbildungen können in eine sehr
frühe zeit zurückgehen. Ich will darum keineswegs behaupten,
*) Anderseits freilich sind es auch nur ganz wenige Wörter, die direkt
dagegen sprechen; im RV. ausser reduplizirten wie räränas u. s. w., die
sich leicht als neubildungen erklären Hessen, nur kuri'ram, iarärus und
idnram. *) Und wol auch in osk. hürfin — {ipol : Ipfo, ai. tve : rCv
sa *x6qtoi (otxoi) : hurtln] — und in lat. alioqutn.
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Arisches. 19
dass die im folgenden aufgefürten erschlossenen r-formen im
indischen oder iranischen noch wirklich vorhanden waren.
12) Ai. *vatsar „im jar", enthalten in vatsard-, vateartna- *)
(im RV. und AY. nur in Zusammensetzungen). Die basis ist
vätas- — gr. /hoc-; cf. Brugraan, Kuhn's Zeitschrift XXIV,
s. 12. Die von den indischen grammatikern aufgestellte ablei-
tung von vatsard- aus vat- mit dem suffix sard- bat es nicht
verdient, ernst genommen zu werden, vatsar verhält sich zu
vatas- genau so wie usar zu u$as-, s. no. 3). sqvdtsam u. s. w.
erklären sich durch übertritt in die a-deklination. Endlich,
das ganz spät erst auftretende sqvat ist doch gewiss ein von
den grammatikern verfertigtes wort, vgl. das Petersburger
Wörterbuch.
13) Av. *^äapare „in der nacht", enthalten in bifoaparern,
prtfäaparäji u. a. Die basis ist käap~, fem.; so in ai. k§apd,
ksapds = av. föapä, föapö u. a. m. Neben den r-formen hat
das avesta auch solche mit n, z. b föapanö, föafnö etc., welche
einen alten w-lokativ *käapan voraussetzen, der im altpersischen
%äapa-vä erhalten ist*).
14) Ai. *patar = av, *patare „im flug", enthalten in
patardm etc. und in pataretcßibiß , das sich hinsichtlich seiner
bildung mit ai. sasvdrtä und muhürtdm deckt, cf. no. 7) und 11);
av. ar ist ar. ar oder f (= ai. ir, er). 8 ) — Ueber einen gleich-
bedeutenden w-lokativ später.
15) Av. *na%tare „in der nacht", enthalten in nafytourtiäu
v. 7. 79. (So jedenfalls die richtige lesart; die handschriften
haben meist nafyuruiu.) Die basis ist naht-, fem.; sie liegt
deutlich vor in : ai. ndk = lat, nox, ai. ndktam — lat. noctetn,
SA.ndktä > gr. Kwtw (vgl. hiezu Meringer, Kuhn's Zeitschrift
XXVIII, 8. 230 f.). Die schwache form zu nakt- ist natürlich
*) Zu dessen bildung cf. gr. iaqwos, vvxreQWos. *) Ai. ktapabhis
RV. 4. 53. 7 — kfapabhir dhabhii ha — wird naoh der Schablone aus
einem thema kfapd- erklärt, ist aber gewiss nichts andres als der mit
dem pluralsuffix versehene instr. sing, foapa. Vgl. auch av. \iapäj<wnö
und die bemerkungen zu 3). Das arische &am- „sommer", mask., = av.
harn- (cf. verf., ar. forschungen II, 8. 113 f) ist durch die Vermittlung
des instr. *samä = av. hama im altindischen völlig ins farwasser der
ä-deklination geraten; cf. »dm am, bahnt 'h »dmä». ■) Dazu gehört jeden-
falls auch av. frapteregätam , das fra-ptere-g&4-qm zu teilen ist, gä ist
schwache wurzelform zu gan-; das suffix ist t; falsch verf., beitrage,
s. 164.
20 Chr. Bartholomae
akt- (aus vfo), wie sie sich in ai. akta 1 ), aktäü u. a. findet,
die man gewönlich aus ang- „salben" herleitet. Das richtige
hat J. Schmidt, Kuhn's Zeitschrift XXVII, 8. 304; 8. auch
Ludwig, rigveda IV, 8. 22. — Zu av. naftouruäu vergleiche
man gr. vvxreQivog und lat. nocturnus, sowie gr. vvxtwq „nachts",
das sich dem av. naftare völlig gleichsetzen lässt, wenn man
*noktf als gemeinsame grundform annimmt
Eine stark abweichende erklärung von vvxtioq etc. gibt
J. Schmidt, a. a. o. XXVI, s. 18. Dabei wird von der an-
name ausgegangen, nokt- sei ein alter neutralstamm. Aber
diese anname ist meines erachtens nicht zu halten. Wenn
nokt- vielfach nach der «-deklination flektirt wird, z. b. ai.
naktdbhis, so beweist das für das geschlecht nicht das mindeste.
Die überfurung konsonantischer stamme in die n-deklination
ist durchaus nicht auf das neutrum beschränkt. Man vgl. z. b.
av. hauruqm Japanern neben hamajfi, föapö (oben no. 13) zu
dem stamm Wap-, der sicherlich von haus aus feminin ist. Im
ganzen rgveda und atharvaveda gibt es nur eine einzige form
an einer stelle, die man für die J. Schmidt'sche anname, dass
nokt- ursprünglich neutral war, geltend machen könnte: d. i.
ndktam in RV. 1. 90. 7, wo es als nominativ fungirt 2 ). Es
ist aber kaum zweifelhaft, dass mit rücksicht auf das folgende
usdsö ein nom. plur. herzustellen ist, das wäre ndkta (utä
u§asö) « gr. vvxzeg; vgl. auch RV. 2. 2. 2, wo ndktir u$dsö
verbunden sind. Die ändrung von ndkta in das geläufige ndktam
— des hiatus wegen — ist den rezensenten gar wol zuzutrauen.
Aus dem gleichen gründe wurde nachRoth's ansieht auch der
akk. dual, näktä zu RV. 8. 27. 2 in ndktam umgeändert. An
allen übrigen stellen des RV. und AV. ist ndktam akk. sing,
und zwar im sinn von „nachts" 8 ). Warum aber das gerade in
ndktar+m zerlegt werden soll, vermag ich nicht einzusehen. 4 )
*) RV. 1. 62. 8. Es ist wol zu lesen :
kfsni'bhir akta usäsä rusadbhir \
mit dem gewönlichen rhythmus
TT \J , \J\J O TT | •
akta wäre also dualform. a J Nach dem Petersburger Wörterbuch wäre
ndktam auch hier adverbial; s. unten. •) Auch RV. 4. 30. 3. Ludwig:
„als du die tage ausbreitetest des nachts* 1 . — Statt 6. 23. 10 im Whit-
ney'schen index ist £.23. 1 zu lesen. *) Dem ai. naktajä zu liebe hat
man überflüssiger weise auch noch einen ö-stamm nakta- aufgestellt, zu
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Arisches. 21
Ganz zweifellos feminin ist der nom. sing, ndk RV. 7. 71. 1:
dpa sväsur usdsö ndg gihits, rindkti kr§7%ir . . . ndk ent-
spricht genau dem lat. nox. Die herkömmliche erklär ung von
ndk ist freilich eine andre. Danach soll es auf einen stamm
nds- zurückgehen, den man eigens und allein für ndk aufge-
stellt hat; cf. Lanman, a. o., s. 489 f. — Warum? Grass-
mann erinnert an gr. vv%a, rv%tog etc. Darauf ist aber nach
meiner meinung gar nichts zu geben Die Wörter mit w%-
statt w%%- sind in alter zeit noch nicht häufig anzutreffen —
bei Homer steht nur 7tavwxog, navvvxioq und av%ow%l [0 192,
man beachte den rhythmus _u^_] — und ihr % macht es so
gut wie gewiss, dass sie ihre entstehung dem gleichklang des
nominativs wf mit owg zu verdanken haben. Die hauptstütze
für den ansatz des Stammes nas- bilden «w- und nim- „nacht".
Aber auch sie ist sehr gebrechlicher art. Zunächst, meine ich,
sollte schon jedem, der nicht etwa auch heute noch in -der
anschauung befangen ist, dass jeder beliebige a-laut zu jeder
beliebigen zeit sich zu i „schwächen" könne, der vokalismus
die Zusammenstellung von nas- mit nis- in bedenklichem licht
erscheinen lassen. An die erklärung in Gurtius- Studien IX,
s. 395 glauben Brugmann und J. Schmidt, der sich noch
in Kuhn's Zeitschrift XXV, s. 1 auf sie berief, vermutlich selbst
nicht mehr. Dazu kommt aber weiter die doch recht auffallige
tatsache, dass jenes angebliche nas- sich nur einmal in einer
alten rgvedahymne vorfindet, nis- aber erst ungefar ein jar-
tausend später auftritt. Das beruht meines erachtens nicht auf
blossem zufall, sondern darauf, dass nis- in der tat erst ganz
spät gebildet worden ist Will man nis- unter einer wurzel
dem naktaja den unregelmässig akzentuirten instr. sing, bilden soll.
Aber in der tat ist für keines der adverbien auf -aja (bei Whitney,
a. o., § 1112e) ein ö-thema nachweisbar. Meines erachtens zerlegt sich
ai. •ajä in -a+% (lok. sing, der a-deklination) + ä (postposition); cf. ai.
svapnaja > av. zartaja, ap. dastajä. Von den a -stammen aus übertrug
sich der ausgang -ajä auch auf konsonantische; cf. ai. äsaja, naktaja,
kpnajäy fmqja (RV. 7. 39. 3 : gmaja dtra „auf der erde hier", pada falsch-
lich gmaßs), hrdajävidhas (RV. 1. 24. 8, pada falschlich hrdajävidhas).
Endlich wurde aus der gleichung -am : -um = -aja : x für die g-dekli-
nation ein -«ja erschlossen, cf. ai. ähtja, uruja u. a. Das alles geschah
bereits in arischer zeit, wie av. äsuja, vanhuja beweisen. Vgl. noch ay.
awrajä, vjänajä (beide in den gatha's), %aja = ai. ubhajä, asaja > ai.
ftqja u. a. Ai. madhja ist wol aus *madhjqja hervorgegangen.
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22 Chr. Bartholomae
einstellen, so hat man es zu iir, täte zu ziehen. Das part. perf.
pasß. dazu, mit dem präfix ni, nüüa- bedeutete „sich nieder-
gelegt habend 1 ' — „rastend"; im RV. sind belegt dnisitam
„rastlos" und änmtasargäs „die rastlos strömenden" 1 ). Sub-
fitantivirt erhält ntiita- später die bedeutung „rast, rastezeit,
ruhezeit, nachtzeit". In diesem sinn ist niMtäjäm in TS. 2.
2. 2. » gebraucht, und die gleiche bedeutung haben die später
auftretenden Wörter nisithd- und ntiUhjä- — die ja auch schon
im Petersburger Wörterbuch ganz richtig von Si-+ni abgeleitet
werden — , sowie nisitha-. Weil aber sonst die Zusammen-
setzung von täte mit ni nicht üblich war, ging das geful für
die Zusammengehörigkeit von nfyita- mit täte zeitig verloren.
Und da verfürte nun die scheinbare gleichartigkeit von ntäta-
mit — beispielsweise — karita- zur bildung des neuen worts
nitä-, weil neben Icarita- in ungefär gleicher bedeutung auch
1carä- gebraucht wurde, und dann stellt sich weiter zu nitä-,
wiederum nach alten mustern, noch nis- u. a. ein. Vgl. Dief-
fenbach, vgl. Wörterbuch d. got. spr. II, s. 94, wo es bereits
ausgesprochen ist, dass nis-, nisa- zu täte gehöre. Aber sein
richtiger gedanke wurde verworfen — cf. Benfey, Kuhn's
Zeitschrift IX, 8. 114 — und schliesslich, wie es scheint, ganz
und gar vergessen.
Als weiteres beweismittel dafür, dass nokt- ursprünglich
sächlichen geschlechts gewesen sei, wird von J. Schmidt
ai. näktif angefürt sammt den übrigen /-formen, die sich nur
unter der Voraussetzung eines alten akk.-nom. sing. *nökt-i
erklären Hessen. Meine ansieht weicht auch in diesem punkt
ab. Neben den /-formen wie ai. näkti$ laufen auch w-formen
her, z. b. ai. aktäü, aJeto?, lat. noctu, noctua, lit. naktvyne,
naktvö/u u. a. Es scheint mir, dass die erklärung beider
formenreihen an demselben punkt einsetzen muss. Der über-
tritt von nokt- in die j-deklination kann sehr leicht vom lok.
sing. *nokti aus erfolgt sein, der jedenfalls schon in der
Ursprache nicht selten als erstes glied in Zusammensetzungen
*) Av. äsüä.gätüm j. 62. 5 = jt 19. 39 zerlege ich in ä (= gr. vrj
in vrjnios, vrjnvriog etc.) +*äö+^°, d. i. „ruhelosen gang habend, ruhelos
wandernd". Geldner's einwendung gegen diese fassung von gätus —
Kuhn's Zeitschrift XXV, s. 622 f. — ist nicht durchschlagend. Man ver-
gleiche auch Hübschmann, ebd. XXVII, 8. 100.
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Arisches. 23
auftrat; vgl. gr. wYxiKa^Ttr^, lat. noctiluca, ahd. nahtigala,
welche mir ein ursprachliches muster mit *nokti° vorauszu-
setzen scheinen. Wie aber von solchen komposita ausgehend
die Umgestaltung alter flexionen vor sich ging, ist oben unter 3)
gezeigt worden. — Nun gilt es mir aber kaum für zweifelhaft,
dass in der Ursprache neben den lokativen auf i (und i) auch
solche auf u (und ü) üblich waren; vgl. Thurneysen, Kuhn's
Zeitschrift XXVII, s. 177, verf., Bezzenberger's beitrage XIII,
s. 85. So finden wir im altindischen zu der basis sen-, wozu
av. han-are, gr. av-ig, lat. sin-e (oben no. 6) nebeneinander die
lokale sani und sanu, enthalten in sanitär und sannt dr, welche
daraus mit dem suffix ter weitergebildet sind, wie ai. prärtdr
aus *prä > ahd. fruo } gr. itqta-l y wie av. pärentare (Jenseits")
aus parem = ai. pärdm u. a. Weitere altindische beispiele des
u-lokals sind: anuffhti „im folgenden, sogleich" (zu anu$fhä-);
tnühu neben mühur; mtthü „im Wechsel" neben miihds u. a.
So stand auch neben *nokti ein *noktu, oder — aus dem
schwächeren stamm gebildet — *$1äu. Diese form fürte aber auf
dem selben weg zur #-deklination, wie *nokti zur jt-deklination.
Man vergleiche dazu das oben besprochene avev gegenüber dem
ai. santi(tdr); ferner ai. maksü'bhi?, instr. plur. zum lok. mak?ü\
Das lateinische noctü geht entweder direkt auf ein ursprach-
liches *noktü, mit langem ü, zurück — cf. ai. mak?ri neben
mak$u u. a. — oder es erklärt sich wie avev. Das gegenstück
zu noctü: diu ist aus *divü hervorgegangen und verhält sich zu
ai. diviy gr. Jd genau so wie noctü zu wxt/ 1 ).
So lä8st sich denn schliesslich zu gunsten der anname,
tiokt- sei ursprünglich neutral gewesen, nur noch vm%wq an-
füren. Aber vvxt(oq würde doch nur dann etwas beweisen,
wenn es sich zeigen Hesse, dass es akk.-nom. sei. Tatsächlich
jedoch kommt es nur in der bedeutung „nachts" vor, entspricht
also in jeder hinsieht dem av. *naJjtare, cf. oben. Dass vvxtwq
mit vScoq und den übrigen akk.-nom. gleicher art (bei G. Meyer,
griech. gramm.', § 335) im ausgang zusammentrifft, ist natür-
lich kein beweis dafür, dass es seiner bildung nach damit
identisch ist. Uebrigens spielt der r-lokativ auch bei der er-
klärung, wie die verschiedenen flexionen der wörter für „wasser"
] ) Anders urteilt über diu J. Schmidt, Kuhn's Zeitschrift XXVII,
8. 808, one jedoch sieb über die länge des u zu äussern.
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24 Chr. Bartholomae
zu stände gekommen sind, eine nicht unwesentliche rolle. Hier-
über später.
16) Av. *mifrware „im Wechsel, parweise", vorliegend in
mij>wair$ v. 2. 28, 36, wenn die lesart richtig ist Die basis
ist zunächst *tni$u > ai. tnithü (s. s. 23) und weiter *miß- ==
ai. milh-; vgl. dazu sasvdr no. 7).
17) Ai. *sünar = av. *hunare?, enthalten in ai. sündras,
sünftä, av. hunarä, hunaretätä; vgl. dazu no. 7), 11), 14).
Neben *hunare findet sich auch *kunairi — wie usdri neben
Ufar, no. 3) — , enthalten in hunair%-än1cim. Die erklärung
der Wörter bietet grosse Schwierigkeit, um so mehr, als auch
die bedeutungen in beiden dialekten nicht unwesentlich aus-
einandergehen. Die herkömmliche Zerlegung von sündras in
sü „gut" + ndra- „mann" ist jedenfalls verkehrt.
Die besprechung einiger andrer formen, wie z. b. räzars
neben räzöng und ai. rägdni, av. ajßrl neben aj$n u. a. behalte
ich mir für eine spätere abhandlung vor, die sich mit den
n-lokativen beschäftigen soll, wie z. b. ai. gmdn > av. zemare,
ai. dhan > dhar, vasan-täs > vasar, pata*-gd? > av. patare4a°
u. 8. w.
Auf die nichtarischen dialekte will ich nicht weiter ein-
gehen, als es im vorhergehenden durchaus geboten war. Die
Schlussfolgerungen liegen ja auf der hand. Wenn sich z. b.
neben ai. sdmäs, av. hatnö etc. — stamm idg. sem~ — arm.
atnarn, ahd. sumar stellen, so ergibt sich daraus, dass auch
von diesem stamm in alter zeit ein r-lokalis im gebrauch war.
Unzweifelhaft war das kasussystem der indogermanischen
Ursprache ein weit ausgebildeteres und manichf altigeres, als es
die heutige Sprachwissenschaft annimmt, die sich leider noch
immer allzusehr von indischer Schulweisheit beeinflussen lässt.
Gewiss haben jene unrecht, die der weit einreden möchten, ein
linguist von heute habe eine eingehendere kenntniss der indi-
schen grammatik nicht mehr von nöten. Anderseits jedoch ist
auch die forderung berechtigt, dass die indische grammatik
ihres einseitigen Charakters entkleidet und in sprachwissen-
schaftliche beleuchtung gerückt werde. Man vergegenwärtige
sich nur z. b. die kümmerliche art, in der die lautlehre be-
handelt wird. Aber freilich, es scheint, als ob die Sanskritisten
weniger denn je geneigt wären, jenem berechtigten verlangen
rechnung zu tragen. Die folge wird die sein, dass sich die
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Arisches. 25
oben erwänte meinung über den wert des sanskritstadiums
mehr und mehr verbreitet.
[Eingesant: 16. marz 1888.]
XL Arische lokative mit n.
1) Ai. ksätnan, kpäma, gmdn „auf der erde"; letzteres auch
im kompositum pdrigman.
Die Zusammengehörigkeit der im Petersburger Wörterbuch
unter 2 k#am-, 2 kfä-, k?mä-, 2 gam- und gman- aufgefürten
Wörter ist meines erachtens unbestreitbar. Ai. k?majd und
gtnajd 1 ) lassen sich so wenig von einander trennen, als %d-a^aX6g
und xwqlos im griechischen, vgl. auch Colli tz, Bezzenberger's
beitrage X, s. 16. Aber die meinung, die ich in meinen ar.
forschungen II, s. 54 f. über die ursprachlichen formen vorge-
tragen, bedarf der richtigstellung. Denn es ist in keiner weise
warscheinlich zu machen, dass gzhm zu ghm geworden sei.
Notgedrungen müssen wir von zwei ursprachlichen formen-
reihen ausgehen, einer — arischen — mit anlautendem zg und
einer — europäischen — mit zgh, beide mit palatalem g; der
unterschied ist derselbe wie bei gr. y&vg > ai. Mnu?, gr. piya
> ai. mdhi, gr. iyd > ai. ahdm, ai. maggd > nhd. mark
(verf., Kuhn's Zeitschrift XXVII, s. 352 f.) u. a. m. (s. die
literaturangaben bei Brate, Bezzenberger's beitrage XIII, s. 52).
Von den anlautsgruppen zg, zgh ging der zischlaut in enger
Satzverbindung nach z (aus s) verloren (von Fierlinger,
Kuhn's Zeitschrift XXVII, s. 196 anm.): so ergaben sich weiter
die anlaute g und gh. Zu diesen zwei paren kommt endlich
noch ein drittes. In bestimmten fallen des satzsandhi nämlich
wurde die anlautsgruppe zischlaut + verschlusslaut umgestellt
(cf. verf., Bezzenberger's beitrage XIII, s. 63): dabei entstanden
gz und gzh. So haben wir denn auf der einen, arischen seite:
*9* 9 Z > 9 ■" ai - 9> *?; 9 > *▼• z ) fij*) z \ *rf der andern, euro-
päischen: zgh, gzh, gh «=» gr. [<rx,]*) x#, X- — Wie ai. gmäs
und prthugtndnam zu ihrem guttural gekommen sind, vermag
ich nicht zu zeigen; cf. Brugmann, grundriss, 8. 344 f.
a) AL gmdn wird in den Wörterbüchern von gmä*), gmds
*) S. s. 26, anm. 2. *) Nicht nachzuweisen. Vielleicht ist gr. 2*a-
[iavd(>o$ hieher zn ziehen. Im übrigen vgl. verf., ar. forschungen III,
b. 36. *) s av. zemä, beide in gleichem sinn gebraucht „auf der
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26 Chr. Bartholomae
etc. auch seiner bedeutung nach getrennt 1 ) und als lok. sing,
eines maskulinen oder neutralen stamms gmdn „ban" erklärt
Die stellen selber aber sprechen ganz und gar dagegen. Cf.
RV. 7. 21. 6 - TS. 7. 4. 15. i, RV. 7. 60. 2, VS. 17. 6, TS.
4. 6. 1. a. — In RV. 7. 21. 6 lesen wir: abhi krdtvSndra bhür
ddha gmdn j nd fö vivjan mahimänam rdgqsi | . Die Über-
setzung „auf deiner ban u ist hier doch offenbar ganz nichts-
sagend. Vielmehr hat man gtndn als gegensatz zu rdgfysi zu
nehmen. Erde und luftraum werden wie so häufig, einander
gegenüber gestellt; vgl. z. b. RV. 7. 39. 3: gmajd dtra*) . . .
urdv antärikse. Es ist also zu übersetzen: „da hast du, o
Indra, auf der erde deine kraft erwiesen, und auch die luft-
räume vermochten deine grosse nicht zu fassen". Damit stimmt
auch die erklärung der kommentare: prthivjäm (RV.) und
asjäm bhümäu (TS.). - In VS. 17. 6 = MS. 2. 10. 1 büdet
gmdn den gegensatz zu vetase und nadifvä. Cf. tipa gmdnn
üpa vetase 'vabara nadipva \ dgne pittdm apam asi \\ , d. i. „auf
die (feste) erde, auf das röricht in den Aussen steig herab, der
wasser galle bist du, o Agni". Der kommentator fugt die er-
klärung hinzu: gman gmä pfthivl saptamja luk gmani prthivjäm.
Die stelle TS. 4. 6. 1. » ist offenbar eine verballhornung der
eben zitirten der VS. — Die zweite RV.-stelle mit gmdn, RV. 7.
60. 2: e$d sjd miträvarunä nflcdksä \ ubhe üd eti sü'rjö abhi
gmdn | besagt: „seht, dort kommt, o Mitra-Varuna, der Sonnen-
gott herauf, auf den sich der männer blicke richten, hin zu
erde". Cf. RV. 6. 52. 15 und Hübschmann, zur kasuslehre, s. 262 f.
— Die Verbindung von zerriä mit der präposition paiti — paiti aja zemä\
zemä paiti — setzt voraus, dass die alte bedeutung „über die erde hin"
völlig der „auf der erde" gewichen war. paiti wird sonst nirgend mit
dem instrumental verbunden; cf. Hübsch mann, a. o., s. 252.
*) Osthoff, roorph. untersuch. IV, s. 841 f. stellt es mit ägman- zu-
sammen. *) D. i. „auf der erde hier**. §maja ist selbstverständlich
die gleiche form wie kfmaja, und zwar ein lok. sing, wie äsaja } ndktaja
u. 8. w., cf. verf., oben s. 21 anm. Der worttext hat falschlich gmajah,
daher das Petersburger Wörterbuch „die ban verfolgend"; vgl. auch
nir. 12. 43: . . gmä pfthivü tasjäm bhavä ur° . .. Aber Sajana bietet
richtig pfthivjäm. — pdrigmqjdtUam RV. 8. 57. 8, wofür die aus-
gaben pari gmäj°, Sajana pfthivjäm sarvatö vjäpnuvantam , ist wol
pdrigmä jdntam zu teilen , und pdrigmä ist der bedeutung nach gleich
pdrigman zu setzen, cf. unten s. 27. Ueber den gebrauch von gma s.
oben s. 25, anm.
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Arisches. 27
beidem auf der erde". Was mit „beidem auf der erde" ge-
meint sei, wird gleich im folgenden in unzweideutiger weise
erläutert, wo der Sonnengott visvdsja sthätur gdgatas 1cä göpah
genannt wird. [Ludwig, rigveda IV, 8. 115 will hier gmdn '
als akk. du. nehmen. Das lässt sich grammatisch nicht recht-
fertigen. Aber seine bemerkung „die form gmdn war wol eine
aus uralter zeit beibehaltene 41 ist vollkommen richtig.]
Ebenso wenig bedeutet pdrigman „im umwandeln" oder
änliches 1 ). Ich halte das wort für eine zusammenrückung aus
pari „ringsum" und gmdn „auf der erde u . Es ist etwas ganz
gewönliches, dass zwei häufig und in bestimmter Stellung mit
einander verbundene Wörter unter einem akzent vereinigt werden.
Man vergleiche aus dem indischen solche komposita wie gas-
patim neben gäspdti?, das noch beide akzente hat; ferner dvan-
dva's wie indrägm neben indräsonUL Auch die betonung der
vokative von ausdrücken wie sünüh sdhasas (Haskeil, journ.
of the am. or. soc. XI, s. 64 f.) dürfte von diesem gesichtspunkt
aus zu beurteilen sein. — pdrigman bedeutet somit „rings
auf — , an — , bei der orde", eine bedeutung, mit der sich an
aüen stellen — RV. 1. 63. 8, 117. 6, 2. 28. 4, 38. 2, 4. 22. 4
— bequem auskommen lässt. — S. auch pdrigmä, zusammen-
nrckung aus pdri+gmä, oben s. 26, anm. 2.
Aus pdrigman „rings auf der erde" etc. geht ein adjektiv
pdrigmä, pdrigmänam hervor, in derselben weise, wie sich aus
ddhi rdthe „auf dem wagen" (RV. 10. 64. 12) das adjektiv
ddhiraiha- „auf dem wagen befindlich", wie aus d pathi oder
ä paiki'*) (j. 50. 4: apaipi) „auf dem wege" sich apathaj-
oder äpathi- „auf dem wege befindlich" entwickelt, wie ferner
im griechischen an h dijnq>, iv dogy sich evdrjftOQ, Hvdogog
angeschlossen haben. 8 ) Ebenso ist im avesta aus upairi zetnä
*) Ludwig übersetzt es ganz verschieden: „im luftraum", „im um-
gebenden [luftkreis]", „in der luft" und zweimal „o wanderer"; cf. rig-
veda I, s. 100, 146, II, s. 99, 22, I, s. 38. *) Zar länge des t vgl.
G. Meyer, griech gramm.*, § 847, 862 und ai. kartdrl, vaktdrt, dhmä-
tdftj ianvi. „Metrische Verlängerung" anzunehmen halte ich hier für
ganz unzulässig. •) Ai. antdriksam „luftraum" wird im Petersburger
Wörterbuch als das „durchsichtige" (zu i'ksate), von Weber-Grassmann
als „das dazwischen, in der mitte befindliche" (zu faieti) gedeutet. Eher
möchte es aus *antdri fyäü „zwischen den beiden festen wonsitzen" er-
wachsen sein; zu *ksäü oder *kf* cf. fyas als afck. plur. Jedenfalls ge-
hört °£fo- zu kfam-.
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28 Chr. Bartholomae
„oben auf der erde" das adjektiv upairizema- (in °mäi$) „oben
auf der erde befindlich" entstanden 1 ). — Die bedeutung des
adjektivs pdrigman- ist 1) „rings auf der erde vorhanden",
vom wind (vgl. dazu RV. 2. 38. 2) und vom feuer; 2) „rings
um die erde gehend", von den ASvinen und deren wagen,
sowie vomSavitar; 3) „rings die erde umfassend", vom Varuna
und vom himmel.
An pdrigman schlössen sich dann noch einige andre Zu-
sammensetzungen mit dem „stamm" gman- (und gman-) an,
die aber alle nur vereinzelt auftreten; nämlich urugman, ein-
mal im AV., als beiwort des himmels; prthugman, prthugmanam,
beide ebenfalls nur je einmal, üpagman, einmal im SV. (vgL
übrigens VS. 17. 6), sowie das unklare dvibdrhagmä*); sowol
urdv- als prthdv- findet sich häufig genug als epitheton der
erde. — Neben ai. gmdn finden wir im avesta auch einen
r-lokalis: zemar; cf. verf., oben s. 14. 8 )
b) Ai. ksdman. Es findet sich im RV. nur einmal. Daneben,
auch nur einmal, ksdmani, mit dem gewönlichen lokativzeichen
vermehrt, vgl usdr > usdri, verf., oben s. 15 und unten
no. 2, 3, 4, 7. Beide formen hat man zu einem thema ksamdb-
gezogen, und zwar zusammen mit ksdma, das dazu den aj£,
sing, bilden und nach Grassmann (Wörterbuch) achtmal vor*
kommen soll: RV. 2. 39. 7, 4. 2. 16 (- AV. 18. 3. 21), 19. 4,
6. 5. 2, 51. 11, 10. 45. 4, 106. 10, 176. 1. Diese bestim-
mung von ksdma ist aber mit Sicherheit als eine irrtümliche
zu erweisen.
An drei stellen hat der satztext ksdma, der worttext ksdma.
Ueberall ist zweifellos ksdmä beizubehalten und als nom.-akk.
du. von ksam-, im sinn von „himmel und erde" zu erklären;
nämlich: 4. 2. 16, 10. 45. 4 (so auch Ludwig!), 176. 1.
Ebenso ist auch zu 2. 39. 7, 10. 106. 10, wo der auslautende
*) aäairtzema- ist dem nachgebildet, s. d. folg. *) Das wol kaum
aus °a+gm°, sondern eher aus °a8+0m° naoh altem sandhimuster zu
deuten ist; 9+ gm > z+gm > g+§m > gm. — In Bezzenberger's bei-
tragen XIV, s. 13 belehrt mich Geldner, dass im indischen sandhi aus
ausl. d mit anl. h ddh entstehe, also aus ud+hütif uddh° f nicht uggh°,
wie ich angenommen. Zum dank dafür verweise ich ihn auf ugghUds
und Kuhn's Zeitschrift XXVII, s. 852 f. 8 ) Gehört vielleicht mit ai.
gmdn das av. zemaini in zemaini.pa&ika- v. 8. 84 zusammen? (Vgl.
no. 1b, 2, 8, 4, 7.) Darmes teter: kiln of a brick-maker.
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Arisches. 29
vokal mit folgendem i vereinigt ist, gegen den worttext kfdmä
+iva zu lesen. Für die erstere stelle haben das auch sowol
Grassmann (Übersetzung I, s. 524) als Ludwig (a. o. IV,
8. 50) anerkannt. Für die zweite ist diese fassung durch den
Parallelismus mit den vorhergehenden zeilen geboten; die Über-
setzung der stelle muss ich freilich schuldig bleiben; das ganze
lied ist ein jämmerliches erzeugnis priesterlicher geschmack-
losigkeit und geheimniskrämerei.
c) Ai. ksäma. An den drei übrigen stellen nehme ich kpdma
als lok. sing, „auf der erde", mit der schwachen form des
w-suffixes, wie es sich vor konsonanten und im absoluten aus-
laut gestalten musste 1 ). — Ganz zweifellos ist die lokativische
bedeutung zu 6. 5. 2, wo sich kfämiva und jdsmin entsprechen:
„auf welchem wie auf der erde ..". Schon Ludwig, a. o. IV,
s. 347 hat ganz richtig bemerkt: „kfdma .. offenbar für k$ä-
man . . Der abfall von n ist wie bei ndma vom stamm ndman
zu betrachten". In der tat vertritt a hier wie dort altes #. —
Ferner 4. 19. 4: „wuchtig hat er auf der erde den grund
zerstampft". Grass mann übersetzt k§ama budhndm mit „erden-
grund", nach seiner bestimmung im Wörterbuch aber müsste
vielmehr „die erde, der grund" übersetzt werden, wie es bei
Ludwig, a. o. II, s. 96 auch wirklich geschieht. — Endlich
6. 51. 11, wo er heisst: tena indrah pfthivf kfdma vardhan \
pu$ä bhdgö ddüih pdnfca gänäh | . kfdma hier als nominativ
zu nehmen, wie man getan hat, verbietet das unmittelbar vor-
ausgehende pfthivi. Es lässt sich doch nicht annehmen, dass
die „erde" in der reihe der angerufenen gottheiten zweimal
sollte genannt sein, und zwar gleich nach einander. Selbst
dann wäre jene fassung unwarscheinlich, wenn sich sonst kfärna
als akk.-nom. nachweisen Hesse. Weit natürlicher ist es
zu übersetzen: „die sollen uns auf erden beistehen: Indra,
Prthivi..".
2) Ai. dhan „am tage", daneben auch dhani, cf. no. 1, 3,
4, 7, Die basis ist ah-, wozu auch der r-lokalis ähar, verf.,
oben 8. 16. Der lokativ (ar.) *dzhan war der .anlass, azh- in
die w-deklination überzufuren; so: ai. dhnä, dhne, dhnas etc.,
av. ami } asnaajt, asnqm. Daneben finden sich auch ein par
*) Auch bei den r-lokativen tritt das suffix in verschiedener form
auf, cf. ai. ähar > mühur; verf., oben s. 18.
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30 Chr. Bartholomae
kasus nach der a-deklination , z. b. ähänäm im RV. — Die
bildung von dhöbhip, das sich später für dhdbhis einstellt, wurde
dadurch hervorgerufen, dass der lok. plur. dhasu (nach der
/i-deklination) im ausgang mit dem der gleichfalls neutralen
as-stämme — qhasu, AV. x ) — zusammentraf. Vgl. noch unten
s. 40 über ai. udhasas und av. prizafä etc. Später als qhasu
durch qhassu ersetzt wurde, stellt sich auch dhassu*) ein. —
Was den altpersischen lokativ adakaij anlangt — verf., Bez-
zenberger's beitrage X, s. 272 — , so erinnere ich an ai. uda-
kdm, MaJcam, welche den verloren gegangenen nom. sing, zu
udä, uddn, udnds etc. (stamm ud-) vertreten müssen, cf.
unten 3).
Da sich, wie wir oben zu 1) gesehen haben, nebeneinander
kfäman und k$äma als lok. sing, finden, so würde man auch
neben dhan ein gleichbedeutendes dha nicht beanstanden können.
In RV. L 116. 4 lesen wir: tisrdh k$äpas trir dhätivragddbhir \
näsatja bhugjum ühathuh patawgäih | . Der worttext löst dhä
atior° auf, und danach hat man trir dhä so gefasst, als ob
trini dhä überliefert wäre. Das ist aus syntaktischen gründen
nicht zulässig. Die adverbialzal wird mit dem genetiv (trir
dhnas) oder lokativ (trir dhan) verbunden. Will man den text
so lassen, wie er überliefert ist, so wird man wol dhätivr in
dha+ativr° zerlegen und übersetzen müssen: „drei nachte hin-
durch und (je) dreimal des tags habt ihr den Bhudzju ge-
faren . . ."; vgl. dazu Benfey, Orient und okzident III, s. 159.
Es wäre also von dreimal vier faxten die rede: nachts, mor-
gens, mittags und abends; elfmal wird Bhudäju zurückgeworfen,
erst beim zwölften male gelingt es ihm „ärdrdsja päre u anzu-
kommen.
3) Ai. uddn „in, auf dem wasser", daneben auch uddni,
cf. no. 1, 2, 4, 7. — Die Wörter für „wasser" zeigen eine
ausserordentliche mannichfaltigkeit der formen. Zu ihrer er-
klärung hat man eine ganze reihe verschiedener stamme auf-
gestellt, um die eine form aus diesem, die andre aus jenem
ableiten zu können. Ich meine, man sollte in dieser hinsieht
doch etwas vorsichtiger sein. Denn heteroklisie ist gewiss
*) L an man, journ. of the am. or. soc. X, 8. 667. *) Im indischen
kann zur bildung von ähobhü auch noch der umstand beigetragen haben,
dass der akk.-nom. sing, dhar im absoluten auslaut mit mänas u. s. w.
den gleichen ausgang erhalten hatte.
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Arisches. 31
nirgend etwas ursprüngliches 1 ). Sie dafür ausgeben heisst eben
doch nur auf die erklärung der flexion überhaupt verzieht tun.
Die indogermanischen themaformen für „wasser" sind —
(die qualitat der a- vokale tut nichts zur sache) — : y&d-, uad-,
ud-; neutrum. Der akk.-nom. sing, wurde, wie vielfach bei
wurzelstämmen, mit i gebildet (cf J. Schmidt, Kuhn's Zeit-
schrift XXVI, 8. 16 f.), und zwar, nach ai. väri und hdrdi *)
zu schliessen, aus dem starken stamm; er lautete also *yML
Diese form ist freilich selbst nirgend bezeugt, sie hat aber
jedenfalls zur bildung der avestischen akkusative vaüfcm und
vaiältn s ) anlass gegeben, wenn auch nur mittelbar, in der weise
etwa, dass man aus *#ädi zunächst die iA-kasus und den lok.
plur. formirt (vgl. meine beitrage, s. 162 f.) und hierauf an
diese kasus weitre bildungen nach der a-deklination ange-
schlossen hat; cf. J. Schmidt, a. a. o., s. 17. Hand in hand
damit ging die verändrung des geschlechts vor sich (s. noch
unten 8. 33). vaütim zeigt zugleich den einfluss des mittlem
stamms. — Genau entsprechend ist das verhältniss von *%ari,
dem alten akk.-nom. sing, zu uär- (= ai. vdri), zum avestischen
vairü, vairlm etc.; auch hier ist das geschlecht verändert 4 ). —
Im altindischen ist nur noch eine Stammform nachzuweisen,
die schwache; vgl. ausser uddn noch udä, instr. sing, (zweimal
im RV.).
Der mit dem n-suffix gebildete lok. sing, hat schon in der
Ursprache den übertritt des worts in die w-deklination veran-
lasst. Am deutlichsten liegt derselbe in ai. udnd, udnds,
uddbhis u. s. w., sowie in got. vatins vor. Aber auch das
griech. l4loo-vdvt] y sowie lat. unda aus *udna und lit. vandü'
lassen darauf schliessen; cf. G. Meyer, griech. gramm. 8 , s. 326,
Thurneysen, Kuhn's Zeitschrift XXVI, 8. 301 ff.
*) Und zwar desshalb nicht, weil von haus aus verschiedene stamme
ursprünglich auch verschiedene bedeutnng gehabt haben. Eigentlich
heteroklitisohe flexion ist also erst dann möglich, wenn dieser unterschied
in Vergessenheit geraten ist. Was man heteroklisie heisst, ist fast stats
metaplasmus. Vgl. unten 8. 35 zu gr. xä^a, xqaros etc. *) hfdi als
akk. sing, ist ganz unsicher. Ich nehme es überall mit Ludwig als
lokativ. *) v. 5. 5, 14. 12. Man vergleiche die lesarten. ä steht nicht
ganz fest. Zur bedeutung des avestischen worts vgl. arm. get „fluse".
*) Ai. hfdqjam, av. zaredajpn weisen ebenfalls auf den alten i-nominativ
zurück. — Vielleicht auch ai. udqje „auf dem wasser" RV. 8. 41. 2?
Der worttext hat ut-qfe.
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32 Chr. Bartholomae
Neben dem w-lokalis gab es aber zu yad- auch einen
solchen mit r, und auch dieser hat mancherlei neubildungen
hervorgerufen. Auf ihm fussen die nominalbildungen ai. udrds,
av. udrem, gr. vöqoq, vdqa u. s. w., welche eigentlich „der, die
im wasser" bedeuten; vÖQa verhält sich zu einem idg. *uda M r f
wie -vdvtj in Idloovdvr] zu *uda M n v ). — Ihm verdanken ferner
meines erachtens gr. vöwq, sowie das ahd. wazzar ihre ent-
stehung, vielleicht auch das ksl. voda (vgl. J. Schmidt, Euhn's
Zeitschrift XXV, s. 22). J. Schmidts abweichender ansieht
über vdtoQ > wazzar *) und deren verhältniss zu udnds vermag
ich nicht beizustimmen, da sie mir von der anname einer
ursprünglichen heteroklisie auszugehen scheint, welche ich, wie
8. 30 f. gesagt wurde, aus erwägungen prinzipieller art ver-
werfe. 8 )
Zum schluss noch eine bemerkung über gr. vdarog, vdavi
etc. Fick, Bezzenberger's beitrage V, s. 183 f., Xu, s. 7
(s. auch Osthoff, morph. untersuch. IV, s. 201 ff.) hat, wie
mir scheint, überzeugend dargetan, dass das % von faem, dov-
Qccra etc. mit dem von exro'g, brog, lat. coelitus zusammen-
hängt, also aus dem alten ablativsuffix tos entsprungen ist 4 ).
Im indischen gab es neben der lokativform ksdtnan auch kfdtna,
neben dhan auch aha (cf. no. 1, 2). Darnach kann man für
die Ursprache neben *uda x n auch einen lokativ *ud# voraus-
setzen. Ich denke mir nun, *udqto8i die grundform von gr.
vdcttog, ist einfach so entstanden, dass jener lokativ *udy mit
dem suffix tos verbunden wurde. Es entspräche diese bildung
genau der von ai. patsutds (RV. 1. 32. 8, 8. 43. 6), dem der
lok. plur. pateü zu gründe liegt. Wie vdarog lässt sich auch
ai. sirsatds erklären (cf. no. 7) 6 ), wärend murdhatds, pari-
*) Fertige kasusformen spielen bei der neuschöpfung von Wörtern
schon in der ältesten zeit eine ungleich bedeutendere rolle, als man ihnen
gemeiniglich zu gesteht. Vgl. meine bemerkungen zu ai. ndktu, aktäuxx s.w.,
oben s. 22 f. *) S. auch deSaussure, memoire, s.225; Brugman, morph.
untersuch. II, s. 231 ff. 3 ) Grassmann braucht zur erklärung von
ai. Ufo«, ufifm, Ufas, usrds („morgenröte") noch vier verschiedene stamme;
Collitz, Bezzenberger's beitrage X, s. 23 ff., 62 f., nur mehr zwei; bei
meiner deutung von usrds (oben s. 15) kommt man mit einem aus.
Mög es als beispiel dienen. *) Die Fick'sche hypothese über den
Ursprung des Suffixes tos ist mir unannehmbar. *) So erklärt sich auch
am einfachsten ötifjunos u. s. w. gegenüber öta-noriiG, ai. ddn (stamm
cfa*m-); ferner /«/ftoTos u. a. m. (cf. unten no. 8).
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Arisches. 33
matte, sümatds u. s. w. anders gefasst werden müssen, da # als
lokalisausgang der abgeleiteten nasalstämme nicht zu erweisen
ist — Bei der gelegenheit will ich darauf aufmerksam machen,
dass ai. udnds (= *ud-n-os) sich zu gr. vdatos (= *ud-n-tos)
ebenso verhält, wie av. hanare (= *sn-er) zu gr. areQ, nhd.
mndr (= * steter); cf. oben 8. 16 f.
Der verschollene nom. sing, (ar.) *%ädi wird im indischen
durch die koseform udakdtn, später tidakam ersetzt. Man halte
dazu ap. adakaij zu (ar.) azh-, oben no. 2. 1 )
4) äsdn „im mund", daneben auch äsdni, cf. 1, 2, 3, 7.
Die grundlage ist äs- = lat. ös-. Dazu noch äsds und asä =
av. dnhö, äwhä. Auf äsdn wurde eine neue flexion nach der
ft-deklination aufgebaut; sie liegt vor in: ai. äsnds, äsntf, äsnä,
äsdbhi? und in av. anhand (v. 3. 29, cf. Geldner, Kuhn's
Zeitschrift XXIV, s. 548). Der akk.-nom. sing., mit i formirt
(cf. oben s. 31), ist verloren gegangen, hat aber wol zur bildung
von äsjäm, äsj$ etc., nach der a-deklination, gedient. Eine
entsprechende bildung ist pastjäm, das ich auf einen alten akk.-
nom. sing. *posti zurückfüre *) , der auch in pastfrf? steckt
(, welches doch viel eher der i- als der a-deklination zuzuweisen
ist). Man halte dazu noch lat. postis und die bemerkungen
über av. vairiä, oben 8. 31. — Ueber ai. äsajä cf. oben
s. 21 anm.
Mit ai. äsdn wird wol auch av. äsncq-tca und asn$, asnäjt
*) Das griechische hat auch zwei formen, welche anscheinend einem
«-stamm angehören. Bei Hesiod und Theognis steht vdn 9 ganz spät
kommt vdog vor. Man hat schon mehrfach zum vergleich auf ai. uUas
„quelle" hingewiesen (so zuletzt Fröehde, Bezzenberger's beitrage X,
s. 296). Das späte auftreten von vtog aber mant zur vorsieht uUas
und vSn setzen einen «-stamm nicht unbedingt voraus. Zu vfct neben
vöccrog, vdccxi vergleiche man rigeog, tiqta neben Tfyara, öoqsi neben
öoQiacc. utsas könnte aus dem gen. sing, erwachsen sein, cf. oben zu
udrds. •) Oder auch auf den akk.-nom. d u. pott-*. Aus ihm erklären
sich jedenfalls lat. auris und lit. awüs. Nach ausweis des griechischen
ovg (aus *oi*sos) und slavischen ucho ist das alte thema a*u808- (Hübsch-
mann, vokalismus, s. 159). Dazu der akk.-nom. du. *a*u8l oder *t#«f, mit
8 aus m; cf. av. usi und bezüglich der Stammform ai. usäs u. a. zu
ümU808' „morgenröte" (Colli tz, a. o.). Aus ihm wurden zunächst die
übrigen dualformen gebildet (vgl. ai. akftbkjäm zu akp, nom. du. zu
akf-, unten s. 87); dann übertrug sich das t auch auf die andren kasus.
— Got. ausins und gr. ovmos, mog erklären sich wie vatins, vdaros]
oben s. 32 f.
Bdtrige z. künde d. indg. spnehtn. XV. 3
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34 Chr. Bartholomae
in Zusammenhang stehen. Dafür spricht die bedeutung von
ai. äsä und äsajd. Das altpers. a&naij (oder wie man es sonst
lesen will) steht dem keineswegs entgegen. Denn es kann nicht
„in der nähe, nahe" heissen, wie Spiegel es in der 2. aufläge
seiner keilinschriften erklärt, und zwar desshalb nicht, weil
abij uvagam nicht „bei Susa", sondern nur „nach Susa" be-
deutet. Die worte (ada)kaij adam aSnaij aham abij uvagam
(Bh. 2. 11 f.) werden doch wol, wie man das schon früher
angenommen hat, besagen: „zu der zeit war ich auf dem
marsch nach Susa". Die gleichung ap. atoaij = av. asne ist
jedenfalls aufzugeben 1 ).
5) Ap. föapa „in der nacht", d. i. ar. *k&apan. Die basis
ist (ar.) Jcäap-, fem. 9 ), wozu auch die bei oben s. 19 be-
sprochenen r -formen. Dem lokativ *käapan schliessen sich
die avestischen n-kasus an: Japanern, Ifiafnö etc.
6) Ai. patan „im flug", im kompositum patangds „im flug
sich bewegend". Bei der hergebrachten Zerlegung und fassung:
patam, akk. sing. +ga die übrigens am worttext, der eine
Zerlegung nicht vornimmt, keine Unterstützung findet — kommt
die syntaz zu kurz. Ueber einen daneben bezeugten r-lokalis
cf. oben s. 19.
7) Ai. sirsdn „auf dem haupt"; daneben auch sirfdni, cf.
no. 1, 2, 3, 4. sir#dn gehört als lok. sing, zu dem as-stamm
Mras-; vgl. dazu die r-lokative u?dr, *vatsar zu den themen
u§äs-, vdtas-; cf. oben s. 15, 19. 8 ) Ueber die entstehung von
äirpatds 8. oben s. 32.
Ausser jenem lokativ haben sich von den alten flexions-
formen des Stamms im arischen nur noch zwei erhalten: der
akk.-nom. sing. ai. siras und der lok. plur. av. sarahu 1 ).
Alle andern beruhen auf neubildung. An iir$dn und sir?dni
schliessen sich die kasus nach der n-deklination an: ai. sirpnd,
äirpne, 8%r§dsu u. a.; ihnen reiht sich das adjektiv sir#anjäs
*) Vielmehr zu dgati — azaüi; ar. *n wird ap. sn (s. mein hand-
buch, § 168). Zur bedeutung vgl. man RV. 5. 37. 4: a satvanälr d§aü
hdnti vftrdm „mit seinen kriegern zieht er heran, erschlägt den Vrtra";
MS. 1. 10. 16: udägdm üdagaU; RV. 1. 158. 3: dgma „heerbann".
*) Nach Spiegel, vergl. grammatik, s. 165 soll das altpersische wort
neutral sein. Warum? 9 ) Dazu s. 86 zu lat. cerebrum. *) Die bei
Justi unter 1 para 2) aufgefürten Wörter gehören zu aar- „genossenschaft,
bund"; cf. verf., Bezzenberger's beitrage XIII, s. 56.
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Arisches. 35
an. Die übrigen kasus sind aus der schwachen Stammform
«> nach der a-deklination formirt: ai. äirsdm, airsu, äirse
etc. (bei Lanman, journ. of the am. or. soc. X, s. 526). Das
verhältniss von äirsdm zu äiros und Hrsdn vergleicht sich
völlig dem von sqjvdtsam zu *vdtas (gr. fhog) und *vatsar;
cf. oben s. 19.
Ausserordentlich buntscheckig sieht die flexion des worts
im griechischen (speziell bei Homer) aus. Die alten formen
sind fast sämmtlich untergegangen. Der akk.-nom. plur. yuxQa
hymn. Cer. 12 erklärt sich aus *kfro8a. Doch ist man über die
lesung nicht einig. Gemoll liest es maQtj; das würde ein
altes *krresa vertreten; vgl. neQag : x€Q€og y s. Fick, Bezzen-
berger's beitrage III, s. 160, G. Meyer, griech. granim.*, § 317
anm. *) und wegen der kontraktion von ea zu rj TBfxivrj hymn.
Ven. 268. — Interessant ist der gen. sing, xQÖrog; er deckt
sich fast völlig mit dem eben besprochenen ai. sirsatds; auch
hinsichtlich der betonung. Nur in der Wurzelsilbe besteht eine
Verschiedenheit, insofern das griechische wort auf ^kf-s^tös, das
indische auf *kfsQtÖ8 zurückgeht. An xqäTog schliessen sich
die kasus xqözI, xQara, xqotcov und xqccoI an. — xdQtjrog ist
änlich wie XQätog entstanden; es erklärt sich aus *krres / &to$;
der stamm erscheint dabei in vollerer gestalt und der suffix-
vokal als e, wie beim nom. plur. xa^, cf. oben (**a(>aocrtog f
was Bruginan, morph. untersuch. II, 228 als grundform an-
setzt, hätte *KOQäTog ergeben). An xaQtjrog hierauf schliessen
sich xaQtjTi und weiter — etwa nach dem muster aoifxatog >
oüfua, (xiXvcog > fxih — der akk.-nom. sing. xaQt] an, welcher,
mit Tv%rj gleichgestellt, wieder die dativbildung xccqj] (bei
Theognis) hervorrief. Dem zusammenwirken von Ttgävog und
tuxqtj verdankt KQtj&sv seine entstehung. — Schon sehr früh-
zeitig wurden auf dem n-lokalis neubildungen nach der ft-dekli-
nation aufgebaut Dem ai. slrsnäm stellt sich gr. yuxQtjvwv
gegenüber, ersteres ist aus *kfsnöm, letzteres aus *Jqrrasnöm
entstanden. So noch xctgi^a, nom. plur. Später hat man dazu
nach der o-deklination auch ndQtjvov, xctQyvov (so schon 2 mal
in den hymnen) gebildet.
*) Arische parallelen zu gr. xiqioq > xtgag haben wir in ai. mdnas,
av. manaxho > ap. hafflmanis; ai. tdmas, av. tematohö > ai. * tarnt? in
tdmisras, tdmulfo$ (cf. Petersburger Wörterbuch 8. v.); ai. tdvas-vän >
tavif-d* u. a. m.
3*
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I
36 Chr. Bartholomae
Einen alten r-lokalis zum selben stamm setzt lat. cere-
brum voraus, mit br aus sr.
8) Ai. h&man „im winter", in der TS. und sonst. [Fehlt
bei L an man, a. o., s. 536.] Eine Weiterbildung dazu ist
hemantd-. Sie entspricht vollständig der von ai. mvhürtd-,
sasvdrta-, av. patareta- zu mühur, sasvdr und *patare; cf. oben
8. 17 ff. Ebenso ist auch ai. vasantd- gebildet, vgl. no. 15. —
Die basis von he man ist (ar.) zhaim-.
: Die ursprüngliche flexion des Wortes für „winter" war
jedenfalls sehr manchfaltig ausgestaltet. Als stamm haben wir
einen zweisilbigen, maskulinen wurzelstamm 1 ) anzusetzen, der
in beiden silben ablautete, und zwar — die a-vokale will ich
one rücksicht auf klangfarbe und dauer sämmtlich mit a be-
zeichnen — : ghafom- : ghaim- : gh%am-, ghijam- : ghim-, ghim-;
das g ist palatal. (Vgl. dazu noch unten s. 42 über ai. svär.)
Cf. der reihe nach: ai. häj'ands, av. zajfene, zajana*) — : ai.
he man, arm. j'iun, gr. xfitjucw, *«</*«, %eLfj.eQiv6$, ksL zima,
lit. eema — : av. ziä, gr. xuiv, lat. hietns, akymr. geam — :
ai. himd, himena, himds, av. zimö, zimahe, arm. jmern, gr.
övaxif^og. 9 ) Wie sich die verschiedenen Stammformen auf die
*) Nach H. D. Müller, Bezzenberger's beitrage XIII, s. 811 geht
ai. himäs „kälte" zusammen mit hdjae „ross" und gr. /l^co^o? »«iege" auf
eine wurzel ghi „treiben, schleudern" zurück. Wenn ihr's nicht fült, ihr
werdet's nicht (s. v. v.) begreifen. Es wäre zeit, das ewige hantiren mit
verbalwurzeln etwas einzuschränken; vgl. verf., zeitschr. d. dtsch. mgl.
ges. XLII, 8. 155 i. m. *) Deren n irgendwie auf Übertragung beruhen
mu88. Im arischen entstand n aus m 1) vor dentalen verschlusslauten,
2) vor *, z, 3) vor m. Zu 8) vgl. meine ar. forschungen III, s. 57, wozu
noch av. Jrinmäiü zu stellen, das zu ai. kam- gehört; cf. Geldner,
Bezzenberger's beitrage XIÜ, s. 189 f. a ) Die Stammform ghim- liegt
vielleicht in lat. hibernus vor; doch kann I auch aus ei entstanden sein.
— Die bisherigen deutungen von hlbernus — die letzte bei Stolz, Iw.
Müller's handbuch II, s. 152 f. — befriedigen mich insgesammt nicht
Ich setze es = *ghlmrinos oder * gheimrinos ; zum suffix vgl. gr. /«*/**-
Qtvog (unten s. 37); über er aus ri cf. Stolz, a. o., s. 154. Im anlaut
steht lat. br für idg. mr in brüma, d. i. „die zeit des 'starren' winters,
winterstarre", das zu av. mrüra- gehört, cf. mrürd zjä „starrer frost",
v. 2. 22. Bugge, Knhn's Zeitschrift XIX, s. 446 will auoh brütus dazu
stellen. Inlautendes br für mr haben wir in tuber, tüberis, die aus
*tümer, *tübris hervorgegangen sind; cf. tumere, tumidus, tumor. In
gener für *genros «= gr. yapßfoe finden wir allerdings nr > mr. Doch
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Arisches. 37
einzelnen kasus verteilt haben, ist nicht auszumachen. Ai. Ät-
mäna, av. zimahe u. a. sind der o-, ai. himäs, ksL zima u. a.
der a-deklination gefolgt. Der alte n-lokalis hat schon früh-
zeitig neubildungen nach dem muster der n- stamme hervor-
gerufen. Zwar im indischen steht h&tnan allein; dazu nur
noch die vrddhibildung häimanäü (AV.). Im griechischen aber
gehen sowol %uya&¥ als %u\ia auf den n-lokalis zurück. %*i[iav
erklärt sich wie ai. ürpnä u. a. zu sir$dn (no. 7); %B%fiot^ %e/-
ixaxi etc. sind neuformungen zu dem aus dem schwachen lokativ
*gheimQ und dem suffix tos erwachsenen ablativ xüfiazo^ —
ai. hematas (Taiti-Ar. 1. 4. 2); cf. oben s. 32. Wie %u\iu>v
erklärt sich das armenische jiun; vgl. Hübschmann, arm.
Studien I, s. 40. — Neben dem n-lokalis bestand auch ein
solcher mit r; auf ihn weisen gr. dvaxsipeqog, %uia&qioq und
XMfMQWOs hin (letzteres eine bildung wie wKreQiWg^ iaQi-
vog, ai. vatsarinas u. a. m.; vgL s. 19 mit anm. 1), *) und ebenso
arm. jmern.
9) Ai. ak?än „im auge u ; cf. La n man, a. o.» Das alte
thema ist (ar.) alß~ — idg. a'fas-; neutrum. Dazu gehören
ai. andk, akfe, akso? (J. Schmidt, Kuhn's Zeitschrift XXVI,
s. 16) und dkfi, akk.-nom. sing, mit i (oben s. 31). Neubil-
dungen nach der w-deklination, durch den n-lokalis veranlasst,
sind ai. akpnäs, ak?no§, akfäni u. a.; dazu gehört auch das
adjektiv ak$anvdn (cf. no. 11). Ai. ahfibhjäm ist aus dem
akk.-nom. du. gebildet; av. atibjß hat das i eben daher oder
vom akk-nom. sing, bezogen; cf. 8. 31, 33, 38. Endlich ai.
anakfäsos u. a. folgen der o-deklination.
Eine anzal weitrer lokative der art sind zwar nicht direkt
überliefert, lassen sich aber aus neubildungen dazu mit Sicher-
heit erschließen; ich will hier noch anfüren *):
10) Ai. *dö?an „in, auf dem arm", zu erschliessen aus
dem kompositum döpani-ärfyam „in den arm sich schlingend",
wo die form mit i vermehrt ist, cf. kfdmcmi > kfäman etc.
(no. 1, 2, 3, 4, 7), ferner aus döpdni und den übrigen kasus
könnte hier die abweichung anf alter volksetymologischer anknüpfung an
gens etc. beruhen.
1 ) 8. auch lat. hiberntu, oben e. 86. 9 ) Man berücksichtige dabei
die bemerknng oben s. 18 f.
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38 Chr. Bartholomae
nach der w-deklination, sowie aus dem adjektiv dösanjäm, wozu
Hrsanjäs (no. 7) zu vergleichen. Das thema ist (ar.) dauä-,
wozu ausser den bekannten indischen formen noch av. daoäa,
instr. sing. ?, im zend-pehl.-gl.
11) Ai. *asthan „am, im knochen", zu erschliessen aus
asthnds, asthdbhis sammt den übrigen kasus nach der n-flexion
und aus den adjektiven anasthä, asthanvdntam (vgl. udanvätä
zu uddn und no. 9). Das thema ist (ar.) asth-; dazu gehören:
ai. dsthi, akk.-nom. sing, mit i (cf. s. 31), av. asta&-1ca, astqm,
azdibiä (d. i. azdblS) und as-ka (akk.-nom. sing, one i, verf.,
ar. forsch. II, s. 112; vgl. dazu ai. vdr > vdri, gr. xtjq > ai.
hdrdi). Ai. dsthini, asthibhjas etc. $ind auf dem nom. dsthi
aufgebaut (vgl. oben a. o.), anasthds ist der a-deklination gefolgt.
Wegen der bei Justi, Wörterbuch unter 1 agti 3) und 4)
aufgeführten av. formen vgl. meinen aufsatz av. astiä > ai. dti-
thi$; oben s. 10 ff.
12) Av. ndnhan = ar. *näsan „in, auf der nase", zu er-
schliessen 'aus dem ablativ nach der w-deklination nd*hana$.
Die basis ist näs-, mask. Dazu noch ai. ndsä und ap. näham.
Das ai. näsäbhjäm und das av. n&nhabya sind aus dem nom.-akk.
du. gebildet: nasä „die beiden nasenlöcher" = „die nase" *).
Diese form war es, welche späterhin die neuflearion des wortes
nach der ö-deklination veranlasste; cf. ai. näsS, nom. du. (AV.)
u. s. w., av. ndnhaja, instr. sing. [Doch lässt sich die avestische
form auch als ein lokativ wie ai. naktajd u. s. w. — s. oben
s. 21 anm. — fassen, wobei man sich bezüglich der konstruk-
tion von jt. 22. 8: tetn vätem nänhaiß uzgerembajp auf j. 31.8:
hia]i pwä hörn Ua&naini*) hengrabem und j. 45. 8: nü zij>
1ca$mairii 8 ) vjädaresem berufen kann. Anderseits wieder könnte
man auf jt. 22. 8: jim jaya vätem nänhabia hubaoiditemem
gigaury,a verweisen; vgl. auch Hübschmann, zur kasuslehre,
s. 267.] — Die schwächere Stammform zu näs-, woraus im
*) Vgl. noch ai. aksl'bhjäm, ironlbfyäm (TS.) und av. pä&awf (j. 9. 28;
päda vielleicht zu gr. ttoV«?, cf. Meringer, Kuhn's Zeitschrift XXVIII,
b. 230). Unverständlich ist mir, wie Spiegel, vergl. gramm., s. 254
tumhäbia für einen „ganz regelmässig gebildeten" instr. du. aus dem
thema nd»han- erklären kann. — Man halte dazu die bemerkungen
Eluge's in Paul und Braune's beitr. VIII, s. 508 ff. und Danielsso n's
in Pauli's Studien III, s. 187 ff. und oben s. 38 n.. *) Ist kein infinitiv,
wie ioh früher annam.
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Arisches. 39
indischen nasa, na*l und naso?, ist im iranischen nicht nach-
weisbar. Zu ndsikäbhjätn vgl. udakam, s. 33.
13) Av. *uäan „am morgen", zu erschliessen aus dem nom.
plur. uföänö (d. i. u&änö) nach der n-deklination. So, wenn
Geldner's Übersetzung zu j. 46. 3 in Bezzenberger's beitragen
XIV, s. 1 das richtige trifft Im übrigen vgl. ai. u$ar,
oben s. 15.
14) Av. *mißwan = ar. *mithvan „im Wechsel, im par u ,
zu erschliessen aus dem instr. sing, nach der n-deklination
mißwana. Im übrigen s. mi^waire, oben s. 24.
15) Ai. *vasan „im früling", enthalten in vasantd-. Die
basis was- findet sich auch in dem oben s. 15 f. von mir
nachgewiesenen r-lokalis vasarfhd. Was die bildung von va-
santd- anlangt, so entspricht dieselbe aufs genaueste der von
ai. hemantd-, cf. no. 8* In Zusammenhang mit *vasan steht das
slav. vema.
Das vorgefürte material macht nicht den anspruch auf
Vollständigkeit (s. noch de Saussure, memoire, s. 224 ff.); es
wird aber doch, so hoff ich, ausreichen die anname einer alten
lokalisbildung mit n zu erweisen. Früher (oben s. 14 ff.) habe
ich gezeigt, dass es auch eine solche mit r gegeben hat. Es
sind nun nicht wenige Wörter, bei welchen im arischen beide
lokativformen nachweislich neben einander vorhanden waren;
man vergleiche:
ai. dhar > dhan(, dha);
ai. *va8ar > *vasan;
ai. *u?ar > av. *u3an;
av. zemare > ai. gtndn(, kfätnan, k?dtna);
av. *patare > ai. *patan;
av. *%äapare > ap. Tfidya;
av. * mipware > *mipwan.
Dieser umstand, dass aus einer anzal von stammen gleich-
bedeutende kasusformen auf ar und an 1 ) nebeneinander be-
standen: er ist es meines erachtens gewesen, der die vertauschung
der kasusausgänge aus n- und r-stämmen — und was damit
*) Der gewiss einmal vorhandene bedeutungsunterochied hatte sich
längst verwischt
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40 Chr. Bartholomae
zusammenhängt — *) veranlasst hat, wie solche aus der dekli-
nation — und, soweit sie davon abhängig ist, Wortbildung —
beider arischen dialekte zur genüge bekannt ist. Eine Zu-
sammenstellung der formen wird wol kaum überflüssig er-
scheinen.
a) Ai. ü'dhar > udhan, ü'dhani, ü'dhnas, ü'dhabhis. — Die
sandhiform udhö, sowie udhasas, ü'dhassu erklären sich wie
dhobhif, dhassu, cf. oben 8. 30 2 ).
b) Ai. svär, suras, süre, svärvän, av. faiare, hürö > av. heng,
fienxatä, fcanyantem (cf. verf., Bezzenberger's beitrage XIII,
s. 56 f.) 8 ).
c) Av. ajfare, a\ärl (akk. plur.), bi.ajarem > ajqn.
d) Av. räzart > ai. rägdni (RV. 10. 49. 4), av. räzeng, räS-
nqm, rdknä. — Unsicher. Vielleicht ist (ar.) räz- als thema
anzusetzen, =» „Ordnung, verfugung", cf. ai. svaräf. Dann
würde räzare einen alten r-, rägdni etc. einen alten n-lokalis
voraussetzen. — Zu av. kar&ö.räzanhem nach der s-deklination
s. oben zu a).
e) Av. safcärt (akk. plur.) > saj^enl.
f) Av. zafare 1 ), zafra, zafre, zaran£ö.zafrqm > zafanö,
f>rizafanem, ßrizafem, (vok. sing.) 6 ). — Der nom. sing. ßrizafd,
nach der s-deklination, erklärt sich wie ai. a'dhasas, cf. a) 6 ).
*) Die anname eines Übergangs von r, /in n (oder umgekehrt) wird nie-
mand gutheissenwollen, von dissimilationsfallen allein abgesehen ; oben 8. 18,
Brugmann, grnndriss I, § 282. a ) S. noch ai. vadhasnäU, vadhasnö gegen-
über vädhar, av. vadare; doch vgl. Lindner, nominalbildung, s. 112.
■) Als gen. sing, dazu erscheint im avesta mehrmals am, das Geldner,
metrik, s. 18 f. mit recht für die unrichtige Umschrift eines zeichen-
komplexes erklärt hat, welcher richtig gelesen huftö lauten müsste. Man
kann sich die entstehung von hujtö so denken : lok. *}iapare : gen. *tfapö
= lok. * Kurare : gen. Augö; vgl. oben no. 5 und unten 8. 42. — Dabei
will ich bemerken, dass auch hü in der v^rbindnng hü kehrpa vnräzahf
= hu#ö } d. i. gr. avog zu setzen ist; man vergleiche dazu die homerische
Zusammenstellung oval xangoiai E 783. *) Ist die Urbedeutung viel-
leicht „Schlund"? Dann Hesse sich auch ai. gdmbhan dazu stellen, vgl.
VS. 13. 80 „im Schlünde der gewässer". Wegen bh ;> / cf. oben
s. 10 Zur differenz g >► z cf. ai. gmas >• av. zemö (oben s. 25), av.
aguHä j. 31. 1 > ai. dguftä, av. zaosö u. a. m. 6 ) Das m von av.
f>rizßfem, asäum, äpraom und jum (= ai. juvan) muss im Zusammenhang
mit dem von vaozirem, ai. asrgram, ad j kr am , abudhram (neben as^gran
etc.) betrachtet werden. Ursprüngliches n geht doch nur vor labialen
verschlusslauten in m über. — Gehört auch av. nätnqm etc. dazu? e ) So
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Arisches. 41
g) Ai. gambhdrfyu > gdmbhan. S. note zu f).
h) Av. karlfaare, haptökarhiairim > karSyqn, Jcaräuöhua.
i) Av. urußware > urupwqn, urußwöhi&a.
k) Av. panyare, ßanyara > ßanuanäjf *).
1) Av. bafyare, bc&uarebti, haZuaräi > bafyqn, ba&ianö.
m) Av. jäkare > ai. jaknds, jakneu Das t von ai. jakft halte
ich für unurspriinglich. Nach Fick wäre es aus dem abl.
sing, jdkr-tas zu deuten (vgl. dazu die bemerkungen über gr.
vdatog, oben s. 32), wärend nach de Saussure, a. o., 8. 28
„iL y a quelque vraisemblance pour que le dentale de jdhft
(jdJcfd) ne soit autre que celle qui marque le neutre dans les
themes pronominaux" *). — J. Schmidt, Kuhn's Zeitschrift
XXY, s. 23 setzt — one sich über die herkunft des t auszu-
lassen — als urflexion: *jekft > *jeknös an. S. auch de
Saussure, a. o., s. 225. Nun kann man wol gr. yjJtag und
lat. jeeur auf *jükft zurückfüren, nicht aber av. jäkare, dessen
-are nur auf ar. -ar y -f oder -art beruhen kann — *jikft wäre
*jäkere$ — , so dass es also bei J. Schmidts ansatz über-
haupt unverständlich bliebe. Dass das t unursprünglich ist,
scheint mir auch aus dem verhältniss von gr. xortQog > ai.
iäkft, ädknds hervorzugehen. Fragt man mich freilich, warum
das t im altern indisch auf den akk.-nom. beschränkt blieb 8 ),
so mu8s ich die antwort darauf schuldig bleiben 4 ).
auch der lok. sing. av. tafeahi neben taJcare; cf. J. Schmidt, Kuhn's
Zeitschrift XXVI, s. 408.
*) Es ist wol pna%° zu lesen , vgl. die Varianten. ' Die Zusammen-
stellung mit ai. dhdnva ist aufzugeben. s ) Bei der erklärung des t von
jdkft, sdkft ist das k von dsfk neben asnds, a&na, gr. !«£ nicht zu ver-
gessen. Dass der guttural mit dem gu von lat. sanguis zusammenhängt
(de Saussure, a. o., s. 28), fallt mir schwer zu glauben. 8 ) Doch
vgl. arm. liard, das aus *t*pft+x hervorgegangen ist« Im urarmenischen
muss also das t auch ausserhalb des nom. sing, vorhanden gewesen sein.
4 ) Zimmer, Kuhn's Zeitschrift XXX, s. 231 bemerkt: „soviel steht fest,
suffix r, rt (fjnccQ, Jdkji) erscheint im auslaut, Suffix n, nt (jaknds. ijara-
rog) bei weitern antretenden flexivischen elementen". Meines erachtens
steht dieser satz ganz und gar nicht fest und kann auch nicht dazu
dienen das verhältniss des Suffixes r in vidür zu nti in bhdranti aufzu-
hellen. Bedauerlicher weise hat Zimmer in seiner abhandlung „über
das italokeltische passivum und deponens" (s. 224 ff.) das aveatische suffix
-r«i, -eres (famtäres, iciköüeres) ganz vergessen; cf. meine beitrage, s. 166 f-
— Uebrigens, in welchen indischen texten ist Zimmer auf die sigmati-
schen aoristformen avaksam, ajöksam, ajötsam, abkHsam u. a. (s. 128, 168)
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42 Chr. Bartholomae
Dass die mehrsilbigen stamme auf n ihren lokativ suffixlos
bildeten, ist bekannt. Die gleiche bildungsweise steht aber
auch für die r-stämme fest; vgl. J. Schmidt, Kuhn's Zeitschrift
XXVII, s. 306. Belegt sind:
Ai. svär, d. i. suvar „in der sonne", fünfmal im rgveda.
Die ursprachliche flexion des worts für „sonne" entsprach
ungefar jener des worts für „winter", cf. oben s. 36. Auch
hier haben wir einen zweisilbigen wurzelstamm mit zweisilbigem
ablaut: sä M uä % l-; cf. J. Schmidt, Kuhn's Zeitschrift XXVI, s. 9,
W. Schulze, ebd. XXVII, s. 429.
Ai. udhar „am euter", RV. 10. 61. 9. So nach Lanman,
a. o., s. 488. Doch ist die Strophe nicht genügend klar.
Av. zafare „im maul", v. 3. 32. [Geldner's abweichende
fassung in Studien I, s. 155 ist mir darum unannehmbar, weil
tafsqn wegen j. 9. 11 intransitiv genommen werden muss.]
Es gab also im arischen:
lokative auf -an zu an-stämmen;
lokative auf -ar zu ar-stämmen, und
lokative auf -ar und -an neben einander zu (beliebigen?) andern
stammen. Die folge war zunächst, dass in der n-deklination
auch r-lokative, und in der r-deklination auch »-lokative auf-
kamen. Im weitern verlauf aber konnte es nicht ausbleiben,
dass der neue lokativ auch noch andre Umbildungen der alten
flexion nach sich zog, so dass es in einzelnen fallen kaum
mehr zu entscheiden ist, ob die vorliegenden formen einem
alten nasal- oder einem alten liquidastamm entsprungen sind.
Jedenfalls ist die scheinbare mehrstämmigkeit auch hier etwas
nicht-ursprüngliches.
Die nichtarischen dialekte bieten zum teil die gleichen
erscheinungen , wie die arischen. Es folgt daraus, dass der
beginn jener neubildungen in der deklination der r- (U) und
w-stämme in die zeit vor der Sprachtrennung zu verlegen ist.
Cf. gr. ov&ccq > ov9arog, fjnaQ > fjnarog, lat. femur, femoris
> fernen, feminis; jecur, jecaris > jecinoris (kumulativbildung
aus jecoris und *jecinis) u. a. m. l )
gestossen? Solche formen kommen weder vor, noch sind sie gut er-
fanden; vgl. verf., a. o., b. 19 f.
*) An die femininalbildnngen ai.jdjvarl, gr.nfaQct zu jdffvänas, nltav
erinnere ich nur, damit es nicht scheint, als hätte ich sie ganz nber-
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Arisches. 43
Endlich zum schluss noch ein wort über av. aogare etc.
Wir haben oben s. 30 gesehen, wie der stamm (ar.) azh- durch
die n-deklination hindurch in die der «-stamme geraten ist;
cf. dhöbhis, dhassu. Auf demselben wege ist ü'dhar zu den
kasus udhasas, udhassu gekommen; cf. oben s. 40, wo noch
einige weitre beispiele verzeichnet sind. Ein par mal stossen
wir aber auch auf die umgekehrte erscheinung, dass s-stämme
sich einen kasusausgang, und zwar den des akk.-nom. sing.,
aus der r-deklination geborgt haben. Beispiele sind: Aus dem
avestischen:
av* aogare > ai. ogas, ö'gasas, av. aogö, aogö, aogawhö;
av. zü^are, za#are[1ca („Schnelligkeit") > ai. gdvasä 1 );
av. ayare j. 29. 11 > ayanhä, ai. dvas, dvasa (unsicher; so
Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXX, s. 329, n. 1);
av. danare („dosis") > gr. ddvog (unsicher; a > a decken
sich nicht!). — Aus dem altindischen ist mir kein sicherer fall
bekannt dnarfvtä lässt auch eine andere auffassung zu, vgl.
oben s. 15 note.
Es wäre denkbar, dass auch hier die bei den r-stämmen
üblichen n-kasus die Vermittlerrolle gespielt haben. Waren ja
doch im avesta nicht nur die lok. plur., sondern auch die
&A~ka8U8 der w- und 5-deklination zusammengefallen (cf. verf.,
handbuch, § 180 f., 214 f.). Doch ist nicht ausser acht zu
lassen, dass auch im griechischen /ufjx a Q neben prjx°S> n ~ La Q
neben iziog (ai. pivasä, plju§am) , 1%<j&q neben \%to (aus O osip)
auftreten. Stehen beide erscheinungen in geschichtlichem Zu-
sammenhang mit einander?
[Fingesant: 25. mai 1888.]
Chr. ßartholomae (Münster-W.).
sehen. Hier ist die differenz r >n uralt, auf uralter stammesverschieden-
heit beruhend, jdgvarl- lässt sich ebenso wenig von jdgvan- ableiten, als
ijfrti- von ijetd-, dsiknl- von dsita-, pdtnl- von pdtaj-, Verschiedenheit
der bedeutung und Verschiedenheit der stammbildung gehen hand in
hand.
*) Altir. zurah- in av. zuro.gata- und ap. zum, zurakara gehört nicht
mit av. zäyare und ai. gävaz zusammen, sondern mit ai. hvdras „verrat".
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44 0. Hoffmann
Die kyprischen glossen als quellen des kyprischen
dialektes.
Als vor nunmehr 12 jähren durch eine reihe glänzender
entdeckungen die entzifferung des kyprischen silbenalphabetes
gelang, wandte sich begreiflicherweise das interesse von den
glossen, welche bis dahin die einzigen quellen für die kenntnis
des kyprischen dialektes gewesen waren, den inschriften zu.
Indessen wird trotz der wichtigen und neuen resultate, die
aus diesen gewonnen sind, die glossographische Überlieferung
nach wie vor ein unentbehrliches hülfsmittel für eine dar-
stellung und beurteilung des kyprischen dialektes bilden. Die
gründe hierfür liegen einmal in den mangeln der kyprischen
Silbenschrift, die z. b. weder lange und kurze vokale noch
einfache und doppelte consonanz unterscheidet. Ferner können
wir bei den inschriften mit bestimmtheit behaupten, dass die
Schreibung nicht immer der ausspräche gerecht geworden ist,
ein mangel, den in vielen fällen die grammatikerüberlieferung
ergänzt. Endlich erhalten wir auch über accent und Spiritus
allein aus den glossen au&chluss. Wenn dieselben somit einer-
seits unsere inschriften ergänzen, so besitzen sie andrerseits als
selbständige quelle eine grosse bedeutung für den kyprischen
Wortschatz und sind für viele seltene, zum teil nur aus anderen
sprachen zu belegende nomina und verba sicher auf immer die
einzigen zeugen.
Das verdienst, auf die Wichtigkeit der kyprischen glossen
zuerst hingewiesen zu haben, gebührt M. Schmidt, 'der die-
selben in Kuhn's zeitschr. IX (1860) p. 290—307 und 361 -
369 zum ersten male vollständig sammelte. Freilich besteht
der wert dieser arbeit mehr in der sichtung und teilweisen
emendation des materiales als in einer gründlichen erklärung
und ausnutzung desselben für die spräche. Daher ist das bild,
welches Schmidt p. 365—369 von dem kyprischen dialekte ent-
wirft, nicht nur unvollständig, sondern zur hälfte verfehlt.
Eine systematische darstellung desselben auf grund der
glossen versuchte Rothe in seiner dissertation „De Cypriorum
dialecto", Leipzig, 1875, von welcher nur das erste drittel, den
vocalismus behandelnd, erschienen ist. Es wird darin etwa
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 45
der vierte teil aller glossen vorgeführt. Leider entsprach das
resnltat dieser arbeit nicht den erwartungen, welche Schmidt
in richtiger erkenntnis der mängel seines aufsatzes an eine
sprachvergleichende behandlung der glossen geknüpft hatte
(p. 369). Rothe's erklärungen sind ebenso wie seine conjec-
turen fast sämmtlich misslungen.
Da bei dem reichlichen fliessen unserer inschriftlichen
quellen eine gesammtdarstellung des kyprischen dialektes nicht
mehr lange auf sich warten lassen wird', so ist eine neue
kritische Sammlung und deutung der glossen zum dringenden
bedürfhisse geworden. Dass hierbei zugleich ein beträchtlicher
gewinn für die vergleichende grammatik abfallt, wird die fol-
gende abhandlung hoffentlich zeigen.
Ueber ihre anordnung möchte ich folgendes vorausschicken:
Aus guten gründen habe ich die glossen nicht in alphabetischer
reihenfolge aufgezählt, wie es Schmidt gethan hat, sondern je
nach den dialektischen eigentümlichkeiten , für welche sie die
belege enthalten, unter die drei kapitel „lautlehre, formenlehre,
Wortschatz" und deren Unterabteilungen eingeordnet. Da es
hierbei unvermeidlich ist, dass einige glossen an mehr als einer
stelle citiert werden, so habe ich eine fortlaufende (also nicht
für die anzahl der glossen massgebende!) numerierung einge-
führt und den mehrfach besprochenen glossen an jeder stelle
in klammern [] diejenigen nummern hinzugefügt, unter denen
sie sonst noch zu finden sind.
Wenn die glossen keine nähere bestimmung fuhren, so
stehen sie bei Hesych. Leichtere änderungen sind, zumal wenn
sie nicht die glosse selbst, sondern nur ihre erklärung betreffen,
ohne weitere bemerkung aufgenommen. Andrerseits habe ich
conjecturen, die mit Überlieferung und spräche gar zu ge-
waltsam umspringen, überhaupt nicht erwähnt.
Bei dem zwecke, welchen diese arbeit verfolgt, habe ich
darauf verzichtet, auf grund gewisser feststehender lautgesetze
des kyprischen dialektes unter dem herrenlosen gute des Hesych
eine jagd nach kyprischen glossen zu veranstalten. Indessen
habe ich diejenigen, welche Schmidt und Rothe gefunden haben
oder gefunden zu haben glauben, der Vollständigkeit halber mit
aufgeführt.
Endlich will ich, um in der litteratur vollständig zu sein,
ein buch nennen, das für jede darstellung des alt-kyprischen
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46 0. Hoffmann
dialektes unentbehrlich ist: Beaudouin 6tude du dialecte
Chypriote moderne et medieval, Paris, 1884.
Von den im Hesych stehenden kyprischen glossen fuhren
folgende die bestimmung Kvttqlol mit unrecht:
älovQyd. tä bt ttjq &<xhxo<rqg TtOQyvQa. Kvtcqiol.
Richtig zog Ruhnken das KvnQioi zu der vorhergehenden
glosse alova. nrJTtoi. [49]
dfjfltfjV. 7t6QVtpf. K.V7VQ101.
Wahrscheinlich ist mit Schmidt Kvttqiv zu lesen, dtjplt]
würde dann ein dem gewöhnlichen 7tdvdrj/Äog gleichbedeutendes
beiwort der Aphrodite sein.
evevvoi. irtiTijdeioi vonoi aig KvrtQtoi.
Meineke las Kvnqiv. Freilich könnte man auch hinter
elg eine lficke annehmen.
eQOvvzeg. liyovzeg. Kvizqioi.
Das Kvuqioc gehört vermutlich zu der voraufgehenden
glosse SQOva. ttoqbvov. ävaitavov, [50]
&Q6daxa. d'Qidana. KwtQtoi.
Schmidt hat Kvtcqioi mit recht zu der nächstfolgenden
glosse &q6vcc av&ri. xai ta £x xqtanaxw Ttoixil/Aara gesetzt.
9-qova war auch nach dem Zeugnisse des scholiasten zu Theoer.
II, 59 ein kyprisches wort [206]
In mehreren glossen haben Schmidt und Meineke den
namen des kyprischen chresmologen Evxlog durch änderung
hergestellt Indessen kann keine einzige dieser Vermutungen
ansprach auf Wahrscheinlichkeit machen:
yd lag. yrj naqd Ewklrtp.
Bereits Salmasius schrieb Evxty. Von einer änderung
wird die glosse geschützt durch
yaXdoiov. bnjQoaiov.
dvv£iov. aßqo)%ov, EvxXeidrjg.
Meineke Utqcjtov. Evxlog.
IdQfie&eig* oi 7ta%qiöm ev xvxJUp.
Soping. h Kv7t()(p. Schmidts conjeetur h Evxly ist
jedenfalls unmöglich, da es für h in diesem falle Ttaqd heissen
müsste.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 47
aveovllcu. aelXai naqa mk.
Schmidt avi&vllai. aelkai. Ttaqd Eviihp. Richtiger
Ähren s aveXXac. äellai. ticcqcc y Ahuxi<p.
EItioxccI. ftrjyij n %(ag xXeiTwg.
Meineke 7taqd %<j? Evyd(p.
A. Lautlehre.
I. Vocaliunns.
1. Die kurzen vokale.
a) a als ablant zu w.
1. xcclldicc. evTEQa. Kxmqioi.
Weder Meineke's änderung (yuxtivöiva) noch Rothe's
erklärung (nalidia = %aXLdia), welche auf der bereits von
M. Schmidt herangezogenen glosse xalddeg. %ä evrsQa beruht,
scheinen mir das richtige getroffen zu haben. Vielmehr stelle
ich xäk-ldia zu kcjXov „der darm". Der ablaut müX-ov : xal-tg
ist durchaus regelmässig und durch den accent bedingt.
b) a als minimalvokal.
2. aßctQiOTav. ywaixi^ofiivrpf. xa&aiQOiiivrjv xcrra/At]-
vioig. Kvtvqioi. [32. 60. 205]
Rothe construiert ein adjektivum aßäqig = a-däqig, att.
adrjQig „unkriegerisch". Die bedeutung des hiervon abgeleiteten
verbums aßaqlCpiKu soll ursprünglich „ywauu%eo&ai" gewesen
sein. Wie sich indessen hieraus „facili negotio" die bedeutung
„xa&aiQeo&cu MttafATjvioig" hat entwickeln können, verstehe
ich nicht Zudem findet diese ganze erklärung ihre erledigung
durch eine andere glosse
dßqivd. X6xa&aQfi£va,
welche deutlich zeigt, dass das zweite a in äßaQiOTav schwacher
vokal ist.
Da eine wurzel ßeq 9 die „reinigen" bedeutete, nicht existiert,
so steht das ß wahrscheinlich für /; dann gehören ä-ßaQ-l&pai
und a-ßQ-ivog zu dem homerischen aoriste d7z6-Bq-oe „er riss
fort"» dessen Optativ dnoiqoue gerade als kyprisch angeführt
wird, ferner zu dno-fQa-g und a^r-a-vpa-cii — drt-a-fQd-io (mit
prothetischem vokale). Dem stamme wie der bedeutung nach
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48 0. Hoffmann
Hesse sieb das Lateinische verro „auskehren, ausfegen" ver-
gleichen.
3. ovaQai* rjfieig. Kvtzqiol
4. ovccqov de elaiov. Kvttqioi.
Wie gewaltsam die conjecturalkritik mit beiden glossen
umgesprungen ist, dafür mag M. Schmidt's immerhin noch
massvolle änderung ov%q6v (= w%qov) . duXcuov als beispiel
dienen.
Zum ausgangspunkte nehme ich die zweite glosse. ovaqov
fasse ich als o-faq-ov und ziehe es zum stamme sver „leuchten,
glänzen", ssc. svar „licht, glänz". o-fctQ-ov „das glänzende"
steht also für o-f(>ov genau so wie das homerische occqoq „das
geflüster" für o-a'Qog (stamm G€q).
Oder ist an. sur-eggr, ahd. sür-ougi „tiefäugig" zu ver-
gleichen? Dann wäre ovccqov „das triefende".
c) e unter dem hochtone für gemeingr. o.
5. xax i'(f e%eai. xctxHjaai. näyioi. [147]
Die handschriftliche lesart xareQeai. xa&ioai ist zu ver-
bessern nach kot cq* ?£e(o). xa&i^ov y xar eq eCpco. ha&i^ero.
M. Schmidt verglich zu unserer glosse x, 378
Tlg>& ovttjQy 'Odvaev, xcer aq Kpou, laog ävavdcp;
1'qcc ist die ursprüngliche, als selbständiges adverbium fun-
gierende form, welche erst späterhin, als sie zur tonlosen
enclitica wurde, den schwachen vokal annahm. In demselben
Verhältnisse steht xe zu xa, 7tote zu rtova u. a. Wie die
kyprische vocalisation beweist, hat das homerische aqa nichts
mit dem stamme <xq- in aQaqiaxa) zu thun. Am nächsten liegt
es, eqcc und aqa zur wurzel ser „reihen, knüpfen" zu ziehn.
d) i als minimalvokal.
6. ßQiyxa. tö fuxQW. Kvtcqiqi. [62]
Vielleicht gehört ßqiyxa = fQiyxct zum stamme vragc „zer-
spalten, zerstückeln", der vedisch nur in der kurzform vrge =
griech. /^ w x, fQix (mit eingeschobenem nasale fQiyx-) auftritt.
Oder steht ßfx für fiQ'x? Zd. mererftg „töten" und got geh
maurgjan „abkürzen" gehen auf ein idg. merg „verkürzen" zurück.
7. ni'kvov. qxxiov. Kvtzqvoi.
Der volle stamm erscheint in den gleichbedeutenden worten
niXog, 7tehös und TtehSvog.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 49
e) i aus 8 geschwächt.
8. IuItqccov. vitötfaoov. Jldcpioi. [86]
Für Ifi-fihQaov = i/A-fiiTQaoov. Völlig verfehlt ist der
versuch M. Schmidt's aus dieser glosse die existenz eines
kyprischen ind = vrco (2/u = \rc = irtd) zu beweisen.
9. Ififtdzaov e'fißleipov. üdqtioi. [87]
Der stamm nccra- ist sonst nur in der auf metathesis
beruhenden form tttö-, homer. na-ma-lvw „umherschauen"
nachweisbar.
Eine grosse anzahl herrenloser glossen , in welchen iv für
iv erscheint, sind zum grossen teile mit Sicherheit dem kypri-
schen dialekte zuzuweisen:
1. vyxQog. eyxiqxxkog. Für ey-xaQog.
2. ifiTtoltjg. Xrptxrfi. Wahrscheinlich kgoirjg zu lesen.
3. iv äxQitav. eig äxQioiav. [91, l]
4. Ivdpfiaviv. $y*(>ioiv. [91, 2]
Die handschrift bietet exuQiaiv.
5. iv ävdroig. iv drtOQicug.
6. IvaQßtog. Ixavog. ivaQStog.
7. iv i(i Iva. ivrjfuov.
Lies iv r^iwa. Das adjektiv r^iivog == rjfucvg ist
auf den Gortynischen tafeln mehrfach belegt.
8. ivKCCTtdzaov. iyxardßXetpov. [28. 91, 3]
9. lyxa(fOT6vs. kvxavaqwteve. [16, 19. 27]
Beide glossen sind paphisch.
10. ivnqoayoQOtg. bavtlog.
11. iv %vtv. iv %ov%<#. [154]
12. Iv <pdog. elgvo q>tog. [74]
13. Ioxgqw. «£?£. T ,
Vgl. boz*t» bei Apoll. Rhod. I, 912. In der-
selben bedeutung gebraucht Homer inio%€Q(u.
14. iyl&^iv. rdv xQvqxx laXovoav, aiviyfictTcidaig.
Die handschrift hat upivtdv. *Qv<pa u. s. w. tyfi-
%iv steht nicht, wie M. Schmidt meinte, für vtto-
qnjtiv, sondern für i^qnjziv 9 vgl. eiuparov aiviyna-
voeidwg ßiQrj/Aivov. Hesych.
f) o als Stellvertreter von t;.
10. d&Ql&iv. Qiyovv. KvttQioi. [161]
Beitrüge e. künde d. indg. sprachen. XV. 4
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50 0. Hoffmann
M. Schmidts conjectur avQitßiv ist gewaltsam. Der
archetypus hatte offenbar
AOPIZEIN = aoQttsiv,
eine form, die wir nach papfaischem lautgesetze für avQiCeiv
erwarten (vgl. auch ion. (pEoyeiv = (pevyeiv). Demselben Schreib-
fehler — für — werden wir noch dreimal begegnen.
11. eo&XccL gvhva nalyvia. l4^ad-ovaioi. [100]
Bisher noch nicht gedeutet. Mit der leichten änderung
des 6 in lese ich
k'aolai =» l'o-ooXai — ex-i-vkcu
„ganz aus holz bestehend". Die präposition ig lautete vor
consonanten im Kyprischen io. Dafür, dass auch anlautendes
£ unter verlust des gutturalen zu einem Zischlaute wurde, haben
wir ein zweites beispiel in der gleich zu erwähnenden glosse
oodva. dgivt]. ndyioi. Für oo ist einfaches a geschrieben,
ebenso wie /u für pfi in der glosse IfiixQaov.
12. evvQOOoeo&ai. imoxQiqteo&ai. Tldtpioi. [159.]
Das erklärende imGTQiyeod-ai soll hier offenbar „sich auf-
halten" bedeuten, wie die glosse
&7VltQVOO€lV. i7tl/A€lVOV. u4(XXü)V€g.
deutlich zeigt. Auf die präposition ei = im komme ich später
zurück. Das präsens xQvaato gehört zu demselben stamme
tqvx-9 von welchem xqvxw „aufreiben, aufzehren" abgeleitet ist.
imxqiaouv (seil, xqovov) wurde also mit ganz derselben ellipse
wie tqißeiVy dicexQtßeiv im sinne von „die zeit hinbringen"
gesagt. Von demselben stamme lit. trükti „zögern, bleiben".
13. &oqdvag. xo egio. ITdyioi.
M. Schmidt liest d'oqdvöig. Ebenso leicht ist die ände-
rung in
y^oqdvöe (A€ für AC).
An der erklärung „l?w" ist kein anstoss zu nehmen, da Staate
von dichtem in derselben bedeutung gebraucht wird, z. b. Eur.
Bacch. 330 &vQa£e xwv v6f.i(av „ausserhalb der gesetze", Orest.
604 xd x evöov elal %d xe dvqats övoxvxeig.
14. (.iox[xu)]xoq>ay la. d-vata xig iv 2ahxfi7vc xrjg Äi5-
71Q0V Xel0VfA€VTj.
Die handschriftliche lesart tioxxoqxxyia hat Schmidt emen-
diert. /Aoxxondg steht für ftvxxwxog.
15. fioxoh hxog. üdcpioi. [153]
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 51
Den Superlativ zu diesem locative lesen wir q>, 146
ICe fivxohavoQ aliv.
16. aodva. ä^ivij. ITdcpioi. [40. 101]
Für gvrjkr], vgl. oben -ooku = -%vhu. Die länge des
ersten a wird durch Hesych's glosse gvdlrj, für welche Lobeck
kurzes a beansprucht hat, in frage gezogen. Ueberflüssig ist
die conjectur aodla, da die suffixe -tjXog und -rjvog völlig mit
einander parallel gehen.
Die ausspräche des v als o scheint keineswegs allgemein-
kyprisch gewesen zu sein. Von den aufgezählten glossen führt
nur doQtCßtVy das seines diphthongs halber eigentlich noch zu
isolieren ist, die bestimmung Kvhqioi. Die übrigen gehören,
wenn wir das seinem Ursprünge nach dunkle und erst durch
conjectur gewonnene /*ot[tw]tos der Salaminier abrechnen, mit
einer ausnähme den Paphiern an. Dazu kommt, dass in vifelen
mit KvTtQioi bezeichneten glossen ein v überliefert ist, vgl.
dyxvQa, aÖQva, ditoXvy^oxog^ aQpvXa, dtrtTvov, dvoea, &ta,
xwvTtiotia, Qvetva, axvöd, ooXoixvnog.
Die hellere ausspräche des v muss also als eine eigentüm-
lichkeit des paphischen, oder sagen wir besser des süd-
westkyprischen dialektes gelten. Ausschliesslich paphisch
sind in folge dessen folgende von M. Schmidt (Seh) und
Rot he (R) den Kypriem zugewiesene glossen:
1. ßoQttaj;. {ivQ{irj%. (Seh). Vgl. ßvQfiaxag. fitvQiirjxag.
2. ßQÖxot. dtiXeßoi. äxQideg. (Seh). [58] Vgl. ßqv-
xog . . . ol de dtriXeßog.
3. ßQogai. Qoqtfjaai. (R). Vgl. ßQvgat. daxelv. xena-
ittüv.
4. yoQog. xvQtSg. (Seh). Vgl. yvQog und die glosse
yvQTOV. xvq>6v.
5. &y%6dia. a&Qoa. (Seh). Zur bildung vgl. yoöav und
oxvdd.
6. ix&OQaQei. &<Wfa. (Seh). Vgl. dvQdgai. el&Trjg
dvQag
7. erttoxaoev. ixdXvipev. (Seh). [106] Für irtvxaoev.
Zugleich interessant wegen des m für tt, vgl. itxoXtg^
TtTolepog.
8. iQaTodev. dvertavoavxo. (Seh). [35. 204] Die glosse
bezieht sich ohne zweifei auf B 99
iQrjxvfov Si xa% fttytg.
4*
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52 0. Hoffmann
9. lvxaq>6reve. $vxara<pv%€ve. (Seh). [9, 9. 27]
10. xopßog %b dxntotia. (R). Vgl. das von
Athen. XI, 483 A in der bedeutung von tvottiqiov
bezeugte paphische xv/nßa, ferner xvpßog, xvpßag,
XVfißtOV.
11. xoifta. vÖQia. (R).
12. xotpia. %vtQa. (R). Vgl. xvipeXt], xvipeXlg.
13. XQoataXXog. elöog viXov. (Seh).
14. Xocpvldia. Xa(X7tadia. (Seh). [120]
15. Xoq>vlg. Xctfiindg. (Seh). [119] Für Xvpldia, Xvjfyig^
vgl. Xv%vog.
16. ftoXoQog. Xv7tTjQog. arjdyg. (Seh).
Vgl. fioXvQOv vcj&qov. ßQCtdv. ävictQW* ätjdig.
d%OQitOV* XVTTTJQOV.
17. rtBTtoo fiai. axijxoa. (Seh). Wahrscheinlich eine
homerische glosse.
18. axoXXi. axvfifiov.
Rothe: oxoXpa. axvXfidv. M. Schmidt axoXXi.
axvXXi. Da auslautender nasal bei den Kypriern
neigung zum verklingen zeigte und gerade im aecu-
sative in 2 anderen glossen nicht geschrieben ist, so
vermute ich
axoXXo. oxvfivov.
Das wort axvXXog wird in der bedeutung „junger
hund" ohne angäbe des ethnikon im Etym. M. 720, 19
(axvXXog. xvQtwg Ini xwbg vtoyvov) und bei Hesych
(axvXXov. rf/v xvva Xeyovaiv) angeführt. Zu ver-
gleichen ist axvXai;, ursprfingl. „jedes junge 11 , dann
besonders „der junge hund".
19. apoyeQov. oxXtjqov. inlßovXov. /doxihjgov. (Seh).
[223]
Das adverbium ijti-a/dvyeQÜg steht y 195, d 672
und häufig bei Apoll. Rhod. Dem stamme nach ge-
hört das wort zu lit. xmdugti „erwürgen".
20. avoQoyxcci. ßXaTZTixoi. (Seh).
Nach M. Schmidt für avo(giy%at.
21. toXvi;. aiödiov. Vgl. zvXoy. aldolov. Die grund-
bedeutung ist „das hervorstehende, der pflock".
22. q>6a. k^ay^r^axa ev rip aaSfiati. (R). [174]
Von qtiov = qwog abgeleitet, vgl. das kyprische
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 53
&va für 9vea. qwog wird von Hesych durch q>v-
Tevfta, yewrjfia erklärt.
23. g>oxevei. ywp. (Seh). Die handschrift irrtümlich
<fXOT€V€l.
g) öq, qo für ctQ> qcc =• ssk. r.
17. xoqCcc. xaqdla. IIdq>toi. [129]
Vgl. ssk. hrd „herz".
18. OTQ0 7crj. aOTQaTzrj. üdcpioi.
Wahrscheinlich entspricht OTQ07trj einem gemeingriechischen
OTQartrj, welches durch das Etym. M. 514, 31 bezeugt ist. Es
könnte sonst auch otqotvtj durch synkope aus dem homerischen
oveQOTtfj entstanden sein, wie l'yxQog aus tyxaQog, zQefii&og aus
rsQißiv&og. In diesen fällen geht freilich der accent voraus.
h) Apokope der präpositionen.
Belegt ist dieselbe nur bei der präposition xctrd. Auf
den durchgreifenden unterschied, welcher in der behandlung
der apokopierten formen zwischen Aeolern und Westgriechen
stattfand, habe ich De mixt graec. ling. dialectis p. 5 hinge-
wiesen: die Aeoler und Thessaler assimilierten den am ende
unhaltbaren consonanten dem folgenden anlaute (xdßßaXe), die
Westgriechen stiessen ihn ab (xaßalvtap). Dass die äolische
weise gemeinachäisch war, beweisen die ky prischen glossen:
19. xaxxeiQai. xctraxotpat. JIdg>toi. [263. 272]
20. xdQQCtgov. üdcpioi x(crc)a%QV. [37]
Gewöhnlich ist schon Vereinfachung der doppelconsonanz
eingetreten (ebenso wie in ifiixqaov = lfii-fiilxQaov y \q>[a%]iv =
ifi-q>5xiv, eaoXat = eo-oolai):
21. xdßltj. pdvdalög. üdcpiot. [43. 94. 141]
22. xdyQa. xaxayayaQ. Zala/ninoi. [93. 140. 247]
23. xaxoQccg. xaxaxoipag. na^d Evxhp. [88. 138. 263]
24. xali%eg. xaxdxeioo. üdqtioi. [150]
25. xanaxa. xctxcntoxftag. Iloxpiot. [149]
26. xartdxag. xa&OQiov. nctQd Evxkp. [89. 139]
27. \vxaq>6xeve. $vxaxaq>vxevs. (paphisch.) [9, 9« 16, 9]
28. IvxüLitdxabv. fyxavdßleipov. (paphisch.) [9,8. 91, 3]
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54 0. Hoffmann
2. Die langen vokale,
a) Urgriech. ä ist erhalten in
29. ayava. aayrjvtjv. KvrtQioi. [77. 116. 126. 131]
30. äyqTMQ. 6 %wv li(pQOÖizrjg dvrjhov yyovfisvog IsQevg
h KvrtQ V . [110. 193]
31. dafiatQi^eiv. to awdyeiv %6v Jrj^irjrQiaxdv xüq-
rtdv. KvrtQioi. [164]
32. aßaQiaTdv. [2. 60. 205]
33. avöa. cnrtrj. Kvtvqcoi. Noch dunkel. [237]
34. ßoovtjrd .... nctQa Kv7tqloig de dvooiog. [42. 71]
Freilich bleibt es zweifelhaft, ob ßoovrjrä oder ßoovrjvä zu
lesen ist. Im ersteren falle würde das a des nominativs abge-
fallen sein wie in xdßlrj, xdyQa, veai, im zweiten falle dagegen
hätten wir einen ohne sigma gebildeten nominativ vor uns, der
dem äolisch-epischen %it7toxa % veq>ekt]yeQha u. a. an die seite
zu stellen wäre. Ueber das r\ siehe [42].
35. &Qdto&av. dvertavaavro. [16, 5. 204]
36. $äTccg. dijtag. xovg öovXovg, Kvtvqioi.
Die handschrift hat övrag. Ist die Vermutung &ä%ag 9
welche durch die reihenfolge gefordert wird, richtig, so muss
die gewöhnliche etymologie von fhjg, welche das wort vom
stamme dy- „setzen, legen" ableitet, aufgegeben werden.
37. xaQQagov. Ildcpioc. xq5^ov. [20]
Meineke hielt die glosse selbst für corrupt und vermutete
xdxQagov. Wahrscheinlich steckt jedoch der fehler in der er-
klärung xqa^ov^ wofür M. Schmidt mit leichter änderung
xdrat-ov schreibt. xaQQagov steht dann für xatd-QQtjgov.
38. IleXdva. fj Sdlapig h %oig EvxXov xQ^a^olg. [172]
39. axvdd. axtd. Evxlog. [177]
40. oodva. äl-lvt]. FLdcpioc. [16. 101]
In wenigen fällen ist durch schreiberhand r\ für a einge-
setzt: dxootnj, äldßr], Hort], CTQOTty.
b) Gemeingriechisches rj
ist im allgemeinen bewahrt geblieben. Besondere hervorhebung
verdienen folgende fälle:
41. aTt&Xrjxa. drt&qqwya. Kvtzqloi. [76]
Für dn-i-fXrixa. Der stamm /A17X ist auf griechischem
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 55
boden sonst nur in seiner kurzform /Aäx- in Xdxog „fetzen"
(aeol. ßQaxog?), Xccxig, vgl. latein. lac-er erhalten.
42. ßoovrjtd. Ttfdijg ßoiov rjyoQaa/itivct. nctQa Kvnqloig
de evoaiog. [34. 71]
Meineke's conjektur ßowvrjrag, die M. Schmidt's beifall
gefunden hat, stützt sich auf die tatsache, dass es bei den
alten als unrecht galt, den pflugstier zu verkaufen. Indessen
würde doch ßowvtjzag denjenigen bezeichnen, welcher den stier
kaufte, und wie dieser dvoaiog genannt werden konnte, ist
mir nicht klar. Ich zerlege deshalb das wort in ßoo-vfJT<x
„einer, der den pflugstier hungern lässt". vrjta = vi?-Tä£ ziehe
ich zu vijaTiQ „nüchtern, hungrig", das von Aeschylos häufig
in aktiver bedeutung „hunger verursachend" gebraucht wird,
und zu vrj-qi-w „nüchtern sein". Der stamm vtj- steht für fvri-
und ist durch metathesis aus feve- hervorgegangen, das sich
in got. van „mangel" (idg. *vonom) und griech. evvig = e-fv-ig
(mit prothet. e) erhalten hat Ueber vyqtco s.Froehde BB. III, 14.
43. xdßlrj. iidvdaXog %wv 9vQtov. üdcpioi. [21. 94. 141]
ßXrj- zum stamme ßeXe- „werfen, legen" gehörig.
44. %i%rjt6g. 8 efitßdftterai 6 Xißavonog. KvrtQioi.
Musurus schrieb elg o ifißdXXerai. Jedenfalls wird die
Übersetzung „weihrauchfass" das richtige treffen, vgl. %r}-log
„lade, truhe".
c) Gemeingr. r\ in et verwandelt.
45. Xsiv{ea). €Qia. KvrtQioi.
Die handschrift bietet Xelv., das Musurus zu Xsiva er-
gänzte. Lesen wir Xelvsa, so wird der Ursprung des Schreiber-
fehlers eher begreiflich. Xrjvog steht für fXfj-vog und gehört
zum stamme vel- in ssk. ürnä, lit. vil-na „wolle".
46. Qvsiva. &Qva. Kmqioi. [66. 142. 222]
Für fQrjva. Das nomen fQ^v (Apoll. Rhod. IV, 1497,
Nicand. Th. 453) = ssk. ürä „schaf" ist bei Homer in der
composition 7toXvQQrjv erhalten.
47. £dei. ßivei. xal tcvü, Kixtqioi. [72. 128]
Für di-drj. Bei Homer ist für das überlieferte öidei «478,
z 440 natürlich öidrj zu schreiben. Das ei verrät die attische
abkunft des redactors (vgl. att. hl&eig, hl&ei).
d) tj aus € + 5 contrahiert.
48. a7tXavfj. TtoXXd. Kvtzqioi. [156]
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56 0. Hoffmann
Seltsamer weise ist diese völlig klare glosse von den ärgsten
conjecturen heimgesucht. So schreibt M. Schmidt, nach dem
vorgange von H. Steph., a7tXwfj. [rtoXXd.] xottQia., wobei er
es noch freistellt, ob man noXXa ganz auswerfen oder rtaXaid
dafür lesen wolle. Rothe schlägt drtXadij =» a/tXfj&ij vor.
TtXav-yg gehört zu dem stamme nXav-, welcher im home-
rischen ni(jL-Tckxv-eiai I 679 erhalten ist. Dieses nl&¥- ver-
hält sich zu TvXä- und dessen kurzform rtXa- (z. b. in nifi-
7tla-fiev y 7Uii-7zkx-vai) genau so wie q>av- (in <palv-io, qpay-figog,
qxxr-rjQ) zu q>ä-, ssc. bhä „scheinen" und dessen kurzform cpa-
(z. b. in qw-oig „erscheinung") oder wie x«*- (in %<xiv-<a) zu
X<&- (in x 1 ?-^ 1 ?)» ssk. hä und dessen kurzform x«- (in %a-a%-<o).
Die erscheinung, dass die kurzformen langauslautender stamme
durch consonanten erweitert und so zu selbständigen thema-
tischen verbalstämmen umgebildet wurden, ist in allen indoger-
manischen sprachen äusserst häufig.
e) Ursprüngliches w.
Durch M. Schmidt aufgestellt und von Rothe verfochten
ist die ansieht, dass die Kyprier, ebenso wie die Thessaler,
ursprüngliches to wie ov ausgesprochen hätten. Gegen das
Zeugnis der als kyprisch überlieferten worte dydo&tog, dyjjrwQ,
ä(tfi(octTOQ, iX&ereug, ioia 9 d'ißwvog berief sich Schmidt auf die
3 glossen:
49. dXova. %tjn;ot.
50. igova. noQevov. dvcmavov.
51. oval. awXal.,
von denen keine einzige in unserer Überlieferung den Kypriern
zugesprochen wird. Freilich ist es sehr wahrscheinlich, dass
aXova und iqova ihr Kvtzqioi an die unmittelbar benachbarten,
sicher nicht-kyprischen glossen dXovgyd und iQovvteg verloren
haben. Für oval lässt sich das nicht mit gleicher Sicherheit
behaupten, da die glosse ovdqat. yfiieig. Kvnqtoi^ welcher
Schmidt das Kvnqiov entziehen will, in dem folgenden ovctQOv
de eXaiov. Kvtvqlol eine stütze findet. Doch, selbst wenn wir
zugeben, dass alle drei worte dem kyprischen dialekte ange-
hörten, ist die folgerung, welche Schmidt aus ihnen zieht,
irrig.
aXova. %rJ7tov gehört zweifellos zu dem homerischen dXtad
„Weingarten, baumgarten". Da nicht nur der geschlechts-
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 57
Wechsel , wie wir sehen werden, eine im kyprischen dialekte
hanfig auftretende erscheinung war, sondern jetzt auch auf
der idalischen bronze ein äla/ov oder akj-ov im sinne Ton
„feld, garten u belegt ist, so haben wir keinen grund, Schmidts
Vermutung aXovä («= dXovq). %^mf anzunehmen. Das home-
rische alwd steht nun aber, wie das kyprische akafov und die
aus dem Ssk. hierher gehörenden worte läva „schneidend,
pflückend", Idvaka „Schnitter" zeigen, für d-kwfd. Dasselbe
gilt von €Q(od — l-Qiofd „ruhe, rast" il 302, P 761, das mit
dem ags. rdv, an. rö, ahd. ruowa identisch ist, vgl. Fick, KZ.
XXII, 377. Endlich ist inlautendes digamma auch für iod
„die phyle" durch das bei Hesych erhaltene lakonische tußd
bezeugt
Die formen akwfov, iQiofd und oi/a mussten sich im kypri-
schen dialekte in akovfov, iQiovfd und tovfd verwandeln, vgl.
die inschriftlich belegten formen xevevfov für xw«/oV 20, 2/3,
6v/QT]jdactTv 60, 4 neben if^tdaarv 60, 14 und die glosse
veoi. oxolrj.y die für vfeat steht In dem so entstehenden
langen diphthonge cov wurde nach gemeingriechischem lautgesetze
der erste bestandteil verkürzt: akovfov, iQovfd, ovfd.
Daraus folgt, dass ein wandel von (o in ov in diesen
fallen nicht stattgefunden hat und somit fürs Kyprische
überhaupt ohne belege ist
f) Ursprüngliches v.
Ebensowenig ist es Schmidt geglückt, einen Übergang
von v in <o für das Kyprische zu beweisen. Keine einzige als
kyprisch bezeugte glosse kann er für diesen lautwandel als
belßg anfuhren. Von den beiden glossen egioxe. xtolve und
gwrevet. y&vijt, welche er den Kypriern zuweist und denen
Bothe noch fyoyij. eldog ßotdvtjg (= £vyig) und xQwt.eiv. tpi-
9vQiCfiiv (neben tqv&i. yoyyv&i, xpi&vQitei.) hinzufügt, ist
gxorevei sicher aus cporevei verdorben, da qwrevto kurzes t; hat,
vgl auch das paphische lvxa<poTeve = bntarayvTeve.
Andrerseits liefern mehrere glossen, in welchen ov für v
geschrieben ist, den deutlichen beweis, dass der lange ö-laut
bei den Kypriern keine Veränderung erlitten hat:
52. ßQOv%Btog. ßaQctd'QOQ. ßdtQa%ov de Kvizqioi.
Für ßctQctÖQOs hat Dindorf mit unrecht ßaQßaQog con-
jiciert Das wort gehört in seiner ersteren bedeutung „kluft,
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58 0. Hoffmann
abgrund" zu ßqv%iog „tief 1 . Dagegen scheinen die frösche ihres
quakens halber ßQovxeroi (ßeßQvxa, ßqv%doiiai) genannt zu sein.
Vielleicht ist eine andere glosse
ßqv%i%oi. ßäwQoxoi fiiXQoi ffcovreg ovQag.
aus ßqv%i%oi verdorben, zumal da die reihenfolge an dieser
stelle gestört ist.
53. XovpccTCt. zä %üv 7tTioao(iivcov xqi&wv a%vqa. XJ-
tvqioi. [212J
So las bereits Pearson für das überlieferte dovfiara.
Einen zweiten beleg für den kyprischen stamm Xov- „lostrennen,
verstümmeln" nennt Eustath. zu 455 (meüto d* oy diupo-
ziQwv <X7to*oxp£/dev ovava xaX%<jj)i xai ovrwg [tev tiveg dito-
Xeipe/nsv eyQCtipav, aXXoi de dTtoXovaefxsv iJtoi xoXoßwauv.
Xovoov yaQ tpaat rcaQa KvftQioig %b xoXoßdv. [213]
Kyprisch sind also auch die glossen Hesych's
54. artoXovoenevai. xoXoßalosiv.
55. Xovoov. xoXovqov. xoXoßov. T€&Qavoft£vov. [213]
Der diphtong ov dient in allen diesen fallen nur zur be-
zeichnung des ursprünglichen langen w-lautes. Das kyprische
Xovto es 8sc. Zu-wrf-wi „abschneiden, abhauen 14 , latein. Jw-o,
re-lü-o, unterscheidet sich also nur durch die volle form des
Stammes von dem gemeingr. Xüw. Dass die alten grammatiker
die identität beider verben nicht begriffen, war ohne zweifei
zugleich eine folge der ausspräche und der veralteten bedeu-
tung des kyprischen Xovw.
3. Die diphthonge.
a) ai durch epenthese entstanden.
56. alXa. avxi %ov dXXa. Kvtvqioi. Etym. M. 34, 10.
Die glosse hat ihre bestätigung durch das inschriftliche
aiXwv Coli. Samml. 60, 14 = aXXwv gefunden. Die form alXog
geht auf ein äXiog = dXjpg mit Suffixbetonung zurück. Eine
inschrift aus Tamassus hat jetzt den ebenso entstandenen götter-
namen lArteiXcov — AneX^v zu tage gefördert.
b) ei für gemeingr. rj siehe [45—47].
c) oi aus fit abgelautet.
57. dity&egdXoiyog. ygaftfiavoöiddonaXog naqa Kv-
TtQioig. [233. 250]
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 59
Zu vergleichen ist die glosse
aXei7t%rjQiov. yQCKpsiov. Kvtcqioi.
d) ov aus av abgelautet.
58. ßQOvxa. 8. v. ßQOvxog. dxQiöwv eldog, "iwvsg. Kv-
TtQtoi öe tijv %hti(>dv a*Qida ßQOvxav. [169]
Da die form ßqovx- nicht nur bei den Kypriern, sondern
auch bei den Ioniern, Tarentinern und anderen üblich war, so
haben wir in ov einen echten diphthong und nicht etwa einen
speciell kyprischen Vertreter von v zu sehen. Denselben stamm
in seiner hochbetonten und schwachen form zeigen zwei andere
glossen Hesych's
ßQevKog. fj juixQa äxQig. vitb Kqtjtwv. Das überlieferte
ßQ&tog verträgt sich nicht mit der reihenfolge.
ßQvxog ol de aTzeleßog. Diese form erscheint auch
in paphischer vokalisation mit o:
ßQOxoi. dvileßoi. äxQideg. [16, 2]
Das ablautsverhältnis ev : ov : v war auf griechischem boden
bisher nur in ikev&to, ikijkov&cty qlv9ov bekannt. ßQevxog,
ßQOvnog und ßQvxog gehören dem stamme nach zu ßQVKw „zer-
bei8sen u . Das Verhältnis von ev zu v ist in diesen Worten
ebensowie in vielen anderen vorläufig noch dunkel.
e) ov aus av entstanden.
59. ayxovQog [oQ&bg i]] oq&qoq. Kvtvqioi. rj (pwoqnQog
%al ol avv avT($ . . .
Das überlieferte xcrt ol avv av%(j} will M. Schmidt auf
grund der glossen
ivavQio. 7tQoSt. KQtjreg.
Kivavqov ipvxog. xb äpa ijueQa. Kvtvqioi.
in xal ol avv %($ av ändern. Mir scheint vielmehr yiooqtoQog
den morgenstern zu bezeichnen und hinter avrai etwa doreQeg
ausgefallen zu sein. Dass ayxavQog die allein richtige form
sei und Hesych ein äy%ovQog nur aus den unleserlichen zügen
seiner vorläge erschlossen habe, möchte ich Schmidt nicht
unbedingt zugeben. Freilich muss, wie aus der Übereinstim-
mung aller indogermanischen sprachen hervorgeht, der den
schwachen formen der wurzel ves „leuchten" (ssk. us-rä-s) vor-
geschlagene vocal bereits ursprachlich a gelautet haben vgl.
avQiog = d-vo-Qt,og> latein. aurora = a-us-osa, lit. ausz-rä,
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60 O. Hoflfmann
ftltn. aus4r „osten". Indessen würde eine verdumpfung von
a zu o auf arkadischem (ytvqvoi, dexorog, sxovofißoia) und
kyprisqhem boden (ovi&tpie, "JSxoros, xoq£<x) ihre parallelen
finden.
n. Consonantiimut.
1. Die Spiranten.
<i. Der labiale spirant /.
a) als ß erhalten.
60. aßagiatav. [2. 32. 205]
Wahrscheinlich zum stamme /«?- gehörig.
6
61. et ß lag. lap7tQtoQ. KvnQioi. [132]
Der stamm a/A- ist die regelmässige kurzform zu afel-
in a-fik-iog „sonne". Dass das wort ein adverbium auf -a|
ist, wurde von dem grammatiker, der das richtig überlieferte
la/Ä7tQwg in Xa^nQog geändert haben wollte, ebensowenig ver-
standen wie von Rothe, der in dßld£ eine erweichte (!) form
für aßoog sah.
62. ßQiyxa. [6]
Wahrscheinlich zu ssk. vragc „zerstückeln" gehörig.
ß) als v erhalten.
63. äxevei. ttjQtii. Kvkqioi.
In dem Gortynischen stadtrechte II, 17 stehen die worte
äxsvortog xadeora, über deren sinn man sich noch nicht einig
ist Auf die abgeläutete Stammesform xof gehen zurück dxoUa,
xoita 9 xorvia) (= xof-viw), ferner die mit -x6<av oder -xoag
zusammengesetzten eigennamen, z. b. drjixoxowv, ^litTtoxowv^
EvQOxoag, endlich die Hesychischen glossen: xo£ # äxovei, itev-
&erai. xotatpi • ivexvQa&i. xoiov • bixvQOv. xova • br&xoQa.
xovaaai* hexvQtdaai. xwa* heyvQa. x(od£w h^xvQiäCßiv.
xwa&eig • hexvQiaa&tig. xioiov * b>i%vQov.
64. avyctQog. aawtog. vnb Kvnqiwv. [135]
Ich betrachte das wort als ein compositum aus a privat
und vy-ct(>6g — ssc. ug-rds „stark, kräftig", gemeingr. vy-irjg.
Der volle stamm fey- ist in Latein, vigeo und ssc. vajas „kraft"
erhalten (vgl. Fick, Wörterb. 9 II, 244), Als grundform für
oüyaQog müssen wir also d-fy-aQog ansetzen. Dieser entspricht
im Ssk., welches den stamm vaj schon früh durch uj und
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. * 61
dessen Steigerungsform öj ersetzte, genau das vedische an-ugrä
„schwächlich".
65. ave(X)xl£ei. oqxxxtXltyi. Kvtvqioi. [160]
So lese ich mit leichter änderung für das überlieferte
av&dCfii. a-fehn-it/u geht auf die nomina ä-felxyg „brandig 4 *,
filxog „der brand" — latein. tdcus „geschwür", ulcerare etc.
zurück. Die grundbedeutung „entzündung" ist in ssk. vdrgas
„feuer, glanz (( erhalten, das mit kypr. filxog und lat. ulcus
identisch ist Das gemeingr. Hlxog „wunde 11 lässt sich nicht
ohne bedenke^ heranziehen, da im Homer jede spur eines an-
lautenden digamma's fehlt Man hat es deshalb mit ssk. arg
„verwunden" zusammengestellt, eine etymologie, bei welcher
der Spiritus asper unerklärt bleibt.
66. Qveiva. ixQva. K&itqioi. [46. 142. 222]
Aus fQfjva entstanden. Wahrscheinlich hat sich zunächst
zwischen / und q ein sekundärer kurzer u-laut entwickelt
(füQTjv), der dann durch metathesis des q in die nächste silbe
trat: fQvrjv. Vgl. Xvxog = flvxog, entstanden aus fvkxog,
88C. vrkas. Dafür, dass der spirant Vau vor consonanten sich
im Kyprischen nicht schlechthin zu v vocalisierte, sondern ein
u aus sich heraus entwickelte, haben wir den inschriftlichen
beleg evfqrjTdoavv 60, z. 4 neben i/QTjrdaarv z. 14.
Den gleichen Übergang von anlautendem /?- in /qv- zeigt
zend. urväta, welches Roth „Ueber Yasna 31" zu ssc vratd
gestellt hat Bezzenberger (BB. I, 253) verglich dazu die
altfriesischen Wörter ruald, rueka, in-ruisze für wr<M 7 wreka,
in-wrisze.
67. veoi. oxolri. ndcpioi. [95. 143]
Das auslautende -g ist abgefallen wie in xcfy^a, xdßlrj und
ßovxmrf. Als nächste Vorstufe von veoig haben wir vfeoig
anzusetzen, vgl. inschriftL xevevfov 20, 4. Die von Salmasius
vorgeschlagene und von M. Schmidt KZ. X, 231 gebilligte
conjectur veartg ist zum wenigsten unnötig, da die verbal-
substantiva auf -aig (fioig, tßaig, diaig = fio-ai-g, Zia-ai-g,
öio-oi-g) sehr häufig concreto bedeutung haben, vgl. öoatg
„gäbe", noaig „trank", xv<h$ „häufen", %a^ig „schlachtreihe"
u. a. m.
y) Zwischen vocalen spurlos ausgefallen. 1
68. äeixig. anqanig. äxoveig. Kvnqioi. [145]
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62 • 0. Hoffmann
Wenn M. Schmidt für unsere und die ebenso dunkle
glosse des Cyrill dexu'eg- dxoveig als gemeinsame quelle ein
AEICIIEC aufstellt, das der Schreiber, wie er nachträglich selbst
merkte, aus ateg verschrieben habe, so lassen sich gegen diese
Vermutung — ganz abgesehen von ihrer inneren unwahrschein-
lichkeit — eine reihe anderer glossen des Cyrill anführen:
dec^ofiivt] 9 äxovovoa. aeidoev axovaev. Seide' axove.
delowfxev dxovato^ev. Wir haben also ein präsens deidio
mit der bedeutung „hören" anzuerkennen, und am natürlichsten
erscheint es mir deshalb, dewig in deldeg zu ändern d. h.
anzunehmen, dass 2 glossen dei%ig und deldeg in deixeg zu-
sammengeflossen sind.
Dieses kyprische verbum d-feld-eiv „hören", das sich
nur durch die hochtonige form seines Stammes von dem latein.
audio sss a-vid-jö unterscheidet, und das gemeingriechische
*feideiv f fiöelv = latein. videre gehen auf dieselbe wurzel
feiä- zurück, welche ursprachlich, wie das griechische alo&d-
veo&ai » d-fiö~&m>eo$ai noch deutlich zeigt, nichts anderes
als „mit den sinnen wahrnehmen" bedeutete. Ein vereinzelter
rest eines dem kyprischen d-feldw gleichstehenden d-feid-opai
„ich höre" hat sich in dem homerischen passiven aoriste o-fia-
S-eig I 453 „nachdem er gehört hatte" erhalten.
69. cuTtoXog %al Y.a7trjXog rca^a Kv7tqioig. [157]
-7toh)g gehört zu 7ceko^ai 9 IjiTtoli], TtcjXio) u. s. w. al
— dfi, zd. avi „gegen, zu" ist eine alte präposition, von der
auf griechischem boden nur zwei reste bei Homer erhalten sind :
1) dt-ötjlog „verderblich" z. b. tvvq dtörjkov, eqy dtdrjhx,
fivtjazijQwv atdrikog Sfulog, yi Aqr]g dtdtjXog. Die landesübliche
etymologie atdrjlog = d-flä-ylog „unsichtbar machend" ver-
diente eigentlich wohl kaum genannt zu werden. Bereits
Duentzer erkannte, dass von -drjlog das verbum drjUofiac
„verletzen, zerstören, vernichten" = latein. delere abgeleitet
sei. Das ä/t- soll in dfi-drjlog offenbar die bedeutung des
feindlichen verstärken.
2) al-£r]6g. Der stamm dieses Wortes ist urspr.^et?; gekürzt
in bsc juvan, zd.javan, latein. juvenis. Brugmann's Ver-
mutung (Curt. Stud. VII, 214), dass al-tyog aus dem redupli-
cierten jai-javos hervorgegangen sei, ist deshalb falsch, weil es
ursprachlich 2 gänzlich verschiedene /-laute gab, von denen
der eine im Griechischen ausnahmslos zu £ wurde, während
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 63
der andere nach bestimmten gesetzen bald in i überging, bald
als spirant ausfiel.
Dem al-Ctjog entspricht laut für laut im Zend avi-yäo
„herangewachsen", ferner lässt sich vergleichen avi-ama „zu
kräften gelangt". Das avi hat also in diesem worte die bedeu-
tung von griech. ini in £/tiQQi6wo$ai, $7tav!jdveo9ai.
Da wir wissen, dass im Homer, wenn / trennender laut
zwischen zwei vokalen war, contraction eintreten konnte, aber
nicht eintreten musste, so hat, die stets offene form dtdrjXog
neben alCtjdg nichts befremdliches, zumal da aifyjog dem metrura
Schwierigkeiten entgegengesetzt hätte.
Das kyprische ai-noXog ist, was den sinn anlangt, mit
dem gemeingr. *eti-7ioXog (vgl. ipnoXdw, i/A7toXy) identisch.
70. aoQOv. [ao%X6v. 7tvXwva. $tqioq6v. Kvnqioi.
Einem langvokaligen stamme ver (latein. vSr-eor) mit dem
ablaute vor (7tvXd-fa)Qog, /cJ^or, 87ti-ftoQog, fe-fWQcnux) stand
bereits ursprachlich ein kurzvokaliger ver mit dem ablaute vor
(Hom. oqovzai, Pind. Tifiia-fooog, gemeingr. ögaco, Goth. vars,
daura-var-ds) gegenüber.
Das a in a-fooog ist natürlich intensiv. Die Kyprier
nannten also den thürwächter xav ^o%tjv den „Wächter".
71. ßoovrjra. [34. 42]
72. £dei. ßivel. aal 7tvei. Kvnqiov. [47. 128]
Für di-a-/»/ zu dtdfrjfii.
73. &eia. lydla. xai S-eolg ioixova. Kiitqioi.
Die conjecturen Schmidts (xfasldia) und Rothe's (d-ota
=» 9vta) sind überflüssig. Das gemeingriechische &v-elov ver-
hält sich zu dem kyprischen &if-iov = &eiov genau so wie
Xfvo-eiog zu %Qva-t,og und yiXv-rog zu xXif-vtog. Vor
dem hochbetonten suffixe -elog musste die schwache form des
Stammes erscheinen. '
74. iv q>aog. elg %b g>wg. [9, 11. 158]
75. xeved. %svd. /udrctia. Kvtvqlol öe dvadevdoddag.
Gemeint ist der wilde, unfruchtbare weinstock. Auf einer
inschrift aus Arsinoe 20, s lesen wir Kevevföv „das kenotaph".
d) Im anlaut vor consonanz abgefallen, aber an
seiner Wirkung noch deutlich zu erkennen in
76. drteXrjxa. aTtioQioya. Kvtvqioi. [41]
Das überlieferte drtiXvna widerspricht nicht nur der reihen-
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64 0. Hoffmann
folge, die aitiXrpux, erfordert, sondern ist auch sprachlich unmög-
lich, da das perfektum von der wurzel lü, welche allerdings
von Hesych ihrer speciell kyprischen bedeutung halber mehrfach
citiert wird, ärtoXeXvxa heissen müsste.
Das perfektum e-fXtjx-a ist aus doppeltem grund in-
teressant, einmal weil es die hochbetonte, nicht die abgeläutete
stammesform zeigt, und zweitens, weil es an stelle der redupli-
cation das syllabische augment angenommen hat. War das
zweite dement einer anlautenden doppelconsonanz eine liquida,
so bildeten die Griechen das perfektum bekanntlich ohne eine
bestimmte regel bald mit reduplikation bald mit augment.
b. Der dentale Spirant a.
a) Im anlaute in h verwandelt.
77. ayava. aayr)vrjv % KvnQiot,. [29. 116. 126. 131]
Ueber den spir. lenis siehe nr. 116, über die endung
nr. 126.
78. aQfiuaTog. 07taofidg. Kvtvqioi. [117. 180]
aQixwatOQ, wahrscheinlich aus agpoipatog verdorben,
gehört zu oiorjQa „ich verziehe den mund", ad(HW Xayvog
Hesych. Ueber den spir. len. siehe nr. 116. Ob Fick, Wörterb. 8
II, 253 und nach ihm Rothe aiarjQa mit recht zu aai^w „ich
kehre aus 11 gezogen haben, scheint mir fraglich. Die mittel-
bedeutung des „ziehens u ist doch zu farblos, als dass sich aus
ihr zwei so prägnante und weit von einander abliegende bedeu-
tungen hätten entwickeln können.
79. Xya. ationa. Kvnqiot. [118]
Für olya.
80. vyyepog. GvXXaßrj. 2aXa/dtviot. [201]
81. vvTetgäatiav. xaveayiv. SaXafitvioi. [144.165.225]
Mit unrecht will Schmidt in dieser form das verbum
&Qaooio erkennen. TevQaoTog ist vielmehr das particip perf. zu
einem präsens t€tqoc^u} = homerisch TerQalv-w „durchbohren".
Die endung -tav scheint aus -ov verdorben zu sein. Einen
grund, die erklärung xateayiv (für xatayiv) zu ändern, haben
wir nicht, da im aoriste xatedytjv das augment bei späteren
Schriftstellern auf den conjunctiv und das participium über-
tragen wurde.
82. vQiyya. nvvov. laXa/nivw^
Für ovgiyya.
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Die kypr. glossen als quelftn des kypr. dialektes. Go
Der Übergang des anlautenden sigma's in den hauchlaut
scheint gemeinkyprisch gewesen zu sein. Freilich werden
von den fünf angeführten glossen drei speciell den Salaminiem
zugeschrieben. Dem gegenüber steht aber die tatsache, dass
nur eine einzige kyprische glosse (oiai* mvaai. üdcpioi, zu
aialog gehörig) ein gemeingriechisches a im anlaute überliefert
hat In den übrigen fällen, in denen a im anlaute erscheint
(es sind dies die paphischen formen aamd-og^ odoai, aig y ai,
oodva), ist es aus anderen consonanten hervorgegangen.
Da alle anderen dialekte anlautendes a intakt bewahrt
haben, so hat Schmidt folgende glossen den Kypriern zuge-
wiesen:
1. in vor atTtva.
2. %%%(*' ö dqvoxoXcup. iifrMwg.
Die handschr. Xnna. Vgl. olvta. ohry.
3. i(plrj/na. TQavfia. Das von OKplow (3 142) abge-
leitete Substantiv atq>lwfia erwähnt Eustath. zu IL
972, 41.
4. vor dg. 7t kaofdg a\mihav %
5. vaidda. yj dacßlct d/n7telog.
ß) Im inlaute zwischen vokalen ausgefallen.
83. adeiog. dxd&ctQTog. KtTtQioc.
Das adjektivum ist ein compositum aus a intensivum und
dsloa, das nach dem Zeugnisse des Suidas „vyqaoia xcci xonQog"
bedeutete. Aus Hesych ist zu vergleichen duodleog • xo7ZQ(jidrjg.
84. dnoaiQei. a7ioxa$aiQU. Kvtiqiol.
Für dno-oaiQu „er kehrt aus, fegt aus". Seltsamer weise
hielt Schmidt die glosse für verdorben und machte deshalb
gewaltsame änderungsvorschläge.
85. evavov. ifv&sg. Kunfioi.
Für ev-avoov. Zu demselben verbum onita gehören die
glossen i{;avoai' i&Xelv. xaravaai' xcrtavrXrjoai. xataövaai.
xaravoTYJg • xatadvOTyg. xafravoai • dqxxvtocu, und wahrschein-
lich auch das bei Alcman frag. 95 erhaltene futurum Tay
Mwoav xatavoetg. Ferner glaube ich die bisher ungedeutete
kyprische glosse
In avov&eg. 2ala/diviot.
richtig m°'E7tavov. [ß7tiy>eg. geändert zu haben.
Aus der grundbedeutung des „hervorholens", welche in
Beiträge %. künde d. indg. sprachen. XV. 5
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66 0. Hoffmann
latein. haurio, an. ausa „schöpfen" bewahrt ist, entwickelte sich
im Griechischen die allgemeinere des „bewegens von und nach
einem orte".
86. ipiTQaov. wzo^tooov. ndqtioi. [8]
87. ifiTtdvaov. EfißXexpov. üdqtioi. [9]
88. xaxoQag. xazaxoipag. fcaQa Evxhp. [23. 138. 263]
Zu einer änderung, wie sie Schmidt vorschlug (xaxoQftiag),
liegt kein grund vor. xaxoqag ist aus xaxoqdag » xcrxo-
Qaoag contrahiert. Das verbum xoqclw — xoQajta geht auf ein
nomen xoQa zur wtnrzel xsq- zurück, für welche die kyprische
bedeutung des „abhauens, verstümmelns" mehrfach bezeugt ist,
siehe xaxxBiQai nr. 268. Inschriftlich ist ein verbum xoQatw
(= xo?a-£cJ), das sich nur durch seinen accent von xo^dw (=
xoQ<x-jio) unterscheidet, in dem passiven participium ä-xoQai-Tog
„unverkürzt" Coli. Samml. 68, 2 (vgl. verf. in BB. XIV,. 279 f.)
überliefert.
89. xdnaiag. xa&OQwv. nagä EvxXq). [26. 139]
Die handschrifb hat xa&ctQov, EvtjXijy. Schmidt fasst
xa-naxdg als partic. praes. zu einem stark flektierten rzataiu.
Für wahrscheinlicher halte ich es, dass xa-Tcdiag, ebenso wie
xaxoQag durch contraktion aus navdag = natdaag hervor«
gegangen ist.
90. oleu. mvocti. üdfpioi.
Für aiaai. Das verbum oiio ist im übrigen verloren ge-
gangen. Es würde sich zu alaXog verhalten wie tt-evta zu
ntvaXog.
91. a navov, verdorben suis ertavov, siehe evavov. [85]
Ferner gehören hierher die wegen ihres \v ~ $v mit
Sicherheit dem kyprischen dialekte zuzuweisenden glossen:
1. iv dxQitav. eig dxQioiav. [9, l]
2. ivdfifiav'iv. eyxgioiv. [9, 4]
3. Xvxandxaov. eyxatdßkeipov. [9, 8. 28]
Da das schwinden eines intervokalischen a auch dem lako-
nischen und argivischen dialekte eigentümlich war, so darf
dasselbe nicht als kriterium für den kyprischen Ursprung einer
glosse dienen. Aus anderen gründen, die hinzukommen, sind
mit Wahrscheinlichkeit den Kypriern zuzuweisen:
4. X^iaov. ndxa^ov. Vgl. das homerische iftdoaw.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 67
ö. xalvita. aöeXqrf. [208]
6. xalvitag. ddeXqtovg xal ädeXqxxg. [209]. Das mascu-
linum inschriftlich bezeugt. Die dorische form lautete
XQOIQ.
7. xdxxXaov. ndta^ov. Die handschr. xdxxaXov.
8. xat alav. xara %b nqinov. [196]
alaa „anteil" steht auf der inschrift 73, 2.
y) Im auslaute abgeworfen.
92. ßovxavij. äyefitwvrj vo av&og. Kvtvqlol.
ßov-xavtjg „stiertötend" (-xavyg von xalvio abgeleitet) hiess
die anemone deshalb, weil ihr giftiger saft eine nicht selten
tötliche darmentzündung beim rindvieh hervorruft.
93. xayQct. xaraqxxyag. SaXafiivtoi. [22. 140. 247]
Die handschrift bietet xdyQ<xxa • %aq>vydg. Das nähere über
die wurzel gras- siehe unter nr. [247].
94. xdßXrj. pdvdalog twv &VQWV. Ildcpioi. [21.43.141]
Vgl. die glosse xaTaßXrjg' /tidvdaXog. Homer £1 453 ge-
braucht in derselben bedeutung imßlyg.
95. veai. ozoXy. Udtpiot. [67. 143]
Dass man schon in alter zeit den vorigen glossen durch
conjectur ein a angehängt hat, brauche ich wohl kaum zu er-
wähnen. Leider erscheinen sie in dieser widerrechtlich ver-
vollkommneten gestalt auch in dem Hesych-texte Schmidt's. —
Besonders vor vocalischem anlaute pflegten die Kyprier
schliessendes a abzuwerfen. Die inschriftlichen belege hierfür
habe ich BB. XIV, 282 zusammengestellt. Indessen auch wenn
ein consonant folgt, fehlt a bisweilen, z. b. Jtjal&e^i twl 74, i,
JoXi^Xo f&oxo dUfo(v)zeg 88, l (vgl BB. XIV, 286). Bei-
spiele aus dem kyprischen dialekte des mittelalters giebtBeau-
douin p. 55: naqanovrfli^ XQ*J a h rcovXrfli.
In den folgenden fällen ist a nichts als ein
mangelhafter ausdruck für eine reihe von verschie-
denartigen Zischlauten:
d) Durch assibilation aus palatalem % vor i ent-
standen.
96. ai ßdXe. %l &iX*ig. Kvtvqioi. [148. 198]
Das indefinitum aig ist zweimal auf der Idalischen bronze
z. 10 und 23 überliefert Daneben %i 68, 3.
5*
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68 O. Hoffmann
e) Durch assibilation aus 8% entstanden.
97. 7tiaov. oqoq. xw^/ov. Kvtvqioi. 7te8lov. u4loXaig.
Die reihenfolge verlangt 7t£ooov. Der aus d% entstandene
Zischlaut ist in den glossen x6q£<x und £aa mit C umschrieben.
Ein lautlicher unterschied hat zwischen 7tio(o)ov und xoqCcx
sicher nicht bestanden.
C) Im anlaut aus & entstanden.
Die belege hierfür bilden 2 glossen, die man beide bis
jetzt noch nicht gedeutet hatte:
98. aaacu. KaMccci. Hdyioi. [102]
Für $a!*ai. Das inlautende sigma kann nicht ursprüng-
lich sein, da es sonst, wie die paphischen glossen Ifirvdraov^
1/tuTQaov, xaxoQctg, olcu, zeigen, ausgefallen sein müsste. Als
den Vertreter eines £ werden wir dasselbe noch im an- und
auslaute kennen lernen. Von ddooio „sich setzen, sich nieder-
lassen" ist sonst nur präsens und imperfectum im gebrauche.
99. aig. slad'sg. üdcpioi.
So die handschrift M. Schmidt's interpretationen (aig =
aeig von einem aiaai - aßiaac oder von aiw — £i<o) haben
zu keinem resultate geführt. Zu ändern ist nichts, sobald wir
nur richtig abtrennen
aig' ela. &ig. Tlatpioi.
Der imperativ &ig seil. nX-qydg hatte also bei den Paphiern die
bedeutung „schlag zu" (vgl. unser „versetz' ihm eins, es hat
hiebe gesetzt"). Mit der gleichen ellipse wurden im attischen
ifißalleiv und kjiicpeQEiv gebraucht.
rj) Aus f entstanden.
100. iaokai. QvXiva Ttaiyvia. lina&ovaioi. [11]
Für ia-aokal — ix-gvlal.
101. aodva. d^ivrj. Ildcpioi. [16. 40]
Für gwjhj.
102. adacu. xa&laai. Jldtfioi. [98]
Für &d$ai.
103. ig rto& $Q7teg m tvo&sv fjxug. Tldcpioi. [146]
Für ig 7c6&e $Q7ceig; Die adverbia auf -d-ev werden bei
Homer als genitive gebraucht und demgemäss mit präpositionen
verbunden z. b. ig ofio9ev e 477.
Von Ahrens aufgestellt und nach ihm allgemein herrschend
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 69
geworden ist die ansieht, dass der doppelconsonant £ im kypri-
schen dialekte ein gutturaler zischlaut gewesen sei. Die argu-
menta welche sich aus dem alphabete der inschriften hiergegen
anfuhren lassen, habe ich De mixt, graec. ling. dial. p. 28
zusammengestellt Allerdings wird schon ziemlich früh aus-
lautendes f vor folgender consonanz den guttural verloren
haben: das beweist die achäische form ig = ig, welche wir
im thessalischen, böotischen, arkadischen und kyprischen dia-
lekte antreffen. Dagegen hat sich die doppelconsonanz im an-
und inlaute bis in die spätere zeit erhalten. Sehr instruktiv
sind hierfür die böotischen inschriften, auf denen wir das all-
mähliche eindringen von iogel/uev für ursprüngliches l^eifiev
deutlich verfolgen können.
c. Der palatale spirant j.
er) Ein rest des parasitischen j od -lautes, der sich im
kyprischen dialekte, wie die inschriften zeigen, nach i vor
folgendem vocale entwickelte, ist erhalten in:
104. d'iayov. %6 $eiov, $ xa&alQovai. 2aXa^iivvov.
freayov steht für föcujov = &i-atov und geht, ebenso wie
das homerische &ssiov auf ein Üif-og zurück. Der auch sonst
sporadisch auftretende anorganische jod-laut wird auf papyri
des 2. jahrh. v. Chr. mit y umschrieben z. b. %Xaiyo) = xkaiw,
vgl. Krumbacher Sitzungsber. d. akad. d. wissensch. München,
1886, p. 366. Im mittelalter gewann derselbe auf Cyprus so
an einfluss, dass er das i völlig verdrängte, z. b. %mqY.6v =
XWQtjov (Beaudouin p. 45).
ß) Parasitisch nach iz vor folgendem dunklen vocale.
105. rttoXiv. 7tohv. KvTtQiwv twv iv 2aXafiivt Xi&g.
Schol. zu *F 1. [219]
Die erklärung des rtTÖfog als Tcjohg stammt von Kuhn
Zeitschr. XI, 310.
106. intoKaoev. ixdlvifjsv. [16, 4]
Für ircTJuaoev.
107. 7ttolefiog. 6 de ntoXziiog Kvtcqlwv xat *A%xv*.<av
Xi^ig xa#' 'HQcrAleldrjv iarlv, xa$a7t€Q aal fj mokig.
Eustath. 842, 62.
Das wort war gemeinachäisch , wie die auf der kretischen
inschrift C. I. 2554, 197 erhaltene alte Schwurformel ovre iv
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70 0. Hoffmann
itzoXitiq? ovre h elQavai zeigt. Die Attikcr haben es nie
y) Parasitisch nach y vor folgendem a.
108. Cdßatog. niva% Ix&vtjqoq rtctQa üaytoig. [188]
109. ^dXfiavog. Trmrf Ix&wjQog naqa Ilaqtloig. [179.
189]
Hinzuzufügen ist als paphisch
CaXfidziov* TQvßllov.
Das anlautende £ ist in diesen Worten aus y\ entstanden, wie
die glossen
yaßa&ov. tQvßXlov
ya/ußQiov (vielleicht yaludtiov). TQvßXiov.
ydßeva. dl~vßdq>ia tjrot tQvßXia.
und Martial'8 gabata beweisen. Die zu gründe liegende wurzel
ist eine semitische, siehe [186. 187].
Inschriftlich ist die entwicklung eines anorganischen.; nach
y vor folgendem a belegt in Ca •=■ yä 60, 8. 17. 24. 80, dtp&6g
*=* dya&ög 37, s. 59, 4, ne7taCa =» ninäya von 7tijyvvfii 88, 2.
d. Der kehlkopfspirant A.
Die frage, ob die Kyprier die psilosis gehabt
haben, ist unbedingt zu bejahen. Alle im Gemeingriechi-
schen mit dem Spiritus asper anlautenden worte sind mit dem
Spiritus lenis überliefert. Auch die hälfte derjenigen glossen,
in welchen der Spiritus asper erst auf kyprischem boden für
ein gemeingriechisches a eingetreten ist, hat denselben durch
den Spiritus lenis ersetzt. Bemerkenswert ist es vielleicht, dass
gerade 3 salaminische glossen (vyyt/ttog, vvtstqciotov , vQiyya)
eine ausnähme machen.
a) Der spir. lenis für den gemeingr. spir. asper.
110. äyJTUQ. [30. 193]
111. aQL^og. tdq>og. Kvttqiol. [186]
Identisch mit chald. "p^n (hariz) „der graben".
112. aqrtil eldog dxdv&vjg. Kvtvqioi. [124. 134]
Zu aQ7tt) „sichel, Stachel mit Widerhaken", aQ7td£io u. a.
gehörig.
113. eXq>og. ßovTVQOK Kvitqioi. [121]
Zu vergleichen ist sXizog* e'Xcuov. otsccq. ev&qvia.
Aus den verwandten sprachen gehören hierher ssk. sarpis
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 71
„zerlassene butter, schmalz", ahd. salb, salba, got. salbdn, ags.
sealfian „salben", vgl. Johannes Schmidt KZ. XXII, 316.
114 «ariy. otoXtj. Kvtiqlöi. ^yiQ&rj. toraro. [137]
Das t] für ä ist dadurch zu entschuldigen, dass 2 glossen
zusammengeflossen sind. Vor einer änderung wird die glosse
geschützt durch
ysozd (d. i. feord). evdvaig. l/ndjia.
yioTQa (d. i. fioiQCx). axoXrj.
Vota, evdv/uara.
115. Xyyia. elg. ndqtioi.
Die verwantschaft mit latein. singuli ist nicht zu bezweifeln.
Wir haben also in dieser glosse den einzigen bis jetzt nach-
weisbaren rest des distributivzahlworts im Griechischen. Xyyia
= iv-yid steht für ov-yid, das i ist also minimalvocal Die
volle form des Stammes erscheint in dem cardinalzahlwort elg
= £V-£, gen. ev-6g (st. oev-).
ß) Der Spiritus lenis für gemeingr. a.
116. ayava. oayrjvrjv. Kvnqioi. [29. 77. 126. 131]
117. aQuwatog. (mao/uog. Kvjvqlol. [78. 180]
118. Xya. otüJTia. Kvtcqioc. [79]
2. Die explosiven.
a. Dentale.
Die Verwandlung eines anlautenden £ in a siehe
auf s. 68.
b. Labiale.
a) Der labial für den guttural.
119. Xotpvlg (= Ivxvtg). Xafxndg. [16, lö]
120. Xoyvldia (= Xv%vldia). XafXTtddia, [16, 14]
ß) Die aspirata für die tenuis nach vorher-
gehendem X.
121. eXg>og. ßovtvqov. Kvtiqlöi. [113]
Daneben elnog. k'Xaiov. oxictQ. Ssk. sarjris.
3. Die liqniden.
a) Verdoppelung der liquida.
122. ßdXXai. ßa&fioi. vrtö Kvnquov. [136. 167]
Das Verhältnis von ara-Xa zu dem äolischen und später
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72 O. Hoffmairo
gemeingriechischen otäXXa ist ebenso dunkel, wie das von
kypr. ßdXXa zu ion. ßy-Xog. Die gewöhnliche ansieht, dass
axdXXa und ßdXXa aus otdXva und ßdXva durch assimilation
entstanden seien, ist ebenso unbewiesen wie unwahrscheinlich.
Sollte vielleicht das von Fick erkannte gemeingriechische
gesetz, dass nach langem vokale a, nach kurzem dagegen aa
erscheint (q*iXrj-oai 9 aber reU-ooai), auch für andere laute
geltend gewesen sein ? Dann würden wir — ausser ßdXXa und
ardXXa — auch z. b. äol. xQa-wa 259, l neben gemeingriech.
KQd-va, äol. fdXXog, latein. vallus neben ion. fjXog, gemeingr.
Xy<> neben X£QQOS> X*'??*?» formen, die bis jetzt noch ungedeutet
sind, begreifen.
ß) Umstellung einer liquida mit einer anstossenden
explosiva.
123. djtQc^. to loxvQÜg XQCctelv oXtj dvvdfxe^ daq>aXag^
nQogneqwxorwg. xazoxtog. KvitqiQi di yivog %i
axdvfhjg.
Diese stelle des Etyra. M. 132, 53 bewog Salmasius zu
der vermutuug, dass die glosse Hesych's
124. aorti!*. elöog dxdv&rjg. Kvtcqloi, [112. 134]
aus artQÜ* verdorben sei. Indessen wird die autorität des
Etym. M. dadurch in zweifei gezogen, dass die form donl!;
nicht nur der etymologie nach allein berechtigt ist (vgl. Sqtitj
„sichel, Stachel 11 ), sondern auch nahe verwandte findet in
Hesych's donitat • ai/Ltaoiai und dem an 3 stellen von Nicander
gebrauchten do/tita, vgl. Hes. donitag* tovg al/iaaiwdsig ro-
izovg. Eine ganze reihe nur bei Nicander und Apollonius Rhod.
erscheinender vocabeln finden wir auf Cyprus wieder. Zudem
liegt die annähme sehr nahe, dass im Etym. M. zwei ver-
schiedene glossen dnoii;. zb \axvQtog XQatsiv etc. und aQ7tü;.
Kvtcqloi yivog xi dxdv&rjg zusammengeflossen sind.
Wir werden also gut thun, vorläufig diZQiJz nicht als ein
sicheres beispiel für die Umstellung von liquida H-muta anzu T
sehen und jedenfalls nicht nach Schmidt's vorbilde mehrere
Hesychische glossen dieser eigentümlichkeit halber den Kypriern
zuzuweisen.
y) Ausstossung eines X aus wohllautsgründen.
125. xaxlXa. av&rj. Kvtzqioi,
Will man überhaupt ändern, so dürfte es sich empfehlen,
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 73
statt Schmidt's radikaler conjectur %dX%ai vielmehr xcr(A)-
%iXa zu schreiben, das ein deminutivum zu tÄXyai sein würde.
Notwendig ist jedoch diese änderung nicht, da %a%lXa auf laut-
lichem wege aus xaX%iXa hervorgegangen sein kann. Es gilt
nämlich für das Griechische das wohllautsgesetz, dass, wenn
auf ein mit einer muta verbundenes X in der nächsten oder
auch übernächsten silbe ein X folgt, das erstere ausgeworfen
wird. Beispiele sind: tpavXog für q*Xav-Xog (von demselben
stamme ist (pXav-Qog gebildet), ex-nay-Xog für tx-nXay-Xog zu
btTcXriTTw , qwye&Xov für q>Xvye&Xov „geschwulst" zu q>Xv£u>,
stamm q>Xvy- „aufwallen, anschwellen".
4. Der nasal.
Im aecusativ sing, der vocal. stamme abgeworfen.
126. ayava. oayrjvrjv. Kvtvqioi. [29. 77. 116. 131]
Dass ayäva ein in die dritte (consonantische) declination
übergeführter aecusativ sei, glaube ich M. Schmidt und Roth e
nicht Wenigstens können die Homerischen beispiele eines
solchen metaplasmus aXxt, vofuvi, Iwxa für diesen fall nicht
als parallelen genannt werden.
Da bereits auf den älteren kyprischen inschriften auslau-
tender nasal häufig nicht geschrieben wird, eine gewohnheit,
die im mittelalter noch weiter um sich griff (vgl. Beaudouin
p. 55, der unter anderen die aecusative xaqdia y aq>evzid, dya7trj
anfuhrt), so stellt ayava sehr wahrscheinlich für dydvav. Ob
wir aus dem zurückgezogenen accente schliessen dürfen, dass
nach dem ausfall des nasals das auslautende ä verkürzt wurde,
lasse ich dahingestellt.
127. xadla. 2aXafiivioi vÖQiav.
xadia verhält sich zu xddog y wie oxqaxid zu axqaxog. Da
M. Schmidt mit dem ausfall des nasals nicht rechnete, so
vermutete er xadla (acc. plur. neutr.) . . . vÖQiag.
5. Doppelconsonanten.
a) f in a verwandelt siehe s. 68.
b) £ aus tonlosem d% entstanden.
128. £dei. ßivsi. xal nvei, KvnQioi. [47. 72]
Vgl. &£vT€g. nviovreg.
di-dy/tu einmal belegt e 478 = x 440.
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74 0. Hoffmann
129. x6q£(x. xaqdia. Ilayioi. [17]
Nach gramraatikerüberlieferung sagten auch die Aeoler
*aQ£a für KOQÖia.
c) \fß für f.
130. xpaiÖQOv. (paiÖQOv. KvTtQtoi.
Wenn wir annehmen, dass xpaiÖQÖv für gaidqov steht (vgl.
iprjQog [Suid.] neben £r]Qog, onaXal; neben axdXoip, ortdXa&QOv
neben axa^^ov), so gehört das wort zu lit skaistas „hell
glänzend", latein. caesius.
III. Der accent.
Dass das äolische gesetz, den accent so weit wie
möglich vom wortende zurückzuziehen, auch im ky-
prischen dialekte herrschend war, beweisen die beiden
glossen xo^o. xaQÖla. üdqtioi und niaov. %u)(>iov. KvnQioi,
in welchen das £ resp. für dt nur dadurch erklärlich ist,
dass der accent auf die erste silbe gerückt war (xcr^d/cr, n&djov).
Ausserdem ist uns in folgenden glossen ein zurückgezogener
accent überliefert:
131. ayava für oaydvav. [29. 77. 116. 126]
132. aßlal; für a-fXd£. Die adverbia auf -a£ waren
sämmtlich oxytoniert. [61]
133. aTtoXolad-eiv von drcoXoia^iu). [211]
134. äQTZtg vgl. Hes. ägm^at und c^Trtfcw. [112. 124]
135. avyctQog =» d-fyctQog. [64]
136. ßdXXai, ion. /fyJUfc. [122. 167]
137. eairiy. ctoA??. Vgl. Hes. yeota. evdvaig. [114]
138. xaxoQag für xaxo^äg aus xaxogcrcras. [23. 88]
139. xd7tatag, wohl für xaitazäg — xa/raraaas. [26.
89]
140. xayea. yuxtagxxyäg. [22. 93. 247]
141. xa^ für xara-fjbfc. [21. 43. 94]
142. gvWa für $i^va. [46. 66. 222]
143. Seat für tk'ai = /s'aig. [67. 95]
144. vvTSTQdat(o)v. Ttareayiv. [81. 165. 225]
Ob dieses gesetz der accentzurückziehung in ganz Kypros
oder nur in einzelnen Städten geltung hatte und ob es, wie im
Aeolischen, keine ausnahmen duldete, das sind fragen, für deren
beantwortung unser material nicht ausreicht. Tatsache ist,
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 75
dass Hesych uns nicht wenige oxytonierte glossen überliefert
hat (dxoarf], tuövSv, 7tiXvov> axvöd u. a.). Freilich wiegt die-
selbe deshalb nicht schwer, weil die grammatiker, wie uns aus
dem texte der äolischen dichter bekannt ist, gegen besseres
wissen auch die äolische accentuation zu gunsten der gemein-
griechischen aufgaben.
Während also bei einer neuen ausgäbe der kyprischen in-
Schriften die psilosis unbedenklich einzuführen wäre, müsste
man die accentfrage noch offen lassen und am besten deshalb
gar keine accente setzen.
B. Formenlehre.
Aufzählen werde ich im folgenden nur diejenigen formen,
welche entweder von den gemeingriechischen oder den inschrift-
lich als achäisch bezeugten abweichen.
1. Verbum.
a) Die 2 pers. sing. act. praes. endigt auf -«g.
145. dßixeg, ...crxot'eig. [68]
146. ig 7to& h'QTteg. no&ev rjxeig. [103]
Die „Verkürzung" der endung -eig in -eg war nach dem
Zeugnisse der grammatiker eine eigentümlichkeit des dorischen
dialektes. Euatath. 1872, 46 schreibt dieselbe speciell den
Theraeern zu. Inschriftliche belege fehlen bis jetzt. Sehr
wahrscheinlich wird die endung -eg ebenso wie die infinitiv-
endung -er in den dorischen colonieen als ein rest des dort
ursprünglich herrschenden achäischen dialektes zu betrachten
sein. Die frage nach ihrem Ursprünge ist schwer zu beant-
worten. Sind die formen q>eQ€ig, q>i<>€i, wie Fick meint, durch
infigierung des i aus tpegeo, q>€Qet hervorgegangen, dann kann
die form (p€Qeg anspruch auf besondere altertümlichkeit erheben.
Ebensowohl ist es aber denkbar, dass sie auf eine ausgleichung
der primären und secundären personalendungen zurückgeht:
wie sich cpiQO^tev und qtiQere nur durch das augment von
i-cpeQOfiev und £-<p€Q6ze unterschieden, so konnte man aus
k'-<peQ€g eine präsentische form q>€Qeg abstrahieren.
b) 2. pers. sing. med. praes.
147. xaT «V eTsai. xa&fjocu. ücupioi. [5]
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76 0. Hoffmann
148. ai ßoU. xi »eisig. Kvtcqioi. [96. 198]
Wenn diese form überhaupt vollständig überliefert ist, so
wird sie jedenfalls nicht aus ßoXei, wie M. Schmidt auf grund
der glosse tQneg = %Q7teig vermutete, sondern aus ßoXg =
ßoXtai verkürzt sein.
149. nccTtaxä. xataxoipeig. Udq*ioi. [25]
Wahrscheinlich für xa7taxdj] — xa7taxdeat. Schmidt's
Vermutung xaxaxvipsigy welche ihre stütze in den glossen Ip-
Ttdraop. e'fifiXeifJov. üdqpioi und x<x7tarag. na&OQWv. rtctQa
EvxXip sucht, hat das eine bedenken gegen sich, dass xora-
xv7ita> ein seltenes und fast selbst «einer erklärung bedürftiges
verbum ist. Andrerseits ist von sprachlicher seite gegen ein
präsens rtaxdo) — naxdooa) „ich schlage" nichts einzuwenden.
Dasselbe würde sich zu ttta-i-a) tyitxä) genau so verhalten,
wie das kyprische naxdw „ich sehe" zu dem homerischen 7ta-
ftra-i-vcj.
c) Die 2. pers. sing, imperat. act und med. nahm
ein secundäres a an.
150. *aX£%Bg. naxdxGioo. ndq>ioi. [24]
Meineke xorAegeo, Bergk xaXexcaoQ). Eine änderung
scheint mir unnötig, sobald wir einen activen aoristus €Xe%ov
annehmen, der ebenso wie sxefxov^ €7tsxov, sysvdfitjv von der
starken stammesform gebildet sein würde. Gerade für den
aorist sind imperative auf -eg auch sonst zu belegen: bl-aneg,
a%ig y &eg, q>Q€g, freilich nur immer von einsilbigen stammen.
Das a stammt wahrscheinlich aus der secundären endung des
imperfectums.
151. iX&exwg. dvxl xov iX&i, ÜSaXa/xlvioi,
Für iX9ixto. Begreiflicherweise erregte diese form Ver-
wunderung. M. Schmidt versuchte sie durch conjectur zu
entfernen, Curtius wollte sie auf lautlichem wege aus ildexarc
entstanden sein lassen. Dass jedoch das -g nichts als ein nach-
trägliches anhängsei ist, beweist die folgende glosse, welche
man bisher nicht verstanden hat.
152. dya&og. oiiorvq. Kv/zqiol.
Schmidt's änderung fya[&og]. ai(&7ta wird an kühnheit
noch durch Rothe's Vermutung iyd&rj. ioi(d7tyd'r] übertroffen,
welche nur gerade die hälfte aller überlieferten buchstaben
unbehelligt lässt.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 77
Da dem dya&dg die glossen ayctQQOi, ayao&ai vorher-
gehen, und, wenn wir dyaoadneda, ayaoodpevoi an den ihnen
gebührenden ort zurückversetzen, die glossen clyaoig, dydo-
(nara folgen, so ergiebt sich die richtige emendation fast von
selbst. Es ist zu lesen
dyd(o)&(og. ottüfta.
Das verbum aya/ucci hat nicht selten die bedeutung von xara-
7t€7tltjy€vat „vor staunen die spräche verlieren".
d) Der infinitiv act. endigt in allen glossen auf -eiv
(doQi&w, da/uccTQi&iVy ßoQßoqifyiv u. s. w.).
Hiermit stehen die arkadischen steine in widersprach,
welche uns als infinitivendung -ev überliefert haben. Da diese
sehr wahrscheinlich zu den eigentümlichkeiten des achäischen
dialektes gehörte (De mixt graec. ling. dial. p. 60 — 62), so
verdienen die glossen in diesem punkte keine berücksichtigung.
2. Nomen.
a) Nominativ sing:
Ohne a gebildet ist möglicherweise ßoovfjta. dvooiog [34].
Abgefallen ist a in xofypa, xa/?Aij, ßovxavy, veoi [92—95].
b) Accusativ sing.:
Das -y ist abgefallen in ayava und xccdla [126 und 127]
c) 2 reste eines locativs sind erhalten:
153. (j.o%ol. evrog. üdcpioi. [15]
154. Iv zvtv. h Tovtq). [9, 10]
Des Iv halber kyprisch. Der lokativ xvt wird durch Hesych
auch als kretisch bezeugt, und auf den kretischen inschriften
sind eine reihe solcher locative auf -vt überliefert. Dass tvt
nicht etwa auf lautlichem wege aus toi hervorgegangen ist,
habe ich De mix. graec. ling. dial. p. 65 gezeigt, -vt = //
ist ein altes locativsuffix. Dieses trug, wie noch unsere Über-
lieferung zeigt, ursprünglich den accent. Da nun die o-stämme
ebenso gut wie die consonantischen stamme je nach der läge
des accentes eine 3 fache Stammesabstufung besassen (vgl. loc.
Ircnel = i7t7t£-i y voc. mne, aber nom. Xnizog, gen. iW/rcy), so
musste vor dem hochbetonten suffix -// die schwächste form
des Stammes, also Xnn-fi oder vom demonstrativum %-fl «*
%vi erscheinen.
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78 0. Hoffmann
d) Nom. plur. der er-stämme.
155. Uncontrahiert: diosa von dvaog „mauerring". [249]
156. Contrahiert: anXctvi]. rtoXXa. [48]
e) Der acc. plur. der o-stämme endigte, wie die arka-
dischen steine ausweisen, im acbäischen dialekte auf -og. Die
glosse ÖQÖaovg. dxQsiovg ist durch die noirrj beeinflusst.
3. Präpositionen.
Besondere hervorhebung verdienen:
157. afi (= zd. avi „gegen, zu") in cunolog [69].
158. Xv c. acc. « üg z. b. iv ä*Qitäv [9, 3. 91, l], iv
<pdog [9,11. 74].
159. 6v, im sinne des gemeingr. kni überliefert in
6v -TQÖaaeo&ai. &7zi<nQ&<fso$ai. ndquoi. [12]
av-%ovg. %cSvr). 2aXapivioi. [264.]
Dieselbe präposition ist auf den kyprischen inschriften u
geschrieben: v-xiQOQ (= ^X'lQog) „handgeld" 60, 5. 15, v-falg-
$av „für alle zeit" 60, io. 22. 28, v rv%a (= ini Tv%<f) 74, s.
Sek. dm liegt seiner bedeutung nach zu fern. Vielmehr ist
v aus vd- =r ssk. ud „auf, hinauf 1 ' entstanden, vgl. Baunack
Studien I, p. 16 sq. Im Griechischen ist diese präposition sonst
nur in dem comparativ voxsQog -= vd-teQog und dem Superlativ
vatarog = vd-tarog erhalten. Da sie nach dem ausfall des d
sehr klang- und haltlos wurde, so scheinen ihr die Kyprier ein
€ vorgeschlagen zu haben.
4. Wortbildung.
a. Verba auf -£8iv.
Die Kyprier besassen eine besondere Vorliebe für die deri-
vativa auf -&w. Ausdrücklich bezeugt dies das Etym. M.
485, 45:
. . . TVOLQa AloXtvoi xaXyu), itctQa de Kvitqloig xaXij£o).
Von den Hesychischen glossen gehören hierher
160. av€(k)x,l£ei. ocpaxeXi^ei. [65]
161. äoQi&iv. Qiyovv. [10]
162. ßoQßoQi&i. yoyyv&t. poXvvei. Kvnqiot.
Die gewöhnliche form lautete ßoQßoQOco. Mit unrecht will
Schmidt die glosse den Kypriern absprechen und Koitqoi für
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 79
KvrcQiot, lesen. Sie ist eben ein beweis dafür, dass die alten
grammatiker das zahlreiche vorkommen der verba auf -&iv im
Kyprischen als eine eigentümlichkeit dieses dialektes empfanden.
163. ßQipd^ei. OQyq elg awovalav. Kvtvqiol.
Auch diese glosse spricht Schmidt ohne grund den Ky-
priern ab. ßQtfid^w steht für das gewöhnliche ßQifialvw. Als
grundbedeutung von ßQipy haben wir die des „leidenschaft-
lichen andringen8 u anzusetzen vgl. Homer. Hymn. XXVIII, 9
.... Miyag & IXeXl^et "OkvftTtoQ | Juvbv vno ßQifirjg yXavxoi-
mdog. Daraus entwickelte sich einerseits die bedeutung des
zürnens, vgl. Hes.
ßQifialv&TCti. xh'fialverai. OQyi^ezai.
ßQifiovo&ai. &VHOVO&CU. OQyt&o&ai.
andrerseits die — speciell kyprische — bedeutung des „liebes-
verlangens". Der stamm ist identisch mit ssk. bkram in ved.
bhpni „schnelle bewegung, regsamkeit", bhrmi „beweglich,
regsam".
164. dapctTQi^eiv. %6 ovvdyuv %6v JrjfirjTQiaxdv 7taQ7tov.
Kvtzqioi. [31]
165. vvTBxqdotov. xctraayiv. 2aXa^lvtoi. [81.144.225]
Von TSTQa'Ctt) = hom. tetQalvu) abgeleitet.
Einen interessanten inschriftlichen beleg für diese ky-
prische eigentümlichkeit bietet die idalische bronze. Neben
der form xqavo^isvov „berührend" z. 9 vgl. hom. xqovw „leicht
berühren, ritzen" lesen wir in z. 18 in derselben bedeutung
XQCtvtypevov.
b. Nomina,
a) Wechsel des geschlechtes resp. der declination.
166. aqfxvXa, vnodrjfxttva. Kvtzqioi.
Schmidt's Vermutung, dass HqiivXov für d^ßvlrj stehe,
liegt sehr nahe. Dabei ist es nicht einmal nötig einen laut-
lichen Übergang von ß in fi anzunehmen. Vielmehr kann das
fremdwort aQßvXr/ durch Volksetymologie mit aQ^og, aQfxo^w in
Verbindung gebracht sein.
167. ßdXXat. ßa&fuoi inö Kvtzqiw. [122. 136]
Im Ionischen entspricht ßqXog.
v a
168. ßXaotd. ßXaory. Kvnqioi.
Eine glosse des Laurent. Lyd. BXdzza. ovofua idtpQodizqg
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80 0. Hoffraann
xazä tovg 0oivixag hat den ausgangspunkt für Schmidts ge-
waltsame conjectur BXarvd. BaaXtig. gebildet. Die richtige
ergänzung
ßXaatd. ßXaoTrj\jnazcc], Kvjiqioi.
giebt Hesych selbst an die hand mit der glosse
ßaotd. ßkaovrj/uctTa. nXaxaywvia. 2uteXoi.
Das übergeschriebene v und o verdanken wir einem abschreiben
der die verstümmelte form ßhxory nicht verstand und in ihr
<y(-o>) r(-w)
das futurum ßXaazrj zu dem präsens ßXaovd sah. Das neu-
trum ßXaovov = ßXaotog ist eines der als kyprisch bezeugten
Wörter, die sich zugleich bei Nicander (Alex. 332) linden.
169. ßQOvxa. s. v. ßqovxog. axQldwv eldog. "ioweg. Kv-
nQioi de tf/v x^wQav äxqida ßQOvxav. [58]
170. &va. dqzvfjLava. Kvtcqioi.
Da das wort seines geschlechtes, nicht seiner form halber
citiert wird, so ist Schmidts Vermutung &6ea, welche Rothe's
beifall gefunden hat, zurückzuweisen. Die existenz eines dvov
neben dvog wird ausserdem noch bezeugt durch das Etym. M.
287, 45 Jqicc . . . ovx dnö xov dqua xara avyxo7tqv , a}£
wotzsq dnb tov dvog y bereu dvov u. 8. w. und 457, 3 zä dva.
o iotl vet dvfudtiata.
171. fivda. <piorrj. KvttQioi.
Für fiv&og.
172. IleXdva. fj 2dXct[ug kv zolg %ov EvxXov X£i?o/jo7g.
[38]
Nebenform von niXavog „kuchen".
173. oiyvvvag .... Kvnqioi öi tä doQOtra. Herod. V, 9.
Das masculinum atyvvvog wird als kyprisch angeführt von
Aristot. de arte poet. 21 (-wo-), E. M. 712, 33 und schol. zu
Apoll. Rh. II, 99.
174. q>6a. i^ayd^/xara h z(j> ocSfiaTt. [16, 22]
Für qwa = <pvecc y vgl. Hes.
(pvog. (pvTev^ou yhvr\[ia.
ß) Appellativum nach namenart gebildet.
175. TtctXafiig. Texvivrjg. TtctQa tolg SaXa/tuvloig.
Ohne grund vermutete Meineke naXafievg. Eine grosse
anzahl von appellativis, die nach art der eigennamen gebildet
sind, hat Fick in Curt. Stud. IX, p. 167 ff. gesammelt Von
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 81
den auf -ig ausgehenden führe ich an ydoTQig = 7toXvq>dyog 9
axofjLig — a%6fjtaQYog y tqoxis «■ ÖQopevg, tpevöig = yiloxfjev-
«Jjfc. Unser naXa^ig steht für TtaXapo-J-aQyog.
y) Abgeleitete substantiva auf -da.
Ausgegangen sind dieselben von den adverbien auf -dov.
176. yodav. xXaisiv. Kvtvqioi.
Schmidt wollte yodav lesen, yodd „die klage" geht auf
yodov „wehklagend" zurück. Da vor dem hochbetonten Suffixe
-dov die schwache form des Stammes erscheinen muss, so steht
yodav, das vom stamme yof- (yofog „klage") abgeleitet ist,
möglicherweise nach dem oben besprochenen paphischen laut-
gesetze für yvdäv.
177. OKvöd. oxid. EvxXog. [39]
Die von Gurtius Etym. 6 657 aufgestellte Vermutung, dass
owdd aus oxoijd entstanden sei, schreibt dem kyprischen dia-
lekte einen lautwandel zu, für den jede weiteren belege fehlen.
In Wahrheit haben oxvdd und oiud nichts mit einander zu
thun. oxid hängt zusammen mit ssk. k'häjä =- skeja „schat-
ten", alts. ski-mo, altir. sciath „schild", oxvdd dagegen mit
8sc. sku „bedecken, schützen", lat obscürrus, scü-tum, ags. scüa,
scuva „schatten, finsternis".
3) Abgeleitete Substantive auf -pavog.
178. a7ZolvyfiaTog. dnoyvfivwaig. Kvitqtou
Die richtige etymologie des Stammes Xvy- gab Fick in
BB. VI, 214: Xvy- gehört zu got. sliupan „schlüpfen", das
mit uf (— griech. arto) verbunden, ganz die bedeutung von
h.dveo$ai hat. Aus ursprachlichem slug konnte auf griechi-
schem boden sowohl Xvy- wie Xvß- werden. Ein rest von Xvß-
scheint sich in der glosse Xv^vog. yvfivog. erhalten zu haben.
179. £dXftatog. nivaJ* Ix&vtjQog. naQa Tlacpcoig. [109.
189]
Dazu gehört ZpXixdviov. TqvßXlov.
In beiden worten will Schmidt das X streichen. Mit
unrecht. tpX- (über das £ siehe nr. 109) gehört wahrscheinlich
zu dem semitischen bba „aushöhlen".
Endlich glaube ich, dass die glosse 180. aQfioiaTog [78.
117] aus aQfjLWfjiaTog verdorben ist. Dass von dem stamme
dQfio- ein nomen auf -atog abgeleitet sei, ist einfach unmöglich.
Beitrlgo s. künde d, Indg. sprachen. XV. 6
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82 0. Hoffmann
€) Mit dem suffixe -dvo ist gebildet:
181. xidvdv. ev&dde. TIdq>ioi.
Ein adverbial gebrauchter accus, neutr. zu xi-dvog. Die
volle stammesform xa-, welche ein locativ zum pronominal-
stamme xo- ist, liegt in i-xel und xei-vog. Geschwächt er-
scheint sie noch in latein. eis und ci-ter.
O. Wortschatz.
I. Semitische voeabeln.
Zum teil mit Sicherheit, zum teil mit Wahrscheinlichkeit
sind folgende glossen als semitisch anzusetzen:
182. dßd&. diddaxaXog. Kvtvqioi.
Gesenius verbesserte dßd. 6 diddoxaXog vgl. syr. Jo),
hebr. aa.
183. äßctQTai. 7t%y\vaL Kvtvqioi.
Hebr. na&j „fliegen 41 .
184. dyOQ. devdg. Kvtvqioi.
Hebr. na* „schreien", nia* (agor) „kranich".
185. dXdßrj. Xiyvvg. OTVOÖög. xctQxivog. vtvo de Kvtvqiiov
pccQilr}.
186. aQi^og. zdqng. Kvtvqioi,.
Chald. ynn (hariz) „der graben".
187. ydvog. ... vtvo de Kvtvqiwp Ttaqddeiaog. E. M.
223, 47.
Hebr. -ja (gan) „garten".
188. ^dßarog. 7tiva§ ix&vrjQog. naqa Ilaqtioig. [108]
189. ^dXfiarog. Tvival; Ixdvr^Qog. tv<xqcc Ilatpioig. [109.
179]
Vgl. Z,aX[4aTiov. zQvßXiov. Das £ ist aus y entstanden, vgl.
yaßa&ov. TQvßXiov. ydfißQiov (yccXfitdriov?) TQvßXiov. und Mar-
tiaPs gabata.
190. Sißtavog. xißorvog. Kvtvqioi.
Von Gesenius zu hdr „cista" gestellt.
191. BlaXina. tov 'HQaxXia. l4pcc&ov<uoi.
Syr. }^\vi-> f hebr. Tjba „der könig".
192. odTVi&og* dvoia. ndqtiot.
L
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 83
II. Homerische vocabeln.
Da die Ach ä er die schöpfer des epos waren und Dias
wie Odyssee ursprünglich im achäischen dialekte gesungen
wurden, so kann es uns kein wunder nehmen, wenn viele
homerische vocabeln von den grammatikern den Kypriern,
welche mit den Arkadern zusammen für uns den südlichen teil
des achäischen Stammes repräsentieren, zugewiesen sind. Hat
doch jetzt auch die entzifferung der kyprischen inschriften zu
dem auf den ersten blick überraschenden resultate geführt, dass
der kyprische Wortschatz mit dem homerischen identisch war.
Voran schicke ich ein grammatikerexcerpt unbekannter
herkunft (bei Bekk. Anecd. graec. III, 1095), in welchem fol-
gende homerische worte als kyprisch aufgeführt werden: dXaog.
Tvq)X6g> aXyog. odwy, aXo%og. yvnq, d€7tag. TtOTiJQiov,
e/LiaQ%pev. eXaßev, rjßaiov. oXiyov, i'£e. xd9ioov, log. ßi-
Äoffi &VS- Xdxqig, raQßei. (poßslrai, nidtXa. VTiodtj/uara,
qtdoyavov. §i<pog 9 %9a>v. yrj, zÖQyog. yvtp 9 dovnrjOBv.
<X7ti9avw.
Die übrigen stehen zum grössten teile bei Hesych und den
Homer-scholiasten :
193. dyrjXiüQ. 6 %(av IdyQodiTtjg xhff]X<3v r t yovfxBvog h .
Kv7tq V . [30. 110]
Der oberpriester hiess bei den Kypriern sonst auch d^g y
vgl. Coli. Samml. 31/32, neu gelesen von Deecke, BB. X, 319,
und Cesnola, Cyprus, p. 413, nr. 1.
194. dyXaov. yXacpvQÖv. Kqtjt€Q xal KvrtQioi.
Auf Kreta offenbar ein rest der achäischen spräche.
195. dxoozij. TtQixhij 7taqd KvtzqIoiq.
Das davon abgeleitete verbum steht Z 506
%7t7tog dxooTrjoag Ini q>dzvfj.
Der scholiast bemerkt zu dieser stelle „xvQttog de al naoat
TQoqxxi dxooiai xaXovrcai nctQa QeoaaXolg, woraus hervorgeht,
dass dxooTtj gemeingut des nord- und südachäischen dialektes
war. Ein deminutivum dazu hat Hesych überliefert: dxSouXa.
iXd%io%a,
dxoo-Tog ist von dem stamme ax&r-, latein. acus, aceris,
abgeleitet ebenso wie d-yeQao-tog von ysQag.
196. xai alav. Kccvä xo nq&rcov. [91, 8]
6*
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84 0. Hoffmann
Die handschrift bietet xatalavov.
foivc* aloa „anteil am wein" lesen wir auf der inschrift
197. dfxix^aloeaaav — narä KvrtQiovQ evdaifiova.
Schol. zu ß 753.
svdaifJLwv ist hier im sinne von „fruchtbar" gebraucht Das
substantivum d-fux&aXoQ, von welchem d[*t,x9aX6ßiQ abgeleitet
ist, gehört seiner wurzel nach zu 6f4i%ia) = latein. mingo
„ich harne", ssk. mehati „er bewässert", mih „nebel", megha
„wölke".
ßdXoftai „ich will".
198. al ßoXe. %l &iXsig. Kvtvqioi. [96. 148]
Vgl. arkad. %6fi ßoX6(isvov 1222, 24.
Im Homer erscheint das — durch Vereinfachung der gemi-
nation aus ßoXXopat entstandene — ßoXouai an 3 stellen: ßo-
Xerat A 319, IßoXovto er 234, ßoXeo&e iz 387.
In unseren Wörterbüchern wird das verbum seiner etymo-
logie nach noch immer unrichtiger weise mit ssk. var „wählen"
zusammengestellt. Da nämlich dem thessalischen ßiXXofxat ein
westgriechisches dqXopai gegenüber steht, so haben wir als
grundform der wurzel gel anzusetzen. Am nächsten liegt es
meiner ansieht nach, die media dtjXo^ai, ßiXXofiai und ßoXXo-
fiai aus demselben stamme wie arkad. diXXw und gemeingr.
ßaXXio abzuleiten. Wir würden dann von einem urgriechischen
diXXopai c. acc. der richtung „sich auf etwas werfen, nach
etwas streben" auszugehen haben. Eine hübsche parallele
hierzu würde, was die bedeutung anlangt, das verbum Yeo&ai
bilden, z. b. in itpieo&ai „nach etwas trachten".
Bei dem äolisch-achäischen stamme, der bekanntlich durch
die vokalisation des / schon früh die palatalen laute verlor
(vgl. thess. x/j; = kuis aus q'is, kypr. nslou =* kueisei aus
q'eisei), musste aus öiXXofiai (= g'eUomai) regelrecht ßiXXofxai
(» gueüomai) werden. Bei den Ioniern und einem teile der
Westgriechen wurde — wahrscheinlich durch den einfluss des
nomens ßoXXd, ion. ßovXij, dor. ßwXd — der alte vollvocalige
präsensstamm daXX- durch die abgeläutete form ßoXX- ersetzt.
yifxta „ich fasse, ergreife".
199. an dys fi «. cupeXxe. Kvivqioi.
200. yifjtov. Kvtvqiol xal Xaßi *al xd$i£e.
Die handschrift bietet ydvvov.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 85
201. vyysfiog. ovlXaßrj. Salapivioi. [80]
Zu demselben stamme gehört der homerische stark gebildete
aorist eyevxo — e-yefii-ro (0 43, N 25 u. 241, 2 476), den
Hesych durch elaßev, dvilaßev erklärt. Das auslautende fi der
wurzel musste vor dem folgenden dentalen zu v werden, vgl.
ßqov^tri zu ßQefi-w.
202. dlTVTVOV. K.V7ZQIOI . ... (U6TQ0V. ol de TO qfUfißdl-
fJLVOV.
Zwei stellen des Pollux IV, 169. X, 113 verleiteten
Schmidt zu der Vermutung, dass xvtvqov für Kvtcqioi zu
lesen sei. Wenn wir jedoch die worte des Pollux, die an
beiden stellen ungefähr dieselben sind, näher ins äuge fassen
(„nvTtQOv de t6 ovt(o xalov/Lievov h&tqov evQoig av tvcxqcc *Äk-
xaicp h devT€Q(fi peltov xal fj/uUvTiQOv naq K litmhvawci h rqi
nQ(i%(ff twv lafißwv"), so muss es jedem einleuchtend sein,
dass Hesych, wenn er xvuqov geschrieben hätte, eine glosse
durch eine andere erklärt haben würde. Zudem müssten wir
aus der glosse fjinixv7ZQ0v. fjjuiav (xeöi^tvov den an sich unwahr-
scheinlichen schluss ziehen, dass dasselbe mass, nämlich ein
diTtrvoVy bei einigen stammen den doppelten wert gehabt habe
wie bei anderen. Endlich spricht für den kyprischen Ursprung
des dimvov eben der umstand, dass miov „wurfschaufel" ein
homerisches wort ist.
Am natürlichsten erscheint es mir daher hinter Kvtvqloi
eine lücke zu constatieren, in welcher eine nähere bestimmung
zu (xhqov gestanden hatte.
203. ectQ. alpa. Kvtvqloi.
Der scholiast zu T 87 bemerkt:
ol de slaQortuniQ (vulg. tjeQoqmzig) iy/.u^hov tov
elctQ, 07teQ eati %axd SaXafiiviovg al/xa.
Dass in unseren Homer-ausgahen nicht schon längst ehxQo-
TtwTig 'Eqivvvq an stelle des unverständlichen rjBQOcpoiTiq 1 571,
T 87 aufgenommen ist, liegt an der Zähigkeit, mit welcher die
herausgeber sich an den überlieferten text festklammern. Das
farblose beiwort yeQoq>olTig, welches in anlehnung an das
häufiger vorkommende masculinum tfeQoqtoiTtjg „die luft durch-
wandelnd, durchziehend" gebildet ist, muss zu einer zeit in
den text aufgenommen sein, als das achäische wort elccQ „blut"
bereits ausgestorben war und daher in dem compositum dctQO-
7taiTig nicht mehr verstanden wurde.
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86 0. Hoffmann
Die form eiaq erscheint in den glossen
e\aq. al/iia. tj lpv%rj*
elctQOTtOTrjg. aiiuoftOTrjg. xpvxonoTrjg.
Iccq. al/ua. 7] HOlQCt.
laQOTto TtjQ. aiiionozrig.
laQftdXa/uog. dxQOxeiQog.
Vgl. dxQOxeiQ. dvÖQoqwvog.
Das Verhältnis von elag zu eaQ ist vorläufig noch ebenso
dunkel wie das von elöccQ zu k'dw, 7t&lQaQ zu neqag. Der
stamm von s-ciq ist ig-, erhalten in ssk. as-dn, ds-rj „blut",
latein. assir und assaratum.
204. iQdro&ev. dvenavoavxo. [16, 5. 35]
Der vocalisation nach paphisch. Zu beziehen ist die glosse
auf B 99
iQyTvd-ev de xav HÖQag.
/«?- „fortziehen, fortschleppen".
205. dnofiQOeie — Kvtcqiwv rj Xegig. Schol. zu 329.
Von demselben aoriste erscheinen noch der indicativ dito»
€Qoe Z 348 und der conjunctiv drtoeQarj 283. Der stamm
f€Q- liegt ferner zu gründe dem part. aor. djtovQag = dno-
fQ<x-g und dem verbum a/r-at^dco = a7r-a-/ga-w. Endlich
habe ich die glosse dßaqiaxdv .... xad-aiQo^tevrjv xarafirj-
vioig, [2] als d-j-ctQ-iordv = d-f~Q-iotdv hierher gezogen.
206. &q6vcc. Qeooccloi piv rd 7t€/roixiX^teva tfia. Kv-
TtQioi de zd dvd-ivd 't/ndvia. Schol. zu Theoer. II, 59.
Zu vergleichen sind die verse X 440 — 441
*!AX$! r\y Iotov vcpaive, itvxqi dojuov vip^Xolo
J Inland, juaQjuccQeyv, iv de &qovcc 7tolxiX J e'jiaooe.
Der scholiast bemerkt zu dieser stelle:
x^QOva. av&t], j?£ wv ßamovoi.
Der von Curtius, Etymol. 5 223 und 501 aufgestellten ety-
mologie, nach welcher d-QOva mit TeQtjv „zart" und ssc. tr-na-s
„gras, kraut" zusammenhängen soll, stehen nicht nur lautliche
bedenken entgegen, sondern vor allem die bedeutung des wortes.
Da nämlich nach den erklärungen der scholiasten nicht nur
blumen, sondern auch bunte gewänder und bunte thiere d-Qova
genannt wurden, so muss die grundbedeutung offenbar „bunt"
gewesen sein. Hierzu stimmt es auch, wenn der Homerscholiast
ausdrücklich hinzufügt, dass unter &qova bunte, zum färben
gebrauchte blumen zu verstehen seien.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 87
Ich bringe deshalb &q6-voq = &q-voq mit dem stamm &€Q~
in 9£qoq, &€qco zusammen, welcher, wie ssk. ghr-no-mi zeigt,
ursprünglich „leuchten, glänzen" bedeutete. Dem stamme, wie
der bedeutung nach lässt sich altir. gor-m „roth, blau u — ssk.
ghar-mds „glut" vergleichen.
207. xddapog. tvcpXog. JSaXapivioi.
Nachher folgt xaXaög. rvqtXog, das, wie Meineke erkannte,
durch ein missverständnis des grammatikers aus d- 195 ge-
flossen ist
Kai x dXaog xoi, £elve, dtaxQivsie to arjfia.
Wenn auch für xdda/nog mit Schmidt x dXaog zu schrei-
ben ist, so könnte man in dem fi den rest eines digammas
vermuten (d-Xaf-og). Gestützt wird seine conjectur jedenfalls
durch das bereits erwähnte grammatikerexcerpt Bekk. Anecd.
HI, 1095 Kvtvqiwv. dXaog. Tvq>X6g.
208. xatvita. ädsXqrf. [91, 5]
209. xaivirag. döeXq>ovg xal ddeXqtdg. [91, 6]
Das masculinum xaolyvrjTog ist auf kyprischen steinen
mehrfach belegt: xaolyyrjroi Golgoi 71, Paphos 41, 8; xacri-
yv^twv Idalion 60, u; xaoiyvrpoig 60, 5. 7/8. 12/13; xaoiyvrjrog
acc. plur. 60, s. n.
210. xiQdfiog „zwinger, gefängnis".
Schol. zu E 387 ol yotQ Kvnqioi %b dea^wTTJQtov xi(>a-
fxov xaXovoiv.
Die angeführte Homerstelle
XctXxfy d y iv xeQdfMp Sidero TQigxaiöexa iifjvag
ist die einzige, an welcher xigapog in dieser bedeutung auftritt.
Xolad-og „der letzte, äusserste". Das überlieferte
211. dnoXoicpeiv. a7t0TßXeiv. Kv7tqioi, [133]
hat Alberti mit eleganter conjectur (A0IC6 für AOI<d) in
anoXolo&eiv geändert,
Xov- „lostrennen, verstümmeln' 1 .
212. Xov^iaza „die spreu". [53]
213. Xovoov. ib xoXoßw. [55]
Für äjzoXsxpeuev in O 455 gab es nach dem Zeugnisse
des Eustathius die Variante dnoXovaifxBv = xoXoßdaeiv.
Ueber die wurzel Xov = attisch Xv habe ich nr. [53—55]
gesprochen.
214. fieyaiQeiv de %6 (p&oveiv , ZaXa^Lviot Xiyovoi.
Schol. zu N 563.
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88 0. Hoffmann
Seiner ableitung nach hat /usyaiQü) mit fxiyag direkt
nichts zu thun. Es gehört zu ssk. mah „hoch schätzen, ver-
herrlichen, preisen". Den gleichen bedeutungswandel von „be-
wundern, verehren" in „missgönnen, beneiden" zeigen aya^iai
und fyXovv.
215. tioqov yaq %b ogv KvrzQioi. Schol. zu 3 479.
Der scholiast citiert dieses wort, um damit das homerische
i6/LKOQog y dem sich fyxeoif*toQog und vlaxofiWQog anschliessend
zu erklären. Diese deutung ist alt, sie geht bereits auf Aristarch
zurück, vgl. den schol. zu f 29
vlaxofMOQOi. o fiev 'AQiOTaQxoQ otpqxovoi,
und wir haben keinen grund an ihrer richtigkeit zu zweifeln,
da — unter Zugrundelegung eines (awqoq s= ogvg — alle drei
angeführten vocabeln einen befriedigenden sinn geben: to'juw-
Qog (J 242, H479) „einer, der mit seiner stimme klirrt" d. h.
im zusammenhange „ein grossprahler , ein stimmen held", £y-
%BalfjiiaQog „mit dem speer klirrend", vlaxdfitofog „hell-
anschlagend, lautbellend".
Dass -/MOQog zu einer wurzel j/i^- gehöre, hat Bechtel
Ueber die bezeichn. d. sinnl. Wahrnehmung p. 101 ausge-
sprochen. Indessen möchte ich nicht aus ags. tncere „hell,
klar" und ahd. muri „praeclarus, illustris" für die homerischen
epitheta als grundbedeutungen „mit dem speer, mit der stimme,
durch gebell sich auszeichnend" erschliessen. Vielmehr hat
-fuoqog in ihnen die sinnliche bedeutung „hell tönend", die
auch in got. tnSrjan » xrjQvooeiv „mit helltönender stimme
verkündigen" vorliegt.
Ob aus dem kyprischen tiOQog eine zweite kurze form der
wurzel zu erschliessen ist (vgl. z. b. fiidopai neben nydofiai),
lasse ich dahingestellt.
216. ovvog. vyiig. Kvqloi öqo/uov.
Dass dieses wort dem achäischen dialekte angehörte, be-
weist die glosse
ov'vei. devQO. ÖQd/Lis. l^Qxddeg.
Von dem dazu gehörigen adjectivum
ovviog ÖQOfisvg. xHnrrjg.
ist, wie bereits Bergk, Philolog. XI, 384 erkannte, das home-
rische epitheton des Hermes 'EQiovviog abgeleitet. Die
modernen etymologen, die das wort mit ovivrjfu zusammen-
bringen, haben sich durch die alten grammatiker, welche im
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 89
etymologisieren bekanntlich wenig skrupulös waren, irre führen
lassen. Zum glück sind uns zwei erklärungen von *Eqiovvioq
aus einer zeit überliefert, wo die grammatiker noch nicht zu
spekulieren angefangen hatten. Die eine, zur achäischen be-
deutung von ovvog genau stimmende steht im hymnus auf
Pan, v. 28:
Oiov & 'EQfiielrjv &qiovviov e%o%ov aXXiov
"Ewenov, tag oy artaai d-eolg &oog ayyeXog iotlv,
die andere in einem fragmente der Phoronis (Kinkel, p. 21
nr. 5)
'Eq/usiccv de 7taTrjQ 'Eqiovviov (ovö^iaa avrov.
ndvrag yaQ fidxaQag xe &eovg Sforjcovg t ävd-Qamovg
Kegdsat xXeitToovvcug % igalvero xexvrjeoaaig.
Beide erklärungen lassen sich vereinigen. Die wurzel fev-, von
welcher ovvog abgeleitet ist, bedeutete ursprünglich „nach
etwas streben, auf etwas loseilen, petere aliquid" vgl. ssk. va-
nomi „ich begehre", vdnas „das verlangen". Daraus ent-
wickelte sich die secundäre bedeutung „einem dinge nach-
stellen" vgl. ssk. vdn-us „der nachsteller" = ovvtog „dieb".
Im Homer, wo Hermes überall in seiner eigenschaft als
götterbote erscheint, ist 'EQiovviog ohne zweifei mit „der schnell-
eilende" zu übersetzen. In der interpretation, welche der dichter
der Phoronis dem worte giebt, sehe ich nichts als einen witzigen
einfall, der sicherlich aus dem zusammenhange der ganzen stelle
hervorgegangen ist.
217. 7tdoa8t,v. dt]Xol de xazä Kv7tqiovg to rcowiXXeiv,
ä(p ov xal naoxog. Schol. zu X 441.
Bei Homer lesen wir das verbum in dieser bedeutung an
2 stellen
J 126 .... rtoXeag <F evinaooev deS-Xovg
X 441 .... h de $qovcc itoi%ifi eitaaoe,
218. 7tQvXig. LdQiOTOziXrjg de txqüxov IdxiXXea enl %fj
%ov TIcctqÖxIov 7CVQ<f %fi rtVQQixj] g>f]ol xexQrjö&ai,
rjv 7taqa KvrtQioig (prjal tzqvXlv Xeyeo&ai, Schol.
zu Pind. Pyth. II, 127.
Das wort wird zweimal von Kallimachos gebraucht, in
Iovem 52, in Dianam 240. Homer kennt nur das masculinum
tiQvXyg. Zur etymologie (jzQvXig = nQo-feX-ig , latein. proe-
lium) vgl. Fick Wörterb.» H, 145.
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90 O. Hoffmann
219. it%6Xiv. rtoliv. Kv7tQi(av twv iv 2aXafilvi Xe&g.
Schol. zu V 1. [105]
Inschriftlich ist nxoXig belegt auf der tab. Mal. 60, i. 2. 4.
6. 7. 15. 16. 27.
220. 7tTolef4og. 6 de ftrdXefiog Kvtzqiwv aal l/litinfav
Xefrg xa& 'HQaxlsidrjv koüv. [107]
221. Qelog. ovtcj de Xiyovaiv ol Kinqioi xbv da&evfj
7tccQa to §ela. Etym. M. 539, 30.
Homer kennt nur das adverbium fala in der bedeutung
„leichthin, ohne sorge".
222. §veiva. olqvci. KvrtQtoi. [46. 66. 142]
Bei Homer ist /qijv nur in dem compositum 7toXvQQtjv
belegt.
223. opoysQov. oxXrjQov. imßovXov. ftox&riQdv. [16,19]
Die glosse ist paphisch. Das adjektivum o^vyefog steht
bei Apoll. Rhod. II, 244. 374, o^ivyeQwg IV, 380. Homer kennt
nur e7tioiivyeQ(og y 195, d 672.
224. xdcpog. Schol. zu V 29 Kvtiqloi de vagtov tov
apovov.
Zum belege beruft sich der scholiast auf den vers co 87
rtoXewv zagxp dvÖQCJV dvreßoXrjaa,
welcher in X 416 mit q>6vq> statt xacf^) wiederkehrt. Allein
dieses beispiel passt durchaus nicht, da im to 87 xdq>og in
seiner grundbedeutung „bestattung, totenfeier" gebraucht ist.
Möglicherweise beruht die ganze notiz des scholiasten auf
einem fehler seiner quelle. Wenn wir nämlich annehmen, dass
in dieser q>6vog = <t>ONOC aus q>3-6vog == <t>0ONOC ver-
schrieben war, so würden wir die an sich keineswegs befremd-
liche tatsache erfahren, dass die Kyprier das homerische, also
achäische, zdyog „bewunderung" im sinne von q>&6vog „neid"
gebrauchten. Den gleichen bedeutungswechsel zeigen u. a.
aya^iat and CrjXovv.
225. vvxez(>doz(o)v. xaxeayiv. 2aXaf*lvioi. [81. 144.
165]
zexQaKw ist nebenform zu xexQaivio, dessen aorist xexQrjva
bei Homer X 396, e 247, \p 198 erscheint.
226. (piTQtov xal Xdcov. Idpa&ovottw yXtoootjg ioxiv,
dig cpaüiv ol rtaXaiol.
qti-xQog gehört zu einem stamme bhi „zerspalten", welcher
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 91
bereits ursprachlich eine erweiterung durch d erfuhr, vgl. ssk.
bhid, latein. findere.
227. xäQiveg. Maxeddveg xal Kvtcqioi xiqvtag Xsyovoi
rag avveaTQa(x(xivag xal ovXag /uvQOivag, ag
(pafjtev OTßqxxvtTidag. Schol. zu P 51.
Ohne zweifei haben die scholiasten recht, wenn sie die
kyprische bedeutung von xaQiteg der interpretation des verses
P 51 zu gründe legen:
ai/uail foi devovro xd/ucu, xaQiTeöGiv Sfiioiai.
Die landesübliche erklärung „haare, die denen der Chari-
tinnen gleich waren" ist geschmacklos und grammatisch an-
stössig. Dem stamme nach hat dieses x<*QiS mit dem gewöhn-
lichen worte nichts zu thun. Mir scheint es von einer wurzel
ghvar „winden" abgeleitet zu sein, die ich in ssk. hvdras
„krümmung, geflecht", hvära „schlänge" wiederfinde.
III.
Eine reihe von vocabeln wird deshalb von den grara-
matikern angeführt, weil dieselben entweder lediglich auf
Kypr os sich belegen Hessen oder weil sie im kyprischen dia-
lekte eine von der gemeingriechischen abweichende
bedeutung hatten. Diejenigen, welche bereits in der laut- und
formenlehre von mir besprochen sind, haben hier nicht noch
einmal aufnähme gefunden.
228. dßQBfiirjg. äßXerttjg. Kvnqioi.
Vor einer änderung wird die noch ungedeutete glosse ge-
schützt durch dßQO/nia. oxozeia.
229. ayxvQa .... Kvtzqiol öi %6 TQioßoXov.
Voss vermutete TQißoXov.
230. ädgva. n Iota fiovo^vXa. Kvtiqioi.
„Einbaum", vgl. ä-ydotwQ, d-deXcpog „aus einem mutter-
leibe", o-7taTQog „von demselben vater".
231. axfiiova. aXergißarov. KvrtQioi.
Gemeingr. „der ambos".
232. SXa. &dXaaaav. rj olvog. Kircqioi.
Der anlautende spir. asper weist darauf hin, dass SXa
einem gemeingriechischen adXa entspricht (vgl. die formenlehre
p. 65). Die von Ahrens (Philolog. XXXV, 46) verglichenen
worte ags. ealu, engl, ale „bier" werden also wahrscheinlich
nicht hierher gehören.
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92 0. Hoffmann
233. aXairtTrjQLOv. yQaqtetov. RirtQioi.
Vgl. dtq)d-6Qaloiq>og. yQa/u/uctTodiddoxaXog naQa fit>
rtqioig. [57. 250]
Dass die ursprüngliche bedeutung des „mit färbe bestrei-
chens" wahrscheinlich gar nicht in dXeiyeiv =* yQaq>uv und
seinen ableitungen empfunden wurde, dürfen wir aus dem auf
der idalischen bronze stehenden %a fintja xdde IvaXaXiopeva
(vgl. Hes. dXlveiv dXeicpeiv, dXivac inaXelxpai) schliessen,
welches in bezug auf die bronzetafel nur den sinn von „ein-
ritzen" haben kann. Wenigstens scheint mir diese erklärung
näher zu liegen als die von Ähren 8 aufgestellte Vermutung,
dass das original der idalischen inschrift ursprünglich auf einer
holztafel tatsächlich „aufgestrichen" gewesen sei. Ein dem
dXeitpeiv völlig analoges beispiel für die Verallgemeinerung
eines ursprünglich eng begrenzten begriffes bietet yqdq>eiv „ein-
kerben".
234. aXevQor. xdq>og. Kv7tQioi.
Nach Schmidt ein compositum aus ä und XevQog. Das
wort könnte auch zu dXifofiai „fliehen, meiden" gehören und
also einen ort bezeichnen, „den man ungern aufsucht, den
man meidet".
235. d/ucpt&vQOv. Kvtzqlqi de naotada dfjupl&vqov. Schol.
zu fl 639.
236. ävaxxeg. In doppelter bedeutung citiert:
Eustath. 947, 48 %al %i de, q>aat, xdypa evöo^ov iv KvrtQcp
avaxxeg ixaXovvxo, nQog ovg dveq>eQ€xo endoxr^g rjfifyag rtQÖg
xfiv (oxcmovaxovvxwv, Sxi av dxovowotv.
Harpocration s. v. avaxxeg xal avaaaat. Ol pev vlol
xov ßaaiXdiog xai oi ddeXtpoi xaXovvxai avaxxeg, ai de döehpai
xal ywalxeg avaaaat. l^QiaxoxiXtjg iv xfj Kv7tQi(ov noUxela.
In der letzteren bedeutung ist aval mehrfach auf kypri-
schen inschriften überliefert, z. b. 6 fdva§ 2xaaiag [6] 2xaoi-
xQazeog 18, i. Stasicrates war der inschrift 17 nach S SoXwv
ßaoiXevg, Stasias somit königlicher prinz.
237. avda. avxtj. Kvtiqioi. [33]
Ungedeutet. Rothe's Vermutung: av & d wird dadurch
widerlegt, dass die Kyprier nicht av, sondern xe sagten.
238. ctQOVQa. atüQog oixov avv d%vQoig. Kvtcqioi.
239. y ^4%aioiidvxeig. ol xtjv xwv &ed>v e%ovxeg
leQoavvtjv iv KvrcQtp.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 93
Die glosse ist ein beweis dafür, dass sich die vom Pelo-
ponnese nach Kypros auswandernden Griechen *A%aif-oi nannten.
240. aatTOV. naQCL Kvuqlok; zo SKTtwfia wg ndfiq>iXog.
Athen. XI, 783 A.
241. ßdzia. Athen. II, 51 F: üaQ&iviog de SßQvvd q>r t av
ovxdfiiva, a xaXovoiv evioi fiiOQa. 2aXafxlvtov de %a
avzä xavxa ßdxia.
Die ähnlichkeit der maulbeer- und der brombeerfrucht hat
die Salaminier dazu bewogen, den namen der letzteren auf die
erstere zu übertragen.
242. ß&nog. Hipponax fragm. 92:
Kvtzqiiüv ßenog q>ayovai xd/ticc&ovoltov nvQW.
Nach Herodot II, 116 war ßexog ein phrygisches wort für
aqxog, vgl. Hesych ßenog. aqxog. 0Qvyeg.
243. ßofxßoia. fj xoXvjußdg iXaia. naqd KvrtQioig.
Schmidt schlug vor %ofxßdg oder xopßola zu lesen. Viel-
leicht xo{Xo]t*ßoia?
244. ßovvog. axißdg. KvTtQtoi.
Meineke bringt das wort mit ßvio „vollstopfen" zusammen.
Ebensowohl kann es jedoch mit dem gemeingr. ßovvog „er-
höhung, hügel" identisch sein.
245. ßQev&i!;. &Qidaxlvr]. Kvtvqloi.
Vgl. Athen. II, p. 69 B Nixavögog 6 KoXoqxoviog ev dev-
%&Q<p yXwaouiv ßQevd-tv Xeyso&al qnyoi naget Kv7tqiocg &qi-
öctKa.
Die schwache form desselben Stammes erscheint in ßqd&v
„der sadebaum".
246. yQa. cpdye. Kvtcqioi.
Einen nach der nichtthematischen conjugation gebildeten
imperativ praes. desselben verbums lesen wir auf einer inschrift
aus Golgoi Coli. Samml. 68, i yqdad^t %a(/r) izübi „iss und
trink" (vgl. verf. BB. XIV, 278). Als kyprisch wird ferner
von Hesych angeführt
247. xdyQct. xaTacpayäg. JSaXctfiiivioi. [22. 93. 140]
Das schliessende -g der wurzel gras- tritt in dem von
Eustath. 633, 44 angeführten nomen yqdoxig (= fjfiillflQog
%6(nog) zu tage. Dem griechischen y^ercu, welches nur einmal
bei Callimachos frag. 200 überliefert ist, entspricht genau ssk.
grds-ä-mi „verschlingen". (Anders Fick Vergl, wörterb. 4 I,
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94 0. Hoffmann
p. 38. Er fasst grdsdmi als grisömi und gr. ygaa- als grs.)
Aus dem Lateinischen gehört gramen = gras-men hierher.
248. delv xal axQiq>etv. Kvtvqioi.
Schmidt's conjektur ojecpeiv scheitert an den glossen
1. E7tLÖBVaai. 87Zl<JTQ€lfjai,
2. £7iiöe(y)oov. kTtiozQexpov.
Von der wurzel de/- „herumwenden, herumdrehen" ist ein
kyprisches ebenfalls bei Hesych erhaltenes Substantiv abgeleitet,
das man bisher nicht verstanden und deshalb mit zahlreichen
conjecturen heimgesucht hat:
249. övaea. %ov %oi%ov %a TteQi!;. Kvtiqloi. [155]
Das von der schwachen stammesform dv- gebildete dv-oog
ist seiner bildung nach einerseits mit /v-aig (stamm x«/-),
andrerseits mit den neutris al-oog, qxxQ-oog, aQ-oog, axpog zu
vergleichen. „Mauerkranz" heisst övaog als „das rings um die
mauer herumgewundene", vgl. das gemeingr. (tteqxxvr].
250. diq)d-€Q(iXoicpog siehe unter al&uivtiQiov. [57 . 233]
251. ÖQoaovg. dxQeiovg. Kvitqioi.
ÖQÖaog „der zarte" ist ein euphemistischer name für den
Schwächling (äxQtiog). Passend verglich Schmidt Aeschyl.
Agam. 133
dgoooig c$_X]imoig.
252. dvaea siehe unter dsiv. [248]
253. "Ey%eiog. 'AyQodivrj. Kvtzqiol.
Der cult der Aphrodite wnXiöfxivrj, welcher nach dem
Zeugnisse des Pausanias auf dem Peloponnese herrschte, scheint
dem achäischen stamme eigentümlich gewesen und von ihm mit
nach Cyprus übertragen zu sein.
254. EIXtjti. Zsvg iv Kvtvqcj).
Dunkel. Auf einer inschrift aus Tamassus wird ein Apollon
c EXehag verehrt.
255. 'EXa&vg. dibg uqov iv Kvtzqü).
256. 'EXaiovg. iv Kvtcqü) 6 Zeig.
Für EAAOVC schreibe ich unter benutzung der zweiten
glosse mit leichter änderung EAAOVC — 'EXaovg =» 'EXaiovg.
Der Verwechselung von # und o sind wir bereits im vorstehenden
mehrfach begegnet. Das heiligtum 'EXcuovg kann sehr wohl
von peloponnesischen Achäern gegründet sein, da eine argivische
Stadt gleichen namens von Apollodor und Stephan. B. ange-
führt wird.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 95
Für die zweite glosse 'EXaiovg wird y EXaiova[iog zu lesen
sein, vgl. z. b. KXaQiog von KXaQog.
257. eXarpa. dutpd-eiQa. Kvtzqioi.
Die wurzel Xan- ist sonst nur in den derivativis Xan-
dooeiv „plündern" (aaiv ßi<f Aeschyl. Sept. 54. 514) und
ä-%ci7z-aCßtv „vernichten, zerstören" (orixcig avÖQiov, qxiXayyag
vecovy Homer) erhalten.
258. 'EXsijfiuov. iv Kv7tQ(p xal XaXnrjdovt, l4(pQodlzrj.
259. 'EXela xal "Hqa iv KvrcQq*. xai "Aqx&itig iv
MeoayvTj.
„Die in th EXog verehrte". Der kyprische kult der "Hqa
y EXeia ist offenbar achäischen Ursprungs.
260. 'EfiTCVQißrjrrjg. ovrwg EvxXog %qr t a^toX6yog Ixcr-
Xslro.
Im dialekte müsste es 'l^rcvqißaxag heissen.
261. 'Evdrjtdeg. ai vvfitqxxL iv Kv7tQ(p.
y Evdr]ig hiess die gemahlin des Aeakos, die mutter des
Peleus und Telamon. Telamon's söhn, der Teukros, soll das
kyprische Salamis gegründet haben.
262. i'?rt£a. oQvea. Kvtxqiol.
Die reihenfolge verlangt emtp. Bereits Salmasius hat
auf grund der glosse
2mKia. xd oqvsci arcavxa.
die sehr wahrscheinlich richtige lesung 07tt£a oder ani^ia
wiederhergestellt,
263. ifilxoQOv. irzUoTtov. üdcpioi. [272.]
Das Ha[iq>ioi der handschrift kann freilich auch zu iZbr^-
<p[vX~]ioi ergänzt werden. Doch sprechen für den kyprischen
Ursprung die glossen
xax%e7(e)at. xaxaxoxpcu. Jlayioi. [19. 272]
yuxHOQag. xazaxoxpag. TtctQa EuxXa). [88]
264. ev%ovg. %u>vr]. 2aXafiilvioi. [159]
Für gemeingr. ini-xovg.
265. icia. dvaroXy real 9voia iv KvrtQ^).
Von mehreren Seiten ist die conjeetur dwa „das Adonis-
fest" vorgeschlagen. \Aw war nach dem Etym. M. 177 ein
name des Adonis.
266. EvsXIötjq. av&ddrjg. xal 6 Zeig iv KvnQtp.
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96 0. Hoffmaim
Zu vergleichen ist die glosse
*EXievg. Zevg £v Qrjßaig.
.Sollte EvelidfjQ für E-felidrjg stehen?
267. ZyttjQ. 25evg b> Kvtzq^.
268. \^idg s. v. ipovid. jj xqwvtcu, izqbg rag ävifiirjoeig
T(Sv vddttov. Kvrtqtoi de l/ucfg, ijyow %d o%oivia
tcjv awlrjtidziüv.
269. Yv. [_av%rf\. avtrjv. avzov. Kvtzqiol.
Von dem alten pronominalstamme fi sind nur wenige reste
erhalten vgl. G. Meyer Griech. gramm.* § 413 u. 416. Für
den akkusativ IV ist unsere glosse der einzige beleg.
270. Yo&iitov. üd/ucpilog hv voig 7teqi ovo^dtotp Kv-
nqiovg %6 noxrjqiov ovttog xaketv. Athen, XI, 472 E.
Offenbar ein langhalsiges trinkgefäss.
271. xdßeiog. viog. üdcpioi. Ungedeutet
272. xaxxeiQai. xaraxoifHxi. ndq>ioi. [19]
Die handschriftliche lesart xaxxelvai habe ich auf grund
der glossen
&7cUoqov. Inixonov. ndqtioi. [263]
xaxQQctg. xazaxoipag. TzctQa EwX(f).
emendiert. Da in den glossen ^vetva und Xeivea der diphthong
u für echtes y eingetreten ist, so lasse ich es unentschieden,
ob das et in xelqat (= x&Qoai) zu den dialektischen eigentüm-
lichkeiten zu rechnen oder aus der xoivy eingedrungen ist. Der
stamm xeQ - „abschneiden , abhauen" vgl. gemeingr. xbIqü)
„scheeren", ssk. krt „abhauen" ist jetzt auch auf einer kypri-
schen inschrift Coli. Samml. 32 belegt: Tdqßog 6 dq%bg ini-
ßaoiv zw orcijog %&de exeqoe. Deecke übersetzt „er reinigte"
mit rücksicht auf Herod. VII, 131 ?o ovQog exetQe. Mir scheint
¥*€QOe vielmehr „er schlug hinein, er öffnete einen Zugang zur
höhle" zu bedeuten.
273. KaXa^itg KeQvvfjtat de vovg fuxQOvg zhtcyag
xakafiivdag xalovoi.
Wahrscheinlich ist hier an das kyprische Keqvveta zu
denken, da die einwohner der gleichnamigen achäischen stadt
KeQwelg hiessen.
274. xdnta. tcc oxoQoda. Kvnqioi.
Da das Lateinische cepe, caepa ein lehn wort aus dem
Griechischen ist, so lässt sich nicht entscheiden, ob das e
einem gemeingriechischen tj oder einem aus urgriech. c ent-
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 97
standeneii ionischen t] entspricht. Im ersteren falle müsste das
stammhafte a in xavcia kurz sein, im zweiten würde seine
quantität unentschieden bleiben. Der stamm ist sonst nur in
der kurzform belegt, ssk. kap-alas, latein. capuL Die dem
xama gleiche lauchsorte heisst im Lateinischen cap-itatum.
275. xdgnwoig. dvola IdfpQodlTtjg ev l^/na&ovvti.
276. xag. Kvrcqtoi avti tov xaL
Für xar-g. Auf den inschriften treten neben xag die formen
xa und xat (= xavi?) auf. Einen zweiten beleg für xag liefert
die glosse
xag Tide (lies rode), xai %6ds.
277. xlßiaig. nrJQa. Kvitqioi.
Vgl Etym. M. 512, 54 xlßiaig. arßialvei xißwcbv fj mqQav.
KaXXl(ia%og (fragm. 177)
ei yotQ imd-ijaei navxa iftij xlßiaig
xai 'Hoiodog h Idonidi (vs. 224)
ldf*q>i de (uv xlßiaig &ie, &av/na löio&ai.
Die Aetoler gebrauchten in gleicher bedeutung xlßßa, vgl. Hes.
xißßa. ftyQa. AhwXol.
278. xlßov. heov. ndq>ioi.
Die corruptel scheint mir in iveov zu stecken, wofür ich,
einer glosse des Suidas: xlßog. xißwtiov folgend, mit leichter
änderung iXeov „der küchentisch, die anrichte" schreibe.
279. xlXXog. ovog. xai %h%i% nqmvog. inb Kvtxqiwv.
Die Cicaden führten diesen namen als die „graugefleckten"
vgl. Hes. xlXXov. eldog %i xQWfiarog qxxiov.
280. KivavQOv \pv%og. xb apa rjtieQtf. Kvtcqioi.
Vgl. äyxovQog. OQ&Qog u. s. w. KvrtQioi [59]. xlvavQog
scheint ebenso wie äyxavQog ein beiwort des morgensternes ge-
wesen zu sein.
281. Kiqqiq. Etym. M. 515, 12 — 6/.wlwg de Xeyerai
7taqa KvrtQioig Klqqig 6 "Adiovig, naqd Aaxwai de
6 Xvx?og.
Hieraus ergiebt sich die richtige Wortstellung in Hesych's
Kiqig. Xifvog. oqvbov. r}"Adomg. Aaxiaveg.
In der bedeutung „leuchte" ziehe ich xiQig zu ssk. hirdna
„lichtstrahl", kirikd „sprühend", kirifa „diadem".
282. xltraQig. diddrtfia o q>OQOvoi KvrtQiot. oi de %ct
diadrjpata q>OQOvvreg xl%%aqoi Xiyovrai.
Beitrag« a. künde d. indg. sprachen. XV. 7
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98 0. Hoffroann
Die xliaQig oder xixaQig war der kopfschmuck der persi-
schen könige.
283. xoQÖiXrj. Schol. zu Arist. Nub. 10: Kq&wv de ev
%([) TiQtovq) %fav KvftQiaxwv xoqdvXrjv <prjai xaXel-
o&ai zo tvqoq xeqmXf} TtQOoelXrjua, o drj 7t<XQa *A%h}-
vaioig xakeizai xQcißvXov.
Dem stamme nach sind nahe verwandt x6qvfißog „der
büschel", xoqvq „heim", xoQvqtfj „spitze".
284. xvßdßda. alpa. 'Aiia&ovoioi. Nicht gedeutet.
285. Kvßog .... xal ot 2aXa/ulvioi Xeyovoi xvßov %b xov
l^ariov orj/ueiov, ücupioi de %b tQvßXiov.
In der letzteren bedeutung gehört xvßog zum stamme xef-,
von welchem xvaq „die höhle", xv-rog „becher, urne", xv-Xil;
und xöiXog = xof-iXog abgeleitet sind. Aus Hesych vgl.
xvßdg. ooqoq. xvßßa. rtorfaiov. xvpßog. xolXog (iv%6g.
ßv&og* xal x€Qa(.uov 7tv&/urjv. xvjußag .... xai el'dt] tzottjqIiuv.
xvfxßt]. ve£g eldog. xal ogvßaqtov. xv^ißiov. eldog noxrjQiov
xal nXoiov.
286. xvXt,!;. rlavxtov d 9 h %alg yXcoaaaig KvTtQtovg (pr^al
%r\v xotvXtjv xvXixa xaXeiv. Athen. XI, 480 F.
287. xvpßa. IdnolXodwQog & b> z(p neql hvfioXoyiwy
IIa<plovg xo TiorriQiov xaXeiv xvpßa. Athen. XI,
483 A.
Vgl. das oben zu xvßog bemerkte.
288. xvvv7tca^ia. xb dnb oxsfxtpvXwv tvoxov. Kvttqioi.
Schmidt xvvv. nlea/ua xb etc. Von sprachlicher seite
wird das überlieferte niafia geschützt durch rtioxqa, tiiozqov,
7tioi;rjQiov, itwxbq „trinkbar" (Aesch. Prorn. 482), mo/nog.
iuoxyjq, noxiaxqa Hes.
289. xvizeXXov — 2ifidQi<rzog de xb dicjzov noxrjqtov
Kv7tQiovg, xb de diwxov xal xexqdwxov KQrjxeg.
Das wort ist homerisch, also wohl speciell achäisch.
290. Xi^irfv. ayoQa. xal hdiatQißfj. Ildyioi.
Nach dem Zeugnisse der grammatiker hatte bei den Thessa-
lorn Xt^qv die bedeutung von dyoqd. Bestätigt ist dieses durch
die in8chrift von Larisa 345, 12: eg&efie» iv xbv Xifieva. Ob
in unserer glosse das ILayioi auch zu oeyoQa zu beziehen ist,
bleibt unentschieden.
291. paylg. Athen. XIV, 663 B s. v. fimuv. äq> ov
ij Jtaqa Kv7tQioig xalov/ntvi] juayig.
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Die kypr. glossen als quellen des kypr. dialektes. 99
Vgl. auch Hes. paylg. TtaXa&lg aqxog.
292. fiaoxog. 'AnoXXddwQog 6 Kvqrjvaiög, dg TldficpiXog
q>t]Oi, üacpiovg xo 7toxrJQiov ovxiog xaXeiv. Athen.
XI, 487 B.
293. iivaoig. xoivvv rtaqa KvTtqioig fiexQeixai xal tzoq
dXXoig h'dveoiv. elai de xai /uodioi otxov i lij XQidijg.
Etymol. Gud. 396, io.
Vgl. Hes. /uvdoiov. fiexQOv xi difteditivov.
294. fioifjog. xrjUg f\ b> xolg Ifiaxloig. Kvnqioi.
Irrtümlich hat man bisher pioxpog als kyprische form für
(xv£og = pv£a „schleim, rotz" aufgefasst. Es gehört vielmehr
zu latein. mac^ulum, mac-ulare „besudeln" Der stamm ist
also moq.
295. /uvXdoaa&ai. xo ow/xa ij zrjv x£<paXrjv ofiijj-aa&ai.
Kvtvqiol.
Das verbum ist abgeleitet von einem — sonst im Griechi-
schen nicht belegbaren — substantivum /uvXd = slav. my4o
„die seife". Wahrscheinlich steckt derselbe stamm in der
glosse fivXXrj. Xeia. Bezzenberger vergleicht ausserdem griech.
ftveXog „mark".
296. oXivoi. XQidrjg. deofiol. xal Xlvog nagä KvnQioig.
Herodot II, 79 berichtet: aeia/ia §? eoxi, Alvog,
0O7teQ ev xe OoivUrj doidtjuog iaxi xal sv Kvnqtfi
xal aXXrj, xccxd fxevroi edvea ovvojucc e%u.
Der speciell kyprische name dieses liedes scheint "QXivog
(aus a> Aivov entstanden) gewesen zu sein. Analog gebildet
ist Aifavog.
297. oXftrj. xrp de oXtctjv KXeixaq%og KoQiv&lovg fiev q>rjoi
xai Bvtpvxlovg mal Kv7tqLovg xijv Xtjxv&ov dnodido-
vai> QeaaaXovg de xijv nqo%oov.
Vgl Hes. oXita. X^xvd-og^ oXnig. olvoxot). Wahrscheinlich
hängt das wort zusammen mit eXg>og. ßovxvQOv. Kvtvqioi und
Jikitog. eXaiov. axiaq.
298. OQxdg. ßatpog. Kvtvqioi.
Schmidt vergleicht das arabische irtön „heerd". Indessen
ist die ableitung aus dem Semitischen keineswegs sicher. Viel-
mehr kann OQ-xog in der bedeutung „hügel, erhöhung" zu oq-
w-fiij oQ-og> OQ-&6g gehören.
299. TteXexv s. v. rjjuineXeKOK xb ydq dexdfAvow niXexv
xaXelxai naget IIag>ioig.
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100 0. Hoffmann Kypr. glossen als quellen d. kypr. dialectes.
300. 7i8QiOQia. eoQtrj h Kwt^p.
„Die terminalien".
30h nqiitov. %iqag. KvTtQiot.
Partie, zu TZQirzu „es leuchtet hervor". Die conjeetur
7tQarz%6v ist unnötig.
302. aoloiTVftog. fivdQomtvnog. aal gcrAxog %ig ev
KvftQty.
Wahrscheinlich „in Soloi geschmiedet".
Göttingen. 0. Hoffmann.
Postverbal aspiration in Old Irish.
As the list of examples under this head in the Grammatica
Celtica is far from complete and the question is not one that
can be deeided by a few isolated cases, it may be of some
interest to have a complete collection of instances from the
most important of the Old Irish glosses, to see with what
regularity aspiration is present after verbal forms originally
ending in a vowel and absent after forms originally ending in
a consonant, and to learn from that how far aspiration or
non-aspiration is to be taken into aecount in deeiding the ori-
ginal ending in doubtful cases. With a view to this I have
collected such instances as I found in the Saint Gall glosses (S),
the Würzburg glosses (W), and the Milan glosses (M), so far
as they have been published by Ascoli. I have confined myself
mostly to these three collections, because it is only when there
are numerous examples that the element of chance is more or
less eliminated, and that is is possible to determine the general
aecuraey of the collection. From the smaller collections and
from the extracts from the Milan glosses published in the
Goidelica I have taken a few examples which seemed to be of
interest.
For the general characteristics of the various collections
the reader is referred to the introduetion to the Grammatica
Celtica, Nigra's Reliquie Celtiche, Zimmer's prolegomena to
his Glossae Hibernicae, and Ascoli's Note Irlandesi. There is
iio doubt that the Saint Gall codex is the most aecurate; it is
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J. Stracban Postverbal aspiration in Old Irish. 101
the only one whieh marks the aspiration of f, and s. But in
this it 18 not consistent, and neither it nor the other Codices
are consistent in marking the aspiration of the tenues. Thus,
for example, after ocus (7), and no (T) there is soroetimes
aspiration sometimes not. Instances, therefore, of initial f and
s frorn M. and W. might have been omitted. After mach hesi-
tation» howeyer, I have inserted them to exemplify their dif-
ferent treatment in S., and in M. and W. The chapter on
aspiration in Old Irish cannot be considered complete until
the question of aspiration after other classes of words has
been fully investigated , bat this must be left to another time
or to other hands.
The examples are arranged according to the frequency of
aspiration of the different consonants; — c — , t — , p — , f—, *— .
Aspiration after the verb is chiefly confined to the object.
The following are the few instances of aspiration after other
parts of the sentence:
S. 3 a citabiat chluasa
6 b atf donad(bai) chumach(te)
146 a asbfer)ar chiall ches(to), but 190 a ad>(er)ar ciaü (bis)
197 a nitaet chomsuidig(ud), but 159 a nitdet coms(uidigt*d)
151a asmbtur frit, but 50 a asbiur frit
M. 36 d annudacomart chlaideb
44 b dies Christ, but W. 10 c rocess er (ist)
46 c contoat chucai 8on
41 d neich früchureihar cheill (generally without aspiration).
Another apparent instance is M. 37 a airdaib berthair thir,
but As coli (Not. Irl. 29) would expel the thir. In M. 44 b
as duchesad ches christ ragab da inso, ches, apart from the fol-
lowing aspiration, is suspicious from the Omission of ro, and
is at the same time superfluous 1 ). Perhaps, therefore, itshould
be omitted as haying arisen by dittography from chesad; either
chesad may once have been written ches, which got written
twice over, or the first step may haye been ches chesad, and
then ches been transposed by some one who took it for a per-
fect out of its proper place This would be the easier as the
preceding gloss is di[a] chesad ro ces %ti er. For instances of
dittography in M. see Note Irlandesi 25—31. In M. 36 d
') Gf. duchtsad Christ M. HSd. 3.
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102
J. Strachan
'the aspiration is intelligible as cotnart originally ended in
a vowel 1 ). In S. 146 a chicdl is probably an error due to the
following ch; we shall find more cases of this. S. 6 b I cannot
explain. With M. 41 d may be compared M. 43 a mad fri
frecur cheill where the aspiration is irregulär (cf. further
Z.» 917).
Here follow the instances of the accusative after the verb.
Active.
Present Indicative.
Sg. 1. W. 12 a niriccim forless
C. A. C. 21 argaibim ceil.
5 c hörepridchim so-
seile
S.löla asmbiur frit
W.
16 c dobiur forcetl
W. 14 a dobiur tesst
19 d forcongur f (rinnt.
sg. #. S. 188 b techtid cosmailius
M.
48 d loscaid cach rit
197 b derbaid cenil
W.
26a techtid cach cumachte
25 b sluindith folad
6 a mörid cach maith.
33 a asoirc edeh
35 a arindl ogaib fin
51a arftüm coms- la-
147 b iss-dogni freendaire
dir-
33 a atreba stdbairi
199 a immefolngai cesad
50 a nitechta sain itdöliueht
209 b imfolngai cesad
221b doopir sens
„ immefolngai ce-
M.
39 c doadbat cosmailius
s(ad)
55 d doformaig cach pec-
107 a foddli cenä
cad
121b foddli cenel
56 b immfolngi comroreuin
201b arföim törmay
61b duairci cloini
188 a ni forcml tuisel
64 a forceilla trummae
72 a dofoirnde persain
20 a dogni trumai
197 a cenud sluindi per-
36 a asren fuüem
sin
77 d immfolngi fuasnad
6 b nidiuschi fog(ur)
68 a immefolngi sonartugud
25 b nad sluindi folad
81c immefolngi suthehai
26 a nad sluindi folad
W.
lc dobeir cach maid
*) Is this an instance of dan as 8 pl. pron. infix. (cf. Windisch,
Wort. 515)? Z. 2 380 cites it as 3 sg. (cum eum cecidit), but the mea-
ning surely is, „when (the) sword slew them" (ut inimici ejus gladio
caedente conruerant).
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Postverbal aspiration in Old Irish.
103
sg. 3. W. 4 c innätechta m-
machte
6 a dofeich cach nolcc
6 c nadchaithi cach
twiri
9d imfolngi corp
13 c arafoim cach sil
rel. W. *) 25 c caras foigdi cdich
30 d iccas corpu
pl. 1. W. 15 d dogniamcechtardt
15 d focertam fial
pL2. W. 9c dioipred*) chdch
13 a dogneid cachreit
13 b ciddiaUicid cun-
dubairt
pl. 3. S. 65 b oosciget chenil
197 a nifodlat chenil
198 b fodalet chenel
65 b nicurnsciget cenel
167 b forcomat osoin
25 b nddtoirndetfolad
W.
29 b doictr cc$#
15 a doiciV tfc&tf (bis)
3 c donadbat pecthu
10 d dobeir fochricc
14 c fodera f dilti
16 b immafolngi f dilti
28 b m iJ /7m*.
31b fccas corp
31b Äiccas corp.
14 c pridchimmi soscäe
15 c nitaibrem seire.
27 a cid arandluthid cara-
trad
23 a pridchid soscäe
23 c fodaimid fochidi.
12 a immefolnget corp
27 d nifoiret cumtach
30 c dogniat cach pecad
12 b nidinat fertu
31b doesmet füüi
10 b nadtechtat setchi
27 a asrenat frecrae Cod. Bed. Car. dongniat'cercd
202 b nitechtat sens Berne 31 b togluaset chombairt.
pl.&rel.S.200b foilsigdde pher-
sin
197 a cfap cwite ^?cr-
sawa
W. 15 a wrfd crc#c erfMJ
30 a /cc/e corpu
2 c tfccAte foirbthetith.
Conjunctive.
sg. 1. W. 7 a oral cuairt.
sg« 2. M. 37 c manidene chathu
56 c ni dene chomgnim
78 a conimforlainge failü
W. 5d w/ den^ comrud.
*) [M. 129c Mo» m beres cluind.] «) Stokes (E. Z. XXVIII 100)
qnotes this example as a proof that this form originally ended in a
vowel. As the whole sentence runs arcelith archdch et dioiprtd chdch,
it is possible that the second chdch is an error due to the preceding,
so that the termination may have been -te$ as in Latin.
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104 J. Strachan
gg. 3. M. 44 d cothirmaigid cach 20 b artiafoircnea forcrar
süg bud.
W. 4 a conaderna peccad
pl.2. W. 32 a arachomalnid 3 b nitadbaridfar mbatdlu
cach maid 23 b coropridchid soscüe.
pl. 3. W. 30 c consoibat cdch.
Imperative,
gg. 2. W. 10 a natuic stächt.
pl.2. W. 9a gaibid comarbus „ 14 d taidbdid for ndeserc.
33 a gnid cach degnim
Secondary Present.
sg. 1. W. 10 c cedugnSn cachng- 26 d oroissinn cutrumtnus.
nim
sg. 2. W. 15 d ciadoberthe testas.
sg. 3. S. 188 a nad techtad cetni- M. 14 a cocarad chaingnimu
detait dudenum
162 a dofoirnded persin 39 a odenad figail.
6 b taibsed sainred
pl. 1. W. 10 c cedumelmis cech 26 b manicloimmis forn-
tuarx drogscäa.
pl. 3. M. 22 a dognüis cech ndo- 15 c nitibertais piana
chrad 38 a naitnfolngüis foirbthe-
54 c dobertis cech nolc taid.
*-preterite.
sg. 3. M. 59 c nkumtacht cu- W. 32 d arr&U colinn.
machtae
pl. 3. W. 2 a doracartmar cois 7 b höre donarnactar
cr(ist).
s-preterite.
sg. 1. M. 47 b dorignius chomgnimu.
sg.3. M. (38 r rogab chrine) 36 a ni orogab terochraic
27 b dorigenicechnduü 69 c condergeni forcenn
22 d huasringaib corp 40 c duic fersu
58 a dorosluind cain-
chomrac
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Postverbal aspiration in Old Irish. 105
sg. 3. W. 26 d tuargab cenn Tur. 48 dorigni tochmare.
10 d donuic testimni
pl. 2. W. 15 a caniralsid suü 15 d rolasid mil
pl. 3. M. 24 c rolegsat candin 56 b ramarbsat saul
61b dudrchomraicset W. 5 c rochrochsat cr(üt)
cloini 6 c tüercömlasscU comtinol.
46 d duairübset forbi-
siu::
Perfect
sg. 3. M. 61 b imforlaing failti. W. 10 c imtnoforling cretim.
62 b immeforlaing dan-
tid
pl. 1. S. 26 b manidecamar
sainfolad (Z.' 450).
Reduplicated future.
sg. 3. M. 27 a dombera fortoch- W. 26 a dogina sdibfirtu.
tain
i-future.
sg. 3. W. 4 b ciaconesfea tuic- 26 a pridchibid smactu
siu de rechte
pl. 1. M. 14 d doaidlibem cech-
noin dliged.
pl. 3. M. 69 a niconfoigehat ei-
nlud.
Futsec.sg.3.M.25a nolinfed W. 32 d s&irfed edeh.
preeept
0-future and conj.
sg. 2. S. 229 ni rüs cMuitn. W. 30 b annongeiss edeh.
pl.2. W.20b nidtrsid farsöiri 27 c cofessid fiss seil.
Fut. sec. sg. 3. M. 87 d mafessed
comdidnad.
Aorist forms.
M. 46 b inraba cech ndeithidin gl. abieeta omni cura.
W. 32 a act dorronai c6re modo feceris pacem.
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106 J. Strachan
Deponent.
Present indicative.
sg. 1. W. 23 d rocloor forcäin-
sciilsi.
sg. 3. S. 63 a nimidedar cenel M. 38 d dutfduchedar techt
166 a nihilaigedartair- W. 19 b firianigedar cdch
moirc- 23 a rofitir forsercsL
pl. 1. W. 16a höre nadfitemmar
fius seil
pl. 3. W. 5a immechuretar cori 5b m irmadatar firinni.
20 d comalnatar toil
dee (bis)
Pres.conj.sg.3.W.31c arincho-
tnalnathar cachngdd.
s-pret. sg. 1, W. 3 c intainnd-
drairigsiur peccad.
Perf. jH.3M.66dnadch oimnaetar W. 20c dofuthraetar fornim-
cathugud dibese.
s-fut. W. 12 drofestarcachmbelre 6b ciniestar cachttiarL
Substantive Verb *)•
In arranging tbe many instances of the Substantive verb
I have had more regard to identity of form than to identity
of funetion. Tbus bd (= *bät) is used as preterite, conjunetive,
and present indicative, but as it would serve no purpose for
tbe present investigation to separate tbem I have put them all
togetber; bia, biam, biat &c. are used both as conjunetive and
as future, but the future seems to be only a particular use of
the conjunetive. So too I have not distinguished the third
person singular of the secondary present and the third plural
conjunetive from the third persons of the imperative. Amid
such a multitude of forms I must ask the reader's indulgence
if the Classification adopted is not always tbe best
6-forms.
biid &c.
S. IIb biid cachae alailiu 39b bid cuimrechta
J ) Cf. Stokes K. Z. XXVIII 66 ff. ~~~ ~ "
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Postverbal aspiration in Old Irish.
107
159 a airbid coms-
13 a Wtd cackgnhn
106b biid for deib n diüib
18a Wd cumme
M. 56b biid chicUU)
26 a Wd cotarsne
16 a bid cuimlengaigthe
13 b Wrfd crtcA
16 a bid conflectaigthi
2b Wd /io<?A
16 a bid comsrithi
14 d Wd /WU»
44 c asberat bid cobuir
ld Wd /err
49 a aüi bid*) coscrad
2c Wd /Yr
63 c arhbid claind noclantis
4d Wd /Yrwin
42 b indaas bid praeceptoir
18 a bid frühorcon
33 a cein nadmbid fortacht
26c Wd fir
57 c bith soer som
4a Wd «antttd
74 d biid samlaid
9 b bid sldn
W. 3d bid core
6b Wtd saw
4 a ciabeid er (ist)
10 a bid samlid
7 bid corp sin
29b Wd sere.
bi
S. 29 b huarerombi cechtar (bis)
57 d niW c&wd
45a otribt oddg
82 d roaW comrorcon dnd
54 b nadrh bi oson
31c conoW fofam and
138 b hibi cosmailius
47 d frisambi ferc do
164 b AimW oson
86 d tmW /aötd
197 b diambi foraithmet
W. 28 c nipi cian
212 a «ä/ /Ww
29b n/p* <*a«
200 a forsambi sliueht
12 c nipi firderb
M. 35 d mW chondumu*)
18 b arnipi fomraid
50 d nadmbi ciall
6 b «<W sainlaa.
50 d lasmbi ciall
bis*)
S. 45 a arfcfe ondelgg
M. 16 b
161b Aware mM? forgare
23 a
bis foraib
207 a 6& /öraift
51b
214 a 66 foraÄA
75 b W« fuammam
*) Perhaps achiatt (of. 60 c tW t'nto «fe achiatt, 51b), „Mailgaimrid
says that the meaning of it is &c." f ) amal followed by bid seems re-
gularly to want tbe relative particle. Gf. Ebel Beitrage V46. *) The
aspiration is irregulär. *) When the forma Wt, bias, btmnri, bUe take
the relative particle, it is put before the verb.
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108 J. Sti
•achi
in
W. 19 amal rh biis cometid
9 b bis farsinmertrich
28 b intain bis cengrad
10 b ambis forattMr.
15a bis ptn
bimmi
W. 12 c bimmi foirbthi.
bit
S. 4 b airbit comöuidech-
W.
7d imbit cristidi
M. 85b bit flathi
29 a biit sualchi and.
bite
S. 220 b intan m bite centuisliu
M.
40 c Wte frie anechtair
212 a intan m bite fodeid
W.
9d Mte foroitunertrich.
bia
M. 26 d niconbia cumscugnd
W.
25 d tresindabia pian
61 b connaconbiaforaithmet
10 d nimbia fochricc
86 c nimbia fortacht
13 d arnibia senim.
27 a arrambia soirad
bias
S. 207 a bias forsindainmnid
M.
56 a immeit mbias firinne
„ bias forsnaib camthuis-
neich
W.
4d ftww /"orift.
biam
W. 30 b nipiam friaithirgi
15 a inbiam fristra.
biat
S. 212 a combiat fodeod
W.
25 d tresindippiat fochricci.
bin
M. 44 c airbin flu.
bith
S. 6 b bith charac- naill
W.
20 b fe&A formenme and
M. 62 b ni bith choindidnad
11c indiumsa na bith fo-
77 a coropith ch::som
chunn.
87 a nabith chiniud
bimmi s
M. 63 d am ni bimmis fiu
W.
17 b ama2 mbimmis cu-
trutnmi.
bitis
M. 71b nubitis fuamdam
W.
10 d !ott imbttis primsa-
85 d nubitis fomaam
cairt.
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Postverbal aspiration in Old Irish.
109
biad
M. 33 b rondabiad cechmaith
W. 9d nobiad chdch
ba
8g. 2. W. 30 b armba chainchom-
raccachso
8g. 3 ^S. 50 a aniba choitchen
45 a nibba cenadaers-
cugud
117 a ba tickte
43 a airba firianu
69 a ba sainred
M. 56 d niba Man
76 b ba choir
28 a niba cfan
43d ba cumdubart
45 b ba coru
56 c niba cian
66 d m'6a cian
23 b Auare 6a /m*
53 d ba fotnraid
64a ba fou
76 b air6a frecndaire
36 a cta/a /frtan
27 c n*6a sarnlid
37 c n*6a sarnlid
54 c wi6a *erc
84 c Ja sarnlid
W. 10 b 6a cAoir
21a ba chomadas do
ban
pl. 1 W. 33b ban chosmaili.
bat*)
pL 3 S. 199 a acht ropat saini
W. 9d nibat chutrummi
17 c bat chosmidi
16 b rondbiad fdilte.
22 c coro6a soüsesiu.
5 b 6a cofttt cara* Www
10 c 6a coir
13a 6a awr
14 a niba mit
15 d 6a coir
25 d nipa cosmuil
5 c 6a torad
6d 6rf tualang cdch
5b 6a fotiAtt
29 d 6a *o*c& «fei*
4d ropa farnainmsi
9 c 6a /"«fr
9d iwi6a /ZaftA
12 c 6a /lerr
10 b 6a ferr (bis)
19 a sechba foirbthe
22 b ropa ^r
23b 6a ferrson
29 d ar6a foirbthe
30 d n&a fochenn
31 d 6a firinne
10 d 6a saithar
19 d ac£ 6a sarnlid.
IIA ad nirobat pecthi
12 d ttipal ferr
13 d combat foirbthiu.
l ) Instances like amfta cloithe, amba cocuibsid (M. 32 b), aw&a taireide
(M. 27 c) hftve been omitted, as aw6a n-indrisse M. 18 a shews that the
relative particle has here been lost before c, t, &c. *) [M. 180a arm-
bat chosmaili.]
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110 J. Strachan
bet
W. 7d imbet cristidi.
Ipy.sg.2.M.41b ba chuimnech
29 d noia thoirsech.
W.31 c napa chondarceU
pl.2.W.24biad chensi
24 a fcarf /iai%.
4d bad foditnich
bad*) (sg. 3)
S. 72 a combadchoit(chen)
13 a 6ad chdck
30 a cotnbad chircumflex
24 b woiorf chotarme
148 a bad carthi
27 d ftarf <*<$re <W&
90a rapad far nöen
16 c conrobad cuit
deilb
25 c cotnbad (c)eUbrad
4 b nibad öamlaidson
27 b na&od ct*#
207 b nibad samlaid
34 a orabad cech brathair
M. 21 d cotnbad chomaic-
3 c armbad peccad
siu
29 a artnad pecthad
65 d cotnbad cutrutn-
5d 6ad f itairr eck cdch
mae
„ iotf /aÄte
74 a am nibad cencinta
„ ftafoui fornert
21c conapad firdia
10 a arwiod /"err
mac
„ artnad forngaire
35 b cotnbad fou
13 a Jod foammamigthe
56 b nabad format lat
„ ftad ffoJ
63 d am niiad /w
„ iad /«de
39 c cotnbad frisna
18 a conabad fir
gruade
27 a ftad /iwVWAe
44b secknirobad fris-
13 a 6ad fricumtach
som
6 a 6od sochrud
27 b cotnbad sechtna-
12 d 6ad samlith
dachtae
13 a 6od satnlid (bis)
66 c 6ad satnlid
14 c cotnbad sain
W. 7 a 6ad <?A($re dtlt'6
26 b cotnbad suaichnid.
4«d*) (sg. 3)
S. 162 a bed choit(chen)
211a «o&ed foihigvd
68 a wf6w tnachad bed
39 b dindinit bed idstai
coit(chen)
68 a caÄA 6ed rfretfW
*) These forme are somctimes followed by the relative partiole. cf.
Stokes E. Z. XXVIII G9.
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Postverbal aspiration in Old Irish.
111
M. 29 c ncch bed chare do
67 d cobed chiall
46 a bed ctnmrechta
27 d combeth cendkjail
41a nombeth cenolc
43 a bed peccad sön
22 d onabeth foraith-
tnet
35 b toimtiu bed fou
W.
44 b frisambeth free-
64 b dünni bed fortachtigthi
43 d robeth fordib milib ech
51 d combed samlid dagneth
78 a nimboi ni bed sruühiu
33 d bed chuimnech
• 9d arminibed cröis
18 d dusimbed comrorcon
13 c ted foammamichte.
23 b ted frühduntae
bas. None of the following instances prove anything.
M. 35 d amias foirethe
W. 5d tfojgr 6as /Vr
bes*)
S. 202 b wt tes chechtar in-
darann
169 a wip he som bes
forcenn
M. 63 a nanni bes chosse-
carthae
23 d bes foir
betis 9 )
M. 36 d comtis catrai
72 b amtis coirthi
33d betis fu:tib
34 a am£& foremachti
beta*)*)
S. 207 b tefo coms-
W. 4 c tefa titaüm
17 d höre bas fir.
W. IIa bes chotarsne
20 c ished bes chobuir
32 a bieid bes ferr.
4 c bes (s)6ir
8d Je« «ton
14 b 6es son/r*.
63 b tetäs fortachtaigthib
68 c tetig foirdhib
85 d amfis forbristi indrig.
29 a teto fe'fc
(M.126c ieto cä^i).
Perfect.
sg. 3. S. 140a romböi fo
178 b robböi fora ind-
iliuchtsom
M. (37r robäi chocad)
20 d nirubai cennib
55 c rotei cwci*
78 b roftcJi cowart
29 c dn imbai forlongais
*) Sometimes haa the relative e. g. S. 27 a bes A Arär«- K. Z. XXVIII
67. n. 7. °) Ascoli (Note Irlandesi 86 note) quotes an instance with
aspiration from M. 131 d, donaib dSedib betis chloühib gl. ad comiincendoe
deeides. *) [Another form bata y bata chorai M. 125 b.]
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L12 J. Strachan
46 a robdi forsnaib
15 d roWt crfw^ foaKfui
doirsib
26 a ciarudböi colinn imbi
60 a airroboi frescissiu
29 d roia* cfawd
84 d roboi forsinddib
15 a romböi fial
73 c nimrabae soirad
23 d arnaJ romböi fdilte
W. 2 b rambdicachmaith
20 d intan romböi fricroich,
5d amal romböi cuit
S. 21b nirubi tinfed
98 b romW fritobar-.
M. 20 d darube cenni
14 d Aore nddrobe tit
W. 24 b ntrofe cachreit
3d trofo pecead.
S. 197 a rofto /W- dtf-
lc n#o comitesti
W. 4 b nipo chöim
24 b ropo cof dilti
5 a napo chenid
24 c n&o cenfochidi
4 c nipo Atfcfo'r
14b ropo tto/
14 c rodbocho8tni(liu)s
21b rojpo *Ar(fy
22 a amaJ romfco chu-
24 d romfro ttoZ
imse
14 b ropo tochomracht
24 c nirbo chuit eperthe
3 c ropo fochonn
13 a ac£ ropo chonet-
26 d romto foirbthe
arceirt
19 a n/rfco srfr
„ ac£ ropo chotorbu
33 d ropo sa#A.
S. 153 b roiw frecndairc
34 c wVftw toraisse les
203 b roit* samlid
53 d nambu tressa
M. 22 a troiw cäojV
14 b arnibu fuareir fesin
30 d robuchoadersatar
87 c rotte /m*
72 b amÜM chumach-
18 d roro&w suidigthe
tach som
48 d arrombu suidigthe
63 b wtrfcu cenfrithor-
W. 9 c wt&w chummi
cuin
33 a m'r&tt choimdiu
22 a diambu thabarthi
„ rotttfo thoissech
33 a nannirobutholdo
33 b arnibu thaeair
54 a am roit* *Ao/ doü
13 d w*r6u /«<**
63 b rwftw thoissech
33 a rt/iw fersom
71b rop* *AoZ
33 b fttrfo foirbthe
86 d anarbuthurgabthi
2 c c«pf« friaicnid.
pl. 1. M. 43 d robumar cum- •
W. 26b ntrbommar tromdi.
drichthi
pL2. W. 3 b cerubaid fopheccad.
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Postverbal aspiration in Old Irish.
113
74 a rombatar forlongais
76 d rubatar fuatnäm
49 a airroptar sonartu
Ha robtar tuicsi
14 d rodbatar tirbitfii.
pl. 3. S. 31 b amtar forngarti
45 b ndd robatar suin
M. 31a airbatar carait
71 c rubatar peccthi W.
less
40 d coruptar fadirci
The regularity of the aspiration after bu bo is against the
hypothesis tbat they originally ended in t (Stokes K. Z.
XXVIII 90). After forms like bd that certainly ended in t
aspiration, as we have seen, is very rare.
Short forms chiefly conjunctive.
sg. 1. W. 15 b arnaptronu
s.3. S. 2 a arnaroibcumma8C
4 b eonroib comöui-
dig-
189 b condib sinunnper-
san
M. 17 c airndip tosach
45 c diaroih tofortach-
tsu lium
24 c cenib fir intitul
31 d canaib fir
35 d dondib sainemail
W. 3 b cib cenel
12 dp crtäh
14 a condib cuimse
20 d rop corae doib
23 b ocä rop er (ist)
24 a <*0ttcti6 cumme
26 b £>ro#> core
9d manip toi
The total absence of aspiration indicates that these forms
probably ended originally in a consonant. -b without infection
of the preceding vowel may be regarded as an enclitic form
of bd (Zimmer, Keltische Studien II 129). On the other hand
in forms like eonroib b must have been once followed by some
vowel that could cause infection. It is not likely that they
are curtailed from böi, bu, for then we should have expected
aspiration. Can it be that in them we have an aorist *bhvet
Itottrig» z. kund« d. indg. iprachon. XV. 8
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14 a arnap trom
21a eonaroib temel
30 d nip tarisse
12 c eondip follus
16 c condib ferr
20a corop füg
22 a corrop föirbthe cäch
23 b corrop ferr
26 b duus indip fochunn
29 d condib föirbthe
27 c arnäp foröü
28 d condib föirbthe
32 a arimp follus
5d nip sain
9 b rondip sldn
22 c arndip satnlid
28 c nip sain
31b nip sartholach.
114 J. Strachan
from ybheu? Besides e-bhu%om there may quite well have
been ander other accentaal conditions e-bhyom, just as in Sanskrit
there exist side by side dhuvam and dhvam. According to
Ost hoff M. U. IV 367 the same form of the root is found in
01dslav s bi (= *6t?-«tf) as oompared with &q>vt) (= iqnif-fj-v).
Forms from -^es.
am
S. 143 a am sldn W. 27 c am ämbidse
M. 40 h am togaitaese 10 c höre am forciüid.
at
M. 36 a at firiansu.
is. This form is found so frequently and so regularly
without aspiration that it is useless to enumerate the instances.
The only certain case, where I have found aspiration, is S. 140a
isehiall chfoto where ch is probably an error due to the follo-
wing eh. M. 57c airisehride has been corrected by Ascoli
(Note Irlandesi 34) to air is irchride.
as. I have omitted instances where as is preceded by
words like haare, amal &c. which require the relative particle,
and otherß where the context proves certainly that -» has been
lost With regard to the other cases, as the usage varies (cf.
S. 207 b doadiadar as choms (uidigthe) with W. 9 a doadbadar
as coir), I have thought it best to give them in füll.
S. 54 b as c(h)oimtig 78 b as fds
40 b öw choir W. 17 d as chotarsne
59 a as choms- and 33 c as choir
72 b as chentarchu 16 c as chomaitile
207 b as choms- 21a as chorp (bis)
28 a as coit(chen) „ as chenn
41a os comparit 6 a as comalnad
39a as posit 9a as coir
M. 44 c as chetnae ndis 29 d as persan
57 d as choir 6d as fir
51 c ani as chithara 9d as ferr
64a as comacus 11 d as ferr
65 d as coimdiu 13 b as fir
24d as fir 14c as flu
37 c as fortachtaid 19 c as fir
45 c as fiese 24 a as firinne.
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Postverbal aspiration in Old Irish.
115
ammi 1 )
M. 43 d ami (Stok es ammi)
13 c crwmi cosmili
cumgabthi
17 b ammi tuaünge
W. 5d ammi cor})
24 d ammi techtire
12b höre ammi corp
16a ammt /tit7tf.
adib
W. 10 a adib cretmech
16a adift foirbthisi.
19 c adib cland
.
«■)
S. 3 a ä# cenelcha
45 b iJ fechemain
10 a ft coitchena
29 c «V firiana
21b ö comsuidig-
W. 5 c # caW<
56 b Ä citnidi
12 a tt corp
59 a ar# cosmaili
28 d ft cairigthi
197 a •'* citni(di)
28 c ft preceptori
203 a Ä commidigfhi
7 a ö fiachaich
212 b ff cAffidi
14 a # foirbthi
215 a tV coitchena
26 b ä /iwrfoAi
M. 2 c t£ coicsalmsecht
29 a t£ mrifci.
a£. In the two following instances where this form is
found, M. 75 b awa* frühortai, 81b awa* suthcha, the relative
particle has been lost.
a£a s ). Aspiration prevails except where the relative
particle has been lost. I have followed the same course here
as with as.
S. 16 b dobre- ata chom-
mi(digthi)
197 a asbertar ata cit-
nidi (bis)
201 b iu& aciallsom ata com-
midigthi (bis)
7 a ata saini
M. 16 b innahi ata chosmailiu
') To these must be added W. 26b ammi torisnig if Zimmer's
readiDg is correct. Cf. Stok es, Old Irish Glosses 352. *) A solitary
instance of aspiration after ü is found Cod. Bed. Car 42 o itchethtrchet,
where however the ch of cheihir is again probably an error due to the
following eh. ») On this form see Stokes, K. Z. XXVIII 95 f., and
As coli, Note Irlandesi, 20 note. To the instances quoted there may be
added S. 91a. 8, U7a. 1, 188a. 4, 154b, 197a. 2 (ata); M. 30 b. 3,
33 d. 5, 44c. 1, 56a. 20, 58a. 20, 62b. 10, 64c. 3, 67b. 17, 69b. 1,
76a. 5, 76 d. 14, 83b. 4; W. 19b. 15, 21c. 5, 30b. 23. This form is
clearly distinguished from ata or ata, 3 sg. from ^stä, by the fact that
the former aspirates, the latter does not.
8*
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116
J. Strachan
M. 50a doretaib ata chos- W. 19 c itsib ata chomarpid
maili 30 a immairb ata thestis.
57 a ata thimmartu
Form8 from -y/stä (cf. Zimmer,
ag.l.^W.üOc nita chummese
friusom
8g. 2. M. 58 b annunda chocutb-
sickiu
sg. 3. S. 197 a huare atd cinniud
persine
203 a atd coitchennas
220 a atd tairmthechtas
67 b ata farbart
179 a quia ata sech- natu
W. 4 a ntia cutnasc
15 b sftf ctf&y
pL 1. W. 15 b nüatn toirsich
pL 2. W. 5 c arnidad ferrsi
14 a arnidad foirbthisi
pL 3. S. 28 a atawtf chttnaidi
201b nandat choms-
203 b olaa* ^ersw
M. 18 b att(&rt setchi
76 a *7t<fat «Jrfw
W. 7d nitat cosnama
9 b wttaof cosmuli
34 d ntfctf cosmili
Conjunctive
pl. 1. W. 14 c nidan ohnmächtig
Keltische Studien II 128).
9 b an.nonda frecndircesa.
38 c anunda frecndairc.
21a atd comarde
13 a itda cumtubairt
19 a Aon afci cr(ist)
27 a afcf comessSirge
19 b niUrf fori*
8d nimtha firion
27 c a£rf farcöimdiu innim.
15 a atoaw forteetiri.
4 a cenutad suiri.
4 a wVörf /ttdAi
6 j|wfo*fo%
8 c n#af foirbthi
12 b wtta* forcülidi
26 b nandat foirbthi
12 b m&rt sö/r
28 b cirf nafatf sZa'w.
14 d ntTfan chosmüi.
As relative form 8 of sta may be reckoned indaas, oldaas,
indate, oldate.
S. 42 b oldaas posit 64 c indaas cechterchüal
M. 26 b indaas chumach- 83 d tnrfaa* cechteduar
tai (gen.) 85 c f'wtfaa* cechcri
62 b indaas cechtir 42 c i'ndas fograigte
x ) [anunda thinnaehtat se M. »20 d.]
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Postverbal aspiration in Old Irisb. 117
W. 16 c oldaas cdch 20 b oldaas fornimdibesi.
18 d oldaas persan
M. 77a huiUiu ... indate W. 13b oldate cöiccet fer
chlaidib 9d oldate pecthe.
48 c oldate cedair
The relative is found in M. 36 r oldaas nermitnigthi feid.
Short (enclitic) forms.
S. 200 a arndid coitchen
W. 6 a diandid cur
123 b conid fem-
10 a manid cosiitchi
M. 69 a conid cummae
2 a condid firianu
14d conid sain
9d condid flaith
24 a conid soirad
13 b manid ffr.
mad
S. 197 a mad citnide
2 b mad fochricc
208 a air mad free-
9 a mad /err (2 pl.)
M. 2d tnad forcenn
11 d mad fleteg
43 a mad frifrecur
14 a mad fiu
cheill
8 a mad sulbair
W. 2 c mad costnil
12 b mad diaan
20 c mad cumme
25 a mad samlid.
28 c warf cofoirbthetu
nad
M. 37 a wad cAoir
25 d wo* comroreun
40 a norf cAoir
16 b wod /fr.
53 a nad cho- neck
nand
S. 5 a nand cumachte
180 b nand seeft-.
cid
S. 197 c cid chentl
13 d eidfognim eidfoches
25 b cid folad äuindes
27 a cid atdWr.
W. 3 c cid dan cid gair
cit
S. 190 b cit coitchenna
207 b eft comsuid(igthi).
Forms
in u.
S. 62 a cetu chummase-
75 a c*Ätt choms-
thai
78 b c«8ti cAen- ra/w- do
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118 J. Strachan
M. 68 b ciasu chosmaü 18 d ceto thöisegu
W. lüa tnassu cutsiitchi 21 d cesu thrlde.
10 d massu thol
manud
S. 197 a manud chinn.
I have only collected the instances where these words are
followed by adjectives or nouns.
Fil.
fil
S. 29 b cenodfil chotars- M. 30 a cenidß chairi
nataith 55 d nifil chosmailius
134b nifil chumtubairt 30b nifil ci::::
215 a nifailchutnscugud 57 c nifil cumachtae
52 b nifil comthod 42 c fil foraib
46 a cenidfil comparit 68 c /K fordeil(b)
192 b cenodfil posit 48 c m/H saithar
4b orddairecfilfuiri W. 4d do/K cr(ist)
159 b /ff forai6 28 b w//ff cewerf
197 a watf/K /br tf-jper- 15 a w/ff /VaZ
sam 18 c nifil folad naill.
file
S. 29 b filechoimdithleiss 204 a /?Z« fordiull
151b /i/e choibnius W. 23a /Ke cuimrecha fonnsa.
The aspiration after /K I cannot account for. Gan it have
been influenced by the relative form?
The above lists speak for themselves. After forms that
certainly ended originally in a conjonant (putting aside the
doubtful fil), aspiration is exceedingly rare. On the other
hand after endings originally vocalic it is very often neglected.
To a certain extent no doubt the aspiration or want of aspira-
tion in such cases is due to the closeness with which the
words are connected together; hence it is found oftener in the
object than in the subject, and very rarely in adverbial phrases.
At the same tirae it is, I think, impossible to say in each Single
case where there is aspiration that there is a closer connection
between the verb and the following word than in each Single
case where aspiration is absent. In these as in other cases
(e. g. after ocus and no [or]) there is as a great lack of con-
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Postverbal aspiration in Old Irish. 119
sistency in the glosses. Hence, unless the instances are toler-
ably numerous, it is dangerous to say that such and such a
form must bave ended in a consonant because it does not
cause aspiration.
There is one curious point to which I wish to call atten-
tion — the almost total absence of aspiration after forma
originally ending in short i, the 3 sing. abs. pres. ind., and
bid, bit, is, and iL To this I have found only three exceptions,
which have discussed in their respective places, M. 56 b biid
chiatt, S. 140a is chiatt chSsto, Cod. Bed. Gar. 42 c it chethirchet.
This is especially striking in the case of is. I have not füll
statistics, but to say that the proportion of instances where
aspiration is absent to those where it is present is 150 : 1 is
probably under the truth. Surely it cannot be said that here
the connection is less close than after such forms as bed, bad,
bäh. The question at once presents itself, did final i produce
aspiration? As a proof that it did, might be cited, perhaps,
the dative case. Bat is there any evidence that Irish consonantal
stems did not preserve the Idg. ending ai? Apart from the
dative there are the prepositions ar, air, and imm, imtne. At to
the former Curtius Grundz. 5 269 says, „ob als ihre grundform
pari, parai oder para anzunehmen ist, lässt sich kaum ent-
scheiden". Cf. Ebel, Beiträge III. 36. The Welsh er, yr,
üornish er are in favour of * parai as % does not produce in-
fection. ar might stand for *para or *pari. In the case of
imm, imme, the Brythonic am is in favour of ambü, but forms
ein, ym are found in compositum, so that there may have been
two forms. The inseparable particles prove nothing either way.
In conclusion I may be allowed to revert to the point
which led me to this investigation, the question, namely, whether
a form such as berat goes back to % bheront or *bheronto. In
B. B. XIII 130 I purposely abstained from bringing for ward
aspiration as a proof of a vocalic ending, as I was not sure
that the aspiration might not be due to the analogy of the
absolute form berit « *bheronVL I have found no instances
of such absolute forms, but it is not probable that % should
have acted here otherwise than in other verbal forms. The
evidence of aspiration is, therefore, valid in support of the
vocalic ending.
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120 J. Strachan Postverbal aspiration in Old Irish.
Since tbe above article was written another part of Ascoli's
edition of the Milan glosses has appeared. Below are the in-
stances in it with the exception of words beginning with f and
5. In the Substantive verb only those forms are given which
seemed to require more illustration.
Pre8.Ind.sg.3. 106 c dvgni trocairi
114d intan dungni co-
tadud.
pl.l. 112 b adciam teüciud.
pl.3. 94 b ni cumgat comal-
lad innafirinne.
pl.3rel.102c air nocainte tob-
chetcU
Pres.Sec.sg.3. 95a immefolnged chos-
cur.
s-pret. sg. 3. 99 a rouc cechn ilrda-
taid
91c retarscar cairde
Deponent 111 c rufiastar cumach-
tae
114 b indi
chomallaite
timnae.
114 b connafataib cech-
rann.
94 b intain nacomaUa-
tar timnae.
Substantive verb
bit 99b bit cornlin.
bin 91b combin cosmail.
bed 92a bed chuinti
93 d bed chuintechti
bes 94b ni bes chotarsne.
bitis 92 d bitis cranna.
betis 102d betis chumachtaib.
ia£(3.pl.)115b nidat chummai.
ammi 101 d amtni cland ni.
ata (3. pl.) 91c ata tuasilcthi
b ata here — ata-n?
Manchester.
113 b combed clainde.
116d ata comforaitmiti.
John Strachan.
[In revising the proof I have added sorae instances from
the lately published part of the Milan glosses. It would serve
no purpose to give all. J. S.]
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R. Pischel Pili thahati und dahati. 121
Päli thahati und dahati.
In Verbindung mit praefixen erscheint im Päli neben thdti
im praesens auch thahati und der stamm thaha- ist auch
in allgemeinen formen und nominalen ableitungen verwendet
worden. So stehen neben einander adhitthdti und adhifthahati,
utfhdti und uffhahati, upatäidti und upatthahati, patitthäti und
patitfhahati , ausserdem samutthahati. Fausböll hat zum
Dhammapadam p. 116 dazu Päli dahati von i/dhä gestellt und
die erklärung gegeben, in thd und dhd sei die aspiration los-
gelöst und zu einem eigenen consonanten geworden. Diese er-
klärung ist allgemein angenommen worden. Weber, Bhagavati
p. 428 erklärt Jainapräkrit utthahinti als praesens zu -\/sthd
(ebenso E. Müller, Jainapräkrit p. 57) „mit derselben aus-
einanderziehung des sthd in thaha wie im Päli". utthahinti
ist vielleicht futurum, was nur der Zusammenhang zeigen
kann. Ernst Kuhn (Beiträge zur Päligrammatik p. 96) und
E. Müller (Simplified Grammar of the Päli Language London
1884 p. 98) schliessen sich ganz Fausböll an.
Es ist klar, dass die entwicklung von thahati und dahati
nicht durchaus analog ist, sobald man von thd und dhd aus-
geht. In thahati wäre die aspiration auch nach der „ausein-
anderziehung" noch geblieben, in dahati aber geschwunden.
Der ganze Vorgang ist aber sprachgeschichtlich so gar nicht
zu begreifen, dahati ist = Sanskrit * dadhati -- dadhdtu Im
RV. ist dadhate als 3. Singular, siebenmal belegt, dadhanti und
dadhantu je einmal; episch ist adadhat (Holtzmann, Gramma-
tisches aus dem Mahäbhärata Leipzig 1884 p. 22 zu § 672).
Von dd ist dadati als 3. sing, episch, dadate vedisch; im
Päli ist vijahati = vijahdti, juvhati « juhoti (Kuhn p. 98;
E. Müller p. 100) d. h. wie bei der deklination die a-stämme
das übergewicht erlangt haben, so bei der conjugation die the-
matischen verben, was genügend bekannt ist Von alters her
sagt man ja nur pibati, tisthati, jighrati. Im Präkrit ist dahat
bisher nur in Verbindung mit päd nachgewiesen als saddahai,
entsprechend Hemac. 4, 9; cfr. 1, 12 mit anmerkung. Päli
dahati ist also « Sanskrit * dadhati mit Übergang von dh in
h wie in sähu neben sddhu, ruhira — rudhira (E. Müller
p. 37; E. Kuhn p. 42.)
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122 R. Pischel
Nach dahati ist auch ätahati zu erklären. Es liegt am
nächsten an ystabh zu denken und Päli utthahati zu setzen —
Skt *uttabhate oder, der form entsprechend, = *utstabhate.
Dagegen erheben sich jedoch bedenken. Das vedische Sanskrit
kennt neben ystabh in gleicher bedeutung auch yskabh. Wäh-
rend yskabh im klassischen Sanskrit verschwunden ist, hat sie
sich im Mittel- und Neuindischen lebendig erhalten. Im Päli
haben wir chambhati, chambhitattam und khambhati (Therigäthä
28), khambho und in khambhakato und ürukkhambho (Majjhi-
manikäya vol. I, p. 237, 26. 238, 5), im Präkrit khambho (He-
mac. 2, 8 mit anmerkung). Die wurzel stabh hat im Präkrit
tha und tha im anlaut nach Hemac. 2, 9, der thambho und
thambho, thambhijjat und thambhijjat citiert Belegt habe ich
thambho, das auch Qak. 27, 1 ürutthambha (so auch die v. 1.
im Majjhimanikäya 1. c), Setub. 12, 93, Erzählungen ed. Jacobi
82, 21. 22 u. s. w. steht Belegt sind jetzt auch formen von
ystahh, namentlich öfter thambhia. Ueberall steht dentales tha,
nirgends cerebrales. Und ebenso ist es im Päli, wo wir thambho,
thaddho, upalthambhati , nitthaddho, vitthambhanam, saniham-
bhati haben. Die birmanischen handschriften schreiben zuweilen
th, wie Suttanipäta 701 santhambhassu für santhambhassu der
singhalesischen handschriften. Ueberwiegend ist aber jedenfalls
dentales tha und ebenso haftet der nasal im praesens und seinen
ableitungen sehr fest. Das macht es nicht wahrscheinlich, dass
in uttfiahati, das stets nur cerebrales tha zeigt, die wurzel stabh
zu suchen ist und wir müssen uns nach einem andern originale
für thaha umsehen. Kuhn erwähnt p. 96 san, thihanti und ver-
weist auf die gäthäform sthihati. Diese findet sich auch in
Verbindung mit praefixen, wie utthihet, ufthihate (E. Müller,
Der dialekt der g&th&s des Lalitavistara Weimar 1874 p. 23),
pratisthihimsu Mahävastu p. 203, 4, samsthihati ibid. p. 241, 4.
Die Übertragung von Päli thihati mit sthihati ist nur halbrichtig;
correct ist thihati = *stighati d. h. es liegt die alte wurzel
stigh „steigen" vor, die jetzt genügend aus der Maiträyanisam-
hitä bekannt ist. Mithin ist Päli thahati = Skt. *staghati und
die *ystagh ist im Präkrit mehrfach zu belegen. Die meisten
wurzeln auf gh sind uns bisher nur aus dem Dhätupätha be-
kannt und ihre flexion wird dort vorzugsweise nach der 5. classe
angegeben. Wie nun stigh bildet stighnoti t so konnte *stagh
bilden *staghnoti und daraus musste im Präkrit werden thanghat
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Päli thahati und dahati. 123
oder thangat. Die alte 5. classe des Sanskrit ist nämlich bis
auf wenige reste, wie sakkunomi, im Präkrit verschwunden. Die
meisten wurzeln sind der analogie der 9. classe gefolgt, flectieren
aber thematisch, wie schon oft im epischen Sanskrit und Päli
(E. Kuhn p. 99). Für grnomi, frno?i, grnoti sagt man im
Präkrit sunämi, sunasi, sunat. Consonantisch schließende
wurzeln nahmen dann nach analogie der 7. classe den nasal
aus den schwachen formen auch in die starken hinüber. Für
badhndti sagt man im Präkrit bandhat, für grathndü sagt man
ganfhat, für grhndti sagt man genhat und so musste man für
*staghnäti sagen thanghai. Ebenso bildet man von der alten
7. classe bhinda'i, rundhat, chindat, jufijat u. a. Dieses thanghai
liegt vor in utthanghat Hemac. 4, 36. 144, im pari praet pass.
uähangio im Setubandha oft belegt (S. Goldschmidt, Index
s. y. atambh und Prakrtica Strassburg 1879 p. 4 f.), ausserdem
im Gaüdavaha in utthanghana und uühanghi vorkommend.
Zweifelhaft ist utihanghei Hala v. 724, worüber gleich. Weber
hat dazu bereits bemerkt, dass in thangh wohl „eine ganz
selbständige Weiterbildung aus sthä vorliege, die in . . . stigh ihr
altes correlat habe 11 . Dazu gehören die prakritwörter thdho,
thaggho, otthdhaih, atthaggham, die ich Götting. gel. anzeigen
1880 p. 333 f. besprochen habe; thdho hat Rämadäsa, ein
8choliast des Setubandha, mit sthdgha wiedergegeben, wie ich
dort erwähnt habe. Ferner gehört dazu das degl-wort thaho
„wohnung" De$inämamälä 5, 24 und die von mir in diesen
Beiträgen 3, 258. 6, 85 f. erschlossene ysthak, eine doublette
von 8tagh. Alle diese worte haben dentalen anlaut. Cerebraler
anlaut erscheint in fhaddho Hemac. 2, 39, wozu man Hala
304. 537 mit der v. 1. vergleiche. Hemacandra leitet fhaddho
von stäbdha ab. Weber hat zu Häla 537 bemerkt, das ddh
sei befremdlich und das ist es gewiss bei der von Hemac. gege-
benen herleitung. bdh wird im Mittelindischen nur ddh; labdha
wird laddho, lubdha wird luddho (in der bedeutung „Jäger" im
Päli luddo), drabdha wird draddho und stabdha wird thaddho
z. b. Suttanipäta v. 104. Saddhammopayana v. 90 (Journal of
the Päli Text Society 1887 p. 41), upastabdha wird upaühaddho
Therigätha v. 72, auch im Präkrit thaddho bei E. Müller,
Jainapräkrit p. 59 anm. 1. Eine ausnähme macht scheinbar
chüdha und composita, was die einheimischen grammatiker »
ksipta, die europäischen meist = kfiibdha setzen. S. Gold-
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124 R. Pischel
Schmidt hat (Präkrtica p. 20) gegen die ableitung von kpubdha
den einwand erhoben, das k?a von yksubh ginge nie in cha
über, wie die grammatiker ausdrücklich lehrten. Aber Vara-
ruci 3, 30 steht im gana aksyädisu gerade auch chuddho =
kfubdhah und wenn Hemac. 4, 154 khubbai hat, so hat er
3, 142 vicchuhire, das er mit vikfubhyanti erklärt. Es wechselt
also kha mit cha im anlaut und die sogenannte ychuh ist
nichts anderes als ksubh; Ausgewählte erzählungen p. 71, 38
lesen die mss. chobhe. So auch Leu mann, Aupap&tikasütra
8. y. ucchüdha. Daraus folgt aber nicht, dass bdha etwa in
ddha übergegangen, also die reihenfolge ksubdha : *chuddha :
chüdha anzusetzen ist Vararuci lehrt ausdrücklich chuddho,
und chuddho verhält sich zu chüdha wie Skt. mugdha zu
müdha. Die bedeutungsdifferenz wird den Wechsel von kha
und cha bestimmt haben, wie in khamd und chamd, khana und
chana, und ebenso die übrige gestalt des Wortes, chüdha ist
erst auf spezifisch pr&kritischem boden entstanden, als ksubh
zu chuh geworden war, also auf h auslautete. Lautgesetzlich
kann dh nur entstehen, wenn h auf altes palatales gh zurück-
geht, wie lidhd, üdhd. chüdha ist analogiebildung, gerade so
wie Sanskrit rüdhd von yruh, die alt rudh lautet, also mit gh
nichts zu thun hat, trotzdem aber im Veda auch drukfat,
rürukfatas, gartärük, im klassischen Sanskrit rüdha, rodhum,
rüdhvd, rodhä und roksyati bildet und zu der vedisch ruksa
„bäum" «• Mittelindisch rukkho gehört, chüdha beweist also
nichts für einen Übergang von bdha in ddha und thaddho stände
ganz vereinzelt. Seine erklärung findet es nur im zusammen-
hange mit uttharhghai, Päli tJiahati. Von altem *stagh lautete
das part. praet. pass. *stagdhd und wie dagdhd (von ydah, alt
dagh) im Pr&krit wird daddho, vidagdha wird viaddho (Hemac
2, 40 mit anmerkg.), so musste *stagdhd werden zu thaddho,
was uns vorliegt. Päli thahati ist also = altem *staghati mit
Übergang von gh in A wie Päli lahu = laghu, momüho ■== mo-
mugha (E. Kuhn p. 42). Ausgegangen ist der wandel jeden-
falls von den compositen.
Sehr zweifelhaft ist mir, ob zu unserer wurzel auch Hemac.
4, 133 gehört ) rudher uüamghah || So lesen dort meine hand-
schriften. Die Bombayer ausgäbe hat uUharhghah und später
utthanu/hat und so hat Weber, H&la 724 utthamghet corrigiert
für utthagge'i der handschrift mit verweis auf Hemac 4, 36. 144.
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Päli thahati und dahati. 125
Trivikrama hat utthaghghai (MS. Tanjore no. 10006 ist hier
verdorben und verstümmelt) und De$inämamälä 1, 93 steht
utthaggho — sathmardah, im Setubandha 6, 33 aber utthatigha
in jcdutthangha „druck, andrang des wassers". Ich glaube,
dass die richtige lesart ist utthagghat und utthaggho und dass
die worte auf eine doublette von y$thag, nämlich *8thagh
zurückzuführen sind. Der Dhätupätha kennt eine wurzel stak
„widerstand leisten" und diese liegt vor im Päli thaketi „ver-
hüllen", „verbergen", stak verhält sich seiner bedeutung nach
zu thaketi, wie Skt. var „verhüllen" zu var „abhalten", „hem-
men"; ebenso ist sthag „bedecken" und sthagh „verhindern"»
„hemmen". Dem Päli thaketi setzt das Präkrit gegenüber
dhakkai Hemac. 4, 21 mit anmerkg. Wie im Sanskrit k$a die
&- und ^-reihen zusammengefallen sind, so in sta, stha die
reihen sta- und zda- und wie uns das Präkrit über die ersten
noch auskunfb giebt (Wackernagel, Literaturblatt für orien-
tal. philologie 3, 54*), so auch über die letzteren, dhakkai
setzt ein *zdakyaii voraus mit der von dem Präkrit bevorzugten
flexion nach der 4. classe (verf. oben 13, 9 f.). Sehr irrtüm-
lich urteilt über dieses wort sowie über Päli thaketi S. Gold-
schmidt, Präkrtica p. 2 f. Im gründe werden thakkai und
thaketi ebenso identisch sein, wie täthanghat und utthagghet
(causativ nach der 4. classe). Im praesens ist bisher nur
dhakkei belegt (auch Häla 459 hat die v. 1. dhakkenti) und
Häla 724 ist utthagghet zu lesen im sinne von runaddhi. Ur-
sprünglich waren also dhakkei' und utthagghet causativa und
das verlangt auch der sinn. Wenn die bedeutung der wurzeln
war „stehen", „still stehen", so ergiebt sich für das causativum
die bedeutung „stehen machen" = „hemmen", „hindern" u. dgl.
ohne Schwierigkeit
Die präkritgrammatiker lehren, dass sthagüa zuweilen auch
cha'to bilde: Hemac. 2, 17. Trivikrama 1, 4, 22. Dieses chaio
ist Sanskrit * chadita von •tfchad. In bezug auf die bildung des
part. praet. pass. von wurzeln auf d stimmen Sanskrit und
Mittelindisch im ganzen überein. Wo dies nicht der fall ist,
gehen die einheimischen grammatiker (und die europäischen
mit ihnen) meist fehl. So hier bei chaio, so auch bei khudio,
das Hemac. 1, 53. Trivikrama 1, 2, 19, Weber zum Häla,
S. Gold Schmidt zum Setub. zu ykhand ziehen, was auch ich
früher geglaubt habe. Dass dies sprachlich unmöglich ist, liegt
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126 R. Pischel P&li thahati und dahati.
auf der hand. khudio ist = Skt. *k?udita von yk?ud, die im
Skt. ksunna bildet. Umgekehrt bildet yt*ud im Pr&krit runna
für Skt. rudita und ydd dinna für Skt. datta. Diese form
dinna ist bisher falsch beurteilt worden. Lassen (Inst. PräGrit,
p. 125) verglich das i mit dem i in sthita, hita, alle übrigen
begnügen sich mit der angäbe a sei in i übergegangen, was
gar keine erklärung ist. Das i ist kein anderes als v in dldwfu
d. h. der alte reduplicationsvocal, wie im Skt in tistkati, pibati,
jighrati, bibharti u. 8. w. Aus ydd wurde gebildet *di-d-nd
d. h. Päli dinna, Präkrit dinna. Ebenso ist zu erklären Pili
nisinno neben Präkrit nisanno. sad bildet das praesens sidati
d. h. *si-zda-ti; das particip. praet. pass. im Mittelindischen
geht zurück auf *sid-nd, woraus sinno. Es liegt also hier nur
ableitung vom praesensstamme vor.
Der alte reduplicationsvocal des praesens i liegt auch vor
in P&li dcikkhati, das Fausböll (Ten Jätakas p. 93) und
E. Kuhn p. 22 auf ycak? zurückführen. Childers s. v. suchte
darin ein frequentativum von ykhyd, wobei er der Wahrheit
nahe kam. Ein altes redupliciertes praesens von -\/khyä musste
lauten *dkhydti und dies wurde im Pfili regelrecht zu cikkhati.
Im Präkrit liegt dieses alte praesens vor im Jainapr&krit dückhat
und Weber, Bhagavati p. 251 war auf der richtigen fährte
als er*cik$d als mögliche grundform ansetzte. Auch Warren
(Over de goodsdienstige en wijsgeerige begrippen der Jainas
Zwolle 1875 p. 51) leitete die form von ykhyd ab, aber „met
onregelmatige of verbasterde reduplicatie* 4 , während die redu-
plication gerade ganz regelmässig ist. E. Müller hat Jaina-
präkrit p. 14 cikkh = cakkh gesetzt, später aber (p. 25 und
besonders p. 57) diese erklärung verworfen. Die übrigen prär
kritdialecte kennen (bis jetzt) nur ycaks. Die formen ähiyanti,
dhie, die Weber, Bhagavati p. 251 anführt und auf eine zu
hi geschwächte form der wurzel khyd zurückführen will, ge-
hören zu ydh, wovon das Sanskrit nur die perfektformen äha,
dttha, ahathus, ähatus, dhas kennt, das P&li aber auch noch
die aoristform ähariisu hat.
Halle (Saale). R. Pischel.
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0. Schrader Studien auf dem gebiete d. gr. Wortbildung. I. 127
Stadien auf dem gebiete der griechischen Wort-
bildung.
I. Griechische vögel- und säugetiernamen auf -ovqoq, -ovqiq.
Es kommen hierbei in betracht: die namen der bach-
stelze xill-ovQog (Hes.), des rotschwänzchens (poivlx-ovQog
(Ari8tot.), deswiesels ccUI-ovqoq (Herod.), cuI-ovqos (Aristot.),
des eichhörnchens oxi-ovqoq (Oppian. Cyn. 2, 586), %ai*\pl-
ovqoq (Hes.)i f7t7t-ovQog (Hes.) und des fuchses kxtiTt-ovQig
(Aesch. frgm. 397 Dind.), oxay-wQT] (Aelian. vgl. unten), xo'#-
ovQog, xo&-ovqis (Hes.), xol~ovQig (Timocr. b. Plut vgl. Bergk
Poet lyric. III 8 , 1203). — Dass die Griechen in allen diesen Wör-
tern, welche tierarten bezeichnen, die durch die Schönheit oder
beweglichkeit ihres Schwanzes charakterisiert sind, als schluss-
teil ovqol „der schwänz 41 empfunden haben, liegt auf der hand.
Die frage ist nur, ob dieser bestandteil zu der organischen
bildung aller dieser Wörter von haus aus gehörte, oder ob er
etwa in einem oder dem anderen falle erst durch eine art
volksetymologischer um- oder andeutung in dieselben hinein-
getragen worden sei. Es scheint mir nun in der that aus der
vergleichung der verwandten sprachen hervorzugehen, dass
mehreren der aufgezählten tiernamen einfachere bildungen zu
gründe liegen, welche den bestandteil ovqol „der schwänz"
ursprünglich nicht enthielten.
Ich werde, um dies nachzuweisen, die namen der bach-
stelze, des wieseis, des eichhörnchens und des fuchses, um die
es sich hierbei wesentlich handelt, der reihe nach durch-
sprechen, bei dieser gelegenheit aber auch einige andere,
bisher dunkle beneimungen dieser tiere, namentlich in den
europäisch-indogermanischen sprachen, in den kreis dieser be-
trachtungen ziehn.
1. Die bachstelze.
Der name dieses vogels wird auf allen Sprachgebieten sehr
häufig von dem beständigen wippen seines Schwänzchens her-
genommen: so nordd. wedelsterz , wippsterz, it. codatremola,
quassacoda, frz. brenle-queue, engl, icag-tail u. 8. w. (vgl. A. v.
Edlinger Erklärung der tiernamen p. 11 und G. Stier K. Z.
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128 0. Schrader
XI, 231). Auch im Griechischen ist in dieser weise gebildet
osioo-ttvyig und oeio-ovQa, kret. aetaovQada.
Trotzdem kann xiXXovqoq nicht als eine ursprüngliche Zu-
sammensetzung mit ovqd betrachtet werden. Weder lässt sich
der erste bestandteil xtAA-, woran W. Glemm De compositis
graecis quae a verbis incipiunt p. 7 (vgl. auch Curtius Grundz. 4
p. 146 und Vaniöek E. W. p. 122) zu denken scheint, mit
xilXto, dessen bedeutung ausserdem von einem verbum wie 0€i<o
weit abliegt, lautlich vermitteln, noch ist es richtig, wenn
Benfey Gr. w. II, 288 xlXXovqoq mit x/U*£, xiXi^ (Hesych)
„krummhörnig" in Verbindung bringt; denn alsdann würde
xiXXovqoq höchstens „krummschwanz" bedeuten, was nicht
passt.
Es kann vielmehr keinem zweifei unterliegen, dass in
unserem wort ein einfaches *xtXXa. aus xi-X-ia (wie xiaaa
„häher" aus *xix-%a = ahd. hehara) versteckt ist, welches
genau der litauischen benennung der bachstelze kidi, kyle
(Kur 8 chat) aus *kei-l-£e (w. ke£ : ki) entspricht Dass die
Kurschat'sche Schreibung wirklich einen i-diphthongen bezeich-
net, beweist das lettische z'ämva „die bachstelze". An das ein-
fache griechische *xiXXa trat dann nach der analogie von
bezeichnungen wie oeioo-Ttvyig, aeia-ovQa, q>oivix-ovQog weiter-
bildend -ovqo an. So entstand xiXXovqoq.
Die wurzel ke£, ki kehrt wieder in griech. xia> „sich be-
wegen", xi-veco „bewegen", lat. cito „schnell" etc., so dass das
vorauszusetzende griech. *xiXXa „die bewegliche" bedeutete.
Ebenso war wol auch lat. möta-citta, welches freilich in seiner
bildung nicht durchsichtig ist, „die kleine bewegliche".
2. Das wiesel.
Ueber die für uns hier wichtigsten namen des wieseis
aliX-ovQog, cuX-ovqoq habe ich bereits K. Z. XXX p. 462 ge-
handelt. Ich habe daselbst die griechischen Wörter den germa-
nischen ahd. wisula, wisala, wisila, wisela, agls. wesole, wesulae,
weosule, deren e allerdings etwas auffällig ist, zur seite gestellt
Aus einer grundform *vis-elo, *vis-lo musste sich mit prothese
im Griechischen *a-vis-elo, *a-vi$-lo = *aieXo, *aiXo ergeben.
Wir erhalten also die gleichung:
aleX-ovQog : * ccl'eXo aus *vi$-elo (ahd. wisila) =»
xlXX-ovQog : * xlXXa aus *xt,-X-ja (lit kiele).
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Stadien auf dem gebiete der griech. Wortbildung. I. 129
Oder mit anderen worten: es gab im Griechischen ein einfaches
*aYeXo-g für wiesei, welches durch -ovqoq weiter gebildet wurde.
Als wurzel dieses griechisch-germanischen wortes möchte ich
das skrt. vish (itiveshti, töshati, vsveshfi) „t hat ig sein", „voll-
bringen", „dienen", deren grundbedeutung leicht ein „geschäf-
tig, beweglich sein" gewesen sein kann, auffassen.
An gleicher stelle habe ich eine zweite griechische benen-
nung des wieseis als urverwandt zu erweisen gesucht, indem
ich yaAijf mit cymr. bele „marder" (ahd. büih, altsl. plüchü,
entlehnt) verglichen habe. In dem XXX. band von K. Z. p. 351
hat nun auch Johansson für cymr. bele eine anknüpfung ge-
sucht und glaubt sie, wie übrigens schon V. Hehn (Kultur-
pflanzen 8 p. 542) vermutete, in dem lat. felis (ablaut bhsl :
bhel = fj7iaQ : lat iecur) gefunden zu haben.
Hierbei haben aber beide übersehen, dass sich in sehr
guten handschriften , namentlich bei Varro und Cicero, neben
fites die Schreibung fades findet, was deutlich nicht auf idg. 9,
sondern auf idg. ai hinweist. Ich halte also an der von mir
aufgestellten gleichung:
griech. yakrj = cymr. bele
fest.
Was nun faelSs betrifft, wozu in gleicher oder ähnlicher
bedeutung maetes, mtäs hinzukommt, so betreten wir mit diesen
Wörtern vielleicht schon das gebiet der kose- und schmeichcl-
namen, an denen die nomenclatur des wieseis so reich ist.
So könnte sich faeles an das lit. dailüs „zierlich, nett, nied-
lich", maetis vielleicht an altsl. mÜtikü „klein" anschliessen.
Aehnliche benennungen sind dän. kjönne, italienische ableitungen
aus lat. bellus u. s. w. (Arch. glott. it. U, 49 f.).
Besonders häufig wird aber auf den verschiedensten Sprach-
gebieten das wiesei schmeichelnd als „braut" und , junge frau",
auch als „Schwiegertochter" bezeichnet. So it. donnola, neugr.
rvfKpirct, alb. „des bruders frau", slav. nevistäka : nev&sta „braut,
junge frau, Schwiegertochter" u. s. w. Vgl. V. Hehn a. a. o.
p. 542, J. Grimm D. myth. III 4 , 324. Aus derartigen benen-
nungen erklären sich die zahlreichen sagen, welche von der
Verwandlung eines wieseis in eine junge frau und umgekehrt
erzählen oder, was für uns hier gleichgiltig ist, die namen sind
aus den sagen entstanden. Jedenfalls aber fallt in diesem Zu-
sammenhang ein neues licht auf die germanische bezeichnung
Btttrlff» z. kund« d. indg. sprachen. XV. 9
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130 0. Schrader
des marders, der sprachlich, namentlich in älterer zeit, nicht
von wiesei und ilüs geschieden wird. Altn. mördr, ahd. mar dar,
agk. meard (auch „wiesei 14 ) stellt sich nämlich ansprechend
zu lit. marti, marciiös „braut, Schwiegertochter". In den Wörter-
büchern pflegt mit ahd. mardw ein lat. martes „der marder"
verglichen zu werden, das sich jedoch bei näherer betrachtung
— wie manche andere bestandteile etymologischer Wörterbücher
— als ein „corpus inane animae" erweist Es stützt sich
lediglich auf eine stelle des Martial X, 37, 18: venator capta
marte superbus adest, wo aber die guten handschriften mde,
melle, auch male, tneate haben. Die neuen ausgaben des Mar-
tial von Fried länder und Gilbert lesen daher auch an
der angegebenen stelle maele. In das Mittellateinische ist das
wort offenbar aus dem Germanischen eingedrungen.
Das wiesei ist aber auch ein geheimnisvolles, heiliges,
vorbedeutendes, glück wie unglück ansagendes tier. Vgl.
P. Schwarz Menschen und tiere im aberglauben der Griechen
und Römer Gelle 1888.
Gewöhnlich verkündet es unglück. Glückbringend ist es
Plaut. Stich. III, 2, 6: auspicio hodie optimo exivi foras,
mustela murem abstulit praeter pedes. Sollte diese auffassung
des tieres in der spräche keine spuren zurückgelassen haben?
So sagt V. Hehn von lit szarmü (— ahd. harmo) und anderen
ihm unklaren namen des wieseis: „Sie mögen euphemistische
Umschreibungen enthalten; denn das wiesei wird wegen
seiner beweglichkeit und seines unterirdischen thuns als dämo-
nisches wesen empfunden, ein solches aber darf nicht genannt
werden, sonst ist es da". Ist es unter diesen umständen zufall,
dass lit. szarmü -= ahd. harmo laut für laut dem skrt gärman
„schirm, schütz, heil, rettung" entspricht?
Lat. mustela bedeutet „mausediebin". Ich fasse es als
compositum nach den mustern von mus-ciptda „mausefalle",
mus-cerda „mäusekot" aus tnus und einem sonst verlorenen
*stae-la } *ste4a, *tö4a : skrt sti-nd „dieb", stä-ya „diebstahl".
Lautgesetzlich hätte aus einem solchen *mus-staela (vgl. müri-
cida) allerdings *mu8tüa werden sollen; aber das wort musste
nach Verdunkelung seiner etymologie frühzeitig in die analogie
der mit dem suffix -ela gebildeten Wörter (quer-Sla, tut-Ha etc.)
eintreten. Hierzu stimmt auch die vorkommende Schreibung
mustella; vgl. E. See 1 mann Die ausspräche des Latein p. 131.
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Studien auf dem gebiete der griech. Wortbildung. L 131
Im Altsl. heisst der marder kuna, hunica =- lit kiaune.
Ich habe bereits Handelsgeschichte und Warenkunde I, 87 die
Vermutung ausgesprochen, dass die letztgenannten Wörter die
quelle der benennung der ersten in Griechenland aus dem
Norden eingeführten pelzgattung xawaxrjg sein möchten.
3. Das eichhörnchen.
Man pflegt oxiovQog zu deuten als dasjenige tier, welches
sich mit seinem schwänze (ovgd) „gewisser massen u schatten
(pvua) zuwedelt 1 ). Ich glaube nicht, dass es einen Sprach-
forscher geben wird, welcher eine solche bildung für organisch
halten wird. Es ist fast selbstverständlich, dass dieser schein-
baren Zusammensetzung irgend eine einfachere benennung des
tieres zu gründe liegt. Aber welche?
Ich möchte nun den versuch machen, oxiovQog an das
ahd. adj. sciri, adv. sciro (sciaro, sciero) „schnell", sciaren
„beschleunigen" anzuknüpfen.
Ahd. sceri gehört bekanntlich zu jener kleinen gruppe von
Wörtern (vgl. Braune Ahd. gr. § 36a), welche eiu urgerm. 5
zeigen, welches nicht auf idg. S zurückgeht, ohne dass es bis
jetzt, auch nicht durch Singer (Paul u. Braune's Beitr. XI,
295, 302), gelungen wäre, den Ursprung dieses e zu ermitteln.
Sehen wir hierbei von mita (= got. mizdö) und meas (=
got. mis aus lat. mönsa), vielleicht auch von ein (*» agls. c$n
aus *kiz-n?) ab, so bleiben als hierher gehörig nach Braune
ausser seiri, ahd. h€r, hear, hiar (got. altn. agls. her) „hier**,
z$ri, ziari, ziert (alts. tir> agls. tir, altn. Urr „rühm, ehre")
„schmuck, zier", wiara (agls. vir, altn. virr) „feines gold",
„golddraht" und fSra, fiara, feara (got fSra) „seite" übrig,
im ganzen also 5 gleichartige fälle, in denen urgerm. S = ahd.
i, ea, ia von r begleitet war.
Gehen wir von her aus, so kann dies einerseits nicht von
dem pronominalstamm *hi, andererseits nicht von den got.
adverbien hvar, ßar, jainar, cüjar getrennt werden. Es gewinnt
hieraus den anschein, als ob her urgermanisch aus hi-fa-r con-
trahiert wäre, eine ansieht, die für das Westgermanische schon
') Vgl. schon Oppian. Cyn. 2, 586:
Ulnm xtA Idawv yivos ovrdavoZo axiovgov,
Zs (d vv tot &£oovs fuaatov <ploytoyl<Hv iv tyatf
ovorp dvriXUi üxinae avroo6(poH> ptXa&Qov.
9*
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132 0. Schrader
Mahlow Die langen vocale p. 163 ausgesprochen hat Wie
nun her zu einem pronominalstamm *hi, so gehört *wera un-
zweifelhaft zur w. vi „winden" (grundbedeutung „gewundenes
gold") und kann aus *vi-i~ara entstanden sein. Aber auch
ziri, welches keinesfalls zu lat. decus, decet passt, stellt sich
ansprechend zur w. di, di (skrt. didi, dideti, didiU, didyat)
„scheinen, glänzen, leuchten, hervorleuchten, sich be-
merklich machen", so dass zeri einem ursprünglichen *di-
i-ara entspräche.
Schwierigkeiten machen die nordischen und angelsächsi-
schen formen mit l. Vielleicht könnten dieselben durch einen
t-umlaut aus e erklärt werden. Vgl. über altn. Urr A. Noreen
Altn. gr. I p. 109: gen. Urs und tirar wie staStar (st. stadi-).
Auch wäre es möglich, neben einer suffixgestaltung *vi-j-ora
mm *vi-i~ar<* — *tcera, ahd. wiara und *di-j-ora == *ti-£-ara
*» *terä, ahd. zeri ein auf abstuf ung des Suffixes beruhendes
*vi-i-era, vi-i-ira = agls. vir und di-frera, ti-j-ira = altn. Urr
anzunehmen.
Mit lat. viriae, viriolae das Plinius hist. nat. 33, 3, 12
ausdrücklich als keltisch bezeichnet — Thurneysen Kelto-
romanisches p. 82 vergleicht ir. ferenn „gürtel" — ist ahd.
wiara nur wurzelverwandt. Kögel Literaturbl. für germ. u.
rom. philologie 1887 no. 3 möchte ahd. wiara = lit. wirwe
„strick" setzen und ia als eine gesetzmässige vocalbrechung
beurteilen, die durch folgendes h oder r+ö oder w hervor-
gerufen werde (??).
Wir kommen nun zu urgerm. *f&ra (ahd. got fera) „seite,
gegend", über welches ich nicht völlig ins klare gekommen bin.
Immerhin dürfte folgende combination wenigstens auf möglich-
keit ansprach machen. Ich deute das noch völlig dunkle fera
aus *pi-$~ara und vergleiche es mit der altir. praeposition iar-n-
(« *pi-i-ar<*-m) „nach" (von zeit und räum , auch «=* secun-
dum), für die ebenfalls eine befriedigende erklärung fehlt 1 ).
Got. fera, ahd. fiara bedeutet „seite, gegend" (qatn ana
fsra magdolan Mc. 8, 10) und wird, ähnlich wie das cambrische
tu — ir. töeb „seite" (vgl. Zeus 8 Gr. celt» p. 694), im Ahd.
*) Man hat (ar-n mit skrt dvara verglichen. Windisch „Keltische
sprachen" (Ersoh und Gruber p. 189) identificiert iar-n „nach" mit ttor
„westlich" = lat. *#rt<m, frz. soir, was wegen des aldann einmal bleiben-
den! das andre mal schwindenden anlauts « auch nicht angeht.
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Studien auf dem gebiete der griech. Wortbildung. I 133
besonders in adverbialen Wendungen gebraucht. So bei Otfried :
in fiara keren, in fiara lazan, in fiara duan. Vgl. auch pi
fearu „ex adverso« (Graff DI, 579). Nehmen wir nun an,
dass ein adverbial gebrauchter accusativ *pi~i-aram bedeutet
habe „in der gegend von", „auf der seite von", „in der nähe
von" (vgl lat. circum „im kreise von", coratn, palam etc.), 80
konnte sich aus demselben sehr wohl eine praeposition mit der
bedeutung „nach" entwickeln. Hat doch fast ganz derselbe
Vorgang bei unserer praeposition nach, urspr. „nahe bei", „in
der nähe von" stattgefunden. Ist dies richtig, so muss iar-n
allerdings von haus aus zweisilbig gewesen sein, und ia wäre
erst nach dem muster der übrigen einsilbigen praepositionen
und unter einfluss des folgenden wortaccents zum diphthongen
ia zusammen gezogen worden. Will man diese unleugbare
Schwierigkeit vermeiden, so könnte man annehmen, dass, wie
neben urgerm. *vi-£ara = ahd. wiara ein urkeltisches *vei-ro,
+vfrro — altir. fiar „umgebogen, schief" (vgl. Thurneysen
1. c.) lag, so neben urgermanisch *pi-i-ara = got fera ein
urkeltisches *pei-ra, *pe-ra bestand, aus welchem dann iar-n
lautgesetzlich entstehen musste. — Aber mag sich nun got.
fSra etymologisch verhalten, wie es will, jedenfalls scheinen
mir schon die fälle ahd. hSr, ztri und wiara es wahrscheinlich
gemacht zu haben, dass die lautverbindung ija im Urgermani-
schen vor r zu jenem merkwürdigen ? zusammengezogen wurde,
welches im Ahd. durch e, ea, ia reflectiert wird.
U ebertragen wir dies auf ahd. scSro, scSri, von welchem
wir ausgingen, so würde diesem ein urgermanisches *8ki-£-ara,
ein griech. *axiaQO (vgl. ßqiaQog, fuctQog, xliotQog) „schnell",
„hurtig" entsprechen. Aus einer solchen form ging oxi-ovqos
„das eichhömchen" unter volkstümlicher anlehnung an die
gleichbedeutenden Wörter xaftipi-ovQog und Zmt-ovQOs hervor.
Die wurzel von ahd. sciro = griech. oxIovqoq liegt allerdings
im dunkeln. Vielleicht lag in der urzeit neben der oben be-
sprochenen w. ke%: ki ein skei : ski.
Altn. 8kjarr „shy, timid" (vgl. Singer 1. c.) aus *8kXro ist
von ahd. sdSro natürlich zu trennen; eher gehört es zu altsL
skorü „schnell" (Miklosich Et w.).
Dass aber eine benennung des eichhörnchens aus einem
adjectivum mit der bedeutung „schnell", „behend" hervorgehn
konnte, liegt an sich auf der hand und wird ausserdem durch
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134 O. Schrader
die germanischen namen des tieres bestätigt. Dieselben sind:
ahd. eihhorn, agls. äcweorna, altn. {körne.
Dass diese Wörter mit der eiche ursprünglich nichts zu
thun haben, geht schon daraus hervor, dass das eichhörnchen
in erster linie nicht auf eichen, sondern auf lichten sein nest
baut. Ganz von der hand ist auch der gedanke J. Grimm's
zu weisen, die germanischen wörter möchten aus dem lat.
sciürus, frz. tcurmil u. s. w. entstanden sein. Es scheint mir
vielmehr nicht zweifelhaft, dass unter den zahlreichen deutern
der germanischen namen des eichhörnchens allein A. Fick das
richtige gesehen hat, indem er Vergl. w. III, 31 dieselben mit
skrt. ing, ingcAi, ingafö „sich bewegen", altsl. igra „spiel" ver-
gleicht. Stellen wir hierzu noch das skrt. ij, Sjati „sich be-
wegen", welches nach P. W. zu ingati gehört, so konnten im
Germanischen aus einer w. aig : ig adjectiva mit der bedeutung
„schnell", „behend" wie *aikva, *ikvd hervorgehen. Durch
erweiterung mittelst einer diminutivendung -erna entstand dann
einerseits *aikv-erna = agls. dcwern, ahd. eihhorn, andererseits
*ikv-erna = altn. {körne, beide mit der bedeutung „das kleine
bewegliche".
Ist dies richtig, so bedeutete also auf griechischem wie
auf germanischem Sprachgebiet der name des eichhorns so viel
wie „schnell", „behend". Hier wie dort fanden volksetymolo-
gische anlehnungen des ursprünglichen wortes statt, im Griechi-
schen an ovqa „schwänz", im Germanischen an eiche und hörn;
denn immer ist festzuhalten, dass es bei derartigen neubil-
dungen dem sprechenden gar nicht auf einen richtigen und
tiefen sinn, sondern lediglich auf dem ohre bekannte klänge
ankommt.
Bemerkt sei noch, dass die späte Überlieferung des griech.
aiäovQog (Oppian), während die lat. entlehnung sciürus schon
bei Varro L.L. 8, 68 bezeugt ist, auffallt 1 ).
Das nur bei Plinius überlieferte viverra halte ich mit
*) Dass aber das eichhorn den alten wol bekannt war, beweisen
ausser der angefahrten stelle des Oppian: Plin. hist. nat. 11, 48, 49:
„Sciuri admovent cibum ad os pedibus prioribus", 8, 38, 58: „Provident
tempestatem si sciuri obturatisque, qua spiraturus est ventus, cavernis, ex
alia parte aperiunt forea: de cetero ipsis villosior cauda pro tegumento
est", und Martial. 5, 38: Cut (pueüae) comparatue indecen* erat pavo,
Immobilie sciürus et frequens phoenix.
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Studien auf dem gebiete der griech. Wortbildung. I. 135
Miklosich (Et. w.) und W. Meyer (K. Z. XXVHI, 169) für
übernommen aus dem slavo-litauischen altel. v&verica, lit. vai-
varas (vgl oben xawdxrjg).
4. Der fuchs.
Der gemeinsam europäische name des fuchses ist erhalten
in griech. d-lw7t-t]!;, d-lwn-og — lit. läpi (laplnis). Dasfl
auch das skrt. löpä~gd hierher gehöre, ist mir trotz K luge's
Etymologica (in Festgruss an 0. v. Böhtlingk, Stuttgart 1888)
unwahrscheinlich. Skrt löpargd gehört offenbar zu w. lup
„rauben", während np. rubäh, kum. raun, oss. rubas sich an
die wurzelform rup - altn. rjüfa „rauben" anschliessen.
Der fuchs ist also hier „der räuber" *).
Im Lateinischen könnte man zu dlcondg, lit. läpt, laplnis
(löp : läp : lap) vulpes stellen , wenn man sich für dieses wort
entschliessen könnte, von einer tiefstufenform lp-€s = *tdp€s
(erhalten in den eigennamen Ulpius, Ulpianus) auszugehen und
volksetymologische anlehnung des anlaute etwa an vellö, vulsi,
tmlsum „raufen, reissen" (der fuchs als Verfolger des geflügels
gedacht) anzunehmen.
Nicht aber wüsste ich, wie man das altsl. lisü „fuchs",
das Fick Vergl. w. II 8 , 650 mit lit. Iäp4 vergleicht, mit diesem
vermitteln will; denn von einem vorauszusetzenden *{p-8-ü
könnte man zwar zu einem altsl. *Usü (vgl. vom „wespe" =
lit. vap-*-a), nicht aber zu lisü gelangen.
Wohl aber möchte ich noch eine zweite benennung des
fuchses in den sprachen Europas auf Urverwandtschaft beruhen
lassen. Ich stelle nämlich die gleichung auf:
got. faühö „fuchs", ahd. foha „füchsin" (ahd. fuh-s)
ss griech. laconisch tpovac aXam&Lsg (Hes.).
Und zwar entsprechen die germanischen Wörter den idg.
grundformen *phuk~ön, *phvk-*-o } das griechische einem idg.
*phük-ja.
Dass im Griechischen das aus der Verbindung Ag" hervor-
*) Es liegt nahe, auch das altn. refr „fuchs" so zn deuten und es zu
lat. rapiö „raube" zu stellen. Doch geht r*fr (aus *r0poz t finn. rtpo)
unzweifelhaft auf eine w. rep zurück, mit der sich rapiö nur durch fp-io
vermitteln Hesse, indem man annähme, f sei wegen der daneben liegenden
mittelstufigen formen r«p- zu rap- und nicht zu *arp (vgl. arduw, artnus,
ars) geworden.
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136 O. Schrader
gehende <hf, nach vocallänge, zu a vereinfacht werden
konnte, scheint mir durch die gleichungen
alaa aus * aiq-ia : aequus (G. Meyer Gr. gr. f p. 118)
und durch
Qvoog „runzelig" aus rüq-io : lit. raükai (vf. K. Z. XXX, 481)
sehr wahrscheinlich gemacht Besonders lehrreich aber für
unsere gleichung:
got. faühö — lac. (povai
erscheint mir griech. cpvoa „das blasen, der blasebalg" mit
seinen ableitungen <pvodw, (pvoidw, (pvaaXtg u. 8. w. Dass die
hier zu gründe liegende w. von haus aus auf einen guttural
auslautete , zeigen die formen rtoi-qwoow aus *noi-ipvx-j<a
„schnaube 14 , nol-qwy-fiia „geschnaube", izoi-q>vy-drpr. Hieraus
aber folgt, dass qwoa aus *q*m-jct entstanden ist, und dass
auch dies aus £g hervorgegangene o im Laconischen verhaucht
wurde, zeigt die als laconisch überlieferte form tpoviJ; «= att
gwoiyg. So erhalten wir die reihe:
lac. qnva = attisch *<pvoa — urgr. *phük-fa : got. faühö.
Uebrigen8 mag gxwt^ qwoiy!;, <pvoa, 7toupvooa> im gründe
mit (pova = faühö auf dieselbe wurzel phtik, phuk (=^ nhd.
fauchen) zurückgehn, so dass der fuchs in diesem falle als
„der faucher" benannt wäre.
Wir wenden uns nun zu denjenigen benennungen des
fuchses, welche in ihrem zweiten bestandteil an ovQa „der
schwänz" anklingen.
Das frühest bezeugte ist Xdjtirc-ovQig, das Photius aus
Aeschylus beibringt. Der accent ist durch das Et. M. ge-
sichert; vgl. Lobeck Path. sermonis graeci proleg. p. 460.
Obgleich auch hier eine volksetymologische Verdrehung eines
an a-ktort-ög anklingenden fuchsnamens (vgl. thessalonik. aA-
rtcxQog) denkbar wäre, so scheint doch hier eine wirkliche Zu-
sammensetzung mit ovqd, sei es nun ein Xdfin-ovQig : Xapitw,
oder, was wahrscheinlicher ist, ein * XafirtQ-ovQig = XdfircovQig
(vgl. ÖQV<paxTog für d(wq>(>axTog , ßd%Qa%og für ßQGTQaxog, 3k-
nayXog für exnXayXog u. s. w.) vorzuliegen.
Eine andere benennung des fuchses oder der füchsin ist
axaqxoQt]. Vgl. Aelian H. A. VII, 47: äXwnUwv di xä exyora
äXumexideig xixXrjrraiy avrrj di tj fifotjQ xai xsqöw xai oxa-
q>WQt] xal oxivdaqwg.
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Studien auf dem gebiete der griech. Wortbildung. I. 137
Die wurzel dieses wortes finde ich mit G. Curtius (Gründz. 4
166) in axartTio „grabe", o*aq>evg „gräber", axdtpog „das
graben 44 etc. Die gleiche auffassung des fuchses als des grä-
bers (des fuchsbaues) kehrt in dem altn. skotti, skollr „fuchs 14
wieder, das ich aus *8kfadn, *8k\-zd (über das tiersuffix -*
▼gl. Kluge Nominale stammbildungslehre § 28) deute und zu
griech. mal-oty „der maulwurf" von axdXXw „scharre, grabe"
— *8kl-j(f, lit. skeliü „spalte", w. sqel stelle. Aus dem Alba*
nesischen möchte vielleicht das gegische axiX-je „fuchs 4 ' (geg.
i = ie = i, vgl. G. Meyer Kurzgef. alb. gr. 1888 § 6) hierher
gehören; doch sei nicht verschwiegen, dass G. Stier K. Z.
XI, 144 das albanesische wort, wol als entlehnt, zu griech.
oxvXXog, axvXal; »jedes tierjunge" stellt.
Dem bedeutungswechsel von
altn. skotti „fuchs" : griech. a%dloip „maulwurf 4
entspricht aber genau eine andere gleichung, durch welche
wiederum einer der zahlreichen fuchsnamen des Griechischen
deutlich wird. Ich stelle nämlich
ahd. 8c2ro „maulwurf 1 — lac. xlgacpog „fuchs 44 (Hes.).
Die grundform des letzteren lautete demnach:
*8kir-yd>ho-8; vgl. elacpog aus *d-tf-6Äo-* : Bxm.jden „hirsch 44 .
Mit ahd. sefran =- xetQia, das eben nur „scheeren" bedeutet,
hat ahd. scSro = xiQcupog demnach nichts zu schaffen.
Ist aber «ncaqp-c«^, zu dem wir nunmehr zurückkehren,
demnach unbedenklich „die gräberin 44 , so bleibt doch das suffix
-<DQr], das sonst abstracta wie izXrj&-olQt] , dXe-wQy, iXn-wQri,
&aX7T-iOQYi (vgl. L. Meyer Vergl. gr. II, 212) bildet, auffallend.
Ich vermute daher, dass auch hier ovqcI „der schwänz 44 , nur
nicht in der attisch-ionischen, sondern in der vorauszusetzenden
dorischen form wQa versteckt liegt. Der gedanke aber, dass in
oxaqxoQfi eigentlich ein dorisches oxaqxoQa (mit anlehnung an
iiqa „schwänz" etwa aus einem adjectivum *oxa<pa(>6g „gra-
bend 44 gebildet) zu erblicken sei, liegt um so näher, als wir
schon zweimal speciell laconischen namen des tieres (cpovac
und xiqcupog) begegnet sind. Auch das gleich zu besprechende
xoXovQtg begegnet in einem dorisierenden fragment des Rhodiers
Timokreon:
om fyu> fiova aoXovQig,
hrl xaXXai dXtA/tsxeg.
Vielleicht waren fuchse in den dorischen teilen des Pelo-
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138 0. Schrader
ponneses besonders häufig; bekannt ist auch die rolle, welche
der fuchs in der sage von Aristomenes spielt. —
Es bleiben nun noch das eben genannte xolovqig und
x6&ot>(>og' aXvjTtrj^y xo&ovqiv aXoinexa (Hesych) zu erklären
übrig.
Nehmen wir an, dass, wie neben axag>wQrj ein xaqxoQr],
neben xiQcupog ein oxiQCtcpog , neben oxivdwpog ein xivScupog
(vgl. das folgende), wahrscheinlich auch neben xo&ovfog ein
*oxo&ov(>oq (siehe das folgende) lag, so neben xoXovqiq ein
*oxdk-ovQi$ bestand, so verknüpft sich dies passend mit den
oben besprochenen altn. skoüi, alb. oxll-je : w. sqel „graben".
Mit xok-ovqog „stutzschwanz" hat das wort natürlich ursprüng-
lich nichts zu thun.
Anders istxo&ovQog, xo&ovQig zu beurteilen. Ich habe im
XXX. band von K. Z. p. 463 ff. darauf hingewiesen, dass in der
homerischen zeit der fuchs noch nicht als repräsentant der
Schlauheit und listigen Schurkerei bekannt war, und dass auf
diese eigenschaften des tieres erst die seit Archilochos auftre-
tende tierfabel aufmerksam machte. Speciell die einfügung
der charakteristischen persönlichkeit des fuchses in dieselbe
scheint von einem semitischen volke ausgegangen zu sein«
Nachdem sich aber diese auffiassung des fuchses in Griechen-
land festgesetzt hatte, war es natürlich, dass dieselbe wie auf
anderen Sprachgebieten so auch im munde des griechischen
volkes zum ausdruck kam. So steht neben xifcupog ein oxi-
Qcupog „rzavoveytjfia", oxiQacpsiv „xaxoTtQayfiovelv u y welche Lo-
beck Pathol. serm. graec. proleg. p. 292 mit lat. vulpinari
vergleichen möchte. Ferner bietet Hesych die glossen xidcupog
(nach Fick Vergl. wb. I 8 , 806 skrt chidura „schlau" (?))• doliog
xai 1; dkwnri^y xidcupsvBiv navovqyüv . xiöcuffj (xivdaqnj) yotQ
äkw7Vt]l; t xiöag>lwv (xivöcuplwv)* ftavovQywv . xiödiprjp (vgL oben
bei Aelian oxlvdaqwg) yctQ trjv dlwrt&ca Ityovai. Vgl. auch
die ausdrücke aXtanvuCjuv etc. und xtQÖcA „fuchs" (siehe oben) :
xi(fdog „klugheit, gewinn".
In diese kategorie gehört nun auch xo&ovQog, das neben
aXianr}}; auch äfflnog, xaxovoyog und ähnliches bei Hesych be-
deutet; denn es ist eine offenbare ableitung von dem ebenfalls
durch Hesych überlieferten xo&ti • ßlaßi) : -ovqo kann auch hier
nur durch andeutung in das suffix gekommen sein. Ko&a
selbst stelle ich, unter annähme eines dialektischen wechseis
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Stadien auf dem gebiete der griech. Wortbildung. I. 139
von o:a (vgl. elisch, heracl. xo&aQog : xo&rgo'g, G. Meyer
Gr. gr. s p. 63 ff.), als aus *oxa9*& entstanden, zu ä-oxrjd , -yQ
, „ungeschädigt", ahd. scado „schaden" u. s. w.
Ausser den besprochenen vögel- und säugetiernamen auf
-ovqog, -° v QiS giebt es noch eine ganze reihe anderer tiernamen
mit gleichem ausgang, so der des leuchtkäfers (Xa^novQi^
XafiTtvqig), einer Schlangenart OuoAovfOg), einer heuschrecken-
oder quappenart (fiokovQig, fielovQig, fiolvfig) und namentlich
die mehrerer fische (aUovgog, titTtovqog* rtdyovQog, xignovQog^
%QaxcvQog). Eine erklärung aller dieser ausdrücke dürfte jedoch
sehr schwierig sein.
Jena. 0, Sehrader.
Ein altes denkmal der litauischen spräche.
•A-NO 1512 PAS MAMUZES AUGAU WARGA NE
ZINOJAU PO DARZITI WAIKSZ CZ<>DAMA WAINI-
KITI PINAU EJAU ISZ DARZICZE DARZA AlVR-
TA A1ERAÜ PU<>LE MANA WAINI KITIS NU MA-
NA GALAVUZES MANA g
Durch die grosse gefälligkeit des herrn P. Pöge in Dresden
ist mir ein seidenband zugeschickt worden, welches wogen
der oben angeführten darin eingewebten inschrift geeignet
ist, die aufmerksamkeit litauischer Sprachforscher und alter-
thumskenner auf sich zu lenken.
Das band, 1,8 ctm. breit, 1,87 na« lang, hat an beiden enden
fransen, ist von beiden rändern her mit blau, gelb, grünen
streifen eingefasst, während der verbleibende mittelstreifen
röthlich bez. bräunlich ist. Die eingewebte schritt sieht heute
lichtgelb, fast weisslich aus. Das bändchen befindet sich als
ein altes familienstück in dem besitz des oben genannten ver-
ehrten herrn und trägt alle zeichen eines hohen alters an sich:
Die Jahreszahl ano (sie) 1512 ist deutlich zu lesen, ausserdem
versichern kenner alter Webereien, dass die sonne und luft
mehrerer Jahrhunderte die feinen seidenen faden des bandes
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140 W. Nehring
der frische der färben ganz beraubt hat; die färben sind näm-
lich gänzlich verblasst, so dass man nur mehr mit mühe die-
selben und deren ursprüngliche reinheit erräth.
Die buchstaben sind etwa 7 mm. hoch; zwischen den
einzelnen Wörtern und worttheilen sind ziemlich grosse leere
Zwischenräume, der grösste in der mitte zwischen den Wörtern
pinau und ejau. Der text ist selbstverständlich mit der grössten
genauigkeit hier wiedergegeben und es ist ebenso natürlich,
dass er an einigen stellen richtig gestellt werden muss; so ist
also zu lesen warta und werau, ebenso wie galwuzes (d. h.
galwuzes) 9 wo w (in warta auch a) verkehrt eingewebt ist;
ebenso ist es einleuchtend, dass die getrennten worttheile waiksz
czodama und waini kitis zusammengefasst und toaikszczodama
und wainikitis gelesen werden müssen.
Bemerkenswert!! ist die angäbe des Jahres in lateinischer
spräche: anno 1512, das band scheint für eine vornehme und
gebildete dame bestimmt gewesen zu sein, auch der stoff, näm-
lich seide, dürfte dafür sprechen, denn gewöhnlich werden
ähnliche bänder von wolle angefertigt. Um so mehr wäre das
interesse für die volksthümliche sitte und — für das Volkslied
hervorzuheben, denn die worte scheinen eine alte daina zu
sein, mit andeutungen auf Verlobung und heirath. „Bei mütter-
chen wuchs ich auf, noth kannte ich nicht, im gärtchen wan-
delnd kränzchen flocht ich. Ich ging aus dem gärtchen, des
gartens thür öffnete ich, fiel mein kränzchen von meinem köpf-
lein mein". Wenn diese Vermutung richtig ist, so würden die
worte so zu ordnen sein:
Pas mamuzes augau,
warga ne zinojau,
po darzyt\ toaikszczodama
wainikytj pynau.
Ejau isz darzycze,
darza wartq werau,
püle tnana wainikytis
nu mana galwuzes (mana).
Den Sprachforscher werden einige, wie es scheint, dia-
betische eigenthümlichkeiten interessiren, besonders einige ge-
nitivformen, wie z. b. darza- (s. Bezzenberger Beiträge zur
gesch. der lit spr. 129); bemerkenswert!) ist, dass pas mit dem
genitiv verbunden ist. Vor allem muss das kleine sprach-
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Ein altes denkmal der litauischen spräche. 141
denkmal wegen des hoben alters beachtung verdienen: schrift-
liche niederschlage der litauischen spräche beginnen erst gegen
die mitte des XVI. Jahrhunderts. Da ferner die ältesten be-
kannten litauischen texte meist kirchlich-religiösen inhalts sind,
abgesehen von einigen Urkunden (Bezzenberger in Götting.
nachrichten 1877 no. 12, diese Zeitschrift II, 119), so glaube
ich, dass der hier oben mitgetbeilte text von 1512 Veröffent-
lichung und beachtung verdient.
Nach eingezogenen erkundigungen werden ähnliche bänder
mit eingewebten Sprüchen, liedchen u. 8. w. von den fleissigen
Litauerinnen noch jetzt angefertigt, und ich hatte, durch die
gefalligkeit meines verehrten collegen prof. Fick, gelegenheit,
ein ähnliches, ganz modernes, vor wenigen jähren angefertigtes
band mit eingewebter inschrift zu sehen, welches dem alten
aus dem XVI. jabrh. stammenden (auch in der wähl der färben)
im allgemeinen ähnlich ist, nur schmäler, länger und von wolle,
während jenes viel ältere von seide ist. Dieses moderne band
hat die folgende, recht poetische inschrift, aus welcher sich
auch eine daina construiren Hesse: Mergaüe)(8tow)(pri)(nama-
na X ir X *w X typ X srowe X beg X greita %pro X szale )(jei X to-
lin X tolin X Jos X <*mze X J e X drauge X wadne X eiksz X *u X ma-
rtern X mergait X graze X i X iures X beksawa X abe X i ^ X wres X ne X
apmatomas X hur X koznas X sawo X mite X ras X ah X apsestok X
srowel X meto X draugeman X bekt Y^ner ^galema \turu ){dar){
swete X asz X szeme X atlelkt X kaltie.
Nach diesen zwei bändchen und nach eingezogenen, freilich
sehr unvollständigen erkundigungen zu urtheilen, sollen ahn»
liehe bänder, das erzeugniss einer sehr beachtenswerten haus-
indu8trie seit alter zeit, noch jetzt üblich sein in dem jensei-
tigen Litauen, ob auch diesseits der Memel in dem litauischen
theil von Ostpreussen, vermag ich nicht zu sagen.
Breslau. W. Nehring.
Herr professor Nehring hat mich aufgefordert, dem vor-
stehenden einige bemerkungen hinzuzufügen, und ich komme
diesem wünsche um so lieber nach, als mir dadurch gelegen-
heit wird, ihm auch öffentlich für diese, rücksichtlich der
geschichte der litauischen spräche und des litauischen volks-
gesanges gleich wertvolle mitteilung zu danken.
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142 W. Nehring
Bisher sind mir 3 gegenstücke zu dem Dresdener seiden-
band von 1512 bekannt geworden. Das erste derselben, viel
kürzer und frischer erhalten als dieses, sonst aber ihm über-
aus ähnlich, zeigt nur die inschrift ATSIMINIMAS — ein un-
verkennbarer germanismus — und befindet sich in Lobarten bei
Memel; das andere, mit eingewebtem GUTEN : MORGEN,
ist angeblich erst vor einigen decennien und in der gegend
von Mehlauken gewirkt; das dritte, in Stannaitschen bei Gum-
binnen und «war von blassroten seiden- und silberfaden ge-
fertigt, besteht in zwei zusammengehörigen bändern (je 2 cm.
breit, 106 cm. lang), in deren eines ausser einigen litauischen
musterfiguren das datum DEN 12. SEPTBR: 1788, und in
deren anderes ein deutscher sprach gewebt ist Diese beiden
bänder sehen vollkommen wie neu aus. — Ueber das Löbartener
seidenband hatte ich gelegenheit mit Litauerinnen aus der Memeler
gegend zu sprechen; sie erklärten es übereinstimmend für un-
litauisch, jedoch eigentlich nur seines Stoffes wegen, und gaben
zu, dass eine geschickte litauische jostenweberin seidene bänder
wohl herstellen könne. Ich habe die probe hierauf noch nicht
anstellen können, doch machte es nichts aus, wenn sie ver-
sagte, da aus dem jähre 1690 folgende nachricht vorliegt: „Sie
[die Litauerinnen] verfertigen artige vielfarbige eggen, hosen-
bänder, (pakeles [s. w. u.]) welche auch vornehmen leuten an-
genehm sind; wenn man ihnen seyde dazu giebet, • machen sie
selbige von lauter seyde, auch mit gold und silber durch-
würcket" Lepner Der preusche Littauer s. 77. Vgl. auch Bock
Versuch einer wirtschaftlichen naturgeschichte von dem könig-
reich Ost- und Westpreussen I, Dessau 1782, s. 164, wo seidene
haarbänder aus der Insterburger gegend erwähnt werden.
Während im norden des preussischen Litauens das weben
von bändern zu den gewöhnlichen fertigkeiten des weiblichen
geschlechtes gehört, scheint es im preussischen Südlitauen heute
gar nicht betrieben zu werden. Früher war dies jedoch anders,
wie schon nicht nur aus den angeführten Worten Lepners (er war
pfarrer in Budwethen, kr. Ragnit), sondern auch daraus hervor-
geht, dass Praetorius, dessen Schilderungen doch im allge-
meinen auf Niebudszen bei Gumbinnen zu beziehen sind, eine
josta als „beworkene leib-band" erklärt (Deliciae prussicae ed.
Pierson 8. 73). Hierzu kommt, dass nach ausweis alter
Stickereien gerade dieser teil Litauens sich vordem in betreff
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Ein altes denkmal der litauischen spräche. 143
der weiblichen kunstfertigkeit ausgezeichnet hat. — Was das
russische Litauen betrifft, so weiss ich mit bestimmtheit nur
zu sagen, dass in Ostlitauen selbstgefertigte bänder vorkommen,
welche aber hinter den preussischlitauischen weit zurückstehen
und zurückstehen müssen, weil die Werkzeuge, mit deren hülfe
sie verfertigt werden, viel unvollkommener sind, als der webe-
apparat der preussischen Litauerinnen. Dieselben sind : 1) der
lunks, 2) der szakunußis. Jener besteht aus einem gebogenen
holz, zwischen dessen enden die aufzugfaden ausgespannt sind;
die stelle des Schiffchens vertritt ein garnknäuel und die kamm-
lade ein falzbeinartiges holz. Auf ihm wird gewebt, mit hülfe
des szakunrälis (eines gegabelten Stockes) dagegen, an dessen
gabel wollfäden gebunden werden, wird geflochten, indem er
gegen den körper gestemmt wird.
Der preussischlitauische handwebeapparat (nordlit. skdtäks
d. i. sk&ükas „kleines weberblatt") wird durch ausschneiden
eines rechteckigen dünnen brettes verfertigt und stellt einen
rahmen dar, welcher eine anzahl gleich grosser Stäbchen ein-
schliesst, welche durch ebenso grosse lücken von einander ge-
trennt, je in der mitte mit einem loch versehen und den
schmalen rändern parallel sind. Durch diese Stäbchen und
lücken wird, von der mitte des apparats nach rechts und links
gehend, je 1 faden geführt, bis man die beabsichtigte faden-
zahl, welche immer ungleich ist, erreicht hat, und zwar sind
heute die äusseren faden auf beiden Seiten meist von baumwolle,
seltener linnen, während in der mitte je 2 baumwollene (bez. lin-
nene) faden und 1 wollener faden abwechseln: mit den baumwolle-
nen (linnenen) faden werden die ränder (üszkrasztä; der ganze
innere teil heisst wedurys) und der grund (grunta), mit den wollenen
die musterfiguren (sing, pdwyzdis, um Kinten pdwyze) und ev. die
buchstaben hergestellt. Die zahl der für die bildung des grundes
verwendeten faden ist maassgebend für die breite eines bandes
und seine allgemeinbezeichnung (septynäms, dewynäms u. s. w.
[ac.tcUnäms] keln&'ts 1 ); wir würden sagen „siebenfadig 44 , „neun-
fadig" u. 8. w.). Ausser allen diesen faden kommt dann noch
ein baumwollener (bez. linnener), der einschlagfaden (ätauds)
zur an wendung; seine färbe entspricht der des grundes, und
er wird mit einem ende mit dem der übrigen faden zusammen-
*) Man sagt auch pSr dewytu* u. 0. w. hd*Xt. Mehr als siebaehn-
fadige bänder dürften heute kaum vorkommen.
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144 W. Nehring
gebunden, am anderen bleibt er lose. Das weben wird im
sitzen verrichtet, nachdem die betr. person das fadenende mit
dem einschlagfaden an ihrer taüle, das andere an einem tisch-
bein oder dgl., oder auch wohl an ihrem fasse befestigt hat:
sie hebt (kelnä') nun mit der rechten hand den auf armeslänge
von ihr entfernten sköt'äks, greift mit der linken vor diesem in
die gespannten fäden, hebt die zur gestaltung des mustere
(rdsztai) je nötigen etwas in die höhe, zieht mit der rechten
hand den einschlagfaden unter diesen durch, senkt mit der
linken den sköt'äks, wodurch sich die durch dessen stabchen
laufenden faden mit den durch seine lücken geführten kreuzen
und der einschlagfaden von beiden eingeschlossen wird u* 8. w.
u. s. w. Man vergleiche „Die modenweit" vom 1. Nov. 1883
(no. 3), wo eine „durch patent geschützte" erfindung beschrieben
ist, die lediglich wie eine salenausgabe des sköt'äks aussieht.
Die mit hülfe des letzteren gewebten bänder werden teils als
strumpf-, teils als schürzenbänder, teils als gurten (so von den
männern, um den pelzrock oder den mantel zusammenzuhalten)
gebraucht und sind demgemäss verschieden lang und breit.
Während sie um Prökuls in allen diesen Verwendungen „josten"
heissen, unterscheidet man in anderen nordlitauischen gegenden
zwischen jfata (breiteres band) und pakele (plur. pdkeles)
(schmales band, besonders Strumpfband), oder zwischen jdsta
(gurt) und resztäws (strumpf-, schürzenband). Sie spielen als
geschenke eine grosse rolle und zwar besonders bei hochzeiten
(vgl. Praetorius a. a. o. s. 84, Lepner a. a. o. s. 41 ff., 76,
Bock a. a. o. 8. 165 und auch Lasiczki De diis Samagitarum
s. 45 [Magazin d. lett.-liter. gesellsch. XIV, 1. 86]); deutschen
gasten werden sie oft, allein oder mit einem taschentuch oder
ein paar handschuhen, angebunden, wofür man bei weniger
bemittelten iq 8 } düd } d. h. ein geldgeschenk für die kinder des
wirts hinterlässt. Ihre mannigfaltigkeit ist so gross, dass man
nur sehr selten zwei ganz gleiche finden wird. Jede muster-
figur hat ihren bestimmten namen; ich führe als solche namen
aus der Memeler gegend hier an: blak 9 , blakytäji kekf, kidury-
tdji hM } 8ukab\ntä& hohes, Uakytais käszUis, ragä'tyjc käfszei,
dubultins, lapttis, nuüUis („nullchen"), pentlns, püspentmäkai,
pyle, raktUei, sigü\h\ pussigilikes, wicUes, zhrgla wdrle (andere
in meinen Lit. forschungen).
Mit eingewebter schritt versehene litauische bänder scheinen
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Ein altes denkmal der litauischen spräche.
145
heute namentlich im Heydekruger kreis gewebt zu werden. Ich
habe 3 solche zur band, von welchen das erste in Jonaten bei
Heydekrug verfertigt, das zweite in Schwarzort (kurische neh-
rung) und das dritte in Löbarten (bei Memel) gekauft ist; die
beiden letzteren, in welchen zwischen den einzelnen Wörtern
musterfiguren stehen, stammen jedoch höchst wahrscheinlich
aus dem genannten kreise. Ich lasse ihre inschriften folgen.
1) AN AÜDZAU KAIP MOKEIAÜ DEWAÜ KAM
NOREIAÜ NE PADIWIK KAD IR PRASTA DOWA-
NEKE DEL PAKELEKE TOS PAKELIS PRL- Sämmt-
liche R sind linksläufig gewebt Die beiden ersten buchstaben
sind wohl nur ein missglücktes AU[DZAU]; vgl. das unrichtige
PAKELES vor dem richtigen PAKELEEES am anfang der
dritten inschrift
2) AUDZAU EAIP MOEEIAÜ DEWEAU EAM
NOREIAÜ EAS GAL PASEAITITE ÖAL PASEA. —
Die vorkommenden S sind linksläufig und von dem Z in AU-
DZAU nicht zu unterscheiden.
3) PAEELES PAEELEEES AUSTAS NO MERGI-
TES GAUTAS PAEELEEES ISZ RASZITAS NO MER-
GITES ISZ PRASZITAS NE PADIWIE IAUNS BER-
NITE EAIP MOEEIAU TEIP RASZAU E. — Wegen
des Schlusses dieser drei inschriften sei bemerkt, dass alle drei
bänder vollständig sind. Vgl. das Dresdener band.
Man beachte die dialektische färbung auch der vorste-
henden texte.
Die auf dem Dresdener band stehenden verse sind meines
Wissens sonst nicht nachzuweisen, doch gibt es einige dainos,
welche sich mehr oder weniger eng an einander und an jene
anschliessen und die Volkstümlichkeit und echtheit jener ausser
frage stellen. Man vergleiche:
Bartsch Dainu
balßai no. 15
Pas rcoczut? jaugau,
Warga, n'iszpazinau,
Kas dienel?, jadynel$
Wainik61\ pynau.
Befolge z. künde d. indg.
Dowkont Dajnes
Ziamajtiü no. 40
Pas matusz$ augau,
Wargo neregiejau,
Zalius rutus skyniau,
Wajnikel\ pyniau;
Ir nuskyniau
Ir nupyniau
i,9.\\ wajnikel\.
Ejto par kijmeli
sprachen. XV
JaSkeviS Svotbines
däjnos no. 691
l.Pas mo&üt? augau,
Vargu n'iSpaiinau,
Kas di&nele, vaiandSle
VajnikSlj pyniau.
8. VandenSlu öjaü,
Vanu vartüs kelau,
Te nukrltu, te nuskräju
Rütu vajnikllis.
10
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146 W. Nehring
I c nauj\ swirneli,
Ir nupute, wajnikel\
Nu mano galwele*.
Leskien-Brugman Volks- Nesselmann Volkslieder
lieder u. s. w. s. 59 no. 108 no. 170
1. Pas mamüzes 1 ) äugau, 1. Po moczuiee augau,
Värga nezinojau; Didzoj' walej' buwau,
Uz stalelie eededama Uz stalelio sededama
Vainikel\ pyniau. Wainikel\ pyniau.
3. Per kemel\ ejaü, 6. Per kemel\ ejau,
Svirnas duris veriau: £alia. weje, myniau,
Cze nukrita, cze nüczuze Gze nupule, cze nukrito
Mana vainikelis. Mano wainikelis.
Vgl. auch Fortunatov- Miller Litovskija narodnyja
pßsni no. X, Juäkeviö LiötüviSkos ddjnos no. 1001. '
In nicht wenigen punkten weichen die dainos, welchen die
o. ausgehobenen stellen angehören, von einander ab; es unter-
liegt aber trotzdem für mich keinem zweifei, dass sie und die
verse des Dresdener bandes auf einem und demselben text und
zwar einem hochzeitsliede beruhen, dessen gedankengang auch
ohne z. b. folgende stellen zu erkennen wäre:
rsa am ayray nac Moqiyrji mnpAAJui,
Raj japauLiaj poÄH^e auiAejay;
Kan nareaay am TaM mejibmy 6epmi.uy,
cyAKOBMio msha jayHa aan pyTa (Fort an atow -Mi 11 er no. 70);
Siesuteia, seso jaunoja, praz'udej wajnikieli *Wajnikielis
jaunu dienelu, lingwi tawa galwela *Nuometelis wargiu dienelu,
siuruosi kajp nindrala (PaI$ngos Juze s. 84).
Auch in den lettischen Volksliedern begegnet, und zwar
recht oft, dieser gedankengang; vgl. z. b. Latweeschu tautas
dfeesmas no. 444, 450, 3323, 3457.
In mundartlicher beziehung bemerke ich, dass die yerse
von 1512 weder preussisch- schriftlitauisch — oder, wie ich
dafür lieber sagen möchte, sudauisch — sind (vgl. mana, warga,
darzycze), noch nordlitauisch (vgl. waikszczodama, puole, pynau,
werau und bez. mana), noch Ragnitisch (vgl. augau, waiksz-
czodama, pynau, werau). Sie können ferner auch nicht den
Äemaiten — von deren kunstfertigkeit ich übrigens recht wenig
halte — zugewiesen werden (vgl. mana, puole) und sind weder
*) Zur construction vgl. das. s. 12 und Mitteilungen der lit. litter.
gesellscb. II 37 anm. 36.
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Ein altes denkraal der litauischen spräche. 147
im eigentlichen Ostlitauen, noch südlich von der Wilia mund-
artlich concipiert (vgl. z. b. E. Wolter Litovskij katichizisü
N. Dauksi s. 153). Dagegen lassen sie sich sowohl an den
Szauleschen dialekt (vgl. o. IX 292 und z. b. Geitler Lit
Studien s. 26 no. 4), wie an die spräche des Striches Inster-
burg — Norkitten anschliessen: hier wie dort begegnen alle
mundartlichen erscheinungen , die sich aus ihnen herauslesen
lassen. Eine entscheidung zwischen diesen möglichkeiten lässt
sich ohne genauere kenntniss der geschichte des Dresdener
bandes — das wohl als litauisches hochzeitsgeschenk an eine
dame zu betrachten ist — nicht treffen, doch neige ich mit
entschiedenheit zu der letzteren, da es mir schwer wird zu
glauben, dass zu anfang des 16. Jahrhunderts eine so zierliche
arbeit im inneren des russischen Litauens habe angefertigt
werden können.
Das vorstehende war schon niedergeschrieben, als ich von
heim professor Nehring folgende, es zum teil bestätigende mit-
teilung empfing:
„Ich erhielt soeben aus Litauen von befreundeter hand die
folgenden mittheilungen eines herrn, der mit litauischen alter-
thümern wohl bekannt ist (herrn M. v. Sylwestrowicz aus
Rossieny, gouv. Kowno), über wollene, linnene und baum-
wollene bänder und deren gebrauch. In seiner gegend werden
solche 2 — 3 eilen lange, schmale bänder, mit eingewebten
mustern, ohne worte, selten noch gebraucht, meist zur umgür-
tung und zur befestigung der Stiefelschäfte auf den in diese ein-
gesteckten hosen, wobei sie durch die öhsen gezogen und unter
dem knie gebunden werden; dieser brauch soll im verschwinden
begriffen sein.
In der gegend von Poniewieä sollen ähnliche bänder bei
bauernhochzeiten unter angesehene hochzeitsgäste (wohl von
der braut) vertheilt werden.
Nach einer erkundigung desselben herrn sollen in der
gegend um Grodno und Lida herum ähnliche bänder, auch
mit eingewebten worten (sprächen, liedern) von kleinen mäd-
chen auf dem felde, beim hüten des viehs, ziemlich massen-
haft verfertigt werden, wobei die mädchen das eine ende des
bandes um den fuss legen und sich beim weben eines einfachen
Webekammes bedienen; bei den bauernhochzeiten sollen solche
10*
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148 W. Prellwitz
bänder von den neuvermählten unter die hochzeitsgäste vertheilt
werden, tbeils 'auf dem wege von der kircbe nach hause (nach
dem trauungsakt), theils zu hause'.
Das seidenband von 1512 wird von dem genannten herrn
als ein hochzeitsgeschenk , an eine angesehene persönlichkeit
erklärt, wahrscheinlich weil er stets nur von wollenen, baum-
wollenen und linnenen bändern gehört hat u .
A. Bezzenberger.
Die Telchinen.
0. Seh rader nimmt in seinem trefflichen buche „Sprach-
vergleichung und Urgeschichte" zwei indogermanische bezeich-
nungen des kupfers an: 1) ai. äyas, abaktr. ayanh, 1. aes,
g. aiz, an. eir, ags. dr, ahd. er. Im historischen verlauf der
arischen spräche bedeutet das wort „eisen", in den veden be-
zeichnet es aber noch das „kupfer" oder „erz". 2) Ai. lohä
„kupfer", armen, aroyr „messing", lat. raudus, aslav. ruda,
an. rauäi „das rote" metall.
Hingegen zwischen litt, gelegls, asl. gelego „eisen" will er
nur alte entlehnung aus griech. %aXx6g (oder vielmehr einem
nur von ihm angesetzten *%ak%6g) zugeben. Dem muss ich
entschieden widersprechen. Wie ist es denkbar, dass die Litu-
Slaven gr. % d. h. kh in die media sollten verwandelt haben
und zwar einmal in die gutturale, das andere mal in die pala-
tale, die doch gar keine ähnlichkeit mit jener hat? Ganz zu
schweigen von den vocalverhältnissen.
Vielmehr waltet zwischen lii gelegls (bei Tilsit und Bernau
gelgls), preuss. gelso, lett. dfe'lfis, altsl. geligo unter einander
und gr. %aX*6$ andrerseits ein vollkommen gesetzliches Ver-
hältnis. Den baltischen sprachen gemeinsam ist der stamm
geig- = idg. ghelgh. Neben ihm zeigt das Litauische auch
geleg-, zu jenem sich verhaltend wie ai. paragu zu pargu, oder
gr. tz&Xe&qov zu TtXi&Qov; noch vollere vocalisation enthält das
altsl. gelego. Die schwächste form des indogermanischen Stam-
mes ghelgh-, welche bei betonter endung entstand, lautete ghfyh-
und hierauf geht griech. %aht6g zurück, dessen endbetonung
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Die Teichinen. 149
und stammstufe also gut zu einander passen. Mitbin ist die
vergleichung völlig tadellos und Urverwandtschaft ohne be-
denken anzunehmen (vgl. Joh. Schmidt Gesch. des idg. voca-
lismus IL s. 66 u. 208; Fick Wörterb. I». 578).
Verweilen wir noch ein wenig bei der starken Stammform
idg. ghelgh-. Dieselbe rausste gh vor e lautgesetzlich palatali-
sieren und im Griechischen musste aus gh & werden. Ausserdem
konnten die beiden aspiraten nicht neben einander bestehen.
Blieb # (x), so musste gh (x) zu y oder x werden (%crAxog),
erhielt sich die zweite aspirata, %, so musste am anfang aus
# ein t (d) werden: es lassen sich als lautgesetzliche ent-
sprechungen zu balt. geig- zeXx- und &eXy- construieren und es
liegt nahe, diese formen in dem namen der TeXxiveg oder QeX-
•ylveg wieder zu erkennen. Ich setze einige auf sie bezügliche
stellen der alten hierher. Hesych: QeXytveg' ol TeXxiveg, yd*\-
TCg, izavovqyoi (pao/ttaxevzai, cf. Eustath. p. 771. 59. Et magn.
751, 46: TeX%lv ov ftovov 6 lo%vv vnsQ dv&owrtov e%tov fxiaobg
xai xaxovoyog, dXXd xai tovg vvv Korjtag, xai tijv Korjti\v
TeXxivtav Xeyovoi. TeXxiv xai fj elg &dvazov xazaq>ood* xai
%eX%iviidrig de 6 TQaxijXt(6drjQ' xai xeXxizaivei* dvreot&i, oxAjj-
QOTQaxijXel. Aeyovtai de TeXxiveg ol q>&oveooi xai ftorrjQoi
xai ßdaxavot daijuoveg, naod zo d'iXytj zo dfiiavow xai oxo-
Wfw, öeXyive'g ttveg ovteg' ir} naod to öeXyctv xai ditaxav
tovg äv&Qvlnovg. Eustath. ad Dion. Perieg. 504 über Rhodos:
elta TeXxivtg, dto tovg ix Koytrjg Tel%ivag olxrjoavzag ixel,
avdoag yorpag xai ßaoxdvovg. Kai tot ttvig jndtr/v dva<pt]^rj-
dijvaL tovtovg (paai. Baoxavdrjvai yag uäXXov lud ttov dvzi-
i£%vwv avrovg doiaxovg v7tdoj;avzag ioydzag %aAxot; xai <ridij-
qov, ol xai ttjv äoTtqv T(j> Kooviwvi i&qfiiovoyrjaav. Nach
Callimachus (Hymn. in Del. 35) verfertigten sie dem Neptun
seinen dreizack. Der erste schriftsteiler, der das wort teXxig,
wie es scheint, ganz gelegentlich, brauchte, ist Stesichorus.
Er nannte te Xxlvag tag x^oag xai oxoziiaeig. Leider wissen
wir über den Zusammenhang nicht das geringste. Es lässt
sich mit Lobeck und Welcker vermuten, dass teXxig hier
adjectivisch gebraucht war und als attribut zu xfjoeg „neidisch,
grausam 14 bedeutete. Indessen ist völlige klarheit hier nicht
zu gewinnen und noch weniger über die ähnliche glosse des
Stephanus (Herod. von Lentz I. 17) Xiyovtai de TeXxiveg *ty-
Xvxwg al vnb rtXrjyrjg eig &dvazov xataq>ooal. Es erscheint
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150 W. Prellwitz
hier substantivisches TeX%ig, aber, wie das genus femininum
beweist, in übertragener bedeutung. War auch hier etwa xrJQeg
zu ergänzen?
Jedenfalls wurde relxig schon früh zur bezeichnung grau-
samer tücke verwendet. Doch hat ausser dieser beiläufigen
anwendung das wort xelxk keinen beleg in der älteren litte-
ratur. Erst die Alexandriner wenden den Teichinen ihre auf-
merksamkeit zu und ziehen ihr wesen aus dem dunkel des
localmythus an's licht. Wenn der Verfasser der wittia nun
schmiede in ihnen erkennt, so darf das nicht so ohne weiteres
für unbegründet gehalten werden, sondern ist für ein wichtiges
zeugnis zu halten. Ohne zweifei war in Rhodos auch zur zeit
Alexanders und später das wesen der Teichinen in den volks-
sagen noch erkennbar, aus dieser quelle schöpften die Alexan-
driner und sie ist lauterer als das zeugnis des Stesichorus, der
eben nur auf die allgemein bekannte grausame bosheit der
Teichinen anspielte.
Und so berichten alle späteren, dass die Teichinen viele
notwendige dinge erfunden, die ersten götterbilder verfertigt
hätten u. a. ; am ausführlichsten Diodor V, 55, dessen quelle
nach Lobeck Zeno, ein Zeitgenosse des Polybios, ist. Daneben
freilich beschreibt er auch ihre Zauberkraft, die sie zum schaden
der menschen anwandten.
Abweichend von Lobeck und Kuhn (K. Z. I, 193 ff.) u. a.
halte ich mit Welcker (Trilogie 182 ff), Scheiffele (Stutt-
garter real-encycl. bd. VI. 2 s. 1650 f.) u. a. für das eigent-
liche wesen der Teichinen ihre Schmiedefertigkeit. Sie sind
Xcckxelg. Wie der ruf der Zauberei in den alten zeiten überall
den schmied umgiebt, hat Seh rader im 3. kapitel (nament-
lich s. 233) sehr schön auseinander gesetzt. Dadurch erklären
sich die deutungen ydyg, {uctQog, q>d-ovBQog u. s. w. auf das
beste, und der, wie es scheint, rein zufällige anklang zwischen
Gelylvsg und öilya) musste den übertragenen gebrauch nur
befördern *).
Darin aber, dass als wohnstätte der Teichinen stets ent-
*) Welcker's herleitung der „schmelzenden" Teichinen von £&yai
(Tril. 186) wird von Lobeck (Agl. 1199 n. e) durch die bemerkung
widerlegt, dass &£Xy<o nie und nirgends „schmelzen" bedeutet. — De
La gar de Ges. abhandlungen s. 290 anm. hat Ttt/fr nri* ahd. zwerg
verglichen, doch stehen dem lautliche Schwierigkeiten entgegen.
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Die Teichinen. 151
weder Kypros, welches dem kupfer (%ahu6g) seinen lateinischen
namen gegeben hat, oder Rhodos und Kreta, die früh durch
ihre kunsterzeugnisse berühmt wurden, angegeben werden, darf
ich wohl eine geeignete stütze meiner deutung TeXxiveg = X<*1-
xeig sehen 1 ).
Von den hergehörigen glossen, die zum teil bereits oben
citiert sind, bedürfen einige noch der erklär ung. In ibXxivw-
di)Q* TQCtxrjXniidrjQ bedeutet letzteres so viel wie OKXrjQOTQaxrjXwv
(„hartnäckig") in der glosse des Hesych veXxirevorueg' oxXijqo-
TQaxrjXovrteg. Letzterer stellt sich das obige %ek%i%aivw dvre-
QiCßi, odrjQOTQaxrjlel (E. M.) an die seite (vgl. Photius 575, 9 ;
Bach mann Anecdota Graeca I, 383. 30). Wichtig sind diese
glossen deswegen, weil in ihrem ersten teil nicht veXxiv- son-
dern entweder ein stamm *t«A%io- (cf. xcrAx/otxos „die mit dem
ehernen hause") oder *teXxi- =» lit. geljfi-s (gen. geljfis) stecken
muss, welcher der bedeutung nach direct gleich xcrAxovg resp.
X<*Xxog zu setzen ist.
Für den zweiten teil zog H. Stephanus die Schreibung
des Hesych mit e vor, Lob eck dagegen aus analogischen
gründen die andere mit ai (Rhemat. 23. 7). An sich lässt die
form mit e zwei erklärungen zu. Sie vergleicht sich nämlich
entweder mit dem beiwort des stieres nQrfitivwv (Phil. 27.
Anth. IX, 299) und dann müsste man „erznackig" übersetzen,
was ja durch die erklärung oxXr]QO-TQaxr)Xovvr€g gut ausgedrückt
sein würde; oder man fasst reviov in seiner ursprünglichen,
participialen bedeutung (wurzel tevo- ,,dehne u ) als „spannend,
dehnend" (daher „sehne, nacken"). In diesem falle bietet sich
das beiwort der krebse xetioreyco»' (Batr. 299) zur vergleichung
dar. Dann wäre zu deuten „kupfer spannend, dehnend" d. h.
„bearbeitend" (vgl. „wo der Märker eisen reckt"). Diese
letztere erklärung verdient wol den vorzug, weil sie zugleich
der anderen form gerecht wird.
Der zweite teil in zeXxi-rctivei, -taivw für *tyio, verhält
sich zu reivo) für tinjö wie q>&ai(x6 zu q>&€iQto u. a. m.
(Ahrens II, 186; G. Meyer 8 § 517). Die ursprüngliche be-
deutung wäre dann „ich bearbeite erz" d. h. „bin Teichin"
*) Wenn auch Sikyon und Argos als sitze der Teichinen angegeben
werden, so beruht dies auf der Verbindung von Sikyon mit Kypros
(Golgoi), von Argos mit Rhodos; vgl. Lob eck s. 1195.
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152 W. Prellwitz
(%aXxevg) und wie das nomen zu der bedeutung [iioQog, so
kam das verbum zu der von av%B^lCfitv y oxXijQOVQaxqleiv.
Dabei mag man die möglichkeit bedenken, dass velx 1 '
tivow&g für * %eX%txaivowBg in einer art, sei es volksetymolo-
gischer, sei es gelehrter anlehnung an die erklärung oxXtjqo-
tQaxrjXovvreg (tsviov = TQaxrjXog) zu seinem « kommen konnte.
Neben dem gesamtnamen TsXxiveg („schmiede") finden sich
nun noch namen dreier einzelner Teichinen besonders genannt
und diese sind, wie ich es gleich aussprechen will, gewissen
hervorragend wichtigen zweigen der ältesten schmiedekunst ent-
nommen.
Die dreizahl bei diesen einzeltelchinen zu finden, wird
niemanden überraschen, eher der erwartung entsprechen. So
kennt die Phoronis drei Idäische Dactylen (Loh eck 1157,
Schrader 233):
"Ev&cl yotjteg
'Idaiot Q>Qvyeg arÖQ€g OQaozeQOi olxC evaiov
KilfAig, Japvapevevg zs fxiyag xal vit*Qßiog y !Axntav t
Ev/taXa/AOi &€Qa7torr£g OQsirjg \AdQTflXBLtjg
Ol Ttqwxoi %i%vriv TtoXvjLtiJTiog 'HqxxiaToio
Evqoy iv ovQetyai vdnaig, losrta oi'drjQOv,
*Eg nvq % ijvsyxav xal äQin^eneg SQyov eds^av.
Drei Teichinen nennt Eustathius : Chalkon, Argyron, Ghry-
8on, drei auch Nonnus: yX&e Avxog xal KiX/utg iqtiartevo
Jafivaiisvfji, und wenn Tzetzes (bei Lobeck 1198) mehr
nennt, so verdient er hier eben so wenig glauben wie oft
Doch haben wir noch eine bessere quelle als diese drei,
deren namen teils offenbar jung erfunden, teils mit denen der
Dactylen verwechselt sind. Es ist das lexicon des Hesychius,
welches so häufig allein noch derartige localmythische namen
erhalten hat
Dasselbe überliefert: MvXag dg %ig %&v TeXxlvwv, og %ä
iv KajLteiQW leqä MvXavtelwy lÖQvaato. Dazu gehört: Mv-
Xavxeioi &eol- emtivXiot (Hes.) und Steph. Byz. 461, 41:
MvXavtla axQa h Kaf4iQ<p tijg^odov MvXavreioi &eol [ßm-
fivXioi]. dnb MvXavtog äu<p6teQa 9 %ov xal ttqwtöv evQOvrog
iv x<p ßlifi Ttjv tov pvXov XQrjOtv. Hieraus geht wol hervor,
dass die Teichinen sich um die mühle wesentliche Verdienste
erworben haben. Dass sie den gebrauch der mühle erfunden,
ist nicht wahrscheinlich, da die Überstimmung der europäischen
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Die Telchinen. 153
sprachen für die gruppe gr. ^tvlt] (dleco aus yUtj'ö), lat meiere,
ir. tndim, g. mahn, altsl. mrf/if, lit mdlü nach forin und be-
dentnng beweist, dass die kenntnis einer primitiven mühle schon
einer vorgriechischen periode zuzuweisen ist (Seh ra der a. a. o.
356). So ist es annehmbar, dass das verdienst der Telchinen
um die mühle in der anwendung von metallteilen, also wol in
einer gänzlichen Umgestaltung des mühlenbaues bestand. Mv-
Xag ist der Vertreter dieses zweiges der ältesten schmiede-
kunst ').
Der zweite telchinenname bei Hesych ist Aixog. Unter
diesem worte hat das lexicon folgende erklärungen: %b %ov
Uq4u>q av&og (lies: "Iqmq, Iridis herbae flores H. St.) xai noibg
l%9vg xai %b iv %o%g %aXiyo%g oiÖtjqov xai 6 aQTta};
vwv elg %ä q>Q€txza xadioxiov [Poll. 10.31 Xvxog axevog %
4* rovg ix7teaov%ag %&v xadwv ix %wv (pQedxiov ävi-
OTtwv], xal 6 %rjg &vq<xq judvdalog xal dqd%viov u*). xai
6 elg vwv TeX%Lvo)v [xai] rcorafiog. Dazu kommt Xvxoi
fiidvdaloi &vqwv (Hes.) und ein küchengerät Xvxog bei PolL
6, 88 und 10, 88 gleich xQedyQa und aqndyi]. Also dieser
Teichin heisst Aixog, wie auch das eisen am zügel, der
brunnenhaken, der thürriegel und die fleischzange. Was liegt
näher als die annähme, dass auch er wie MvXag seinen namen
nach so wichtigen erzeugnissen der jungen schmiedekunst er-
halten habe? Woher jene gerate den namen Xvxog („wolf")
hatten, geht uns hier nichts an. Darf man vermuten, dass
vor der erfindung der schmiedekunst, also in der Steinzeit, an
ihrer stelle teile (die zahne z. b.) des wolfsgerippes verwendet
wurden ? 8 )
Der dritte telchinenname bei Hesych beruht allerdings nur
auf einer Vermutung von M. Schmidt. Er stellt KÖQv&og elg
%ig %üv TeX%iviav aus elg %tg %(av %qo%lhav her. Da die ände-
rung von tqoxiXwv notwendig, TeX%ivwv paläographisch nahe
5 "" '
*) Ueber die construetion der mühlen des altertums vgl. Blümner
Techn. n. term. I. 27. f ) Hei big Das Homerische epos aus den denk-
mälern erläutert s. 854 f. giebt abbildungen der xQedyQa, des ntfAnioßoXov,
welche an eine spinne auffallend erinnern. Sollte das spinnchen so zu
seinem namen Xvxoe (=* xQtdyQa) gekommen sein? 8 ) Die Litauer
nennen einen teil des webestuhls tcilks v wolf" Bezzenberger Lit. forsch.
8. 198. Der name Avxog gab später anlass zur Verknüpfung der Telchinen
mit Lykien und IdnoXXotv Aixto$\ vgl. Lob eck 1)86.
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154 W. Prellwitz
liegend ist, endlich die nennung eines dritten Teichinen, wie
wir oben sahen, sehr wahrscheinlich, so trage ich kein be-
denken, die conjectur anzunehmen. Die namenbildung passt
gut zu den beiden ersten: Koqv&oq wäre der „helmschmied" x ).
So passen die einzelnamen aufs beste zu der erklärung des
gesamtnamens , wie ich sie versucht habe. Die TeX%ivag sind
„kupferschmiede", Mvlag, Avxog und Koqvd-og die Vertreter
dreier wichtiger zweige des ältesten schmiedehandwerks : des
mühlenbaues, der hausgeräte - Verfertigung und der waffen-
schmiedekunst.
Königsberg i. Pr. W. Pretttcite.
*Exuvoq — xtjpog, äoL xjj und verwandtes.
Von dem pronomen bcelvog sagt G. Meyer 8 § 434. s. 397:
„Ursprung und bildungsweise sind unklar". Hier ein versuch
zur aufklärung.
Ionisch-attisch heisst unser pronomen bcelvog und xeivog.
Doch lehrt die Schreibung voreuklidischer Inschriften mit E,
dass u hier kein alter diphthong war. Es muss also durch
ersatzdehnung oder contraction entstanden sein. Beide ge-
nannten Vorgänge konnten auch dor. xrjvog, xeivog hervor-
bringen, lesb. xrjvog aber zeigt, dass contraction vorliegt und
zwar von e — e.
Da sich ferner nirgends, weder bei Homer noch in irgend
') Vgl. <fc KoQv&og "lßr\(> xb yivog wv xal 'Hqaxltovg tQu/uevog n^tarog
xoQv&a xarecrxevaoev , ££ ov xal typ inwvvfiCav Xaßelv (pial to onlop.
Ptolem. Hephaest. exe. ed. Roulez s. 16 f.
Die drei Idäen heissen KiXfiig, Japvafjuvevs „gewaltbändiger" „zwinge-
kraft" und "Axfiw „amboss". Den namen des ersten bin ich sehr ver-
sucht gleich KoQv&og zu setzen und von idg. *k£hno9 herzuleiten. Auf
dieses geht nhd. heim, g. hüms, ahd. ags. alts. heim, altn. fy'dlmr zurück,
aus dem Slavischen entweder altsl. ißmo, altruss. ielom (lit sziahnas)
oder, wenn diese wörter wirklich mit Schrader für uralte germanische
entlehnung zu halten sein sollten, asl. calma. Dass dem urvolke eine
eigne „wenn auch noch so barbarische kopfbedeckung u zugesprochen
werden muss, giebt auch Schrader zu (s. 824). — Indessen werden
hier Vermutungen auf Vermutungen gebaut.
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^Exslvog — xfjvog, äol. xij und verwandtes. 155
einem dialect, eine offene form erhalten hat, mussj ausgefallen
sein, nach dessen Schwund am frühesten zusammenziehung der
vocale eingetreten ist.
Daher ist als grundform *i-itijevog anzusetzen. Ich habe
dies bereits De dial. thess. 41 n. gethan, indem ich *i-xeje-vog
abteilte und osk. e-tanto und lit. szis verglich. Dieses halte ich
noch für richtig — bis auf den zweiten teilungsstrich. Es muss
vielmehr *i-x€j'-svog abgeteilt werden: dann erscheint hteivog
als regelmässige ableitung von exsl durch suffix -evo-.
Dieses, aus -«*- erweitert, steht im ablaut zu -ijy-, -a>y-,
-v-. Das suffix -o/v- hat im Griechischen eine weitgehende
an wendung zur bezeichnung von localitäten gefunden: ilauov
„Olivenhain 11 , naQd-evciv „jnngfrauengemach", aixvwv „gurken-
garten" u. v. a. Ueber den ablaut -«y-o : otv vergleiche gr.
naQd-ivog : 1. virgö (gen. virginis aus -enis) , idg. nom. ghirghö
(1. virgo), loc. qhrghini (gr. ttaQ&iv-og); Xei(idv : Xifiyv, fo-
fiivog u. a. m.
Jenes alte suffix hat das Lettische in der form -ene be-
wahrt und zwar mit einer weite der an wendung, welche noch
die des Griechischen übertrifft: z. b. rdwene „morast" von
rdw(a)s „moorig", smi'Uene, demin. smi'ltenite „gottesacker"
(eigl. „sandstellchen") von sm?l(k)-t(i)s „sand". Bielenstein
„Die lettische spräche" handelt darüber I. s. 284 und ich hebe
folgende stelle heraus: „Besonders beliebt sind die gewisser-
massen von adverbien abgeleiteten localitätsbezeichnungen auf
-ene: drene, das draussen, cf. drd, draussen; tdiene, die ferne, cf.
falsch, fern; .... lkschene, das drin, cf. Vcscha, das innere; prlk-
schene, das vorn, cf. prikscha, das vordere; .... hur ene, das wo,
von kur, wo; turene, das dort, von tur, dort; tii-j-ene, das da,
von te, tu, da; schiijene, das hier, von sehe, schii, hier".
Diese substantiva auf -ene sind aus *-eniä (masc. en+£o),
hteivog aus ixel+ev-o entstanden. Jene, substantivierte femi-
nina, bedeuten den ort: schiijene „das hier", dieses adjeetivisch
„der hier" oder „der da" d. h. „jener". Man könnte lett.
8chiijen[ r e~] direct gleich gr. $-']iisiv[-og'] setzen, wenn dem gr. x
im Lettischen nicht vielmehr $ entspräche. Lett. seh muss aus
sj (< &/), schii also aus *kjei erklärt werden. Dieses kommt
von dem stamme ki, kio (lit. szis, szio), der neben ko, ke (dazu
!-x€t loc.) liegt wie lat. hie neben hoc, quis, rig neben qtiod.
Dagegen dor. rrjvog (z. b. I. G. A. 345 %ivo = wjvov) aus
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156 W. Prellwitz
*%ij-ev-og ist auch dem stamme nach vollständig gleich dem
lett. Uij-en-e (aus tei-en-ia). Beides sind ableitungen vom idg.
locativ zu, dessen bildung gr. ei (GIG. 5594 öfters), kret ftel
(Cauer Del.» 121 C 4 o), corcyr. bnel (CIG. 1844 i 5 ), av-zel,
xel-ds wiedergeben (G. Meyer* § 352. 8. 341), ebenso lat hv-c
aus *hei-ce, sie aus sei-ce.
Die von Bielenstein neben schei genannte form sehe aber
ist kein locativ, sondern instrumentalis. Ihm entspricht litt.
8ze und äol. xr) =— ixet Die bildung erscheint im kret. Stvtj
I. v. Gort. I 49 , lak. nrj-7toxa IAG. 79 6 , got. ße (nhd. da\
g. hvS, 8V3 G. Meyer § 388.
Aeol. xr] wird An. Ox. II, 155, 17 überliefert: zd elg rj
Xrjyovta im$r)nata /novoavkkaßa dta zov rj yQcupovzac olov
ixrjj vrj, rj avzi zov tog, o xai daovvezai, xr) dvzi zov ixet,
TQortfj zr)g ei di<p&6yyov elg rj (cod. rjv) Alohxwg. Das ist
nun freilich arg entstellt Den anfang stellt Lentz (Uerodian
I, 492. 11) so her: zd pivvoi zd rj e%ovza /novoovkXaßa, ftr)
TtQooxei/iivov zov 1 ogvvszai und das scheint mir ganz richtig.
Dann aber zerreisst er die folgenden beispiele und stellt gar
zu willkürlich, wie mich dünkt, xrj als xfj zu dem von ihm aus
Are. 183. 6 hinzugefügten gegensatz . . . zov i rtQooxeijuivov
TteQionärcu wg xai zo nfj zd €Q(üTt]/ucmxov xal zd xfj dvzi tov
ixel tQony zijg et diq>&6yyov elg ij uilohxßg u. 8. w. Dies
scheint mir schon deswegen verfehlt, weil xfj neben e-xel
schlechterdings unerklärlich ist, xr] aber die beste erklärung
findet. Ausserdem kann die stelle der An. Ox. ganz verständ-
lich werden, wenn man nur, wie schon Ähren s that, tjv der
handschrift in rj ändert.
Freilich hat auch Ähren 8 und nach ihm Meister xrj ge-
schrieben (Ahrens I. 90 n. 5), Meister I. 67 n. 3)). Dann aber
müssen sie, abgesehen von der änderung der überlieferten
Schreibung, auf jeden sinn der stelle verzichten, welche doch
über die betonung handelt und /urj, vrj, rj als beispiele neben
xrj nennt 1 ).
Die stelle selbst fordert xrj 9 wie die Überlieferung ist, und
') Was Meister mit der änderang in ij meint, ist mir unverständlich:
tj {fripis toxi) ist instrumental wie xi}. Vgl. Lehr 8 Quaest. epp. p. 44 f.
Auch das auf dorischen in Schriften erscheinende n = «/, ei ist instru-
mentalis, nicht locativus, wie Hoffmann De mixtis graec. 1. dial. p. 48
meint. Daselbst die belege.
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Exsivog — xtjvog, äol. x ' und verwandtes. 157
wohl nur eine nnrichtige ansieht der neueren über den äoli-
schen accent trieb sie zu der änderung in xrj. Meister (I. 36)
und vor ihm ähnlich Ahrens (I. 11) übersetzen die regel des
Gramm. Meermann. 662: nzQiaitiüGiv tog inlnav xa (xovoovX-
Xaßa ovofiiara. (fc5£, 7Ffrw£, ÖQwxp , XQOvg .... x*j v , Ze%S m 't:
„Die einsilbigen Wörter (Ahrens: monosyllaba) a) wenn sie
langen vokal oder diphthong haben, sind perispomena" und
mussten also xrj schreiben. Allein die Übersetzung ist falsch:
Die einsilbigen nomina, nicht Wörter, muss es heissen, und
zu denen gehören doch die eTtifärj/ucna, adverbia, nicht!
Damit ist bewiesen, dass äol. xt/ seinen accent behalten
darf und es zeigt, wie ausgezeichnet die beobachtungen der
alten grammatiker gewesen sind. Denn wir sind hier einmal
in der glücklichen läge, die mittel zu ihrer controlle in den
händen zu haben und diese erweisen als den altererbten accent
für %r\ den acut. Krj nämlich ist, wie gesagt, gleich lit. szk
Nach dem Leskien'schen gesetz nun (Archiv für slav. philo-
logie Y, 188 ff.) konnte die lange endsilbe im Litauischen nur
dann verkürzt werden, wenn sie gestossenen ton trug; szb geht
also auf 82&, idg. ke zurück. Bezzenberger und Hanssen
haben bewiesen, dass gestossenem ton im Littauischen der
griechische acut, geschliffenem ton der circumflex entspricht:
folglich verlangt lit. sze griech. xj/. Die barytonese der Aeolier
aber beruht, wie Wheeler Der griech. nominalaccent s. 11. 25
treffend vermutet hat und ich in einer anzeige dieses buches
Gott. gel. anz. 1886. s. 75 ff. näher begründet zu haben glaube,
ganz auf dem dreisilbenaccent und berührt als betonungs-
prineip die einsilbigen und trochäischen Wörter gar nicht. Die
nominative Zwg, ÖQioxp u. s. w. sind auf andere weise, viel-
leicht ebenso wie att. elg, nag zu ihrem circumflex gekommen,
xi], der aus aller flexion losgelöste instrumental, bewahrte den
acut
Dem €, welches in £-xei gegenüber äol. xif, hom. xel&ev,
xei&i, xeioe erscheint und welches sich dem pronomen xeivog
beliebig vorsetzen lässt, ist zunächst das e- des osk. e-tanto
gleich. Vgl. Tab. Bant. V, 5 multo etanto estud » multa
tanta esto. Weiter aber vergleiche ich ihm das augmentum
verbi, welches eine ähnliche beweglichkeit besitzt. Diese pro-
nominale deiktische partikel £ konnte vor das demonstrativ und
das verb treten, um dem hörer deren beziehung auf ein im
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158 W. Prellwitz
räum, der zeit (imperf. aor.) oder der Vorstellung (mod. irreal,
imp., aor., conditionalis des Altiudiscben) weiter zurückliegendes
deutlich zu machen. W. Prdlwüz.
Einige verwandte der Wurzel pä nnd die präposition
lat. ad, osk. az im Griechischen.
Die wurzel pä, pä hat bekanntlich eine menge ableitungen
in den indogermanischen sprachen. Um ihre grundbedeutung
zu ermitteln, will ich hier zunächst an einige derselben erinnern.
Ai. pä heisst „schützen, hüten", pä4as „hüter, fürst", nr-pa-s
„könig", eigl. „männerhirt" ; lat. pa-sco „weide, lasse fressen",
pascor „weide, fresse", pä-bulum „futter", pa-nis „brot"; böhm.
pän (lit. pö-nas) „herr", asl. pasq, inf. pa-sti „hüten"; gr. dor.
Ttäofiai „erwerbe" (lat mihi pa-ro), TtafiTtrjala „besitz", dor.
rtaSg, hom. 7trj6g „verwandter" (für *pä-86$, nach Fröhde im
lat. parriclda, päricida), rcawtaf ovyy&veig, olxsloi (Hes.).
Eine indogermanische ableitung ist pä-ter- : 7tarqQ, ai. pitd,
paler „vater" u. s. w.
Danach ergiebt sich mir als grundbedeutung „zu sich
nehmen", sei es als speise, sei es als besitz oder als haus und
familienglied. Für die bedeutung „weiden" aus „nehmen" bietet
gr. vi/*(o } veuofiai eine schlagende analogie.
Zu dieser wurzel pä stelle ich dya7caw 9 das bei Homer
gewöhnlich „willkommen heissen" bedeutet, einmal (Od. q> 289)
„zufrieden sein" übersetzt wird. Ovx ayarcqg 6 Sxrjlog v7teQ-
(ptaloiot, i*e& y rjfiiv Jalvvocu; „Heissest du es nicht willkom-
men, dass du ruhig ... speisest?" kann man aber auch hier
ohne allen zwang übersetzen. Später heisst dyaTcdo) „zufrieden
sein, loben, lieben" und es wurde das neutestamentliche dyditr\
„die liebe" gebildet. Gleich dyandw ist dyarcdtw „begrüssen",
auch medial, bei Homer fast stets mit x^crtV, (Wfijf, ertsoai
fieihxloiacv verbunden, und endlich gehört do7id£opai, eben-
falls „begrüssen", hierher.
„Jemand begrüssen, willkommen heissen" ist soviel als ihn in
den schütz seines hauses, den kreis seiner naüvai aufnehmen,
oder wenn es heute das nicht sein sollte, so war es das in der
urzeit. Man erinnere sich, wie rechtlos ein fremder („pere-
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Einige verwandte der wurzel pä u. s. w. 159
grinus") im altertum war, wie sehr er eines pa-tronus bedurfte.
Konnte doch idg. *ghosti-s (asl. gosfä, nhd. gast, alat. hostis
fremdling) im Lateinischen die bedeutung des staatsfeindes an-
nehmen und als verbannter in die fremde gestossen zu werden
galt der todesstrafe gleich. Zu diesen Verhältnissen passt dya-
Ttdto „ich nehme jemanden herzlich (äya- = f*fyct y rpya) auf",
begrüsse ihn. liya-, tonlose stufe zu n&ya y ist verstärkende
vorsilbe, wie bekannt.
Verba auf -a£a> liegen sehr häufig neben denen auf -croi
(vgl Gurtius Grdz. 6 627) und so auch dyandfya, dorrd&fuai
neben dyandta. !/ia7tdatog für ao-fid-tiog zeigt noch den
reinen stamm pä.
Weiter gehören zu wurzel pä mit beziehung auf den geist
ifX7tatofxat „kümmere mich um etwas", xareti7cd£a) (Nie.) xara-
Xafjißavia ich verstehe, „begreife", efinaiog „erfahren, kundig".
Das letzte hat nicht einen Spiranten eingebüsst, sondern geht
auf die uncomponierte form *naiog zurück, welches des fol-
genden accentes wegen das i bewahrte (vgl. Fick B. B. IX.
317 ff.; verf. G.g.a. 1886. 762; Bezzenberger G.g.a. 1887.
429; Bechtel Nachr. d. ges. d. wiss. zu Gott. 1888. 407 f.),
wie GKOiog {oiua, ai. chäyä), doidg (ai. dvayäs-).
Für ef47taiog und ifindtyftai haben Bezzenberger und
Fick BB. VL236. 239 abweichende etymologieen, indem sie ersteres
zu lat. quaero, wurzel qei, letzteres zu ksl. paziti „attendere",
an. spakr „verständig" stellen. Doch sind beide wohl nicht
zu trennen und verhalten sich zu einander wie die verba auf
-ato> zu den daneben liegenden auf -aCjto.
Eine erklärung verlangt noch der erste teil von do-nd£oficu»
Ich erkenne darin wie in ifi-7td£ofiai eine präposition und zwar
die im Griechischen bisher noch gar nicht nachgewiesene ent-
sprechung zu lat. ad. Ganz genau deckt sich unser da- mit
osk. az: beide gehen auf ad +8 zurück. Dieses ad ohne 8 er-
scheint in lat. ad, g. ai, ahd. az, lit. at, sl. ofä. Ueber das «*
vergleiche z. b. Bechtel B. B. X. 287; verf. G.g.a. 1887. 440 f.
Noch in einem andern worte kann ich unsere neu ent-
deckte präposition nachweisen. "Aoßoh>g tj (Ar. Th. 254) oder
6 (Hippon. 110), später daßokt] „der russ" deute ich als „an-
warf", „angeworfenes". „Anwurf l ist der sich ansetzende russ;
vgl. lit. s&'dzei „der russ", apsüdinti „mit russ besudeln", von
sSstu Wegen der form entstehen keinerlei Schwierigkeiten , vgl.
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160 W. Prellwitz Einige verwandte der wurzel pä u. 8. w.
z. b. exßoXog „ausgeworfen"; der Wechsel des geschlechts deutet
auf ursprünglich adjectivische geltung.
Bisher hat man aaßoXog „russ" zu xpoXog „qualm" gestellt
J. Schmidt sah (K. Z. XXII. 314) a-oßoXog für ii-ofoXog als
mittelform zwischen xpoXog „qualm", q>ix}iaXog „rauch, qualm"
und unseren nhd. „schwelen, schwül" an, was Gurtius Grdz. 6
699 billigte. Bei dem fortschritt, den die Wissenschaft seitdem
gemacht, ist es nicht mehr nötig, diese annähme ausführlich
zu widerlegen. Uebergang von sv, af zu xp oder aß darf in
keinem falle angenommen werden und zwischen xp und aß giebt
es nur eine brücke: ßo. Ausserdem ist xpoXog jetzt bereits
richtig zu squalor gestellt worden : sq wurde vor o lautgesetzlich
an und dies zu xp umgestellt (vgl. aniXtov % xpeXiov Curtius
Grdz. 6 699); zwischen sq und aß aber giebt es keine Vermittlung.
Meine oben gegebene deutung glaube ich direct beweisen
zu können. Hesych hat die glosse doßoX&iv fiiya, ixprjXov,
fxeXav. Zu ihr bemerkt M. Schmidt „doßoXtj&iv Phavorin
293. 47. Toup. Em. III, p. 263. daßoXoev Albertus, utrumque
recte". Dass die form verdorben ist, glaube ich auch, doch
ist nur die erste, von Jo. Toupius vorgeschlagene Verbesserung
annehmbar. Phavorinus bietet s. 293 z. 45 (ed. Basel 1538):
daßoXrj fj aaig b' iaxi ^vttov ßdXXovaa xard oxpewg, xai oonoia
xeoaaßoXa naoä nXowdo%ü) xal exiooig xd dtSQd[iova 9 daßoXrj
yaq pr) Xeye, dXXä aaßoXog. *!Aoßt)voi oovi&eg (auch bei Hes.).
IdaßoXrj&iv piya, vxprjXoy piXav. 'LloßoXog xal ai&aXog ol
doxtfi(axaxa y ovx daßoXrj ovdi ald-dXtj. Hier haben wir die
unversehrte glosse, interessant ist ausserdem die etymologie
qoiv — (>v7Xov — ßdXXovaa: ao-ßoXog.
^aßoXri&iv — *doßoX4a> kommt von aaßoXog „anwurf 4 .
Die erklärung ftiXav will sagen „berusst", die anderen vxprjXw
und piya gehen auf die grundbedeutung zurück („adjectum,
auctum, durch anwurf vergrössert") und zeigen deutlich die
entstehung aus da- = ad und ßdXXto jacio.
Der einwand, dass sonst eine präposition dg im Griechi-
schen nicht belegt sei, wäre verfehlt So manche alte präpo-
sition hat sich in ganz seltenen spuren erhalten (vgl. verf.
a. a. o.), wie z. b. kypr. v — ai. ud sich in der Überlieferung
nur in vo-nXrj}; (yaxBoog = ai. tittara) nachweisen lässt (Gur-
tius Grdz.* 228.) W. Prdlwitz.
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161
Adolf Fritsoh, Zum vokalismus des herodotischen
dialekts. Programm der gelehrtenschule des Johanneums.
Hamburg 1888. 47 s. 4.
Die letzten fünfzehn jähre sind durch eine ziemlich rege Wirksamkeit
auf dem gebiete der entstehungsgeschichte und handschriftlichen Über-
lieferung des herodotischen geschiohtswerkes ausgezeichnet. Die Unter-
suchungen von A. Kirchhoff Ueber die entsteh ungszeit des herodotischen
geschieht s werkee (zum ersten mal in den Abhandl. der Berliner akad. d.
wies. 1868, 1871, Monatsber. 1878, in einer 2. aufl. 1878), Ueber ein selbst-
citat Herodots (Sitzungsber. der kön. pr. akad. d. wiss. 1885, 801 ff.)
riefen eine ganze reihe von zum theil ablehnenden arbeiten hervor, be-
sonders von Th. Gomperz (Herodot. Studien I, SitzungBber. der phil.-
hist. classe der kais. akad. d. wiss. CHI, 171 ff., II, ib. 521 ff.). Auf
dem gebiete der handschriftlichen Überlieferung sind mehrere ansichten
über den wert der verschiedenen handschriften und handschriftsgrappen
zur spräche gekommen z. b. von Abi cht und Stein, besonders von dem
letzteren in seinen bekannten editionen 1869 — 71 und 1884 (vgl. Bursian-
Müllers Jahresber. jahrg. X b. 80 s. 186 ff.; jahrg. XIII b. 42 s. 181 ff.),
von Cobet (Var. lect.* 406; Mnemosyne n. s. X, 400 ff., XI, 69 ff.,
122 ff., 262 ff., XII, 79 ff. 129 ff., 246 ff., 378 ff.), welchem sich
Gomperz in den erwähnten arbeiten in der hauptsache angeschlossen
hat, von Herwerden (Comment. crit. in Herodoti libros I et II Traj.
ad. Rh. 1883; Mnemosyne XII, 405 ff., XIII, 15 ff., 135 ff., 405 ff.; und in
seiner edition Traj. ad Rh. 1884) und von Kallenberg (Comment
critica in Herod. Progr. des Friedr.-Werder'schen gymn. in Berl. 1884;
jahresber. des phil. Vereins [in Zs. f. gymn.-wes.] VII, 29 ff. , IX, 1 ff.,
X, 43 ff., XII, 294 ff., XIV, 192 ff.; jahresber. über Herod. in Philologus
b. 44, 1885, p.717 ff., b. 46, 1888, p.705 ff.; in der 2. aufl. von Dietsch's
ausgäbe Leipz. 1884—85); vgl. beitrage von M advig in Adv. I, III,
Naber in Mnemosyne XIII, 55 ff. u. s. w. Mehrere abhandlungen über
Herodots Sprachgebrauch und syntaktische eigentüm Henkelten haben
die kenntnis über Herodot erheblich erweitert (über die gesammte auf
Her. bezügliche litteratur der zwei letzten decennien s. Stein in Bur-
sian-Müller's Jahresber. jahrg. II— III, b. 8, s. 721 ff., jahrg. V, b. 9,
s. 326 ff., jahrg. VI, b. 18, s. 177 ff., jahrg. VII, b. 17, s. 87 ff., jahrg.
IX, b. 26, s. 96 ff., jahrg. X, b. 30, s. 106 ff., jahrg. XII, b. 42, s. 127 ff.;
sowie die schon genannten jahresber. von Kallenberg im Philol. und
in Zeitschr. f. d. gymn.-wes. XXXI [1877] jb. III, 386 ff., XXXII [1878]
IV, 171 ff., XXXIV [1880] VI, 86 ff., XXXV [1881] VII, 284 ff. und oben
gen. jber.).
Aber trotzdem ist der gewinn in bezug auf die feststellung der
spräche und ihrer dialektischen Stellung ein sehr kleiner. Die gramma-
tischen arbeiten von Struve, Lhardy, Dindorf, Krüger und be-
sonders von Bredow (Quaestionum criticarum de dialecto herodotea
Bdtrlge z. knndo d. indg. sprachen. XV. 11
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162 Karl Ferdinand Johansson
libri IV) sind natürlich immer bei forschungen über den dialekt Herodots
zu berücksichtigen; sie können jedoch bei dem jetzigen stand der Sprach-
forschung keineswegs befriedigen. Wohl sind auch einige andre beach-
tenswerte einzeluntersuch ungen über die herodoteische laut- and formen-
lehre erschienen, z. b. AI. L. Spreer De verbis contractis ap. Her.
Stettin, progr. 1874 und besonders R. Merzdorf Qaaestiones grammaticae
de vocalium in dialecto herodotea concnrsn modo admisso modo evitato
G. St. VIII, 126 ff.; Vokal Verkürzung vor vokalen und quantitative meta-
thesis im Ionischen C. St. IX, 201 ff. Aber auch Merzdorf läset sich
unter ablehnung der benutzung der inschriften bei statuierung von hero-
doteischen formen von den handschriften leiten, „und zwar so, dass er
die richtigkeit oder Unrichtigkeit einer form je nach der majoritat ihres
Vorkommens in den handschriften entscheidet". Gegen diese methode
nun hat der verf. der vorliegenden abhandlung sowohl früher in Fleck-
eisen's Jahrb. 1876, s. 108 ff. als in der einleitung dieser arbeit entschie-
denen Widerspruch erhoben — in der hauptsache gewiss mit vollem
recht. Selbst hatte ich in meiner abhandlung De derivat. vb. contr.
gelegenheit in dem umfang, den ich da angemessen fand, auf den herod.
dialekt zu kommen und glaubte wenigstens in bezug auf zusammen-
stosBende vokale, deren erster kurz war, mich in der hauptsache an
Merzdorf anschliessen zu müssen, p. 62 f. In bezug aber auf die all-
gemeine erklärung und behandlung der verba contr. sah ich mich schon
damals veranlasst Merzdorfs Untersuchungen zu widersprechen, p. 142 ff.,
153 ff.
Der verf. der vorliegenden abhandlung, der schon in seiner G. St.
VI, 87 ff. veröffentlichten abh. De vocalium graecarum hyphaeresi (p. 93,
95, 113, 125 ff.) wie auch in seiner schon genannten anzeige von Merz-
dorfs erster abhandlung in Fleckeisen's Jahrb. gelegenheit hatte die
spräche Herodots ein wenig zu berühren, hat sich diesem Schriftsteller
nun besonders zugewandt und eine Untersuchung gemacht, die ich nicht
anstehe als eine sorgfältige und die forschung sehr fordernde zn be-
zeichnen.
Ich werde im folgenden die wichtigsten punkte erwähnen, worin ich
dem verf. recht geben zu können mich freue, wie auch die einzelnen be-
hauptungen, denen ich widersprechen zu müssen glaube.
Der verf. behauptet mit entsohiedenheit , dass mit ausschliesslicher
bezugnahme auf die handschriften sichere auskunft über Herodots spräche
weder gewonnen noch zu gewinnen sei. Die handschriften müssten ihre
jetzige gestalt erst nach vielen änderungen und Umgestaltungen des
ursprünglichen textes bekommen haben, und zwar seien diese Umgestal-
tungen auf einen „einschneidenden und verderblichen fAnaxttqatnjiQitSfio^
zurückzuführen (vgl. v. Wilamowitz-Möllendorff Hom. unters. 315).
Dieser [itraxttQaxTriQtopoQ sei so vor sich gegangen, dass die Alexandriner,
denen die spräche deB Herodot als kaum verschieden von der des Homer
galt, eine menge diesem gehöriger formen in jenen einführten, wodurch
sich allmählich ein wesentlich unursprünglicher text eingebürgert habe.
Die gruppen eo, eo>, eov z. b. waren unkontrahiert sowohl bei Homer als
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Anzeige. 163
bei Herodot. Folge davon sei gewesen, dass man analogice nach Hom.
yrse, anovita&cu, Soxiu u. s. w. (vgl. Fick BB. XI, 260 f.) derartige
formen auch bei Herodot einführte. Zudem wurden auch dialektische
formen durch attische ersetzt.
Die einzig sichere grundlage für eine Wiederherstellung des herod.
textes findet der verf. in der benutzung der inschriften und behauptet
dies energisch gegen die von Stein zuletzt in Bursian-Mülier's Jahresb.
jahrg. XIII, b. 42, s. 182 f. dagegen erhobenen einwände. Und man kann
nicht umhin, scheint mir, dieser ansieht beizutreten. Er sucht sodann
in einzelnen punkten z. b. in bezug auf kontraktionen von gleich-
artigen vokalen, psilosis, v t<f sIxvötixov nachzuweisen, dass
die formen der inschriften sowohl mit den a priori als richtig anzuneh-
menden und übrigens durch die handschriften am besten bezeugten
herod. formen völlig übereinstimmen, als auch in bezug auf Unrichtig-
keiten und inkonsequenzen bei dem geltenden herodotischen texte die
Vorbilder sein müssen, nach denen jene zu heben seien. Und wo die
inschriften keinen aufschluss geben können, habe man als zweite quelle
bei feststellung des herod. textes die jonischen dichter zu rathe zu
ziehen.
Ich bin nun auch der ansieht, dass sowohl die inschriften als die
jonischen dichter für die Herstellung des herod. textes herangezogen
werden müssen. Wenigstens haben solche formen keine berechtigung im
texte zu verbleiben, die nicht nur gegen die sprachliche probabilität,
sondern auch gegen inBchriftlich bezeugte formen streiten, auch wenn
die handschriften einstimmig sind. Und es ist wirklich zu verwundern,
dass man von diesem auskunftsraittel nicht mehr gebrauch gemacht hat 1 ).
Der grund ist wol z. t. in dem umstände zu suchen, dass es bei Herodot
eine beträchtliche anzahl von erscheinungen giebt, die man schwerlich
— weil man keine muster, keinen grund zu spüren im stand ist — als
Produkte von gekünstelten textänderungen ansehen darf, für welche aber
man sich in den inschriften vergebens um eine entscheidung umsieht.
Da nun die handschriften, die viele durch die inschriften als echt gewähr-
leistete züge sehr treu bewahrt haben, erscheinungen zeigen, die freilich *
nicht inschriftlich bezeugt sind, an deren richtigkeit man aber keines-
wegs zweifeln kann (z. b. st. xo- statt aro-), so hat man sich ganz natür-
lich gescheut, andre obwohl weniger echt aussehende züge zu entfernen.
Auch die Untersuchung des Verfassers zeigt doch, dass die handschriften
im allgemeinen das richtige an die hand geben können. Warum sollten
sie es nicht tun auch in den fallen, wo uns die inschriftliche kontrolle
nicht zu geböte steht?
Aber auch wo keine andren Zeugnisse zur hand sind, hat man doch
recht, die handschriftliche Überlieferung da zu bezweifeln und zu bean-
standen, wo sie sich in streit mit der historischen entwickelung über-
haupt sowohl des jonischen als andrer dialekte zeigt. In solchen fallen
s ) Fick BB. XI, 245 ff., 258 ff. erklärt ganz natürlich formen wie
Soxtti, Soxfy, öoxitiv für unmöglich.
11*
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164 Karl Ferdinand Johansson
maße die entscheidung , wenn überhaupt möglich, durch eine ziemlich
komplizierte erwägung der handschriftlichen Überlieferungen und der
sprachgeschichtlichen tatflachen im allgemeinen getroffen werden. Es
mag gestattet sein — ehe ich auf die eigentliche Untersuchung des Ver-
fassers näher eingehe — hier einen punkt etwas ausführlicher zu behandeln.
Ich werde hier die frage über die behandlung der verba contraria,
welche einen stamm auf langem vokal (ä, e, o) voraussetzen , von neuem
ein wenig beleuchten. Es berührt sich dies z. t. mit einigen ausfuh-
rungen, die ich schon' in meiner abhandlung De deriv. vb. contra et is
p. 60 ff., 139 ff. gemacht habe. Etwa gleichzeitig erschien eine von
andren gesichtspunkten aus gehaltene Untersuchung von v. d. Pfordten
Zur gesch. der gr. denom. Leipz. 1886, und später als die genannten
arbeiten die dissertation von Mekler Beitrage z. bild. des gr. verb.,
dessen abschnitt I über verba contr. mit langem Stammvokal handelt.
Ich beschranke mich hier auf die erörterung dieser verba im Alt- und
Mittel- jonischen , um davon aus möglicherweise einige gesichtspunkte für
den herodotischen text zu gewinnen.
Von etwa massgebenden inschriftsformen sind so wenige bezeugt,
dass sie fast keinen aufschluss geben über die frage, wie diese verba
mittel- (und neu-) jonisch gelautet haben, somit keine muster abgeben
können, nach denen vermutete Unrichtigkeiten aus dem herodotischen
texte entfernt werden könnten. Wir sind also in dieser hinsieht auf
theoretische erwägungen über die entstehung und geschiente dieser verba
beschrankt. Danach würde es sich auch ergeben, ob und in wie weit
die handschriften und die auf diesen fussende methodische textkritik
wenigstens in diesem punkt massgebend sein können.
Es darf wohl als ausgemacht gelten, dass es im Idg. „primäre" und
„sekundäre" verba gab, die sowohl kurze als lange vokale vor dem präs.-suff.
hatten, sonach -ä-*ö .• -d-jjo, -e-jö : -V-iö (~9-jö) y -ö-jo .• -o-tö (-9-0). Ich habe
, auch zu zeigen gesucht, dass der Wechsel zwischen den langen und kurzen
vokalen aus einem einheitlichen idg. paradigma herzuleiten sei, in welchem
der bewegliche accent gewirkt habe, so dass in gewissen formen z. b.
-ö'-jp, -*'& -o'-jß, in andern etwa -£-j$ -*■#- (~ 9 -ie-)i -^*jj^- (~ 9 "i&~) laut-
gesetzlich waren. Sonach entstandeu im Gr. ursprüngliche paradigmata
wie -«-(*> — -«-CO«-; -*-Gö« - -«-Ute- [-«-(i)H> -«-OD« — Hö*
[-«-(*)*-]. Diese paradigmata sind ganz natürlich in je zwei verallge-
meinert worden, so daBS -«-( i)ta «-(*)*- und -a-(j»)w «-(jÖ € i -^-(jÖ *
— -iHt> und -Mi)» «-(i)«- HMi)« «-(jöH» -»-Q> — »-(*>-
und -o-(xJ(o — -o-(jfl*- [-«-(jÖ w — -«-(*)*-] entstanden. Nun war doch
durch das überwiegen der formen des ursprünglichen paradigmas, in
welchen die kurzen vokale heimisch waren, die ausgleichung in die
richtung gegangen, dass sich nur eine minderzahl von verba auf -ä-(*)a>>
-1 HjÖ w » -»-(*)» behaupteten, während sich die grosse masse zu einem
typus -«-(jö», -M*)»> -°-(i) w vereinigte. Mit den so entstandenen verbis
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auf -«-<i)w [und -#-(i)a>] vereinigten «ich auch andre sowohl ursprüngliche
als später entstandene verba auf -*-(*)« [und -o-(j()ai] 1 ).
Ich verzeichne zuerst die verba mit langem Stammvokal, die bei
Homer vorkommen, ohne dass ich damit etwas über den ursprünglichen
dialekt Homers gesagt haben will (im allgemeinen vgl. Verf. De deriv.
vb. contr. 139 ff., Bechtel Gott, nachr. 1886, 375 ff., Mekler p. 14 ff.).
Verba auf -fiw sind bei Homer durch folgende formen und kate-
gorieen repräsentiert — wobei ich die mechanisch zerdehnten formen
folgerichtig in die vorauszusetzenden ursprünglichen umsetze — : Sgaot-fii,
(ÖQoioipi) o 317, naqaSqaatai (-öqühoöi) o 327, vnoÖQä'axn (-Sgaioai) o 333;
fjiväofiivtp (pvw>(i4vtp) $ 106, lAväopivto (pvoopfru) o 400, fivaovxo (pvto-
ovro) X 287. B 686. A 71. II 697. 771, pvattu (fivatf) n 431, vntpva-
täte (-praeter te) x 38, (iväw&ai (jivaaoöai) a 89; Sityawv X 584; äva-
fiaifAau Y 490, pttifiawti (fiaifitooiHti) N 75, pcu/uawv (paifitmv) O 742,
fiaifxä'ovaa (pai(iwoo«) E 661. O 542 (neq*-) fi 95; juvoivä'to (pevoivwo)
iV79, [AtvoivaH (pivotvatu) T 164, (jitvoivayai oder ptvoivriyai, O 82;
nttvawv r 25, nnvaovre IT 758, neivä'ovra 2 162, (7iuvrjfievai v 137);
W&'so&t ijyaao&e) e 122; nßaotfit(riß(ootfxt) H 157. A 670. W 629. 1468.
503, qßäovra (rjßtoovra) I 446, rjßä'ovrts (rjßtoovres) Ä 604. * 6, rjßaovaa
(ijßwoaa) c 69, vgl. rjßä'oi (rjßoboi) Hes. Op. 698. In allen den eben ge-
nannten fallen wäre es freilich — was auch geschehen ist — möglich,
metrische dehnung anzunehmen, weil Bie sich sonst nicht dem verse fugen
könnten. Dieser ausweg ist jedoch wenigstens in bezug auf öttfiaiw und
nuvauv wenig annehmbar, weil diese verba auch sonst überall im Jon.
und Att. den stamm nswr\- t öixprj- zeigen, und man kaum glauben
kann, dass sich hier poetische formen eingebürgert haben. Noch minder
liegt ein anlass vor, in den folgenden v erben metrische dehnung anzu-
nehmen, weil sie ja ohnedies sich dem vers ganz fügen können: äfüi'civ
Hes. Op. 892; ytXä'ovreg (yeXatovrts , was doch richtig sein kann, von
♦yfAw-jjw) a 111, vgl. v 890, yiXäov (ytXoüov, ytX<a<av, vielleicht yiXmov)
v 347. Ueber die bei Hom. begegnenden mittel- und neu-jonischen formen
s. unten*).
Verba auf -i^w bei Homer: d-rjo&ai (falls es * d-ti-jt-a&cu und nicht
schlechthin &tj-o&ai ist) cf 88; XQ^ (X9 i£wv ) * 79 v S l - n - n - H> 21S (da-
gegen 75. 115 xQtw zu lesen); oxvrfcj (öxve(oj) E 255; vfivr^ovaat (vfjLV&t-
*) Sogen, ursprüngliche verba auf -€-(»)a> können durch Verallgemei-
nerung der starken form eines ursprünglichen paradigmas -£*d .• -jÄ- (vgl.
-6-jö .' -#-) entstanden sein. Dies urspr. paradigroa wird durch xeXa&ia}
einerseits : äyytXXu anderseits reprasentirt. Es giebt auch ein vb., das
dies Verhältnis deutlich beleuchtet, nämlich atyto. Dies ist entstanden
durch kontamination der beiden ursprünglichen formen des paradigmas,
einerseits *aQi-($m .• anderseits *«?-#- > *«fp-£- (*«??«), d. h. zwei Para-
digmata *ttQfa und *cttQQ), woraus atyto kontaminiert ist (s. ver£ De
der. vb. contr. p. 18 n., 185, 193 f. ; add. ad 136). *) Ich brauche hier
nicht die formen wie awavrrJTTiv n 333, nQooavärJTriv A 396. X 90,
övXrpyp N 202, woaqTTjv M 266, ä(njf*€vcu x 322, yorjfievM 8 502, neivy-
ptvai v 187, Svrjfievoe ß 38 näher zu discutieren, s. verf. De deriv. vb.
contr. 166 ff.
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166 Karl Ferdinand Johansson
ovacu) Hes. Op. 2; otxycw (olxtfwr) Hes. Theog. 330, wie auch fiaxno-
ptvog (fiaxtiofjievos) ^ 471 und vielleicht auch anderes (verf. De deriv.
vb. contr. 153 1 )) können freilich durch annähme von ictusverschärfung
erklärt werden, ich zweifle aber, ob man dazu genügenden grund hat;
wenigstens darf wohl XQV tav a ^ 8 sicher gelten. Ist teUfa (z. b. A 5)
nicht aus *TeUa«o zu erklären — was freilich sehr möglich ist — so
braucht es doch keineswegs durch ictusverschärfung entstanden Bein,
sondern kann für reAijai stehn (s. B echte 1 Gott, nachr. 1886, 375 f., vgl.
Smyth Diphtb. EI 70; s. verf. De deriv. vb. contr. 152 f. und die das.
cit. üt.)*). Ueber neujon. formen s. unten.
Verba auf -ww bei Homer: nXt&ouv e 240, nXßov 4» 302. h. h.
XXI, 7; von fax» z. b. £w€t ß 182. -2 61, ttfciv 6 540, fworros (so zu lesen
auch A 88, s.Fick IL XVIII, 76), Uwtv Hes. Op. 113. 183; Quoptu z. b.
$(jjovto 2 411, iqqtüovro tf' 367; ^ft5o/ua* z. b. x** !**' 1 ' * ß 80> möglicher-
weise ffcuo» z. b. aaovreg i 430 (wo vielleicht besser aaoovrsg); vnvtoovrag
€ 48. w 4. Ä 344 ; ISqtowva Z 872, l&Qtoovrag 9 543. S 39, lÖQ<oovatu A 119
(so auch A 598 zu lesen statt tÖQwacu, vgl. Fick II. 82); vielleicht auch
ysXtoovrig s. oben 8 ), inixvQTiaovre lies. Asp. 234.
Obwohl die homerischen gedichte der hauptmasse nach nicht im
jonischen dialekte abgefasst worden sein können, so habe ich doch meiner
besprechung der langvokalischen abgeleiteten verba im Jonischen die
homerischen formen vorausschicken wollen. Die entsprechenden alt-
jonischen formen können indessen kaum anders gelautet haben, natür-
licherweise mit ausnähme der verba auf -äo>, die im Altjonischen sehr
wahrscheinlich als verba auf -ijoi erschienen. Dies erhellt aus den un-
zweifelhaft jonischen formen bei Homer (s. G. Meyer Gr.* § 133. 136.
138 u. s. w., Wackernagel KZ. XXVII, 262 ff. u. a.). Auch bei den
ältesten jonischen dichtem finden sich noch formen ohne quantitätsver-
setzung. Ich werde einige beispiele erwähnen. So von (« > rj) ij + U*> *i)
3 + vok. : Xrjov Hippon. 88 (wonach Fick BB. XI, 249 f. 267 Xagüric
Archil. 79, 'IoXyog ib. 119 herstellen will, wie auch Xyioi Kallin. 1, 18,
Xt]oi(ft Xenophan. 2, 15, Xrjovg Tyrt. 12, 24), nauqova Archil. 76 4 ), vr^og
Archil. 4, 1, noQrjOQog Archil. 56, 5, 'Htog Mimnerm. 12, 3. 10 (urgr.
*äftös verf. KZ. XXX, 422 n. 2), rjtXtog nur in der altertümlichen elegie
z. b. Mimnerm. 14, 11 (Fick BB. XI, 266), rifirjev Kallin. 1, 6, T*/4ij«nr«
Mimnerm. 6, 5, rififarrog ib. 12, 7, x anr l£ a{f W Phokyl. 3, 8, «fijVdri/ra
Kallin. 1, 14 5 ), 6tfi£ Archil. 82, 1, B^ixitig Anakr. 96, Bqrfxwv Tyrt.
x ) Wozu vielleicht nach Kretschmer KZ. XXIX, 417 xqtjw, xgn-
ovaa (statt xQttov, xqtlovaa\ vgl. indessen Bechtel Gott, nachr. 1888,
406 ff.). *) In bezug auf äntürptip X 313, ofiaQ^Tipf N 584, {öoQnyTrjv
o 301), xaXrtfxtvcu K 125, nevdyfAevtu a 174. r 120, iftAyficvai X 265,
(fOQWevtu O 310. P 224, (fOQrjvcu B 107. H 149, äXir^uevog S 807 (tXri&i
y 380. n 184 vgl. h. h. XXIII. 4), o^cu | 343 vgl. verf. De deriv.
vb. contr. 166 ff. •) Ueber adto v 230. q 595, n 368 imp.,
* 238 impf, aQtjfiivat Hes. Op. 22 (wo Fick Od. 21, Hes. 44 aqofifisvtu
liest) äolisch flectiert, vgl. die vorige note. 4 ) Hiernach will Fick
BB. XI, 267 üoatidrivpog Archil. 10, 1 lesen, vgl. Archil. 114. 5 ) StyVP
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12, 4 (fär Gqvx'iv, S^uciri Anakr. 49. 75, 1 fordert Fiok BB. XI, 267
9q(ixCijv, &(xix(ti), noaidriiwv Anakr. 6, 1. Von i; + (j, *,) f* + vok. :
(povrjtg Archil. 59, 'Hatovrjcts Kallin. 5, ßaaiXrfi Tyrt. 5, 1, ßaotirjag ib.
4, 3, vgl. auch IlQiti(v)if£ (Bechtel Inschr. 212, b. Fritsch 8. 29), "Apios
Tyrt. 11, 7 (Archil. 48 schreibt Fick ^?qo), NuXri'Cov Mimnerm. 9, 1,
rgoniftov (xqonr{iov) Hippon. 57. Von o» -f (j, *,) u + vok. : üeov (utov)
Semon. 11, faiftw Semon. 13, 2, Xtittov Semon. 7, 30, &(orf Archil. 109
(aber <pahöag Hippon. 59, 2), C<oos Tyrt. 10, SO, aber £ow (fdoi/) Archil. 63.
Nehme ich noXrios Hippon. 47, 1, n6Xr\C Tyrt. 12, 15 und möglicherweise
r{ia Semon. 32 aas, so erhalten nur solche Wörter den ersten vokal lang,
in welchen nach diesem ursprünglich ein ß stand. Und auch diese,
scheint es, nur als altertümlichkeit. Tatsächlich ist die behandlung auch
bei den ältesten jonischen lyrikern im ganzen eine andre, nämlich die
Verkürzung des ersten vokale mit oder ohne quantitätsversetzung (im
allgemeinen vgl. hierüber G. Meyer Gr.* § 133 u. s. w.; Brugmann
Gr. gr. § 19 und das. citierte litteratur).
Bekanntlich behauptet Merz dorf C. St. IX, 226 ff. — und Wacker-
nag el KZ. XXVII, 262 ff. stimmt ihm bei, vgl. auch J. Schmidt ib.
297 — dass 170 = ao zu et» wurde, urgr. yo aber zu $0 ward. Diese
ansieht ist wohl jetzt von den meisten forschem aufgegeben (s. z. b.
Osthoff Phil, rundsch. I, 933; Brugmann Gr. gr. § 19; Bechtel
BB. X, 280 f., Gott nachr. 1886. s. 878, Thas. inschr. s. 12, Jon. inschr.
s. 69. 107. 109. 126; verf. De deriv. vb. contr. 153 f.). Und dies gewiss
mit recht. Denn einerseits beweisen die jonischen gen. auf -cv von
masculina der a-deklination , dass -ä(ß)o auch zu -to ward, anderseits
ergiebt sich aus "Aqcu Archil. 48, feptfu GIG. 2058, 22. 23. 59 (Bechtel
n. 128, vgl. Dittenberger Syll. 248; G. Meyer Gr.* § 328), dass
•ri(/)o auch zu -*w werden konnte, vgl. auch noXt&g (Bechtel n. 174)
aus noXr^og (Hom. noXrjog, noXtfi, noXrjts, noXrjag, s. auch Theogn. 767;
[noXria] Hes. Scut. 105; Hes. fr. 46, 3; Hippon. 47, 1, vgl. Bechtel Jon.
inschr. zu 32; Tyrt. 12, 15; Älo. 23 8. Meister I, 155 f., inschriftlich
Epidaur. Baunack Stud. n. 84 [s. 147], 14. [s. 159], 71. Argol. GIG.
1167, 8; noXrjag Abdera Bechtel n. 162; über die erklärung vgl.
Wackernagel KZ. XX Vü, 266 ganz unwahrscheinlich; weiterhin Joh.
Schmidt ib. 293 ff.; verf. De deriv. vb. contr. 154. 216; G. Meyer
Gr. 4 § 340. 848. 331. 360; Bechtel Ion. inschr. 107. 126 u. a.) und
XPV V > X9*l a $ ai unten. Tatsächlich giebt es keinen unterschied in der
behandlung von ao und 170; beide können -co und eo> werden, nur ist zu
entscheiden, wo das eine oder andre gesetzmässig erscheinen soll: vgl.
unten.
Eine andre Vorfrage muss auch berührt werden. Wackernagel
(KZ. XXVII, 266) behauptet, dass (vokalverkürzung und) quantitätsver-
setzung im Attischen nur dann eintritt, wenn zwischen et, 17 und dem
folgenden vokal ein ß statt fand. Dass diese ansieht unrichtig ist, kann
Mimnerm. 14, 9. — Vgl. übrigens Äijfy Bachyl. 48, Kffi'a Timokr. 10,
«fyity Tyrt. 11, 18, «Jijior ib. 80, aber 6%wv ib. 12, 12.
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168 Karl Ferdinand Johansson
von vornherein als wahrscheinlich gelten. Und falle wie x<P»f**vos aas
*XQ6(ü/xtvos < *xQiop€vog < *x(»li6pevos oder £afrro? <*C«5iorrof durch
*t£onTog sind beweisend. Ich zweifle auch sehr, ob z. b. arioQ aus
*stä%ar herzuleiten ist. Wahrscheinlich beruht es auf *OTrjjaQ (Da-
niel sson Gramm, anm. I, 17; Grammatische und etymol. Studien 52;
Schulze KZ. XXVII, 427). Für die formen von yn ist wenigstens *gava~
nicht zu grund zu legen; ein paradigma *yä'i«, gen. *yct*jj«'ff hat gewiss
einst bestsnden. Att. XQ* * ist nicht unbedingt aus *khreftoa herzuleiten;
ebensowohl ist *khre-i-os anzunehmen, wozu ablaut ^f^a-*-<y- in jfpatoyilo».
Jedenfalls lässt sich diese behauptung nicht auf das Jonische übertragen,
wie Wackernagel selbst zugiebt. Wir werden nun sehen, wie die
vokalverbindungen mit erstem langen vokal im Neujon. behandelt worden
sind (vgl. ausser den genannten orten vor allem Fick BB. VII, 146 f.;
Od. 16 f., 302 zu « 185; 305 zu oi 343; BB. IX, 317; II. XXXV, 225 zu
A 808; BB. Xu, 7; Hes. 9; BB. XI, 265 ff). Es scheint mir glaublich,
dass nach reduktion der spiranien j, s, u die langen vokale %> y, at
im Jon. -Att. verkürzt worden sind. Die Schreibung ij statt e auf der
alten naxischen inschrift Bechtel n. 23 drückt wohl nur die noch offene
qualitat des ff-lautes aus, Dittenberger Hermes XV, 229; Blass* 24 f.
Aus %, n + o-, a-, e- *) vok. entstand sonach e + o-, a-, e-vok. , aus w +
0-, a-, c-vok. o 4- 0-, «-, c-vok. War dann der folgende vokal kurz , so
wurde er gedehnt, d. h. die genannten Verbindungen wurden zunächst
€o>, ea, €tj, oto, o«, 017. Es ist wohl nicht zu bestimmen, welche quantität
die langen vokale dieser Verbindungen hatten. Wahrscheinlich waren
sie nimmer völlig zweimorig, die kurzen auch nicht bloss einmorig. Die
Verbindungen waren wohl ursprünglich dreimorige Verbindungen, deren
letzter teil im allgemeinen ein quantitätsübergewicht über den ersten
hatte. Aus den gleichen so entstandenen komponenten entstanden durch
zusammenziehung lange vokale tj, a>. Die übrigen Verbindungen wurden
wohl sowohl im Jonischen als Attischen dreimorige diphthonge. Fürs
Jonische ist die diphthongische natur zur genüge bewährt durch die
jonischen lyriker. Unter gewissen bedingungen konnten sich daraus zwei-
morige sei es diphthonge oder monophthonge entwickeln. Diese be-
dingungen zu kontrollieren sind wir kaum in stand; indessen im Joni-
schen kommt nur die entwickelung zu diphthong vor, nämlich ew, eo, tv
in gen. der maskulinen öF-stämme aus Erythrae und in • einigen andren
fallen (Bechtel BB X, 280 ff., Jon. inschr. 109), es sei denn, dass *Av-
vixü, I4a(w, nu&id, Avato monophthongisch (aus -tu) aufzufassen sind.
Trifft diese auffassung — wie ich glauben möchte — zu, so haben wir
es entweder mit dialektischen vokal Verschiedenheiten zu tun, oder -lai
*) Vor t scheint die entwickelung eine andre gewesen zu sein s.
unten; auch in bezug auf lang. vok. + « ist nicht unbedingt Fick's
regel anzunehmen. Es könnte sich nämlich so verhalten, dass in dem
falle der lange vokal verkürzt worden ist ohne den folgenden zu dehnen.
In dem falle wären ifrArr« Archil. 74, 8, x aiT ^ eaa * Semon. 7, 57, viel-
leicht jilüvxog Mimnerm. 9, 6, wie auch vitg, ßnad&g als lautgesetzlich
entwickelt anzusehen.
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Anzeige. 169
ist zu-cü z.b. nach vokalen gesetzmässig geworden (s. Bochtel
Jon. insohr. 12, 39 f., 109, 141; Fritsch s. 6, G. St. VI, 126; G. Meyer
Gr. 9 § 183). Bechtel vermutet, dass in ungedecktem auslaut -tv ent-
standen sei; man könnte jedoch — falls die erscheinung nicht lokal-
dialektisch ist — auch an ursprungliche accentverschiedenheit als Ursache
der ungleichen behandlungBweise denken.
Im Jonischen scheint kein unterschied vorzuliegen , sei es , dass i, *
oder g ursprünglich zwischen den vokalen stand. Die hier erörterte be-
handlungsweise von vokalen, deren erster lang war, hat im Jon.- Att.
sehr lange bestanden. Ist aber g* (*) am spätesten gefallen, so hat man
von vornherein anlass zu vermuten, dass an gewissen orten, wenn i oder
s ursprünglich zwischen den vokalen stand, weitere lautveränderungen
stattgefunden haben. Dies ist auch im Attischen z. t. der fall. Im allge-
meinen behauptete sich daselbst die getrennte oder diphthongische aus-
spräche, wenn ein ß ursprünglich zwischen den ungleichen vokalen stand ;
&{a> fxta, %toe, ßaatXiats. Die anscheinend zusammengezogenen formen
z. b. TifitaqoSy nvXwqos, iffrefc sind aus * ttfiajoQwg, nvXatoQos, *ioarasok
hervorgegangen (Wackernagel KZ. XXVII, 263; Osthoff Perf. 366 ff.;
Brugmann Gr. gr. § 19; G. Meyer Gr. 9 § 134). Ich kann mich des-
halb nicht entschlieBsen att. UotniStov aus -itov zu erklären. Einstweilen
bleibt diese form im verhältniss zu den in den übrigen dial. üblichen Stamm-
formen auf -cc/-w unklar, insbesondere weil auch das Thessalisohe eine
zu dem Att. stimmende form noretöow bietet (SGD. 1321 f., s. Prell-
witz BB. IX, 327 ff., De dial. thess. 21). Und der att vok. dürfte nicht
unbedingt als analogiebildung nnch jinoXXov gelten 1 ). Att. ngtav, nauav
navüvoq (Solon. 13, 57), "Itweg sind aus att. -äcov, -aov- direkt, nicht über
«w, -«ow- entstanden (Bechtel BB. X, 283)«).
Dagegen hat es im Attischen eine andre bewantniss mit den fallen,
wo ursprünglich ein jf oder * zwischen den vokalen stand. Hier ist,
meine ich, folgende regel aufzustellen. Wenn der griechische aocent —
entweder ursprünglich oder sekundär — auf dem einen der bezüglichen
vokale ruhte, entstand freilich zunächst aus («o, ata > ) qo, qa> und aus
ursprünglichem no, qo> im oder ««, aber dies wurde dann kontrahiert zu
w: *fAovaa<Hov >• *(iovan<uv >• *[xova£w >• povütSv, , (F*i//«|0/u«y >• *<J«/ni-
ofAtv > *#up£(Of*(v > ÖHpöftev, * xQnx°t** V0 $ > *XQ f t°f jL ^ v °t *> * ZO***!*** *
> xQvutvos. Lag aber der (sekundäre) hauptaccent auf einer andern
silbe (-'i?o-, oder -vo-'), so wurden die vokale nicht zu monophthong
zusammen gezogen. So erklärt sich, glaube ich, noXtfos aus noXrjog ( <
*potöips). Att. yiio- in komposita wird somit auch verständlich; sowohl
*) Immerhin wäre es freilich möglich, dass die vok.-form als prius
(vgl. Wheeler Nom.-acc. 50) den nom. JToaa^wv statt ITooettetav hervor-
Serufen hat. Thess. IToretSow wäre dann als durch das Att. beein-
usste form anzusehen. 2 )JEb gab wohl ursprünglich in einigen fällen
doppel8tämme auf -<u-r und -a-swv z. b. *JToaet6(0'V und * noaetfä-faiv.
Dies verhältniss kann in andren fallen doppelformen hervorgerufen haben,
wo sie ursprünglich nicht vorhanden waren, und besonders die verschie-
dene accentuation wie sie z. b. für nalw : Httuov, v Iwv v Itavts •' * Wahres
u. s. w. bewirkt.
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170 Karl Ferdinand Johansson
in U7n6ytto€ u. s. w., als in yecjfier^a, yewpoQos n. s. w. bedingt der
accent die entwickelang von *y?*o- zu *yrjo >- yew- (vgl. unten). Ist,
wie ich oben annahm, XQV°Sy XQ*** ao8 * XWtiP* hervorgegangen, so kann
die offene form durch einfluss der zusammengesetzten Wörter wie «|*d-
XQeo*, vntqxQivSf vtioxqsws 1 ) entstanden sein.
Wenden wir nun zum Jonischen zurück, so können wir ohne be-
denken behaupten, dass sowohl die aus -aju entstandenen, als die ur-
sprünglich auf -qg'a» > 1701 ausgehenden verba nach den oben erörterten
regeln behandelt worden sind, d. h. in der behandlung gleich sind. Kie-
mais erfolgt bei ungleichen vokalen kontraktion zu monophthong, aber
die entstandenen lautverbindungen eto bez. eo (tv) sind gewöhnlich als
diphthongisch anzusehen; wenigstens ist dies der fall bei den jonischen
dichtem. Bei diesen begegnen folgende formen: <h^äw Archil. 66, 1
(wonach Fick BB. XI, 265 JixpTwvra Anakr. 57 liest); fyW ( au8 **JtW<
**XQ r l € von/^w <.XQfa) Tyrt. 8, 3; £aW erscheint freilich Kallin. 1, 19,
übrigens aber entweder tomptv Semon. 1, 4 (so Fick BB. XIII, 189,
Bergk: ßor atel Züfitv), Corjv (statt toeiv) ib. 1, 17 oder kontrahiert
töfiev Semon. 8, 2 und <J*ye3 Hippon. 16, 2. 17, 1, Qvyüoa Semon. 7, 26
(entwiokelung Qiytm > Qiyocj > Qiyü u. s. w.).
Mit diesen Voraussetzungen werden wir nun die bei Herodot befind-
lichen verba mit langem Stammvokal zu beurteilen im stände sein. Ich
beginne mit den
Verba auf -1701. Von vrjv „aufhäufen' 1 hat Herod. imvfovct, IV, 62
— ib. owv€v£(mu (awiaiat R.) — ntQiviHv VI, 80. Die letztere form
ist unmöglich: entweder muss es ntQivetv oder neQivtjv heisBen. Wenn
das erste, so ist negiriovat richtig und das vb. ist aus den langstammigen
(auf -1701) in die kurzstämmigen übergegangen. Ist aber vrjv zu schreiben,
so muss viovot in viwst geändert werden 9 ). Von £rjv erscheint nur diese
form V, 6, übrigens nur formen vom vb. £»«. Ob <ty£^i> (z. b. £71*0/19
Kratin. 90 Kock) aus *0fxa<o oder OfiTjio gebildet ist, ist kaum zu ent-
scheiden (s. verf. De deriv. vb. contr. 149); jedenfalls muss, falls afiijp
und nicht öfiäv als jonisch zu gelten hat, S laa^tovrtg II, 87 (C l z; Stein,
Kallenberg öutafimvng) beibehalten werden und l&apw III, 148 in
t&apeoyv zu ändern*). — Von xül* „götterbescheid erteilen", x(W a & at
„das orakel fragen": £p&>ffa VII, 111, xQ* a) ?*t V(H(U IV, 161 (so Kallen-
berg), i X qimno I, 53. III, 57. IV, 157 (**<tforro BPR). V, 82 fe^owo
Pr.). VII, 141 (ixQiovro P.); übrigens bieten die handschriften statt der
x ) Ich halte *x<Wi°S för substantiviertes n. des komparativs. *) viöircr
cftoQtvovra ist wohl als attisch anzusehen; vy\w aaqevu Hes. ist entweder
aus einem dial. geholt, wo weder metathese noch kontraktion stattge-
funden hat, oder ist mit M. Schmidt in vrjtl zu ändern. Von rfjv
„spinnen" ist wohl mit M ekler s. 18 bei Hes. Op. 777 v$ (statt vet)
und bei Hes. vrjv* vfi&uv (statt vitv) zu schreiben. *) Bei andren joni-
kern: <txy*<xi Hippokr. Kühn s. 797 hält M ekler 8. 20 mit recht für
sehr unsicher; dagegen xvrjrcu Hippokr. 8, 490 (Littre) ist wahrschein-
lich (vgl. xvrja&M Plat. Gorg. 494 C, nqoaxvrja&cu Xenoph. Mem. I, 2, 80);
jedenfalls unsicher, ob ff/«-, xva- oder tfx*i-, xvri- zu grund zu legen sind
(verf. De deriv. vb. contr. 149).
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Anzeige. 171
zu erwartenden and zweifellos richtigen formen XW V > XW*> XQV XQ" V
IV, 155. VIII, 185 (bis), XW* IV, 165, xq$ I, 55. 62. 63. 66. 174. IV, 67.
150. 155. 157. 163 (bis), V, 43. 67. VII, 140. 141. 220. Von dem mit dem
letzten vb. ursprünglich etymologisch identischen vb. /(w/uat „brauche"
Jon. x^uai z- b.: x^oivrai I, 84. 94. 132. 215. II, 37. V, 68, (fw/^ortriu
II, 77, ixtfanno I, 108. VI, 46, öux&wvro III, 66, ^^ew^yoj V, 72, XQ*°>~
(itvtp I, 14. 203. II, 11, XF**P* V0 * It 9 7 - H, 62. III, 111. IV, 152. VII, 236,
dnoxQttofifrajv I, 37 — warum Kallenberg z. b. I, 131 x9*°t*4vovs
schreibt, ist nicht ersichtlich — u. 8. w. In einigen stellen schwanken
die handschriften, im allgemeinen herrschen jedoch die angeführten formen ;
nur P. bietet von II, 77 an konsequent xQ& OVTtu > XQ^ovro, XQ^h lV0 ^> weiter
XQio AB gegen XQ* * der übrigen handschriften (s. Merzdorf C. St.
IX, 236 f.) , über andre in hdschr. jonischer Schriftsteller vorkommende
formen s. Renner G. St. I, 2. 43, Merzdorf C. St. VIII, 201 ff.
u. n. 42, verf. De deriv. vb. contr. 155 f. Von den aktiven, mit
ano und xard zusammengesetzten verben begegnen statt der zu er-
wartenden -XQ1 V u - B * w * in den hdschr. formen wie anoxq&v III, 138.
VI, 137. VII, 148. IX, 48. 94, äno X w IX, 79, anixq* {dnfyW *>d Aid.)
I, 66, xaxaxQ^ I, 164, xarixQ* VII, 70. Ueber den handschriftlichen
formenbestand von med. XQV°^ a h wovon formen wie £?«<r&xt u. s. w. am
häufigsten vorkommen, dann xQn<*&* 1 u. s. w., schließlich x^id&tu u - &. w.
(meist CPz) s. Merzdorf C. St. VIII, 209 ff.
Diese verba XQ$ V XW a & ai ' « n d bekanntlich nach ausweis der meisten
griechischen dialekte mit langem Stammvokal und zwar mit urgr. ij
(idg. e) anzusetzen (verf. De deriv. vb. contr. 155 ff). Dies gilt be-
sonders von dem Jon. -Attischen (vgl. die schon angeführten formen
aus der „homerischen' 1 spräche und jonischen lyrikern). In den in-
Schriften liegt nur eine auf dem steine freilich verstümmelte aber un-
zweifelhaft sichere form vor nämlich [x]QV a ^[ nt ] Bechtel 43, 12 x ).
Und die herodoteisohen handschriften haben in ihrer überwiegenden
Schreibung XQ e0} - eine gewähr, dass die herodoteisohen formen aus *£?>}*>,
*XW f ia * herzuleiten sind. Schwieriger wird die frage bei den formen
X(>£o- in P von II, 77 an. Dass r\o und %o unter gewissen bedingungen
als io (et/) auftreten können ist bekant; aber es lässt sich bezweifeln, ob
dies ausser bei („ungedeckten") schlusssilben der fall ist. Man könnte
vermuten, das die jonische (sekundär)betonung bei der entwickelung zu
eo> oder eo wirksam gewesen sein kann, so dass z. b. 170, r\6 > 4t* , eti,
aber -'170-, -rio- >• -'«>-, -€o-' *) (dagegen würde freilich noXe&s Bechtel
n. 174 wie auch Xenoph. 2, 9. 22 sprechen); ich weiss indessen eine
solche Vermutung nicht näher zu begründen. Man hat sich zu vergegen-
*) Unsicher ist n^utavimio^ CIG. 2909 == Bechtel n. 144, 10. Es
kann = * nQVTttvr\<nvos sein; könnte jedoch vielleicht auf gleiche linie
mit ßaaiUovTos (CIG. 2107 add) gestellt werden (s. Erman C. St. V, 273).
3 ) Jedenfalls hat es mit ßaaiXfos, nXios, XQ*°S sicher eine andre bewant-
nis ; sie sind gewiss durch anlehnuug an die grossen formkategorieen
analogice umgebildet. So sind wohl auch z. b. att. ßaoiXelg, jon. (Eretria)
*Eq€t^uTs Bechtel 14 analogisch neugebildete formen.
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172 Karl Ferdinand Johansson
wärtigen, dass es sich bei der „metathesis quantitatis" nicht am volle
oder stabile vokallangen handelt, sondern am halblange , jedenfalls nicht
ganz bestimmte qnantitäten, die verschieden wiedergegeben werden konnten,
and deren entwickelung zu langem oder kurzem vokal und die dabei
wirkenden gesetze sich einer festen kontrolle entziehen. Man könnte
sonach vermuten, dass z. b. *x^ofiat, *x^ f \ofjLfvog zu jf^äu//«*, j^u/mvo;
worden, dagegen z. b. *x(W°p£ vop ' * Xfpl 01 *** ** * *^X9 r i ov zu XQ^pt* 01 '»
XQtopivois , ?xQ fov - Daraus hätten etwa die doppelformen ^plopuu
und xQt°t l(a entstehen können. Natürlich ist dabei auf analogiebildung
als mitwirkende Ursache zu denken: x& m: 9**&i = *'• i(f(Uov, weshalb
x = tx^ov u - 8 - w * Dies aber zu beweisen scheint mir unmöglich.
Auf die Schreibungen XQ €0 " des P von II, 77 an etwas zu bauen, ist
wohl misslich. Darf man auch nicht mit Merzdorf C. St. VIII, 200 f.
annehmen , dass gerade der Schreiber von P selbst j|f?£a>- in XQ* ' g°~
ändert hat — denn solche formen wie XQ* ' begegnen ja sonst in hand-
schriften jonischer schriftsteiler sehr häufig — sondern muss für wahr-
scheinlich halten, dass er eine vorläge mit XQ*°~ gehabt hat, so ist dies
doch kaum genügender grund XQ*°~ zu billigen; es kann wohl einem
schon früh vorgenommenen metacharakterismos zugeschrieben werden.
In dem fall aber müsste xQ£°f* ai > — auf welche weise es immer entstanden
sein mag — einigen auch tatsächlichen anhält gehabt haben.
" Der typus xQ£ t* ttl ist aU8 andern dialekten — inseldorischen und
nordgriechischen — bezeugt. Da kann es jedoch aus *xQ^°f lai analogice
entstanden sein (Blase Fleckeis. jahrb. 1885, 480, verf. De deriv. vb.
contr. 161). Es wäre doch möglich, dass das jon. xQ£°t* ai damit auf
gleicher linie stände ; somit wäre es nicht aus dem Herodot zu entfernen.
Obwol ich nun angegeben habe, wie ich mir denke, dass x&opai gerettet
werden könnte — entweder als parallelform zu x^ b, f i(tl oder als gleich-
wertig mit dor. /plo/ucu — so machen doch apriorische gründe und die
autorität der hand Schriften klar, dass man j^lupat als die echte hero*
doteische form anzusehen hat.
Ist dies aber der fall, so muss man XW Tcn > X^ a ^ (U u * 8 * w - *k °^ e
einzig berechtigten formen ansehen. Jedenfalls ist x&crai, XQ&<*& a *
u. s. w. unmöglich. Aus einem xQ^ ^ 1 » gleichwertig mit dor. XQ* ! 1 * 1 *
hätte man notwendigerweise ££€ttat, ^pefotat u. s. w. zu erwarten.
Die formen XQ$S> XQ$> XQ** XQ* Ttt *> XQ** ^ 1 u - 8 * w - sind, wie her-
vorgehoben, von den hdsebr. besser beglaubigt als XQV*> XQ$> XW V > XW~
tat, xQ^ a ^ tti u. 8. w. Sollten sich nun solche formen als rein jonisch
erweisen — was ich sehr bezweifle — dann hätten wir meiner meinung
nach für's Jonische bewahrung eines ursprünglichen vorgriechischen para-
digmas wie 9 ghre'jomai — *ghrai&ai (*ghr9-jetaQ anzunehmen; daraus
• xQlofAtti — */p«6Tru >• xQ* (0 H cu — XQ*™ u « ■■ w « Dies scheint mir
nun unwahrscheinlich besonders aus dem gründe, weil die formen mit ä
statt j\ im Attischen wenigstens später bezeugt sind. Daraus schliesst
man am nächsten, dass sie in irgend einer weise analogisch neu ge-
schaffen worden sind. Ueberhaupt sind die formen mit « in den verben,
die im Attischen ursprünglich j\ als kontraktionsprodukt zeigen, durch
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Anzeige. 173
folgenden proceRS zustande gekommen. Die echt attischen formen waren
XQtäpat, xQi* XQV Ttti °* 8 - w * aU8 *#CW a '> *XQ r l* < * tti > *XQV €Teti u « 8 - w.
Nach der analogie X9^h ttl : Tl P<*>f*<u = x : rtfiurat entstand xQ" Tat u - 8 - w .
formen, die sich im spätattischen and in der xoivrj einbürgerten (inschrift-
lich vgl. Dittenberger Syll. 126, 60. 59; 170, 19). Sodann wurden
diese formen von der metacharakterisatoren auch im Herod. eingeführt
(übrigens s. verf. De deriv. vb. contr. 155 ff.) J ).
Verba auf -i?« aus -aw. Diese sind nach dem vorher gesagten
formell ganz und gar mit den ursprünglichen auf -1701 zusammengefallen.
Sicher ist Jixprjv II, 24 (wozu ittifnj Hippokr. III, 36, 42; nach ausweis
von att. nenrijv ist newrj Hippokr. VI, 488 als richtig anzusehen *)). Nach
ausweis der homerischen formen könnte man erwarten, da» fxvaofiai bei
Herod. /xvfopai laute. Und ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass
furtufisvos 1, 96 CPz [fivtüfitvog ABRd) „gedenkend" und pveojfievov (pv<a-
fxivov alle hdschr.) I, 205 zu schreiben sind; dann ist aber auch ifiväto
„freite" I, 205 in ipvrjto zu ändern. Ein vb. auf « ist auch ÖQtjv Hip-
pokr. III, 290.
Ganz unsicher ist die Schreibung i&rjijTo, das bisweilen Rbdz bieten,
wo die meisten hdschr. l£i}tfro haben I, 10. 68; IV, 85; VII, 44. 56.
100. 208. Dagegen scheint mir i&tijTO — So bei Hippokr. — nicht nur
möglich, sondern sogar wahrscheinlich, besonders falls wir von *$ösaofiai
= altjon. *&r\iiOfiat > njon. &tqofiat ausgehen. Dies wäre dann eine
parallelbildung zu *9afao(itu > altjon. ^rjuo^iat > jon.-att. &taopat;
ötüffierog III, 32; VI, 67; VII, 208 ist mehrdeutig. Aber auch l&ritlro
von &r}£oficu (= Pind. £ä*o/u«*), d. h. i&ijsro, scheint i&crJTo geworden
sein zu müssen, es sei denn, dass &T}£oficu — das wol nicht weiter ent-
wickelt worden ist — eine neubildung hervorgerufen hat*), s. übrigens
Wackernagel KZ. XXVII, 369, verf. De deriv. vb. contr. 149 f.,
Bechtel Ion. inschr. 101. — Auf övfiirjTcu IV, 75 (^umxt«* A*R, Stein,
Kallenberg u. s. w.) ist wol nichts zu bauen.
Es kommt nunmehr eine von Merzdorf C. St. VIU, 190 ff. verzeich-
nete anzahl von verben zur spräche, denen gem. -griechische vb. auf -am
entsprechen, die aber in einigen Codices so geschrieben sind, als ob sie
auf ursprüngliches -ijgi (= -Heu) zurückgingen. Es sind deren 18 oder —
mit ausnähme von den schon besprochenen tiutOfiianrres u. s. w., fivaa-
fjievos u. s. w. — 16, die in den cod. ABU freilich gewöhnlich kontrahiert
und übrigens wie die vb. auf -aw behandelt worden sind, in den übrigen
cod. aber als ob sie ursprüngliche vb. auf -1701 wären. Früher glaubte
ich annehmen zu dürfen, dass dies vielleicht so zu erklären sei, dass der
jonische dialekt Herodots mehr vb. auf «w bewahrt habe als die übrigen
oder sogar den ursprünglichen flexionsbestand -ajeu aber äji- unversehrt
erhalten habe. Dies erschien mir um so wahrscheinlicher, als von den
*) Die formen Ixt in o, ixriaio VIII, 112 sind ebenso falsch wie $xQ& TO >
die wz. mag xra- oder xttj- sein. *) Ziemlich sichere bei Hippokr. sind
auch ÖQtjvllI, 290 und yekrjv, ytXrj. Anderes unsichere s. verf. De deriv. vb
contr. 148, M ekler 84. *) Uebrigens ist schon hervorgehoben, dass
rje — wie entschieden 17* — sich länger erhielt als z. b. 1717.
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174 Karl Ferdinand Johansson
bezeichneten vb. niemals 5#- (statt «#-) d. b. jon. ij- vorkam, sondern
immer das ursprüngliche «tf- > jon. «-. Die Schreibung tta (so) < rjm
wäre somit eine altertümlichkeit, die entweder dem herodoteischen ur-
sprünglichen text zukam — ABR wären demnach atticiert — oder einer
bestimmten dialektischen lx#6<ns eigen war. Obwol ich dies noch als
möglich ansehe, so scheint mir doch — weil man in den inschriften
noch keinen anhält für eine solche annähme hat — ratsamer anzunehmen,
dass in diesen fallen eine willkürliche änderung des ursprünglichen textes
vorgenommen worden ist, zwar nicht, wie Merzdorf annimmt, von den
Schreibern der betreffenden Codices, sondern von älteren metacharakteri-
sierenden redaktoren, deren text die Schreiber als vorlagen benutzten.
Es ist nämlich nicht leicht einzusehen, wie, was häufig angenommen
worden ist, diese ganze falschung auf beobachtungen über die Schreibung
XQtu- (XQ*°-) beruhen sollte. Vielmehr muss man , um diesen umstand
erklären zu können, von einem älteren textbestand ausgehen. Dieser
aber wäre nach dem massstab homerischer formen wie opoxXiw u. s. w.
entstanden.
Am sichersten wird man wol noch wenigstens bei Herodot die nach
den aw-vb. contrahierten formen fordern.
Für den fall endlich, dass die formen der genannten 18 vb. nicht
ganz auf früheren textänderungen beruhen , könnte man freilich mittel-
alterliche fälschungen annehmen; sie sind aber nicht durch die Schrei-
bung x$ ((ü * veranlasst worden, sondern von drei vb. ausgegangen, die
sonst auf -«« endigen, in deren Schreibung aber die herodotischen hdschr.
noch mehr schwanken als bei den soeben genannten verben. Es sind
dies oQaa), elowrdto, (foirdu). In bezug auf sie aber sind zwei möglich-
keiten denkbar. Entweder könnten sie schon früher — und zwar nach
für jonisch geltenden homerischen formen — umgebildet worden sein,
und die abschreiber wären dann weiter gegangen. Oder sie könnten doch
wirklich ursprünglich im Jonischen dqqto, sloanijw, (foarja) > 6q£(o, tlQanto,
<pon£ü> gelautet haben und wären selbst die muster für die älteren form-
änderungen gewesen 1 ). Sichere resultate hier zu erreichen ist nicht mög-
lich, so lange nicht entscheidende inschriftliche formen vorliegen.
Die gewähr der Schreibung so auch bei diesen verbiß ist ebenso gross
oder ebenso klein wie bei £?*>-. In dem fall aber um so viel kleiner,
je gewisser die 18 bez. 16 verba, vielleicht aber auch die 3 zu den verba
auf -«« gerechnet werden dürfen.
Ich habe oben auf die bei Homer begegnenden formen auf -tu von
verben, die sonst «w- verba sind, bezug genommen. Solche sind rivtsov,
psvotviov, opoxUov {p^ioxXiofxiv), Diese können freilich als parallelbildungen
erklärt werden; die Wahrscheinlichkeit aber spricht dafür, dass wir es
hier mit neujonischen aus verben auf -«« entwickelten gebilden zu tun
haben. Zwar würden wir rjvrsaw, dfxoxXiiafAsv u. s. w. erwarten. Diese
sind aber analogice in die echte ao-konjugation übergegangen: tpiXito:
*) Und zwar wäre dpi}<u mit urgr. *, was im lesb. oorjfii, hom. ootjtu
erscheint. Zenodot schrieb A 56 oqtjto d. h. lesb. oorfto nach Fick IL 77.
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Anzeige. 175
ävit<o = l<p(Uov: rjvTtov. Auch hier steht der ausweg offen, wie bei^^a»-
fjiat: £plo/u<u, sowol die genannten homerischen formen als die schrei-
bangen auf 10 neben tu von «w- verben sowol bei Herodot in den schon
genannten fallen als bei den übrigen jonischen Schriftstellern (verf. De
deriv. vb. contr. 146 f.) auf lautlicher entwickelung beruhen zu lassen.
Verba auf -cum. Hier ist nur £aia> zu berücksichtigen: C«fo
III, 22, CatowH II, 36, Haov IV, 112, Z*kiv VU, 46, Cüoa IV, 206, tun«
bis I, 86 aber Ctoovrwv ib. Hier ist das gegenüberstehen von fafact, £tavra
einerseits, von tatovai, Zatovrw u. b. w. anderseits sehr befremdend. Sind
beide formenkategorien richtig, so wäre es wol nach den formen bei den
jonischen lyrikern zu beurteilen ; richtig ist, tüvr«, CaJtora als die lautgesetz-
lich entwickelten formen zu betrachten ; statt £& tr, £<&* sollte man Couv,
Cou (oder nach Fick Cojjv, Corj) erwarten. Diese mögen aber bald nach
dem ansserpräsentischen stamm und den zusammengezogenen formen zu
C<o€iv, £<u£t neugebildet worden sein ; darnach wäre Cworrw u. s. w. wieder
aufgefrischt. — Qvyovv V, 92 n statt $iyt5v ist schwerlich richtig.
Wir kehren nun zur Untersuchung des Verfassers zurück. Es war
seine absieht alle die falle zu besprechen, „in denen ein langer vokal
einem attischen kurzen entspricht". Von solchen fallen beginnt er mit
den Wörtern auf -if*o-, wovon die vorliegende arbeit sich mit einer Zusammen-
stellung der nomina auf -17*0- (=3it?t) und-£to- in ableitungssilben,
denen -eto- im Att. entspricht, beschäftigt. Ueber -1710- = ävi
wie über Krjios wird er gesondert handeln. Er sammelt nun von diesem
gesichtspunkte aus die bei Herodot vorkommenden ableitungen auf -17*0-,
-tto- unter folgenden rubriken 1. Von -«/-stammen abgel. nom. auf -riiQ-
a) -ijioy = -tlov, -rilm = -«/«, b) -ijW = -€tov, -r\ln « */«, c) weibliche
benennungen auf -tue. 2. Nom. auf -rjto-, denen keine -tu-stärame zur
seite stehen a) -17*0- » -tfo-, b) -tpo- « -wo. 3. Von -tg-stämmen abgel.
nom. auf -«o-, inj a) abstr. fem. auf -*/i?, b) andre nom. auf -«o- von
-cg-stämmen. 4. Sonstige nom. auf -tto-. 5. Nom. auf -r\iov im Aeol. u.
Dor. 6. Patronym. auf -5s -itör\q von -«u-stämmen bei Herodot. In einem
anhang werden specielle fragen erörtert.
Diese Sammlung ist aus Steins grösserer ausgäbe mit angäbe der
Varianten gemacht , wobei die auskunft im allgemeinen aus den besten
hdechr. selbst gewonnen wird; zur bestätigung oder als kontrolle, bis-
weilen als berichtigung werden die betreffenden Wörter aus der home-
rischen spräche, den jon. dichtern und inschriften belegt, wobei natürlich
nicht Vollständigkeit beabsichtigt war.
Zunächst folgen hier einige minder bedeutende detailanmerkungen.
S. 13. Dass Eur. Or. 261 statt Uqlat Uqhcu (mit kurzem €i) zu
schreiben sei, ist nicht selbstverständlich; denn Uq(* kann doch wol auf
sufßxvertauschung beruhen wie tvacßfa statt tvoißcta.
ib. Wenn an sich die Schreibung avS^^ VII, 99 nichts beweist,
so macht doch kret dvSQtjtov wahrscheinlich, dass es eine solche bildung
gegeben hat, auch wenn es analogisch entstanden ist. An sich könnte
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176 Karl Ferdinand Johansson
es ebensowol eine ursprüngliche bildung * fbrfpe^(t)go- gegeben haben wie
ywatxuov Archil. 9, 10, ywaixitw Phokyl. 8, 2 8. Fick BB. XI, 272.
Her. V, 20 ist y\r»*ixr\h{ überliefert; unsicher ist auch KaöfAtitog =
Kaöptiog.
S. 15. Hier behauptet Fritsch, dass olxyiog deswegen von olxevg
„verwandter; diener" nicht abgeleitet werden könne, weil es dann „dem
hausgenossen gehörig" habe bedeuten müssen. Ursprünglich bedeutete
aber wohl olxevg nichts anderes als „dem hause zugehörig" ; olxqtog könnte
nun eine neue ableitung von diesem worte sein, deren bedeutung von der
des olxevg ursprünglich nicht erheblich verschieden gewesen wäre; diese
ableitung könnte ein mittel gewesen sein, olxevg zu adj aktivieren und
solche häufung von Suffixen ohne dass dadurch bedeutende funktions-
and orangen hervorgerufen werden, sind häufig genug. Es ist nun aber
auch möglich, dass für olxrjtog ein e- {&•) stamm zu grund liegt, wie der
verf. selbst annimmt s. 29, vgl. unten. Somit kann freilich olxf t iog in
bestimmter beziehung zu olxfa stehen, was jedoch keineswegs notwendig
ist, obwohl immerhin wahrscheinlich, wenn wir einen mit *%ojkÖ- ablau-
tenden stamm * ftoiki- zu gründe legen, olxia ist wahrscheinlich eine fem.-
bildung zu otxtog. Dies brauchte freilich nicht in bestimmter funktions-
beziehung zu olxfa zu stehen; es ist aber wahrscheinlich, dass dies der
fall gewesen ist: d. h. der ursprüngliche stamm uojkßjjp- liegt zu grund
sowohl der nominal- als der verbalbildung. Jedenfalls hat sich, was
s. 22 hervorgehoben ist, eine bestimmte beziehung zwischen den abstr.
fem. auf -fo und den verba auf -£» entwickelt. Somit sollten auch olxrjwg
und olxta sich funktionell und historisch berühren.
S. 15. Der ausdruck „Zacher, Nom. in -atog s. 20 legt dar, dass
ßoQrjiog att. ßoQ€iog aus ßoQ€-ioQ oder ßoq-tiog entstanden sei", ist wenig-
stens irreleitend. Das wort ist aus dem stamm ßoQr\- weiter gebildet, s. unten.
S. 18. Das bei Hippon. 57 überlieferte t^on^tov braucht wohl nicht
in direkter beziehung zu TQantto zu stehen, jedenfalls nicht in TQanrjtov
geändert zu werden : TQonr\iov ist sogar um so mehr unanfechtbar, weil das
verb — obwohl nicht bezeugt — eben richtig rgonieo hat heissen können.
S. 19. Es ist nicht ausgemacht, dass firrj- in ^fiifiv^tov urgr. i} ist.
ib. Att. alxta ist nicht dem herod. nom. äeucttri gleichzustellen,
weder in bezog auf «/- noch in bezug auf die ableitung. Die ableitung
-ia ist vielleicht durch Zusammensetzung von zwei verschiedenen fem.-
suffixen entstanden oder sogar als eine kontamination aus *auiki und
*a%ikixäs > *autkUä(~s) anzusehen, vgl. Danielsson Gramm, anm.
I, 40 ff. Hinsichtlich des diphthoges «J- macht sich hier die zweifellos
unrichtige ansieht geltend , dass «£* (= a + « + i) zu ai (a + i) werden
könne; at(H» ist nicht aus äetQw (ccsqu) entstanden, sondern aus *(-f)agjo>,
alxrjs nicht aus aß$ixr^g — daraus cfctxyg — sondern aus dsixrjg (vgl.
atxtog <P 386), wie Brugmann KZ. XXVII, 196 f. gezeigt hat. Weder
die berufung auf Fick BB. XI. 261 *) noch auf Bechtel Ion. i nachr.
91 trifft zu: cuöu bei dem ersteren so viel als v ? Ja> aus *as£tö(ü, der
') Fick ist das inkonsequent: aiöw aber alxi{olps&a.
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J r>
letztere spricht nur von kontr. von « + e t (= £), nicht, so viel ich sehe,
von « + €*(-= € -f- #).
S. 24. Die Vermutung, dass Ariof „glatt" im Jon. Jt^^o^ heissen müsse,
ist unstatthaft; 1. levis beweist doch nichts; auch wenn le%- vorauszusetzen
ist, d. h. *leuio-, so soll daraus nur *leujo- >> Xelos werden, wie schon
Homer hat.
In ci taten herrscht grosse genauigkeit. Eine sich über die ersten
10 Seiten streckende detailuntersuchung ergab: s. 6 steht tfktaawv I, 38
statt II, 88; I, 17 steht zweimal x«r(ßalle(v) , nicht xttr£ßaXe(v); s. 9 ist
&eQanr)irj I, 199 statt I, 99 zu lesen; statt terfiov IV, 6. 61 (5 mal) ist
(6 mal) zu lesen. •
Ich werde nun in anschluss an die allgemeinen Schlussfolgerungen
des Verfassers 8. 26 ff. einige erscheinungen besprechen , die entweder
nicht in direktem Zusammenhang mit der Untersuchung stehen, oder teil-
weise anders zu fassen sind als der Verfasser es getan.
Die ableitung -rjios muss — und dies ist gegen G. Meyer Gr. 8 § 67,
Baunack Inschr. v. Gort. 52 u. a. besonders hervorzuheben (vgl. verf.
De deriv. vb. contr. 216) — mit urgr. langem vokal e (rf) angesetzt
werden; es ist somit keine dehnende einwirkung des i anzunehmen, und
zwar ist dies -ij«> als dreisilbig anzusehen. Es fragt sich nun, wie -rj'C,
-rfio- jonisch behandelt worden ist. Wir haben oben gesehen, dass bei
den jonischen dichtem -ij* -tfio im allgemeinen erhalten ist; auch der
dat. der -cu-stamme ist für das ältere Jonisch als -77V anzusetzen , und
wenn Herodot und etwas jüngere inschr. ~t t haben , so könnte dies wohl
auf lautlicher entwickelung von r\t > ei beruhen — vielleicht in ge-
schlossener silbe — , aber es kann auch analogice durch den einfluss der
kasus mit * erklärt werden; r\ erhielt sich somit länger intakt vor i als
vor den übrigen vokalen. Ob rj'C, wenn es zu h wurde, das mittelstadium
«F durchlief (Fick BB. XI, 267 f.), ist zweifelhaft; GgeTxtw Hippon. 42, 1
würde eine andre erklärung zulassen (Osthoff M. H. IV, 209 f.). Im
Attischen herrscht eine dnrchgehends verschiedene behandlung. je nach-
dem vor t — so wohl in offener als geschlossener silbe — ein «, w, oder r\
stand: aus «*", tu entstanden «, a), aus rfi gewönlich h; darüber, ob wenig-
stens früher ein unterschied bestand zwischen rj'C aus tt'i und urspr. 17V,
s. Wackernagel KZ. XXVII, 269 ff.; aus rfi, w entstand durch all-
mähliche kürzung von 17 und damit hand in hand gehende qualitätsver-
schiebung nach dem 1 hin et, worüber 8. Meisterhans* p. 28 ff., 50
und die in den noten 171, 192 citierte litteratur, ausserdem Blass 8 46;
CurtiusEt. 6 117; J.Schmidt KZ. XXV, 151; Collitz KZ. XXVII, 187;
Mahlow L. v. 52; verf. De deriv. vb. contr. 164 f., 216; Fritsch 27 ff.;
nicht richtig scheint mir der hergang beurteilt von G. Meyer Gr.* § 71 ff.
und Brugmann Hdb. II, 620. Die hier behandelte ableitung auf -rnog
lautet sonach folgerichtig im Alt. -eioe. In den übrigen dialekten ist -r\tog
wie im Jon. erhalten, sofern nicht specielle gesetze gewirkt haben, vgl.
z. b. böot. -€uog.
Als Ursprung des ausganges -tpos statuiert nun Fritsch 1. -v\f-u>s
gebildet aus dem starken stamm der nom. auf -€vg. 2. -17- w, gebildet
Beiträge z. kundo d. indg. sprachen. XV. 12
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178 Karl Ferdinand Johansson
aus stammen auf -tj (olxr\- in o/xij-tfu, ofxij-fi« u. 8. w.). 3. aoalogiebil-
dungen, in denen -r^os als suffix — naturlich aus den beiden ersten klassen ge-
löst — erscheint. Besonders ist das Jonische an solchen neubildungen reich.
Alle diese gesichtspunkte sind richtig. Ich werde mich hier ein
wenig mit dem zweiten aufhalten.
Dass es idg. sowohl maskuline als fem. «-stamme gegeben hat, gilt
mir längst als wahrscheinlich. Fürs Lateinische sind sie nachgewiesen
worden von Hayet in Büchel er-Havet Precis d. 1. decl. 214 f., dann
bisher am ausführlichsten auch fürs Griechische von Danielsson Gramm,
anm. I, 23 ff., 28 ff., 84 ff., 64; weiterhin verf. De deriv. vb. contr. 75 f.;
Smyth EI 41 und ausführlicher Bechtel Gott nachr. 1866, 378 ff.,
Ion. inschr. 66; Fick Hes. 6, 9, vgl. Od. 30, 824, BB. IX, 203; J. Schmidt
KZ. XXVII, 283 n. f.; material ausserdem bei Blas s Rh. mus. 1881, 604 ff.,
vgl. auch BB. XII, 212 f.; Bechtel zuSGD. 3025; Meister I, 154, 272.
Die wichtigsten von diesen bisher erwiesenen stammen wie £«17-, tUi|-,
£i/jj-, Twfy-, X)(Hpri-, Krjiffti', äQtj-, Zspij- *) u. a. s. bes. bei Danielsson
a. o. 85 f., 54 und Bechtel a. 0. Hieran schliessen sich z. b. Tuwö-aqn-,
Bfi-aw-, uiptp-iaQn- (vgl. Kretschmer KZ. XXIX, 172, 415 ff.) und
meiner meinung nach auch ßoQfj-,
Es gab ein idg. subst. *Qore-, -»- oder *g*r«-, -#-. Der nom. hiess
*'Q4r9 gen. * gare's oder *Q9re-s; *gör* erscheint in zd. gairi- und mit
übertragener schwacher wz.-form *gar*- in s. giri-. Die beiden verall-
gemeinerten stamme *gore- und *Q»re- erscheinen in abg. gora statt
*gar$*) und lit g\ri „wald u mit ursprünglichem *-stamm. Mit *Qore-
stimmt nun ßoQrj- in Jon. ßoorjtos att. ßoQtwg. In der auffassung, dass
wir einen stamm *gore-, ßo^ij- anzunehmen haben, bin ich bestärkt durch die
form ßoQivg, das freilich spät vorkommt, nichtsdestoweniger wohl alt
sein muss. Auf die formen erklärung von ßoqtag jon. ßootijg (ßoorjg) att.
ßotftas werde ich anderswo zurückkommen *).
Solche *-stämme liegen nun zu grossem teil zu grund den gr. und
lat. kongugationen auf -ew, -eo sowohl im präsens- als besonders im ausser-
prasentischem stamm, wie ich ausführlich dargetan habe. Somit ist es
völlig statthaft, wenn der verf. bildungen wie o/xjjto?: olxita, nokeptjtoe:
noliftiw, TQonqiov; xqani(a zusammenstellt (s. 15, 18 f., 29). Nur darf
man nicht in diesen formenpaaren anlass nehmen, einen ursprünglichen
*) Ich vermute, dass dieser stamm auch s. ttä (idä, t'te), irä stecke. Es gab
dig. doppelstamme *is9re- und *izre'. Aus *izre entstand wohl zunächst
*ii$ä woraus doppelformen *\iä und *i&$ä. Aus dem ersten entstand zd.
iSä und vielleicht s. ira, aus *iiXä > *&d$ä > *ildä > idä, üä. Diese
entwickelung dürfte sich vielleicht besser empfehlen als die von Bartho-
lomae Ar. f. III, 52 f., weil ursprüngliches intervokalisches z sonst nir-
gends nachgewiesen worden ist, vgl. indessen Geldner KZ. XXVIII, 402,
Th. Baunack Stud. I, 374; 391. Und die bedeutungen der verschiedenen
sanskritischen und gr. Wörter werden sich schlagend vereinigen lassen.
a ) Schon idg. mag noch Übertragung aus der e- in die ä-deklination statt-
gefunden haben , veranlasst durch die gleichheit gewisser ablau tsformen
des Suffixes. Die f-deklinaticn ist am besten bewahrt im Litauischen und
Lateinischen. *) Die Zusammenstellung Kozlovskijs im Arch. f. sl.
pbil. XI, 394 ist mir unwahrscheinlich \ abg. burja ist vielleicht lehnwort.
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Anzeige. 179
7-stamm auch immer anzunehmen. Die analogie konnte ja in verschiedenen
richtungen wirksam gewesen sein, wie ja oft ein ausserpräsentischer stamm
auf e zu einem vb. auf -a» neugebildet worden ist Manchmal berühren
sich nun die *- und i~%- stamme; es ist somit oft schwer zu entscheiden,
ob für die bildung auf -qto; -r\sios zu grund zu legen ist. Doch können
wir bedingungslos nach dem vorhergehenden -rjws auf urgr. -ij-*jo- d. h.
idg. -i-tgo- zurückfahren. Dieser bildungtypus ist aller Wahrscheinlichkeit
nach idg., und -*-#<>-.• -e-ip- sind parallelformen, die sehr deutlich im Skr.
auftreten. Es kommen hier die sogen, suff. -eya, -eyya (-*yifl), -*yya (äyia) in
betracht, die alle das suff. -ya, -lya (-{a, -yä) enthalten (Whitney § 966c;
1216; 1218, Lindner 55, 67 f., 128). Von denen auf -tya sind mehrere
aus stammen auf 3 + suff. -iya entstanden. Unter diesen gab es natürlich
solche mit stammen auf urspr. ?, und diese sind mit den hier in frage
kommenden gr. nom. auf -i?w identisch (vgl. Ludwig Inf. 108; Benfey
BB. I, 48 f.; Bechtel GGA. 1879, 270. 277; L. Meyer BB. IV, 20) »).
Beide typen -egtVo- -Äjfo- haben gewiss in grossem maasse als muster
für neubildangen gedient besonders im Jon., d. h. -iy«o, auf welche weise
je entstanden, ist als suffix angewendet worden.
Es giebt nun im Aeol. und Dor. einige Wörter mit i}(t) statt des zu
erwartenden «*, besonders von -«g-stämmen, die somit nicht unter die
beiden ersten gesichtspunkten fallen können. Die fraglichen bildungen
sind öfters berührt worden: ausser bei Ähren s II, 163 s. z. b. Brug-
m an n G.St. IV, 180 f.; Meister 1,92; Zacher Nom. in iuo?7; Smyth
El 51 f.; G. Meyer Gr.* § 67; verf. De deriv. vb. contr. 216; Fritsch
25 f. u. a. Die von Meister als äol. angeführten Tyuiv Alk. 43, nolrjoc
Alk. 23, övrjartt An. ox. II, 245, 21 sind selbstverständlich richtig und
erklärbar. Dagegen ist naxfa Sa. 55 rätselhaft. Möglicherweise ist dies
so entstanden, dass ein aus na^tia entwickeltes nd^tt von den gramma-
tischen redaktoren, weil es unter iotus stand, in na^a geändert wurde.
Denn eine fem.-bildung mit langem stamm von adj. auf -vg etwa *pvg?üyä
oder pngh*%(i)jä (zum anlaut vgl. Bezzenberger BB. XII, 241) anzu-
nehmen, dafür mangeln tatsächliche anhaltspunkte. Dieselbe bewandtnis
möchte es mit dor. otija, raxijai, ßaQijai, 7i£Xtja haben. Dagegen kann
sehr wohl nepnfßoria Sa. 98 aus einem nepntßoriios zu erklären sein,
dessen i verhaucht worden ist. Selbst kann es analogiebildung sein nach
andren adj. auf -i\ios f wie es sich auch sehr wahrscheinlich mit TuQQaörjy
MvpjiXriQ) Alk. 94 verhält
Falls Av%r\ta Alkm. 73, Avxi]og 83. 84 nicht auf graromatikerkon-
*) S. -eya kann ausserdem aus urind. -ai-ya- d. h. idg. -ai-jp-, -0*-ji'0-,
-ov-jo-, die im Gr. als -tuog, -etog, -oiog reflektiert werden müssten, ent-
standen sein (b. Brugmann Grundr. II, 120 f., verf. De deriv. vb. contr.
215 f.). In solchen fallen sehe ich grösstenteils die stamme als lokative an,
die mit -jo- suffix ausgebildet worden sind. Die s. Wörter auf -eya konnten
dann leicht für das Sprachgefühl in ~ey-a aufgelöst werden, wodurch
neue suffigirung vom -ya- (-ia)- suffix ermöglicht wird, wodurch -lyya,
ganz wie ~äya durch neue suff. zu -äyya werden konnte. Die Ludwig-
Benfey'sche ansieht von der entsteh nng dieses suff. kann natürlich nicht
aufrecht erhalten werden.
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180 Karl Ferdinand Johansson
struktionen beruhen , könnten sie als metrische dehnungen für Avxim,
uivxeog angesen werden ; mit o^os, nur von grammatikern bezeugt, durfte
er dieselbe bewandtnis haben (vielleicht statt ogeos).
Wir kommen nun zu einigen formen, denen mit mehr oder minder
Wahrscheinlichkeit «-stamme zu grund liegen. Zum teil mnss ich mich
auch da auf alternativen beschränken. T€j*£vrjos Alk. 152 (Cr am. An. ox.
I, 342, 1), wie das sehr unsichere mQaßttQrjojv bei Hes. Alk. 154 (s. Bergk*
III, 964, Meister I, 155) sind wohl, falls richtig, durch ictuß Verschär-
fung zu erklären (vgl. Fick Od. 21, 189). In anbetracbt von övoarjcjv
v 99 x ) könnte man sich auch eine andre allerdings nicht gerade wahr-
scheinliche möglichkeit denken a ). Es könnte darin die lange Stammform
-es- (ablautend mit ~Ö s-) stecken, die doch nach den Untersuchungen von
Collitz (BB. X, 1 ff.) in der kasusbildung von vornherein wahrscheinlich
sein sollte, vgl. 8. töfäsä Rv. VIII, 38, 2, sapsaräsas Rv. I, 168, 9 (un-
sicher, 8. Brugmann KZ. XXIV, 24), zd. n. pl. raoeäo (vgl. s. nabhä-n-si
u. b. w. b. Lanman 545; Brugmann KZ. XXIV, 18 ff., 46 ff. ; J. Schmidt
KZ. XXV, 21 ff., XXVI, 340 f.; Mahlow L. v. 74 f.; Möller P.-BB.
VII, 504; verf. KZ. XXX, 416 f.). Wagt man nun nicht 77«<r*/«^a
Alkm. 27 aus * -gharesa oder * -gharesfijiä zu deuten, so ist es wohl zu
erklären wie ogrja, ra^ai u. s. w. oben. Auch Kvnqoyivi\tt Alk. 60,
Theokr. 31, 31 ist entweder aus * ^yevrjaa, * -ytvr\o{t)iä oder durch Vor-
aussetzung folgender entwickelungsstufen : -yiveta >• -yfvea >- -y£vr\* zu
erklären; die annähme der letzten entwickelung scheint geboten bei Kv-
&{Q7\a Sa. 62. Dass eine grundform *-yevrjiia nicht eben unerhört ist,
beweisen bildungen wie TQurrjQ^g und böot. laqu[a\ SGD. 718, ßaolXsia
SGD. 723. 735. 950, Atßtöiwv SGD. 491, 18, Acßaättrj SGD. 425, 4 u. a.
(Meister I, 223 f.), die aus -ysiia erklärt werden müssen 8 ), auch wenn
sie durch anlehnung an adj. auf -rjsiips entstanden sein sollten.
Ich habe nunmehr die mir für die einzelnen fälle möglichen er-
klärungen vorgebracht. Man hat nun freilich (vgl. G. Meyer Gr.* § 67,
F ritsch 27) gemeint, dass rj in den genannten fällen dem in der augus-
tischen zeit auf inschriften auftretenden gebrauch, statt et i\ zu schreiben, an-
zuschliessen sei (M e i s t e r h a n s 2 37 f.). Diese Schreibung aber ist ja nur für
attische, d. h. hellenistische, Urkunden aus den ersten vor- und nachchrist-
lichen Jahrhunderten bezeugt. Es wäre also anzunehmen, dass die gramma-
tiker und abschreiber denselben gebrauch in die texte eingeführt oder ihn
darin vorgefunden hätten. Dies ist doch wenig wahrscheinlich. Die
grammatiker waren wohl wie die abschreiber durch die litterarische
*) Nur als_eine unsichere Vermutung soll hier die Zusammenstellung
von äuo-arjs (« durch metrische dehnung entstanden) mit s. ayas acc.
ayasam pl. n. a. ayasas (v. ayäsas) g. ayä'säm (marutäm Rv. I, 168, 9;
169, 7) erwähnt werden; die Zusammenstellung von Windisch KZ.
XXVII, 170 ff. ist jedenfalls unmöglich. a ) Die formen x^W 1 * Z^ 7 !*» X* m
QTjes sind verschieden beurteilt: Brugmann KZ. XXIV, 31 ; J. Schmidt
KZ. XXVI, 881; Mahlow L. v. 46; Fröhde BB. III, 5 n.; Collitz BB.
X, 306 n. 8 ) Es sei denn, dass * so spät reduciert worden ist, dass
der dadurch entstandene echte diphthong et nicht die entwickelung von
«*>>«■ mitmachen konnte.
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Anzeige. 181
iradition und Are vorlagen gebunden. Eber könnte das von Blass* 59
hervorgehobene verhältniss verglichen werden, wonach rj und € statt et
vor vokalen wechselten (vgl. bes. z. b. delph. Xalijug KaXXtxqaTt\a *Hjpa-
xXrflv aber ävÖQiov, ywaixiov, 8. Allen G. St. III, 232, Blass 8 59 u.
n. 195 f.). Aber es handelt sich hier wieder um die in schriftliche,
sicher mehr phonetische Schreibung, nicht aber um die litterarische
textüberlieferung und grammatische editorentätigkeit. Entweder sind die
genannten falle hyperdialektische konstruktionen , beruhend lauf missver-
standenen theoretischen erwägungen, oder, wenn dies nicht einleuchtet,
Bind sie zu erklaren, wie ich für sie im einzelnen vorgeschlagen habe.
Fritsch hat unzweifelhaft darin recht -qto? bei Herodot den eg-
stammen abzusprechen« Er behauptet nun auch, dass überhaupt niemals
im Griechischen ein -rjwg von einem -«(-stamm vorliegt. Dies scheint
mir nicht ganz richtig. Dass r\io auf -csijp- in einigen fallen zurückgeht,
ist wohl sicher (vgl. Froehde BB. III, 6 f.). Das boeot. k[vr]iy[cve]Uat
S6D. 570 ist doch, auch wenn tve konjiciert ist, ganz sicher; dies beweist
ji[v)Toptiät[i(\u) derselben inschrift: dass vor -tfo ein e gestanden hat,
beweist £ (vor [*{]) des letzteren; dies aber muss ganz natürlich nach
dem ersten mit U ergänzt worden. Wir gewinnen demnach unzweifelhaft
— faUs die inschriftlichen Publikationen genau sind — die stamme -y«-
vtfio-, -fjLHÖtfio-. Dass u hin, wie F. will, Schreibung für i (aus «) sei,
verbietet der umstand, dass diese Schreibung nur vor o- und «-vokalen
vorzukommen scheint (vgl. Meister 1,244; G. Meyer Gr. 4 §60; Mei-
sterhans 4 85 f.), wie auch i (aus £) nur vor denselben vokalen vor-
kommt (G. Meyer a. o., verf. De deriv. vb. contr. 9 f., 18 f., 46 ff.).
Aber auch angenommen, dass es ein -yev&o- gegeben hat, so müsste doch
wohl daraus (entweder -yivtto- oder) -yw«o- entstehen, nicht aber -y£-
veüo- 1 ). Ist aber die letzte form richtig, so müssen wir ein urboeot.
-ytvrjio- annehmen. Wagen wir nun nicht eine ursprüngliche form *y«-
vyoto- zu gestatten, so sehe ich nicht ein, warum man nicht mit Meister
für das Boeot. eine analogiebildung annehmen könnte: die namen auf
-xXag verhalten sich zu den namen auf -yeveis, wie die patronymika auf
-xJtctto- zu eben solchen auf -yevtiio-; eine analogiebildung, die um so
einleuchtender ist, als die flexivischen berührungen der «^-stamme auch
mit den ^-stammen sehr häufig waren *). Somit sind wir berechtigt auch
die übrigen bei Meister I, 224 verzeichneten patron. adj. auf -tt{C)os
von e?-stämmen auf urboeot. -!?(i)o$ zurückzuführen. Auch auf diesem
wege könnte man Kvnqoytvria im lesb. aus -yevrjta herleiten; man hätte
nur anzunehmen, dass die nom. auf -«« nach den adj. auf auf -ytos um-
gebildet worden sind.
Ob der verf. in seinen behauptungen über den accent der nomina
auf -yiog (s. 30) das rechte getroffen hat, bezweifle ich. Dass bildungen
wie ßaaikrjiog und somit äväofyos u. s. w. ursprünglich -ijio$ hiessen, ist
*) Vgl. abstrakta und movierte fem. auf -ia Meister I, 229. *) Ich
glaube, dass wir für die verschiedenen formen der namen auf -xXrjg in
den verschiedenen dialekten zwei stamme : auf -xXtj- und -xXisis- annehmen
müssen, was ich hier nicht näher nachweisen kann.
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182 Karl Ferdinand Johansson.
in der entstehung begründet Wie lange -iji'oc dreisilbig gesprochen
wurde, ist nicht leicht zu sagen. Sicher ist , dass die Jon. dichter es im
allgemeinen dreisilbig messen und dies wahrscheinlich nicht auf grund
von poetischer licenz; wenn -ijw auch mit diphthongischem rji gelesen
wird, so beweist dies nur, dass rfi in der entwickelung zum diphthong
begriffen war. Wenn dieser diphthong im Attischen « ward, so behielt
er auch den accent, wenn einer von den ursprünglichen komponenten
accentuiert war. Es ist nicht befremdend, dass es att. dvdQtTog, wohl
aber dass es ßctottetog heisst. ßaalXtutg konnte erst dann eintreten,
als rji zweimorig geworden war; die tatsächliche accentverschiebung ist
nur unter analogischem einfluss vor sich gegangen und zwar z. b. nach
folgender proportion : noXtpfag; noXtpiog = ßcuXtfag: x, weshalb x = fiaat-
Xtiog; dass diese Verschiebung nicht alle adj. getroffen hat, darf eben-
sowenig befremden als der umstand, dass es tc^yvgovg nach a^yvQov,
aber evvov nach tvvovg heisst (Osthoff Zs. f. d. österr. gymn. 1880, 59).
Jon. ßaalXi\u>g zu schreiben, streitet gegen das dreimoren-gesetz. Es ist
nämlich keineswegs bewiesen, dass rjt in ßattiXijiog ein ö(<f&oyyog xat
tmxQaT€ucv (Blass* 22) war 1 ). Dagegen spricht meiner meinung nach
die verschiedene behandlung von fit: ei in inlaut *) und vor konsonant,
ff (mit fast unerhörbarem *) in pausa. Ob man aber -ijtog -^Zog oder
-rjtof schreibt, dürfte so ziemlich auf dasselbe herauskommen. Und dass
7Ttn()tjtos naxQtoiog gemessen werden kann, beruht doch wohl eben auf
dem ursprünglichen z. t. bewahrten dreimorigen charakter des toi.
In einem anhang hat der verf. folgendes verdienstlich bebandelt:
1. Kontraktion von tri zu 17, die für Herodot gilt, vgl. Bechtel
Ion. inschr. zu n. 41; 2. Dat. pl. -oiai, -01g; -rjiai, -aig mit dem
resultat, dass -yoi und outi bei Herod. richtig überliefert sind; 8. ItQog
oder tQog, wo er mir keine sicheren ergebnisse gewonnen zu haben
scheint; 4. Die diphthonge «*, **, o* vor vokalen. Ich werde
mir gestatten hier einiges hinzuzufügen.
Ueber die Vereinfachung von t-dipbthongen vor folgenden konsonanten
in den gr. dialekten handeln Zacher Nom. in cuog 1 ff. (wo doch die
§ 5 gemachten erörterungen besonders verfehlt sind) und 6. Meyer Gr.*
§ 155. Es scheint die regel geltung zu haben, dass 1 vor palatalen vokalen
reduciert wird. Der dialekt, in welchem dies besonders der fall ist, ist
der attische. Aus xatio xa(ug wurde wohl xa(ta xa*tig und att. verallge-
meinert xa'o>, aus nouü notiig entstand wohl zunächst lautgesetzlich nouS
noeTg (vgl. Meisterhans 8 44). Dass die tendenz 1 zu verhauchen im
Attischen dann weiter gewuchert hat (wie dies auch im Lesb. der fall ist)
erhellt aus Meisterhans* 24 f., 81 ff., 44 f. Für das Jonische gelangt
der verf. zu folgendem resultat: „d&ss aus dem asiat. Jon. ausser den
') Das meint zwar auch nicht Fritsch, aber er scheint anzunehmen,
dass r\i zweimorig geworden ist. *) Man wende nicht ein, dass es <fiXq$
heisst: dies beruht nämlich auf analogischer anlehnung an ripfg u. s.w.,
was nicht gehindert hat, dass ij* auch da sporadisch aber lautgesetzlich
zu « werden konnte.
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Anzeige. 183
Beispielen bei den dichtem keine beweise vorliegen für den sporadischen
Wegfall von iota. Was sich an formen ohne * findet, kann ebenso gut
attisch sein 14 . In der hauptsache scheint diese regel richtig zu sein; viel-
leicht können einige modifikationen gemacht werden. Die beispiele aus
dem Chalkidischen , Eretrischen und Kykladischen stehen derselben er*
scheinung im Attischen sehr nahe, d. h. es herscht in bezug auf * die-
selbe tendenz wie im Attisohen: l4&tjvdtjg Bechtel n. 54 (Delos) wie
Nixäv aus -aijv Bechtel n. 72 (Thasos), vgl. Java =» Javtrj Hekat.,
könnte vielleicht auf regelrechter verhauchung vor ij beruhen. Allerdings
kann es mit diesem worte auch eine andere bewandtniss haben.
Das im Att. von 362 an regelmässig erscheinende Zijhjvä kann gewiss
aus *A&rpala hergeleitet werden; aber ich zweifle, ob dieselbe erklärung
auf das schon im VI. jh. auftretende .^#77*« angewandt werden darf. Ich
glaube, es gab ursprünglich doppelformen, sei es dass sie als „hypokori-
stische' 1 nebenformen zu erklären sind wieget: fiala, yä, yi\\ yaia, 7<rrl-
aia, Ntxata, üoitöata (-das), <P<oxcua u. 8. w. (Herod. I, 271 f., s. Daniels-
so n Gramm, anm. I, 33, vgl. Zacher 109 ff., 131) oder in andrer weise.
In letzterem falle wäre folgende möglichkeit nicht ausser acht zu lassen.
£8 gab eine ursprüngliche flexion *ä&rjvqjä gen. * ä$nvaijäg. Daraus durch
Verallgemeinerung des Stammes ä&ijva'i *afrrivaj}5t gen. *ä&qvaijäg >•
*ä&riva'a gen. *d$rivaiag; so entstand durch Verallgemeinerung von
beiden stammen sowohl *ä1hpaa gen. *d&nvaag > att. (VI. jh.) Ad-qvä,
als d&rjvafä gen. d&tjvatäg > att. !ddr]vaCa Jon. It&rpatri. Diese entwicke-
lung wird bezeugt durch einen andern fall. P. 39 n. 2 sagt der verf.,
dass Bechtel Ion. inschr. 54 zu n. 62 behauptet habe, „dass tu im Ion.
zu e geworden sei". Ich meinerseits finde Be cht eis auseinandersetzung
ganz korrekt, es ist nicht pvai- (in lokr. pvaiaiog) gemeint, sondern
pvä(-ia), woraus das betr. s entstanden sein soll. Ebensowenig ist « aus
m entstanden in IdXxptwv, dCpvtotg, wie Wackernagel KZ. XXVII, 267
behauptet, sondern aus 'AXxpawv, *<fyuy«o- (Kretzschmer KZ. XXIX,
416, Fritsch 39 n. 2) 1 ). *(fyur«o- ißt aus *Stpvajlp- hervorgegangen,
ganz wie dvvytwv, UniwyuoQ aus *-yajp- oder *^o-. Auch wenn fw*
lehnwort ist, scheint man von einem urgriechischen paradigma ausgehen
zu müssen, wie *^y«'i« gen. * (iviujag. Aus *(jivaju entstand Jon. *pvrfi
> fit da; und durch Verallgemeinerung des langen vokals der kas.
obl.: *pvt&h > ion. att. *pvrin > *^y^ > pvij, was jedoch nicht belegt
worden ist. Die gemeingriechische Stammform der kas. obl. erscheint
nur in ableitungen oder Zusammensetzungen: pvcuog, pvauttog, fopvaiog
u. s, w. (8. Lobeck Phryn. 551, Zacher 133). Es konnte nun aber auch,
wie bei 'id-tpä, der wz.-stamm pva- der kas. obl. in den nom. eindringen,
wodurch statt *(Ava'jü gen. *(ivatjug *(ivu'0i gen. *ppcujäg entstand. Aus
diesem ftvajja, oder mit verallgemeinertem suffix « der obl. kasus *tivajjx,
entstand jon.-att. 'pva'Ü oder *pvdri, aus welchen beiden die tatsächliche
jon. und attische form fivü erklärt wird. In ebenderselben weise lassen
sich nun die formen von yr\ erklären. Aus * y*jtj& gen. * yeujag entstand
*) Ilotufodirig (: Ilorttfaut) ist vielleicht aus -124«- (: -tiijäg).
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184 Karl Ferdinand Johansson Anzeige.
jon.-att. *yrja gen. *yautg. Indem *yra oder das suffix-a der ob], kaeus
verallgemeinert wurde, entstand einerseits Jon. yia im acc. pl. yiag
u. s. w. and möglicherweise att. yij, andrerseits jon. -(att.) *yrfl >
*yirj > yrj. Für ableitungen konnte entweder der stamm des nom.
*yaja oder der der obl. kasns *yaiiä-g zu grund gelegt werden;
im ersten falle -ytwg, ytm-, im letzten -yawg, was nicht auf entstellung
beruht, und yato- (Zacher 114 ff), -yetog, yno- beruhen auf neubil-
dungen aus yi\. {yrj'fog >> yiTog).
Auch die herodoteische fem.-bildong auf -*« aus adj. auf -vg mag
hier kurz besprochen werden. Die fem.-bildung auf -««* von -v-stämmen
ist bekanntlich aus -fsuc 1 ) entstanden. Ueberall tritt dies als -suc auf,
in allen dialekten von ältester zeit an bis auf die hellenistische. Inschrift-
lieb ist freilich im Att. vom V. jh. ab die Schreibung -*« belegt (Meister-
hans 9 31 f.), von einem adj. auf -vg aber nicht früher als 345. Und in
der Schriftsprache ist -e$a das allein bezeugte. Nun findet sich bei Herodot
4a statt -«i« (Bredow 167; G. Meyer 8 § 156, vgl. Greg. Cor. 440
Schäfer). F ritsch erklärt dies so, dass -*ec die jüngere jon. form sei,
die in den Herodot falschlich eingeführt worden sei. Aber es ist nicht
bezeugt, dass -**« spater im Jonischen ea geworden ist. Gregorii Corinthii
äusserung bezieht Bich nur auf Herodot; nichts kann für später entstan-
denes -tu in ansprach genommen werden: verschwindet doch vom IV.
und III. jh. das Jonische mehr und mehr und wird durch die xoivtj er-
setzt, und in echtjonischen Inschriften ist ja ** erhalten noch 334 $aaslr\g
Bechtel n. 114 e (Zeleia). Wenn nun Herodot -ea nicht aus dem
späteren Jon. erhalten hat und auch nicht aus einem andern dialekt —
etwa durch missverstandene puristische tätigkeit eines redaktors -^ so
muss es entweder ganz willkürlich eingeführt worden sein, oder (wenn
dies nicht glaublich ist), muss -ft* doch wirklich richtig sein. Wenn nun
auch bei Homer formen vorkommen wie 'Pitt (neben 'Pctrj), ßa&ia O 606.
IT 766 (Fick II. 84, 86, 380 ändert an diesen stellen, weil ßa&ia unho-
merisoh sei, vgl. auch 482; # 218 wird für späteren jon. zusatz erklärt
Fick II. 512), wxia in der stehenden Verbindung vxia *Ioig z. b. £ 116.
*f'139, h. Ap. del. 107 (Fick II. 281. 233 ändert), ra^iSv (Theogon.715);
so läset sich kaum verkennen, dass -icc schon früh existiert hat. Ich habe
nun KZ. XXX, 404 f., 409 eine erklärung vorgeschlagen. Sollte aber
diese nicht richtig sein, so sehe ich keine andre auskunft als eine jonische
lautregel anzunehmen, wonach -tut erhalten wurde, aber z. b. ctijt u. s. w.
wegen des palatalen rj in itjg überging. In Herodots spräche wären dann
-ir\g u. s. w. durchgeführt worden, übrigens aber hätte der typus -att
die obmacht erhalten (vgl. verf. KZ. XXX, 405 n. 2, wo i*i zu lesen).
Eine solche regel würde eine stütze in jon. ^Eofiir^g haben, falls aus '25p-
(iiirig (Fick II. XXXV), was aber nicht ausgemacht ist. Jedenfalls
kann äaaiav Bechtel n. 100, 6 (Milet) eine mit herod. -«r gleichwertige
form sein.
Herod. ävd-Qmnii muss = dv&<>amiti sein (vgl. Fritsch 15, 32, 44);
ob dies aber auf äv&ovmsln zurückgeführt werden darf, hängt davon ab,
ob wir äv&Qwneiog (nicht äv&Qamrjiog) neben äv&Qwnsog, ßottog neben
ßotog annehmen können ; solche doppelformen sind ganz wohl möglich
(vgl. Fick II. 551 ff.). Dagegen scheint horj Bechtel n. 123 III. jh.
JPantikapaion), 150 z. Hadrians (Ephesos) aus Ugitj, vgl. Kai lim epigr. 40:
Ieoirj, und dies aus Uq(£t) statt tiotia mit Verallgemeinerung der Stamm-
form der obl. kas. (vgl. Bechtel Ion. inschr. 58. 82. 93) entstanden
zu sein,
s ) Oft mit diaeresis -ii'a zu lesen Smyth EI 88 f., Fick Hes. 9.
Upsala. Karl Ferdinand Johansson.
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Verlag von Vandenhoeck & Ruprecht in Gtfttingeti.
Soeben ist erschienen:
Grieehisehe
Grammatik fttr Gymnasien,
Auf Grund der vergleichenden Sprachforschung bearbeitet
von H. D. Malier und J. Lattmann.
II. Teil Ausgabe B.
Syntax der attischen Prosa
von H. D. Möller.
VIII, 116 S. gr. 8. Preis geh. 1 Mk. 40 Pf.
Im Jahre 1887 ist erschienen:
IL Teil. Ausgabe A.
Syntax
von demselben.
X, 214 S. gr. 6. Preis geb. 2 Mk. 40 Pf.
Diese grössere, die gesammte griech. Sprache berücksichtigende Aus-
gabe, aas welcher die Ausgabe B anf vielseitigen Wunsch der Herren Recen-
senten und anderer Fachmänner hervorgegangen ist, wird in allen Fachzeit-
schriften zu eingehendem Studium empfohlen. Die Anschaffung ist durch den
überaus billigen Preis leicht gemacht. Von den .zahlreichen günstigen Be-
sprechungen erwähnen wir nur die folgenden :
Aus Korrespondensblatt f. d. Gelahrten- und Sealseholea Wfirtembergs. 1887.
Haft 9. 10: „Verf. will kein Lernbuch schaffen mit den nötigsten Regeln für die
Komposition, sondern ein Lehrbuch, das einerseits praktisch brauchbar sein soll,
anderseits aber sich aufbaut auf den Ergebnissen der vergleich. Forschung und
ebenso einen Einblick in die geschieh tl. Entstehung der Gebrauchstypen ge-
währt, wie das analyt. Verständnis der Schriftsteller bei der Exposition voll er-
möglicht. Deshalb ist die Verglefchung mit dem Latein, streng durchgeführt
und werden nicht bloss die Attiker, sondern voran auch Homer, der älteste
Zeuge, berücksichtigt Wir schliessen mit der Bemerkung, dass
in dem Buche sich wissenschaftliche Forschung mit schulmänni-
scher Erfahrung verbindet. Kein Leser wird dasselbe ohne reiche
Anregung aus der Hand legen".
Aus Wochenschrift für Masaisehe Philologie 1887, Ho. 89/80i: „An erster Stelle
möchte ich das Studium dieser Syntax allen Lehrern des Griechischen, dann
aber überhaupt allen, jlie im Griechischen schon etwas weiter vorgeschritten sind,
empfehlen ; sie werden daraus eine Fülle von Belehrung und Anregung schöpfen.
In der Schule wird sich das Buch meiner Meinung nach nur in der Hand eines
tüchtigen und erfahrenen Lehrers bewähren." ( J. S i t z 1 e r , Tauberbischofsheim.)
Im Jahre 1886 erschien derselben Grammatik I. Theil:
Formenlehre.
4. verbesserte Aufl. VIII, 179 S. geb. 2 Mk. 20 Pf.
Aus Zeitschrift f. d. Oymnasialwasen 1886 Heft 9: „Zum Schluss kann ReL es
sich nicht versagen, dem vorliegendem Werke, das bei guter Ausstattung und
verhältnismässig billigem Preise allen wissenschaftl. und didaktischen Anforde-
rungen der heutigen Zeit entspricht, was auch von kompetenter Seite genugsam
. hervorgehoben ist — vgl. Zoitschr. f. östereich. G. W. 1864 S. 877, Jahrb. für
Phil. u. Pädagogik 1865 8. 834 ff., 1877 S. 468, Ztschr. f. d. Gymnasialw. 1878
S. 242 — die wohlverdiente Anerkennung zu wünschen , die bei der grossen
FüHe von grieeb. Grammatiken und bei dem zur Zeit so beliebten Gebrauch von
Kompendien nicht so leicht zu erreichen ist. Wenn die augenblicklich unter
der Fresse befindliche, jedenfalls nach ähnlichen Principien wie die Formenlehre
bearbeitete Syntax derselben Verfasser an das vorliegende Werk auoh nur
einigermaßen heranreicht, so ist damit der Schule ein Gesamtwerk geliefert, das
in der Hand jedes Secundaners und Primaners zu sehen der Wunsch aller der-
jenigen Lehrer sein wird, welche an der dem griechischen Unterricht gebührenden
Bedeutung nicht gerüttelt sehen wollen". Wongrowitz. R. Schröter.
• Verlag von Vandenhoeck 4 Ruprecht in Göttingen.
Hesiods Gedichte
in ihrer ursprünglichen Fassung und Sprachform
wiederhergestellt
von
August Fick,
Mit einem Anhange über die Versabzählung in den homerischen Epen.
1887. IV, 131 Seiten. Lex-8. Preis 4 Mark.
A. H. Sayoe schreibt in der Academy am Anfang einer eingehenden
Besprechung: „Die einfacheren Aufgaben, welche der Text des Hemod, ver-
S liehen mit dem Homerischen, darbietet, sind durch den von Prof. Fick be-
errschten Zauberstab vergleichender Sprachwissenschaft, Kenntniss d. griech.
Dialecte und gesunden Menschenverstandes entsprechend leichter bewältigt.
Ohne alle seine Folgerungen anzunehmen, muss ich anerkennen, dass seine
Beweise und Ergebnisse gröastentheÜs richtig sind. Wenn auch noch viele
Einselfragen zu lösen bleiben, die Gr un dlini e n, auf welchen die künftige Kritik
der Hesiodischen Dichtungen fortschreiten muss, sind gezogen. Der echte
Hesiod ist von späteren Znsätzen befreit, der ursprüngliche
Text wieder hergestellt.
Die Mundart
der
slovakisehen Zigeuner.
Herausgegeben mit Unterstützung d, kais. Akademie dersWissen-
schaften in Wien
von
Dr. Rudolf von Sowa,
k. k. GymiMdalproftoKor.
X, 194 S. 1887. gr. 8. Preis 7 d
„Bei aller Kürze ein gründliches gelehrtes Werk, durchgeführt mit sorg-
fältiger Benutzung der wichtigsten Nebenquellen und unter Befolgung der
strengsten Methode laut* und sprachvergleiohender Forschung". (Literar. Central«
blatt 1887, No. 37.)
Parallel-Homer
oder
Index aller homerischen Iterati in lexikalischer Anordnung
zusammengestellt von Dr. C. Ed. Schmidt,
1885. Yin, 260 S. Lex.-8. Preis 6 Mk.
Literar. Centralblatt 1886 9. 41: „Das Buch enthält die Ausführung eines
Planes, von dem der Verf. bereits im Programm des Progymnasiums zu Lotsen
1881 eine Probe gegeben hatte : Znsammenstellung aller Parallelstellen, die
sich in Hiaa und Odyssee finden, bis auf den Umfang von sechs Moren herab.
Bei dem hohen Preise, den Prachtwerke wie das von Dunbar, A complete
Concordance to the Odyssey and Hvmns of Homer, Oxford 1880, haben, muss
man Schmidt's Arbeit als eine willkommene Gabe begrüssen."
Deutsche Llteratorseitung 1886 V. 48 : „ Demgegenüber ist Sehe, plan*
massiges, wolfeile« und solid gedrucktes Lexikon der Iterati, die Frucht eines
unverdrossen ausdauernden zehnjährigen Fleisses, durchaus kein überflüssiges
Werk, sondern es verdient den aufrichtigen Dank aller, die den kritischen
nnd exegetischen Wert der Wiederholungen zu schätzen wissen."
American Joursal of Psilology VI, S8: „Dr. Schmidt will not be disap~
pointed in his expeetation, that Homeric critics will make large use of ms
coilection".
Druck der Univ.-Buchdruckerei von E. A. Huth in Göttingen.
ew?.ä</
B elTrä g e
zur künde der
indogermanischen sprachen
herausgegeben
Dr. Adalbert Bezzenberger.
Fünfzehnter band.
Drittes und viertes Heft.
.YiGöttingen,
Vandenhoeck und Ruprecht's verlag,
1889.
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1
Inhalt.
S«it»
Arisches. (Fortsetzung.) Von Chr. Bartholomae - - . 185
Yasna 88. Von K. Geldner 248
Ueber die durch anhängung der dativisch flektirten wurzel dha,
dha, dhb, dhü an beliebige andere wurzeln gebildeten infinitive
des Veda und Avesta. Mit einer kritik Pänini's and dessen infi-
nitivsuffixes adhyai. Von Hermann Brunnhofer ------ 262
Zur geschiente des rhotacismus in den germanischen sprachen. L
Eine ausnähme des Verner'schen gesetses. Von G. Sarrazin - - 270.
Einige deutsche baumnamen und verwandtes. Von O. Schröder - 284
Thessalisch $&v, *#t/«. Von A. Fick 290
Grundsprachliches m und n am wortende. Von A. Fick • - - 291
.Zur lettischen declination. Von A. Bezzenberger 294
Morphologische Studien. IL Von J5T. F. Johansson 304
Anculus, dfupüioios. Von JET. Osthoff 316
Awest. apäkhtara. Von W. Bang 817
Haoma yö gava. Von C. de Harlez 317
Heinrich Leberecht Fleischer. (Nekrolog.) Von A. Malier - - - 819
Berichtigungen - 887
Register. Von W. PreUwitz 388
Alle für die redaction dieser Zeitschrift bestimmten Sendungen wolle
man richten an Professor Dr. Adalbert Bezzenberger , Königeberg t. /V.,
BeeeeUtraese 2.
Die geehrten herren mitarbeiter werden um schleunige erledigung
der correcturen ergebenst gebeten.
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9" ':•■»' 185
Arisches.
(Fortsetzung, s. diesen band, s. 1 ff.)
XII. Ai. usräs, gen. sing.
Kaegi, festgruss an 0. von Böhtlingk, 8. 48 f. hat die
mehrfach wiederkehrende Verbindung vdsta usrdh richtig als
„beim aufleuchten der morgenröte" gedeutet. Zu usräs wird
bemerkt, die form sei als gen. sing, nicht auffälliger denn usräm
RV. 10. 6. 5 als lok. sing. Kaegi scheint nicht beachtet zu
haben, dass usräs auch noch an andern stellen zweifellos als
genetiv gebraucht ist. Es sind das:
1) RV. 6. 62. 1: ja sadjd usrä vjü$i gmo dntän
jüjüsatah pdrj urü' vdrqsi |
d. i. „die beiden, die auf einmal beim aufleuchten der morgen-
röte der erde enden rings umfassen wollen, die weiten räume".
Dass die herkömmliche fassung von usrä als nom. dual, unzu-
länglich ist, hat schon Ludwig gesehen, der rigveda IV, s. 57
usrä als „gen. plur. mit Verlust des m u nimmt, vjüai ist stäts
— RV. 5. 3. 8, 45. 8, 7. 81. 2, 8. 46. 21 — mit einem (vor-
anstehenden) genetiv verbunden.
2) RV. 2. 23.-2; usrä iva surjö gjotifü maho
vüvesäm ig ganitd brdhmanäm asi \
Hier hat man usräs als akk. plur. genommen. Das objekt zu
ganitä wäre also einmal durch den akkusativ, einmal durch
den genetiv (brdhmanäm) gegeben. Es ist doch zweifellos
natürlicher, auch usräs als genetiv zu fassen. Also: „Wie der
Sonnengott der erzeuger der morgenröte ist durch sein grosses
licht, so bist du der erzeuger aller gebete".
3) RV. 4. 45. 5: svadhvaräsö mddhumantö agndja
usrä garante prdti västör asvinä \
4) RV. 2. 39. 3: Icakraväkeva prdti vdstör usrä
arvänfcä juiam rathjeva sakra (
Ich lese an der zweiten stelle usrä und mache dies beide male
von vdstör abhängig; vgl. RV. 1. 79. 6: vdstör utofäsah und
vdsta usräk an den bei Kaegi angefdrten stellen, prdti mit
vdstös zu verbinden geht nicht an, da prdti stäts den akkusativ
nach sich hat. Höchstens könnte man prdtivastö? lesen. Das
richtige ist, prdti an den obigen stellen, und ebenso RV. 10.
Beitrüge z. kunde d. indg. sprechen. XV. 13
186 Chr. Bartholomae
189. 3 und 6. 3. 6 (wo prdti västa usräh) zum verbum zu
ziehen; vgl. Kaegi, a. o. Freilich ist es ja auffällig, dass
prdti viermal unmittelbar vor vdd° auftritt Doch lässt sich
denken, dass eine der stellen den „dichtem" der übrigen als
Vorbild gedient hat. Man beachte auch, dass in RV. 4. 45. 5 f
2. 39. 3 und 6. 3. 6 die worte prdti vdst° innerhalb der zeile
genau die selbe stelle einnehmen; sie bilden die sechste bis
neunte silbe 1 ).
Es ist zu übersetzen, zu RV. 4. 45. 5: „Die schön opfernden
metreichen feuerflammen, sie knistern beim aufleuchten der
morgenröte den ASvinen entgegen"; — zu 2. 39. 3: „Wie zwei
Uakraväka*) kommt beim aufleuchten der morgenröte nahe
herbei, wie zwei wagenlenker, ihr starken". Ueber västös
s. unten s. 205 ff.
Wie der stamm (ai.) usas- zu seinen r-formen gelangt ist,
habe ich Bezzenberger's beitrage XV, s. 15 zu zeigen versucht.
XIII. RV. 1. 123. 4.
Der überlieferte text lautet:
gfhamgrham ahand jatj dlchä
divedivS ddhi ndmä dddhänä |
sifäsanti djötand sdsvad agäd
ägramagram id bhagatE vdsünäm ||
Grassmann übersetzt: „Die tageshelle kommt zu jedem hause
und jedem tage gibt sie ihren namen; zu spenden willig, stra-
lend naht sie immer . . .". Ludwig: „Haus für haus besucht
sie mit dem tage, tag für tag kennzeichen setzend ; zu gewinnen
bestrebt immer ist die blitzende gekommen . . .". Benfey
(Bezzenberger's beitrage VII, s. 295): „Von haus zu haus
schreitet die morgenröte und tag für tag vermehret sie die
namen; beständig naht sie glänzendes zu spenden . . .". Del-
brück, ai. tempuslehre, s. 11: „Zu jedem haus kommt sie
aufleuchtend, tag für tag ihr wesen zeigend, um zu spenden
ist die lichte . . ."•
Das schwierigste wort der Strophe ist ahana, das sich nur
*) S. dazu unten b. 215. *) Was sollen hier die t Sakra vakaganse?
Vielleicht stand ursprunglich eine Zusammensetzung mit kakrd- „rad" im
text. Das würde ganz gut zum folgenden rathßva passen.
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Arisches. 187
hier findet. Im naighantuka 1. 8 steht es, ebenso wie das fol-
gende djötanä, unter den usönämani: das heisst also, es war
schon damals unverständlich. Sa Jana weiss auch nicht mehr.
Roth, im Petersburger Wörterbuch s. v., meint es „könnte s.
v. a. ordnend sein, wenn es auf 1. ah zurückgefürt wird".
Aber die „wurzel 1. ah- fugen, reihen, rüsten" hat ihr dasein
längst beschlossen; vgl. Aufrecht, Zeitschrift d. dtsch. mgl.
ges. XXV, s. 234 ff. Benfey erklärt es als eine adjektivbildung
aus ähan- „tag", wärend es nach Ludwig und Böhtlingk
ein — unregelmässig betonter — instrumental dazu wäre.
Ich fasse, und das ist jedenfalls das natürlichste, akani
formell wie djötanä, und zwar als nom. sing. fem. des partizips
im medium, s. djutänäm . . ufdsam 7. 75. 6. and- ist die
schwächste postkonsonantische gestalt des Suffixes manch. Im
avesta ist sie ganz gewönlich (vgl. verf., altir. verbum, s. 156,
handbuch, § 358), im veda nicht gerade selten (Whitney,
grammatik, § 1150. 2 a). Dass die formen in unseren indi-
schen grammatiken nicht als partizipien aufgefürt werden, hat
keinen tiefern grund als den, dass es auch Panini nicht tut.
Um das iranische hat sich ja bekanntlich der Sanskritist nicht
zu kümmern. — Wegen der wurzelform in djötanä und dessen
verhältniss zu djutänds und djütänäd verweise ich auf meine
bemerkungen zu stavänm > stuvänd > stdvänas in meinen bei-
tragen, s. 132, 144.
Die wurzel, die in ahanä steckt, ist also ah-. Ich nehme
an, dass ah- ein arisches adh- vertritt, wozu man ja one weitres
berechtigt ist. In adh- aber finde ich die selbe wurzel, die
auch in ai. addhä = av. azdä, ap. azdä „künde, gewissheit"
(verf., Kuhn's Zeitschrift XXVIII, s. 15 f.), in av. aidi jt. 8. 48
(Geldner, ebd. XXX, s. 323), in ai. attha^ aha etc. vor-
liegt 2 ). Die wurzel vereinigte in sich die beiden bedeutungen
„kennen" und „kennen machen, kund tun" (= „sagen"). Das
ist ganz und gar nicht selten. Man vergleiche z. b. lat disco
(aus *di-dkskhö) > gr. diödaxw (aus *di-ddk-8khö)*)\ die prae-
*) Wegen tth vgl. dhatthä* u. s. w.; verf., ar. forschungeil I, 8. 11.
*) Vielleicht auoh in av. adcp j. 46. 5? Znr stelle s. verf., beitrage,
s. 27, 260 und Geldner, Bezzenberger's beitrage XIV, s. 12. •) Ich
setze für das indische inchoativsuffix Ich? auch jetzt noch idg. *M° »n,
trotz Burg's aufsatz in Kuhn's zeitschr. XXIX, s. 868 ff. Auf das arm. fax
> ai. iakhä, lit. szakä (bei verf., Bezzenberger's beitrage X, s. 290) hat
13*
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.188 Chr. Bartholomae
sensbildung ist ganz dieselbe. Als bedeutung für das partizip
ahand nehme ich „kennend" an. gxhdmgfham gehört dazu als
objekt
Ich wende mich zunächst zur zweiten zeile. Grassmann
übersetzt div&dittä mit „jedem tage", nimmt es also als dativ.
Er hat dabei vergessen, was er selbst im Wörterbuch gegen
die Fassung des Petersburger Wörterbuchs bemerkt hatte. Das
„amredita" dive dive bedeutet in der tat, wie daselbst richtig
angegeben ist, an allen 47 stellen im RV. nur „tag für tag",
in zeitlichem sinn, dive ist also lokativ; so auch Delbrück,
syntax, s. 149. Die wal der lokativform dive — nach der
a-flexion — statt divi mag hier, wie in dem gleichartigen
viäevisS „haus für haus", durch den rhythraus v,_ u_ be-
günstigt worden sein; man halte dazu Delbrücks bemer-
kungen zu den aoristformen wie aplpatat (verbum, s. 110).
ädhi dädhäna: medialformen von dha- mit ddhi verbunden
finden sich im rgveda an zehn stellen. Die bedeutung deckt
sich mit der im Petersburger Wörterbuch unter 1. dhä~ 8), 10)
sich Burg mit keiner silbe eingelassen. Man vergleiche noch ai. pükhat,
av. pusqm > got. fauKo (mit h =* kji wie in haban, Feist, grundr. d.
got. etym., s. 46 f.), sowie ai. rapi- „schwellen", rapi- gilt als wnrzel.
Es gibt aber keine wurzeln, die auf zwei versohlusslaute ausgehen. Viel-
mehr ist rapi- wie praUh~ u. a. verallgemeinerter inchoativstamm. Aus
ar. pih wurde ai. pi, noch ehe die Umwandlung des anlautenden und
intersonoren ih in kh begonnen hatte. — Was Burg mit seiner gegen-
überstellung von ai. paspaie und kikhide (a. o., s. 866 f.) besagen will, ist
mir nioht ganz klar geworden. Idg. kji und sk t h füren beide zu ai. kh,
wenigstens im anlaut. Im inlaut wäre streng genommen für k t h M, für
sk t h kkh zu erwarten; cf. tnagga, rdggus u. a. mit §g für zg. Aber kh
und kkh werden in der schrift nicht auseinandergehalten. — Das anlau-
tende k in kikhide weist unter allen umständen, mag man kh aus «ä, oder
sk x h oder kji erklären, auf neubildung hin; zu erwarten wäre i. —
Brugmann nimmt, um von sk t auf kh zu kommen, folgende entwick-
lung an: $k t = urar. si = urind. U = hist. kh. Wie mir scheint, geht
er dabei von einer irrigen auffassung des sandhi kkh = t+i aus. Nach
Panini 8. 4. 40 wird t+i zu ki — das ist der ausspräche nach nichts
andres als ti — , und nach 8. 4. 63 ist es gestattet, nach tonlosen ver-
schlusslauten — auch nach k, t und p! — statt « kh zu schreiben. Also
agnikit iete > °kik i° > °kik kh°. — Dass idg. s im indischen irgendwo
lautgesetzlich zu k oder t geworden wäre, glaube ich nicht mehr. Wegen
jfcf, angeblich aus ar. ii s. verf., beitrage, 8. 154 f.; auf ts, angeblich aus
ss werde ich später zurückkommen; s. 199 note 2.
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Arisches. 189
und 11) angegebenen. Das gewönliche objekt dazu ist ärijas
oder — einmal — srijam „pracht"; so RV. 1. 85. 2, 2. 8. 5,
8. 28. 5, 10. 21. 3, 127. 1, 110. 6 (~ AV. 5. 12. 6). Hier
und 9. 71. 9, wo tvisls statt srifas, bedeutet ädhi dhä-, med.
„entfalten, an sich zur erscheinung bringen". — In 1. 73. 10
ist zu übersetzen „göttergeschenkten rum empfangend". —
1. 146. 3 steht visvän kety ädhi maho dddhane. Grassmann
übersetzt „der grosse zeichen alle an sich nehmend". Es heisst
aber k&tän, nicht ketun. Ludwig hat „alle wünsche dem
grossen verleihend", wozu in den anmerkungen (rigveda IV,
s. 283) gesagt wird „mahah: der grosse, eine geradezu ab-
scheuliche erklärung; Agni ist der Vermittler aller wünsche" •
Ich halte auch Ludwig's Übersetzung für unrichtig.
keta- ist unbestreitbar nur „verlangen, begehren"; so
auch im avesta, wo zu jt. 5. 73 düra$ka$tem überliefert ist,
d. i. „ihn, dessen begehr sich in die ferne richtet" *). Ich über-
setze: „die kühe (d. i. nacht und morgen) gehen nach ver-
schiedenen richtungen auseinander, alle wünsche gern mit-
nehmend", nämlich um sie der erfüllung zuzufüren. maho
stelle ich zu 2. mahds im Petersburger Wörterbuch. — dddhäna-
gilt den grammatikern nur als partizip des praesens. Für's
perfekt wird die betonung auf der Schlusssilbe verlangt. Aber
auch beim partizip des praesens ist die betonung verschieden,
teils auf der würzet, teils auf dem stammauslaut, cf. dühä-
nas > duhänds u. a., vgl. auch äsdjänas > loxeavog (von
Fierlinger, Kuhn's Zeitschrift XXVII, s. 477). Und im per-
fekt haben wir das sichere dddrsanas. Auch dddhäna- ist an
mehreren stellen zweifellos perfektisch zu nehmen. So RV. 2.
12. 10: jäh säsvatö mahj enö dädhänän, ämanjamänän tchdrvä
gaghdna „der schon immer die, so eine grosse schuld auf sich
geladen haben, ehe sie sich's versahen, mit dem pfeil ge-
troffen hat". Ferner RV. 1. 141. 13: dstavj agnih Mmivadbhir
arkäih, sdmrägjaja pratardm dddhänah »jetzt ward Agni mit
eifervollen liedern gepriesen, er der sich vorgenommen
hat 8 ), auch ferner die allherrschaft zu füren". RV. 10. 15. 10:
fl satjasö havirddö havi$pd, indrena diväth sardthaw dddhänäfr
(wofür AV. 18. 3. 48 lur&na) „die warhaftigen, die haviS-
*) Die wurzel hajc steckt vielleicht — gegen verf., beitrage, 8. 31 —
in av. kafi j. 33. 6. *) Vgl. zur bedeutuug unten.
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190 , Chr. Bartholomae
essenden, haviftrinkenden, die sich mit Indra, mit den göttern
zusammen getan haben". So noch 4. 22. 3, 9. 90. 1, 10.
7. 2 u. a. Und partizip des perfekts ist auch dddhäne in
in 1. 146. 3; wörtlich wäre zu übersetzen „alle wünsche an
sich genommen habend". Und part. perf. ist endlich auch
dddhanä in 1. 123. 4.
Wer fortgeht, nimmt mit, was er bei sich hat; wer her-
kommt, bringt es mit Danach sind wir berechtigt jdtj äfchä
. . ddhi nämä dädhänä zu übersetzen „sie kommt heran die
namen mit sich bringend".
Die ganze strophe übersetze ich nun so:
„Jedes haus kennend kommt sie heran tag für tag die
namen mitbringend. Um zu spenden ist die leuchtende jetzt
wiederum hergekommen. Alles höchste der guter besitzt sie".
Was soll nun die zweite zeile bedeuten? — Wir sagen
„bei nacht sind alle katzen grau". Damit meinen wir, bei
nacht sind gleichartige wesen und dinge mit dem äuge nicht
von einander zu unterscheiden, weil die besondern merkmale
nicht zu erkennen sind. Das ist es, worauf unsre stelle an-
spielt. Bei nacht sieht ein haus aus wie's andre. Die häuser
verlieren in der nacht ihre namen. Wenn aber Uäas er-
scheint, werden dio besondern kennzeichen derselben wieder
sichtbar; sie bekommen ihre namen wieder. Es ist also die
U§as, die bei ihrem allmorgendlichen kommen den häusern ihre
namen wieder mitbringt und verleiht.
XIV. RV. 4. 11. 6 und zur metrik.
drtf asmdd dmatim ürtf qha
äre vtiväm durmatin. jdn nipäsi |
dö$d Hväh sahasah sünö agnS
jdm dem d 1cit säfeas? svaati )
Grassmann übersetzt: „Halt fern von uns die armut, fern
bedrängniss, und jede missgunst fern du, uns beschützend;
gesegnet ist, o son der kraft, o Agni, wen abends du, o gott,
zum heil geleitest". Ludwig hat: „Fern von uns die dürftig-
keit [schaffst du], fern die bedrängnis, fern alles übelwollen,
wenn du schützest; unversehrt ist am abend, o son der kraft,
o Agni, den als gott du begleitest zu wolsein".
Beide Übersetzungen sind falsch. Das adjektiv sivä- be-
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Arisches. 191
deutet im veda nirgend „gesegnet, glücklich, heil" oder dergl.,
sondern stäts (in aktivem sinn) „segnend, beglückend, heilsam 44 .
sivdh kann also nur auf das folgende devd bezogen werden (wie
Grassmann im Wörterbuch auch richtig angibt). Daraus folgt
dann aber, dass entweder die dritte und vierte zeile in einen
einzigen satz, einen relativsatz zusammengezogen werden müssen
(„wen du im dunkeln, ein huldreicher gott, zum heile gelei-
test"), oder dass dö$d siväh an die letzten worte der zweiten
zeile anzuschliessen sind (Jan huldreich im dunkeln schirmst").
Die weitern folgen liegen auf der hand: Einmal kann jdn
nicht jdd sein, sondern muss — nach Panini 8. 4. 59 —
gleichem, akk. sing, gesetzt werden 1 ). Und dann kann der
ablativ asmdd nicht zum pron. 1. person gehören. Er ist viel-
mehr zu ajdm zu stellen, also in asmäd zu ändern, sofern man
nicht vorziehen sollte, asmdd neben asmäd wie im avestischen
ahmaj> neben ahmäß zu beurteilen *).
Nach diesen bemerkungen übersetze ich: „Fern von dem
[hältst du] 8 ) die dürftigkeit, fern bedrängung, fern jeglich
übelwollen, den du unter obhut nimmst, den du auch im
dunkeln, ein huldreicher gott zum heile geleitest, o Agni, son
der kraft".
Die erste zeile der Strophe habe ich schon ar. forschungen
II, 8. 18 zu jenen triStubhzeilen gerechnet, welche in 7 + 4
silben zu zerlegen sind. Oldenberg, hymnen des rigveda,
s. 42 n. schreibt, er könne sich meine auffassung über die
Stellung der zäsur nach der siebenten silbe in bezug auf den
veda nicht aneignen. Die Sache ist doch nicht so unwichtig 4 ),
*) In Whitney 's gramraatik, § 213 ist über die behandlang des aus-
lautenden m vor nasalen nichts zu finden. Unter 6 wäre zu lesen : „Vor
einer muta und einem nasal jeder andern ...". *) Doch ist die
form mit kurzem a nur im Jüngern avesta nachweisbar. Die gegenteilige
angäbe in meinem handbuch, § 268 ist irrig. In j. 44. 13 ist es abl., in
34. 9, 35. 5, 40. 1 nom. des pron. 1. pers.; of. verf., Bezzenberger's
beitrage XIII, s. 87 f. Th. Baunaok's erklärung, in seinen und J. Bau-
nack's Studien I, s. 349 f., 390 überzeugt mich nicht. — Schreibt man
asmad, so erhält man den gewöhnlichen rhythmus der triStubhzeile :
tt— tj-üüü— ü— tr, Die Schreibung asmdd wird durch RV. «?. 8. 2
veranlasst sein. ■) Das verbum ist weggelassen; zu ergänzen &fpöfi,
cf. RV. 2. 29. 1 oder badhau. cf. 3. 8. 2. Die stelle fehlt bei Delbrück,
syntax, s. 7 f. *) Im gegen teil. Die rhythmik muss in noch viel
höherem grade für die erklärung der vedischen hymnen ausgenutzt
werden, als es bis jetzt geschehen ist. 8 unten.
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192
Chr. Bartholomae
so dass die ablehnung meiner anname schon mit ein par worten
hätte begründet werden sollen, um so mehr, als ich mit meiner
ansieht nicht mehr allein stehe: wie ich wenigstens aus den
beurteilungen meiner schrift glaube schliessen zu dürfen 1 ).
Insbesondere wünschte ich zu erfaren, was Oldenberg bezüg-
lich der 44 fälle denkt, da die prohibitivpartikel md in tristubh-
zeilen auf die achte silbe fällt (verf., a. o., s. 25 n.). Gesetzt,
Oldenberg's anname sei richtig: so würde im rgveda md bei
ungefär 400 maligem vorkommen einige sechzig male in unregel-
mässiger Stellung, d. h. im innern eines versglieds, statt am
anfang desselben, auftreten. In zwei dritteln dieser fälle aber
nimmt md den platz hinter der siebenten silbe ein. Ist das
nicht auffallend ? Und sollte das zusammentreffen dieser tat-
sache mit der andern tatsache, dass in den gatha's des avesta
bei elf- und zwölfsilbigen Zeilen die zäsur in zalreichen fällen
hinter die siebente silbe zu stehen kommt — es wird das auch
vonGeldner in der neuausgabe anerkannt — , sollte das etwas
zufälliges sein? Ich empfehle einmal die hymnen RV. 7. 17
und 35 genau und sinnentsprechend durch zu lesen, und bei
der letztern insbesondre die Stellung von sdm zu beachten.
Noch einer andren auffälligen erscheinung in der rgvedi-
schen metrik will ich hier erwänung tun. Oldenberg, a. o.,
8. 45 fürt aus dem siebenten mandala 15 beispiele für gänz-
liche Vernachlässigung der zäsur in tristubhzeilen an: ist es
nun nicht seltsam, dass 14 dieser zeilen sich aufs bequemste
der von mir a. o., s. 30 f. vorgeschlagenen einteilung in 3+5+3
silben fügen? Cf.:
adhvardm kftam hdvesu | *),
spfhajdjiah sahasri \ ,
väginatn hise ndmöbhih \ ,
bhrepate gänö na resan \ ,
leitriam bhara rajim nah \ ,
bäbadhe n?bh{h stdväna \ ,
nämabhir närö hdvjsi | ;
süria brävö änägä \ ,
märtiesu ä Uiketa \ ,
sätäjs kfiam vasüjüm \ ,
7. 2. 7 c: ürdhväm nö
4. 9d: sdm raji
7. lb: asvdm nd
20. 6a: nu Uit sd
7d: a Ultra
36. 5 c: vi pr'ksö
57. 6b: vt&vebhir
1 a : jdd adjd
ld: $d manjtim
60.
61.
67. 5b: dmfdhräm
') Deutsche literaturzeitung 1887, 8p. 1172; Kuhn 's literaturblatt III,
b. 52*. ") S. auch den vorhergehenden vers.
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Arisches. 193
68. 3 c: asmäbhjam süriävasü ij'ändh \ ,
88. 3d: prä priwkhd Snkhajävahäi äubhtf kam \ ,
97. 3b: suäe'vair^ brdhmanas pätim gxrüse \ ,
9 a: ijdm väm brahmanas pats suvfktir \ *).
Und ist es nicht ein gerade zu wundersames zusammen-
treffen, dass alle diese angeblich verunglückten Zeilen mit einer
einzigen ausname den gleichen rhythmus aufweisen? nämlich
TT TT | U U | U — TT |
Nur 7. 4. 9d weicht etwas ab, es hat statt des jambischen
eingangs einen trochäischen: _o_ | w—v— \ v |.
Ich gestehe, dass ich nur sehr ungern an wunder und
zufall glaube. Zäsurloser triStubh- und dzagatizeilen gibt es
nur ganz verschwindend wenige. Auch das letzte (15.) der
Oldenberg'schen beispiele 7. 88. 6 c ermangelt der zäsur nicht.
So gut die zäsur vor das Superlativsuffix tama- fallen kann
(Oldenberg, a. o.), so gut kann sie auch vor vant- und mant-
eintreten, die sicher deutlich als suffixe empfunden wurden und
jedenfalls auch einen nebenakzent besassen (verf., beitrage,
s. 108). Man vergleiche die zeile RY. 8. 35. 13 a, wo mitra-
vdrunavantä utd dhdrmavantä überliefert, aber offenbar
mitravdrunä \ utd dhdrmavantä \
zu lesen ist. Der fall gehört zu den von Roth unter dem
titel „über gewisse kürzungen des wortendes im veda" behan-
delten. Zu übersetzen ist: „von Mitra-Varuna und von Dharma
begleitet". Die ausdrucksweise ist genau die selbe, wie wenn
wir sagen „sang und klanglos". Vgl. dazu verf., a. o., s. 163 f.
Ein weitres beispiel s. unten s. 200 n.
Um die richtigen anschauungen bezüglich des aufbaus der
vedischen triStubhzeilen zu gewinnen darf man nur eben keine
vorgefassten meinungen mitbringen, nicht erwarten, in den
gegebenen tatsachen grundsätze bestätigt zu finden, die nicht
aus einer unbefangenen beobachtung derselben abgeleitet sind.
Ich muss Oldenberg den gleichen Vorwurf machen, den er
a. o., 8. 47 n. Benfey und Kaegi — und mit recht — gemacht
hat: den Vorwurf der schematisirung. Oldenberg, a. o., 8. 5
sagt selbst, über „die versuche, einen gemeinbesitz metrischer
*) Vergessen ist bei Oldenberg die zeile 7. 26. 5b, die sieb eben-
falls in 8+&+3 silben zerlegt. Vgl. ferner 7. 1. 15a, 4. 5c, 38. 2d,
öd, 60. 8d, 68. 8d, 88. 8c.
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194 Chr. Bartholomae
formen in die ferne nebelweit der indogermanischen vorzeit
zurückzuverfolgen", könne man verschiedener meinung sein.
„Aber die frage nach dem aussehen der indoiranischen poesie
liegt unbedingt innerhalb der gränzen, bis zu welchen die
Untersuchung gehen darf und muss". Ich kann leider nur
sagen, Oldenberg hat diese frage der lösung nicht näher
gebracht. Und zwar, weil er die indische metrik weder vor-
urteilslos genug, noch mit der nötigen berücksichtigung der
avestischen metrik dargestellt hat. Wenn er z. b. a. o., s. 44 n.
den geschichtlichen Zusammenhang der zwölfsilbigen reihe der
gatha's mit der indischen dzagatizeile für „überaus zweifelhaft"
erklärt, weil jene die grundform 7+5 silben habe, so kann ich
mir nur denken, Oldenberg hat, als er das niederschrieb,
weder meine abhandlung über die gathischen zeilen noch Geld-
ner's bemerkung zu j. 48. 5 ff. in der neuausgabe im gedächt-
niss oder zur hand gehabt. In der tat finden sich in den
gatha's nicht viel weniger zwölferzeilen mit der teilung 5+7
als mit der umgekehrten.
XV. Ai. dämünas-.
So klar die bedeutung des worts zu sein scheint, so sehr
muss uns auf den ersten blick seine bildung befremden. Whit-
ney, ind. gramm., § 1152 schreibt: „auch in drdvinas und
pärinas- 1 ) liegt warscheinlich dasselbe suffix — (nämlich nas)
— vor, mit vorgesetzten dementen, die die geltung von binde-
vokalen haben. Vermutlich gilt dasselbe von clämünas- 'haus-
genosse'". Ich glaube, eine erklärung, die das Vorhandensein
von „bindevokalen" voraussetzt, wird heutzutage nicht mehr
viele überzeugen können. — Benfey, vollst, gramm., 8. 159
bezeichnet dämünas- als „primäres nominalthema" mit dem
suffix ünas-. Man vergleiche dazu Sajana zu RV. 1. 141. 11
und Grassmann, Wörterbuch, sp. 1736. Mit dieser Zerlegung
ist aber auch nichts gedient. Die aufstellung aller möglichen
suffixe, wie sie nach dem vorbild der indischen grammatiker
gang und gäbe ist, hat zwar den vorzug bequem, nicht aber
auch den besonders wissenschaftlich zu sein. Eine lautver-
*) Lies pärinas-.
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Arisches. 195
bindung wie ünas würden wir jedenfalls nur dann als ablei-
tungssuffix bezeichnen dürfen, wenn sie sich in einer grössern
anzal von Wörtern und überall in der gleichen bedeutung nach-
weisen liesse. Das ist aber nicht der fall. Denn das von
Benfey und Grassmann noch aufgefürte rgünasi, das sich
val. 4. 2 unter einer aufzälung von eigennamen findet, wird
vom Petersburger Wörterbuch trotz des auffälligen akzents
richtiger als Zusammensetzung mit nas- „nase" gefasst 1 ). Vgl«
urünasäü RV. 10. 14. 12. — Anderweite erklärungen von
dämünas- sind mir nicht aufgestossen. Bei Lind ner, nominal-
bildung habe ich das wort nicht finden können.
Ich kann in dämünas- nichts andres sehen, als die zum
kompositum gewordene Verbindung der beiden wörter ddmü
und nas; vgl. Paul, prinzipien 8 , 8. 274 f.: „Letztere — die
jüngere schiebt von komposita — sehen wir grossenteils vor
unsern äugen entstehen, und zwar durchgängig aus der syntak-
tischen aneinanderreihung ursprünglich selbständiger elemente.
Es sind dazu Verbindungen jeglicher art tauglich 44 , dämü ist
ein alter «-lokalis aus dam- „haus", vgl. lat. dotna, mit dem
es gleichzusetzen, noctü, diu u. a. m. (cf. verf., Bezzenberger's
beitrage XV, s. 23), und nas der enklitische genetiv des pro-
nomens erster person im plural. Die Umgestaltung von sä
ddmü nas „der in unserm haus" in sä dämünäs gewissermassen
„der unserhäusige" vollzog sich ebenso wie im griechischen die
von 6 iv dogif in 6 evdogog u. s. w. Die flexion nach dem
muster der ««-stamme mag in erster linie durch einen zu sä
ddmü nas gebildeten akkusativ täm dämü nasam veranlasst
worden sein.
Für ein par stellen möchte ich annehmen, es habe dort
die Verbindung dämü nas „in unserm hause, bei uns zu hause,
daheim bei uns" im ursprünglichen text gestanden. Der vor-
liegende text hat überall dämünas dafür. Die stellen, die ich
im äuge habe, sind die folgenden:
RV. 6. 19. 3: jütkeva pasväh pasupd dämana
asmq indräbhj a vavrtsvägäu |
*) Dass in Zusammensetzungen, die als eigennamen gebraucht wurden,
später, als das geful für die Zusammensetzung verloren gegangen und die
eigentliche bedeutung vergessen war, der ton auf die erste silbe ruckte,
läset sich wol erklären. Eigennamen werden häufig im vokativ gebraucht;
im vokativ aber wird der ton auf die erste silbe zurückgezogen.
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196 Chr. Bartholomae
Grassmann übersetzt: „wie zu den herden sich des hauses
viehhirt, so wende Indra dich zu uns im kämpfe"; Ludwig:
„wie zu den Viehherden der hirte, der zum hause gehörige, geh
uns Indra zu in der Schlacht". Liest man dämü nö, so ge-
winnt man einen gegensatz zu ägaü und damit einen viel
bessern sinn: „Wie bei uns zu hause der viehhirt sich zur
viehherde wendet, so wende dich du, o Indra, draussen auf
dem kampffeld zu uns".
RV. 10. 31. 4: nttjas IcakanjäJt sväpatir ddmunä
jdsma u devdh savitä gagdHa \
bhägö vä gtfbhir arjam&m anagjät
so asmäi tcarus Jchadajad utd sjäJt |
Grassmann übersetzt das: „Der ewge herrscher sei erfreut,
der hausfreund, und wem genuss gott Savitar erzeugt hat;
ihn schmücke Bhaga, Arjaman mit kühen; er möge lieb ihm
dünken, lieb ihm sein auch". Ludwig hat: „Gefallen finde
der nie versagende selbstherr, der hausfreundliche [an dem],
dem auch Savitar der gott gezeugt hat; auch Bhaga, Arjaman
verleihe als zier ihm rinder, er erscheine ihm schön und sei
es auch". Liest man wiederum damit wo, so wird auch hier
das ganze klarer und einfacher, jede zutat in der Übersetzung
ist dann überflüssig. Ich übersetze: „Der ewige selbstherr
möge an unserm haus gefallen haben, nachdem ihm (dem
hause) der gott Savitar gezeugt hat. Bhaga, Arjaman möge
es mit rindern salben (ausstatten); lieb und wert soll es ihm
erscheinen und sein". Der „ewige selbstherr" ist Varuna. Die
zeugung Savitar's kann nur das licht sein. Beim ersten sonnen-
stral, der in's haus fällt, werden die Aditja's um gnade ange-
rufen: Varuna, Savitar — an Mitra's stelle — , Arjaman und
Bhaga. Dass jdsmäi im sinn von jdd asmäi genommen wurde,
wird keinem vedisten auffällig erscheinen. — vä ist s. v. a, väi
RV. 3. 5. 4: mitro adhvarjür i§iro ddmüna
mitrdh sindhänäm utd pdrvatänäm 1
Grassmann's Übersetzung lautet: „Ein freund als diener und
als tät'ger hausherr, ein freund der ströme und der hohen
berge". DieLudwig's: „Mitra als adhvarju, der rüstige, haus-
freundliche, Mitra der ströme, Mitra der gebirge". Durch die
änderung ddmü nö wird die letzte zeile deutlich, die sonst
ganz in der luft hängt. Es ist zu übersetzen: „Als muntrer
adhvarju wird er (Agni) zum Mitra in unserm haus, zum
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Arisches. 197
Mitra der ströme und der gebirge". Also Mitra daheim und
draussen.
KV. 5. 1. 8: märgcUjo mrgy'ate sve ddmünah
kavipraiastö' dtithih sivo nah |
Grassmann: „Der schmucke hausfreund wird geschmückt im
heimsitz . . ."; Ludwig: „[Selbst] reiniger wird geschmückt
rein dargestellt als hausgewonter im eigenen, als heilbringender
gast in unserm hause der von den weisen gepriesene". Mit
sve ist bei dem überlieferten Wortlaut nichts rechtes anzu-
fangen. Grassmann im Wörterbuch, sp. 1620 heisst uns ddtne
zu ergänzen. Ludwig's Übersetzung enthält mehr als im text
steht. Ich lese ddmü nah. Dadurch kommt auch diese stelle
in Ordnung. Bezüglich der Verbindung sve ddmü nah „in
unserm hause" verweise ich auf die bei Grassmann, Wörter-
buch, unter svd- 7) angefürten stellen. Es ist zu übersetzen:
„In unserm hause wird jetzt der glanzliebende zu hellem
glänz gebracht, der dichtergepriesene, er der unser huldvoller
gast ist".
RV. 5. 4. 5: güffö ddmünä dtithir durönd
(= AV. 7. 73. 9) imdm nö j'agndm üpa jähi vidvdn \
Ich lese ddmü nö und übersetze: „Willkommen in unserm
hause, als gast in unserm heimsitz komm her zu diesem
upsern opfer, von dem du ja weisst".
Weniger gesichert scheint mir die vorgeschlagene fassung
für die folgenden drei stellen:
RV. 1. 68. 10: vi räja aumöd durah puruksuh
pipesa ndkam stföhtr ddmünah \\
Ich ändere das letzte wort in ddmü nah. näka- nehme ich
entgegen der gewönlichen auffassung als „dach". Das dach im
höchsten sinn ist der „himmel". Vgl. RV. 4. 13. 5: diväh
skambhdh sdmj-tah pali näkam „als säule des himmels einge-
fügt stützt er dessen dach". Die obige stelle übersetze ich:
„Des reichtums pforten hat der narungsspender erschlossen.
Mit Sternen hat er in unserm haus das dach geschmückt".
Die sterne sind die funken, die vom herd zum dachfirst (nd-
kasja prsthdm RV. 1. 125. 5) emporfliegen.
RV. 6. 71. 4: tid u §jd devdh savitd ddmünä
hiranjapänih pratidösdm asthät \
ddmü nö lesend übersetze ich: „Jetzt ist hier der gott Savitar,
der goldhändige in unserm hause dem dunkel entgegen ge-
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198 Chr. Bartholomae
treten". D. h.: In unser bis dahin dunkles haus ist jetzt der
erste sonnenstral gefallen 1 ).
RV. 3. 1. 17: prdti mdrtq avasajö ddmünä
dnu dsvän rathiro jasi sädhan |
Liest man ddmü nö, so ergibt sich die Übersetzung: „Den
sterblichen in unserm hause hast du dein licht entgegen stralen
lassen. Nun fährst du auf deinem wagen stracks zu den himm-
lischen empor".
Man vergleiche noch RV. 1. 123. 3, wo man dira ddmü, nö
zusammen nehmen könnte „in diesem unsern hause".
XVI. Ai. durönä-.
Das wort ist nur in der altern spräche üblich und vor-
wiegend im lokativ durötie, der im RV. und AV. zusammen
35 mal an 31 verschiedenen stellen vorkommt. 17 (19) mal
steht es allein, 4 (5) mal folgt die postposition ä — 3 (4) mal
am schluss einer zwölferzeile — , 5 mal ist es mit einem ad-
jektiv — sve*, mädhje* — verbunden, in 7 (8) fällen hängt
ein genetiv — mdnu$ö*, däsusö, apäm — davon ab. Der
akkusativ findet sich nur 4 mal, einmal mit iddm verbunden,
dreimal mit dem genetiv sukftö. Sonst treffen wir das wort
noch in den komposita durönasdt RV. 4. 40. 5, durönajüs
8. 49 (60). 19.
Die bedeutung des worts war niemals strittig. Im nai-
ghantuka steht es unter den grhanämäni. Es bedeutet unzwei-
felhaft „heim, heimstätte", im lokativ insbesondre „daheim, bei
sich zu hause". Aber eine brauchbare erklärung habe ich
nirgend finden können. Jaska, nir. 4. 5 brachte dur- mit
du? „übel" zusammen. Davon ist man längst abgekommen.
Man stellt es jetzt allgemein zu dur- „tor, tür". Und das ist
*) dsthäd . . pratidösdm auch RV. 1. 35. 10: „fortscheuchend die
zauberischen unholde ist jetzt der gott dem dunkel entgegengetreten,
der gepriesene". Ludwig übersetzt hier „abend für abend", an der
andern stelle „der nacht entgegen" ; 6 rassmann (im Wörterbuch) „gegen
abend", döt° ist nicht „abend", sondern „dunkel, dämmerung" über-
haupt; Geldner, 70 lieder, s. 42 übersetzt zu 10. 39. 1 dösam u*asö
richtig mit „im morgengrauen", one sich weiter darüber zu äussern. Den
hymnus £.71 fasse ich (mit Sa Jana) als morgenlied. — Ueber die be-
deutung von dösa västös a. and. o. (unten s. 205 ff.).
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Arisches. 199
gewiss das allein richtige. Es bleibt aber -önd-. Grassmann
zerlegt das in -a, Stammauslaut, +unä-, suffix. Das ist falsch;
una- und ina- stehen nur hinter konsonanten; s. Lindner,
nominalbildung, s. 65 und 59. Bei Lindner und Whitney
habe ich das wort nicht gefunden.
Ich denke mir die entstehung von durönd- ganz änlich
wie die von ddmünas-, und zwar aus duros, dem gen.-lok. dual.
Yon dv(ä)r- „tür, tor" + nas, dem enklitischen gen.-plur. des
pron. l.person. Die Verwandlung von (s+n durch) z+n in n
ist ganz regelmässig; vgl. dünäsam RV. 6. 45. 26 u. ö., wort-
text duh-ndsam. „Ersatzdehnung" konnte hier natürlich nicht
eintreten, da die silbe one dies schon langen vokal hatte.
*duronas bedeutete sonach zunächst „innerhalb unsrer
beiden türen", dann weiter „bei uns daheim, bei uns zu hause".
Der lautgesetzliche wandel von zn in n brachte es mit sich,
dass in der folge die Zugehörigkeit des -nas zum pronomen der
ersten person in Vergessenheit geriet *duronas wurde adver-
bium und bekam die allgemeinere bedeutung „zu hause, daheim"
und konnte nun auch bei zweiten und dritten personen ge-
braucht werden; vgl. dazu Paul, prinzipien*, 8. 195 f. Gleich-
zeitig damit erfolgte eine Verschiebung des tons auf die letzte
silbe: * durönds, wie sie bei adverbien nicht selten ist; vgl.
Whitney, grammatik, § 1111 e, 1112 e und dazu verf., Bezzen-
berger's beitrage XV, s. 20 f. note.
Der scbluss der entwicklung war, dass man durönds „da-
heim" als Substantiv gebrauchte „das daheim" *) und dann nach
dem nächst besten muster, also nach der a-deklination, flektirte.
durönds zu duröne verhält sich nicht anders als im deutschen
jenseits zu in dem jenseits. Das kompositum durönasdt könnte
aus durönds +sdt hervorgegangen *) und dann seinerseits dazu
beigetragen haben, den neuen „stamm" durönd- zu schaffen.
*) Das daheim im sinn von das heim, die heimat kann man jetzt
öfter hören und lesen: „In Amerika hat er sich ein neues daheim ge-
gründet" u. anl. a ) Vgl. rahasuh RV. 2. 29. 1 aus °has+s°. — loh
glaube nicht mehr daran, dass im indischen ts irgendwo auf lautgesetz-
lichem weg aus s+8 hervorgegangen ist, ebenso wenig wie an die ent-
stehung von ks aus (ar.) *+'; s. verf., beitrage, s. 154 f. In den zu
Panini 8. 2. 72 angefurten beispielen: ukhäsradbhjäm, °dbhis zu °sras\
parnadhvadbhjäm, °dbhi$ zu °dhvas ist °dbh° ganz regelrecht aus °zbh°
hervorgegangen. Und wenn dazu ein nom. sing. °srat 1 °dhvat, ein lok.
plur. °tsu vorkamen, so ist eben der dental von den M-kasus her über-
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200 Chr. Bartholomae
Dreimal findet sich statt duräntf die form durjöne : RV.
1. 174. 7, 5. 29. 10 — 32. 8. Das wort fällt auf die 2. bis
4. silbe der trifitubhzeile. durjöne ist eine mischbildung aus
duröne und dürfe: zu deren wal das metrische bedürfnis bei-
getragen haben mag.
XVII. Der sog. genetivus temporis im veda.
Unter dieser bezeichnung fürt Delbrück, altind. syntax,
s. 164 fünf formen auf: aktos, ksapds und ksdpas „bei nacht",
västös und usdsas „am morgen 11 . Siecke, de genetivi in lingua
. . vedica usu (Berl. diss. 1869), s. 65 fügt noch dhnas hinzu.
Das beruht aber wol auf einem irrtum. Wo soll dhnas in
adverbialem gebrauch vorkommen, one dass ein andres adver-
bium, wie Ms, idänirn etc. dabei stände? 1 ) Whitney, ind.
tragen, ebenso wie f in vif, spät u. a.; e. verf., ebd., s. 159. Die falle
vatsjati, avatsjat, vivatsati zu vas- „wonen", gighatsati zu ghas- „essen 6 ',
zu Panini 7. 4. 69 angefürt, sind unter dem selben gesichtspunkt zu
betrachten wie adbhis zu apas und sqsrdbhis zu sqsfpäm; vgl. Brug-
mann, grundriss I, § 328 anm. 2. In der 3. sing. akt. der unthema-
tisehen praeterita konnten wurzeln auf dentale und auf s im ausgang
zusammenfallen. Zur 1. und 2. sing, des «-aorist aus ^vas-: *aväsam,
*aväs lautete die 3. *avät; cf. vjäiät, ahinat (J. Schmidt, Kuhn's Zeit-
schrift XXVI, s. 408). Da nun anderseits neben aiväitsam die 3. sing.
akväit stand, so konnte zu *avät leicht eine 1. sing, avätsam gefolgert
werden. Ich bitte danach das a. o., s. 102 und 161 f. gesagte berichtigen
zu wollen. — Dass in der Ursprache *+* nirgend zu ts geworden ist, habe
ich bereits a. o., s. 102 ff. gezeigt; «« ist entweder geblieben oder zu s
geworden; cf. gr. taai = arm. es > «7 « ai. äst, av. ahi. (Ein versuch
zur erklärung bei Osthoff, zur gesch. d. perf., s. 18 f. note.) ln's
arische scheinen nur formen mit einfachem s übergegangen zu sein. Wo
das indische m oder hs zeigt, haben wir es mit neubildungen zu tun;
vgl. verf., a. o., s. 154 zu ss und hs.
*) dha in KV. 6. 48. 17 wird im worttext für dhar genommen. Es
könnte wol genetiv sein, cf. verf., Bezzenberger's Zeitschrift XV, s. 16.
Aber die stelle ist ganz verzweifelt. Ludwig's Übersetzung, die ädddhate
zu rria als verbum finitum nimmt, ist zweifellos falsch. Grassmann
scheint dha als partikel zu fassen. Auch metrisch sind die beiden Zeilen
nicht in Ordnung. — In RV. 10. 169. 3 steht Aha djübhis: zweifellos eine
abkürzung für ähabhir djübhis, wie 10. 7. 4 lehrt; vgl. dazu verf., bei-
trage, s. 163 f. und oben s. 193. In AV. 6. 31. 3 ist dha djübhis in
dhar djübhis „verbessert". Die TS. 1. 5. 3. 1 will uns ein vaha djübhis
weiss machen. VS. 3. 8 stimmt zu RV. Ganz abweichend ist die lesart
der MS. i. 6. 1.
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Arisches. 201
grainmatik, § 1115 kennt für die adverbiale Verwendung des
genetivs in der altern spräche nur zwei beispiele: aktos und
vdstös.
Ist die anname des genetivus temporis für die ältere
vedische zeit begründet? Es dürfte sich wol Ionen, die frage
durch eine genauere Untersuchung der einzelnen falle zur ent-
scheidung zu bringen.
1) USdsOS.
Hier können, so viel ich sehe, nur drei rgvedastellen in
betracht kommen: RV. 1. 34. 3, 79. 6 und 10. 39. 1, wo der
satztext ufäsö hat. Mir scheint der adverbiale gebrauch des
genetivs an keiner dieser stellen irgendwie gesichert. — In
1. 79. 6:
ksapö' rügann utd tmdna
dgixe vdstör utosdsafr \
ist usdsas gegen Grassmann, Wörterbuch, sp. 268 als gen.
subj. von vdstös abhängig zu machen, wie dies Grassmann
selbst später (u. d. w. västu-) richtig angibt. So auch Ludwig.
Man vergleiche dazu 7. 10. 2, wo vdstör usäsäm, und oben
s. 185 f. zu usräs. — In 1. 34. 3:
trir vagavatir isö asvinä juvdm
dösä asmdbhjam usdsas lea pinvatam \
kann man zwei andre wege einschlagen. Entweder man nimmt
dösä usdsas ka als akk. plur. (Delbrück, a. o., s. 184) —
vgl. auch 7. 15. 8, wo ksdpa usrds 1ca — , oder man verbindet
sie als gen. sing, mit tris (ebd., s. 163). — Endlich 10. 39. 1:
jo väm pdrigmä sutfd asvinä r&thö
dösdm usäsö hdvjö havlsmatä \
Nach den verfertigern des worttexts hätten wir es hier bei
usäsö mit einer metrischen Verlängerung zu tun. Dieselben
schreiben bekanntlich auch im akk. sing, usdsam statt usäsam
des satztextes. Aber hier liegt metrische dehnung zweifellos
nicht vor: das alter der länge wird ja durch av. uääwhem er-
wiesen. Anders bei usäsö. Mag man es als gen. sing, oder,
wie L an man will, als akk. plur. fassen, die form bleibt gleich
auffallig. Es ist ja gewiss richtig, dass in tri&tubh- und d£a-
gatizeilen, die den einschnitt nach der fünften silbe haben, in
der vierten silbe die länge vorherrscht. Doch findet sich der
rhythmus tt-ou- | in unserm Med noch viermal: 5b, 7d,
9 b, 12 d, und ist überhaupt, wie aus Oldenberg's zusammen-
B«itrig« x. kunde d. indg. sprachen. XV. 14
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202 Chr. Bartholomae
Stellungen, hymnen des rigveda, 8. 49 f. hervorgeht, unter allen
„unregelmässigen" verseingängen der gewönlichste. Es fallt mir
danach schwer zu glauben, dass die dichterin der hymne aus
metrischen gründen die auffällige form gebraucht haben sollte.
Eher möchte ich annehmen, dass die rezensenten den text, der
ihnen unverständlich schien, geändert haben. Vielleicht hiess
es früher dösäm ufäfs] so' h°, das wäre: „Euer schön rollender
wagen, ihr ASvinen, der in der morgendämmerung die erde
umkreist, er ist von dem opferer anzurufen" usus wäre der
gen. sing, mit dem femininalausgang, und würde sich zu u$ds
stellen wie usras zu usrds (oben s. 185 f.); man vergleiche auch
den lok. sing, ufäm (verf., beitrage, 8. 155) und dazu u&rdm.
Auch für RV. 9. 41. 5:
sä pavasva vikar$ana
a mahl' rödast prn<* [
u$äh sü'rjö nd rasmibhih 1
scheint es mir weit besser, zu übersetzen: „Du lautre dich
jetzt, durchdringender, erfülle die beiden grossen weiten, wie
der Sonnengott mit den stralenbündeln der morgenröte", als
so, wie es bei Ludwig geschieht, der u$dh als nom. sing,
nimmt. Man erwartete sonst, dass nd zweimal, mindestens
aber dass es hinter dem ersten Vergleichsworte stünde. Gewön-
lich heisst es, der Sonnengott folge der morgenröte; hier liegt
die anschauung zu gründe, dass er sie vorausschickt Gras 8-
mann's Übersetzung, bei der usäs nach dem Petersburger
Wörterbuch als akk. plur. genommen ist, behagt mir noch
weniger als die von Ludwig.
Aber auch angenommen, es seien die worte dösdtn upasö
richtig überliefert: auch dann kann u§äsö keinesfalls als genetiv
der zeit gefasst werden. Die Übersetzung der beiden Zeilen
würde sich von der oben gegebenen nur in so fern zu unter-
scheiden haben, als die worte hdvjö havfsmata noch zum Vorder-
satz zu ziehen wären.
2) k$dpas und Jcsapds.
Die form fydpas findet sich im rgveda acht mal, kfapds
fünf mal. In 1. 64. 8, 116. 4, 4. 16. 19, 6. 52. 15, 7. 15. 8,
8. 26. 3, 4L 3 und 10. 77. 2 haben wir zweifellos einen akk.
plur. vor uns. Es bleiben dann noch: 1. 4A. 8, 70. 7, 79. 6,
2. 2. 2, 8. 19. 31. — An der stelle 1. 70. 7:
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Arisches. 203
vdrdhän jdtn pürvih ksapo' virüpa
sthätüs Jcardtham ftäpravitam \
wird ksapo von L an man als akk. plur. angesehen (tbrough
many nights and mornings), von Grassmann als nom.
plur., von Ludwig als abl. sing., abhängig von virüpa. — Zu
2. 2. 2:
divd ivtfd aratir manusä jugd
d ksdpö bhäsi puruvära smnjdtah ||
wollte Grassmann, Wörterbuch, sp. 362 ksdpö als gen. sing,
der zeit nehmen; auf sp. 1438 erklärt er es aber als akk.
plur. Und da ksdpö doch sicher mit samjdtah verbunden
werden muss, ist meines erachtens die anname eines andern
kasus gänzlich ausgeschlossen, mag man nun ksdpö als akku-
sativ der zeit nehmen oder, wie La n man will, als Objekts-
akkusativ zu a bhäsi. — Genetiv, aber gen. subjektivus ist das
wort in 1. 44. 8, wo vjüstisu ksdpah, und 8. 19. 31, wo ksapo
vdstusu „beim hellwerden der nacht", d. i. wenn die nacht
anfängt hell zu werden, in den tag übergeht. Statt ksapds
wird auch aktos gebraucht. Cf. 5. 30. 13: aktor vjüstäu pdri-
takmjäjah „beim hellwerden der nacht, als sie auf der wende
stand 4 * 1 ); 6. 24. 9: aktö'r vjüstäu pdritakmjäjäm „beim hell-
werden der nacht, zur zeit der wende". — Grassmann
schwankt zwischen zwei auffassungen hin und her; cf. sein
Wörterbuch unter ksdp-, vdstu- und vjüsti-. Auch Ludwig
übersetzt ungleich; s. rigveda I, s. 285, 426. An der letzten
noch übrigen stelle, 1. 79. 6 lesen wir:
ksapo rägann utd tmdnä
*) Wenn aktdv- auch femininal gebraucht wurde, was es jedenfalls
von haus aus war; cf. verf., Bezzenberger's beitrage XV, s. 20. Sonst
vrkre pdritaknyäjäm zu lesen. — Zur bedeutung von pdrüakmja- cf. Lud-
wig, rigveda IV, s. 83 f., V, s. 111. Als adjektiv besagt es „im um-
(ab)lauf begriffen, auf der wende, kippe, neige stehend"; als feminines
Substantiv „um(ab)lauf, wende, neige", ausser 18. 108. 4 — wo „weges-
wende" — nur von der wende der nacht zum morgen und nur im lok.
sing, gebraucht. — Adjektiv ist das wort ausser in. 5. 30. 18 (cf. oben)
noch 1. 81. 6: tärasütä pdritakmfi dkdris „im m&nnerkampf , wenn der
preis auf der kippe steht", und 1. 116. 15: üga kkelfoja päritakmjäjam
„als der kampfpreis des Khela auf der kippe stand". — In 5. 80. 14 ist
offenbar statt des überlieferten pdrUakmjä ja t vielmehr pdrüokmjäjäm zu
lesen; so Pischel, ved. Studien I, s. 82.
14 #
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204 Chr. Bartholomae
dgnS vdstör utosdsah \
sd tigmagambha raksdsö daha prdti \\
lux Petersburger Wörterbuch III, sp. 407 werden die beiden
ersten Zeilen übersetzt: „bei nacht und auch in der dämmerung
und morgens". Diese Übersetzung kann keinesfalls als richtig
gelten ; sie berücksichtigt nicht, dass utd tmdnä dem wort, das
es hervorheben soll, stäts folgt, und übersieht, dass usdsah
von vdstör abhängig ist, cf. oben s. 201. Die Stellung von utd
zwischen den beiden zusammenzunehmenden Wörtern ist ganz
so, wie zu erwarten; cf. 2. 27. 8: tisro bhumlr dhärajan trfr
utd djü'n (nicht utd tr°df). Grassmann übersetzt: „0 der
du stralst bei nacht zumal, o Agni, und beim morgenlicht,
. . .". rägan wird also hier als vokativ des partizips zu rägati
„leuchtet" genommen, wärend es im Wörterbuch zu rägan-
„könig" gezogen war. Auch Benfey nam es als partizipial-
form: „Bei nacht, o leuchtender! — bei tag und morgens,
Agni! . . ." Ludwig hat: „Bei der nacht selbst und der Uäas
aufgang, o Agni . . .". rägan ist in der Übersetzung vergessen.
Im kommentar findet sich die bemerkung: „ragan ist hier viel-
leicht infinitiv". Wol zu rdgati „er herrscht"? Dann wäre zu
betonen rdgann . . Die Vieldeutigkeit von rägan macht die
Übersetzung der stelle unsicher. Jedenfalls aber sind wir nicht
gezwungen, ksapds als zeitgenetiv zu nehmen. Man kann es
als genetiv von rägan „könig" abhängig machen („der du auch
der nacht könig bist, o Agni, und der morgendäminerung") oder
auch, was ich vorziehe, als akkusativ fassen („der du auch die
nachte hindurch erstralst, o Agni, und in .der morgendäm-
merung"). — Also auch k§dpas und ksapds sind unter den
beispielen des zeitlich gebrauchten genetivs zu streichen.
3) aktos.
Bei Grassmann werden für den zeitlichen gebrauch des
worts fünf rgvedastellen angefürt: 4. 10. 5, 6. 3. 3, 5, 38. 4,
7. 11. 3. — In 4. 10. 5 steht idd leid aktoh neben ida kid
dhnah. Hier wie dort ist der genetiv von ida abhängig zu
machen; vgl. Delbrück, a. o., s. 163(, wo aber unsre stelle
übersehen ist). — In 7. 11. 3: Ms leid aktoh hängt der genetiv
von tris ab, wie Grassmann unter tris selber angibt — In
6. 38. 4 ist aktoh, ebenso wie 3. 30. 13 mit jäman zu ver-
binden; jämann aktoh ist „an der gränze der nacht", d. i.
sowol beim hereinbrechen als beim verschwinden der nacht;
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Arisches. 205
das davor stehende updsö geht in beiden stellen auf morgen-
und abendröte. In 6. 38. 4:
vdrdhähäinam u?dsö jdmann aktor
värdhan mdsah sarddö djäva indram [|
ist gegen den worttext die erste gruppe in vdrdha dha Znatn
aufzulösen, vdrdha muss instrumental sein; zu vdrdha . .
vdrdhän vergleiche man tdpä tdpasä u. änl. Wie man eine
2. sing, des imperativs unterbringen will (Grassmann), ver-
mag ich nicht zu sehen. — In 6. 3. 5:
kitrddhragatir aratir jo aktor
übersetze ich mit Ludwig: „der nacht (oder besser noch: des
frühlich ts) ^ böte mit farbenbunter ban"; aktoh ist also pos-
sessiver genetiv. — Es bleibt dann noch die schwierige stelle
6. 3. 3. Ich werde später darauf zurück kommen. Zunächst
wende ich mich zum letzten noch übrigen gen. teinp.:
4) vdstös.
Nach Grassmann ist vdstö? an allen rgvedastellen, wo es
vorkommt, zeitlich gebrauchter genetiv, mit ausname von 2.
39. 3, 4. 45. 5 und 10. 189. 3, wo es als ablativ von dem
vorhergehenden prdti abhängen soll. Die (24) stellen sind:
RV. 1. 104. 1, 179. 1, 5. 32. 11, 6. 5. 2, 39. 3, 7. 1. 6, 8.
25. 21, 10. 40. 4; — 1. 177. 5, 6. 25. 9, 10. 89. 17; -
1. 79. 6, 7. 10. 2; — 1. 116. 21, 10. 110. 4; — 10. 40. 1, 3;
— 1. 174. 3, 4. 16. 4, 6. 4. 2; — 10. 40. 2. An den erst
angefürten acht stellen steht dö§a vdstör (und zwar überall am
Zeilenanfang). An den nächsten drei stellen ist der text gleich-
lautend: vidjäma vdstöf dvasa grndntö. An den beiden fol-
genden stellen steht ein genetiv von u$ds- daneben; an den
nächsten beiden ein femininer genetiv: tfkasjas und asjäs. An
den zwei nächsten finden wir vdstörvastös. Bei den folgenden
drei bildet vdstöh den zeilenschluss. In 10. 40. 2 steht: küha
8vid dö§a küha vdstör asvinä. Endlich kommen dazu noch die
drei stellen mit prdti vdstöf. Die von Grassmann vorge-
schlagene Verbindung der beiden wörter ist, wie oben s. 185 f.
gezeigt wurde, abzuweisen.
Zunächst zu dösd vdstöh. Der worttext hat überall dö$a,
*) Agni wird im morgengrauen entzündet, er kann also wol der
böte and ankündiger des frühlichts genannt werden; vgl. dazu RV. 6.
4. 2, unten s. 212. Zar etymologie der beiden wörter aktuf s. weiter
anten.
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206 Chr. Bartholomae
ausser 1. 179. 1, wo er dö?ah bietet Was bedeutet döfä vdstöh?
Die herkömmliche Übersetzung ist „abends und morgens". Dann
wäre allerdings vdstöh als genetiv der zeit zu nehmen. Aber
jene Übersetzung ist nicht richtig. Der stamm, der jenem dö$d
u. 8. w. zu gründe liegt, bedeutet zunächst „dunkel, dämrae-
rung" im allgemeinen, wie ich schon oben s. 198 zu pratidöf&m
bemerkt habe; im naighantuka 1. 7 steht dö$a unter den rüiri-
nämani, nicht weit von tdmas und rdgas, mit denen es ungefär
gleichbedeutend ist. Das zweite wort aber, vdstöh ist dem
vorhergehenden dö§& nicht gleichgeordnet, sondern davon ab-
hängig, dösd vdstöh bedeutet „im dunkel des tagesanbruchs,
im morgenzwielicht, im morgengrauen". Als schwerwiegendster
beweis dafür gilt mir die stelle RV. 1. 104. 1, wo es heisst:
„Eine statte ist dir, Indra, zum sitz bereitet; auf ihr lass dich
nieder, wie ein schnaubender renner, nachdem du die vögel
abgespannt, die rosse ausgeschirrt hast" dö$d vastör vdhijasah
prapitvd 1 ). GraBsmann übersetzt die letzte zeile „die treff-
lich faren früh, am tag, am abend"; aber nach seinem Wörter-
buch, das prapitvd- als „tagesanbruch" und dösa vdstöh als
„am abend und morgen" erklärt, sehe ich nicht, wie diese
Übersetzung herauskommen soll. Ludwig hat „die dich abends
und morgens schnell in die nähe füren". Aber auch das ist
unrichtig, prapitvd- bedeutet nicht „nähe", sondern im gegen-
teil „entfernung", insbesondere ist es vom weggang der sonne,
des tages gebraucht, also im sinn von „abend": eine bedeutung,
die insbesondere durch RV. 8. 1. 29 bewiesen wird, wo auch
Grass mann nicht umhin kann prapitvd apüarvartf im gegen-
satz zu sü'ra Mite und madhjdthdinE divdh auf den abend
zu beziehen. Das neue Petersburger Wörterbuch weicht unter
prapitvd- mit gutem gründe vom alten ab 8 ). — Wenn nun
*) Gaedicke, akkusativ, b. 177 lässt gerade das entscheidende wort
weg. *) Zur etymologie von prapitvdm etc. vgl. Geldner, Studien I,
s. 52 f. und 162 f. Aber wenn pa£- „weichen*', „zum weichen bringen"
als grundbedeutung hat, verstehe ich av. arempißwä, rapißwinem etc.
nicht, pai' ist wol einfach „rücken". *arampitva- „mittagszeit" wäre
also „das sich zurecht rücken (der sonne)". Wenn die sonne hoch steht,
ist ihre bewegung nicht so deutlich zu sehen, als früh und abends. Die
festen punkte, nach denen man das auf- und absteigen bemisst, sind
dann zu fern, und die schatten verändern sich nur wenig und langsam. Das
könnte zu dem ausdruck anlass gegeben haben. Die sonne bewegt sich
scheinbar nicht in einer bestimmten richtung, sondern rückt sich nur
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Arisches. 207
aber prapUve weder „in der nähe", noch „am morgen" be-
sagen kann, sondern nur „am abend", so kann dösd vdstöb an
der in rede stehenden stelle unmöglich „abends und mor-
gens" bedeuten. Da bekämen wir „abends" ja zweimal. Die
worte dösd vdstöh gehören zusammen, bilden zusammen den
gegensatz zu prapitve. Sonach ist die Schlusszeile Zu über-
setzen: „die dich im morgengrauen gleich . trefflich faren wie
am späten abend".
Unter den übrigen stellen mit dö$d vdstöh ist keine, die
gegen die gegebene fassung spräche. RV. 10. 40. 4 z. b. lässt
sich eher dafür als dagegen anfüren. Es heisst da „wie wol
jäger wilde tiere 1 ) (mit köder locken), so rufen wir euch zu
uns hernieder dö$ä vdstöh mit haviä". Es ist von den beiden
ASvinen die rede, welche „im morgengrauen, noch vor der
morgenröte" (Geldner, 70 lieder, s. 41) erscheinen und zur
selben zeit auch das opfer entgegen nehmen*). Man beachte
insbesondre KV. 5. 77. 2, wo der nachdruck immer auf dem
prätdr liegen bleibt, auch wenn man die zweite zeile so, wie
Ludwig will, übersetzt: „Früh verehrt, reizt die Asvinen an;
nd säjäm asti devajd dgusfam*); auch noch der und jener
andre als wir verehrt sie vi kdvah 4 )-, immer wer sie früher
verehrt, der gewinnt". — Gleichbedeutend mit dö$ä vdstöh ist
der ausdruck dösdm usd oder usasö an der oben s. 201 f. be-
sprochenen stelle RV. 10. 39. 1, die sich ebenfalls an die
ASvinen richtet.
Die Übersetzung von dö?ä vdstöh mit „abends und mor-
gens" ist vielleicht durch die viermal vorkommende Verbindung
von döfä mit Ufäsi veranlasst oder doch begünstigt worden;
cf. RV. 2. 8. 3, 4. 2. 8, 7. 3. 5, 8. 22. 14. Aber auch hier
geht dö?ä nicht auf das abenddunkel, sondern auf das dunkel
gewisserraassen zurecht; und zwar zurecht, damit man sie überall und
zugleich sehen kann : was in gebirgsgegenden allerdings weder früh noch
abends der fall ist. Vgl. dazu RV. 7. 66. 14: viivasmäi kdkfast dram.
*) Elefanten. 9 ) Doch vgl. auch Bollensen, zeitschr. d. dtsch-
mgl. ges. XLI, s. 496 ff. s j Vielleicht als frage ? Dann devaja s. v. a.
devatra; s. verf., Bezzenberger's beitrage XV, s. 20 f. *) Alte Ver-
derbnis; s. MS. 4. 12. 6. 16 , TBr. 2, 4. 3. 18 , Nir. 12. 5. Vielleicht
vivakah „da und dort rufend"; die reihenfolge der buchstaben wurde ver-
ändert. Die Verbindung von atyo, sing, mit viväkah , plur. würde sich
der von tvö mit guhvati (Delbrück, syntax, 8. 83) an die seite stellen
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208 Chr. Bartholomae
überhaupt. Ich verweise insbesondre auf 8. 22. 14, wo wie-
derum von den ASvinen die rede ist; also „ehrerbietig gehen
wir sie an, im morgendunkel, im frühlicht, die glanzesherrn" ;
vgl. dazu noch RV. 10. 40. 2, worüber später.
In RV. 2. 8. 3: jd u erijä ddtneav a dösosdsi p-asazjdle
Hesse sich unter hin weis auf das oben s. 201 f. besprochene dö-
8dm usäsö RV. 10. 39. 1 und auf Bergaigne's bemerkung zu
tdmqsj aktan RV. 10. 1. 2 im Journal as. 1883. II, s. 478
allenfalls auch „in der dämmerung des morgens" übersetzen.
Doch müsste Bergaigne's ansieht erst ausreichender begründet
werden; jedenfalls ist sein beispiel für „la construetion para-
tactique frequente mais souvent meconnue" an stelle der hypo-
taktischen nicht beweiskräftig, da aktü'n auch der form nach
one weitres als genetiv genommen werden kann 1 ). Notwendig
ist jene Übersetzung auf keinen fall. Die zusammen- und
gegenüberstellung von dös° „dunkel" und usds „morgen" —
ausser im lok. sing, noch im akk. sing, und plur.: dösäm usa-
sam RV. 4. 12. 2, 5. 5. 6, dösa . . usdsas ha 1. 34. 3, usdsö
dösdsas lea AV. 16. 4. 6 — unterscheidet sich hinsichtlich der
bedeutung kaum merklich oder gar nicht von der gewönlichen
Verbindung von ndkt° mit usds , oder von aktu° mit usds° (z. b.
RV. 7. 39. 2). Aus dem rgveda ist meines erachtens keine
stelle beizubringen, an der dös° gerade auf das abenddunkel
zu beziehen wäre — mit ausname höchstens von 1. 191. 5, wo
pradösdm im sinn von „gegen abend, wenn's dunkel wird" ge-
braucht zu sein scheint; das lied ist zweifellos Jüngern Ursprungs.
Auch in 4. 11. 6 bedeutet dösd, trotz Ludwig's bemerkungen
a. o. IV, s. 321, einfach nur „im dunkeln"*). Ebenso ist
dösavastar nur „der du im dunkeln aufleuchtest", ein syno-
nymon von ksapam vastd 3. 49. 4 8 ). Besondre beachtung ver-
*) So Ludwig, a. a. o. VI, 8. 248. Gleich gebildet sind: dayun^
sürl'n, rifn, devdn u. a., worüber an and. orte. — Wegen bhumim prthi-
tf%m RV. 5. 85. 4 verweise ich auf Bollensen, zeitschr. d. dtsch. ragl.
ges. XU, s. 494 ff., wegen faama budhndm 4. 19. 4 auf vor f., Bezzen-
berger's beitrage XV, s. 29. ') Die atrophe wird übrigens sowol von
Lndwig als von Grassinann falsch übersetzt; hierüber an and. o.
•) Die Übersetzung „erleuchter" oder „erheller der nachte" ist falsch.
Die „wurzel" vcu- „aufleuchten" wird nirgend transitiv gebraucht, hfa-
pam ist nicht gen. plur., sondern lok. sing. (Zu vjü^tüu fyapdh cf. oben
s. 203). vdstur ffünam RV. 8. 60. 15 (Ludwig: „der die feuerbrande
leuchten macht") scheint verderbt; vgl. unten.
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Arisches. 209
dient auch das vedische zitat im nirukta 4. 17: ajdrn hi väm
ütdje vdndanäja warn väjasö' dösä ddjcmänö abübudhat; hier
kann doch dö§ä ganz entschieden nur auf das morgendunkel
gehen 1 ).
Später ist ja allerdings dösä ausschliesslich im sinne von
„abends" gebraucht worden. Das beweist aber für die alte
und eigentliche bedeutung durchaus nichts. Der bedeutungs-
übergang ist ja einfach genug. Wir dürfen unserm satz „es
ist dunkel 11 nur ein „noch" oder „schon" einfügen, um zwei
ganz verschiedene zeitanschauungen zu erhalten.
Das wort begegnet uns auch auf iranischem gebiet; auch
hier in der bedeutung „dunkel". Das avestische hat daoäatara,
d. i. „westlich". Der westen ist die seite des dunkeis, da das
licht verschwindet und das dunkel heraufkommt, im gegensatz
zum osten, uiastara, der das licht bringt. Eine beziehung zur
abendzeit ist in dem ausdruck nicht enthalten. Zur gegen«
überstellung dao&atara — uäastara cf. ai. dösä — u#dsi, oben
s. 207 f. — In den neuiranischen dialekten treffen wir Wörter,
die mit ai. dö?ä verwant sind, in der bedeutung „gestern
abend"; z. b. neup. dös. Auch sie knüpfen an die bedeutung
„dunkel" an. Gemeint ist eigentlich „als es noch dunkel
war", d. i. in der zeit vom letzten Sonnenuntergang bis zum
letzten Sonnenaufgang, von gestern abend bis heute morgen.
Es ist verlockend, in Zusammenhang damit auch die avesti-
schen Wörter daozauäß jt. 4. 7, daozanhahe v. 19. 47, aog. 28
und duzcmha jt. 19. 44 zu bringen, die entweder als bezeich-
nung der hölle oder als beiwort derselben gebraucht sind; cf.
eregataji haha daozayßjß (oder <fo£°), bunem anh€uä femawhahf
jaß eregatö daoza*hah$, eregafa haha duzanha. Die hölle wird
überall im avesta als finster geschildert. Wärend die fromme
seele ins anfanglose licht kommt (anaqra$&%a raoköhxa), ge-
langt die des Sünders in die anfanglose finsternis (anagraffya
temöhya); cf. jt. 22. 15, 33. Hinsichtlich der bedeutung würde
also nichts im wege stehen. Auch die lautlehre würde nicht
dagegen sprechen. Ai. dö?ä etc., av. dao&a und daozankahf,
duzanha würden einen arischen stamm dauzas- (duzas-) voraus-
*) mam ist wol zu sireichen and vdndanäja dann auf den mehrfach
genannten günstling der ABvinen zu beziehen. Also: „Hat euch ja doch
die krähe aus mitleid erweckt, als es noch dunkel war, damit ihr dem
Vandana zu hilfe kämet".
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210 Chr. Bartholomae
setzen, zu dem sich der instr. sing. *dau&ä — ai. dösd, av. dao-
ba(tara) verhielte, wie ai. usä zu u$äs-; ä wäre das ergebnis
aus i und s, cf. verf., beitrage, s. 154 ff. 1 ). Freilich will
Geld n er zu jt. 19. 44 daozawhua, zu v. 19. 47 daoza*uhah§
und zu jt. 4. 7 daozanhuqß gelesen wissen und das wort aus
du&- „schlecht" und anhuä „leben" deuten; cf. drei yasht, 8. 27
und die neuausgabe zur letzten stelle. Und allerdings scheinen
die moderniranischen Wörter für hölle zu Geldner's gunsten
zu sprechen. Aber anderseits kann man auch sagen, die
Geldner'sche änderung findet an den handschriften — soweit
ich bis jetzt beurteilen kann — keine ausreichende Unter-
stützung, und was die mittel- und neuiranischen wörter an-
langt, so ist die möglichkeit doch nicht ausgeschlossen, dass
sie auf neubildung oder volksetymologischer Umbildung des
alten worts beruhen. Ja, Geldner's ändrung würde sogar als
sicher irrig gelten müssen, wenn der zu v. 19. 1, 2 belegte
nom. sing. mask. doozd, vielleicht auch die wörter duzainfa-
und duzaka- mit den oben genannten Wörtern zusammenge-
hören. Bezüglich des erstem scheint J. Darmesteter das
anzunehmen. Er übersetzt „hell born". In der tat würde die
bedeutung „finster" oder auch „höllisch 14 für daozä, das als
beiwort eines dämonen gebraucht ist, ganz gut passen, duzai-
niatiqm oder duzaininqm in v. 14. 5 ist beiwort von ameisen.
Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXV, s. 566 deutet es „übel-
atmend u » „übelausdünstend". Es könnte geradesogut „schwärz-
lich" bedeuten, duzaka* endlich steht v. 13. 2 ff. als Schimpf-
wort des hundes „vanghapara" ; mit toiana- zusammengesetzt
— duzaköJajanem — ist es v. 1. 10 beiwort des landes Vai-
kerta. Was bedeutet duzaka-? Zu v. 13 wird das wort vom
zendisten bloss umschrieben, wärend duzaköJa^anem „mit bösem
schatten" (düäsäjak) wiedergegeben wird: was jedenfalls un-
') döfam in RV. 10. 39. 1 wäre lok. sing, wie usam 1. 181. 9 (verf.,
a. o.). Die akk. sing, und plur. dösam und döfaa wären entweder neu-
bildungen (cf. Ufam, Ufas), oder sie hätten ihr ? statt r (ar. *dauXäm wäre
*döräm geworden) von dösä etc. eingetauscht, wol unter der mitwirkung
von ujam u. s. w., womit es ja gewönlich zusammengestellt wird. Sicher
unter dem einfiuss von u^ds- ist die bildung döfdsas AV. IS. 4. 6 zu
stände gekommen; cf. L an man, journ. of the am. or. soc. X, s. 468;
verf., a. o., s. 106. — Ein weitres beispiel für ar. i aus s+s ist av. usi
> kel. usese\ cf. verf., Bezzenberger's beitrage XV, s. 33 n.
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Arisches. 211
sinnig ist — Das wort äarvari- „nacht" wird im Petersburger
Wörterbuch (und danach von Grass mann) als „die durch die
gestirne bunte" gedeutet. Aber der hinweis auf die spät erst
auftretenden Wörter karburä-, karbaroh (u. a.) „gesprenkelt"
bildet keine ausreichende stütze für diese deutung. Ich denke
mir sarvart- ist einfach „die dunkle", wie tdmisrä-; in RV. 5.
52. 3 ist das wort von den dunkeln gewitterwolken gebraucht:
„wie hurtige hengste springen sie über die dunkeln (wölken)
hinweg"; vgl. Ludwig, rigveda V, 8. 245. apisarvard- heisst
„noch" oder „schon dunkel"; eigentlich „in der nähe des
(völligen) dunkeis"; atiiarvard- ist „das völlige dunkel". Nun
hat man schon längst den griechischen höllenhund Taiqß^og
mit jenem sarvard- (äarbard-) zusammengestellt; so zuerst,
wenn ich nicht irre, M. Müller. xeQßtQog wäre also eigent-
lich „der dunkle", oder auch „der mit dem dunkel, der unter-
weit in beziehung stehende". Ganz die gleiche bedeutung
würde sich für den avestischen hundeschimpfnamen duzakö er-
geben, wenn man das wort mit daozanha, däsd u. 8. w. ver-
binden darf. Welche hundeart mit dem spa vanhäparö gemeint
ist, hat noch niemand zu sagen gewusst
An die alte ableitung des ai. dösa „im dunkeln" aus der
„würzet du$- verderben", welche erst in jüngster zeit wieder
einen anwalt gefunden hat (Bezzenberger's beitrage XIII, s. 16),
glaube ich ganz und gar nicht. Die von den indischen gram-
matikern uns überkommene sucht, alles und alles auf verbal-
wurzeln zurückzufuren, wird sich hoffentlich ja auch einmal
überleben.
Nach dem gesagten darf es wol für unzweifelhaft gelten,
dass an den sieben stellen, wo der worttext dö§d \ vdstöh | bietet«
vdstöb nicht als zeitlicher, sondern als possessiver genetiv —
„im dunkel des tagesanbruchs" — zu nehmen ist. — Zu 1.
179. 1, wo dösäh | vddöh im worttext steht, s. unten.
Ich wende mich zunächst zu 1. 174. 3, wo es heisst:
rdkfö agnim asüfam ttfrvajanam
sfho nd ddtne dpqsi rdstöh ||
Grassmann übersetzt die letzten worte: „im haus des mor-
gens werke"; Ludwig; „davor, dass er im haus in unsern
werken wone"; Roth im Wörterbuch: „dass es nicht wie ein
löwe auf die werke im hause sich stürze"; endlich Geldner,
Kuhn's Zeitschrift XXVII, s. 217: „dass es nicht wie ein löwe
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212 Chr. Bartholomae
die gerate im hause fresse". Es steht, wie mir scheint, ausser
frage, dass vdstöh als ablativischer infinitiv, abhängig von rdksö
„wäre, hüte" genommen werden muss. Am meisten spricht
mich die Übersetzung Geldner's an. Doch darf man s(ho nd
nicht, wie er und Roth es tun, auf das satzobjekt agnim be-
ziehen; 8. Pischel, vedische Studien I, s. 91 ff. — vdstöh in
1. 174. 3 ist also ganz auszuscheiden. Zur bedeutung s. noch
unten 8. 213.
6. 4. 2: sd nö vibhdvä 1cak?dnir nd vdstör
agnir vanddru vedjas Udnö dhät \
Grassmann übersetzt die letzten worte der ersten zeile: „als
des morgens leuchte"; Ludwig: „anzeiger gleichsam des tages-
anbruchs". Man mag das an. Xey. Jeaksdnih fassen, wie
man will: jedenfalls ist vdstöh davon abhängig zu machen,
sei es als gen. obj. — was mir das warscheinlichste l ) — oder
sonstwie.
4. 16. 4: svär jdd vedi sudf'Sikam arkäir
mihi gjotl rurutcur jdd dha vdstöh \
Hier lässt sich vdstöh von gjö'tih abhängig machen, wie
Ludwig angibt. Doch weiche ich von ihm in so fern ab, als
ich das zweite jdd wie das der ersten zeile als konjunktion
nehme und dann, wie notwendig, rurukür, mit akzent, schreibe.
Also: „Als das Sonnenlicht, das schöne, sich mit seinen stralen
ankündigte, als sie des tagesanbruchs grossen schein hatten
aufleuchten lassen: da . . .".
Ini. 177. 5, 6. 25. 9, 10. 89. 17 lautet die vorletzte zeile
übereinstimmend: vidjama vdstör ävasä gpidntö. In der fol-
genden aber treffen sie nicht mehr zusammen. An den beiden
letzten stellen wird der mit vidjdma begonnene satz fortgefürt:
bhärddväga utd fa indra nündm , bzw. visvamiträ utd . . An
der ersten hebt ein neuer satz an: vidjamesdm vrgdnam gird-
dänum. Derselbe kehrt auch in den nachbarhymnen mehr-
fach wieder und bietet der Übersetzung keine Schwierigkeit:
„fettes gelände wollen wir haben mit rieselndem wasser". Das
übrige ist leider nicht so einfach. Grassmann und Ludwig
übersetzen überall anders. Ersterer hat der reihe nach: „Uns
Sängern sei zu teil des morgens labsal . . .". „Wir sänger
x ) „Der das tagen gleichsam ankündigt"; vgl. dazu KV. 6. 3. 5,
oben b. 205 n.
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Arisches. 213
seien deiner hilfe teilhaft, wir Bharadvadäa's, Indra, jetzt und
morgen". „(Wir wollen) durch deine huld das morgenlicht
erleben, wir Viävamitra's, jetzt auch dich besingend". Lud-
wig: „Mögen wir des tages licht finden, singend durch gnade
• . .". „Mögen wir dich finden des morgens mit gnade, indem
wir singen, wir Bharadvadza's, und auch jetzt o Indra". „Mit
liebe singend mögen wir des tages licht erleben, wir Viäva-
mitra's, auch jetzt durch dich, Indra". Zu 1. 177. 5 wird im
kommentar bemerkt: „dvasa, unklar; jetzt vermuten wir, dass
es für dvasäm steht". (In VI, s. 250 finde ich es aber nicht
aufgefiirt.) 1 ) Unter den vielen von einander abweichenden Über-
setzungen kann natürlich nur eine richtig sein; in Wirklichkeit
aber sind sie wol alle falsch.
Sicher scheint mir, dass die beiden zeilen vidjama vdstör
und vidjäme$dm von alters her zusammen gehörten, dass sie
von andren dichtem benutzt wurden, und dass dabei die zweite
zeile durch einen refrainartigen schluss ersetzt worden ist, eine
erscheinung, die wir ja häufigst beobachten. Die zeile vidjama
vdstör bildet an der Mutterstelle einen satz für sich, muss also
für sich einen abgeschlossenen gedanken enthalten, der einer
ergänzung nicht bedarf. Was soll aber vidjama vdstör dvasa
grndntö heissen? So, wie die zeile überliefert ist, nur: „wir,
die sänger, wollen durch die hilfe teilhaftig werden des vdstu".
Zu dvasa wäre ein te hinzuzudenken, vgl. Sajana's erklärung:
tvadruk?ena rakfitäh. Mag nun vdstöh an unsrer stelle be-
deuten was immer, jedenfalls ist es auch hier nicht adverbial
gebraucht. Ob freilich die Überlieferung völlig richtig, möchte
ich bezweifeln. Für die geeignetste und einfachste änderung
halte ich die von dvasa in avasä, das leicht in das geläufige
dvasä verballhornt werden konnte, vdstör avasä wäre „der
narung labsal": zu avasä- f akk. plur. vidjama wäre dann in
beiden zeilen gleichmässig mit dem akkusativ verbunden, und
zugleich bekämen wir so einen bessern, fortschreitenden ge-
danken: für uns wollen wir labende narung, für unser vieh
fette triften haben, vdstös würde also eine weitre ableitung
aus der von Geld n er aufgestellten wurzel vas- darstellen
(oben s. 211 f.); vgl. noch J. Baunack, Kuhn's Zeitschrift XXVII,
s. 561 ff.
*) So übrigens (oder dvasö) schon Gae dielte, akkusativ, s. 46 n.
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214 Chr. Bartholomae
Wie sich freilich die dichter von 6. 25 und 10. 89 den
sinn der zeile zurecht gelegt haben, ist schwer zu sagen. Falsch
ist sicherlich Grassmann's erste Übersetzung, wo vdstös —
nün&tn als „morgen und jetzt" genommen wird; vds&öf kann
doch höchstens n mane u , nicht aber „craa" bedeuten. Besser
gefällt mir seine und Ludwig's Übersetzung zu 10. 89. 17, wo
vdstöf von vidjdma abhängig gemacht wird. Aber die Stellung
von utd ist ganz auffallig, und ta hängt völlig in der luft.
Vermutlich sind die worte verderbt. Ich denke mir, es hat statt
utd ta vielmehr u tvdta im alten text gestanden, und in der
ersten zeile avasä wie an der mutterstelle. Dann wäre zu
übersetzen: „Der narung labsal wollen wir erhalten, wir die
sänger, die Bharadvadäa's, von dir, o Indra, jetzo". Der kün-
heit meiner ändrung bin ich mir wol bewusst tvätas wäre ein
ablativ des pronominalstamms tvd- mit dem suffix -tos. Ein
solcher kommt sonst nicht vor; auch von ma- in der ersten
person nicht. Die später auftretenden ablative tvattas, a&maüas
u. s. w. lassen sich natürlich nicht vergleichen 1 ). Aber doch
wäre tvdtas nicht ganz one analogie. svatas findet sich aller-
dings erst in nachvedischer zeit, ist aber zweifellos alt, wie
das avestische hatö zeigt; und die griechischen i/ii&e*, ci&&
machen es warscheinlich , dass solche bildungen schon in der
Ursprache vorhanden waren. Gerade aber die Seltenheit der
form kann ihre beseitigung und ersetzung durch zwei geläufige,
aber nichtssagende Wörter veranlasst haben.
Es bleiben nun noch elf stellen mit vdsto$ zu erledigen.
Bei zweien: zu 1. 79. 6 und 179. 1 kann man über dessen
fassung zweifelhaft sein. An den übrigen neun aber bedeutet
es ganz zweifellos „beim aufleuchten, hell werden, wenn es
tagt u . Also hätten wir doch einen genetiv der zeit anzuer-
kennen?
Nach Delbrück wäre vdstö? einfach „des morgens". Allein
mit dieser bedeutung Hesse sich doch nur an vier von jenen
neun stellen auskommen: 10. 40. 1, 2, 3 und 189. 3. An den
übrigen fünf ist ein genetiv: usrds (s. oben s. 185 f.), ufdsätn,
aqjds, eka#jä8 davon abhängig. Lässt sich nun denken, der
*) Whitney, gramm., § 1098 a. mdttas AV. 6. 20. 1, nach Whit-
ney da« einzige vedische beispiel dieser bildung, heisst vielmehr „be-
trunken"; cf. Ludwig, rigveda III, 8. 511, Florenz, Bezzenberger's
beitrage XII, s. 273.
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Arisches. 215
Inder babe „des morgens der morgenröte" oder gar „der
morgenröten" gesagt? Das wort vdstav- wird in Wirklichkeit
gar nirgend als ausdruck für eine bestimmte tageszeit ge-
braucht, sondern hat überall die bedeutung eines nomen actio-
nis: „das aufleuchten, das hellwerden/ das tagen". Nur so
versteht man dessen Verbindung mit den erwänten genetiven
(vgl. noch 8. 19. 31, oben s. 203 und 8. 60. 15): es sind gene-
tive des Subjekts; zu asjäs, ekasjäs ist ein genetiv von u?ds~
hinzuzudenken. Lässt sich aber von einem wort, das gar keine
zeit, sondern eine tätigkeit bezeichnet, ein genetiv der zeit
bilden? In der tat ist uns ein genetiv daraus überliefert, der
„beim tagen" also „zur zeit des tagens" bedeuten muss. Wie
reimt sich das zusammen?
Zum glück hilft uns die rhythmik des rgveda über alle
Schwierigkeiten hinweg. Sie erweist mit Sicherheit, dass an
drei von jenen neun stellen nicht das spondäisch zu messende
vdstör im alten text gestanden haben kann, sondern ein wort
mit trochäischem silbenfall. Es sind das die stellen:
2. 39. 3: Jcakravakeva prdti vdstör usra *),
4. 45. 5: usra garante prdti vdstör asvinä \ *) und
10. 40. 2: küha svid döpä küha vdstör asvinä
Ueberall fällt vdstör auf die 8. und 9. silbe, welche not-
wendig einen trochäus verlangen. Welche form aber hier der
alte text enthalten hat, darüber kann meines erachtens nach
dem, was Kaegi zn vdsta usrdh beigebracht hat (s. oben
s. 185 f.), gar kein zweifei bestehen. Die dichter brauchten nicht
den genetiv, sondern, wie von vornherein zu erwarten, den
lokativ, und zwar den auf -au (-ö). Die richtige — d. h. nach den
in der vorliegenden 8$hita befolgten orthographischen grundsätzen
richtige — lesart wäre also für die erste stelle vdsta usra, für
die beiden andern vdstö asvinä. Und vdsta oder vdstö ist auch
an allen übrigen stellen zu schreiben, wo das überlieferte vdstör
im sinn von „beim hellwerden u gebraucht erscheint
Das wort vdstau oder vdstö — ob in den ältesten texten
noch au oder bereits ö geschrieben wurde, tut hier nichts zur
sache — , bezw. dessen sandhiform, war den verfertigern der
auf uns gekommenen hymnensammlung offenbar unklar; den
ausgang -ö gegenüber nominativischem -u? erkannten sie eben
*) Zur stelle s. oben s. 165 f. *) Zar stelle s. oben 8. 185 f.
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216 Chr. Bartholomae
nur als aasgang des vokativs an, ein kasus, der an keiner der
vielen stellen unterzubringen war. Wir treffen sonst nur noch
eine lokativform auf -ö: sdnö. Dieselbe kommt ausschliesslich
in der formelhaften Verbindung mit dvje oder avjdje vor, und
zwar neunmal. Dies und der umstand, dass sich diese Ver-
bindung nur in Somapavamana-hymnen findet, hat die form
sanö vor änderungen seitens der Sammler und rezensenten be-
wart Bei vdstö lag die sache aber anders. Es trat ihnen in
verschiedenartigsten hymnen entgegen und in Verbindungen
manchfachster art So konnte es kommen, dass sie die Iden-
tität des Wortes übersahen, und dass sie es sich dann an ver-
schiedenen stellen in verschiedener weise zurecht legten. In
6. 3. 6 schrieben sie vasta, one akzent, fassten also sicher das
wort, wie der verfertiger des worttextes, als verbum auf. Das-
selbe gilt höchst warscheinlich auch für 4. 25. 2, 5. 49. 3,
7. 69. ö und 8. 46. 26 (vgl. Kaegi, a. o.). Es folgt an diesen
fünf stellen usras oder usrds, das der redaktor als akk. plur.
genommen haben wird. An den übrigen stellen war eine ent-
sprechende erklärung untunlich. Und nun half man sich eben,
so gut es gehen wollte. Der offenbare parallelismus von 2. 39. 3
und 4. 45. 5 (s. oben s. 185) mit den oben benannten stellen
wurde ganz verkannt, usrä wurde einmal zum vokativ, einmal
zum nom. dual, gestempelt, das anstössige vdstö aber hier
und an allen übrigen stellen durch das von dem aus-
druck dö?ä vdstö? her geläufige und grammatisch klare vdstö?
ersetzt Die eigentliche bedeutung von dö?ä vdstö» war höchst
warscheinlich schon damals nicht mehr bekannt (cf. oben
8. 206 ff.). Um so leichtern herzens konnte man sich demnach
zu jener änderung entschliessen.
Die ergebnisse meiner Untersuchung über vdstö? u. 8. w.
sind also die folgenden: 1) vdstö? RV. 1. 174. 3 ist ablativischer
infinitiv zu vas- „essen, verzehren 44 . — 2) vdstö? 1. 177. 5,
6. 25. 9, 10. 89. 17 ist genetiv eines nomens vdstav- m. „essen,
narung". — 3) vdstö? nach dö?a (ausser 1. 179. 1), sowie in
6. 4. 2, vielleicht auch in 4. 16. 4 ist genetiv vom stamm
vdstav-, mask. l ) „das hellwerden, aufleuchten, tagen". — 4) An
allen übrigen stellen, warscheinlich auch 4. 16. 4, ist vdstö? in
*) Warum das wort feminin sein soll, sehe ich nicht ein. Wegen
v&ttor asja und ekasja vdHSr 8. oben s. 215.
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Arisches. 217
vdstö (oder die sandhiform dafür) zu ändern: d. i. der lokativ
des gleichen Stammes wie zu 3).
In 1. 179. 1 ist danach zu übersetzen: „viele herbste, die
alt machen, habe ich mich abgemüht, im dunkel (dösa, nicht
döfas) und beim aufleuchten der morgenröte". — Vermutlich
ist auch in'& 60 (71). 15 statt vdstur rfünäm vdstö r?° zu schreiben,
also: „wie einen gönner soll man ihn in allen häusern rufen
beim aufleuchten der flammen". r?° als gen. obj. zu fassen
geht nicht an; s. oben s. 208.
Es erübrigt noch die oben s. 205 ausgesetzte besprechung
der stelle 6. 3. 3:
sü'rö nd jd8ja dfiatir arSpd
bhimä jad titi äukatas ta ä dht& |
he?asvatab iurMhö ndjdm aktoi
kuträ leid ranvo vasatir vantgdk |
Das schwierige ndjdm darin ist jüngst von Pischel, ved.
Studien I, s. 37 ff. eingehend behandelt worden. Nach dem,
was dort ausgefürt wird, scheint es mir zweifellos, dass ndjdm
hier und zu 1. 121. 13, 130. 1, 8. 2. 28, 33. 13, und ebenso
ndjdm zu 6. 24. 10, 46. 11, 9. 91. 4 in ndjam zu ändern
ist 1 ). Nach Pischel wäre das ein absolutivum in passivem
sinn: „herbeigebracht werdend" — „herbeikommend", und stünde
der bildung nach mit dem passivaorist dnäji in engerem Zu-
sammenhang. Hierin vermag ich ihm nicht zu folgen. Seine
8. 49 f. gegebene Übersetzung zu 6. 3. 3 c kann nicht befriedigen.
Piß che 1 nam offenbar an der länge des wurzelvokals anstoss,
aber, wie sich zeigen wird, one grund.
ndjam hat eine zweifache geltung: es ist 1. infinitiv,
2. absolutivum. [Die beiden formationen stehen unter sich
und mit der des gerundivs in engstem Zusammenhang; s. unten
zu den vedischen infinitiven auf -taväi, s. 227 ff.]. In beiden
geltungen hat die bildung ihre analoga. Als infinitiv verhält
sich ndjam zu ndjati wie vijbhägam MS. 1. 6. 4, TB. 1. 1. 5. s
zu vijbhdgati, als absolutivum wie anuparijUäram TS. 5. 4. 5. s
zu cuwparijUdrati. Vgl. noch Ludwig, rigveda IV, s. 6,
Delbrück, syntax, 8.429 f. Eine Schwierigkeit bleibt freilich
immer bestehen: das suffix -am kommt sonst in beiden ver-
*) Wegen des aksents bin ich jedoch nicht ganz sicher. Man ver-
gleiche den infinitiv upaväkäm RV. 2. 164. 8 „verehrungsvoll gingen sie
anzurufen".
Befolge t. kund« d. Indg. •pnüran. XV. 15
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218 Chr. Bartholomae
Wendungen, insbesondere in der zweiten fast nur bei zusammen-
gesetzten verben vor; doch sind ausnamen wenigstens nicht
unerhört.
Auch im avesta scheinen ein par formen der art vorzu-
kommen. So: ärem j. 43. 10, wenn Geldner's Übersetzung
und erklärung der Strophe in Kuhn's Zeitschrift XXX, s. 319,
328 das richtige trifft Doch halte ich die daselbst vorge-
schlagene Zerlegung in ä+arem nicht für zulässig. Die länge
des wurzelvokals kann nach dem, was oben bemerkt wurde,
nicht auffallig erscheinen. Vgl. auch paitiärem. — Sodann:
frauäkem j. 19. 14, 20. 3. Die stelle vlspem valcö frayäkem
haurum vdkö ahurahe mazdä wäre zu übersetzen: „das ge-
sammte ist ein sprach zum hersagen, das ganze ein sprach
des Ahura Mazda" 1 ).
Eine infinitiv- oder auch absolutivbildung gleicher art, die
beiden arischen dialekten gemeinsam wäre, könnte wol dram >
arem sein (s. Ludwig, infinitiv, s. 52). Das wort hängt gewiss
mit gr. aQaQioxeiv zusammen. Die eigentliche bedeutung wäre
also „sich zu fügen, zu passen" oder „sich fugend, passend";
dann weiter „zu pass, zu recht, zur hand, bereit". Gewönlicb
steht ein dativ dabei. Man vergleiche z. b. RV. 8. 81 (92). 27:
dram gamama te vajäm „wir wollen dir zu pass kommen";
— 3. 35. 5: atjdjühi sdsvatö vaj'dm ts dram sutebhih krna-
vätna sotnaih „hinweg über alle andern komm (zu uns) her; wir
wollen's dir zu pass machen mit gepressten somatränken"; —
7. 86. 7: dram däso nd milhüse karäni ahdm dsväja bhur-
naje 9 nägäh „wie ein sklave will ich's dem gott, wenn er
gnädig ist, zu pass machen, damit ich ihm, wenn er zürnt,
schuldlos erscheine"; zu ergänzen ist der im indischen fehlende
infinitiv aus as- „sein"; cf. vsp. 3. 7 im avesta, wozu verf.,
l ) Doch läset sich frauakem auch als gerandivnm fassen , das leicht
ans dem infinitiv hervorgehen kann; s. noch unten. Th. Baunack,
J. und Th. Baunack's Studien I, s. 809 übersetzt „ein zu feierlichem auf-
sagen dienender sprach", was wegen j. 19. 20 = 20. 4 hätte erläutert
werden sollen. — Uebrigens, wenn ebenda die worte haurum va&ö mit
„ein rettender sprach" übersetzt werden, so läuft das auf ein etymologi-
sches kunststückchen hinaus, das ich nicht gutheissen kann, sdrva- be-
deutete im arischen nichts andres mehr als „ganz"; vgl. dazu verf.,
Bezzenberger's beitrage XIII, s. 62, wo es sich um einen änlichen fall
handelt.
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Arisches. 219
Bezzenberger's beitrage XV, s. 12 1 ). Schwierigkeit macht die
avestastelle j. 51. 14, wo aretn, wie es scheint, mit dem vorher-,
gebenden ablativ vaslr($ zu verbinden ist; vgl. verf., ar.
forschungen II, s. 166, Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXVII,
8. 583; zu beachten hä; uryflßä ist an. ley.
Formell betrachtet sind jene am-infinitive natürlich akku-
sative aus konsonantischen stammen 2 ). Auch der dazu gehörige
dativ hat in ein par fällen langen wurzelvokal: ai. pravdla
RV. 9. 95. 2, vidhärS 9. 110. 3, vdhe 7. 24. 5 und vielleicht
väse 5. 43. 14; ferner av. fra%akaf[1ca vsp. 15. 2.
Auffällig ist es ja freilich auch, dass eine im ganzen so
seltene bildung gerade von der einen wurzel so häufig vorkommt.
Doch berücksichtige man, dass an drei stellen übereinstimmend
najärn älcha am Zeilenanfang steht Es lässt das auf ent-
lehnung schliessen. Vielleicht entstammt das wort einer alten
formelhaften wendung.
Was nun des weiteren die bedeutung von ndjam anlangt,
so ist dieselbe: 1) „bringend, zu bringen"; vgl. ndjate im
Petersburger Wörterbuch u. d. w. 3); bhdrat . . näj'am 1. 121. 13
ist ein ausdruck wie gr. ßrj tf tyievai; vgl. auch ai. gtnl^d u
stuftf (inf.) RV. 8. 54 (65). 5, nudata pranodam 10. 165. 5 und av.
staomainf stüiäi ; — 2) mit den richtungswörtern üpa, älcha
und abhike „her-, heranlenkend", mit dva „herablenkend" 8 ) ;
one objekt gebraucht wie unser deutsches wort; sc. die rosse,
den wagen. Vergleiche dazu den gebrauch von ai. vdhati, ägati,
wo ein änliches objekt zu ergänzen ist; cf. Gaedicke, akku-
sativ, s. 53, 57.
Nach ( diesen bemerkungen übersetze ich die Strophe so:
„Da ja doch dein, des glänzenden, dessen aussehen fleckenlos
ist, wie das der sonne, fester wille hierher strebt: des lichtes
x ) Die strophe RV. 2. 5. 8 hat weder Grassmann und Ludwig
richtig verstanden. Es ist zu übersetzen: „Wie eben ein verständiger es
allen göttern zu pass machen will: auch für dich ist hier ein opfer, das
wir bereitet haben*. Der dichter fällt aus der konstruktion ; man sieht
aber doch, was er sagen will. 9 ) upaväkäm (oben s. 217 n.) aber muss
der betonung wegen auf einen a -stamm zurückgefürt werden. Dasselbe
würde von nqjdm zu gelten haben, wenn die form richtig überliefert ist.
*) RV. 6. 46. 11; ich lese indra najam dva (statt ava) judhi und über-
setze: „so steh uns jetzt bei, o Indra, herablenkend zur schlacht". Zur
dehnung des auslautenden a (an der sechsten stelle der gajatrizeile) cf.
RV. 1. 7. 6 dpa Vfdhi u. a.
15*
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220 Chr. Bartholomae
flammende gaben bringe, wo du auch lustig weilen magst, im
holz erzeugter". — Wegen der Verwendung des akkusativischen
infinitivs statt, wie man erwarten sollte, des dativischen s. 8. 218
zu ai. äram und zu av. frayäketn. Die verse 3 und 4 des
liedes knüpfen, wie es scheint, an das geschäft der feuerborung
an; und zwar vers 3 an den beginn desselben, wärend vers 4
bereits den erfolg der bemühung erkennen lässt. Dass aktos
„in der nacht" oder gar, wie Pischel will „am abend" be-
deutet habe 1 ), dafür gewärt meines erachtens auch diese stelle
keinerlei anhaltspunkt. Doch will ich nicht behaupten, dass
nicht schon frühzeitig aktos eine missdeutung erfaren haben
kann. Die stelle VS. 28. 12: vdstör Vfidm prdktor bhjidm . .
lässt sich sogar zu gunsten dieser anname an füren. Doch
könnte aktor auch von vdstör veranlasst sein. Auf keinen fall
darf man die stelle etwa dafür geltend machen, dass die worte
die gleiche bedeutung, die man ihnen hier notwendig beilegen
muss, schon im munde der alten hymnendichter gehabt haben.
Die feststellung aller spätem vedentexte erfolgte unter dem ein-
flus8 des rgvedischen, und zwar des rgvedischen in der gestalt,
die er in der kanonisch gewordenen Sammlung erhalten hatte.
Fehler und irrtümer, die in dieser Sammlung vorkamen, wurden
auch auf die spätem vedatexte verschleppt; vgl. Oldenberg,
hymnen des rigveda, s. 328 f.
Das endergebnis meiner Untersuchung ist also: Der ge-
brauch des genetivs von Wörtern, die einen Zeitabschnitt be-
zeichnen, wie tag, nacht u. s. w., auf die frage wann? ist im
*) Pischel war sich offenbar des Zusammenhangs von akto? mit
näktam nicht beweiset; vgl. verf., Bezzenberger's beitrage XV, s. 20.
Auch das germanische hat beide Stammformen, cf. nhd. nacht > auchUn.
— Dass aktüs „nacht" and aktüf „licht" — insbesondre „frühlicht", z. b.
RV. 4. 53. 1, 3 — eigentlich dasselbe wort sind, wie man angenommen
hat, ist falsch. Letzteres gehört mit lit. ankst\ „früh", got. ühtvö in air
uhtvon Mc. 1. 35 „noch vor morgen", ahd. uohtlieh „matntinus" zusammen.
Es ist verlockend auch das lat. mäne dazu zu stellen. Mit dem lit.
anks-Ü (cf. ar-tl) Hesse es sich allenfalls auf einer grundlage ipks- ver-
einigen. Lat. mäne aus *mäks-ne, wie lüna > av. rao\inem. j, y werden
im lat. zu an-, am- im absoluten anlaut, sonst zu na, mä, ganz ent-
sprechend den langen liquidavokalen; tnäne wäre also satzinlautsfoim.
Im lit. wird $, 9» zu an, am; cf. äntis > ai. ät(f, gr. vijooa. Wie steht
es aber dann mit mätutinus? Ein drittes ind. aktüf „salbe" ist im
neuen Petersburger Wörterbuch mit recht gestrichen.
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Arisches. 221
rgveda nicht nachweisbar, ausser in Verbindung mit multi-
plikativen und adverbien.
XVIII. Zur bildung des dat. sing, der a-stämme.
Auf das Vorhandensein vedischer dative singularis aus a-
stämmen mit dem ausgang ä wurde jüngsthin ungefär gleich-
zeitig von zwei verschiedenen Seiten aufmerksam gemacht: von
Aufrecht, festgruss an 0. von Böhtlingk, s. 1 ff. (vgl. auch
Ludwig, rigveda VI, 8. 254) und von Pischel, ved. Studien
I, s. 61 ff. Ihr Vorhandensein scheint mir durch die daselbst
angefürten stellen bewiesen, wenn auch die auffassung nicht
überall unbestreitbar ist 1 ). Auf s. 44 der genannten schrift
will Pischel auch einige ä-formen des altern avesta als dative
nehmen. Bei der engen sprachlichen verwantschaft zwischen
dem veda und dem avesta ist grundsätzlich nichts dagegen
einzuwenden 9 ). Anderseits folgt aber eben daraus, dass eine
') Aufrecht's beispiele sind: sakhja RV. 10. 10. 1, rainadhejä 4.
34. 1, pqusjä 9. 111. 3, 9. 99. 1 (wo hdss. °jam), mar ja (hdss. marjä) 1.
6. 3; — PischePs: sakhja 10. 10. 1, rdnä 9. 7. 7, mddä 8. 49 (60). 3, rat-
nadheja 4. 34. 1, däna 5. 42. 14 u. ö\, kräna 1. 58. 3 u. ö. — Lud-
wig's: sakhja 10. 10. 1, suttrjä 1. 86. 6, anägöhatja AV. 10. 1. 29. Das
folgende wird weitre beispiele bringen. *) Die beispiele, die Pischel
bringt, sind nicht gerade sehr glücklich gewält. Es sind dies: asä y 30. 1,
51. 2, ahurä 34. 3 (das ist doch wol gemeint?), maiä 29. 11, mazdä 29. 8,
32. 6, 9, mqfrä 28. 7. — Zu 34. 3 . . töi . . ahurä . . aiäikä und 32. 6
. . ve mazdä . . asäikä hätte 28. 3 . . v& asä . . manaskä vohü . ., 28. 9
, . vä . . ahurä mazdä assmkä und 49. 6 . . v& mazdä . . asemkä berück-
sichtigt werden müssen, welche stellen zeigen, dass ahurä und mazdä
daselbst als vokative zu nehmen sind. Das gilt wol auch für 32. 9
. • mazdä asäikn jüsmaibjä . . — asä 30. 1 und mazdä 29. 8 sind instru-
mentale \ 8. Geldner, Bezzenberger's beitrage XII, s. 93, verf., ar.
forschungen III, s. 55 f. — maiä 29. 11 ist wol eher vok. plur.; s. verf.,
a. o., s. 61, Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXX, s. 330. — Die stelle mit
mqprä 28. 7 ist noch nicht immer aufgeklart. — So bleibt denn von
Pischel's beispielen nur asä 51. 2 übrig, wo die neuausgabe mit der
mehrzal der bessern handschriften asäi bietet. — Nichts desto weniger
gebe ich Pischel recht, wenn er ä- dative auch für das avesta annimmt,
nur hätte er eben andre belege geben sollen. Dativ ist z. b. asä j.50.6
in der Verbindung uruapö asä; uruapö „getreu" hat stäts den dativ bei
■ich; cf. 51. 11: uruapö spüamäi zarafmiträi; 46. 14: uruafo maxöi magäi;
31. 22: . . höi . . uruapö. — Ferner j. 44. 14, wo asä — J 2, K 5, K 4,
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222 Chr. Bartholomae
erklärung jener formen nur dann zutreffend genannt werden
kann, wenn sie auf beide dialekte gleich anwendbar ist. S. 77
sagt Pischel: „Es wäre ganz irrtümlich darin — in jenen
ä-dativen — eine hohe altertümlichkeit sehen zu wollen. Es
sind vielmehr lediglich abgekürzte formen". Die abkürzung
soll zum teil der zwang des metrums, in den meisten fällen
aber der wolklang herbeigefürt haben : so in sakhjd RV. 10. 10. 1
für sakhjdja, in ratnadheja üpa jäta 4. 34. 1 für ratnadhejäja
üpa jäta, wegen der häufung der silbe ja, ja. — Nicht viel
anders ist Aufrecht's erklärung, der auf s. 2 schreibt: „Die
vier formen sakhjä, ratnadhejä, pqüsja, mär ja haben ja als
schlusssilbe, und es scheint, dass wir es hier mit einem rein
lautlichen Vorgang zu tun haben. Die dem ton nach stärkere
silbe ja hat das folgende anklingende schwächere ja in sich
aufgenommen". Aufrecht, der von entsprechenden iranischen
formen nichts weiss, war von seinem Standpunkt aus berechtigt
eine solche erklärung zu geben. Pischel von dem seinigen
aus war es nicht. Denn seine deutung der vedischen a-dative
ist für die von ihm angenommenen avestischen zweifellos unzu-
lässig. Mindestens hätte Pischel sich darüber äussern sollen,
welche gründe ihn veranlasst haben, das zusammentreffen zwi-
schen dem veda und -dem avesta in diesem stück für ein zu-
fälliges zu halten. Denn das darf als feststehend gelten: die
beziehungen der beiden altarischen mundarten — der altern
veden und der gatha's — zu einander sind derart enge *), dass
eine beiden mundarten gemeinsame erscheinung, sofern nicht
ganz besondre umstände dagegen sprechen, auch als auf
Ft 4, Jp 1 — entschieden besser beglaubigt ist als das von Geldner
wol wegen 30. 8 aufgenommene aiäi. — Die beiden nach Geldner wert-
vollsten und dabei von einander unabhängigen jasnahandschriften , K 5
und J 2, haben auch sonst mehrere male den dativausgang -5 gegenüber
anderweitigem -äi, z. b. j. 46. 18 qstä (so auch J 3, K 4, Mf 2 und Jp 1);
ma&jä 48. 5; scpträ 46. 3; värtrjä 29. 6. Ueberhaupt gehen im dativ der
nominalen a-stämme -5 und -äi vielfach in den handschriften durchein-
ander, warend sonst diese ausgänge ziemlich reinlich geschieden sind. —
Zwei ö-dative aus der einleitung zum glaubensbekenntniss (j. 11. 17) sind
aibigairjä und paüirikjä % worüber unten 8. 287. — Aus dem jüngeren
avesta mag z. b. \snaopra jt. 1. hierher gehören; ferner frayüza
v. 3. 31.
x ) Ich stehe nicht an die beiden teile der bei von Bradke, fest-
gruse etc., s. 9 unten aufgeworfenen frage zu bejahen.
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Arisches. 223
gemeinschaftlicher entwicklung beruhend angesehen worden
muss ! ).
Die richtige erklärung der indischen Ä-dative hat sich der
von J. Schmidt, festgruss etc., 6. 102 für got wtdfa u. 8. w.
gegebenen anzuschliessen.
Dass die indischen dativformen auf -aja : dsvaja etc. älter
seien als die avestischen auf -üi : aspäi etc., ist von Mahlow,
AEO, s. 90 behauptet, von mir im handbuch, s. 95 n., ar.
forschungen II, s. 169, III, 8. 63 bestritten worden. Ich habe
dort das ind. -äja als eine Verbindung von -äi mit der enkliti-
schen postposition a erklärt, unter hinweis auf die avestischen
Verbindungen wie ahuräi ä und zalreiche andre. Es scheint
mir auch ganz unbestreitbar, dass das av. -äi der ältere aus-
gang ist: dafür stimmen ja fast alle europäischen sprachen,
wärend dem ind. -äja auf dem ganzen westlichen gebiet nichts
entsprechendes zur seite steht. Ich nehme mit J. Schmidt
an, dass im indogermanischen der dativausgang , je nach dem
er betont war oder nicht, -e'i oder -öi lautete; und ferner
nehme ich mit ihm an, dass bereits in der Ursprache ein aus-
lautendes i nach ä, l und ö, und ebenso ein auslautendes u
nach diesen vokalen, unter gewissen, noch nicht genügend auf-
geklärten bedingungen verloren ging; vgl. dazu verf., Bezzen-
berger's beitrage XV, s. 17 n. Die ererbten dativausgänge der
arischen dialekte sind also -äi und -ä.
Im indischen ist beim nomen das auf -äi zurückfürende
-äja fast zur ausschliesslichen herrschaft gelangt. Die arischen
ausgänge sind nur noch in wenigen beispielen vorhanden, -ä
als dativausgang ist von Aufrecht und Ludwig nachgewiesen.
Dass er uns erhalten geblieben ist, verdanken wir wol lediglich
dem umstand, dass die Ordner der alten texte die form miss-
verstanden, als instrumental oder sonst wie gedeutet haben.
Bei den formen auf -äi war das schon wegen des entsprechenden
ausgangs der pronomina nicht der fall: sie wurden daher alle,
mit ausname vielleicht von svapatjäi RV. i. 83. 11 (s. 4. 2. 11),
von den vedisten durch die „richtigen" formen ersetzt. Der
beweis für diese anname ist nicht schwer zu erbringen.
RV. 9. 87. 5 b steht: mähe vdgäjämftäja srdvqsi. Statt
') Auf der nichtbeachtung diese/ fordrang beruht zum nicht geringen
teil die schiefe beurteilang des altpersischen in seinem Verhältnis zum
avestischen; cf. verf., beitrage, s. 153 f.
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224 Chr. Bartholomae
dessen ist zu lesen . . °gäjamrt° . . Dann ergibt sich die nach
silbenzal und rhythmus durchaus richtige zeile:
malte vagäi amftaja srdvqsi.
Der silbenfall ist der gewönliche: t7_-ü-_, u^ u_ xr.
Wollte man kontraktion über die zäsur hinweg annehmen —
und es kommt das allerdings ab und zu vor — , so bekämen
wir den ungewönlichen silbenfall -er— -er — , _u_ u_ xr.
Genau das gleiche gilt für die zeile I. 118. 7 c, wo juvdm
kdnvajdpiriptaja kdkfuh überliefert ist. Es muss . . °ajdpir° . .
gelesen werden, worauf man die tadellose zeile erhält:
juvdm kdnväi dpiriptäja fedkpub*
In 8. 22. 14c steht: ma nö mdrtaja ripdvS väginivasiL
Das ist eine zeile mit dreizehn silben. Lies mdrtäi. Die an-
derung war durch 8. 49 (60). 8, wo tnd nö mdrtaja ripdve
rakfosvine (und auch 6. 67. 4) ausserordentlich nahe gelegt
Yal. 11. 7d lautet in der vorliegenden rezension: dirgha-
julväja prd tiratam na äju&, das ist eine triStubhzeile mit zwölf
silben. Die änderung von -dja in -di verschafft uns die richtige
silbenzal und den richtigen rhythmus.
So ferner 4. 25. 4d: ndrl ndriüi nftamäja np}äm; ndrja-
ist wie überall dreisilbig; — 1. 92. 6d: suprdtikä säumanasat
aglgai; der rhythmus verlangt in der 8. zeile kurzes a; —
so noch 1. 25. 5c, 5. 5. IIa, b, 5. 29. 10b u. ö. S. noch s. 247.
In grösserem umfang hat sich der ausgang -äi nur in
infinitivbildungen erhalten. Hier haben die rezensenten nicht
geändert, einmal wegen der menge, in der die formen auf-
treten, und dann wegen der besonderen bedeutung, die ihnen
zukommt; sie fallen dadurch aus dem ramen der kasusformen
heraus und werden nicht mehr als solche gefult. Dass sich
gerade in infinitivbildungen altertümliche kasusausgänge er-
halten haben, die sonst verloren sind, ist nichts auffallendes
und nichts neues. Man vgl. z. b. die griechischen infinitive
auf -<u, worin uns allein der alte dativausgang konsonantischer
stamme bewart ist; cf. 6. Meyer, gr. grammatik*, § 347.
Ich stelle voran die infinitive auf -taväi. Dieselben können
formell nur als dative aus a-stämmen gefasst werden. Aus
einem tag- > to-stamm lassen sie sich keinesfalls ableiten, auch
wenn man ihn feminin nehmen wollte, was übrigens an sich
schon bedenklich wäre *). Der rg- und atharvaveda kennen als
*} Lindner, nominalbildnng , 8. 80 fort drei feminine stamme auf
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Arisches. 225
dativausgang femininer jf-stämme nur -av8 und — einmal, in
einem jungen, spät eingeschobenen lied (RV. 6. 75) vät;
s. unten s. 229 note. -aväi aber kommt nirgend vor; s. Lan-
man, journ. of the am. or. soc. X, s. 409. Ich fasse also z. b.
sdrtaväi RV. 1. 55. 6 u. ö. als dativ eines Stamms särtavd-.
Für diese anname spricht auch der umstand, dass einmal
der ausgang -tava vorkommt: d. i. eine dativform wie die von
Aufrecht und Pischel nachgewiesenen; s. oben s. 221 f. und
unten s. 236 f. In RV. 3. 32. 6 steht dtjq iva präsrgah sdrta-
vdgäü. Der worttext hat freilich auch hier °taväi agäu. Aber
daraus hätte doch nur °vä agäü hervorgehen können; vgl. sdr~
tava apäs 1. 55. 6, 57. 6, etavä astu 10. 108. 6 u. s. w. sdr-
tava als dativ kann nur zu einem o-stamm gezogen werden.
Delbrück, ai. verbum, s. 224, § 204 zält aus dem rgveda
13 verschiedene taräf-infinitive auf, die zusammen 25, oder, da
särtavd 3. 32. 6, wie wir eben sahen, in wegfall kommt, 24 mal
auftreten 1 ). In 18 dieser fälle folgt u; also z. b. gdntavä u.
Grassmann, Wörterbuch, sp. 242 sagt, es sei dieses u „unbe-
rechtigt und nur bezeichnung eines anderweitigen lautlichen
Vorgangs". Auch Delbrück, syntax, s. 413 weiss sich das u
nicht zu erklären. Ich will jedenfalls darauf hinweisen, dass
sich das u einmal wenigstens auch nach einem andern infinitiv
findet, hier verbunden mit fü; cf. RV. 8. 24. 1 : stu?ä u sü vö
nftamaja dhr?ndv$ „um damit eurem mannhaften helden zu
lobsingen 11 . Auffällig bleibt es ja immer, dass hinter den taväi-
infinitiven das u so häufig vorkommt. Vielleicht stand in einer
anzal von fällen °taväja im alten text, wofür die rezensenten,
ihrem bestreben auszugleichen entsprechend, °tavä u eingefürt
haben.
Es bleibt freilich immer noch eine Schwierigkeit zu beheben.
tu- an: vdstu- „morgen", iü'tu- „Schwangerschaft", fivatu- „leben". Wegen
vdstu- s. oben s. 216 f.; es Hegt keinerlei Veranlassung vor, es feminin zu
nehmen. — fivUu- ist KV. 10. 27. 24 maskulin gebraucht: sa U fiv&ur
utd tdsja viddhi, wenn wenigstens, was doch das warscbeinlichste, tdsfa
auf jivatur zurück weist; cf. Delbrück, syntax, s. 210 ff . sa ist dann
hier, wie sicher in RV. 1. 145. 1, mit dem av. hau zusammenzustellen;
vgl. astäü. ;> asta u. s. w. AV. 7. 17. 2 ist fivatum allerdings feminin.
iü'tu» ist AV. 1. 11. 1 mask., TS. 2. 1. 5. , fem. — Im avesta findet sich
kein einziger fo-stamm feminin gebraucht; auch ßSto- nicht, entgegen
Justi's und SpiegePs angäbe (vgl. gramm., s. 183).
*) Unter hdntaväi lies iO. 125. 6 statt 10. 125.
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226 Chr. Bartholomae
Wie kommt die form zu den beiden akzenten? Vgl. Panini
6. 2. 51. Blosses missverständnis seitens der diaskeuasten,
wie z. b. bei ndjarn, das man in nd ajdm zerlegte und dess-
halb näjätn schrieb (s. oben 8. 217 ff.), kann hier nicht wol
angenommen werden. Die formen sind sicherlich von den
diaskeuasten nicht anders verstanden worden, als sie von den
dichtem gemeint waren, d. h. eben als Infinitive; sie kommen
ja auch noch in den brahmana's vor. Sonst sind nur einige
komposita doppelt akzentuirt, vgl. Whitney, ind. graramatik,
§ 94, 1255, 1267. Liegt auch bei jenen infinitiven eine Zu-
sammensetzung vor?
Die arische spräche hatte eine „wurzel" tau-, die als verb
im sinn unsres „können, vermögen, fähig sein, im stände sein"
gebraucht wurde. Besonders deutlich tritt dieser gebrauch im
avesta hervor; z. b. v. 6. 51 jezi tajtqn . . . jezi nöi£ tayqn
„wenn sie es vermögen, wenn sie in der läge sind"; — v. 6. 32
jezi tütaua nayäji tüta#a „je nachdem man kann", tau- und
is- gelten als Synonyma; cf. j. 28. 4 isäi tatjäkä, 50. 11 ta^aka
isäika, und wie is-, ts- gebraucht wurde, können v. 8. 10 („zwei
männer können [isöiße] ihn . . niederlegen"), v. 8. 100 („er
könnte [isafta] mich reinigen") und die bei Delbrück, syntax,
s. 417 f., 428 und 430 angefürten stellen lehren.
Ein aus jener wurzel gebildeter «-stamm: td#a- oder ta#d-
würde sonach als Substantiv „vermögen, fähigkeit, möglichkeit"
bedeu n. Nun betrachte man vedastellen wie z. b. RV. 1. 24. 8
„einen breiten pfad ja hat der könig Varuna der sonne ge-
macht, ihm entlang zu gehen" [dnveHavd «]; — J. 28. 4 „wo
sie an den borer 1 ) auf beiden Seiten die zügel anbinden, um
ihn gleichsam zu lenken" [jämitavä ivd]. Man könnte ganz
gut übersetzen „zur möglichkeit des entlanggehens", „zur lenk-
möglichkeit gleichsam". Der ausgang taväi wäre also der dativ
des oben erschlossenen nominalstamms tavä-.
Nun fällt es mir gar nicht ein zu behaupten, dass wirklich
-taväi jener dativ sei, wol aber möchte ich zu erwägen geben,
ob nicht der Inder den ausgang taväi als zweites kompositions-
glied, und dann eben als kasusform jenes Stammes tavä- aufge-
fasst haben kann. Eine entsprechende auffassung eines nomi-
nalsuffixes setzt av. jauafka taite j. 62. 6 voraus, täite in
') Akkusativ der richtung.
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Arisches. 227
ja#a$täite muss als selbständiges wort empfanden worden
sein, sonst hätte jene zerreissung nicht vorgenommen werden
können.
Auf diese weise würde sich die in der doppelbetonung der
faväl-infinitive liegende Schwierigkeit beheben. In Wirklichkeit
stehen sie, das scheint mir durchaus zweifellos, mit den infini-
tiven auf -tum, -töf, -tave, den gerundiven auf tva- und den
absolutiven auf -tva (instr.), -tväja (s. unten), -tvl (lok.) in Zu-
sammenhang. Absolutiva, gerundia und infinitive berüren sich
aufs allernächste 1 ). Ar. -tavai (— ai. -tavS) verhält sich zu
-tavüi, wie -tnai (=• av. -pn$ in aitviäöißne; vgl. auch ap. Uar-
tanaij etc., bei verf., Bezzenberger's beitrage XV, 8. 13) zu
-tnai (in av. äjaofanäi j. 34. 5, cf. Geldner, Kuhn's Zeit-
schrift XXVIII, s. 262, und in ai. 1cjäutnaj-a RV. 6. 18. 8 „so
dass ihre bürgen wankten und jetzt daniederliegen 11 ). Wir
haben, was die form anlangt, einmal einen lokativ und einmal
einen dativ, oder richtiger wol, einmal — wenn man sich so
ausdrücken darf — einen unthematischen und einmal einen
thematischen dativ. Für diese letztere anname spricht ent-
schieden das Verhältnis von ai. pravdfte > av. fra#äka?[Ua
(oben s. 219) zu adhiväkdjfa RV. 8. 16. 5 — frayükäi jt. 16. 3.
frayäkazfca steht in einer reihe dativischer infinitive (fr°
paitjästa%a$tca mazdötajfl%1ca zarazdataxafka framereta£a$ka
frctofyaiafkay, wird also auch selber dativ sein. Auch ai. pra-
vake kann nur als dativ genommen werden , sonst würden wir
den ton auf der letzten haben ; vgl. adhiväkäja, namöväke u. a.
Aenlichen Verhältnissen werden wir noch im folgenden begegnen.
S. noch oben s. 219 zu upaväkdm.
Ursprachliches -öi oder -»" des dativs liegt ferner vor in
den arischen Infinitiven auf -ja», die allerdings bisher die an-
erkennung als solche noch nicht gefunden haben. Doch s.
Brunnhof er, Kuhn's Zeitschrift XXV, s. 333 ff.
*) S. oben zu najdm s. 217 ff. und unten 8. 231 ff.; ferner Brugmann,
am. journ. of philol. VIII, no. 4, 17; Benfey, quantitätsverschiedenheiten
IV. 3 und 4, s. 40 (abh. d. kgl. ges. d. w. zu Qöttingen XXV). — Die
gerundiva auf ajja- (d. i. «gia-) sehen mir gerade so aus, als ob sie aus
äi-infinitiven mit dem nominalsuffix ja- gebildet wären; vgl. unten
s. 232 ff.
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228 Chr. Bartholomae
Für das avesta ist das Vorhandensein von iäi-infinitiven
meines erachtens unbestreitbar. In j. 60. 4 heisst es: üiee
vanhanhqm paitiätatie ätaranqm fraäa.m%Sjäi rajymka hart-
nawhqmlca. Wie man sieht, steht fraäa.va%Sjäi mit iStie und
paitiätätee ganz und gar gleich. Wer die letzten als infinitive
bezeichnet — und das tut man ja allgemein — , muss diese
bezeichnung auch für fraäa.vafy&iäi gelten lassen. Uebrigens
tut der name natürlich gar nichts zur sache; es handelt sich
hier für mich lediglich um die form.
Weitre infinitive — oder wenn man so lieber will, finale
dative — auf -£ai sind: man%ai j. 43. 9 1 ), vafdiäi j. 44. 8,
fitfft' j- *3. 15 (Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXX, s. 334);
framainißi jt. 16. 3, merenlciäi v. 1. 15, zaradagnjäi v. L 15,
vereßragnjai vsp. 5. 1, hazanraqniäi j. 10. 6, jt 13. 45 und
vielleicht baf&az%äi jt. 10. 5 (, wo Geldner mit allen gegen
eine handschrift °zäi schreibt).
Die formen auf /-stamme zurückzufuren , unter berufung
auf die bei Lanman, Journal of the am. or. soc. X, 8. 383
aufgezälten vedischen formen wie dSvdhütjai geht nicht an.
Die jät-dative bei /-stammen sind so wenig wie die trö-dative
aus ^-stammen zu dem aus dem arischen ererbten sprachgut
zu rechnen. Lanman zält im rgveda nur 9 falle 1 ) gegen 507,
worin das regelmässige -aß auftritt, und von diesen 9 fallen
sind, wie sich zeigen wird, noch einige in abzug zu bringen.
Im avesta aber finde ich überhaupt kein beispiel dafür *). Vom
*) manjä j. 35. 9 ist instr. sing, zu manä- = ai. mana- (Ludwig,
rigyeda V, s. 45); zur form vergleiche man ur#äzjä j. 36. 2 neben dem
nom. sing, uryäzä j. 30. 1. Geldner's erklärung von manjä (Kuhn's
Zeitschrift XXX, s. 328; doch s. auch XXVIII, s. 404 n.) ist, was das
grammatische anlangt, unrichtig, ja- instrumentale aus .{-stammen sind
im altiranischen nicht — nicht mehr — in lebendigem gebrauch. Wegen
des in meinem bandbuch, § 224 aufgefürten ap. apifi s. jetzt Bezzen-
berger's beitrage XIV, s. 244. *) S. noch unten s. 232 ff. ■) Ebenso
wenig finden sich hier formen, die den indischen genetiven und lokativen
wie nirftjäs, tittjämu.*. (Lanman, 8.386, 389) entsprechen. In meinem
bandbuch, § 224 sind bümjfi und karsja aufgefurt. Ersteres gehört zu
einem »-stamm; auch der RV. hat nur bhumjäs (nicht °mif; Brugmann,
grundriss II, s. 414, 273 hat das nicht berücksichtigt; auch im lokativ
hat der RV. nur bhumjam, nicht °mäu). — Statt karijä ist karsujß (j.
11. 2) zu lesen; s. die neuausgabe. Was ich ar. forscbungen II, s. 104
über jao&dja und °djqn gesagt, ist falsch.
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Arisches. 229
w
Standpunkt der avestischen grammatik aus lassen sich die for-
men maniäi, merenkiai u. s. w. nur erklären als dative: ent-
weder der I- oder der a-deklination. Eine dritte möglichkeit,
sie auf ö-stämme zurückzufüren — vgl. gcßßiäi zu gafßqm —
wäre nur dann gegeben, wenn die formen auf das jüngere
avesta beschränkt wären: was sie in der tat nicht sind. In
den hyinnen findet sich nur der ausgang -a&äi: dahmajßi, das-
najtäi*, frasaiäi, und bei wurzelstämraen -äi: ädai, mazdäi. Es
ist mir auch nicht zweifelhaft, dass die £ä/-formen bei der
ä-deklination jungen Ursprungs und aus den ogat-formen hervor-
gegangen sind. Anlass zu der scheinbaren Verkürzung wird die
häufige Zusammenstellung von ö-stämmen mit solchen auf -i
gegeben haben, z. b. j. 9. 3: astyaipiäi .. gaffiiäi 1 ). Allein
befriedigend scheint mir die herleitung der jät-infinitive aus j&-
stammen. Neben merenkiai steht ga?ßö.meren&jänahe (vgl. dazu
Justi, handbuch, 8. 374, § 323) *), neben verepragnißi vere-
ßragnjqfäu. Dieselben setzen zweifellos einen maskulin-neutralen
ia-stamm voraus, und nur ganz besondre gründe könnten mich
veranlassen, sie von jenen infinitiven zu trennen.
Die gleiche infinitivbildung ist auch fürs indische anzu-
erkennen. Panini (3. 4. 10) fürt als vedische Infinitive die
beiden formen rohifjai und avfdthifjäi auf. Dieselben sind
jetzt auch als wirklich vorkommend nachgewiesen. Ersterer
steht TS. 1. 3. 10. », letzterer Kap. S. 2. 14 und — mit einem
leichten fehler: °sjäi statt °?jai — K. 3. 7; vgl. von Schroe-
der's bemerkungen zu MS. 1. 2. 17. Gewönlich werden sie,
wol mit rücksicht auf tdvifi-, als dative eines femininalstamms
auf isi- erklärt; s. Delbrück, verbum, s. 222 8 ). Dem stehen
aber die avestischen formen entgegen, für die eine solche
fassung ganz und gar unwarscheinlich ist, und die anderseits
doch auch nicht von den indischen formen getrennt werden
dürfen. Dass sich das avestische merenkiai an die praesens-
formen wie merenkaüe u. s. w. anlehnt, ist nicht zu verkennen.
Es geschieht das bei infinitiven auch sonst häufig genug, dass
sie sich irgend einem tempusstamm anschliessen; vgl. z. b. ai.
*) Vgl. auch ifväi d&vjai. ifväi ist der einzige ät-dati? der g-dekü-
nation im rgveda. Gleiche bedeutung, gleicher ausgang. *) Whitney,
grammatik, § 1223b. •) Whitney, grammatik, § 970g: AU infinitive
dienen „von Substantiven auf dhi und fi dative auf dfyäi and c/at". — An-
ders J. Schmidt, Kahn's Zeitschrift XXVII, s. 383.
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230 Chr. Bartholomae
rngcai, av. vaokawhg u. a. Das gleiche treffen wir auch bei
jenen beiden formen: sie stehen in beziehung zum t'4-aorisL
Bei der einen wurzel ist derselbe auch wirklich zu belegen,
cf. vjathiffhäs, vjathiftnahi im AV. u. a. m. Ein dröhifi u. dgl.
ist freilich nicht nachzuweisen. Doch ist damit nicht gesagt,
dass es nicht existirt haben kann. Jedenfalls ist meine erkla-
rung darum nicht hinfällig. Denn der aoristische infinitivaus-
gang -ifjüi konnte natürlich ebenso gut verschleppt werden,
wie z. b. im griechischen der aoristische pluralausgang -oa»;
ein avestisches beispiel dafür findet sich weiter unten. — Für
meine anname spricht anderseits die lesung der MS. 1. 2. 17:
avjdthifS, die mit von Schroeder, monatsber. d. ak. d. w. zu
Berlin 1879, s. 686 einfach für eine verderbte zu halten, ein
ausreichender grund mir nicht vorzuliegen scheint; s. unten
s. 231 zu sdmarinvan. avjdthife ist ebenfalls aus dem *>-
aoriststamm gebildet, nur das suffix ist ein andres: nämlich
das bekannte infinitivsuffix -tri. Auch dafür gibt es noch
analoga. Mit dem selben suffix und jedenfalls aus dem sigma-
tischen aoriststamm formirt sind gi§e und stufe (s. Delbrück,
verbum, s. 223) *). Warscheinlich auch Öhi& RV. 1. 128. 6,
das der worttext in ä+ühi$8, 2. sing. perf. zerlegt wissen will
Aber eine zweite person und eine perfektform passen gar nicht
in den Zusammenhang. Ich möchte es vielmehr in ä+ukise
auflösen und uhi$e abermals als infinitiv aus dem t>-aorist
nehmen. Dann ist zu übersetzen: „für jeden flehenden ist (von
ihm, nämlich Agni) das opfer götterwärts zu faren". Wegen
der bedeutung des infinitivs s. unten s. 233. Wegen der
wurzelform hier, sowie mgi$e } stu$& s. verf., beitrage, 8. 21 ff.
— Auch sonst erscheint das infinitivsuffix -ai hinter ausge-
sprochenen tempusstämmen. Ai. sisndthe RV. 3. 31. 13 schliesst
sich an den reduplizirten aorist an. Av. vayene (? vayane)
und zaze (richtig zaze) a. 1. 17 s ) gehen ebenfalls auf einen
reduplizirten tempusstamm. — Aber auch das beim sigmati-
schen aorist entstandene -sai wurde noch verschleppt (s. oben
zu ai. rohifjäi); av. anää$ j. 44. 14 — parallel mit den infini-
tiven mer<fzd£äi und dävöi — ist mit -sai aus dem redupli-
*) Ebenso griech. Xvatu. G. Meyer's bedenken (gr. gramm. 9 , § 699)
scheint mir nicht gerechtfertigt. *) Die neuausgabe hat zu j. 62. 6
zaiebutf; doch 8. die Varianten. Zar bedeutung des worts s. j. 30. 10,
worauf offenbar angespielt wird.
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Arisches. 231
zirten perfektstamm gebildet; 8. verf., Bezzenberger's beitrage
XIII, 8. 78. Ueber ai. Udrkrse, das ich ebenda mit anäif hin-
sichtlich der bildung verglichen habe, s. jetzt Geld n er, ved.
Studien I, s. 128 ff. *)
Die beiden von Panini erwänten jftli-infinitive stehen nicht
allein. Wenn wir das, was uns an den parallelstellen MS. A
2. 17, TS. 1. 3. 10, VS. 6. 18 und K. 3. 7 überliefert ist, zu
einem lesbaren ganzen zusammenstellen, so bekommen wir fol-
gendes als den warscheinlichen urtext: agnis tvä srlnäiv; apas
tvä 8dm arinvan*), vätasja*) dhrägjäi, pu^no rqhjä, üftndnö
'vjäthifja 4 ), apäm o?adhlnüm rohiyäi, d. i. „Agni (das feuer)
soll dich kochen, die wasser sollen zu dir zusammenströmen:
damit der wind streiche, Puäan (die sonne) eile, der dampf
gerade aufsteige, damit wasser und kräuter spriessen". In der
gleichen syntaktischen fügung wie die beiden infinitive auf
-ifjäi erscheinen noch dhrdgjäi und rqhjäu Gegen die im
Petersburger Wörterbuch vorgenommene einstellung unter den
femininstämmen dhrdgi- und rqhi- sprechen die gleichen gründe,
die oben bei den formen auf -isjäi geltend gemacht wurden.
Ich habe schon oben s. 217 auf die nahen beziehungen
zwischen den infinitiven und den gerundiven und gerundien
hingewiesen. Das gibt uns auch hier den fingerzeig zur richtigen
erklärung. Es gilt mir für feststehend, dass die ^-infinitive
mit den gerundiven auf ia- und den gerundien auf -ja (-ja)
aufs allerengste zusammengehören.
Im indischen finden wir zalreiche dativformen auf -jäja,
die durchaus im sinn des infinitivs verwendet werden. Im RV.
und AV. z. b. ranjaja AV. 9. 3. 6, in der Zusammensetzung:
sämapejäja*, vasudejäja*, vrtrahdtjäfa*, karmakftjäja, sadha-
sttttjäja, devajdgj&ja, abhibhujäja, admasddjüja, sirsabhidjäja,
') Die infinitive auf -Mai: ai. pu*jä$c, av. räsajfrfthf haben meines
erachtens eine andre entsteh ung. Das -asai entstammt den neutralnomina
auf tu-. *bhdrasai (— ai. bhdrase RV. 5. 15. 4, cf. vüvdbharatam) in
Verbindung mit *bhdrati rief zu *tugäti ein *tugdsai (= ai. tugdse 4.
23. 7), zu *äräudjati ein *irä%äja8ai (= av. sräjfajfanhf j. 29. 8) hervor.
Diese neubildungen sind zum guten teil schon vorarisch. In ai. puydü
könnte die alte betonung der j-praesentien gewart geblieben sein ; doch
s. iobhds*. *) Oder arinan. Beide lesarten sind gleichberechtigt. Ich
empfehle obige form Brugmann, zu grundrissl, s. 159 unten. a ) Hier
folgt tvä: eine stumpfsinnige Wiederholung. 4 ) Oder °ifs; s. s. 280.
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232 Chr. Bartholoma©
saha&jjäja, nr?ähjäja*u.B.w. Whitney, grammatik, § 1213c
schreibt dazu: „Durch die ältere spräche hindurch sind neu-
trale abstrakta, die von der selben bildung sind wie die erstere
dieser Hassen — [nämlich die gerundiva auf ja-] — in gewön-
lichem gebrauch. Sie .... werden häufig im dativ nach art
der dativischen infinitive gebraucht". S. auch Brunnhofer,
a. o. In der tat ist die bildung in jeder hinsieht und voll-
kommen übereinstimmend. Das e in d#ja°, peja° u. 8. w., das
jj in täjja°, das t in kftja-, stutja-: es gibt keines der für die
gerundiva bezeichnenden merkmale, das nicht auch bei jenen
dativen vorhanden wäre. Tatsächlich ist eben auch das sddjäja
in upasddjäja RV. 7. 15. 1 „zu dem man sich hinsetzen muss"
und in adtnasddjäja 8. 43. 19 „sich zum male zu setzen"
durchaus dasselbe; und ai. vedjaja RV. 5. 15. 1 „dem kund-
baren 14 deckt sich ebenso, bis auf das angeschobene a (s. oben
8. 223) mit av. vafdiai „zu erkennen". Was wir also oben,
vom avestischen ausgehend, als warscheinlich bezeichnen konnten,
das wird durch das indische zur vollen gewissheit erhoben: die
iai-infinitive gehören mit den ia-gerundiven zusammen, sie gehen
also als dative auf ja-stämme zurück 1 ).
Nachdem das festgestellt, werden wir auch noch ein par
weitre infinitivformen hierher zu ziehen haben, die man bisher
in andrer weise zu erklären versucht hat. Zunächst itjäi RV.
1. 113. 6, 124. 1*); wegen des t vergleiche pratitjam und oben.
Die betonung auf der Wurzelsilbe darf nicht auffallen; vgl.
Whitney, a. o., § 1213 a. In anbetracht der schwachen form
der wurzel muss sie sogar für die ältere gelten. — Ferner
srütjäi 2. 2. 7, 10. 111. 3. An der ersten stelle ist zu über-
setzen: „wie tore schliess uns reiches gut auf, dass man davon
höre" 8 ). An der zweiten hängt srütjäi von vSda ab, vgl. 8. 18. 5:
vidur . . j'otavE. Doch ist mir die stelle nicht klar. So wie
der text lautet, kann ich nur übersetzen: „Indra fürwar weiss
es (oder ihn) zu hören". Vgl. das Petersburger Wörterbuch
unter 3. iruti. — Weitre solche formen sind noch turjäi und
bhugjäi RV. 10. 106. 4, bhrtjäi 10. 29. 4. Wegen des akzents
vergleiche das zu itjäi bemerkte. [ — Ihnen hat sich mafiijäi
*) rqhjäi stellt sich also zu rqhja- > av. renfip. *) Vielleicht
auch RV. 7. 36. 3: a vatasja dhrdfatö ranta Uja, äptp° d. i. „des winde*
zage [dhräyatö nom. plur. zu dhrdfat-, cf. vahdt- u. a., sowie litrddhrajatit)
machen sich auf heranzukommen". •) D. i. dass davon gesprochen wird.
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Arisches. 233
1. 113. 6 angeschlossen, das zu einem praesens mahijäte ge-
hört; ygl. dazu sravasjd zu iravasjdti, unten s. 236. — ]
Wurde der ausgang -iäi erst als infinitivsuffix empfunden,
so war es die, ich möchte sagen, notwendige folge, dass er von
seiner eigentlichen stelle hinter wurzeln aus auch hinter tempus-
stämme verschleppt wurde. Auf drei solcher formen habe ich
bereits aufmerksam gemacht. Das avesta hat merenkiäi aus
dem praesensstamm 7. klasse. Das kathakam rohifjäi und
avjäthifjäi aus dem sigmatischen aorist. Eine vierte form der
art dürfte karifjai RV. 4. 30. 23 sein. Es heisst da: utd nü-
ndm jdd indrijdm karifjä indra pqusjam | adjd ndki§ fad d
minat | Der worttext hat karifjdb* Danach hat man das
wort als 2. sing, des konjunktivs vom futurstamm genommen.
Aber konjunktivformen des futurs sind sonst in den altern
texten nirgend zu finden. Whitney, grammatik, § 938 weiss
aus der ganzen vedischen literatur überhaupt nur drei formen
anzufuren, 1. plur. med., alle drei aus dem 6B. Auch die
praeteritalformen vom futurstamm sind in der altern zeit noch
so gut wie unbekannt. Der RV. hat nur dbharisjat 2. 30. 2.
Nimmt man kariyä für °jä4, so wäre zu übersetzen: „auch
das indrahafte manneswerk, das jetzt zu tun ist, das soll dir
auch heute keiner hindern 14 . Delbrück, syntax, s. 415 ff.
scheint freilich die prädikative bedeutung des infinitivs nur für
den fall anzuerkennen, dass die negation na vorhergeht. Mit
unrecht Weitre beispiele für diesen gebrauch in positiven
Sätzen sind: RV. 1. 122. 7: stuse sä väm varuna mitra räUr
„zu preisen ist diese eure gäbe, o Varuna, Mitra 44 ; 5. 45. 4:
süktebhir vö väköbhir devdguffäir indra nv ägni' ävase hu-
vädhjäi „mit gesängen, mit gottgefälligen worten sind Indra
und Agni nun von euch um hilfe anzurufen"; bei Delbrücks
Übersetzung dieser stelle (a. o., 8. 412) vermisse ich vö 1 );
Ludwig übersetzt, als ob väm im text stünde; — ein drittes
beispiel ist oben s. 230 gegeben.
Eine zweite stelle mit kari?ja ist RV. 1. 165. 9. Hier hat
man ebenfalls einen konjunktiv des futurs herstellen wollen;
so Roth und Grassmann. Sie lautet: jdni kari§jä kpiuM.
Wie kar° hier zu fassen ist, zeigt RV. 2. 30. 10, wo vir ja
*) Oder soll auch hier vas im sinn des griechischen rjroi gebraucht
sein? Gf. a. o., s. 206.
Befolge *. künde d. indg. sprachen. XV. ' 16
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234 Chr. Bartholomae
kfdhi jdni te kdrtväni. Sajana erklärt ganz richtig kartavjäm.
Eine entsprechende bildung des gerundivums — aus dem sig-
matischen aorist — ist jdkfjas RV. 8. 49 (60). 3, von Sajana
richtig als ja$tavjas gedeutet. Ein drittes beispiel aus spätrer
zeit bringt Ludwig, a. o. V, s. 500 bei: pravatsjam zu avaisit
„er wonte" 1 ).
Auch der ausgang -tjäi scheint im indischen in ein par
fällen verschleppt worden zu sein. So RV. 10. 106. 4, wo
putfjäi neben turjäi und bhugjai steht 1 ). So vielleicht auch
sddhjäi MS. 1. 6. 3. Ursprünglich stand tja- doch wol nur
hinter kurzem vokal. Eine grössere anzal von £/Vft-infinitiven
bringt Brunnhofer, Bezzenberger's beitrage X, 8. 250 f. aus
dem QBr. bei. Ob man in ihnen etwas altertümliches finden,
sie mit den vedischen infinitiven wie itjai gleichstellen darf,
will ich dahin gestellt sein lassen. Ein güptjai z. b. ist wol
einfach der dativ zu güptü.
Zu der eben besprochenen ios-klasse gehören auch die
sämmtlichen infinitive auf ai. -dhjai, av. -dißi^ -3jäi. Ar. *dhjai
ist der dativ eines nominalstamms *dhia-*) 9 der sich zu wurzel
dha- nicht anders verhält als *£ugga~ (ai. jügjch) zu %aug- f
*bhidia- (ai. bhidja-) zu bhaid-, *df*|a- (ai. dfija-) zu dar***
Vor dem suffix %a- tritt hier wie dort die wurzel in schwächster
tiefstufenform auf. Im avesta scheint dhia- noch als verbal-
adjektiv gebräuchlich gewesen zu sein, und zwar in der Zu-
sammensetzung mit jauä. Av. ajpozdjp- bedeutet „nicht zu
reinigen"; so v. 7. 24, 27, 3. 14. Doch machen freilich ein
par andre stellen Schwierigkeit Was ich ar. forschungen II,
s. 104 darüber bemerkt habe, nehme ich als unhaltbar zurück;
s. noch unten s. 243 f.
Ich setze ai. bhdradhjäi, sdhadhjai, sajddhjai mit ii r$abhid-
*) Ueber den sigmatischen aorist in der Wortbildung Hesse sich ein
langes kapitel schreiben. S. verf., ar. forschungen II[, s. 85, wo ich
merkwürdiger weise ein gotisches hliusa anfüre. Ich habe jedenfalls ahd.
hlosen im köpf gehabt und dies mit got. hliuma kombinirt]. *) Aach
ruka (ebd.) muss wol dativischer infinitiv sein; das verlangte wenigstens
der parallel ißmu8 mit dem folgenden, rukä (aus rukäi) würde sich zu dem
öfter vorkommenden rukt verhalten wie av. frauäkäi zu ai. pravate, cf.
8. 227. Weitre av. formen der art sind: gajäi v. 18. 6, vindäi v. 19. 6,
afrapatäif uzraoUafit jt. 19. 48. 50. 3 ) Aenlich schon Ludwig, infi-
nitiv, s. 135.
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Arisches. 236
jäja, devcydgjäja u. s. w. (s. oben s. 281 f.) ganz auf gleiche
stufe. Der akzent ist ja allerdings verschieden; aber die be-
tonung der kaeual bestimmten komposita war überhaupt keine
einheitliche. Neben sotnapUaje steht sömapejaja; s. Whit-
ney, grammatik, § 1272 a, 1274. Die bedeutung jener infini-
tive war also von haus aus „tragung zu machen", „bewältigung
zu machen", „liegen zu machen"; $.v.9L.*bharadföjaja, *saha-
dhejäja, *äajadhejaja. Später — aber schon in arischer zeit
— ging das gefül für den Zusammenhang von *dhiäi mit
*dhadhati u. s. w. verloren: es wurde zum suffix; s. Paul,
Prinzipien 8 , 8. 294 1 ). Die indischen infinitive mit -dhjäi, zu-
sammengestellt bei Delbrück, verbum, 8. 226, schliessen sich
an die alten muster noch treuer an als die avestischen, inso-
fern sie vor dem suffix stäts a aufweisen: d. i. eigentlich der
Stammausgang des ersten Zusammensetzungsgliedes, bhäradhjäi
fcf. bhdräja) yrurde in beziehung zum praesens bhdrati gesetzt.
Das gab den anstoss zu den bildungen: huvddhjäi zu huväti,
pibadhjäi zu pibati, ifajddhjäi ') zu ifajdti, ppiädhjäi zu prndti
u. s. w. Auf der andern seite erzeugte das musterverhältnis
von sajddhjäi (zum akzent cf. pröffkeäajas) zu sdji sakddhjäi
zu sdJce, vartaj&dhjäi zu vartäj'i u. 8. w. Ans perfekt schüesst
sich vävrdhddhjäi an.
Im avestischen ist die bildung dieser infinitive etwas manch-
faltiger. -dfci tritt auch hinter konsonanten und hinter ä, i etc.
auf. Dem alten muster entspricht nur noch das eine vazaiä%äi.
diwzaidiäi, verezjfetäiäi,? f>rä$edjäi (hdss. °öid , j. 34. 5) 8 ), *ra-
uaieiäiäi, daidjäi (cf. dadufe) und fr%#iäiäi erklären sich wie
ai. pibadhjäi. verendfai stellt sich zu verente (3. sing, med.,
verf., ar. forschungen II, s. 89) wie vazaifijai zu vazaite.
Ebenso erledigen sich dazdj&i, merengeidiäi, merazdißi, uzirei-
djßi (Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXX, s. 320 n.). Der rest
zeigt vor dem -dj@i die wurzelform, wie sie in unthematischen
aorist- und perfektformen, oder vor den Suffixen ta- des part.
perf. pass. und tajr des verbaJnomens erscheint; so: äzdjäi —
auch in haptäidjfii j. IL 9 — , vikidfäi, gaidiäi, däidjäi, dere-
djüi, büzdjäi, vöizdjäi (perfekt), mzdjßi, süidiäi, sruidjßi 1 ).
*) Damit ging vielleicht eine Verschiebung des akzents hand in hand;
doch 8. das vorhergehende. *) Bei Delbrück falsch betont. So auch
das nächste beispiel. Lies irqjddhjai. *) Oder ist präjäi ein at-infinitiv,
wie Ludwig, rigveda IV, s. 374 will? S. s. 288 f. *) Nach Spiegel,
16*
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236 Chr. Bartholomae
Aufrecht und Pischel haben in ihren oben s. 221
angefürten abhandlungen einen finalen dativ (oder infinitiv)
ratnadtäja neben dem gewönlichen auf °dhejäja nachgewiesen.
Die form steht keineswegs vereinzelt. In RV. 10. 30. 11 lesen
wir: hinota nö adhvaräm devajagja hinota brdhma sandje
dhdnänäm | Ludwig übersetzt: „Entsendet unser opfer mit
der götterverehrung, entsendet das brahma zu gewinn von
reichtum u . Aber der parallelismus fordert dazu auf, devajagja
dem folgenden sandje gleichzustellen. Die Verbindung von
hinoti mit einem finalen dativ ist mehrfach anzutreffen. Z. b.
RV. 8. 43. 19: agnim . . admasddjaja hinvire „den Agni regen
sie an, sich zum mal zu setzen"; — 9. 97. 4: sotnam hinota
mahatrf dhdnäja „den Soma regt an zu reichlichem schenken";
— 9. 65. 27: tarn tvä .. hinvirrf devdtatajg „dich regen sie an
zum gottesdienste". Dem entsprechend ist auch devajagja als
finaler dativ zu nehmen, und die angefurte stelle demnach zu
übersetzen: „Regt unser opfer an, dass es zur Verehrung der
götter diene, regt unser gebet an, dass es uns zur gewinnung
von habe diene".
Finaler dativ ist d&oajagja auch RV. 10. 70. 1: ürdhvö'
bhava sukratö devajagja d. i. „richte dich hoch auf, weiser, die
götter zu verehren"; vgl. dazu RV. 1. 30. 6, 36. 13, 8. 10. 10,
doch auch 6. 24. 9 (s. unten s. 245). Ludwig, rigveda V,
8. 322 bemerkt richtig: „devajagja (ist) lokal oder dativ".
Der unterschied in der betonung zwischen devajdgjäja 7. 3. 9
und °jagjd ist nicht von ausschlaggebender bedeutung; vgl.
oben 8. 235.
Bemerkenswert sind die dative auf -sjä und -sja; urusjd
RV. 6. 44. 7, varivasja 1. 181. 9, sravasjä 1. 61. 5. Die finale
bedeutung ist besonders an der letzten stelle unverkennbar, wo
es heisst: asmd id u sdptim iva Sravasjendrajarkdm guhvä
sdm ange | vir dm dänäükasam vandddhjäi . . ., d. i. „ihm rüst
ich jetzt mit der zunge ein preislied zu, dass es den schenk-
frohen helden begrüsse, wie ein rennpferd (man zurüstet), dass
es um den preis laufe"; mavasjä und vandddhjäi stehen ein-
ander gegenüber. — huve jdd väw variva&jä grnano (1. 181. 9)
ist „wenn ich euch preisend rufe, räum zu schaffen"; — uru§ja
vergl. gramm., s. 386 gehört frasrüidxäi „offenbar zum kausativ". Das
verstehe ich nicht.
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Arisches. 237
pajür abkamt sdkhibhjab (6. 44. 7) „um räum zu gewinnen (d. i.
damit sie räum gewännen), stand er den freunden zur seite".
Es lassen sich noch ein par weitre dieser formen als dative
nehmen; doch bin ich bei ihnen nicht so sicher. — Sie gehören
zweifellos zu denominativen v erben; man vergleiche dazu das
oben 8. 232 f. erwänte mahijai zu rnahijäti. Durch sravasjäs RV.
2. 10. 1 neben marmrgJnjas wird auch hier die beziehung zum
gerundivum hergestellt
Ein par infinitive auf -iä sind auch im avesta nachzu-
weisen. Zuj.ü. 17 lesen wir: aibigairiß daißf vispä humatäfca
hüfyäfcä hyarätäkä, paitirilciß daipt vispä duämatäUä duzüJjtäfcä
dHzyaritä&a. Die Justi'sehe erklärung der beiden formen auf
-%a als gerundien lässt erhebliche syntaktische Schwierigkeiten
zurück. In RV. 1. 85. 9 heisst es: „als TvaStar den goldenen
donnerkeil, den schöngefertigten, tausendzackigen künstlerisch
gedreht hatte", dhattd indrö ndrj dpqsi *) kärtavi „da nam sich
Indra vor, heldenhafte werke zu tun"; wörtlich wäre das „er
setzt(e) sich werke (sie) zu tun". Ebenso 3. 31. 13 u. ö. (vgl. unten
s. 239). Ferner im avesta j. 46. 8: jß vä möi jd ga#d dazdf
afnawhf „wer sich vornimmt, mir haus und hof zu vergewal-
tigen"; — j. 36. 1: jem a%töjöi ddnh? „den du siech zu machen
vor hast"; — j.46. 18: jß nd qstäi daiditä „wer sich vornimmt,
uns in leid zu bringen"; vgl. verf, zeitschr. d. dtsch. mgl.
ges. XXXVIII, s. 129(, Roth, ebd., s. 437), Geldner, Bezzen-
berger'B beitrage XIV, s. 21. Ganz entsprechend ist unsre
stelle zu fassen, aibigairiß und paitiritcja sind dativische infini-
tive. daißf heisst „ich nehme mir vor" (oder perfektisch „ich
habe vor"). Also „ich nehme mir vor (ich habe vor) alles,
was gut gedacht, gesagt, getan ist, anzunehmen, ich nehme mir
vor (ich habe vor) alles, was übel gedacht, gesagt, getan ist,
abzutun (oder zu unterlassen)". — So ist auch die zweite stelle
mit paüirifciä zu fassen, v. 5. 60: „Ahura Mazda hat nicht
vor (ist nicht gewillt), von abgelegten kleidungsstücken etwas
bei seite liegen zu lassen".
*) Zu lesen mit Grassmann ndrjapäsi. Was Ludwig, rigveda V,
8. 282 zu av. nairimanä sagt, ist hinfällig; s. die neuausgabe. — Hat
Wilhelm, als er über nap, ndbh (Bezzenberger's beitrage XII, s. 105 ff.)
schrieb, das zweite heft derselben noch nicht gehabt? Oder hält Wil-
helm auch jetzt noch an adenaba- „one stützen" fest? Schon Hang
hat das richtige gewnsst.
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238 Chr. Bartholomae
Ueber das vielfach vor dem ja- des gerundivs etc. auf-
tretende t hat sich jüngst Brugmann, grundriss II, s. 117
dahin ausgesprochen: es stamme das t von solchen Stamm-
formen wie krt- „machend", an die man das gerundiv etc.
angeschlossen habe. Wie dem auch sei, jedenfalls darf das t
in tjß- u. 8. w. von dem t in tya- u. s. w. nicht getrennt
werden. Die formen mit i° und #°, t%° und J#° — gerundiva,
gerundia und infinitive — laufen vielfach parallel neben ein-
ander her. Ich gebe im folgenden eine Zusammenstellung der
hierher gehörigen infinitiv- und gerundiehausgänge — in arischer
form angesetzt — , wie sie mir im veda und avesta aufge-
8tos8en sind.
I. Dative.
1. -afai: infinitiv. Im veda: dftöje u. 8. w., Delbrück,
ai. verbum, s. 225. Im Jüngern avesta: ayahiSUe v. 8. 100,
wo der infinitivausgang hinter dem praesensstamm erscheint.
Einzige, vielleicht verderbte form. — In Kuhn's Zeitschrift
XXVIII, s. 20 habe ich den Vorschlag gemacht, av. sayaiö
j. 51. 9 in °iöi zu ändern. Dagegen erklärt sich Geldner,
ebd., 8. 261. Ich gebe Geldner recht, verez\ö j. 30. 5, i8jö
Ol*<w) 32. 5, ayß 32. 14, manö 48. 4, a*hö 71. 16, tauryafi
jt. 1. 10 auf ar. °<w, akkusativ zu G asai — ai. °ase, av. °a*h§
zurückzufuren; vereziö erklärt sich wie sra#axehh2, s. oben
8. 231 n. Für sa%aiö halte ich gleichwol meinen Vorschlag
aufrecht. Der cw-infinitiv aus dem kausativum müsste *sä%aiö
lauten 1 ). — aiwiHty jt. 13. 67 (bei verf., air. verbum, s. 153)
ist, wenn die form überhaupt richtig, aus °8ih+tafci entstanden;
s. unten zu III. 4 und J. Schmidt, Kuhn's Zeitschrift XXV,
s. 28 f. - Vgl. 2, 3, 4.
2. -taiai: infinitiv. Ai. pitdjg u. s. w.; Delbrück, vb.,
s. 225; — av. afyöiöi j. 36. 1 (s. oben 8. 237), ükantee, para-
kantaiae[1ea ; verf., vb., s. 153. Dazu noch zazäitSe aus dem
praesensstamm; vielleicht aiwiUee (s. I. 1). — Wegen astaiö
j. 46. 11 bei verf., Kuhn's Zeitschrift XXVIII, s. 21 verweise
ich jetzt auf Bezzenberger's beitrage XV, 8. 11. — Vgl. 1, 3, 4.
3. -ayai: infinitiv. Nur im veda in tdkave RV. 9. 97. 52.
S. Ludwig, infinitiv, s. 60, rigveda II, s. 507, V, s. 375. Der
') Wie Geldner, a. o. allerdings schreibt. Doch beruht das
nur auf einem versehen. Die handsohriften haben alle a. — Zu astafi
s. unter 2.
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Arisches. 239
SV. liest tdkave . . dhät, was mir besser scheint als dät; zur kon-
struktion vgl. sisndthö dhät RV. 3. 31. 13, indram 8vd dhifdnä
sätdjs dhät RV. 6. 19. 2, ;5 tfa£ mawö vaÄ/ö mazdä (instr.)
a^iasfcx j. 48. 4 und oben s. 237. — Vgl. 1, 2, 4.
4. -tayai: infinitiv. Im veda: kdrtavS u. 8. w.; Delbrück,
vb., s. 223 f. — Av. vantays v. 3. 25 hatte Geldner, Kuhn's
Zeitschrift XXIV, 8. 548 als infinitiv genommen; doch s. Geiger,
Zeitschrift d. dtsch. mgl. ges. XXXIV, s. 422; Geldner, Studien
I, s. 154 f. — Vgl 1, 2, 3.
5. -tayäi: infinitiv. Nur im veda: hdntaväi u. 8. w. S.
oben s. 224 ff. — Vgl. 4, 6.
6. -ta#ä: infinitiv. Nur im veda in sdrtavä RV. 3. 32. 6.
S. oben s. 225. - Vgl. 4, 5.
7. -idi: infinitiv. Ai. dhrdgjüi, bhugjäi, rtfhifjäi, vdhadhjäi
u. s. w.; — av. manjßi, vafdjäi, meren1c%üi, vazaiä£äi u. s. w.;
Delbrück, vb., 8. 226 und oben s. 227 ff., 234f. — Vgl. 8, 9, 10.
8. -iä: infinitiv. Ai. devajagjä; av. aibigairjs, paüiritciß;
s. oben s. 236 f. — Vgl. 7.
9. -ißi-ax infinitiv. Im indischen: ranjdja, dgvajdgjäja
u. 8. w.; 8. oben s. 231 f. Wegen des angefügten a verweise ich
noch auf av. fradapäi ä j. 34. 11 neben fradafäi j. 31. 16;
cf. verf., ar. forschungen III, 8. 63. — Vgl. 7, 11.
Als gerundium Hesse sich upasddjäja RV. 7. 15. 1 fassen
„herantretend giesst dem huldreichen butter in den mund".
Doch ist diese fassung nicht nötig. Man kann auch übersetzen
„dem zu verehrenden . .".
10. -#äi: infinitiv. Im veda: itjäi, srüijäi u. a.; oben
s. 232. — Vgl. 7, 11.
11. ~tjä£-a: infinitiv. Im veda: vftrahatjöja, karmakftjäfa
u. a.; oben s. 231 f. - Vgl. 7, 9, 10.
12. 4ybäi-a: gerundium. Im veda: hatvdja u. s. w.; Del-
brück, vb., 8. 228. So, wenn die formen richtig überliefert
sind. Das ist aber nicht der fall. Der RV. hat 8 formen —
bei Delbrück fehlt gatvaja 8. 89 (100). 8 -, der AV. 2, gatvaja
und hatvdja (4. 31. 2 = RV. 10. 84. 2): zusammen 11 mal an
10 verschiedenen stellen. Ueberall nun, wo die rhythmik ent-
scheidend ist, erweist sich die länge der ersten suffixsilbe als
fehlerhaft Die rhythmik verlangt, dass die formen als amphi-
macer _u_ gemessen werden. Man vergleiche die gajatri-
zeilen:
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240 Chr. Bartholomae
RV. 8. 89. 8 c: dfoam suparnö' gatvdja \ ,
10. 85. 33 c: säubhagjam asjäi datvdja | ,
109. 7 c: urgam pjihivjd bhaktvdja | *),
146. 5c: svadoh phälasja gagdhvdja | ,
AV. 20. 128. 5c: surjö divam iva*) gatvdja | .
Die gerundien auf -tvdja sind, ""das geht ans dem obigen aufs
bestimmteste hervor, von den rezensenten an statt solcher auf
-tvdjä oder -tvdja in den text eingefiirt worden. Die Verwen-
dung von dativen als gerundien hätte von vorne herein be-
denken erwecken sollen. Ich nehme an, dass die alten texte
-tvdjä, mit langem schlussvokal enthielten. Das ist entweder
der lok. sing, eines neutralen tva -Stamms mit angehängtem
enklitischen ä, wie av. zastajß, ap. dastajä und die von mir in
Bezzenberger's beitragen XV, s. 20 f. note nachgewiesenen indi-
schen formen — auch die fri-gerundien sind lokale — ; oder
aber -tväjä ist der instrumentalauggang eines femininen Stamms
auf tvd-. Ich möchte der ersten deutung den vorzug geben. —
Zur ganzen erscheinung vgl. Oldenberg, a. o., 8. 476 ff.
IL Lokative.
1. -iai: infinitiv. Nur im avesta und nur in vereidje
j. 9. 24. Die Zerlegung vereidj+$ unter hinweis auf ai. sisndihe
u. 8. w. (oben s. 230) geht nicht an, da es zu #ardh- kein
^-praesens gab. — Vgl. 2 und 4.
2. -tjßi\ infinitiv. Nur im avesta und nur in U2üißjöi
j. 46. 5. S. Geldner, Bezzenberger's beitrage XIV, s. 13. —
Vgl. 1.
3. -yai: infinitiv. Nur im avesta in da%öi* und Vidujfe 1
(d. i. vidj&). — Vgl. 1 und 4.
4. -tyai: infinitiv. Nur im avesta, und auch hier nicht
sicher. So vielleicht in äMißtwi j. 32. 14, nach K 5, J 2 u. a.,
wo Geldner nach Pt 4, K 4 u. a. °ßöi liest. — Vielleicht auch
in fräiaätyfi jt. 13. 153; die lesung ist unsicher; die neuausgabe
reicht noch nicht so weit; der infinitiv wäre prädikativ zu
nehmen. — Vgl. 3 und 5.
*) AV. 5. 17. 11: bhaktva. ») Cf. Oldenberg, hymnen des rig-
veda, 8. 460 n. Vielleicht ist doch in solchen fällen va zu schreiben.
Man stellt iva zum pronoroinalstamra t. Mir Bcheint es besser, tva mit
u } «, v«, vä{, utd zu verbinden, und = idg. 9fM zu setzen; va wäre dann
die schwächere nebenform zu tva, die die rezensenten allgemein durch
letztere ersetzt haben, evd zu *va mag sich verhalten wie etdd zu t&d.
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Arisches. 241
5. -tyai-ä: gerundium. Im Yeda. S. oben L 12. — Vgl. 4.
6* -*#" gerundium. Im yeda: krtvi\ hatvx u. 8. w.; Del-
brück, vb. f 8. 228 f.
7. -toi: infinitiv. Im avesta. In den hymnen: tVp j. 31. 9,
43. 13, mrüitf 49. 6, säst? 30. 8, 46. 12*), Mi 31. 8, 34. 4,
45. 10, 46. 16, 49. 2, 50. 2, 6; mit praesensreduplikation dast?
34. 1. Cf. verf., Kuhn's Zeitschrift XXVIH, s. 21 — wo
apaj&tf (unten V, 5) und dazdf (Geldner, Bezzenberger's
beitrage XII, s. 97, verf., Kuhn's Zeitschrift XXIX, s. 286) zu
streichen — , Geldner, ebd. XXVIII, s. 206 und — wegen
gqßtf, gaftöi — ebd. XXX, s. 322, Th. Baunack, Studien I,
s. 317 n. — Das jüngere avesta hat noch: mrüitf j. 0. 3, 8. 4
u. ö., «/? vsp. 3. 7, jUe jt. 10. 68, äste v. 5. 53 f. (s. unten
s. 244)»), doste vsp. 15. 1. — Vgl. 8, 9, 10.
8. -tau: infinitiv. Im avesta, und nur in aüö j. 51. 12;
cf. verf., Bezzenberger's beitrage XV, s. 12. — Vgl. 7, 9, 10.
9. -tau: infinitiv. Im veda: abhtytäu, sdtaü u. a. In RV.
10. 150. 4 steht agnim maho dhdnasätäv ahdm huvi mr^kdm
dhänasätajt. Ludwig übersetzt „Agni ruf ich zu grosses
reichtums gewinne, den gnädigen 8 ) zu grosses reich tuins ge-
winne 4 '; Grassmann „den Agni ruf ich zur erlangung grossen
gute, zur gutserlangung uns zur huld". dhdnasätäu und dhäna-
satajö galten dem dichter offenbar für gleichwertig. Vgl. dazu
Lanman, Journal of the am. or. soc. X, s. 388. — In RV.
6. 60. 13 lesen wir ubha vägasja sätdje huvS väm, in 7. 21. 7
indram vägasja göhuvanta sätaü: es ist nicht anzunehmen, dass
vägasja sätäti sollte in andrem sinn verstanden worden sein
als vägasja sätdje. — In RV. 4. 16. 9 heisst es: cJchä kavim
nrmanö gü abhisfäu svärfätä 4 ) maghavan nrtdhatnänam, d. i.
s ) So die neuausgabe. Doch scheint Geldner jetzt wieder schwan-
kend geworden zu sein, ob °t? oder °ft das richtigere ist; s. Bezzen-
berger's beitrage XIV, 8. 11. ») Statt tarotdüe j. 14 ist in Überein-
stimmung mit n. i. 1, jt. 1. °ti zu lesen. •) So richtig, mpdikd- ist
auch sonst als adjektiv gebraucht; so RV. 7. 86. 2 „wann wird er one
groll mein opfer sich gefallen lassen, wann werde ich ihn getröstet als
einen gnädigen erschauen?"; — 6. 33. 5: „sei gnädig und steh uns bei"
(wörtlich „und sei uns zum beistand", infinitiv, s. s. 245 n.). *) Es war
der unter bestimmten umständen lautgesetzliche znsammenfall der lokativ-
ausgänge -öt und -äu in -«, der im indischen die überfürung des -äu in
die j-deklination veranlasste. Aenliches vielleicht auch im avesta; vgl.
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242 Chr. Bartholomae
„zum bedrängten sänger komm, o heldenmütiger Maghavan,
heran ihm zu helfen, damit er das Sonnenlicht gewinne". —
RV. 4. 16. 4: andhä tdrnqsi düdhitä viUdkfe nrbhjai Asakära
nftamö abhifpau „das blinde, wüste dunkel hat er durch-
sichtig gemacht, der beste held, den männern zur hilfe".
Ludwig übersetzt hier „mit seiner hilfe", Grrassmann „hilf-
reich". — Vgl. 8 und 10.
10. -tä (aus -täi und [Jäu]): infinitiv. Im veda: sätd in
Zusammensetzungen. RV. 6. 33. 4: svärtatä jdd dhvdjätnasi
tvä jüdhjaniö ntmddhitä prtsu iura. Ludwig „wenn zu
des lichtes gewinnung wir dich rufen, kämpfend in gehalbter
schar in den schlachten, o held"; Grassmann „wenn wir dich,
held, um glucks erlangung anflehen, wir kämpfende beim an-
griff in den schlachten". — 6. 46. 1 : tväm id dhi hdvämahi
sota vagasja kärdvah; vgl. dazu 6. 60. 13 und oben unter 9.
— Vgl 7, 8 und 9.
Das zusammentreffen des indischen und iranischen zeigt,
dass die lokatdve der fo*- und fou-stämme bereits im arischen
als finale infinitive gebraucht wurden. Der dichter von RV.
7. 82 hat, vom metrum bedrängt, auch einen lok. plur. in
gleichem sinn gewagt In vers 9 steht: jdd vom hdvanta vbhajl
ädha spfdhi ndras tökdsja tinajasja satifu. Ludwig übersetzt
„zur erlangung von samen und nachkommenschafb". Der dichter
hat wol die stelle 4. 24. 3 im köpf gehabt, wo naras tökdsja
tänajasja sätäü steht. — Die bei Delbrück, syntax, s. 119
unten erwänten fälle für den gleichen gebrauch andrer lokative,
wozu auch noch RV. 7. 30. 2 tanu$u „um das leben" u. a.,
beruhen nach meiner ansieht auf syntaktischer analogiebildung.
In RV. 1. 10. 6 steht tdm id sakhitvä (lok.) imahe tdm rajs'
(dat.) tdm suvtrjs (lok.); hier könnte das streben nach gleich-
klang der ausgänge massgebend gewesen sein« Vgl. noch
5. 69. 3, 6. 15. 18 und dazu die bemerkung Grassmann's
im Wörterbuch unter sarvdtät, sarväUUi und Lanman's, a. o.,
s. 386.
III. Akkusative.
1. -iatn: infinitiv. Im veda. Selten, patividjam RV. 10.
102. 11: parivfktäva patividjam anat „obwol so zu sagen ver-
ver f., Bezzenberger's beitrage IX, 8. 808, wo vadätö v. 13. 49 hinzuzu-
fügen.
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Arisches. 243
stossen, gelang es ihr doch den (einen) gatten zu finden"; zur
Verbindung von ans- mit dem akkusativischen infinitiv vgl.
Delbrück, syntax, s. 417. — rdgjam RV. 7. 6. 2: havim . .
hinvdnti sdm ragjam rodayöh „den weisen regen sie an, zum
heil die herrschaft über beide weiten zu füren"; gewönlich steht
bei hinoti in gleichem sinn ein dativischer infinitiv, s. s. 236.
Zwei ihnen entsprechende infinitive des avesta sind nach
Geldner, Bezzenberger's beitrage XII, 8. 160 f. zfyim j. 31. 4
und sreyitn j. 28. 7. Ich bezweifle die richtigkeit seiner erklä-
rung; vgl. verf., ebd. XIII, s. 89 n., beitrage, 8. 21. Dazu
noch Jackson, jasna 31, s. 28, der wie ich konstruirt, und
Pischel, ved. Studien I, s. 44, der aber zu j. 31. 4 die stelle
30. 9 nicht berücksichtigt hat {a$em . . mazddsUä ahurdnhö,
nom. > mazdäska ahurdnhö . . asälcä, vok.) 1 ).
Wegen der von Gaedicke, akkusativ, s. 168 f. als gerun-
dien bezeichneten jam-formen wie asambhavjdm AV. 15. 11. 12,
anapagajjäm TS. 1. 7. 5.4 verweise ich auf Delbrück, syntax,
8. 187. In der angefurten AV.-stelle wäre wörtlich zu über-
setzen „das geschlecht der brahmanen verletzt habend gingen
sie zu gründe als etwas nicht wieder entstehendes". — Vgl. 2, 3.
2. -tfam: gerundium. Im veda, und nur in mantrasrütjam
RV. 10. 134. 7 „auf die göttlichen Sprüche hörend**. Doch
lässt sich über die fassung des wort« streiten. Ludwig über-
setzt „nach dem inhalt der mantra wandeln wir" (fcarämasi);
Grassmann „wir wandeln ihnen (den mantra) gehorsam".
Nach den Petersburger Wörterbüchern aber wäre m° akkusativ
eines nominalstamms °tja- „folgsamkeit", als objekt zu kara-
masi gehörig. — Vgl. 1.
3. -%äm\ infinitiv. Im Jüngern avesta« Vgl. Geld n er,
Kuhn's Zeitschrift XXV, 8. 581 n. 8, verf., ar. forschungen II,
s. 140 n. Statt °iqm wird °jfan geschrieben; verf., handbuch,
§ 47. Die beispiele sind: kairjqn j. 9. 4 — jt. 15. 16 „dass
er machte (ich mache) zu essen unversiegliche speise"; jt. 13. 50
„dass ihm zu essen sei unversiegliche speise für immer und
ewig"; — nidaißjtfn (aus dem praesensstamm) v. 8. 10 „zwei
männor können ihn auf der erde niederlegen"; zur konstruktion
vgl. v. 8. 100 (s. unten, 8. 244); — jaozdiqn (so überall zu
*) PiBchel schreibt dort „*e%im anhen entspricht einem skr. *gäv<i-
jäm äsan". Nein. Weder der bedeutung noch der form nach, fävajäm
wäre eben zauajcpn (oder °*4n), nichts andres.
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244 Chr. Bartholomae
lesen) v. 5. 54 f. „um sie so wieder zu reinigen 1 '; v. 8. 35 f.
„sind die männer zu reinigen, welche . .?" „. . sie sind zu
reinigen"; so noch öfter; — räzfan v. 8. 100 „wenn ihm dann
irgend ein mensch entgegen (kommt), soll er stehen bleiben
und (oder: um) laut den ruf ergehen (zu) lassen" '). — rao-
ä&nm in der glosse zu v. 5. 7 ist wie v. 6. 6 und 14. 13 adjek-
tivisch zu nehmen. — Vgl. 1.
4. -tim: infinitiv. Im avesta. Selten. So j. 33. 2: astim
(aus *a-sth-tim) „dem frommen aber beizustehen bedacht ist";
cf. verf., Bezzenberger's beitrage XIII, s. 81 f. Anders Geld-
ner, ebd. XIV, s. 21; doch ergibt sich dann kein rechter
gegensatz zum vorhergehenden. — jaozdäitim v. 8. 100 ff. „er
könnte mich reinigen (entsünen)". — Vgl. 5.
Gae dicke, akkusativ, s. 171 nimmt anukrtim AB. 1. 27
als absolutivum. So ist vielleicht auch upamaitim v. 5. 53 f.
zu fassen: „drei nachte sollen sie (sie) warten lassen; drei
nachte abwartend soll sie sitzen (äst?, inf.)') milch geniessend
und . . ." Doch sind sprachliche erscheinungen der brahmana-
und der jungavestischen zeit nur mit vorsieht zu vergleichen. —
5. -tum: infinitiv. Im veda: datum, prdffum u. s. w.;
Delbrück, vb., s. 227. — Vgl 4
IV. Genetiv-ablative.
1. -teuf: infinitiv: Im avesta: ayapastöü j. 44. 4, darUatt
und hSmparitöÜ j. 33. 6, frö.eretöü j. 46. 4 (so wol zu lesen) *).
- Vgl 2.
2. -taui: infinitiv. Im veda: gdntöf, dato? u. a.; Del-
brück, vb., s. 227. — Vgl. 1.
V. Instrumentale.
1. -iä: gerundium. Im veda: nifädjä, abhifcdksja u. s. w.*);
Delbrück, vb., 8. 229. Dazu Benfey, quantitätsverschieden-
*) Gehört räzjftn mit ai. $rjäti zusammen? Cf. RV. 1. 9. 4, 181. 7
u. a. Die gründe der Umstellung des r bei wurzeln von der form XarX
— ai. asräk > saearga — sind noch nicht aufgeklärt. rösjYp» wäre ein
weitres beispiel für av. r aas sr im anlaut; s. verf., ar. forschungen II,
s. 179. [Fehlt bei Brugmann, grdr. I, § 568. 3.] ■) Zu diesem ge-
brauch des infinitivs s. vsp. 3. 6 f.: mrütf, st$\ Geld n er, drei yasht,
s. 101. •) Die neuausgabe h&t fror etöu; s. verf., Bezzenberger's bei-
trage XIII, s. 74. <) Dass abhikhji RV. 1. 148. 5, 8. 23. 6, 10. 112. 10
„eine abkürzung des absolutiv abhtkhjkja ist und angeblickt habend be-
deutet", wie Aufrecht, festgruss, s. 2 annimmt, glaube ich nicht loh
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Arisches. 245
heiten IV. 3 und 4, s. 40 f. (abh. d. kgl. ges. d. w. zu Göttingen
XXV), wo auch die formen mit gekürziem auslau t: nisäd/a etc.
besprochen sind.
2. -t%ß\ gerundium. Im veda: ägätjä, vihdtjä u. s. w.;
Delbrück, ebd.; Benfey, ebd.
3. -tvä: gerundium. Im veda: pUvä, hatvä u. s. w.; Del-
brück, vb., 8. 228.
4. -t%&jä(?): gerundium. Im veda. S. oben L 12.
5. -ti: infinitiv. Ai.: üti, viti und mit gekürztem end-
vokal svasti; Lanman, a. o., 8. 380 ff.; — av. apaieifij. 32. 11,
eneiti und kiti[ka 30. 11 (?, so Geldner, Kuhn's Zeit-
schrift XXVIII, s. 405), räiti 40. 1 (?, so verf., Bezzenberger's
beitrage XIII, s. 88; anders Geldner, Kuhn's Zeitschrift XXVII,
s. 238 f., Th. Baunack, a. o., s. 339, 390); ferner^« j. 2. 1 ff.,
fra808ti 8. 1, taröiditi jt 1. 0, a}ti, pauiti, atüi v. 5. 27 u. a.
(Geld n er, drei yasht, s. 101, 137).
Die hier angeförten infinitive haben ganz unzweifelhaft
finale bedeutung. Lanman, a. o., s. 382 f. will sie daher auch
formell als dative nehmen; ebenso Whitney, grammatik, § 336
— „das feminin hat . . bisweilen die (aus j€) kontrahirte form
i wie im instrumental" — ; verf., handbuch, § 224; Geldner,
Studien I, s. 115. Die Unrichtigkeit dieser erklärung liegt auf
der hand. Von einer zusammenziehung von ai. -jat in -* kann
gar keine rede sein.
Die ft -infinitive stammen, wie das zusammentreffen beider
dialekte dartut, aus der arischen grundsprache. Sie sind der
form nach sicher instrumentale. Eben so sicher aber ist es,
dass den instrumentalen die finale bedeutung von haus aus
nicht zukam. Ich schliesse, dass sie dieselbe auf dem weg
nehme abhikJya an der ersten stelle als instrumental, an den beiden
andern als dativ, rar abhihfyäi, s. oben s. 223. Der ausdrnok abhikfya
(dat.) bödhi „sei cum ansehen", s. v. a. „sieh an" in 10. 112. 10 ist eu
vergleichen mit bhütd nö . . dvas* 7. 48. 4 „seid uns zum helfen", s. v. a.
„helft uns", äbhüd agnih samidhe manufänäm 7. 77. 1 ,jetzt ward das
feuer der menschen zum aufflammen", s. v. a. „jetzt ist es aufgeflammt"
n. a. m.; im avesta ni^enf buj# vUpf du&nainjaffa a. 1. 17 „um zum
niederschlagen zu sein", s. v. a. „um niederzuschlagen alle feinde" u. a
Danach bitte ich die Bezzenberger's beitrage XII, s, 91 f. gegebene er-
klärung des italischen / f&>praeteritums abzuändern. Das für lat. sedi-
bam vorausgesetzte *8ed4bh%äm enthält als erstes glied einen dativ, nicht
einen instrumental.
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246 Chr. Bartbolomae
der analogie erhalten haben. Im arischen gab es aus a-stämmen
finale dative auf -äi und auf -o. Die letztern fielen der form
nach mit den instrumentalen zusammen. Das gab den anlass,
auch bei den Abstammen die instrumentale auf 4% neben den
dativen auf -tajai in finalem sinn zu verwenden. Das neben-
einander von redewendungen wie *a gamat dvasa „er komme
heran mit hilfe" und *d gamat ävasai „er komme heran zur
hilfe" (s. verf., ar. forschungen III, s. 35 f.) mag seinerseits
dazu beigetragen haben, dass jener gebrauch der ^-formen sich
festigte und weitern umfang gewann *),
Die ergebnisse meiner Untersuchung sind:
Das arische hat bei der nominalen o-dcklination für den
dativ des Singular aus der Ursprache zwei ausgänge geerbt: -ö»
und -ä. Die formen auf -ff* wurden häufig mit der postposition
ä oder a verbunden.
Im indischen sind die ausgänge -ff* und -ff in lebendig-
dativischem gebrauch nur noch selten anzutreffen; dafür tritt
der neue ausgang -äja auf. Dagegen hat sich -ff und insbe-
sondre -ff* in zalreichen infinitivbildungen erhalten.
Im av es tischen ist -ff* der gewönliche ausgang, dem
gegenüber -ff sehr in den hintergrund tritt. Die Verbindung
von -ff* mit der postposition ä ist nicht selten; cf. verf., ar.
forschungen III, s. 63; doch ist das a noch nicht festgewachsen,
wie im indischen und wie in den lokativen. Beachtenswert ist
es, dass das postfigirte a hinter andern als ffi-dativen nicht
vorkommt. Die Verbindung -ff* ä ist also aus dem arischen
stammgut ererbt.
Weitre ausgänge für den dativ sing, der a-stämme vermag
ich nicht anzuerkennen. Roth, verhandl. d. VII. intern, orien-
talistenkongr., ar. Sektion, 8. 4 hält W-fsäna in RV. L 31. 7
für eine abkürzung von tätr?änäja. Daran glaube ich nicht,
wie ich denn überhaupt hinsichtlich jener „abkürzungen" andrer
meinung bin als Roth; 8. beitrage, 8. 163 f. Es wird im alten
text °wrf, dativ wie sakhjä u. s. w. gestanden haben, das die
*) Wie ist av. paüiditi jt. 7. 1 zu verstehen? Etwa „damit er sieh
wieder schauen lasse"?
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Arisches. 247
rezensenten, da sie es nicht verstanden, in °nd umänderten. —
Noch weniger kann ich mich für die dativform stavän be-
geistern, die Pischel, ved. Studien I, s. 44 in RV. 2. 19. 5
a, b: sä sunvatd indrak surjam ä dem rinan mdrtjäja stavän
(so dessen teilung) finden will. Pischel schreibt dort: „stavän
steht für stavänäja im sinn von stuvattf, wie Ludwig 5. 61
bemerkt 1 ). Im texte stand ursprünglich arinan". Setzt man
<m° für ri° ein, so erhält man allerdings, wenn man indrah
und sü'tjam drei-, tnärtjaja viersilbig nimmt, zwei zeilen von
je elf silben. Aber tristubhzeilen sind es nicht Dazu gehört
doch noch etwas mehr als einfach elf silben. Die erste zeile
hätte den silbenfall: u_uu, _u uu_ ; die zweite uv-,
_u u_ Das sind, wie gesagt keine triStubhzeilen. — In
der ersten zeile fehlt eine silbe und zwar hinter surjam; cf.
Oldenberg, hymnen, s. 69. Die zweite beginnt natürlich mit
a. Aber die beiden letzten Wörter sind fehlerhaft überliefert.
stavän steht hier und 2. 20. 5, 6. 24. 8 am schluss einer elfer-
zeile; die vorhergehenden Wörter sind: mdrtjäja (_u u_ ),
su r jena (_ o *■>—)> ddsjugütäja (_u u_ ). Alle drei
stellen zeigen den gleichen metrisch fehlerhaften ausgang _u_
statt u . Nach dem Petersburger Wörterbuch bedeutet stavän
„der gewaltige", nach Grassmann „der donnerer", wärend
Ludwig überall „gepriesen" übersetzt. Ich halte Ludwig's
erklärung, insbesondre mit rücksicht auf 2. 19. 5, für die beste.
Aber stavän passt weder ins metrum, noch ins Satzgefüge. Das
wort ist also verderbt. Ich kurire alle drei stellen in gleicher
weise. Statt stavän schreibe ich stavändh, bzw. ö nö — es folgt
zweimal a°, einmal a° — , und dem vorhergehenden wort streiche
ich eine silbe, die letzte ab, wobei natürlich statt surjena surjä
zu schreiben ist. Man vergleiche dazu 1. 51. 9, 130. 10,
6. 46. 2, 50. 6 u. a. Wir erhalten so zu den oben s. 220 ff., 245
angefiirten d*-dativen zwei weitre, mdrtjai und ddsjugatäi. Ihre
ändrung in °äja war zweifellos die Ursache der jetzt vorlie-
genden textverderbnis.
f ) Pischel hat Ludwig's bemerkung offenbar missverstanden, was
bei Ludwig's seltsamer art sich auszudrücken freilich nicht gerade
wunder nehmen darf. — Das park med. zu stav- hat im RV. höchstens
1. 51. 9 aktiven sinn, sonst wird es immer passivisch gebraucht.
[Eingesant: 80. dezember 1888.]
Chr. Bartholomae (Münster-W.).
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248 K. Geldner
Taana 38.
1. yathä du ithä vareäaitS *)
yd data atihiud paouruyehyd |
ratüd 1 ) äyaoihand raziitd
dregvataScd hyafed aädunS |
yShydcd hSmemydsatä 1 )
mithahyä ydcd Mi drezvd 1 ) \
„Wie er es nach dem, was die gesetze für das erste
leben sind, sollte, so übt der meister das gerechteste ver-
fahren wider den ketzer und auch wider den gerechten und
wider den bei welchem falsches mit rechtem gemischt ist".
2. af yS aketn dregcdite
vacanhd vd af vd mananhd \
zastöibyd vd vareäaiü
vanhdu vd cöithaifö astim \
töi vdrdi rädehti
ahurahyd zaoSS mazddo \
„Und wer dem ketzer übles thut mit wort oder mit ge-
danken oder mit fausten, oder dessen anhänger zum guten
bekehrt^ die machen es seinem willen recht, nach dem wünsche
des Ahura Mazda".
3. yi aidunS vahiHö
hvfötd vd af vd verezinyö \
airyamnd vd ahurd
vidäs vd thwakhSanlid gavöi |
af hvö aäahyd anhat
vanhSuäcd vdstre mananhd |
„Der es aber mit dem gerechten am besten meint, sei es
mit seiner sippe, sei es als haupt der gemeine, sei es mit seinem
anhang oder wer mit eifer für das vieh schafft, der aber soll
unter der herde des Asha und des guten geistes sich be-
finden".
4. yS thwaf mazdd asruMim
akemcd mand yazdi apd \
hvaStSudcä tarimaiüm
verezSnahydcd nazdiitäm drujem \
>) So auch Mf4.
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Yasna 33. 249
airyamanascd nadefUÖ
gSuScd vdsträt acutem mafitüm |
„Der ich durch gebet von dir, o Mazda, den ungehorsam
und den bösen geist abwende, von meiner sippe die hoffahrt,
von der gemeine den satan in nächster nachbarschaft, von der
freundschaft die spötter und von der Viehweide den gar üblen
hirten".
5. yaste vispt-mazütem
sraoöem zbayä avanhdne \
apdnö daregd-jyditim
d khiathrem vanhSuä mananhd \
aidf d erezüä pathö
yaSäü mazdäo ahurö äaGti \
„Der ich deinen Sraosha als allergrössten preisen will am
ende der reise, wann ich zum ewigen leben ins reich des guten
geistes, dank dem Asha auf die rechten wege dahin wo Ahura
Mazda wohnt, gelangt bin".
6. yS zaotä aäd erezüi
hvd manytuä d vahütdf kayd \
ahmät avd mananhd
yd verezytidydi maftid vdstryd \
td töi izydi ahurd \
tnazdd darätdücd h$m-parätöi$cd |
„Da ich — ein Zaota — o Asha, die rechten (wege)
und auch von diesem besten geist die Viehzucht kennen lernen
will in demselben sinn, in welchem er beschloss, dass sie be-
trieben werden soll: darum verlangt mich, dich zu sehen und
mit dir zu berathen, o Ahura Mazda".
7. d-md didüm vahtitd
d hvaithydcd mazdd dareiafcd |
a$d vohü mananhd
yd sruyi pari magdund \
dviä ndo afttare htfttü
nemahvaitiä cithrdo rdtayd \
„Kommt herbei zu mir, du bester, und herbei dein gefolge,
o Mazda, und es soll mit Asha und dem guten geist zu-
sehen, wie ich vor den bundesgenossen gehör finde! Bekannt
soll die sichtbare ehrfurchtsvolle eintracht unter uns werden".
8. frö mdi fravöizdüm arethd td
yd vohü Syavdi mananhd |
Britrig* i. künde d. indg. iprwhen. XV. 17
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250 K. Geldner
yasnem mazdd khSmdvcUÖ
at vd asä staomyä vacäo |
ddtd vi ameretdoscd
utayüiti haurvatds draonö \
„Erhöret meine wünsche, wonach ich mit hilfe des guten
geistes strebe, mein gebet an euch, Mazda, und, o Asha, die
worte des liedes; gebt euer theil dazu, Ameretatat und Haur-
vatät, das ewig währen wird! u
9. at töi mazdd Um mainyäm
ashaoJchäayafitdo saredyaydo |
hvdthrd maethd mayd
vahiMd baretü mananhd \
aydo drdi hdkurenem
yaydo hacifiU urvänd \
„Und von den beiden genossen, die das reich des guten
erhöhen, soll diesen deinen geist sammt der Seligkeit und dem
heil der Umschwung mit hilfe des besten geistes herbei-
bringen; deren beider hilfe habe ich verdient, deren seelen
zusammenhalten".
10. vispdos töi hujitayö
ydo zi donharö ydoscd heftti \
ydoscd mazdd bavaiftti
thwahmi MS zaoS9 dbakhäöhvd \
vohü ukhäyd mananhd
khäathrd aSdcd uätd tanüm |
„Alle guten fruchte des lebens sind dein, die vergangenen,
die gegenwärtigen und auch die künftigen, o Mazda; erstatte
sie zurück nach deinem wünsche, erhöhe die person durch
den guten geist, das gesetz und das reich nach deinem
willen".
11. yi sevüto ahurö
mazddoscd drmaitiäcd \
aSemcd frädat-gazthem
manascd vohü khäathremcd |
sraotä möi merezddtd mdi
dddi kahydicif paitl |
„Der allmächtige Ahura Mazda und die Armaiti und das
gesetz, das die menschheit fördert und der gute geist und
das reich, ihr sollt mich erhören und mir gnädig sein bei
einer jeglichen Vergeltung".
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Yasna 33. 251
12. us möi uzdreävd ahurd
drmaiti tevtiim dasvd |
speniMd mainyü mazdä
vanhuyd zavö ddä \
aSd hazö Smavaf
vohü tnananhd feseratüm \
„Erhebe dich für mich, o Ahura, schaffe durch Aramaiti
stärke und durch den heiligsten geist mittelst der guten
Vergeltung macht und durch As ha gewaltige kraft und durch
den guten geist die erfüllung!"
13. rafedhrdi vourucaädng
ddiäi möi yd vi obifrd \
td khiathrahyd ahurd
yd vanhSuä aäiä mananho |
frd spefiid drmaite
aid daSndo fraddkhfayd \
„Zu meiner stütze, du weitausschauender, versprich mir das,
was in eurem reiche, o Ahura, ohne gleichen ist, die belohnung
des guten geistes. Belehre, o gute Aramaiti im verein mit
Asha die herzen!"
14. af rdtäm zarathuifrd
tanvasdf hvahydo uitanem |
daddüi paurvatdtem
mananhascd vanhiud mazddi \
äyaothanahyd ashdi ydcd
ukhdhahydcd serao&em khSathremcd \
„Und Zoroaster weiht als ein opfer das leben seines
leibes und das vorbild guten denkens dem Mazda und (das
vorbild guten) thuns und redens dem Asha, und den gehorsam
und die oberherrlichkeit 1 '.
Erläuterungen.
1. Zu dieser str. sind zu vergleichen Bartholomae ZDM6.
35, 157 und Roth ib. 37, 223. In einzelheiten weiche ich von
diesen ratavö ab. Im Vordersatz yathd diS ist nochmals vare£-
aite zu denken; ebenso ist in str. 6 aus dem zweiten satz hvö
— kayd das verben kayd im ersten satz yi — erezüi zu
supplieren. Dann entsprechen sich yathd — iihd wie in Y. 46, 3.
dii ist an allen stellen instr. pl. du — yd ddtd s. v. a. ydü
17*
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252 K. Geldner
dätäiä; darnach, was die gesetze sind, statt: nach den gesetzen.
Ueber die beliebte Vertretung eines obliquen casus durch nomi-
nativ mit relativum in den g&th&s vgl. str. 13 yä vanhiuä aäiä
mananhd statt vanhiuä aäim mananhd; 49, 4 yä dregvatö daend
st. dregvatö daettäm. Zwischen die zusammengehörigen äiä und
yd data sind ithd vareäaüe eingeschoben, was um so eher an-
geht, als äiä yd data zum ersten wie zum zweiten satz gehören.
Wörtlich ist also a) zu übersetzen: Wie er darnach, sothuter,
was die gesetze für das frühere leben sind.
b) ratüä nom. sg. für ratuä kann nach 29, 2 b; 31, 2;
44, 16 nur auf den irdischen meister, also auf Zar athushtra
bezogen werden. Die ganze Strophe wird so auf die erde gerückt.
Es ist nicht von dem letzten gerichtsakt die rede, sondern der
Ratu gibt eine art von rechtfertigung seines Verhaltens. —
rozütü äyaothanä acc. pl., hyaf cä zur Verknüpfung wie 28, 2
und hyaf dp in 30, 1.
c) An dem Zusammenhang des letzten satzes mit den späteren
hamestak&n, den Bartholomae zuerst erkannt hat, rüttelt meine
deutung nicht. Den etymologischen werth der neuen lesart
hhne-myäsaite hat Bartholomae A. f. 3, 61 sofort erkannt.
Die „gemischten" oder halben, welche weder den himmel
noch die hölle verdienen, sind die, bei welchen sich im leben,
folglich auch in ihren lebensbüchern gutes und böses die wage
hält Sie sind hamdstak&n auch schon ehe sie gerichtet
werden.
2. Nur 2 b macht Schwierigkeit. Meine Übersetzung gründet
sich auf die erwägung, dass den eigentlichen gegensatz zu str. 2
erst die folgende Strophe enthält und dass vanhu in den g&th&s
nicht auf personen angewendet wird 1 ). vanhäu kann also nicht
gegensatz zu dregvaflt sein; es ist auch in 2b noch davon die
rede, wie dem falschgläubigen abbrach geschehen kann. Die
bedeutung von asti und cith ergibt sich aus unserer stelle zur
evidenz. asti = anhänger. cith =» auf den rechten weg fuhren,
belehren und bekehren. 46, 9 ki hvö yS mä aredrd cöithat
pouruyd yathä thwä — uzemöhi — ahurem „wer war der erste
fromme, der mich belehrte, dass wir dich als den — Ahura —
*) So sind auch 43, 5 die worte dkSm akdi vabuhim asim vatihave
besser zu fassen: „übles für übles, eine gute belohnung für gutes". Das
ist noch zarathustriscber. — Personifikationen wie vohü mono sprechen
natürlich nicht dagegen.
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Yasna 33. 253
respektieren sollen?" Eine rhetorische frage! Vlsp. 12, 4 atha
zt nS humäyötara anhen; humaya täta dämän dademaidS hu-
maya ctimaidi humaya mainyämaids yä dathaf ahurd mazdäo
aäava, thraoMa vohu mananha vakhät aäa yä hätäm maziUaca
vahWaca sraiMaca; atha zi [n$] humäyötaraca Uydtaraca äon-
hdma yäiS spefltahS mainytuö dämän, yat hiä humayoca izyäca
cinathämaide „und sie sollen uns noch heilsamer sein 1 );
heilig 1 ) machen wir diese geschöpfe, als heilig verheissen wir
sie und für heilig halten wir sie, welche Ahura Mazda der
gute schuf und durch Vohu manö vollbereitet 8 ), durch Asha
erhöht, welche die aller grössten besten und schönsten sind;
und wir 4 ) wollen noch heiliger und gesegneter sein als 6 ) die
geschöpfe des heiligen geistes, weil wir sie zu heiligen und
gesegneten bekehren". — Dagegen gehört cinas 44, 6 wegen
des abgefallenen t zu cü: taibyd khäathrem vohü cinas mananhd
„dein •) reich hat sie (Aramaiti) durch Vohu manö 7 ) verheissen".
c) Nach unserer stelle kann räd = skr. rädh ebenso wohl
den dativ als den locativ regieren.
3. Die strophe enthält den gegensatz zu str. 2 und zu-
gleich eine klimax. Gemeint ist wie 43, 3 der ratu selbst.
Ueber verezSna und den Zusammenhang mit urväzUta vgl. jetzt
besonders Th. Baunack Studien 1, 2, 354. ib. s. 364 ist
auch urvdziita zum ersten mal richtig erklärt, verezina be-
zeichnet in den gathäs die religiöse gemeinde, zu deren thätig-
sten mitgliedern er seine sippe (hva&u), wie Maidhyöimaonha,
und airyaman d. i. wohl die schwägerschaft, wie Frashaoshtra,
J&mäspa, zählt. Der parallelismus ist dadurch durchbrochen,
dass neben den instr. hxaUu und airyamnd der nominativ
x ) uns, d. b. den priestern; sie, die in den vorhergehenden §§ ge-
nannten dinge- *) = das heil verdienend. •) thraoita muss darnach
doch verbal form sein: dath thraoi vakhi bezeichnen die drei Stadien,
welche die menschheit durchläuft, dath „schaffen 11 , thraoi „vollenden" d. h.
fertig (cf. thraoiti), vollkommen machen (für das künftige leben), oder
für voll, reif, vollkommen erklären, vakhi „erheben, erhöhen" in den
zustand nnd das reich der seligen. Darnach mnss auch thraoitd in 34, 3
46, 7 gefasst werden. In den gäthas ist thraoi die unmittelbare Vorstufe,
vakhi die Vollendung des neuen reiches. Der ausdruck „vollbereitet" bei
Luther 1. Petr. 5, 10. 4 ) die priester. •) Der comparativ mit dem
instrumental verbunden. •) tatbyö khiathrem dein reich auch 30, 8
und 84, 1, wo ich mich habe verführen lassen taeibyö zu lesen. *) Cf.
aidcä ctä 81, 8; cinas könnte aber auch 2. sg. sein.
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254 K. Geldner
verezSnyd erscheint. verezSnya ist der Vertreter und vorstand
der gemeine.
c) vanheuS västre mananhö wörtlich: auf der weide des
guten geistes.
4. b) verezinahyäcä durch attraktion an die benachbarten
gen. abl. für den ablativ. Zu nazdiUa druj vgl. nazdWäm
gaUhäm „das nächste anwesen, das benachbarte hauswesen"
50, 3, nazdiHat haca „aus der nachbarschaft" Vd. 8, 96. na-
defttd: Nach Bartholomae (Ar. f. 2, 84) ist skr. nind der
reduplicierte schwache stamm zu nad. Die bedeutung von nind
würde für das o/r. Xey. nadefitd passen. Ein engerer Zusammen-
hang zwischen nadefitd und näisrni besteht nicht.
5. Das leben des menschen ist mit einer Wanderung oder
reise verglichen, avanhane locat, sg. — skr. avasäne doppel-
sinnig, vom ende der reise und dem erwarteten ende dieser
dinge, zbayd, um ihm zu danken. sraoSa der gläubige gehorsam
oder gehorsame glaube personificiert apäna partic. perf. von
ap mm dp; ebenso Yt. 19, 44
ava apanem gayehz \
. . . sdnetn uätänahz \
„als er eben die blüthe seines lebens und seiner lebenskrafb
erlangt hatte". Dass vor sänem etwas ausgefallen sei, zeigt
deutlich die beste yashthandschrift Fl. Es ist darum sehr
möglich, dass sänem der rest eines verstümmelten wortes ist,
das nach dem Zusammenhang (cf. oben äperenäyu — perendyü)
„höhepunkt" bedeuten muss. — Zu diesem apana gehört auch
apandtema, eine art von Sportausdruck: der zuerst am ziel
angelangt ist (beim Wettrennen etc.), also der erste, beste.
Ein ähnlicher dem Wettrennen entlehnter ausdruck begegnet
uns schon in den gäthäs, 51, 15
hyat mizdem zarathuMrd
magavabyö cdiät pard \
gart demdne ahurö
mazddo jamt pouruyd \
„welchen lohn Zarathustra den genossen des bundes zuvor ver-
heissen hat, den wird Ahura Mazda im paradies noch über-
treffen 14 , pouruyd jas früher ankommen, voraus kommen,
überholen, übertreffen.
Von diesem apdno hängen drei accusative ab, die wie die
instrumentale in 9 b, und ähnliche häufungen gleicher casus in
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Yasna 33. 255
den g&th&s, logisch nicht coordiniert sind, apänö daregö-jyäüim
ä khiathrem erezüi paiho sind voxhqov nqpxeqov (dieselbe rede-
fignr z. b. auch 53, 9 jyateni vasS-itöiicä) : gelangt seiend auf
den rechten weg in (d) das reich zum ewigen (wörtlich: langen,
dauernden) leben.
c) aiät ä von Asha aus, durch Asha's anstoss und leitung,
wie in aiäf apanötema. yaUü prägnant: auf welcher = welche
dahin fuhren, wo — .
6* Der nachsatz beginnt mit tä in c); a — b) enthalten
zwei Vordersätze; hvö rekapituliert das Subjekt y$, ebenso ye —
hvö 48, 4, na — hvö 51, 21, dui-sastii — hvö 32, 9. Genau die-
selbe satzcon8truktion hat 31, 7 yaetä — hvö — tä; auch dort be-
ginnt der nachsatz erst mit c). Str. 5 und 6 hängen eng zu-
sammen , zu erezüi ist aus str. 5 pathö zu supplieren. erezu
ist in den g&thäs nur beiwort von path. Wie in str. 1 so ist
auch hier das verbum Jcayä doppelt zu denken. Dass sich
Zarathushtra hier einen zaotar nennt, ist bemerkenswerth.
kayä 1. 8g. stellt sich zu wz. kä/ci in ä-Jcä, arena-tkcß-ia;
dazu auch ein theil von skr. 2. cL
b) ahmäf zu manyiui d vdhiitdt Das objekt des zweiten
Vordersatzes ist nach der beliebten wortverschränkung in den
relativsatz gestellt; cf. 31, 2 yathä ratüm — vcßdä, 53, 2 1 ) yäm
dainäm — dadäf. — mafltä, nämlich mainyui vahiitö.
a— b) enthalten also in kürze die beiden fundamentalsätze
der zoroastrischen Verkündigung, den rechten heilsweg und die
pflege der Viehzucht.
c) dariti die audienz, Mm-pariti die consultation. Die
einzelnen Strophen dieser g&th& hängen eng zusammen.
7. a) enthält wieder eine ächte gäth&konstruktion, die Ver-
bindung eines vocativs (vahiitä — mazdä) und eines andern
casus (hvaühyäeä), cf. mazdä aiemcä 49, 6. Diese construktion
findet sich besonders da, wo wie hier das eine der beiden
glieder ein neutrum ist, dessen vocativ vermieden wird, darum
besonders bei ashem; daher auch ni mazdä — aiäicä *) 29, 8,
vi mazdä — aiäicä 32, 6. — vahiitä vocat. zu mazdä wie 28, 8.
*) Mit dem zarathuitris spüdmö ist jedenfalls Zarathushtra'B ältester
söhn Isatvästra gemeint, der auch y. 26, 5 unmittelbar hinter könig
Vishtaspa genannt ist. *) Im sinn des genitiv; die atrophe wird nur
verstandlieh, wenn sie dem Asha in den mund gelegt wird.
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256 K. Geldner
d nimmt idüm wieder auf. hvaithydca (nom. plur. neutr.)
ist doch die bestbezeugte lesart; die deutung des an. ley. ist
unsicher. Ich denke mir ein subst hva-thya, gebildet wie skr.
apa-tya n., altpers. anu-Hya; die bedeutung wäre: anhang,
Umgebung, gefolge, die deinigen. In dareiafcä (conj. aor. von
dares) ist nur hvaithyä Subjekt Von dem gefolge werden in b)
die beiden hervorragendsten noch besonders namhaft gemacht.
Die erklärung des zweitens Stollens in b) befriedigt mich noch
nicht ganz. Die magavänd sind entweder alle mitglieder des
neuen religionsbundes (maga, cf. Euhn's Zt. 28, 200), oder die
häupter desselben.
c) näo nämlich Zoroaster, den magavan, und Ormazd. r&ti
zu arem, skr. aratn (cf. Euhn's Zt. 27, 238), ebenso das gleich-
bedeutende frärditi 55, 3 u. ö.
8. fra-vid (zu 2. vid) bedeutet a) „annehmen, erhören,
erfüllen", auch passivisch gebraucht; b) „erreichen"; cf. 44, 11
kathä t&hg & vtjimyäf ärmaitiä \
yaeibyd tnazdä thwöi vaiy&e daenä \
azSm toi äii pouruyd fravdimde \
vispSflg anyfäg manyeuä spasyä dvaeäanhä \
„Wird zu allen die Aramaiti kommen, welchen deine lehre,
o Mazda, gepredigt werden wird? Ich bin dir von diesen 1 )
zuerst erhört worden, alle andern 9 ) betrachte ich mit feind-
schaft im herzen". Damit hängt zusammen Yt 13, 88 paoiryäi
fravaSdhäi paoiryäi fravaSdheninäi (Zarathushtra) dem ersten
der annahm (den neuen glauben), dem ersten der gehör fand.
fravistö y. 68, 21 ist s. v. a. erreicht, erlangt, aretha ist das
was man erstrebt, gegenständ des strebens, wünsch im kon-
kreten sinn. Zu fravöizdüin arethd ist zu vergleichen 43, 13
aretha vdizdyäi (auch zu 2. vid) Jcämahyä „um die wünsche
meines sehnens zu erfüllen".
b) yasna das gebet als bitte, staomyä vacäo sind eben
reden wie die g&thäs, deren hauptinhalt die hofihung auf das
himmelreich ist.
c) ameretäoscä, haurvatäs nominative statt des nicht bild-
baren vocativs. Das was beide genien als beitrag (draonö)
zur erfullung seiner wünsche beitragen sollen, ist das was ihre
namen ursprünglich aussagen: Unsterblichkeit und heil.
') Der gemeinde, vor welcher er spricht. *) d. h. andersgläubigen.
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Yasna 33. 257
9. Der schwierige vers löst sich einfach, sobald man das
Subjekt — maethä — richtig erkannt hat. Der text ist ganz
korrekt.
a) a&aokhSayaitt = aäa-ukhäayant ukhä, vdkhä ist ein dog-
matischer begriff und bezeichnet den schlussakt in der thätig-
keit des Ormazd und seiner genien; Y. 33, 10; Visp. 12,4 er-
höhen 1 ), in bezug auf die menschen; Y. 31,6; 34, 11 zu
voller grosse bringen, vom reich gottes, dem annoch durch
die macht des bösen schranken auferlegt sind. Hier vom oäa,
dem reich des guten (diese Zt. 14, 10). saredya, zu skr. gardha,
herde, eigentlich „was zusammenhält", saredya also: zusammen-
haltend, wie räna. Gemeint ist das paar, das wir aus 46, 7
und 47, 6, wo es räna genannt wird , kennen : das feuer und
der heilige geist, welche die letzten dinge herbeiführen werden
(ganz wie in Luc. 3, 16). Das feuer ist schon auf erden; also
braucht der prophet nur um den andern der beiden genossen,
den heiligen geist, zu bitten.
Nicht eine yage exegese, die immer mit einer hand im Veda
herumtastet, sondern die richtige erkenntniss der zoroastrischen
dogmatik fordert das verständniss dieser lieder.
b) mcßtha bedeutet nicht „falsch, verkehrt". Wohl gehört
es zu wz. müh; aber diese bedeutet wechseln und ver-
wechseln. Aus letzterem begriff leitet sich mithd, mühahya
(33,1) ab; aus ersterem ist mcßtha zu erklären. maStha ist
was gewechselt wird, und subst Wechsel, Umschwung;
vom Wechsel des glaubens und dem erwarteten Wechsel, Um-
schwung aller dinge gebraucht. Y. 30, 9 hyat hathrä manäo
bavat yathrd cistiä anhat maethä „dass die sinne bei einander
seien (d.h. dass man seine sinne zusammen nehme), wo der
glaube gewechselt wird". Der gedanke knüpft an den in st. 2
ausgesprochenen an.
31, 12 äntcä-hakhä ärmaitiä mainyü peresdfö yathrd maethä
„nachgehend wird die Aramaiti mit dem geist ausforschen, wo
ein Wechsel (des glaubens, zum guten oder schlimmen, cf. a— b)
stattfindet".
34, 6 yezi athd std haithtm
mazdä aäd vohü mananhd \
at tat möi dakhätem ddtd
ahyd ahheuä vtspd maHhd j
*) wie N. T. vtpo* Lw>- 14, 11. ~ ~~~~
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268 K. Geldner
„Wenn ihr denn wirklich bestehet, o Mazda, sammt Asha
und dem guten geist, so gebt mir das als ein zeichen: den voll-
ständigen Umschwung dieses lebens". Hier wie in 33, 9
eschatologisch.
tnasthä ist also neutr. plur., dazu das verbum — baretü —
im singular. Ueber die nicht ganz coordinirten instrumentale
mayä (zu humaya, cf. mdydo 43, 2) und hväthrä einer- und
vahiätä mananhd andererseits vgl. oben s. 255.
c) Zu dröi ist namentlich draecd Y. 56, 3 heranzuziehen ;
vanhuydoscd a&öiä yd nS draecd erenavataevd , „des guten Ver-
dienstes, das wir uns schon verdient haben und noch verdienen
werden".
10. a) Ueber hujUi vgl. Th. Baunack a.a.O. 312. hujiti
ist alles was gut gelebt, d. h. im leben gut gethan ist, jede be-
thätigung eines frommen lebenswandels. Diese hujitayo kommen
nicht nur dem Ormazd zu gute, sofern sie seine macht, welche
eben in der summe des guten besteht, stärken, sondern sie
werden auch — als konkrete dinge gedacht — von ihm
aufgehoben zur dereinstigen Vergeltung. Auf diese spielen
b— oan.
In b - c stehen zaoäe — uätd locat von uäti (cf. zooäifig
uätiS [acc. pl.] 48,4 und die fügung hväm anu uMim zaoäetnca
Vd. 2,11), dbakhSdhvd — ukhhyd parallel.
dbakhädhva gehört zu bakhä in der bedeutung „austheilen,
schenken", bedeutet aber nicht einfach „vertheilen u , d-bakhä ist
synonym mit d-dd (im subst. ddd). bakhä und dd sind = do;
drbakhä, d-dd — reddo, zurückerstatten s. v. a. vergelten, htö
acc. pl., nämlich hujitU.
c) Ueber ukhfyä 2. sg. imperat vgl. oben s. 257. tan um wird
durch Y. 14, 2 erläutert. Dort ist gleichfalls den hujitayo die
eigene person des frommen gegenübergestellt: pairi vi ameid
spefdd — dadhämi tanvascip hvahyäo uHanem, pairi vispdo
hujitayo „euch, ihr Amesha Spenta, übergebe ich das leben der
eignen person, und alle guten fruchte des lebens". Die person
ist die, welche ihren guten lebenswandel bethätigt hat. Die er-
höhung derselben in c ist das resultat der Vergeltung in b.
11. c) ddd, add habe ich früher (Kuhn's Zt. 27, 239)
unrichtig definirt. Es hat jedenfalls nur eine bedeutung, die
sich aus dem zu str. 10 gesagten ergibt, ddd ist eigentlich die
herausgäbe, zurückgäbe. Daraus entwickelt sich die bedeutung;
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Yasna 33.
abrechnung, Vergeltung, lohn. Im plural wird es theil-
weise als neutrum flektirt, adäiä, instr.
Einmal wird ädä noch als verbalnomen konstruirt (cf.
Baunack zu 35,8). Das was als lohn gegeben wird, steht im
acc. (jijiääm vahiätäm 35, 8), das, wofür der lohn gegeben wird,
im instr. (äyaothanäiä 35,4; die stelle wird unten erklärt), ddd
steht neben aäi: 68, 21 vanuhim idhäf ädäm vahuhim aäim äca
nica mrümaidg; aäi ist verdienst, das was einer verdient hat;
ädä der lohn, wie äyapta in Y. 9,3:
kd ahmäi aäiä erenävi \
cit ahmäi jasat äyaptem \
„welches verdienst hat er sich verdient ; welcher lohn kam ihm
zu?" Beide begriffe aäi vanuhi und ädä vanuhi liegen nahe
bei einander und ergänzen sich; oft fliessen sie fast zusammen
und können vertauscht werden. So ist Y. 33, 12 und 49, 1
vanuhi ädä personificiert — aäi vanuhi 1 ):
49, 1 vanuhi ädä ') gaidi mdi ä möi arapä \ „gute Ada,
komm und hilf mir ! c(
In 35, 8, 40, 1 und 33, 11 ist ddd auf die diesseitigen wie
jenseitigen belohnungen zu beziehen; cf. uböibyd ahubyä 35,8;
ahyä*) hvö ne däidi ahmäicä ahuye manahydicd 40, 2 und
28,2 ahväo astvatascä hyatcä mananhö äyaptä.
Den den allgemeinen Umschwung einleitenden grossen ver-
geltungsakt bezeichnet adäiä in 48, 1: yezi adäiä aää drujem
vinghaiti \ „wenn er mit hilfe des Asha den satan durch den ver-
geltungsakt überwunden haben wird". —
12. die bedeutung von fseratu muss nahe bei ädä, aäi liegen;
es ist gleichfalls, wie unsere stelle erkennen lässt, ein eschato-
logischer begriff. Es mag im anschluss an meine frühere deu-
tung (Euhn's Zt. 27,583) ungefähr definiert werden: resultat,
frucht, reife, erfüll ung, insbesondere die erfüllung alles dessen,
was der mensch dereinst zu erwarten hat, Vollstreckung,
Vergeltung. Das passt neben dem guten glauben oder glaubens-
bekenntniss (vanuhtm da&iäm 37, 5; 39, 5), denn der richtige
glaube schlie8st in sich die hoffnung und anwartschaft auf das
s ) ebenso tuind-maüi» y. 43, 15 = drmaitu. *) Vocativ; instru-
mental ist auch formell nicht zulässig. *) sc. tn&dakyd; müdem
tnaväethem in 40, 1 ist der lohn, der nicht wanken soll (md [/xtj] + vdetha
zu skr. vith, vyath), unwandelbar, zur bildung vergleiche mataftd etc.
in Yt. 5, 92.
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260 K. Geldner
jenseits. Doch kann fseratu in dieser Verbindung auch schlecht-
weg die guten fruchte, die der rechte glaube zeitigt, bedeuten.
Bestätigt wird diese erklärung ferner durch den parallelis-
mus der stellen
51, 4 ktrthrä drdiä ä fseratuä und
51, 14 nöit urvdthd dätöibyascä
karapanö västrdß arim *) |
gavdi drdiä d sSfcdä
hväiä äyaothandiäcd s&lghäiäcä \
ye*) U sefighö apSmem
drüjd demäne dddt \
Hier entsprächen sich begrifflich drdiä ä und fseratuä —
8$fldä. drdiä ist genitiv von dri „verdienst", zu ar in aäi,
draScä (cf. oben s. 258) ärdii d nach verdienst, wie sichs ge-
bührt. sSüdd ist 2. imperat. zu der in dieser Zt. 14, 28 be-
sprochenen wurzel sand, die in 46, 19 (dort eschatologisch),
Visp. 8, 1 mit „erfüllen", vollstrecken wiederzugeben ist Also
51, 4 „wann findet die Vollstreckung (des grossen gerichtes) nach
verdienst statt?"
51, 14 „Nicht sind die karapan unsere auserwählten, weil
sie den gesetzen und der Viehzucht abhold sind; nach ihren
thaten und worten wider das vieh vollstrecke, wie sie es ver-
dienen, so dass sie der richterspruch in das haus des satans
überantworten wird".
Eine deutliche anspielung an Y. 51, 14 steckt in 35, 4
gavdi addiä tdiä äyaothandiä ydiä vahiätdiä fraSäydmahi
rdmdcd västremca dazdyäi „durch die belohnungen für solche
besten werke zu gunsten des viehs spornen wir an, (ihm) ruhe
und futter zu gönnen", gavdi gehört zu tdiä äyaothandiä y. vaK,
wie in Y. 51, 14 zu hvdii äyaothandiä etc. Diese besten werke
bestehen eben im rdmdcd vdstremcd dazdyäi. Der instr. tdiä
äyaothandiä hängt von dddiä ab, belohnungen nach oder für —
vgl. 43, 16 aäim äyaothandiä vohü daidU mananhd „sie soll den
lohn nach den (für die) thaten geben mit dem guten geist".
') arem mit ablat. abgewaudt, abhold (cf. skr. jrU mit ausachluss
von, ohne), das gegentheil von skr. aram mit dat. und drem mit aco.
(mä 48, 10) und in drmaiti. Von arem hängen die ablative dätotbyatcd
(cd an erster stelle) und vdstrdt ab. Ueber die fundamentalbegriffe data
und vdstra vgl. oben s. 256. Ebenso in spateren texten gamcd aiemcd
37, 1. ■) yi wieder mit attraktion für yaf hvö.
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Yasna 33. 261
adäiä prägnant: durch belohnungen — durch die aussieht auf
die belohnungen. Ganz ebenso 47, 6 hd z\ pourüä iäefitd
väuraite „denn dieses (gericht d. h. die erwartung desselben)
wird noch viele freiwillig bekehren".
sSflgha ist der r ichterspruch ; cf. 32, 6 thwahmi vi mazdä
khiathrdi aääicd s&lghö vidäm „in deinem reich 1 ) soll euer,
o Mazda, und des Asha Spruch richten 4 ', vidäm 3. imperat. von
tü-dä in vidditi.
51, 7. däidi mdi y6 gäm taäö
aposed urvaräoscä \
ameretätä haurvätä
spinütä mainyü mazdä |
tetiiH utayüiti
mananhd vohü sefinhe \
„Verleihe mir, der du die kuh erschufst und die wasser und
kräuter, Unsterblichkeit und heil durch den heiligsten geist, o
Mazda, kraft und lebensdauer durch den guten geist bei dem
richterspruch (im gericht)!"
13. vourucaääne, vouru weit d. h. in die zukunft. ddiü ist
die 5* -form (wie Skr. yotei) von dis = Skr. dig in der bedeutung
zusagen, zuweisen, verheissen; vgl. die Verbindung von
dis mit müdem x düyät (s-aorist optat.) — avaf müdem
Afr. 1, 7b.
abifrä von bifra gleichniss, ähnlichkeit Vd. 13,44.
b) Ueber yä — aiii vgl. oben str. 1.
c) Für daZna sind nicht zwei ganz verschiedene bedeutungen
anzusetzen, sondern eine bedeutung ist in eine subjektive und
eine objektiv seite zu scheiden. Etymon ist di „sehen" im geistigen
sinn. Subjektiv ist daöna die erkenntniss als psychischer
faktor, objektiv die erkenntniss als das als wahr erkannte,
glaube, bekenntniss. Letzteres öfters dem menschen gegen-
übergestellt und personificiert und in den gath&s der Vorläufer
der späteren Fravashi („glaubensbekenntniss").
14« yäcd, sc. haurvatäs, auch hier wieder der nominativ
mit einkleidung in einen relativsatz. da ist hier mit den ver-
schiedensten Objekten verbunden, so dass die Übersetzung im
Deutschen Schwierigkeiten macht Zu sraaSem da vgl. 45, 5 yti
mdi ahmdi seraoSem dän , „gehör schenken, willfahren", zu
khäaihrem da vgl 35, 5 hukhöathrdtemäi bdaf khäaihrem —
*) dem neuen gottesreich.
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262 Hermann Brunnhofer
dademahi „die herrschaft einräumen". Die grundbedeutung von
8rao8a erhellt aus Yt. 13,88, wo zugleich eine anspielung an
33, 14: — ukhdhemca uhhdhahydca 1 ) sraoäem khiathremca „das
wort und die erhörung (annähme) des Wortes und das reich".
Halle. K. Geldner.
lieber die durch anhängung der dativisch flektirten
Wurzel dha, dhä, dhi, dhü. an beliebige andere wurzeln
gebildeten infinitive des Veda und Avesta.
Mit einer kritik P&ninis und dessen infinitivsnfnxes adhyai.
I. Die wurzel dhft.
A. Sie wurzel dh& tritt unmittelbar an die vorhergehende wurzeL
Einziges beispiel: yraddhi, eig. verknüpfen thun, d. h. glauben.
RV.I, 102,2.
B. Die wurzel tritt durch vermittelung der hülftwurzel ai
(des verbum substantivum) an die wurzel.
Diese form erscheint nur in einem beispiel, welches Max
Müller in Kuhns Ztschr. f. vgl. sprachf., bd. XV, pag. 219
zum gegenständ einer besondern Untersuchung gemacht hat.
Es unterliegt keinem zweifei, dass es diese und nicht die
folgende form auf dhyai ist, welche der griechischen infinitiv-
endung o-9ai entspricht. RV. X, 55, 1 ; 67, 1 : vayo-dhai, d. h.
vayah-dhaL
II. Die wurzel erscheint in der form dhi (vgl. dhita für hita).
Die vermittelung mit dem vorhergehenden verbalstamm
erfolgt durch das verbum substantivum as, form adhyai, d. L
der verbalstamm, von dem ein infinitiv auf dhyai gebildet
werden soll, wird vor dem antritt von dhyai mit einem suffi-
gierten a versehen. Ich glaube mit Benfey (Sanskritgrammatik
pag. 432), dass wir es in diesem a mit dem verbum substan-
tivum zu thun haben, dessen s sich im griechischen a vor &at
erhalten zeigt. Die form vayodhai, d. h. vayas + dhat, giebt
uns den willkommensten aufschluss. Hier ist an die wurzel vi,
*) ist g&th&formt
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Ueber die durch anhängung u. 8. w. gebildeten infinitive. 263
kräftigen, das verbum substantivum in gestalt des neutralsuffixes
as getreten. Dasselbe bewirkt nun guna und wir gewinnen aus
v%-\- äs das nomen actionis vayas, eig. das (zum) kräftigen sein,
d. h. kräftigung. Nun hat nur noch die wurzel des thuns, des
ausführens, im dativ, dem casus des Zweckes, anzutreten und
der infinitiv ist hergestellt So geschieht es dann mit dhyai
P&ipni nennt diese infinitivform adhyai und theilt dieselbe
in seinem ashtakam III, 4, 9 nach der Steigerungsfähigkeit des
vorhergehenden verbalthemas, sowie nach der fahigkeit, die
verbalform der Specialtempora vor sich zu nehmen, in drei
grössere klassen ein, von welchen jede, nach der läge des
accentes, wieder in zwei unterabtheilungen zerfallt. Pä^ini
erhält also folgende sechs klassen dAyaa-infinitive :
1. adhyai: carddhyai, jar adhyai, tarddhyai, mandddhyai,
yajddhyai, vandddhyai, gayddhyai, sacddhyai, stavddhyai.
2. adhyai n: kshdradhyai, ydjadhyai, vdhadhyai, sdhadhyai.
3. kadhyai: iyddhyai, irddhyai, ühddhyai, duhädhyai,
dhiyddhyai, prinddhyai *)/ vrijddhyai, vävridhädhyai, gucddhyai,
griyddhyai, huvddhyai.
4. k adhyai n: fehlt im Veda, zu belegen aus dem Avesta.
S. weiter unten pag. 269.
5. (adhyai: ishayddhyai, trayddhyai, paritatiisayddhyai,
nägayddhyaiy mädayddhyai, rishayddhyai, vartayddhyai, vdjayd-
dhyai, syandayädhyai,
6. (adhyain: pibadhyai.
Diese eintheilung vedischer flexionsformen kann nun schon
deswegen nicht stichhaltig sein, weil sie auf die grammatik
des klassischen Sanskrit mit seiner ängstlichen abgrenzung der
särvadbätuka- und ärdhadhätukaformen gegründet worden ist.
Jeder aufmerksame beobachter des vedischen Sprachgebrauches
weiss jedoch sehr wohl, dass die völlige freiheit in der benutzung
der verbalstämme, des s&rvadhatuka für das Ardhadh&tuka und
des ärdhadhätuka für das s&rvadh&tuka die eintheilung vedischer
x ) Der commentar znr Siddhänta-kaumudi giebt diese form za Pän. III,
4,9, als beleg für adhyain und bemerkt: „pakshe ddhyxtddttah y im vor-
liegenden falle hat die form den accent auf der Wurzelsilbe". Allein
RV. VI, 67, 7, woher die belegsteile entnommen , ist prinddhyai ein ka-
dhyai, und die form ist sonst weiter nirgends nachzuweisen. Zur ver-
gleichung empfiehlt sich yajadhyai, das sowohl als adhyai wie als adhyain
nachweisbar ist.
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264 Hermann Brunnhofer
conjugation nach dem Systeme P&jdnis, in welchem die spräche
der veden ja ohnehin nur als merkwürdige ausnähme gilt, für
wissenschaftliche zwecke völlig verbietet. Im klassischen Sanskrit
ist die specialtempusform der wurzel gam ausnahmslos gach,
d. h. die wurzel gach, griechisch ßdaxo). Der Veda kennt diese
wurzelform gach zwar ebenfalls, ist jedoch weit entfernt, die
specialtempusform nur aus ihr zu bilden. Es giebt kein special-
tempus, für welches der Veda nicht auch die wurzel gam statt
gach verwendete. Für diese erscheinung liessen sich die bei-
spiele massenhaft herbeischaffen.
Wenn nun der Veda noch keinen unterschied zwischen
special- und haupttempusformen kennt, oder aber, wenn, falls
die Unterscheidung zwischen diesen beiden tempusformen schon
für das vedische sprachbewusstsein existirt hätte, die unaufhör-
liche Verwechselung derselben diese Unterscheidung wieder auf-
hebt, wo soll dann eine p&nineische eintheilung der vedischen
infinitive auf adhyai hinaus? Wenn nun gar ein verbum noch
nach verschiedenen conjugationsclassen flektirt wird — und
dieses ist mit der mehrzahl der vedischen verben der fall — ,
wenn dann das präsensthema der einen conjugationsclasse das
aori8tthema der andern sein kann, wer sagt uns dann, zu welcher
von beiden tempusformen ein infinitiv gezählt werden müsse?
Etwa die syntax? Das wäre wohl wünschenswerth ! Aber es
giebt in den veden auch noch nicht die ahnung eines Unter-
schiedes der temporen im syntaktischen gebrauche der infinitiv-
formen. Es ist deshalb werthlos, unterschiede zn setzen, wo
keine mehr sind oder noch niemals gewesen waren. Dann ist
aber auch jede möglichkeit ausgeschlossen, in gamddhyai nach
dem vorgange Bopps, Benfeys und Schleichers einen in-
finitiv des Aorist zu erblicken.
Im Pr&krit und P&li allerdings kann von einer trübung
des sprachbewusstseins über den unterschied der special- und
baupttempusthemen gesprochen werden. Diese sprachen sind
als Schriftsprachen erst dann aufgetreten, als das classische
Sanskrit, „die grammatisch vollendete spräche", aufgehört hatte,
Volkssprache zu sein. Sie sind nicht aus dem classischen
Sanskrit hervorgegangen, haben aber doch ihre grammatik an
demselben gebildet Wenn nun zwar das volk, welches Pr&krit
sprach, durch den beständigen verkehr mit den gebildeten, den
sanskritsprechenden, ein bewusstsein von dem im classischen
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Ueber die durch anhängung u. 8. w. gebildeten infinitive. 266
Sanskrit wirklich vorhandenen unterschied zwischen den special-
und haupttempusthemen gewann, diesen unterschied praktisch
jedoch nicht durchzuführen vermochte, so darf es uns wenig
wunder nehmen, wenn wir im Pr&krit und Päli formen finden,
die auf einer vollständigen Verwirrung des sprachbewusstseins
beruhen. Da giebt es nicht nur futurformen, wie guniggam
(eigentl. * grin(u)ishyami für groshyami) Mrichak. 21, 8; gen-
hissam (eig. *grinhishyämi — * grihnishyami für grahishyämi),
Mrichak. 74, 9; wir finden aus solchen specialtempusthemen
sogar infinitive gebildet, wie sunidun (eig. *grin(u)itum für
grotum) Vikr. 34, 3; gachidun (für gantum) Q&k. 59, 15; pu-
chidun (eig. *prichitum für prashtum) Prabodha 55, 15. Im
Päli begegnet sogar päpunitum (für präptum) in Rasavah. (ed.
Spiegel, 8. 62), worin un durch metathesis für nu steht, also
das infinitivsuffix tum durch Vermittlung des bindevocales i an
das volle specialtempusthema der VIII. conjugationsclasse ge-
treten ist.
Gäbe es nun im Veda auch nur eine einzige form des
infinitivs auf adhyai, worin dieses suffix, wie wir es der kürze
wegen mit Pänini nennen wollen, an das unverkennbare special-
tempusthema getreten wäre, hätten wir, nach analogie der
präkritischen infinitive wie gachidun, sunidun, puchidun, im
Veda formen wie *gachadhyai, *grin(u)adhyai, * prichadhyai,
so liesse sich unbestreitbar behaupten, der Veda vermöge, gleich
dem Pr&krit und Päli, seinen infinitiv gelegentlich auch vom
thema der specialtemporen aus zu bilden. Solche formen
müssten aber erst noch entdeckt werden. Doch wird man sie
im Veda vergeblich suchen.
Die schlimmste klippe jedoch, an welcher diese theorie
scheitern muss, ist folgender übelstand. P&Qini kennt offenbar
im sütra III, 4, 9, wo er die infinitive auf dhyai classificirt,
nur ein suffix adhyai, das seines anfangs-a niemals verlustig
geht Die letzte seiner drei hauptklassen, unter welchen er
die infinitive auf adhyai classificirt, fuhrt den kunstnamen
gadhyai, gadhyain. Das stumme g zeigt an, dass die Wurzel,
wenn sie mit dem suffix adhyai vereinigt werden soll, die form
der specialtemporen anzunehmen habe. Das specialtempusthema
lautet aber in allen conjugationsclassen, von welchen infinitive
auf dhyai, soweit uns solche vorliegen, gebildet werden, auf
a aus. Da nun das suffix adhyai mit a beginnt, so würden
Beitrtge z. Jrande d. indg. sprachen. XY. 18
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266 Hermann Brunnhofer
wir die endung a+adhyai «=» ädhyai erhalten, welche absurd
wäre.
Ein beispiel möge diese consequenz veranschaulichen.
Nehmen wir die wurzel mad, sich berauschen, und behandeln
dieselbe nach den Vorschriften P&ninis, bis sie als causativ so-
weit in stand gesetzt sein wird, mit dem suffix adliyai ver-
bunden werden zu können.
Um das anga des cau6ativs zu bilden, tritt zuvörderst,
nach Pariini III, 1, 25, an die wurzel mad das suffix n-i. Wir
erhalten alsdann mad+i. Aber in demselben moment ver-
wandelt sich dieses in tnäd+i, nach P&p. VII, 2, 116, wo für
die penultima a eines causativanga vriddhi gefordert wird.
Unser tnädi ist bis jetzt nur ärdhadhituka, nur thema der
haupttemporen. Das suffix adhyai darf desswegen noch nicht
antreten. Denn adhyai ist fit und verlangt als solches das
-s&rvadh&tuka, das specialtempusthema. Das s&rvadhätuka des
ni, ctes causativs, erhält aber, nach P&n. III, 1, 85, das vika*
rana gap, den classencharakter a. Aus mädi+a wird nun
zunächst madi-a. Allein gap ist ein pit und dieses bewirkt,
nach P&ti. VII, 3, 89; 90, vriddhi des vorhergehenden vocals.
So gewinnen wir endlich das wahre s&rvadh&tuka des ni, das
wirkliche specialtempusthema des causativs und die formel
lautet nun mädaya+ adhyai. Aber nun kommt kein sütra und
wirft mit einem gapo luk sein veto zwischen das end-a des
causalthemas und das anfangs-a des Suffixes. Nach dem laut-
gesetze des Sanskrit: a + a «~ d, erhalten wir desshalb die
unvermeidliche, aber absurde form mddayddhyai. So wider-
spricht sich P&nini selbst. Sein eigenes System zeugt wider
ihn. Es construirt, in seiner consequenz, formen, die den that-
sächlichen vedischen, die es erklären wollte, widersprechen.
Ganz anders stellt sich die sache, wenn man vom äussern
schein, dem P&nini gefolgt ist, sich nicht blenden lässt. Pänini
und die indischen grammatiker überhaupt, urtheilen nur allzu-
häufig, gleich den griechischen etymologen, blos nach der
äussern gestalt der Wörter. Nun ist es unverkennbar: aus
iformen wie mddayddhyai konnte nur allzuleicht das special-
tempusthema mddaya herausgelesen werden. Was dann her-
nach aus dem anfangs-a des Suffixes adhyai werden sollte, war
eine frage, die keinem indischen grammatiker jemals in den
sinn gekommen zu sein scheint Hätte P&nini gewusst, dass
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Üeber die durch anhängung u. 8. w. gebildeten infinitive. 267
das anfangs-a von adhyai, ebenso wie das as der vedischen
infinitive auf ase, dem verbum substantivum entstammt, so
hätte er es sich wohl nicht entgehen lassen, mädayddhyai, in
Übereinstimmung mit den übrigen formen auf adhyai, als düh-
adhyai, (ucddhyai, nicht in mädaya+ adhyai , sondern in mdday
+ adhyai und dann in mäday+a+dhyai zu zerlegen. Viel-
leicht mochte er auch mdday + adhyai getrennt haben. Dann
aber musste ihm die frage zum stein des anstosses geworden
sein: wie kommt adhyai, wenn es an das thema des causativs,
wenn es an mädi antritt, zu der fähigkeit, das i desselben
ausnahmslos zu guniren, da doch dasselbe suffix adhyai an
die einfachen wurzeln tritt, ohne deren vocal guniren zu
müssen?
Für uns ist die Schwierigkeit gehoben. Das anfangs-a des
Suffixes adhyai muss die guniren de kraft am vorhergehenden i
des causativthemas mädi ausnahmslos bewähren, weil sonst die
form *mädyddhyai neben mädayddhyai möglich, dann aber ein
äusserer unterschied zwischen dem passivthema mädi und dem
causativthema mädi, resp. ein unterschied zwischen aktiv- und
passivforin des verbalthemas gänzlich unmöglich wäre.
Es ist nunmehr klar: die eintheilung vedischer sprach-
formen nach dem, der vedensprache gegenüber beschränkten
Systeme Päninis, fügt dem Veda kein geringeres unrecht zu,
als das unterfangen späterer indischer philosophen, die im
freien ergusse vedischer dichtergedanken die gleichsam vorzeit-
lich schon festgerammten lehrsätze ihrer theologischen Weisheit
erkennen wollten. Die einzig mögliche eintheilung vedischer
infinitive, welche der Standpunkt der historischen Sprachfor-
schung noch zulässt, ist diejenige, welche von dem versuche
absteht, die vedischen wurzeln nach ihrer Verwendbarkeit im
classischen Sanskrit betrachten zu wollen und in den formen,
welche nach Pä^inis System specialtempusformen sein sollen,
nur die reiche mannigfaltigkeit erblickt, in welcher die fülle
vedischer wurzeln sich vor unsern äugen ausbreitet
Was nun das vorkommen dieser infinitive auf dhyai be-
trifft, so besitzt dieselbe, ausser dem Veda, nur der Avesta.
Das griechische a-&ai, welches man sonst mit dhyai zu identi-
ficiren liebte und welches allerdings nur eine spielform von
dhyai genannt werden kann , ist schon oben , nach dem vor-
gange -von Max Müller, zu dhal gestellt worden.. Da nun
18*
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268 Hermann Brunnhofer
noch niemals eine Classification des zendinfinitivs auf dyai
unternommen worden ist, so will ich versuchen, denselben in
das System des vedischen Infinitivs auf dhyai miteinzuflechten.
A. Der accent liegt auf der Wurzelsilbe:
kshdradhyai, gämadhyai, pibadhyai, bhdradhyai, yäjadhyai,
vdJiadhyai, sähadhyai.
B. Der accent ruht auf dem anfangs-a des suffixes adhyai.
a) Die wurzel endigt consonantisch.
aa) Die wurzel ist einfach:
irddhyai, ishddhyai, carddhyai, jarddhyai, tarddhyai, duhä-
dhyai, prinddhyai, mandddhyai, vandddhyai, gucdilhyai, med-
dhyai, yaj&dhyai.
ßß) Das suffix tritt an die reduplicirte wurzel des intensivs:
vavridhddhyai.
yy) Das suffix tritt an den verbalstamm des causativs und
denominativs:
ishayddhyai, irayädhyai, pari-tamsayddhyai, nagayädhyai,
mädayddhyaif rishayddhyai, vartayddhyai, väjayädhyai, syan-
dayddhyai.
b) Die wurzel endigt voealiseb.
aa) Wurzeln auf i mit bindevocal i (resp. y):
iyädhyai, dhiyddhyai, griyddhyai (dieses letztere nur im
coramentar zu P&ij. HI, 4, 9).
ßß) Wurzeln auf u mit bindevocal u (resp. v):
huvädhyai, ä-hurddhyau
yy) Der wurzelvocal wird guijirt:
gay adhyai, stavddhyal.
C. Das suffix dhyai tritt unmittelbar an die wuriel.
Von dieser ganzen abtheilung vedischer Infinitive lässt sich
bis jetzt aus sämmtlichen uns bekannten vedischen texten keine
spur nachweisen. Die einzige andeutung, dass diese gattung
der vedischen infinitive auf dhyai einst wirklich vorhanden
gewesen sein muss, giebt uns Pänini, der uns zwei gattungen
dieser form überliefert. Die eine derselben benennt er kadhyaw,
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Üeber die durch anhängung u. 8. w. gebildeten infinitive. 269
für die andere gattung, für welche er ein beispiel, aber kein
suffix erwähnt, wollen wir im Zusammenhang des Systems etwa
das suffix *p-dhyain aufstellen.
1. kadhyain Pän. III, 4, 9. Selbst der commentar kennt
kein beispiel mehr für diese infinitivgattung. Die wurzol wider-
steht als kit der Steigerung und hat als nit den accent Vgl.
etwa ved. grad-dhS, glauben, oben pag. 262.
2. *p-dhyain. Denn so etwa müsste das sog. suffix
lauten, welches dem von P&nini VI, 3, 113 aufgeführten, aber
unbelegbaren infinitiv sddhyai von wurzel sah zu gründe läge.
Als gesteigerte wurzel ist nämlich sah, d. h. dann sah, ein pit
und da sie den ton hat, ist sie nit
Dass nun P&nini vedische infinitive kennt, für welche sich
den vedischen texten kein beispiel mehr abgewinnen lässt, ist
nun schon an und für sich ein starker beweis für das hohe
alter P&ninis. Die kraft dieses beweises wird aber noch be-
deutend erhöht durch die erstaunliche thatsache, dass die be-
treffenden infinitivgattungen kadhyain und das von uns erfun-
dene * p-dhyain zwar nicht in unser m Veda vorkommen,
dagegen im g&thädialekt des Avesta in hülle und fülle be-
gegnen. Hiermit wäre denn aber auch der beweis geleistet,
dass, nach Max Müller's ansieht, die regeln, welche Pänini
über die spräche des chandas, d. i. des Veda, aufstellt, in
den meisten fällen auch auf die älteste spräche des Avesta,
d. h. auf den gäth&dialekt, anwendung finden.
1. kadhyain.
a) Die wurzel endigt consonantisch.
dazhdydi von wurzel dadh =■ da => Sanskrit dhä, machen,
geben, merengedyai von wurzel marenc tödten. meräzhdyai
nach Justi vom futur der wurzel marenc, tödten. verendyäi
von wurzel veren = Skt. *vrin = vor, schützen, qazdyai von
wurzel garüi — Skt. gans, belehren.
b) Die wurzel endigt vocalisch.
In den Veden dürfte man etwa *hüdhyai, *cidhyai er-
warten. Für letztere form gewährt das Zend die entsprechende
bildung vi-cidy&L
2. *p-dhyain.
Einzig die von Pänini überlieferte form sddhyai zeugt
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270 G. Sarrazin
noch für die existenz dieser form im Veda. Dieselbe empfängt
jedoch bestätigung und interessante aufklärung durch die ent-
sprechenden formen im Avesta. Es begegnen da nämlich die
infinitive äzhdyäi von zendwurzel az «■ Skt. ag, erlangen,
ferner voizhdyai (etwa für vedisches *veddhyai von wurzel vid,
wissen) lehren.
III. Die wurzel dhü.
Die wurzel dhü =* dhä, thun, hat sich im Sanskrit unter
anderm erhalten im nomen vi-dhü, der ordner, ferner in dem
vocativ vayodho = vayah-dho Rigv. IV, 81, 3. Denn dieser
kann nur von einem thema vayah-dhu = vayah-dhä herrühren.
Das Zend besitzt diese wurzel noch in voller thätigkeit (vgl. 3.
du in Justi's Zendwörterbuch s. 157), welche genügendes licht
auf die herkunft der infinitivform dhvai im Veda wirft. Eine
solche findet sich allerdings nur Väjasaneyi-Saqahitä, III, 13
(ed. Weber p. 67) in mädayädhvai, einer auch durch den
commentator bezeugten Variante zu mädayddhyai Rigv. VI, 60, 13.
Der commentator Mahldhara zu der erwähnten Yajus-stelle ist
naiv genug, die form mädayädhvai durch gadhyai zu erklären.
Die echtheit dieser vedischen infinitivform findet ihre stütze an
der, lautlich völlig entsprechenden, infinitivform düy$, bewirken,
im Zend, in der form merengedüyi von wurzel marenc, tödten.
Auch begegnet der zendinfinitiv düye selbständig in Yasht
47, 7. Hermann Brunnhofer.
Zur geschichte des rhotacismus in den germanischen
sprachen.
I. Eine ausnähme des Verner'schen gesetzes.
Nach der gewöhnlichen ansieht der lautphysiologen unter-
scheiden sich die stimmhaften oder weichen Spiranten
von den entsprechenden stimmlosen oder scharfen lediglich durch
den begleitenden stimmton und durch den schwächeren
exspirationsdruck, mit welchem sie hervorgestossen werden.
Zu diesen beiden Unterscheidungsmerkmalen kommt indessen
ein drittes, welches bisher noch wenig beachtet worden ist: bei
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Zur geschieht^ des rhotacismus in den german. sprachen. 271
den stimmhaften Spiranten werden durch die erschütterungea
der luft, welche vom kehlkopf in die inundhöhle sich fort-
pflanzen, die beweglichen teile der articulationsstellen (lippen,
zangenspitze, zungensaum, weicher gaumen, [zäpfchen]) in eine
vibrirende, schwirrende bewegung versetzt, was bei den
stimmlosen nicht (oder doch nur in weit geringerem grad) der
fall ist, weil da die ausgeblasene luft in continuirlichem ström
durch die mundenge streicht 1 ).
Ganz deutlich ist namentlich bei den labialen und zungen-
spitzenspiranten , wenn sie mit stimmton gebildet werden, ab-
gesehen von dem kehlkopfton und dem eigentlichen reibungs-
geräusch, noch ein schwirren oder summen hörbar, und durch,
anlegen etwa eines fingers an die lippen oder Zungenspitze, vor-
halten oder auflegen einer feder oder eines schmalen, dünnen
papierstreifens auch fühlbar. Beim Übergang in eine stimmlose
spirans hört das nebengeräusch alsbald auf. Gelegentlich haben
schon frühere forscher auf diese charakteristische eigentümlich-
keit der stimmhaften Spiranten hingewiesen. Hoffory (Zschr.
f. vgl. sprf. XXIII, 533) sagt: „Die Erschütterungen und bebungen
des bodens oder der unterem fläche des schallspalts', welche
Merkel als charakteristisch für das ( r linguale non vibrans'
ansieht, fiuden sich bei jedem tönenden reibelaute". Auch
Sievers hat (Grundzüge der phonetik s. 57*) auf das „neben-
geräusch" bei tönendem s aufmerksam gemacht.
Die stimmhaften Spiranten sind also schwirr- oder
zitterlaute, die stimmlosen (mit ausnähme der stimmlosen
zäpfchen -spirans, bei welcher das charakteristische schwirren
auch auftritt) nicht. Die ersteren stehen den stimmhaften
r-lauten sehr nahe, während die stimmlosen Spiranten wenig
mit den stimmlosen r-lauten gemein haben.
Besonders die tönenden s-, und noch mehr die scA-laute,
sind in der articulationsweise dem gewöhnlichen r sehr ähnlich.
Der unterschied ist ausser einer geringen differenz der
zungenlage wesentlich ein gradueller: bei dem gerollten r sind
dje Vibrationen stärker und langsamer als bei den stimmhaften
Spiranten. Mit je stärkerem und tieferem stimmklang
*) Auf diese tatsache hat mich herr Dr. Graf Ferdinand von Spee,
privatdocent für physiologie zu Kiel, aufmerksam gemacht, für dessen
freundliche belehrung ich auch an diesem orte meinen verbindlichsten
dank ausspreche.
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272 G. Sarrazin
nun ein tönendes 8 (z) oder seh (zh, zj ausgesprochen
wird, um so ähnlicher wird es naturgemäss einem
r-laut, da sich die schwere und langsamkeit der vom kehlkopf
ausgehenden lufterschiitterungen (Schallwellen) auf die Vibra-
tionen der Zungenspitze überträgt. So hat das polnische iz.b.
einen r-ähnlichen klang (=* rz) , welcher dem entsprechenden
stimmlosen Zischlaut (sz) fehlt, und welcher um so stärker
hervortritt, je voller und tiefer der stimmklang ist Es scheint
mir, dass namentlich in der ausspräche von männern poln.
moie („kann") von morze („meer") kaum zu unterscheiden ist
Die spirantischen r-laute stellen die Übergangsstufen zwischen
beiden lautklassen dar.
Aus diesen bisher wenig beachteten, für die classificirung
der laute und die Sprachgeschichte noch gar nicht verwerteten,
lautphysiologischen tatsachen lassen sich m. e. manche bisher
unerklärte sprachhistorische Vorgänge erklären. Die tönen-
den Spiranten spielen bekanntlich im sprachleben eine ganz
ähnliche rolle, wie die eigentlichen zitterlaute. Sie beeinflussen
die benachbarten laute in analoger weise. Prothesis eines
vokals, epenthese, brechung, svarabhakti, vokaldehnung werden
durch tönende Spiranten ebenso oder doch fast in demselben
masse verursacht, wie durch die r-laute. Der halbvokalische
Charakter der tönenden Spiranten, welcher aus diesen lautbeein-
flussungen hervorgeht, scheint, wie bei den r-lauten, dadurch
bedingt zu sein, dass das resonirende, summende nebengeräusch
zum stimmton verstärkend hinzutritt.
Besonders aber erklärt sich nunmehr der häufige Übergang von
tönenden Spiranten in r-laute, sowie der umgekehrte lautwandel.
Rhotacismus (d. h. Übergang eines s-lautes in r) ist be-
kanntlich in den germanischen sprachen, wie im lateinischen
und anderen italischen sprachen regelmässig unter gewissen
bedingungen eingetreten, während die übrigen sprachen des
arischen Stammes den lautwandel nur sporadisch und facultativ
zulassen.
Die günstigen bedingungen für den Übergang von s in r
sind nach den obigen ausführungen starker stimmton und tiefe
Stimmlage. Theoretisch kann nur ein tönendes, niemals ein
tonloses s in r übergehen ; mindestens ist überall die Zwischen-
stufe eines tönenden 8 anzunehmen. Für die germanischen
sprachen wenigstens lässt sich mit grosser Wahrscheinlichkeit
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Zur geschieht» des rhotacismus in den german. sprachen. 273
dartun, dass der Übergang vom stimmlosen 8 in r nicht direkt
sondern durch die Zwischenstufe eines stimmhaften s (z) erfolgt
ist; denn die gotische spräche zeigt zum teil noch jene Zwischen-
stufe, und das Verner'sche gesetz hat gelehrt, dass dieselbe
auch für die übrigen germanischen sprachen anzunehmen ist.
Da auch im Lateinischen nur ein zwischen tönenden lauten
stehendes s zu r geworden ist, dürfen wir auch für diese
spräche vorherigen Übergang von 8 in z voraussetzen. Im all-
gemeinen scheint, wie aus dem volleren, reicheren vokalismus
der älteren sprachen hervorgeht, früher mit kräftigerem stimm-
ton gesprochen worden zu sein, als gegenwärtig. Die neigung
zu svarabhakti und vokalepenthese, brechung, welche im Alt-
latein, und in den germanischen sprachen, besonders im Althochd.
und Altnord., sehr stark hervortritt, verrät dies gleichfalls.
Auch die zweite bedingung: tiefe Stimmlage scheint für
die germanischen sprachen ebenso wie für das Lateinische zuzu-
treffen. Die lateinische spräche hat bekanntlich namentlich in
in der älteren periode, zumal mit der griechischen verglichen,
einen dumpfen klangeharakter und eine Vorliebe für tiefe vokale.
Bezeichnend ist die entwicklung von ü aus eu, oi und ou,
die erhaltung des diphthongs au, andererseits die Zerstörung
der i-diphthonge (ae, oe), besonders aber die begünstigung tiefer,
dunkler vokale in flexions- und ableitungssilben : -t/s, -um,
-örum, -umus, -unf, -o, -os, gen. -örus, später -öris, -us, gen.
-eru8, später -eris, -ürus, -örus. Es soll nicht grade behauptet
werden, dass der eintritt des rhotacismus durch benachbarte
vokale mit tiefem eigenton (o, u) bedingt sei. Auch vokale
mit höherem eigenton können in tiefer Stimmlage gesprochen,
wie gesungen werden. Aber ein besonders tiefer eigenton des
vor- oder nachklingenden vokals wird natürlich der entwicklung
von z zu r günstig, ein besonders hoher hinderlich sein.
Der systemzwang und die formenanalogie sind jedoch in
rechnung zu ziehen, welche einen lautwandel selbst da zur
geltung bringen konnten, wo die in den lautverhältnissen liegen-
den bedingungen nicht günstig waren. Doch scheint es mir,
wenn ich auf einem gebiet eine ansieht äussern darf, welches
ich nicht vollständig beherrsche, dass auch im Lateinischen in
der weitaus überwiegenden mehrzahl der falle der rhotacismus
bei vorhergehendem und nachfolgendem dunklen vokal (u, o)
(oder dunklem sonant [m, n, v } g]) eingetreten ist; und wenn
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274 G. Sarrazin
ich fälle vergleiche, wie spes, spei — spero; dies, diei — dierum,
diurnus; esse (aus *esese) — era; miser — maeror; quaesivi, quae-
silum — quaero; caesius — caeruleus; amasius — amor, amoris
(altlat. *amörus); ver (aus *veser) — soror aus *svesor, so
meine ich, dass ein gewisser einfluss des vorhergehenden oder
nachfolgenden vokals je nach seiner klangfarbe auf den Über-
gang von s in r, beziehungsweise ausfull oder erhaltung des s
unverkennbar ist Ich will mir indessen kein urteil über die
erscheinungen dieses Sprachgebiets anmassen.
Die sporadischen fälle von rhotacismus in den romanischen
sprachen scheinen ebenfalls die begünstigende einwirkung tief-
klingender sonanten zu verraten: ital. ciurma, orma, prov.
altnoma, frz. orfraie (Diez, Etyra. wb. s. v. ciurma, Paul
Meyer, Romania IV, 184).
Viel sicherer glaube ich auf germanischem Sprachgebiet die ab-
hängigkeit des rhotacismus vom vokalklang nachweisen zu können.
Es ist zunächst bemerkenswert, dass unter den germanischen
sprachen gerade diejenige den rhotacismus gar nicht kennt,
welche am meisten zum itacismus neigt, und dadurch ihren
helleren klangcharakter kundgiebt: die gotische. Andererseite
ist der rhotacismus im weitesten umfange durchgeführt gerade
in denjenigen sprachen, welche durch den Übergang von germ.
e zu d in der tonsilbe, durch die abneigung gegen t in der
endsilbe, durch die häufige verdumpfung eines a, 6 der endsilbe
zu o, u ihren dunkleren klangcharakter verraten: im Urnordi-
schen und Althochdeutschen (vgl. Scherer Zgdds.* s. 67).
Ausserdem erhellt aus dem Verner'schen gesetz, dass rhota-
cismus in den germanischen sprachen nur eintreten kann im
auslaut solcher silben, welche nach ursprünglicher accentuatkux
nicht den hochton trugen. Wenn nun auch der Übergang von
z in r erst eintrat, nachdem das germanische accentprineip der
stammsilbenbetonung schon in kraft war, so ist doch anzu-
nehmen, dass Stammsilben, die früher tieftonig oder tonlos
waren, auch nachdem sie den hauptaccent erhalten hatten, doch
noch eine geraume zeit mit der alten tieferen intonation aus«
gesprochen wurden, wie z. t im Schwedischen noch heute.
Besonders aber lässt sich genau feststellen, dass der
eintritt des rhotacismus an tieferen eigenton des unmittelbar
vorhergehenden (oder folgenden) vokals gebunden ist Und
zwar scheint für die Wurzelsilben wesentlich der vorhergehende
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Zur geschichte des rhotacismus in den german. sprachen. 275
vokal massgebend zu sein, während in den ableitungs- und
flexionssilben neben dem vorhergehenden auch der nachfolgende
vokal in betracht kommt
Die Verhältnisse liegen klarer in den westgermanischen
sprachen als im Altnordischen, und sind wiederum im Alteng«
lischen und Altniederdeutschen durchsichtiger als im Althoch-
deutschen, vermutlich weil in den sprachen des niederdeutschen
zweiges die lautlichen besonderheiten durch die ausgleichende
Wirkung der formenanalogie am wenigsten beeinträchtigt wor-
den sind.
Die betrachtung geht am besten von den fällen des sogen,
grammatischen wechseis in den westgermanischen sprachen aus.
Nach der Verner'schen regel soll bekanntlich in den verschie-
denen ablautsformen solcher starken verba, deren stamm ur-
sprünglich auf s ausgeht, ein regelmässiger Wechsel in der ge-
staltung des stammauslauts stattfinden, derart, dass im praesens
und praeter, sing, das 8 erhalten bleibt, im praeter, plur. und
parte, praet. dagegen in r übergeht. Der westgermanische
Wechsel zwischen $ und r entspricht einem vorauszusetzenden
urgermanischen Wechsel zwischen s und z, welcher seinerseits
nach dem von Verner gefundenen gesetz durch den ursprüng-
lichen accent bedingt ist (Zschr. f. vgl. sprf. XXIII, 113).
Die regel des grammatischen wechseis erleidet indessen in
bezug auf den eintritt des r manche ausnahmen, welche durch
die Voraussetzung einer ursprünglichen ausgleichung des wurzel-
oder stammauslautes nicht genügend erklärt werden. Denn
einerseits, sind die ausnahmen schon in frühester zeit nach-
weisbar und finden sich ziemlich übereinstimmend in den ver-
schiedenen westgermanischen sprachen; andererseits zeigen sie
alle eine gewisse gleichartigkeit der lautlichen Verhältnisse,
welche darauf schliessen lässt, dass hier das eine lautgesetz
von einem anderen durchkreuzt und in seiner Wirksamkeit be-
einträchtigt wird. Am deutlichsten sprechen die tatsachen der
altenglischen spräche, welche unter allen westgermanischen den
grammatischen Wechsel mit der grössten consequenz durch-
geführt hat.
Im Altenglischen ist der grammat. Wechsel von nur
ganz regelmässig eingetreten bei sämmtlichen verben der IL klasse
(Sievers), bei solchen also, die einen «-vokal (u, o) vor dem
stammauslaut zeigen : forleosan, dreosan, freosan, hreosat^ ceosan
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276 G. Sarrazin
bilden die entsprechenden formen ganz nach der regel: forluron,
forloren u. s.w. (Sievers Ags. gr. § 384, Anm. 1*).
Der grammatische Wechsel ist aber nicht durchgeführt bei
den verben der I. und V. klasse, welche in den entsprechenden
formen einen /-vokal (i , e) vor dem Stammauslaut zeigen:
drisan, lesan, genesan bilden die entsprechenden formen gegen
die regel mit unverändertem stammauslaut (Sievers a. a. o.
§§ 382, 391): drison , weisen u. s. w., gelesen. Wesan hat im
prt. plur. allerdings tcceron (westgerm. *icdrun)\ ptc. pr. fehlt;
nur einmal kommt eine form forweorone vor (vgl. Sievers
a. a. o. § 382, aimi. 3).
Im Altniederdeutschen und Mittelniederdeutschen
sind die Verhältnisse ganz analog. Altndd. farliosan , kiosan
mit grammat. Wechsel; von icesan prt. plur. wdrun, aber ptc.
wesen (Heyne, glossar zum Heliand); Mndd. kesen, vorlesen,
vresen mit grammat. Wechsel (Lübben, Mndd. gr. § 53), aber
risen, lesen ohne denselben.
Im Mittelniederländischen erscheinen mit regel-
mässigem grammat. Wechsel Verliesen, kiesen , vriesen, aber ohne
denselben risen, gerlsen, wisen, prfsen, lesen, genesen. Von wesen
lauten die entsprechenden formen was, waren, ghewesen (Franck,
Mittelniederl. grammatik §§ 139, 140, 145).
Die im Altfriesischen (Mittelfriesischen) nach Richt-
hof en (Altfriesisches Wörterbuch) belegten formen sind folgende:
praes.
prt plur.
part. perf.
tziesa
keron
ekeren
urliesa
urloren, urlerren
risa
eriseti
lesa
gelesen
wesa
tceron
ewesen.
Im Althochdeutschen sind durch systerazwang und ana-
logiewirkung die ursprünglichen Verhältnisse des grammatischen
wechseis schon etwas geändert; indessen ist auch hier die ab-
neigung gegen den rhotacismus bei unmittelbar vorhergehendem
e oder i bemerkbar.
Von risan finden finden sich zwar ahd. formen mit grammat.
Wechsel: rtrum, giriran (Braune, Ahd. gr. § 330; vgl. ahd.
scrirum, ghcriran) aber schon früh, im Mhd. tauchen daneben
formen mit s auf : risen, gerisen, die wohl nicht erst auf nach-
träglicher ausgleichung beruhen, sondern von anfang an neben
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Zar geschichte des rhotacisraus in den german. sprachen. 277
den r- formen bestanden haben werden. Von wisan kommen
keine formen mit grammat. Wechsel vor.
Bei lesan, jesav, kresan, ginesan treten r-formen nur ganz
vereinzelt auf: lärum, gileran u. s. w., aber läsum, güesen sind
schon im IX. Jahrhundert üblicher (Braune, § 343, anm. 3).
Von wesan lautet praet. plur. wdrun aber das partic. im Mhd.
(ahd. ist es nicht belegt) regelgelmässig gewesen.
Bei den ahd. verben kiosan, firliosan, friosan besteht da-
gegen gar keine abneigung gegen r-formen.
Die differenz in der gestaltung des wurzelauslauts bei nhd.
verloren, erfroren, erkoren, (gegoren), gegenüber gewiesen, gelesen,
genesen, gewesen scheint also den ursprünglichen Verhältnissen
noch zu entsprechen und durch den vorhergehenden vokal be-
dingt zu sein.
Die übrigen fälle von germ. z in Wurzelsilben sind darum
schwerer zu beurteilen, weil das Vergleichsmaterial aus dem
Gotischen sehr dürftig ist, und die ursprünglichen betonungs-
verhältnisse in ihnen nicht so klar liegen.
Regelmässig scheint germ. z zu westgerm. r gewandelt nach
«-vokalen *) :
altengl. snoru, fnoru?, com, lor, forlor, hord, ord, brord,
cy™* 9 r y™<> hrgre, lyre, dryre, deor, drtor, dreorig, hlSor,
(bSor?), eare, hyran, ahd. rör.
Dem präfix got. uz- entsprächt altengl. or-, ahd. ur-, ar- u.s.w. ;
daneben eine (unbetonte) nebenform altengl. d-.
Auch nach a -vokalen scheint noch ziemlich consequent
rhotacismus eingetreten zu sein:
altengl. beer (= ksl. bosu), naru, tearu (aufenthalt) , hara<
tnearg, (bunden)heord(e), reord, gierd, cern, heern, betige, neri-
gan, herigean (got hazjan), (ge-)werian (got. wasjan), ahd.
aran, vgl. altengl. earnian; ahd. kar.
Allein hier zeigt sich schon bisweilen ein schwanken: ahd.
') Ich wähle die altengl. formen gewöhnlich als repräsentanten des
Westgermanischen, weil die denkmäler der altenglischen spräche in
frühere zeit zurückreichen als die der anderen westgermanischen, und
weil dieselbe den westgerm. konsonantenbestand im allgemeinen wohl
getreuer bewahrt bat als andere. Nur wo die anderen sprachen in
der durchfuhrung des rhotacismus abweichen, oder wo das altengl.
wort nicht belegt ist, führe ich beispiele aus den nächstverwandten
sprachen an.
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278 G. Sarrazin
haso neben altengl. Aara 1 ); niederl. bes neben altengl. berie (vgl.
Kluge, PBB. VIII, 523); ahd. asni, asneri, altengl. esne neben
ahd. aran, altengl. earnian; altengl. glces, ahd. glas neben
altnord. gier, vgl. altengl. glcer(e). Ob und wieweit in den
anderen zahlreichen fällen, wo intervokalisches s nach a-vokalen
vorliegt, vielleicht urgerm. z anzunehmen ist, welches sich
gegen die regel erhalten hätte, ist nicht zu entscheiden; vgl.
z. b. altengl. hcesel, ahd. hasala zu lat corylus. Merk-
würdig ist westgerm. askdn (altengl. asce u. 8. w.), verglichen
mit got. azgö.
Auch nach urgerm. ai (westgerm. ae?, anglo-fries. d) lässt
sich rhotacismus noch in mehreren fällen belegen:
altengl. dr, cer (erz), dr (gnade), lar, gär, mdra, r&ran, Iwran.
Ob in Wörtern wie ahd. reisa, leisa, freisa urgerm. tönendes z
vorliegt, lässt sich nicht feststellen, obgleich die analogie der
entsprechend gebildeten, und übereinstimmend vokalisirten wie
ahd. $ra, Ura es einigermassen wahrscheinlich macht.
Nach anderen t-vokalen aber scheint merkwürdiger weise
der Übergang von germ. z in westgerm. r nicht durchgedrungen
zu sein. Es giebt keinen einzigen fall, in welchem
durchgehend westgerm. er, ir, %r in der Wurzelsilbe
einem urgerm. ez, iz, iz entspräche. Vielmehr zeigt sich
bei den in betracht kommenden Wörtern ein auffallendes schwan-
ken in der wiedergäbe der urgerm. lautverbindungen ez, iz (iz),
und eine abneigung gegen den rhotacismus, wie die folgenden
beispiele zeigen:
got izwis = altengl. eovc(ic), althd. iuw(ih) u. 8. w.
got izwara — altengl. Sotrer, althd. iuwar u. s. w.
got. mizdö — altengl. med neben meord, ahd. miata u. s. w.
germ. *tmzna- — altengl. twin, niederl. twijn, mhd. zwirn
germ. *twiz- (vgl. got. twis-stass) =» altengl. twi-, tweo-, ahd.
zwi-, zm- u. 8. w.
(germ. *ttoizwar (vgl. altnd. tysvar) =» altengl. twiwa, tutca,
ahd. zwiro(r)?)
(germ. *ßrizwar (vgl. altnord. prystcar) — altengl. ßritoa,
ahd. driror?)*).
*) Bezzen berger (Gott. gel. anz. 1880, s. 154) und Joh. Schmidt
(Zb. f. vgl. sprf. XXVI, 8. 8) erklären die diflerenz aus ursprünglich ver-
schiedener betonung der casus. *) Vgl. Bezzenberger in diesen
beitr. VII, 77.
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Zur geschickte des rhotacismus in den germafc. sprachen. 279
♦gerra. *liznaja- = altengl. hornige, andd. ltnd(m), althd.
lirne(m)
(a)
[germ. *«m l ) = altengl. eom?~\
germ. *tiz- (vgl. got. rfi*-) — altengl. td-, altndd. Ü-, ti-,
ahd. zir-
germ. *(h)iz, (h)ez «= niederd.-engl. Ac, hochd. er
germ. *mfe, »i«2f — niederd.-engl. mS, mi, hochd. wir
germ. *thiz, thez — niederd.-engl. *A£, thi, hochd. dir
germ. *w?te = niederd.-engl. wS, wi, hochd. wir
westgerm. *hwez « niederd. hwi, hwie, hochd. (h)wer.
Dass die letzteren Wörter in bezug auf den abfall des aus-
lautenden z nicht etwa unter das westgermanische konsonantische
äuslautsgesetz fallen, scheint mir aus den entsprechenden ahd.
wortformen hervorzugehen. Jenes gesetz bezieht sich nur auf
unbetonten auslaut. Das Ahd. unterscheidet sich in diesen
fallen, wie in anderen von den übrigen westgermanischen
sprachen dadurch, dass es der entwicklung von iz, ez zu ir, er
keinen solchen widerstand entgegensetzt. Ahd. et\ mir, dir,
wir, wer verhalten sich zu altenglisch h$, mi, ß$, wi, gi, hwd
wie ahd. zir- zu altengl. /o-, wie mhd. zwirn zu altengl. ttcin,
wie ahd. zwiror zu altengl. twiwa, ähnlich auch wie ahd. rirun
zu altengl. rison (vgl. Paul in Paul u. Braune's beitragen VI,
551 *)). Bei ahd. wir kann die analogie von ier, ir => got jus
mitgewirkt haben. Nahe läge es auch ahd. birum, birut mit
altengl. beod zu vergleichen, ahd. kiscrerot, anasterozun, caple-
ruzzi mit entsprechenden altenglischen formen, wenn nur nicht
jene ahd. formen selbst in ihrem Ursprung unklar und streitig
wären (vgl. Joh. Schmidt, Zs. f. vgl. sprf. XXV, 598 ff.).
') Diese grandform vermute ich wegen des (brechungs-)diphthongs
in altengl. eom, der von einer grdf. em, im aus nicht zu erklären ist.
Vgl. Joh. Schmidt in der Zschr. f. vgl. sprf. XXV, 598, Kluge in
Paul u. Bräune's beitr. VI, 388. Die vielbesprochenen altengl. formen
eart, earon möchte ich ebenso wie die altnord. ert, eru nicht aus urgerm.
+ et(-t), *ezun erklären, sondern ähnlich wie Kluge aus tieftonigen neben-
formen *azt, *azun, welche sich zu den hochtonigen *trf, *i*um etwa
verhalten, wie altnord.- englisch *hwaz (urnord. hwa, altengl. hwd) zu
deuUeh *hwez, *hwiz (althd. wer, altndd. hui). In altnd. eri f eru könnte e
aus a durch r-umlaut entstanden sein (doch vgl. Sievers in Paul u.
Braune's beitr. VI, 572). *) Schon Paul hat a. a. o. vermutet, dass der
Ausfall Ües z in tntda, ttntin, $ow, wie in mi, wi u. s. w. durch das vorher-
gehende t bedingt sei.
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280 6. Sarrazin
Jedenfalls wird aus den vorher angeführten beispielen her-
vorgegangen sein, dass urgerm. iz im allgemeinen sich nicht zu
westgerm. er, ir entwickelt, während doch ein urgerm. uz regel-
mässig in or, ur übergeht. Vielmehr scheint in der laut-
Verbindung iz regelmässig (soweit nicht wie bei alt-
engl. leornian, ahd. lirnSn analogie oder systemzwang
im spiele war) das tönende z vor konsonanten aus-
gefallen zu sein (mit ersatzdehnung), zwischen vokalen
sich als s erhalten zu haben.
Dass bei urgerm. aiz sich kein widerstand gegen den rho-
tacismus geltend macht, scheint darauf hinzuweisen, dass der
urgerm. diphthong ai schon im Westgerm, zu ae geworden war,
was ja auch durch die monophthongirung zu d im Anglofriesi-
schen wahrscheinlich wird.
Die von der allgemeinen rhotacismusregel abweichende be-
handlung der lautverbindung iz, welche nach dem im eingang
gesagten einen lautphysiologischen grund hat, veranlasste be-
greiflicherweise eine gewisse Unsicherheit in der lautlichen ent-
wicklung der betreffenden worte. Formenanalogie und system-
zwang strebten die lautliche abweichung zu unterdrücken ; dass
dies nur in geringem grade gelang, hat die betrachtung der
fälle mit grammatischem Wechsel gezeigt. Eine folge jenes
Schwankens war die Zerrüttung in der flexion mancher starken
verba, aufgeben der unsicheren formen und neubildung nach
analogie anderer verba. Dass z. b. im Nhd. reisen, verwesen
schwache verba geworden sind, dass das participium perf.,
welches dem deutschen gewesen entspricht, im Englischen schon
in frühester zeit aufgegeben ist, dass die altengL verba lesan,
genesan später unüblich werden, wird hierin seinen grund
haben. Auch dass von den in rede stehenden verben keine
ableitungen in brauch kommen, welche nach dem Verner'schen
gesetz rhotacismus zeigen müssten , dass z. b. im Altengl. keine
substantiva zu risan, lesan, genesan gebildet werden, welche
den Substantiven cyre, dryre, hryre u. s. w. analog wären, mag
mit der durch die lautliche abweichung bedingten Unsicherheit
des Sprachgefühls zusammenhängen ; die ableitungen von risan
im Altengl. haben durchgäng s: cnio-ris (?), gerisne, andrysno.
In ableitungs- und flexionssilben scheint der rhota-
cismus weniger durch die klangfarbe des vorhergehenden vokals
bedingt zu sein, vermutlich weil hier formenanalogie und system-
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Zur geschichte des rhotacismus in den german. sprachen. 281
zwang eine grössere macht hatten, wohl auch, weil gewöhnlich
ein tiefer vokal folgte. So ist es z. b. leicht begreiflich , dass
den gotischen endungen -zds, -zai, -ze, -zo der pronominal- und
adjectiv-flexion im Westgermanischen regelmässig rhotacisirte
entsprechen, gleichgültig welcher vokal vorherging, um so mehr
als der folgende vokal im Westgerm, wohl dunkel gefärbt war.
Auch bei dem comparativsuffix trat regelmässig rhotacismus
ein, nicht bloss wenn got. -oza, sondern auch wenn -iza ent-
sprach.
Als ausnahmen beachtenswert sind die altenglischen compara-
tive Icessa, afries. lissa und toyrsa, vgl. altniederd. urirso, ahd.
wirsiro, got. wairsiza, altnord. verru Ausfall oder assimilation
eines r lässt sich nicht annehmen, weil die altenglische spräche
beim zusammentreffen von r und s eher das s ausstösst oder
as8imilirt (vgl. altengl. dear, durron, Jiyrre, üre *) mit got. ga-
dars, gadaursum, ßaursus, unsara). Hier scheinen mir vielmehr
formen zu gründe zu liegen, in welchen sich das tönende s des
Suffixes erhalten hatte (wie in altengl. gerisen, gelesen, genesen),
vielleicht durch assimilation an das vorhergehende stimmlose s
geschützt. Ein anderes Überbleibsel eines unrhotacisirten com-
parativsuffixes glaube ich in dem abgeleiteten verbum altengl.
minsian, altniederd. minsön (vermindern) zu entdecken, vgl. got.
minniza, minznan, ahd. minnirdfi.
Recht interessant ist die gestaltung der neutralen substantiv-
8tämme auf -oz, -ez im Westgermanischen. Nach dem Verner-
schen gesetz sollte man bei consequenter durchfuhrung des rho-
tacismus das ableitungssuffix in den formen westgerm. or, ir, er
zu finden erwarten. Allein die tr-formen kommen nur im Ahd.
vor; die übrigen westgermanischen sprachen haben den rhota-
cismus nur in den or- formen; daneben kommen bildungen auf
-es, -is, -e, oder ohne ableitungssilbe mit oder ohne umlaut vor,
welche den gotischen auf iz (z. b. hatis, hatizis) entsprechen.
So finden sich im Altengl. salor, sigor, hdlor, hröäör, ddgor,
lombor, lombru, cealfru, wgru (ohne umlaut !) ; daneben sde, ege,
hete, sige, bere (vgl. got. barizeins); hcel, ceg, cecUf, lomb, dceg,
hrtä; auch eges- in egesltc (ahd. egislih), altndd. filis (= altnord.
fjall), sigis in Sigismund nehen Stgemund (Tacitus : Segimundus).
Vgl. Kluge, Nominale Stammbildungslehre § 84 ff., § 145. Wegen
1 ) Die formen 4««6«, üssum für üsres, üsrum beruhen offenbar weniger
auf assimilation des r, als auf angleichung an (U, User.
Poltrig© z. Icnndo d. indg. sprachen. XV. 19
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282 G. Sarrazin
der /«-formen ist nicht mit Müllenhoff (Zscbr. f. d. a. n. f. XI,
172) eine von der gewöhnlichen abweichende betonung anzu-
nehmen; das erhaltene s erklärt sich wie in gerisen, gelesen,
genesen, gewesen.
Das Althochdeutsche geht auch hier in der durchiiihrung
des rhotacismus weiter, als die anderen westgerm. sprachen;
aber es wendet die ?V-form fast nur 1 ) im plural an, wo als
ursprüngliche endungen *-i>«, *-?Vo, *-irum anzusetzen sind;
hier scheint also der folgende tiefe vocal mitzuspielen. Das
vereinzelte ahd. demar zeigt die or-form.
Bei den anderen nominalsuffixen, welche die lautverbindung
iz im Germanischen enthielten, ist im Westgerm, das s bewahrt
(vgl. Kluge, Nominale stammbildungslehre §§ 85 ff., 98, 143 ff.):
einem got. aqizi entspricht altengl. cex, ahd. acchus; altengl.
egesa, ahd. egiso; altengl. bltps « germ. *blipizi?\ altengl. rA-
dels, gyrdds, rycels, byrgels, ahd. rdtisal, truobisai = germ. *ri-
dizlo- u. s. w. (vgl. got. swartizl). Eine ausnähme wäre altengl.
tynder, ahd. zuntira, falls hier suffix izjd vorläge (Kluge § 85);
auffallend ist ndl. eis neben ahd. dira, altengl. alor (Kluge,
PBB. VIII, 523). Auch das verbalableitungssuffix germ. izdja-,
got. izd- (z. b. hatizo) erscheint im Westgermanischen regel-
mässig mit bewahrtem «-laut z. b. altengl. rixian, egsian, ahd.
rihhisön, egisön. Ein ahd. ubarsigirön ist ganz vereinzelt.
Auch in ableitungssilben scheint also ein vorhergehendes i
den rhotacismus verhindert zu haben.
Im Altnordischen sind die Verhältnisse ähnlich, wenn
auch wegen einer grösseren macht des systemzwanges weniger
durchsichtig. In Wurzelsilben wenigstens besteht eine deutlich
erkennbare abneigung gegen den wandel von iz, ez in ir, er.
Bei Hsa, fisa tritt kein grammatischer Wechsel ein (Noreen,
Altnord, gramm. § 399), während kjösa, frjösa den Wechsel zu-
lassen. Auch in ableitungen wie bldärisa, reisa (= altengl.
rceran) beibt der s-laut. Von vesa (vera) lautet das parte,
praet. veset neben veret. Dem got. izvis, izvar entspricht ydr,
ydvarr; in tysvar, ßrisvar scheint tönendes s erhalten oder in
tonloses gewandelt zu sein, wenn die gewöhnlich angenommene
identität mit ahd. zwiro(r), driror richtig ist. Dem got. tioiz-
*) Die ausnahmsweiden singularformen ahir, trestir erklären sich
durch den häufigen gebrauch dieser Wörter im plural (vgl. Braune,
Ahd. gr. § 197).
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Zur geschieht« des rhotacismus in den german. sprachen. 283
entspricht tvi- (in tvfoetr). Im übrigen fehlt material zur
beurteilung.
Bei den einsilbigen pronominalformen mir, ßir, str, vir ist
allerdings rhotacismus eingetreten, wie im Ahd. Die lautliche
entwicklung dieser formen ist schwierig zu erklären. Joh.
Schmidt nahm (Zgdigvok. II, 415) Zwischenstufen *meor,
*ßeor u. 8. w. an. Ich möchte noch eine frühere Übergangs-
stufe *meoz, *ßeoz vermuten, d.h. ich glaube, dass in folge
des tieferen satztons dieser wörtchen trotz des vorhergehenden
hellen vokals der auslautende spirant dumpf ausgesprochen
wurde und daher einen w-vocal (brechung) vor sich entwickelte 1 ).
Die analogie von ir = got. jus könnte mitgewirkt haben.
In ableitungssilben ist altnord. ir aus iz, ez kaum zu be-
legen. Bei den Substantivstämmen auf -oz , -ez ist rhotacismus
gewöhnlich nur in solchen fällen eingetreten, wo kein t-umlaut
vorliegt, z. b. hrödr, hatr, setr; ausnahmsweise auch in deegr —
altengl. dögor; sonst ist bei uinlaut das z entweder abgefallen,
wie in altnord. klcede oder als s erhalten, wie in hxens.
Dem got. aqizi entspricht altnord. öx, ex; dem got sub-
8tantivsuffix -izl, altnord. -sl, -eise in smyrsl, reykdse (Kluge,
Nominale stammbildungslehre § 98) ; das got. verbal-suffix -izön
erscheint im Altnord, als -sa, z. b. heilsa.
In flexionssilben dagegen scheint der rhotacismus ohne jede
rücksicht auf den vorhergehenden vocal durchgeführt Nur in
einem falle ist ein urgerm. tönendes 8 im anlaut nicht in r
übergegangen, sondern der regel nach abgefallen: im nom. sg.
der weiblichen t-stämme , z. b. äst =. urgerm. *atistiz. Nur
ausnahmsweise finden sich hier formen mit r im auslaut Bei den
männlichen t-stämmen dagegen hat sich regelmässig die endung r
entwickelt, wohl durch die analogie der männlichen a- und
«-stamme geschützt
Immerhin erklären sich auch im Altnord, mehrere singu-
lare lautwandelungen einheitlich durch die lautphysiologisch
begründete annähme, dass die spräche eine abneigung gegen
die entwicklung von iz zu ir hatte.
*) Brechung vor Spiranten ist auch sonst auf germanischem Sprach-
gebiet nicht unerhört: altengl. steeostor , geostrandag, ceaster, seoddan
(Paul in Paul u. Braune's beitragen VI, 62).
Kiel. ö. Sarrazin.
19*
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284 0. Schrader
Einige deutsche baumnamen und verwandtes.
Nur wenige Übereinstimmungen, wie die namen der birke
oder weide, reichen auf dem gebiet der bnunmamen von Europa
nach Asien herüber. Um so zahlreicher werden dieselben, sobald
man sich auf die vergleichung der europäischen sprachen be-
schränkt. Fast die gesamte waldflora Europas lässt sich durch
sprachliche gleichungen belegen. Ja, dieselben können, wie der
Verfasser glaubt, noch vermehrt werden, wenn man einerseits
die zahlreichen in den dialekten zerstreuten baumnamen zur
vergleichung heranzieht und andererseits einem hier näher aus-
zuführenden punkt beachtung schenkt, welcher auf dem ge-
biete des bedeutungswandels und der bedeutungsdifferenzierung
liegt-
Die idg. urzeit gehörte bekanntlich im wesentlichen der
metallosen zeit an, so dass man für die herstellung der in
jeder epoche der menschheit notwendigen waffen, von stein und
hörn abgesehn, auf das holz der waldbäume angewiesen war.
Hiervon legt die spräche ein vollgiltiges Zeugnis ab: griech.
fißXir] ist „esche" und „lanze", griech. \%ia „weide" und „Schild",
altn. älmr „ulme" und „bogen". In diesen fällen deckt sich,
wie man sieht, die benennung des baumes mit der der waffe
vollkommen: nur der sinn entscheidet, was von beiden gemeint
ist. Je mehr nun aber die waffen, namentlich nach bekannt-
werden der metalle, einen eigenartigen charakter annahmen,
um so mehr musste das, natürlich unbewusste streben auftreten,
waffen- und baumnamen von einander zu differenzieren. Dies
konnte in verschiedener weise geschehen.
Ein baumname konnte einmal sich als bezeich nung einer
bestimmten Waffengattung so fest setzen, dass die ursprüngliche
bedeutung zu verblassen anfing und von anderen Wörtern über-
nommen wurde. Dies scheint mir z. b. der fall gewesen zu sein
bei griech. alyavirj „speer" (vgl. meMt] „ulme", ovxet] „feige",
Iter/ „weide" etc.), welches, wie ich K. Z. 30,461 näher aus-
geführt habe, ursprünglich „eiche" (= ahd. eih), dann „eichener
speer" (öoqv) bezeichnete, in der ersteren bedeutung aber durch
dQvg „eiche", eigentlich „bäum" (skrt. zend dru, alban. drü)
verdrängt wurde.
Ferner konnte aber eine differenzierung zwischen baum-
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Einige deutsche baumnamen und verwandtes. 285
und waffennamen auch in der art zu stände kommen, dass sich
beide auf die verschiedenen Suffixgestaltungen oder auch auf
die verschiedenen ablautsstufen eines und desselben Stammes
verteilten. Das erstere möchte ich annehmen bei griech. aon-id
„Schild", das ich lautlich nicht mit skydas (vgl. Bezzenberger
in diesen beitragen I, 337) vermitteln kann, und zu griech.
aort-QO-g, aa/t-pi-g ,, eiche" (vgl. auch aox-Qa • öqvq a*aQ7zoq
Hesych, w. asq, altn. askr „esche") stelle 1 ). Der zweite
Vorgang, zugleich mit Suffixverschiebung, hat meines erachtens
stattgehabt bei griech. eyxog „lanze", für das es an einer an-
sprechenden deutung durchaus fehlt (vgl. Fick in diesen bei-
trügen I, 341). "Eyxo-g bildet meines erachtens die mittelstufe
zu der hochstufe öyx'vrj nder veredelte bimbaum" und zu der
tiefstufe dx-Qag (*WH<*S) n<ter wilde bimbaum". Gerade aber
das holz dieses namentlich im Peloponnes ungemein häufigen
baumes diente in der ältesten zeit zu Schnitzereien aller art.
Vgl. z. b. Paus. II, 17,5: ab de daxaiozatov {ayaXfia tf Hqag)
Tte7iotr]tac fuv ef dxQadog. Ist aber diese Zusammenstellung
richtig, so würden damit sämtliche benennungen der lanze aus
der homerischen spräche (öoqv, ^eXirj, alyavt'rj, £vatov „das
geglättete" und eyxog) auf benennungen des holzes oder be-
stimmter holzarten zurückzuführen sein.
Nach diesen Vorbemerkungen werde ich einige deutsche
bäum-, holz- und waldnamen einer kurzen besprechung
unterziehn.
1. Mhd. zirbe, zirbel „pinus cembra" L., altn. tyrvi-tri
„a resinous fir-tree", lit. derwä „kienholz",
altsl. drevo „holz, bäum".
zirbe, zirbel, zirbdnuss etc. erscheint zuerst in spätmhd.,
österreichischen und bairischen quellen. Neben zirbe aus *zirwe
*) Hingegen gebort y($Qov „der geflochtene, mit rohem rindsleder
überzogene schild" in die analogie von benennungen des Schildes wie
lat. acutum = griech. axürog, griech. aaxog = skrt. tvdc „baut", griech.
ßovg (acc. ßtüv) „stier" und „schild", griech. Qlvog „haut" und „schild" etc.
Ich setze nämlich yifäov aus *g4rson = skrt. grsh-ti , junges rind", ahd.
chursina „pelzwerk" (altsl. krüzno „pelz" daher entlehnt) «= *gf8-ina.
rtQQov begegnet ausser bei Herodot zuerst bei Xenophon. Vgl. Anab. IV,
7,22: ol Sk y($fa fXaßov tiaaiow ßodiv (opoßoiva u. s. w. Gewöhnlich ist
ein persischer schild gemeint Wegen r« = ^ vgl. o$$og und Wacker-
nagel K. Z. XXIX, 127 ff.
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286 0. Schrader
kommen im Oberdeutschen auch formen mit m und n vor:
zirm, zirn, zirmenes holz, zirmnüzl, zirmach „gehölz yon zirm-
bäumen" etc. (vgl. Seh melier B. W. II 8 , 1151). Auch diese
formen konnten lautgesetzlich aus *zirwe hervorgehen, wie der
schwalm = schwalbe, mhd. swalwe und zesem, zesm — got. taihsvö
(Seh melier II 9 , 631 u. 1155) zeigen. Offenbar ist aus diesen
formen der lat. artname pinus cembra (norclital. cirmolo, cembro^
span. cembra , vgl. H. Grassman Deutsche pflanzennamen
p. 213) hervorgegangen.
Seh melier (a. a. o.) berichtet, dass die zirbelfichte, aus
deren wohlriechendem und sehr dauerhaften holz allerlei figuren
und gerätschaften geschnitzt werden, im aussterben begriffen sei.
Selbstverständig gehören zu der oben angeführten wort-
gruppe auch got. triu „bäum 44 und altn. tjara, ndl. teer „teer".
2. Mhd. larche „pinus larix" L. aus lat. lärix = altir.
dair, daur (gen. darach) „eiche", maked. daqvXXog
„eiche".
Da das deutsche wort, das in den dialekten in vielfacher
Verstümmelung auftritt (bair. lärch, lärk, auch lorche, lerche,
lerbaum, löhrbaum Schmeller I a , 1500, Grimms W. s. v.) aus
dem Lateinischen entlehnt ist, so handelt es sich allein um die
deutung des lat. läric-. Dieses stelle ich unter annähme des
bekannten Übergangs von d in l dem ir. daracli (gen.: dair
„eiche") gleich 1 ). Hierbei hat der bedeutungsüborgang nichts
befremdliches. An der wurzel d-r haftet, wie schon bemerkt,
von haus aus wahrscheinlich die bedeutung „bäum", welche
dann, je nachdem eichen oder flehten in einer bestimmten
gegend vorherrschten, sich auf die eine oder die andere baum-
art specialisieren konnte (vgl. oben auch altsl. drevo „bäum 44 —
mhd. zirbel). Aber auch, wenn wir von der bedeutung „eiche",
die ja auch das Makedonische teilt, ausgehn, würde der be-
deutungswechsel eiche — fichte nicht ohne analoga dastehn. So
bedeutete unser fahre (longob. fereh-eih) = lat. querem (quer-q-us,
quernus : griech. 7ZqZ-vo-q „Steineiche?* 4 ) ganz sicher ursprünglich
„eiche 4 '. Ich erkläre mir dies aus dem umstand, dass eichenwaldun-
gen im alten Europa viel häufiger waren als im neuen, und dass
dieselben in der regel durch fichtenbestände verdrängt wurden.
*) Nachträglich bemerke ich, dass schon Stokes in diesen Beitr.
IX, 88 diese Zusammenstellung bietet.
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Einige deutsche baunmamen und verwandtes. 287
In Deutschland lässt sich dies noch durch archivalische Zeug-
nisse verfolgen (Grisebach Die Vegetation der erde I, 156).
3. Ahd. apfal, altn. eple „pyrus malus" L., ir. aball,
uball, lit. obülys, altsl. ablüko: lat. malifera Abella
Verg. Aen. VII, 740.
Diese Zusammenstellung habe ich bereits anderwärts aus-
geführt. Sie hat beifall, aber auch zweifei gefunden (vgl. Kluge
Et. W.4 p. 10), und in der that ist die vollkommene regel-
mässigkeit der lauten tsprechung bei einer auf entlehnung be-
ruhenden wortreihe auffällig.
Man muss meines erachtens annehmen, dass aus dem itali-
schen städtenamen zuerst auf keltischem boden die bezeich-
nung des apfels geschaffen wurde und von diesem aus, noch
geraume zeit vor dem beginn unserer Zeitrechnung, nach dem
osten wanderte. Ein analogon hierzu würde vielleicht die ger-
manisch? benennung des äffen (ahd. affo, altn. ape = *ap-ari)
bieten, die doch sicher von aussen her zu den Germanen ge-
kommen sein muss. Nun hat Hesychius die glosse aßQavaq'
Toig xsQxoTvifrqxovg KsItoL Nimmt man hier eine leichte Ver-
stümmelung aus *aß-dv-ag an, so erhält man die grundform,
welche das germ. *ap-an voraussetzt. Die Kelten konnten aber
auf ihren beutezügen sehr frühzeitig die bekanntschaft # des tieres
gemacht haben.
4. Agls. bearu „wald", altn. bprr desgl., altsl. borü
„fichte, fichtenwald".
Die germanische grundform ist *bar-wa. Vgl. auch altn.
(Vigfusson) barr „the needles or spines of a fir-tree u , bar-skögr
„needle wood". Wie hier die ursprüngliche bedeutung des wortes
gewahrt ist, so geht andererseits das slavische wort in die all-
gemeine bedeutung von „wald u über. Vgl. Miklosich Et. W.
Der gleiche bedeutungswandel findet sich im Deutschen in der
tmm: die tanne, der oder das buech: die buche, das esch, das
asp. Vgl. Schraeller Bair. W. I», 196.
Im Ahd. gehört parawari „priester" hierher; vgl. harugari:
haruc „wald". Stützte sich die these Brugmann's Grundriss I,
p. 408, dass die idg. tenuis aspirata im Slavischen ausser nach
s mit der media aspirata zusammenfalle, auf zahlreichere bei-
spiele als auf altsl. nogüfi, lit. nägas: skrt. nakhds, so könnte
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288 0. Schrader
man als zu derselben Sphäre des bedeutungswandels gehörig
ahd.: forst =» altsl. bristü „ulme" (grdf. *phersto) hierher-
stellen. Doch hat gegen Brugmanns anschauung Ign. Kozlov skij
Archiv f. slav. philologie XI, 387 ff. nicht unbegründete be-
denken erhoben.
5. Nhd. ebresche „sorbus aucuparia" L., ir. ibar
„taxus baccata" „eberesche" (Windisch I. T. p. 613).
Die nhd. Wörter ebresche, eibrisch etc., die man fälschlich
aus *aber-esche „falsche esche" gedeutet hat (Grassmann
p. 87), gehen auf ein ursprüngliches *ebarisc, *ebrisc zurück,
so dass esche erst durch umdeutung in das wort hineingetragen
worden ist.
' Eine andere, früher bezeugte, in den mannigfaltigsten Um-
gestaltungen vorliegende benennung desselben baumes ist spör-
ling, spierling, spirboum, speirling u. s. w. (Grass mann 87,
Sc hm eil er II 9 , 682). Man könnte in erinnerung au unser
vogeUbeere hierbei zunächst an sperlings-baum (ahd. sparo, got.
sparwa „sperling") denken ; - doch würde bei einer solchen auf-
fassuug eher ein mhd. oder ahd. *spar-boutn, *sparo-boum zu
erwarten sein. Der bäum heisst aber mhd. sper-boum, spirpoum,
ahd. spereboum (Graff VI, 350), welches letztere freilich mit
„aesculus 4 . 1 „speiseeiche 41 glossiert wird.
Es ist mir daher viel wahrscheinlicher, dass diesen viel-
fach umgedeuteten Wörtern (vgl. sperber-baum) ein ursprüng-
licher bauraname spero „serbus 44 oder „aesculus" zu gründe liegt,
der vielleicht völlig identisch mit ahd. sper, agls. spere, altn.
spjpr „speer 44 ist. Vgl. askr „esche" und „speer 44 und oben
über ty%-o<;. Das holz der eberesche ist hart und konnte daher
wohl zur herstellung von waffen verwendet werden.
6. Mhd. rüster „ulmus", ir. rüaim „eine erlenart"
(Windisch LT. p. 749).
Die deutschen formen rüster, reuster, ryster (Weigand
D.W. II», 525) neben die rusch (Schindler II», 157), ahd.
ruzboum (Graff III, 866) führen auf eine grundform *rens-tro,
*rus~tro. Ueber ~tro als baumnamensuffix vgl. Kluge Nomi-
nale stammbildungslehre § 94 u. 96. Das irische wort läset
sich auf *reus-min (srüaim «• *sreu-min) zurückführen ; doch ist
mir dasselbe nur bekannt aus einer stelle in O'Curry's Manners
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Einige deutsche baumnamen und verwandtes. 289
and customs III, 119, wo von einer benutzung der rüaims zu
zwecken der färberei, wozu auch bei uns erlenrinde verwendet
wird, die rede ist
Die bedeutungen „erle" und „ulme" wechseln wie bei den
von der wurzel al (ahd. elira „erle" und elme „ulme") abge-
leiteten baumnamen.
7. Nhd. ludere, ludern „betula nana", „Alpen-erle",
griech. xlijd-Qr] „erle".
Die deutschen Wörter siehe ' bei Grassmann p. 207 und
Schmeller II*, 1542. Die idg. grundform dürfte *klä-dhro
oder *klä-thro gewesen sein.
8. Ahd. seit, altn. skia „holzscheit", ir. sciath,
altsl. ätitü, „schild".
Idg. grundform *8keito-. Altsl. ätitü : *$keito = altsl.
*Miry-jt (russ. Söiryj, öech. ciry) : got skeirs, vgl. Brugmann
Grundri8s I, 306. Det nordische schild war eben nichts an-
deres als ein, gewöhnlich viereckiges, grosses, bunt bemaltes
holzbrett (Sprachvergleichung und Urgeschichte p. 322).
Das litauische skydas gehört nicht unmittelbar hierher.
Es lehnt sich an griech. <J%ita „holzscheit", lit. sk'edrä „spahn"
an. Got. skildus u. s. w. ist mir nicht klar geworden.
9. Ahd. tanna „tanne", skrt. dhdnvan „bogen".
Der doppelte nasal des germanischen wortes weist von vorn
herein auf eine grundform *dhan-va (vgl. Iva „eibe", sliva
„schiebe"), *dhan-van. Wie griech. xo^ov der bogen aus taxus-
holz (lat. taxus), altn. almr der aus ulmenholz, altn. yr der
aus eibenholz, ebenso ir. ibar, so ist also skrt. dhdnvan der
bogen aus tannenholz. Vielleicht bedeutete indessen ahd. tanna
ursprünglich eine andere coniferenart, eben die eibe, aus deren
holz mit Vorliebe auf die dauer berechnete gegenstände, nament-
lich waffen hergestellt wurden. So heisst im Litauischen eglius
„die eibe", egl'e = altsl. jela (*jedla) „die tanne". Ebenso
wechseln die bedeutungen im altsl. tisü „taxus" und „pinus".
10. Nhd. arfe, arbe „pinus cembra", lat. arcus „bogen",
got. arhvazna „pfeil".
Ist die voraufgehende gleichung richtig, so gewinnt die hier
gegebene Zusammenstellung an Wahrscheinlichkeit. Lat. arcus
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290 A. Fick
(arquitenens) setzt einen stamm *arqu voraus, welcher im Ger-
manischen durch *drfu;*arbu = arfe ; arbe wiedergegeben
werden konnte (vgl. Brugmann Grundriss I, 331). Daneben
konnte ein stamm *drqo bestehen, welcher im Germanischen
als *arhva = got arhvazna erscheinen musste. Bei der über-
aus verschiedenartigen Überlieferung des deutschen baumnamens
aber {arbe, arobe, arve, araf f orfle, arfle, arfel, arole, arle,
Grimm D. W. unter arfel und arbe, Grass mann p. 213)
wird es kaum möglich sein , v die germanische grundform mit
Sicherheit zu erschliessen , und so dürfte die obige Zusammen-
stellung nur eine vermutungsweise bleiben.
Jena. 0. Schrader.
Thessalisch k'dv, $&voe.
Der anfang der inschrift Collitz Smlg. 1286 lautet nach
Durrbachs neuer lesung Bull, de corr. hell. X 435 Ed-vid-
Aovv : xo xoivov : EigaxXel. Der sechste buchstabe kann nach
Durrbach A oder J sein „on doit lire soit y Edviddovv, soit
'E&viddovv". Prellwitz zieht o. XIV 300 letztere lesung vor
und meint, dass i&vtddovv einem attischen i&vitov entspreche.
Aber das £ der verba auf itxo lautet thessalisch in dem ein-
zigen uns bisher bekannten beispiele h&qwviaaosv = eveqxivi&v
vielmehr oa, auch müsste die endung ja nach eben diesem
beispiele nicht ovv sondern oev heissen. Wollte man nach
Prellwitz scharfsinniger deutung von iddla dd in e&viddow
aus öj für gemeingriechisches dt erklären, so käme man viel-
mehr auf den ausgang -diwv und erhielte so ein verb fruiöioa).
Aber eine solche bildung wäre ganz unerhört. Auch fordert
%b %oivov eine nähere bestimmung, und die Verbindung von
koivov mit dem plural des verbs ist jedenfalls sehr ungewöhn-
lich; ich kenne nur ein beispiel 'ETreQwziovTi zb noivbv %wv ...
bleitäfelchen von Dodona Fleckeisens Jahrbb. XXIX s. 316.
Lesen wir, was uns nach Durrbach freisteht, den sechsten
buchstaben als A, so erhalten wir den satz: "E&v 'Idaovv to
xoivöv EiQaxXei. Das uoivdv ist das der y £ddoi = 'Idcuot. Ida
ist bekannter berg- und Ortsname, 'Idcfioi gab es am Ida in der
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Thessalisch e&v, e&voe. 291
Troas, und kann es sehr wohl auch in Thessalien gegeben
haben, um so eher, als l'drj ein altes appellativ in der bedeu-
tung „saltus" war.
Aber was ist adv? Das wort kann nur bedeuten „stiftete,
weihte'S also soviel als exhpte, ävexhpce. Dasselbe bedeutet
i'&vas auf der jedenfalls nach Thessalien gehörenden Kafiovv-
inschrift: Kd/uovv l'&vas tat KoQfai, wo die ableitung von &vco
unmöglich ist. Vielmehr verhält sich sdvas zu unserem l'dv,
wie scpvae zu ecpv. e&v ist aorist und gehört zu dem ursprüng-
lich aoristischem stamme 9ffa~, d-efe-, einer nebenform zu &rj y
welcher auch in e-&sav — efcfav, u-d-iaoi, &ofa-xog («ÄxSxog),
&eivai — &€f€vaii sowie im altlateinischen creduam (d. i. crtd-
dudtn) und im Sanskrit in dhüs der 3. pl. des aorists vorliegt
Noch reicher ist der stamm do/a-, dofe- von dio „geben" ent-
wickelt: a/rv-do'ag, di-doaoi, dofivai, lat. duint, adduis, lit.
daviaü „gab", s. aor. dtis und pf. daddu, dadvdms. Vgl. über
diese t?-bildung jetzt auch Bechtel in NGW. 1888 s. 409.
A. Fick.
Grundsprachliches m und n am wortende.
Wo am Schlüsse grundsprachlicher formen m und wo n
anzusetzen sei, ist eine noch offene frage, welche sehr ver-
schieden beantwortet worden ist. Um hier eine sichere ent-
Scheidung treffen zu können, haben wir die abweichende
behandlung des tönenden nasals am wortende in den verschie-
denen sprachen, insbesondere im Sanskrit (Arischen), Griechi-
schen und Gotischen (Germanischen) ins äuge zu fassen.
Es heisst im Sanskrit: im acc. sg. svdsäram pitdram, aber
ddga zehn; im Griechischen gleichmässig fdjavioQa naviga und
dixa, im Gotischen svistar fadar, aber weit abweichend taihun»
Da in g. taihun deutlich schliessendes n hervortritt, müssen
wir als gemeinsame grundform von s. ddga dha und g. taihun
grundsprachliches dg$$ mit tönendem n am Schlüsse ansetzen.
Dies ursprünglich schliessende y, wird im Sanskrit wie im
Griechischen den lautgesetzen dieser sprachen gemäss zum
nasalvocal ssk. a, griechisch a wie im ssk. gatd = h-xaxov;
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292 A. Fick
im Gotischen wird schliessendes # ebenso regelrecht zu un
wie im got. hund — e-xccTÖv =» 8. gatd — grundsprachlich
£Q,t6~.
Ganz anders als in de<w wird der grundsprachlich schlies-
sende nasal in s. svdsäram pitdram, naxiqa^ got. svistar fa-
dar behandelt Wir müssen daraus folgern, dass hier (in
s. svdsäram u. s. w.) ursprünglich ein anderer laut als # das
wort schloss, denn dass in 8. pitäram, natiqa, got. fadar ver-
schiedene bildungen vorlägen, wäre eine abenteuerliche annähme.
War in den angeführten akkusativen der ursprünglich auslau-
tende tönende nasal nicht q, so kann er nur ni gewesen sein,
es beruhen also die genannten formen auf wfaönji, pattryi.
Die behandlung dieses auslautenden yi ist nun wieder in
den drei sprachen ganz den lautgesetzen derselben gemäss. Im
Sanskrit muss der wi- laut am ende bleiben, und kann nicht
der nasalvocal a eintreten, weil im Arischen (im Sanskrit wie
im Zend) die vollen silben am ma gar nicht die Verkürzung zu
a erleiden, welche für an und na die regel ist. Dem wider-
sprechen bildungen wie gatd von gam, oder der acc. pl. vtfcas
keineswegs, denn vor dentalen und s verwandelt sich m zu-
nächst in w, es stehen also gatd, vacas nicht für giptd, vä'crps,
sondern für giQJtd (vgl. gdntave), vtfcQ&t wie auch got. fadruns
ganz regelrecht dem 8. pitr n (für pitfns) entspricht.
Das a in naxeQa für ursprüngliches pa&lrm entspricht
durchaus der sonstigen behandlung des m im Griechischen.
Hier wird nämlich und hier allein die vollsilbe mit fi (e/i, oft,
fis, fio) wenn sie den ton verliert, wie die vollsilbe mit v be-
handelt, also ebenfalls zum nasalvocal a: a-nhoog : lat. simplus,
aya- : fteya, a%Qi : fiixQi, äoxog : ftioxog u. s. w. sodass das a
in natiQct genau der laut ist, welcher als der reflex des grund-
sprachlich schliessenden yi nach den griechischen lautgesetzen
zu erwarten war.
Erkennt man im got. svistar die Vertretung des grund-
sprachlichen svhörrrtj so fugt sich die behandlung der ur-
sprünglich auslautenden vi und m im Gotischen einer einzigen
regel. -m und -71 sind nämlich bereits abgefallen, ehe noch
die sonstigen gesetze des auslauts eintraten, welche also erst
auf die nach einbusse des -m und -7/1 verbleibenden wort-
schlüsse eingewirkt haben (vgl. acc. sg. staina, wolafa auf
älteren runeninschriften B.). Dieser regel fügen sich sämmtliche
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Grundsprachliches m und n am wortende. 293
formen des akkusativs, als dessen zeichen wir ursprüngliches
-m, -w erkannt haben.
fish vaürd giba entstanden aus fiska vurda (vgl. horna in
der inschrift des goldnen horns B.) gtbö, diese aus fiskam vurdatn
gibdm, balg aus balgt : balgim, sunu aus sunum, während fafhu
— lat. pecu unverändert blieb. Der akk. guman geht auf
gumdn, und dies auf gumdnrji vgl. lat hetnönem zurück. Für
tugg&n hätte man hiernach tuggan erwartet, wenn man tuggdmp,
zu gründe legt, doch kann hier sehr wohl übertritt in die
j-weise stattgefunden haben: tuggönim. Svistar entspricht genau
dem s. svdsäram lat. sorörem, so dass svistar zunächst für
svistdr weiter für svistörni steht. Hiernach ist fadar behandelt:
pattrip, hätte fadir : fadr gegeben; man kann got. fadar auch
als reflex eines sehr wohl denkbaren vorgermanischen patfrqi
fassen. Got. ija „sie" ist — lat eam (gf. ej'dm), ß6 „die"
« 8. td'm; das neutrum hva „was" kann nur aus kam ent-
standen sein (wenn man nicht alten abfall von d annimmt,
also hva = qo-d B.).
Gegen -m als ausgang des akkusativs lässt sich im Goti-
schen nur der akkusativ der pronomina: ßana hvana, oder viel-
mehr eigentlich nur die herkömmliche deutung dieser form
geltend machen. Man erklärt, unter h inweis auf pata, pana
als entstanden aus ßan — xov 9 acc. auf n, und dem deikti-
schen S. Aber man kann got. hvana auch mit dem zend.
kimnd „wen denn" gleichsetzen, vgl. lat quem-nam; nach got
hvand-h wäre dann als grundform qom nö oder qom nä zu
denken, woraus qo nö (nä) und got hvana geworden wäre.
Andere werden vielleicht an den altpers. instrumental auf nä
in tya-nd, jedenfalls eine sehr alte bildung erinnern; die er-
weiterung durch ne } ne ist beim pronomen sehr beliebt, man
denke nur an got jains, z. cUnem = tiW, thessalisch ' o-ve y
To'-w, xet-vog, preuss. tans und anderes.
Durch vorgermanischen abfall von -m lässt sich auch der
genetiv des plurals got axäisne erklären. Hier ist mit Scherer
Zur geschichte d. deutsch, spräche* s. 207 von der volleren
form auszugehen, die so oft im Veda begegnet. Dass vedische
formen wie uk^ndam neben ukynä'm einen lebendigen grund
haben und nicht willkürliche „zerdehnungen" der dichter sind,
versteht sich von selbst: was würde man von einem deutschen
dichter halten, der uns ochseen im anmuthigen Wechsel mit
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294 A. Bezzenberger
ochsen vorführte. Denkt man sich ved. uksnäatn als ursprüng-
liches uksneom, so würde hieraus regelrecht got. aulisne hervor-
gehen; das schliessende 6 in tuggönö wäre dann aus dorn ent-
standen.
Sskr. d'sam „ich war" ist nach dem vorstehenden der ge-
setzliche Vertreter von ya, dessen a natürlich mit dem a in
Sag, lat. er äs, s. d'sis nichts zu thun hat. S. d'sam wie rja
beruhen auf esrp, mit tönendem m; diese form trat ursprünglich
nur vor folgenden consonanten ein, vor vocal hiess es ösqi =
ijv. Ebenso verhalten sich s. bhäreyam d. i. bharaiyip, und das
attische cpegoiv, dagegen wird man altpersisch dha „sie waren"
wohl nicht als dsq denken und zum dorischen tjv = rjov „sie
waren" stellen dürfen, sondern vielmehr dem s. d'san gleich-
setzen müssen.
Breslau. A. Fick.
Zur lettischen declination.
1. Die locative kani^ tani, schini, schani.
Von den in der Überschrift aufgeführten formen kommen
mehrere bereits im 17. Jahrhundert vor: fchinny Paffaideh „auf
dieser weit" Mancelius Postille, 3. ausgäbe, I 7; „Es ist bey
denen Letten ein Ablativus localis, so zu nennen, und heij&et
hier beim Articulo sing. Tawwy, plur. Tannyms" Dressell Anleitung,
Riga 1685, 8. 5, fchynny (masc.) das. s. 13; tanni (femin.),
fchinni (masc. und femin.), fchanni (femin.) Adolphi Anleitung,
Mitau 1685, s. 44 ff. Gleichzeitig mit diesen erscheinen die
locative tammi, fchimmi (Adolphi S. 44 f.) und zwar beide nur
masculinisch gebraucht und ohne dass ein schami daneben zu
belegen wäre. Diese Verhältnisse sowie die beispiellosigkeit des
Überganges von intervokalischem m in n im Lettischen machen
es unmöglich, in tarnt, schimi (mit unursprünglicher dehnung
des auslauts nach der analogie andrer locative) = lit. tatnq,
szimq (vgl. o. X 312, J. Schmidt KZs. XXVII 385) die grund-
lage von tani, schini, schani zu sehen. Ebensowenig verhelfen
apr. tans (accus, tennan) oder lit. szinai, lett. schenene zu ihrer
erklärung. Wenn Brückner Archiv f. slav. philologie III 283
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Zur lettischen declination. 295
tani in tan = ta+n(a) (vgl. dran) +1 zerlegt, welches letztere
den persönlichen fürwörtern entnommen sein könne, so ist das
eine seiner dutzenderklärungen, mit denen wissenschaftlich nicht
zu rechnen ist. Sie erledigt sich übrigens sehr einfach schon da-
durch, dass das Personalpronomen im Lettischen sonst auf die
declination der unpersönlichen pronomina nicht eingewirkt hat.
Und wenn endlich Leskien Die declination im Slav.-Lit. und Ger-
man. s. 118 in tani eine abkürzung von *tanije sieht, „gebildet
wie die locativformen der persönlichen pronomina nach der ana-
logie der nominalen t-stämme", so ist er die erklärung von
tan- schuldig geblieben und hat übersehen, dass nach ausweis
von hochlett. kimä, szymä, tymd für einen Letten in dem
betr. falle die analogie der ä-stämme wohl näher gelegen hätte,
als diejenige der «-stamme.
Ich erkläre kani, tan{, schini, schani (das Adolphi, wohlge-
merkt! ebenso wie schanis[&. u.] nur als femin. auffuhrt) nach dem
vorbild von umbr. Akeruniam-em, anglom-e, osk. censtom-en, lit.
tüsq, wilkäsq (Mahlow Die langen vocale s. 124fr, J. Schmidt
a. a. o. 8. 307) und führe sie also zurück auf kan, tan, schin, schan,
accus, sing. (=- lit. kan, tan, szin o. VII 164 f., sziq, apr. schan)
+ *en (vgl. lett. l-kschä, o. IX 334). Indem diese Verbindungen
— mit welchen man lehkd nelajmi u. a., Lett. dialektstudien
8. 34 anm. 3 u. dgl. und die im preuss. Nordlitauen übliche
Vertretung des locativs durch j c. accus, vergleichen wolle —
schon frühzeitig fest zusammenwuchsen, wurde der damals noch
bestehende accusativische nasal intervocalisch , und in folge
dessen wurden kan, tan (bez. tän), schin, schan (bez. schän) in
diesen ihren altertümlichen formen erhalten; zugleich bewirkte
diese feste Vereinigung, dass *en seinen eigenton verlor, worauf
es zu i werden musste (vgl. fali =- lit. zölq; mani = lat. man\).
Dies i wurde nachmals gedehnt (vgl. o. tarnt, schimi). Wir
haben also in kanl, tani, schini, schani die singularischen gegen-
stücke zu lit. tüsq, wilkäsq (s. o.), lett. tös, tvi'lküs. Dass nicht
auch in diesen lett. formen — deren ü verlust eines auslau-
tenden vocales beweist — i erhalten, bez. gedehnt ist, kommt
wohl daher, dass dasselbe hier durch analogien weniger ge-
schützt war. Uebrigens sehe ich nichts, was uns hindern
könnte, z. b. tan wackarran (Lit u. lett. drucke II s. VII, vgl.
die anmerkung zu 1, 28 der „Vndeudschen psalmen"), pirman-
kdrtan, pattaban, äran u. s. w. auf tani tcakarani (vgl. z. b.
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296 A. Bezzenberger
lit. täsq daiktüsq), pirtnani-kdrtani, patlabam (sc. laiku), ärani
u. 8. w. zurückzuführen. — Was das feminin, schini betrifft,
so hat diese form in hinblick auf gen. sg., nom. acc. plur. fem-
schis, dat. plur. fem. schim (alle vier formen bereits bei Dressell,
die drei ersten auch bei Adolphi) nichts verwunderliches.
Wegen des kurzen vocals in den femin. tan{, schini, schani
vgl. lit. tan, szin (femin.) o. VII 164 f.; er wird hier wie dort
aus den mascul. tan, szin eingedrungen sein.
Dass die pluralformen tanis, schinis, schanis neubildungen
von tani, schini, schani aus sind, haben Leskien und Brück-
ner bereits erkannt.
Betreffs der mit dem vorstehenden zusammenhängenden
frage,- ob m oder n als die grundsprachliche endung des accus,
sing, anzusetzen sei, beschränke ich mich hier darauf, zu consta-
tieren, dass wir als endung dieses casus in den „eistischen" l )
sprachen, wie im Altirischen und bei vocalisch auslautenden
stammen auch im Griechischen, — von sandhistörungen abge-
sehen — ausschliesslich n kennen.
IL Einige vocativformen.
P&nini lehrt einerseits, dass der vocativ immer den acut
auf der ersten silbe habe (VI, 1, 198), andrerseits, dass —
unbeschadet dieser accentuation (VIII, 2, 1) — der auslaut
eines am satzende stehenden vocativs gedehnt und mit acut
ausgesprochen werde bei der erwiderung eines grusses, ausser
wenn diese an einen güdra gerichtet sei (VIII, 2, 83), und
beim ruf aus der ferne (VIII, 2, 84), dass ferner die endsilbe
eines bei einer drohung wiederholten vocativs plutiert werde
(VIII, 2, 95) und dass die des ersten von zwei gleichlautenden
vocativen am anfange eines Satzes pluta und svarita sei, wenn
neid, lob, ärger oder tadel ausgesprochen werde (VIII, 2, 103).
Genaueres hierüber bei Böhtlingk Ein erster versuch über
den accent im Sanskrit s. 48 f. Dass vocative auf a von ä-
stämmen in den veden vorkommen, ist bekannt; auch den
brähmaiias sind sie, wie Kiel hörn mir schreibt, nicht fremd.
Ueber ihr vorkommen im Pili, Avestischen und Altpersischen
8. E. Kuhn Beiträge zur P&li-grammatik 8. 71, Bartholomae
*) Diese benennung der litauisch-lettisch-preussischen sprachgruppe
ist vor Müllenhoff Altertumskunde II 11 schon von Neu mann Neue
preuss. prov.-blätter, andere folge, VI 871 anm. vorgeschlagen.
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Zur lettischen declination. 297
Handbuch s. 94. Sie für unursprünglich zu halten liegt nicht
der mindeste grund vor.
Ah grundsprachliche form eines arischen vocativs *virä
oder *d£vä (von vlrd, devd) lässt sich nur bez. mrd deivd auf-
stellen. Diese bildung finde ich auf europäischer seite wieder
in den lett. masculin. vocativen auf -w, -ö wie boisu (Magazin
der lett-liter. gesellschaft XIV, 2, 204 no. 157 1 )), dltou, zlnigö,
über welche ich mir Lett. dialektstudien 8. 158 f. noch nicht
klar war. Den ersten nachweis solcher formen — die vielleicht
schon in den ältesten lettischen drucken vorkommen, vgl. die
anmerkung zu 5, 5 der „Vndeudschen psalmen" — verdanken
wir Bielenstein Lett. spräche 88. 9, 11, 59 f.; die von ihm
daselbst versuchte erklärung derselben hat er mittlerweile wohl
aufgegeben, und sie ist auf keinen fall aufrecht zu erhalten.
Von den erwähnten lettischen vocativendungen gehört die
erste, -w, der unbestimmten, die zweite, -ö, der bestimmten
declination an. Sie verhalten sich also der hauptsache nach
zu einander, wie acc. sing., gen. plur. masc. griku (subst) zu
acc. sg., gen. plur. masc. labü (bestimmt, adject.). Wie hier
nun labü hinsichtlich seines auslautes altertümlicher ist als
grtku, so ist in derselben hinsieht der vocativ zlnigö altertüm-
licher als das ihm entsprechende dltvu. Das letztere ist nach
einem lettischen auslautsgesetze aus *diwÖ verkürzt (vgl. o.
IX 248 f. ')) ; das erstere verdankt die erhaltung des ö — grund-
sprachl. 6 dem umstände, dass es bei eintritt jenes gesetzes
nicht auf Ö endigte, sondern um eine endsilbe reicher war.
Dass diese silbe ju lautete, ergibt sich aus labbdju kumelimi
Bielenstein a. a. o. II 59, in welchem man aber nicht die
Vorstufe des vocativs *labö sehen darf, da, wie Leskien richtig
erkannt hat (a. a. o. s. 136), für die lett. bestimmte adjeetiv-
declination die allgemeine regel gilt, dass „das angefügte pro-
1 ) Nach Karmin ist bois mascul. (gen. botsa). *) Ein dort nicht
erwähnter moderner ablativ ist munu in munu däi „meinetwegen" (con-
cessiv), wie man nach herrn Kau Hb in Sanssen und Fehteln neben und
im gegensatz zu muini» däi „in meinem interesse" sagt. Einige alte
ablativformen s. in der anmerkung zu 18,24 der „Vndeudschen psalmen".
Aus Mancelius' postille lassen sich sehr viele nachweisen; so steht da-
selbst, 8. ausgäbe, I 6 dicht hinter kad tu dfirrdi no tha Kungha JJfyu
e
Chrifti Nabbadftbas runajam : tahdas Nabbadßba» deht nhe buhs tote no
to Kunghu JJifu raujlüee$.
Beiträge f. künde d. indff. sprachen. XV. 20
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298 A. Bezzenberger
nomen jedesmal abgeworfen, also nur noch an der quantitat
(länge oder diphthong) der jetzt auslautenden, einst inlautenden
silbe wahrnehmbar ist". *labö beruht demnach auf *laböju,
und das obige labdju ist eine ebensolche neubildung wie der
acc. sing, saläju, der gen. plur. sikdju u. 8. w.
Beachtung verdient ausser der form auch die betonung
von zlnigö. Ich zweifle nicht, dass wir seinen geschliffenen
auslaut als grundsprachlich anzunehmen haben, und es ist
wohl kein zufall, dass die griechische vocativparticel w den
dazu stimmenden circumflex trägt.
Fassen wir nunmehr die grundsprachlichen vocative auf -e
in das äuge, so ist es durch den vorstehenden nachweis wohl
noch einleuchtender geworden, als es bereits gewesen sein mag,
dass nicht ved. diva, gr. adshpe u. s. w. deren grundsprach-
liehe betonung erhalten haben, sondern lit d$vi (woneben aber
auch deve vorkommt, das ich von Kurschat selbst in dessen
predigten gehört habe; vgl. Beiträge z. gesch. d. lit spräche
s. 123). Wie aber verhielten sich die grundsprachlichen voca-
tive vir 6 und vird (bez. viri) begrifflich zu einander? Die
oben angeführten lehren P&ninis und ihre erläuterungen legen
die Vermutung nahe, dass die erste form dem ruf in die ferne,
der feierlichen oder nachdrücklichen anspräche, die letztere
dem kurzen anruf, der geringschätzigen anrede diente. Im
laufe der zeit mögen die functionellen schranken zwischen
beiden formationen verwischt sein, und indem der hauptton
der so zu sagen vornehmeren, höflicheren form durchgeführt,
bez. bevorzugt wurde, mögen diva, ädelye u. s. w. ihre vom
lautlichen Standpunkte aus unbegreifliche betonung erhalten
haben. Ist dies richtig, so haben y£Qcui y vU die grundsprach-
liche endbetonung bewahrt, und das verhältniss von altind. ägne,
sa'no zu gr. \n7tev, Arpoi (vgl. Prellwitz Gott. gel. anz.
1886 s. 767), lit. nakt%, sünaü ist an sich klar.
Neben vocativen wie *irtru kennt das Lettische auch solche
wie *uftri (Bielenstein a. a. o. II 9). Dass ihr -t möglicher-
weise Umwandlung von -e sei, will ich nicht verreden, aber es
gibt auch noch andere möglichkeiten, sie zu erklären, und von
diesen möchte ich die nächstliegende hier zur spräche bringen.
Es ist nämlich nichts weniger als undenkbar, dass diese voca-
tive den litauischen auf -ai (bez. -ei) entsprechen: wiji « v$jei
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Zur lettischen declination. 299
Leskien-Brugman Lit Volkslieder u. 8. w. 8. 169 z. 12 v. o.
J. Schmidt, welcher KZs. XXVII 381 anui. „tevai u. dergl.
für den voc. nicht von tevas sondern von teväitis Väterchen
hält, welcher ausser dem i auch noch das t verloren habe" —
was, wenn richtig, freilich die gleichsetzung von wöji und vHJei
ausschliessen würde — hat 1) versäumt, ein lit teväitis nachzu-
weisen (über dessen bedenklichkeit s. u. a. Eurschat Lit gramm.
§ 358), 2) nicht bedacht, dass das fehlen von feminin, voca-
tiven auf -ai gegen seine o. angeführte erklärung vielleicht noch
lauter spricht, als gegen die von ihm ebenda bestrittene (denn
weshalb wäre wohl, wie von dem unlitauischen * teväitis tevai,
nicht von dem regelrechteren mergaite [o. s. \4\)*mirgai gebildet?),
3) übersehen, dass einerseits die endung -äitis mehr nord-
litauisch ist und im Südlitauischen — ich habe hier nur das
preuss. Litauen im äuge — durch -ätis vertreten zu werden
pflegt (s. Eurschat a. a. o. §§ 358, 365; ich kann zahlreiche
belege für die richtigkeit dieser beobachtung geben), andrer-
seits die betr. locative gerade in Südlitauen durchweg auf -ai
endigen (auch dafür habe ich viele belege zur band), wofür im
grösseren teile Nordlitauens -ö (bez. ä) zu erwarten ist — Was
er gegen die Verbindung des vocat. tiSvai mit den arischen
femin. vocat. auf -e sagt, ist auch nicht stichhaltig, denn
1) lehrt die dualform ranlA mit ihrem früher gestossenen ton
(vgl. ger$ji-dvi Eurschat a. a. o. § 942) keineswegs, „dass
ein weiblicher vocativ auf skr. -€ im Litauischen nur -t, nicht
-ai als endung haben könnte", und 2) sind die angeblich
spurlos verschwundenen vocative auf -ai von femin. d-stämmen
vielleicht in den livländischen vocativen äiti, mdsi (Bielen-
stein a. a. o. II 10) zu erkennen. Immerhin aber ist, wie ich
gern zugebe, die Verbindung der vocative ttvai und altind.
kdnye unsicher.
III. Die Oberbartauer dative auf i.
In dem im südwestlichsten teile Kurlands gelegnen Ober-
bartau und dem hieran stossenden kleinen gebiete Leitischen
(vgl. Ueber die spräche d. preuss. Letten s. 1 15) erscheint statt
der femin. dativendungen -di, -ii -I 1 ) ausser in der decli-
1 ) Vgl. meine mitteilungen in Ueber die spräche der preuss. Letten
s. 121 f. Von z. b. rüka kann ich ausser rüki ans Oberbartau folgende
20*
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300 A. Bezzenberger
nation der bestimmten adjectiva, des pronomens tos und ver-
mutlich der reflexiven nomina auf -schands 1 ). Ich gebe hier-
für folgende belege, die ich, soweit nicht das gegenteil vermerkt
ist, der gute des lehrers heim Bergmann in Oberbartau ver-
danke:
A. tdi ktddi (der stumpfen) adati, tdi strupdi asti, tdi
hüddi awi*), azi, tdi apaidi düfi, tdi gardi egli, tdi plcUdi
jüsti, kdji, tdi schdurdi Idipi, m&ti, tdi resndi miiti, tdi
plakandi pusi, rüki (nicht räki), si'rdi, tddi druwi daudf
gräwju wdig, tddi miiti wdidßtu labi mdziti büt, zepuri,
tdi trekndi züki, tdi llsdi gali, stirna ir sawi göii sunas
atkasusi, tdi pirmdi fini wH newar isti tizit; dafchi labi
mätes miiti Latweeschu tautas dfeesmas, Leipzig 1874, 1875,
no. 791, 4107, mdmuUti das. no. 804, bititi das. no. 821,
kö atnesi mdmuUti? kur mdmini schütas ku'rpes das. no. 845,
tdi mdsini das. no. 856, wlni mdsi das. no. 892 s ); endlich:
ne&t&pu sweschi mdti
dinas, naktes strddddama!
sauf mdmini es tiapu
skdidu Idipi Inesusi (von mir in Oberbartau gehört).
B. apaidi, gardi, küddi, kuldi, llsdi, pirmdi, pla-
kandi, platdi, resndi, schdurdi, trekndi, tdi, tdi Ötrdi
(accus, tö Öträ, genit. tds Ötrds).
Die unter B aufgeführten formen sind — von unwesent-
lichem abgesehen — allgemein -lettisch und haben nirgends
nebenformen auf -I zur seite; die unter A nachgewiesenen da-
gegen sind mit nur einer sicheren ausnähme dem gesammten
übrigen Lettisch fremd, und ihr I wird hier — wiederum
unwesentliches abgerechnet — durchweg durch di, also die
endung von tdi, apaidi u. s. w. vertreten. Die erwähnte aus-
nähme ist räki in den festen Wendungen pa rÜki, pa labi rüki,
pa kriisi rüki (Bielen stein a. a. o. II 297, 299; mir um
flexionsformen belegen: Bing. acc. räku, genit. rükas, locat. räkd; plur.
gen. rüku, locat. rükds.
*) Möglicherweise sind solche dative auf t in den ältesten lett.
drucken anzunehmen, vgl. die anmerkung zu 54, 21 der „Vndeudschen
psalmen" (wo Nieder- Bartau unrichtig) und z. b. fchay lele ßetUjlxbe
das. 51, 8. *) Die t-declination ist in der betr. gegend in der «-decli-
nation aufgegangen. *) mätei das. no. 871 ist dialektwidrige, schrift-
sprachliche form.
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Zur lettischen declination. 301
Doblen vorgekommen), während der dativ von räka im freien
gebrauch überall der grammatischen analogie folgt (also schrift-
leti räkdi). Ob dem pa räki die Verbindungen pa krlwiski,
pa lattmski, pa wäziski gleichzustellen sind, ist zweifelhaft,
ebenso , ob mit den Oberbartauer dativen adati, awi u. 8, w.
die dative schi (so in Oberbartau und sonst; schon Adolphi
a. a. o. s. 46 fuhrt schi [so!] neben schai auf) und mani, tewi,
sem in Verbindung gebracht werden dürfen 1 ). Denn die her-
kunft von schi ist wegen schts, schim u. s. w. unbestimmbar, und
auf mani (das Bielen stein a. a. o. II 83 in Volksliedern aus
Zirau und Dferwen, Mefoten und Switten, Angermünde nach-
weist), tewi, sewi haben altlit mani, tavi, savi viel älteren an-
sprach als mdnei (Leskien-Brugman a. a. o. s. 49 no. 83,
Strophe 2). Das manei Schleichers (Grammatik s. 216) beruht
auf einem missverständniss; Dowkonts grammatik lehrt, dass
das mqnej seiner 10. daina für rnqnqj (bez. mqnfj) steht, und
diess lässt sich nach Schleichers orthographischen regeln nur
mit mqne (=» mdnie Eurschat Gramm. § 847?) wiedergeben.
Gesprochen lautet es etwa mäni*.
Dass die dative räki und räkdi ursprünglich verschiedene for-
men seien, dass etwa räki griech. locativen auf -ot (Benfey Orient
u. oeeid. II 656, G. Meyer Griech. gramm.' § 351; über xotfiai
s. V. Henry Memoires de la societe de linguist. VI 95), räkdi
dem griech. dativ auf $ entspreche, lässt sich weder beweisen
(s. das unten über die behandlung von auslautendem ai und ai
im Lettischen gesagte), noch — da das Lettische in dem
locativ seiner a- und «-declination bereits eine alte locativ-
bildung dieser declinationen bewahrt hat — wahrscheinlich
machen, noch überhaupt annehmen. Denn die sonstige Stel-
lung der unbestimmten zu der bestimmten adjeetivdeclination
zwingt, in dem -ai von apaidi, gar dt u. s. w. (s. o. unter B)
die nächste Vorstufe des 4 von dafchi, labt u. s. w. (s. o. unter
A) zu sehen, und wie ihr *, so ist natürlich auch das von räki
u. 8. w. aus -ai entstanden. Aber ist es nun denkbar, dass
sich -ai (bez. -ei) im dat. sing. fem. teils erhalten habe, teils
zu i geworden sei? Ehe diese frage beantwortet wird, muss
*) Ueber sfrdi für si'rdi, sfrdjj 8. Bielen stein a. a. o. II 48. Zu
si'rdi, ri'rdij vgl. lit urießpatii, wiefzpdti, wießpat Beitrage z. gesch. d.
lit spräche s. 127, Lit. n. lett. drucke IV s. XLI.
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302 A. Bezzenberger
die behandlang von altem -ai und -äi im lettischen auslaut in
betracbt gezogen werden.
1) altind. dv4, dut f lat. duae, grundform dual : lit dvi, lett
diwi (vgl Brugman KZs. XXVII 200 f.);
2) altind. dgve u. s. w., vocat sing., grundform dgvai : lit
Und, lett diH (? s. o. s. 299);
3) lit kra8ztar, tUtai, rugef, nom. plur. msc. (-ai [-ei] nach
J. Schmidt Die pluralbildungen der indogerm. neutra ss. 41,
231 aus -a-i bez. -tä-t-), — lett krasti, tüti, rudfl;
4) lit dugai, prataf, biref (-ai [-ei] aus -äi [-iäri], vgl.
HI sg, plur. -o, I plur. -o-me, TL plur. -o4e) — lett dugi,
prati, bSri;
5) lit labaT, säldzei und saldzef, meiüngai, wisdi, adverb.
(Vermutungen über das -ai bei J oh. Schmidt a. a. o. s. 228):
lett. labi, sa'ldi, mttigi, wisdi (vgl. tdddi, nekdddi, tikdi, wislabti
Bielenstein a. a. o. II 269) *).
Die unter 1)— 4) in betracht gezogenen lett formen haben
keine nebenformen auf -ai zur seite, und es sind also nur
einige adverbia, welche die gleichmäßige zurückfuhrung von r&ki
und rükdi auf rankäi — so ist, abgesehen vom accent, die
grundform dieser dative zweifellos anzusetzen, vgl. lit ränkai,
russ. ruk&, griech. %i^ u. s. w. — zu rechtfertigen scheinen.
Indessen bei genauerem zusehen verlieren wisdi, tdddi u. 8. w.
ihre beweiskraft, denn wisdi lässt sich bis auf weiteres von
lit. visdi nicht trennen, und dessen ai ist nach ausweis seines
gestossenen tones keine ursprüngliche endung. Wie es zu er-
klären ist, weiss ich freilich nicht
Wollte man hiernach noch die gleichaltrigkeit von räki
*) Von ltdja Latweeschu tautas dfeesmas no. 921, Tautas dfeesmas
Balasitas Wentas krastos Leischmalö, Leepaja 1876, no. 9, 60, 61, Ueber
die spräche d. preuss. Letten 8. 45 ist hier abzusehen, da es nicht dem
lit lygei entspricht (das sich vielmehr mit lidfi Bielenstein a. a. o.
II 271 deckt), sondern locat. sing, ist (vgl. lidfti, IMf* and Udfd$ Bie-
lenstein a. a. o.). — Ebensowenig kommen hier kd „wie", td „eo" in
betracht; wenn aber lit. kai, tal aus Ä5-t, tä-i entstanden sind (Joh.
Schmidt a. a. o. s. 228), so enthalten diese vielleicht lett. hd> td als
ersten bestand teil. Der gestossene ton dieser einsilbigen Wörter würde
gegen diese Vermutung nicht unbedingt sprechen (vgl. jü). Uebrigens
begegnen auch kdi „wie" und toi (tdi) „so" im Lettischen (Lett. dialekt-
stud. ss. 17 ff., 87, Kurmin Siownik unter jak, tak), vielleicht jedoch
nur als lituanismen.
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Zur lettischen declination. 303
und rtikdi behaupten, so müsste man schon, mit berufung auf
den gegensatz tdi — rüki, annehmen, dass der dativ sing, der
mehrsilbigen ö- und ^-stamme im Lettischen früher teils auf der
endung, teils auf einer dieser vorangehenden silbe betont ge-
wesen sei, dass im ersteren falle -at (bez. -äi) geblieben, im
letzteren dagegen zu -t geworden sei, und dass sich durch
local verschiedene benutzung dieser beiden endungen dann das
verhältniss zwischen der Oberbartau-Leitischener mundart und
dem übrigen Lettisch herausgebildet habe, welches o. s. 300
festgestellt ist. Ein sachliches bedenken spricht gegen eine
solche annähme nicht, denn die gleichmässige betonung von
lit tnhrgai, ränkai, pdbaigai, gtraijei, sukanczei, sükusei (anal
katraf, kuref kommen kaum in betracht) ist zweifellos unur-
sprünglich; vgl. russ. rutä — sil£, griech. Tipi}, äyvitf — x°>Q<ft
altind. svapatyäi^ devyäi — vigpdtniäi. Allein trotzdem versagt
dieser aus weg, da der scharfe und unzweideutige gegensatz
zwischen tdi und allen nicht durch besondere bedingungen ge-
schützten dativen sg. fem., also zwischen tdi und adati, asti,
räki, labi, mdzüi u. 8. w., welchen wir in Oberbartau und Leiti-
schen fanden, und der lediglich als ein gegensatz zwischen heute
betonten und unbetonten flexionssilben erscheint, mit notwen-
digkeit die heutige anfangsbetonung des Lettischen voraussetzt 1 ).
Nur unter dieser Voraussetzung verstehen wir, weshalb es in
Oberbartau nicht ti statt tdi heisst, und weshalb es hier nicht
auch dative wie rükdi gibt.
Was die schriftlett. dative rükdi, egUi u. 8. w. betrifft, so
folgt aus dem vorstehenden unab weislich, dass sie weniger
ursprünglich als räki, egli u. s. w. und an stelle derselben ge-
treten sind. Sie sind angleichungen an tdi, läbdi (bestimmte
declination) u. s. w. Die umgekehrte angleichung erscheint in
pa labi r&ki, pa krüsi rtiki, die nach ausweis von pa labü
r&ku, pa kriisü ruh* (so in Oberbartau auf die frage wohin?
neben pa labi, kriisi räki auf die frage wo?) für pa labdi,
kriisdi rtiki stehen. Man wird annehmen dürfen, dass für die
letztere entwicklung das feste pa rüki (z. b. in td iskapte neu?
man pa rtiki) von bestimmender bedeutung war, und dass sich
l ) Folglich sind auch prati (II. praet.) = lit. pratai, alus (gen. 8g.)
~= lit alaüs, dfaou (vocat.) = *d%wö (o. s. 297) n. b. w. jünger, als die
einfuhrung der anfangsbetonung.
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304 E. F. Johansson
r&ki in dieser wendung erhielt, weil es hier einer Verbindung
mit täi, labdi u. 8. w. nicht ausgesetzt war.
Ich will schliesslich darauf hinweisen, dass die declination
von tos, bez. schis und die der bestimmten adjectiva nicht nur
in dem besprochenen fall entstellungen alter flexionsformen be-
wirkt haben; vgl. toueffo Kungo in den „Vndeudschen psalmen"
(anm. zu 54, 8. 9 der ausgäbe), to wihro „den kerl", „derer
kerl", tohfs szehtvos „die weiber" (acc. pl., aber tahps szehwafs
nom. pl.) (Rehehusen Manuductio, Riga 1644), muhso, juhso
„unser, euer" (daneben muhsu, juhsu; Adolphi a. a. o. s. 43),
wiero „der männer", seewo „derer weiber", rudfo-pälawas jtb
aufo „roggen- oder haberkaff" (Dressell a. a. o. s. 6 f., Zehen
gespräche [Riga 1685] s. 29). Freilich waren dies nur fehler,
welche Deutsche in die lettische spräche hineintrugen, aber sie
zeigen doch, wie nahe angleichungen der besprochenen art
lagen. Selbst Mancelius hat sich von unformen wie muhsso
„unser", däbbässo „des himmels" nicht freigehalten.
A. Bezzenberger.
Morphologische Studien.
II.
Ehe ich weiter gehe, muss ich gewisse ablautserscheinungen
berühren *).
Brugmann sagt Grundriss I p. 246 f.: „unter ablaut oder
vocalabstufung verstehen wir solche quantitative, qualitative
und accentuelle differenzen des sonantischen elementes einer
wurzel oder suffix-ailbe, die nicht durch lautgesetze, welche zur
zeit der einzelentwickelung der idg. sprachen wirkten, hervor-
gerufen sind, sondern entweder direct oder indirect in bereits
uridg. Verschiedenheiten wurzeln". Ich meine zwar, dass wir
innerhalb einer spräche (oder eines dialectes) jeden Wechsel
*) Hier kann ich nur zerstreute andeutungen geben. Ich habe die
hier zu behandelnden erscheinungen bereits in meiner abhandlang De
derivatie verbis contractis linguae graecae quaestiones, Upsala universiteta
irsskrift 1886, p. 89 ff., ebenso BB. XIII 113 ff. berührt und hoffe meine
ansieht durch ausführliche beispielsammlungen bald näher zu begründen.
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Morphologische Studien. II. 305
von vocalen, in welcher zeit und aus welchen Ursachen er auch
entstanden ist, ablaut nennen können (besonders, wenn die
verschiedenen vocale einer verwandten wort- oder suffix-gruppe
ihren bestimmten sitz haben, d. h. eine gewisse function tragen).
Z. b. wie binden — band — bände — gebunden ablaut ist, so ist
im Lat, Video : vidi — ganz abgesehen davon, welchen Ursprung
i im vidi hat — ein ablaut, insofern sich ein gefuhl heraus gebil-
det hat, welches das perfect von dem praesens durch einen langen
vocal unterscheidet, was in gewissen fällen regel ist (scabo —
scübi, ägo — 2gi, sedeo — ssdi u. s. w.). Von dieser anschauungs-
weise aus will ich jeden vocalischen unterschied innerhalb einer
Sprache oder einer sprachgruppe als eines ganzen — d. h. hier
sofern sie gemeinsame entwickelung aufweist — ablaut nennen.
Und dieser ablaut kann entweder ererbt sein, oder innerhalb
der einzelentwickelung entstanden. Wollen wir nun die ablauts-
erscheinungen der idg. sprachen einheitlich betrachten, so müssen
wir einen dementsprechenden Ursprung, d. h. ererbung aus
einem einheitlichen zustande annehmen. Und die Brug-
mann'sche definition wird in diesem punkte stichhaltig sein.
Aber wie wir den ablaut in einer beliebigen neueren spräche
auffassen, müssen wir ihn auch für das Idg. auffassen. Ab-
laut ist sonach jeder Wechsel der sonantischen ele-
mente in einer verwandten wort- oder suffix-gruppe
auf welche weise er auch in der idg. gemeinschaft
entstanden ist. Wir mögen demnach für diese zeit ablaut
nennen sowohl den Wechsel, der durch mechanische lautgesetze
entstanden ist, als den, welcher durch associationen hervor-
gerufen ist. Wir können demnach gewissermassen ei:ey, 9 so-
fern dies in einer deutlich verwandten gruppe wiederkehrt
(wurzelvariation z. b.: schw. rem < *rat"-w-, ahd. riumo <
*ret*-t»-) ablaut nennen. Ist dies der fall, dann können wir
um so viel mehr den Brugmann'schen worten p. 249 bei-
stimmen, wo er auf ein ganz durchgeführtes System der ablauts-
reihen verzichtet. — In bezug auf die ablautwirkenden factoren
hat man folgende grössere gesichtspunkte aufgedeckt und ver-
wertet: 1. der qualitative ablaut beruht wahrscheinlich auf
musicalischen tonverhältnissen; 2. der quantitative oder
reductions-ablaut auf exspiratorischen accentverhältnispen
(tonstärke). Diese beiden gesetze haben sich natürlich gekreuzt
und eine grosse menge von stufen hervorgerufen. Nun muss
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306 E. F. Johansson
man aber folgende gesichtspunkte einräumen: 3. andere laut-
gesetze (auch solche, welche man vielleicht erst noch ent-
deckt), die einfluss auf die vocale gehabt haben können; 4. die
analog ie. Und die analogische ein Wirkung kann sowohl
a) yon verschiedenen satzworten, die zu einer gewissen zeit für
das bewusstsein als zusammengehörige serie gefühlt worden
sind (vgl. cap. I, wo ich hervorhob, wie anfangs eigentlich ver-
schiedene Wörter oder formen das paradigma gebildet haben)
ausgegangen sein, als b) von einer schon wechselnden serie,
auf welche weise auch dieser Wechsel entstanden ist
Wenn nun in den idg. sprachen in einer gruppe von zu-
sammengehörigen Wörtern ein Wechsel vorliegt, der nicht in
die einzelnen sprachen verlegt werden kann, so haben wir das
recht diesen Wechsel als idg. ablaut zu bezeichnen, sei es, dass
er durch tonhöhe oder tonstärke — zumal in verschiedenen
Perioden — , oder durch andere lautgesetzliche einwirkungen
oder auf analogischem wege geschaffen ist. Ich will besonders
hervorgehoben haben, dass diese betrachtungsweise, wie sie auf
heutige sprachen angewendet wird, notwendigerweise auch auf
die idg. Ursprache als einheit übertragen werden muss. Es
ist demnach unmöglich nur eine gewisse zahl von ablaute-
reihen für das Idg. aufzustellen, wie auch zu erwarten, dass
eine gruppe notwendigerweise alle stufen, die man theoretisch
anerkennen oder in gewissen Serien tatsächlich belegen kann,
aufweisen muss.
Wenn also in den idg. sprachen in derselben wurzel-
oder suffix-silbe entweder in derselben oder in verschiedenen
sprachen ein vocalwechsel vorkommt, der, so weit wir jetzt
urteilen können, nicht durch einzelsprachliche neuschöpfungen
hervorgerufen ist, so sind wir berechtigt, diesen Wechsel als
einen idg. ablaut zu charakterisieren.
Hier kann ich, wie gesagt ist, nur einige zerstreute andeu-
tungen geben.
1. In bezug auf den qualitativen ablaut. Es ist wohl
glaublich aber nichts weniger als ausgemacht, dass der ablaut
e : o, e : ö, ä : ö auf musicalischen accentverhältnissen beruht,
und so lasse ich dies auf sich beruhen. Eine andere frage ist,
ob ein ä und ä in den £» und e-serien als ablaut gesichert
werden kann. Dass ä in der «-serie auftreten kann, ist von
Fick und Bremer behauptet. Wiewohl es nicht ausgemacht
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Morphologische Studien. IL 307
ist, dass wir diesen ablaut als einen quantitativen aufzufassen
haben — , wenigstens erscheinen mir die ausfuhrungen Bre-
mens nicht stichhaltig — , so glaube ich doch, dass wir ä in
der e-serie einführen müssen, obwohl ich die Ursachen durch-
aus nicht ermittelt ansehen kann. Möglicherweise beruht dieser
ablaut entweder auf tonhöhe oder auf analogie (beispiele bei
Fick GGA. 1881, 1425 ff., Bremer P.-B. B. XI 262 ff, vgl
1. fö-tialis : 1. fä-ri, ahd. $tä-n : 1. starre, ahd. mägo : ttaxaw,
1. pegi : compages, 1. cera : xöqoq, vgl. ahd. quirit : yaQvg,
(A&lka : liiiiäXa u. s. w.). Vielleicht kann es auch bewiesen
werden, dass £ zu ä in etwa demselben ablautsverhältnisse
steht 1 ). Teils leuchtet dies hervor aus den in der note ver-
zeichneten beispielen, die vermehrt werden können, teils aus
der allgemeinen erwägung, dass die e- ut c-serien nicht zu
scheiden sind (de Saussure u. a. vgl. unten). Wir haben
demnach die e- reihen so aufzustellen: # ä und G ä.
Nun aber glaube ich
*) Ein nahe liegender gedanke ist, in diesem a den allgemeinen euro-
päischen Vertreter des 9 (= ar. t) d. h. der Bchwa- oder Schwundstufe
von sämmtlichen „a- vokalen " a, o, a (= ar. a) zu sehen, wie es z. b.
mein College Danielsson in seinen Vorlesungen über den griechischen
und lateinischen vocalismus getan hat. Die besonders im Latein recht
häufigen ä in der sogen. ?- reihe (quattuor, pateo .- nerawvfit, aper : ahd.
Sbur, labium, labrum: ags. lippa, as. lepur, saxum, vgl. sacena und germ.
sahsa- : secare, rapio : lAqtn-vut, gradier : 1. gressus, abg. grqdq, g. grtds,
fragüis : g. brikan [: brtkum], nachts : yfenek- öuxvexije, IveyxeTv, maneo ;
fitvto, sdorv : yf^ese-, ßamafa : 1. gestus u. ä. m.) könnte man mit D. als
genaue parallele der neben * {d-nos, hos) stehenden ä (1. datus, satus)
in der sogen, i-reihe fassen, wonach der quantitative ablaut sich so
gliedern würde: e — X (ar. a) — 9 (= eur. a, ar. t) — seh wund; ebenso in
der ä-reihe ä — ä (eur. und ar. a) — 9 (eur. a, ar. •') — Schwund. Dass
der in diesem ablaut gemeinhin angenommene unmittelbare Übergang
vom langen e (dhe) zur reducierten, d. h. überkurzen (und infolge dessen
auch qualitativ modifizierten) stufe 9 (dh») desselben vocals wenigstens
theoretisch als ein gar zu jäher sprang erscheint und dass hier zum
mindesten eine Zwischenstufe und zwar kurzes ? (was unbedingt in gr.
&st6s u. s. w. vorliegen kann) vom gedanken gefordert wird, hatD. mit
recht hervorgehoben. Indessen gelingt es ihm nicht, von dieser auf-
fassung aus das neben * auch vorkommende lange ä befriedigend zu
deuten, da er es, soweit es auf ablaut beruht, nur als eine durch die in
der ä- wie in der l-reihe vorkommende ablautsstufe 6 (dhö-, Bio-) und
9 sb 2 veranlasste analogische „entgleisung" erklären kann.
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308 K. F. Johansson
2. in bezug auf den quantitativen ablaut, dass es
keinen eigentlichen unterschied zwischen der #■ und der 2-reihe
giebt; dies geht hervor teils aus der allgemeinen erwägung,
dass e nicht mit einem sprung zu einen irrationellen vocal 9
geworden sein kann, teils sprechen die beispiele dagegen: fj7ta(>,
zd. yäkare : l.jecur, 8. ydkrt vgl. 1. jocin-oris ; fjaaatv : l.süquius;
1. tegula : tego; Qrjywfiii : g. vrikan; 1. veni g. qemum : venio
qiman; isl. vera : g. vösum isL öre und eine menge nord. praet.
mit abl. ö, die man bei Noreen Ark. III, 38 sehen kann,
g. nemum : niman vifitco (vgl. vwindw); g. birum : q>£Qio; 1. sedi :
sedeo; 1. frtgi : g. brikan u. s. w. l ). Fällt nun die e-reihe mit
der e-reihe zusammen, so ist, glaube ich, dies der fall auch
bei den sogen, ä- und ä-, ö- und o-reiben. Sind nun diese ä
und ä, ö und o nicht von den in der ?-serie erscheinenden ä
und 6 qualitativ zu scheiden, so können wir folgende einheit-
liche reihe aufstellen:
l ÜL — 9 — (9) — 0.
Nö/
Dies sind, wie gesagt, nur unbewiesene behauptungen, die
hier nicht der ort zu beweisen ist. Aber was ich hier mehr
betont haben will, ist der folgende umstand. Es ist besonders
nach de Saussure und Fick a. o. von Danielsson in Vor-
lesungen hervorgehoben, dass die zweisilbigen basen in gene-
u. s. w. mit gne- u. 8. w. gleichwertig sind, wie (bei Fick) tela-
— Üa-, Ich habe in meiner abhandlung De derivatis verbis
contractis p. 89 ff. angedeutet, dass diese regel dahin verallge-
meinert werden kann, dass wir die Stufenfolge g&n gene —
gne- als gleichwertig aufstellen. Ich habe in BB. XIII 115
den namen schwebe-, oder gleichgewichts- (schwed. ba-
lans-) ablaut vorgeschlagen, worunter ich folgendes verstehe:
eine ursprünglich zweizeitige basis konnte (zu einem gewissen
Zeitpunkte) unter einem hauptaccent zu einer einheit zusammen-
gefasst werden, und wenigstens wenn der eine vocal qualita-
tiven ablaut aufweist, kann diese zweisilbigkeit ohne reduction
bewahrt sein: wie in yivo-q (yovo-, möglicherweise auch y«*«-
ttjo). Wenn aber die eine von den als einheit aufgefassten
silben (moren) der basis mit stärkerem ton ausgesprochen ward,
*} leb glaube nicht, dass die Osthof fache theorie von perf. stich-
haltig sei.
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Morphologische Studien. II.
309
wurde die andere silbe allmählich geschwächt, sank zu einem
minimum herab oder schwand völlig. Ward dies letztere der
fall, so musste der übrige vocal gleichwertig mit den vorigen
zwei moren werden und wurde dann zum ersatz verlängert.
Natürlich gab es auch Zwischenstufen mit halblangen vocalen,
die factisch mit langem vocale bezeichnet sind. Als beispiel
verzeichne ich folgende stufen:
gen- [gen(d-)] und gern- gene- gane- und [g(*)nr~] gne-
vgl. 8. jän-i- und a-jän-i s. jäni- vgl. qxxvq- yvrj-tog
1. pSgi yevs-?
mit ä: mit äi mit ä:
vgl. nay-wniy pi-näXa, vgl. itaxa-yog vgl. 8. tulä, \.gnä-tus,
lelrj&a < *Uläth» n%ä- (ntrjoow u. s. w.)
mit öi
mit öi
mit o:
*y£y(ov£, *XiX(o&e 9
yovo-
yviazog
dq>4(o-*a y qxoo
U. 8. W.
Nun konnte jede form der basis durch mehrere mittelformen
zu einem minimum durch reductionsablaut herabsinken, und es
können demnach mehrere stufenformen gedacht werden. Aller-
dings meine ich nun aber nicht, dass es ein so einheitliches
system gegeben hat. Im gegensatz: ich meine, dass dies ein
System sei, das auf grund einer menge von wurzelcombinationen
gebaut ist, wovon die einen aus einem gründe einen Wechsel
aufwiesen, die andren aus einem anderen; und so konnten
durch gegenseitige analogiebildungen und lautgesetze neue
Serien entstehen, die eine andre Verteilung des Schemas dar-
bieten. Es konnte dabei auch geschehen, dass eine oder
mehrere reihen durch eine grosse anzahl von einwirkungen fast
in allen denkbaren wechselformen d. h. in dem ganzen variant-
apparat von ablautsformen auftraten (vgl. binden — band — bän-
de — gebunden — bündig u. s. w.). Eigentlich aber zerfällt das
verzeichnete System, sofern es durch vorhandene formen be-
zeugt ist, in eine recht grosse anzahl von ablautsreihen z. b.
£ : ö, ö : ö, e : ö, ä : o, ä : ö, 8 : ä u. 8. w.
Die hauptsächlichsten beispiele des wechseis gen — gene-
— gnl- u. s. w. (ya-yccw-Au, möglicherweise s. jänäti : 8. jila-,
e-yvio-v; dal, daf/ia, g. temum : dipio, depe-ig : &vdpr]-Tog; abg.
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310 K. F. Johansson
möniti : fusvo-g, luvt}-; xw/ia : s. gami-tär- : XjUiy-; a-xt]Qa-<nog :
xiga/uai : s. grä-ti ; <pu)Q, g. herum : gxQw, (f^QS-ig : m-qtfnj-fii;
yaQvg, ahd. chwdrun : lit. gr6-ju; xS-qvI; : isl. hröär; oxcjq :
I. ea?-scre-wewta; abg. fietö, vgl. lit. iäJu : 1. flatus, isl. Krfr; 1. «e-
/«m ; A^vog, 1. läna; 1. cSfo ; dam u. 8. w.) kann ich hier nicht
verzeichnen. Nur hinsichtlich der pronominalstämme will ich
etwas ausführlicher sein.
1. a m na»- (neg.) a) ä M n- : ahd. dno (< *&t-), isl. pn, dn;
b) a*«a«- : äva-fslntog u. s. w., zd. ana-zdtha u. s. w. (Job.
Schmidt KZ. XXIII, 271 ff.) 1 ); <0 nä M - : va-noivog u. s. w.,
s. na, g. h£, 1. ne, nö-quam (Darme steter Mem. d. 1. soc. d. 1.
II, 316; Thurneysen's vergleichung [KZ. XXVII, 175] von
1. ne [damit nicht] mit 8. ned, zd. nöif kann nicht richtig sein).
Ausserdem haben wir an- : ose. an-censto „incensa", am-prufid
„improbe" u. s. w. (Buche ler Lex. it. IV f.), umbr. an-hostatir
„inhastatis", am-peäia „a7iodl<f" u. 8. w. (Bücheier Umbrica
p. 133, vgl. Havet Mem. d. 1. soc. d. 1. IV, 231), arm. an-anun
(= äv-tiwfitog), an-ban (=» a-qxovog), cfr. afi-qxxotr) (Hübsch-
mann Arm. st. p. 19), möglicherweise av-aixiog y 8. an-ägäs-,
worin doch $n- oder $- (q-) stecken kann; na,- : s. na, L ne,
osk. ne-p, ni-p («- neque). Sonantische formen ^-: a-dr}log,
s. a-mrt6r (Sft-ßQOtoQ kann *av-ßQo%og sein), 1. tu- germ. w«-.
Mit einem auffix tritt dieser stamm auf in: ave-v, s. anö
(gramm., Boehtlingk Skt. wb.), got. in-u mit abl. 8 : ä;
av-ig; möglicherweise mit praefix s: 8. s-anu-tdr, 8-ani-ttlr,
g. sundro, 1. s-ine vgl. zd. hanare (Bugge BB. III, 120, Da-
nielsson in vorles.). Ich glaube nicht, dass diese Wörter mit
negat bedeutung von st. a s na,- „in, ad u geschieden zu werden
brauchen.
2. a»na M - „in, ad" a) ä M n-: möglicherweise ags. 6n (von
der ansieht Möller's P.-B. B. VII, 475 n. 1, dass 6n aus änä
in germanischer zeit entstanden sei, werde ich unten handeln);
b) a x na M - : zd. ana „auf, dvd 9 ahd. g. ana (vgl. J. Schmidt
KZ. XXVI, 27 ff.); c) na x - : abg. na „auf", lit. nü, nu- (vgl.
Pott Et. f. I 8 , 308; Mahlow Die 1. v. p. 86), vgl pr. no, na,
gr. avw 8 ). Die form a*n- begegnet in |y, M, 1. in u. s. w.,
*) Auch in pr&krit ana- : ana-hiaa (= ahfdaya) (Goldschmidt
ZDMG. XXXII, 29 ff., KZ. XXIV, 426, vgl. auch Hübschmann ZDMG.
XXXVIII, 427) und im celtischen an-fiss (Zimmer KZ. XXIV, 623, 632 f.).
*) Möglicherweise gehört dazu die versicherungspart, ri?, 1. ne. Ausser*
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Morphologische Studien. II. 311
thess. 6v (= ava), 1. an-hdare, u. an-getuzet, part. av 1. an-ne
(fragepart); übrigens vgl. zd. na-zdyö u. s. w. — s. nediyas
u. s. w. ; & : dva, ana = Ivrrfff, evrsQCt : osk. afiter, u. ander,
vgl. 8. awfcir, &w : OL7i6 — tri ; 1. a£ u. s. w. unten, also abl.
£ : & Nun glaube ich , dass der pron.-st a s tia x - auch nicht
hiervon zu trennen sei: 8. zd. instr. ana, and, abg. pron. onü
und pron. pers. zd. ndo, 1. nös, du. n6 u. s. w., vgl. unten.
3. a M pa s - a) a„p- : ags. 6f, cef(?) f aschw. aaf (nschw.
dial. df) y ^7t€Q07tsv€iv „anders reden" wäre ein s. *äpara- =
apara-(??); vgl. Curtius Et. 6 p. 263; b) a.pa M - : s. dpa,
zd. apa, äno, 1. apo-r, vgl. 1. ape (gl. Philoxeni), &re-/;
c) (a)pü s - : ä7tf]-vt]Q, s. apä-fca- (?), äntA-TSQog, lit po, abg. |>a,
1. pö-ne(?). Die form 5,/?- ist zu finden in: 1. ab, ap-erio, lit.
ape; im ablautsverhaltnis (£ .» 3) stehen möglicherweise: ene-i,
irt-iy 8. dp* und der pron. stamm *ep-so- > L ipse (Danielsson
in Pauli's Altlit st. III p. 155). pä M - finden wir: 1. po-r- (: pe-r
u. s. w., s. Persson St. et p. 93 f.), po-sino u. s. w. (Ost-
hoff MU. IV, 340), lit pa „neben" pa-daryti, abg. po (vgl.
apr. po) t ahd. fo-na, s. ti-pa, v-no, zd. pai-ti, no-rl. Vgl. cty
1. abs-que : 1. po5-^ ; s. pag-cä, lit. paskuL In bezug auf die
entgegengesetzten bedeutungen, die in den genannten Wörtern
begegnen, verweise ich auf Persson St et. p. 13 f. Mit dem
pron.-st. a M ra M - combiniert haben wir:
4. (a)pa M -ra M - (vgl. s. apara-) a) pä s r- : s. apära-, para-,
ortcoQa (Persson) möglicherweise in lett. pSrns und as. firn
(weil ein langer vocal in dieser Stellung wohl schon idg. ver-
kürzt worden ist) u. 8. w.; b) pa,ra^: s. pdra-s, para-m, osk.
perum u. 8. w.; c) prä M - : s. purd, g. fatira, 7tQä-vi]Q, 1. prd-
vus (vgl. s. pdrä, 7t€Qä(v), 7tQto-t y 1. prö(d), 8. />ra, zd. /r£,
ahd. fruo). Von den weiteren formen pä s r- : 1. |>e-r (po-r)
7tOQ-*i; und jwä«- : 8. prd, zd. /ra, 1. pro, itqo, rtQO-ri, 7ZQO-g,
ft(>£-Q, nqi-iivov; pr- : naq (l. por?). Uebrigens findet sich
vollständiges formverzeichniss bei Persson St et. p. 93 ff.
5. a x da M - a) ä x d-:ags. 6t, afr. et, anorw. dt (Fritzner
Ordb. 8 79), aschwed. aat, nschwed. dt; vielleicht s. ad, zd. dt;
b) a»da M - s. add-s (n. von asäü), vgl. zd. addis „tum"; c) da*- :
8. -da (in ka-dä, ta-dä, ya-dd, i-dä u. 8. w. *=* got *kvata,
dem sind vielleicht hierherzuziehen -nä» in mehreren wortcomplexen 8.
w-M0, l. pone, *uper-ne, germ. Jona (öu-va, t-va, s. i-tia u. 8. w.) vgl. unten.
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312 K. F. Johansson
ßata, ita), dij, ij-drj dij-Tcr, adv. -dij-v 1 ), g. un-ti < *und-te
(Noreen), vgl. engl, unto, abg. de, adv. -n-de (vgl. Scherer
ZGDS.* p. 427, Breal Mem. d. L soc. d. 1. I p. 193), 1. dö-
nicum, dö-nique, dö-nec (vgl. 8. i-dä-ni-m [Persson], quan-dö-
quidern, quan-dö-que, in-do, in-du (indu-perator, endoplorato
u. s. w.), as. tö, ags. tö, engl, un-to, ahd. zuo, wahrscheinlich
auch abg. da „Iva, wg, wäre". In ablautsverhältniss zu 1. de
u. s. w. (vgl. ti& : vä-, ark. alX^ lac. mj : na u. 8. w.) stehen
osk. dat (T. B., eigentlich dä-d), da-dicatted „dedicavit", u. da-
etom „deeraptum" (Buche ler Umbrica 57) oder „*de-itum u
(Bugge Altit. st. p. 13). Von den kürzeren formen ä^d- : da*-
(=* äxd- : dä s ~) sind zu verzeichnen: 1. äd, u. ad- ars- (ar-?) f
asam-ad „ad aram", osk. az (< *ad-s, vgl. aty y 1. afe), g. a*,
nord. at, schwed. att „zu" vor inf. : zd. vaegmen-da — oliufv-de,
di y ev&£v-de, €v9a-de, o-de (to-6s ; 8. tadd = thess. %6-vs :
germ. pa-na < *to~näj;) f de-v-Qo (; 34 > äve-v : av«-), l. in-de,
un-de, möglicherweise u. ponne, pone (< *quom-de), 1. quam-de,
u. pane, übrigens as. te, ahd. zi, abg. de. Idg. da- : lit. da,
abg. do (= usque ad), ahd. za, ev-öo-v. Idg. da- (; de-) er-
scheint in -da (dvQ-da* ega) . l^Qxddsg Hes.). Ausserdem tritt
dieser pron.-stamm in seiner kürzesten form auf als praefix
as. t-ögian (.- g. at-aug]an\ ahd. z-ougen u. 8. w. (Kluge KZ.
XXVII, 69) und möglicherweise als neutrales suffix bei pron.
*to-d und im abl. auf -d: s. tadd — zöds — 8. tdd, abl. 8. md-d
(vgl. Persson St. et. p. 91) *). Hinsichtlich der verschiedenen
bedeutung z. b. 1. ad : de vgl. adimere : demere, advenire : de-
venire u. s. w.
6. a x ra x - (Persson St. et. p. 1 ff.) a) ä x r- : s. ärtf, arät,
lit. 6ras, ore, lett. drs, drä u. 8. w. .• a x ra x - : s. ära-na, ära-m,
zd. amw ; ixQa (kann anders gedeutet werden) : rä x - : möglicher-
weise 1. re-duco, re-ido (über diese ganze frage Persson St et
p. 64 ff.), vgl. adv. -ra K - (öev-(>u>\ -t-rä x (s. -trä) 5 ), abg. ra-zü
*) örjv „lange" muss mit tioav zusammengehalten werden; wenn dies
für *6oßttv steht, müssen wir «fijv aus *drffv aus einem stamme * <fa«ga* er-
klären, vgl. 8. dür&s- u. 8. w. *) Ausserdem giebt es eine menge von
Partikeln, die diesen pron.-st. zu enthalten scheinen vgl. s. i-dä-m (1. idem)
1. -dem, -dum, -<Jo-r, allv-öi -s u. s. w., ygl. ThurneysenKZ. XXVII, 175;
übrigens s. über diesen pron.-st Br6al Mem. d. 1. soc. d. 1. I, 193 f.,
G. Meyer Gr. gr.* § 441. 8 ) Gewöhnlich begegnen wir adv. -ä*-r :
adj. -e-ro-, -o-ro- : adv. -rä* wie L supe-r .• 1. superus : tuprä, supre-
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Morphologische Studien. II. 313
kann *or- sein. Von den kürzeren formen a*r- : 1. ar-fuisse,
ar-cesso, volsc. ar-patitu (anders Corssen Ausspr. 2 I, 238 f.,
s. besonders Persson St. et. p. 59 ff.) u. s. w., gr. oq (=- Uqu)
lett ar, lit. ar. Idg. rä x - : 1. r$, red (; *rSd = s. tndd :
1. med =» apo-d, istu-d : prö-d, abl. -ö-d = sed [conj.] : sSd-itio
u. 8. w.; 8. mdd, tvdd, asmdd, iddd-vasu : asmad, tdsmäd, amü-
smad); rä x - möglicherweise gr. <Sa. Von noch schwächeren
formen vr- } f- oder -r-: lit. Ir (Brugmann Ber. d. sächs. ges.
der wiss. 1883 p. 38 ff.), 8. td-r-hi, r-te, apr. er-gi, 1. po-r, apu-r
finem (vgl. Jordan Hermes XV, 5 f.), u.pu-r- u. s w. [apu-d :
apu-r = (<*)d(a) : (a)r(a)] ; andres bei Persson.
7. a B ka M - a) die volltonige form ä M k- kann ich nicht be-
legen; b) ajca x - : it. st. eko- : osk. ekas „hae 44 u. 8. w. (Bü-
cheier Lex. it. VIII), ekso- : eko- =» epso- : epo- (Danielsson
Paulrs Altit. st. III p. 152 ff.), ixe-l; c) kä s - : xrj, xrj-vog y 1. ce-ve,
ce-teri, as. hie, hS (vgl. unten). Schwächere formen in, ig,
1. ec, ex (vgl. G. Meyer Gr.* § 278 n. 2) : xe, xe-v, 1. -ce, osk.
ce-bnust; a*-olov&€(o> ax-ovu> : xa (anders Ost ho ff Perf. 327 ff.);
x-ilev&egy got. h-ausjan (: ovg, g. ausö).
8. asSa M - a) ä m 8- kann ich nicht belegen; b) osk. st. eso-,
ezo- (esei terei u. 8. w.), u. ero- {erak, erer f erar, erim);
c) $a M - : möglicherweise s. asäü statt *sau, zd. hau (vgl. Bar-
tholomae BB. IX, 310), s. sa (statt sa[h] Rv. I, 145, 1: sä
cikitvan lyate sä nü lyais). Kürzere formen ä^- möglicher-
weise in as-yä (Mahlow Die 1. v. p. 168, vgl. Brugmann
KZ. XXVII, 399, Danielsson a. a. o. p. 158) und vielleicht
ig, !ot£, anders Brugmann Ber. d. sächs. ges. d. wiss. 1883
p. 181 ff., was nahezu mit s. dccha, 1. usque zusammentrifft
(< *os-que, vgl. Bloomfield The am. journ. of phil. VI, 41 f.) ;
sä M - in 8. sa, 6, 1. se-bei und übrigens in st *se%o- 9 *semo-; idg.
äs- möglicherweise in aa<pi, ixoys (vgl. doch Brugmann KZ.
XXVII, 399, Gr. gr. § 53 und noch anders Wackernagel
KZ. XXVIII, 141). Die schwächste stufe möglicherweise als
gen.-abl.-8uff. -ä und praefix s-ine u. s. w. Hierher gehören
übrigens:
(-mm), 1. per, ntQ u. 8. w. .• 8. pdras : 1. pro, und adv. -t&m-r : adj.
te-ro-, -to-ro- : adv. -t-ra» wie s. atUdr, 1. inter .• s. äntaras, iriCQo-v,
1. interu-8 .• 1. inträ, vgl. 1. exteru s .• exträ, extref-musj u. 8. w. (b.
Persson St. et. p. 100 ff.).
ltaitripo i. knnde rt. fml*. Bprnrhnn. XV. 21
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314 K. F. Johansson
A) sa M ua x - a) sä x y,- : vgl. zd. hdu, 8. asäü oben 1 ); b) sa.tfa,- :
zd. hava, *$e#o- > 1. sovos, ifog; c) s#ä s - : g. sve-s, zd. hväc
„er selbst", auch g. adv. svS, vgl. ahd. sd. Uebrigens st. s#«-
— Sjio- in /€, I, /dg, oq u. s. w. Hiermit ist zu vergleichen
B) sa x %a M - a) sä x %- in zd. d g. hS, shi, höi, apr. saij, prakr.
«6/ b) einen stamm seio- könnte man als gen. finden in hom.
?o (anaphor.); c) siä x - als flectierter stamm in s. syd- und
wahrscheinlich im germ. siu u. 8. w.
9. aJa M - a) ä a t- : isL dar, däan u. 8. w. (< *et-) s. verf.,
BB. XIII, 126, wo andre zugehörige Wörter behandelt sind;
b) a x ta a -, möglicherweise s. ata-s, vgl. abg. otü (s. dti,
Sri); c) ta 9 - : Ttj, lit Ü, g. Jban-dS (ahd. danta, huuanta, as.
huanda, afr. hwande, hwende : kürzere form as. hwand, afr.
hwant), t(6, xd-Tto, s. «*-£«, as. ahd. thie (< *£e) und die for-
men, die von urg. *ße-r ausgehen, s. unten. Kürzere formen
1. et, Iw, 8. dt-i : pron.-st. to- — te-, to, germ. f>a-, 8. Urtd,
ati-Tfi, flw-T(J-g, st. te-w) t-uo-, te-fo t-io- u. 8. w. Mit
ablaut ä (< * : e) : 1. af, ört-tam*n, atf-at>M.9 (vgl. abg. otü) :
zitu-xuy %a-Tci u. s. w. Uebrigens:
A) ta u vßx- a) ta x %- kann ich nicht belegen; b) ta x ^a x - :
s. gen. tdva, adj. * teuo- > 1. fovos, to/os u. 8. w. ; c) t#ä x - nur
in kürzerer form t%o ty,e- : s. tvd-m, oog u. 8. w.
B) ta x ja x - a) tä%- in 8. d. g. te (vgl. oben), %oi (möglicher-
weise ist n. pl. te nichts als ein urspr. localwort), als st. in
te-bhyas, tti-§am, ts-#u u. s. w. (vgl. abg. te-mi u. s. w.);
b) ta M £a M - möglicherweise als gen. tbo tov, vgl. s. i. f. tdyä,
du. g. 1. tdyös, abg. d. toji, i. tojq, g. toje, u. s. w.; c) tiä x - als
pron.-st. 8. fya- und vielleicht im germ. ahd. fem. diu u. s. w.
10. a x ma x - a) ö,wt- kann ich nicht belegen; b) a x ma x - :
ifii y ifiög; c) tnä x - : s. acc. maf-m), pari md, py. Kürzere
formen a x m- in s. aw-M-, aw-f-, qu/y ; ps, pe-v (pron. und adv.),
s. md-rna, zd. ma-na, md-d, po-g^ g. ww'-jfc. In seiner kürzesten
form mag vielleicht dieser stamm als casussuffix angewendet
worden sein: -% -w (vgl. Leskien Ber. d. sächs. ges. d. wiss.
1884 p. 94 ff.).
11. a x %a x - der dem.-rel. stamm, der möglicherweise im
zweiten element von *seio-, *teio- (s. oben) steckt, ebenso als
casussuffix in mehreren formen: a) £«|- kann ich nicht belegen,
*) Vgl. Windisch C. st. II, 361.
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Morphologische Studien. IL 315
es sei denn, dass die part. */' (=» wenn, im Cret.), praep. s. ä,
1. ä, rj (c5- vgl. Bartholomae Ar. f. II, 169, v. Fierlinger
KZ. XXVII, 477 ff.) u. s. w. nach J. Schmidt's regel als äj
> ä M (wenigstens in gewissen fällen) sich erklären lasse,
b) a x ia„- : s. ayd-m, 1. eutn (< *^o-w), vgl. s. instr. ayä, g.
1. du. ayos u. s. w. ; c) iä M - : fj 9 lit. jh. Als kürzere formen
schlage ich vor zu fassen: s. c-wa u. 8. w. (vgl. s. g-va, eka-,
Uta-) und ei (=* wenn), al (< ?i?) , das natürlich von 1. si,
osk. svae geschieden werden muss (wie auch \ = el oben):
dem.-rel. st. ia,- : s. ya-, og> lit. y/s u. 8. w. Die kürzeste
form haben wir in dem dem,-st. *i- (s. i~dd-m, 1. idem vgl.
s. i-va), g. is, ita u. 8. w., die gewiss nicht vom rel. *io- ge-
trennt werden können (vgl. Wind i seh C. St. II, 217 ff.).
Die übrigen stamme, die möglicherweise hierher gezogen
werden können (z. b. *ebho- 8. verf. BB. XIII, 124, *edho- in
8. -tfAdf, -#«, -#cr, 8. atfAi u. s. w. und *egho~ in abg. asw [<
*eghoiri] : ahd-m : ghä, ha, gha, ha, ye y ya u. 8. w.), übergehe
ich hier ausser den folgenden zwei wichtigen pronom.-stämmen.
12. Ich habe oben den pron.-st. a x na x - behandelt, wo
ich vai, 1. nös, zd. ndo verzeichnete. Man könnte nun auch
einen componierten stamm etwa * na x sa x - aufstellen (vgl. 1. nos-
ter, ves-ter) und folgende ablautsformen denken 1. nös, zd. ndo :
*neso- was sich nicht bezeugen lässt: *#sä,- (*v*8-)> was ich in
ahd. unstr wieder finde, s. unten.
13. a x y,a x - a) ä x yr : s. 1. p. n. du. ävd-m (Ved. u. Br.),
n. a. v. du. ä-vä-m 1 ) (i. d. ab. äväbhyäm, g., 1. ävdyös),
av&-t TS., möglicherweise yi (< *ij/fi), vgl. rfixs (< *8%9-te?
anders Brugmann Gr. gr. § 201); b) a x ^a x - : zd. pr.-st. ava^,
8. praep. ava (vgl. ved. du. g. 1. dvös, avani- ,,ordo u ), abg. ovü
pron. „dieser"; c) uä x - : s. part. va „oder", 1. v8, 1. vS-sanus
u. s. w. (vgl. sa-vd), 8. 1. p. n. du. va-vn (Rv. VI, 54, 1), 2. p. a.
g. d. du. vü-m, wahrscheinlich auch 2. p. n. a. v. du. yu-vä-m
(i. d. ab. ju~vd-bhyäm) 9 zd. väo (a. pl.), 1. vö-s 9 abg. va (2. p. du.),
isl. g. pl. vd-r (< *#£-r) vgl. pr. poss. vdrr, wovon und von
ahd. iutver (2. p. g. pl. und n. sg. pron. poss.) ich unten handeln
werde. Kürzere formen a x %- : ort;, ai-Jig, cro-r«, av-%6$ 9 1. au-t,
*) Baunacks erklärung von 8. 1. du. n. (Mem. d. 1. eoc. d. 1. Y, 20 ff.)
aus ä+väm befriedigt nicht; eher haben wir einen comproraiss zwischen
den formen *ä#- und *g*- vgl. ävdm : väm (Rv.).
21*
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316 H. Osthoff Anculus, afiqtltzoXog.
autem, osk. au-ti, u. o-te, 1. au-fero u. s. w., apr. au-müsnan
acc., g. aw-Ä; (=* aiye) : 8. t?a (va = ava), e-va, i-va, L -ve,
ir. /b (vgl. st *te-%o- oben), 8. 1. p. pl. va-yäm, 2. p. a. d. g. pl*
va-s vgl. 1. ves-ter; u- : s. u, 7tdv-v, o-v-vog, s. t*-ta (Del-
brück Synt. f. IV, 139 f., Osthoff MU. IV, 257 f., av-vog :
(o)-£f-*og, u-ta = av : u), 1. u-li 9 ut u. 8. w. ; von u-bhäu, fi-
x<m oben.
(Fortsetzung folgt.)
Upsala. K. F. Johansson.
Anculus, äfiqtiTtoXög.
Es ist die gewöhnliche behandlung der präposition alat.
ambe «= gr. äpqti, dass sie als erstes glied nominaler und ver-
baler composita, deren zweiter teil consonantisch anlautet, ihren
schlussvocal synkopiert und darnach dann am(b)-, an- als die zu-
letzt übrig bleibende lautform aufweist. So in am-plecti, am-putäre,
an-quirere, an-ceps 7 an-clsus. Auf grund dessen an-culus „diener,
knecht" aus * amb(i)~quolo-s = gr. dnq>l-7tolo-g zu deuten, wird
einleuchtend sein. Wird aind. abhi-cara-s m. „begleiter,
diener" mit in betracht genommen, so drängt sich die Ver-
mutung auf, dass schon das indogermanische urvolk aus *am-
bhi-, *rpbhi- und einem nomen agentis der zu aind. car-ämi
„rege mich, treibe mich um", gr. Ttil-a), nil-opai, lat. col-o
enthaltenen wurzel qel- eine bezeichnung der diensttuend um
eine andere sich herumtummelnden person gebildet habe.
Während gr. ctnyl-noXo-g als als commune, masc. „diener,
besorger, pfleger", fem. „dienerin, zofe", auftritt, schufen die
Lateiner für das feminin ihr ancula, das nach Paul. Fest.
p. 20, 2 M. von dienenden göttinnen gesagt wurde; von da aus
weiter diminutivisch anciUa „magd, dienerin". Von anculus
auch als denominativ das verb anculäre (andäre) „dienen,
dienend besorgen".
Dass der eigenname Ancus (Martins) jemals appellativisch
„diener" bedeutet habe, ist unerweislich. Er könnte aber, unbe-
schadet unserer etymologie von anculus, immerhin mit diesem
als abgestutzte koseform (kurzname) zusammengehangen haben.
Heidelberg. H. Osthoff.
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W. Bang Awest. apäkhtara. 317
Awest. apäkhtara 1 ).
Die von Burnouf geforderte bedeutung „nördlich" ist in
der letzten zeit bezweifelt worden; mit unrecht, wie mir scheint.
Die Pehlevi-glosse zu Vend. XIX. 19 (Sp.) lautet: aigh khöräit
pavan yöm mähest lata datunit vad zak ziväk, aigh pavan yöm
Jäh est lälä datünlt höäastar; min zak ziväk, aigh pavan yöm
Wiest lala dätünit vad zak ziväk, aigh pavan yöm Iahest fröt
vazrünU rapltvintar; min zak ziväk, aigh pavan yöm leihest fröt
vazrünit vad zak ziväk, aigh pavan zak mähest fröt vazrünU
döhastar; avänik ap$khtar.
„Wo die sonne am längsten tage aufgeht bis zu dem ort,
wo sie am kürzesten tage aufgeht (ist) östlich (osten); von
dem ort, wo sie am kürzesten tage aufgeht bis zu dem ort,
wo sie am kürzesten tage untergeht (ist) süden; von dem orte,
wo sie am kürzesten tage untergeht bis zu dem ort, wo sie am
längsten tage untergeht (ist) westen; das übrige (ist) norden".
Die bedeutung kann nach dieser stelle nicht mehr zweifel-
haft erscheinen; ich teile apa-*akhtara (cf. apa-khäatra), wie es
schon längst geschehen ist. Selbstredend kann apäkhtara nicht
„ohne gestirne etc." heissen; ein blick auf den himmel hätte
uns das schon längst zeigen können. Die bedeutung ist viel-
mehr „ohne das gestirn xav i&xyv", „ohne die sonne, sonnen-
los". Daher denn auch der norden der aufenthalt der Daevas.
W. Bang.
Haoma yö gava.
Im letzten hefte von Kuhn's Zeitschrift (XXX 459) hat
herr W. Caland eine erklärung der avestischen worte yazata
. . . haoma yd gava gegeben , nach welcher haoma yd für hao-
mayü verschrieben und einem hypothetischen vedischen somayu
gleichzustellen sein soll. Haomayö gava soll „mit milch welche
mit haoma vermischt ist" bedeuten. Am anfang seiner aus-
einandersetzung sagt der Verfasser: „de Harlez (übersetzt):
'avec le Haoma Joint au Myazda'. Woher hat er aber dieses
'Joint'? Geldner ist dem sinn der worte am nächsten ge-
kommen, .... er nimmt eine lücke hinter gava an und conjiciert:
haoma y ö gava (hämiristd?)".
*) SpTegel Com. Aw. I. 206, 412; Ar. per. 31; Harlez Aw. tr."
p. 78 not 1; Bartholomae ZDMG. XLIL 154.
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318 C de Harlez Haoma yö gava.
Ich muss bekennen, dass, als ich im jähre 1881 die Über-
setzung des Avesta (2. aufl.) veröffentlichte, ich nie vermuthete,
dass so viele, ganz einfache erklärungen gewissen fachmännern
unverständlich bleiben würden *). In allen fällen, wo die recht-
fertigung durch die worte selbst gegeben war, hielt ich es für
müssig, sie auszuführen, indem ich auf den Scharfsinn und die
redlichkeit der eranisten rechnete.
Was haoma yö gava betrifft, so liegt dieser fall überaus
einfach. Das wort , Joint" liegt in dem komitativ- instru-
mental gava. Yö gava (wie ydis' Ahurahe *) construirt) ist dem
vedischen Agng devebhis „Agni! mit den göttern" ähnlich;
„Joint" ist = „qui est avec", da zwei „avec" in einem einzigen
Satzglied e nicht zusammenstehen konnten.
Was herrn Galand's erklärung anbelangt, so muss ich
gestehen, dass sie sehr gut ersonnen ist und keine gramma-
tische Schwierigkeit macht. Sie ist aber trotzdem schwerlich
anzunehmen, da sie lediglich auf einer den thatsachen wider-
sprechenden hypothese beruht. Die Verbesserung haomayu hat
die handschriften gegen sich. Ausserdem findet sich dieses
zusammengesetzte wort und seinesgleichen in den avestischen
büchern ganz und gar nicht Dazu ist somayu auch den Veden
fremd.
Wenn solche Veränderungen des textes und solche Schöpfun-
gen unbelegbaren Wörtern erlaubt wären, so würde die aufgäbe
des avestaübersetzers eine sehr viel leichtere sein. Ich kann
mich aber dazu nicht für autorisirt halten, und gewiss würde
eine solche behandlung der classischen texte im kreise der
Philologen keinen beifall finden. Es liegen also nun drei erklä-
rungen von haoma yö gava vor:
1. Geldner's: gava (hämiristö), welche eine lücke im text an-
nimmt;
2. Calan d's: haomayu gava, eine ebenfalls unbegründete hypo-
these ;
3. meine: haoma yö gava „durch haoma welcher mit milch
etc. (geopfert wird)" — - einfache Übersetzung.
x ) Cf. herrn Burg's abhandlung in Kuhn's Zeitschrift XXIX 358 und
Museon VI 642, wo die missgriffe des herrn Burg von herrn Müller
angedeutet wurden. *) Cf. Spiegel Vergleichende grammatik der alt-
eranischen sprachen (Leipzig 1882) s. 424.
C. de Harlez.
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319
Heinrioh Leberecht Fleisolier.
Soll von den vielen herrlichen eigenschaften des grossen gelehrten
and guten mannes, welchem diese zeilen gewidmet sind, die seltenste
und bewundernswerteste bezeichnet werden , so zögere ich nicht , die
vollendete Selbstlosigkeit zu nennen, mit der er alle zeit ein wissen ohne
gleichen in den dienst anderer gestellt hat. Sehe ich von den assyriologen
ab, so finde ich wenige unter der zahl der deutschen Orientalisten,
welchen diese Selbstlosigkeit nicht zu gute gekommen wäre, und manchen
im auslande, der ihr zu gleichem danke verpflichtet ist. Wir haben ihn
alle zu finden gewusst, wenn es mit unserer karglichen habe auf die
neige ging und wir der gaben bedurften, die er aus seinen überreichen
Schatzkammern mit immer offner hand unermüdlich und unterschiedslos
an gross und klein verteilte, wie gottes sonne über gerechte und unge-
rechte scheint. Nun ist über ein jähr verflossen, seit die hand erstarrt,
das licht erloschen : wo aber zögern die schritte derer , welche an sein
grab treten sollten, einen kränz dankbarer erinnerung auf den hügel zu
legen, den auch das langsame walten der natur nun schon zum zweiten
male mit frischem grün umzieht? Ich tadle niemand, ich klage nie-
manden an. Lieber birgt manches zartfühlende herz seine dankbarkeit
unter ehrfurchtsvollem schweigen, als dass es seine besten empfindungcn
auf dem markte der öffentlichkeit auskramen möchte; widerwillig gewis
sehen andere durch sorgen des lebens, durch täglich erneute arbeits-
lasten sich gezwungen, dem noch so lebhaft gefühlten verlangen die er-
füllung zu versagen; und einer oder der andere geht gewis, wie der
Schreiber dieser worte, noch jetzt mit unverschuldeter Verspätung an das
längst geplante werk der pietät. Betrübend bleibt trotz allem die. that-
sache, dass neben den aus naheliegenden gründen ziemlich geschäfts-
roä8sig, wenn auch nicht teilnahmslos gefassten Worten der Vertreter des
französischen institutes und der bayerischen akademie, einigen das wohl-
getroffne bildnis Fleischer's begleitenden bemerkungen in der Leipziger
illustrirten zeitung, einem artikel der New- York Times und einem dürftigen
nekrologe des Londoner Athenaeums bisher nur zwei versuche einer aus-
führlicheren Würdigung dieser bedeutenden persönlichkeit an das licht
getreten sind: Thorb ecke's nachruf in der Zeitschrift der deutschen
morgenländischen gesellschaft, und die umfangreichere denkrede Gold-
ziher's *) in der ungarischen akademie. Und es bleibt beschämend für
uns deutsche Orientalisten, dass die einzige bis über ein jähr nach Fleischer's
tode gedruckte eingehende entwicklung seiner grossen thätigkeit als ge-
lehrter und lebrer — eine solche stellt augenscheinlich Goldziher's auf-
*) Emlekbeszed Fleischer Leberecht Henrik a M. Tud. Aka-
demia kültagja felett. Goldziher Ignäcz. (A Magy. Tud. Ak. elhünyt
tagjai fölott tarttot emlekbeszedek. V köt. 4. szäm). Budapest, M. T.
Ak., 1889. 44 s. 8.
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320 Heinrich Leberecht Fleischer.
satz dar — von einem Ungarn in seiner spräche geschrieben ist, die von
uns niemand versteht.
Nicht sehr gross freilich ist unter ans die zahl derjenigen, die es
ohne vermessenheit unternehmen dürften, einem solchen gelehrtenleben
nach seiner ganzen ausdehnung und nach allen Seiten gleichmassig gerecht
zu werden. Ich bin weit entfernt, mich unter diese zahl rechnen zu
wollen; aber ich glaube so viel gelernt su haben, dass ich einigermassen
beurteilen kann, was es bedeutet haben muss , eine solche gelehrsamkeit
vermöge eigner arbeit sein zu nennen, und ich hoffe so viel urteil zu
besitzen, dass ich wenigstens im allgemeinen den rang und die Stellung
anzudeuten im stände bin, die in der geschiente unserer Wissenschaft
meinem verewigten lehrer zukommen. Ich darf mich von dem versuche
einer solchen andeutung durch den beweggrund der bescheidenheit gerade
an diesem orte nicht abhalten lassen ; denn mit recht wird der leser von
beitragen zur indogermanischen Sprachwissenschaft eine Vorstellung von
der allgemeineren bedeutung eines forschere zu gewinnen wünschen, dessen
thätigkeit sein besonderes Interessengebiet nur eben gestreift hat. Es
macht mich in meiner absieht nicht irre, dass ihre ausführung mir die
pflicht auferlegt , mit von den grenzen zu reden , welche auch diesem
wirken von der allgemeinen menschlicben un Vollkommenheit gesteckt
worden sind: nächst der Selbstlosigkeit ist die Wahrheitsliebe der bervor-
tretendste zug in Fleischer's wissenschaftlicher persönlichkeit gewesen,
und er selbst wäre der erste es zu tadeln, wollte ich diese seine persön-
lichkeit nach neuestem malerrecepte weiss auf weiss entwerfen. Bewun-
derung ohne kritik ist wertlos; wenn ich grade aus jener heraus mich
zu dieser emporwage, so darf mir niemand das als anmassung auslegen.
Es ist ein schlechter lehrer, der kritiklose schüler heranzieht, ein schlechter
Schüler, der sich kritiklos auch dem verehrtesten lehrer an die schleppe
hängt: ich bin mir des unerm esslichen abstandes zwischen meinen geringen
leistungen und dem grossartigen können des meisters bewusst, aber ein
schlechter schüler hoffe ich nicht zu sein, und ein schlechter lehrer
war er ganz gewis nicht. Nur davon muss ich absehen, auch die rein
menschliche seite seines wesens und lebens eingehender zu schildern, so
unvollständig das bild ohne sie bleiben wird: einer auf eingehendster
kenntnis aller persönlichen umstände und Verhältnisse beruhenden dar-
stellung von näher berechtigter seite vorzugreifen halte ich für unpassend,
und nur das äusserlichste soll in dieser beziehung hier gesagt werden
auf grund von mitteilungen, welche der gute des Herrn professors dr.
Curt Fleischer zu Meissen verdankt werden und den abweichungen
anderweit gedruckter angaben gegenüber als zuverlässig zu gelten
beanspruchen.
Heinrich Leberecht Fleischer wurde zu Schandau am 21. Fe-
bruar 1801 geboren als söhn des geleitschreibers beim steueramt Johann
Gottfried Fleischer, der am 24. August 1860 in Pirna als pensio-
nierter hauptsteuercontroleur im alter von 89 jähren starb, und seiner
gattin Johanna Christiane, geb. Unruh, der tochter eines kirch-
schullehrers in Prietitz bei Pulsnitz, welche schon am 10. August 1825
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Heinrich Leberecht Fleischer. 321
den ihrigen entrissen wurde. In Schandau besuchte der knabe die Volks-
schule, in welcher seine begabung bald die aufmerksamkeit des ihr vor-
gesetzten magisters Edelmann erregte; derselbe übernahm es, ihn die
anfangsgründe des Lateinischen zu lehren, und so konnte ihn der vater
im jähre 1814 auf das gymnasium zu Bautzen bringen, das er bis 1819
besuchte Der hebräische Unterricht daselbst brachte ihm die erste be-
rührung mit dem orient; die zweite, die für sein leben entschied, ver-
dankte er einem zufnll, welcher ihn auf dem markte unter der makulatur
einer käsefrau eine arabische grammatik finden Hess, deren inhalt er so-
gleich sich anzueignen beflissen war. Sein interesse ward dadurch so rege,
dass er, als er Ostern 1819 die Universität Leipzig bezog, zwar die
theologischen Studien nach gebühr betrieb, und nicht minder von Gott-
fried Hermann sich die klassiker empfohlen sein liess: aber seine
neigung zog ihn mehr und mehr zum morgenlande hin, so dass er nach
rühmlich bestandenem theologischem examen noch ein jähr ausschliesslich
der beschäftigung mit den orientalischen sprachen widmete. Dabei wurde
ihm klar, dass er nach Paris zu de Sacy müsse: und durch Vermittlung
eines jungen französischen kaufmanne namens Bernard, den er kennen
gelernt hatte, gelang es ihm, für Ostern 1824 eine hauslehrerstelle beim
herrn von Gaulaincourt (unter Napoleon Herzog von Vicenza) zu er-
halten. Nachdem er am 4. märz promoviert hatte, trat er am 18. april
die reise nach Paris an. Dort lebte er l 1 /* jähre bei Caulaincourt, später,
seinen unterhalt durch stundengeben sich erwerbend, allein, immer seinen
Studien, insbesondere des Arabischen, Persischen und Türkischen, unter
de Sacy's leitung auf das eifrigste nachgehend. Den eindruck, welchen
der grosse französische gelehrte auf ihn machte , hat sein ganzes langes,
an arbeit, erfolg und ehren reiches leben niemals verwischt: liebe und
Verehrung hat er dem „altmeister" weiter gezollt, als er längst selbst der
altmeister der arabisten geworden war. Fleissig hat er dabei die hand-
schriftlichen schätze der bibliothek ausgenutzt: im Journal asiatique von
1827 erschien als seine erste gedruckte arbeit eine besprechung des eben
herausgekommenen ersten bandes von Habicht's ausgäbe der 1001 nacht
auf grund der Galland'schen handschrift, und seine späteren ausgaben des
Abulfeda und Beidhawi wie die schrift De glossis Habichtianis weisen auf
die in Paris gesammelten materialien zurück. Gleichzeitig suchte und
fand er den umgang verschiedener Orientalen, insbesondere zweier Aegypter,
de 8 mohammedaners Refä'a und des Christen Ayde, die er in der ge-
nannten abhandlung „honoris causa*' nennt Obwohl ihn der angeführte
artikel im Journal asiatique schon als fertigen gelehrten zeigt, widmete
er nach seiner im herbste 1828 erfolgten rückkehr sich zunächst noch
weiteren privatstudien, teils im hause seines vaters, teils in Dresden, wo
er die arabischen, persischen und türkischen handschriften der königlichen
bibliothek katalogisierte. Der katalog erschien im druck zu Leipzig 1831 ;
in demselben jähre ebenda seine ausgäbe und Übersetzung von A b u 1 f ed a's
Historia anteislamica. Beide Veröffentlichungen legten zeugnis dafür ab,
dass das ziel, welchem er in zwölfjähriger unverdrossener, vielfach ent-
sagungsvoller vorbereitungszeit mit klarem bewusstsein nachgestrebt hatte,
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322 Heinrich Leberecht Fleischer.
erreicht war: bittet er auch in der vorrede zum Abulfeda noch für die
spärlichkeit seiner noten um nachsieht für einen homo lectionis paucae,
memoriae paucioris, otii pancissimi, so bietet das werk doch keine Ver-
anlassung einen andern als den dritten dieser gründe gelten zu lassen.
Inzwischen hatte er 1831 eine lehrerstelle am kreuzgymnasium zu Dresden
angenommen, die er verwaltete, bis 1886 dem durch jene arbeiten vor-
teilhaft bekannt gewordenen die spater von Dorn eingenommene professur
in St. Petersburg angetragen wurde. Schon war er im begriffe, nach
Russland abzugehen, als ihn eben noch zur rechten zeit ein ruf als
ordentlicher professor der orientalischen sprachen an die heimische Uni-
versität Leipzig erreichte. Unter dem 19. Oktober 1835 ward seine er-
nennung ausgefertigt, Ostern 1836 trat er in seine stelluug ein — vor-
läufig noch als mitglied der theologischen facultät, aus welcher er erst
zu aufang der vierziger jähre den von ihm eifrig betriebenen übertritt
in die philosophische facultät vollziehen durfte. Am 27. September 1836
verheiratete er sich mit Ernestine Mathilde Jässing, geb. zu
Bautzen, tochter des zu Dresden lebenden kgl. sächsischen brigade-audi-
teurs a. d. Friedrich Leberecht Jässing. Er hat seine goldene
hochzeit mit der ihn nun überlebenden treuen und fürsorglichen gefahrtin
seines lebens feiern dürfen, und das älternpaar hatte die freilich durch
den verlust der ältesten tochter getrübte freude, seine kinder zu seiner
ehre heranwachsen zu sehen. Dem glücklichen familienleben entsprach
die an erfolgen und ehren reiche amtliche und wissenschaftliche thätig-
keit. Als 1846 die kgl. sächsische gesell seh aft der Wissenschaften ge-
gründet wurde, trat er als ordentliches mitglied in dieselbe ein; 1855
warde er stellvertretender, weiterhin erster sekretär derselben, welches amt
er bis 1883 mit der ihm eignen peinlichen gewissenhaftigkeit verwaltete.
1860 erhielt er einen ehrenvollen ruf nach Berlin ; er lehnte ihn ab, um
bis an's ende seiner heimat treu zu bleiben. —
Als Fleischer im jähre 1836 sein lehramt in Leipzig antrat, waren
die arabisch-muhammedanischen Studien in Deutschland bereits überall
im aufblühen begriffen. Zwischen 1819 und 1829 waren fünf von den
Mo'allnqät mit den Bcholien des Zauzani durch Kos eg arten, Heng-
stenberg, Rosenmüller und Vullers, 1828 der text der Hamasa
von Frey tag herausgegeben worden, 1825—81 die ersten 6 bändchen
von Habicht' s 1001 nacht, 1828 Kosegar ten's Chrestomathie er-
schienen; und Frey tag 's verskunst (1830), der erste band seines grossen
lexicons (1830) wie der anfang von Ewald's Grammatica critica (1831)
hatten gezeigt, dass mit der herausgäbe von texten die förderung des
sprachlichen Verständnisses hand in hand gehen sollte. Inzwischen war
auf fremdem boden, aber von deutscher hand die wissenschaftliche isla-
mische numismatik durch Frähn's Recensio (1826) begründet, und eben
schickte Dorn sich an, dem Petersburger meister helfend zur seite zu
treten, während Hammer-Purgstall in Wien seine grossartige thätig-
keit unermüdlich fortsetzte. Legen die letztgenannten zeugnis dafür ab,
dass der neue aufschwung nicht durch äussere anregungen allein hervor-
gerufen wurde, sondern mit dem allgemeinen wiedererwachen der histo-
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Heinrich Leberecht Fleischer. 323
risch-philologischen studien in Deutschland im zusammenhange Btand, so
sind andererseits die bestrebungen jener übrigen von der Wirksamkeit
de Sacy's abhängig, dessen schüler Kosegarten und Frey tag direkt,
Vullers und Hengstenberg durch ihren lehrer Freytag gewesen waren;
und Ewald, der in selbständiger grosse mit der bewussten absieht auftrat,
das von den arabischen nationalgrammatikern überlieferte material sprach-
wissenschaftlich zu durchdringen, konnte sich bei durchfuhrung seines
planes in der hauptsache doch auch wieder nur auf de Sacy stützen.
Die zeiten sind gewesen, wo nicht bei Fleischer selbst, aber bei dem
und jenem seiner schüler eine gewisse geringschätzung dessen anzutreffen
war, was männer wie Frey tag und Hammer-Purgstall für die
arabische philologie geleistet haben. Ich selbst bin mir der Jugendsünde
bewusst, in meiner ersten, noch dazu recht mangelhaften arbeit von
Hammer in einer weise gesprochen zu haben, die kaum durch die frische
erinnerung an Ahlwardt's Ghalaf entschuldigt, geschweige denn gerecht-
fertigt werden konnte, und Verdientermassen sofort von einem verstän-
digeren fachgenossen gerügt wurde *). Weniger streng, doch immer noch
abfallig genug, ist vielfach Frey tag beurteilt worden; aber auch die
zahllosen Verbesserungen, die zu seinem wörterbuche notwendig geworden
sind und immer notwendig bleiben werden, hindern die anerkennung
nicht, dass es seiner zeit eine hervorragende leistung war und noch
heute ein höchst brauchbares werk ist. Aber freilich, den vergleich mit
dem grossen meister in Paris selbst halten weder Hammer noch Freytag,
weder Kosegarten noch Vullers aus. Sind diese drei gute schüler, welche
mit rühmlichem fleisse und achtbarer kenntnis den spuren des lehrers
folgen, ohne ihn auch in ihren glücklichsten momenten zu erreichen, so
ist und bleibt Hammer ein genialer dilettant, welchem der drang nach
dem neuen die fahigkeit geraubt hat, irgend etwas ausreifen zu lassen,
dessen ungeheure arbeitskraft in zahllosen bänden die ausgedehntesten
aufgaben der geschiente und litteraturkunde doch nur scheinbar löst.
Ihm wird immer der rühm bleiben, durch seine kühnen streifzüge in
bisher unzugängliche, mit richtigem blick als erforschungswert von ihm
herausgefundene gebiete eine art vorläufigen Überblickes ermöglicht zu
haben, der auch für uns noch überall von wert ist, wo die gewissenhaft
nachbessernde einzelforschung seine oberflächlichen mitteilungen nicht
durch zuverlässigere angaben ersetzt hat. Um so weniger ist das ansehen
und der einfluss erstaunlich, dessen sich der Wiener Orientalist während
des ersten dritteis unseres Jahrhunderts so gut wie unbestritten erfreute;
um so dringender aber war die gefahr, dass, wie häufig in solchen fallen,
seine Vorzüge mit ihm selbst einmal zu grabe gehen, seine schwächen
von Schülern und nachahmern zu einer grundfalschen und höchst schäd-
lichen richtung fortentwickelt werden möchten. Ob die sonstigen Ver-
treter von de Sacy's schule in Deutschland im stände gewesen wären, einer
solchen richtung erfolgreich entgegenzutreten, erscheint zweifelhaft; bei
allen ihren Verdiensten stellte sich doch in keinem der genannten forscher
x ) S. H. Derenbourg, Revue crit. 1869 no. 35 s. 132.
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324 Heinrich Leberecht Fleischer.
jene Verbindung überlegener kenntnis und philologischer genauigkeit dar,
welche de Sacy ausgezeichnet hatte und nach dessen für eine nahe Zu-
kunft vorauszusehendem ende *) einen nachfolger auszeichnen musste,
wenn dessen ansehen dem einflusse Hammers gewachsen sein sollte. Am
nächsten kam von jenen dem ideale wohl Kosegarten; mehr noch der,
wenn nicht unabhängig von de Sacy, doch ausserhalb von dessen schule
gebildete R ö d i g e r. Beide aber wandten der arabisch-mohammedanischen
Philologie nur einen teil ihrer kraft zu, noch stärker abgelenkt durch
sein vor allem andern poetisches interesse erscheint Rückert: und voü
verwirklicht erschien das ideal auch eben nur in Fleischer. Ihm fiel
darum von selbst die aufgäbe zu, unsere Wissenschaft in Deutschland auf
die volle höhe dessen zu bringen, was sie in Frankreich durch de Sacy
geworden war, gleichzeitig aber ihren weg dauernd an der schiefen ebene
vorbei zuleiten , auf welche Hammer's einfluss sie hätte drängen können.
Mir fehlt die raöglichkeit zu beurteilen, ob so klar, wie sie nach-
träglich unschwer zu formulieren ist, Fleischer jene aufgäbe sich vor-
gezeichnet hatte, als er seine Leipziger professur antrat. Jedenfalls sehen
heute die beiden Schriften, mit denen er sich an der statte seiner ruhm-
reichen zukanft einführte, einem unzweideutigen ausdrucke des bewussten
strebens nach solchem ziele gleich. Noch als „designirter ordentlicher
professor der morgenländischen sprachen an der Universität Leipzig*' ver-
öffentlichte er (1835) von Dresden aus seine Übersetzung von Samachschari's
„Goldenen halsbändern" mit einer vorrede und anmerkungen, die nach
form und inhalt einen scharfen angriff auf Hammer's ausgäbe und
Übersetzung desselben textes darstellen. Wenn er, der in seiner fast
gleichzeitigen besprechung der Habicht'schen glossen, in denen es wahr-
lich nicht an schlimmen fehlem mangelte, sich des denkbar mildesten
tones befliss und später sein ganzes leben hindurch auch den ärgsten
stümpern gegenüber nicht einmal heftig geworden ist, grade hier sich
einer stärkeren spräche bediente, so musste eine ernste und weitgehende
absieht zu gründe liegen — er äussert sie gleich zu anfang der vorrede
in den Worten: „liefern . . hochangesehene gelehrte im mannesalter der
„Wissenschaft, im besitze aller äusseren hülfsmittel, völlig unbrauchbare
„arbeiten .... was soll die kritik dann thunt Wir meinen: ihre schärfsten
»wafftn gegen solche ungebtihr richten , und , damit das beispiel nicht an-
steckend werde, in diesem falle selbst dinge bekämpfen, die eigentlich
„unter aller kritik sind". Der mann, der, vergleichsweise gesprochen,
als anfanger gegen den in der ganzen weit als der bedeutendste Orien-
talist Deutschlands berühmten gelehrten in solcher weise auftrat, musste
seiner sache sehr gewis sein; dass er es durfte, bewies der inhalt der
ganzen schritt, bewies mehr noch die „Dissertatio critica de glossls Ha-
bich tianis in quatuor priores tomos MI noctium", mit welcher er im fol-
genden jähre (1886) von seinem lehrstuhle besitz ergriff. Die 1001 nacht
erfordern vermöge ihres alle einzelheiten des täglichen lebens der mittel-
alterlichen muslime umfassenden inhaltes für das volle sprachliche und
x ) Es trat bekanntlich schon 1838 ein.
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Heinrich Leberecht Fleischer. 325
sachliche Verständnis eine unbedingte herrschaft über das ganze gebiet
des arabisch-mohammedanischen wesens: diese herrschaft bezeugt jede
zeile der schrift nicht minder, wie den sicheren philologischen takt des
kritikers, dessen emendationen keineswegs nur als einfalle eines glück-
lichen Scharfsinnes, vielmehr als ergebnisse einer vollkommenen sprach- und
Sachkenntnis und einer nicht minder vollkommenen Vertrautheit mit den
gewobnheiten der abschreiber und der ganzen art der handschriftlichen
Überlieferung erscheinen.
Es ist heutzutage schon aus äusseren gründen nicht leicht und mir
im augenblicke unmöglich, den eindruck zu verfolgen, welchen die beiden
Schriften bei ihrem erscheinen hier und dort hervorriefen; aber der er-
folg zeigt, dass dieser eindruck ein schlagender und für die ganze Zu-
kunft massgebender gewesen sein muß 8. So deutlich auch die nächsten
Veröffentlichungen Fleischer's — „Alfs 100 Sprüche" (1887), die beschrei-
bung der arabischen , persischen und türkischen hss. in dem „Catalogus
librorum mss. bibl. civit lipsiensis" (1838) die Vollendung von Habicht 's
ausgäbe der 1001 nacht (bd. 9—12, 1842—43), — die spuren derselben
roeisterschaft tragen: eine bahnbrechende Wirkung zu üben waren sie
schon dem gegenstände nach weniger geeignet; und auch die 1847 zuerst
erschienene bearbeitung von Mirza Mohammed Ibrahim 's „Gram-
matik der lebenden persischen spräche" (2. ausgäbe 1875) verstärkte
höchstens den aus den „Sprüchen Ali's" gewonnenen eindruck, dass diesem
gelehrten das Persische nicht weniger unterthan war als das Arabische.
Wenn also schon zu anfang der vierziger jähre Fleischer überall, viel-
leicht mit ausnähme einiger Hammer nahestehender kreise, als das haupt
der deutschen Orientalisten neidlos anerkannt erscheint, und um dieselbe
zeit, wie nachher fast ein halbes Jahrhundert hindurch , beinahe jeder
Deutsche und zahlreiche ausländer, denen es um gründliche Schulung in
der arabisch-mohammedanischen philologie zu thun war, ihn sich zum
lehrer wählten, so ist das, unmittelbar oder mittelbar, eine nachwirkung
des eindruck es gewesen, den jene beiden äusserlich so wenig umfang-
reichen Schriften hervorgerufen hatten. Und dieser eindruck ist deswegen
so mächtig gewesen, weil in ihnen sich vollendet darstellte, was nach
dem tode Reiske's, des vir incomparabilis, die deutschen arabisten erst
wieder von dem Franzosen de Sacy hatten lernen müssen: die philolo-
gische methode, die nichts ist, als die anwendung des gesunden menschen-
verstandes auf die Überlieferung bei treuem, unermüdlichem streben nach
erreichung der peinlichsten genauigkeit und möglichsten Vollständigkeit
in der Sammlung und Verarbeitung des überlieferten, und unter ausschluss
aller geistreich sein wollenden willkür, aller grossartig auftretenden Ober-
flächlichkeit. Nicht als ob der philologe nicht geistreich sein dürfte,
was es ihm seine mittel erlauben: aber der geist muss die erforschten
einzelheiten durchdringen und ordnen, nicht die lücken der forsch ung
mit glänzenden trugbildern Überschleiern wollen, indem er sich bestenfalls
mit dem gewissen durch ängstliche beobachtung eines als „methode u
überlieferten Schematismus abfindet. Darin, dass Fleischer dieses ideal
eines philologen in sich dargestellt, durch beispiel und lehre es einem
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326 Heinrich Leberecht Fleischer.
jeden ermöglicht hat, die einsieht in die rechte art der philologischen
arbeit auf unserem gebiete zu gewinnen, darin besteht die eine, vielleicht
die grössere hälfte seiner bedeutung in der geschiente der Wissenschaft.
Viele grade der bedeutendsten gelehrten der gegenwart haben diese ein-
sieht auf anderem wege sich erworben oder als ein glückliches geschenk
des himmeis zu ihren Studien mitgebracht: dass sie aber gemeingat der
weitesten kreise geworden ist, verdanken wir Fleischer, und ihm allein.
Wie wenig Fleischer geneigt war, das wesen der philologischen me-
thode in einer äusserlichen Schablone zu finden, zeigte er in dem werke,
das seinen wissenschaftlichen rühm vollendete und, äusserlich genommen,
das bedeutendste seines leben 8 geblieben ist, in seiner ausgäbe des koran-
kommen tares von Beidhawi. Er, der schüler Gottfried Hermann's, der
ganz genau wusste, was zu einer „methodisch 41 gearbeiteten ausgäbe ge-
hört, hat den umfangreichen und schwierigen text ohne jede Variante ge-
geben. Ich habe schon an einem anderen orte *) gelegentlich angedeutet,
was ihn zu diesem verfahren, das auch von seiner sonstigen gepflogenheit
abweicht, nach meinem gefühl veranlasste und berechtigte. Ein koran-
kommentar ist nach allen seinen Seiten hin ein text technischer natur;
wer ihn verstehen und wer ihn herausgeben will, muss vor allem über
inhalt und technik des theologisch- juris tischen und des grammatischen
systemes des Islams in voller ausdehnung und bis ins kleinste bescheid
wissen. Wer aber in dieser beneidenswerten läge sich befindet, ist bei
der anzahl der verfügbaren handschriften und superkoramentare überall
im stände, mit Sicherheit die richtige lesart festzustellen : und auf weniger
kundige leser können überflüssige Varianten immer nur irreführend wirken.
Die Verantwortung, die auch in einem solchen falle der herausgeber
durch ganzliche fortlassung des apparates übernimmt, ist eine ent-
sprechend erhöhte : wer aber einmal Fleischer selbst seinen Beidhawi hat
interpretieren hören, der wird von jeder etwaigen unruhe , ob er solcher
Verantwortlichkeit auch gewachsen war, für immer befreit gewesen sein.
Frei von allen fehlem ist diese ausgäbe so wenig wie irgend ein
men sehen w erk ; Fleischer selbst sprach sich einmal in einer Vorlesung
ärgerlich darüber aus, dass ihm I, 13, 21 nach dem femininum JülX^i^
ein "M c^-mhjJ statt des richtigen i^^j^wJ entschlüpft sei. (Vgl. FelPs Index
S. 67.) Zahlreich sind aber solche stellen schwerlich. Mit behagen erzahlte er ein
andermal, wie ein exemplar des buches — ich weiss nicht mehr wie und bei
welcher gclegenheit — in Constantinopel dem Scheich-ul-Islara vorgelegt
worden sei, und dieser es zunächst unter seiner würde gefunden habe,
das classische werk der mohammedanischen theologie in der von einem
unwissenden Giaur herrührenden verballhornung auch nur einer ober-
flächlichen betrachtuug zu unterziehen. Schliesslich habe er doch einen
blick hineingeworfen und ein par zeilen angesehen, dann erstaunt auf-
geblickt, immer eifriger weiter gelesen und schliesslich seiner bewunde-
rung ausdruck gegeben, dass es im abendlande einen mann gebe, der
den Beidhawi verstehen müsse, wie ein rechtgläubiger achriftgelehrter.
*) Gott gel. anz. 1884 no. 24 s. 961.
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Heinrich Loberecht Fleischer. 327
Ich führe diese äusserungen Fleischer's, die ich selbst mit angehört habe,
an, weil ich es für eine anmassung halten würde, wollte ich seinen
Beidhawi loben. Das darf schliesslich nur, wer selbst ein so kundiger
muslimischer theologe ist, dass er unter anderen umständen die ausgäbe
auch tadeln könnte: ob es im abendlande mehr als ein kleines halbes
dutzend Orientalisten gibt, die das von sich sagen könnten, bezweifle ich
— ich gehöre jedenfalls nicht dazu.
Der Beidhawi ist — abgesehen von der 1870 als festschrift erschienenen
kleinen ausgäbe des Hermes trismegistus — das letzte werk, welches
Fleischer in selbständiger gestalt herausgegeben hat. Ja, der Beidhawi
selbst ist bekanntlich aus der band seines herausgebers nicht vollständig
hervorgegangen : die schon auf dem titelblatte versprochenen Indices, die
Jahrzehnte lang dem gewissenhaften manne schwer auf der seele ge-
legen haben, sind erst 1878 durch das hilfreiche eintreten Foll's zu
8 tan de gekommen. Wenn Fleischer in der vorrede, durch welche er die
arbeit seines schülers eingeleitet hat, mit bezug auf die ungewöhnlich
grosse Verspätung sagt »Qui me resque meas norunt, eoe me nitro txcu-
satum habere scio" — so wusste jeder, was er darunter zu verstehen hatte.
In den jähren bis zum abschlusse des Beidhawitextes hatten sich mit dem
steigenden ansehn des gelehrten die ansprüche gesteigert, welche von
allen Seiten auf ihn eindrängten. Sie sind von drei seiten hauptsächlich
erhoben worden: von seinen Schülern, von seinen mitarbeiten! , von der
allgemeinheit. Die art, wie er ihnen genügt hat, zeigt im engen bunde
die schönsten eigenschaften seines Charakters: peinliche ge wissen haftig -
keit und treue im kleinen, wohlwollende gute und vollendete Selbst-
losigkeit.
Seine gewissenhaftigkeit und treue bewährte er vor allem in seiner
thätigkeit als akademischer lehrer, wie ich sie aus eigner erfahrung in
den jahren 1867/68 gegenwärtig habe. Er kannte seinen Beidhawi von
grund aus; täglich konnte man bewundern, wie er bei jeder zufallig ge-
gebenen gelegenheit die schulbegriffe der mohammedanischen Scholastik
nicht minder klar und sicher darlegte, als er die geschichte und die be-
griffsentwicklung eines beliebigen Wortes vom Arabischen durch das Per-
sische bis ins Türkische hinein zu verfolgen pflegte, ohne, ausser in den
seltensten fallen, auf seinen berühmten durchschossenen und auf den
text- wie auf den durchschussblättern von oben bis unten vollgeschriebenen
Freytag zurückzugehen: und dabei bat er keine Beidbawivorlesung ge-
halten, ohne sich vorzubereiten — häufig fanden ihn seine schüler, wenn
sie in früher morgenstund e zum collegium seine studierstube betraten,
an seinem Stehpulte, den text vor sich, die abschrift von scheicb Zäde's
8uperkommentar daneben. Zu dem erwähnten Zeitpunkte bestand sein
Unterricht, abgesehen von der „arabischen gesellschaft", in welcher
schwierige textstellen besprochen, Übungen im handschriftenlesen u. dergl.
vorgenommen wurden, lediglich in der erklärung arabischer, persischer
und türkischer schriftsteiler. Die gelesenen texte wechselten je nachdem,
häufig nach den wünschen der zuhörer selbst; unverbrüchlich aber waren
die zwei wöchentlichen Beidhawistunden, in welchen er selbst übersetzte
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328 Heinrich Leberecht Fleischer.
und erklärte, des Verständnisses wie der fortschritte der hörer sich durch
häufige zwischen fragen versichernd. In den übrigen 4—6 wochenstunden
wurden arabische, persische und türkische texte den schülern vorgelegt,
an deren Übersetzung sich die berichtigungen und erläuterungen des
lehrers anschlössen. Dabei kam er häufig vom einen auf das andere, so
dass nicht sowohl die lectüre an sich als das wesentliche erschien, sondern
die menge der manchmal sachlichen, überwiegend aber sprachlichen
mitteilungen , die er aus dem unerschöpflichen füllhorn seines Wissens
auf die eifrig zuhörenden, emsig notierenden teilnehmer herabschüttete.
Der vorteil seiner, auf den ersten blick regellosen und abschweifenden
lehrweise bestand ganz abgesehen von der raschen zunähme der positiven
kenntnisse darin, dass man von den verschiedensten Seiten her in den
sprach- und gedan kenkreis der mohammedanischen weit eingeführt wurde,
dass man von dem reichtum und der ausdruckfahigkeit insbesondere des
Arabischen eine lebendige anscbauung erhielt, endlich aber bei jeder ge-
legcnheit nachdrücklichst auf die notwendigkeit hingewiesen wurde, es
mit allem und jedem genau zu nehmen. Dass man durch fleissiges häus-
liches Studium sich selbst systematisch fortbildete, war dabei natürlich
notwendig, wurde indes eben als selbstverständlich vorausgesetzt: so
musste, wer arbeiten konnte und wollte, sich rasch die Sprachkenntnisse
aneignen und die gewohnheit peinlicher genauigkeit auerziehen lassen,
welche nun einmal die ersten grundlagen der arabischen wie jeder philo-
logie sind. Die notwendigkeit, in jedem falle zunächst auf dieser grund-
lage den schülern festen fuss fassen zu helfen, rechtfertigt die nicht
abzuläugnende, ohne zweifei aber gewollte einseitigkeit dieses Unterrichts ;
bin ich recht berichtet , so hat Fleischer in früheren jähren auch syste-
matische collegien, z. b. über islamische dogmatik gehalten — schon
daraus ergibt sich, dass die spätere lehrweise eben nur eine stärkere
concentrierung seiner immer gleich lebhaften bemühungen auf das wich-
tigste und unumgänglichste darstellt. Wir sollten Arabisch, Persisch und
Türkisch lernen und uns jeder neigung zu oberflächlicher arbeit ent-
fremden: hatten wir das gethan, so waren wir ausgerüstet genug, auf
jedem arbeitsfelde , welches sich der einzelne wählen mochte, nach dem
verschiedenen masse unserer kräfte, aber im geiste philologischer ge-
wissenhaftigkeit selbständig weiter zu arbeiten. Was man, auch unter
diesem gesichtspunkte , an dem unterrichte vermissen konnte: eine für
den zukünftigen philologen unter allen umständen höchst wünschenswerte
einführung in die grundsätze der philologischen technik, das zu gewinnen
hatte jeder gelegenheit, wenn er an die ausarbeitung seiner doctor-disser-
tation ging. Denn mit den 8 oder 10 wöchentlichen collegstunden war
Fleischer's lehrthätigkeit bei weitem nicht erschöpft Wie seine bibliothek,
so stand sein wissen und können jedem seiner schüler zur verfugung;
und wenn einer von ihnen in den handschriften , aus denen er seinen
ersten text herausgeben wollte, an einer schwierigen stelle hängen blieb,
brauchte er nur zu dem allzeit hilfsbereiten lehrer zu gehen , um sich
den ausweg eröffnen zu lassen. Er mochte sich begnügen, die gewöhn-
lich sofort bereite erklär ung oder emendation mit nach hause zu nehmen;
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Heinrich Leberecht Fleischer. 329
spitzte er aber das ohr, so konnte er dabei die wenigen methodischen
Grundsätze und kunstgriffe in den kauf bekommen, die schliesslich alle
darauf hinauslaufen, dass man sich seine handschriften recht genau
ansieht, dabei aber die zwei hauptsächlichsten von Lehrs' philologischen
zehn geboten in obacht behält: „Du sollst nicht vor handschriften nieder-
fallen" und „Du sollst den namen methode nicht unnützlich im munde
führen". — Und hatte schliesslich der junge gelehrte mit der erreichung
des doctortitels oder bald nachher seine Leipziger Studienzeit abge-
schlossen, so war das band zwischen ihm und dem meister dadurch nur
äusserlich gelockert. Wann und wie er wollte, mochte er sich an Fleischer
-wenden mit bedenken und fragen jeder art: unermüdlich gab der gütige
mann antwort und auskunft, sah oft genug selbst correcturbogen um
correcturbogen durch — jeder von uns durfte, so lange er lebte, in ihm
seine nie versagende wissenschaftliche stütze sehen. Ich mag in dies
rührende bild selbstloser lehrertreue keinen störenden strich dadurch
bringen, dass ich die frage aufwerfe, ob sie immer mit der einem so
schrankenlosen wohlwollen gegenüber doppelt notwendigen Zurückhaltung
ausgenutzt worden ist. Er hat an eine solche frage nie gedacht: er war
für seine schüler da, so lange er irgend wissenschaftliches streben bei
ihnen voraussetzen konnte, und darum nannte ihn — soweit nicht die
unter jugendlich-mutwilliger form doch unsern grenzenlosen respekt aus-
drückende Übersetzung „der alte" gelegentlich unterlief — keiner anders
als „den scheich." Denn der arabische ehrenname Bchliesst eine andeu«
tung jenes väterlichen Verhältnisses des lehres zum schüler ein, welches
im mohammedanischen Oriente selbstverständlich ist
Aber er war nicht unser scheich allein, er war, als ich in die reihen
seiner schüler treten durfte, längst der „scheich-usch-schujüch" geworden,
der „meister der meister". In gewisser weise ist er das von selbst ge-
worden, seit mehr und mehr die schüler in die Stellungen von mitforschern
hineinwuchsen: die konnten nicht wohl auf den gedanken kommen, über
den meister zu sein. So gross aber ihre zahl war, neben ihnen fehlte es
nicht an gelehrten, die aus der schule Ewald's, Rödiger's, Freytag's und
anderer hervorgegangen ihre Selbständigkeit behaupten durften; in noch
höherem masse war das bei ungefähren Zeitgenossen, wie Dorn und
R öd ig er selbst der fall. Niemand wird läugnen, dass dies zum heile
unserer Wissenschaft geschehen ist. Es ist unter allen umständen ein
unglück, wenn eine schule, und sei sie in ihrer richtung wie in ihren
persönlichkeiten so vortrefflich sie wolle, auf irgend einem gebiete eine
alleinherrschaft ausübt, denn in gewisser weise muss sie immer einseitig
sein und die einseitigkeit ist der tod der Wissenschaft. Nun folgt zwar
schon aus dem über Fleischer' s lehrthätigkeit gesagten, dass ihm selbst
nichts ferner lag, als seine schüler in eine einseitige richtung zu drängen :
wer trotzdem diese ansieht zu vertreten geneigt wäre, braucht nur
Fleischers vorwort zu Behrnauer's Übersetzung der „Vierzig vezire**
(Leipzig 1851) zu lesen, um sich eines besseren zu belehren. Natur-
gemäßes aber folgten die schüler zunächst seinen spuren, und wenn er sie
notwendig immer auf die arabische grammatik verweisen musste, wenn
Beitrlg* i. Irande d. lad*, sprachen. XV. 22
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330 Heinrich Leberecht Fleischer.
andererseits als airfang selbständigen forschens die bearbeitung gramma-
tischer, für den richtig geschulten arabisten immer am leichtesten zu be-
herrschender texte sich empfahl, so konnte es nicht ausbleiben, dass
eine Zeitlang die arabische grammatik in diesem kreise etwas zu über-
wuchern schien. Die folge hat gezeigt, dass die gefahr so dringend nicht
gewesen ist; zu ihrer vollständigen beseitiguog hat indes zweifellos die
thätigkeit jener gelehrten erheblich beigetragen, die von Fleischers Unter-
richt unabhängig geblieben sind. Von seinem Unterricht, aber nicht von
seinem einflusse. Er war nun einmal von den kenntnisreichen der kennt-
nisreichste, von den genauen der genauste: kein wunder, dass sich die
anerkennung, welche mit einer oder zwei ausnahmen seiner wissenschaft-
lichen grosse von denen selbst am bereitwilligsten gezollt wurde, die
selbst die bedeutendsten waren, naturgemäss allmählich in persönliche
Verbindungen umsetzte, bei welchen er zuletzt immer der am meisten
gebende blieb. Mehr und mehr gewöhnten sich in Deutschland wie in
nicht bloß einem fremden lande die fachgenossen daran , seinen rat ein-
zuholen, seine hilfe in ansprach zu nehmen, die den fremden so wenig
wie einem seiner schüler jemals versagt wurde. So kam es dazu, dass
schliesslich in Deutschland Jahrzehnte lang kaum ein umfangreicherer
arabischer text gedruckt worden ist, zu dessen Vervollkommnung er nicht
in ausgedehntem masse beigetragen hätte, und mehr als ein namhaftes
werk ausländischer arabisten hat in derselben weise seine mitwirkung
erfahren — sei es dass er während des druckes die einzelnen bogen
durcharbeitete, oder nach Vollendung eines bandes die ergebnisse seiner
aufmerksamen lectüre zusammenfasste , damit sie für etwaige nachtrage
verwerthet werden könnten. Es ist eine ganze bibliothek arabischer
Schriftsteller, zu deren Herstellung er auf diese weise geholfen hat:
Amari'8 Bibliotheca arabo-sicula, Juynboll's Abulmahäsin, der Mak-
kari, Tornberg's Ibn el-Athir, Wüstenfeld's Jacut, Flügel's
Fihrist, Wright's Kamil, de 6 oe je' s Bibliotheca geographorum, Jahn's
Ibn Ja'isch — um nur aufs gerathewohl einige der wichtigsten heraus-
zugreifen. Hand in hand mit der eignen kritischen thätigkeit dabei
musste natürlich eine umfangreiche correspondenz gehen — um so zeit-
raubender, als auch sie mit einer fast umständlich zu nennenden ge-
wissenhaftigkeit behandelt wurde, ohne welche doch die regelmässigkeit
und Sicherheit dieser zahllosen Verbindungen nicht hätte aufrecht erhalten
werden können.
Mit dem fortschritte der orientalischen Studien in Deutschland hatte
schon seit den dreissiger jähren sich das bedürfnis nach herstellung eines
näheren Zusammenhanges zwischen den Vertretern der verschiedenen
fach er dieser Wissenschaft lebhaft fühlbar gemacht Einen solchen her-
zustellen hatten 18S7 Ewald, Kosegarten, Rödiger und Rückert
mit einigen anderen die „Zeitschrift für die künde des morgenlandes"
gegründet; seit 1838 boten die philologenversammlungen ort und ge-
legenheit, mit fachgenossen im weiteren sinne persönlichen verkehr za
pflegen. So lag der gedanke in der luft, den im September 1848 bei
einem besuche mit Pott, Olshausen, v. d. Gabelentz, Brockhaus
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Heinrich Leberecht Fleischer. 331
in Fleischer 's hause R ö d i g e r aussprach : im anschlusse an die philo-
iogenversammlungen jährliche Zusammenkünfte deutscher Orientalisten zu
veranstalten. Es ist bekannt, wie dieser gedanke gleich 1844 auf der
Dresdner philologenversammlung zur ausfuhrung kam, und wie in folge
dort gepflogener beratungen auf der Versammlung des nächsten Jahres
in Darmstadt am 2. october 1845 nach dem vorbilde der Societe Asiatique
und der Royal Asiatic Society die deutsche morgenländische ge-
sell schaft gestiftet wurde, in deren „Zeitschrift" von 1847 an die
„Zeitschrift für die k. d. m." aufging. Von anfang hatte Fleischer
mit besonderem eifer sich der sache angenommen, die Dresdner Verhand-
lungen waren unter seinem Vorsitze gepflogen worden, der Statutenentwurf
seiner feder entflossen; und wie sein mitgliedsdiplom die nummer eins
getragen hat, so ist er, unbeschadet der treuen mitarbeit zahlreicher und
verdienter männer, bis zu seinem austritte aus dem vorstände (1880) die
eigentliche seele der gesellschaft gewesen, wiederum vermöge jener Selbst-
losigkeit, welche ihn seine kräfte stets in den dienst des allgemeinen
besten treten liess. Ueberall, wo not am mann war, ist er eingesprungen,
bald als redacteur der Zeitschrift, bald als jahresberichtserstatter, bald
als begutachter und verbesserer fremder arbeiten, welche unter der auto-
rität der gesellschaft gedruckt werden sollten, bald als vermittler zwischen
gegenBätzen, die sich in gesellschaftskreisen gebildet hatten. Wie ein
kind, das er unter vielen mühen und mancher sorge grossgezogen, war
ihm darum die gesellschaft an's herz gewachsen; nirgends, ausser wo
ihm unwahrhaftigkeit entgegentrat, konnte er so böse werden, als wenn
jemand die interessen der gesellschaft verletzt hatte oder seinen Ver-
pflichtungen gegen sie nicht pünktlich nachgekommen war. Er selbst
legte sich, so lange er im vorstände als bibliotheksbevollmächtigter waltete,
vierteljährlich die strafe auf, alle bei ihm inzwischen eingelaufhen bücher
und hefte zu verzeichnen und die liste der an den bibliothekar
nach Halle wandernden kiste beizulegen. Später ist durch herstellung
direkten Verkehrs zwischen der bibliothek und den correspondenten der
gesellschaft diese arbeit in wegfall gekommen; bis dahin ist, als ich
bibliothekar der gesellschaft war, manche solche liste von seiner band durch
die meine gegangen. Ich kann mich nicht entsinnen je ein versehen
darin gefunden zu haben, wohl aber, dass ich oft den wünsch fühlte,
er möchte durch solche h and 1 angerar b ei t , für die er willige hände zu
dutzenden um sich gefunden hätte, nicht stunden seiner kostbaren zeit
sich rauben lassen. Aber er würde den bedenklich angesehen haben,
der ihm zugemuthet hätte anderen zu übertragen, was zu thun er als
seine pflicht betrachtete. Und darin hatte er ohne zweifei recht: die
gesellschaft wäre nicht das geworden, was sie ist, hätte er Beine pflichten
nicht in so weitgehender weise aufgefasst. Dafür hatte er denn auch
die freude, sie wachsen und gedeihen zu sehn, dass sie bald ebenbürtig
den älteren vereinen des ausländes zur seite trat und in der reihe der
gelehrten vereine Deutschlands eine geachtete Stellung einnahm. Einmal
freilich hat ihm diese Stellung ungelegenheiten geschaffen: als der vor-
stand in die läge versetzt wurde, den ankauf der gefälschten moabitischen
22*
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332 Heinrich Leberecht Fleischer.
altertümer der preussischen regierung zu empfehlen. Es ist hier nicht
der ort und wäre nirgends meine sache, den staub, unter welchem diese
unglückliche angelegenheit endlich begraben ist, von neuem aufzuwirbeln.
Es ist gewis eine richtige auffassung der aufgäbe eines geschäftsführenden
ausschusses, die nachmals zu dem beschluase der generalversammlung
der d. m. g. gefuhrt hat „dass gutachten über wissenschaftliche und ins-
besondere über streitige fragen, welche der geschäftsführende vorstand er-
„teilt, gemäss der dem letzteren in den Statuten gegebenen Stellung nicht
„als meinungsausdruck der gesellschaft gelten können 1 ' 1 ). Hat Fleischer
hier einen verhängnisvollen formfehler passieren lassen, so hat er nachher
in der grossmütigsten weise mehr von der ganzen Verantwortung sich
mit zuschreiben lassen, als er nötig gehabt hätte. —
Wer noch einmal die ausgedehnte und vielseitige thätigkeit über-
blickt, die ich eben, immer noch unvollständig genug, zu schildern ver-
sucht habe, wird wahrlich keinen grund zum zweifei finden, wenn Fleischer
an der oben angeführten stelle seiner vorrede zu Fell's Indices fort-
fahrt: „ceteris adsevero otium mihi et vires defuisse, non voluntatem et
Studium^. Um so weniger konnte er noch müsse finden zur Vorbereitung
und ausführung grösserer, zusammenhängender werke selbständiger ge-
stalt; die koran Übersetzung , an der er oft und lange gearbeitet, ist un-
vollendet zurückgeblieben. Trotzdem ging sein wirken in seiner thätig-
keit für schüler, fachgenossen und allgemeinheit nicht auf; jede freie
minute widmete er wieder jener aufgäbe, die er sich gestellt sah: die
arabisch -mohammedanische philologie auf der höhe, welche sie durch
de Sacy erreicht hatte, zu halten, wo möglich eine weitere stufe sie
erreichen zu lassen. Die kritische thätigkeit, durch welche sein auftreten
bahnbrechend wurde, hat er bis zuletzt auf das eifrigste fortgesetzt : lange
zeit durch besprechung neuer bücher in der Halliachen litteraturzeitung,
Gersdorf 8 repertorium u. s. w., später ausschliesslich in der Zeitschrift
der d. m. g. : hier mögen für die leser der „Beiträge 4 ' seine ausführlichen
anzeigen der neubearbeitung von Rückert's Poetik und rhetorik der
Perser und der Bach er 'sehen ausgäbe von Sa'di's kleinen gedienten
hervorgehoben werden, die im 8. bände der „Kleineren Schriften" wieder
abgedruckt sind. Daneben liefen umfangreichere kritische beitrage zur
Verbesserung arabischer textausgaben, besonders des Makkari und Abul-
m aha sin, endlich eine menge kleinerer arbeiten zur arabischen, per-
sischen und türkischen litteratur, geschiente und archäologie, wie sie ihm
der zufall weniger als gelegentliche Vorkommnisse in seiner correspondenz,
in der gesohäftsführung für die d. m. g. u. dergl. nahelegten. Zwei
grosse Serien treten zwischen all dem, so reiche belehrung im einzelnen
auch darin zu finden ist, mächtig hervor: die berühmten „Beiträge",
erst zu de Sacy 's Qrammaire arabe, dann zu Dozy's Supplement aux
dictionnaires arabes.
„Grammatici Arabes utüissimi nobis (sunt enim thesauri formarum
totiusque antiquitatis promi condi/ 1 hat kein anderer als Ewald*) ge-
*) ZDMG. bd. 81 s. XV. *) Gramm, crit ling. ar. I s. IV.
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Heinrich Leberecht Fleischer. 333
urteilt. Es ist eins der grössten, wenn nicht das grösste verdienst
de Sacy's, die ganze arabische philologie auf diese grundlage gestellt
zu haben; und es ist ein nicht minder grosses verdienst Fleischer' s,
dass er grade in dieser grundlage das werk seines meistere ergänzt und
vollendet hat, im geiste jener bescheidenheit und pietät gegen den ge-
liebten lehrer, die ihn bis an sein lebensende beseelten, aber mit der
überlegenen kenntnis, die sich zu erringen ein mann wie er eben in der
schule de Sacy's gelernt hatte. Ein hervorragendes talent, das mit einem
besonderen Sprachgefühl für das Arabische ausgestattet ist, mag es fertig
bringen, wirklich Arabisch zu verstehen und die vielen kleinen fallen zu
vermeiden, welche schrift, formenschatz und syntax dieser hinterlistigsten
der mir bekannten sprachen dem harmlosen leser zu stellen wetteifern:
der durchschnittsgelehrte wird, wenn er nicht seinen de Sacy mit
Fleischer's beitragen in sich verarbeitet hat, immer verloren sein, wenn
verloren sein für einen philologen bedeutet, auf eine längst überwundene
stufe wissenschaftlicher entwickelung kläglich zurücksinken. Dass nie-
mand, der fleiss und guten willen besitzt, solcher gefahr mehr ausgesetzt
ist, haben wir alle dem „alten" zu verdanken. Und was seiner zeit der
durchschossene und zerlesen e Freytag für uns war, dasselbe was in der
grammatik de Sacy mit den „Beitragen* 1 bedeutet, das ist für das lexikon
Dozy's Supplement mit den berichtigungen und Zusätzen Fleischet^:
die „Kleineren schritten", deren insgesamt 2225 Seiten diese schätze mit
den früher erwähnten umfassen, sind ein Vermächtnis, dessen gewissen-
hafteste Verwertung noch auf lange zeit hinaus die erste pflicht jedes
wissenschaftlichen arabisten sein wird.
Gewissenhafteste Verwertung — nicht minder aber dankbarste. Um
seinen schülern und fachgenossen werden zu können, was er ihnen ge-
wesen ist, hat er um die zeit, wo seine kraft ihre grösste reife, sein
wissen seinen vollsten umfang erreicht hatte, darauf verzichtet, anders
für sich zu arbeiten, als indem er für andere arbeitete. Vielleicht hat
mancher schon das gefühl gehabt, das mir vor einigen jähren ein be-
deutender und ideenreicher fachgenosse aussprach : er könne Fleischer
ordentlich böse sein, wenn er sehe, wie er mit diesem wissen und können
auf die lösung der höchsten aufgaben verzichte. Ich kann dem unge-
nannten freunde nicht recht geben. Mancherlei gaben, ein geist: dem
einen ist gegeben, in kühnem wagen neue länder zu entdecken, dem
andern, daheim gesetze und Ordnungen zu schaffen — nicht eins oder das
andere ist das rechte, sondern keins kann ohne das andere bestehen.
Als Fleischer auftrat, brauchten wir gesetze und Ordnungen: er hat sie
geschaffen, nun mögen die mutigen auf entdeckungen ausgehen, die minder
bedeutenden werden gut thun daheim zu bleiben und zu achten, dass
gesetze und Ordnungen nicht von neuem untergraben werden. Gewis wäre
es etwas grosses gewesen, hätte unser scheich uns etwa das gebäude einer
islamischen dogmatik geschaffen : aber ist es nicht grösser, dass er ganzen
generationen die Werkzeuge geschliffen und sie ihren gebrauch gelehrt
hat, dass sie nun selbst bauen können, nicht so rasch und nicht so hoch,
aber vielarmig in die weite?
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334 Heinrich Leberecht Fleischer.
»Dass ich dir' 8 mit einem worie sage, mich selbst , ganz, wie ich da
»bin, auszubilden, das war dunkel von Jugend auf mein wünsch und meine
„absieht" schreibt Wilhelm Meister an den klugen Werner. Es ist noch
nirgend treffender ausgedrückt worden, was der mensch mit sich selber
anzufangen hat. Fleisch er war eine durchweg klare, scharfsinnige und
verständige natur, allem mystischen und verschwommenen wesen abge-
neigt, zum kritiker geboren, aber nicht nur zum kritiker für andere,
sondern vor allen für sich selbst. Dazu kamen in seinem wesen die
herrlichen eigenschaften der pflichttreue, der Wahrhaftigkeit, des Wohl-
wollens und der nur auf die sache gerichteten, bescheidenen Selbstlosig-
keit. Es ist keine dieser anlagen, die er nicht auf das gewissenhafteste
ausgebildet hätte ; und es Riebt keine andere , die er versucht hätte sich
anzudichten. Einem solchen manne konnte es nie verborgen bleiben, dass
eine reine ausbildung des eignen weseDS niemandem gelingt ausser durch
selb8tbeschränkung. Er war in keiner weise einseitig, weder in seinen
anschauungen noch in seinen Studien; aber er wusste genau, wo seine
stärke lag, und war zu weise, gegen den sprach zu fehlen : Qui trop em-
brasse, mal etreint. „// ne faut pas courir deux Uevres ä la fois", schrieb
er mir einmal — er bediente sich gern des Französischen, das er voll-
ständig beherrschte — und diesen grundsatz hat er in der bewusstesten
weise in Beinern ganzen wissenschaftlichen leben durchgeführt. Er spricht
es schon in der vorrede zu den „Goldenen halsbändern" mit klarer be-
stimmtheit aus: „dass im Arabischen weder guter wille, noch fleiss, noch
„Scharfsinn, noch witz, noch sonstige Sprachgelehrsamkeit, noch irgend etwas
»auf der weit von der nothwendigkeit entbinden kann, bey den arabischen
v philologen selbst, und hier in Europa zunächst bey Meister de Sacy, ganz
»bescheiden, und lange, und treußeissig in die schule zu gehn; — womit
»ich übrigens keineswegs gesagt haben will, dass es nicht den Bemühungen
»Ewald* s und seiner geistesverwandten mit der zeit gelingen werde, das
„unendlich reiche material arabischer Sprachgelehrsamkeit in eine ange-
„messnere form und bequemere übersieht zu britigen, so wie auch für manches
»eine bessere erklürung und tiefere Begründung zu finden*". Kr übersieht
die berechtigung von Ewald 's sprachwissenschaftlicher richtung so wenig,
wie Ewald es übersieht, dass die arabischen grammatiker die promi condi
totius antiquitatis sind: aber er beschränkt sich mit vollem bewusstsein
auf die rein philologische seile der aufgäbe , denn il ne faut pas courir
deux Uevres ä la fois. Eine abweichung von dem grundsatze hat er sich
eigentlich nur an einer stelle gestattet, auf einem grenzgebiete , dessen
betreten sich schwer vermeiden Hess — dem der gemeinsemitischen
etymologie: wer deswegen einen stein auf ihn werfen will, thue es auf
Joh. 8, 7 hin. Dieser Selbstbeschränkung, neben anderem, verdankt er
seine unvergleichliche grosse auf dem philologischen gebiete, das, wie
man will, von ihm erwählt oder ihm naturgemäss zugewachsen war.
Jedenfalls hätte kaum ein anderes in dem grade seiner natur entsprochen.
Die consequente gesetzmässigkeit und durchsichtige klarheit des arabischen
Sprachbaus musate seiner geistesart ebenso zusagen, wie die unendliche
fülle und scheinbare verwickeltheit der sprachlichen erscheinungen seinem
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Heinrich Leberecht Fleischer. 335
Scharfsinne willkommne aufgaben bot; and die ihrer spräche analoge
art der arabischen dichter und Schriftsteller machte ihn zu deren ge-
borenem erklärer. Diese teilweise congenialität — denn auf der andern
seite war er ein ächter Deutscher mit einem ganz unarabischen gemüt —
im verein mit der fülle seiner sprach- und Sachkenntnis hat ihn zu der
gradezu beispiellosen Virtuosität und Sicherheit in der kritik arabischer
texte gelangen lassen, die wohl, für den augenblick wenigstens, seinen
rühm am meisten gesteigert hat. So wenig grundsätzlich irgend ein
unterschied zwischen der richtigen philologischen behandlung eines
griechischen oder lateinischen und eines arabischen oder persischen textes
besteht, so bringen es doch mancherlei äusserliche besonderheiten der
mohammedanischen litteratur — die geringere zeitentfernung zwischen
dem autograph und den vorliegenden handschriften, die art der arabischen
schriftzüge u. dergl. — zu wege, dass auf unserem gebiete, um die schul-
worte zu gebrauchen, mit der recensxo zwar bisweilen das wesentlichste,
in der mehrzahl der falle aber das geringste geschehen ist, der Schwer-
punkt der kritischen arbeit da in die emendatio fallt; und mit ähnlichen
umständen hängt es zusammen, dass die conjeetur bei uns verhältnis-
mässig seltener, als bei den dasei sehen philologen, + probabilis, sondern
meistens entweder richtig oder falsch ist. Daher kann man sagen, dass,
von blossen Schreibfehlern abgesehen, conjicieren überhaupt in der clas-
sischen philologie, richtig conjicieren, also emendieren bei uns ceteris
paribus leichter ist; und aus beiden gründen dürfen wir uns bei der
blossen recensio viel weniger beruhigen, als unter umständen unsere
griechisch-römischen col legen. Es folgt, dass ein mann wie Fleischer
nicht etwa, weil er tausende von Verbesserungsvorschlägen gemacht hat,
mit dem lobenden epitheton „glückliches conjecturentalent" in die grosse
rumpelkammer der vereinigten apparate zu verweisen ist: seine conjeeturen
sind — wenn eine solche Schätzung zulässig erscheint — mindestens zu
zwei dritteln emendationen. Und so hätte er noch ein halbes dutzend
texte wie den Beidhawi herausgeben können, die leistung wäre weder so
grossartig noch so fördernd für unsere Wissenschaft gewesen, wie die-
jenige, welche seine kritischen beitrage zu den von anderen herausge-
gebenen texten darstellen. Wer das zugiebt, wird darin mir ebenfalls
beistimmen, dass der selbstlosen und in weiser beschrankung zielbewussten
arbeit auch hier der ungewollte preis von selbst zufallen musste.
Es ist zeit, abzuschliessen. Fleischer's bedeutung in der geschiente
unserer Wissenschaft besteht darin, dass er die von de Sacy begründete
wissenschaftliche behandlung der arabisch-mohammedanischen philologie
durch lehre und beispiel in Deutschland heimisch machte, generationen
von schülern in diesem sinne erzog, in dem gleichen sinne auf die mit-
forscher in Deutschland wie in der fremde einwirkte; dass er die summe
des von de Sacy erreichten auf dem besonderen gebiete der arabischen
spräche und litteratur verdoppelte; dass er die arbeiten seiner Zeit-
genossen durch seine hilfe auf die höhe des eignen Standpunktes empor-
hob. Weder an bedeutenden mitarbeitern noch an solchen, die an den
von ihm selbst gezogenen grenzen seines wirkens ergänzend einsetzten,
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336 Heinrich Leberecht Fleischer.
hat es ihm gefehlt; trotzdem bleibt er und kein anderer der wahre erbe
und nachfolger de Sacy's. An positivem wissen und können bat er
seinen grossen lehrer vielfach übertroffen, aber er selbst würde zornig
den heimgesandt haben, der ihm als wissenschaftlicher Persönlichkeit den
Vorrang vor dem altmeister zugesprochen hätte : *t\£XjÜ J^aail „die ehre
dem der vorangeht". —
Dem Verdienste des grossen gelehrten entsprach die ehrende aner-
kennung, die ihm von allen Seiten zu teil wurde. Die hervorragendsten
Orientalisten Deutschlands und des ausländes erkannten bereitwillig sein
einziges wisBen und können an, die gelehrten gesellschafben belehnten
eine nach der andern ihn mit ihrer ehrenmitgliedschaft, und zu mehreren
sächsischen orden und dem türkischen Medjidie fügten sich die beiden
höchsten anszeichnungen , welche Deutschland für wissenschaftliche Ver-
dienste zu spenden hat: der bayerische Maximilian und der preussische
pour le merüe. Dabei schien es lange zeit, als könnte auch das alter
nicht der arbeitskraft noch der arbeitslust des achtzigjährigen etwas an-
haben. Im frühjahr 1884 indes traten die ersten anzeichen eines unter-
leibsleidens hervor, das nach längerem hin- und herschwanken sich all-
mählich doch verschlimmerte. Aber wer ihn in guten tagen sah, merkte
kaum etwas von einer Veränderung in seinem aussehen, nicht« von irgend
welcher in seinem wesen. Am 19. October 1885 durfte ich ihn zu seinem
60 jährigen amtsjubiläum mit vielen anderen begrüssen, und am 4. October
1886, wo ich ihn abermals in seinem herbstaufenthalt zu Neu-Schöne-
feld aufsuchte, konnte ich in mein tagebuch eintragen „Fleischer frisch
wie immer". Doch hatte er schon 1886 von dem seit dem amtsjubiläum
ihm gewährten dispens von den sommervorlesungen gebrauch machen
müssen, auch die arbeit beschränkte mehr und mehr das gebot des arztes.
Als ich ihn am 7. October 1887 wieder in Leipzig aufsuchte, sah ich,
dass ich Bchweigend für dieses leben von ihm abschied nehmen musste.
Er hat trotz der zunehmenden schwäche noch die Wintervorlesungen des
Jahres angefangen und sie bis zum 17. November durchgeführt; aber der
18. warf ihn auf das lager, von dem er sich nicht mehr erheben Bollte.
Die grossen schmerzen seiner krankheit ertrug er mit grossartiger geduld ;
nie ist eine klage über seine lippen gekommen, bis ihn am 10. Februar
1888, kurz vor der Vollendung seines 87. lebensjahres , der tod erlöste.
Diegrundzüge in Fleischer' s wesen sind Wahrhaftigkeit, gewissen-
haftigkeit, Selbstlosigkeit und Pünktlichkeit gewesen. Ich habe niemals
unterscheiden können, was er dabei der natur, was der früh geübten
strengen Selbstzucht schuldig war. Aber zur natur war ihm auch das
geworden, was er der gewöhnung verdanken mochte: sein gemüt empörte
sich, er wurde zornig und fast schien es, als verliesse ihn das grandgütige,
im besten sinne gutmütige wolwollen, das schon in seinen zügen aus-
geprägt lag, wenn ihm Unwahrheit, leichtfertigkeit oder unpünktlichkeit
entgegentrat. So lange keine beweise von unwahrhaftigkeit anderer vor-
lagen, war er arglos, ab und an vielleicht zu sehr; aber wer ihm in
seinem zarten sinn für das rechte anstoss gab, mochte seinen Unwillen
scheuen. Doch war jede rechthaberei seinem wesen fremd; es ist wohl
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Heinrich Leberecht Fleischer. 337
vorgekommen, dass er den oder jenen unrichtig beurtheilt hat, aber da
hat er bei der ersten Veranlassung sein urteil geändert, bereitwilliger
zum günstigen, doch, wo gewichtige gründe vorlagen, zum ungünstigen.
Es lag eine strenge und ruhige Sachlichkeit in allem, was er dachte und
that: auch bei wissenschaftlichen Verhandlungen erwartete er, dass man
dem, was er als richtig erkannt hatte, sich nicht verschluss; aber von
dem jüngsten seiner schüler nahm er belehrnng an, wenn es dem zufallig
gelungen war, etwas zu finden, was der scheich nicht gesehen hatte.
Eine andere als eine sachliche polemik hat er nie gekannt, mit einer ein-
zigen ausnähme: als ihn Ewald in der weise, die leider dem andenken
des gewaltigen mannes noch heute abbrach thut, anschuldigte, dass bei
ihm „unlautere antriebe in die Wissenschaft eingreifen 1 ', hat er in einer
gedruckten „auseinandersetzung mit herrn professor dr. Ewald in Göt-
tingen" seinem berechtigten Unwillen deutlichen, obwol immer noch mass-
vollen ausdruck verliehen. Das bekannte misverständnis mit Dozy, den
Fleischer ohne jede absieht verletzt hatte, ist in der für beide grosse
gelehrte ehrenvollsten weise gelöst worden. Was er konnte und leistete,
dessen war er sich bewusst: aber er machte sich kein verdienst daraus.
Jede leistung eineB anderen , sei es auf dessen oder auf seinem eignen
gebiete, erkannte er auf das freudigste an; und de Sa cy 's ganzer person
wie Lane's nach seinem urteile ihm selbst überlegener kenntnis des
Arabischen hat er sich stets ohne zögern untergeordnet. Er ist nie eitler
ehre geizig gewesen; er hat nie das seine gesucht.
Was man wohl Fleischer' s Bchule genannt hat, ist als ein ganzes
kaum noch zu betrachten. Die arabischen Studien, deren überwiegen
eines der kenntlichsten merkmale des Zusammenhanges bildeten, haben
in Deutschland einbusse erlitten. Vor allem durch die härte des Schick-
sals, welches grade von den besten arabischen philologen aus Fleischers
schule mehrere vorzeitig dahin gerafft hat: Ralfs, Loth, Spitta, in
zweiter linie KoSut und Hub er. Manche von uns haben sich neue
wege gesucht, das allgemeine interesse lenkt sich vielfach auf die assy-
riologischen und sprachwissenschaftlichen facher ab; die fuhrung auf dem
arabischen gebiete ist im begriffe auf die holländische schule über-
zugehen. Aber es ist gleich, was wir treiben, so lange wir unserem
scheich in dem nachstreben, was uns kleineren erreichbar ist: zu arbeiten
um der sache willen, ehrlich, fleissig, gewissenhaft und bescheiden.
Königsberg, 14. april 1889. A. Müller.
Berichtigungen.
S. 48, z. 14 lies „triefaugig" für „tiefäugig".
„ z. 34 „ „marenc" für „merenf".
„ z. 35 „ „merk" für „rnerp".
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338
Register.
I. Sachregister.
Ablaut: definition des a. 304 ff.;
ablautsreihen 806 ff.; an den pro-
nominalstämmen dargethan 3 10 ff.;
a. in casusendungen 16 n.
Accent: ursprünglicher a. der vo-
cative 296 ff., zweifacher a. un-
eigentlicher composita im Skr.
15; Vereinigung zweier häufig ver-
bundener Wörter unter einem a.
im Skr. 27; der äolische a.
eine folge des secundäraccents
157; Zurückziehung des a. im Ky-
prischen 74.
Apokope der präpositionen im
Kyprischen 53.
Aspiration im Altirischen nach
verben 100 ff.; hinter ehemaligem
-* keine a. 119.
Augment: Ursprung des a. 157 f.
Auslaut: behandlung von altem
auslautendem äi und ai im Lett.
299. 301 f. — Ausl. m und y
fielen im Got. vor Inkrafttreten
der übrigen auslautsgesetze ab
292.
Avesta: Y. 9, 4 s. 259. — 13, 2
s. 11. — 17, 11 s. 12. - 31, 8
8. 38; 22 s. 11. - 33 übersetzt
248 ff., erläutert 251 ff. - 34. 4
s. 12; 6 s. 257. — 35, 4 s. 260.
— 44, 3 8. 9; 11 s. 256. — 45,
8 s. 38.— 46. 11 s. 11; 16 8. 14.
— 48, 1 s. 259. — 49, 11 s. 11.
— 50, 2 8. 14. — 51, 4 s. 260;
7 s. 261; 12 s. 12; 14 s 260. —
70, 4 s. 11. — Yt. 19, 44 s.254.
— 22, 8 8. 38. — V. 2, 25 8. 13.
— 3, 32 b. 42. — 19, 40 s. 20.
— Vsp. 3, 7 s. 12.
Bedeutungsentwickelung: 50.
89. 129 f. 133. 284 f.
Conjugation: inchoativa auf idg.
ßk^h 187 f. n.; vcrbalendungen mit
r im Arischen 41 n. Nahe bc-
ziehung der infinitive zu gerun-
dien und gerundiven 217. 231.
238 f. Infinitive mit dativendung
224 ff. 238 ff. ; infinitive und ge-
rundien mit locativendung 240 f.,
mit accusativendung 242 ff. —
Infinitive auf ar. -am 217 ff., -yäi
227 ff. 239, -yä236f., -«*, sai
230 f., -asai 231 n.; ai. taväi 224 f.
239 ; -tyäi 232. 234, -dhyäi 234 f.
262 ff.; av. -dyüi, -dhyäi 235 f.;
zwei neue av. infinitive 12 f.; ge-
gerundium auf tväya (tvdyä) im
Skrt. 239 f. Partie, med. auf
-and im Skrt. 187. 189. — Ver-
schwinden der alten 5. klasse im
PrSkrit 123. - G riech, infi-
nitive auf -<r&tu 262. 267. Yerba
contractu bei Herodot auf -4m
162 f., mit langem vocal vor der
endung 164 ff.; c. im Kypr.
75 ff; verba auf -£o) im Kypr.
78 f. — Das 6-praeteritum im
Lat 245 n. — Aspiration nach
verbalformen im Altirischen
100 f. , nach dem verb. substant.
106 fi". — Germ, verba auf -izän
282 f.
Consonanten: Arisches gh ge-
genüber europ. g und umgekehrt
25; Umstellung der anlautsgruppe
Zischlaut + verschlusslaut in ge-
wissen fallen des sandhi 25, von
an zu ^ 160; idg. k t h, sk^h zu
skrt. ch 187 f. n.; s+s wird nie
zu t + s 188 n. 199 f. n.; skrt
d + h im sandhi zu jfh 28 n.;
Übergang von skrt. dh zu h 121,
$rA zu A im Päli 124; skrtfottim
Mittclind. nur zu ddh 123 f.
— Dissimilation zweier r im Skrt.
18, im G riech. 136, zweier Jl
73. — a aus kj, zwischen vocalen
im Lak. verhaucht 136. Ky-
prisch: behandlung des s 60 f.,
des a im anlaut 64 f., zwischen
vocalen 65 f. , im auslaut 61. 67,
des | 68 f.; j nach * entwickelt
69, nach y vor tt (yu zu £«) 70,
auslautender nasal abgeworfen 73.
— Behandlung alter tenuis aspi-
rata im Slav. 287. — Rhotacis-
mus im Lat und German. 272 ff.,
begünstigt durch die naebbar-
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Register. 339
Schaft dunkler laute 278 f., in tiger stimmton der latein. und
den romanischen sprachen 274; altgerm. sprachen 273.
ausnahmen von dem grammati- Lehnwörter: im Kypr.-Griech.
Bchen Wechsel zwischen * und r aus dem Semitischen 82, im
nach hellem vocal im Germ. Griech. aus dem Lituslav. 131,
(Altengl., Altfries., Ahd.) 276 ff., im Lat. aus dem Lituslav. 184,
(An.) 282; behandlung von ur- im Alb an. aus dem Griech. 137,
germ. z in Stammsilben nach t im Altsl. aus dem Ahd. 285.
280, nach ai 278. 280, in flexions- Mythologie: wesen der T e 1 -
endungen 280 ff.; silbenbildendes chinen 148 ff.
$», p 8. vocale; vgl. lautphysio- P&nini über die betonung des vo-
logie. cativs 296 f. — P.'s infinitivendung
Declination: Heter oclisie nirgends adhyäi 263 ff.
ursprünglich 30 f.; alte casusaus- Pronomina: s. ablaut.
gange in infinitiven erhalten 224, Kgveda: 1, 24, 8 s. 21 n. 1; 34, 6
8. conjngation. — Acc. sing. ■■ lj 62, 8 s. 20 n.; 90, 7 s. 20;
idg. auf -m 292 ff., auf -n 296. U6, * s. 30; 124, 7 s. 2. — 2,
Zwei verschiedene formen des 33, 16 s. 7. — 4, 2, 12 a. 3 f.;
idg. vocativs erhalten im Skrt. 2, 14 s 4; 2, 16 s. 28; 19, 4
und Lit. Lett. 296 ff. — Dat. «• 28 f.; 38, 3 s. 6. — 5, 37, 4
sing, von o-st. im Veda und 8. 84n.; 64, 7 8. 3. 6. — 6, 5, 2
Avesta auf -5 221 ff., auf -ai im »• 28 f.; 48, 17 s. 16; 51, 11
Veda 223 f. 247, entstehung der b. 28 f. - 7, 21, 6 b. 26; 39, 3
endung >äya 223. — Locative *• 21 n. 26; 60, 2 s. 26; 69, 4
sing, auf -r 14 ff.; auf n 14. s- 1 *•; 71, 1 s. 21. — 8, 27, 2
18 f. 25 ff. 39. 42; auf -in 18; auf s. 20; 41, 2 s. 31 n.; 67, 3 s. 26 n.
•u neben solchen auf -t 23, auf o — 10, 45. 4 s. 28; 61, 9 s. 42;
im Skrt. 216 f., auf -/* {vt) 77, 74, 6 s. 13; 79, 2 s. 5; 99, 12
auf -et im Griech. Lat. 156. - 8, 4 ff.; 106, 10 s. 28; 176, 1
Ablativ auf -tos 32. — Gen. •■ 28.
plur. im Veda mit zerdehnung Stamm: stamme auf -ii im Griech.
-äam= got auf.« 293f — Instr. 178, st. auf -o«, -c« im Germ,
plur. mit -U im Av. Griech. 281 ff. Bildung von r- und n-
16. — Gen. sing, der «-stamme stammen aus locativen 39. 42,
im Ion. 167 ff. — Zur d. im nebeneinanderliegen beider 40 f.,
Kypr. 77 ff — Dat. sing, im Übergang von n- in «-stamme 30.
Irischen 119. — Lettische 43 i von r- in «-stamme 43. Bil-
ablative 297 n.; vocative auf -u, o düng von «-stammen aus ablativen
296 ff, auf-*, lit. -a* 298 f. — auf -tos 32. Stammbildung aus
Ahd. neutr. pl. auf -ir 282. casusformen, die erster teil eines
Denkmal d. litauischen spräche Q n com f ° itu A m r 8 8 „ in * **• 2 jL fftm
auf einem seidenbande vom jähre Su i' lX R e ,\ A ft r ; %Z %*%'JZ'
1MO jqq J tka ot. ar. tem. -wt zu masc.
1DU 8. 1ÖV. ^ 9 adyerbia auf g 21 n-)
Dialect: Homerische worter im auf -ter 23. Ortssuffix -w, -tvo-,
kypr. d. 83; s. glossen, Herodot. lett m6ne 155; Bm m%to (=== ^
Glossen: die kyprischen g. als 175.
quelle des dialects 44 ff., mit un- Syntax: ein genet. temporis
recht als kyprisch bezeichnete g. im Rgv. nicht nachweisbar ausser
46. — Alt irische g., welche bei adverbien 200 ff. — Pradica-
postverbale aspiration zeigen tiver gebrauch des infinitivs im
100 ff. Veda 233. — Av. vac mit acc. c.
Herodot: über die spräche des H. inf. 13 f.
161 ff. Taittiriyasamhitft 4, 6, l. t
Lautphysiologischer unter- s. 26.
schied zwischen weichen und VajaBaneyisamhitS 13, SO
scharfen Spiranten 270 ff. — s. 40 n. — 17, 6 s. 26. 28. —
Dumpfer klangeharakter und kraf- 23, 13 8. 7.
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340
Register.
Verwandtschaftsverhältnisse
der Kyprier 93.
Vocale: behandlung von ä«, eu,
du vor consonanten 17 n.; t, l im
8k rt. wurzelauslaut vor suffix
gegenüber schwächerer form im
Äv 10. Ar. a aus p (an, na) %
nie aus tp (am, ma) 292. G riech,
et ans p und p 292 ; Schwund des
* von diphthongen vor palatalen
vocalen 182, fem auf -£a von
adj. auf -vg bei Herodot 184;
contraction von «a> im Att. 169,
quantitatsurasetzung im Ion. 166 ff.,
zusammenziehung von tat im Att.
wenn nicht f ausgefallen war und
der ton auf einem der beiden vo-
cale lag 169; die vocale im Kypr.
47 ff., entwickelung von v vor f
57. — Behandlung von $•, p im
Latein. 220 n. — Urgerm. e vor
r aus ija, ahd. *, «a, ia 133. —
Entwickelung eines u-vocals vor
sonanten im 6 er man. 283.
Webewerkzeuge der Litauerin-
nen 142 ff.
Sanskrit.
akti 20
aktüf 220 n.
aktof 22. 204 f.
aktäü 20. 22
akfän 37
dkfi 37
dechä 813
ätithif 10 ff.
adds 311
adhi 815
addha 187
andk 87
anaähä 38
anufthu 23
anö '810
atUdrifyam 27 n.
apära 811
dpi 311
abhikhya 244 f. n.
abhicara 316
4ya* 148
aya* 180 n.
<frana 812
drarn 218. 266. 812
<Srt*Ä*a< 124
ava 78. 315
dt>«w 43
avydthisyäi 229 f. 233
d$i 200 n.
d« r Ä 41 n.
a9äü 813 f.
drfAt 88
asthnds 38
dAa 16
dA<w 16. 24. 29. 39
ahana 186 f.
ahdm 315
<*Aar 16. 24. 29. 89
dhöbhis 30 n.
II. Wortregister.
ätif 220 n.
ättha 187
ä<Z 311
änarfcti 18
ärat 812
ärr 312
äfdyanas 189
äsan 83. 294
äsam 294
ä*ayä 34
äsä 34
asi« 294
ä*na* 83
äsyäm 83
öäö 126. 187
iüg 134
wfö 178 n.
i'da 311
frä 178 n.
ilä 178 n.
tca 240
{*us 17
tüyäi 232. 234. 239
ugrds 60
ujjhitds 28 n.
t<*a 314. 316
tittara 160
utsas 33
wd 160
udakdm SS
tu/an 30 f.
udaye 81 n
wdnaj 31 f.
tufafs 82
üpajman 28
ürujman 28
usarbhüt 15
«ja* 33
tffifoa* 201 f.
u#rä« 185
ä'rfAan 40
öVAar 40. 42
ena 315
o/Vw 43
ohifd 230
Aa<fö 311
kapälas 97
kari^yäi 233
forrfiui 97
fctrtto 97
ÄtWta 97
Ar* 96
keta 189
Afa/xz« 202 ff.
kfopäbhif 19 n.
jfciama 29 f. 89
kfäman 25. 28 ff. 39
k*ud 126
Ä*v6A 124
kfmayä 25. 26 n.
gdmbhan 40 f.
gambhdrefu 41
jwufe 25. 40 n.
grdsämi 93
gj-dhyati 7
gffti 285 n.
car 816
cyäutnaya 227
cW 126
chidura 138
janä* 10
jartärük 124
jdvasä 48
jänäti 309
jighrati 121
jm<fn 14. 24. 25
jmaya 25. 26 n.
tat? 226
täiffäiid 246
ttfttatt 121
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Register.
341
turyai 232 f.
dadati 121
dadaU 121
daddu 291
dadvams 291
dadhak 121
dadhanti 121
dadhantu 121
ddmünas 194
dasyujütäi 2A1
divas- 15
rftdt 132
Aritt» 132
rfurona 198 ff.
duryöne 200
du* 291
döri 312 n.
dötanifrUam 37
<faa' 19Hn. 208
dvibdrhajmä 28
dhanvan 289
dhrdjyüi 231
waA 19
naktayä 20 f. n.
ndAfa 22
nakh'ds 2-7
«5 310
»«y«m 217 ff.
w««S 38
nif. med 21 f.
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padbhif 3 ff.
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pärijman 25. 26 n. 27
pdrijmä 26
pdrijmänam 27
jnirttakmya 203 n.
2?accä 31 1
pastyöt 33
/?öra 811
pä£a* 158
/?ää 158
/>i&atf 121
pücchas 188 n.
pünar 18
jwra 311
puffyäl 234
pftstifu 15
pfthugmanam 25. 28
pfiKtyman 28
j?ra 811
prapüvd 206 f.
j>ra 811
or5*aY 23
Mü* 91
bhujyäi 232 f.
Mf-fyät 232
ftArmt 78
maAfii 17 n. 23
makfü' 23
maj)a 25. 188 n.
m<2^ 312
madhyä 21 n.
mdrtyäi 247
tnaA 88
maA» 25
mahtyäi 232
roa 314
mädayddhväi 270
mäAu 23 f.
mt'A 84
mugdha 124
muAu 18. 23
muhukdm 18
mtiAur 17. 18. 23
muhürtdm 17 ff.
müdha 124
megha 84
rnähati 84
ydA r < 41. 808
yaknä* 41
yaAu* 9
ramhyäi 281
rdjytt* 188 n.
rape 188 n.
r^'aW 24. 40
rufaa 124
rurukfatas 124
rifc/Aa 124
roktyati 124
rodAä 124
rohityäi 229 f. 233
teca 57
lävaka 57
föpacd" 135
JäAä 148
va 316
vaUard- 19
oa^ari'na 19
©an 15
vanar 14 f.
vdnas 89
vänaspätif 15
tw'nu« 89
vanomi 89
vayödhäi 262
vayödhö 270
va« 233 n.
vasarha 15
txirfä? 205
oä 315
vq/a 11
t?idAu" 270
W 129
tvp c 48
vraid 61
paA r < 41
paM 291 f.
famitdr 310
pdrman 180
farvart 211
fjrAAä 187 n.
cira* 34
firtatds 32. 34
ptr^an 84
fraddh* 262
grutyäi 232
samvat 19
*aȊdr 16 f. 23
«am/teir 16 f. 23. 310
sdntdyas 17
«aäarrfAuA 17
sämäm 19 n.
«dmä« 24
«aVtow« 225. 239
sarpi» 70
8otvdr 17
sasvdrtä 17
sädhyäi 234
*af»ö 17. 126
sünaras 24
sünj-tä 24
«ä'r* duhita 1 .
*rgr<fct 244 n.
«Aa&A 122
rfavan 247
*%A 122
*föid 130
«fifya ISO
svapnayä 21 n.
war 40. 42
Aanu? 25
Aawrft 3
Aajrä 2 f.
häyanas 36
AaraV 38
Aima 36
At'ruA 16
Aura« 16
hurük 16
hfdayam 31
A r di 31 n.
he man 36
ApäVa« 43 n. 91
hvära 91
P&li.
äcikkhati 126
ähathsu 126
khambati 122
chambhati 123
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342
Register.
•uvhati 121
thahati 121. 124
'thäti 121
thihati 122
thaketi 125
thaddo 122
thambo 122
<faA«tt 121
dt'nna 126
nisinno 126
vijahati 121
PrSkrit.
anahiaa 310 n.
akhagham 123
atthdham 123
iftfcfc* 126
öAü 126
ahiyanti 126
uttagghäi 124 f.
utthdhgio 123
utthafighaX 122 ff.
ttithatykana 123
uUhafighi 123
utthatyheX 123
utthahtnti 121
uühaggho 125
hhambho 122
AAt«&> 125 f.
cAöVo 125
cAttaÄa 123
«AatyaV 123
iAa<&Ao 123. 124
ViAaJUfeaV 125
fßa^Ao 123
thambia 122
thambho 122
*A4Ao 123
dwna 126
ntffapno 126
rw**Ao 124
saddahäi 121
Iranisch (Avestisch
unbezeichuet).
aitcisöithne 13. 227
aogare 48
ogrttttä 40 n.
ap. az<te 187
azd»&«r 38
ap. adakaiy 80. 33
acte»« 311
<ma 310
anazätha 310
apakktara 317
ap. aptvä 228
ayaozhdya 234
ayoftA 148
ayare 40
arew 218 f. 256. 260 n.
312
arimpühwä 206
at?arl 43
am' 62
a^ca 88
Of*W 10 f.
afnät 33
afw'33
afaya 21 n.
Oft 259
ap. atnaiy 34
atlö 12
ahi 200 n.
oÄmt 18
äoühänö 33
äoAAö 33
ät 311
arfä 258 f.
ärem 218. 260
äfuya 21 n.
Zfnaeca 33
ap. «Aa 294
ifare 17
ukhfäno 39
udrem 31
upairizema- 28
tirttfAtoan 41
uruthware 41
urväta 61
tm 38. 210 n.
Äayä 189
har»yäo 228 n.
A»rfrare 41
Aarfträn 41
A^mna 293
qairyan 243
ap. khsapa 34. 89
kh?apanö 19
khfapanem 34
. ap. khfapavä 19
khtapäyaona 19 d.
khsafnö 19
ap. cartanaiy 13
casärü 18
einem 293
jahikS 2 f.
zao?ö 40 n.
zafano 40
zo/are 40. 42
zayana 36
zayene 86
zaredhaem 31
zaftaya 21 n.
zävare 48
stmö 36
semare 14. 24. 28
zemargüzö 14
semä 25 f. n.
zep?m 243
ap. z«ra 43 n.
zuröjata 43 n.
sdtAa 9
zyäo 86
focare 41
tfacaAi 41
ap. tyanä 293
thanvanät 41
thanvare 41
thrikhtaparät 19
thrizafäo 40*
.(2a 312
<fa*»a 261
daozhahhaJü 209
daozhavät 209
daozhäo 210
rfotf?a 36
daoftatara 209
danare 43
ap. daftaya 21 n.
duzhainya 210
duzhaka 210
duzhaüha 209
rföye 270
np. efc? 209
tfrti 284
naktiiouwu 19
näo 311. 315
näohhan 38
näonhaya 38
näham 38
nidaühyän 243
pairikä 8
pataretäcxbya 19
parehtare 23
pufäm 188 n.
peretö 17
/ra 311
frapterejäiäm 19 n.
fravakem 218. 220
/>« 311
/f^raitf 259 f.
bdevare 41
baevan 41
bikhtaparem 19
bümyäo 228 n.
rn^Aa 237 f.
mithwaire 24. 89
mithwana 39
merengedüye 270
merenc 48
merencyäi 228 f.
yaozhdya 228 n.
yaozhdyan 243 f.
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343
yäkare 41
yezivl 9
raokhsnem 220 n.
ratus 11
rapithwinem 206
räzare 24. 40
räzeng 24
räzyan 244
np. n/6äA 135
vaidhim 81
oatW« 31. 33
vahhuya 21 n.
vaftAr* 16
vaidhim 31
fäo 315
väzüta 11
vyänayä 21 n.
faqäre 40
faqeni 40
farahu 34
cfö 12
frfoi 12 ff.
frevim 243
crvara 14 n.
»yaothanäi 227
Aanare 16. 23. 33. 310
Aamö 24
/tat* 313 f.
hunarä 24
hunaretätä 24
hvaithyäca 256
A&are 40
Attfc 314
Ossetisch.
ru5a« 135
Armenisch.
amarn 24
anannu 310
anfte» 310
aroyr 148
e* 200 n.
>k» 137
,/twn 36
,/meftt 36 f.
JtarcJ 41 n.
pas 187 n.
Griechisch.
(Kyprisch besonders.)
dßqivd (Hes.) 47
äyandCt» 158
dyanda) 15<H
dyytXXto 165
Her. (foxiä? 176
U&rpä 183
a* 156 n.
alyavir] 284
aUXovqog 127 f.
a/x»fc 176
«/xfa 176
AlXivog 99
alXovgog 127 f.
«/<*« 165
af<>a> 176
a?<ra 136
äxoXov&fa 313
axoffrij 83
dxovto 313
«A«^«Cftv 95
«te 16
*AXxti4<at> 183
aJUwfcf 312 n.
lilotivdvrt 31
ciAcoa 56
dptpaatri 310
dfiiftnoloe 316
«v 311
ar« 310 f.
kret. itrctyijtoi' 175
«Mi; 16 f. 23. 310
dv&Qionrj 184
am? 16. 23. 310
«tt«£ 16 n.
dnrpfc 311
axJlooff 292
«;rd 311
änotQOtu 86
dnoXovaiptv 87
«n MtQOS 311
ap 313
«?« 48. 312 f.
äqaQlaxuv 218
Uqinvia 307 n.
aQiauQog 16 n.
daloity 159 f.
doßoXr\tev (Hes.) 160
aafioXog 159 f.
^a/w 168
doxrj&TJs 139
acrxo; 292
a<rx?a (Hes.) 285
äandCojucu 158
atfw/ff 285
da n Qi^ 285
aanQog 285
«cry* 313
an? 16. 33
aj5 316
ctvQios 59
ainovvxC 21
<w<fc 314 ff.
«<pa? 17
acpw 18
a^cfe 285
«> 311 f.
hom. /Sa/tor 184
j9aU(» 84
hoeot. ßaalUut 180
ßaardCa) 307 n.
thess. ßiXXofiai 84
/tyJLdff 72
ßoXofiai 84
/?o^«ff 178
/?o^tv 178
ßotfios 176
/9(>«$i/ 93
kret. ßQivxos 59
ßQOVTfj 85
ßQvxos (Hes.) 59
ßgifxia 59
yaA^ 129
yafißqog 36 n.
y«?i/C 307 n. 310
y« 315
lon. yla 184
yiycwlca 309
ytfyitf 25
y^$or 285 n.
yrj 168. 183
yQdartg 93
ypa« 93
Jayo? 43
inak. ddqvXXog 286
-<te 312
M 312
Jftr« 311 n.
ötxa 291
ark. MU« 84
dtonoTtjs 32 n.
cfcupo 312
Jsvqw 312
dor. <f jjA<Y*a* 84
tty 312
cTj}v 312 n.
cfijr« 312
Jwo'txTJc 307 n.
diddaxo* 187
Mpvetog 183
(Toto? 159
Jpfc 284
övaäris 180 n.
tiv<rx*((**Q°e 37
öixsxtpos 36
ff w 309
datfiarog 32 n.
i«e 41
?«? 294
iytVTo 85
tyx^otfiuQog 88
!y/o* 285
fyw 25
I*€«y 291
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344
Register.
tbess. t&v 290
tbess. i&voe 291
tl 156 n. 815
tl 156
tlaq 16
tlaQonÜTig 85
tl&aQ 86
Ixet 82. 313
txitvog 154
?Aay^ 137
tXnog (Hes.) 70
tfjMttCofuu 159
ifinaiog 159
fr 310
*r<far 312
IvtyxtTv 307 n.
*W 311
fcr€(>« 311
&ro$ 311
tt 313
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tSaixm (Hes.) 65
*wtf 311
fcr* 311
imOfjivycfHüs 52
'JEgiovviog 88 f.
ion.'.£mili}cl84
tyüa 57
fc 313
fotf* 200 n.
I<rre 313
tora* 169
*r* 311. 314
äol. /-dXXog 72
sdarv 807 n.
C«AT«s(Hes.)78
Zci)( 17
ti 156 n.
* 156 n. 815
na 294
^cTi7 312
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#U>* 72
dor. pl. J?r 294
Ätt«? 41 f. 308
vntQonevuv Sil
Vl5
r\<36<av 308
i}i/r* 315
£efr<u 291
StXyivtg 149 f.
£ifc 54
Barjixlw 177
#i/p<f« 812
laQndXapog 86
thess. 7<f«ow 290
thess. /cMS« 290
fc?ij 184
fra 311 d.
iopuQog 88
Xnnovfng 127. 133. 139
"/ftweff 169
xa&avaai (Hes.) 65
xafjiyjfovQos 127. 183
x«£« 81 n. 35
äol. xaqia 74
x<x?i/| 310
xaia 314
xajavau (Hes.) 65
xtcri/indfa 159
xctTA» 314
xawdxrjg 131
xe 313
xtfro* 82. 154. 293
xelateat 165
xiUv&og 313
xt*lff«f 152. 154 n.
xtgßegog 211
xtoxovQog 189
äol. xij 156 f.
dor. lesb. xjjvo; 154.
813
xtfo 88
xtöatpcvtiv (Hes.) 138
xwFayij (Hes.) 138
xtfayog (Hes.) 138
xllXovqog (Hes.) 127 f.
xdilot;^ 127. 137 f.
xtW« 128
lak. xtQatpos (Hes.) 137
thess. xfc 84
xfo 128
xiij^f 289
xo$ot>e<K 127. 138
xo&w (Hes.) 138
xoTXog 98
xongog 41
Koqu&og 153
äol. XQawa 72
xqdxog 35
XQfj&tV 35
xt/Ä?« 98
xrfiU* 98
xvfißog 98
äol. Kvnqoyivria 181
xi/ro? 98
xatto? 47
xo7/ua 310
2«xft 55
iöxo? 55
XafinovQig 127. 136
Xandaauv 95
boeot. AfßdtiHttv 180
itfos 177
Jt^rof 310
XoTa&og 87
Avxog 151 f.
iwto<r 61. 153
Ai/^rdf (Hes.) 81
^wrw 168
Avoi 58
ptya 25
fityatqto 87 f.
fitiovQk 139
/ily 814
/x/rof 810
p&xoff (Hes.) 292
fjHTuEu 17 n.
^117 314
pr« 183
poXovQtg 139
fioXovQog 139
fAoXvotg 139
pwAoff 99
MvXdvTftoi 151
Mvlavtto 151
AfÄUcf 151
fct/Alif 99
vdnoivog 810
r^uw 308
yqmra 220 n.
yntm? 55
rt^w 55
vi/xrepwcfc 20
vvxulafin^g 23
yuxrai? 20. 23
»w{ 19
reu 811. 315
vtjudto 308
0«(K>f 48
^W 1 ? 285
otxrfcos 176
d«r**fc 62
dcu/la» 84
the*s. 3r Sil
tbess. ov€ 293
ottij 156
6na>Qa 311
fo 315
oy^ap 42
ark. ovvti 88
oi^rto^ 88
ovg 33 n.
oSrof 316
ndyovgog 139
7i cuwv 169
7raJlir 18
nauni)a(a 158
naiwxog 21
7r«ri/ 316
ndofiai 158
7r«6c 158
n^ 311
TTttTI^ 158
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äol. n «xfo 179
nadhat 158
ntiQaQ 86
ntXdvog 48
ntXiog 48
niXog 48
w#a> 316
äol. mpneßorja 179
7ilpör 311
7ityi$ 16 n.
7i€Tdwvfii 307 n.
7i Tjnoxa 156
71UJTTI()C0V 98
7r«rrof 98
nlarqa 98
7i OMpvy&riv 136
notyvyfia 136
noufvoaco 136
aro^r/ 311
IToau&tov 169
thess. IToTtMow 169
7TOT* 311
7iQävrjg 811
tiq£{xvov 311
71^ 311
7r^y 18
irqlvog 286
*r<X> 311
7T(K)C Sil
7T(K)T* 811
7T^i>A^ 89
7i()<ü/: 28. 311
7rpü/v 169
iZi/^di 168
7Tl/yUu(K>? 169
f l¥« 184
äriypvfn 308
gwroV 136
atrto-nvytg 128
osioovQct 128
aeiaovQada 128
alXovqog 139
0x«JUa> 187
oxaloifr 187
ZxafAavÜQog 25
axa<fa>Q7) 127. 136 f.
axtovQog 127. 131 ff.
oxiQctytiv 138
<fx(Qa(fog 138
<rxoM)^ 159
crxöty 310
<n*«e 168
o*tf« 289
r«r 156
re/y 18
TfJltfo 166
7tt/?w 149 ff.
TfXxwurirjs 149. 151
Register.
TtXxnaCvei 149. 151
tsXx it £ vovt *S 151 f.
T£pivr\o<; 180
äol. TfTQußaQrjwv 180
dor. Ttfyoc 155
Ttfia^og 169
thess. Tore 312
To|oy 289
xqdxovqog 139
TQonqtov 176
vyiij? 60
tief«* 33
tfctyv 32
&fa>? 32
vXaxo/uwQog 88
{faurlqt 160
uarepo; 160
tpfyaXog 160
IpoivlxovQog 127
lak. <fot/at 135
lak. yofc* 136
yutf« 136
*«Axos 148
X«f*rjX6g 25
/et/ia 36
X^fiaxog 82 n.
XHfJLiqivog 86 f.
Xtiptyiog 37
X*ip<ov 36
X^tXfiaXog 25
jjfijAof 55
jije 72
/«ur 36
XQttutftfo 168
XQäo&cu 171 f.
/ptoff 168
/oi^ft 16
i//o>lo<r 160
rixl« 184
wxfavo? 188
Kypriech.
dßaQundv 47. 54. 60.
86
a/tta£ 60. 74
«yay« 54. 64. 71. 73
dyxovQog 59
«Jeto? 65
äÖQV« 91
atfJai 62
a£«#o? 70
att« 58
alnoXog 62. 78
«*X€l5« 60
«XGpCUTOf 66
aJla 91
«>L^i;(K>r 92
345
aAoi/a 56 f.
dpix&ctXoeig 84
ttveexreg 92
avaoatu 92
airfa 54. 92
doQlfav 50
aopop 68
^Ticaa^ 58
dniXqxa 54. 60 f.
dnXctvi) 55 f.
dnoytfM 84
dnoXolo&uv 74. 87
dnoXovotpevtu 58
dnoXvyfJLorog 81
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aQfivXa 79
aQ^noarog 64. 71. 81
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23
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346
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Lateinisch.
3 315
a6 177
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aperio 311
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347
308
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Bocena 307 n.
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vatfu« 72
vi/um 310
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Oskisch.
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dat 312
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hürtln 18 n.
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Umbrißch.
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anglome 295
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daetfom 312
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o«« 816
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Italienisch,
nordit. cembro 286
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ciurrna 274
codatremola 127
donnola 129
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Provengalisch.
almorna 274
Französisch.
brenle-queue 127
icureuü 134
orfraie 274
Spanisch.
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Albanesisch.
drt* 284
geg. <rx4/e 137
Keltisch (Irisch
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348
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swr^ 150 n.
Druck der Univ.-Buchdruckerei von £. A. Huth in Göttingen.
Digitized by VjOOQIC
Neuester Verlag von Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen.
Soeben ist erschienen: '
Oas Praesens der indog. Grundsprache
in seiner r
Flexion nnd Stammbildung.
Ein Beitrag zur Indogermanischen Formenlehre
von
Dr. Otto Hoffmann,
Privatdoeent in Königsberg.
IV, 145 & gr. 8. Preis 3 Mk. 60 Pf.
Im Vorjahre ist von demselben Verfasser erschienen:
De mixtis graeeae linguae dialeetis.
72 S. Lex.-8. Preis 1 Mk. 60 Pf.
Vierteljährliche
Wissenschaftliche Fach-Bibliographie.
ttF In unserem Verlage erscheint im 43* Jahrgange:
Bibliotheca philologic *
oder vierteljährliche systematisch geordnete Ueber
dem Gebiete der gesammten Philologie in Deutschland und d
Auslande neu erschienenen Schriften und Zeitschriften-Aufsätze.
Hrsg. v. Aug. Blau, Dr. phil.
Custos an der Königlichen UiÜTersittta-Bibliothek zu Breslau,
Preis jahrlich 5 — 6 Mark.
Inhalt: A. Allgemeiner Teil. — B. Classische Philologie und Altertums-
wissenschaft. — C. Die übrigen Sprachen und Literaturen.
Wir glauben, diese Bibliographie allen denen, welche sich auf dem Ge-
sammtge biete der philologischen Literatur sicher, schnell und bequem
orientiren wollen, jetzt als das zweckmässigste , vollständigste und verhältniss-
mässig billigste Hülfsmittel und Nachschlagewerk von dauerndem Werth
empfehlen zu können.
Mit dem Jahrgange 1886 ist die „Bibliotheca philologica" wesentlich ver-
vollkommnet worden. Dieselbe erscheint seitdem vierteljährlich und verzeichnet
die Aufsätze in Zeitschriften einzeln unter den entsprechenden Abtheilungen,
sowie in dem alphabetischen Register, welches mit dem letzten Hefte
jeden Jahrganges ausgegeben wird.
Die Jahrgänge 1869—1885 sind von 54 Mk. 80 Pf. auf 20 Mark im Preise
ormftssigt.
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Verlag von Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen.
Soeben ist erschienen:
Die griechischen Dialekte.
Auf Grundlage des Werkes:
„De Graecae linguae dialectis ed. Ahrens"
neu bearbeitet
von
Richard Heister.
/ 2. Bd.
Eleisch, Arkadisch, Kypriscb. Verzeichnisse zum ersten and
zweiten Bande.
XIII, 850 S. gr. 8. Preis 7 oÄ
Im Jahre 1882 erschien:
1. Bd.
Astatisch-äolisch, Böotisch, Thessalisch.
20 Bog. gr. 8, Preis 6 JC
Soeben ist ferner erschienen:
Deutsch - Griechisches Wörterbuch
von
V. Chr. Fr. Rost.
11. Auflage
neu bearbeitet
von
Dr. E. Albrecht.
ord. Lehrer am Friedrichagymnasium in Berlin.
IV, 888 S. Preis geh. 8 Mk., geb. 9 Mk. 60 Pf.
In dieser neuen Bearbeitung erscheint das altberijhmte Wörterbuch in
wesentlich verbesserter Gestalt. Durch die Streichung vieles Ueberflussigen
ist eine wesentliche Kürzung (damit auch Preisermassigung) erzielt und zugleich
Raum für wichtige Zusätze gewonnen.
Druck der Univ.- Bach druck er ei von CA Huth in Göttingen.
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