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Full text of "Beiträge zur Kunst des 19. Jahrhunderts und unsere Zeit. Zusammenstellt von Paul Mahlberg, hrsg. anlässlich ihrer Eröffnung von der Galerie Alfred Flechtheim"

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Beiträge 

zur  Kunst  des  19.  Jahrhunderts 

und  unserer  Zeit 

zusammengestellt  von  Dr.  PAUL  MAHLBERG 
herausgegeben  anläßlich  ihrer  Eröffnung  von  der 
Galerie  ALFRED  FLECHTHEIM  G.m.b.H. 


ERNST  TE  PEERDT 


Der  Negermönch,   1877 


BEITRÄGE  ZUR  KUNST 
DES  XIX.  JAHRHUNDERTS 

UND 
UNSERER  ZEIT 


ZUSAMMENGESTELLT  VON  DR.  PAUL  MAHLBERG 

HERAUSGEGEBEN  ANLÄSSLICH 

IHRER  ERÖFFNUNG  VON 

DER  GALERIE  ALFRED  FLECHTHEIM  G.M.B.H. 

DÜSSELDORF,  ALLEESTRASSE  7 


1913 

DÜSSELDORF 

ERNST  OHLE  VERLAG 


AUGUSTE  RODIN 
Tänzerin  aus  Cambodja  (Aquarell) 


GEDRUCKT  VON  AUG.  BAGEL  IN  DUSSELDORF 

IN  PLANTIN=SCHRIFT  FÜR  DIE  GALERIE 
ALFRED  FLECHTHEIM  G.M.B.H.,  DÜSSELDORF 

AUF  ZANDERS'SCHES  KUNSTDRUCKPAPIER 
50  EXEMPLARE  SIND  AUF  BESTES  KUNSTDRUCK 
ABGEZOGEN,  NUMERIERT,  NICHT  IM  HANDEL 
UMSCHLAGZEICHNUNG  VON  R.  SCHWARZKOPF 


N 

Gib 


Die  mit  *  bezeichneten  Bilder  sind  reproduziert. 


Man  weicht  der  \A/'elt  nicht  sicherer  aus,  als 
durch  die  Kunst;  und  man  verknüpft  sich 
nicht  sicherer  mit  ihr  als  durch  die  Kunst. 

"Wahlverwandtschaften. 


GEORGES  MINNE 


Gebet  (Holz) 


J 


VORWORT 


Endlich  bin  ich  in  der  Lage,  mir  einen  lange  gehegten  Wunsch  zu 
erfüllen :  mich  nur  mehr  mit  Dingen  der  Kunst  zu  beschäftigen.  Dazu  soll 
mir  meine  Galerie  dienen. 

Die  Liebe  zur  Kunst  hat  mich  gelehrt,  jedes  Kunstwerk  nur  auf  seine 
Qualität  hin,  nicht  unter  ,, kunstpolitischen*'  Gesichtspunkten  anzusehen. 
Wie  dieses  Prinzip  dem  Besucher  dieser  Galerie  erkennbar  sein  soll,  könnte 
ich  nicht  schöner  ausdrücken,  als  es  im  Vorwort  zum  Katalog  der  ersten 
Ausstellung  der  Sezession  im  Jahre  1899  geschehen  ist: 

,, Nicht  sowohl  durch  das,  was  wir  bringen  —  denn  Meisterwerke 
lassen  sich  nicht  aus  der  Erde  stampfen  — ,  als  vielmehr  durch  das,  was 
wir  nicht  bringen,  wird  sich  unsere  Ausstellung  von  den  sonst  üblichen 
unterscheiden Bei  der  Auswahl  der  Werke,  welche  unsere  Aus- 
stellung schmücken,  war  nur  das  Talent,  in  welcher  Richtung  es  sich 
auch  offenbart,  ausschlaggebend.  Für  uns  gibt  es  keine  allein  selig- 
machende Richtung  in  der  Kunst,  sondern  als  Kunstwerk  erscheint 
uns  jedes  Werk  —  welcher  Richtung  es  angehören  möge  — ,  in  dem 
sich  eine  aufrichtige  Empfindung  verkörpert.  Nur  die  gewerbsmäßige 
Routine  und  die  oberflächliche  Mache  derer,  die  in  der  Kunst  nur  die 
milchende  Kuh  sehen,  bleiben  grundsätzlich  ausgeschlossen.** 

Und  auch  das,  was  weiter  vom  Verhältnis  der  Kunst  zum  Publikum 
an  dieser  Stelle  gesagt  wird,  möchte  ich  mir  ganz  zu  eigen  machen : 

,,Auch  sind  wir  uns  wohl  bewußt,  daß  wir  von  selten  des  Publikums, 
welches  in  der  Kunst  ungern  von  liebgewonnenen  Gewohnheiten  läßt, 
vielfachen  Anfeindungen  ausgesetzt  sind.  Doch  im  Vertrauen  auf  die 
siegreiche  Kraft  der  Jugend  und  das  wachsende  Verständnis  der  Be- 
schauer haben  wir  ein  Unternehmen  ins  Leben  gerufen,  das  einzig  und 
allein  der  Kunst  dienen  will.*' 


Alfred  Flechtheim. 


HUGO  LEDERER 


Kopf  des  Heine-Denkmals  für  Hamburg  (Marmor) 


Genesis. 


Von  KURT  KAMLAH. 

Schwer  wälzt  der  Niederrhein  seine  massigen  Wogen  vorüber  an  der  Stadt,  die  in 
seltsamer  Nichtachtung  ihm  so  lange  Jahrzehnte  den  Rücken  gezeigt.  Noch  1890  eine 
Reihe  einförmiger  Häuser,  fast  Gefängnissen  gleichend  in  ihrer  nüchternen  Stirnseite, 
bestaubt,  verwittert  und  stimmungsschwer,  wenn  der  landesübliche  Regen  graue  Schleier 
um  die  Giebel  schlug  und  tiefgehende  Wolken  von  Nordwest  her  fegten.  Trotzige,  schlecht- 
verputzte Backsteinbauten,  an  einigen  Stellen  unterbrochen  von  engen,  aber  stilvollen 
Toren,  durch  die  der  nicht  oft  so  weit  gelangende  Städter  einen  dreifach  geteilten  Aus- 
schnitt sah:  den  Fluß,  die  grünen  Wiesen  jenseits  und  den  grauen,  selten  blauen  Himmel. 
In  einer  größeren  Lücke  standen  Reste  des  alten  kurfürstlichen  Schlosses,  von  dem  heute 
der  runde  Turm  noch  als  einigermaßen  sinnloses  Überbleibsel  gehegt  und  gepflegt  wird, 
wiewohl  er  den  Verkehr  hindert.  Niemanden  erfreut  und  nur  schiefgeleiteter  Erinnerungs- 
sentimentalität dient,  während  die  schönen  Tore  fallen  mußten. 

So  lag  Düsseldorf  abgeschlossen  und  selbstzufrieden  da  als  etwas  verkalkte  Kunst- 
und  wenig  entwickelte  Industriestadt;  es  vergaß  fast,  daß  der  schönste  Strom  des  Vater- 
landes seine  Mauern  bespülte.    Die  Bürger  und  Fremden  kamen  nicht  an  den  Fluß,  nur 
einige  Rheinkadetten  standen  am  Ufer  und  spuckten  gedankenvoll  ins  Wasser.    Die  Maler 
gestalteten  noch  ihre  netten  Historien-,  Genre-  und  Tierbilder  reinlichen  und  belehrenden 
Inhalts.    So  einer  zum  Landschafter  wurde, 
wanderteer  nach  Holland,  der  Schweiz  oder      1 
gar  Italien ;  der  feine  Reiz  niederrheinischer 
Tiefebene  war  noch  nicht  entdeckt,  man 
verlangte  liebliche   oder  schauerliche  Ro- 
mantik.   Die  Fabrikherren  kauften  dann 
die  Wiedergaben  der  genannten  Länder  und 
hatten  damit  der   bodenständigen  Kunst- 
förderung Genüge  getan,  den  Rhein  sahen 
sie  nur  in  Duisburg  oder  Köln.    So  strömte 
die  breite  Flut,  geschäftlich  ziemlich,  künst- 
lerisch ganz  unbeachtet,  vorüber.  Zuweilen 
brachte  sie  sich  unliebsam  in  Erinnerung, 
bei  Nacht  und  Nebel  stieg  Vater  Rhein,  die 
welligen  Locken  schüttelnd,  plötzlich  über 
das  Ufer,   der  Bürger  der  Altstadt    stand 
unversehens  im  Wasser  bis  ans  Knie,  und 
in  den  niedrig  gelegenen  Straßen  fuhr  man 
auf  Flößen   zum  Jubel   des  Nachwuchses. 

Aber  dann  kam  eine  neue  Zeit.  Unter 
dem  Weckruf  eines  genialen  Mannes  und 
ganzen  Kerls  rieb  sich  Düsseldorf  den 
Schlaf  aus  den  Augen  und  holte  mit  Sieben- 
meilenstiefeln versäumte  Gelegenheiten 
ein.  Gewaltige  Maschinen  summten,  Ver- 
bindungen wurden  hergestellt,  und  die 
Stadt  sah  verwundert,  daß  sie  wirklich  und 
wahrhaftig  an  einem  Flusse  lag.  Mächtige      ^^   - 

Uferbauten  erstanden,  Häfen  wurden  ge-  PORFRT  WITT  FFRTAMPF 

schaffen,  eiserne  Bogen  spannten  sich  über  ROBERT  WULFERl  AN  Gh 

■die  Wellen  vom  alten  verschütteten  Hafen  Hermann  Harry  Schmitz  (Bronze) 


13 


OTTO  SOHN-RETHEL 


Auferstehung,  1905 


nach  dort,  von  wo  einst  Kanonenkugeln  in  die  alte  Andreaskirche  geflogen.  Die  Brücke 
wurde  ein  wuchtiges  Werk,  und  doch:  an  Regenabenden,  in  blauenden  Sommermorgen 
werden  die  schweren  Massen  zum  leichten  Spiel,  wie  ein  feines  graues  Gespinst  erscheinen 
die  vernieteten  Träger,  die  Technik  zwang  das  Metall  zur  anmutigen  Linie.  Vor  dem  Ufer 
zieht  sich  ein  breiter  Kai  mit  rasselnden  Kranen  und  blitzenden  Bahngeleisen,  strom- 
aufwärts ragen  mächtige  Handelsgebäude.  Auf  der  einst  so  wüsten  Golzheimer  Insel  stehen 
würdige  offizielle  Riesenkasten  preußisch-sparsamer  Baukunst,  vor  ihnen  erstreckt  sich 
ein  weiter  Park.  An  Stelle  der  düsteren  Häuserreihen  in  der  Altstadt  drängen  sich  nun 
moderne  Gebilde  in  krausem  Stilgemisch,  ein  unorganisches  Durcheinander  von  alten  und 
jungen  Formen,  wie  sie  eine  überstürzte  Entwicklung  mit  sich  bringt.  Neuzeitliche  Zweck- 
architektur wechselt  mit  mißverstandener  deutscher  Renaissance  und  geschmackvollen 
Häusern.  Hier  weht  ein  Hauch  vom  Weltverkehr,  auch  in  Düsseldorf  ist  der  Rhein  zur 
großen  Schlagader  geworden,  die  Stadt  hat  den  deutschen  Strom  umarmt  und  wird  ihn 
nicht  wieder  lassen.  Und  kommen  wird  auch  die  Zeit,  in  der  das  unharmonische  Gefüge 
der  bunten  Uferbauten  vom  Edelrost  des  Alters  zu  einem  stimmungsvollen  Gesamtbilde 
gemacht  wird.  Dann  wird  die  junge  Welt  wenig  von  der  Stadt  Heinrich  Heines  und 
Schumanns,  Grabbes  und  Immermanns  wissen,  ihr  wird  Düsseldorfs  Geschichte  beginnen 
mit  dem  wirtschaftlichen  Aufschwung.  Dann  wird,  wenn  allmählich  die  Zivilisation  sich 
in  Kultur  umsetzt,  auch  die  Kunst  des  Niederrheins  vielleicht  wieder  eine  Rolle  in  Deutsch- 
land spielen. 

Unverändert  aber  blieb  und  bleibt  das  wundervolle  Licht-  und  Farbenspiel  der  Land- 
schaft: der  feine  graue  Nebelschleier  mit  seiner  auflösenden  Kraft,  das  Goldblau  des  Eis- 
gangs am  Winternachmittag,  der  Vorfrühling  mit  seiner  lauen,  ahnungsschweren  Luft, 
die  funkelnde  Sonnenglut  und  ihre  Haufenwolken  am  tiefen  Himmel.  Immer  auch  werden 
die   Zaubertinten   der    Sonnenuntergänge   über   den   flachen   grünen   Ufern   schwimmen, 


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hinter  den  silbergrauen  Weiden  und  flirrenden  Pappeln.  Und  wenn  bei  St.  Quirin  zu  Neuß 
der  Himmel  flammt,  schimmern  die  Wiesen  tiefsatt,  der  Strom  wird  ein  stahlblauer  Streif, 
das  Weiß  der  Bauten  und  Salondampfer  nimmt  ein  zartes,  märchenhaftes  Grün  an.  Wander 
über  Wunder  erschließt  sich  dem  Auge.  Unglaubhaft  herrlich  erscheint  nun  alles,  bis 
aus  den  blitzenden  Fenstern  das  brennende  Abendrot  schwindet  und  die  Laternen  blaß- 
grün in  der  durchsichtigen  Dämmerung  schimmern.  Nun  hängen  die  Bogenlampen  wie 
silberne  Monde  in  der  blauen  Luft,  St.  Rochus  wird  grau  hinter  den  Baumwölbungen  des 
Hofgartens  und  die  Dunkelheit  beginnt  über  Gebüsche  und  Wege  zu  kriechen.  Im  Rhein 
leuchten  die  grünroten  Augen  der  Schlepper,  der  Strom  wandelt  sich  zum  Schwarz,  in 
seiner  fröstelnden  Fläche  zittern  die  goldenen  Schlangen  der  sich  spiegelnden  Lichter, 
und  mit  schweren  Schatten  gleiten  die  Lastkähne  über  den  flimmernden  Glanz. 

Da  beginnt  St.  Lambert  den  Abend  einzuläuten,  wie  seit  Jahrhunderten.  Der  schief- 
gewundene Turm  mit  der  Bischofsmütze  steht  noch,  ob  auch  manches  in  seiner  Umgebung 
gefallen  ist.  Ein  Kranz  alter  Häuser  zieht  sich  um  ihn,  es  ist  wie  eine  Insel  in  der  jung- 
brandenden Stadt.  An  der  Christusgruppe,  die  sich  der  Kirchenmauer  anlehnt,  flackert 
ein  ängstliches  Lichtchen,  eine  Beterin  kniet  auf  dem  Steinpflaster,  man  wähnt  sich  fast 
im  Mittelalter  und  in  einer  kleinen  Stadt,  der  Großstadtlärm  dringt  kaum  nach  hier.  Schräg 
hinter  der  Kirche  leuchtet  heimlich-behaglich  eine  Reihe  kleiner  Fenster  im  Erdgeschoß: 
das  ist  das  ,, Rosenkränzchen"  der  Mutter  Ambach,  eine  Düsseldorfer  Weinstube  alten  Stils  ! 

Dort  fand  sich  einen  Winter  lang  am  Samstagabend  ein  Kreis  unbefangener  Gesellen 
und  Gesellinnen  zusammen,  sprach  von  Literatur  und  Kunst,  lachte  über  Menschliches 
und  Allzumenschliches  und  genoß  die  Stimmung  der  Stunden.  Im  behaglichen  Zimmer 
schwamm  ein  rosig-mattes  Licht,  in  den  Ecken  lagerten  Schatten,  aus  denen  die  Farb- 
flecke bunter  Frauengewandung  schimmerten.  Mit  süßer  Wehmut  erfüllte  das  Lied  der 
Musette  den  Raum.  Und  die  Brüder  vom  Rosenkranz  lauschten  ihm  und  träumten  sich 
erinnernd  von  Leid  und  Lust  ihres  Lebens,  bis  die  Melodie  in  einen  schwermütig  sich  wiegen- 
den Walzer  überfloß  und  im  magischen  Schein  langsam  die  Paare  sich  drehten. 


ERNST  BARLACH  (Zeichnung) 


15 


<• 

1 

L.  KAINER,  Karneval 
Zeichnung  aus  dem  „Russischen  Ballet" 


16 


Publikum  und  Kunsthändlen 

Von  HERMANN  VON  WEDDERKOP. 


Der  wirtschaftliche  Aufschwung,  der  in  Deutschland  über  Nacht  breiten  Schichten 
den  Wohlstand  brachte,  hat  auch  der  bildenden  Kunst  reiche  Mittel  zufließen  lassen. 
S:aat  und  Private  fühlten  das  Bedürfnis,  den  neu  erworbenen  Reichtum  auf  eine  mög- 
lichst rasche  und  nachdrückliche  Weise  in  die  Erscheinung  treten  zu  lassen,  zu  welchem 
Zwecke  die  Kunst  eins  der  bestverwendbaren  Mittel  zu  sein  schien.  Wir  alle  sind  Zeugen 
g«;wesen  und  sind  es  noch,  wie  schlecht  die  Kunst  sich  indes  kommandieren  läßt,  wie 
sich  ihre  Reize  in  das  Gegenteil  verkehren,  wenn  die  vielen  Voraussetzungen  für  ihr 
Dasein  fehlen.  Nur  mit  gemischten  Gefühlen  konnte  man  daher  die  ungeheuren 
Summen  verfolgen,  die  das  reiche  Neu-Deutschland  für  künstlerische  Zwecke  wahllos 
ausgab,  und  die  mehr  als  zweifelhaften  Äquivalente,  die  es  dafür  erhielt,  die  schon, 
soweit  sie  sichtbar  oder  zugänglich  sind,  böse  Schlüsse  ziehen  lassen  auf  all  das,  was 
sich  in  Privathäusern  noch  verborgen  halten  mag. 

Das  Deutschland  des  Zwecks,  der  Organisation,  der  Methode,  der  Systeme,  der  Kom- 
promisse, der  Subordination,  dieses  moderne  Deutschland,  das  überall  bewundert  wird, 
ist  vorläufig  noch  kein  günstiger  Boden  für  das  Gedeihen  der  Kunst,  da  es  seine  besten 
Kräfte  nach  Richtungen  hin  einsetzt,  die  oft  ganz  entgegengesetzt,  jedenfalls  aber  nicht 
parallel  der  Linie  einer  allgemeinen  Kunstentwicklung  laufen. 

Kunstgenuß  bedingt  vor  allem  gänzliche  Auschaltung  des  Willens.  In  welcher 
Zeit  aber  ist  der  Wille  stärker  entwickelt  gewesen,  als  im  heutigen  amerikanisierten 
Deutschland,  das  alle  Kräfte  daran  setzt,  die  Verluste  früherer  Epochen  auf  wirtschaft- 
lichem Gebiet  wett  zu  machen,  das  nur  Arbeit  kennt   oder  Erholung  von  ihr. 

Diese  Anspannung  bestimmt  die  Physiognomie  der  Menschen  von  heute.  Sie  macht 
sie  ruhelos,  hetzt  sie  von  morgens  bis  abends  durch  die  Straßen,  macht  die  Gesichter 
unempfänglich  für  alle 
Eindrücke,  die  sich 
nicht  durch  Sensation 
irgendwie  hervorheben. 
Sie  macht  die  Men- 
schen bewußt,  nimmt 
ihnen  alle  Naivität  des 
Empfindens.     Es    gibt 

keinen  bewußteren 
Menschen  als  den  Deut- 
schen von  heute.  Jeder 
beobachtet  sich,  fühlt 
sich  beobachtet,  über- 
ivacht  sich,  scheut  sich 
und  hütet  sich,  irgend- 
wie aufzufallen.  Wird 
aber  einmal  die  Linie 
überschritten,  so  ge- 
schieht es  mit  un- 
nötigem Radau,  häufig 
mit  Roheit  und  Witz- 
losigkeit.  Statt  sich 
hinzustellen  vor  die 
Dinge,  sie  auf  sich 
wirken  zu  lassen  und 
ihnen   dadurch    näher      MAX  STERN  Ulanen 


17 


zu  kommen,  betrachtet  der  Bewußte  alle  Dinge  von  sich  aus,  trägt  alles  Mögliche 
von  seinen  momentanen  Stimmungen  und  Launen,  die  ihm  viel  interessanter  und  wert- 
voller sind,  hinein,  verlangt  etwas  von  ihnen,  wendet  sich  ab,  wenn  er  es  nicht  findet, 

kurz,    nimmt   sich   selbst   als   Mittel- 
punkt. 

Eine  Folge-  und  Begleiterschei- 
nung ist  ein  Konventionalismus,  der 
seit  den  siebziger  Jahren  alle  Klassen 
in  wachsendem  Maße  durchdringt. 
Er  äußert  sich  in  allen  Dingen  des 
öffentlichen  und  privaten  Lebens, 
macht  es  arm  und  inhaltlos,  und  die 
paar  komischen  Auswüchse,  die  er 
zeitigt,  können  nicht  entschädigen 
für  den  allgemeinen  Druck,  den  er 
erzeugt.  In  diesem  Stadium  des 
Konventionalismus,  der  Amerikani- 
sierung, die  uns  entindividualisiert 
und  uniformiert,  ^sind  wir  mitten 
darin,  ohne  daß  sich  die  Mehrheit 
darüber  überhaupt  klar  wäre,  und 
ohne  daß  eine  geringe  Minderheit  von 
klarer  Sehenden  wüßte,  wohin  diese 
Entwicklung  führen  wird.  Besonders 
typisch  war  in  dieser  Hinsicht^  die 
letzte  Generation.  Wo  ihre  Vertreter 
einsetzten  und  etwas  Neues  zu  schaffen 
hatten,  entstanden  ungeheure  Kom- 
plexe gleichartiger  Dinge.  Unsere 
ganze  moderne  Entwicklung  hat  sich 
in  großen  Städten  abgespielt,  und 
diese  stellen  daher  die  besten  Zeugen: 
Die  Komplexe  und  Mietskasernen  für 
so  und  so  viele  Parteien  mit  ihren 
D-Zug- Korridoren  und  Berliner  Zimmern,  die  Denkmäler- Komplexe,  die  Linearstraßen, 
aus  denen  sich  schließlich  dieser  ganze  ungeheure  Großstadt- Kehricht  zusammen- 
setzt, diese  Steinwüsten,  in  denen  kein  Mensch  sich  mehr  zurechtfindet. 

Daß  dieser  Konventionalismus  der  Kunst  gegenüber  noch  verschärft  hervortritt, 
daß  bei  dieser  Veranlagung  der  heutige  Mensch  ein  Verhältnis  zur  Kunst  überhaupt  nicht 
gewinnen  kann,  versteht  sich  von  selbst.  Man  stellt  noch  immer  überwiegend  an  die 
Kunst  die  Forderung,  daß  sie  erfreuen,  erfrischen  soll  nach  der  Arbeit  des  Tages.  Sie 
soll  eine  Art  innerer  Dusche  sein,  man  will  sie  bequem  genießen,  ohne  Aufregung.  Sie 
soll  dienen,  nicht  herrschen.  Man  trennt  die  Kunst  damit  völlig  vom  übrigen  Leben, 
nimmt  sie  als  außerhalb  des  Lebens  stehend.  Aus  diesem  Fehler  resultiert  die  ganze 
Misere.  Die  Leute,  die  auf  solchem  Standpunkte  stehen,  sind  genau  so  naiv  wie  diejenigen, 
die  es  für  genügend  halten,  nur  in  der  Öffentlichkeit  sich  anständig  zu  benehmen,  die 
unbeobachtet  sich  alles  erlauben  zu  können  glauben,  ohne  irgendwie  an  ihrem  Charakter 
Schaden  zu  nehmen.  Man  hat  allmählich  ganz  vergessen,  daß  die  Kunst  eine  Funktion 
des  Volkes  wie  des  Einzelnen  zu  sein  hätte,  falls  ihre  Eindrücke  wirklich  Spuren  zurück- 
lassen sollen.  Nicht  im  Sinne  einer  nur  verderblichen  Popularisierung  der  Kunst,  sondern 
gedacht  als  Bereicherung  aller  Lebensformen,  als  ein  Bedürfnis  nach  einer  gewissen 
Würdigkeit  gerade  des  täglichen  Lebens  und  der  täglichen  Umgebung,  wie  es  vor  50  Jahren 
noch  jeder  Bauer  hatte.  — 

Es  hat  wohl  kaum  eine  Zeit  gegeben,  die  so  eminent  unkünstlerisch  empfunden 
hätte,  die  ein  so  geringes  Bedürfnis  nach  künstlerischer  Umgebung,  künstlerischer  Atmo- 
sphäre gehabt  hätte,  wie  das  Deutschland  der  letzten  Jahrzehnte.  Daß  jede  höhere  Tochter 
Musik  macht,  Blumenstücke  malt  oder  in  Pensionen  vier  Stunden  Kunstgeschichte  in 
der  Woche  hat,  daß  man  ein  Abonnement  im  Theater  oder  im  Konzertsaal  hat,  daß  man 
zu  gewissen   Zeiten  Ausstellungen  oder  auch   mal   ein  Museum  besucht,   schafft  noch 


OTTO  VON  WAETJEN 


Aktstudie 


18 


keinerlei  Verhältnis  zur  Kunst,  sondern  geht,  abgesehen  von  dem  problematischen  Wert 
solcher  Betätigungen  überhaupt,  in  der  Banalität  des  übrigen  Lebens  spurlos  unter. 
Künstlerische  Ausbildung  verlangt  häufigere  und  innigere  Beschäftigung  mit  der  Kunst. 
Aber  schon  die  tägliche  Umgebung  der  meisten  Häuser  wirkt  nicht  dahin.  Eine 
größere  Wahllosigkeit,  eine  größere  Zufälligkeit  in  den  Dingen,  mit  denen  die  letzte 
Generation  durchschnittlich  ihre  Räume  ausstattete,  ist  in  historischen  Zeiten  schlechter- 
dings nicht  zu  konstatieren  gewesen.    Was  wertvoll  ist  an  der  Innen-Einrichtung  unserer 


AUGUSTE  HERBIN 


Selbstporträt,  1909 


Häuser,  ist  zum  überwiegenden  Teil  aus  guter  Zeit  überkommen.  Seit  1870  etwa  ist 
jede  äußere  Kultur  wie  abgeschnitten.  Es  ist  traurig,  anzusehen,  wie  selbst  in  alten 
Familien,  z,  B.  des  Adels,  der  Geschmack  bei  Neuerwerbungen  vollkommen  versagt. 
Unedles  Material,  edles  in  stilloser  oder  stilmißverstehender  Verarbeitung  wird  fabrik- 
mäßig auf  den  Markt  geworfen.  Man  sehe  sich  z.  B.  die  Sammlung  von  Durchschnitts- 
Hochzeitsgeschenken  vom  Kaiserzinn  aufwärts  bis  zum  silbervergoldeten  objet  d'art  an. 


19 


Man  muß  zugeben,  daß 
auf  dem  Gebiete  der  Musik 
die  Verhältnisse  noch  am 
günstigsten  Hegen,  ent- 
sprechend der  Richtung 
derHauptbegabung  unseres 
Volkes.  Relativ  ist  die 
Menge  der  Kunstverstän- 
digen groß. 

Während  aber  gleich- 
falls für  die  Literatur  sich 
weitere  Kreise  interes- 
sieren, ist  die  Gemeinde 
derer,  die  sich  ernsthaft 
mit  bildender  Kunst  be- 
fassen, eine  verschwindend 
kleine. 

Unser  Sehen  ist  nie 
unsere  stärkste  Begabung 
gewesen.  Sollen  wir  Namen 
von  internationaler  Be- 
deutung nennen,  so  kom- 
men wir  über  Dürer  und 
Holbein   hinaus   schon   in 

Verlegenheit.     Deutsche  Kunst  war  stets  mehr  oder  weniger  abhängig  von    der    großen 

europäischen   Kunst  Italiens,  Hollands,  Frankreichs. 

Während  dann  bei  uns  in  der   zweiten    Hälfte    des    neunzehnten    Jahrhunderts  der 

Geschmack  beispiellos  daniederlag,  hatte  die  französische  Kunst  eine  ihrer  größten  Epochen, 


RUDOLF  LEVY 


Aus  Sanary 


E.  OTHON  FRIESZ 


Landschaft 


20 


und  es  ergab  sich  das  merk- 
würdige Schauspiel,  daß 
trotzdem  nur  ganz  einzelne 
unserer  Künstler  von 
dieser  Überfülle  in  unserer 
nächsten  Nachbarschaft 
etwas  mitbrachten  und 
daß  trotz  der  Stärke  und 
Ausgeprägtheit  der  Bewe- 
gung doch  Begabungen 
wie  Böcklin  und  Menzel 
schließlich  ganz  unbeein- 
flußt ihren  Weg  abseits 
gingen.  Die  breite  Masse 
der  Gebildeten  wurde  so 
gut  wie  gar  nicht  berührt. 

Rückständige  Kritiker, 
die,  weil  sie  für  politisch 
angesehene  Blätter  schrie- 
ben und  weil  sie  ein  Patent 
als  Kritiker  hatten,  auch 
für  kompetent  gehalten 
wurden,  und  diejenigen 
unter  den  Künstlern,  die 
über  die  nötige  Pose  und 
Beziehungen  zu  maßge- 
benden Kreisen  verfügten, 
suggerierten  dem  deut- 
schen Publikum  die  eigene 
heimatliche  Kunst.  Da- 
mit ist  es  auch  in  letzter 
Zeit  noch  nicht  viel  anders 
geworden.  Was  Impres- 
sionismus ist,  ist  einigen 
Interessieretn  von  eifrigen 
Propagatoren,  meist  auf 
dem  Wege  über  den  In- 
tellekt, künstlich  einge- 
impft worden.  In  den 
seltensten   Fällen   ist    die    Lektüre   durch    Anschauung    ergänzt.  — 

Man  kann  ohne  weiteres  zugeben,  daß  in  künstlerischen  Dingen  die  Frauen  von 
heute  viel  eher  mitgehen  als  die  Männer.  Sie  sind  in  ihren  Urteilen  frischer,  biegsamer, 
instinktiver.  Im  Gegensatz  zu  den  Männern  haben  sie  den  Vorzug,  daß  sie  bei  der  Debatte 
nicht  grob  werden,  wenn  sie  sich  nicht  überzeugen  lassen  wollen.  Für  ihre  eigene  Person, 
für  die  Hauseinrichtung,  für  die  Geselligkeit  tauchen  immer  wieder  Fragen  auf,  deren 
Lösung  sie  immerhin  zur  Betätigung  ihres  Geschmackes  anregen  und  diesem  eine  gewisse 
Schulung  geben  kann.  In  Toilettensachen,  die  stets  am  ernstesten  genommen  werden, 
herrscht  jetzt  wenigstens  der  gute  Instinkt  vor,  die  Zusammenstellung  in  die  Hand  eines 
geschmackvollen  Schneiders  zu  legen.  Die  furchtbare  und  wohl  nur  in  unserem  Vater- 
lande mögliche  Verirrung  des  Eigenkleides  mit  Blumenfriesen  oder  sonstiger  An- 
bringung von  Kunstgewerbe  scheint  mehr  und  mehr  überwunden.  Aber  abgesehen  davon, 
daß  eine  Geschmacksbetätigung  in  diesen  Dingen  nur  den  allerersten  Anfang  darstellt, 
geht  sie  auch  meistens  über  das  Interesse  an  der  eigenen  Person  nicht  hinaus.  Ander- 
seits kann  man  sehr  oft  konstatieren,  daß  gerade  die  Damen,  mit  denen  man  ein  ver- 
nünftiges Wort  über  Malerei  usw.  reden  kann  —  Damen  mit  freierem  Horizont,  die  ein 
bißchen  das  Leben  kennen,  wenigstens  das  der  Pensionen  der  Hauptstädte  oder  Münchens  — 
sehr  oft  statt  angezogen,  nur  individuell  drapiert  sind. 

Mit  den  Herren  sieht  es  weit  schlimmer  aus.  Ein  Teil  nimmt  der  Kunst  gegen- 
über den   Standpunkt    einer  Art  von    Herrenmoral   ein    und    glaubt   sie    nach   Belieben 


ADOLF  ERBSLOH 


Der  violette  Schleier 


21 


zitieren  und  je  nach 
Laune  behandeln  zu 
können.  Das  Verhältnis 
ist  ein  äußerst  kühles. 
Man  sieht  ein  Bild  auf 
seine  komische  Seite  an 
und  auf  die  Gelegen- 
heit, seinen  Witz  dabei 
zu  produzieren.  Ein  Teil 
empfindet  eine  Beschäfti- 
gung mit  künstlerischen 
Dingen  geradezu  als 
ef  f  eminierend.  Man  kann 
in  dieser  Beziehung  die 
groteskesten  Gedanken- 
gänge aufdecken. 

Ein  anderer  Teil  wieder 
verfällt  in  Sentimentali- 
tät. Die  schlimmsten 
aber,  weil  die  überzeug- 
testen, sind  die  Theore- 
tiker mit  Systemen  und 
Prinzipien,  die  die  Forde- 
rung aufstellen,  daß  ge- 
wisse Grundbedingungen 
erfüllt  sein  müßten  oder 
ein  Bild  ablehnen,  weil 
es  diesen  Bedingungen 
nicht  entspricht. 

Da,  wenn  überhaupt 
ein  Verhältnis  zur  Kunst 
vorhanden  ist,  dies  meist  durch  den  Intellekt  und  nur  selten  durch  das  Gefühl  ver- 
mittelt ist,  findet  man  den  Kunstsnob  weit  mehr  unter  Herren  als  unter  Damen.  — 
Es  ist  vor  allem  nicht  möglich,  in  der  bildenden  Kunst  das  Publikum  vom  Gegenstand 
loszureißen.  Es  wäre  ein  erster  und  bedeutsamer  Schritt  zur  Läuterung  des  Urteils,  wenn 
erst  begriffen  wäre,  daß  es  nicht  auf  das  ,,Was",  sondern  auf  das  ,,Wie"  der  Darstellung 
ankommt.  Schon  deshalb  kauft  man  ungern  französische  Landschaften.  Während  der 
Kenner  sich  in  dem  Stil,  in  der  Technik,  in  dem  Temperament  des  Künstlers  zu  Hause 
finden  will,  so  soll  dem  Publikum  der  Gegenstand  vertraut  vorkommen.  Darum  grüßen 
von  den  Wänden  so  häufig  diese  treuen,  teils  rührenden,  teils  heroischen,  teils  ge- 
schmäcklerischen  Landschaften  und  Szenen  herab,  die  unserer  „völkischen"  Eigenart 
entsprechen.  — 

Noch  schwerer  reißt  man  sich  beim  Porträt  vom  Gegenständlichen  los  und  begreift 
nicht,  daß  ein  Maler  kein  kolorierender  Photograph  sein  sollte.  Man  verlangt  ein  ,, prak- 
tisches Familienbild".  Statt  sich  bei  Experten  zu  erkundigen,  welcher  Maler  im 
einzelnen  Falle  in  Betracht  käme,  vergibt  man  seine  Aufträge  an  den,  der  einen 
Bekannten,  sei  es  eine  schöne  Frau  in  günstiger  Pose  oder  einen  Mann  in  schlichter 
Weise  abgemalt  hat.  So  kommt  es,  daß  als  Porträtisten,  die  dem  in  manchem  Falle 
gewiß  berechtigten  Bedürfnis,  sich  malen  zu  lassen  nachkommen,  immer  wieder 
ein  bestimmter  umgrenzter  Kreis  derselben  Routiniers  in  Betracht  kommt,  die  das 
Geschäft  im  Großen  betreiben,  die,  wenn  die  Konnektion  durch  irgendein  Mitglied 
der  Gesellschaft  nicht  ausreicht,  den  Leuten  Prospekte  ins  Haus  schicken,  wie  ein 
Fabrikant  seinen  Kunden,  die  jede  Ausstellung  meiden  in  der  sicheren  Voraussicht,  von 
der  Kritik,  falls  diese  überhaupt  einen  Finger  rühren  würde,  ausgelöscht  zu  werden. 
Man  weiß  nicht,  ob  es  eine  Ideenassozitation  ist  nach  der  großen  englischen  Welt  hin, 
die  sich  von  Gainsborough  oder  Reynolds  malen  ließ,  die  Lust,  diese  Traditionen,  wenn 
auch  nicht  in  ganz  so  großem  Maßstab  und  unbekümmert  um  alle  inzwischen  eingetretenen 
Veränderungen  fortzusetzen,  oder  die  Süßigkeit  der  Palette,  die  die  Menschen  zu  der- 
artigen Künstlern  treibt.    Die  Kniffe  der  Untermalung,   die  Art  eine  Hand  zu  geben,  die 


CUNO  AMIET 


Weinlese 


22 


Kleiderfalten,  die  allgemeine  Überzuckerung  sind  immer  wieder  dieselben.  Diese  Art 
Bilder  müssen  natürlich  auf  reichen  Tapeten  mit  auffallenden,  hellen  Tönen  hängen 
und  verlangen  es  auch.  Sie  sind  so  reich,  daß  ein  ruhiger  neutraler  Hintergrund  arm- 
selig wirken  würde.     Die  Pracht  muß  sich  über  alle  Wände  des  Salons  fortsetzen. 

An  Plastik  sieht  man  so  gut  wie  nichts,  wenn  man  nicht  hierzu  Hochzeitsgeschenke 
und  Gelegenheitskäufe  aus  Bronzeläden  rechnen  will.  — 

Jede  Ansicht  über  Kunst  findet  ihre  leichte  Erklärung  und  Bekräftigung  durch 
den  ,, individuellen  Geschmack",  über  den  zu  streiten  mindestens  oft  zeitraubend  ist. 
Man  sollte  dieses  moluskenhafte  Begriffsgebilde  mit  all  seiner  Unkontrollierbarkeit  und 
Zufälligkeit  ein  für  allemal  aus  allen  Gesprächen  über  Kunst  streichen.  Mag  man  an 
Krawatten  und  Strümpfen,  an  Kleidern  und  Einrichtungen  seinen  Geschmack  betätigen: 
bei  aller  großen  Kunst  ist  einzig  und  allein  Kennerschaft  maßgebend,  keine  trocken 
philologische,  sondern  eine  Kennerschaft,  deren  Voraussetzung  die  ständige  Übung  eines 
Auges  ist,  das  keinen  Eindruck  passieren  läßt,  ohne  sich  Rechenschaft  über  ihn  abzu- 
legen und  zu  einem  klaren  Urteil  zu  gelangen.  Die  Absurdität  des  Operierens  mit 
einem  derartigen  Begriff  ergibt  sich  ohne  weiteres,  wenn  man  mit  ihm  etwa  an  Werken 
von  Bach  oder  Bildern 
von  Rembrandt  Kritik 
üben  wollte.  So  wenig 
wie  eine  Bachsche  Fuge 
dem  ungeübten  Laien 
verständlich  ist,  so  wenig 
ist  das  Geheimnis  eines 
großen  Bildes  ohne  wei- 
teres zu  enthüllen.  Da- 
mit richtet  sich  zugleich 
der  Vorwurf,  den  man 
so  oft  schwer  verständ- 
lichen Bildern  macht : 
sie  sprächen  nicht  für 
sich  selbst,  sondern  be- 
dürften einer  langen  Er- 
klärung und  könnten 
schon  deshalb  nicht  gut 
sein.  Der  Fehler  liegt 
bei  dem  Beschauer.  Er 
ist  vielleicht,  wie  bei 
uns  so  mancher,  in  alter 
Kunst  genau  bewandert 
und  ist  von  dieser  her 
das  Erzählende  gewöhnt. 
Die  viel  eindringlichere 
Sprache  aber,  die  nur 
durch  Form  und  Farbe 
wirken  will,  läßt  ihn 
kalt,  da  er  sie  nicht  ver- 
steht. Man  sehe  sich 
z.  B.  die  alten  Croütes 
in  den  Vestibülen  oder 
Repräsentationsräumen 
unserer  Museen  an,  und 
versuche  sich  zu  rekapi- 
tulieren, was  darauf  vor- 
geht. Es  ist  bei  dem 
Mangel  jeglicher  Kompo- 
sition und  dem  Durch- 
einander unzusammen- 
hängender Vorgänge 
dem  geübtesten  Gedächt- 


ALEXEI  VON  JAWLENSKI 


Kopf 


23 


MAX  SCHULZE-SOELDE  Kartoffelleser  (Kohlezeichnung) 


nis  nicht  möglich. 
Demgegenüber  zeich- 
net sich  das  gute  Bild 
durch  eine  auffal- 
lendeEinfachheit  und 
Sachlichkeit  aus.  Es 
ist  eins  der  vielen 
Zeichen  schlechter 
Kunst,  daß  sie  ver- 
altete Ideen  weiter 
konserviert,  z.  B.  den 
Begriff  dessen,  was 
der  Darstellung  wert 
ist.  Darunter  fallen 
historische  Vorgänge, 
Dorfidyllen,  Herbst- 
stimmungen, Interi- 
eurs, kurz  alles,  was 
bei  uns  im  letzten 
Jahrhundert  beliebt 
war.  Dieselben  Typen 
kehren  immer  wieder. 
Nur  eins  fehlte-:  Die 
Dinge  des  täglichen 
Lebens,  die  wir  täg- 
lich vor  Augen  sehen,  mit  denen  wir  uns  in  erster  Linie  zurechtfinden  sollten.  Gerade 
diesen  Dingen  die  Banalität  genommen  zu  haben,  ist  einer  der  Hauptwerte  speziell  der 
modernen  Kunst :  Die  Schönheit  eines  Bahnhofes,  eines  Eisenbahn-Überganges,  einer 
Straße,  einer  gewöhnlichen  Eisenbrücke  ausfindig  gemacht  zu  haben. 

Ein  Urteil,  das  sich  nur  etwa  auf  Rafael,  Michel  Angelo  oder  sonst  einen 
der  Alten  eingestellt  hat,  wird  natürlich  den  wahren  Wert  eines  Bildes  anderer,  speziell 
auch  moderner  Epochen  nie  gerecht  werden  können,  und  doch  wäre  das  Umgekehrte 
das  Natürliche,  nämlich  die  Alten  selbst  mit  unserm  modernen  Auge  anzusehen,  das 
alles  ausscheidet,  was  keinen  Ewigkeitswert  hat  oder  nicht  mehr  einen  Teil  unserer 
Zeit  bildet,  denn  jeder  Kunstgenuß  ist  an  Zeiten  und  Menschen  gebunden. 

Taucht  etwas  Neues  auf  in  der  Kunst,  so  tritt  immer  wieder  dieselbe  Erscheinung 
zutage:  Das  Vorurteil  gegenüber  etwas  noch  Unbekanntem,  Unübersehenem,  Unge- 
fühltem  und  das  Bedürfnis,  seinen  Empfindungen  Luft  zu  machen.  Die  apodiktische 
Sicherheit  des  Urteilens  über  neuauftretende  ungewohnte  Phänomene  steht  dabei  in 
gar  keinem  Verhältnis  zur  Kompetenz  des  Urteilenden.  Während  der  Durchschnitts- 
laie es  als  durchaus  lächerlich  empfinden  würde,  über  neue  wissenschaftliche  Theorien 
ein  Urteil  abgeben  zu  wollen,  während  er  sich  sogar  mit  seinen  Urteilen  über  Sachen, 
die  weit  öfter  in  seinen  Gesichtskreis  treten,  seien  es  Börsenpapiere,  Rennpferde  oder 
jagdliche  Äinge,  zurückhält  aus  Furcht  vor  den  Konsequenzen  eines  vorschnellen 
Urteils,  so  scheint  es  ihm  in  Dingen  der  Kunst,  und  speziell  der  bildenden,  stets  ange- 
bracht, seine  Meinungen  zu  äußern.  Diese  Dinge  sind  vogelfrei;  man  gilt  vielleicht 
noch  als  ein  Charakter,  wenn  man  ein  Bild  als  Schmiererei  bezeichnet.  —  Irgendein 
Kunsthistoriker  hat  einmal  in  seiner  die  Beispiele  liebenden  Art  gesagt:  Bilder  sind 
Majestäten,  man  soll  nicht  zu  ihnen  reden,  man  soll  warten,  bis  man  angesprochen 
wird.  —  Dieser  Standpunkt  wird  dem  Publikum,  das  mit  Forderungen  an  die  Kunst 
herantritt,  meist  als  ein  unwürdiger  erscheinen.  In  Wahrheit  ist  es  für  den  Laien,  der 
sich  wie  der  heutige  Mensch  fast  niemals  in  ernsthafterer  Weise  mit  der  Kunst  befaßt, 
der  einzig  mögliche. 

Der  großen  Menge  der  Verständnislosen  steht  ein  kleiner  Teil  gegenüber,  der  der 
bildenden  Kunst  gerade  jetzt  ein  Interesse  entgegenbringt  und  sie  mit  einem  Eifer  dis- 
kutiert, wie  man  ihn  seit  den  achtziger  Jahren,  als  neue  Literatur-Probleme  auftauchten, 
nicht  erlebt  hat.  Manches  mag  in  seinem  Radikalismus,  wie  z.  B.  die  Forderung  der 
Futuristen,  alle  Museen  dem  Erdboden  gleich  zu  machen  oder  die  Ansichten  gerade 
mancher  deutscher  Sammler,  daß  man  z.  B.  Corot  nicht  mehr  sehen  könne,  wenn  man 


24 


Cezanne  liebe,  lächerlich  oder  übertrieben  erscheinen.  Aber  im  ganzen  hat  diese  starke 
leidenschaftliche  Bewegung  nur  ihr  Gutes.  Sie  bekundet  vor  allem  den  Willen  zur  Moderne, 
sie  steht  nicht  a  priori  gewissen  Bildern  skeptisch  oder  gar  ablehnend  gegenüber.  Daß 
unsere  Zeit  voll  von  neuen  Ideen  auf  allen  Gebieten  ist,  auf  denen  der  Technik,  der  Er- 
ziehung wie  der  Religion  und  Moral,  erkennt  jeder.  Ein  so  großes  Lebensgebiet  wie  das 
der  Kunst  kann  von  so  durchgehenden  Änderungen  naturgemäß  nicht  unberührt  bleiben. 

Dennoch  ist  es  selbst  den  Interessiertesten  kaum  möglich,  sich  über  die  Kunst  von 
heute  einen  Überblick  zu  verschaffen.  Einmal  deshalb,  weil  es  eine  Menge  von  sogenannten 
Richtungen  gibt,  die  starke  Propaganda  für  sich  machen,  nur  sich  allein  gelten  lassen 
und  dadurch  das  Bild  stark  verwirren.  Meist  setzen  sich  die  entsprechenden  Gruppen 
aus  einer  Begabung,  deren  Empfindung  und  Ausdrucksmittel  mehr  oder  weniger  individuell 
sind,  und  einer  Reihe  anderer  zusammen,  die  sich  aus  Überzeugung  oder  auch  aus  un- 
wesentlichen Motiven  anschließen.  Daß  es  indessen  keine  Richtungen,  sondern  nur  Per- 
sönlichkeiten geben  kann,  diese  Selbstverständlichkeit  scheint  nicht  überall  durchge- 
drungen. 

Der  Abstand  von  den  Bildern  und  der  Anschauungsart,  an  die  das  Publikum  bisher 
gewöhnt  war,  bis  zum  Impressionismus  und  weiter  bis  zur  modernsten  Malerei  ist  ein 
so  großer,  daß  nicht  verlangt  werden  kann,  das  Publikum  solle  überall  mitgehen.  Aber 
was  von  ihm  gefordert  werden  muß,  ist,  daß  es  endlich  eine  Reihe  von  Vorurteilen 
fallen  läßt,  die  trotz  aller  inneren  Schwäche  das  zäheste  Leben  haben.  Abgesehen 
von  einigen  schon  erwähnten  allgemeinerer  Natur,  ist  es  in  der  bildenden  Kunst 
immer  wieder  die  imitatorische  Rolle,  die  ihr  zugemutet  wird.  —  Man  sagt,  daß  man 
die  und  die  Farbe  eines  Bildes  unmöglich  in  der  Natur  findet  oder  daß  die  Proportion 
irgendeines  Gliedes    zum  Körper    oder  die  Form  eines  Kopfes   verkehrt  sei. 

Demgegenüber   ist   zu   konstatieren,    daß   der   Begriff   der    Richtigkeit   in  der  Natur 
überhaupt  nicht  existiert,  sondern  daß  es  nur  ein  Auge   gibt,    das    die  umgebende  Welt 
sieht  und  empfindet.     Die  Natur  dem  Künstler  als  ein  für   allemal   unantastbar,    unab- 
änderbar   gegenüberzustellen    heißt   die 
Souveränität    des     Künstlers    leugnen, 
ihm     unerträgliche     Fesseln     anlegen 
Jeder     kleinste     Beitrag     an     geistigen 
Werten,    selbst   der    bizarrsten  Persön- 
lichkeit,   ist,     wenn    er    nur    aus    der 
Empfindung    heraus  geboren  ist,  wert- 
voller   als    die    edelste    Pose,    mag   der 
künstlerische  Wille  noch  so  stark  sein. 

Der  Illusionismus  ist  stets  ein 
Zeichen  schlechter  Kunst  gewesen, 
denn  nicht  der  Gegensatz:  ,, Richtig 
oder  unrichtig"  steht  in  Frage,  sondern 
der  von  ,, empfunden  und  nichtemp- 
funden",  „gefühlt  und  nicht  gefühlt", 
,,echt  und  unecht",  wenn  man  will. 
Der  Ausdruck  ,, richtig"  ist  nur  in 
dem  höheren  Sinne  anzuwenden,  daß 
eine  Ausdrucksform  der  Intention  des 
Künstlers  entspricht,  nicht  in  dem 
sklavischen  Sinne  einer  Naturnach- 
ahmung. Vergleiche  zwischen  bilden- 
der Kunst  und  Musik  sind  meist  unan- 
gebracht. Aber  um  einen  ungefähren 
Begriff  zu  geben,  kann  man  hier  den 
allerdings  nur  relativen  Gegensatz  von 
Harmonie  und  Disharmonie  heran- 
ziehen. Quinten-Folgen,  wie  Wagner 
sie  schrieb,  waren  bisher  verpönt.  In- 
zwischen hat  sich  das  Ohr  bei  Strauß 
oder  Debussy  noch  an  ganz  andere 
Klänge  gewöhnt.  ERNESTO  DE  FIORI    Kauernde  (Terrakotta) 


25 


MARIE  LAURENCIN 


Les  jeunes  filles  (Radierung) 


Ein  anderes  Vorurteil  dokumentiert  sich  in  der  Verquickung  von  Kunst  und 
Patriotismus.  Das  deutsche  Publikum,  das  stets  nur  von  einer  Musik,  nämlich 
der  eigenen  spricht,  fragt  in  Dingen  der  bildenden  Kunst  noch  immer,  weshalb 
deutsche  Kunst  nicht  ebensogut  sein  könne  wie  französische.  Es  mögen  innere 
Gründe  genug  vorliegen,  die  für  eine  stärkere  Begabung  auf  französischer  Seite  sprechen, 
wie  die  viel  größere  Sichtbarkeit  der  französischen  Kultur,  das  optisch  Reichere  des 
ganzen  Lebens,  der  Dinge,  Menschen,  der  Atmosphäre,  die  größere  Betonung  alles 
Formalen  in  Frankreich,  Dinge,  die  das  Auge  ständig  beschäftigen,  im  Gegensatz  zu 
den  mehr  innerlichen  Werten  deutscher  Kultur.  Aber  davon  abgesehen,  muß  der  Deutsche 
mit  der  Tatsache  rechnen,  daß  Frankreich  seit  dem  achtzehnten  Jahrhundert  eine  un- 
unterbrochene Kette  großer  Begabungen  hervorgebracht  hat,  daß  auch  die  letzte 
große  Stilepoche  des  Impressionismus  von  ihr  ausging  und  durchgeführt  wurde. 

Als  Erzieher  zu  künstlerischem  Urteil  kommen  in  der  Hauptsache  die  Leiter  unserer 
Museen,  die  Veranstalter  unserer  Ausstellungen  und  vor  allen  Dingen  auch  der  Kunst- 
händler in  Betracht.  Es  läßt  sich  nicht  leugnen,  daß  die  Stellung  des  letzteren  in 
Deutschland  eine  schwierige  ist.  Seine  Persönlichkeit  ist  noch  immer  eine  fremde. 
Man  pflegt  in  erster  Linie  in  ihm  den  Händler  zu  sehen,  und  der  Handel  mit  Kunst- 
dingen als  Ware  verletzt  das  Gefühl  für  das  Ideale,  das  so  mancher  Rechtschaffene  als 
eine  schwere  Bürde  mit  sich  durch  das  Leben  trägt.  Denn  eine  Last  ist  es  in  allen 
den  Fällen,  in  denen  sich  dieses  Gefühl  aus  einer  falschen  Sentimentalität  herleitet,  wie 
sie  bei  uns  leider  so  oft  als  die  Kehrseite  unseres  Gefühlslebens  festzustellen  ist.  In 
südlichen  Ländern,  besonders  in  Frankreich,  pflegt  man  diese  Dinge  nüchterner  und 
klarer,  aber  deshalb  mit  nicht  minderer  Wärme  zu  beurteilen.  Wie  alles,  was  mittelbar 
oder  unmittelbar  mit  bildender  Kunst  zu  tun  hat,  in  sozialer  Beziehung  ganz  anders 
gestellt  ist  als  bei  uns,  so  ist  es  auch  der  Händler,  der  den  Leuten  Bilder,  Bücher  oder 
sonstige  geistige  Nahrung  verschafft.  Jeder  kleine  bouquiniste  am  Kai  oder  Trödler 
des  Montparnasse  spielt  seine  relativ  große  und  absolut  honorige  Rolle,  und  man 
braucht  nur  im  ,, Pierre  Noziere"  Anatole  France's  nachzulesen,  um  etwas  von  der  Wärme 
zu  verspüren,  die  man  in  Frankreich  den  kleinsten  Existenzen  dieser  Art  entgegen- 
bringt. 


26 


So  kommt  es,  daß  das 
Verhältnis  zwischen  Publi- 
kum und  Kunsthändler  ein 
ganz  anderes  ist  als  bei  uns. 
Statt  im  Handel  mit  Bildern 
eine  Profanierung  der  Kunst 
zu  sehen,  erkennt  man  im 
Kunsthändler  vielmehr  den 
notwendigenVermittler  künst- 
lerischer Werte.  Man  hat  Ver- 
ständnis für  das  Milieu  jeder 
alten  Krambude,  man  ver- 
langt auch  keinerlei  Auf- 
machung, wenn  sich  nur 
hinter  Staub  und  Unordnung 
wirklich  etwas  Wertvolles  be- 
findet. Man  kennt  keine 
notwendige  Gegensätzlickeit 
zwischen  Kunst  und  Handel 
und  sieht  in  der  Absicht  des 
Kunsthändlers,  Geld  zu  ver- 
dienen, kein  Verbrechen,  son- 
dern eine  natürliche  Folge 
seiner  Erwerbstätigkeit,  die 
vor  den  meisten  andern  Be- 
rufen den  nirgends  verkann- 
ten Vorteil  hat,  daß  sie  sich 
anstatt  mit  Wertpapieren, 
Getreide  oder  sonstigen  Nütz- 
lichkeitswerten mit  Dingen 
der  Kunst  beschäftigt.  Denn 
der  Kunsthändler,  der  aus 
materiellen  Gründen  allein 
und  ohne  echte  Passion  für 
die   Kunst  sich   dem    Kunst- 


WILHELM  LEHMBRUCK 


Akt  (Radierung) 


handel  zugewendet  hätte,  existiert  nur  in  der  Phantasie  von  Leuten,  die  selbst  kein 
Verhältnis  zur  Kunst  haben.  Er  würde  binnen  kurzem  Bankerott  machen,  da  ihm, 
was  dem  Händler  am  notwendigsten  ist,  fehlen  würde:  die  Kenntnis  seiner  Ware. 

Hat  er  aber  in  seiner  Tätigkeit  neben  seiner  künstlerischen  auch  eine  kaufmännische 


:mmmsm 


HEINRICH  NAUEN 


Bei  Vise 


27 


Ader,  so  sollte  man  ihm  das  als  weiteres  Plus  anrechnen,  anstatt  ihn  eine  derartige 
Begabung  durch  eine  unnötige  Verdächtigung  entgelten  zu  lassen. 

Richtig  angewandt  ist  daher  die  Macht  des  Kunsthändlers  eine  enorme,  denn  er 
ist  das  große  Reservoir,  aus  dem  Museen  und  Private  schöpfen.  Tatsächlich  ist  er 
selbst  gegen  eine  so  starke  geistige  Macht  wie  den  Museums-Direktor  insofern  im. 
Vorteil,  als  sein  Bilderbestand  nicht  wie  bei  diesem  bis  zu  einem  gewissen  Grade  ein 
für  allemal  festgelegt  ist.  In  seinen  Ausstellungen  kann  er  wechseln,  kann  arrangieren, 
überraschen;  ein  lebendiger  Strom  von  Menschen,  die  nicht  nur  bewundern  wollen, 
sondern  deren  Sinne  durch  die  Erwerbslust  ganz  anders  als  in  den  Museen  angeregt 
und  geschärft  sind,  geht  bei  ihm  aus  und  ein.  ^ 

Die  richtige  Anwendung  dieser  Macht  ist  nicht  nur  seine  Pflicht,  sondern  in  diesem 
Falle  auch  sein  ,, Geschäft".  Es  wird  daher  sein  eigenes  Interesse  sein,  sich  nicht  auf 
Konzessionen  gegenüber  gewissen  Kategorien  von  Leuten  einzulassen,  die  darauf  be- 
stehen, schlechte  Bilder  zu  kaufen,  nur  weil  sie  ihnen  gefallen.  Denn  dauerde  Erfolge 
wird  auch  er  nur  erzielen  mit  solider  Ware. 


HENRI-MATISSE 


Die  Brücke  in  Collioure 


28 


J 


EDVARD  MUNCH 


Umarmung  (Radierung) 


29 


ANSELM  FEUERBACH 


Nana 


30 


Schönheit. 

Von  MOELLER  VAN  DEN  BRÜCK.* 

Schönheit  ist  Überschwang.  Aus  einem  entzückten  Innern,  das  unsjüberwältigte 
und  hinriß,  sind  wir  Menschen  zu  Künstlern  geworden.  Wir  ertrugen  das  Leben  nicht 
mehr,  nicht  so  wie  es  war.  Wir  wollten  ein  anderes  Leben,  in  dem  die  Träume,  die  von 
irgendwoher  zu  uns  gekommen  waren  und  sich  auf  uns  niedergelassen  hatten,  uns  sicht- 
bar in  Formen  umgaben.  Wir  erlebten  vielleicht  zum  ersten  Male  Schönheit  vor  der 
Größe  und  den  Schrecken  der  Urlandschaft,  an  den  Bewegungen  der  Tiere  darin  und 
schließlich  an  der  Gestalt  des  Menschen.  Oder  wir  erfuhren  sie  im  Traum  urseliger  Liebe, 
im  Triumph  bestandenen  Kampfes,  im  Pathos  erprobter  und  anerkannter  Königlichkeit. 
An  irgend  etwas,  das  auf  der  Erde  zu  uns  gehörte  oder  doch  in  unserem  Bereiche  lag, 
mußte  sich  der  Überschwang  anfänglich  entzündet  haben.  Irgend  etwas  mußte  es  geben, 
das  auch  von  sich  aus  köstlich  und  selten  war  und  an  dem  wir  uns  so  zu  begeistern  ver- 
mochten, daß  wir  seine  Dauer  und  All- 
gegenwart wünschten.  Irgendwo  mußte 
das  Gefühl  für  Schönheit  bereits  von 
uns  vorerlebt  sein,  ehe  der  Überschwang 
in  uns  durchbrechen  konnte  und  wir 
aus  einer  Sehnsucht,  es  möchte  das 
Leben  durchweg  und  immerdar  so  sein, 
wie  wir  es  an  Stellen  und  zu  Zeiten 
erfuhren,  in  der  Kunst  die  Form  einer 
Unsterblichkeit  suchten.  Es  war  der- 
selbe Drang,  der  nach  seiner  seelischen 
Seite  die  Vorstellung  von  einer  Gott- 
heit geschaffen  hatte,  die  uns  aus  dem 
Dasein,  in  dessen  Ungewißheiten  sie 
uns  hineingeboren,  auch  wieder  erlösen 
werde.  Hier,  nach  seiner  sinnlichen 
Seite,  schuf  er  die  Kunst,  in  die  alles 
ausströmte,  was  wir  an  irdischer  Selig- 
keit besaßen.  Gott  mußte  sein :  oder 
es  war  kein  Geist  in  der  Welt.  Und 
Schönheit  mußte  sein :  oder  es  war 
keine  Lust  in  dem  Leben. 

Schon  in  dieser  Einheit  des  Ur- 
sprungs liegt  die  Nähe  beschlossen,  in 
der  wir  Kunst  undReligion  allzeit  sehen. 
Beide  würden  auch  dann  zusammen- 
stehen, wenn  sie  nicht  in  einer  noch 
tieferen  Schicht  dadurch  verbunden 
wären,  daß  die  Kunst  aus  Menschen- 
kraft auf  der  Erde  das  zu  sein  sucht, 
was  Gott  aus  Weltvollkommenheit  im 
All  ist :  schöpferisch.  Im  Idol  des  Bild- 
schnitzers, der  sich  seinen  zaubermächtigen  Schutzgeist  fertigte,  waren  die  beiden  Stämme 
des  Religiösen  und  des  Künstlerischen  noch  in  der  Wurzel  vereinigt.  Der  frühe  Mensch 
einer  abergläubigen  Zeit  offenbarte  sich  hier,  der  sich  aus  einem  von  ihm  selbst  nicht 
verstandenen  Triebe  vor  dem  ungewissen  Sein  in  einen  Gott  zu  retten  suchte,  indem  er 
sich  in  die  Kunst  rettete.  Später,  in  Tempel  und  Basilika,  in  Kathedrale  und  Dom, 
suchten  wir  dann  mit  Bewußtsein  eine  Einkehr  in  Gott,  die  gleichbedeutend  mit  einer 
Abkehr  vom  Leben  war  und  zu  der  wir  uns  doch  desselben  Lebens  in  einer  verschönten» 


ERNST  WENCK 


Nino  (Bronsze) 


*  Aus  ,,Die  italienische  Schönheit".  Piper,  Verlag  in  München  1913. 


31 


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ERNST  TE  PEERDT 


Eros  (Bleistift) 


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ARISTIDE  MAILLOL 


Lithograph! 


in  einer  erhöhten  und  ausgeschmückten  Form  bedienen  mußten.  Im  AnbHck  von 
Statuen,  in  denen  wir  die  Götter  zu  unseren  Ebenbildern  machten  und  unsere  LeibHchkeit 
wiederum  zu  deren  Erhabenheit  erhoben,  versöhnten  wir  uns  mit  unserem  mensch- 
lichen Körper.  Vor  dem  Bilde  der  Madonna,  im  Widerstreit  sehr  irdischer  und  ganz  über- 
weltlich-überwältigender Gefühle,  erleichterte  sich  das  beschwerte  Herz  und  vermählte 
Gnade  und  Geheimnis  mit  Schönheit.  Aber  auch  dann,  wenn  jeder  Zusammenhang  mit 
einem  Kult  gelöst  und  die  Kunst  ganz  auf  die  Persönlichkeit  gestellt  war,  auf  jene  großen 
Bekenner,  Weltweisen  und  Schönheitspriester,  die  wir  unter  Visionen  und  zwischen 
Problemen  auftauchen  sehen,  tat  der  Künstler,  was  der  Schöpfer  getan,  übernahm  sein 
Werk  auf  der  Erde  und  setzte  es  fort,  schuf  über  das  Leben  hinweg,  schuf  frei  und  aus  Ein- 
bildung eine  neue,  eine  ewigere,  mitten  in  der  wirklichen  eine  überwirkliche  Welt, 

Doch  ist  das  Schöpferische  allein,  eben  weil  es  dem  Religiösen  so  nahesteht,  noch  nicht 
das  Künstlerische.  Wenn  wir  dem  Schöpferischen  im  Künstlerischen  nachgehen,  dann 
erkennen  wir  in  einer  weiteren  Teilung  des  dunklen  und  zurückliegenden  Vorgangs,  daß 
zu  ihm  noch  ein  anderes  tritt :  das  Bildende.  Es  ist  die  formende  Kraft,  durch  die  der 
schöpferische  Mensch  sich  mit  der  Natur  verbindet  und  mit  der  er  dann,  mitten  inne 
gestellt  zwischen  beide,  Natur  und  Kunst,  in  dritten  Gebilden  Schönheit  hervorbringt. 
Wir  finden  den  Trieb  zu  diesem  Bildenden  schon  bei  dem  schlichten  Töpfer  der  Stein- 


34 


zeit,  dem  sein  brauner  Erdkrug  plötzlich  nicht  mehr  gefällt  und  der  nun  in  einem  ganz 
bestimmten  Geschmack  dazu  übergeht,  ihn  mit  allen  möglichen  Strichen,  mit  Schlängel- 
mustern und  schließlich  mit  leibhaftigen  Figuren  zu  verzieren.  Ein  paar  Jahrhunderte 
später  ist  dann  aus  diesem  Trieb,  mit  dem  sich  eine  Hingebung  verbindet,  die  allein  zur 
Vollendung  der  Form  führt,  schon  die  Kunst  geworden,  die  den  Schild  des  Achilleus 
formte,  und  die,  welche  ihn  besang.  Und  wieder  nach  neuen  Wandlungen,  in  einem 
immer  mächtigeren  Aufstieg,  wird  er  zu  der  Kunst  des  großen  Gefüges,  der  Äschylei- 
schen  Tragödie  oder  der   Sixtinischen   Kapelle  oder  der  Neunten   Symphonie. 

In  diesen  monumentalen  Möglichkeiten  des  bildenden  Triebes  liegt  schon,  daß  er, 
der^  zunächst  ein  so  handwerklich-intimer  ist,  nicht  wohl  ein  imitierender  sein  kann. 
Werke,  die  in  dieser  Weise  ein  kompositorisches  Gesetz  verwirklichen,  sind  notwendig 
ohne  jedes  Vorbild  in  der  Natur.  Sogar  die  realistische  Kleinkunst  einer  ägyptischen 
Statuette  läßt  sich  immer  nur  von  der  gegenständlichen,  aber  nicht  von  der  formalen  Seite 
her  durch  Nachahmung  erklären.  Zwar  ist  das  Bildende  nur  möglich  in  einem  mehr  oder 
weniger  engen  Anschluß  an  die  Natur.  Die  tiefe  Dankbarkeit,  die  jeder  geborene  Künstler 
zum  Wirklichen  hat,  die  zärtliche  Liebe  zu  den  Dingen,  mit  denen  er  ihre  Seele  hervor- 
lockt, ist  hier  verwurzelt.  Die  schaffende  Natur  setzt  sich  geradezu  in  den  bildenden  Trieb 
hinein  fort,  und  wir  wissen  alle,  daß  die  Kunst  dann,  wenn  sie  verloren  zu  gehen  droht, 
keine  größere  Kräftigung  erfahren  kann  als  durch  die  Natur,  Aber  damit  ist  die  Kunst 
noch  keine  Wiederholung  der  Natur,  und  wenn  sie  es  wäre,  dann  würde  eine  von  den 
beiden,  die  Kunst  oder  die  Natur,  notwendig  überflüssig  sein.  Statt  dessen  entfernt  das 
Schöpferische  die  Kunst  ständig  von  der  Natur,  verändert  sie,  überbietet  sie,  bereichert 
sie.  Schon  in  jenem  Ersatz,  den 
der  Künstler  in  der  Kunst  für  die 
Wirklichkeit  zu  geben  sucht,  liegt, 
daß  er  über  die  Natur  hinaus  will. 
Und  in  der  Tat  hat  der  Künstler, 
wenn  er  nun  über  die  Natur  hin- 
aus eine  Kunst  schafft,  die  es  vor- 
dem nicht  gab,  durchaus  das 
Recht,  besondere  Kunstgesetze 
für  sich  in  Anspruch  zu  nehmen, 
die  mit  den  Naturgesetzen  nichts 
mehr  gemeinsam  haben. 

In  diesem  doppelten  Verhält- 
nis der  Kunst  zur  Natur  liegt  kein 
Widerspruch.  Im  Gegenteil,  wir 
können  sagen,  daß  dem  doppelten 
Verhältnis  ein  Doppelstamm  der 
künstlerischen  Entwicklung  ent- 
spricht, die  sich  als  eine  des  Stils 
und  eine  der  naturalistischen  Illu- 
sion trotz  zahlreicher  Übergangs- 
verbindungen deutlich  f  ausein- 
ander halten  läßt.  Ganz  allgemein 
mag  dem  Schöpferischen  der  Stil, 
dem  Bildenden  der  Naturalismus 
entsprechen.  Doch  ist  das  Prinzip 
des  Stils  das  ältere.  Am  Anfang 
der  Kunst  entsteht  immer  der 
Wille,  sich  von  der  Natur  zu  ent- 
fernen, während  gegen  ihr  Ende 
zum  Guten  wie  zum  Bösen  der 
Wunsch     durchdringt,     sich    ihr 

wieder  zu  nähern.  Selbst  die  ältesten  Dokumente  der  prähistorischen  Zeitrechnung,  diese 
Tierzeichnungen  der  Dordogne  in  ihrem  nun  wirklich  fabelhaften  Naturalismus,  sind 
Werke  einer  langen  Übung,  Gebilde  eines  völlig  unprimitiven  Charakters,  Erzeugnisse 
der  Hochentwicklung  einer  ausgestorbenen  europäischen  Rasse  mit  einer  uns  unbekannten 
künstlerischen   Vorentwicklung,    von   der   sich   jedoch  jetzt  noch  erkennen  läßt,    daß  sie 


HENRI-MATISSE 


Badende  Frauen 


35 


aus  einem  Urstile  hervorwuchs.  Ebenso  setzte  hernach  mit  dem  geometrischen  Stile  der 
Bronzezeit  die  arische  Welt  der  Antike  ein,  die  sich  groß  hielt,  solange  man  die  Kunst 
der  Natur  entgegenstellte,  und  die  unterging,  als  der  Hellenismus  die  Kunst  dem  Natür- 
lichen anglich.  Und  ebenso  hat  sich  jede  Entwicklung  vollzogen,  die  immer  ein  Aufstieg 
zum  Stil  und  ein  Abstieg  zum  Naturalismus  war. 

Von  dem  Verhältnis,  in  dem  das  Schöpferische  und  das  Bildende,  Stil  und  Naturalis- 
mus, im  einzelnen  Kunstwerk  zueinanderstehen,  hängen  alle  Werte  und  Unwerte  der 
Kunst  ab.  Die  Kunstwerke  unterscheiden  sich  geradezu,  wie  sich  die  verschiedenen 
Grade  dieses  Verhältnisses  unterscheiden.  Es  gibt  Kunstwerke,  die  ungemein  schöpferisch 
und  sehr  wenig  bildend  sind.  Es  gibt  andere  Kunstwerke,  die  sehr  bildend  und  fast  gar 
nicht  schöpferisch  sind.  Unter  den  einen  befinden  sich  solche  —  und  meist  sind  es  Werke 
eines  sehr  frühen  und  anfänglichen  Schaffens  — ,  in  denen  das  Bildende  zwar  mit  höchster 
Kunst,  aber  noch  in  einfachen  Linien  entwickelt  ist  und  in  denen  jedenfalls  das  Schöpfe- 
rische durch  den  eigenmächtigen  Stil,  mit  dem  es  durchbricht,  die  vollentwickelte  Form 
ersetzt,  die  immer  erst  späteren  Geschlechtern  erreichbar  wird.  Und  unter  den  anderen 
befinden  sich  solche,  die  Werke  einer  reifen  und  abgeschlossenen  Zeit  sind,  in  denen  das 
Schöpferische  und  das  Bildende  zu  gleichem  Gewichte  verteilt  scheint  und  in  Wahrheit 
doch  nur  das  hochgesteigerte  Bildende  darüber  hinwegtäuscht,  daß  in  ihm  schon  längst 
kein  Schöpferisches  mehr  wirkt.  Gewiß  geht  ein  Wille  zu  einer  Vereinigung  beider 
Elemente,  des  Schöpferischen  und  des  Bildenden,  und  dementsprechend  auch  beider 
Prinzipien,  des  Stils  und  des  Naturalismus,  unverkennbar  durch  die  Entwicklung  der 
Kunst.  Doch  eine  Höhe  der  Kunst,  die,  welche  wir  so  gemeinhin  Höhe  nennen,  gibt  es 
überhaupt  nicht.  Die  höchsten  Leistungen  liegen  vielmehr  alle  auf  der  Höhe  eines  Auf- 
stiegs, auf  der  die  Kunst  von  den  Menschen  ständig  neu  errungen  werden  muß :  und  auf 
dieser  Linie  kann  jede  Leistung  höchste  Leistung  sein,  wie  denn  der  Aufstieg  selbst  lang 
und  voll  von  den  Versuchen  und  Möglichkeiten  des  Schöpferischen  zu  sein  pflegt.  Wenn 
dagegen  der  Punkt  erreicht  ist,  in  dem  das  Schöpferische  und  das  Bildende  sich  zu  decken 
scheinen,  tatsächlich  freilich  nur  der  Naturalismus  den  Stil  zerstört,  dann  ist  damit  sofort, 
in  einer  jähen  und  gefährlichen  Unabwendbarkeit,  auch  derjenige  erreicht,  von  dem  ab 
sie  im  Abstieg  wieder  auseinandergleiten  und  die  Kunst  selbst  auseinanderfällt :  die  ver- 
meintliche Einheit  wird  sich  alsbald  lockern,  einzelne  Teile,  Gebiete,  Sonderfertigkeiten 
werden  vielleicht  noch  hochentwickelt,  die  Wirkungen  verdoppelt,  die  Formen  überladen 
werden  —  aber  gerade  von  derjenigen  Form,  die  sich  selbst  mit  der  ganzen  Anmaßung 
eines  erreichten  Meistertums  als  die  vollkommene  gibt,  gilt  sehr  leicht,  daß  ihre  behauptete 
Formenreinheit  in  keiner  Weise  mehr  auf  Kunst,  weder  auf  Schöpferischem  noch  auf 
Bildendem  beruht,  sondern  nur  auf  Übung,  auf  jener  akademischen  Schulung,  die  im 
nächsten  Augenblick  wieder  verloren  sein  kann  und  die  daher,  wie  wir  aus  Erfahrung 
wissen,  nur  die  Vorstufe  zu  der  größten  künstlerischen  Verwahrlosung  zu  sein  pflegt. 
So  wird  denn  eine  schöpferische  Zeit  von  sich  aus  stets  bildend  sein,  während  eine  nur 
noch  bildende  Zeit  nicht  mehr  schöpferisch  zu  sein  braucht.  In  diesem  Verhältnis  der 
Zeiten  untereinander  liegen  die  Grenzen  der  Künste,  die  einzigen,  die  wir  aus  der  Natur 
heraus  feststellen  können,  während  die  Künste  selbst  in  ihren  Formen  von  den  Völkern 
abhängen,  denen  die  Künstler  angehören,  und  von  den  Künstlern,  die  als  Persönlichkeiten 
aus  ihnen  hervorgehen. 


36 


Wegen  des  reichhaltigen  Materials  an  altdüsseldorfischer  Kunst  erstreckt 
sich  diese  erste  Ausstellung  über  das  ganze  Haus,  während  für  spätere  Aus- 
stellungen nur  das  Unterhaus  und  wenige  Räume  der  ersten  Etage  in  Aus- 
sicht genommen  sind. 

In  Kollektivausstellungen  werden  demnächst  gezeigt  werden:  Böcklin, 
Feuerbach,  Richard  Burnier,  Ernst  te  Peerdt,  Max  Liebermann,  Paul  Baum, 
Otto  Sohn-Rethel,  Heinrich  Nauen,  Karli  Sohn,  Werner  Heuser,  Otto 
von  Waetjen,  Max  Schulze- Soelde,  Otto  Stein,  ferner  Odilon  Redon, 
William  Degouve  de  Nuncques,  Henri- Matisse,  Andre  Derain,  Pablo 
Picasso,  Georges  Braque,  M.  de  Vlaminck,  Jules  Pascin,  R.  Levy,  Marie 
Laurencin,  Nils  von  Dardel,  eine  Kollektion  finnischer  Malerei  und  Archi- 
tektur (in  Zeichnungen  und  Photos)  und  endlich  eine  von  den  Malern 
August  Macke  und  Carl  Mense  organisierte  Ausstellung  rheinischer  Expres- 
sionisten. 

Die  Galerie  Flechtheim  organisiert  im  Frühjahr  im  Frankfurter  Kunst- 
verein mit  Unterstützung  des  Herrn  Wilhelm  Uhde  in  Paris  eine  Ausstellung 
von  Bildern  Pablo  Picassos  und  seines  Kreises  und  veranstaltet  in  Barmen 
(Ruhmeshalle) ,  Frankfurt,  München,  Dresden  und  Berlin,  mit  Unterstützung 
des  Herrn  Walter  Halvorsen  in  Kristiania,  eine  Ausstellung  jüngstnorwe- 
gischer Malerei. 

Im  Frühjahr  veranstaltet  die  Galerie  Flechtheim  im  Kunstforbundet  in 
Kristiania,  in  Gothenburg  und  Kopenhagen  eine  Schwarz-Weiß-Ausstellung 
deutscher  und  französischer  Graphik  und  stellt  endlich  ständig  in  Berlin, 
München ,  Dresden  und  Frankfurt  die  bei  ihr  vertretenen  rheinischen  Maler  aus. 


HENRI-MATISSE,  Zeichnung  aus  Marokko 
38 


Aus  ihrem  Besitze  stellten 
in  liebenswürdiger  Weise  der  Ausstellung  Bilder  zur  Verfügung : 

DIE  RUHMESHALLE  IN  BARMEN 

HERR  GEHEIMER  KOMMERZIENRAT  BAGEL,  DÜSSELDORF 

HERR  ALBERT  HERZFELD,  DÜSSELDORF 

HERR  ARTUR  HAUTH  IN  DÜSSELDORF 

HERR  FRANZ  KLUXEN  IN  MÜNSTER  IN  WESTFALEN 

HERR  ADOLF  LANGEN  IN  KÖLN 

HERR  JUSTIZRAT  DR.  DE  RIDDER,  NOTAR  IN  DÜSSELDORF 

HERR  C.  W.  SIMONS,  BANKIER  IN  DÜSSELDORF 

FRAU  ELSE  SOHN-RETHEL  IN  DÜSSELDORF 

HERR  MAX  STERN,  MALER  IN  DÜSSELDORF 

HERR  CARL  WINTER  IN  KÖLN 


HENRI-MATISSE,  Notar  (Zeichnung  aus  Marokko) 
39 


Damenporträt,   1879 


40 


ANDREAS  ACHENBACH        Corleone  in  Sizilien 


XIX.  Jahrhundert 

Düsseldorfische  Kunst. 


ACHENBACH,  Andreas,  1815— 1910. 

Corleone  in  Sizilien,  Tempera  (1847).* 

Scylla  und  Charybdis  (1861). 

Abend.     Marine. 

Cappenberg. 

Bongardshof.     Aquarell. 

Der  Untergang  des  ,, Präsident *^     Lithographie. 

ACHENBACH,  Oswald,  1827— 1905. 

Ruinen  in  Rom. 
Italienische  Landschaft. 

BENDEMANN,  Eduard,  181 1— 1889. 
Liebespaar. 


41 


BENDEMANN,  Rudolf,  1851— 1884. 
Festzug. 

VON  BOCHMANN,  Gregor,  Düsseldorf.      ^ 

Kartoffelernte. 
Esthnische  Landschaft. 

BOGOLJUBOFF,  Alexis,  1824— 1896. 
Konstantinopel. 

BURNIER,  Richard,  1826 — 1884. 
Stallinneres.* 
Mädchen  mit  Truthahn. 
Heimkehr.* 

VON  CORNELIUS,  Peter,  1783— 1867. 

Zeichnung. 

DARNANT,  Hugo  1850— 1872. 
Gänse  wiese. 

DEGER,  Ernst,  1809 — 1885. 
Knabenkopf. 

DEIKER,  C.  F.,  1836— 1892. 
Rehkopf.     Aquarell. 
Jagdhund. 
Hundekopf.     Rauchbild. 


ERNST  TE  PEERDT 


Frauen  am  Strand 


42 


RICHARD  BURNIER*  Heimkehr 

DÜCKER,  Eugene,  Düsseldorf. 
Ostsee. 

FAGERLIN,  Ferdinand,  1825 — 1907. 

Alte  Frau. 
Junger  Fischer. 

VON  GEBHARDT,  Eduard,  Düsseldorf. 

Das  Abendmahl.  Kohlezeichnung  für  sein  Bild  in  der  Nationalgalerie. 
Christus.  Federzeichnung  für  das  Abendmahl  in  der  Nationalgalerie. 
Studienköpfe  (Oel). 

Unter  den  Malern  der  religiösen  Kunst  steht  Eduard  v.  Gebhardt  heute  mit  in  erster 
Reihe,  als  Maler  des  Protestantismus  nimmt  er  unbestritten  den  ersten  Rang  ein.  Ebenso 
abgekehrt  von  der  süßlichen  Formensprache  der  Nachfolger  der  Nazarener,  wie  von  der 
derb-realistischen  orientalischen  Auffassung  französischer  Maler,  ist  er  von  Beginn  an 
seinen  eigenen  Weg  gegangen,  den  er  in  der  Betonung  der  inneren  Wahrheit  des  Dar- 
zustellenden als  den  allein  richtigen  erkannte.  Daß  ihm,  dem  in  den  Traditionen  eines 
protestantischen  Pfarrhauses  Aufgewachsenen,  das  Zeitalter  der  Reformation  am  nächsten 
lag,  wird  man  als  etwas  Selbstverständliches  betrachten  dürfen.  Auf  geographische  und 
historische  Richtigkeit  legte  er  im  allgemeinen  kein  Gewicht ;  doch  indem  er  sich  in  den 
Gewändern  seiner  Figuren,  in  den  Architekturen  seiner  Bilder  vorherrschend  der  Formen- 
sprache des  Reformationszeitalters  bedient,  schuf  er  in  ihnen  einen  deutschen  Stil,  den 
Stil  des  deutschen  Bürgertums.  Immer  aber  fällt  in  Gebhardts  Schöpfungen  das  Haupt- 
gewicht auf  die  Veranschaulichung  des  Innenlebens  der  von  ihm  dargestellten  Persön- 
lichkeiten ;  keine  Gemütsbewegung,  die  sein  Pinsel  nicht  mit  tiefster  Empfindung,  mit 
feinstem  Verständnis  wiederzugeben  vermöchte. 

Eduard  v.  Gebhardt  wurde  am  i.  Juni  1838  im  Pastorat  zu  St.  Johannis  in  Estland 
als  Sohn  des  dortigen  Pastors,  späteren  Propstes  und  Konsistorialrats  Ferdinand  Theodor 
V.  Gebhardt,  geboren.  1855  kam  er  auf  die  Petersburger  Akademie,  wo  er  den  Grund  zu 
dem  tüchtigen  Zeichner  legte,  der  er  ist;  aber  schon  1858  ging  er  nach  einer  Reise  durch 
Holland  und  Belgien,  wo  er  sich  namentlich  dem  Studium  der  stammverwandten  nieder- 

43 


ländischen  Meister  widmete,  nach  Karlsruhe,  wohin  eine  Anzahl  tüchtiger  Lehrer  von 
Düsseldorf  berufen  worden  war.  Er  fand  jedoch  in  Karlsruhe  die  erhoffte  Anregung  nicht 
und  entschloß  sich  daher  1860  zur  Rückkehr  nach  Düsseldorf,  wo  er  aber  nicht  mehr  in 
die  Akademie,  sondern  in  das  Atelier  des  damals  schon  angesehenen  jungen  Wilhelm 
Sohn  eintrat.  1863  zeigte  er  sich  mit  seinem  Einzüge  Christi  in  Jerusalem  zum  erstenmal 
auf  der  Ausstellung  des  Rheinischen  Kunstvereins.  Was  Wunder,  wenn  er  mit  diesem 
Bilde,  das  so  ganz  aus  der  Art  des  Hergebrachten  herausfiel,  Zweifel  und  Bedenken 
erregte?  Doch  schon  eine  andere  Aufnahme  fand  im  nächsten  Jahre  sein  Bild  ,,Die  Auf- 
erweckung  von  Jairi  Töchterlein".  1866  war  eines  seiner  ergreifendsten  Werke,  die  den 
Dom  zu  Reval  schmückende  Kreuzigung,  gefolgt  und  als  im  Jahre  1870  die  Berliner 
Nationalgalerie  Gebhardts  ,, Abendmahl"  erwarb,  war  der  Sieg  seiner  Auffassung  der 
religiösen  Malerei  entschieden.  1874  wurde  er  an  Stelle  von  Th.  Hildebrand  als  Lehrer 
an  die  Düsseldorfer  Akademie  berufen  und  1875  zum  Professor  an  derselben  ernannt, 
ein  Amt,  das  er  auch  heute  noch  in  jugendlicher  Frische  und  Rüstigkeit  bekleidet. 

Eine  große  Zahl  von  Werken  religiösen  und  profanen  Inhalts  ist  neben  vielen  Porträts 
und  Studienköpfen  den  ersten  gefolgt ;  von  Tag  zu  Tag  steigerte  sich  die  Anerkennung 
seines  Schaffens,  doch  erst  in  den  großen  monumentalen  Werken  im  Kloster  zu  Loccum  und 
in  der  Friedenskirche  zu  Düsseldorf  hat  Gebhardts  Kunst  ihre  schönsten  Triumphe  gefeiert. 

An  Auszeichnungen  und  Ehren  hat  es  dem  Meister  nicht  gefehlt ;  zu  den  bedeutend- 
sten mag  die  ihm  jüngst  von  der  Universität  Straßburg  verliehene  Würde  eines  Doktors 
der  Theologie  gehören.  In  sinniger  Weise  spricht  die  Ernennungsurkunde  von  des  Künst- 
lers Werken  als  einem  ,,Heliand  in  Farben". 

Dr.  W.  NEUMANN,  Direktor  des   Städtischen  Museums  in  Riga. 

GUDE,  Hans,  1825 — 1903. 
Norwegische  Landschaft. 

HASENCLEVER,  Johann   Peter,   1810— 1853. 

Wachtstube. 

HEMPEL,  H.  C,  Düsseldorf. 

Landschaft,  1877. 


RICHARD  BURNIER  Stallinterieur 

44 


F.  A.  HORNEMANN 


Madonna 


HERMANNS,  Heinrich,  Düsseldorf. 
Der  Prinzipalmarkt  in  Münster. 

HILDEBRAND,  Th.,  1804— 1874. 

Mädchen  mit  Perlenkette. 


HOFF,  Carl,   1866- 
Dechenhöhle. 


1904. 


HORNEMANN,  Fr.  Adolf,  18 13- 

Mutter  und  Kind. 
Madonna.* 
Betteljunge. 
Interieur  mit  Frau. 
Interieur  mit  Wiege. 
Küche. 

JABIN,  Karl  Georg,  1828— 1864. 

Deutsche  Landschaft. 

JANSSEN,  Gerhard,  Düsseldorf. 
Der  Philosoph. 


1890. 


45 


LUDWIG  KNAUS 


Familie  Strousberg 


JUTZ,  Carl,  senior. 

Am  Starnberger  See,  1873. 

KESSLER,  Aug.,  geb.  1826— 1906. 

Niederrheinische  Landschaft,  1845. 

KNAUS,  Ludwig,  1829 — 1910. 
Familie  Strousberg,  1870,* 

VON  KRAFFT,  Peter,  geb.  1863,  verschollen  um  1893. 

Porträt. 
Frauenraub. 

KRÖNER,  Chr.,  1838— 191 1. 
Landschaft. 

LACHENWITZ,  F.  Sigismund,  1820— 1868. 

Kosaken. 
Pferde. 

LESSING,  C.  F.,   1808— 1880. 

Kaiser  Heinrich  nimmt  Papst  Pascal  gefangen.     Skizze  zu  dem   im 
Besitze  S.  M.  des  Kaisers  befindlichen  Gemälde.* 

LEUTZE,  Emanuel,  1 816— 1868. 

Held  aus  den  amerikanischen  Befreiungskriegen. 


46 


C.  F.  LESSING  Kaiser  Heinrich  nimmt  Papst  Pascal  gefangen 

MEYER,  Claus,^Düsseldorf. 

Interieur. 

Aus  Brügge  (Aquarell). 

MUNKACSY,  Michael,  1846— 1900. 

Mephisto  und  Schüler  (aus  der  Sammlung  Paul  Lindau). 

Der  Dorfheld.  Skizze  zum  Bild  im  Kölner  Wallraf-Richartz-Museum, 

MUNTHE,  Ludwig,  1841— 1896. 

Kartoffelgräber. 
Landschaft. 

NICOLET,  Gabriel,  London. 
Spa. 

NORMAN,  Adelstjern.,  Kristiania. 
Fjord. 

OEDER,  Georg,  Düsseldorf. 
Erinnerung  an  den  Herbst. 

TE  PEERDT,  Ernst,  Düsseldorf. 

Der  Negermönch.* 
Frauenporträt.  * 
Deutsche  Landschaft.* 
Badende  Frauen.* 


47 


TE  PEERDT,  Ernst,  Düsseldorf. 

Stilleben. 

Landschaften. 

Zeichnungen.* 

Ernst  te  Peerdt  ist  heute  60  Jahre  alt  (geb.  1852  in  Tecklenburg  in  Westfalen) 
und  lebt  in  Düsseldorf;  bis  vor  wenigen  Jahren  ganz  vergessen  —  nachdem  ein  paar 
frühe  naturalistische  Szenen  (,,Das  Duell"  z.  B.)  schon  einmal  vor  30  Jahren  seinen 
Namen  bekannt  gemacht  hatten.  Neuerdings  wurde  seine  große  Kunst  mehrfach  entdeckt, 
so  in  den  „Rheinlanden",  vom  Kölner  Amateur  Hermann  Hertz,  von  Dr.  Hagelstange, 
dem  Direktor  des  Kölner  Museums,  der  zwei  Bilder  erwarb,  und  dann  für  die  Aus- 
stellungen des  Sonderbundes.  Doch  stand  der  Umstand,  daß  man  bisher  von  seinem  Werk 
zu  wenig  zu  sehen  bekam,  einer  weiteren  Verbreitung  seines  Ruhmes  —  denn  darauf  wird 
es  herauskommen  —  im  Wege. 

RETHEL,  Alfred,  1816— 1859. 

Bildnis  seiner  Mutter. 

Der  Pfarrer. 

Justitia.     Bleistiftzeichnung,  I.  Fassung.* 

RITTER,  Henry,  1816 — 1853. 
Skizze. 

VON  SCHADOW,  Wilhelm,  1789— 1862. 

Selbstporträt. 

Bildnis  seines  Schwiegersohnes,  des  nachmaligen  Sanitätsrats  Hasen- 
clever. 
Kopf,  Kohlezeichnung. 


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ERNST  TE  PEERDT 


Landschaft 


48 


ALFRED  RETHEL  Justitia  (Bleistift) 

VON  SCHENNIS,  Friedrich,  Berlin. 

Solitude. 
Landschaft. 

SCHEURER,  Caspar,  1810— 1887. 
Das  Rheinalbum,  50  Aquarelle. 
Kreuzigung. 
Baumstudien. 

SCHIRMER,  J.  W.,  1807— 1863. 

Heroische  Landschaft. 

Landschaf  t  mit  Turm  (vgl.  Schaarschmidt:  Düsseldorfer  Malerei,  8,199).* 

SCHLÜTER,  Aug.,  Düsseldorf. 

Heideteich. 

SCHREUER,  Wilhelm,  Düsseldorf. 

Ratsherren. 

SCHROEDTER,  Adolf,  1805— 1875. 
Karikaturen.     Aquarelle. 

SCHÜZ,  Th.,  1830— 1900. 
Schwarzwaldlandschaft. 

SEIBELS,  Carl,  1844— 1901. 
Kühe  auf  der  Weide.* 

SOHN,  Carl  Ferd.,   1805— 1867. 
Porträt  seiner  Gattin. 


49 


J.  W.  SCHIRMER  Landschaft 

(aus  Schaarschmidt :  Die  Geschichte  der  Düsseldorfer  Kunst  im  19.  Jahrh.) 

SOHN,  Carl,  1845 — 1910. 
Selbstporträt. 

Bildnis  seiner  Gattin,  der  Frau  Else  Sohn-Rethel. 
Stilleben. 

SOHN,  Wilhelm,  1829— 1899. 
Interieur. 
Bildnis  der  Gräfin  Loe.* 

SUES,  Gustav,  1823 — 1881. 
Hahn. 


CARL  SEIBELS 


Kühe  auf  der  Weide 


50 


SUYKENS,  Henri,   Schloß  Eppinghoven  bei  Langenfeld. 
Anbetung  der  Hirten. 
Bleiche. 

d'UNKER-HENNING-LÜTZOW,  Carl,  1829— 1866. 

Matrosenschenke. 

VAUTIER,  Benjamin,  1829 — 1898. 
Trinker,   Kohlezeichnung. 
Bäuerin. 
Gerichtsszene, 

VOLKHART,  Max,  Düsseldorf. 

Spaziergang.  Ratsversammlung. 

Der  Zecher.  Der  Student. 

WEBER,  A.,   1817— 1873. 
Landschaft. 

VON  WILLE,  A.,  1829— 1887. 

Der  Wilddieb. 
VON  WILLE,  Clara  (Gattin  des  Vorigen). 

Junge  Hunde. 

ZIMMERMANN,  Adolf,  1799— 1837. 
Mater  dolorosa. 


WILHELM  SOHN:  Bildnis  der  Gräfin  Loe 

51 


Die  Stadt  Düsseldorf  ist  sehr  schön,  und 
wenn  man  in  der  Ferne  an  sie  denkt,  und 
zufällig  dort  geboren  ist,  wird  einem  wunder- 
lich zu  Mute.  —  Ich  bin  dort  geboren,  und 
es  ist  mir,  als  müßte  ich  gleich  nach  Hause 
sehn.  HEINRICH  HEINE. 


Heinrich  Heine,   Lithographie 


Lithographie  unbekannten  Zeichners.* 

Kreidezeichnung,  monogrammiert, 
datiert  19.  2.  1841.* 

LEDERER,  Hugo,  Berlin. 

Kopf  des  Heinedenkmals  für  Hamburg.  * 
Marmor.   (Abbildung  siehe  Seite  12,) 

OPPENHEIMER,  Max,  Wien. 

Radierungen   -zu    Heines    Buch     ,,Le 
Grand**    (Paul  Cassirer  Verlag). 

KAYSER,  Jos.  t. 

Bildnis  der  Frau   von   Geldern,   einer 

Tante  Heines. 
Bildnis    des    Herrn   M.   B.  Wolf    und 

seiner  Frau,  geb.  von  Geldern. 

52 


Heinrich  Heine 
monogrammiert,  datiert   19.  2.  1841 


MAX  LIEBERMANN 


Selbstporträt,  Radierung 


Aus^dem  Ehrendoktordiplom  für  Max  Liebermann    (Text  von  Heinrich  Wölfflin) : 

,,  .  .  .  der  die  Malerei  dahin  führte,  wohin  sie  von  jeher 
strebte,  daß  nämlich  die  Dinge  nicht  so  gemalt  würden, 
wie  unser  Denken  uns  lehrt,  daß  sie  beschaffen  sind, 
sondern  wie  sie  dem  Auge  unmittelbar  erscheinen." 


53 


AUGUSTE  RENOIR 


Die  Toilette 


XIX.  Jahrhundert 

Andere  deutsche  und  französische 

Maler. 


,,Wir  legen  uns  erst  heute  Rechenschaft  über  diese  Dinge  ab  und  haben  Grund  dazu, 
können  auch  heute  erst  darüber  nachdenken.  Früher  verschlang  das  Staunen  über  das 
grandiose  Schauspiel  dieser  gleichsam  aus  der  Erde  gestampften  Künstlergeneration,  die 
das  arme  Zeitalter  mit  ewigen  Blüten  kränzte,  jede  Reflexion.  Das  ist  noch  nicht  lange 
her,  viel  weniger  lange,  als  man  glauben  sollte.  Es  war,  als  ich  vor  etwa  zwanzig  Jahren 
nach  Paris  kam.      Damals  war  Manet  längst  tot,^  Cezanne  verschollen,  Degas  ein  ver- 


55 


bitterter  Anachoret.  Nur  Renoir,  Monet  und  ein  paar  andere  ihrer  Generation  standen 
noch  in  der  Entwicklung.  Von  den  Jüngeren  war  van  Gogh  vor  kurzem  gestorben,  Gau- 
guin saß  bei  seinen  Wilden.  Man  sah  also  so  gut  wie  nichts  mehr  von  den  Leuten  selbst. 
Und  das  machte  das  Schauspiel  vielleicht  nur  noch  packender.  Um  so  mehr  sah  man  von 
ihren  Werken.  Die  begannen  sozusagen  erst,  auch  wenn  sie  Dezennien  vorher  entstanden 
waren.  Sie  kamen  ans  Licht  wie  eine  Kette  von  Bergen,  die  bis  dahin  immer  ein  und  der- 
selbe Nebel  verhüllt,  die  man,  wer  weiß  wo,  weit  in  der  Ferne  geglaubt  hatte.  Es  war 
ein  ganzes  Panorama  und  zum  Greifen  nahe.  Jeder  Tag  brachte  ein  neues  Stück,  jede 
Woche  eine  neue  Kette  mit  ungeahnten  Plänen  und  Gründen.  Manet,  von  dem  man 
noch  am  meisten  wußte,  wuchs  zu  einem  Gipfel.  Aber  gleich  neben  ihm,  ebenso  hoch, 
der  Gipfel  noch  in  Wolken:  Renoir,  ein  sanft  ansteigendes,  von  Früchten  strotzendes 
Gelände.  Weiter  hinten  Cezanne,  ein  phantastischer  Felsen,  schmal  und  rissig  wie  eine 
zum  Himmel  geschleuderte  Woge.  Man  wußte  bei  dem  funkelnden  Licht  nicht,  ob  er  aus 
Wolken  oder  blauem  Gestein  bestand.  Weiter  unten  sah  man  van  Gogh  und  so  manche* 
anderen  gleichsam  aus  winzigen  Wellungen  des  Terrains  hervorgehen.  Und  neben  diesem 
scheinbaren  Entstehen,  das  ein  Sichenthüllen  war,  entstanden  wirklich  vor  aller  Augen 
wie  Hügel  des  Vorlandes  andere  Zeichen,  die  erst  die  Zeit,  die  man  miterlebte,  hervor- 
brachte: Signac  mit  seinen  Freunden,  Bonnard  mit  den  seinen,  und  neben  den  zerfurchten 
Höhen  eines  Rodin  rundete  sich  in  behaglicher  Breite  Maillol. 

Etwas  ganz  Einziges,  nie  zu  beschreiben,  nie  wieder  zu  erleben !  Ich  wundere  mich, 
daß  man  in  jener  Zeit  wie  ein  vernünftiger  Mensch  durch  die  Straßen  ging,  sich  sorgte 
und  Zeitungen  las,  daß  man  die  Muße  fand,  Aufsätze  über  Kunst  und  dergleichen  Über- 
flüssigkeiten zu  schmieden,  anstatt  zu  starren  und  zu  staunen.  Der  Zweifler,  der  uns 
damals  etwas  von  unseren  heutigen  Gedanken  verraten  hätte,  wäre  nicht  schlecht  aus- 
gelacht worden.  Das  Überraschende  war  ja  nicht  ein  neuer  Künstler,  oder  zwei  und  drei, 
sondern  eine  unübersehbare  Menge  neuer  Formen,  die,  obwohl  jede  für  sich  bestand, 
organisch  zusammenzuhängen  schienen.  Und  es  war  nicht  eine  neue  Kunst,  sondern 
die  eine,  die  einzige,  die  kommen  mußte.  Es  war  nicht  das  neue  Sensuelle,  das,  was  an 
ungewohnten  Reizen  in  den  Farben  und  Linien  steckte,  nicht  einmal  das  rein  Ästhetische; 
wenigstens  erschien  es  nicht  so.  Es  war  vielmehr  etwas  Ähnliches  wie  das,  was  in  kleinerem 
Maß  zur  gleichen  Zeit  in  der  deutschen  Literatur  vorging  und  mehr  oder  weniger  in  vielen 
anderen  Ländern  gespürt  wurde:  die  Schöpfung  eines  unentbehrlichen  Ausdrucks  für 
ein  vielen  gemeinsames  Sehen  und  Empfinden;  einer  gültigen  Form  für  das  Zeitgenössische, 
für  jene  bis  dahin  unbewußte,  unkörperliche,  unfruchtbare  Gegenwart.  Unmittelbar  aus 
unserer  Mitte  heraus,  aus  unseren  Kleidern  und  Gedanken,  unserem  ungeschminkten 
Sein  entstand  eine  lyrische,  dramatische,  heroische  Schönheit,  Schönheiten  aller  Art. 
Und  das  erschien  alles  so  natürlich  wie  die  gemeinsame  Freude  vieler  an  der  Purpurröte 
des  Himmels.    Wirklich  lag  damals  etwas  wie  Purpur  über  Paris." 

JULIUS  MEIER-GRAEFE.     („Neue  Rundschau"  April  1913.) 


V 


Gemälde, 


BÖCKLIN,  Arnold,  1827 — 1901 
Frauenbildnis. 

BOUDRY,  A.,   Brüssel. 

Crevettenfischer  in  Nieuport. 


56 


PAUL  CEZANNE 


Bildnis  seiner  Frau  in  Rot 


57 


CEZANNE,  Paul,  1839— 1906. 

Die  badenden  Soldaten.* 
Bildnis  seiner  Frau.* 
Bildnis  seiner  Frau  in  Rot.* 
Der  grüne  Topf,  Aquarell.* 

Cezanne  n'etait  pas  le  maladroit 
sublime  que  tend  a  nous  representer 
une  certaine  legende.  Ses  aquarelles 
revelent  au  contraire  une  habilete  si  ver- 
tigineuse  que  seule  peut  etre  l'egale  la 
virtuosite  des  Japonais:  sur  la  feuille 
blanche  toute  l'ossature  d'un  paysage 
s'indique  par  quelques  touches  colorees 
d'une  exactitude  teile  qu'elle  fait  parier 
les  vides  intermediaires,  arrache  au 
silence  de  chacun  une  signification.  — 
Quand  Cezanne  peint  ä  l'huile,  sa  main 
tressaille  de  la  meme  adresse,  mais  il  la 
contient:  il  se  mefie;  il  redoute  de  se 
substituer  a  sa  sincerite;  il  impose  ä  son 
pinceau  une  lenteur  fidele.  L'application 
le  possede  comme  une  passion:  il  se 
penche  devotement,  il  se  tait  pour  mieux 
voir;  il  emprisonne  la  forme  qu'il  copie 
dans  le  cercle  de  son  attention:  et,  comme 


PAUL  CEZANNE 


Bildnis  seiner  Frau 


PAUL  CEZANNE  Der  grüne  Topf 


eile  rouge,  il  respire  mal  tant  qu'il  ne  l'a  pas 
captee.  A  chaque  instant  le  trait  veut  bondir, 
s'abandonner  ä  son  elan.  Mais  Cezanne  le 
ramene  avec  entetement,  l'oblige  a  se  main- 
tenir  acharne.  Ainsi,  si  Ton  croit  voir  en  cette 
peinture  des  hesitations,  elles  ne  signalent  pas 
l'impuissance  d'une  main  trop  fruste  et  trop 
mal  exercee  pour  suivre  avec  precision  le  con- 
tour  des  objets,  mais  uniquement  le  scrupule 
d'une  patience  occupee  sans  cesse  ä  moderer 
les  ecarts  d'une  dexterite  trop  fremissante. 
Jamais  rien  pour  le  spectateur.  Cezanne 
n'invite  pas  le  regard;  il  ne  fait  pas  signe; 
il  ne  s 'adresse  pas;  il  peint  en  solitude  et  ne 
se  soucie  pas  qu'on  s'interesse  aux  images 
qu'il  fabrique  dans  la  peine  et  dans  l'adora- 
tion.  II  n'a  affaire  qu'auxchosesetn'ad'autre 
inquietude  que  de  les  dire  comme  il  faut. 
D'elles  son  amour  est  si  voilent  qu'il  tremble 
de  respect;  il  est  frappe  de  veneration  devant 
elles,  et  c'est  tenu  par  une  modestie  brülante, 
qu'il  travaille  ä  les  representer.  —  De  la  cette 
severitesiemouvante:  severite  que  repand  sur 
tout  ce  qu'il  touche  l'amour.  Ces  toiles  ont  une 
ampleur  serree.  On  sent  qu'elles  ont  ete  peintes 
dans  une  bondissante  immobilite  et  d'une  äme 
que  l'exces  de  son  transport  rendait  timide. 


58 


II  n'est  peut-etre  pas  de  plus  grand  peintre  que  Cezanne.  J'ai  la  faiblesse  de  regretter 
parfois  qu'il  n'ait  ete  que  peintre,  que  dans  son  oeuvre  rhomme  n'intervienne  jamais 
que  comme  serviteur  des  choses,  qu'il  ne  fasse  sentir  sa  presence  que  par  sa  devotion 
et  son  souci  de  s'effacer.  Mais  ne  faut-il  pas  que  son  abdication  vienne  reparer  l'imperti- 
nence  de  tous  ceux  qui  s'etablissent  en  intrus  et  s'exposent  au  milieu  de  leurs  tableaux? 

JACQUES  RIVIERE 
aus   „Etudes".     Editions  de  la  Nouvelle  Revue  fran^aise. 

Cette  meme  annee  (1863),  Cezanne  fit  la  connaissance  de  Renoir,  a  l'occasion  du 
Salon  des  Refuses,  qui  avait  Heu  au  Palais  de  l'Industrie,  ä  cote  de  l'exposition  offi- 
cielle.  Comme  on  en  discutait  l'organisation,  un  camarade  de  Renoir,  Basile,  arriva 
avec  deux  autres  peintres  qu'il  presenta  a  Renoir  en  lui  disant  :  «  Je  vous  amene  deux 
fameuses  recrues  ».  C'etait  Cezanne  et  Pissarro.  Cezanne  connut  aussi,  vers  la  meme 
epoque,  Manet,  ä  qui  il  fut  presente  en  meme  temps  que  Zola  par  Guillemet.  II  fut 
tout  de  suite  pris  par  la  force  de  realisation  de  Manet.  «  II  crache  le  ton !  »  s'excla- 
mait-il;  seulement,  a  la  reflexion,  il  ajoutait  :  «  Oui,  mais  il  manque  d'harmonie  et 
aussi  de  temmperammennte  ».  C'etait  d'ailleurs  bien  simple.  Cezanne  avait  divise  la 
peinture  en  deux  genres  :  la  peinture  «  bien  couillarde  »,  la  sienne;  et  la  peinture  qui 
n'etait  pas  «  couillarde  »,  celle  des  «  ottres  ».  De  cette  seconde  categorie  etait  notam- 
ment  Corot,  dont  Guillemet  lui  parlait  sans  cesse,  ä  quoi  Cezanne  lui  repondit  un  jour: 
«  Ton  Corrotte,  tu  ne  trouves  pas  qu'il  manque  un  peu  de  temmperammennte?  »  II 
ajouta  :  «  Je  viens  de  terminer  un  portrait;  le  point  lumineux  sur  le  nez,  c'est  le  ver- 
millon  pur!  »  C'etait  du  «  temmperammennte  »  cela! 

AMBROISE  VOLLARD 

aus  «  La  Vie  de  Cezanne  »,  das  demnächst  in  deutscher  Sprache 

bei  Paul  Cassirer  erscheinen  wird. 


GUSTAVE  COURBET 


Eselreiterin 


59 


GROSS,  H.  E.,  1856— 1910. 

Ball  auf  dem  Dorfe. 
Blühender  Mandelbaum. 

CORINTH,  Lovis,  Berlin. 
Landschaft. 

COURBET,  Gustave,  1819 — 1877. 

Waldinneres. 
Schneelandschaft. 
Die  Eselreiterin.* 

DIAZ  DE  LA  PENA,  Narcisso.  1807 — 1876. 
Stilleben. 

DAUBIG^FY,  Ch.  18 17— 1870. 

Flußlandschaften. 

DEGOUVE  DE  NUNCQUES,  William,  LA  HULPE. 

Der  verlorene  Sohn.* 
Jesus  und  die  Lämmer. 
Landschaften. 

S'il  est  un  peintre  de  reve,  c'est  Degouve  de  Nuncques.  S'il  est  un  etre  oü  le  caractere 
de  rhomme  se  confond  avec  celui  de  l'artiste,  c'est  encore  Degouve  qui  ne  pense,  ae 
respire,  ne  vit  qu'en  son  art  et  pour  son  art. 

II  est  ne  ä  Montherme,  d'une  tres  ancienne  famille  fran^aise,  et  ses  grands-parents 
payerent,  comme  maints  des  membres  de  la  noblesse  d'alors,  leur  tribut  a  la  guillotine  de  93. 

II  vint  si  jeune 
habiter  la  Belgique 
que  nous  croyons 
pouvoir  le  dire  nötre. 
Pourtant,  son  art 
n'est  point  flamand, 
pas  plus  qu'il  n'est 
fran^ais  d'ailleurs; 
c'est  son  art,  ä  lui. 
* 
Et  c'est  ainsi  qu'en 
pelerinant  avec  con- 
stance,  dans  la  voie 
de  l'art  et  du  reve, 
de  la  verite  et  de  la 
beaute,  William  De- 
gouve de  Nuncques 
a  franchi,  sans  qu'il 
s'en  doute,  les  por- 
tiques  altiers  de  la 
Renommee  et  de  la 
Gloire. 

M.  BIERME. 


"^^-v 


WILLIAM  DEGOUVE  DE  NUNCQUES        Der  verlorene  Sohn 
60 


FEUERBACH,  Anselm.   1829— 1880. 

Nana.* 

Ein  Jahr  später  datieren  die  ersten  Bilder,  zu  denen  ihm  Nana,  die  Schustersfrau, 
die  sein  Modell  wurde,  gesessen  ist.  Überraschend  tritt  es  auf  der  Ausstellung  zutage, 
ivie  nun  die  stolze  Schönheit  dieses  römischen  Weibes  seine  Phantasie  erfüllte.  Sie  erlöst 
ihn  aus  der  Abhängigkeit  von  der  alten  Kunst  und  stellt  ihn  auf  seine  eigenen  Füße. 
An  ihr  entwickelt  sich  sein  Formenideal  zu  jener  plastischen  Einfachheit,  die  nun  ganz 
den  Bildgedanken  bestimmt,  die  Farbe  erhält  den  besonderen  Charakter  kühler  vornehmer 
Zurückhaltung  und  die  Landschaft  wird  zur  Hintergrundkulisse.  Neben  Bildnissen  der 
Nana,  die  nichts  als  solche  sein  wollen  und  in  ihrer  stillen  Größe  an  Sebastiano  del  Piombo 
gemahnen,  treffen  wir  sie  in  der  Verkleidung  als  Virginia,  als  Lesbia,  als  Mirjam,  auf 
dem  Familienidyll  ,,Der  Mandolinenspieler"  als  glückliche  Mutter,  dem  Selbstporträt 
des  Künstlers  gesellt,  und  endlich  inspirierten  ihre  königlichen  Formen  Feuerbach  zu 
den  Iphigenien  und  Medeen,  in  denen  seine  Kunst  vielleicht  ihren  reinsten  und  reifsten 
Ausdruck  findet.  Hier  auch  wird  es  besonders  deutlich,  welche  Kluft  sein  Gestaltungs- 
prinzip, in  dem  eine,  wenn  man  so  sagen  kann,  reliefartige  Herausarbeitung  der  Körper 
angestrebt  wird,  von  den  Schöpfungen  Marees  trennt,  für  den  die  menschliche  Gestalt 
nur  eines  der  Elemente  zur  Verdeutlichung  der  allgemeinen  Raumvorstellung  ist.  Wie 
merkwürdig,  daß  die  drei  Deutschen,  die  gleichzeitig  auf  italienischem  Boden  weilten 
und  sich  kannten,  sich  gegenseitig  fast  gar  nichts  gaben. 

Hugo  von  Tschudi.     „Gesammelte  Schriften  zur  neueren  Kunst." 

GAUGUIN,  Paul.    1848— 1903. 
Bretonenjunge.* 
Wäscherinnen. 
Musique  barbare.* 
Tahitanerin. 


PAUL  GAUGUIN 


Bretonenjunge 


61 


PAUL  GAUGUIN 


Musique  bar  bare 


....  Die  Prinzessin  trat  in  meine  Kammer,  wo  ich  leidend,  nurlmit  einem  Pareo  be- 
kleidet, auf  dem  Bett  lag.    Wahrlich  keine  Art,  eine  Frau  von  Rang  zu  empfangen. 

Ja  orana  (ich  grüße  dich),  Gauguin,  sagte  sie.  Du  bist  krank,  ich  komme,  um  nach  dir 
zu  sehen. 

—  Und  du  heißest? 

—  Vaitüa. 

Vaitüa  war  eine  wirkliche  Prinzessin,  wenn  es  solche  überhaupt  noch  gibt,  seitdem  die 
Europäer  alles  auf  ihr  Niveau  herabgedrückt  haben.  Freilich  war  sie  als  einfache  Sterbliche 
mit  nackten  Füßen,  eine  duftende  Blume  hinterm  Ohr,  in  schwarzem  Kleide  gekommen.  Sie 
ging  in  Trauer  um  den  König  Pomare,  dessen  Nichte  sie  war.  Ihr  Vater,  Tamatoa,  hatte  trotz 
der  unvermeidlichen  Berührung  mit  Offizieren  und  Beamten,  trotz  der  Empfänge  bei  dem  Ad- 
miral  niemals  etwas  anderes  sein  wollen  als  ein  königlicher  Maorie,  ein  gigantischer  Rauf- 
bold in  Momenten  des  Zornes,  und  bei  abendlichen  Orgien  ein  berühmter  Zecher,  Er  war  ge- 
storben.    Vaitüa,  behauptete  man,  gliche  ihm  sehr. 

Ein  skeptisches  Lächeln  auf  den  Lippen,  betrachtete  ich  diese  gefallene  Prinzessin  mit  der 
Dreistigkeit  des  eben  auf  der  Insel  gelandeten  Europäers.    Aber  ich  wollte  höflich  sein. 

—  Es  ist  sehr  freundlich  von  dir,  daß  du  gekommen  bist;  Vaitüa.  Wollen  wir  zusammen 
einen  Absinth  trinken? 

Und  mit  dem  Finger  weise  ich  in  eine  Ecke  der  Kammer  auf  eine  Flasche,  die  ich  soeben 
gekauft  hatte. 

Ohne  Unmut  noch  Freude  zu  zeigen,  geht  sie  einfach  hin  und  bückt  sich,  um  die  Flasche 
zu  nehmen.  Bei  dieser  Bewegung  spannte  ihr  leichtes,  durchsichtiges  Kleid  sich  über  den 
Lenden,  ^  es  waren  Lenden,  eine  Welt  zu  tragen !  O,  sicherlich  war  es  eine  Prinzessin !  Ihre 
Vorfahren  ?  Stolze,  tapfere  Riesen.  Fest  saß  ihr  stolzer,  wilder  Kopf  auf  den  breiten  Schultern. 
Zuerst  sah  ich  nur  ihre  Menschenfresserkiefer,  ihre  zum  Zerreißen  bereiten  Zähne,  den  lauernden 
Blick  eines  grausamen,  listigen  Tieres  und  fand  sie  trotz  einer  schönen  edlen  Stirn  sehr  häßlich. 


62 


Wenn  ihr  nur  nicht  einfiele,  sich  auf  mein  Bett  zu  setzen !  Ein  so  schwaches  Gestell  könnte 
uns  beide  ja  nicht  tragen.  ... 

Aber  gerade  das  tut  sie. 

Das  Bett  krachte,  hielt  es  jedoch  aus. 

Beim  Trinken  wechseln  wir  einige  Worte.  Die  Unterhaltung  will  aber  nicht  lebhaft  werden. 
Sie  ermattet  schließlich  und  es  herrscht  Schweigen.  Ich  beobachte  die  Prinzessin  insgeheim, 
sie  sieht  mich  aus  einem  Augenwinkel  verstohlen  an,  die  Zeit  geht  hin  und  die  Flasche  leert 
sich.  Vaitüa  trinkt  tapfer.  Sie  dreht  sich  eine  tahitische  Zigarette  und  streckt  sich  auf 
dem  Bett  aus,  um  zu  rauchen.  Ihre  Füße  streichen  ganz  mechanisch  fortwährend  über  das 
Holz  unten  am  Fußende,  ihre  Züge  besänftigen  sich,  werden  sichtlich  weich,  ihre  Augen 
glänzen  —  und  ein  regelmäßiges  Pfeifen  entschlüpft  ihren  Lippen  —  mir  war,  als  hörte 
ich  das  Schnurren  einer  Katze,  die  auf  blutige  Genüsse  sinnt. 

Da  ich  veränderlich  bin,  fand  ich  sie  jetzt  sehr  schön,  und  als  sie  mit  bewegter  Stimme 
sagte:  ,,Du  gefällst  mir",  überkam  mich  eine  große  Unruhe.  Die  Prinzessin  war  ent- 
schieden köstlich.  ... 

Ohne  Zweifel,  um  mir  zu  gefallen,  begann  sie  eine  Fabel  von  La  Fontaine,  Die  Grille 
und  die  Ameise,  zu  erzählen  —  eine  Erinnerung  aus  der  Zeit  ihrer  Kindheit  bei  den 
Schwestern,   die  sie  unterrichtet  hatten. 

Die  ganze  Zigarette  war  in  Brand. 

--  Weißt  du,  Gauguin,  sagte  die  Prinzessin,  und  erhob  sich,  ich  liebe  deinen  La 
Fontaine  nicht. 

—  Wie?     Unsern  guten  La  Fontaine? 

—  -  Vielleicht  ist  er  gut,  aber  seine  Moral  ist  häßlich.  Ameisen  ....  (ihr  Mund 
drückte  Abscheu  aus).     Ja,   Grillen,  die,  ah!     Singen,  singen,  immer  singen! 

Und  stolz,  ohne  mich  anzusehen,  mit  leuchtenden,  ins  Weite  blickenden  Augen  fügte 
sie  hinzu: 

—  Wie  herrlich  war  unser  Reich,  als  noch  nichts  verkauft  wurde !  Das  ganze  Jahr 
hindurch  wurde  gesungen  ....  Singen,  immer !     Immer  geben !  .  .  .  . 

Und  sie  ging. 

Ich  legte  mich  wieder  auf  mein  Kissen  zurück,  und  lange  klangen  die  Worte:  Ja 
orana,   Gauguin,  schmeichelnd  in  mir  nach. 

Gauguins  ,,Noa  Noa"  (Bruno  Cassirer  Verlag). 


VINCENT  VAN   GOGH 


Der  Zuave,  Zeichnung 


63 


VINCENT  VAN  GOGH  Boote  in  Saintes-Maries 


VAN  GOGH,  Vincent.    1853— 1890. 

Rasen  in  Arles.    1888.* 
Hütten  in  Saintes-Maries.     1888.* 
Boote  in  Saintes-Maries.    1888.* 
Olivenbäume  in  Arles.    1889.* 

Liebe  entscheidet  heute,  ich  soll  über  Vincent  van  Gogh  aussagen,  was  mich  mit 
ihm  durchwühlt,  versuchen,  ob  es  nicht  gelänge,  in  die  Sprache  zu  binden,  was  als  plötz- 
liche Bewegung  des  Herzens,  als  Röte  des  Antlitzes  und  Strahl  der  Augen  so  oft  in  mir 
lebendig  war. 

Bevor  ich  mich  dem  Fall  des  van  Gogh  nähere,  ist  zu  sagen,  was  das  Urteil  vom 
Kunstwerk  überhaupt  aussagt,  und  ich  beginne  damit,  zu  betonen:  Vor  allem  habe  es  seine 
spezielle  Notwendigkeit  ebensosehr,  wie  die  vorausgesetzte  Notwendigkeit  jedes  Kunstwerks: 
zu  orientieren  in  der  Welt  der  umgebenden  Mannigfaltigkeiten,  das  heißt:  in  einem  jeden 
sei  die  dargestellte  Welt  mit  ihren  Mannigfaltigkeiten  zu  einem  Begriff  gebändigt.  Wer 
nämlich  eingesehen  hat,  daß  alles  Ziel  menschlicher  Erkenntnis  in  einer  Überwindung  um- 
gebender Mannigfaltigkeit  besteht,  daß  alle  Geistesarbeit  das  Chaos  in  der  Weise  ineinander- 
schob: Mannigfaltiges  wurde  in  Gruppen,  die  gewonnenen  Gruppen  zu  neuen  Ordnungen  ge- 
bracht, und  allmählich  stand  Disziplin  neben  Disziplin  herabschauend  auf  eine  Anzahl  end- 
gültig gewonnener  Begriffe,  —  weiß  füglich,  auch  im  Gebiet  der  Kunst  geht  niemals  anderes  vor 
sich  als  Mannigfaltigkeitsüberwindung  im  Hinblick  auf  schließlich  zu  gewinnende  gültige  Be- 
griffe, die  aber  —  auf  keinem  anderen  Wege  gewonnen  werden  könnten,  nicht  auf  logischem 
und  nicht  aus  Erkenntnissen  der  Sittenlehre. 

Wie  in  den  Gemälden  des  Rubens  Milliarden  Dinge  einer  niederländischen  Welt  des  sieb- 
zehnten Jahrhunderts  durch  die  Kunst  überwunden  sind,  so  daß  uns  für  diesen  Komplex  zeit- 
licher und  örtlicher  Menschheitsgeschichte  für  alle  Zukunft  ein  einziger  fester  Begriff  zu  Gebote 
steht,  ist  ein  Beispiel. 

Und  so  wird  das  Werk  van  Goghs  allen  Zeiten  den  erschöpfenden  Begriff  für  das  ganz 
südliche  Frankreich,  jener  bunten,  von  gelber  Sonne  erstickten  Gegend  um  Arles  geben,  und 
was  dem  aussichtslos  gegen  die  Ufer  einer  Unerschöpflichkeit  brandenden  Hirn  entgangen  wäre 
vom  Bauern,  der  in  heißen  Erdgegenden  mit  heftigen  Trieben  und  wilderer  Bewegung  sich  um 
sein  täglich  Brot  zu  Boden  bückt,  reißt  Vincent  als  eine  runde  Gesamtheit  mit  Farbenflecken 
auf  wenigen  Metern  Leinwand  Geviert  Generationen  ins  Bewußtsein.    In  dieser  mächtigen  zu- 

64 


sammenfassenden  Gebärde,  die  ich  die  Extensität  nennen  möchte,  sehe  ich  das  erste  Argument 
für  v^an  Goghs  überragende  Künstlerschaft.  Wer  von  den  Großen  um  ihn  hatte  sie  in  diesem 
Maße  zu  eigen?  Hat  uns  Manet  oder  Renoir  oder  irgendein  anderer  der  Zeit  über  ein  ge- 
schlossenes Gebiet  der  uns  umgebenden  Mannigfaltigkeit  so  unbedingt  zu  Herren  gemacht? 
Was  diese  zu  bedeutendster  Künstlerschaft  dennoch  heranhebt,  ist  eine  andere  Eigenschaft, 
die  sie  mit  van  Gogh  teilen:  ihre  aus  jeder  Gegend  des  Lebens,  aus  allen  Zweigen  der  Materie 
nach  Laune  herausgenommenen  Objekte  vermögen  sie  dennoch  mit  Innigkeit  zu  durchdringen. 
Auch  sie  überwinden  an  diesen  Mannigfaltigkeiten  in  der  Weise,  daß  sie  die  weniger  wichtigen 
Eigenschaften  des  Gegenstands  der  Besonderheit,  die  uns  an  ihm  reizt,  unterordnen  und  diese 
dadurch  so  verdichten,  daß  das  Bild  vom  Spargel  mehr  ein  Spargel  ist  als  er  selbst! 

Rührend  ist  es  und  erhebend,  zu  verfolgen,  wie  das  Auge  van  Goghs  von  Bild  zu  Bild 
für  diesen  Prozeß  reifer  wird,  um  schließlich  mühelos  das  Bild  einer  angeschauten  durch- 
schauten Welt  in  ihrem  prominentesten  Begriff  auf  die  Leinwand  zu  geben. 

Er  beginnt  wie  der  Herrgott  selbst  mit  der  Scheidung  von  Licht  und  Finsternis.  Wie  das 
Ganzdunkle  vom  Licht  betroffen  und  überwunden  wird,  zeigt  er  von  Beginn  des  Vorganges 
an.  Er  vermochte  wie  jeder  Schöpfer  in  sich  das  Chaos,  die  totale  Verworrenheit  und  Finsternis 
als  Vorausssetzung  zu  empfinden  und  lehnte  die  Vorarbeit  jedes  Anderen  zur  Erhellung  ab. 
Auch  Gottes  selbst.  In  schwarzgraue  und  braune  Flächen  zieht  er  einen  Streifen  kalkig  weißen 
Lichtes  und  empfindet  überwältigt  an  Erde,  Mensch  und  Tieren  das  zu  allererst  Sichtbare,  Her- 
vorspringende: Teile  ihrer  Oberflächen,  und  bemächtigt  sich  ihrer.  Schafft  sie  durch  und  durch. 
Das  Oberleder  eines  alten  Schuhes,  die  Schale  der  Kartoffel  wird  in  diesem  Sinn  vom  Licht 
immer  deutlicher  erkannt,  und  er  ruht  nicht.  Da  hellt  das  Dunkel  sich  weiter,  und  an  den  Flächen 
zeigen  sich  Umrisse;  die  das  Chaos  bedeutender  teilen.  Und  nun  ist  einen  kurzen  Augenblick 
seine  Seele  die  Seele  Daumiers,  und  in  dem  mörderischen  Kampf  von  Schwarz  und  Weiß  rast 
das  dem  Untergang  bestimmte  Schwarz  in  letzten  Sprüngen  als  züngelnde  Silhouette  alles 
Dargestellten  durch  das  Bild. 

Unaufhaltsam  überwindet  das  Licht  aus  Künstleraugen,  und  als  es  in  dämmerigen  Stuben, 
Kellerecken,  auf  öder  Winterlandschaft  nichts  mehr  zu  erkennen  gibt,  fordert  van  Gogh  die 
Wunder  eines  strahlenden  Frühlings.  Er  verläßt  das  nördliche  Frankreich,  das  ihn  in  seinen 
früheren  Schöpfungstagen  getragen  und  zieht  der  Sonne  nach  in  den  Süden  des  Landes,  und 
sie  mit  der  Gewalt  seiner  jauchzenden  Seele  auftrinkend,  gießt  er  sie  in  Strömen  in  die  Welt 
zurück,  daß  Buntheit  sich  entzündet. 


VINCENT  VAN  GOGH  Rasen 


65 


66 


In  den  Bildern  der  spätesten  Zeit  ist  alles  zu  grandioser  Einfachheit  gebändigt.  Es  hebt 
die  glorreiche  Spanne  eines  Menschenlebens  an,  da  jede  Äußerung  von  ihm  nicht  Zufälligkeit 
mehr,  sondern  eine  Erkenntnis  sein  muß  und  wo  aus  Machtvollkommenheit  Begriff  zu  Begriff 
sich  stellt,  da  umspannt  das  Wort  Maler  nicht  mehr:  der  Begriffsbildner,  der  die  Einsicht 
bereichert  und  vertieft,  die  Grenzen  der  Welt  auseinanderrückt,  hob  sich  heraus  aus  der  Schar 
der  Kameraden  und  marschiert  mit  denen  Schulter  an  Schulter,  die  einen  Namen  nicht  mehr 
haben;  Religion  sind  für  Menschenkinder  wie  mich. 

CARL  STERNHEIM. 

GOJA  Y  LUCIENTES,  Ignacio,  1746— 1828. 

Die  Räuber  (Skizze  zu  dem  Wandbild  des  Herzogs  von  Suna). 

RÖDLER,   Ferdinand,   Genf 
Frauenbildnis  1870. 
Tanzende.* 

INGRES,  J.  A.  D.    1780— 1876. 

Alte  Frau. 


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FERDINAND  RÖDLER 


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67 


MAX  LIEBERMANN 


Reiter  am  Strand 


LEIBL,  Wilhelm,   1844 — 1900 
Wildschütz  am  Fenster. 

LIEBERMANN,  Max,  Berlin. 

Spielendes  Kind.  Papageienmann. 

Badende  Jungen.  Reiter  am  Strand.* 

Was  ich  an  der  Kunst  dieses  Meisters  liebe,  ist  —  das  Genie.  Ich  glaube,  ich  könnte 
es  beim  besten  Willen  nicht  genauer,  nicht  gewissenhafter,  nicht  ausdrücklicher  sagen, 
als  mit  diesem  Wort. 

Das  Genie  Max  Liebermanns  ist  allerdings  von  besonderer  Art.  Es  ist  von  der  Art, 
die  das  Leben  bejaht;  die  sich  mit  dem  Leben  verträgt,  aber  ohne  ihm  nachzugeben,  ohne 
vor  ihm  zurückzuweichen    --   auch  nur  um  Schrittbreite. 

Liebermann  repräsentiert  jene 
künstlerische  Gattung,  die  sich  mit 

Klugheit  paart,  Klugheit  im  aller-  " 

prononciertesten  Sinne,  und  den- 
noch ist  nicht  ein  Pinselstrich 
bei  ihm  etwa  aus  Klugheit  allein, 
aus  ,,  Lebensbejahung"  im  Ba- 
nalen, aus  Diplomatie  gar  oder 
aus  Nachgiebigkeit  entstanden. 
Zwischen  dem  einen  und  dem 
anderen  steht  bei  diesem  Maler 
eine  Mauer,  unübersteigbar,  nicht 
zu  erschüttern.  Der  Mensch  und 
der  Künstler  stehen  sich  wie  zwei 
Mächte  gegenüber,  befreundet, 
aber  dem  kategorischen  Imperativ 
ihrerExistenz  treu  bis  zum  Letzten. 


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MAX  LIEBERMANN 


Radierung 


68 


Was  ich  an  Liebermann  liebe,  ist  zugleich  seine  Härte,  seine  Kraft,  die  nicht  die 
leiseste  Spur  von  Kraftmeierei  duldet.  In  Liebermanns  jungen  Jahren,  nicht  seinen 
ersten  erfolgreichen  Anfängen,  sondern  etwas  später,  hieß  diese  Kraft  ,. brutal",  wie 
Courbet,  Manet  und  Cezanne  einmal  brutal  hießen.  Diese  Brutalität,  sie  ist  heute  billig 
geworden,  da  sie  Grimasse  geworden  ist.  Bei  Liebermann  ist  sie  noch  Lebenssache, 
verbunden  mit  der  ganzen  Energie  und  der  Leistung  seines  Wesens. 

Was  ich  an  Liebermann  liebe,  ist  auch  das  Paradoxon  an  ihm,  trotz  seiner  Klug- 
heit. Sein  Geschmack  ist  doch  noch  größer  als  sein  Verstand,  und  seine  vom  Genius  auf- 
gestachelte Laune  ist  größer  noch  als  sein  Geschmack.  Liebermann  hat  mir  selbst  einmal 
einen  Beitrag  zur  Art  seiner  Paradoxien  gegeben;  er  erzählte  mir,  wie  sehr  ihm  ein  witziger 
Einfall  näherliegt  als  die  Logik: 

Bei  seinem  Abiturium  war  es,  da  wurde  er  u.  a.  gefragt,  auf  welchem  Wege  der 
Apostel  Paulus  von  Rom  nach  Jerusalem  gekommen  sei  ?  Worauf  er  die  erstaunliche 
Antwort  gab: 

,,Per  pedes  Apostolorum." 

Worauf  der  Schulrat  lachte  und  ihn  passieren  ließ. 

Was  ich  an  Max  Liebermann  liebe,  ist  schließlich  die  Art,  wie  er  so  etwas  —  voller 
Humor,  voller  Behaglichkeit  und  doch  auch  naiv  —  erzählt. 

ALFRED  GOLD. 

MANET,  Edouard,  1833— 1883. 

Frauenporträt. 
Bewegte  See. 
Ruhige  See. 

Ein  Witzbold  des  ,.Charivari",  der  in  der  ersten  Ausstellung  der  neuen  Schule  bei 
Nadar  im  Jahre  1874  einen  Sonnenuntergang  Manets  mit  der  Bezeichnung  ,, Impressions" 
fand,  glaubte  einen  Kalauer  zu  machen,  als  er  die  Leute  Impressionisten  nannte.  Der 
Spott  hat  sich  verflüchtigt,  der  Name  ist  geblieben.  Er  gibt  wirklich  etwas  von  dem  Pro- 
gramm, freilich  in  einer  tieferen  Auffassung,  die  in  der  scheinbaren  Willkür  wertvolle 
Tendenzen  erkennt.    Er  deckt  das  Bestreben  einer  der  Natur  zugeneigten  Klunst.  den  Um- 


ALFRED  SISLEY 


Das  Tal  der  Seine 


69 


weg  durch  den  Sammelapparat  veralteter  Überlieferungen  zu  vermeiden,  der  Malerei  alle, 
aber  nur  die  Reize  zu  geben,  die  ihren  Mitteln  unmittelbar  erreichbar  sind,  und  auf  das 
glatte  Formulieren  zu  verzichten,  um  die  Resultate  desto  schärfer  und  eigentümlicher  zu 
geben.  Galt  das  Wort  für  neu,  die  Sache  war  uralt;  es  war  das  Bewußtsein  der  Instinkte, 
die  einen  Veronese,  einen  Velasquez,  einen  Rubens,  die  Ahnen  dieser  modernen  Kunst, 
getrieben  hatten.  Und  hat  nicht  schon  der  unbekannte  Heide,  der  die  römischen  Fresken 
malte,  von  denen  heute  ein  paar  Bruchstücke  die  Bibliothek  des  Vatikans  zieren  —  dieser 
köstliche  Triumphzug  Amors  zumal,  schöner,  freier,  poetischer  als  alles,  was  den  Renaissance- 
malern beim  Anblick  dieser  Dinge  einfiel  —  den  Impressionismus  geahnt?  —  In  unserer 
Zeit,  die  die  Kunst  immer  mehr  auf  sich  selbst  beschränkt,  wurde  daraus  die  Tendenz, 
mit  Mitteln  zu  schaffen,  die  um  so  tiefer  gehen,  je  flüchtiger  sie  uns  zu  treffen  scheinen: 
homöopathische  Mittel  seltenster  Wahl  an  Stelle  der  derberen  Gaben  unserer  Vorfahren. 
Impressionisnuis  ist  auch  immer  nur  die  Kritik,  die  dieser  Kunst  gerecht  zu  werden 
vermag.  Weil  sie  ganz  auf  das  Literarische  verzichtet,  weil  sie  gesehen,  nicht  meditiert 
werden  will,  kann  die  Kritik  nur,  indem  sie  auf  andere  Weise  ähnliche  Empfindungen 


CAMILLE  PISSARRO 


Heuschober 


lockt,  einen  vagen  Begriff  davon  geben.  Mit  den  gewohnten  Mitteln  der  Analyse  ist  man 
hier  bald  zu  Ende.  Diese  Bilder  mangeln  aller  mittelbaren  Anknüpfungspunkte.  Das 
einzige,  was  bis  heute  die  Äußerung  über  diese  Dinge  vermag,  wo  das  Auge  noch  nicht 
für  die  Schönheit  des  sinnlichen  Reizes  allein  empfänglich  ist  und  die  Worte  darüber 
notwendig  der  geeigneten  Begriffe  entbehren,  ist  vielleicht  nur,  das  Gebiet  zu  bestimmen, 
auf  dem  diese  Wirkungen  verlaufen.  Es  ist  schon  sehr  schwer,  über  Bilder  zu  sprechen. 
Immerhin  hilft  da  die  Geste  und  die  Möglichkeit,  jeden  Augenblick  jede  Gelegenheit  zu 
benutzen,  die  sich  der  Anbahnung  des  Verständnisses  bietet,  vorausgesetzt,  daß  der  andere 
nicht  dickköpfig  ist  und  nicht,  um  dem  Dankesagen  zu  entgehen,  den  herrlichsten  aller 
Begattungsgenüsse  vereitelt:  das  gemeinsame  Kosten  einer  rein  ästhetischen,  von  keinem 
Persönlichkeitsdrang  verdorbenen  Empfindung.  Beim  Schreiben  aber  genießt  man  nur 
den  zweifelhaften  Vorteil,  nicht  unterbrochen  zu  werden.  .  .  .  Zudem  versteht  sich 
von  selbst,  daß  die  Befriedigung  aus  den  Reizen  dieser  Kunst  nur  relativ  sein  kann,  nicht 
nur,  weil  das  Auge  des  Empfangenden  immer  ein  schwankendes  Medium  bleibt,  sondern 
weil  auch  bei  idealer  Empfängnis  der  in  letzter  Instanz  unerfüllbare  Wunsch,  die  Sen- 
sationbis  auf  das  letzte  zu  ergründen,  fortwährend  in  Spannung  erhält.    Ganz  wunschlos 


70 


ist  man  vor  wenigen  modernen  Werken,  und  das  ist  ihr  geheimer  Reiz;  sie  geben  sich  nie 
ganz,  wie  kluge  Frauen. 

Und  wenn  man  zu  achten  vermag,  was  sie  zurückhält,  wenn  man  sieht,  wie  sie  selbst 
in  heißer  Sehnsucht  brennen  und  ohne  Erreichtes  zu  verlieren,  dem  unerreichbar  Schönsten 
auf  immer  neuen,  blühenden  Wegen  näher  zu  kommen  suchen,  wer  würde  da  müde, 
immer  wieder  mit  ihnen  zu  gehen,  nicht  mehr  als  Zuschauer,  fast  als  Helfer,  in  der  eitlen 
Hoffnung,  selbst  mit  dem  Auge  mitwirken  zu  können  und  aus  dem,  was  sie  gewonnen 
haben,  deutliche  Zeiger  in  ihre  Seligkeiten  zu  gewinnen ! 

Es  ist  nötig,  Goethe  gelesen  zu  haben,  und  es  ist  von  größtem  Wert,  Beethoven  ge- 
nießen zu  können;  es  wird  behauptet,  daß  Nietzsche  zur  Bildung  gehört,  und  man  sollte 
Dostojewski]  erfaßt  haben.  Man  soll  eine  Ahnung  haben,  daß  die  Kinder  nicht  vom  Storch 
gebracht  werden,  und  jeder  Mensch  bedarf  halbwegs  einer  Idee  von  unseren  sozialen 
Verhältnissen,  um  nicht  unter  die  Räder  zu  kommen.  Ich  stehe  nicht  an,  die  Durch- 
dringung dieser  französischen  Kunst,  die  Manet  gebracht  hat,  für  ebenso  vorteilhaft  zu 
erachten.  Wohl  verstanden:  für  den,  dessen  Sinn  danach  steht.  Man  braucht  keine  Kunst. 
Bismarck  ist  ohne  sie  fertig  geworden,  und  die  Mehrzahl  der  Regenten  führt  ohne  sie 
eine  ersprießliche  Regierung.  Man  braucht  sie  heute  um  so  weniger,  wo  die  Freude  am 
Dasein  mit  so  vielen  Schmerzen  erkauft  wird;  es  gibt  wichtigere  Dinge.  Wenn  aber  der 
Sinn  zur  Auseinandersetzung  mit  der  Kunst  drängt,  wenn  sich  der  einzelne  erlaubt, 
auf  Kosten  der  anderen  zu  genießen,  wenn  innerhalb  des  Abstrakten  nach  Existenzwerten 
für  eine  nicht  dem  Magen  dienende  Betätigung  gesucht  wird,  muß  man  sich  für  diese  Malerei 
entscheiden,  wenn  überhaupt  für  irgendeine.  Es  handelt  sich  hier  nicht  um  die  berühmte 
Seiltänzerweisheit,  daß  jedes  Genre  sein  Für  und  Wider  hat,  daß  Manet  schön  und  Böcklin 
auch  schön  ist,  daß  man  beide  lieben  kann  und  beide  in  ihrer  Art  denselben  Kunstzwecken 
dienen.  Es  gilt,  festzustellen,  daß  Manet  Malerei  ist  und  Böcklin  etwas  anderes.  Dieses 
andere  mag  erhabener,    mag  uns  Germanen  germanischer  erscheinen,  mag  den  Dichtern 


CLAUDE  MONET 


Cap  Martin 


71 


das  Dichten  erleichtern;  es  mag  auch  künstlerisch  für  die  Anregung  des  Dekorativen 
seinen  Wert  haben:  mit  der  typischen  Kunst,  die  wir  als  Malerei  verehren,  nicht  nur  weil 
sie  schön,  sondern  weil  sie  ein  lebendes  Glied  von  uns  ist,  hat  es  unmittelbar  nichts  zu 
tun.  Böcklin  ist  in  erster  Linie  ein  Gestalter  phantastischer  Eigengedanken,  an  denen 
das  Malerische  die  willkürlichste  Qualität  ist.  Manet  hat  aus  dem  rein  Malerischen  einen 
Massengedanken  geschaffen:  alles  was  diese  Kunst,  an  der  Jahrhunderte  gewirkt  haben, 
geben  kann.  Er  hat  nichts  gewollt,  als  unseren  Sinnen,  lediglich  den  Sinnen,  die  schönsten 
Eindrücke  zu  geben,  das  schönste  Material,  die  schönste  Farbe,  die  Sammlung  alles  dessen, 
was  wir  zerstreut  und  vermischt  in  der  Natur  finden.  Diese  Konzentration  des  Willkür- 
lichen, diese  auf  größte  Vereinfachung  der  maßgebenden  sinnlichen  Wirkung  dringende 
sichere  Erkenntnis,  die  uns  dient,  ist  das  Persönliche  daran,  nicht  die  Erfindung,  nicht 
die  Phantasie,  die  sich  um  nichts  von  der  eines  beliebigen  Menschen  unterscheidet.  Was 
interessiert  uns  der  ,,Faure"  oder  der  ,, flötende  Junge"  oder  die  hundert  Porträts  mehr 
oder  weniger  bedeutender  Zeitgenossen  oder  die  vielen  Blumenstücke?  Das  einzige 
Episodenbild  Manets,  die  Ermordung  des  Kaisers  Maximilian,  gehört  kaum  zu  seinen 
glücklichsten  Bildern.  Aber  man  mache  mal  den  Versuch,  ein  solches  Blumenstück 
Manets,  wie  es  deren  Dutzende  gibt,  neben  den  wildesten  Böcklin  zu  halten,  in  dem  alles 
steckt,  was  sich  die  kühnste  Phantasie  nur  träumen  läßt.  Im  ersten  Augenblick  wird 
niemand  die  paar  Blumen  sehen  und  nur  diese  Reiter,  diese  Felsen,  diese  merkwürdigen 
Tiere  betrachten  und  erkennen  wollen,  was  da  vorgeht,  was  sich  der  Mann,  der  das  gemalt 
hat,  eigentlich  gedacht  hat.  Hat  man  es  aber  einmal,  so  erschlafft  langsam,  aber  sicher 
das  Interesse;  der  Verstand  ruht  sich,  befriedigt  über  seine  Arbeit,  aus,  im  stolzen  Be- 
wußtsein, auch  dieses  Ereignis  ad  acta  legen  zu  dürfen.  Die  Sinne  haben  nur  eine  lein 
vermittelnde  Arbeit  geleistet.  Da  fällt  das  müde  Auge  auf  die  Blumen,  und  nun  wird 
in  jedem  Menschen,  der  überhaupt  für  Blumen  zu  haben  ist,  eine  vorher  ganz  unberührte 
Seite  der  Seele  in  Schwingungen  geraten.  Den  angenehmen  Reiz,  den  er  damals  bei  dem 
Anblick  von  Blumen  genoß,  findet  er  hier  plötzlich  in  unbegreiflicher  Weise  gesteigert. 
Es  ist  nicht  alles  lebendige  Blume;  der  Duft,  die  Bewegung,  alles  in  der  Natur  Un- 
entbehrliche fehlt,  —  und  doch  ist  etwas  daran,  das  man  früher  bei  derselben  Blume 
in  der  Natur  kaum  geahnt,  vielleicht  heimlich  gewünscht  hat;  ein  Zauber,  der  das  irdisch 
Schwache,  Vergängliche  besiegt  und  uns  trotz  seinet  Stärke  nicht  zu  nahe  kommt,  die 
Gefahr  des  in  der  Natur  Extremen  vermeidet  und  nicht  den  Genuß  mit  Bedauern  oder 
Ekel  abwechselt.  Hier  werden  die  Augen  nicht  müde,  und  auch  der  Verstand  scheint  zu 
ruhen.  Ein  anderes  arbeitet  durch  das  Auge  auf  uns  ein,  klärt,  besänftigt,  stimmt  schöne 
Töne  in  uns  an,  ruft  Empfindungen,  die  wir  vorher  nicht  gekannt  haben  und  die  uns 
trotzdem  mit  einer  Art  Heimatfreude  erfüllen,  wird  stärker  und  stärker,  neuer  und  reicher; 
bis  wir  nur  noch  die  drei  Blumen  sehen,  vor  deren  sanfter  Gewalt  die  Wildheit  des  anderen 
Bildes  ärmlich  und  fremd  verblaßt.  Es  ist  nicht,  weil  Blumen  lieblicher  sind  als  Reiter- 
getümmel oder  Tritonenkämpfe.  Ein  anderer  früherer 
Meister,  den  Böcklin  verehrt  hat,  Tizian,  hat  auch  solche 
wilden  Sachen  gemalt.  In  den  Uffizien  hängt  eine  Reiter 
Schlacht,  die  nicht  wilder  und  brünstiger  gedacht  werden 
kann,  und  auch  sie  hat  dieses  merkwürdige  Doppelleben; 
und  wenn  man  sie  sieht,  tritt  auch  bei  ihr  das  Physische 
vollkommen  zurück  und  man  bewundert  nur  die  Kraft,  das 
Leben  dieser  Kunst,  nicht  dieser  Pferde  oder  Reiter. 
JUL.  MEIER-GRAEFE 
(Aus  ,, Entwicklungsgeschichte  der  modernen  Kunst"). 

MAU  VE,  A.,  1838— 1888. 
Kühe  am  Wasser. 

VON  MENZEL,  Adolf,  1815— 1905. 
Kircheninterieur.* 

MONET,  Claude,  Giverny. 
Cap  Martin.* 


PAUL  SIGNAC 
Am  Mittelmeer  (Zeichnung) 


72 


ADOLF  VON  MENZEL 


Kircheninterieur 


MONTICELLI,  Adolphe,  1824— 1886. 

Liebesgarten. 
Hühnerhof. 


OBERLAENDER,  Adolf,  München. 
Im  Löwenkäfig. 

PISSARRO,  Camille,  1831— 1903. 

Heuschober.* 
Waldlandschaft. 


73 


REDON,  Odilon,  Paris. 

Stilleben. 

Salome. 

Contes  barbares. 

St.   Georg.* 

Phantasie. 

Hermes. 

Hommage  ä  Gauguin. 

Qu'il  me  soit  permis  d'inscrire  en  tete  de  cet  ouvrage  l'eloge  d'un  maitre  liberateur 
ä  qui  chacun  doit  autant  qu'a  Delacroix,  Courbet,  Manet,  Renoir,  Seurat,  Toulouse- 
Lautrec,  Van  Gogh,  Degas,  Cezanne,  etc. 

Je  veux  parier  d' Odilon  Redon. 

Glorieux,  il  est  ä  peine  plus  celebre  que  vivant  Stephane  Mallarme. 

Mais  la  gloire  du  grand  artiste  demeurera  aussi  eternellement  pure  que  celle  du 
poete  d'Herodiade. 

Comme  celui  a  qui  la  transparence  de  sa  tasse  ä  cafe  inspirait  un  sonnet  miraculeux, 
Odilon  Redon  peint  des  ,,natures  mortes"  qui  nous  emeuvent  ainsi  que  des  visions  fabu- 
leuses. 

Heureux  ceux  qui  pergoivent  le  parfum  et  savourent  la  qualite  de  ses  fleurs! 

Odilon  Redon  n'a  rien  d'un  sorcier.  Ce  peintre  magnifique  est  un  vieillard  accueillant 
et  doux,  un  bourgeois  fran(;ais  de  la  grande  tradition.  II  n'a  pas  d'atelier.  il  peint  dans 
un  petit  salon  sobrement  meuble  et  largement  eclaire.  Le  bruit  des  cars  electriques  qui 
roulent  en  bas,  sur  l'avenue,  ne  trouble  pas  la  serenite  de  son  reve;  ce  sont  les  moins  purs 
artistes,  les  pires  bousingots  que  choque  le  plus  vivement  le  mediocre  modernisme;  les 
autres  —  un  Mallarme,  un  Moreas,  un  Redon  —  le  dominent  si  aisement! 


ODILON  REDON  St.  Georg 

74 


ODILON  REDON 


Kopf,  Tusche 


Odilon  Redon  n'expose  plus  volontiers;  il  travaille  patiemment,  pour  lui,  pour  quel- 
ques amateurs,  et  s'emerveille  du  nombre  croissant  des  expositions.  Avec  bonhommie, 
Sans  la  moindre  rancoeur,  il  rappelle  qu'en  sa  jeunesse  les  meilleurs  n'auraint  pas  obtenu 
un  coin  de  vitrine  rue  Laffitte.     „Aujourd'hui,  dit-il,  c'est  Tage  d'or  de  la  peinturel" 

Ce  maitre  est  Tun  des  plus  certains  emancipateurs.  Trente  ans  avant  que  la  formule 
en  soit  donnee,  il  fit  de  la  ,,peinture  pure",  et  je  doute  que  sans  ses  trouvailles  decoloriste 
le  fauvisme,  desuet  dejä  mais  fecond,  ait  jamais  pu  se  manifester. 

Si  les  peintres,  ä  l'instar  des  poetes,  avaient  coutume  d'elire  un  Prince,  il  leur  con- 
viendrait  d'elever  ä  la  souverainete  Odilon  Redon,  solitaire  magnifique. 

ANDR6  SALMON 
(,,La  jeune. peinture  fran^aise",  Paris,  Societe  des  Trente  1912). 

RENOIR,  Auguste,  Paris. 

Die  Toilette.* 
Frauenporträt. 
Landschaft. 
Schlafendes  Mädchen.* 

Peut-etre  Renoir  est-il  le  seul  grand  peintre  qui  n'ait  jamais  peint  un  tableau  triste. 
Chez  lui  la  joie  n'est  pas  plus  volonte  que  hasard.  Elle  l'eveille  ä  son  metier  aussi  naturelle- 
ment  que  la  lumiere  baigne  les  choses  et  les  revele.  Quand  les  yeux  d'un  Renoir  contemplent 
les  objets,  il  assiste  a  leur  immersion  sans  cesse  renouvelee  dans  la  lumiere,  dans  la  lumiere 
visible  elle-meme.  Une  double  serenite  nait  en  lui  de  la  joie  qu'il  eprouve  a  les  contempler 
et  de  la  certitude  qu'il  a  d'egaler  l'image  qu'il  en  restitue  ä  l'image  qu'il  en  reQoit.  II  sait 
que  le  monde  est  la,  et  que  lui  est  lä  pour  le  peindre. 

OCTAVE  MIRBEAU. 


75 


Les  peintres  de  l'ecole  contemporaine  se  sont  de  plus  en  plus  rapproches  de  la  nature, 
mais  poury  reussir,  il  leurafallu  s'affranchir  des  regles  dedessin  purement  conventionnelles 
et  des  procedes  du  metier  traditionnels.  Tous  les  maitres  modernes  ont  donc  lutte  pour 
conquerir  la  liberte  de  leur  pinceau.  De  leur  effort  commun  sont  sortis  cette  maniere  de 
peindre  large  et  primesautiere  et  ce  coloris  clair  qui,  encore,  trouvent  leur  epanouissement 
dans  la  peinture  des  impressionnistes. 

Je  prends  comme  type,  parmi  le  groupe  impressionniste,  M,  Claude  Monet  pour  le 
paysage,  et  M.  Renoir  pour  la  figure.  Chez  le  premier,  je  trouve  notes  les  aspects  les  plus 
varies  et  les  plus  fugitifs  que  peuvent  reveler  le  ciel,  les  eaux  et  les  champs;  chez  le  second, 
toutes  les  nuances  dont  est  susceptible  la  figure  humaine,  tous  les  reflets  que  le  jeu  de  la 
lumiere  peut  faire  courir  sur  les  vetements  et  les  chairs.  Tous  les  deux  obtiennent  leurs 
effets  au  moyen  d'une  touche  large  et  personnelle  et  en  juxtaposant  sur  la  toile  les  tons 
tranches  que  le  coup  d'oeil  jete  sur  la  scene  naturelle  leur  a  reellement  donnes.  Je  ne  suis 
plus  ici  en  face  de  paysages  enveloppes  d'ombres  opaques  qui  n'ont  jamais  existe  en  plein 
air;  je  n'ai  plus  ä  contempler  de  pauvres  figures  pälottes,  se  detachant  a  peine,  dans  leur 
tristesse,  sur  des  fonds  effaces.  Mais  mes  yeux  ont  le  plaisir  de  se  promener  sur  des  couleurs 
de  note  aigue,  qui  leur  donnent  la  Sensation  voluptueuse  que  leur  ont  procuree,  dans  la 
campagne,  la  lumiere  du  ciel  et  la  transparence  des  eaux  ou,  chez  les  etres  vivants,  des 
cheveux  soyeux,  des  joues  rosees  et  des  levres  de  carmin  .  .  . 


ARISTIDE  MAILLOL 


Renoir  (Bronce) 


76 


AUGUSTE  RENOIR 


Schlafendes  Mädchen 


Des  l'abord,  nous  lui  reconnaissons  (a  Renoir)  la  faculte  de  peindre  la  femme  dans  toute 
sa  grace  et  sa  delicatesse,  ce  qui  l'a  conduit  tout  particuHerement  ä  exceller  dans  le  portrait. 
Ce  don  du  charme,  l'artiste  l'a  manifeste,  des  le  debut,  dans  sa  plenitude,  et  c'est  dans  ses 
qualites  de  peintre  et  de  coloriste  que  nous  avons  ä  observer  le  progres  et  le  developpement. 
Nous  le  voyens  acquerir  une  touche  de  plus  en  plus  large  et  personnelle,  donner  de  plus  en 
plus  de  Souplesse  ä  ses  figures,  les  entourer  de  plus  en  plus  d'air,  les  baigner  de  plus  en  plus 
de  lumiere;  nous  le  voyons  accentuer  sans  cesse  son  coloris  et  arriver  enfin  ä  realiser, 
comme  en  se  jouant,   les   combinaisons  de  couleurs  les  plus  hardies. 

THEODORE  DURET. 

ROUSSEAU,  Henri,  1844— 1910. 

Don  Juan,   1887. 

Un  Centenaire  de  l'Independance,  1892  (Aupres  de  ma  blonde,  il  fait 

bon,  bon  de  dormir).* 
L'Heureux  Quatuor,  1902.* 
An  der  Marne,  1906.* 
Landschaftsskizzen. 

La  vie  de  l'homme  dont  voici  les  oeuvres  ne  parait  pas,  de  prime  abord,  se  differencier 
de  Celle  des  petits  bourgeois  parmi  lesquels  il  vecut.  Teile  fut  pourtant  son  individualite 
qu'on  en  chercherait  en  vain  une  semblable  dans  la  realite  ou  dans  les  livres  de  notre 
temps.  Alors  que  chacun  de  nous  passe  tour  ä  tour  de  la  lumiere  ä  l'ombre,  de  la  joie 
ä  la  tristesse,  tantöt  vainqueur,  tantot  vaincu,  la  vie  de  Rousseau,  eile,  ne  fut  que  clarte, 
triomphe  et  joie:  c'est  un  paysage  baigne  d'une  lumiere  aussi  pure  au  declin  qu'ä  l'aurore. 

Non  pas  que  les  circonstances  lui  fussent  plus  favorables  qu'aux  autres  hommes:  — 
elles  lui  furent  plus  dures  qu'ä  quiconque.  II  vecut  dans  la  ville  aux  larges  avenues  et  aux 
jardins  royaux,  ä  Paris,  et  habita  pourtant  la  petite  chambre  d'un  triste  faubourg,  oü 
le  retenait  son  denüment.     Amoureux  de  l'art,  il  fut  astreint  ä  une  fonction  insipide  et 


77 


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HENRI  ROUSSEAU 


L'heureux  Quatuor 


78 


vide.  II  ne  revait  que  de  paix,  et  deux  fois  il  fit  campagne.  II  vit  mourir  deux  des  femmes 
qu'il  aima,  et  aspira  en  vain  pendant  des  annees,  et  meme  jusqu'ä  son  lit  de  mort,  a 
Tamour  de  la  troisieme.  Et  neanmoins,  sa  vie  nous  semble  si  pleine  de  felicite  qu'il  nous 
faudrait  feuilleter  les  vieux  livres  de  legendes  pour  en  retrouver  une  analogue.  II  de- 
bordait  d'amour  pour  les  etres  et  les  choses,  et  il  y  avait  tant  de  paix,  tant  de  soleil,  tant 
de  chaleur  dans  son  coeur  que  rien  de  triste  et  de  sombre  n'avait  de  prise  sur  lui. 

Avec  l'or  inepuisable  de  son  äme,  il  s'est  libere  de  toutes  les  tristesses.  Fort  de  ses 
vertus,  il  dominait  les  pires  circonstances.  II  fut  grand,  simple  et  sincere,  et  sur  sa  tombe 
on  devrait,  a  dit  l'ecrivain  suedois  Hellstroem,  graver  ces  mots:  «  Gloire  a  Dieu  dans 
les  cieux,  et  sur  la  terre  paix  aux  hommes  de  bonne  volonte. » 

WILHELM  UHDE. 


HENRI  ROUSSEAU 


An  der  Marne 


SCHUCH,  Charles,   1846— 1903. 

Stilleben  mit  ^Ä/^ildente. 

SEURAT,  Georges,  1859— 189 1. 

Pecheuse  ä  ligne.    Studie  für  ,,Un  dimanche  a  la  Grande  Jatte**,  1884. 

Honfleur.    Vorhafen,  1886.* 

Honfleur.     Quai,   1886. 

La  menagerie  sociale  (L'homme  a  femme),   1889. 

SIGNAC,  Paul,  Paris. 

Die  Mühle  in  Edam. 
Sonnenuntergang  in  St.  Tropez. 
Venedig. 

SISLEY,  Alfred,  1840— 1899. 

Das  Tal  der  Seine.  Aussicht  von  den  Höhen  von  Louveciennes,   1875. 


79 


PAUL  SIGNAC 


Gemüsemarkt  (Zeichnung) 


MAX  SLEVOGT 


Hockender  Neger 


80 


SLEVOGT,  Max,  Berlin. 
Hockender  Neger.* 

TROYON,  Camille,   1810 — 1865. 
Flußlandschaft. 

VON  UHDE,  Fritz,   1848— 191 1. 

Alter  Mann. 

TRÜBNER,  Wilhelm,  Karlsruhe. 

Motiv  von  der  Herreninsel  Chiemsee  1874. 
Amazonenschlacht  1880. 
Dame  in  Strohhut.* 


WILHELM  TRUBNER 


Dame  in  Strohhut 


81 


v.^      .  _-y 


PAUL  SIGNAC 


Fischerboote  (Aquarell^ 


82 


VINCENT  VAN  GOGH 


Hütten 


Aus:  „Die  Farben" 

Aus  den  Briefen  des  Zurückgekehrten 
Von  HUGO  VON  HOFMANNSTHAL. 

26.  Mai  1901. 

In  den  großen  Straßen  herumzugehen  war  unmöglich;  irgendwo  hinein- 
gehen und  Zeitung  lesen  war  ebenso  unmöglich;  denn  die  redeten  nur  allzu- 
sehr dieselbe  Sprache  wie  die  Gesichter  und  die  Häuser.  Ich  bog  in  eine 
stille  Seitenstraße.  Da  ist  in  einem  Haus  ein  sehr  anständig  aussehender 
Laden  ohne  Schaufenster  und  neben  der  Eingangstür  ein  Plakat:  Gesamt- 
ausstellung, Gemälde  und  Handzeichnungen  —  den  Namen  lese  ich,  ver- 
liere ihn  aber  gleich  wieder  aus  dem  Gedächtnis.  Ich  habe  seit  zwanzig 
Jahren  kein  Museum  und  keine  Kunstausstellung  betreten,  ich  denke, 
es  wird  mich,  worauf  es  jetzt  vor  allem  ankommt,  von  meinem  unsinnigen 
Gedankengang  ablenken,  und  trete  ein. 

Mein  Lieber,  es  gibt  keine  Zufälle,  und  ich  sollte  diese  Bilder  sehen, 
sollte  sie  in  dieser  Stunde  sehen,  in  dieser  aufgewühlten  Verfassung,  in 
diesem  Zusammenhang.  Es  waren  im  ganzen  etwa  sechzig  Bilder,  mittel- 
große und  kleine.  Einige  wenige  Porträts,  sonst  meist  Landschaften:  ganz 
wenige  nur,  auf  denen  die  Figuren  das  Wichtigere  gewesen  wären:  meist 
waren  es  die  Bäume,  Felder,  Ravins,  Felsen,  Äcker,  Dächer,  Stücke  von 
Gärten.  Über  die  Malweise  kann  ich  keine  Auskunft  geben:  du  kennst 
wahrscheinlich  fast  alles,  was  gemacht  wird,  und  ich  habe,  wie  gesagt,  seit 
zwanzig  Jahren  kein  Bild  gesehen.  Immerhin  erinnere  ich  mich  ganz  wohl, 
zur  letzten  Zeit  meiner  Beziehung  mit  der  W.,  damals  als  wir  in  Paris 
lebten  —  sie  hatte  sehr  viel  Verständnis  "für  Bilder  —  öfter  in  Ateliers  und 


83 


Ausstellungen  Sachen  gesehen  zu  haben,  die  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit 
diesen  hatten:  etwas  sehr  Helles,  fast  wie  Plakate,  jedenfalls  ganz  anders 
wie  die  Bilder  in  den  Galerien.  Diese  da  schienen  mir  in  den  ersten  Augen- 
blicken grell  und  unruhig,  ganz  roh,  ganz  sonderbar,  ich  mußte  mich  erst 
zurechtfinden,  um  überhaupt  die  ersten  als  Bild,  als  Einheit  zu  sehen  — 
dann  aber,  dann  sah  ich,  dann  sah  ich  sie  alle  so,  jedes  einzelne,  und  alle 
zusammen,  und  die  Natur  in  ihnen,  und  die  menschliche  Seelenkraft,  die 
hier  die  Natur  geformt  hatte,  und  Baum  und  Strauch  und  Acker  und  Ab- 
hang, die  da  gemalt  waren  und  noch  das  andere,  das  was  hinter  dem  Ge- 
malten war,  das  Eigentliche,  das  unbeschreiblich  Schicksalhafte  —  das 
alles  sah  ich  so,  daß  ich  das  Gefühl  meiner  selbst  an  diese  Bilder  verlor, 
und  mächtig  wieder  zurückbekam,  und  wieder  verlor!  Mein  Lieber,  um 
dessentwillen,  was  ich  da  sagen  will,  und  niemals  sagen  werde,  habe  ich 
dir  diesen  ganzen  Brief  geschrieben!  Wie  aber  könnte  ich  etwas  so  Un- 
faßliches in  Worte  bringen,  etwas  so  Plötzliches,  so  Starkes,  so  Unzerleg- 
bares! Ich  könnte  mir  Photographien  von  den  Bildern  verschaffen  und  sie 
dir  schicken,  aber  was  könnten  sie  dir  geben  —  was  könnten  dir  die  Bilder 
selbst  von  dem  Eindruck  geben,  den  sie  auf  mich  machten  und  der  ver- 
mutlich etwas  völlig  Persönliches  ist,  ein  Geheimnis  zwischen  meinem 
Schicksal,  den  Bildern  und  mir.  Ein  Sturzacker,  eine  mächtige  Allee  gegen 
den  Abendhimmel,  ein  Hohlweg  mit  krummen  Föhren,  ein  Stück  Garten 
mit  der  Hinter  wand  eines  Hauses,  Bauern  wagen  mit  magern  Pferden 
auf  einer  Hutweide,  ein  kupfernes  Becken  und  ein  irdener  Krug,  ein  paar 
Bauern  um  einen  Tisch,  Kartoffeln  essend  —  aber  was  nützt  dir  das! 
So  soll  ich  dir  von  den  Farben  reden?  Da  ist  ein  unglaubliches,  stärkstes 
Blau,  das  kommt  immer  wieder,  ein  Grün  wie  von  geschmolzenen  Sma- 
ragden, ein  Gelb  bis  zum  Orange.  Aber  was  sind  Farben,  wofern  nicht  das 
innerste  Leben  der  Gegenstände  in  ihnen  hervorbricht !  Und  dieses  innerste 
Leben  war  da,  Baum  und  Stein  und  Mauer  und  Hohlweg  gaben  ihr  Innerstes 
von  sich,  gleichsam  entgegen  warfen  sie  es  mir,  aber  nicht  die  Wollust 
und  Harmonie  ihres  schönen  stummen  Lebens,  wie  sie  mir  vor  Zeiten 
manchmal  aus  alten  Bildern  wie  eine  zauberische  Atmosphäre  entgegen- 
floß: nein,  nur  die  Wucht  ihres  Daseins,  das  wütende  von  Unglaublichkeit 
umstarrte  Wunder  ihres  Daseins  fiel  meine  Seele  an.  Wie  kann  ich  es  dir 
nahebringen,  daß  hier  jedes  Wesen  —  ein  Wesen  jeder  Baum,  jeder 
Streif  gelben  oder  grünlichen  Feldes,  jeder  Zaun,  jeder  in  den  Steinhügel 
gerissene  Hohlweg,  ein  Wesen  der  zinnerne  Krug,  die  irdene  Schüssel, 
der  Tisch,  der  plumpe  Sessel  —  sich  mir  wie  neugeboren  aus  dem  furcht- 
baren Chaos  des  Nichtlebens,  aus  dem  Abgrund  der  Wesenlosigkeit  ent- 
gegenhob, daß  ich  fühlte,  nein,  daß  ich  wußte,  wie  jedes  dieser  Dinge, 
dieser  Geschöpfe,  aus  einem  fürchterlichen  Zweifel  an  der  Welt  herausge- 
boren war  und  nun  mit  seinem  Dasein  einen  gräßlichen  Schlund,  gähnende? 
Nichts,  für  immer  verdeckte!  Wie  kann  ich  es  dir  nur  zur  Hälfte  nahe- 
bringen, wie  mir  diese  Sprache  in  die  Seele  redete,  die  mir  die  gigantische 
Rechtfertigung  der  seltsamsten  unauflösbarsten  Zustände  meines  Innern 
hinwarf,  mich  mit  eins  begreifen  machte,  was  ich  in  unerträglicher  Dumpf- 
heit zu  fühlen  kaum  ertragen  konnte  und  was  ich  doch,  wie  sehr  fühlte  ich 

84 


das,  aus  mir  nicht  mehr  herausreißen  konnte  —  und  hier  gab  eine  unbe- 
kannte Seele  von  unfaßbarer  Stärke  mir  Antwort,  mit  einer  Welt  mir 
Antwort!  Mir  war  zumut  wie  einem,  der  nach  ungemessenem  Taumel 
festen  Boden  unter  den  Füßen  fühlt  und  um  den  ein  Sturm  rast,  in  dessen 
Rasen  hinein  er  jauchzen  möchte.  In  einem  Sturm  gebaren  sich  vor  meinen 
Augen,  gebaren  sich  mir  zuliebe  diese  Bäume,  mit  den  Wurzeln  starrend 
in  der  Erde,  mit  den  Zweigen  starrend  gegen  die  Wolken,  in  einem  Sturm 
gaben  diese  Erdenrisse,  diese  Täler  zwischen  Hügeln  sich  preis,  noch  im 
Wuchten  der  Felsblöcke  war  erstarrter  Sturm.  Und  nun  konnte  ich,  von 
Bild  zu  Bild,  ein  Etwas  fühlen,  konnte  das  Untereinander,  das  Mitein- 
ander der  Gebilde  fühlen,  wie  ihr  innerstes  Leben  in  der  Farbe  vorbrach 
und  wie  die  Farben  eine  um  der  andern  willen  lebten  und  wie  eine,  geheimnis- 
voll-mächtig, die  anderen  alle  trug,  und  konnte  in  dem  Allem  ein  Herz 
spüren,  die  Seele  dessen,  der  das  gemacht  hatte,  der  mit  dieser  Vision  sich 
selbst  antwortete  auf  den  Starrkrampf  der  fürchterlichsten  Zweifel,  konnte 
fühlen,  konnte  wissen,  konnte  durchblicken,  konnte  genießen  Abgründe 
und  Gipfel,  Außen  und  Innen,  Eins  und  Alles  im  zehntausendsten  Teil 
der  Zeit,  als  ich  da  die  Worte  hinschreibe,  und  war  wie  doppelt,  war  Herr 
über  mein  Leben  zugleich,  Herr  über  meine  Kräfte,  meinen  Verstand, 
fühlte  die  Zeit  vergehen,  wußte,  nun  bleiben  nur  noch  zwanzig  Minuten, 
noch  zehn,  noch  fünf,  und  stand  draußen,  rief  einen  Wagen,  fuhr  hin. 

P.  S.  Der  Mann  heißt  Vincenz  van  Gogh.  Nach  den  Jahreszahlen 
im  Katalog,  die  nicht  alt  sind,  müßte  er  leben.  Es  ist  etwas  in  mir,  das  mich 
zwingt  zu  glauben,  er  wäre  von  meiner  Generation,  wenig  älter  als  ich  selbst. 
Ich  weiß  nicht,  ob  ich  vor  diese  Bilder  ein  zweites  Mal  hintreten  werde,  doch 
werde  ich  vermutlich  eines  davon  kaufen,  aber  es  nicht  an  mich  nehmen, 
sondern  dem  Kunsthändler  zur  Bewahrung  übergeben. 

Mai  1901. 

Was  ich  dir  schrieb,  wirst  du  kaum  verstehen  können,  am  wenigsten 
wie  mich  diese  Bilder  so  bewegen  konnten.  Es  wird  dir  wie  eine  Schwelle 
vorkommen,  wie  ein  Vereinzeltes,  wie  eine  Sonderbarkeit,  und  doch  —  wenn 
man  es  nur  hinstellen  könnte,  wenn  man  es  nur  aus  sich  herausreißen 
könnte  und  ins  Licht  bringen.  Es  ist  etwas  dergleichen  in  mir.  Die  Farben 
der  Dinge  haben  zu  seltsamen  Stunden  eine  Gewalt  über  mich.  Aber 
was  sind  eigentlich  Farben?  Hätte  ich  nicht  ebensogut  sagen  mögen:  die 
Gestalt  der  Dinge,  oder  die  Sprache  des  Lichtes  und  der  Finsternis,  oder 
ich  weiß  nicht,  welches  Unbenannte,  Gestaltlose,  Mächtige?  Und  Stunden  — 
welche  sind  diese  Stunden?    es  verstreichen  Jahre,  und  ihrer  kommt  keine. 

Hast  du  je  den  Namen  Rama  Krishna  gehört?  Es  ist  ganz  gleich. 
Es  war  ein  Brahmane,  ein  Büßer,  einer  von  den  großen  indischen  Heiligen, 
der  letzten  einer,  denn  er  ist  erst  in  den  achtziger  Jahren  gestorben,  und 
als  ich  nach  Asien  kam,  war  sein  Name  noch  überall  lebendig.  Ich  weiß 
manches  aus  seinem  Leben,  aber  nichts,  was  mir  näher  ginge  als  die  kurze 
Erzählung  darüber,  wie  seine  Erleuchtung,  oder  seine  Erweckung  vor 
sich  ging,  kurz,  das  Erlebnis,  das  ihn  aus  den  Menschen  aussonderte  und 
einen  Heiligen  aus  ihm  machte.  Es  war  nichts  als  dies:  er  ging  über  Land, 
zwischen  Feldern  hin,  ein  Knabe  von  sechzehn  Jahren,  und  hob  den  Blick 


85 


gegen  den  Himmel,  und  sah  einen  Zug  weißer  Reiher  in  großer  Höhe  quer 
über  den  Himmel  gehen:  und  nichts  als  dies,  nichts  als  das  Weiß  der  leben- 
digen Flügelschlagenden  unter  dem  blauen  Himmel,  nichts  als  diese  zwei 
Farben  gegeneinander,  dies  ewig  unnennbare,  drang  in  diesem  Augenblick 
in  seine  Seele  und  löste,  was  verbunden  war,  und  verband,  was  gelöst  war, 
daß  er  zusammenfiel  wie  tot,  und  als  er  wieder  aufstand,  war  es  nicht 
mehr  derselbe,  der  hingestürzt  war.  Das  Alltägliche  dieser  Begebenheit ! 
das  Simple  und  das  Ungeheure !  Es  war  ein  englischer  Geistlicher  von  der 
gewöhnlicheren  Sorte,  der  mir  davon  erzählte.  ,,Ein  heftiger  optischer 
Eindruck  ohne  allen  höheren  Inhalt,''  sagte  er  mir.  ,,Sie  sehen,  es  handelt 
sich  um  ein  anormales  Nervensystem.''  Ohne  allen  höheren  Inhalt !  Wäre 
ich  einer  eurer  gebildeten  Menschen,  wären  mir  eure  Wissenschaften,  die 
nichts  sein  können  als  wunderbare,  alles  sagende  Sprachen,  nicht  eine 
verschlossene  Welt,  wäre  ich  nicht  ein  geistiger  Krüppel,  besäße  ich  eine 
Sprache,  in  die  innerliche  wortlose  Gewißheiten  hinüberzufließen  ver- 
möchten !     Aber  so ! 

Farbe.  Farbe.  Mir  ist  das  Wort  jetzt  armselig.  Ich  fürchte,  ich  habe 
mich  dir  nicht  erklärt,  wie  ich  möchte.  Und  ich  möchte  nichts  in  mir 
stärken,  was  mich  von  den  Menschen  absonderte.  Aber  wahrhaftig,  ich 
bin  in  keinem  Augenblick  mehr  ein  Mensch,  als  wenn  ich  mich  mit  hundert- 
facher Stärke  leben  fühle,  und  so  geschieht  mir,  wenn  das,  was  immer  stumm 
vor  mir  liegt  und  verschlossen  und  nichts  ist  als  Wucht  und  Fremdheit, 
wenn  das  sich  auftut  und  wie  in  einer  Welle  der  Liebe  mich  mit  sich  selber 
in  eines  schlingt.  Und  bin  ich  dann  nicht  im  Innern  der  Dinge  so  sehr  ein 
Mensch,  so  sehr  ich  selber  wie  nur  je,  namenlos,  einsam,  aber  nicht  erstarrt 
im  Alleinsein,  sondern  als  flöße  von  mir  in  Wellen  die  Kraft,  die  mich  zum 
auserlesenen  Genossen  macht  der  starken  stummen  Mächte,  die  ringsum 
wie  auf  Thronen  schweigend  sitzen  und  ich  unter  ihnen?  Und  ist  dies  nicht, 
wohin  du  auf  dunklen  Wegen  immer  gelangst,  wenn  du  tätig  und  leidend 
lebst  unter  den  Lebenden?  Ist  nicht  dies  der  geheimnisvolle  Herzenskern 
der  Erlebnisse,  der  dunklen  Taten,  der  dunklen  Leiden,  wenn  du  getan 
hast,  was  du  nicht  solltest  und  doch  mußtest,  wenn  du  erfahren  hast,  was 
du  immer  ahntest  und  nie  glaubtest,  wenn  alles  zusammengebrochen  ist 
um  dich  und  das  Fürchterliche  nirgends  war  ungeschehen  zu  machen,  — 
schlang  ich  da  nicht  aus  dem  Innersten  des  Erlebnisses  die  umarmende 
Welle  und  zog  dich  hinein,  und  du  fandest  dich  einsam  und  dir  selber 
unverlierbar,  groß  und  wie  gelöst  an  allen  Sinnen,  namenlos,  und  lächelnd 
glücklich?  Warum  sollte  nicht  die  stumme  werbende  Natur,  die  nichts 
ist  als  gelebtes  Leben  und  Leben,  das  wieder  gelebt  sein  will,  ungeduldig 
der  kalten  Blicke,  mit  denen  du  sie  triffst,  dich  zu  seltenen  Stunden  in  sich 
hineinziehen  und  dir  zeigen,  daß  auch  sie  in  ihren  Tiefen  die  heiligen 
Grotten  hat,  in  denen  du  mit  dir  selber  eins  sein  kannst,  der  draußen  sich 
selber  entfremdet  war? 

Solange  nicht  höhere  Begriffe  und  die  ebenso  lebendig  in  mich  hinein- 
greifen, mir  solche  Vermutungen  verächtlich  machen,  will  ich  mich  an 
diesen  halten.  Und  warum  sollten  nicht  die  Farben  Brüder  der  Schmerzen 
sein,  da  diese  wie  jene  uns  ins  Ewige  ziehen? 


86 


HEINRICH  NAUEN 


Stilleben 


Rheinischer  Kunstfrühling. 

Von  MAX  OSBORN. 

Mit  festlichem  Pomp  hat  kürzlich  die  Stadt  Köln  ihr  jüngstes  Museum  eingeweiht: 
die  großartige  Sammlung  ostasiatischer  Kunst  von  Adolf  Fischer.  Diese  gehobene  Feier 
ivar|[nur  ein  besonders  markanter  Fall.  Sie  stimmt  zu  der  neuen  Freude,  die  das  ganze 
Rheinland,  nach  Dezennien  der  Stagnation,  seit  einiger  Zeit  wieder  an  den  Angelegenheiten 
■der  bildenden  Künste  empfindet  und  betätigt.  Als  ich  vor  zwanzig  Jahren  mich  in  diesen 
Revieren  umzusehen  begann,  schlief  der  deutsche  Westen  den  Schlaf  des  Gerechten.  In 
meiner  Vaterstadt  Köln  wurde  das  Kunstinteresse  —  abgesehen  vom  Wallraf-Richartz- 
Museum,  das  aber  damals  vergeblich  nach  modernen  Reformen  schrie  —  durch  einen 
kleinen  Laden  von  Eduard  Schulte  bestritten,  in  dem  es  mehr  als  harmlos  zuging.  In 
Düsseldorf  nährte  man  sich  vom  vergangenen  Ruhm  und  von  der  hergebrachten  Malkasten- 
Fidelität.  Im  übrigen  war  Ruhe  rheinauf,  rheinab.  In  Berlin  hatten  die  ,,XI**  ihren  Vorstoß 
gemacht.  In  München  war  der  Sezessionskrieg  offen  ausgebrochen.  In  Wien  rumorte  es. 
Aber  am  Rhein  war  stumpfer  Stillstand. 

Das  hat  sich  gründlich  geändert.  Heute  ist  die  Kunstleidenschaft  nirgends  brennender 
als  links  und  rechts  der  alten  Pfaffenstraße  und  im  nachbarlichen  Westfalen.  Allent- 
halben sind  Museen  entstanden  oder  aus  früherem  Dämmer  erwacht,  in  denen  die  leb- 
hafte Bewegung  der  Zeit  vernehmlich  zu  spüren  ist.  Tatkräftige  junge  Direktoren  und 
Kunstgelehrte  sind  an  der  Arbeit,  werben,  feuern  an,  propagieren,  setzen  alles  in  Zirku- 
lation: Reiche  in  Barmen,  Fries  in  Elberfeld,  Osthaus  in  Hagen,  Gosebruch  in 
Essen,  Deneken  in  Krefeld,  Swarzenski  in  Frankfurt,  Cohen  in  Bonn,  Wiehert 
in  Mannheim,  Biermann  in  Darmstadt.    Eben  erst  bricht  für  die  Düsseldorfer  Kunsthalle 


87 


durch  Koetschaus  beginnende  Direktion  eine  neue  Aera  an.  Und  in  Köln  selbst,  wo  erst 
Gustav  V.  Falke,  dann  Max  Creutz  das  Kunstgewerbemuseum  eingebürgert  haben,  wo  der 
prächtige  Domkapitular  Schnütgen  seine  Sammlung  anbaute,  wo  jetzt  Fischer  seine 
asiatischen  Schätze  ausbreitet,  zog  durch  den  jungen  Direktor  Hagelstange  auch  in  das 
ehrwürdige  Wallraf-Richartz-Museum  endlich  ein  neuer  Geist  ein. 

Nach  zwei  Richtungen  hin  hat  Hagelstange  umgestaltet.  Er  hat  zunächst  die  Alt- 
kölner Herrlichkeiten  seiner  Sammlung  neu  geordnet  und  gehängt,  mit  so  vorzüglichem 
Gelingen,  daß  man  den  Bestand  kaum  wiedererkennt;  dann  aber  beherzt  in  die  neue  Zeit 
ausgeblickt  und  den  Kreis  des  Museums  vorsichtig  erweitert.  Der  Ankauf  der  Segerschen 
Leibl- Sammlung  bildete  einen  gegebenen  Anknüpfungspunkt.  Die  Säle  sind  ein  unver- 
gleichliches Denkmal  für  den  modernen  Maler  von  Köln  geworden.  Von  dem  frühen 
Porträt  des  Vaters  aus  dem  Jahre  1866,  über  die  beiden  Pariser  Frauenbilder  von  1869, 
die  ,,Alte"  und  die  ,,  Kokotte",  geht  es  zur  Meisterschaft  der  ,, Tischgesellschaft"  von 
1874  und  weiter  bis  in  die  späte  Zeit  der  bäuerlichen  Gemeinschaft  Leibls  mit  dem  Urfreund 
Sperl.  Von  diesen  Standard- Sälen  der  deutschen  ,,bonne  peinture"  jedoch  hat  Hagelstange 
die  Linie  weiter  fortgezogen.  Liebermann,  Slevogt,  Hodler,  Klinger  (die  Wagnerbüste), 
Tuaillon,  Gaul  —  Renoir  (das  ,, Ehepaar  Sisley",  ein  außerordentliches  Bild),  Gauguin,  van 
Gogh  kamen  ins  Museum.  Auch  die  jüngeren  Rheinländer,  wie  Deußer,  Weißgerber, 
Westendorp.  Das  schließt  sich  zu  einer  schönen  und  logischen  Entwicklungsreihe  an- 
einander. 

Nicht  weit  davon  lädt  jetzt  der  ,,  Kölnische  Kunstverein",  der  sich  an  Haupt 
und  Gliedern,  von  unten  nach  oben,  durch  und  durch  reformiert  hat,  in  sein  neues  Quartier. 
,, Kölnischer  Kunstverein"  —  du  lieber  Gott,  welch  süßlich-grausliche  Erinnerungen 
tauchen  beim  Klang  dieses  Namens  auf !  Man  denkt  an  die  ,,  Kunstblätter",  die  dieser  Verein 
wie  seine  rheinischen  und  sonstigen  Genossen,  jahrzehntelang  an  seine  Mitglieder  ver- 
schickte !  Nun  hat  man  eine  Radikalkur  vorgenommen  und  das  alte  Institut  mit  energischem 
Griff  verjüngt.  Zu  seiner  Leitung  ward  Paul  Cassirer  aus  Berlin  berufen,  und  die  erste 
Ausstellung,  die  er  einrichtete,  hat  den  Vereinsbetrieb  aus  der  überlebten  Genre-  und  Nied- 
lichkeitswirtschaft sofort  in  ein  künstlerisches  und  modernes  Fahrwasser  gelenkt.  Man 
hat  am  Rhein,  in  Köln  wie  anderwärts,  eben  durch  die  Wirksamkeit  der  jungen  Museums- 
direktoren, die  ich  vorhin  nannte,  gerade  dem  linken  Flügel  der  Künstlergruppen  von  heute 
viel  Beachtung  geschenkt.  Das  erschien  manchen  vielleicht  unvermittelt.  Um  so  besser 
ward  dadurch  der  Boden  für  den  klassischen  Realismus  und  Impressionismus  geebnet, 
den  jetzt  Cassirer  hier  vertritt.  Sogleich  hat  auch  ein  Kölner  Kunstfreund,  Herr  v.  Schnitzler, 
das  sprühend  lebendige  Bild  einer  jungen  Reiterin  von  Max  Liebermann  aus  dieser  Aus- 
stellung dem  Wallraf- 
Richartz  -  Museum  zum 
Geschenk  gemacht. 

Aber  auch  zum  Thema 
der  großen  Ausstellungen 
meldet  sich  der  rheinische 
Westen  immer  lebhafter 
zum  Worte.  Und  auch 
hierbei  werden  die  künst- 
lerischen Forderungen  der 

Zeit  mit  besonderem  Elan      ^^^^^K        -    9^K         i  Z"^' 

angepackt.     Für  19 15,  da      ^^^^^»      M.  -  ^^^B^i  M  ^    ~^- 

die  Rheinprovinz  das  erste 
Jahrhundert  ihrer  Zuge- 
hörigkeit zu  Preußen  feiert, 
haben  wir  in  Düsseldorf 
die  Säkularschau  zu  er- 
warten, die  Kunst  und 
Kultur  umfassen  soll,  die 
aber  besonders  die  wahre 
Gescl^ichte  der  Düssel- 
dorfer' Malerei  —  ein  in 
manchem  Sinne  noch  un- 
erforschtes  Kapitel  —  in      ERNST  HARDT  Rhätischer  Dorfplatz 


( 


88 


großem  Stil  aufrollen  wird.  Für  dasselbe  Jahr  plant  Aachen  eine  Jahrhundertfeier  in 
Ausstellungsform.  19 14  jedoch  wird  als  Vorklang  bereits  zwei  außerordentlich  wichtige 
Unternehmungen  bringen.  Darmstadt  plant  einen  Ueberblick  der  deutschen  Kunst 
von  1650  bis  zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts,  der,  wenn  nicht  alles  täuscht,  völlig  dunkle 
Gebiete  unserer  nationalen  Kunstgeschichte  aufhellen  und  eine  ganz  neue  Basis  für  die 
wissenschaftliche  Betrachtung  jener  Epoche  liefern  wird.  Was  schon  lange  in  Umrissen 
aufstieg,  werden  dort  handgreifliche  Beweise  zeigen:  daß  die  Hypothese  vom  völligen  Unter- 
gang deutschen  Kunstfleißes  durch  den  Sturm  des  30jährigen  Krieges  eine  Legende  ist. 
Man  hat  sich  in  Darmstadt  vielleicht  auf  große  Ueberraschungen  gefaßt  zu  machen.  Und 
zugleich  bereitet  fürs  Frühjahr  19 14  Köln  die  umfassende  ,, Ausstellung  des  Deut- 
schen Werkbundes"  vor.  Am  rechten  Rheinufer,  unterhalb  von  Deutz,  steigen  schon 
die  Gerippe  der  Bauwerke  auf,  die  hier  von  Theodor  Fischer,  von  Peter  Behrens,  von 
Bruno  Paul,  von  Muthesius,  von  van  de  Velde  und  den  sonstigen  Führern  neuer  deutscher 
Baukunst  errichtet  werden.  Mit  leidenschaftlichem  Eifer  wacht  Baurat  Rehorst,  der 
,, beigeordnete  Bürgermeister"  Kölns  (der  beinahe  Architekt  des  Groß-Berliner  Zweck- 
verbandes geworden  wäre),  über  dem  Werden  dieses  Dokumentes  moderner  Werkkunst. 

Rehorst  wirkt  überhaupt  als  das  künstlerische  Gewissen  der  Stadt  und  der  städte- 
baulichen Entwicklung  des  Riesengebietes,  das  sie  —  glücklicher  als  Berlin  —  nach  und 
nach  eingemeindet  hat.  Die  Kardinalfehler,  die  vor  30  Jahren  gemacht  wurden,  als  der 
Festungsgürtel  von  Köln  fiel,  kann  er  freilich  nicht  mehr  ausgleichen.  Aber  er  sorgt  und 
kämpft  für  die  künstlerische  und  sinnvolle  Gestaltung  der  neuen  Straßen,  Stadtviertel, 
Villen  quartiere  und  öffentlichen  Bauten.  Und  was  das  merkwürdigste  ist:  man  hört 
auf  ihn. 

Es  ist  sehr  gesund  für  uns  Berliner,  uns  immer  wieder  darüber  klar  zu  werden,  daß 
an  anderen  Stellen  so  intensive,  planmäßige  und  ertragreiche  Arbeit  geleistet  wird.  Wir 
könnten  nach  verschiedenen  Richtungen  daraus  lernen. 

Aus  der  ,,B.  Z.  am  Mittag". 


WALTER  HEIMIG  Der  heilige  Sebastian 


89 


GEORGES  SEURAT  Honfleur,  Vorhafen 


Kunst  unserer  Zeit. 

Die  Epoche  der  Malerei,  die  man  als  ,, Impressionismus*'  zu  bezeichnen 
pflegt,  war  ein  schönes  Sichgehenlassen,  ein  Ausruhen  in  Sonne  und  Licht. 
Man  war  der  Tyrannei  der  Linie  entglitten,  nahm  die  Dinge  von  ihrer 
oberflächlichen  Seite,  quälte  sich  nicht  mit  koloristischen  Überzeugungen 
und  verstreute,  dem  Einfall  und  dem  Geschmack  vertrauend,  sehr  talentvoll 
die  farbigen  Flecken  über  die  Leinwand. 

Die  Ideale  und  Freuden  der  Väter  sind  nicht  immer  die  der  Söhne, 
und  aus  der  Reaktion  gegen  die  vorige  Epoche  pflegen  häufig  die  An- 
schauungen der  folgenden  sich  zu  bilden.  Während  der  greise  Renoir  am 
Ende  seines  Lebens  mit  gichtigen  Händen,  aber  mit  der  Kraft  des  Genies 
hunderte  seiner  weiblichen  Akte  immer  wieder  in  Sonne  und  Licht  setzt, 
während  die  feinen  alten  Sammler  jener  Kompositionen  Delacroix',  die 
die  Ahnengalerie  der  Bilder  Renoirs  biden,  dahinsterben,  ist  eine  neue 
Gsneration  herangewachsen  mit   neuen   Zielen,   andern    Überzeugungen. 

Es  war  kein  Zufall,  daß  man  im  vorigen  Jahre  eine  Ausstellung  von 
Ingres,  in  diesem  eine  solche  von  David  in  Paris  veranstaltete.  Müde  der  im- 
pressionistischen Zufälligkeiten,  trat  eine  Reaktion  zugunsten  der  klassischen 
Haltung  ein,  eine  Tendenz  zur  Linie,  zum  Stil,  und  es  begann  ein  neues 
Gefühl  künstlerischer  Verantwortlichkeit  sich  zu  bilden. 

Außer  den  großen  Vorläufern  vor  hundert  Jahren  übte  ein  zu  früh  ver- 
storbener erhabener  Geist  seinen  starken  Einfluß  aus:  Seurat,  in  dem  die 
ersten    Ansätze    einer    Stilisierung    und    Entmaterialisierung    in    unserm 

91 


modernen  Sinne  sich  vorfinden.  Es  machte  sich  sodann  der  Einfluß 
C^zannes  geltend,  der  nicht  nur  durch  sein  Gefühl  für  Ton  von  der 
Banalität  zufälliger  Farbenmöglichkeiten  hinwegführte,  sondern  vor  allem 
ein  neues  Gefühl  für  Form  und  Bildmäßigkeit  anregte.  Neben  ihm  begeisterte 
Henri  Rousseau,  den  man  fälschlich  für  einen  Naiven  hielt,  durch  die 
Kraft,  mit  der  er  eine  im  Sinne  der  Monet  und  Lepine  erfaßte  Naturskizze 
auf  die  Höhe  des  klassischen  Bildes  hob. 

Inmitten  dieser  Anregungen  wuchs  Pablo  Picasso  heran,  der  durch 
seine  spanische  Herkunft  in  den  Tendenzen  einer  klassischen  Haltung 
bestärkt  wurde.  Die  Unerbittlichkeit  und  Notwendigkeit  seiner  Linie  führt 
ihn    zu    einer  Art   Kathedralenstil,    an    dem    außer  seiner    persönlichen 


PABLO  PICASSO 


Mandolinenspieler,  1911 


92 


Großartigkeit  die  genannten  Einflüsse  und  die  der  Skulpturen  wilder  Völker- 
schaften mitgearbeitet  haben. 

Während  in  ihm  jener  pessimistische  und  tiefe  Zug  früher  spanischer 
Bilder  sich  kundtut,  folgt  sein  Freund  Georges  Braque,  an  dessen  Bildern 
mehr  eine  entzückende  Oberfläche,  eine  seltene  Kostbarkeit  des  Materials  zu 
bewundern  ist,  den  französischen  Traditionen,  wie  sie  in  Chardin  und  Corot 
sich  ausdrücken. 

In  Picasso  und  Braque  finden  die  neuen  Ideale  der  heutigen  Pariser 
Malerei  ihren  schönsten  und  reinsten  Ausdruck. 

WILHELM  UHDE, 


GEORGES  BRAQUE  Landschaft,  191  o 


93 


WLADIMIR  VON  BECHTEJEW 


Pferdebändiger 


Gemälde. 

AMIET,  Cuno,  Oschwand  in  der  Schweiz. 
Weinernte.* 

BAUM,  Paul,  S.  Anne  bei  Sluis. 

Toulon,  Nachmittagssonne. 
Hyeres,  Nachmittagssonne. 
Herbststimmung. 

BARRAUD,  Gustave,  Genf. 
Frauenakte. 

VON  BECHTEJEW,  Wladimir,  München. 

Der  Pferdebändiger.* 
Billardspieler. 


94 


PIERRE  BONNARD 


Schneewetter 


BONNARD,  Pierre,  Paris. 

Schneewetter.* 

BOYER,  OTTO,    1874— 1912. 

Aus  Granada. 
Aus  Capri. 
Stilleben. 

Hay  varias  artes  mas  o  menos  dificiles, 
pero  la  mas  dificil  de  todas  es  el  arte  de 
vivir  ä  la  delicia  del  momento,  cual  tiene 
el  fin  de  vencer  las  desventuras  de  la  vida 
y  de  la  muerte. 

Granada  y  el  domingo  de  Ramas  191  o. 

Als  Widmung  von  ihm  geschrieben  in 
seinem  Buche  ,,Fuegos  fatuos". 

BRAQUE,  Georges,  Paris. 

Landschaften   und  Stilleben.* 

VON  DARDEL,  Nils,  Paris. 

Stockholm. 

Stilleben. 

Knabe  am  Fenster.* 

Beerdigung.* 

Kirche  in  Senlis. 


NILS  VON  DARDEL 


Knabe  am  Fenster 


95 


VERNER  THOME 


Aquarell 


DERAIN,  Andre,  Paris. 

Nackte  Knaben. 

Wintersonne. 

Cadaques. 

Umgebung  von  Marseille. 

VAN  DONGEN,  Kees,  Paris. 

Mutter  und  Kind. 

ERBSLÖH,  Adolf,  München. 

Der  violette  Schleier.* 
Liegender  Akt. 
Landschaften. 


FRIESZ,  E.  Othon,  Paris. 

Landschaften  aus  der  Normandie.* 

GERHARDT,  Ida,  Lüdenscheid. 

Bildnis  des  Prof.  Haym  in  Elberfeld. 


GILLES,  Arthur,  Paris. 
Stilleben. 

GIRIEUD,  P.  P.,  Marseille. 
Frau  in  Kimono. 

GROSSMANN,  Rudolf,  Berlin. 
Platz  vor  der  Kirche. 

HARDT,  Ernst,  Düsseldorf. 

Landschaften  aus  dem  Engadin. 

HECHEL,  Erich,  Berlin. 

Schwebebahn  in  Elberfeld. 
Krankes  Mädchen. 
Blick  vom  Berg. 
Badende  am  See. 

HEIMIG,  Walter,  Düsseldorf. 

Vor  der  Waldschenke. 

Letzte  Rosen. 

Der  heilige  Sebastian.* 


RUDOLF  GROSSMANN         Im  Tiergarten 


96 


NILS  VON  DARDEL 


Beerdigung  in  Senlis 


HENRI-MATISSE,  Issy-sur- Seine. 

Badende  Frauen.* 

Die  Brücke  bei  Collioure.* 

La  danse  aux  Capucines.* 

Atelier-Interieur.* 


Lucide  tourment  de  trop  comprendre.  Un  beau  peintre,  savant  et  sensible,  se  trouve 
paralyse  par  sa  clairvoyance.  Tout  de  suite  il  apergoit  ce  qu'il  va  faire  et  comment  il  le 
fera:  Toeuvre  est  devant  ses  yeux,  presente  et  parfaite.  C'est  pourquoi  il  evite  de  la  realiser; 
sa  conception  est  d'abord  si  claire  qu'il  lui  semble,  en  prenant  ses  pinceaux,  qu'il  va  se 
repeter,  et  le  tableau  qu'il  peint  s'applique  ä  differer  de  celui  qu'il  imaginait.  —  Les  grands 
artistes  sont  en  face  de  leur  oeuvre  comme  d'une  etrangere;  ils  n'en  prevoient  pas  du 
Premier  coup  toutes  les  demarches;  ils  l'epient  se  developper;  ils  la  decouvrent  peu  ä  peu 
passionnement.  Matisse  veut  imiter  cette  ignorance  merveilleuse,  que  sa  trop  nette  con- 
science  lui  refuse;  il  espere  la  creer  en  lui  artificiellement,  en  s'ecartant  de  ce  que  lui  impose 
sa  necessite  intime,  en  choisissant  une  voie  qui  ne  soit  point  celle  qu'eclaire  d'abord  la 
perspicacite  de  sa  vision.  Mais,  par  ce  geste  de  volontaire  aveuglement,  il  echappe  en 
meme  temps  ä  sa  spontaneite;  il  n'est  plus  pousse  par  rien,  et  l'on  est  gene  de  ne  sentir  en 
ses  toiles  la  dictee  d'aucune  Obligation. 

La  gratuite  de  cette  peinture  se  decele  ä  son  caractere  abstrait.  Matisse  peint  a  part 
des  choses;  non  pas  sans  les  regarder,  mais  en  se  retirant  d'elles  ä  quelques  pas.  II  recueille 
la  Sensation  qu'elles  lui  donnent,  l'emporte  et,  s'etant  eloigne,  la  deplie  soigneusement; 
eile  est  ample  toujours,  car  il  sait  voir  et  le  monde  est  pour  lui  le  deroulement  d'une  etoffe 
epaisse  et  chargee.  Mais  parmi  cette  sensualite  l'esprit  s'insinue;  il  defait  sa  richesse  con- 
tractee;  il  la  clarifie,  il  l'epure,  il  l'articule,  il  la  distille  jusqu'ä  faire  evanouir  tout  ce 
qui  est  lourd,  trouble  et  charnel,  tout  ce  qui  manque  ä  etre  rare.  Puis,  lentement,  avec 
une  complaisance  protectrice,  il  recompose  des  images  toutes  depouillees  et  subtilisees, 
toutes  abstraites,  bien  qu'y  tressaille  encore  parfois  quelque  lambeau  de  la  Sensation  primi- 
tive. —  II  est  des  peintres  qui  transposent  d'un  seul  coup,  sans  l'analyser,  leur  Sensation 
et  qui  en  cherchent  tout  de  suite  dans  un  jet  colore  l'equivalent  plastique;  il  en  est  d'autres 


97 


HENRI-MATISSE 


Atelier-Interieur 


qui  travaillent  en  plein  isolement  des  choses,  n'imitant  sur  la  toile  que  les  fantomes  de  leur 

pensee.    Matisse  se  distingue  des  uns  et  des  autres:  il  puise  dans  la  realite  la  matiere  de 

speculations  picturales.     De  cette  sorte  d'abstraction  decoulent,  joints  dans  une  meme 

consequence,  les  qualites 
et  les  defauts  de  sa  pein- 
ture. 

La  couleur  de  Matisse 
brille  d'une  splendeur 
intellectuelle.  Elleal'eclat 
muet  de  ces  eblouisse- 
ments  qui  naissent  soudain 
dans  l'esprit.  Elle  n'est 
pas  dense  comme  les 
choses;  eile  ne  pese  pas; 
mais  eile  recouvre  la  toile 
de  sa  minceur  mate,  eile 
repand  en  une  f  ine  couche 
sa  nette  et  violente  richesse 
Elle  est  immobile  comme 
la  pensee  dont  eile  imite 
le  fixe  eclair;  eile  ne 
palpite  pas  parce  que  rien 
n'est  pris  sous  eile  qui 
respire;  eile  est  un  extrait 
etincelant  et  inerte.  Le 
meilleur  temoignage  de 
son  origine  artificielle, 
c'est  sa  rarete  sans  faib- 
lesse;  eile  ne  cesse  jamais 

d'etre   incomparable   et   Matisse   prefere   laisser   des   blancs   plutot    que    de   les    combler 

sans   trouvailles.     Ainsi    se    deroule,    toujours    parfaite    et   inanimee,   cette    couleur    qui 

ne    souffre    pas    de    se    laisser   troubler    par    la   terne   effusion   du   reel.  —  Les  Natures 

Mortes    sont    les    meilleurs    de    ces    tableaux:    en    effet    le    sujet    dejä    en    est    abstrait: 

les  objets  sont  choisis  et  groupes  selon  leur  importance  picturale;  et  par  cette  adaptation 

prealable  du  modele  a  sa  future  image,  l'arbitraire  est  attenue.    De  plus  dans  les  Natures 

Mortes,  Matisse,  l'ayant  preparee  ä  son  gre,  s'abandonne  ä  sa  Sensation  avec  plus  de  con- 

fiance;  il  se  laisse  aller  a  la  transcrire  plus  textuellement,  il  est  gagne  par  la  volupte  que 

recelent  les  choses;   sa  couleur  se  fait  plus  sourde,  plus  lourde,    plus  gorgee  de  matiere. 
Cependant  il  n'est  sensuel  que  par  accident,  presque  malgre  lui.     Quand  il  dessine, 

il  redevient  tout  abstrait.    Son  dessin  ne  s'attache  pas 

aux  objets;  il  ne  les  deforme  pas  non  plus  pour  les 

rendre  plus  expressifs;  il  n'est  ni  realiste,  ni  lyrique:  il 

se  comporte  a  la  f a9on  d'une  idee.  Une  idee  est  d'abord 

une  certaine  forme  vide ;  on  ne  discerne  pas  son  contenu ; 

eile  est  l'attitude  de  l'indistinct;  mais  peu  a  peu  eile  se 

precise,    c'est-ä-dire    qu'elle   se   multiplie   interieure- 

ment,    que    des    details,    au    dedans   d'elle,    viennent 

commenter  sa  generalite.    De  meme  dans  la  confor- 

mation  du  chassis  ou  de   la   feuille    de    papier    qu'il 

adopte,  Matisse,  tout  de  suite,  demele  une  indication, 

dont  son  dessin  va  etre  le  developpement.     En  effet, 

le  dessin  nait  peu  ä  peu  sous  l'influence  du  cadre;   il 

s'enroule  au  centre  dans  la  position  que  lui  suggerent 

les  dimensions  exterieures;  les  lignes  se  compensent, 

se  rappellent,  expriment,  chacune  ä  un  degre  different 

de  complexite,  le  theme  d'ensemble  et  fönt  servir  leur 

dissemblance  elle-meme   ä   accentuer  la  meme  idee. 

C'est  une  Variation  complaisante;  avec  volupte  les  traits 

de  fusain  inscrivent  les  correspondances  et  les  balance- 


HENRI-MATISSE 


Kaltnadelarbeit 


98 


HENRI-MATISSE 


La  danse  aux  capucines 


99 


ments,  rythment  l'equilibre,  repetent  les  droites  en  courbes  parentes.  Ainsi  le  tableau  s'imite 
lui-meme  en  se  multipliant  au-dedans.  Mais  ses  details  les  plus  particuliers  toujours 
derivent  du  scheme  initial  et  ils  en  gardent  le  caractere  abstrait.  —  Souvent  ce  dessin 
atteint  une  grace  severe  et  exquise,  comme  dans  La  Coiffeuse  ou  dans  La  Musique. 
Souvent  aussi  il  a  l'absurdite  de  la  logique;  n'etant  pas  embarrasse  ni  retenu  par  la  realite, 
il   deploie  une  gratuite  barbarie,  comme  dans  le  Nu  ä  l'echarpe  blanche. 

JACQUES  RIVIERE 
aus  ,,Etudes'*  Editions  de  la  Nouvelle  Revue  fran9aise. 


HENRIK  SORENSEN 


Nordischer  Frühling 


HERBIN,  Auguste,  Paris. 

Stilleben. 
Selbstporträt.* 

HEUSER,  Werner,  Rom. 

Kompositionen.* 
Stilleben. 
Selbstporträt. 
Italienische  Landschaften. 

TEN^HOMPEL,  Ludwig,  Düsseldorf. 

Landschaft. 
Weibl.  Akt. 


100 


VON  JAWLENSKI,  Alexei. 
Köpfe.* 
Stilleben  und  Landschaften. 

JOVENEAU,  Jean,  Paris. 
Honfleur. 

ISSELMANN,  Ernst,  Rees. 

Landschaft  mit  Kühen. 
Selbstporträt. 
Landschaft,  Frühling. 
Bernsburg. 

KAMPF,  Eugen,  Düsseldorf. 

Landschaften.* 

KANOLDT,  Alex,  München. 

Stadtbild. 
Dorf  im  Gebirge. 
San  Gimignano. 
Alter  Hof. 
Kreuzgang. 

KOHLSCHEIN,   Hans,   Düssel- 
dorf. 

Stilleben. 

Schwemmereiter. 

Porträt. 


WERNER  HEUSER 


Kreuzigung 


EUGEN  KAMPF 


Landschaft 


101 


KOHLSCHEIN,  Josef,  Neuß. 

Brügge. 
Erftlandschaft. 

KOKOSCHKA,  Oskar,  Wien. 
Bildnisse.* 

KUKUK,  Willi,  Düsseldorf. 

Landschaften.* 

LAHS,  Curt,  Düsseldorf. 

Eifelbilder. 

Selbstporträt. 

Stilleben. 

LAURENCIN,  Marie,  Paris. 

Ruhende  Frau. 

Stilleben. 

Frauenköpfe.* 

(Öl  und  Aquarell.) 
L'Hotel  de  la  Marine. 
Porträt  Nils  von  Dardel.    . 


HANS  KOHLSCHEIN 


Studie 


WILLI  KUKUK 


Cette  jeune  artiste  apparaitra,  aux  mieux 
renseignes,  victime  d'un  malentendu  qu'elle  ne 
fit  rien  pour  dissiper.  MUe  Marie  Laurencin, 
en  automne  dernier,  participait 
ä  l'exposition  interessante, 
hardie,  utile  meme,  peut- 
etre,  mais  ä  coup  sür  compro- 
mettante,  de  la  Section  d'Or, 
Qu'allait-elle  faire  en  cette 
galere?  En  effet,  eile  ne  doit 
rien  au  cubisme.  Elle  n'est  pas 
davantage  redevable  d'une  disci- 
pline  quelconque  envers  Robert 
Delaunay,  de  qui  eile  recevait, 
naguere  encore,  l'hospitalite  en 
une  galerie  parisienne. 

Le  public  la  tient,  tour  ä 
tour,  pour  devouee  au  cubisme 
ou  ä  l'orphisme,  sur  la  foi  de 
ses  sympathies.  Ces  sympathies 
sont  purement  mondaines,  le 
plus  souvent;  ou  bien  l'effet  d'un 
gentil  courage  qui  la  conduit 
ä  se  joindre  aux  plus  rudement 
attaques. 

II  y  a  cinq  ans,  les  toiles  de 
Mlle  Marie  Laurencin  voisin- 
aient,  aux  Independants,  avec 
Celles  d'Henri  Matisse,  de  qui 
eile  n'est  pas  plus  la  debitrice 
que  de  Picasso,  dont  l'oeuvre 
Park     austere  la  rendit  meditante. 


102 


Plus  rouee,  ou  simplement  moins  incHne  ä  contrarier  Thumeur  commune,  eile  occu- 
perait  aujourd'hui  une  place  enviable  au  Salon  de  la  Nationale  —  n'y  voyons-nous  pas, 
cette  annee,  ouvrir  boutiques  quelques  beaux  rebelles  de  1906?  Ils  n'ont  point  change, 
mais  les  fauves  ne  nous  effraient  plus.  —  Elle  ferait,  en  outre,  sinon  sa  fortune,  du  moins 
Celle  d'un  habile  marchand. 

Mais  le  hasard  en  decida  autrement,  et,  notoire,  Mlle  Marie  Laurencin  est  encore 
peu  connue.  J'entends  que  nul  ne  l'ignore,  mais  qu'on  la  juge  inconsiderement,  et  que 
peu  de  galeries  sont  riches  de  ses  toiles  ingenieusement  naives. 

ANDRE   SALMON. 


MARIE  LAURENCIN     La  dame  au  mouchoir 


LEHMBRUCK,  Wilhelm,  Paris. 
Halbakt. 

LEW,  Rudolf,  Paris. 

Landschaften  aus  Paris,  Sanary*  und  Tunis. 
Stilleben. 

LIESEGANG,  Helmut,  Düsseldorf. 

Dünenblumen. 
Im  Beguinenhof. 
Bauerngarten. 


103 


Bildnis  der  Else   Kupfet 


104 


MACKE,  August,  Bonn. 

Badende. 
Indianer. 

MACKE,  Helmut,  Crefeld. 
Landschaften. 

VON  MALACHOWSKI,  Maria,  Brüggen. 
Stilleben,  Porträts. 

MANGUIN,  Henri,  Paris. 
Akt. 


FRANZ  MARC 


EDVARD  MUNCH 


Winter  in    Kragerö 


MARC,  Franz,  München. 

Der  Hirte.* 
Reh. 

MAY,  Heinz,  Düsseldorf. 

Kuhhirt. 

Junge  gegen  Morgensonne. 

MENSE,  Carl,  Düsseldorf. 

Mädchen  in  der  Dämmerung. 
Badende  im  Strom. 
Sonnenuntergang  mit  Brücke. 
Herabkunft  des  heiligen  Geistes. 

MUNCH,  Edvard,  Moss  in  Norwegen. 

Liebespaar .     (1896). 
Selbstbildnis.     (Weimar  1906.)* 
Winter  in  Kragerö.* 
Hafen. 


106 


EDVARD  MUNCH 


Selbstbildnis 


^  Et  maintenant,  fakirs  voiles,  spectres  errants  entre  les  piliers  de  cette  demeure  et 
qui,  cachant  vos  cruelles  mains,  appairessez,  par  intervalles,  —  reveles,  seulement,  par 
l'ombre  rapide  que  vous  projetez  sur  les  murailles.      yiLLIERS  DE  L'ISLE-ADAM. 

Motto  zu  dem  Kapitel  Munch  in  Meier-Graefe  :   ,, Entwicklungsgeschichte". 


Unzweifelhaft  ist  der  interessanteste  Künstler  unserer  Gegenwart  der  Norweger 
Edvard  Munch.  Ein  aktuelles  Thema.  Der  Impressionismus,  sagt  man,  sei  erschöpft, 
nun  kommt  der  Expressionismus  an  die  Reihe,  und  wenn  das  eine  Wort  auch  ebenso 
unzulänglich  ist  wie  das  andre,  so  viel  ist  sicher  und  so  viel  sieht  man  überall,  wohin 
man  im  modernen  Kunstleben  auch  blickt  :  In  der  neuen  Kunst  handelt  es 
sich  nicht  mehr,  wie  bei  Manet  und  Monet,  bei  Liebermann  und  Slevogt,  um  die  Ge- 
staltung eines  Sinneseindrucks  (Impression),  sondern  um  den  Ausdruck  eines  vorwiegend 
inneren  Erlebnisses.  Der  heimliche,  nicht  immer  offen  anerkannte  Vater  dieser  Be- 
wegung ist  Edvard  Munch.  Als  Vorläufer  hat  er  vor  zwei  Jahrzehnten  schon  Dinge 
gegeben,  die  damals  fast  ganz  unverstanden  blieben,  heute  aber,  angesichts  der  ver- 
änderten Situation,  fast  selbstverständlich,  sicher  aber  im  Rahmen  ihrer  Bewegung 
meisterlich  wirken. 

EMIL  WALDMANN. 

(Aus  dem  Kataloge  einer  Munch- Ausstellung  in  der  Galerie  Arnold  in  Dresden.) 


107 


HEINRICH  NAUEN 


Stilleben 


NAUEN,  Heinrich,  Brüggen. 

Im  Januar  veranstaltet  die  Galerie  Flechtheim  eine  Ausstellung  der  Nauenschen 
Werke  von  1907  bis  zu  den  soeben  vollendeten  Wandbildern  für  das  Suermondtsche 
Schloß  Drove  in  der  Eifel.  Diese  Ausstellung  wird  nachher  bei  Cassirer  in  Berlin,  in 
der  Galerie  Arnold  in  Dresden,  der  Galerie  Caspari  in  München  und  bei  Miethke  in 
Wien  gezeigt  werden. 

OPHEY,  Walter,  Düsseldorf. 

Garten  in  Sorrent.* 
Herbstphantasie. 
Zigeunerin. 
Stilleben. 

PASCIN,  Jules,  Paris. 

Reiter. 
Mädchenakte. 

PECHSTEIN,  Max,  Berlin. 
Sommer. 

VON  PERFALL,  Freiherr  Erich,  Düsseldorf. 

Landschaften. 


108 


PABLO  PICASSO 


Amor 


PICASSO,  Pablo,  Paris. 

Reiter  am  Meere,  1904. 

Der  Orgeldreher,  1905,* 

Das  Bild  aus  dem  ,,Lapin  agile*',  1905.* 

Porträt  einer  Dame  in  Hut,   1906. 

Blick  auf  Paris,  191 1.* 

Mandolinenspieler,  191 1.* 

Imitant  les  plans  pour  representer  les  volumes, 
Picasso  donne  des  divers  Clements  qui  composent  les 
objets  une  enumeration  si  complete  et  si  aigue  qu'ils 
ne  prennent  point  figure  d'objet  gräce  au  travail  des 
spectateurs  qui,  par  force,  en  per<;oivent  la  simultaneite, 
mais  en  raison  meme  de  leur  arrangement. 
Cet  art  est-il  plus  profond  qu'eleve?      1  ne  se  passe  point  de  l'observation  de  la  nature  et 

agit  sur  nous  aussi  famillierement  qu'elle-meme. 

^<         *         * 
II  y  a  des  poetes  auxquels  une  muse  dicte  leurs  oeuvres,  il  y  a  des  artistes  dont  la 

main  est  dirigee  par  un  etre  inconnu  qui  se  sert  d'eux  comme  d'un  instrument.    Pour  eux, 

point  de  fatigue,  car  ils  ne  travaillent  point  et  peuvent  beaucoup  produire,  ä  toute  heure, 

tous  les  jours,  en  touts  pays  et  en  toute  saison,  ce  ne  sont  point  des  hommes,  mais  des 

instruments  poetiques  ou  artistiques.     Leur  raison  est  sans  force  contre  eux-memes,  ils 

ne  luttent  point  et  leurs  oeuvres  ne  portent  point  de  traces  de  lutte.    Ils  ne  sont  point  divins 

et  peuvent  se  passer  d'eux-memes.     Ils  sont  comme  le  prolongement  de  la  nature  et 

leurs    oeuvres    ne    passent   point   par    Tintelligence.     Ils    peuvent   etre   emouvants   sans 

que    les    harmonies    qu'ils    suscitentse 

soient    humanisees.      D'autres    poetes, 

d'autres  artistes  au  contraire  sont  lä  qui 

s'efforcent,    ils  vont  vers   la  nature  et 

n'ont  avec  eile  aucun  voisinage  immediat, 

ils   doivent  tout  tirer  d'eux-memes  et 

nul  demon,  aucune  muse  ne  les  inspire. 

Ils  habitent  dans  la  solitude  et  rien  n'est 

exprime   que  ce  qu'ils  ont  eux-memes 

balbutie,  halbutie  si  souvent  qu'ils  arri- 

vent  parfois  d'efforts  en  efforts,  de  ten- 

tatives  en  tentatives  a  formuler  ce  qu'ils 

souhaitent  formuler.    Hommes   crees  ä 

limage  de  Dieu,  ils  se  reposeront  un  jour 

pour  admirer  leur  ouvrage.    Mais   que 

de  fatigues,  que  d'imperfection,   que  de 

grossieretes  ? 

*  *         * 

Picasso,  c'etait  un  artiste  comme 
les  Premiers.  II  n'y  a  jamais  eu  de 
spectacle  aussi  fantastique  que  cette 
metamorphose  qu'il  a  subie  en  deve- 
nant  un  artiste  comme  les  seconds. 

*  *         * 
Pour  Picasso  le  dessein  de  mourir 

se  forma  en  regardant  les  sourcils  cir- 
conflexes  de  son  meilleur  ami  qui  caval- 
cadaient  dans  l'inquietude.  Un  autre  de 
ses  amis  l'amena  un  jour  sur  les  confins 
d'un  pays  mystique  oü  les  habitants 
etaient  ä  la  fois  si  simples  et  si  grotesques 
qu'on  pouvait  les  refaire  facilement.         PABLO  PICASSO  Orgeldreher 


109 


PABLO  PICASSO 


Das  Bild  aus  dem  ,,Lapin  agile" 


110 


Et  puis  vraiment,  Tanatomie  par 
exemple,  n'existait  plus  dans  l'art, 
il  fallait  la  reinventer  et  executer 
son  propre  assassinat  avec  la 
science  et  la  methode  d'un  grand 
Chirurgien. 

*         *  * 

La  grande  revolution  des  arts 
qu'il  a  accomplie  presque  seul, 
c'est  que  le  monde  est  sa  nouvelle 
representation. 
Enorme  flamme. 
Nouvel  homme,  le  monde  est  sa 
nouvelle  representation.  II  en  de- 
nombre  les  Clements,  les  details 
avec  une  brutalite  qui  sait  aussi 
etre  gracieuse.  C'est  un  nouveau-ne 
qui  met  de  l'ordre  dans  l'univers 
pour  son  usage  personnel,  et  aussi 
afin  de  faciliter  ses  relations  avec 
ses  semblables.  Ce  denombrement, 
a  la  grandeur  de  l'epopee,  et,  avec 
l'ordre,  eclatera  le  drame.  On  peut 
contester  un  Systeme,  une  idee,  une 
date,  une  ressemblance,  mais  je  ne 
vois  pas  comment  on  pourrait  con- 
tester la  simple  action  du  nume- 
rateur.  Du  poin  de  vue  plastique, 
on  peut  trouver  que  nous  aurions  pu 
nous  passer  de  tant  de  verite,  mais 
cette  verite  apparue,  eile  devient  necessaire.  Et  puis,  il  y  a  des  pays.  Une  grotte  dans  une 
foret  oü  l'on  faisait  des  cabrioles,  un  passage  a  dos  de  mule  au  bord  d'un  precipice  et 
l'arrivee  dans  un  village  oü  tout  sent  l'huile  chaude  et  le  vin  rance.  C'est  encore  la  prome- 
nade  vers  un  cimetiere  et  l'achat  d'une  couronne  en  fa'ience  (couronne  d'immortelles)  et 
la  mention  Mille  Regrets  qui  est  inimitable.  On  m'a  aussi  parle  de  candelabres  en  terre 
glaise  qu'il  fallait  appliquer  sur  une  toile  pour  qu'ils  en  parussent  sortir.  Pendeloques  de 
cristal,  et  ce  fameux  retour  du  Havre. 

Moi,  je  n'ai  pas  la  crainte  de  l'Art  et  je  n'ai  aucun  prejuge  touchant  la  matiere  des 
peintres. 

Les  mosaistes  peignent  avec  des  marbres  ou  des  bois  de  couleur.  On  a  mentionne 
un  peintre  italien  qui  peignait  avec  des  matieres  fecales;  sous  la  Revolution  fran^aise, 
quelqu'un  peignit  avec  du  sang.  On  peut  peindre  avec  ce  qu'on  voudra,  avec  des  pipes,  des 
timbres-poste,  des  cartes  postales  ou  ä  jouer,  des  candelabres,  des  morceaux  de  toile  ciree, 
des  faux-cols,  du  papier  peint,  des  journaux. 

II  me  suffit,  ä  moi,  de  voir  le  travail,  il  faut  qu'on  voie  le  travail,  c'est  par  la  quantite 
de  travail  fournie  par  l'artiste,  que  l'on  mesure  la  valeur  d'une  oeuvre  d'art. 

Contrastes  delicats,  les  lignes  paralleles,  un  metier  d'ouvrier,  quelquefois  l'objet 
meme,  parfois  une  indication,  parfois  une  Enumeration  qui  s'individualise,  moins  de 
douceur  que  de  grossierete.  On  ne  choisit  pas  dans  le  moderne,  de  meme  qu'on  accepte 
la  mode  sans  la  discuter. 

Peinture.  .  .    Un  art  etonnant  et  dont  la  lumiere  est  sans  limites. 

GUILLAUME  APOLLINAIRE. 


PABLO  PICASSO 


Blick  auf  Paris,  191 1 


111 


WALTER  OPHEY 


Garten  in   Sorrent 


PURRMANN,  Hans,  Paris. 

Stilleben  und  Landschaften. 

REICHEL,  Carl  Anton,  Salzburg. 
Landschaften. 

REYLÄNDER,  Ottilie,  Rom. 

Stilleben,  Landschaften,*  Taubenbilder. 

ROHLFS,  Christian,  Hagen. 
Westfälisches  Bauernhaus.* 

SCHELFHOUT,  Louis,  Haag. 

Landschaften  aus  der  Provence. 

SCHULZE-SOELDE,  Max,  Düsseldorf. 
Bildnis  des  Herrn  B. 

SÖRENSEN,  Henrik,  Kristiania. 
Nordischer  Frühling.* 


112 


RUD.  GROSSMANN 


Im  Tiergarten 


SOHN-RETHEL,  Alfred,  Berlin. 

Kaukasierin. 

Bildnis  seines  Bruders  Otto. 

Junges  Mädchen  mit  Früchten. 


OTTILIE  REYLÄNDER 


Citronenbaum 


113 


114 


KARLI  SOHN 


Akte 


SOHN,  Kadi,  Rom. 

Akte.* 

Arbeiter  im  Palmenhain. 

Erinnerung  an  Tunis. 

Landschaften. 

SOHN-RETHEL,  OTTO,  Anacapri. 
Auferstehung,  1905.* 

STEIN,  Otto  Th.  W.,  München. 
Bildnis  Theodor  Däublers.* 


Erkundung 


Ein  Kapitel  Autobiographie  (aus  den  Neuen  Blättern). 

Des  echten  Mannes  wahre  Feier  ist  die  Tat ! 

Goethe. 

Wo  ist  der  Mond?  Die  Wogen  vom  offnen  Meer  umglühten  mit  grünlichem  Gischt 
den  ausgestorbenen  Molo.  Von  ferne  gewahrte  ich  schon,  dort  einsam,  das  nahende 
Wasserentflammen:  die  Spitzen  der  Wellen  sind  leuchtend,  die  Mulden  davonfunkelndes 
Gluten !  Ein  unterseelisches  Glühen  erfüllte  die  blühende  Nacht.  Ein  überseelisches 
Fühlen  gebar  unsern  innern  Mond.  Ich  wußte  wohl:  der  Ozean  erleuchtet  sich  selbst- 
herrlich und  weither  aus  lebendigen  Schlünden.  Ich  wandelte  lange  und  stumm  am 
Ufer  des  grünglühenden  Meeres;  ich  kam  versunken,  allein,  durch  liebliche  silberne  Haine. 
Die  Ölbäume  kannte  ich  längst:  im  Winde  kommen  sie  immer  sanft,  ganz  nahe  an  mein 
Wesen  heran.  So  sammelte  ich  mich  wieder  unter  Bäumen.  Überall  glühten  Würmchen 
und  blitzten  ihr  sprühendes  Grün  durch  wiegsame,  schimmernde  Äste.  Sie  waren  mir 
zugleich  Laub  und  Blüte  der  Frühlingsnacht  und  schwirrende  Tierchen:  Wanderer,  Mond 


115 


OTTO  TH.  W.  STEIN 


Bildnis  des  Dichters  Theodor  Däubler 


116 


und  Sterne  in  einem !  Das  Grün  war  so  zart,  wie  es  die  Toten  zu  erreichen  suchen,  wenn 
sie  uns  erscheinen  dürfen.  Nun  wurde  mir  bewußt,  wie  es  kommt,  daß  die  Nacht  um 
die  Polstille  erdämmert,  selbstfunkelnd  wird.  Ob  in  den  Glühwürmchen  nicht  ihr  eigenster 
Wunsch  verwinzigt  und  doch  erfüllt  vor  uns  herumflimmert?  Ich  sann  darüber  nach. 
Der  Ozean  wellt  vom  Tropenland  her  das  innigste  Walten  im  Urwald  empor  in  die 
blühende  Nacht.  Dazwischen  wandeln  wachsame  Augen  und  verkünden  das  Schaun. 
Die  Erde  verinnerlicht  das  Wesen  der  Pflanzen  und  Tiere,  erleuchtet  über  unsern  Trieben 
den  Hüter  der  Schöpfung !  Wir  Menschen  sind  eine  der  unzähligen  Feuerwanderungen 
der  Sterne.  Auch  die  Erde  ergibt  sich  an  die  Flamme.  Voll  schimmernder  Demut  erfüllt 
sie  die  strahlende  Nacht.  Die  Glut  einsamer  Stunden  umhüllte  auch  mich,  soweit  ich 
furchtlos  bleiben  konnte.  Des  Menschen  Angst  hatte  ich  ja  bereits  als  Kind  kennen  gelernt. 
So  glühn  wir  denn  fort  und  fort  in  uns  selber:  so  still  wie  ein  junges  Mondfunkeln 
soll  unser  Geheimes  Ich  sich  erleben  und  lenken,  die  eignen  Wege  beleuchten  können ! 
Wir  werden  aber  wenig  träumen,  denn  wir  könnten  uns  dabei  versäumen ! 

Die  leuchtende  Wonne  des  südlichen  Sommers  überwogte  mich  nächtlich  und  geheim- 
nisvoll. Das  sanfte  Grün  der  zerklüfteten  Ölbäume  besprenkelte  die  Wiese  im  Schatten 
mit  zitternden  Silberscheibchen,  als  der  Wind  fast  täglich  abnahm  und  der  Mond  seiner 
Vollendung  zuschwoll.  Und  es  leuchteten  meine  Gedanken  immer  mehr  beim  Betrachten 
der  Glühwürmchen.  Und  wieder  schwellte  das  Meer  lauere  Hauche  heran,  und  das  Zitter- 
licht der  Silbersichel  begann  leise  zu  schwinden.  Ich  weiß  nicht  mehr,  was  ich  damals 
gedacht  habe,  doch  ich  erinnere  mich,  daß  meine  Gedanken  nächtlich  waren  und  daß 
ich  glaubte,  daß  ich  mich  nur  des  Nachts  höherschöpfen  könnte.  Und  ich  belauschte 
meinen  Traum  und  erlauschte,  was  der  Traum  war:  der  Versuch,  den  Menschen  und 
Tieren  in  der  Nacht  ihr  leuchtendes  Leben  zu  lassen !  Der  Schlaf  ist  der  Retter  vor  dem 
täglichen  Tode:  er  führt  uns  vom  Tagesabend  zum  Sonnenmorgen.  Denn  das  wußte  ich 
wohl:  wir  sind  die  Kinder  des  Lichts!  Und  was  verewigt  das  Sterben?  Das  Bewußtsein, 
daß  wir  sterben  werden,  gebiert  die  Idee  der  Unsterblichkeit!  Die  Fähigkeit,  Gespinste 
zu  verhäkeln,  Gespenstern  Lebendigkeit  zu  verleihen,  erreicht  in  uns  die  Zuversicht, 
daß  es  ein  Ewiges  gebe.  Sind  wir  nun  Menschen  geworden,  um  Gott  zu  verstehn,  oder 
ist  Gott  nur  das  Erwachen  einer  reinmenschlichen  Anschauung?  Ich  hielt  für  einen 
Augenblick  die  selbstleuchtenden  Glühwürmchen  für  vollendetere  Weltchen  als  den 
Menschen  und  konnte  meine  Gedanken  nicht  für  ewiger  als  eine  verwehende  Jahres- 
zeit halten.  Eines  aber  stand  fest:  wenn  sich  im  Menschen  alle  Flammen  des  Daseins 
zusammengefaßt  hatten,  um  den  Mann  grade  emporzurecken  und  ihm  dann  das  Weib 
nachzuschmiegen,  so  konnte  ich  nicht  mehr  glauben,  daß  wir  uns  zum  flammenden 
Fluge  zusammenrunden  oder  leiblich  zum  Dahinwehn  veredeln  würden,  sondern  daß 
unsre  Zukunft  nicht  uns  selber,  wohl  aber  einem  Abgrund  unter  allen  Leibhaftigen  zu- 
dunkelt! Die  Furcht  vor  dem  Ende  des  Bewußtseins  ist  tiefer  als  die  Sehnsucht  nach 
der  irdischen  Vollendung.  Die  Macht,  an  sich  selbst  zu  schöpfen,  ist  verlockender  als  die 
Wunscherlebnisse  beim  Sichemporwiegen  über  die  Gebirge  der  Erde.  Wir  entsprangen 
der  Angst,  als  sich  die  Geburt  der  Furcht  ankündigte:  und  die  Ewigkeit  winkte  uns  heran, 
sowie  wir  die  Sehnsucht  nach  dem  Hinanwehn  verblassen  ließen.  Wir  wittern,  was  wir 
werden,  nur  sträuben  wir  uns  dagegen,  da  wir  noch  der  Sonne  Tagesdankbarkeiten  zollen. 
Aber  ich  bejahe  die  Nacht:  die  Nacht,  in  der  sich  die  Gestalteten  nicht  mehr  gewahren, 
der  Mann  bereits  die  ihn  erwartenden  Gewaltungen  ahnt,  das  Weib  sich  seiner  Einzel- 
keit  entwiegt;  und  ich  deute  auf  das  Dunkel:  die  Dunkelkeit,  in  der  sich  die  geschlecht- 
liche Verwundrung  verwurzelt;  und  ich  verwirkliche  die  Finsternis,  in  der  wir,  wie  ent- 
wesentlicht,  entselbstet,  aus  den  innersten  Wechseln  entwirrt,  ins  Ewige  Verwehen  ein- 
gewebt, verschwinden. 

Die  Sonne  hat  alles  Wesentliche  geboren:  der  Norden  soll  uns  vollenden!  Der  Föhn 
entschwebt  der  Sonnensee  mit  goldnem  Tosen.  Des  Südens  glühendes  Erbarmen  ver- 
schwendet seine  Leidenschaft  in  waghalsigen  Sommerwolken:  das  kalte  Land  entzückt 
sich  in  Gewittern.  Den  hohen  Norden  vergolden  noch  emporgehobene  Tropenatome. 
Indiens  Flammen  haben  strahlendes  Erbarmen.  Der  Welschwind  windet  sich  durch 
die  wartenden  Halden  tannenbewachsner  Mitternachtstäler.  Müde  stürzen  die  Völker 
herab  in  die  Niedrungen  des  Südens:  aber  rastlos  ziehn  Wallfahrer,  das  Sterben  ver- 
treibend, nachtwärts.  Wir  trachten  den  Schmerz  zu  betäuben  und  verflüchtgen  den 
Schnee.  Wir  kämpfen  an  gegen  das  Leid,  da  zernebelt  das  Eis.  Doch  fürchten  wir  den 
Schnee,  so  überfüllen  wir  selbst  den  Süden  mit  fürchterlichen  Übeln. 

117 


Ich  aber  kenne  schon  den  eignen  Norden  und 
frage  mich  wohin?  woher? 

Und  ich  denke  teleologisch:  Erde,  Muttererde, 
aus  deinen  Feuereingeweiden  hast  du  den  Mond  ge- 
boren; und  dieser  Mond  stellte  sich  zwischen  dich  und 
die  Sonne;  und  dieser  Mond  nächtigte  mit  deinen 
Tagesregungen,  denn  in  dir  regte  sich  die  Vision  des 
Lebens;  und  der  Mond  half  dir,  wenn  deine  Tages- 
wagnisse, Erde,  die  ganz  schwach  erwacht  waren, 
abends  erschlafften;  und  er,  der  Mond,  faszinierte  sie, 
daß  sie  nicht  bis  zum  Anbruch  des  Arbeitstags  völlig 
entschlafen  sollten.  Und  heute,  Erde,  ist  der  Mond, 
der  vermeintliche  Mittler,  tot.  Das  silberne  Zeitalter 
zerschleierte  und  ließ  den  Ölbaum  auf  Erden  zurück. 
Und  das  Sterben,  Erde,  zerschmetterte  deine  Wesen- 
visionen. Doch  sind  sie  jetzt  kraftvoll  als  handelnde 
Tageswandrer  gestaltet,  und  ihr  wahnhaftes  Mondes- 
wandeln  schmachtet  noch  fort  in  unsern  Träumen 
und  taumelt  dahin  durch  den  Schlaf. 

Erde,  Erde,  du  willst  allen  deinen  Leidesleib- 
haftigen einen  andern  Mond  gebären !  Und  der  Neue 
Mond  soll  den  Tod  überwinden.  Und  der  Mund  dieses 
Mondes  ist  da:  du  hast  ihn,  Erde,  aus  den  Klammern 
deiner  Erstarrung  erbarmungsvoll  hervorgegeistert; 
und  er  sagt:  Entsagung  des  Tages !  Er  verneint  den 
Schein,  um  das  Nichts,  das  ihn,  gegen  die  Ewigkeit 
gerichtet,  hervorbringt,  zu  vernichten.  In  milder, 
blauer  Tropennacht  erscheint  sein  milchblaues  Eigen- 
licht. Wir  ahnen  seine  Ankunft  und  wandeln  uns 
erwartungsvoll.  Da  mäht  er  schon  als  Silbersichel 
das  Kraut  der  Sterblichkeiten  dahin.  Und  dann  ge- 
wahren wir  ihn  und  empfangen  seine  Wahrheit.  Und 
dann  verläßt  er  uns,  leichtspöttisch  lächelnd  und  zu- 
gleich zufrieden,  da  er  bald  seine  Ruhe  wieder  erringen 
wird.  Und  die  Wurzeln  des  Unheils  wuchten  und 
treiben,  nur  wechselweise  geschwächt,  nach  dem 
Buddhaverschwinden,  abermals  empor !  Der  Tag  hatte 
die  Nacht  überragt!  Die  Wagnisgestalten  lagen  ge- 
schlagen da.  Da  schuf  sich  aber  das  Dunkel  andre 
Wahngewalten  und  das  Karma  der  Übertrumpften 
gab  ihm  die  Kraft  zur  Verleiblichung  von  jungen 
Wahrheitsertragern  und  Wahnwallfahrern.  Helden- 
geschlechter erklommen  die  metaphysischen  Vorbe- 
deutungen der  Gebirge  Irans.  Damals  erblaute  der 
Geist  des  Mannes  und  trennte  sich  sternedurchlebend 
von  der  klebriggelben  Erde.  Das  Weib  weilte  weiter 
auf  wirren  Wegen  des  Werdenden.  Damals  errang  sich 
eine  Rasse  geistig.  Heute  aber  krampft  das  Karma 
den  Mann  zurück  in  die  Umarmungen  seiner  eignen 
Weiblichkeit.  Erbarmen  möchte  ich  schrein,  wenn  ich 
als  Jüngling  in  die  unklaren  Seelen  meines  eignen 
Geschlechtes  wittre ! 

In  Iran  aber  verweichlichte  die  Welt,  von  Weib- 
lichkeiten überwältigt.  Da  tat  das  Dunkel  einen  Mund 

auf:  und  da  sprach  der  Mann;  und  er  sagte:  Tat!  Und  da  strahlte  die  Nacht,  wie  wenn 
der  Mond  noch  rot  empordämmert;  und  diese  Sprache  des  Bluts  und  der  lebendigen  Liebe 
überkamen  alle,  die  da  wahrnehmen  konnten;  und  das  Wort  wanderte  nachtwärts.  Aber 
die  Flamme  erblaßte  im  Lande,  da  sie  emporwallte,  und  aus  ihr  stieg  der  wirkliche  Mond 
bleich  und  todverheißend  empor  und  übersilberte  die  siegreiche  Wüste.  Alles,  was  wird. 


ERNESTO  DE  FIORI 
Jüngling  (Abguß) 


118 


kann  auf  Erden  nur  angefangen  werden.  Und  da  ich  jetzt  den  Mond  sehe,  so  erinnre  ich 
mich;  denn  der  Mond,  der  Vollstrecker  des  Todes,  ist  auch  das  Sinnbild  des  Entsinnens! 
Der  Mond,  die  Ruine  aller  Zeiten  über  uns.  Und  so  spricht  in  mir  der  Dichter,  der  nicht 
stirbt,  das  Lyrische  Ich,  im  Kampfe  mit  Epen  und  Dramen:  ein  Ölbaum  spiegelt  sich  in 
einem  Silberweiher.  Alle  Tiere,  deren  Seelen  der  Geist,  der  sich  im  Blauen  erschaut, 
erdwärts  abwirft,  schwelte  der  Wind  des  Werdens  einem  Sänge  entgegen,  den  die  Weiblich- 
keit der  Welt  in  einem  Lied  zu  den  Sternen  emporschweifen  ließ.  Denn  auch  die  Weib- 
lichkeit der  Erde  hörte  ihr  tiefes  Wort.  Orpheus  verweltlichte  die  Weihe  des  reinen  Geistes. 
Er  war  der  vollen  Leibhaftigkeit  des  Weibes  inne,  und  seine  Seele  war  die  See,  in 
die  sich  des  Löwen  Rhythmus  überstürzte,  die  Windhaftigkeit  der  Urwaldkatzen  schnellte, 
des  Tigers  Sturmhast  sauste,  in  der  die  altbelasteten  Drachen  und  Lurche  untergingen, 
die  Gleichgültigkeit  der  Schwäne  dahinsegelte,  die  Komik  der  Enten  sich  breitmachte, 
der  Übermut  der  Störche  seine  Ergötzlichkeiten  vervielfältigte:  er  war  der  Dichter  der 
beharrenden ^Wesen;  er  sah,  was  der  Mann,  der  danach  sprechen  sollte,  seiner  Endlosig- 
keit überließ. 

Ich  will  noch  mildes  Mondlicht  in  meinem  Olivenhaine  verschwenden,  denn  feier- 
lich entsinn  ich  mich  Orpheus,  da  er  Pan  verstand,  den  ja  der  erste  Mensch  gekannt  hatte. 
Die  Sterne  und  alle  Monde,  die  große  Sonne  vor  allem,  spenden  der  Erde  rhythmische 
Ansätze  zur  Entflammung  ihrer  ragenden  Tagesgestalten  und  nachschweifenden  Traumes- 
gebärden. Die  unendliche  Rückkehr  von  Morgen  und  Mittag, 
das  langsame  Sichverdünnen  des  Abends  und  die  herrliche 
Auferstehung  der  Nacht  bewahren  den  Erdengestaltungen 
Haltung   und   Dauer.    Den    unendlichen    Abenteuern    der 
Sternbilder,   die  um  unsre  Milchstraßen  herannebeln,    der 
furchtbaren  Jugend  unsrer  Ruhe  im  leuchtenden  Welten- 
sturz entwebt    die  Beseelung   aller  unerreichbaren  Tages- 
erfassungen ins  mannigfaltige  Dasein. 

Pan  heißt  die  plötzliche  Sinnfälligkeit  der  irdischen 
Sternenerlebnisse  in  Pflanzen  und  Tieren !  Mensch  nennt 
sich  der  Mund,  der  den  Namen  Pan  ausspricht.  Orpheus 
begeistert  der  Gesang  der  ahnungsvollen  Verwandtschaften. 
Orpheus  aber  will  der  Nacht  das  Weihelied  der  Erde  spen- 
den: Orpheus  muß  seiner  Heimat  Dankgesänge  Sonne  und 
Sternen  darbringen.  Pan  ist  im  Erhaschen  gewandt:  sein 
Wesen  schmiegt  ja  das  Wechselnde  an  das,  was  heran- 
wachsen und  verweilen  kann ! 

Der  panische  Schreck  ist  das  Erscheinen  alles  Fühllos- 
flüchtigen.  Pan  faßt,  was  dem  Walde  nah  ist.  Pan  um- 
klammert Orpheus'  Sang,  der  der  Wildnis  entwallt.  Ecce 
Tragödia:  Panisken  entwimmeln  dem  Schilfe;  Mänaden 
durchlachen  die  Halden;  Orpheus'  Ansprache  an  den  Abend 
verblaßt.  Aber  die  Erde,  die  ursprünglich  bloß  die  Nacht 
aus  sich  selbst  entnahm,  erkundet  nun  im  eignen  Sang 
das  Jenseits,  das  sie  glühend  über  den  Sternen,  die  alle 
irdischen  Wandlungen  gebären,  für  ewig  festgesetzt  hat. 
Sternbilder  braucht  meine  Phantastik:  nachts  geschehn 
die  großen  Geburten:  es  wird  dunkel,  wenn  der  geläuterte 
Geist  Irans  leuchtend  Hellas,  das  Land  der  irdischen  Vol- 
lendungen, unbewußt  verachtungsvoll,  aber  vom  erhabend- 
sten  Karma  getragen,  überfliegt.  Das  Meer  zwischen  Asien 
und  Hesperiens  Wolkengebirgen  ist  eine  tragische  Tages- 
see. Irans  Nacht,  die  sein  wagendes  Volk  nächtlich  ge- 
schwängert hatte,  erwacht  dereinst,  nach  einem  Fluge  ihres 
Großgeistes  durch  ferne  Nebelwelten,  abermals  unter  leuch- 
tendem Eise  und  flammenden  Gletschern. 

Das   sagte   ich,    als   ich  wollte,    daß  Ahrimans  Nacht 
anerkannt  erstrahlen  sollte.     In  Ormuz  lodert  Sonnengold, 
aber  auch  das  Dunkel    durchfunkelt   ihn  urverschluchtet. 
OTTO  SOHN-RETHEL,  Akt  *         ^         * 


119 


Das  Wort  ist  der  Norden  aller  Sprachen. 

Wir  segelten  so  maßvoll  wie  die  Stunden  vergehn! 

Die  Zeit,  unser  Innerstes,  wird  dereinst  die  ganze  Welt  mit  sich  fortnehmen.  Denn 
wir  werden  fliegen:  Aber  nicht  in  Sturmeseile,  dazu  haben  wir  bereits  zu  viel  eigenste 
Zeit  in  uns  versponnen,  durchunddurcherlebt !  Die  Sprachen  werden  wir  abstreifen: 
Schwerschwebende  Vögel  können  sie  überkommen  und  sich  daran  emporreden:  dafür 
werden  wir  auffliegen!  Die  Indianer  Nordamerikas  kamen  von  Vögeln  her:  warum 
konnten  sie  nicht  fliegen?  Vielleicht  waren  sie  nicht  ganz  ausgesprochen;  haben  sie  sich 
ihre  Natur  selbst  ausgeredet!?  Jedenfalls  mußten  sie  zugrunde  gehn,  um  uns  ihr  Karma 
zu  hinterlassen.  Nur  so  erfassen  wir  unsre  amerikanisierende  Barbarei:  möglicherweise 
auch  die  Flugzukunft.  Nur  müßten  wir  nun  auch  heimlicher,  unparlamentarischer 
werden,  bis  das  Überkommne,  Längstzerstörte,  Urwälder  festsetzen  wird !  Schonen  wir 
auch  aus  diesem  Grunde  die  Neger  und  die  allzu  tief  stehenden  Wilden  überhaupt.  Ihr 
Gespenst  würde  uns  gewaltsam  hinabreißen. 

Eine  Mauer  ergraut  in  meinem  Traum.  Indiens  Mystik  war  mechanisch:  wir  haben 
uns  christlich  von  der  Gerechtigkeit  emporgesungen;  das  Erbarmen  hat  uns  begnadigt. 
Die  Mystik  ward  männlich:  wir  freien  die  Unendlichkeit.  Aber  mein  Karma  überragt 
mich !  Mechanik,  ohne  Mystik,  bemächtigt  sich  der  abendländischen  Menschen.  Mündig- 
keit, Mehrheiten,  Meinungen  werden  eine  Mauer. 

Wer  vermag  es,  das  Karma  zu  benagen?  Der  einzelne  Mensch  vereitelt  seinen  Rück- 
prall metaphysisch  beinahe  vollständig.  Die  nordindischen  Sekten,  die  an  ein  persön- 
liches Weiterleben  der  Seele  nicht  glaubten,  können  keinesfalls  andrer  Meinung  gewesen 
sein.  Die  mechanische  Anschauung  vom  Karma  wird  Moral  und  Zucht  erzwingen,  nur 
muß  sie  den  Egoismus  unmittelbar  treffen:  daher  die  Anschauung  eines  am  Einzelnen 
haftenden  Karmas.  Ich  aber  glaube  nicht  an  die  Unüberwindlichkeit,  an  die  karmische 
Haft  der  menschlichen  Seele,  wohl  aber  an  ein  Karma  in  der  Geschichte !  Vielleicht  gibt 
es  nach  dem  leiblichen  Tode  Übergangsstufen,  Trennungssphären,  vielleicht  mag  da  im 
Urdunkel  das  Karma  mechanisch  weiterwirken,  sich  fortvervielfältigen.  Für  mich 
bleibt  jedoch  Karma  eine  Abstraktion,  die  uns  helfen  kann,  die  Geschichte  der  Völker 
aus  ihrem  religiösen  Seelenleben  und  ihren  geschlechtlichen  Wandlungen  herauszudeuten. 
Auch  ethisch  müssen  wir  es  verwenden:  ich  bin  überzeugt,  daß  jede  Rasse,  wie  sie  ihre 
höchsten  Fähigkeiten  in  Helden  und  Genies  sich  vorkristallisiert,  so  auch  in  Verbrechern 
und  weibischen  Weichlingen  ihre  gesellschaftsfeindlichen  und  daher  berechtigten  Einzel- 
heiten absondert.  Der  Verbrecher  ist  somit  metaphysisch  geheiligt  und  in  der  Gesellschaft 
doppelt  unentbehrlich.  Gebiert  doch  auch  die  Angst  vor  ihm  Gesetzestafeln,  vor  denen 
sich  der  Bürgersinn  willig  fügen  wird.  Und  diese  Schranken,  die  nur  durch  den  Verbrecher 
erworben  werden  können,  sind  für  jede  Gemeinschaft  unentbehrlich.  Sollte  übrigens 
nicht  nach  und  neben  der  Sprache,  die  ja  an  jeden  mittelmäßig  befähigten  Menschen 
große,  unbewußte  Mitarbeit  des  Gedankenlebens  stellt,  die  Angst  vor  dem  Strolche  eines 
der  stärksten  Mittel  zur  Erweckung  der  wirksamen  Verstandeskräfte  gewesen  sein? 
Weh  uns,  wenn  wir  jemals  eine  zu  vereinfachte,  unentwickelte  Sprache  für  die  ererbte 
einsetzen  wollten:  Weh  uns,  wenn  unser  Leben  allzu  gefahrlos  verlaufen  könnte! 

Am  Verbrechen  darf  schon  aus  diesen  Gründen  keine  Rache  genommen  werden; 
den  Mörder  hinrichten  heißt:  die  Belastung  seiner  Rasse,  die  sich  an  ihn  geheftet  hatte, 
wieder  der  Gesamtheit  zurückerstatten,  um  neue  ähnliche  Ansammlungen  niedriger 
Begierden  im  einzelnen  anzubahnen.  Da  kann  man  bereits  von  Karma  reden!  Zur 
Ethik  übergehend,  will  ich  noch  folgendes  erörtern:  wir  werden  wahrscheinlich  nicht 
selbst  die  Folgen  unsrer  Handlungen  zu  tragen  haben;  und  das  ist  wunderbar  und  würdig! 
Wohl  aber  hinterlassen  wir,  jeder  einzelne,  wie  wir  das  Karma  Tausender  auf  uns  nehmen 
mußten.  Späterkommenden,  einzelnen  und  schließlich  Gesamtheiten  die  Fortsetzung 
unsrer  Einbeziehungen  in  Geschick,  Gesellschaft  und  Nachkommenschaft;  und  zwar 
wirkt  ein  einzelner  bestimmt  sehr  rasch  sowohl  auf  seine  Verwandten,  die  ihm  bekannt 
sind,  als  auch  auf  die,  mit  denen  er  nur  unbewußt  karmisch  verbunden  bleibt.  Bei  Leb- 
zeiten, wie  kurz  nach  dem  Tode,  macht  sich  das  Karma  jedes  Menschen  im  Bezug  auf 
andre  deutlich  bemerkbar;  später  verwebt  es  sich  mit  andern  Geschicken  und  geht  schließ- 
lich im  Schicksal  seines  Volkes  mit  Rückwirkung  auf  kommende  Rassenzusammen- 
raffungen  unter.  Werden  alle  Menschen  dereinst  das  Karma  vereint  zerschmettern 
können?    Wenn  es  eine  Freiheit  gibt:  ja? !     Es  ist  eine  Forderung  der  Ethik,  daß  alles 

120 


GEORGES  MINNE 


Auferstehung  (Marmor) 


Mechanische  überwunden  werde:  auch  die  Gerechtigkeit  soll  erst  durch  die  Gnade  voll- 
endet werden !  Vielleicht  ist  die  Hoffnung,  daß  wir  dereinst  überhaupt  keine  Gerechtigkeit 
mehr  brauchen  werden,  im  höchsten  Sinne  des  Wortes  vornehm! 

Bin  ich  Monist  oder  Dualist?  Noch  eine  nächtliche  Frage  am  Strande  des  Meeres! 
Was  sollen  da  alle  menschlichen  Vorstellungen?  Behelfe,  Behelfe,  um  sich  unter  Sternen 
auszukennen!  Für  die  erkennenden  Menschen  auf  Erden  steht  der  Nordstern  still,  ge- 
wöhnen wir  uns  somit,  eine  Richtung  einzuschlagen !  Jeder  Stern  mag  seinem  Ziel  zu- 
wandern: Vielleicht  tasten  wir  uns  da  an  eine  übermenschliche  Vernunft  heran. 

Ein  Dunkel  erhält  alle  Lichter.  Auf  unendlicher  Stummheit  beruht  unser  Hilferuf. 
Herrliche  Heiterkeit  umstrahlt  das  Leid,  keine  Antwort  geben  zu  können. 

Ethik  bestimmt  mich  unbedingt  zum  Dualisten!  Und  die  Tatsache,  daß  ich  Dualist 
bleiben  will,  erweist  meine  Befähigung,  mich  in  Ethik  zu  vertiefen. 

Ein  Zweifel:  Meine  Art  zu  denken  führt  mich  immer  wieder  auf  die  parsische  alt- 
persische Tag-  und  Nachtlehre  zurück.  Die  Idee  der  strahlenden  Nacht  Ahrimanns  be- 
herrscht mich  ganz.  Sollte  diese  erleuchtete  durchtagte  Nacht  nicht  schließlich  meinen 
Dualismus  unterwühlen? 


121 


Ein  leichter  Südwind  kühlt  die  Sommernacht. 
Wohl  überweht  er  uns  mit  weißen  Wolken,  voll  von 
bleicher  Geschmeidigkeit  und  wunderbarer  Anmut. 
Doch  schon  bannt  der  Mond  die  hohen  Wanderwarten 
in  marmorne  Stille,  und  die  niedern,  milchigen  Nebel 
verflüchtigt  eine  frischaufgesprungne  Seebrise.  Und 
so  schimmern  denn  vollkommengoldne  Sternchen 
aus  lauem  Blau  herab  in  unsre  untre  Opalluft.  Meine 
geliebten  silbernen  Ölbäume  flimmern  und  lispeln 
immer  von  ihrer  Zufriedenheit:  und  die  ragenden 
Zypressenbeugen  sich  langsam  nieder,  als  sagten  sie 
Ja!  Vielleicht,  weil  mir  der  Wind  immer,  wenn 
ich  über  etwas  nachsinne,  ins  Gesicht  wehen  muß: 
und  wahrscheinlich  meinen  sie  Nein! 

Das  ist  das  schönste  Stück  Welt,  das  ich  er- 
leben kann:  ich  will  meine  Heimat  an  mein  Wesen 
drücken  und  glücklich  sein  und  nicht  dran  denken, 
daß  ich  die  Erde  einst  verlassen  muß !  Warum  be- 
gnüg ich  mich  mit  einem  Haine,  einer  Bucht  und 
einem  fernen  Leuchtturm?  Woher  die  Ruhe  bei  so 
kurzer  Frist?  Weil  meine  Ruhe  nicht  mehr  Ich  ist, 
sondern  weil  sie  weiße  Segelfahrten  um  gischtum- 
wippte  Klippen,  silberne  Einsamkeiten  über  lauten 
Märkten,  dahinschweifende  Einbildungen  heran- 
reifender Jünglinge  leitet  und  weitet! 

Averroes,  Zerstückler  der  Seele,  ich  fürchte 
mich  vor  dir!  Und  doch,  nun  muß  ich  mir  meine 
unheimlichste  Einsicht  gestehn !  Wir  Seelen  ver- 
gehn,  verwehn!  Nur  einmal  bin  ich:  und  daß  "ich 
gerade  jetzt  bin,  ist  das  Wunder!  Und  nicht  bloß 
augenblicklich,  sondern  auch  hier:  ich  habe  meine 
Heimat,  ein  Stück  von  mir,  in  das  ich  hineingeboren 
wurde !  See,  See,  ich  seh  dich  an  und  sehne  mich 
dennoch  nach  dir.  Denn  auch  du,  Windsee,  willst 
in  mein  Wesen  einwehn.  See,  See,  hier  bin  ich  mit 
dir  allein,  und  meine  Ruhe,  die  nicht  mehr  Ich  ist, 
weil  sie  dort,  wo  ich  nimmer  sehn  kann,  dunkel, 
dunkler  als  dunkel  erdunkelt,  fühlt  die  Schwere  des 
Ozeans  und  wird  erleichtert  durch  das  Wissen  von 
■den  Sternbildern,  die  sich  im  Ozean  spiegeln.  Denn 
Ozean,  dich  selberentrollender  Ozean,  ich  bin  ein 
Dichter,  und  du  gleichst  mir  nicht !  Du  wirst  bleiben, 
aber  aus  mir  spricht  die  Ewigkeit.  Die  Dunkelheiten, 
die  sich  unter  mir  verschluchten,  wiegten  dich,  Meer, 

als  du  Odysseus  trugst,  und  ich  erinnre  mich,  wie  ich  unendlich  früh  bestimmte,  mit 
Homer  zu  werden.  Und  so  graute  ich  auf  in  allen  Gefährten  des  Atriden  hier  und  ich 
«rschaute  mich  in  ihm  selber,  wie  heute,  unter  Zypressen.  Gibt  es  ein  Sterben?  Eine 
Hierarchie  Sterbender!  Nicht  viel  verweht  von  mir:  nur  wenig  zieht  sich  von  meinem 
Sonnensonderbaren  zurück  ins  Dunkel,  wo  alle,  die  den  Tag  durchwallen,  auch  als  Dunkel- 
heiten   durch    das  Dunkel  funkeln. 

THEODOR^DAEUBLER 


II 


GEORGES  MINNE 
Kniender  Jüngling  (Marmor) 


STERN,  Max,  Düsseldorf. 

Ulanen.* 

Blumenverkäuferinnen. 
Konzert  in  den  Dünen  (England) . 


122 


123 


THORN-PRIKKERJan,Hagen. 

Christi  Einzug  in  Jerusalem.* 

DE  VLAMINCK,  Maurice,  Paris. 
Landschaften  aus  les  Andelys. 

VON  WAETJEN,  Otto,  Paris. 

Aktstudien.* 

Landschaften  aus  Le  Hävre.  * 

VON  WEREWKIN,   Marianna, 
Abend.*  München. 

En  soiree. 
Frühlingssonntag. 

WESTENDORP,  Fritz, 

Bauerngarten.  Düsseldorf. 

Blumen  am  Fenster.* 
Pont  neuf. 

WOLFF,  G.  H.,  Barmen. 
Fernande. 


FRITZ  WESTENDORP       Blumen  am  Fenster 


OTTO  VON  WAETJEN 


Le  Hävre 


124 


OSKAR  KOKOSCHKA 


Der  Tänzer  Nijinsky 


125 


ANTONIO  C ANOVA 


Napoleon  (Marmor) 


126 


IT 


Plastik. 


CANOVA,  Antonio.*     1757— 1822. 
Napoleon,  Marmor.* 

Aus  den  „Schattenbildern'':  NAPOLEON. 

Schon  Goethe  hat  sich  über  die  Weisheit:  ,,Für  einen  Kammerdiener  gibt  es  keinen 
Helden"  tüchtig  geärgert  und  laut  erklärt,  daß  dieses  immer  nur  die  Schuld  des  Kammer- 
dieners wäre,  der  über  dem  Allzumenschlichen  seines  Herrn,  das  er  täglich  sieht,  größen- 
blind geworden  sei.  Wer  über  einem  Menschen  in  Unterhosen  den  Sieger  von  Austerlitz 
vergißt,  der  hat  eine  Lakaienseele  und  ist  zu  nichts  Größerem  geboren,  als  großen  Herren 
die  Stiefel  auszuziehen  und  abzuputzen.  In  unserer  die  Helden  hassenden  Zeit  haben  wir 
Napoleon,  den  Heine  und  Byron  immer  nur  den  Großen  schlechthin  nannten,  mehr  als 
uns  recht  war,  mit  Kammerdieneraugen  betrachten  sehen,  so  von  Shaw,  dem  nichts  zu 
groß  ist,  um  es  nicht  klein  zu  kriegen,  so  von  Sardou  in  seinem  Kulissenreißer  ,, Madame 
Sans- Gene"  und  von  manchen  anderen.  Nicht  mehr  mit  der  Kinderphantasie  unserer 
deutschen  Pastoren  vor  hundert  Jahren  haben  die  Schreiber  unserer  Zeit  Napoleon  ge- 
schaut, etwa  als  einen  Werwolf,  der  von  Menschenblut  lebt  oder  ein  wildes  Tier,  das  aus 
der  Felseneinsamkeit  Korsikas  ausgebrochen  war,  um  Europa  zu  dezimieren  und  die  Welt 
auf  den  Kopf  zu  stellen. 

Nein,  im  Gegenteil,  man  hat  in  unseren  Tagen  den  gewaltigen  Zwergen,  der  am 
Anfang  unserer  ganzen  bürgerlichen  Zeit  steht,  für  diese  jetzige  Bürgerwelt  zurecht  photo- 
graphiert,  ihn  vermenschlicht  und  unter  uns  andere  gebracht,  ihm  bestens  sein  Absonder- 
liches, nicht  sein  Ausschließliches  abgeguckt.  So  bekamen  wir  einen  Napoleon  zu  sehen, 
wie  er  noch  heute  unter  uns  herumlaufen  könnte,  ohne  sehr  in  der  Menagerie  der  Menschen 
aufzufallen:  einen  Mann,  der  gern  schnupfte,  viel  und  alles  durcheinander  aß,  Käse  nach 
der  Suppe  und  Äpfel  zum  Schellfisch,  der  bei  dem  Schauspieler  Talma  Stunden  im  Re- 
präsentieren nahm  und  einen  dicken  Bauch  hatte,  der  eifersüchtig  und  abergläubisch  wie 
ein  Italiener  war,  parvenühaft  seine  Familie  auf  alle  Throne  Europas  zu  kleben  suchte, 
der  französisch  sprach  wie  ein  Bauer  hochdeutsch,  der  die  Schlacht  bei  Leipzig  infolge 
von  Magenschmerzen  verlor  und  sich  auf  der  Insel  Sankt  Helena  mit  dem  gleichen  Un- 
gestüm mit  einem  unbedeutenden  Gefängniswärter  wie  einstmals  mit  Blücher  oder  dem 
Kaiser  von  Rußland  herumzankte. 

Diese  verkleinerte  Photographie  fängt  das  Rätsel  Napoleon  noch  weniger  ein  als 
das  Zerrbild,  das  die  deutschen  Freiheitskämpfer  anno  1813  sich  von  ihm  machten,  die 
ihn  als  Vernichter  ihres  Vaterlandes,  als  Lügner  und  falschen  Propheten  gehaßt  haben, 
wie  noch  keiner  in  Deutschland  gehaßt  worden  ist.  Was  er  zunächst  als  Testaments- 
vollstrecker der  französischen  Revolution  allein  für  Gutes  über  Europa  gebracht  hat, 
das  sah  man  damals  im  Rausch  des  Patriotismus  noch  nicht.  ,,Attila!  Attila!"  sollen 
ihm  die  Studenten  zu  Jena  nachgerufen  haben,  dieselben  vielleicht,  die  zehn  Jahre  darauf 
unter  Metternichs  Knutenwirtschaft  sich  fast  nach  dem  fremden  Tyrannen  zurücksehnten. 
Der  einzige  Mann  von  Bedeutung  in  Deutschland,  der  den  allgemeinen  H  aß  gegen  Napoleon 

*  WIE  CANOVA  NAPOLEON  PORTRÄTIERTE. 

Canova  hat  über  die  interessanten  Porträtsitzungen  mit  Napoleon  genau  Buch  geführt. 
Diese  Aufzeichnungen  kamen  in  den  Besitz  des  Herzogs  von  Litta,  dessen  Neffe,  Henri 
Prior,  sie  dem  französischen  Historiker  Welschinger  übermittelte,  der  sie  soeben  veröffent- 
licht. Napoleon,  der  Canova  sehr  schätzte,  ließ  ihn  bitten,  nach  Paris  zu  kommen  und  ihn 
zu  porträtieren.  Canova  zögerte,  da  er  in  Napoleon  den  größten  Feind  seines  Vaterlandes 
erblickte.  Erst  dem  Zureden  des  Papstes  Pius  VI.  gelang  es,  ihn  zu  der  Reise  nach  Paris 
zu  bewegen.  Ende  September  1802  langte  er  dort  an.  Seine  erste  Zusammenkunft  mit 
dem  Modell  war  kurz  aber  entscheidend.  Er  war  von  dem  ,, klassischen  Kopf"  Napoleons 
begeistert  und  schrieb  sofort  an  einen  Freund :  ,,Der  Kopf  eignet  sich  ausgezeichnet  zum 
Modellieren".  Während  der  Sitzungen  scherzten  sie  mit  Josephine  und  besprachen  poli- 
tische und  künstlerische  Fragen,  so  z.  B.  den  Wert  des  Nackten  in  der  Kunst,  das  Napoleon 
verurteilte,  Canova  aber  eifrig  verteidigte.  Wenn  es  nach  ihm  gegangen  wäre,  so  hätte 
er  Napoleon  nackt  auf  seinem  Pferde  dargestellt. 

127 


nicht  mithassen  konnte,  ist  bekanntlich  Goethe  gewesen,  der  so  begeistert  von  dem  per- 
sönlichen Reiz  des  Kaisers  war,  daß  er  —  die  Geschichte  hat  kein  größeres  Kompliment 
für  Napoleon !  —  lange  überlegte,  ob  er  nicht  sein  Vaterland  aufgeben  und  nach  Paris 
ziehen  sollte.  Aber  es  war  nur  das  Dämonische,  die  Urkraft  in  Napoleon,  die  Goethe  zur 
Bewunderung  hinriß.  Das  Stück  Zukunft  in  diesem  Bürgerkaiser  wurde  der  Aristokrat 
und  weimarische  Staatsminister  mit  allen  anderen  noch  nicht  gewahr,  das  Demokratische, 
man  möchte  fast  sagen.  Amerikanische  in  Napoleon,  das  nicht  Adel  noch  Stand,  sondern 
nur  das  persönliche  Verdienst  hochschätzte.  Dies  kam  zum  Vorschein,  wenn  er  etwa 
an  den  Habsburger,  den  Kaiser  von  Österreich,  der  ihn,  um  sich  den  bürgerlichen  Schwieger- 
sohn zu  erleichtern,  an  den  Familienadel  der  Bonaparte  erinnerte,  einfach  schrieb:  ,,Mein 
Adel  rührt  von  Montenotte,  meiner  ersten  siegreichen  Schlacht  über  die  Österreicher, 
und  von  nichts  anderem  her."  Oder,  wenn  er  einen  beliebigen  Prinzen  von  Preußen  in 
bitterer  Ironie  zu  einer  Hasenjagd  auf  dem  Schlachtfeld  von  Jena  einlud  und  ihn  dann 
obendrein  noch  warten  ließ,  während  er  von  seinem  Stuhl  aufsprang,  als  Goethe  zur 
Audienz  hereinkam. 

Aber  für  dieses  Demokratische  in  seinem  Wesen  hatte  die  Zeit,  die  ihn  erlebte,  ebenso- 
wenig Augen  wie  für  das  Romantische  in  Napoleon.  Man  war  zu  sehr  überrascht  von 
dieser  Erscheinung,  um  sie  schon  verstehen  zu  können.  Denn  Napoleon  war  wirklich 
ein  Romantiker  auf  dem  Throne,  wie  es  vor  ihm  nur  Alexander  der  Große  gewesen  ist. 
Das,  was  deutsche  Geschichtsschreiber  stets  als  Pose  und  Phrase  bei  ihm  gescholten 
haben,  das  war  seine  Triebfeder,  sein  Daseinsgrund:  So,  wenn  er,  der  keine  Dynastie 
hinter  sich  hatte,  in  Briefen  oder  Reden  sich  Hannibal  zum  Ahnherrn  machte,  als  er 
über  die  Alpen  zog,  oder  Cäsar,  wenn  er  in  Italien,  und  Mohammed,  wenn  er  in  Ägypten 
war,  oder  den  nach  Persien  flüchtenden  verbannten  Themistokles,  als  er  nach  Belle- 
Alliance  den  Schutz  des  englischen  Königs  anrief. 

Es  war  ebensowenig  geschauspielert  wie  unwahr,  wenn  in  Potsdam  sein  erster  Besuch 
dem  Sarge  Friedrichs  des  Großen  galt,  und  wenn  er  den  Degen  des  alten  Fritzen  für  die 
schönste  Beute  aus  allen  seinen  Kriegen  erklärte,  oder  wenn  er  den  Papst  zu  seiner 
Kaiserkrönung  herbeizog,  oder  wenn  er  seinen  Sohn  in  der  Wiege  zum  König  von  Rom 
erklärte.  Große  Augenblicke  bedürfen  großer  Worte,  und  man  sollte  Napoleon  so  wenig 
einen  Phrasenmacher  nennen  wie  Bismarck,  der,  um  Rußland  einzuschüchtern,  schrie: 
,,Wir  Deutschen  fürchten  Gott  und  sonst  nichts  auf  der  Welt."  Politik  ließ  sich  damals 
und  läßt  sich  auch  heute  oft  nicht  anders  übersetzen  als:  Die   Kunst,  schön  zu  lügen. 

Und  hatte  Napoleon  nicht  das  Recht,  ein  Romantiker  zu  sein,  wenn  er  seinem  Leben, 
das  sich  noch  heute  wie  ein  Roman  erzählt,  auf  den  Rücken  sah?  Es  gibt  nichts  Reiz- 
volleres in  seinem  Leben  für  uns,  die  wir  es  heute  aus  der  Vogelschau  betrachten,  als 
die  kurze  Zeit,  da  er,  22  Jahre  alt,  im  Sommer  1791  als  Sekondeleutnant  in  Valence, 
einem  Städtchen  in  Südfrankreich,  bei  der  Artillerie  stand.  Er  dichtete  damals  —  welcher 
bessere  Sekondeleutnant  täte  dies  nicht !  —  klagte  über  den  Dienst,  war  unglücklich  ver- 
liebt, las  fünfmal  ,, Werthers  Leiden"  und  schrieb  Sätze  wie  diesen  in  sein  Tagebuch: 
,,Die  Liebe  bringt  mehr  Unglück  als  Glück,  und  es  wäre  eine  Wohltat  der  schützenden 
Gottheit,  uns  damit  zu  verschonen  und  die  Menschen  davon  zu  befreien."  Er  ahnte  damals 
noch  nicht  im  geringsten,  w^as  das  Schicksal  aus  ihm  machen  würde.  ,,Erst  nach  meiner 
dritten  siegreichen  Schlacht  fühlte  ich  —  auf  der  Brücke  von  Arcole  war  es !  —  daß  ich 
ein  großer  Mann  werden  würde,  und  diese  fixe  Idee  verließ  mich  seitdem  nicht  mehr", 
hat  er  auf  Sankt  Helena  gesagt. 

Wenn  man  das  Genie  als  eine  Art  Krankheit  bezeichnen  will,  deren  Wesen  Ruhm- 
sucht ist,  so  war  Napoleon  später  völlig  von  dieser  Krankheit  besessen.  Ruhelos  trieb 
sie  ihn,  wie  den  Orest  die  Furien,  durch  ganz  Europa  umher,  bis  er  auf  der  kleinen  Felsen- 
insel im  Atlantischen  Ozean,  wo  dreitausend  arme,  verkommene  Menschen,  ein  paar 
Schafe  und  Ziegen  und  Milliarden  Mücken  lebten,  eine  qualvolle  Erlösung  fand.  So  war 
er  ein  Abbild  dessen,  der  vom  Geist  der  Ordnung  überritten  wird,  und  der  in  der  Offen- 
barung Johannis  also  beschrieben  wird:  ,,Und  es  ging  heraus  ein  anderes  Pferd,  das  war 
rot;  und  dem,  der  darauf  saß,  ward  gegeben,  den  Frieden  zu  nehmen  von  der  Erde  und 
daß  sie  untereinander  erwürgeten;  und  ihm  ward  ein  großes  Schwert  gegeben." 

Neben  dieser  übermenschlichen  dämonischen  Triebkraft  seines  Daseins  seien  schließlich 
noch  ein  paar  freundliche  Züge  in  dem  Wesen  dieses  ,, Tigers  in  Menschengestalt",  wie 
Theodor  Körner  ihn  nannte,  erwähnt.  Einmal  die  Art  seiner  Kriegsführung  in  Ägypten, 
wo  er  zivilisierter,  als  wir  in  China  es  waren,  die  alten  Heiligtümer  des  Landes  den  Ge- 

128 


lehrten,  nicht  den  Soldaten  überließ,  oder  in  Italien,  wo  er  den  mit  dem  Tode  bedrohte, 
der  ein  Kunstwerk  zerstören  würde  und  Florenz  um  Michelangelos  willen  nicht  beschießen 
ließ.  Vergessen  sei  auch  nicht,  wie  gütig  er  gegen  seine  Soldaten  gewesen  ist,  die  wirklich 
nicht  für  einen  Tyrannen  und  Menschenfresser  so  oft  in  den  Tod  gegangen  wären,  wie 
er  die  Pestkranken,  um  sie  von  ihren  unheilvollen  Qualen  zu  befreien,  vergiften  lassen 
wollte,  und  wie  er  manche  Nachmittage  vor  den  Soldatenspitälern  zu  Paris  Musik  machen 
ließ,  um  die  Genesenden  heiter  zu  stimmen. 

Für  die  Franzosen  ist  dieser  Napoleon  eigentlich  nur  ein  schöner  Luxus  gewesen, 
wie  sein  Neffe,  Napoleon  le  petit,  zum  Kaufmann  geboren,  zum  Kaiser  bestellt,  ein  un- 
schöner Luxus  für  sie  geworden  ist.  Jedenfalls  hat  das  französische  Volk  von  der  ganzen 
Kaiserei  Bonapartes  heute  nichts  mehr  in  Händen  als  große  Erinnerungen  und  ver- 
schollenen Ruhm  und  eine  noch  jetzt  mit  infolge  seiner  vielen  Kriegszüge  dezimierte 
Menschenschar.  Die  sozialen  Eroberungen  der  großen  Revolution,  von  denen  die  dritte 
Republik  heute  zehrt  und  lebt,  hat  Napoleon  gehemmt  und  dem  Volke,  das  ihn  als  Götzen 
anbetete,  in  seiner  Entwicklung  nur  geschadet.  Was  er,  diese  Laune  des  Seins,  als  un- 
bewußter Testamentsvollstrecker  Voltaires,  Rousseaus,  Mirabeaus,  Dantons  den  übrigen 
Völkern  übermittelt  hat,  die  großen  bleibenden  demokratischen  Ideen  aus  dem  Jahre 
1789,  hat  alle  Nationen  weniger  gekostet  als  der  französischen.  Namentlich  um  Deutsch- 
land hat  sich  dieser  Sendbote  der  Revolution  verdienter  gemacht  als  Bonifacius:  Er  hat 
die  geistliche  Weltmacht  in  Deutschland  vernichtet,  die  Reichsstädte  größtenteils  auf- 
gehoben, die  Reichsritterschaft  lächerlich  gemacht  und  mit  diesem  allen  wider  Wissen 
und  Willen  der  Einigung  des  Reiches  und  Bismarck  vorgearbeitet.  Er  hat  den  Gedanken 
der  Volksfreiheit  und  der  Verfassung  über  die  Elbe  f^st  bis  nach  Mecklenburg  getragen, 
und  wenn  wir  in  unsern  Tagen  auch  in  Preußen  von  Freiheit,  Gleichheit  und  Brüderlich- 
keit zu  sprechen  beginnen,  so  verdanken  wir  dies  dem  Dämon,  der  ausgesandt  ward,  in 
alle  Welt  zu  gehen  und  alle  Völker  zu  lehren  und  auf  den  heiligen  Geist  der  neuen  Zeit 
zu  taufen.  Und  darum  wollen  wir  hundert  Jahre  nach  dem  Erscheinen  dieses  Kometen 
Napoleon  mit  Fug  und  Recht  ihn  im  Elysium  zum  deutschen  Ehrenbürger  ernennen. 

HERBERT  EULENBERG. 


ERNST  BARLACH 


Der  Trinker  (Holz) 


129 


BARLACH,  Ernst,  Güstrow  in  Mecklenburg. 
Tilla  Durieux,  Porzellan. 
Der  Trinker,  Holz.* 
Russischer  Bettler,  Keramik. 
Russische  Bettlerin,        ,, 
Liegender  Steppenhirt    ,, 

VON  BOCHMANN,  Gregor,  Düsseldorf. 

Akt,  Abguß. 

BOSSELT,  Rudolf,  Magdeburg. 

Ernst  te  Peerdt,  Bronze-Plakette. 

EXNER,  Hilde,  München. 
Erdarbeiter,  Holz.* 
Nijnski,  Bronze. 

DE  FIORI,  Ernesto,  Paris. 
Kauernde,  Terrakotta.* 
Jüngling,  Bronze.* 

FRIEDRICH,  Nikolaus,  Berlin. 
Badende,   Bronze. 

FREUNDLICH,  A.,  Paris. 

Frauenkopf,  Bronze. 

GAUL,  August,  Berlin. 
Schafe,  Bronze. 
Ziegen, 

Esel,  der  sich  wälzt,  Bronze. 
Löwin,  Bronze. 

HALLER,  Hermann,  Paris. 

Stehendes  Mädchen,  Abguß.* 

HENRI-MATISSE,  Issy-sur- Seine. 

Kauernde,  Bronze. 
Akt,   Keramik. 
Frauenenkopf,   Keramik. 


HILDE   EXNER 


HUGO  LEDERER 


Richard  Strauß  (Bronze) 


HOETGER,  Bernhard,  Darmstadt. 

Tiere  und  Reiter,  Majolika. 

Die  Lichtseiten  und  die  Schattenseiten  des  Lebens  (Majoliken) 

KNIEBE,  Walter,  Düsseldorf. 

Akt,  Abguß 

LEDERER,  Hugo,  Berlin. 

Richard  Strauß,  Bronze.* 

Diana,  Bronze. 

Heinebüste.     (Für  das  Hamburger  Heinedenkmal.)* 

LEHMBRUCK,  Wilhelm. 

Stehendes  Mädchen,  Bronze. 

LÖHR,  Franz,  Paris. 
Mme.  M.,  Bronze. 


131 


ERNESTO  DE  FIORI 


Jüngling  (Bronze) 


MAILLOL,  Aristide,  Marly-le-Roy. 

Ringerinnen,  Terrakotta. 
Porträtbüste  Renoirs,  Bronze.* 

MINNE,  Georges,  Gent. 

Auferstehung,  Marmor.* 

Kniender  Jüngling,  Marmor.* 

Gebet,  Holz.* 

Maurer,  Holz.* 

Der  Redner,  Marmor.* 

Schmerz,  ,, 

Schlaf,  ,, 


132 


^.t:-  ,1*^ 


"*[  GEORGES  MINNE 


Maurer  (Hi 


X 


GEORGES  MINNE 


Maurer  (Holz) 


134 


ROBERT  WULFERTANGE 
Porträt  Kurt  Kamiah  (Marmor) 


PICASSO,  Pablo. 

Pierrot  (1905),  Bronze. 
Frauenkopf  (1906),  Bronze. 
Frauenkopf  (191 1),  Bronze. 

WENCK,  Ernst,  Berlin. 

Ninos,  Bronze.* 
Sklave,  Marmor. 

WULFERTANGE,  Robert,  Düsseldorf. 

Porträtbüste  Hermann  Harry  Schmitz,  Bronze.* 
Porträtbüste  Kurt  Kamiah,  Marmor.* 
Penthesilea  (Abguß). 


135 


5 

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136 


Graphik. 


EDV.  MUNCH 


Lithographie 


BARLACH,  Ernst. 

Der  tote  Tag,  Lithographien  (Paul  Cassirer  Verlag).* 

BAUM,  Paul. 

Zierikzee,  Aquarell. 
Sommer,  ,, 

Kirche,  ,, 

CEZANNE,  Paul  f. 

Die  badenden  Soldaten, 
Lithographie.* 

Badende     Männer,     Litho- 
graphie. 

DAUMIER,  Honore, 
1810 — 1879. 
Zeichnungen    und    Litho- 
graphien. 

DELACROIX,  Eugene, 
1799— 1863. 

Lithographien. 

DERAIN,  Andre. 

Lithographien  und  Kalt- 
nadelarbeiten. ERNST  BARLACH 


Zeichnung 


137 


VINCENT  VAN  GOGH     Die  Ruinen  in  Montmayor  (Zeichnung) 

EHMSEN,  Heinz,  München. 
Holzschnitte. 

FREESE,  Hans,  Berlin. 
Meer,  Lithographie. 
Flucht,  Lithographie.* 

(Verlag  des  Graphischen  Kabinetts,  Berlin.) 

GAUGUIN,  Paul  f- 

Nackter  Junge,  Aquarellstudie  zu  dem  Bilde  ,, Badende  Jungen",  im 

Besitze  des  Herrn  Werner  Dücker. 
Nackter  Junge,  Aquarellstudie  zu  demselben  Bilde. 
Tahitanerin,  Aquarell. 
Stephan  Mallarme,  Radierung. 

VAN  GOGH,  Vincent  f. 

Ruinen  in  Montmayor,  Federzeichnung.* 
Der  Zuave,  Federzeichnung.* 
Bildnis  des  Dr.   Gachet,  Radierung. 

GROSSMANN,  Rud.,  Berlin. 

Zeichnungen  und  Aquarelle.*  ' 

Die  Beisetzung  des  Erzbischofs  von  Co  In,  Radierung. 

GUYS,  Constantin  f,   1805 — 1885. 
Scene  mondaine,  Tusche. 
Pariserin,  Tusche. 
Kavalkade  im  Bois  de  Boulogne,  Tusche. 


138 


ERICH  HECKEL 


Holzschnitt 


HECKEL,  Erich. 

Aquarelle. 

Holzschnitte  (Verlag  des  Graph.  Kabinetts  in  Berlin).* 

HENRI-MATISSE. 

Frauenakte,  Kaltnadel  (hergestellt  in     8  Abzügen).* 

Kauernde  Frau,  ,,  ,,  ,,    12        ,, 

Frauenakt,  Holzschnitt  ,,  ,,50        ,, 

Frauenakt,  ,,  ,,  ,,    50        „ 

Frauenakte,  Lithographien. 
Zeichnungen  aus  Marokko.* 

HOETGER,  Bernhard. 

Zeichnungen  und  Aquarelle. 

ISSELMANN,  Ernst. 

Lithographien:  Industrie. 

VON  JAWLENSKI,  Alexei. 
Kopf,  Lithographie. 


139 


KAINER,  Ludwig,  München. 

Russisches  Ballett,  14  Zeichnungen  und  Lithographien. 
(Kurt  Wolff  Verlag.)* 

KANDINSKI,  Wassili,  München. 

Komposition,  Aquarell. 
Holzschnitte. 

KOKOSCHKA,  Oskar. 

Nijinsky. 

Akt,  Federzeichnung. 

KOHLSCHEIN,  Hans. 

Aktstudien.* 

LAUWERIKS,  J.  L.  M.,  Ha^en. 
Holzschnitte. 


MAX  LIEBERMANN 


Radierung 


140 


MARIE  LAURENCIN 


L'Ecossaise,  Radierung 


}}  n 


n  yy 


LAURENCIN,  Marie. 

Les  jeunes  filles,  Radierung  (hergestellt  in  25  Abzüge).* 

La  Romance.  ,, 

L'Ecossaise.  ,, 

Frauenköpfe,  Aquarelle  und  Bleistiftzeichnungen. 

LEHMBRUCK,  Wilhelm. 

Zeichnungen  undj  Radierungen.* 

l    LIEBERMANN,  Max. 

Selbstporträt,  Radierung.* 
Radierungen  aus  Holland.* 
Pastelle  aus  Noordwijk.* 


141 


gwpgtrrg  susrrorc 


^BOSSnJtSTJi^ 


EWALD  MALZBURG 


Holzschnitt 


MACKE,  Helmut. 

Aquarelle  und  Zeichnungen. 

MAILLOL,  Aristide. 

Aktstudien,  Zeichnungen. 
Lithographien.* 

MALZBURG,  Ewald,  Neuß. 

Holzschnitte  zu  ,,Der  heilige  Kreuzweg*'. 
(Ernst  Ohle  Verlag.)* 

MANZANA-PISSARRO,  Paris. 

Frau  mit  Pfauen,  Radierung. 
Badende,  Radierung. 


MARC,  Franz. 

Akte,  Aquarell. 


PIERRE  BONNARD     Zeichnung 


PABLO  PICASSO 

\ 


Radierung 


143 


VON  MAREES,  Hans, 

1837— 1887. 
Zeichnungen: 

Mädchenakte.  Bleistift 

(doppelseitig) . 

Knabenakt.  Rötel. 

Studie  zu  den  ,,Hesperiden". 
Bleistift  (doppelseitig) . 

Weiblicher  Akt.  Rötel 
(doppelseitig) . 

Frau  mit  Kind.    Bleistift 
(doppelseitig) . 

Mann  am  Tor.  Bleistift 
(doppelseitig) . 

Ringer.  Rötel. 

Frauenakt.   Bleistift  mit  weißer 
Kreide  gehöht  (doppelseitig). 

Frauenakt  mit  erhobener  Hand. 
Rötel  (doppelseitig). 

Komposition.     Rötel 
(doppelseitig) . 

Nackter  Mann  und  Pferd.  Rötel. 

Mann  u.  Frau,  die  ein  Bild  halten. 
Bleistift  (doppelseitig). 

Orangenpflücker.    Bleistift  mit 
weißer  Gouache  gehöht 
(doppelseitig) . 

Ehepaar.  Rötel. 

St.  Martin.  Bleistift. 

Idyll.     Rötel. 

Promenade.  Rötel 
(doppelseitig) . 


HERMANN  HALLER 


Stehendes  Mädchen 
(Abguß) 


144 


ERNST  BARLACH 


Lithographie  aus  „Der  tote  Tag". 


MENSE,  Carl. 

Badende  am  Fluß,  Aquarell. 
Schreitende,  ,, 

Männer  am  Fluß,  ,, 

MINNE,  Georges. 

Taufe  Christi,  Holzschnitt. 


EDVARD  MUMCH 


Lithographie 


145 


10 


EDVARD  MUNCH 


Lithographie 


MUNCH,  Edvard. 

Umarmung,  Radierung.* 
Lithographien: 

Mädchenakt  (farbig). 

Mädchen  am  Meer  (farbig). 

Fliegen  (farbig). 

Das  kranke  Mädchen  (farbig). 

Menschen  am  Meere. 

Strindberg  (farbig). 

Die  Welle  (handaquarelliert). 

Aus  ,, Tiere  und  Menschen",  5  Blätter. 

Porträt  Prczybycewsky. 

Frauenkopf. 

Mädchen  am  Strande  (farbig). 

Blutender  Mann. 

Landschaft  mit  Baum. 

Alter  Mann. 

Modell  mit  Kappe  und  Kragen. 

Badende  Frau. 

Dekorative  Studie. 

Sitzendes  Mädchen. 

Junges  Mädchen,  auf  einem  Bett  sitzend. 

Mann  und  Weib  im  Mondschein.* 

Eifersucht. 

Zwei  Mädchenköpfe  (farbig).* 

Blick  in  einen  Garten. 

Harpye. 

Krankenstube. 

Alfa  og  Omega   (18  lithografier  og  flere   vignetter), 


146 


HEINRICH  NAUEN 


Radierung 


NAUEN,  Heinrich. 

Vergleiche  Seite  io8. 

OPHEY,  Walter. 

I  Zeichnungen  und  Radierungen. 

OPPENHEIMER,  Max. 

10  Radierungen  zu  Heines  Buch  ,,Le  Grand''. 
I  (Paul  Cassirer  Verlag) 

PASCIN,  Jules. 
Aquarelle.* 


MAX  PECH  STEIN,   Zeichnung 
147 


MAX  PECHSTEIN 


PECHSTEIN,  Max. 

Zeichnungen  und  Radierungen  aus  Italien  und  zur  Passion.* 
Akte. 


HEINRICH  FREESE 


Lithographie 


148 


VON  PERFALL,  Freiherr  Erich. 

Garben,  Farbstiftzeichnung. 
Winter,  do. 


JACOB  STEINHARDT 


Betende  Juden 
(Radierung) 


PICASSO,  Pablo. 

Akte,  Blei.      1904. 

Der  Eremit,  Tusche.     1904 

Die  Toilette,  Kohle.      1905. 

Exlibris  Guillaume  Apollinaire,   Original-Aquarell. 

Landschaft,   Blei.      19 10. 

Aquarelle  aus  den  Jahren  1903  bis   1912.* 

18  Radierungen  aus  den  Jahren  1904  bis  1912.* 

Kopf,  Tusche.      191 1. 

Studie  zur  Arleserin.     1913. 


1905. 


149 


k 


PABLO  PICASSO 


Zirkusleute  (Aquarell) 


PISSARRO,  Camille.  f 

Im  Metzgerladen,  Aquarell. 


REDON,  Odilon,  Paris. 

Männerkopf,  Tusche.* 
Lithographien. 


REICHEL,  Carl  Anton. 

Radierungen  und  Farbenholzschnitte. 

RENOIR,  Auguste. 

Spielende  Kinder,  Färb.  Lithographie. 
Kleines  Mädchen,      ,,  ,, 

RODIN,  Auguste,  Paris. 

Tänzerin  aus  Cambodja,  Aquarell.* 

Thetis  mit  dem  Schilde  des  Achill,  Aquarell. 

ROPS,  Felicien,  1833— 1898. 
L'agonie,  färb.  Radierung. 

SCHIELE,  Egon,  Wien. 

Akte,  Aquarelle. 


\, '. 


WILHELM  LEHMBRUCK  Radierung 


151 


152 


SCHULZE-SOELDE,  Max. 
Kartoffelleser,  Kohle.* 

SCHWARZKOPF,  Richard,  Düsseldorf. 

Evangelium  des  Matthäus.    Handgeschrieben,  illustriert  (gebunden  in 

Schweinsleder). 
Farbenholzschnitt. 

SIGNAC,  Paul. 

Aquarelle  und  Zeichnungen  aus  Frankreich  und  Italien.* 
Arbeiter,  Lithographie. 

SOHN-RETHEL,  Otto. 
Knabenakt,  Rötel.*. 
Frauenakt,        ,, 

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MARIE  LAURENCIN 


La  Romance,  Radierung 


153 


STERN,  Max. 

Pferd,  Radierung. 
Schreitender  Mann,  Radierung. 

STEINHARDT,  Jacob,  Berlin. 

Alter  Jude,  Radierung.*        ) 

Betende  Juden,   Radierung.*/  ^"^^^^  ^''  Graph.  Kabinetts,  Berlin. 

THOME,  Verner,  Helsingfors. 

Badende  Jungen,  Aquarelle.* 

VEIT,  Philipp  f.    1793 — 1877. 

Fackeltanz,  Bleistiftzeichnungen. 

DE  VLAMINCK,  Maurice. 

Holzschnitte. 


JACOB  STEINHARDT         Alter  Jude,  Radierung 


KRAUS,  Elisabeth  H.,  Düsseldorf. 
Wandbehang  (Stickerei  und  Batik), 


154 


JAN    THORN  =  PRIKKER 
Christi  Einzug  in  Jerusalem 


Verzeichnis  der 

Kamlah,  Kurt 

Wedderkop,  von,  Hermann 
Möller  van  den  Brück 
Neumann,  Dr.  W. 
Meier=Graefe,  Julius 
Riviere,  Jacques 
Vollard,  Ambroise 
Bierme,  M. 
Gauguin,  Paul 
Sternheim,  Carl 
Gold,  Alfred 
Meier^Graefe,  Julius 
Salmon,  Andre 
Mirbeau,  Octave 
Duret,  Theodore 
Uhde,  Wilhelm 
Hofmannsthal,  von,  Hugo, 
Osbom,   Max 
Uhde,  Wilhelm 
Riviere,  Jacques 
Salmon,  Andre 
W^aldmann,  Emil 
Apollinaire,  Guillaume 
Daeubler,  Theodor 
Eulenberg,  Herbert 


Beiträge  und  Notizen. 

Genesis 13 

Publikum  und  Kunsthändler 17 

Schönheit 31 

Eduard  von  Gebhardt 43 

Aus  der  Neuen  Rundschau    ......  55 

Paul  Cözanne 58 

Aus  „La  Vie  de  Cezanne"     ......  59 

Degouve  de  Nuncques 60 

Aus  „Noa=Noa" 62 

Vincent  van  Gogh 64 

Max  Liebermann 69 

Edouard  Manet 70 

Odilon  Redon 74 

Auguste  Renoir 75 

Auguste  Renoir 76 

Henri  Rousseau 77 

Aus  „Die  Farben" 83 

Rheinischer  Kunstfrühling 87 

Kunst  unserer  Zeit 91 

Henri-Matisse 97 

Marie  Laurencin 102 

Edvard  Munch 107 

Pablo  Picasso 110 

Erkundung.     Ein  Kapitel  Autobiographie  115 

Napoleon 127 


155 


\ 


JULES  PASCIN,  Aquarell 


Achenbach,  Andreas 
Amiet,  Cuno 
Barlach,  Ernst 


Bechtejew,  von,  Wladimir 
Bonnard,  Pierre 


Verzeichnis  der  Abbildungen. 

Corleone,  Tempera 41 

Weinlese 22 

Der  Trinker.  Holz  (Photo  Paul  Cassirer)  129 
Lithographie  aus  »Der  tote  Tag* 

Paul  Cassirer  Verlag 145 

Zeichnungen 15,  137 

Pferdebändiger f4 

Schneewetter 95 

Akt,  Zeichnung 143 

Landschaft 93 

Stallinterieur 44 

Heimkehr 43 

Napoleon,   Marmor 126 

Bildnis   seiner  Frau  in  Rot  (Photo  Druet)  57 

Die  badenden  Soldaten 54 

Bildnis  seiner  Frau 58 

Der  grüne  Topf,  Aquarell 58 

Die  badenden  Soldaten,  Lithographie  .    .  136 

Courbet,  Gustave                                Eselreiterin 59 


Braque,  Georges 
Burnier,  Richard 

Canova,  Antonio 
Cezanne,  Paul 


156 


Dardel,  von,  Nils 

Degouve  de  Nuncques,  William 
Erbsloeh,  Adolf 
Exner,  Hilde 
Feuerbach,  Anselm 
Fiori,  de,  Ernesto 

Freese,  Hans 

Friesz,  E.  Othon 
Gauguin,  Paul 

Gogh,   van,  Vincent 


Großmann,  Rudolf 
Haller,  Hermann 
Hardt,  Ernst 
Heckel,  Erich 

Heimig,  Walter 
Henri- Matisse 


Herbin,  Auguste 
Heuser,  W^erner 
Hodler,   Ferdinand 
Hornemann,  Fried.  A. 
Jawlenski,  von,  Alexei 
Kainer,  Ludwig 

Kampf,   Eugen 
Knaus,   Ludwig 
Kohlschein,  Hans 
Kokoschka,  Oscar 


Knabe  am  Fenster 95 

Beerdigung  in  Senlis 97 

Der  verlorene  Sohn 60 

Der  violette  Schleier 21 

Erdarbeiter  Holz 130 

Nana 30 

Kauernde,  Terrakotta 25 

Jüngling,  Bronze 118,  132 

Lithographie     (Verlag     des    Graphischen 

Kabinetts,  Berlin  W.) 148 

Landschaft 20 

Bretonenjunge  (Photo  Druet) 61 

Musique  barbare  (Photo  Druet)        ...  62 

Boote  in  Saintes  Maries     (Photo  Druet)  64 

Hütten 83 

Rasen  .    , 65 

Olivenbäume  bei  Arles 66 

Der  Zuave,  Zeichnung 63 

Die  Ruinen  in  Montmayor,  Zeichnung    .  138 

Im  Tiergarten,  Zeichnungen  ....      96,  113 

Stehendes  Mädchen,  Abguß 144 

Rhätischer  Dorfplatz 88 

Holzschnitt  (Verlag  des  Graphischen  Ka- 
binetts, Berlin  W^.) 139 

Der  heilige  Sebastian 89 

Badende  Frauen 35 

Die  Brücke  in  Collioure 28 

La  danse  aux  Capucines 99 

Atelier-Interieur 98 

Akt,  Kaltnadelarbeit 98 

Maultiere,  Zeichnung  aus  Marokko      .    .  38 

Notar,  Zeichnung  aus  Marokko     ....  39 

Araberin,  Zeichnung 160 

Selbstporträt 19 

Kreuzigung 101 

Tanzende 67 

Madonna 45 

Kopf 23 

Karneval.     Zeichnung   vom    „Russischen 

Ballet"   (Kurt  Wolff- Verlag)      ....  16 

Landschaft 101 

Familie  Strousberg 46 

Aktstudie 102 

Bildnis  der  Else  Kupfer,  aus  ,,Der  blaue 

Reiter"   (Verlag  Piper-München)        .    .  104 
Der    Tänzer    Nijinski,     Zeichnung    (Kurt 

WolfF-Verlag) 125 


157 


Kukuk,  Willi 
Laurencin,  Marie 


Lederer,  Hugo 


Lehmbruck,  Wilhelm 
Lessing,  C.  F. 

L6vy,  R. 
Liebermann,   Max 


Maillol,  Aristide 

Malzburg,  Ewald 

Marc,  Franz 

Menzel,  von,  Adolf 
Minne,  Georges 


Monet,  Claude 
Munch,  Edvard 


Nauen,  Heinrich 


Ophey,  W^alter 
Pascin,  Jules 
Pechstein,  Max 
te  Peerdt,  Ernst 


Park 102 

La  dame  au  mouchoir 103 

Les  jeunes  filles,  Radierung  ......  26 

L'Ecossaise,  Radierung 141 

La  Romance,  Radierung 153 

Richard  Strauß,  Bronze 131 

Kopf   des    Heinedenkmals  für  Hamburg, 

Marmor 12 

Radierungen  (Paul  Cassirer  Verlag)  .27,  151 
Kaiser  Heinrich  nimmt  Papst  Pascal  ge- 
fangen        47 

Aus  Sanary 20 

Reiter  am  Strand 68 

Selbstbildnis,  Radierung 53 

Badende  Jungen,  Radierung       68 

Steigende  Pferde,  Radierung 140 

Porträt  Renoir,  Bronze  (aus  „Kunst  und 

Künstler") 76 

Lithographie      (aus     Hausenstein     „Der 

nackte  Mensch",Verlag  Piper,München)  34 
Holzschnitt  aus  „Der  Hl.  Kreuzweg" 

(Verlag  Ohle,  Düsseldorf) 142 

Der    Hirt    (aus  Hausenstein  „Der  nackte 

Mensch") 105 

Kircheninterieur 73 

Gebet,  Holz 10 

Maurer,  Holz 133,  134 

Auferstehung,  Marmor 121 

Der  Redner,  Marmor 152 

Kniender  Jüngling,  Marmor 122 

Cap  Martin 71 

Selbstbildnis  (Weimar  1906) 107 

Winter  in  Kragerö 106 

Umarmung,  Radierung  (aus  Hausenstein 

„Der  nackte   Mensch") 29 

Krankenstube,  Lithographie 137 

Zwei  Mädchen,  Lithographie 146 

Mann  und  W^eib,  Lithographie     ....  145 

Bei  Vis6 27 

Stilleben      87 

Stilleben 108 

Landschaft,  Radierung 147 

Garten  in  Sorrent 112 

Mädchen,  Aquarell 156 

Zeichnungen       147,  148 

Der  Negermönch       4 

Frauenbildnis 40 


158 


te  Peerdt,  Ernst 


Picasso,  Pablo 


Pissarro,  Camille 
Redon,  Odilon 

Renoir,  Auguste 

Rethel,  Alfred 
Reylaender,  Ottilie 
Rodin,  Auguste 
Rohlfs,  Christian 
Rousseau,  Henri 


Schirmer,  J.  ^JV, 
Schulze:=Soelde,  Max 
Seibels,  Carl 
Seurat,  Georges 
Signac,  Paul 


Sisley,  Alfred 
Slevogt,  Max 
Sörensen,  Henrik 
Sohn,  Karli 
Sohn«Rethel,  Otto 

Sohn,  ^A/^ilhelm 
Stein,  Otto  Th.  W. 
Steinhardt,  Jacob 


Stern,  Max 
Thome,  Vemer 
Thom-Prikker,  Jan 


Landschaft 48 

Frauen  am  Strand 42 

Eros,  2  Bleistiftzeichnungen      ....     32,  33 

Der  Dichter,  Tusche 37 

Orgeldreher 109 

Das  Bild  aus  dem  „Lapin  agile"      ...  110 

Zirkusleute,  Aquarell 150 

Amor,  Federzeichnung 109 

Zirkus,  Radierung 143 

Landschaft,  Bleistift 150 

Blick  auf  Paris  (Photo  Kahnweiler)     .    .  111 
Der     Mandolinenspieler      (Photo     Kahn- 
weiler)       92 

Heuschober  (Photo  Druet) 70 

St.  Georg 74 

Kopf,  Tusche 75 

Die  Toilette  (Photo  Druet) 55 

Schlafendes  Mädchen  (Photo  Druet)    .    .  77 

Justitia,  Bleistiftzeichnung 49 

Zitronenbaum 113 

Tänzerin  aus  Cambodja,  Aquarell    ...  6 

\A^estfälisches  Bauernhaus 114 

Un  Centenaire  de  l'Ind^pendance     ...  90 

L'Heureux  Quatuor      78 

An  der  Marne 79 

Kleine  Landschaft  mit  Turm 50 

Kartoffelleser,  Kohle 24 

Kühe  auf  der  Weide 50 

Honfieur 91 

Verona,  Zeichnung 80 

Fischerboote,  Aquarell 82 

Am  Mittelmeer,  Zeichnung         72 

Das  Tal  der  Seine  (Photo  Druet)     ...  69 

Hockender  Neger 80 

Nordischer  Frühling 100 

Akte 115 

Auferstehung 14 

Römischer  Knabe,  Rötelzcichnung       .    .  119 

Bildnis  der  Gräfin  Loe 51 

Bildnis    des    Dichters    Theodor  Daeubler  116 
Betende   Juden,    Radierung     (Verlag    des 

Graphischen  Kabinetts,   Berlin)      ...  149 
Alter  Jude,    Radierung    (Verlag    des  Gra= 

phischen  Kabinetts,  Berlin) 154 

Ulanen 17 

Badende  Jungen,  Aquarell 96 

Christi  Einzug  in  Jerusalem,  Tempera    .  155 


159 


Trübner,   Wilhelm 
Waetjen,  von,  Otto 

Wenck,  Ernst 
Werewkin,  von,  Marianna 
Westen dorp,  Fritz 
Wulfertange,  Robert 

Unbekannt 


Dame  in  Strohhut 81 

Aktstudie 18 

Le  Havre 124 

Ninos,  Bronze 31 

Abend 123 

Stilleben 124 

Hermann  Harry  Schmitz,   Bronze     ...  13 

Kurt  Kamiah,  Marmor 135 

Heinrich  Heine,  Lithographie 52 

Heinrich  Heine,  Kohlezeichnung      ...  52 


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HENRI-MATISSE,  Araberin  (Zeichnung) 


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JUH2    1970 


N       Galerie  Alfred  Flecht- 
6^92    heim,  Dusseldorf      ^ 
G35       Beitrage  zur  Kunst/des 

XIX.  Jahrhunderts  und 

\Hisere  Zeit 


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