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Full text of "Beobachtungen ©ber Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere an der K©ste von Normandie angestellt"

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BEOBACHTUNGEN 


ÜBER 


ANATOMIE UND ENTWICKLUNGSGESCHICHTE 
WIRBELLOSER THIERE 


AN DER KÜSTE VON NORMANDIE ANGESTELLT 
| | 

VON 

D" A. RENE EDOUARD CLAPAREDE, | 
PROFESSOR DER VERGLEICHENDEN ANATOMIE AN DER AKADEMIE ZU GENF. | 

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MIT 18 KUPFERTAFELN. 


LEIPZIG, 
VERLAG VON WILHELM ENGELMANNN. 


1863. 


HARVARD UNIVERSITY. 


ETBRABN 


OF THE 


MUSEUM OF as ZOÖLOGY. 
WEISE 


GIFT OF 


THEODORE LYMAN 


OF THE 


BEOBACHTUNGEN 


ÜBER 


ANATOMIE UND ENTWICKLUNGSGESEHIEHTE 
\WIRBELLOSER THIERE 


AN DER KÜSTE VON NORMANDIE ANGESTELLT 


VON 


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D" A. RENE EDOUARD CLAPAREDE, 
PROFESSOR DER VERGLEICHENDEN ANATOMIE AN DER AKADEMIE ZU GENF. 


MIT 18 KUPFERTAFELN. 


LEIPZIG, 
VERLAG VON WILHELM ENGELMANN. 


"1863. 


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CAMBRIDGE. MA USA 
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SEINEM 


ERSTEN LEHRER IN DEN NATURWISSENSCHAFTEN, 


HERRN FRANCOIS JULES PICTET, 


PROFESSOR DER ANATOMIE UND PALÄONTOLOGIE BEI DER AKADEMIE ZU GENF, 


WIDMET DIESE SCHRIFT 


FREUNDLICHST UND HOCHACHTUNGSVOLL 


DER VERFASSER. 


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VORWORT. 


Im Sommer 1861 unternahm ich eine Reise nach Nordfrankreich in der Absicht, mich einige 
Zeit am Meeresstrande aufzuhalten, um vergleichend-anatomische Untersuchungen daselbst anzustel- 
len. Dem guten Rathe der Herren DE QUATREFAGES und MıLNE EpwaArps in Paris Folge leistend, 
wählte ich das Städtchen St. Vaast la Hougue unweit Cherbourg im Manchedöpartement als günstig- 
sten Ort zu einem längeren Aufenthalte. Erst gegen Mitte Juli erreichte ich mit meiner Gattin die 
Seeküste und wir verliessen dieselbe vor Ende des Septembers wieder. Das ewige Einerlei des dortigen 
Lebens, der vollständige Mangel an geistiger Unterhaltung gewährten uns Musse genug, um die Zwi- 
schenzeit zu zoologischen Zwecken gehörig auszubeuten. Freilich standen mir manche Schwierigkei- 
ten im Wege. So z. B. blieben mir die Geheimnisse des tiefen Meeres, trotz meines heissen Verlangens 
— da die strengen Verordnungen der französischen Verwaltung bis zur Zeit des gesetzmässigen 
Austernfanges das Fischen mit dem Schleppnetze durchaus untersagten — gänzlich verschlossen. 
Ausserdem war ich auf meine eigenen Kräfte, auf die eigene, nicht immer sehr reiche Jagdbeute gänz- 
lich angewiesen, da von den dortigen Fischern nichts oder schr wenig zu erwarten war, um mich mit 
genügendem Material zu meinen Untersuchungen zu versorgen. Glücklicher Weise boten die unge- 
mein tiefen Ebben ausserordentlich günstige Verhältnisse zum Studium der Strandfauna, und ich 
glaube kaum, dass irgend eine andere europäische Küste so grosse Vortheile in dieser Beziehung dar- 
bieten möge. Zur Syzygienzeit kam ich stets vom Strande mit solchen Schätzen beladen zurück, dass 
ich nur den geringsten Theil davon benutzen konnte. Zur Zeit der todten See, wie man dort die 
Zeit der geringsten Fluth und Ebbe bezeichnet, war dagegen die Ausbeute stets sehr gering. Freilich 
stand mir die pelagische Fischerei mit dem kleinen Netze — da stürmische Winde auf dem Busen 
von Normandie verhältnissmässig selten wehen, indem derselbe durch die Halbinsel Manche gegen 
Westwind geschützt ist — stets zu Gebote. Allein selbst auf diese Weise konnte ich nur Weniges 
erreichen. Zwei Monate lang fischte ich beinahe jeden Tag auf diese Weise, und stets fand ich, dass 
solche Fischerei, wegen des zu reichlichen Auftriebes, nur kurze Zeit fortgesetzt werden durfte. Lei- 
der aber bestand dieser Auftrieb hauptsächlich aus unverwerthbarem, sowohl organischem als anorga- 
nischem Schmutz, der vom beständigen Herauf- und Herunterspülen des Seegrundes durch Fluth und 
Ebbe herrührt. Darunter schwammen einige Seeigel-, Ophiuren- und Annelidenlarven herum, wozu 
sich bei anhaltendem Nordwinde Schwärme von eraspedoten Medusen gesellten. Merkwürdiger Weise 
fehlten die sonst in allen Meeren so gemeinen Infusorien fast gänzlich. Peridinien, die beinahe nir- 
gends vermisst werden, kamen mir ein einziges Mal und zwar als einzelnes Individuum (Ceratıum dı- 
vergens) vor. Tintinnen durchschwärmten niemals das Sehfeld meines Mikroskops und ein einziges 


a 


vI Vorwort. 


leeres Gehäuse des Tintinnus Ehrenbergü trieb langsam vor meinen Augen dahin. Selbst die gewöhn- 
lichsten pelagischen Gäste der Bucht von St. Vaast, die Annelidenlarven, gehörten nur einer geringen 
Anzahl von Species an, und ich glaube, dass fast alle mir zu Gesichte gekommenen Arten in den fol- 
genden Blättern beschrieben sind. 

Ende August suchte uns Prof. KEFERSTEIN aus Göttingen in St. Vaast auf, und von dieser Zeit 
an erfreuten wir uns aufs Reichste seines anregenden Umganges. Mit gleichem Eifer durchforschten 
wir die Küste, uns in die gemeinschaftliche Beute theilend. So übernahm ich alle Annelidenlarven, 
während KEFERSTEIN sich die Lucernarien und Rhynchocoelen auswählte. Nach unserer Abreise ver- 
blieb Prof. KErFERSTEIN noch etliche Wochen auf der Seeküste und hatte dann vielfach Gelegenheit, 
Thiere zu untersuchen, die früher Gegenstand meiner Forschung gewesen. Während des Winters 
1861—62 hielten mich schweres Krankenlager und wiederholtes Unwohlsein von der Arbeit längere 
Zeit ab, so dass mir Prof. KEFERSTEIN bezüglich der Beschreibung und Abbildung besagter Thiere in 
einer eben erschienenen Abhandlung! zuvorgekommen ist. Durch gefällige frühzeitige Mittheilung 
seiner Tafeln hat mich Prof. KEFERSTEIN in Stand gesetzt, Mehreres zu unterdrücken, was durch die 
Herausgabe seiner Untersuchungen unnütz geworden wäre. Leider aber vermochte ich nicht, diese 
Unterdrückung auf Zeichnungen auszudehnen, die schon in den Händen des Kupferstechers waren. 
So ist es gekommen, dass mehrere neue Seethiere sowohl in KEFERSTEIN’S Schrift wie in meiner be- 
schrieben sind. Diesem Uebelstande wurde einigermaassen dadurch abgeholfen, dass ich die mir von 
Prof. KEFERSTEIN gütigst mitgetheilten neuen Art- und Gattungsnamen durchweg annahm. Die An- 
zahl der auf diese Weise doppelt beschriebenen Wesen ist übrigens nicht sehr gross und es erwächst 
ausserdem aus besagtem Uebelstande wenigstens der Vortheil, dass meine Beobachtungen durch 
KErFERSTEIN’S spätere Untersuchungen eine unmittelbare Controle erfahren. 

Ich darf diese Vorrede nicht schliessen, ohne dem Herrn Verleger, der sich um die Wissen- 
schaft so vielerlei Verdienste erworben, meinen besten Dank für die schöne Ausstattung des Werkes 
zu sagen. Herrn WILHELM ENGELMANN allein habe ich es zu danken, dass meine Untersuchungen als 
einheitliches Werk in die Welt kommen. Er scheute weder Kosten noch Mühe, um dieser Schrift 
eine den hohen Ansprüchen der heutigen Wissenschaft entsprechende Ausstattung zu verschaffen. 


! Untersuchungen über niedere Seethiere von WırueLm KErERSTEIN. Leipzig 1862. (Abdruck aus der Zeitschrift für wissenschaftliche 
Zoologie. 1862. Bd. XII. left 1.) 


Cologny bei Genf im Augustmonat 1862. 


Der Verfasser 


D’ Ed. Claparede. 


INHALTSVERZEICHNISS. 


Erster Absehnitt. 
Protozoen. 


Infusorien. Tintinnodea 


Bursarina 


Zweiter Abschnitt. 
Coelenteraten. 


1. Zur Entwicklungsgeschichte der Tubulariaden 


2. Beitrag zur Kenntniss der Eleutheria dichotoma 


Dritter Abschnitt. 
Echinodermen. 


Ueber eine neue Echinodermenlarve 


Vierter Abschnitt. 
Würmer. 


I. Chaetognathen. Sagitta cephaloptera 
11. Platyelmia. 
A. Trematoden . 
B. Cestoden 
GC. Strudelwürmer . 
«@. Rhabdocoelen 
P. Dendrocoelen . 
y- Rhynchocoelen 
II. Anneliden. 


A. Beiträge zur Anatomie einiger Seeanneliden 


1. Oligochaeten. 

2. Kiemenlose Polychaeten 
3. Maldania 

4. Serpulacea 


Terebellaceu . 


Seite 


VIII 


Inhaltsverzeichniss. 


Ariciea 


7. Syllidea . 
8. Glycerea . 
9. Phyllodocea 
10. Lycoridea 
11. Eunicea . 
12. Aphroditea 
13. Gephyrea 


B Zur Entwicklung der Anneliden. 


Anhang zum Abschnitt 


. Entwicklungsgeschichte von Terebella conchilega . 


Entwicklungsgeschichte der Leucodora ceiliata und einiger damit verw anaten Annelidenformen 
Entwicklung einer Magelona sp. EV a ER a 5 EEE: en 
Entwicklungsgeschichte einer zu einem wahrscheinlich noch unbekannten Rückenkiemer gehörigen Larve 
Zur Entwicklung von Polynoe 

Zur Entwicklung der Gattung Odontosyilis 

Zur Kenntniss der Gephyreenlarven DDR 5 DE 

Rückblick über die verschiedenen Larventypen bei den Anneliden 


über die Würmer . 


I. Chaetosoma . 


2. Desmoscolex : 


3. Echinoderes . 


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Fünfter Abschnitt. 
Arthropoden. 


. Entwicklung von Mysis 5 

Ueber eine neue Copepode, Clausia Lubbocki 

Ueber eine für die europäischen Meere neue Cormostomengattung 
Zur Entwicklung der Cirripedien 

Ueber die Blutbahnen bei den Caprellen 

Zur Kenntniss der Pyenogoniden 


Sechster Abschnitt. 
Mollusken. 


I. Ueber eine wahrscheinlich zu den Bryozoen gehörige Thierform, Loxosoma singulare Ker. 
2. Oyphonautes compressus Enn., eine Acephalenlarve 


Erklärung der Abbildungen 


92 
94 
95 
98 
101 
102 


105 
107 


Erster Absehnitt. 


Protozoen. 


Infusorien. 


Die Intusorienfauna von St. Vaast la Hougue ist, wie schon in der Vorrede angedeutet wurde, äusserst arm. 
Zwischen Florideen am Strande schwärmen in wungeheurer Anzahl paramecienartige, einer unbeschriebenen Art 
angehörende Wesen, die ich aber, wegen Mängel an Zeit, nicht näher untersuchen konnte. Diese Art mit einem paar 
Euploteen machen beinahe die ganze Strandfauna aus. 

Die pelagische Infusorienfauna fiel nicht reicher aus. Nennenswerth ist nur Tintinnus Ehrenbergii, wovon ich eine 
Varietät sogleich beschreiben werde. Endlich schienen die Schmarotzer-Infusorien noch am zahlreichsten vertreten zu 
sein. So z. B. Opalinen aus dem Darmcanal von Cirratulus Lamarcki, Phyllodoce viridis und vielen anderen Anneliden, 
eine neue Pachydermonart, die ich unter dem Namen P. elongatum anderswo beschrieben! und welche die Samentaschen 
einer ebenfalls neuen Clitelliospecies (Clitellio ater Crar.?) bewohnt, endlich die weiter unten zu beschreibende, in der 
Leibeshöhle mehrerer Actinienarten in grosser Anzahl schmarotzende Plagiotoma actiniarum. 


Ich gehe nun zur näheren Betrachtung zweier der eben angeführten Species über. 


Tintinnodea Clay. et Lachm. 
Tintinnus Ehr. 


Tintinnus Ehrenbergü Clap. et Lachm.* 
Taf. I. Fig. 3. 


Tintinnus Ehrenbergü ist eine in den nordischen Meeren wie es scheint ziemlich verbreitete Species. Ich bin ihr 
an der norwegischen Küste, an den Hebriden und bei St. Vaast begegnet, jedoch kam sie an keiner dieser drei Stellen 
häufig vor. In der Bucht von St. Vaast fand ich nur ein vereinzeltes, leeres, dieser Art angehöriges Gehäuse, das mich 
aber desswegen interessirte, weil es einer hübschen Varietät angehört, die ich schon bei Kilmore im Sound of Sleat unweit 
des Schlosses Armadale (Sky) entdeckte. Taf. 1. Fig. 3 stellt das Gehäuse des in Schottland beobachteten Individuums 
vor, das sich von dem in den Efudes sur les Infusoires abgebildeten, durch vier auf einander folgende Aufsätze unter- 
scheidet. Diese Aufsätze dürfen wohl als Zuwachsringe angesehen werden, so dass diese Bildung möglicher Weise ganz 
einfach als eine spätere normale Altersstufe der in Norwegen beobachteten Exemplare zu betrachten wäre. Diese vier 


Mündungsaufsätze zeigen übrigens dieselbe zierliche Guillochirung wie das übrige Gehäuse. 


! Recherches anatomiques sur les Oligochetes par Ep. Crapartne. Geneve 1862. p. 38. ? Ibid. p. 37. ® Etudes sur les 
Infusoires et les Rhizopodes. Tome I. Geneve 1858 —1859. p. 203. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 


»2 2, Abschnitt. Coelenteraten. 


Bursarina. 
Plagiotoma.' 


Plagiotoma actiniarum nov. sp. 
Taf. 1. Fig. 1—2. 


Diagnose. Leib abgeflacht, mit convexem Rücken und concaver Bauchfläche. Schwimmt mit dem hinteren 
Ende voran. Körperlänge 0,075—0,17 Mm. Schmarotzt in der Leibeshöhle von Actinia mesembryanthemum und anderer 


Actinienarten. 


Die Fläche, welche ich in obiger Diagnose als Bauchlläche bezeichnet habe, verdient eigentlich diesen Namen 
nicht. Die Plagiotomen sind nämlich mehr schief comprimirt als deprimirt, so dass der scharfe gerade Leibesrand unserer 
Plagiotoma die wahre Bauchseite — hier besser Bauchrand zu nennen — vorstellt. Das Thier schwimmt stets in der auf 
Taf. I. Fig. 1 dargestellten Lage und zwar so, dass das abgerundete Ende nach hinten gerichtet bleibt. Man würde 
demgemäss die convexe Fläche für die rechte, die concave dagegen für die linke Seite halten. Sobald man aber das Thier 
von der concaven Fläche betrachtet (Fig. 2), erkennt man, dass diese Deutung keineswegs richtig sein kann. Die zum 
Maul (a) führende Mundfurche nimmt nämlich den Hintertheil em und die Speiseröhre (p) ist nach vorn gerichtet. Diese 
Lagerungsverhältnisse erscheinen im Vergleich zu den anderen Plagiotomenarten verkehrt, eine Anomalie, die aber 
sogleich verschwindet, wenn man annimmt, dass die convexe Fläche die linke, die concave dagegen die rechte Seite 
sei, so dass das Thier mit vorangerichtetem Hinterrande umherschwimmt. 

Meistens traf ich zweierlei Plagiotomen in denselben Actinien beisammen. Die einen waren circa 0,17 Mm. 
lang und rothbraun gefärbt. Die anderen erreichten nur eine Länge von 0,078—0,080 Mm. und waren beinahe farblos. 
Trotz des bedeutenden Grössenunterschieds boten sie alle dieselbe Gestalt dar, so dass ich sie für dieselbe Species 


halte. Nichtsdestoweniger war es sehr auffallend, dass Mittelstufen zwischen diesen beiden Extremen äusserst selten 


waren. 

Es ist nicht unwahrschemlich, dass diese ungemein häufigen Schmarotzerinfusorien für ringsum bewimperte 
Actinienjunge öfters gehalten worden sind. Mir selbst wäre dieser Irrthum — wäre ich nicht mit den Infusorienge- 
stalten so vertraut gewesen — gewiss begegnet. 


Zahlreiche Blasen sind in das Parenchym, namentlich den gebogenen Leibesrand entlang, eingebettet, indessen 
konnte ich nicht mit Gewissheit ermitteln, ob sie alle contractil waren. Die Furchen der Guticula nahmen auf der 
convexen Fläche einen ganz anderen Verlauf als auf der concaven, wie dies aus der Abbildung viel klarer als aus 


einer umständlichen Beschreibung hervorgeht. 


Zweiter Absehnitt. 
Coelenteraten. 


1. Zur Entwicklung der Tubulariaden. 
Taf. II. Fig. 1—5. 


Aus Van Bexepens schönen Untersuchungen® wissen wir, dass die Jungen von Tubularia coronata Ans. und 


Tubularia Dumortieri v. Bexeven beim ersten Anblick das Aussehen junger Medusen (darbieten, dass sie aber keine 


! V, CrapanEpE et LacHmAnn, Etudes sur les Infusoires. Tome I. p. 234. ? Recherches sur l’embryogenie des Tubulaires et U'histoire 
naturelle des difförents genres de cette famille qui habitent les cötes d’Ostende par van BENEDEN. Nouveaux memoires de l’Acad. de Bruxelles. 
Tome XVII. 1844. 


I. Zur Entwicklung der Tubulariaden. 3 


genaue Symmetrie besitzen und der Randkörper, Kreis- und Radialcanäle ermangeln. Van Bexenen vergleicht sie einer 
Planula, die sich, nachdem sie sich eben fest gesetzt hat, zu verästeln beginne. Sie sollen sich indessen von einer 
Planula dadurch unterscheiden, dass die Verästelung im Ovarium des Mutterthieres bereits begonnen hat, denn sobald 
sie ins Freie gelangt sind, sollen sie sich festsetzen und in eine Tubulariade sofort übergehen. 

In St. Vaast la Hougue war es mir mehrmals vergönnt, die Entwicklung einer nicht ermittelten Tubularia- 
species zu verfolgen, deren Junge sich nicht so schnell festsetzten wie die von van BENEDEN untersuchten. Auch 
war ich im Stande, den Vorgang der Verwandlung des Embryos in eine Tubularia viel genauer zu verfolgen, als es 


bisher geschehen ist. Diese wahrhaft sehr eigenthümlichen Verhältnisse sollen hier näher beleuchtet werden. 


Die Mutterthiere meiner Embryonen sind mir unbekannt geblieben. Sie gehörten wahrscheinlich — wie ich 
es weiter unten erörtern werde — der Tubularia indivisa an, die nach Daryerr’s Angabe in einer Tiefe von dreissig 


bis vierzig Fuss unter der Meeresoberfläche wohnen soll. Die jungen traf ich aber stets schwimmend auf oflener See, 
wo sie m mein Netz zufällig geriethen. Sie waren farblos oder weisslich und die kleinsten übertrafen nicht die Länge 
von 0,5 Mm. Sie glichen in Betreff der äusseren Gestalt kleinen Schirmquallen vollständig, sie waren aber von den- 
selben durch ihr passives Schwimmen sogleich zu unterscheiden, denn sie zeigten keine Spur von den eigenthüm- 
lichen, allen ächten Medusen zukommenden abwechselnden Ausdehnungen und Zusammenziehungen, wesswegen viele 
Völker, dem Beispiel der Römer und Griechen folgend, die Quallen Seelungen (pulmones marini, eiımveluoves) sehr 
bezeichnend benennen. 

Der Schirm war kegelförmig (Fig. 1) und enthielt eine geräumige flimmernde Magenhöhle (m). Einige Nessel- 
kapseln lagen im Parenchym eingebettet. Der Schirmrand war aufgewulstet und diente einer variabeln Anzahl (6 bis 
9) von nach abwärts gerichteten Tentakeln zum Ursprung. Es waren dieselben, wie die Tentakeln so vieler Medusen, 
durch Querscheidewände in viele Abtheilungen zergliedert (Fig. #), die im oberen Theil ziemlich unregelmässig ange- 
ordnet waren, näher an der Spitze dagegen sehr regelmässig über einander lagen. Längs der inneren Seite (Fig. % n) 
und an der Spitze sah man an jedem Tentakel eine grosse Anzahl Nesselkapseln eingebettet, die an der Tentakel- 
spitze viel grösser als an den anderen Stellen waren. An der Aussenseite lag dagegen das Ectoderm dem Endoderm 
ohne Zwischenlage von Nesselkapseln dicht an. 

Von der Unterseite des Schirmes hing ein breites klöppelartiges Gebilde (Fig. 1 n) herunter, das man mit dem 
Manubrium der ächten Quallen vergleichen möchte. Es enthielt dasselbe eine Fortsetzung der Magen- oder Leibes- 
höhle. Das freie etwas verjüngte Ende war mit einer Oeffnung (o) versehen, die ich zuerst, weil sie in die Leibes- 
höhle führte, für den Mund hielt. 

Dieser Beschreibung gemäss sieht unser Thier einer Qualle, welcher die Randorgane, die Radialcanäle und 
der Randcanal abgehen würden, vollkommen gleich. 

Wenn man diese quallenartigen Wesen ein paar Tage in Wasser aufbewahrt, so nimmt man an denselben 
einige Veränderung wahr. Der Schirm wölbt sich nämlich mehr und mehr hervor und auf dessen Scheitel sieht man 
fünf kleine Warzen hervorsprossen, die sich sehr bald zu knopfartigen Gebilden (Taf. II. Fig. 2 {) heranbilden. Diese 
im Kreis stehenden 0,014 Mm. breiten Knöpfe sind voll Nesselzellen. Einige Tage später sind die Thiere schon bedeu- 
tend grösser geworden. Sie lassen sich noch immer vom Wasser ganz passiv hin und her tragen, allein der Schirm- 
scheitel hat sich eylinderartig ausgezogen (Fig. 3) und die fünf knopfartigen Gebilde sind nicht unbedeutend in die 
Länge gewachsen. Sie stellen nun förmliche Tentakeln (Fig. 3 f) vor, die ganz gleich gebildet wie die ursprünglichen 
Randtentakeln, aber viel kleiner sind. Nur sind diese nach unten, jene dagegen nach oben gerichtet. 

Wartet man noch ein paar Tage ab, so findet man, dass die Thierchen sich an fremde Gegenstände festge- 
setzt haben, und zwar vermittelst des Theiles, den ich zuerst mit dem Munde der Schirmqualle verglichen hatte. Das 
als Manubrium ursprünglich gedeutete Gebilde dehnt sich sehr rasch aus und stellt nun den Stiel der Tubularia vor, 
die bis dahin nach unten gerichteten Randtentakeln schlagen sich nach oben um und der Mund senkt sich als tiefe 
Grube zwischen den viel kleineren Scheiteltentakeln bis zur Magenhöhle. Die Tubularia liegt nun fertig vor (vgl. Taf. I. 


Fig. 5). Sie ist bereits anderthalb Millimeter lang und neue Randtentakeln sprossen zwischen den schon gebildeten 
ne 


4 2. Abschnitt. Coelenteraten. 


hervor. Die Nesselkapseln der Randtentakeln, die während des medusenartigen Zustandes nach innen gerichtet waren, 
liegen nun begreiflicher Weise alle auf der Aussenseite. 

Hätte ich es von vornherein ausgesprochen, dass die Tubularien mit dem Munde festsitzende Medusen sind, die 
ihre Tentakeln nach oben umgeschlagen haben, und deren Magenhöhle am Schirmscheitel mit der Aussenwelt communicirt, 
so hätte man diesen Ausspruch für närrisch gehalten. Und so verhält es sich dennoch. 

Diese Verhältnisse sind übrigens nicht ganz neu. Der verstorbene Sir Joun Gramm Darverr hat sie bei Tubularia 
indivisa bereits kennen gelehrt. Allein seine ungenügenden, die ganze Verwandlung der Tubularien in natürlicher Grösse 
darstellenden Abbildungen können durchaus nichts beweisen und sind von keinem Forscher berücksichtigt worden. Nichts- 
destoweniger ist seine Darstellung! ganz vortrefllich und enthält bereits wesentlich alle Hauptmomente der Verwandlung. 
Die Aehnlichkeit ist so gross, dass ich keinen Anstand nehme, die eben beschriebenen Embryonen für die Jungen der 


Tubularia indivisa oder wenigstens einer damit sehr nahe verwandten Species zu haiten. 


2. Beitrag zur Kenntniss der Eleutheria dichotoma. 


Eleutheria dichotoma wurde bekanntlich von ve Quarkerases? zur Zeit seines Aufenthaltes auf den Chausey-Inseln 
entdeckt und nach einer genaueren Prüfung als neue Gattung in die Hydrinen eingereiht. Gegen diese Stellung wurden 
bereits von van BExeEpen® und Dusarnın‘ Bedenken erhoben; die in diesem merkwürdigen Thiere das geschlechtliche Me- 
dusoid einer Hydroidamme° vermutheten, und diese Ansicht wurde erst vor Kurzem von Hıxexs® zur Gewissheit erhoben, 
indem derselbe die knospende Eleutheria auf einem von ihm entdeckten und Glavatella prolifera benannten Hydroiden 
beobachtete. Endlich stiess wiederum Kronx’ in der Nähe von Nizza auf unser Thierchen und unterzog dasselbe einer 
gründlichen anatomischen Prüfung. 

Nach alle dem dürfte es überflüssig erschemen, dass sich wieder Einer mit der Eleutheria abgiebt. Auch ist es 
nicht zu läugnien, dass ein guter Theil meiner eigenen Beobachtungen durch Hıxexs’ und namentlich Krouy’s Untersuchungen 
nutzlos geworden, und ich hätte gern einige Zeichnungen unterdrückt, wären sie nicht, zur Zeit als Krony’s Aufsatz mir zu 
Gesichte kam, schon gestochen worden. Nichtsdestoweniger möchten folgende Zeilen nicht unerwünscht erscheinen, da 
manche streitige Frage noch zu lösen und manches Unerforschte noch aufzudecken ist. 

Die von Hıncxs an der Küste von Devonshire und von Krons in der Nähe Nizza’s aufgefundene Eleutheria unter- 
scheidet sich von der von Quarrerases abgebildeten und ausführlich beschriebenen Species dadurch, dass nur der eine Ast 
der gegabelten Arme mit Nesselknöpfen versehen ist. Die bei St. Vaast la Hougue häufig vorkommende Art stimmt hierüber 
mit der Hınexs-Krony’schen überein, was um so interessanter sein dürfte, als sich genannter Ort in einer verhältnissmässig 
geringen Entfernung von den Chausey-Inseln befindet. Es ist freilich noch kein Grund, um Quarrerases’ Angabe, wonach 
beide Armäste der Eleutheria dichotoma mit Nesselorganen ausgerüstet sein sollen, in Zweifel zu ziehen, ° indessen ist es 
ein Zeichen, dass die Art mit einem einzigen Nesselknopf sich einer weiteren Verbreitung auf den europäischen Küsten 
erfreut als die andere. 

Möglicher Weise wird sogar die Hıncxs-Krony’'sche Eleutheria, obgleich mit der Quarrerases’schen offenbar sehr 


nahe verwandt, von ihr generisch getrennt werden müssen. Die Art und Weise der Bewegung und das ganze Betragen 


Rare and remarkable animals of Scotland by Sir Jonn Datveır I. 1847. p. 8. ® Memoire sur l’Eleutherie dichotome (Zleu- 
theria dichotoma No».) nouveau genre de Rayonnes voisin des Hydres par A. DE QwarreraGes. Annales des sciences naturelles. 2. Serie. 
1842. Tome XVII. p. 270. ° Sur les genres Eleutherie et Synhydre par P. J. van Benenen. Bulletins de lacademie de Bruxelles. 
1844. Tome XI. 2. p. 305. * Observations sur un nouveau genre de Medusaires provenant de la metamorphose des syncorynes par 
F. Dusanpın. Ann. des sciences naturelles. 2. Serie. 1843. T. XX. p. 370. ° Van BENEDEN drückt sich zwar so aus, als ob Eleutheria 
der Jugendzustand einer Tubulariade sei. Es darf aber hierbei nicht vergessen werden, dass dieser Forscher die Medusoide damals für Lar- 
venzustände der Hydrinen bielt. ® On Clavatella, a new Genus of Corynoid Polypes and its Reproduction, by the Rev. Tomas Hıncks. 
Annals and Mag. of natural History. 1861. VII. S. 74. ” Beobachtungen über den Bau und die Fortpflanzung der Eleutheria Quatref. 
von Dr. A. Kronn. Archiv für Naturgeschichte 1861. S. 157. ° [ch darf wohl daran erinnern, dass die auf den Stauridien knospenden, 


mit Eleutheria sehr nahe verwandten Cladonemen mit Nesselknöpfen an allen Armästen bewaffnet sein sollen. Cf. F. Dusannın Observations 
sur un nouveau genre de Medusaires provenant de la metamorphose des Syncorynes. Annales de sc. nat. 2. Serie. 1843. T.XX. p. 370. 


2. Beitrag zur Kenntniss der Eleutheria diehotoma. 5 


scheint bei beiden sehr verschieden zu sein, und wird wahrscheinlich von der abweichenden Bildung der Armäste bedingt. 
Qvarreraces’ Eleutheria soll auf einer glatten Fläche, wie z. B. dem Boden eines Glasgefässes, bei nach oben gekehrter 
Mundöffnung mit Hülfe der umgebogenen Arme langsam dahinrutschen, sich aber, sobald sie sich vermittelst der gegabelten 
Arme an Corallinenästen angeklammert hat, ziemlich behende herumbewegen. So benimmt sich die andere Art niemals, 
oder wenigstens kriecht sie auf die beschriebene Weise nur für kurze Zeit, wenn sie durch Zufall umgeworfen wurde; 
vielmehr schreitet sie, wie Hıscks und Kronx es richtig angeben, förmlich dahin und zwar nicht so, dass sie sich mit den 
Armen fremden Gegenständen anklammert, sondern indem sie sich mit den unbenesselten saugnapfartig gebildeten Armenden 
festsaugt. Dabei bleibt natürlich der Mund stets nach unten gekehrt, wie dies ebenfalls bei allen anderen, freilich nicht 
schreitenden, sondern schwimmenden Medusen geschieht. 

Die Arme der Eleutheria verdienen also in Betracht ihrer Function beim Gehen den Namen von Saugfüsschen, 
obschon sie den Randtentakeln der ächten Medusen homolog sind. Nur der eine Ast aber der gegabelten Arme ist wie 
gesagt ein Saugfuss, der andere, meist um Etwas kürzere, richtet sich gleich nach der Gabelung nach aussen und oben, 
und schwillt in eine kleine, dicht mit Nesselkapseln besetzte Kugel an, so dass der ganze Ast wie ein Sporn am-Fusse 
aussieht und füglich Nesselsporn genannt werden darf. 

Die Nesselorgane gleichen denen der meisten anderen Acalephen. Es sind birnförmige Gebilde mit darin mehr 
oder weniger ausgebildetem eingerolltem Faden (Taf. I. Fig. 8. a,b), der bei der Berührung herausgeschnellt wird (Fig. 8. e). 
Die freigewordene Kapsel besteht aus zwei Theilen, deren vorderer, schnabelartig aussehender mit mehreren nach hinten 
gekehrten Häkchen ausgerüstet ist. Die Länge der Kapsel beträgt ohne den Faden 0,035 Mm. Die Existenz dieser Organe 
wurde mithin von Qvarrerases !, van BExEDeNS Bedenken ® gegenüber mit vollkommenem Rechte aufrecht erhalten. 

Das eigenthümliche fächerige oder zellige Gewebe der Füsse wurde von Kronx genügend beleuchtet. Nur möchte 
ich noch hinzubemerken, dass man an denselben, wie am übrigen Thiere, zweierlei Häute, das Ectoderma und das Endo- 
derma der englischen Schriftsteller mit Leichtigkeit unterscheiden kann. Das fächerige Wesen gehört dem Endoderma 
allein, während sich das Ectoderma glatt darüber hinwegzieht und von dem darunterliegenden Endoderma durch hier und 
da eingestreute, denjenigen des Nesselspornes ganz gleiche Nesselkapseln getrennt ist. 

Der Mundtrichter hängt an der Unterseite des Schirmes, und ist an seiner Spitze mit einer bald rundlich, bald vier- 
oder sechseckig aussehenden Mundöffnung versehen. Dass diese Mundöffnung bei manchen Individuen vier-, bei anderen 
dagegen sechseckig sein kann, hängt damit zusammen, dass das ganze Thier bald nach der Vier-, bald nach der Sechserzahl 
gebildet ist. Quargerases, Hıxers, Krons, kurz alle Beobachter schreiben den Eleutherien sechs Arme zu. Die meisten 
von mir beobachteten Exemplare besassen ihrer acht, mehrere zwar nur sechs. Diese Unbeständigkeit wird ebenfalls bei 
der Zahl der Gefässe des Gastrovascularsystems beobachtet. Es ist nämlich dieses System, wie es Kronv richtig bemerkt, 
stets ausgebildet, wenn es gleich Quarkerases und Hıxexs entgangen ist, und dadurch wird Eleutheria den Medusen 
vollständig gleich gestellt. Das Gastrovascularsystem erscheint als eine Höhlung des bei auffallendem Lichte gelblich weiss, 
bei durchfallendem bräunlich erscheinenden Endoderms. Die Anzahl der Radialcanäle soll sich nach Krony’s Angabe auf 
sechs belaufen, eine Zahl, die ich auch öfters beobachtete, wenn schon ich viel häufiger ihrer nur vier vorfand. Bei allen 
sechsarmigen Individuen war die Anzahl der Radialcanäle auch gleich sechs. Bei den meisten achtarmigen aber, d.h. 
bei den meisten überhaupt, waren deren nur vier vorhanden. Einige achtarmige besassen indessen ausnahmsweise sechs, 
niemals aber acht Radialcanäle. Betrachtet man eine achtarmige Eleutheria bei durchfallendem Lichte von der Rückseite, 
so nimmt man eine meist genau viereckige braune Figur wahr (Taf. I. Fig. 5. m), die dem Magengrund entspricht. Von 
jeder Ecke derselben entspringt ein ebenfalls durch braune Körner gefärbter Canal, der sich nach unten wendet und in 
den weiten, braunen Ring- oder Randcanal senkt. Wenn die Anzahl der Radialcanäle sechs beträgt, dann ist natürlich 
der braune Magengrund sowohl bei sechs- wie bei achtarmigen Individuen sechseckig. 

Am Schirmrande nimmt man die sog. Augenflecke, deren Zahl sehr wankend ist, wahr. In den meisten Fällen 


1 Lettre de Mr. DE QuATREFAGES sur les genres Eleutherie et Synhydre. L’Institut, journal universel des sciences et des societes sa- 
vantes. Tome XIII. 1845. p. 162. ? Remarques sur les genres Eleutherie et Synhydre par Mr. Van BEnEDen. L’lnstitut Tome XIII. 


1845. p. 153. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thicre. 


6 2, Abschnitt. Coelenteralen. 


beträgt sie, den Armen entsprechend, entweder acht oder sechs. Ausnahmsweise aber ist der Augenfleck an der Basis 
des einen Armes doppelt (Fig. 7. a), ja man findet hier und da Individuen mit doppeltem Augenflecke am Ursprunge jedes 
Armes, so dass ihre Anzahl bei einem achtarmigen Exemplar sechszehn beträgt. Diese Organe sind in den meisten Fällen 
gerade so gebaut, wie es Kronx angiebt, d. h. sie sind mit dem von Quarrerages schon richtig angeführten sog. lichtbre- 
chenden Körper versehen. Wenn Hıxcks Quatreraces’ Angaben vollständig bestreitet und fragliche Organe als blosse 
Pigmentanhäufungen beschreibt, so ist dieser Widerspruch dahin zu deuten, dass wirklich Individuen vorkommen, bei 
welchen die vermeintlichen Linsen entweder in einzelnen oder gar in allen Augenflecken gänzlich verkümmern. 

Dass Eleutheria sich durch Eier fortpflanzt, war schon Qvarrerases bekannt, und seine Angaben hierüber wurden 
neuerdings von Hıxcrs und Krony bestätigt. Diese Beobachter lassen die Eier in der ganzen Rückseite und zwar nach 
Krony zwischen Endo- und Ectoderma entstehen. Ihre Anzahl soll stets, nach Kronys Angaben, bis dreissig betragen, 
die von mir beobachteten Eier waren niemals so zahlreich. Es waren ihrer meistens nur zwei, mitunter drei (Taf. I. 
Fig. 6 d) vorhanden. Dass sie nicht viel zahlreicher vorkommen können, ist aus ihrer bedeutenden Grösse ersichtlich. Der 
Dotter mass nämlich 0,18 bis 0,30 Mm. im Durchmesser bei einer nur drittehalbmal so grossen Breite des Thieres. Das 
Keimbläschen allein erreichte schon über 0,012 Mm. im Durchmesser. Diese körnigen Eier lagen stets an den Seiten des 
Magens und zwar so, dass ein jedes sich stets zwischen zwei Radialgefässen nach unten drängte. Ob ausser diesen 
grossen Eiern noch andere kleinere unreife auf dem Magengrund lagen, wie Kronv’s Beobachtungen es wahrscheinlich 
machen, konnte niemals mit Sicherheit ermittelt werden. Die mir entgangene Bildung von Planulae in diesen Eiern hat 
Kronx verfolgt. 

Eifrig suchte ich nach Männchen, aber vergebens, obgleich die Weibchen stets in grosser Anzahl zu beschaffen 
waren. Diese Seltenheit der Männchen ist nicht auf St. Vaast beschränkt. Bei den Chausey-Inseln und an der Küste von 
Devonshire sahen pe QuArreraGeEs und Hincks, wie es scheint, nur Weibchen und bei Nizza stiess Krony ein einziges Mal 
auf ein Männchen. 

Kronx ist bisher der Einzige gewesen, der ausser der geschlechtlichen noch eine Knospenzeugung bei Eleutheria 
beobachtete. Er sah die jungen Knospen als abgerundete Auswüchse auf der Rückseite des Mutterthieres, dicht am 
Umkreise des Leibes, entstehen und diese Knospen sollen sich erst zur Zeit abschnüren, wo sie einer ausgebildeten 
Eleutheria vollkommen gleich geworden sind. Solche Knospen kamen mir niemals zu Gesicht. Dr Quarkerases und 
Hıscxs waren in dieser Beziehung ebensowenig vom Glücke begünstigt. Die Ursache davon liegt vielleicht, wie Kron 
es vermuthet, an der Jahreszeit, indem dieser Beobachter im Frühjahr, die anderen aber in den Sommermonaten ihre 
Untersuchungen anstellten. Gleichwohl wäre es voreilig mit Krons anzunehmen, dass die Knospenbildung zur Sommerzeit 
vor der geschlechtlichen Fortpflanzung zurücktrete. Selbst im August und September war die Knospenzeugung bei den 
Eleutherien von St. Vaast la Hougue bei weitem häufiger als die Erzeugung von Eiern, nur war sie von der von Kronx 
beobachteten sehr abweichend. 

Die meisten von mir untersuchten ausgebildeten Eleutherien und zwar stets solche, die keine Eier trugen, zeich- 
neten sich durch zwei einander entgegengesetzte Buckel aus, denen sich selten noch ein dritter hinzugesellte. Es nahmen 
dieselben stets Interradien ein, und es fiel gleich ins Auge, dass ein jeder ein durch die wenig durchsichtige Leibeswand 
zwar nur unbestimmt hindurchschimmerndes radiäres Wesen (Fig. 5. k. k’) enthielt. Ein vorsichtig ausgeübter Druck 
brachte mit Leichtigkeit das unversehrte Thierchen zum Vorschein, indem es an der Unterseite des Schirmes des Mutter- 
thieres hervorschoss, worauf es nicht schwer fiel, in diesem Sprössling eine junge Eleutherie zu erkennen. Die kleinsten 
(Taf. I. Fig. 9) stellten eine flache farblose Scheibe mit acht randständigen Knöpfen dar. Am Scheibenrand konnte man 
einen dünnen braunen Streifen, das Ringgefäss unterscheiden, worin ein braunes Viereck (m), der Magen nämlich, inseribirt 
war. Es sind also schon in dieser frühen Zeit das Endo- und Ectoderma durch dieselbe Färbung wie beim ausgebildeten 
Thiere von einander zu unterscheiden, wobei wohl zu bemerken ist, dass die acht randständigen Knöpfe, d. h. die hervor- 
keimenden Arme zuerst dem Ectoderma allein angehören. Bei etwas älteren Knospen (Taf. I. Fig. 10) war die Gestalt 
schon eine andere geworden. Die Scheibe hatte sich bedeutend hervorgewölbt und glich einer flachgedrückten Glocke; 
dabei waren die Randknöpfe dergestalt in die Breite gewachsen, dass der Glockenrand wie gelappt aussah. In diesem 


Zustand bestehen die Arme sowohl aus Endo- wie aus Eetoderma, indem sich eine Ausstülpung des Ringcanales in jeden 


2. Beitrag zur Kenntniss der Eleutheria dichotoma. 7 


Randlappen eingesenkt hat. Diese breite blinddarmartige Ausstülpung zeigt ein ziemlich breites Lumen, wogegen der 
Axenkanal der Arme bei den ausgebildeten Thieren ungemein eng wird und nur noch spärliche braune Pigmentkörner 
enthält. In den Randlappen unserer Sprösslinge zeigen sich endlich schon einige Nematocysten. 

Die Bildung dieser inneren Knospen habe ich nicht weiter verfolgen können und es ist mir wahrscheinlich, dass 
sie etwa in diesem Zustand das Mutterthier verlassen und davon kriechen. Bei keinem Individuum beobachtete ich so 
weit entwickelte Sprösslinge, dass sie eine Andeutung der Armspaltung bereits an sich getragen hätten. 

Ich habe bis jetzt diese Sprösslinge als Knospen betrachtet, ohne dass ich einen triftigen Grund für diese Annahme 
gegeben hätte. Für ihre Knospennatur könnte man den Umstand anführen, dass jeder Sprössling in einem Interradium 
stets so gestellt ist, dass die Mitte der Rückseite dem Randgefässe des Mutterthieres zugekehrt ist. Es liegt daher sehr 
nahe zu vermuthen, das Endoderma des Sprösslinges sei eine blosse Hervorstülpung dieses Randgefässes. Indessen muss 
ich bekennen, dass ich den erwünschten Zusammenhang niemals direct beobachten und bei herausgedrückten Sprösslingen 
die abgerissene Stelle nie wahrnehmen konnte. Es ist also die Möglichkeit nicht vollständig ausgeschlossen, dass sich 
diese Sprösslinge aus den grossen oben beschriebenen Eiern entwickeln, da diese genau denselben Platz in dem Mutter- 
thiere einnehmen wie jene. Ich muss sogar gestehen, dass ich dieser Ansicht, so lange die Abstammung der Eleutherien 
von den Clavatellen mir unbekannt geblieben, nicht ganz abhold war. Seitdem aber Kronx das Schicksal der Eier eruirt 
und aus denselben Planulae hat hervorgehen sehen, muss ich die Knospennatur eieser Sprösslinge für beinahe unzwei- 
felhaft erklären. Andere Beobachter werden uns hoffentlich lehren, ob diese Generation der sie hervorbringenden völlig 
gleich wird, oder ob sie sich durch gewisse Merkmale — wie z. B. die Quarkerases’ Eleutherien auszeichnenden — davon 


unterscheidet. 


Dritter Abschnitt. 
Echinodermen. 


Echinodermen sind im Busen von Normandie äusserst häufig. Im September bringt das Schleppnetz der Auster- 
fischer Echinoiden und Spatangoiden in Menge und Fülle zu Tage; täglich vermag man zahlreiche Ophiurenarten am Ufer 
zu sammeln und von Asteriden habe ich nahe an der Insel Tatihou, St. Vaast gegenüber, wenigstens zwei Asteracanthion- 
arten bei tiefer Ebbe häufig angetroffen. Dagegen kam mir nur eine einzige zierliche, auf Zosteren kriechende, wahr- 
scheinlich neue Holothuriengattung zu Gesichte. 

Meine Aufmerksamkeit richtete sich namentlich auf die im Meere herumschwimmenden Larven, und es fiel mir 
ganz besonders auf, dass weder Holothurien- noch Seesternlarven im Netze gefangen wurden. Die Abwesenheit der 
letzteren war trotz der Häufigkeit der bei Tatihou vorkommenden Asteracanthion — da diese Gattung kein freischwimmendes 
Larvenstadium durchmacht — nicht sehr auffallend. Ophiuren- und Seeigellarven waren dagegen stets zu erlangen, und 
ausnahmsweise erschienen sie sogar in der Bucht in ungeheuren wimmelnden Zügen. Diese Larven, wovon ich mehrere 
Zeichnungen entwarf, unterscheiden sich gemeiniglich von den von Meızr so sorgfältig beschriebenen durch nichts we- 
sentliches. Eine einzige darunter wich von den bekannten Gestalten bedeutend ab und verdient wohl hier näher beleuchtet 


zu werden. 


Ueber eine neue Echinodermenlarve. 


Taf. I. Fig. 11—12. 


Am 31. Juli fischte ich vermittelst des feinmaschigen Netzes ein an der Meeresoberfläche freischw immendes Wesen 
auf, dessen fünfeckige Gestalt (Fig. 12) beim ersten Anblicke einen radiären Typus zu verrathen schien. Es wiegte sich 
dasselbe bedächtig auf und ab, und die Langsamkeit des Schwimmens gestattete, trotz der Undurchsichtigkeit des Körper- 


gewebes, einen Blick in die innere Organisation. Bei näherer Betrachtung verschwand die anscheinende radiäre Structur 
9% 


s 3. Abschnitt. Echinodermen. 


vollkommen. Das Innere zeigte eine vollkommen bilaterale Anordnung, und selbst an der äusseren fünfeckigen Contour 
vermochte ich leicht in der Ungleichheit der Seiten die Zusammensetzung aus zwei symmetrischen Hälften zu erkennen. 
Das Trugbild der radiären Symmetrie verschwand, als mir das Thier — dessen Rückenfläche, wie es sich später herausstellte, 
bisher allein vorgelegen — die Seitenkante oder gar die Bauchfläche (Fig. 11) zuwandte, immer mehr. 

Quer um das Thier lief ein hervorragender Wulst in der Aequatorialgegend herum, der den Leib in eine obere und 
untere Hälfte theilte und auf der Bauchfläche viel erhabener als auf der Rückenfläche erschien. Auf dem Rücken (Fig. 12) 
zog sich also dieser Wulst von der einen Ecke des unregelmässigen Fünfeckes zur unmittelbar gegenüberliegenden, so 
dass eine dritte Ecke — wenn die beiden ersten als rechte und linke bezeichnet werden — als oberste und die beiden 
letzteren als untere Ecken dürfen angesehen werden. Auf der Bauchfläche bildet der Querwulst ein scharfes Gesims, 
worunter eine dreieckige Oeflnung, der Mund in der unteren Thierhälfte zu liegen kommt (Fig. 11 0). Es schimmert 
übrigens diese Mundöffnung als heller Fleck auch auf der Rückenfläche durch. Sonst bemerkte ich auf der Hautoberfläche 
nur noch dichte, an den fünf Körperecken sitzende Wimperbüschel. 

Das Innere wird durch eine Leibeshöhle, worin die Eingeweide aufgehängt sind und welche die Gestalt des 
Thieres selbst ungefähr darbietet, eingenommen. Die Leibeswand erreicht unter den Wimperbüscheln die beträchtlichste 
Dicke und wird an diesen Stellen durch ein körniges Wesen sehr undurchsichtig. Die flimmernde, von einem dieken Wulst 
umsäumte Mundöffnung führt in einen nach oben gerichteten Schlund, der in einen kugeligen Magen (Fig. 12 m) mündet. 
Weder Darm noch After wurden bemerkt, obgleich ich für deren Abwesenheit — da die Undurchsichtigkeit des Thieres 
die Beobachtung ungemein erschwerte — keineswegs bürgen will. Rechts von diesem Verdauungstractus lag ein fünf- 
lappiges Organ (Fig. 12 e), das ich für ein keimendes Echinoderm zu erklären keinen Anstand nehme. 

Die Aehnlichkeit der beschriebenen Larve mit einem Pluteus, wenn auch deren Gestalt beim ersten Anblick davon 
sehr abweicht, ist durchaus nicht zu verkennen. Es ist, um es kurz auszudrücken, ein schenkelloser Pluteus. Dieser 
Vergleich ist um so statthafter, als das charakteristische Kalkgerüst von Pluteus meiner Larve keineswegs abgeht, obschon 
es auf einem rudimentären Zustand stehen geblieben ist. Es besteht nämlich dieses Gerüst aus nur zwei Kalkstäben 
(Fig 12 s), die rechts und links im Gewebe der oberen Körperhälfte eingebettet sind. Eine von Dr. Aus. Krou! abgebildete 
Larve von Toxopneustes lividus, der die Schenkel noch nicht hervorgesprosst sind, ähnelt sogar, was die äussere Gestalt 
anbetrifft, unserer Larve vollständig, so dass man auf den Gedanken kommen könnte, dass auch diese bei deren weiteren 
Entwickelung die für die meisten Echiniden und Ophiurenlarven charakteristischen Schenkel bekommen dürfte. Allein 
besagte Krony’sche Larve stellt ein sehr frühes Entwickelungsstadium von Toxopneustes dar, während die bereits 0,28 Mm. 
lange Larve von St. Vaast, nach der Grösse des darin enthaltenen sternförmigen Gebildes zu urtheilen, einem bedeutend 
älteren Stadium angehört. Unsere Larve unterscheidet sich jedenfalls von den bisher beschriebenen, gleichfalls Kalkstäbe 
enthaltenden, durch äusserst langes Fortdauern des schenkellosen Stadiums. Es erscheint sogar sehr unwahrscheinlich, 
dass Schenkel an ihrem Körperrand jemals hervorwachsen. 

Die bei den Echinodermenlarven sonst nicht vorkommende Undurchsichtigkeit des Gewebes liess keine nähere 
Untersuchung des keimenden Echinodermes zu. Nur so viel liess sich ermitteln, dass die äussere Gestalt des Gebildes auf 
einen Echiniden zu schliessen nicht gestattete. Es gehört daher wahrschemlich diese Larve entweder einem Asteriden 
oder einem Ophiuriden an. Das letztere ist, da die Larve mit einem Pluteus eine viel grössere Aehnlichkeit als mit einer 
Bipinnaria, einer Brachiolaria oder einer Tornaria darbietet, gewiss das Wahrscheinlichere. Das von mir beobachtete 
Stadium würde dem Zustand eines Pluteus mit schon entwickelten Palmen entsprechen. 

Ich brauche kaum hervorzuheben, dass das hervorkeimende Echinoderm in der rechten Körperhälfte zuerst auf- 
taucht, wie dies für alle andere ähnlichen Fälle von Mürrer, Kronx u. A. ebenfalls beobachtet wurde. 


' Beitrag zur Entwickelungsgeschichte der Seeigellarven von Dr. A. Kroun. Heidelberg 1849. 


Vierter Abschnitt. 


Würmer. 
I. Chaetognathen. 


Sagitta cephaloptera Busch. 
Taf. XVII. Fig. 8. 


Unter den vielen bisher beschriebenen Sagittenarten ist die bei den Orkney-Inseln von Busen entdeckte Sagitla 
cephaloptera gewiss eine der merkwürdigsten. Die auffallenden Eigenthümlichkeiten, die sie vor allen anderen Sagitten 
auszeichnen, liessen es wünschenswerth erscheinen, dass sie von einem zweiten Beobachter wieder untersucht würde. 
Glücklicher Weise erschien diese niedliche Thiergattung im Busen von Normandie während meines Aufenthaltes in 
St. Vaast la Hougue mitunter in ungeheuren Schaaren und setzte mich in den Stand, Busen’s Angaben fast vollständig 
bestätigen zu können. 

Sagitta cephaloptera ist nicht die einzige bei St. Vaast vorkommende Sagittenart. Eine andere, grössere, die 
mit der von Wırns, Krons und Anderen untersuchten Sagitta bipunctata übereinstimmen dürfte, kam in vereinzelten 
Exemplaren beinahe täglich vor. Sagitta cephaloptera dagegen erschien nur selten in der Bucht, jedoch stets in unab- 
sehbaren Zügen, ohne dass es mir gelungen wäre, die Umstände zu ermitteln, die deren Erscheinen bedingen. Sie 
wurde nicht nur mit dem feinmaschigen Netze in einer ziemlichen Entfernung von der Küste, sondern auch in den 
am Strande bei sinkender Ebbe zurückgelassenen Tümpeln in grosser Menge gefischt. Damit wird eine Behauptung 
von Busen widerlegt, dass nämlich Sagitta cephaloptera für den Grund des Meeres bestimmt sei, wodurch ein grosser 
Unterschied in der Lebensweise von den anderen Sagitten gegeben wäre, da diese meist in den obersten Meeres- 
schichten gefunden werden. Wenn Busch diese kleinen Thierchen unter den vom Grunde des Meeres mittelst des 
Schleppnetzes heraufbeförderten Objecten ziemlich häufig, an der Meeresoberfläche aber niemals vorfand, so rührt es 
einfach daher, dass er an Tagen fischte, welche die zum Heraufsteigen der Sagitten erforderlichen Bedingungen nicht 


darboten. Hierin aber zeichnen sich diese Thierchen vor anderen pelagischen Wesen durch nichts aus, indem die 


meisten massenhaft an die Oberfläche steigen, um in die Tiefe — sobald sich die äusseren Verhältnisse ungünstig 
gestalten — bis aufs Letzte wieder zu sinken. 


Die von mir beobachteten Sagitten waren meist nur 5 Mm. lang und farblos, wenigstens fiel mir niemals die 
schöne, an die Zeichnung der Forellen erinnernde Hautsprenklung auf, die Busch bei seinen Exemplaren erwähnt. 
Der Kopf zeichnete sich durch die beiden merkwürdigen, bei keiner anderen Sagitta vorkommenden hornartigen Ge- 
bilde aus, die Busen schon beschrieben. Diese Hörner (Fig. 8 a) oder Tentakeln waren stets nach vorn etwas gebogen 
und an der Spitze kuglig angeschwollen. 

Das Merkwürdigste aber am Thiere ist das rädernde Organ auf dem Nacken. Es bietet dasselbe die Gestalt 
eines sichelförmigen quergestellten Raumes dar, dessen Peripherie von Flimmereilien umsäumt ist. Der Boden, worauf 
die Cilien sitzen, ist gelb gefärbt, so dass das Räderorgan durch seine Farbe sogleich ins Auge fällt. Es erinnerte 
mich dieses Gebilde an die beiden Räderorgane auf den Seiten des Nackens von Tomopteris® sehr lebhaft. Seine Funetion 
ist mir ganz räthselbaft geblieben. 

Die Seitenflosse geht in die sehr breite Schwanzflosse allmählich über. Beide zeigen die den gleichen Organen 


anderer Sagitten ebenfalls zukommende streifige Structur. Sie sind, wie Busen schon erwähnt, mit Büscheln starrer 


! Beobachtungen über Anatomie und Entwickelung einiger wirbellosen Seethiere von Dr. Wırnerm BuscnH. Berlin 1851. S. 93 u. fl. 
2 vgl. Further Observations on Tomopteris onisciformis by Prof. Wıruıam CAnpenter and Dr. Ep. CLApaReDE. Transactions of the Linnean 
Society. Vol. XXIII. Part. I. p. 59. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 3 


10 4. Abschnitt. Würmer. 


Fäden besetzt, die übrigens auch auf dem ganzen Leib zerstreut und den ähnlichen von Wırns! bei Sagilta setosa 
und von Krons® bei mehreren anderen Arten beobachteten Gebilden völlig gleich sind. Busen schreibt noch unserer 
Sagitta eine überzählige Flosse zu, die von den Seiten des Kopfes auf den Anfang des Rumpfes jederseits herüber- 
reichen soll und welcher das Thier seinen Namen verdankt. Kronx” vermuthet bereits, dieses Organ sei — um so 
mehr, als die strahlige Structur ihm abgehen soll — von Busen irrig gedeutet worden. Es verdient in der That dieser 
Theil den Namen einer Flosse durchaus nicht, mdem es sich einfach um die etwas ausgebreitete und mit emer schönen 
Epithelschicht* ausgekleidete Seitengegend des Kopfes und Nackens handelt. Der Name 8. cephaloptera darf indessen 
nicht als unpassend verworfen werden, da sowohl die Kopftentakeln wie diese freilich unbedeutende Ausbreitung des 
Hinterkopfes einen genügenden Grund für diesen Namen abgeben können. 

Im Uebrigen bietet $. cephaloptera nichts Auffallendes. An den Kiefern zählte ich neun Greifhäkchen jederseits. 
Die Anzahl der kleinen harten Spitzen an der Unterlippe betrug acht auf jeder Seite der Mittellinie. Sie bildeten 
stets zwei Gruppen jederseits, wie dies auch von PAGEnstEeuer und Leverart bei Sagilla germanica dargestellt wird.’ 
In Fig. 8 ce bemerkt man sehr leicht die Ausmündung der in einen Halbkreis gebogenen Eileiter. Der Raum für die 
Hoden (d) ist grösser als bei den anderen Sagitten, indem sich die quere Scheidewand dicht hinter der Mitte des 
Thieres befindet. Die unreifen Entwicklungszellen der Zoospermien häufen sich vorzugsweise im vorderen Theile, die 
reifen Zoospermien im Hintertheile des Hodens an. Der Ductus deferens führt zunächst in eine in der Seitenflosse 
eingebettete Samenblase (a), die ich constant mit Samenfäden erfüllt fand. Die äussere Mündung findet sich daneben. 
Diese Verhältnisse stimmen mit den Angaben von Wırns, Leverart und PAsEnstecner bei S. bipunctata und $. ger- 
manıca überein. 

S. cephaloptera wurde bei St. Vaast von einem unreifen, eneystirten Distomum (Fig. 8. f) sehr oft heimge- 
sucht, wie übrigens Trematoden in verschiedenen anderen Sagittenarten schon vielfältig beobachtet wurden. Von dem 
Nematoden, der sich nach Buscn durch alle Gewebe der $. cephaloptera auf den Orkney-Inseln durchbohrte und die 


Thierchen erbärmlich zu Grunde richtete, sah ich dagegen nichts. 


II. Platyelmia. 
A. Trematoden. 


Die Wanderungen der in Seethieren schmarotzenden Trematoden sind noch völlig unbekannt. Um so mehr 
interessirte es mich, mehrere unreife Species schwimmend im Meere, also wahrscheinlich in der Wanderung begriffen 


anzutreffen. Die häufigsten werden im Folgenden kurz besprochen. 


Cercarien. 


Cerearia Haimeana Moul.‘ 


Bucephalus Haimeanus Lacaze-Duthiers.” 
Taf. IV. Fig. 8 und 9. 


be) 


Beim Fischen mittelst des feinmaschigen Netzes trieb ich nicht selten eine hübsche Cercarie auf, die mit 


von Baer’s Bucephalus polymorphus sehr nahe verwandt ist. Dieser Wurm, dessen Bewegungen äusserst lebhaft sind, 


' Observationes de Sagitta mare germanieum eirca insulam Helgoland incolente. Berolini 1846. ? Nachträgliche Bemerkungen über 
den Bau der Gattung Sagitta, nebst der Beschreibung einiger neuen Arten von A. Krons im Archiv für Naturgeschichte. 1853. p. 267. 3 Ibid. 
p- 276. * Ein ähnliches Epithel kommt übrigens der ganzen Haut zu. ° Untersuchungen über niedere Seethiere von Dr. Run. LEuckArTt 
und Max PAGENSTECHER. Müller’s Archiv 1858. p. 594. ® De la reproduction chez les Trematodes endoparasites par J. J. MovLinik. P-TAE1SK 
Memoires de l’'institut genevois. Tome III. Geneve 1856. ” Memoire sur le Bucöphale Haime, helminthe parasite des huitres et des bucardes 


par le Dr. Lacaze-Durntens. Annales des sciences naturelles. 4. serie. 1854. Tome I. p. 294. 
j 


II. Platyelmia. 11 


verändert seine Gestalt fast jeden Augenblick. Zur Zeit der Zusammenziehung stellt er einen flachen, dreieckigen Körper 
dar (Fig. 8), der aber in den Zustand der grossmöglichsten Streckung, wo er beinahe eylindrisch erscheint (Fig. 9), 
fast blitzschnell übergehen kann. Bei mässiger Ausdehnung beträgt die gesammte Körperlänge mit Ausschluss des gleich 
zu erwähnenden Schwanzanhanges 0,028 Mm. Die Cutieula ist deutlich quergestreift. Der vordere Saugnapf befindet 
sich unmittelbar an der vorderen Leibesspitze, während der hintere etwas hinter der Mitte der Bauchhöhle liegt. Vom 
hinteren Ende entspringt ein zweischenkeliger blattförmiger, rechts und links etwas eingekerbter Auswuchs,! der jeder- 
seits in einen langen Faden übergeht. Dieser gabelige Schwanzanhang verleiht diesem Wurm eine grosse Achnlichkeit 
mit dem Ducephalus polymorphus, wie dies von Lacaze-Durniers, dem Entdecker unserer Cercarie, schon hervorgehoben 
wurde. Ich halte nämlich dieses Thier für identisch mit der Gercarie, welche dieser Forscher in schlauchförmigen 
Sporoeysten der drüsigen Organe bei Austern und Herzmuscheln (Cardium rustieum Bus.) am Mittelmeer entdeckte und 
als Bucephalus Haimeanus beschrieb. Auf einige Verschiedenheiten unserer Zeichnungen, namentlich in Bezug der 
Gestalt des blattförmigen Schwanzauswuchses, darf ich wohl kein zu grosses Gewicht legen. 

Ueber den Verdauungsapparat konnte ich nichts mit Sicherheit ermitteln. Jederseits bemerkte ich wohl einen 
Zug von dunklen an einander gereihten Körnern, der möglicher Weise als ein Ast des gegabelten Darmes zu deuten 
wäre. Indessen konnte ich mir über den Zusammenhang dieser Körperzüge mit der Mundöflnung keine Gewissheit 
verschaffen. Lacaze-Durmers war in seiner Untersuchung nicht glücklicher, da er die gewiss unrichtige Vermuthung 
ausspricht, die ganze Leibeshöhle functionire als Darmcanal. Dass keine Afteröfflnung existirt, würde ich nicht erwähnen, 
wenn nicht Lacaze-Durmers dem Bauchnapf, zwar nicht ohne vielen Zweifel, die Rolle eines Afters vindieirt hätte. 

Das Merkwürdigste an unserer Cercarie ist der Schwanzanhang, der als mächtiger Bewegungsapparat für die 
Wanderung des Thieres von grosser Wichtigkeit ist. Lacaze-Durmers hat bereits die wunderbare Contractilität der 
beiden Fäden beschrieben, die sich mit ungemeiner Schnelligkeit zusammenziehen und wieder ausdehnen, Oesen bilden, 
sich wie Nattern zusammenschlingen und wiederum wie ein starrer Stab steif da liegen. Fig. 8 stellt diese Schwanz- 
fäden im Zustand der Ausdehnung, Fig. 9 im Zustand der Verkürzung dar. Wie man es aus diesen Figuren ersieht, 
ist die Verkürzung mit einer Dickezunahme stets verbunden. Nicht selten verbleibt der Wurm im Zustand der Fig. 9 
einen Augenblick ganz ruhig, um sich dann durch gedankenschnelle Ausdehnung der Schwanzfäden plötzlich vorwärts 
zu schleudern. Das Schwimmen geht also begreiflich ruckweise vor sich. Die Bewegungsweise unserer CGercarie scheint 
demnach viel energischer als diejenige von Bucephalus polymorphus zu sein, die nach Bazr’s Beschreibung den Bewegungen 
der Ascariden gleichkommen "soll. Indessen bemerkte auch zuweilen der gefeierte Anatom »eine Art Zucken, bei 
welchem ein eben vom Körper entferntes Horn (Schwanzfaden) plötzlich, wie von einem electrischen Schlage getroffen 


’ So lange die Schwanzfäden ausgedehnt sind, entzieht sich deren Structur dem 


gegen den Leib geschnellt wurde.«' 
forschenden Auge vollständig. Im Augenblicke der Verkürzung aber vermag man dreierlei Schichten an ihnen unschwer 
zu unterscheiden, zuerst einen quergestreiften Axenstrang, dann eine mittlere homogene Schicht und endlich zu äusserst 
die quergeringelte Haut. Die Schnelligkeit, womit sowohl die Verkürzung wie die Ausdehnung statt haben, lässt es 
als sehr wahrscheinlich erscheinen, dass zwei von diesen Schichten, wie bei den Vorticellen, antagonistische Wirkungen 
besitzen. Da der Axenstrang während der Verkürzung der Fäden stark quergestreift oder gar gefaltet erscheint, so 
sollte man glauben, dass er in diesem Augenblick unwirksam sei und erst zur Hervorbringung der Ausdehnung durch 
seine Elastieität ins Spiel trete. Die mittlere anscheinend homogene Schicht würde alsdann bei der Zusammenziehung 
allein thätig sein. Dies sind freilich blosse Vermuthungen. 

Durch Lacaze-Durmer’s Beobachtungen wussten wir, dass Cercaria Haimeana in Sporocysten entsteht, die in 
den drüsigen Organen der Herzmuscheln und Austern zu finden sind. Das Wohnthier aber, worin sie zur Geschlechts- 


reife gelangt, war und ist noch jetzt völlig unbekannt. Es scheint indessen durch den häufigen Fund der freischwim- 


! Es entspricht dieser Auswuchs dem bei Bucephalus polymorphus von Kant Erxst von Baer als Wülste bezeichneten Theil. S. BaEr’s 
Beiträge zur Kenntniss der niederen Thiere. Nova Acta Acad. Leop. Carol. T. XIII. P. 2. p. 578. ? Tır. vox SıesoLp giebt den Mund bei Bucephalus 
polymorphus wie bei Gasterostomum in der Mitte des Bauchnapfes an. Indessen ist diese Angabe mit der Anwesenheit eines Schlundkopfes hinter 
dem vorderen Saugnapf — falls die darauf bezügliche bei Mourixıe angeführte Beobachtung von Carr Vocr richtig ist — schwer zu verei- 


nigen. ® BAER 1. c. p. 576. 


12 4. Abschnitt. Würmer. 


menden Cercarie in St. Vaast festgestellt zu sein, dass die Wanderung dieses Wurmes keine rein passive ist. Er sucht 
sich im Meere einen passenden Boden zur weiteren Entwicklung aus. Mehrmals traf ich Cercaria Haimeana an der 
Unterseite des Schirmes von Sarsien und Oceanien festgesogen und das eine Individuum hatte sogar, vielleicht durch 
blossen Zufall, seine Schwanzfäden eingebüsst. Gleichwohl waren diese Gercarien ebensowenig geschlechtsreif wie die 


freischwimmenden, so dass die Medusen für sie sehr wahrscheinlich nichts anders als eine zeitweilige Herberge sind. 


Cercaria setifera Joh. Müll.' 


Noch häufiger als Cercaria Haimeana wird eine mit Mürrer’s €. setifera sehr wahrscheinlich identische zierliche 
Cercaria in der Bucht von St. Vaast freischwimmend angetroffen. Das von Meırer beobachtete Exemplar rührte von 
Triest her und ist nur durch eine kurze Beschreibung im Archiv für Anatomie* und eime flüchtige in La Varrrme’s 
Symbolae ad Trematodum evolutionis historiam aufgenommene Skizze bekannt. Die Cercaria setifera von St. Vaast 
zeichnete sich durch die mächtige Entwicklung der Museculatur .des vorderen Saugnapfes und die Anwesenheit eines 
breiten scheinbar mit Borsten bewaffneten Schwanzanhanges aus, dessen Länge das Vier- oder Fünffache der gesammten 
Körperlänge betrug. Dieser höchst contractile Anhang dient dem Wurm als ein sehr wirksamer Schwimmapparat, 
woran man einen medianen Strang und eine dicke Rindensubstanz mit Leichtigkeit unterscheiden kann. Jener ist 
deutlich sowohl längs- als quergestreift und scheint der Hauptsitz der Contractilität zu sein, diese ist in der ganzen 
Länge durch Vacuolen blasig aufgetrieben. Auf der Rindensubstanz sitzen in paariger Anordnung die scheinbaren 
Borstenbüschel, die mit den Borsten der Chaetopoden jedenfalls nicht zu vergleichen sind. Ich nenne sie scheinbare 
Borstenbüschel, weil jeder Büschel sich bei näherer Betrachtung als eine farblose, streifige Platte, ein blosser flächen- 
hafter Auswuchs der Guticula, erweist. Die äusserste Brüchigkeit fraglicher Organe genügt, um die Richtigkeit dieser 
Auffassung zu bewähren, indem die scheinbaren Borsten in jedem Bruchtheil, ohne sich jemals von einander zu lösen, 
zusammengekettet bleiben. Am besten würde ich das Aussehen dieser Platten mit demjenigen der streifigen Flossen 
bei den Sagitten vergleichen. Die Anzahl der Plattenpaare betrug in St. Vaast gewöhnlich circa 19, wenn gleich 
Messer bei senen Exemplaren nur 12 s. g. Borstenbündel angiebt. 

Vom Excretionsorgan vermochte ich zwei breite Aeste ohne Mühe wahrzunehmen, die mittelst eines gemein- 
schaftlichen Stammes in eine die Wurzel des Schwanzanhanges einnehmende Blase münden. Sehr constant war der 
Wurm rechts und links vom hinteren Theile des gewaltigen Mundnapfes bräunlich gelleckt. 

Cercaria selifera wurde nicht nur frei im Seewasser, sondern auch an der Unterseite der Scheibe verschiedener 
craspedoten Medusen angeheftet gefunden. Dass dieses Verhältniss kein zufälliges gewesen, scheint aus dem Umstande 
hervorzugehen, dass unreife von dieser Cercarie augenscheinlich herrührende Distomen sowohl an dieser Stelle, wie 
auch in der Magenhöhle derselben Medusen sehr häufig gefunden wurden. Ich traf ihrer bis 5 Individuen in einer 
und derselben Meduse. Diese Distomen stimmten mit der Cercarie vollständig überein, nur hatten sie den Schwanz 
eingebüsst, behielten jedoch an der früheren Ansatzstelle desselben einen runden hervorragenden Nabel. Sie waren 
sehr lebhaft, dehnten sich aus, zogen sich wieder zusammen und krümmten sich nach allen Seiten hin. Die dicken 
Hauptstämme ihres Secretionsorgans waren oft mit runden, stark lichtbrechenden Coneretionen erfüllt. Ein kleiner 
musculöser Pharynx, den ich bei der Cercarie niemals bemerkt, wurde bei den schwanzlosen Individuen oft mit Deut- 
lichkeit gesehen. 

Cercaria pachycerca no». sp. 
Ta XVII Biel 


Eine dritte bei St. Vaast freischwimmend gefundene, jedoch seltener vorkommende Cercarie bietet dasselbe 


lissverhältniss zwischen Leib und Schwanz wie Cercaria macrocerca Fır.,” ja der Schwanz ist sogar bei jener noch 


! Symbolae ad Trematodum evolutionis historiam, auctore AnoLrno DE LA VALETTE St. GEoRGE. Berolini 1855. p. 38. Tab. II. Fig. 2. 

? Ueber eine eigenthümliche Wurmlarve aus der Classe der Turbellarien und aus der Familie der Planarien von Jon. MüLten. 
Archiv für Anat. u. Phys. 1850. p. 497. 3 Fırıpeı, Memoire pour servir A l’histoire genetique des Trematodes. Mömoires de l’academie 
de Turin. 2. serie. Tome XV. und Annales des sciences naturelles. 4. serie. 1854. Tome Il. p. 55. 


II. Platyelmia. 13 


mächtiger entwickelt als bei dieser, nur vermag nicht erstere sich in ihren Schwanz, wie letztere, einzustülpen. Der 
Körper ist eine ovale, mit zwei kleinen Saugnäpfen versehene Scheibe, die nicht breiter als der Schwanz ist. Dieser 
ist gerade so beschaffen, wie bei Gercaria setifera, nur mit dem Unterschied, dass er keine streifige Platten oder s. &, 


Borstenbüschel trägt. Der Axenstrang und die corticale Substanz bieten nichts Merkwürdiges. 


Onchogaster nor. gen. 


Diagnose. Leib ungegliedert, mit einem kurzen Schwanzanhang. Ein einziger am vorderen Ende sitzender 
Saugnapf. Ein aus zwei Haken bestehender Haftapparat an der Bauchfläche des Hintertheiles, der sich zeitweilig zu 


einem zweiten Saugnapf umgestalten kann. Verdauungswerkzeuge fehlen. 


Onchogaster natator nov. sp. 
Taf. V. Fig. 1—4. 


Diagnose. Körper braun gefärbt. Vier Augenflecke in einer Reihe auf dem Rücken, wovon die beiden mitt- 


leren grösser sind und sich gegenseitig berühren. 


Dieses bisher unbekannte Wesen ist zweifelsohne eine entweder zu einem Trematoden oder zu einem Cestoden 
zugehörige Larvenform. Es schwärmt mit grosser Behendigkeit im Seewasser herum und verändert beim Innehalten 
seine Gestalt beständig. Beim Schwimmen nimmt es die Taf. V. Fig. I abgebildete Form vorzugsweise an, wobei der 
Körper eine durch Einschnürungen in fünf der Länge nach aufeinanderfolgende Abtheilungen zerfällt, davon die dritte 
oder mittlere die breiteste, die erste und fünfte, d. h. die terminalen aber die engsten sind. Die vorderste dieser 
fünf Abtheilungen stellt den Saugnapf dar; die zweite, breitere ist an den Seiten bewimpert. Diese und ähnliche am 
hinteren Ende der dritten und an den Seiten der fünften oder Schwanzabtheilung vorkommende Wimperbüschel sind 
die Ursache des raschen Schwimmens. An der Grenze der zweiten und dritten Körperabtheilung befinden sich die in 
der Artdiagnose erwähnten, in einer Querlinie gestellten, der lichtbrechenden Medien völlig ermangelnden Augenflecke. 
An der Bauchfläche der vierten Körperabtheilung ist der Figur 4 isolirt dargestellte Haftapparat so angebracht, dass 
die krumme, nach hinten gerichtete Spitze der beiden Haken an der Grenze dieser vierten Körperabtheilung und des 
Schwanzanhanges seitlich hervorragt. Jeder Haken besteht aus einem Häkchen und einem dünnen, geraden Stift, der 
am kürzesten Ast eines dickeren dreiästigen Gebildes rechtwinklig befestigt ist. Der Schwanzanhang, den ich auch als 
fünfte Körperabtheilung bezeichnet habe, ist nicht, wie der übrige Leib, einförmig braun gefärbt, sondern mit einer 
endständigen farblosen Kuppel und einem ebenfalls farblosen, mittleren Längsstreifen versehen. Die Cutieula ist überall 
deutlich quer geringelt. Ueber die innere Organisation habe ich kaum etwas zu melden. Der Verdauungsapparat fehlt, 
wie gesagt, vollständig, und vom Excretionsorgan konnte, wahrscheinlich der dunklen Färbung wegen nichts gesehen 
werden, obgleich die sonst bei anderen Trematoden und Cestoden in Anhängen des Excretionsapparates sitzenden, 
stark lichtbrechenden Körperchen das Parenchym ziemlich dicht erfüllten. 

Von Zeit zu Zeit hielt Onchogaster im Schwimmen inne, um sich nach allen Seiten zu krümmen, oder auch 
auf dem Objeetträger zu kriechen. Im letzteren Falle schnürte er sich in der Mitte dergestalt ein (Taf. V. Fig. 2), dass 
der vorhin als vierte Körperabtheilung bezeichnete Theil vom übrigen Körper tief gesondert erschien, und es wurde 
derselbe, indem er sich napfartig hervorwölbte, als hinterer Saugnapf vom Wurme zum Kriechen benutzt. Das Thier 
kroch dann ganz auf dieselbe Weise wie ein Distomum. Nicht selten wand es sich zusammen und nahm alsdann die 
Fig. 3 dargestellte cylindrische Wurmform an, wobei der Schwanztheil vom eigentlichen Leibe durch eine deutliche 
Einschnürung stets gesondert blieb. 

Beim beständigen Wechsel der Gestalt und des Contractionszustandes wurden genaue Messungen nicht zuge- 
lassen. Die Zeichnungen sind bei 280maliger Vergrösserung entworfen. 

Onchogaster ist offenbar ein auf der Wanderung begriffener und behufs des Schwimmens bewimperter Ein- 
geweidewurm. Ich vermag keine Vermuthung über die ihm zugehörige geschlechtsreife Thierform anzustellen. 


oO 


Claparcde, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wiıbelloser Thiere. 4 


14 k. Abschnitt. Würmer. 


B. Cestoden. 


Ueber einen freischwimmenden Secolex. 
Taf. V. Fig. 6—7. 


Diesem freischwimmenden Scolex bin ich bereits zweimal, zuerst im Lamash-Bay, Holy-Island (Frith of Clyde), dann 
in der Bucht von St. Vaast begegnet. Die mitgetheilten Zeichnungen wurden am ersten Orte bei 300maliger Vergrösse- 
rung ausgeführt. Dieser Wurm schwimmt nicht wie Onchogaster vermittelst eines Wimperapparates, sondern durch die 
schlängelnden Bewegungen des ganzen Körpers, so dass die Ortsveränderung eine nur langsame zu nennen ist. Das 
Rostellum stellt einen vorderen schmalen, aber tief ausgehöhlten Saugnapf dar (Fig. 7). Gleich hinter demselben befin- 
den sich vier im Kreise sitzende Doppelnäpfe, Bexevev’s sog. Bothridien, welche sich bedeutend zu erweitern und 
zusammenzuziehen vermögen. Jede Bothridie bietet eine bald ovale, bald semmelartige Contour dar, und die innere Aus- 
höhlung wird durch eine vorspringende Kante in zwei Räume getheilt, die bald einzeln, bald gemeinschaftlich zur An- 
heftung an fremde Körper dienen. Fig. 6 stellt den am Deckgläschen festgesogenen Wurm vor, so dass das Innere der 
Saugnäpfe dem Beobachter zugekehrt ist. Sog. Kalkkörperchen waren im Parenchym in grosser Anzahl vorhanden. Am 
hinteren Ende erkannte ich die Ausmündung des Excretionsorganes, dessen Stamm eine kurze Strecke verfolgt werden 
konnte. Sehr ähnliche Scolices haben wir aus den Gedärmen des Rhombus maximus und vieler anderen Fischarten, so wie 
auch aus den Verdauungsorganen der Tintenfische durch van BExepen! kennen gelernt, der sie als Entwickelungszustände 
der Phyllobothrien betrachtet. 

Es ist, so viel ich weiss, das erste Mal, dass ein Cestoid im Meere auf activer Wanderung ertappt wird. denn ich 
darf wohl das zweimalige Vorkommen dieses Wurmes im Seewasser auf eine normale Migration beziehen. Es erscheint 


wenigstens kaum denkbar, dass ich auf einen durch Zufall ins Wasser gerathenen Scolex zweimal gestossen sei. 


C. Strudelwürmer. 


Der Seestrand bei St. Vaast zeichnet sich durch einen ausserordentlichen Reichthum an Rhynchocoelen aus, wie 
dies schon durch pe Quarreraces’ umfangreiche Beobachtungen bekannt ist. Da ich aber die Untersuchung dieser Thiere 
meinem Freunde Prof. Kererstein überliess, so werde ich mich auf die anderen Ordnungen von Strudelwürmern beschrän- 
ken, und von den Rynchocoelen nur ein Paar interessante erwähnen, nach denen Prof. Kererstein zur Zeit, wo ich St. Vaast 


verliess, vergeblich gesucht hatte ?. 


a. Rhabdocoelen. 


Die Rhabdocoelen sind mir wegen der unläugbaren Uebergänge zu den bewimperten Infusorien stets interessant 
gewesen. Freilich bin ich Acassız’s Ansicht, wonach viele sog. Infusorien blosse Turbellarienlarven sein sollen®, ebenso 
abhold wie früher, indessen sprach ich mich schon anderswo‘ über die nahe Verwandtschaft der Infusorien, sowohl mit 
den Rhabdocoelen wie mit den Dendrocoelen, deutlich aus. So wie Trachelius Ovum ein unverkennbares Verbindungsglied 
zwischen Infusorien und Dendrocoelen bildet, so sind die jungen Zustände der Rhabdocoelen von Infusorien oft kaum zu 
unterscheiden. In manchen Fällen kann man wirklich in Zweifel sen, ob man mit jungen Strudelwürmern oder mit 


Ciliaten zu thun habe. So ist es mir auch bei Untersuchung der Taf. IV. Fig 3 abgebildeten Thierform ergangen. Es ist 


! Recherches sur la Faune littorale de Belgique par J. J. van BENEDEN professeur ä luniversite catholique de Louvain. Les vers 
Cestoides p. 73. — Memoires de l’academie royale de Belgique. Tome XXV. ” Seitdem gelang es ihm zwar, eine derselben in 


einem Exemplar aufzufinden. Er bildete für diese Art die Gattung Prosorochmus und war so gütig, die Species nach mir zu benennen. 
Leider war in der Zwischenzeit meine Zeichnung in Stich übergegangen und konnte nicht mehr unterdrückt werden. ® Proceedings 
of the American Association for the Advancement of science. Second meeting Boston 1850. p. 438. Silliman’s Journal of Science and Arts 
Nr. 27. May 1850. * Etudes sur les Infusoires et les Rhizopodes par En. Crararkoe et Jon. Lacumans. Tome I. Geneve 1858 
—1859. p. 61. ; 


II. Platyelmia. 15 


dieselbe ein gestreckt eiförmiges, 0,28 Mm. langes, sich um seine Axe schraubenartig fortbewegendes Wesen, dessen am 
vorderen Pol angebrachter Mund (0) durch eine kurze Schlundröhre in eine breite Leibes- und Verdauungshöhle führt 
Von einer Afteröffnung wurde nichts bemerkt. Die Leibeshöhle enthielt nur ölartige Tropfen und einige verschluckte 
Diatomaceen. Soweit dürfte man dieses Thier für ein Infusorium trotz der Abwesenheit des bei so vielen Species übrigens 
sehr schwer zu entdeckenden Nucleus halten. Nun aber fällt ein Organ sogleich ins Auge, das bei Infusorien bisher nie 
beobachtet wurde. Es ist nämlich eine Gehörkapsel mit darin enthaltenem linsenförmigem Otolith (of). Ich kenne wohl 
das bei Ophryoglenen dicht bei der Speiseröhre vorkommende linsenförmige Gebilde. Es ist aber dieses von den bei 
Würmern vorkommenden Sinnesorganen so sehr verschieden, dass man es letzteren nur zweifelnd an die Seite setzen 
kann. Die linsenhaltige Kapsel unseres Thieres aber ist der Gehörkapsel von Monocelis und namentlich — da die kleinen 
Ötolithanhänge von Monocelis hier fehlen — von Convoluta so durchaus ähnlich, dass die Bedeutung beider Organe 
offenbar dieselbe sein muss. Dieses Umstandes halber bin ich geneigt, das Thierchen zu den Rhabdocoelen zu bringen, 
ziehe es aber vor, dasselbe, da es unreif ist, vorläufig mit keinem Gattungs- und Artnamen zu belegen. Dass die 
Leibes- von der Verdauungshöhle nicht zu unterscheiden war, kann uns hier, da letztere bei sehr jungen Rhabdocoelen 


überhaupt nicht leicht zu unterscheiden ist, wohl nicht irre machen. 


Vortex Ehrenberg. 


Vortex hispidus nov. sp. 
Taf. IV. Fig. 4. 


Diagnose: Körper weisslich, drehrund, 0,28 Mm. lang, vorn etwas verschmälert, hinten zugespitzt, mit An- 


deutung einer Quergliederung. Vorderes Ende mit starren Börstchen besetzt. Zwei schwarze Augen. 


Diese in Tümpeln am Ebbestrand nur ein paar Mal angetroflene Vortexart ist an den starren Borsten des vorderen 
Leibesendes leicht kenntlich. Diese Eigenthümlichkeit hat sie zwar mit Scumwr’s Trigonostomum setigerum'! gemein, das 
sich aber von Vortex hispidus durch die auffallende Bildung der Ruthe genugsam unterscheidet. Der Gattungsunterschied 
zwischen Vortex und Trigonostomum würde sonach auf der gewundenen Gestalt des Penis bei letzterem einzig und allein 
beruhen, und es steht damit im Einklang, dass Scauiwr den Namen Trigonostomum' später fallen liess und denselben gegen 
Spirochytus” vertauschte. 

Die vorderste Leibesspitze ist nur mit Börstchen besetzt, ohne dazwischensitzende Flimmereilien. Hinten trägt 
der Körper eine unverkennbare Andeutung von Quergliederung, wie ich schon bei einer anderen Rhabdocoele aus den 
Hebriden beschrieb ®. 

Der Mund (o) liegt auf der Bauchseite hinter dem Stirnrande und führt zu einem tonnenförmigen Schlundkopf (ph), 
der selbst in den Darm (ö) unmittelbar mündet. Vom Geschlechtsapparat bemerkte ich — da die Thiere offenbar noch 


unreif waren — nur die Geschlechtsöffnung (p. s.) und die hakenförmige Ruthe (p). 


Macrostomum Oersted. 


Macrostomum Schultzü nov. sp. 
Taf. IV. Fig. 1—2. 


Diagnose: Körper 0,37 Mm. lang, weisslich, beinahe drehrund, hinten in einen platten, zum Anheften dienenden 
o be) 


Schwanz ausgehend. Zwei kleine, hinter dem Munde liegende Augen. Eierstock unpaarig. 


1 Neue Rhabdocoelen aus dem nordischen und dem adriatischen Meere von Dr. E. ©. Scnwr. Sitzungsberichte der K. K. Aka- 
demie der Wissenschaften zu Wien IX. 1852. p. 500. ? Zur Kenntniss der Turbellaria rhabdocoela und einiger anderer Würmer des 
Mittelmeeres von ©. Scuwivrt. Sitzungsbericht der K. K. Akad. der Wiss. zu Wien. XXIII. 1857. p. 356. ® Etudes anatomiques 
sur les Annelides, Turbellaries et Opalinides observes dans les Hebrides par En. Crarankpe. Geneve 1861. p. 33. 


4% 


16 4. Abschnitt. Würmer. 


Diese zierliche, zwischen Fucoideen und Zosteren bei St. Vaast vorkommende Species bietet eine grosse Aehn- 
lichkeit mit unserer Süsswasserart Macrostomum hysirixw Orrsr. dar, nur ist sie, wie aus obiger Angabe leicht zu ersehen, 
circa 6 Mal kleiner. Diese Aehnlichkeit ist zuvörderst in der Hautbeschaffenheit begründet, da dieselben pfriemenförmigen 
Stäbehen, die von M. hystriv genügend bekannt sind, auch in die Haut von M. Schultzüi eingestreut vorkommen. Beim 
ersten Anblick hielt ich sie für vereinzelte Gebilde, dies war aber nur ein aus der Kleinheit des Thieres zu erklärendes 
Scheinbild, da die Stäbchen bei starker Vergrösserung meist zu dreien mit einander verbunden erschemen, welche mit 
ihrer Spitze über der Oberfläche der Haut etwas hervorragen. Diese Stäbchengruppen kommen nur in der Rückenhaut 
und zwar gegen das vordere und zumal das hintere Ende am zahlreichsten vor. Ausserdem zeichnet sich die Haut durch 
zarte, steife Borstenhaare aus, die ebenfalls am Vorder - und Hintertheil zahlreicher und auch länger sind. 

Die bauchständige Mundöffnung befindet sich etwas vor den auf dem Rücken gelegenen Augenflecken. ScuuLtze’s 
Charakteristik der Gattung Macrostomum ist also danach zu verbessern, da dieser ausgezeichnete Kenner der Turbellarien 
Macrostomum hauptsächlich durch die Lage des Mundes hinter den Augen oder resp. dem Ötolithen von Schizostomum 
getrennt wissen will. 

Die Mundöffnung (o) stellt, wie bei den Schizostomeen überhaupt, eine Längsspalte vor, die in einen kurzen 
musculösen. bei anderen Macrostomenarten nicht bekannten Schlund (ph) führt. Die Wand des Darmcanals (i) Nimmert 
sehr stark, so dass die verschluckten Bissen in beständigen Drehbewegungen begriffen sind. 

Der Geschlechtsapparat ist durch die Anwesenheit von zweierlei Geschlechtsöffnungen merkwürdig. Bei Macro- 
stomum hystrix bezweifelte schon Max Scnvrtrze!, ob die Ruthe zu der einzigen von ihm erkannten, aber ziemlich entfernt 
liegenden Oeflnung ausgestossen werden könne, und ich kann aus eigener Anschauung betheuern, dass mir dieser Zweifel 
höchst gerechtfertigt erscheint. Nun aber wurde bei Macrostomum Schultzu ein von dem Porus femininus (p. f.) sehr 
entfernter Porus masculinus (p. m.) mit Entschiedenheit gesehen. Demnach ist die Gattung Macrostomum neben Convoluta? 
zu stellen und bilden diese beiden Genera unter den Rhabdocoelen eine ähnliche Abtheilung wie pe Quarkerases’ See- 
planarien mit getrennten Geschlechtsöffnungen unter den Dendrocoelen. 

Vom weiblichen Geschlechtsapparat erkannte ich ausser der Vulva (p.f.) nur den Eierstock (ov), der nicht wie sonst 
auf beiden Seiten des Darmes, sondern unpaarig auf der Mittellinie lag. Es enthielt derselbe nicht mehr als zwei Eier, 
wovon das eine die ganze Breite des Thieres einnahm und daher wohl als nahezu reif zu betrachten war. 

Der männliche Geschlechtsapparat liegt ganz nahe am Hinterende im flachen Schwanztheil (Fig. 1. t und Fig. 2) 
und besteht aus einem unpaarigen Hoden (Fig. 2. t), einer kleinen Samenblase (v), einem steifen hakenförmigen Penis (9) 


und einem birnförmigen Vorhof (a), woran die männliche Geschlechtsöffnung (p) zu finden ist. 


Prostomum Oersted. 


Prostomum Kefersteini nov. sp. 


Tat. II. Big 16. 


Diagnose: Körper 1,—2 Mm. lang, drehrund, vorn und hinten verschmälert, weisslich, mit einem goldgelben 


Längsstreifen auf dem Rücken, Mundöffnung bauchständig zwischen dem ersten und zweiten Drittel der Gesammtlänge. 


Dieses schöne, in allen Seewassertümpeln bei St. Vaast la Hougue und Tatihou massenhaft vorkommende Pro- 
stomum, welches ich meinem verehrten Freund Prof. Krrerstei in Göttingen widme, ist mir desshalb sehr wichtig gewesen, 
weil es mich in Stand setzte, die schwebende Frage über die Lage der Mundöflnung bei den Prostomen zu einem endlichen 
Abschluss zu bringen. Bis vor kurzer Zeit versetzte man einhellig den Mund der Prostomen an die vordere Spitze, wobei 


das vordere kegelförmige Organ für Schlundkopf und das mittlere saugnapfartig aussehende Gebilde für Haftnapf erklärt 


' Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien von Dr. Max Sıcısmunn ScuuLtze. Greifswald 1851. p. 57. ® cf. Etudes 
analomiques sur les Annelides, Turbellaries et Opalines observes dans les Hebrides par Ep. Crapankpe. Geneve 1861. p. 57. 


II. Platyelmia. 7 


wurden. Vor einigen Jahren aber machte Leverarr in seinem Bericht! die beiläufige Bemerkung, dass der vermeintliche 
Saugnapf eigentlich ein Schlundkopf wohl sein könne. Diesem Beispiel folgend, sprach kurz darauf Oscar Scumwr bei 
seiner Beschreibung von Prostomum immundum? eine ähnliche Vermuthung aus. Ich gelangte selbst durch eigene an Pro- 
stomum caledonicum in den Hebriden angestellten Untersuchungen zu einer ähnlichen Ansicht und zwar auf ganz selb- 
ständige Weise. Die Sache lag aber noch im Reiche der Vermuthungen, bis es mir bei Prost. Kefersteinü glückte, das 
Verschlucken der Nahrung zu ertappen, und das Ueberführen der Bissen in den Darm (Fig. 3. d) durch die Schlingbewe- 
gungen des vermeintlichen Haftnapfes (Fig. 3. ph) unmittelbar wahrzunehmen. Dadurch wird also dieses Organ zum 
wirklichen Schlundkopf und die kreisrunde Oeffnung auf der Bauchfläche (Fig. 3. 0) zum Maul gestempelt. Was das 
vordere, kegelförmige Organ (Fig. 1. a) anbetrifft, so ist dasselbe als ein hervorstülpbarer, demjenigen der Nemertinen 
gleichzustellender Rüssel aufzufassen. Im Ruhezustande liegt es in einer durch eine Einstülpung der dicken Körperhaut 
gebildeten Höhle, und es ist unschwer, an ihm eine Kernmasse und eine Rindenschicht zu unterscheiden. Erstere (Fig. 1.b) 
ist ein kegelförmiger Muskel, dessen breite Basis an das weissliche, die beiden Augenflecke tragende Hirnganglion stösst. 
Die Rindenschicht (Fig. 1. a) überzieht nur den vorderen, in die Rüsseltasche eindrmgenden Theil des Kernmuskels. Es 
ist offenbar eine etwas modificirte, hier mit conischen Papillen dicht besetzte Verlängerung der Körperhaut. Einige Male 
beobachtete ich, wie die Thiere den Rüssel freiwillig hervorstreckten (Fig. 2), und noch öfter gelang es mir durch leichten, 
vermittelst des Deckgläschens ausgeübten Druck, den Austritt des Organs durch die vordere Oeflnung künstlich hervorzu- 
bringen. Es fällt alsdann nicht schwer, sich davon zu überzeugen, dass dieses Gebilde keine Höhlung enthält und mithin 
zur Nahrungsaufnahme «durchaus nicht dienen kann. 

Der Geschlechtsapparat liegt unterhalb des Darmes und nimmt demnach die Bauchseite des Thieres ein. Der 
durch Leberpigment braun gefärbte Darmcanal (Fig. 1. e und Fig. 3. d) liegt eigentlich der gewölbten Rückenwandung 
dicht an und krümmt sich sowohl nach vorn — am Schlunde nämlich — wie nach hinten, wo er blind endigt, gegen die 
Bauchfläche hin. So entsteht ein weiter, zwischen der Bauchwand und dem sich gewölbeartig hinziehenden Darme 
gelegener Raum, der den grössten Theil der Geschlechtsorgane aufnimmt (cf. Fig. 3). 

Der Geschlechtsapparat (Fig. 6, von der Bauchfläche dargestellt) besteht wie sonst aus einem männlichen und 
einem weiblichen Theile. Am ersten kann man zwei Hoden (f), zwei von Zoospermien meist strotzende Samenblasen (v), 
einen Samengang, eine Ruthe (z) und einen Vorraum (a) unterscheiden. Die Hoden nehmen über zwei Fünftel der Ge- 
sammtkörperlänge ein und reichen nach vorn zu bis an die Seite des Rüsselapparates. Sie sind der einzige Theil des Ge- 
schlechtsapparates, der nicht ganz und gar unter den Darm zu liegen kommt und welcher desshalb auch bei der Rückenlage 
des Thieres zu sehen ist (cf. Fig. 1.0). Der birnförmige Penis (Fig. 3. r) liegt von der gemeinschaftlichen Geschlechts- 
öffnung (Fig. 3. und 6 p) sehr weit entfernt, wenn ich auch nicht im Mindesten bezweille, dass er zu derselben durch den 
schlauchförmigen Vorraum (Fig. 6. a) ausgestossen werden könne. 

Vom weiblichen Theile des Geschlechtsapparates nahm ich nur die beiden Eierstöcke (Fig. 3 und 6 ov) und den 
in den Vorraum mündenden Uterus wahr. Die Auflindung der Eileiter gelang mir dagegen nicht. Im leeren Zustande 
stellt der Uterus eine birnförmige, sehr dieckwandige Tasche (Fig. 6. «) dar. Zur Zeit der Reife nimmt er ein einziges Ei 
(Fi 


(Fig. 5) umgiebt. Es erreicht dann zuweilen bis 0,43 Mm. im Durchmesser. Der Eistiel Jiegt im Gebärmutterhalse, der 


I Q 


3. e) auf, das bald zu einer ansehnlichen Grösse (cf. Fig. 4) heranwächst, und sich mit einer harten, gestielten Schale 


Geschlechtsöffnung zugewandt. Ausser dem einzigen in dem Uterus enthaltenen Ei sieht man oft noch ein Paar andere 
(Fig. 3), welche den normalen Durchmesser der Eierstockeier bereits überschritten haben. ohne jedoch dem Uterusei 
gleichzukommen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass diese Eier im Eileiter sitzen, obschon es mir niemals gelang, die 
Wandung dieses Ganges wahrzunehmen. 

Zum Schluss will ich noch bemerken, dass der goldgelbe Streifen auf der Mittellinie des Rückens kein ganz con- 
stantes Merkmal ist. Mitunter zieht er sich vom vorderen bis zum hintersten Ende, oft aber ist er, wie in Fig. I, am 


Nacken unterbrochen, oder zerfällt gar in mehrere Stücke, endlich kann er in einzelnen Fällen vollständig verschwinden. 


! Bericht über die wissenschaftlichen Leistungen in der Naturgeschichte der niederen Thiere von Dr. Run. LEucKART. Archiv für 
Naturgeschichte XX. p. 347. ? Sitzungsberichte der K. K. Akademie der Wissenschaften zu Wien XXIII. 1857. p. 355. 
? Recherches analomiques sur les Annelides, Turbellaries et Opalines, observes dans les Hebrides p. 75. 


Claparede, Anatomie u. Entwickelungsgesch. wirbelloser Thiere. 5 


18 k. Abschnitt. Würmer. 


Prostomum Kefersteinii erscheint durch die Beschaffenheit des Rüssels mit Prost. immundum Seunwr ! und Prost. 
Botterii Scun.? nahe verwandt, unterscheidet sich aber von denselben nicht nur durch den Rückenstreifen, sondern auch 


(durch die Gestalt des Begattungsglieds mit der grössten Leichtigkeit. 


Convoluta Oersted. 


Convoluta minuta nov. sp. 
Tafs_V../Fig. 8. 


Diagnose: Körper 0,25 Mm. lang, Nach, vorn verbreitert, hinten zugespitzt. Eierstock unpaarig in der Mittel- 


linie. Gleichzeitiges Reifwerden der Eier und Samenfäden in denselben Individuen. 


Dieses niedliche Thierchen, das ich zwar mit einigem Zweifel — da ich nur eine Geschlechtsöffnung bei demselben 
mit Bestimmtheit erkannte — zu Convoluta stelle, steht, was die Grösse anbetriflt, sehr vielen bewimperten Infusorien 
beträchtlich nach. Es ist ein wahrhaft mikroskopischer Wurm und dennoch offenbar eine Turbellarie. Der Leib ist farblos, 
nur mit zwei strahligen, nahe am vorderen Rande angebrachten ziegelrothen Flecken versehen. Der Mund (o) stellt, wie 
bei den anderen Gonvolutaarten, eine Längsspalte auf der Bauchfläche vor. Sonst entzog sich der Verdauungstractus den 
Forschungen gänzlich. Die Haut ist mit starren Stäbchen besetzt, die namentlich am vorderen Ende angehäuft sind und 
die vielleicht den Nesselorganen von Convoluta paradoxa* gleichzustellen sind, obschon ich über ihre Structur und zwar 
nur der Kleinheit wegen nichts ermitteln konnte. 

Die Lage der 0,014 Mm. breiten Gehörkapsel ist genau dieselbe, wie bei den anderen Convoluten. Der darin 
enthaltene Otolith (of) erreicht einen Durchmesser von 0,010 Mm. und ist genau linsenförmig. 

Die Geschlechtsöffnung (p) liegt sehr weit hinter dem Munde. Möglicher Weise functionirt sie nur als Vulva und 
dann müsste der Porus masculinus weiter nach hinten zu finden sem. Der Eierstock (ov) bestand aus einer Ansammlung 
von kleinen Eichen, wovor ein viel grösseres, wahrscheinlich in einer Gebärmutter enthaltenes Ei lag. Letzteres hatte 
einen Durchmesser von 0,09 Mm., bestand aber hauptsächlich aus einer seeundären Dottermasse, worin das eigentliche 
nur 0,02 Mm. breite Eichen eingebettet war. Am letzteren konnte ich noch ein 0,010 Mm. breites Keimbläschen und 
einen eirca 0,0030 Mm. breiten Keimfleck unterscheiden. 

Der männliche Apparat besteht aus einem Hoden (f) und einer Samentasche, worin sich die nur 0,010 Mm. langen 
Samenfäden sehr lebhaft tummelten. Ich vermuthe, dass diese Samentasche durch emen eigenen Porus direct nach aussen 
führt, und wenn es sich damit wirklich so verhalten sollte, dann würde unser Thierchen zur Gattung Convoluta unstreitig 
zehören. 

C. minuta bietet eine gewisse äussere Aehnlichkeit mit Monocelis hyalina va Ben.‘ dar, die aber etwa 5 Mm. lang 
ist. Dieses Thier ist übrigens, beiläufig gesagt, zu Monocelis nicht zu rechnen, da es, nach vax Bexepev’s Abbildung zu 


urtheilen, keinen schlauchförmigen Rüssel besitzt. 


2. Dendrocoelen. 
Planaria Ehrenb. 


Planaria dioica nov. sp. 
Taf. II. Fig. 7—13. 
Diagnose: Körper 2 Mm. lang, bandförmig, nach vorn zu etwas verjüngt. Rückenseite mit zahlreichen Warzen 


besetzt. Zwei schwarze Augen. Farbe bräunlich, am Rücken mit schwarzen Flecken besprenkelt. Thiere getrennten 


Geschlechts. 
' Sitzungsberichte der K. K. Akademie der Wiss. zu Wien XXI. 1857. p. 355. Zune 1852. ‚DA IAE ® S. Meine 
Recherches anatomiques sur les Annelides ete. p. 60. * Recherches sur la faune littorale de Belgique par van BENEDEn. — Turbel- 


laries. Mem. d. Tacad. roy. de Belgique. XXX. 1861. 


II. Platyelmia. 19 


Diese prachtvolle, obschon kleine Planarie kroch auf den Zosterenwiesen in der Nähe der Insel Tatihou in grosser 
Anzahl umher. Sie war nicht nur an Stellen, die zur Ebbezeit trocken gelegt werden, sondern auch an bei niedriger See 
unter bedeutender Wasserschicht verborgen bleibenden Orten stets mit Leichtigkeit zu verschaffen, Planaria dioica ist das 
erste Beispiel einer Dendrocoele getrennten Geschlechts und verdient wohl insofern näher betrachtet zu werden. Die That- 
sache selbst, dass Dioicität auch in dieser Familie angetroffen wird, kann uns nicht Wunder nehmen. Die neuere Zeit hat 
uns genugsam belehrt, dass Hermaphroditismus oder resp. Trennung der Geschlechter mit der systematischen Zoologie 
keineswegs Hand in Hand schreitet. Ich brauche nur an die bekannten Fälle von Dioieität bei gewissen Distomen , deren 
Entdeckung wir Korrier! und Bırnarz”? verdanken und an die ebenso unerwartete Auffindung von Zwitternematoden 
durch Sensewer® und Carter‘ zu erinnern. Solche Vorkommnisse in Classen des Thierreiches, die sonst die grösste Ein- 
heit in der Anordnung der Geschlechtstheile darbieten, nehmen das Auffallende der Begegnung von diöcischen Thieren in 
Ordnungen von sonst durchgehend Zwitterthieren wie die Dendrocoelen, die aber zu Classen (Turbellarien) gehören, in 
denen ganze Ordnungen getrennten Geschlechts (Rhynchocoelen) sind, beinahe hinweg. Schon vor einiger Zeit machte ich 
auf einen ähnlichen Fall von Trennung der Geschlechter bei einer Rhabdocoele, nämlich bei Convoluta ,’ aufmerksam. 
Indessen fand ich bei den männlichen Individuen dieser Thiergattung stets Andeutungen des weiblichen und bei den weib- 
lichen umgekehrt einige Spuren des männlichen Geschlechtsapparats, so dass die Vermuthung sich aufdrängte, ob nicht 


diese Thiere wirkliche Zwitter, aber mit successivem Hermaphroditismus, seien. Bei unserer Planaria aber kann ein 


solcher Zweifel — da stets entweder nur die männlichen oder nur die weiblichen Geschlechtstheile auf demselben Indivi- 
duum angetroffen werden — nicht mehr obwalten. 


Nichtsdestoweniger sind beide Geschlechter in Bezug auf Farbe und Gestalt einander vollkommen gleich, so dass 
ein näheres Eingehen in die anatomischen Verhältnisse erforderlich ist, um die Männchen von den nicht trächtigen Weib- 
chen zu unterscheiden. Die Grundfarbe erscheint bräunlich mit einem Stiche ins Gelbliche. Gleichwohl lehrt eine nähere 
Untersuchung, dass die Haut eigentlich weiss ist, indem die braune Färbung vom Durchschimmern der mit einem Leber- 
überzug versehenen Aeste des baumartig verästelten Darmcanals herrührt. Ausserdem zeigt die Rückenseite eine zierliche 
Sprenkelung mit pechschwarzen, unregelmässig sternförmigen Fleckehen. Die Mittellinie bleibt frei von dieser Zeichnung 
und erscheint daher als ein heller Streif auf dunklem Grunde (Fig. 7). 

Die Hautbedeckung ist dick und schliesst zahllose, 0,007—0,008 Mm. lange Stäbchen (cf. Fig. 13) ein, die den 
gleichen Gebilden anderer Planarien durchaus ähneln. Die ganze Rückenfläche ist mit erhabenen Papillen oder Wärzchen 
besetzt, die an den Seiten und namentlich am vorderen Ende zahlreicher sind. Beim ersten Anblick erinnern diese Papillen 
an diejenigen des Hinterendes von Monocelis sehr lebhaft. Eine nähere Untersuchung lehrt aber, dass sie entschieden viel 
weniger contractil sind. Sie sind, was ihre Gestalt anbetriflt, ziemlich constant und mit vielen stäbchenartigen Gebilden 
(Fig. 13) besetzt, die aber weit kleiner sind als die eigentlichen Hautstäbchen. Die Flimmereilien sitzen nur zwischen die- 
sen Wärzchen, niemals auf denselben. 

Die beiden schwarzen, der brechenden Medien ermangelnden Augen liegen auf dem Rücken, am Ende des ersten 
Körperviertels. Sie sitzen unmittelbar auf den Hirnganglien. 

Die Mundöflnung (Fig. 8. 0) befindet sich etwa in der Mitte der Bauchfläche und führt in einen Vorraum, worin 
der schlauchförmige Rüssel (s), so lange keine Nahrungsaufnahme statt hat, verborgen liegt. Der Rüssel mündet in einen 
dendritischen Darm, der sogleich in drei Hauptäste zerfällt: der eine, dickere, richtet sich nach vorn, die beiden anderen, 


dünneren, an den Seiten liegenden, nach hinten. Fig. 7 giebt die Verästelung des Darmes ziemlich genau wieder. 


So weit wurden beide Geschlechter zugleich besprochen. Nun aber kommen wir zum Geschlechtsapparat und 


müssen demnach männliche und weibliche Individuen auseinanderhalten. Fig. 8 stellt ein Männchen, Fig. 9 ein Weibchen 


! Distoma Okenii, ein Doppelloch mit getrennten Geschlechtern, von Ars. KörLiker. Bericht von der K. zootom. Anstalt zu Würzburg. 


1849. p. 55. ® Ein Beitrag zur Helminthografia humana von Turon. Bırmarz. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. 1853. Bd. IV. p. 53. Fernere 
Mittheilungen über Distomum haematobium von Tu. Bırmarz. Ibid. p. 454. 3 Ueber eine Nematodenlarve und gewisse Verschiedenheiten 
in den Geschlechtsorganen der Nematoden von Dr. Axton Schneider. Zeitschr. f. wiss. Zoologie. Bd. X. p. 176. * On a bisexual Ne- 
matoid in the common fly, by H. J. Carter. Annals and Mag. of Natural History. T. VII. 1861. p. 31. ° In meinen Recherches anato- 


miques sur les Annelides etc. p. 60. 


20 4. Abschnitt. Würmer. 


dar. Beide kehren die Bauchseite dem Beobachter zu, sind aber etwas verunstaltet, namentlich durch das Compresso- 
_rium etwas Nlachgedrückt. Ausserdem wurde der Klarheit wegen die hindurchschimmernde Hautsprenkelung weggelassen. 
Es versteht sich also von selbst, dass die Färbungs- und Gestaltungsverhältnisse von Fig. 7 sowohl für Männchen wie für 
Weibchen allein maassgebend sind. 

Beim Männchen (Fig. 8) wird die ganze Bauchseite vom Begattungsglied (p) bis zum Hirnganglion von zahlreichen 
Hodenbläschen eingenommen. Deren Anzahl beträgt circa sechszig, und es fällt nicht schwer, Zoospermienbündel wahrzu- 
nehmen. Dass jede Hodenblase einen Ausführungsgang besitzt, ist nicht zu bezweifeln. Gleichwohl wollte mir die Auflin- 
dung desselben nicht gelingen und ich musste mich mit der Entdeckung zweier dicken, durch das Zusammenfliessen dieser 
vielen Ausführungsgänge wahrscheinlich entstehenden Aeste begnügen, die sich selbst bald zu einem gemeinschaftlichen 
Ductus deferens (Fig. 10. d) vereinigen. Letzterer schwillt unmittelbar vor der Basis des Begattungsgliedes zu einer Sa- 


menblase (v) an, die ich meist strotzend von Zoospermien vorfand. Das Begattungsglied besteht aus zwei hintereinander 


ba 


gelegenen Theilen (/ und K), wie dies bei mehreren anderen Planarien, so z. B. bei der Gattung Bipalium,' der Fall ist. 
Das vordere Stück ist eine muskulöse Tasche (fi), in deren Höhlung ein kugeliges vom Ductus ejaculatorius durchbohrtes 
Gebilde (A) hineinragt, das hintere Stück (K) ist ein ebenfalls muskulöser, in der Axe durchbohrter Kegel, der an dem mit 
der Geschlechtsöffnung (p) versehenen Vorraum (a) stösst. In die Höhlung des Begattungsgliedes münden ausserdem zwei 
von accessorischen Drüsen wahrscheinlich stammende Ausführungsgänge (g). Die aus der Samenblase hervorgepressten 
Zoospermien (Fig. 11) sind fadenförmig ohne Endanschwellung, zeichnen sich aber durch die Anwesenheit eines durch- 
sichtigen membranösen Längssaumes aus. 

Die Weibchen besitzen stets nur zwei in der vorderen Körperhälfte und zwar hinter den Hirnganglien gelegene 
Eierstöcke (Fig. 9. ov und Fig. 12). Die Lage dieser Drüsen stimmt also mit den Beobachtungen anderer Forscher, nament- 
lich Max Senurrze’s® bei anderen Planarienarten überein. Sie verdienen wohl den Namen eines Eierstockes, denn die darin 
enthaltenen Geschlechtsproducte sind vollständige Eier mit 0,009—0,01 breitem Keimbläschen und Keimfleck (ef. Fig. 12 
isolirter Eierstock). Nichtsdestoweniger kommen zahlreiche, zwischen die Darmäste eingekeilte s. g. Dotterstöcke vor, die 
den Stoff zum secundären Dotter liefern. Die Ablagerung dieses Stoffes um das Ei findet, wie bei anderen Planarien, in 
einem in der Hinterhälfte des Thieres gelegenen Uterus statt. Die Leitungsorgane von den Eierstöcken und Dotterstöcken 
zu diesem Organ konnten nicht ausfindig gemacht werden. Es gelangt stets nur ein Ei” auf ein Mal zur vollständigen Reife 


(Fig. 9. 0), welches dieselben inneren Grössenverhältnisse darbietet , wie die Eier unserer Süsswasserplanarien. Die Vulva 


(= 
[u le} 


ig. 9. p) liegt nicht ganz so weit nach hinten wie die Geschlechtsöffnung bei den Männchen. 


Stylochus Ehrenb. 


Stylochus maculatus de Quatrefages.‘ 
Day Ries 7. 


Siylochus maculatus ist eine der in Quarkerases’ schönen Abhandlungen über Seeplanarien mit doppelter Ge- 
schlechtsöffnung näher untersuchten Species. Es erschien, wie bekannt, diese Abhandlung kurze Zeit nach der Veröflent- 
lichung der Untersuchungen Oerstev’s® über die Plattwürmer, ohne dass Quarrerases auf dieselben hätte Rücksicht nehmen 


können. Daraus erwuchs nicht nur der Nachtheil, dass viele Gattungen von beiden Verfassern verschieden benannt, son- 


' Description de quelques especes nouvelles de Planaires terrestres de Ceylan par ALois HumBErT, suivies d’observations anatomiques 
sur le genre Bipalium par Ep. CrAraröpe. Memoires de la Soc. de Phys. et d’hist. natur. de Geneve 1862. p. 293. ? So z. B. bei Pla- 
naria torva Müll. S. Icones zootomicae, mit Originalbeiträgen der Herren G. J. Arıman, G. GEGEnBAUR, Tu. H. Huxtey, Ars. KörLıker, N. Mür- 
ter, M. S. Scuurtze, C. Tu. E. v. Sıeporp und F. Sıeın, herausgegeben von Jur. Vıcr. Canus. Leipzig 1857. Taf. VII. Fig. 18. ® Ich 
unterliess es leider zu untersuchen, ob dieses sog. reife Ei mehrere Eierstockeier enthält oder nicht. * Etudes sur les types inferieurs 
de l’embranchement des Anneles par Mr. A. pe QuArrErAGESs. Memoire sur qq. planariees marines. Ann. des sc. nat. 1845. IV. p. 144. 
— Dass QuArrerasEs' Gattung Siylochus mit BLAısviLLe's Planocera zusammenfällt, habe ich übrigens anderswo bewiesen. Vgl. meine Recherches 
anatomiques sur les Annelides, Turbellaries etc. p. 73. ® Forsög til en ny Klassification af Planarierne (Planariea Duges), grundet paa 
mikroskopisk-anatomiske Undersögelser ved A. S. Örsten. Naturhistorisk Tidsskrift udgivet af Hexnık Kröver. Fjerde Bind. Kjöbenhavn 
1342—43. p. 519; und Entwurf einer systematischen Eintheilung der Plattwürmer. Copenhagen 1844. 


II. Platyelmia. 21 


dern auch der, dass der Vergleich der beiden Eintheilungsprineipien dadurch sehr erschwert wurde, «dass der eine Verfasser 
manche Merkmale für sehr wichtig hielt, welche vom andern nicht einmal berücksichtigt wurden. So gründete z. B. 
Orrsten seine Ordnung der Gryptocoelen auf die eigenthümliche Beschaffenheit des Rüssels einiger Dendrocoelen, die von 
Mertens im stillen Meer beobachtet wurden und für welche Dirsine die Gattung Centrostomum schuf. Als mir vor drei 
Jahren auf den Hebriden ein Gentrostomum begegnete, dessen äussere Gestalt an die von QuAarkerases untersuchten See- 
planarien mit doppelter Geschlechtsöffnung lebhaft erinnerte, drängte sich mir die Frage auf, ob nicht diese eigenthümliche 
Beschaffenheit des Rüssels, worauf OErstEen seine Ordnung der Gryptocoelen basirte, allen Planarien mit doppelter Ge- 
schlechtsöffnung und centralem Munde zukomme. Leider liess mich pe Quarrerases’ Abhandlung hierüber im Unklaren, 
indem der Rüssel im Text nur sehr kurz besprochen wird und die dabei erwähnte » unter dem Druck des Deckgläschens « 
entstehende Faltenbildung auf den Abbildungen weggelassen ist. 

Das häufige Vorkommen von Stylochus maculatus in St. Vaast war mir daher sehr erwünscht, um die richtigen 
Verhältnisse aus eigener Anschauung kennen zu lernen, und sogleich stellte es sich heraus, dass ve Quarrerases’ Seepla- 
narien mit doppelter Geschlechtsöflnung mit Oerstep’s Cryptocoelen als Ordnung grösstentheils zusammenfallen. 

Stylochus maculatus (Tat. IV. Fig. 5 bei achtmaliger Vergrösserung) stellt ein breites, hinten verschmälertes Blatt 
dar, dessen hellbräunliche Farbe sowohl von der hindurchscheinenden Leber wie von kleinen gelben und violetten Pigment- 
flecken herrührt. Durch Wegfallen dieser Pigmentzellen und Abwesenheit der Leberblindsäcke entsteht auf der Mittellinie 
eine Reihe von grossen, den darunter liegenden Haupttheilen des Verdauungs- und Geschlechtsapparates entsprechenden 
weissen Flecken. Tentakeln und Augenflecke sind aus Quarrerases’ Beschreibung genügend bekannt. 

Der Mund (Fig. 6. 0) ist eine kreisförmige, in der Mitte der Bauchfläche gelegene Oeffnung, die zum Eingange in 
die geräumige Tasche dient, worin der Rüssel liegt. Letzterer ist ganz ausserordentlich entwickelt und hat in der grossen 
Rüsseltasche dennoch nicht Raum genug, um sich völlig auszudehnen, so dass er sich in viele Falten (Fig. 6. ph) legen 
muss. Diese Faltenbildung rührt nicht, wie ich es ausdrücklich bemerken will, vom Druck des Deckgläschens oder des 
Compressoriums, sondern einzig und allein von den normalen Raumverhältnissen her. Zur Fresszeit kommt dieser Rüssel 
zum Mund heraus und spreizt sich alsdann auseinander. Sein freier Rand dehnt sich stellenweise lappenartig aus, nur 
nicht so stark als Merrens' es von Gentrostomum abgebildet hat. Diese Rüsselbildung weicht aber von derjenigen unserer 
Süsswasserplanarien bedeutend ab, kommt aber, wie ich es von Bipalium Phoebe Hu». aus eigener Anschauung weiss, 
bei Landplanarien ebenfalls vor. Der Rüsselgrund functionirt übrigens als Magenhöhle. Mehrmals traf ich halbverdaute 
Entomostraca an dieser Stelle an und niemals sah ich Nahrungstheile in die sog. Darmäste eindringen. Letztere Organe 
(Fig. 6. h) sinken offenbar bei Stylochus zur Bedeutung von blossen Leberschläuchen herab und diese Gattung ist unter 
den Dendrocoelen vielleicht diejenige, welche dem Phlebenterismus in Quarkerases’ Sinne am wenigsten das Wort redet. 
Bei nicht zu alten Individuen kann man sich sogar überzeugen, dass die sog. Darmäste aus aneinander gereihten Zellen 
mit braunen darin enthaltenen Gallenconcrementen bestehen. 

Die Geschlechtsverhältnisse sind schon von Quarrerases genau besprochen worden. Die Hoden (Fig. 6. i) finde ich 
etwas anders gelagert als in seiner Abbildung. Da sie aber bei verschiedenen Individuen verschieden gestaltet sind, und 
dla sogar der linke vom rechten auf demselben Individuum in Betreff der Form mitunter etwas abweicht, so darf ich darauf 
kein Gewicht legen. Die beiden Samenleiter (Fig. 7. d), die Quarrerases entgangen sind, sah ich deutlich in die innen 
flimmernde Samenblase (Fig. 7. v. Fig. 6. v) münden, die selbst zur Ruthenhöhle (p) führt. Die Spitze des birnförmigen 
Penis ragt in eine kleine Vorhöhle hinein und kann ohne Zweifel durch dieselbe zur männlichen Geschlechtsöflnung (p. m. 
hinausgestossen werden. Viele kleine Canäle (Fig. 7. c) sah ich die dicke Peniswandung durchbohren, um sich in die 
innere Höhlung zu ergiessen. Ich halte sie für die Ausführungsgänge von accessorischen Drüsen, bis zu welchen aber ich 
sie zu verfolgen nicht vermochte. 

Von den weiblichen Geschlechtstheilen sind mir, fürchte ich, wie ve QuatrErAGEs , die eigentlichen Eierstöcke ent- 


gangen, denn die zwischen den Leberschläuchen gelagerten Drüsen (Fig. 6. v. t.) müssen wohl als sog. Dotterstöcke in 


! Untersuchungen über den inneren Bau verschiedener in der See lebender Planarien von Dr. Mertens. Memoires de l’Acad. im- 
periale des Sciences de St. Petersbourg. Sixieme serie. Tome I. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 6 


22 4. Abschnitt. Würmer. 


Anspruch genommen werden. Die reifen mit harter Schale versehenen Eier (Fig. 6. ov) sammeln sich in einem grossen, die 
Rüsseltasche umgebenden Raume, von wo aus sie durch die von Quarrerases beschriebenen Eileiter bis zur Vulva (Fig. 6 
und 7. pf.) geführt werden. 

Hinter dem weiblichen Porus bemerkte ich einige Male eine kleine Oeffnung (Fig. 6. p), deren Bedeutung mir nicht 


klar geworden. Vielleicht ist es die Ausmündung eines noch nicht beobachteten Excretionsgefässsystemes. 


Ueber eine dem Müller’schen Typus angehörende Planarienlarve. 
Taf. V. Fig. 5. 


In den ersten Tagen des Septembers stiess ich im pelagischen Auftrieb auf eine mir damals vollkommen neue 
Wurmlarve unbekannter Abstammung. Später stellte es sich heraus, dass der unvergessliche Jonasses Murrer wo nicht 
ganz dieselbe, doch wenigstens eine sehr ähnliche Larve aus Marseille, Nizza und Triest beschrieb und abbildete' und deren 
Verwandlung in Planarien zur Gewissheit erhob. Da jedenfalls nur sehr wenige Planariengattungen solche Larvenstadien 
ddurchmachen, so bietet doch mein Fund ein gewisses Interesse, indem solche Larven im atlantischen Ocean bisher nicht 
gefunden wurden. Diese Wesen werden wohl in den europäischen Meeren ebenso verbreitet sein wie Pilidium, welches. 
beiläufig gesagt, auch an der norwegischen Küste, in den Hebriden und im Busen von Normandie nicht selten ist. 

Meine Larve erreichte nur eine Länge von 0,24 Mm. Der gestreckt eiförmige Körper war überall bewimpert. Von 
der Mitte der Bauchfläche erhob sich ein nach hinten gerichteter schirmartiger Vorsprung, worunter sich der Mund befand. 
Der abgerundete Schirmrand zeichnete sich durch sechs kleine, zu je drei gruppirte Augenflecke aus, die diese Larve 
von der Merrer'schen schon zur Genüge unterscheiden. Ausserdem befanden sich zwei grössere schwarze Augenflecke 
in gleicher Entfernung sowohl vom Schirme wie von der vordersten Leibesspitze. Von der Aequatorialgegend des Leibes 
entsprangen sechs an die Tentakeln von Actinotrocha erinnernde Fortsätze, und zwar drei jederseits. Die genaue Stellung 
derselben ist aus der Abbildung ersichtlich. Dass die Flimmerbewegung auf diesen rädernden Fortsätzen, wie Mvrer die- 
selben bezeichnet, energischer gewesen sei als an der übrigen Leibesoberfläche, ist mir nicht aufgefallen. Merrer bemerkt 
übrigens selbst, dass der von ihm beobachtete Unterschied in der Flimmerbewegung bei älteren Larven verschwinde. 

Das Thierchen war schön grün gefärbt. Diese Färbung schien aber von dem Darminhalt grösstentheils herzurüh- 
ren. Ich beobachtete den Austritt von Faecalmassen an der Bauchseite in der Mitte zwischen Mund und Hinterende, ohne 


dass ich zur Gewissheit hätte gelangen können, ob ich mit einem normalen After oder mit einer Verletzung zu thun habe. 


y. Rhynchocoelen. 
Verstedia Quatrefages. 


Oerstedia pallida Kef.” 
Taf. V. Fig. 9. 


Diese hübsche Nemertine begegnete mir zum ersten Male am 20. Juli und fesselte mich sogleich durch ihre schö- 
nen Otolithblasen. Dr. Kererstem, dem ich meine Beobachtung mittheilte und meine Zeichnung vorlegte, scheint sie zwei 
Monate später gefunden zu haben, da er sie unter dem Namen Oerstedia pallida beschreibt. Er fand aber seiner Angabe 
nach nur ein junges 5 Mm. langes Exemplar. Die grössten der von mir untersuchten fünf oder sechs Individuen erreichten 
eine Länge von 30 Mm. und eine Dicke von I Mm., dennoch waren sie unreif, obschon sie die langen Wimperhaufen 
bereits eingebüsst hatten, deren Krrersteın Erwähnung thut. Kererstein beschreibt zwei Hörblasen jederseits. Ich sah 
nur eine (Fig. 9), die meist drei durch schwingende Wimpern in zitternde Bewegung versetzte Otolithen enthielt. 


! Deber eine eigenthümliche Wurmlarve aus der Klasse der Turbellarien und aus der Familie der Planarien von Jon. MÜLLER. 


Archiv für Anatomie und Physiologie. 1850. p. 497. 2 Untersuchungen über niedere Seethiere von W. Kerrerstein in der Zeitschrift 
für wiss. Zoologie. Bd. XII. Heft I. 1862. S. 60. Taf. V. Fig. 8 u. 9. 


> I. Platyelmia. 23 


Prosorochmus_ Kef. 


Prosorochmus Claparedii Kef. ' 
Taf. V. Fig. 10—12. 


Diese schöne Nemertine traf ich nur drei Mal, und zwar jedes Mal zu 6 oder 7 Exemplaren am Anfang des 
Augustes. Ich fand sie stets an derselben Stelle unter Steinen nahe an den Zosterawiesen bei ziemlich tiefer Ebbe. Seit 
meiner Abreise von St. Vaast fand Prof. Kerersteın zwei andere Exemplare, worauf er die Gattung Prosorochmus grün- 
dete und an denen er den grössten Theil meiner Beobachtungen wiederholte und bestätigte. Da Kererstew’s Abhandlung 
schon veröffentlicht ist, so bleibt mir nur Weniges nachzuholen. 

In Bezug auf die Generationsorgane fällt es mir auf, dass die circa 20 von mir und die beiden von Kerrersteim 
untersuchten Exemplare alle junge Embryonen in der Leibeshöhle enthielten. Es sind also die Männchen verhältnissmässig 
sehr selten, oder auch — eine Vermuthung, worauf man leicht kommen wird — sind die Thiere Zwitter. Vorläufig muss 
ich an der ersten Möglichkeit festhalten. Kererstein fand in der Leibeshöhle der von ihm untersuchten Exemplare zahl- 
reiche Junge, aber keine Geschlechtsproducte. Hierin war ich glücklicher insofern als ich immer ausser den Jungen noch 
unentwickelte oder in der Furchung begriffene Eier antraf. Diese Eier sind zwar niemals zahlreich. Ich sah ihrer meistens 
nur 5 bis 8. Sie sitzen an der Leibeswand zwischen den Seitentaschen des Darmes und lassen sich sogleich an der röth- 
lichen Färbung des Dotters unterscheiden. Die reifen Eier sind 0,012 Mm. breit und sowohl mit einem 0,028S—0,032 Mm. 
breiten Keimbläschen wie mit einem Keimfleck versehen. Dagegen fand ich weder Zoospermien noch Organe, die ich für 
Hoden hätte beanspruchen können. 

Die Eier erleiden eine totale Furchung, und es ist leicht, alle Stadien der Entwicklung zu verfolgen, die übrigens 
nichts Merkwürdiges darbietet. Unter den vielen Stadien, die ich gezeichnet, wähle ich nur zwei (Fig. 11 und 12) zur 
Veröffentlichung. Fig. 11 stellt einen 0,35 Mm. langen Embryo dar, bei dem eine dieke farblose Hautschicht und orange- 
braune Abgrenzung gegen die Leibeshöhle zu unterscheiden ist. Mund und After sind vorhanden. Der Rüssel ist nur als 
unbestimmte Stoffansammlung angedeutet. Nervensystem und Blutgefässe fehlen, das vordere Paar Augen lässt sich als 
zwei röthliche Flecke unterscheiden. Fig. 12 stellt einen älteren, über einen Millimeter langen Embryo dar, an welchem 
schon alle Organe zu sehen sind. Merkwürdig sind die aus dem Hirnganglion (n) entspringenden Nervenstämme, weil sie 
hinten zu einem neuen Knoten (n‘) anschwellen, wovon bei den ausgebildeten Individuen nichts bemerkt wird. Der Rüssel 
ist vorhanden, aber noch waffenlos. Bemerkenswerth übrigens ist es, dass der stacheltragende Apparat und die Seiten- 
taschen des Darmes bei anderen kaum über %, Mm. langen Embryonen vollständig ausgebildet waren. Der Angabe Krrer- 
steivs, wonach die Nadeln sowohl in den Seitentaschen wie an dem Hauptstilet von vorn herein erscheinen, muss ich 
unbedingt beistimmen, wenn ich auch der weiteren Angabe, dass die Nebenstacheln regelmässig grösser seien als der 
Hauptstachel, desswegen widersprechen muss, weil das umgekehrte Verhältniss sehr oft eintritt. Endlich scheint es mir 
sehr auffallend, dass Kerersteiın den jungen Prosorochmen zwei, den ausgebildeten aber drei Seitentaschen mit Neben- 
stacheln vindicirt. Möglich, dass mein werther Freund einer Missbildung begegnete, denn die von mir beobachteten Pro- 
sorochmen — wenn ich mich selber nicht versehen habe — stimmten bezüglich des stacheltragenden Apparates mit den 
meisten anderen Nemertinen überein, besassen demnach nur zwei Seitentaschen. Fig. 13 stellt den stacheltragenden Rüssel- 
theil eines der Leibeshöhle des Mutterthieres entnommenen drittehalb Millim. langen Prosorochmusembryo’s. Es ist derselbe 
ganz ebenso gebildet wie der entsprechende Theil bei den ausgebildeten Individuen. Man bemerkt sogleich die beiden Sei- 
tentaschen (s. £.). Eine jede derselben schliesst zwei Stacheln ein, eine Anzahl, die selbst bei ausgebildeten Individuen 
ebenso häufig ist wie die Zahl drei, die Kerersteis als normal hinstellt. In der Rüsselscheide des Embryo’s, welcher das 
Original zu dieser Zeichnung lieferte, konnte man schon dieselbe Körperchen führende Flüssigkeit wie in der Rüsselscheide 
der ausgebildeten Individuen wahrnehmen. 


Die Embryonen besitzen normal zuerst nur zwei (das vordere Paar) Augen und erst später vier wie das Mutter- 


! Loc. eit. p. 55 und 6l. 


24 4. Abschnitt. Würmer. 


thier. Indessen fand ich ausnahmsweise einen mit drei hintereinander zelegenen Auzenpaaren versehenen Embrvo in der 
geleg sen] \ 


Leibeshöhle eines nur 4 Augen führenden Mutterthieres. 


Tetrastemma Ehrenberg. 


Tetrastemma marmoratum nov. sp. 
Taf. V. Fig. 14. 


Diagnose. Körper 12—15 Mm. lang, wenig contractil, beinahe ceylindrisch, an beiden Enden verjüngt. Farbe 


weisslich, mit braunen Flecken marmorirt. 


Diese niemals am Ebbestrand vorkommende, sondern ziemlich tief unter der Wasserfläche lebende Species führe 
ich hier nur desshalb an, weil sie den emsigen Forschungen von QUATREFAGES und Kererstein entgangen ist. Ausser der 
Gestalt bietet sie wenig Auffallendes. Was aber diese anbetrifft, so ist das Thier nicht flach, wie Teirastemma varicolor, 
sondern nahezu cylindrisch, indem das Thier auf einer äusserst schmalen Sohle kriecht. Ich gebe Krrersteiın vollkommen 
Recht, wenn er Quarrerases’ auf Formverhältnisse begründete systematische Eintheilung der Rhynchocoelen für unhaltbar 
erklärt. Nichtsdestoweniger hätte ich diese Nemertine von der Gattung Tetrastemma wegen des so abweichenden, von der 
eylindrischen Gestalt bedingten Aussehens trennen mögen. Es war mir aber unmöglich, einen anderen selbst unbedeuten- 
den Charakter ausfindig zu machen, wodurch diese Trennung hätte gerechtfertigt werden können. Ich lasse also vorläufig 
diesen Wurm bei Tetrastemma stehen, füge aber ausdrücklich hinzu, dass er sich durch sein ganzes Wesen von den ande- 
ren Tetrastemmen viel wesentlicher unterscheidet, als diese von den Gattungen Polia, Prosorochmus u. Ss. w. 

Die vier Augen bilden ein Viereck vor dem Gehirne. Der stacheltragende Apparat des mit langen Papillen besetz- 
ten Rüssels hat nur zwei Seitentaschen. 


Ill. Anneliden. 


A. Beiträge zur Anatomie einiger Seeanneliden. 


1. Oligochaeten. 


Noch vor wenigen Jahren sprach es ps Quarreraces! trotz der einschlägigen Beobachtungen Orro Friepricn Mur- 
LER'S und einiger neueren Forscher — als durchgreifendes Gesetz aus, dass Seeoligochaeten überhaupt nicht existiren. 
Alle bisher als Lumbrieinen beschriebenen Strandanneliden wären seinen emsigen Forschungen gemäss junge, unreife 
Polychaeten. Nichtsdestoweniger fand ich in den Hebriden,” dass mehrere namentlich zu der bekannten Gattung Clitellio 
und der neuen mit Enchytraeus verwandten Gattung Pachydrilus gehörende Oligochaeten gerade zu den häufigsten Strand- 
würmern, namentlich auf der Insel Sky angehören. Da Quarkerases die Annelidenfauna von St. Vaast la Hougue mit grossem 
Fleiss erforscht, so war ich neugierig zu sehen, ob dieses Forschers Angabe auch an dieser Stelle ohne Mühe zu wider- 
legen sei, und wirklich konnte ich mich schon am Tage meiner Ankunft leicht überzeugen, dass die häufigste Annelide am 
Seestrand von St. Vaast nach Cirratulus borealis Lan. eine kleine von mir unter dem Namen @litellio ater** beschriebene 
Öligochaete sei. Dieser pechschwarze Wurm mit weissem Kopfende und rosafarbenem Gürtel ist übrigens nicht die einzige 
zu dieser Ordnung gehörige Species in St. Vaast. Es kommen insbesondere noch zwei andere unter Steinen am Ebbe- 


strand nicht selten vor, die hier zugleich mit einer vierten Art kurz beschrieben werden. 


! Etudes sur les types inferieurs de l’embranchement des Anneles. Ann. des sc. nat. 3. serie. XII. 1850. ? Vergl. meine 
Recherches analomiques sur les Annelides, Turbellaries, Opalines et Gregarines, observes dans les Hebrides. p. 5. 3 Recherches ana- 
tomiques sur les Oligochetes. Geneve 1862. 


III. Armeliden. 5 


Tubifex Lam. 


Tubifex papillosus nov. sp. 
Taf. XII. Fig. 14—185. 


Diagnose. Körper 50 Mm. lang, ®/, Mm. breit, rosenroth mit kleinen Papillen dicht besetzt. 


Dieser Wurm ist ein genuiner Tubifex, daher sind seine Borstenbündelchen zweizeilig und besteht die oberste 
Reihe aus Haken- und Haarborsten zugleich (Fig. 15), die untere dagegen nur aus Hakenborsten. Die Borsten sind meist 
zu je 2 oder einer, nur ganz vorn zu vier oder fünf vereinigt. Der Kopflappen (Fig. 14) ist kurz, kegelförmig, das 
Mundsegment borstenlos. Die ganze Haut ist mit ähnlichen Papillen wie die Hautwarzen von Glitellio ater dicht besetzt, 
nur sind sie Qacher und weisslich (d. h. bei durchfallendem Lichte grau). Das Blut ist schön purpurroth, das Rückengefäss 


ganz. ausserordentlich breit. Zur Zeit meines Aufenthaltes in St. Vaast waren diese Würmer unreif. 


Heterochaeta nov. gen. 


Diaznose. Borstenbündelchen zweizeilig. Borsten der oberen Reihe, vom 5. bis 13. Sezmente zerade, am freien 
© oO x > ’ 


Ende becherförmig ausgehöhlt. Die übrigen Borsten alle hakenförmig. 


a Heterochaeta costata nov. sp. 
Taf. XII. Fig. 16—19. 


Diagnose. Körper 16 Mm. lang, , Mm. breit. Haut durch Längsfurchen gerippt. Jedes Segment durch etwa 


vier Einschnürungen in Ringe abgetheilt. 


Alle von mir untersuchten Individuen dieser Wurmart waren unreif und daher gürtellos. Von allen bekannten 
Oligochaeten aber unterschieden sie sich durch die eigenthümlichen Rückenborsten des 5. Segmentes bis zum 13. (Taf. XII. 
Fig. 19) wesentlich. Es gleichen dieselben einem kurzen Stab, dessen Spitze sich zu einem kegelförmigen Becher erwei- 
tert. Unmittelbar unterhalb des Bechers ist die Borste stark eingeschnürt. Alle anderen, sowohl Rücken- als Bauchborsten, 
sind hakenförmig (Taf. XII. Fig. 18) schwach gekrümmt, äm freien Ende zweispitzig und in der Mitte etwas verdickt. 

Der Kopflappen (Taf. XII. Fig. 16) ist breit, kegelförmig, der Mundlappen kurz und borstenlos. Die Haut erscheint 
durch die Längsrippen und Quereinschnürungen sehr runzelig (Taf. XII. Fig. 17). Das Gefässsystem besteht nur aus einem 
Rücken- und Bauchgefäss und einer im hinteren Theile jedes Segmentes gebogenen Gefässschlinge. 


D 


Ctenodrilus zoo. gen. 


Diagnose. Borsten kammförmig, einzeilig. Eine Wimpergrube jederseits am Kopflappen. 


Ctenodrilus pardalis nov. sy. 
Taf. XV. Fig. 28—29. 


Von dieser sehr interessanten Art traf ich leider nur ein einziges unreifes Exemplar und zwar im Schlamm der 
Zosterenwiesen bei tiefer Ebbe. Sie gehört zweifelsohne zu den Oligochaeten, da sie kiemenlos ist und nur Hakenborsten 
trägt. Letztere weichen zwar von den gewöhnlichen Oligochaetenborsten ziemlich ab, indem ihr freies Ende durch mehr- 
fache Zacken kammartig gebildet erscheint. Mein Exemplar bestand aus nur 9 Gliedern, deren erstes oder Mundsegment 
borstenlos war. Die beiden folgenden trugen je eine Hakenborste, die übrigen aber je drei jederseits. Das 4. Segment war 
circa viermal so lang wie die übrigen. 

Die Haut war weisslich, mit schöner leopardähnlicher schwarzer Sprenkelung. 

Der Kopflappen zeichnete sich vor allen Dingen durch eine löffelartige, die ganze Bauchseite einnehmende, zur 


7 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 


96 %. Absehmitt. Würmer. 


Mundöffnung führende Aushöhlung (a) aus. Sonderbarer Weise war diese Mundgrube bewimpert. Flimmercilien befanden 
sich ausserdem in einer kleineren kreisförmigen Seitengrube (g) jederseits. Endlich nahm ein grosses Flimmerfeld (A) die 
ganze Bauchseite des Mund- und des ersten Leibessegmentes ein. Das Vorkommen von Wimpern auf der Körperoberfläche 
ist bei Oligochaeten sonst nicht bekannt. Da der Wurm sehr klein (1 Mm.) und unreif war, so drängte sich die Frage auf, 
ob nicht dieser Wimperbesatz eine vorübergehende Larvenerscheinung sei. Gesetzt aber, dies sei der Fall, so bleibt die 
Thatsache dennoch auffallend, denn Wimpern sind bei unseren Landoligochaeten zur Zeit, wo sie die Eikapsel verlassen, 
niemals anzutreffen. 

Der Mund führt bei unserem Wurme zunächst in einen tonnenförmigen, muskulösen Schlund (Fig. 28. b), dem eine 
gewundene Speiseröhre (c), ein Magen (d) und ein Darm (e) folgen. Der Magen nimmt das 4. und das 5. Segment ein. 
An ihm kann man zwei Schichten unterscheiden, eine äussere dicke und farblose, und eine innere, röthlich braun gefärbte. 
Letztere, die man ihrem Aussehen nach für eine Leberschicht gern erklären möchte, ist also eine Innenschicht und keine 
Aussenschicht, wie der sog. Leberüberzug der anderen Oligochaeten. Der After (f) liegt auf der Rückenseite des letzten 
Segmentes. 

Das Blut ist hellgelb. Rücken- und Bauchgefäss, die beide dem Darme dicht anlagen, sind leicht zu unterscheiden, 


dagegen konnte ich die Seitenschlingen zur klaren Ansicht nicht bringen. 


2. Kiemenlose Polychaeten. . 
Vapitella Blainv. 


Capitella rubicunda Äef.? 
Taf. XV. Fig. 1—14. 


Diesen interessanten Wurm entdeckte ich am 28. Juli am mittleren Ebbestrand, und traf ihn mehrmals seitdem 
wieder. Ende September begegnete ihm Prof. Krrersteın wieder, der ihn bis dahin nur nach meinen Zeichnungen und 
einigen ihm von mir vorgelegten Präparaten kannte. Er hat ihn seitdem nicht nur benannt, sondern auch, wie ich jetzt 
sehe, näher beschrieben. Ich werde mich mithin kurz fassen können. 

Dieser merkwürdige Wurm — der vielleicht eine eigene Gattung (Notomastus Sars) zu bilden verdiente — ist 
jedenfalls mit Capitella capitata nahe verwandt. Mit ihr stimmt er vor allen Dingen in der Abwesenheit des Blutgefäss- 
systems überein. Das Blut erfüllt nämlich die ganze Leibeshöhle und wird nur durch die Bewegungen der Leibeswand in 
Bewegung gesetzt. Freilich fallen meistens mehrere rothe Längsstreifen (Taf. XV. Fig. 3. b) auf, die man leicht für Gefässe 
halten dürfte. Es rühren aber dieselben von blossen Blutansammlungen zwischen den Organen. namentlich am Nerven- 
strang und am Darme her. Rothe Querstreifen entstehen ebenfalls durch die Ansammlung von Blut vor und hinter den 
Hakentaschen. Das Blut selbst verdankt seine rothe Farbe kleinen, 0,015—0,017 Mm. breiten, an und für sich zwar 
farblosen, aber einzelne rothe Körperchen enthaltenden Scheiben. Diese Blutscheiben ähneln denjenigen von Capitella capitala 
und von Glycera durchaus, und es ist auffallend, dass das Verschwinden des Gefässsystems in diesen verschiedenen Fällen 
mit dem Auftreten von farbigen Zellen in der Perivisceralflüssigkeit verbunden ist. 

Die Segmente sind einander nicht vollkommen gleich (ef. Fig. 1). In der ersten Körperabtheilung sind sie in ihrer 
ganzen Länge gleich breit, in der hinteren dagegen wird jedes Segment durch einen nahe an seinem hinteren Ende gele- 
genen Ringwulst vorn dünn und hinten breit. Die eilf ersten borstentragenden Segmente tragen nur Haarborsten sowohl 
an der Rücken- wie an der Bauchreihe (Taf. XV. Fig. 13), alle folgenden tragen dagegen nur Hakenborsten (Fig. 12). Ein 
ähnlicher Borstenwechsel findet bekanntlich auch bei Capitella capitata Fanr. statt. Nur sind bei jener Species die Haken 
ungemein zahlreicher als bei dieser. In der ganzen mittleren Körperabtheilung bilden nämlich die Bauchhaken eine lange, 


auf einem Wulst sitzende (Taf. XV. Fig. 3. «), bis auf den Rücken reichende (Taf. XV. Fig. 5. a) Querreihe. Die Rücken- 


Dietionnaire des sciences naturelles, publie par plusieurs professeurs du Jardin du Roi. Tome LVII. p. 443. 2 Loe. cit. p. 123. 


III. Anneliden. 7 


haken sind auch reihenweise angeordnet, aber viel weniger zahlreich ‘Fig. 5. b). Dieser Zahlenunterschied ist mitunter sehr 
gross, indem zuweilen 140 Haken an der Bauch- und nur eirca 10 an der Rückenreihe jederseits angetroflen werden. 
Fig. 10 stellt einen idealen Durchschnitt dar, welcher die Ausdehnungsverhältnisse beider Reihen (a Bauch-, b Rückenreihe) 
versinnlichen mag. In den hinteren Leibessegmenten gleicht sich indessen dieser Unterschied, indem die Bauchreihe kürzer 
und die Rückenreihe länger wird, allmählich aus. Die Haarborsten der vorderen Segmente sind niemals reihenweise ange- 
ordnet, sondern sitzen in dichten Büscheln, deren Basis von einem Auswuchs der Haut scheidenartig umfasst wird. Dieser 
Auswuchs befindet sich stets zwischen drei Feldern einer eigenthümlichen, an den vorderen Segmenten leicht bemerk- 
baren Hauttäfelung. 

Der Kopflappen gleicht bezüglich semer Gestalt demjenigen von Capitella capitata vollkommen. Auf der Rückseite 
desselben (Taf. XV. Fig. %. a) befinden sich zwei schwarze Augenpunkte (b) und ausserdem eine Menge brauner Fleckchen, 
die jederseits eine halbmondförmige bis in die den Kopflappen (a) vom Mundsegment (e) trennende Falte hineinreichende 
Gruppe (ec) bilden. 

Der Mund führt in einen umstülpbaren Schlund (Taf. XV. Fig. 2. a), dessen vorderer Theil sich beim Hervortreten 
aus der Mundöffnung umstülpt, um die Aussenwand des Rüssels zu bilden, während der hintere Theil sich in den vorderen 
hineinschiebt und die innere Wand darstellt. Es ist also der Rüssel unserer Capitella demjenigen, den wir weiter unten 
bei Clymene erwähnen werden, so wie auch dem von Gruse bei Maldane! beschriebenen Rüssel durchaus gleich. Der 
Mechanismus des Hervortretens des Organs ist erwähnenswerth. Durch vorwärtsschreitende Einschnürungen der Leibes- 
wand drängt der Wurm eine grössere Blutmenge in die vordere Körperabtheilung, so dass sich der dem Blutandrange 
nachgebende Schlund durch die Mundöffnung bruchartig hervorschiebt. Die Menge der in den Rüssel auf diese Weise hin- 
eingepressten Flüssigkeit ist mitunter so gross, dass der ausgestülpte Rüssel bedeutend dicker als der Vorderkörper 
erscheint. Die innere Rüsselwand steht dann begreiflicherweise von der äusseren sehr ab, und der Zwischenraum ist von 
Blut erfüllt. Daher erscheint der Rüssel prächtig roth gefärbt. 

In jedem Körpersegmente, mit Ausnahme der vordersten, befinden sich, wie KErErsTEın es erwähnt, zwei sog. 
Segmentalorgane (Taf. XV. Fig. 5. d). Fig. 11 stellt ein solches Organ, wie es sich bei Eröffnung der Leibeshöhle ausnimmt, 
dar. Es ist eine safrangelbe. viellappige, birnförmige Drüse, mit nach vorn gerichteter Spitze. Im Inneren des Organes 
kommt ein gewundener Canal (a) zum Vorschein, dessen vorderes Ende (b) entweder blind endigt, oder — ich konnte 
darüber zu keiner Gewissheit gelangen — in die Leibeshöhle mündet, während das hintere (d) die Rückenwand durch- 
bohrt und nach aussen führt. Diese äussere Mündung findet man stets (ef. Fig. 5. c) auf dem Rücken, im kleinen, zwischen 
Rücken- und Bauchborstenreihe befindlichen Zwischenraum und zwar stets in der Mitte eines der 5- oder 6eckigen Felder 
der Hauttäfelung. Sie stellt eine von zwei hervorragenden Lippen eingefasste Querspalte dar (cf. Fig. 9 Seiten-, Fig. 8 
Flächenansicht). Zwischen beiden Lippen starren lange, nicht fimmernde Wimpern hervor. 

Das Nervensystem besteht aus einer Ganglienkette (Taf. XV. Fig. 6), die zwischen den Knoten zahlreiche Nerven- 
äste (d) abgiebt. Der 0,07 Mm. breite Strang besteht aus feinen Fasern (ce), welche sogar durch die Ganglien hindurch zu 
verfolgen sind, und einem Axencanal. welcher dem von mir im Nervenstrang mehrerer Oligochaeten* beschriebenen Canal 
ähnlich ist. Bei vielen Lumbrieinen kann man diesen Canal für eine diekere Faser* halten, aber hier ist über dessen Canal- 
natur kaum ein Zweifel möglich. Prof. Kerersters, dem ich ihn in natura vorlegte, erklärte ihn ebenfalls für einen Canal, 
und hat ihn auch wirklich später als solchen beschrieben. Sein Durchmesser beträgt 0,028 Mm. Jeder Nervenknoten wird 
durch eine Anlagerung von 0,010 Mm. breiten, durch Pigment braun gefärbten Nervenzellen um den Nervenstrang 
(ef. Fig. 6. b) gebildet. Dass der Nervenstrang durch die Ganglien «urchgeht, hat schon Quarreraces bei Polyophthalmus 
beschrieben‘ und abgebildet, thut aber eines Axencanals keine Erwähnung. 

Wenn man das Thier von unten aufschneidet und den Nahrungscanal entfernt, so gelangt man zu einer Ansicht 
des Gehirns von unten (cf. Fig. 7). Man findet alsdann auf der Unterseite der oberen Schlundganglien (a) zwei schwarze 


Flecke, die den Augen der Oberseite sehr ähnlich sind, mit denen man sie aber nicht verwechseln darf. Ausserdem erblickt 


' Beschreibung neuer oder wenig gekannter Anneliden von Dr. Ep. Gruse. Archiv für Naturgesch. 26. Jahrg. 1860. Bd. 1. p. 93. 


? Recherches anatomiques sur les Annelides, Turbellaries, Opalines et Gregarines, observes dans les Hebrides. 3 Recherches anatomiques 
sur les Öligochetes p.9. * Etudes sur les types inferieurs de l’embranchement des Annelides. Ann. des sc. nat. 1850. 3. serie. XII. p. 21. 


Ü 


8 h. Abschnitt. Würmer. 
man hinter den Schlundganglien. der Rückenwand dicht anliegend, zwei innerlich mit braunen flimmernden Längswülsten 
versehene Taschen (Fig. 7. e), welche auf der Rückenseite zwischen Kopflappen und Mundsegment auszumünden scheinen. 
Die Bedeutung dieser Organe ist mir räthselhaft geblieben. Nun aber finde ich, dass Prof. Kerersteix bei Capitella rubi- 
eunda zwei ausstülpbare Nackententakeln beschreibt, die mit den erwähnten Organen offenbar zusammenfallen. 

Ueber die Geschlechtsorgane habe ich Weniges zu melden. Nur Weibehen traf ich zur Zeit der Ausbildung der 
Geschlechtsproduete. Die reifen 0,3 Mm. breiten Eier. schwammen ganz frei in der Blutllüssigkeit. Selbst viel kleinere, im 
Durchmesser nur 0,08 Mm. breite Eier, deren Keimbläschen einen Durchmesser von 0,03 und deren Keimfleck einen Durch- 
ınesser von 0,009 Mm. erreichten, schwammen frei herum. An der Leibeswand traf ich festsitzende, um die Hälfte kleinere 
Eichen. 

Sırs! beschreibt unter dem Namen von Notomastus lalericeus einen Wurm, welcher der Capitella rubieunda sehr 
ähnlich ist. Ich halte sogar die Gattung Notomastus für eine ganz gute, die sich durch die ungewöhnliche Ausbildung der 
Tori uncinigeri von Capitella genügend unterscheidet. Wenn diese Ansicht Anklang finden sollte, so müsste Gapitella rubi- 
eunda in die Gattung Notomastus untergebracht werden. Kerersteı wagt zwar über die Verwandtschaft von Notomastus 
mit Capitella kein Urtheil zu fällen, weil Sırs von einem inneren Bau nichts sage. Diese Zurückhaltung ist aber etwas 
übertrieben. Die schöne Abbildung, die Sars von seinem Notomastus latericeus liefert, würde für Capitella rubieunda sehr 
gut passen, ein Umstand, der dadurch erklärlich ist, dass beide Species von einander nicht sehr leicht zu unterscheiden 
sind. Der einzige erhebliche Unterschied, den ich zwischen beiden Arten anzugeben weiss, besteht darin, dass die ersten 
Segmente bei N. latericeus zweiringelig sein sollen, eine Eigenthümlichkeit, die unserer €. rubieunda gänzlich abgeht. 
Sans’ Untersuchungen sind in Bezug auf die äussere Gestalt so vortrefllich, dass ich keiner Aufschlüsse über die innere 
Organisation bedarf, um mit Bestimmtheit auszusprechen, dass beide Species einer und derselben Gattung angehören. Dass 
Grere’s Dasybranchus (Dasymallus) caducus? auch damit verwandt, wenngleich davon generisch verschieden sei, ist mir 


ebenso unzweifelhaft. 
3. Maldania. 


Ueber die anatomischen Verhältnisse der Maldanien besassen wir vor Kurzem beinahe nur die wenigen Andeutungen 
Grene’s über Clymene und die freilich ziemlich ausgedehnten Untersuchungen desselben Forschers über Maldane. Erst in 
seiner Fauna littoralis gab uns Sars ausgedehnte Untersuchungen über die Norwegischen Clymenen. Folgende Aufschlüsse 


— (lie zum Theil eine blosse Bestätigung von Sars’ und Grupe’s Angaben sind — mögen daher nicht unwillkommen sein. 


Ulymene Sarıyny. 


Clymene Oerstedii nov. sp. 
Taf. XII. Fig. 6—13. 


Diagnose. Körper aus circa 22 Segmenten zusammengesetzt. Rand der schrägen Kopfplatte nicht vorragen(d. 
Zahlreiche Augenflecke. Aftertrichter aus zweierlei Zähnen oder Papillen bestehend. 

Diese Clymene ist im Schlamme der Zosterawiesen bei St. Vaast häufig. Es ist ein dünner, dunkelrother Wurm 
(Taf. XII. Fig. 6), dessen Glieder in der vordersten Körperabtheilung viel kürzer sind als weiter nach hinten zu. Vorn 
sind sie meist nur 2 Mal, in der Mitte des Körpers dagegen 4 oder 5 Mal so lang wie breit, die hintersten sind 
wieder um etwas kürzer. Die langen Segmente stellen dünne Cylinder dar, die nahe am hinteren Ende durch Seitenwülste 
verdickt werden. Die Seitenfortsätze sind zweizeilig. Die oberen (Fig. 7. c) stellen eylindrische, denjenigen von Capitella 
rubieunda ähnliche Warzen dar, welche die Bündel von gesäumten Haarborsten (Taf. XI. Fig. 13) scheidenartig umfassen. 
Die untersten sind Querwülste (Fig. 7. b), welche vielen zusammengesetzten, eine Querreihe bildenden Häkchen (Taf. XI. 


Fig. 12) zur Einpflanzung dienen. 


Fauna littoralis Norwegiae, von Sans, KorEn und DANIELSSEN. 2. Lieferung. Bergen 1856. p. 9. ? WIEGManN’s Archiv für 


Naturgeschichte. 12. Jahrg. 1846. Bd. 1. p. 166. 


III. Anneliden. 29 


In den vordersten — wenn ich nicht irre, den 4 ersten borstentragenden — Segmenten findet man anstatt der 
Haken nur breite Nadeln, ein Verhältniss, welches von Sars'! bei Cl. Mülleri, Gl. quadriloba und Ql. lumbricalis bereits 
hervorgehoben wurde. 

Der Kopflappen (Taf. XIN. Fig. 6 u. 9) ist schräg abgestutzt; die so gebildete Kopfplatte ist schmal und ragt nicht 
von den Seiten vor. Sie ist rautenförmig, in der Mitte mit zwei schwachen Längsfurchen versehen. Ganz ähnliche Furchen 
beschreibt Sars bei allen norwegischen Arten der Gattung Clymene. Jederseits des Kopflappens, dicht unterhalb des Plat- 
tenrandes, ist eine Ansammlung von schwarzen Augenpunkten zu bemerken. , 

Der Rüssel ist ausstülpbar (Taf. XII. Fig. 9), demjenigen von Capitella rubicunda und nach Gruse’s Beschreibung 
von Maldane glebifex durchaus ähnlich. 

Der Aftertrichter (Fig. 10) ist, wie bei den anderen Clymenen, mit zahlreichen sog. Zähnen am Rande versehen, 
nur ist die Anzahl derselben höchst unbeständig, und wenn es sich herausstellen sollte — wie dies aus Sars’ Beobachtungen 
bei den norwegischen Clymenen wirklich hervorgeht — dass dies auch bei anderen Species der Fall ist, so würde uns 
dieses bisher hochgeschätzte Artmerkmal im Stiche lassen. Ich habe den Trichter eines Individuums mit 24 Zähnen abge- 
bildet, wovon 7 viel länger als die anderen und am freien Ende ganzrandig, die anderen dagegen kurz und zwei- oder 
gar dreilappig sind. Ein anderes ebenfalls 24 Zähne besitzendes Individuum zeigte ihrer nicht bloss 7, sondern 10 in 
gleichem Maass verlängert. In meinem Notizbuch finde ich ein drittes Exemplar angeführt, an dessen Aftertrichter ich 
nur 20, worunter 8 längere Zähne zählte. Andere Zahlen kommen ebenso häufig vor. Die Anzahl der innerhalb des Trich- 
ters vorkommenden Afterwülste oder Afterpapillen wechselt in demselben Verhältniss. Diese Unbeständigkeit ist um so 
weniger zu bewundern, als diese Organe wahrscheinlich sehr unwesentlich sind. Wıruıns” betrachtet zwar die Trichter- 
zähnchen als Kiemen für die Leibesflüssigkeit. Seine Ansicht stützt sich aber auf eine vermeintlich geringe Entwicklung des 
Blutgefässsystems, die meinen eigenen Beobachtungen zuwiderläuft. 

Der Blutkreislauf ist bei Clymene sehr schön ausgebildet. Auffallend ist die Contractilität nicht nur des Rücken-, 
sondern auch des Bauchgefässes, ein Verhältniss, das nach Grure’s Angabe bei Maldane ebenfalls anzutreflen ist. Das 
Rückengefäss zieht sich, wie zu erwarten, von hinten nach vorn, das Bauchgefäss dagegen von vorn nach hinten zusam- 
men. Diese grössere Entwicklung der contractilen Gefässstrecke erinnert an die Verhältnisse von vielen Lumbrieinen und 
auch von ÜCrepina, da bei letzterer Gattung alle Gefässe nach van BExeDEn contractil sind. h 

Vom Bauchgefäss entsteht in jedem Leibessegmente (cf. Fig. 13) eine grosse Anzahl Gefässe, die sogleich die 
Längsmuskelschicht der Leibeswand durchbohren, um ihre Bahn zwischen Längs- und Quermuskeln als Ringgefässe zu 
durchlaufen. Ich konnte keine Verbindung zwischen diesen Querschlingen und dem Rückengefäss entdecken, vielmehr 
schien es mir, als ob sie rings um das Thier herumliefen, um zum Bauchgefäss zurückzukehren. Sie sind einander genau 
parallel und bilden nirgends Anastomosen unter sich. Der gegenseitige Abstand dieser Gefässe beträgt nur 0,010 bis 
0,020 Mm., während die Gefässe selbst 0,010 Mm. breit sind, daher die schöne vom Blute allein herrührende Hautfärbung. 
Ueber den Verlauf dieser Gefässe zwischen beiden Muskelschichten kann, da die innere Schicht die beträchtliche Dicke von 
0,035 Mm. erreicht, keine Unsicherheit obwalten. 

In der Darmwandung kommt ein ausserordentlich reiches Gefässnetz zum Vorschein, wovon ich ein Stück bei circa 
60maliger Vergrösserung dargestellt habe (Taf. XIII. Fig. I1). Zur Zeit meiner Beobachtungen fiel es mir niemals ein, 
dieses Netz für etwas anderes als ein Gefässnetz zu halten. Jetzt aber kann ich nicht einige Zweifel unterdrücken, nach- 
dem ich pe Quarrerases’ Beschreibung von Blutlacunen in der mittleren Darmhaut von Polyophthalmus gelesen.” Dieses 
gleichsam Inseln von granulösem Stoff umfassende Lacunennetz scheint nach dieses Forschers Abbildung die grösste Aehn- 
lichkeit mit dem Darmnetze von Clymene darzubieten. Ich fühle mich indessen dadurch etwas beruhigt, dass Sransuus * bei 
Arenicola, wo ähnliche Verhältnisse obzuwalten scheinen, das Darmnetz aus Blutgefässen bestehen lässt. Ueber den Ursprung 


dieser Darmgefässe bin ich im Unklaren geblieben. 


! Fauna littoralis Norwegiae von Sars, Koren und Danıetssen. Bergen 1856. Om de norske Arter af Slaegter Clymene Say. af M. Sans. p. 13. 
z Report on the British Annelida by T. Wırrıans. Transactions of the British Association. 21. Meet. 1851. p. 203. 3 Etudes sur les types inferieurs 
de ’embranchement des Anneles. Memoire sur la famille des Polyophthalmiens. Ann. des sc. natur. (3.Ser. XII. 1850.) p. 19. * Bemerkungen 
zur Anatomie und Physiologie von Arenicola piscatorum von Dr. HERMANN Stannıus. Mürrer’s Archiv. 1840. p. 358. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 8 


30 4. Abschnitt. Würmer. 


Endlich muss ich noch zweier Längsstämme des Gefässsystems Erwähnung thun, deren Verhältniss zum Rücken- 
und Bauchgefäss mir nicht klar geworden. Diese Rückenstämme verlaufen nicht, wie die Querstämme, zwischen beiden 
Hautmuskelschichten, sondern liegen in der Perivisceralhöhle der Innenfläche der Längsmuskelschicht dicht an. Ihr Verlauf 
ist sehr geschlängelt, zieht sich aber in jedem Segment stets zwischen dem dorsalen Borstenhöcker und dem centralen 
Hakenwulst. Von diesen Gefässen scheinen die Blutgefässnetze der braunen Segmentalorgane auszugehen. 

Die Geschlechter sind getrennt. Beim Männchen schwimmen die reifen Zoospermien und die maulbeerförmigen 
Gruppen ihrer Entwicklungszellen ganz frei in der Leibeshöhle. Dasselbe gilt für die Eier bei den Weibchen. Die grössten 
von mir angetroffenen Eichen waren nur 0,03—0,07 Mm. breit, aber oflenbar noch unreif. 

Mit den Eiern nicht zu verwechseln sind kugelförmige, 0,24 Mm. breite, in der Leibesflüssigkeit sowohl der Männ- 
chen wie der Weibchen vorkommende Kapseln. Ihr Inhalt besteht nämlich nicht aus Dottersubstanz, sondern aus Körnern, 


die man bei starker Vergrösserung als 0,013 Mm. lange Pseudonavicellen erkennt. 


Ulymenides nov. gen. 


Diagnose. Kopflappen schräg abgestutzt ohne Anhänge. Endsegment mit einer Haftscheibe versehen. 


Clymenides sulphurea nov. sp. 
Taf. XV. Fig. 24—27. 


Diagnose. Körper in der ganzen Länge ziemlich gleich breit. Mundsegment und erstes Leibessegment borstenlos, 
länger als die folgenden. Haftscheibe mit Wärzchen besetzt. Zwei Augen. 


Dieser Wurm (Fig. 24), wovon ich nur ein vereinzeltes und leider noch dazu unreifes Exemplar im Schlammgrund 
der Zosterawiesen antraf, erinnert sogleich durch seinen von vorn nach hinten schräg abgestutzten Kopflappen (Fig. 25. a) 
an Clymene. Es fehlt ihm indessen der charakteristische gezähnte Aftertrichter, an dessen Stelle wir eine endständige 
schwefelgelbe Scheibe (Fig. 26) zu sehen bekommen. Das bloss etwa 3—4 Mm. lange Thierchen bewohnte eine aus 
Schlammtheilchen verfertigte Röhre, worin es sich äusserst fest anklammerte. Ohne Zweifel rührte der Widerstand grossen- 
theils von den Pfeil- und Hakenborsten her. Nichtsdestoweniger schien es mir, als ob sich der herausgezogene Wurm an 
fremden Gegenständen vermittelst der Afterscheibe festsog oder wenigstens anleimte, so dass besagter Widerstand diesem 
Organe zum Theil vielleicht zuzuschreiben ist. Diese Afterscheibe ist mit zahlreichen Papillen besetzt, welche die Anheftung 
zu vermitteln scheinen. 

An meinem Exemplar konnte man zwei Körperabtheilungen, nämlich eine vordere längere und eine hintere kürzere 
unterscheiden. Erstere bestand aus 2% Segmenten, wovon die beiden ersten borstenlos waren, die anderen aber zweierlei 
einfache und zwar Haken- und Pfeilborsten trugen. Die aus stark gekrümmtem Griff und mächtigem Widerhaken bestehen- 
den Hakenborsten (Fig. 27. b) sassen zu je vier oder sechs auf der Bauchfläche in einer Querreihe jederseits. Die Pfeilborsten 
(Fig. 27. a) waren zu je einer oder zwei in der Seite jedes Segmentes eingepflanzt. Die Borsten waren von keinem wirk- 
lichen Wulst getragen. Die hintere Körperabtheilung bestand aus etwa 20 kurzen, zusammengedrängten, offenbar noch 
unreifen Segmenten, an denen noch keine Spur von Borsten zu bemerken war. Sie erinnerte an die Endknospen der 
Naiden und Protulen, ohne dass ich jedoch irgend einen gewichtigen Grund für ihre Knospennatur anführen könnte. 

Der Kopflappen zeigte die den Clymenen zukommende schräge Abstutzung und ausserdem zwei seitliche, unter 
dem Rande der Kopfplatte gelegene rothe Augenflecke (ef. Fig. 25). Dessen Bauchseite war zur Bildung einer unbewim- 
perten Mundgrube (Fig. 2#. a) ausgehöhlt. 

Die Haut war safrangelb gesprenkelt. Die gelben Flecke zeigten sich am Kopflappen, an den Seiten der drei ersten 
Ringel, am Hinterrand des ersten und am Vorderrand der beiden folgenden Segmente und endlich an der ganzen hinteren 
Körperabtheilung in grosser Menge angehäutft. 

Ueber die innere Organisation habe ich nur Weniges zu melden. Gleich hinter der Mundhöhle befand sich ein 


muskulöser Schlund (Fig. 24. b), dann folgte eine gewundene Speiseröhre (c), eine magenartige Darmerweiterung (d) mit 


III. Anneliden. 531 


braunem Anflug in der Wand und endlich der eigentliche Darm. Der Magen erschien nicht zwischen den Segmenten 
eingeschnürt. 

Vom Gefässsystem erkannte ich nur das Bauch- und das Rückengefäss. 

Da unser Wurm unreif war, so könnte es zweifelhaft sein, ob er wirklich zu den Maldanien und nicht zu den 
Öligochaeten gehöre. Die Beschaffenheit der Generationsorgane würde uns allein in Stand setzen, diese Frage mit Gewiss- 
heit zu entscheiden. Ich wurde indessen durch die eigenthümliche Bildung des bei keinem Oligochaeten ähnlich geformten 
Kopflappens dazu bewogen, das Thier zu den Maldanien zu bringen. Ausserdem könnte ich mich auf die Gestalt der 
Hakenborsten stützen, die an Clymene viel mehr als an die Lumbricinen erinnert, um diese systematische Stelle zu recht- 
fertigen. 

In St. Vaast beobachtete ich einen anderen mit CGlymenides sulphurea oflenbar verwandten Wurm, dessen Gefäss- 
system kein rothes, sondern nur schwefelgelbes Blut führte, und dessen Borsten etwas anders gestaltet waren. Er war 
aber ebenfalls unreif, und da das hinterste Ende abgerissen war, so ziehe ich es vor, dessen Beschreibung zu unterdrücken. 
Als Uebergang zur Gattung Clymenides könnte vielleicht Gruge’s Clymene spatulata! betrachtet werden, die statt eines 


Trichters mit einer etwas geschweiften, an die Haftscheibe der Leucodoren erinnernden Schaufel endigen soll. 


4. Serpulacea. 


Protula Risso.’ 


Protula Dysteri Huxley.” 
Taf. XV. Fig. 16—23. 


Am Anfange des Septembers brachten die Fischer beim Austernfang vermittelst des Schleppnetzes einige faust- 
grosse poröse, auf Austernschalen sitzende Kalkmassen herauf. Bei näherer Untersuchung fand ich, dass diese Massen aus 
einer Unzahl weisser unregelmässig gewundener Röhrchen bestanden, die zu Bündeln vereinigt, lange, plexusartig mit 
einander anastomosirende Züge bildeten. Ich hielt sie zuerst für Polypenstöcke oder Kalkbryozoen, als ich aber das eine 
Stück in frisches Seewasser versetzte, da kam ein zierlicher Federbusch aus jeder Oeflnung heraus, in welchem ich mit 
Hülfe der Lupe nicht das Lophophor einer Bryozoe, sondern den zarten Kiemenapparat eines winzigen Röhrenwurmes 
erkannte. Ich dachte dann an Filograna implexa Berk., deren elegante Wurmstöcke mir aus meiner Reise nach Norwegen 
bekannt waren, und wirklich handelte es sich um eine mit dieser Annelide sehr verwandte Thierform, nämlich um eine 
Protula. 

Sehr bald ward ein Würmchen aus seinem Kalkgehäuse behutsam herausgenommen, und schon an diesem ersten 
Exemplar machte ich zwei wichtige Bemerkungen, zuerst nämlich, dass die bündelartige Vereinigung vieler Würmer in 
einer Knospung ihren Grund habe, und dann, dass das Thier eine Zwitterannelide sei. 

Die Knospenbildung war — da sie nach den wohlbekannten Beobachtungen des trefflichen Sars auch bei Filograna 
vorkommt — nicht sehr auffallend. Allein eine Zwitterannelide unter den Röhrenwürmern, das schien ja unerhört! Es 
schwebte mir zwar dunkel vor, als ob Huxıry schon etwas Aehnliches vor einigen Jahren beschrieben, ich wusste aber 
nicht mehr, ob der von ihm entdeckte Wurm ein Röhrenwurm sei. Ich zeichnete also meine Protula fleissig ab, um sie mit 
allen bekannten Arten gehörig vergleichen zu können, und am Tage meiner Rückkehr nach Genf suchte ich sogleich nach 
der mir vom Verfasser selbst verehrten Huxırv’schen Abhandlung, und siehe, da erkannte ich sogleich meine Protula! Meine 
Beobachtungen verloren dadurch sehr viel von ihrer Bedeutung, da die Untersuchungen eines so trefflichen Forschers wie 


Huxıey der Bestätigung kaum bedürfen. Indessen ist das Vorkommen von Hermaphroditismus bei Röhrenwürmern eine 


! Beschreibung neuer oder wenig bekannter Anneliden von Dr. Ep. Grupe. Archiv für Naturgesch. Jahrg. 21. 1855. Bd. 4. p. 115. 
2 Histoire naturelle des prineipals productions de l’Europe meridionale par A. Rısso. Tome IV. 1826. p. 405. ® On a hermaphrodite 
and fissiparous Species of tubicolar Annelid by Tuomas H. Huxver. Edinburgh new Philosophical Journal. New series. 1855. p. 113. 
8# 


32 %. Abschnitt. Würmer. 


jedenfalls so seltene Ausnahme, und Huxıey’s Entdeckung hat im Ganzen so wenig Aufsehen gemacht, dass eine neue 
Behandlung des Gegenstandes um so weniger zu beklagen sein wird, als noch Manches nachzuholen ist. 

Der eirca 2—4 Mm. lange Körper von Protula zerfällt in drei Abtheilungen, die man sehr passend als Kopf-, Brust- 
und Abdominaltheil bezeichnen kann. Der Kopftheil ist der kürzere. Ihm fehlt eigentlich der sog. Kopflappen, da der 
flimmernde Mund terminal ist. Auf der Rückseite dieses Kopfsegmentes fand ich stets zwei Augen, wovon ein jedes aus 
mehreren (2—5) schwarzen Flecken bestand. Der Kopftheil wird von einem Knorpelskelet unterstützt, das sich nach 
hinten verdünnt und in die Muskeln allmählich verliert, während es sich nach vorn in zwei dicke Knorpeläste, die beiden 
Stämme des Kiemenapparates, fortsetzt. Jeder Ast theilt sich wiederum in 4 Zweige, um die 8 Stützstränge der Kiemen- 
strahlen zu bilden. Diese Bildung erinnert also an den Kiemenstützapparat der Sabellen, wie ihn namentlich Köruer | 
beschrieben, durchaus. Im Endstück jedes Kiemenstrahls bilden die Knorpelzellen eine einzige Reihe (Fig. 17. a), und 
Hexrey durfte mit Recht diese schönen Zellen mit den Knorpelzellen der Chorda dorsalis von Amphioxus vergleichen. Auf 
der inneren Seite jedes Strahls sitzt eine doppelte Reihe von flimmernden Kiemenfäden. Das Thier trägt seine Kiemen- 
strahlen meist in zierlich gekrümmter Lage, und von der Spitze hängt, wie die Frucht vom Baume, ein eiförmiges Gebilde 
(Fig. 17. c) herab, das Huxıey nicht erwähnt, obschon er es auf seiner Tafel unbestimmt andeutet. Dieser drüsig aussehende 
Kolben enthält eine Höhle im Innern und ist von saftigen, dichtgedrängten birnförmigen, 0,009 Mm. breiten Zellen gebildet. 
Seine Bedeutung blieb mir räthselhaft. 

Der Brusttheil wird namentlich durch die Anwesenheit eines membranösen seitlichen Anhanges ausgezeichnet, der 
nach vorn gegen die Bauchseite umbiegt, um sich mit demjenigen der anderen Seite kragenartig zu vereinigen. Huxrey 
hat ihn ausführlich und genau beschrieben. Das erste Brustsegment trägt ein Büschel gewaltiger nach vorn gerichteter 
Borsten (Fig. 23). Die Rückenborsten der acht folgenden Segmente sind ebenso gebildet, nur viel kleiner. Auf der Bauch- 
seite jedes Brustsegmentes, mit Ausnahme des ersten, findet man jederseits einen Querwulst mit darauf sitzenden Haken- 
borsten. Die Erforschung der Gestalt dieser kleinen Häkchen ist keineswegs sehr leicht. Nach wiederholter Untersuchung 
gewann ich die Ueberzeugung, dass jede Querreihe (cf. Fig. 22, ein Stück einer Hakenreihe darstellend) aus vielen kleinen 
parallelen Längsreihen besteht, wovon jede circa funfzehn 0,004 Mm. lange Häkchen enthält. Da eine einzige Querreihe 
mitunter aus 30 Längsreihen besteht, so ersieht man daraus, dass ein Segment bis 450 Häkchen jederseits enthalten kann. 
Diese vielen Häkchen sind übrigens nicht von einander unabhängig, erscheinen vielmehr als Auswüchse oder Verdickungen 
einer Grundmembran (cuticula). Huxrey’s Darstellung weicht von der meinigen ziemlich ab, da indessen die entsprechende 
Zeichnung auf meinem Exemplar von des Verfassers eigener Hand mit der Bemerkung, sie sei verfehlt, weggestrichen 
wurde, so darf ich kein Gewicht darauf legen. Die hier beschriebenen, wahrhaft zusammenhängende Platten bildenden, 
zahlreichen Häkchen weichen so sehr von der normalen Borstenbildung ab, dass meine Darstellung wohl einige Zweifel 
erregen dürfte. Indessen scheint das Vorkommen dieser Hakenplatten nicht auf Protula beschränkt, falls sie, wie ich ‘es 
glaube, mit den von Quarrerases unter dem Namen Striegelborsten (soies en &trilles) beschriebenen Bildungen identificirt 
werden müssen. »Les soies en etrilles«, sagt dieser Forscher, » se trouvent chez certains Serpuliens ou elles remplacent 
les soies a crochets, ce sont des especes de bandes dentees qui semblent tenir seulement aux teguments, et qui, placees 
en nombre considerable ä cöt& les unes des autres forment de longues bandes transversales ä cötes paralldles. «* 

Auf den neungliederigen Brusttheil folgt das eigentliche Abdomen. Es besteht dasselbe bei reifen, nicht knospen- 
den Individuen meist aus fünfundzwanzig Segmenten, wovon die beiden ersten borstenlos sind, während die anderen 
Haar- und Hakenborsten zugleich, aber, wie bei den anderen Serpulaceen, in umgekehrter Lage wie am Brusttheil, d. h. die 
Haarborsten an der Bauch- und die Haken an der Rückenseite tragen. j 

Der Mund führt in eine kurze Speiseröhre, die in ein breites, bis in die ersten Abdominalsegmente reichendes, 
mit einer Schicht von dunkelrothen Zellen belegtes Magenrohr übergeht. Dieses setzt sich in den braun gefärbten Darm 
fort, der auf der Bauchseite des Endsegments (Fig. 21. a) nach aussen mündet. Wenn kein Irrthum in meine Notizen unter- 


laufen ist, so widerspricht diese Lage des Afters der Behauptung Wiırrıans’,” wonach der After bei den Anneliden stets 


' Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelehre. p. 113—119. ® Etudes sur les types inferieurs de l’embranchement des 
Anneles, par M. A. DE QuATREFAGES. Memoire sur la famille des Chloremiens. Ann. des sc. nat. 3. Serie. T.XII. 1849. p. 211. note. * Report 
on British Annelida. p. 299. 


III. Anneliden. 33 


entweder end- oder rückenständig sei. Jedenfalls ist die Angabe dieses Forschers irrthümlich, dass, sobald die Mundöfl- 
nung wie bei den Serpulen, Amphitriten und Terebellen terminal ist, der After ebenfalls terminal sei, dass aber der After 
bei Bauchlage der Mundöffnung auf dem Rücken sich öffne. Bei unserer zu den Serpulaceen gehörigen Protula mit ter- 
minalem Mund ist der After jedenfalls nicht terminal. — Auf der Rückseite des Aftersegmentes fand ich eine Art Scheibe 
mit warziger Oberfläche (Fig. 21. b), die möglicher Weise zur Anheftung in der Kalkröhre dient. 

Im vorderen Körpertheile fallen zwei braune, drüsige, nach hinten blind endigende Schläuche auf, die sich unter 
der Rückenwand zu einem unpaaren Ausführungsgang vereinigen. Letzterer schien mir in der Rückenwand der Mundhöhle 
nach aussen zu münden. Im Inneren sowohl der drüsigen Schläuche wie des Ausführungsganges wurde Flimmerbewegung 
bemerkt Huxrey, der diese Organe richtig beschreibt und abbildet, vergleicht sie mit ähnlichen Drüsen bei Chloraema 
(vermuthlich pe Quarrerases’ Speicheldrüsen') und Pectinaria, ohne irgend eine Vermuthung über deren Function aufzu- 
stellen. Sie scheinen bei vielen, vielleicht bei allen Röhrenwürmern vorzukommen. Bei Terebella conchilega, die ich in 
dieser Hinsicht mit Sorgfalt untersuchte, bieten sie dieselbe Gestalt und Färbung wie bei Protula dar, nur sind die Ausfüh- 
rungsgänge getrennt. Sie wurden schon vielfach für Generationsorgane erklärt. Dass sie aber mit dem Reproductions- 
geschäft nichts zu thun haben, leuchtet schon deswegen ein, weil sie, wie wir es bei der Entwicklung der Terebellen dar- 
thun werden — eines der bei der Larve zu allererst auftauchenden Organe sind. Ich halte es für sehr wahrscheinlich. 
dass sie zur Anfertigung der Wohnröhre dienende Kittdrüsen sind. Weiteres hierüber bei der Entwicklung der Terebellen. 

In Betreff des Nervensystems und der Vertheilung des schön grünes Blut führenden Gefässsystems kam ich nicht 
über Hexıey’s Beobachtungen hinaus. Dieser Theil der Untersuchung ist mit grossen Schwierigkeiten verbunden. Für die 
Existenz von Hvxıey’s beiden contractilen Seitengefässen kann ich indessen bürgen. 

Das Interessanteste an «diesem Thiere war die Entstehungsweise der Geschlechtsproducte. In allen reifen Indivi- 
duen traf ich Eier und Zoospermien zugleich. Die Bildungsstätte der letzteren war stets das dreizehnte (der Kopf als erstes 
Segment gezählt), oft auch ausserdem das zwölfte Segment. Die Eier entstehen in den folgenden 7 bis 11 Segmenten. 
Fig. 16 giebt eine treue Darstellung der Lagerungsverhältnisse dieser Geschlechtsproducte. «a ist das innerhalb einer farb- 
losen Scheide (b) ganz frei verlaufende Darmrohr. Die Scheidewände der Segmente setzen sich sowohl an die Darmscheide 
wie an die Leibeswand an. Ihre Hinterfläche ist mit einer epithelartigen Schicht von schönen, 0,010—0,014 Mm. breiten 
Zellen ausgekleidet, die das eigentliche Ovarıum darstellt. Unter diesen Zellen findet man stets einige grössere in die 
Segmenthöhle vorragende, an denen alle Merkmale von wirklichen Eichen zu finden sind. Die grössten (e) zeichnen sich 
durch einen ziegelrothen Dotter aus und erreichen einen solchen Durchmesser, dass sie die ganze Breite des Segmentes 
einnehmen. Der Durchmesser der Eichen beträgt 0,017—0,052 Mm. Die Keimbläschen sind etwa 0,010, die Keimflecke 
0,005 Mm. breit. Diese Entstehung des Eies an der Hinterfläche der Dissepimente erinnert an die gleichen von Kronx*® 
bei Alciope beobachteten Verhältnisse. 

Das dreizehnte Segment enthält ein Gewimmel von reifen Zoospermien mit birnförmiger Endanschwellung. Der 
Analogie nach suchte ich nach deren Entwicklungszellen an der Hinterfläche der dieses Segment vom vorhergehenden 
trennenden Scheidewand. Da war auch wirklich ein Zellenbesatz zu sehen, dessen Elemente aber viel zu gross waren, 
als dass ich sie für die Bildungsstätte der frei in der Segmenthöhle schwimmenden Entwicklungszellen der Zoospermien (g) 
hätte halten können. Ein paar Mal fand ich sogar, dass sich auch hier Eier aus diesen Zellen bilden. An der Leibeswand 
dagegen, der Längsmuskelschicht dicht aufliegend, kommt eine andere Zellenschicht vor, deren Elemente in Betreff der 
Grösse mit den freischwimmenden Entwicklungszellen der Zoospermien übereinstimmen. Auch halte ich es für wahrschein- 
lich, dass sie sich von der Wand ablösen, um sich zu Samenfäden zu entwickeln. 

Da manchmal wenigstens einige Eier in den Hodensegmenten gebildet werden, so ist die Möglichkeit einer Selbst- 
befruchtung nicht ausgeschlossen. Dies ist um so mehr der Fall, als die Scheidewände von mehreren Oeflnungen durch- 
bohrt sind, so dass einzelne Zoospermien sogar bis in die hintersten eierbildenden Segmente eindringen. Sonst kommen 


die Geschlechtsproducte in jedem Segment zu einer seitlichen Oeflnung jederseits heraus. 


' Etudes sur les types inferieurs de l’embranchement des Anneles. Memoire sur la famille des Chlor&miens. Ann. des sc. nat. 
3. serie. 1849. T.XIU. p. 297. ? Zoologische und anatomische Bemerkungen über die Alciopen von Dr. A. Kronn. Archiv für Naturgesch. 
11. Jahrg. 1845. Bd. 1. S. 171. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 


34 k. Abschnitt. Würmer. 


Ausser der geschlechtlichen kommt noch, wie gesagt, unserer Protula eine ungeschlechtliche Fortpflanzungsweise, 
die schon von Hvxırv beschrieben worden. zu. Es handelt sich hier, wie Huxıry es bereits richtig bemerkt, um keinen 
sog. Generationswechsel, da die knospentragenden Individuen meist unreife Eier enthalten, also wohl geschlechtlich sind. 
Insofern würde Protula Dysteri von Syllis prolifera und den Myrianiden abweichen, da Qvarreraces' und Mine Enwarns? 
ausdrücklich angeben, dass das Vorderthier stets geschlechtslos sei, eine Behauptung, die zwar von Frey und Lerverart? 
in Zweifel gezogen wird, und zwar nicht ohne Grund, da schon O. F. Mürrrr‘ in seiner Syllis prolifera Eier beobachtete. 
Wie dem auch sei, so scheint es mir ausgemacht, dass die ausgebildeten Individuen der Knospung ganz unfähig sind, und 
dass diese Erscheinung nur dem unreifen Alter zukommt. Knospung beobachtete ich bei Würmern mit mehr als 17 Seg- 
menten (Kopf mitgerechnet) niemals, während die reifen Eier nur bei Individuen von 25 Segmenten angetroffen werden. 
Die Knospung gehört also dem Jugendzustand, die Eibildung dem reifen Alter an. 

Nur bei Individuen mit 17 Segmenten sah ich das Endsegment sich behufs der Knospenbildung verlängern und 
nach und nach mit mehreren Querfurchen, den ersten Andeutungen der Glieder der Knospe, versehen. Zehn bis zwölf 
Segmente sind schon angedeutet (ef. Fig. 18. A Mutterthier, BD Knospe) und mit Haar- und Hakenborsten versehen, bevor 
der Kiemenapparat angelegt ist. Von inneren Organen unterscheidet man nur den gelblichen Darm und das grüne Gefäss- 
system, welche sich beide vom Mutterthier in die Knospe hineinverlängern. Die Leibeshöhle ist durch eine Anhäufung von 
braunem Bildungsmaterial (c) ausgefüllt. Nun keimt der Kiemenapparat auf der Rückenseite des ersten Knospensegmentes 
hervor und zwar als acht kleine Papillen (Fig. 20), in welche sich Blutgefässe hineinbilden. Sie verlängern sich sehr rasch, 
indem sie zugleich dieselbe gekrümmte Lage (Fig. 19) wie beim Mutterthier annehmen. Vom Endkolben ist aber noch 
nichts zu sehen. Schon zu dieser Zeit kann man an jedem Kiemenstrahl die Uranlage der künftigen Kiemenfäden unter der 
Gestalt emer doppelten Reihe von alternirenden Warzen wahrnehmen. Wenn die Knospe vollständig ausgebildet ist, dann 
schnürt sie sich vom Mutterthier ab. Da sie zu unterst liegt, so bleibt sie zweifelsohne in der alten Kalkröhre stecken, so 
dass sich das Mutterthier ein neues Gehäuse bilden muss. 

Diese Knospenbildung stimmt mit der von Sars” bei Filograna implexa und von Oscar Scmupr bei F. Schleidenü® 
beschriebenen wesentlich überein. Die Erscheinung scheint bis jetzt auf die Familie der Serpulaceen unter den Polychaeten 
beschränkt zu sein, denn es scheint mir nicht genügend bewiesen, dass die angebliche Terebella, bei welcher Lewes’ 


ebenfalls eine Knospung beschreibt, eine genuine Terebella und keine Protula gewesen sei. 


5. Terebellacea. 
Branchiosabella nor. gen. 


Diagnose. Vorderes Körperende mit starken, glänzenden, nach vorn gerichteten Borsten bewaflnet. Kiemen 


fadenförmig. Tentakeln wie die Kiemen der Sabellen gefiedert. Ein Kranz von Aftereirren. 


Diese Gattung ist mit Sabellides Evw. am nächsten verwandt, wie wir es weiter unten zeigen werden. 


! Rapport sur une serie de memoires de Mr. A. DE (JATREFAGES relatifs a l’organisation des animaux sans vertebres des cötes de la 
Manche, par Mr. MıLne EnwArps. Annales des sc. naturelles. 1844. T. I. p. 22. ? Recherches zoologiques faites pendant un voyage sur 
les cötes de la Sieile par Mr. Mırne Enwanps. Annales des sciences naturelles. 1845. T. III. p. 170. ® Beiträge zur Kenntniss wirbelloser 
Thiere von Dr. Heinrich Frey und Dr. Run. LeuckART. Braunschweig 1847. S. 97. * Zoologia danica. Vol. II. p. 15. ® Deber einen 
durch Quertheilung proliferirenden Ringelwurm, die Filograna implexa. — Fauna littoralis Norvegiae oder Beschreibung und Abbildungen neuer 
oder wenig bekannter Seethiere u. s. w. von N. Sars. 1. Heft. Christiania 1846. p. 86. 6 Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Wür- 


mer, gesammelt auf einer Reise nach den Färör im Frühjahr 1848 von En. Oscar Scnnipt. Jena 1848. S. 33. ” Sea side Studies at 
Ifracombe, Tenby the Scilly Isles and Jersey by GEo. Hex. Lewes. Edinburgh and London 4858. p. 64. 


III. Anneliden. 35 


Branchiosabella zostericola nov. sp. 
Taf. XIV. Fig. 32—37. 


Diagnose. Körper 12 Mm. lang, hinten allmählich verjüngt. Borstenhöcker des Brusttheiles eylindrisch, stark 
vorragend. Blut grün. 


Ich fand diesen Wurm nur einmal unter Zosteren. Ob er ausgewachsen war, vermag ich nicht zu sagen, jedenfalls 
enthielt er noch keine ausgebildeten Geschlechtsproduete. Ich hielt ihn zuerst seiner kiemenartigen Tentakeln wegen für 
eine Sabella, erkannte aber sehr bald die Rückenkiemen, welche ihm seine Stelle unter den Terebellaceen anweisen. 

Ein lippenartiger Kopflappen (ef. Taf. XIV. Fig. 32) mit einem Paar kleiner schwarzer Augenpunkte auf der 
Rückenseite ist vorhanden. Die Tentakeln sitzen nicht über, sondern unter demselben. Sie ähneln den Tentakeln der Tere- 
bellen durchaus nicht, indem sie von dem ausgezeichneten Ausdehnungsvermögen der letzteren nichts spüren lassen. Auf 
deren Innenseite bemerkt man eine doppelte, an die Kiemenfäden der Sabellen erinnernde, jedoch nicht flimmernde Papil- 
lenreihe (Fig. 37). Bald streckt sie das Thier heraus (Fig. 33), bald zieht es sie in den Schlund zurück, und dann würde 
man den Wurm für eine Terebelle mit abgerissenen Fühlern leicht halten können (Fig. 32). 

Der Brusttheil besteht aus 14 mit Borsten versehenen Segmenten. Die drei ersten besitzen nur Rückenborsten, 
die folgenden sowohl Rückenborsten wie Bauchhaken. Die Borsten des ersten Segments (Fig. 36) sind sehr lange säbel- 
artig gesäumte, nach vorn gerichtete Haarborsten; die Rückenborsten der folgenden Segmente haben die gleiche Gestalt, 
nur sind sie viel kleiner. Die eylindrischen Borstenhöcker (Fig. 34. b), in denen sie wurzeln, nehmen den Seitenrand des 
Thieres ein, nur die beiden vordersten, dem 2. und 3. Segment angehörenden rücken der dorsalen Mittellinie etwas näher. 
Die Hakenborsten (Fig. 36. a) sitzen alle in gleicher Richtung und in einer Reihe auf Querwülsten (Fig. 2%. a). 

Die Kiemen bieten die Gestalt von einfachen, durch das Blut schön grün gefärbten Fäden (Fig. 32. a). 
Man findet ihrer zwei jederseits, welche dem ersten oder vielleicht den beiden ersten Segmenten anzugehören 
scheinen. Da das Thier möglicher Weise noch jung war, so entsteht die Frage, ob beim ausgewachsenen Wurme die Kie- 
men auch fadenförmig, d. h. ohne irgend eine Verästelung sind. Die Möglichkeit einer späteren Entwicklung und Verzwei- 
gung dieser Organe lässt sich offenbar nicht zurückweisen. Indessen darf man nicht vergessen, dass bei gleich grossen 
Terebellen die Kiemenverästelung wenigstens schon angedeutet ist. 

Der Hintertheil bestand bei meinem Exemplar aus vierzehn Segmenten, die anstatt der zweizeiligen Fortsätze des 
Brusttheils eine Reihe von Flösschen trugen. An diesen bemerkte ich zweierlei Borsten, nämlich mehrzackige, denjenigen 
des Brusttheils durchaus ähnelnde Haken und dünne Haarborsten (Fig. 36. a). Letztere sind nicht, wie die früher erwähn- 
ten Rückenborsten, säbelartig gekrümmt, sondern einfach linear. Ausserdem ragt ihre Spitze über die Leibesoberfläche nie- 
mals hervor, vielmehr sind sie innere, einen fächerartigen Büschel bildende Stützborsten des Flösschens (Fig. 35). Solche 
Stützborsten kommen ebenfalls am Hintertheil anderer Terebellaceen, so z. B. bei Terebella cenchilega und mehreren an- 
deren vor, nur scheint ihre Bedeutung als Stützskelet der Flösschen von den meisten Beobachtern übersehen worden zu 
sein. Jedenfalls wurden sie bisher von den wahren Rückenborsten nicht streng genug auseinandergehalten. Die Häkchen 
bilden eine einzige, den vorderen und Seitenrand des Flösschens einnehmende Reihe, auf dem Hinterrande aber sind keine 
zu finden. Ihre Anzahl beträgt eirca 30—40 auf einem Flösschen. 

Das Endsegment ist mit einem Kranze von langen Papillen oder kurzen Cirren geziert. 

Die innere Organisation zeigt nichts vom Terebellentypus Abweichendes. Dem Oesophagus folgt ein sich vom 
sechsten Segmente bis zu Ende des Brusttheils erstreckender braungefärbter Magen, welcher in den Darm übergeht. Im 
Vordertheile sind zwei braune, inwendig flimmernde Schläuche (Fig. 32. «) bemerkbar. Sie münden in der Mund- oder 
Schlundhöhle und sind den bei Protula als Kittdrüsen bezeichneten Organen vollständig gleich. Sie dienen wahrscheinlich 
ebenfalls unserem Wurme zur Absonderung der Wohnröhre. 

Branchiosabella zostericola bietet, so weit mir bekannt, das erste Beispiel einer Terebellacee mit schön grünem 


Blute. Diese Blutfarbe entdeckte bekanntlich zuerst Mırse Epwarns! bei einer Sabella, die, beiläufig gesagt, bei St. Vaast 


" Recherches pour servir a Uhistoire de la circulation du sang chez les Annclides par M. Epwanps. Ann. des sc.nat. 2. serie. 1838. T.X. p-197. 
9% 


36 k. Abschnitt. Würmer. 


nicht selten vorkommt. Seitdem wurde sie in derselben Familie bei Protula Dysteri und von van Bexenen bei einer Serpula,! 
dann unter Grupe’s Pherusea bei Siphonostomum* Orro (Chloraema Dvs.) beobachtet. Das sind also im Ganzen drei Fami- 
lien, bei denen sie angetroffen wurde. 

In Sırs’ unsterblichen Beskrivelser og Jagttagelser* steht ein Wurm unter dem Namen Sabella octocirrata beschrie- 
ben und abgebildet, der mit unserer Branchiosabella grosse Verwandtschaft zeigt. Mirse Enwarns bildete für ihn die Gat- 
tung Sabellides. Dieses Thier zeichnet sich wie Branchiosabella durch die Anwesenheit von in den Schlund zurückzieh- 
baren gefiederten Tentakeln und von auf dem Rücken sitzenden fadenförmigen Kiemen (hier zwar nur % jederseits), denn 
wenn gleich Sars jene Organe umgekehrt als Kiemen und diese als Cirren bezeichnet, so handelt es sich nichtsdestoweniger 
um dieselben Gebilde. Sars’ sog. Cirren sind nämlich den Terebellenkiemen offenbar homolog, wodurch freilich noch kei-, 
neswegs bewiesen wird, dass die vorderen von mir als Tentakeln bezeichneten Organe mit dem Respirationsgeschäft nichts 
zu thun haben. Die Anzahl der Brustsegmente scheint in beiden Species dieselbe zu sein, und die Ringel des Hintertheils 
sind bei Sabellides oclocirrata kaum zahlreicher als bei Branchiosabella. Diese Uebereinstimmung erscheint so gross, dass 
die Bildung einer neuen Gattung für den Wurm aus St. Vaast beinahe überflüssig dünken möchte. Indessen bestehen so 
gewichtige Gründe, um diese Thiere — trotz der grossen Aehnlichkeit — von einander generisch zu trennen, dass die 
Gattung Branchiosabella augenscheinlich wohl begründet ist. Zuerst fehlen bei Sabellides die starken, nach vorn gerich- 
teten Borsten des Mundsegmentes, welche bei Branchiosabella sogleich ins Auge fallen. Ausserdem zeichnen sich die bei- 
den ersten Segmente von Sabellides nach Sars’ ausdrücklicher Bemerkung durch die Abwesenheit der Füsse (Födder), 
d. h. der Borstenhöcker aus, während diese eylindrischen Warzen an den entsprechenden Segmenten von Branchiosabella 
leicht zu finden sind. Die beiden ersten Segmente des Hintertheils von Sabellides besitzen wohl seitliche Fortsätze, aber 
keine Borsten, gerade wie ich es selbst bei Protula beschrieben, während sie bei Branchiosabella sowohl Haken- wie 
Rückenborsten in grosser Anzahl aufweisen. Die folgenden Segmente besitzen bei Sabellides nicht nur ein Flösschen,, son- 
dern auch einen über demselben sitzenden Cirrus jederseits. Dieser Rückeneirrus fehlt Branchiosabella durchaus. Endlich 
trägt das Endsegment bei Sabellides nur zwei, bei Branchiosabella dagegen einen ganzen Kranz von Aftereirren. Die 
Abweichungen beider Thiere von einander sind, wie man sieht, bedeutend genug, um ihre generische Trennung zu 
rechtfertigen. 

In neuerer Zeit hat Sars‘ wiederum drei Arten der Gattung Sabellides, nämlich $. borealis, S. sexcirrala und 8. 
eristala beschrieben. Diese schönen Würmer weichen aber in mancher Beziehung von einander so bedeutend ab, dass sie 
vielleicht nach Sars’ ausdrücklicher Bemerkung in zwei Gattungen untergebracht werden müssten. Die eine Art, $. ser- 
eirrala nämlich, ermangelt des Rückencirrus in der hinteren Körperabtheilung und steht insofern unserer Branchiosabella 
näher als die anderen Species. Gleichwohl entbehrt sie den für letztere Gattung charakteristischen Papillenkranz am 
Afterende. 

Bei allen Sabelliden bezeichnet Sars die Rückenkiemen als Fühlereirren. Es ist mir aber sehr wahrscheinlich, dass 
sie wie bei Branchiosabella beschaffen und demnach den Kiemen der Terebellen vergleichbar sind. Bei $. octocirrata drückt 
sich Sars folgendermaassen aus: »cirris tentacularibus viridescentibus octo « und bei S. borealis: » cirris tentacularibus octo 
sulphureis.« Wenn der Farbenunterschied dieser sog. Fühlereirren aus einer Verschiedenheit in der Blutfarbe herrühren 


sollte, so wären wohl «diese Organe zu Kiemen gestempelt. 
6. Ariciea. 


Leucodora Johnst. 


Von der Gattung Leucodora kommen bei St. Vaast zwei Species, nämlich L. ceiliata Jonsst. und L. coeca Örrsrt. 


häufig vor. L. mutica Levex. wird ebenfalls als Kunstproduct nicht selten angetroffen, denn diese Species ist offenbar auf 


' Van BENEDEN’S Crepina p. 15. ? Observations sur qq. Annelides marines par F. Dusanpın. Ann. des sc. nat. 2. serie. 1839. 
T.XI. p. 288. 3 Beskrivelser og Jagttagelser over nogle maerkelige eller nye i Havet ved den Bergenske Kyst levende Dyr af M. Sans. 


Bergen 1835. p. 51. * Fauna littoralis Norvegiae von Sars, Korex und Danıerssen. Bergen 1856. p. 19. 


III... Anneliden. 37 


eine zwar leicht irre machende Verstümmelung begründet. Da L. ciliata von Kererstein sehr ausführlich besprochen 
wurde, so erwähne ich hier diese Gattung nur, um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass die Gattungen Leucodore 
Jonsst. und Polydora Bose mit einander vereinigt werden müssen. Ich vermag wenigstens nicht sie von einander zu unter- 


scheiden und halte sie für durchaus identisch. Der Name Polydora Bose! müsste dann als der ältere beibehalten werden. 


Colobranchus Schmarda. 
Colobranchus ciliatus Keferst.” 


Von dieser Art beobachtete ich nur ein 29 Mm. langes, also etwa um ein Drittel grösseres Individuum als das 
einzige von Krrersteis gefundene und ausführlich beschriebene Exemplar. Es bewohnte eine aus Sandtheilchen und rost- 
farbenem Kitt angefertigte, an einen Stein angeleimte Röhre. Mit Kerersteiı’s Beobachtungen bin ich ganz einverstanden, 
nur wage ich es zu bezweifeln, ob das Thier zu Scumaroa’s Golobranchus zu rechnen sei. Es kommt nämlich dieser Gat- 
tung ein Kranz von Blättchen am Hinterende zu, den Kererstein bei seinem @. cıliatus zwar vermisste, aber für abgerissen 
erachtete, Nun war bei meinem über 80 Segmente zählenden Exemplare dieser Blättchenkranz ebenfalls abwesend. Dass 
er auch abgerissen gewesen sein kann, will ich — obgleich ich damals nichts davon ahnte — nicht in Abrede stellen, nur 
darf man wohl dermalen seine Existenz für sehr problematisch halten. Eines anderen Umstandes wegen möchte ich die 
Legitimität der Verlegung dieser Species in die Gattung Colobranchus beanstanden. Scumarna zufolge wäre nämlich diese 
Gattung nicht nur durch die Anwesenheit der acht Afterblättchen, sondern auch durch das Vorhandensein von vier Fühlern 
charakterisirt. Nun sind die vorderen Fühler von €. ciliatıs von den hinteren himmelweit verschieden und dürfen kaum 
denselben Namen tragen. Letztere sind denjenigen von Spio, Nerine und Polvdora homologe, höchst contractile, ein blin- 
des Blutgefäss enthaltende Fangfühler. Die vorderen Fühler dagegen sind einfache Vorsprünge der Seitentheile des Kopt- 
lappens, welche bei meinem Exemplare nur halb ein Mal so lang wie bei «lem von Kererstein beobachteten waren. Bei Leu- 
codora coeca Oersr, ist der schmale Kopflappen vorn ausgeschweilt, so dass die Seitentheile ebenfalls vorspringen. Diese 
Bildung ist bei den Leucodoralarven noch deutlicher ausgesprochen, obschon man den ausgebildeten Thieren nur zwei 
Fühler zuschreibt (ef. Taf. VII. Fig. 11, Taf. VII. Fig. I und 2). 

Die Kiemen wurden von Kerersteiın genau beschrieben. Ich füge nur seiner Darstellung hinzu, dass das erste 
borstentragende Segment kiemenlos ist. Noch will ich bemerken, ‘dass Zahl und Stellung der Augen bei Ü. ciliatus nicht 
ganz beständig zu sein scheinen. Kerrerstein giebt bei seinem Exemplare vier im Viereck auf dem Hintertheil des Kopf- 
lappens stehende Augen an. Das meinige besass ihrer fünf und zwar ein grösseres, zwischen beiden Fangfühlern sitzendes 


und vier kleinere in Trapez mehr nach vorn stehende. 


Pygospio nov. gen. 


Diagnose. Zwei Fühlercirren oder Fangfühler. Endsegment in vier kammartige Fortsätze auslaufend. Das 


5. Segment von den anderen nicht verschieden. 


Pygospio elegans nov. sp. 
Tal. XIV. Fig. 27 —3H. 


Diagnose. Körper 24 Mm. lang, hinten und besonders vorn allmählich verjüngt. Sechs Augen auf dem Hinter- 


theil des Kopflappens. Kiemen nur vom 13. bis zum 33. Segmente. 


! Histoire naturelle des vers, contenant leur description et leurs moeurs, avec figures dessinees d’apres nature par L.A.G. Bosc. Tome I. 
? = e Dun e ne 5 n e 2 R 3 3 ır a 
Paris. AnX. p.150. “ Neue wirbellose Thiere. I.Bd. Turbellarien, Rotatorien u. Anneliden ete. 1861. p. 166. ° Unters. S. 118. 
10 


Clapar&de, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thicre. 


38 4. Abschnitt. Würmer. 


Diesen Wurm fand ich unter Stenen am Ebbestrand in einer aus Sandtheilchen verfertigten Röhre nur einmal. Ich 
hielt ihn anfangs für einen genuinen Spio, erst später erkannte ich durch Vergleich mit den Beschreibungen und Abbildungen 
von Orro Faprıcws, Rarnke und Moxrasv, dass es sich um eine zwar verwandte, jedoch verschiedene Gattung handelte. 

Der Körper bestand aus 60 Segmenten, wovon die meisten etwa drei bis vier Mal so breit als lang waren, nur die 
sechs vorderen und vier hinteren nahmen nach den entsprechenden Leibesenden an Breite sehr rasch ab. Als Seitenfort- 
sätze findet man sowohl Bauch- wie Rückenstummel. Letztere sind rundliche, zur Einpflanzung von dichten Büscheln 
durchweg einfacher Haarborsten (Taf. XIV. Fig. 29) dienende Höckerchen, welche vom ersten Leibessegmente bis zum 
vorletzten zu finden sind. Vom 13. Segmente an verlängert sich dieser Rückenhöcker in eine wurst- oder zungenförmige, 
auf dem Rücken meistens zurückgebogene Kieme (Fig. 31. a), die eine Gefässschlinge enthält. Diese Kieme flimmert auf der 
Innenseite und geht in einen durchsichtigen, membranösen, flügelartigen Anhang (Fig. 31. b) über, der stets flimmerlos ist. 
Die Kiemen werden nach hinten zu allmählich kleiner und verkümmern vom 33. Segmente an vollständig. 


Ganz ähnlich gestaltete Kiemen beschreibt Wirzins! 


von den Gattungen Spio und Nerine. Es frägt sich aber, ob 
die von ihm untersuchten Würmer zu diesen Gattungen wirklich gehören. Von dem flügelartigen Kiemenanhang erwähnt 
nämlich Raruke? bei der von ihm im Hafen von Sebastopol sorgfältig untersuchten Species (Nerine laevicornis) durchaus 
nichts, vielmehr beschreibt er zwei von dem Rückencirrus, d. h. von der Kieme vollständig unabhängige sog. Kiemenblät- 
ter. Auch bei Spio crenaticornis Moxr. scheint nach Moxtasv’s Abbildung ® der Nügelartige Anhang zu fehlen, während ein 
anderer Fortsatz von der Unterseite des Fussstummels hervorragen soll. Dagegen beschreibt pe Quarkeraces bei seiner 
Gattung Malacoceros* blattartige Anhängsel der Kiemen, die aber viel weniger als bei Pygospio entwickelt zu sein scheinen. 

Die Bauchstummeln der 7 ersten Segmente tragen einfache, den Rückenborsten vollkommen gleiche Haarborsten- 
büschel (Fig. 29). Vom 8. Segmente an aber findet man an deren Stelle nur Hakenborsten (Fig. 30). Der Borstenwechsel 
findet also genau an demselben Segmente statt, wie bei den Leucodoren, während er beim sog. Golobranchus ciliatus viel 
weiter nach hinten eintritt. 

Der Kopflappen (cf. Fig. 27) ist sehr schmal, am Stirnrande etwas ausgeschweift. Die kleinen Augenpunkte sitzen 
zu je drei jederseits auf dem Hintertheil desselben. Hinter den Augen findet man den Ansatz der für eine Spiodee verhält- 
nissmässig kurzen Fühlereirren, welche denjenigen der Polydoren und des Colobranchus ciliatus in jeder Beziehung gleich 
sind. Maul- und Lippenbildung gleichfalls wie bei Polydora. 

Das Merkwürdigste an diesem Wurm ist ohnstreitig der sonderbare vierlappige Endanhang (Fig. 28). Auswüchse 
des Endsegmentes sind unter den Spiodea sehr verbreitet, so z. B. die beiden Afterlappen von Spio, die sechs geknöpften 
Papillen von Nerine, die Analfäden von Malacoceros, der Haftnapf von Polydora (und Leucodora). Der Endanhang von 
Pygospio ist diesen Bildungen offenbar homolog, obschon dessen Aussehen ziemlich abweichend ist. Er stellt gleichsam 
zwei obere und zwei untere am Hinterrande durch Einkerbungen kammartig zerschlitzte Flösschen dar. Zwischen den 


oberen, also auf der Rückenseite, ist der After gelegen. 


7. Syllidea. 


Syllisarten sind bei St. Vaast ziemlich zahlreich und verdienten wohl viel näher untersucht zu werden als es von 
Krrerstein und mir geschehen konnte. Ich habe die Ueberzeugung gewonnen, dass anscheinend fast ganz gleiche Syllis- 
formen dennoch zu entschieden” verschiedenen Species gehören können, wie es sich z. B. aus der Thatsache ergiebt, 
dass sie manchmal in der Bildung der Geschlechtsorgane von einander bedeutend abweichen. Hier werden nur drei zu der 


eigentlichen Gattung Syllis und einige zu anderen Gattungen gehörende Arten besprochen. 


! Report on British Annelids p. 214. ? Beitrag zur Fauna der Krym. — Memoires presentes A l’acad. imperiale des sc. de 
Petersbourg par differents savants. III. 1837. p. 421. ® An account on some new and rare marine British Shells and Animals by 
GEoRGE Montasu. Transactions of the Linnean Society. XI. 1835. Part II. p. 12. “ Description de qq. especes nouvelles d’annelides 
errantes recueillies sur les cötes de la Manche par A. pe Quarnerages. — Magasin de Zoologie, publie par Guerın MENEVILLE. Annce 


1843. p. 8. 


III. Anneliden. 39 


Syllis Sanıyny. 


Syllis armoricana nov. sp. 
Taf. XIII. Fig. 21— 23 und 25—27. 


Diagnose. Körper 25 Mm. lang, weisslich gelb. Stirnpolstern stark vorragend, tief ausgeschweift. Vier Augen. 


Rückeneirren gekammert. Ausser dem Rücken- und Baucheirrus noch ein Züngelchen am Fussstummel. 


Diese Art zeichnet sich, wie übrigens auch eine ganze Anzahl von verwandten Species, durch die dreieckige Ge- 
stalt und bedeutende Länge der Stirnpolstern (Fig. 26. a) aus. Der Körper besteht bei geschlechtsreifen Individuen aus 
etwa 45 Segmenten. 

Die Fussstummeln sind conische, von den Seiten sehr stark vorragende Fortsätze (Fig. 23), an deren Basis der 
lange gegliederte Rückeneirrus (a) sitzt. Der viel kürzere Baucheirrus (b) entspringt von der Mitte der Bauchseite des 
Stummels. Endlich bemerkt man an der Spitze des Fussstummels ein conisches Züngelchen (c), das ich sonst bei keiner 
andern Syllisart wahrgenommen. Die Gliederung sowohl des Rückeneirrus, wie auch der Fühlereirren und der drei Kopf- 
fühler halte ich für einen sehr wichtigen Charakter. Sie gestattet auf den ersten Blick die Unterscheidung von sonst nur 
sehr schwer zu trennenden Arten, wie z. B. Syllis armoricana sich dadurch von der sehr ähnlichen gleich zu beschreiben- 
den Syllis normannica wesentlich unterscheidet. Diese Gliederung ist eine wahre Fächer- oder Kammerbildung (Fig. 25). 
Jede Kammer ist mit zahlreichen, bis 0,006 Mm. im Durchmesser grossen Körnern erfüllt. die ich für ein ähnliches Abson- 
derungsproduct halte wie dasjenige, welches ich in den Rückencirren von Sphaerodorum weiter beschreiben werde. Die 
Borsten sind zusammengesetzt, mit verhältnissmässig kurzem Endeglied. 

Der Verdauungsapparat besteht, wie gewöhnlich bei Syllisarten, zunächst aus einer farblosen Rüsselscheide und 
einem darin steckenden Rüssel (Fig. 26. b). Letzterer stellt eine eylindrische, an der vorderen Spitze mit einem Kranz langer 
tentakelartiger Papillen versehene Röhre dar, welche mit einer derben, braun gefärbten Cuticula ausgekleidet ist. Als Ver- 
diekung dieser Cuticula erscheint im vorderen Rüsseltheil die mächtige Bohrspitze (Fig. 27). Dem Rüssel folgt die den 


Syllideen allgemein zukommende Abtheilung des Darmcanals mit dicker Muskelwand und regelmässigen Querreihen kleiner 


Papillen (Fig. 26. 0). Sie wird bekanntlich von M. Epwarps! als »portion charnue du Pharynx «, von Orrsten? als » Pro- 
ventrieulus «, von Wırurans® als » Gizzard « benannt. Dieser als Schlundkopf am besten zu bezeichnende Darmtheil reicht 
etwa vom 10. zum 12. oder 13. Segmente. Dann kommt der bis zum 16. Segmente reichende Magen (d), der mit zwei 
nach hinten gekehrten Blindsäcken versehen ist. Diese Anhänge kommen bei vielen Syllisarten vor. Sie wurden von 
M. Enwarps bei S. maculosa gesehen und Kererstein beschreibt sie als eigenthümliche in den Magen mündende Drüsen 
bei Syllis oblonga und $. divaricata. Am 17. Segmente fängt der eigentlich braun gefärbte, zwischen den Segmenten regel- 
mässig eingeschnürte Darm an. 

Während ich bei anderen Syllisarten die Fussstummeln als Bildungsstätte der Geschlechtsproduete sowohl bei 
Weibchen wie bei Männchen stets erkannte, schienen dagegen die Eier bei S. armoricana an einer ganz abweichenden 
Stelle zu entstehen. Die Eier waren stets nur in den allerletzten Körpersegmenten, so z. B. bei einem aus 43 Segmenten 
bestehenden Individuum, wie ich es in meinem Notizbuch angemerkt finde, nur in den sieben letzten anzutreffen. Die 
dichten, durch bläulichen Schimmer ausgezeichneten Eiermassen füllten diese Segmente beinahe völlig aus (Fig. 20—21). 
Sie bestanden aus verhältnissmässig kleinen, nur 0,012 Mm. im Durchmesser breiten Eiern, in denen das Keimbläschen 
trotz der Undurchsichtigkeit des Dotters stets leicht erkennbar (Fig. 22) war. Die beiden Eiermassen waren von einer 
doppelten Contour so eingefasst, dass jede derselben in einem Schlauch enthalten zu sein schien. Beide Schläuche er- 
streckten sich bis zum hintersten Leibesende, wo sie sich plötzlich verengten, um sich in eine Art Eileiter (Fig. 21. a) fort- 


zusetzen, der neben dem After oder richtiger oberhalb desselben nach aussen zu münden schien. An dieser Stelle endigte 


! Le regne animal distribu& d’apres son organisation par GEoRGES Cuvier. Edition illustree. Les Annelides par MıLne EpwAnps. Pl. 15. 
* Ueber die Entwickelung der Jungen bei einer Annelide u. s. w. Archiv für Naturgesch. 1845. p. 20. ® Report on british Annelids. 
P- 234. 


40* 


40 %. Abschnitt. Würmer. 


der Leib mit zwei papillenartigen Hervorragungen, die mit den langen gegliederten Cirren des Endsegments keine Aehn- 
lichkeit hatten. 

Wenn ich mich bei dieser Darstellung scheinbar zweifelnd ausdrücke, so rührt es einfach daher, dass ich mich mit 
einer so abweichenden Lagerung der Geschlechtsproduete noch nicht recht befreunden kann. Die ganz normale Eierbildung 
anderer Syllisarten lässt sich mit so eigenthümlichen Verhältnissen bei dieser einzigen Art schwer zusammenreimen , ob- 
schon dies nicht das erste Beispiel wäre, dass sehr nahe verwandte Wesen sehr abweichende Geschlechtsverhältnisse dar- 
bieten. Ich werde übrigens zeigen, dass eine von den Syllideen nicht sehr entfernte Annelidengattung , Scunmr’s Nerilla 
nämlich, sich in Bezug auf Eierbildung unserer Syllis armoricana sehr nähert. Ich darf wohl auch hier an Dyster’s Beob- 
achtungen' erinnern, wonach Phoronis hippocrepia einen unpaarigen flaschenförmigen Eierstock mit zwei neben dem After 
mündenden Eileitern besitzen soll. 

Was für eine Bedeutung mögen nun die Eierschläuche unserer Syllis haben? Sind es wahre Eierstöcke oder Säcke 
worin sich die reifen Eier anhäufen? Diese Frage vermag ich nicht mit Bestimmtheit zu beantworten, denn wennschon 
ich in den Eierschläuchen keine jüngeren Eier als die Fig. 22 dargestellten antraf und diese Organe desswegen als wirk- 
liche Bildungsstätte der Eier noch nicht beansprucht werden dürfen, so fand ich doch an keiner anderen Körperstelle 
zellige Elemente, die ich für Eichen hätte ansehen können. Ausserdem schienen die Eierschläuche nach vorn zu (Fig. 20) 
blind zu endigen, so dass ich nicht recht einsehen kann, wie ausserhalb derselben gebildete Eier in deren Höhlung gelangen 
konnten. 

Syllis armoricana ist mit Kerersteiys Syllis oblonga oflenbar sehr nahe verwandt. Ich hätte sie sogar für dieselbe 
Species erachtet, wenn nicht Syllis oblonga des charakteristischen Züngelchens am Fussstummel ermangelte. Andere frei- 
lich nicht sehr wichtige Unterscheidungsmerkmale kommen noch dazu, so sind z. B. bei S. oblonga die Kopffühler viel 
kürzer, der Rüssel und Schlundkoptf dagegen viel länger als bei S. armoricana, so dass der eigentliche Darm bei ersterer 
nicht am 17. Segmente, wie bei letzterer, sondern erst am 22. anfängt. In Bezug auf seine S. oblonga macht Kererstein 
eine mir ziemlich wichtige Bemerkung, indem er sagt, die hinteren zwei Drittel seien bei den meisten Exemplaren strotzend 
mit Geschlechtsproducten, entweder blauen Eiern oder weissem Samen gefüllt gewesen, mit deren Bildung die Segmen- 
talorgane offenbar nichts zu thun hätten. Es scheint daher als ob er hierin eine Abweichung von den anderen Syllideen, 
bei welchen (z. B. S. divaricata) er die Eibildung den Segmentalorganen zuschreibt, statuiren wollte. Ich darf aber diese 
unbestimmt lautende Aussage um so weniger ausbeuten, als Kererstein zur Zeit seiner Beobachtung meine Entdeckung 
der Eierschläuche bei $. armoricana kannte und mithin diese Organe — falls sie der Syllis oblonga zukommen sollten — 


schwerlich verkannt haben würde. 


Syllis normannica nov. sp. 
Taf. XII. Fig. 24. 


Diagnose. Körper etwa 20 Mm. lang, gelblich weiss. Stirnpolstern stark vorragend, sehr tief ausgeschnitten. 


Vier grössere nebst zwei kleineren Augen. Rückencirren ungegliedert. Kein Züngelchen am Fussstummel. 


Diese Art stimmt in vielen Punkten mit der vorigen überein, unterscheidet sich jedoch von derselben sowohl durch 
die Abwesenheit des Züngelchens am Fussstummel, wie auch durch den gliederlosen Rückeneirrus. Dieser ist eigentlich 
wohl hie und da der Quere nach unregelmässig eingeschnürt, indessen ist diese scheinbare Gliederung kein Ausdruck für 


die Anwesenheit von inneren Scheidewänden, so dass der Cirrus in keine Fächer zerfällt. Der Baucheirrus (Fig. 24. b) ist 


bedeutend kürzer als der Rückeneirrus und an der Basis kolbenartig angeschwollen. 

In Bezug auf die Wimpern des Fussstummels weist diese Species auch einige Eigenthümlichkeiten auf. Der den 
Kiemen anderer Anneliden entsprechende Höcker (Fig. 2%. ce), dem der Rückeneirrus aufsitzt, ist mit Flimmereilien ringsum 
besetzt, wie ich es bei mehreren anderen Syllisarten beobachtete und wie Wırurans es bereits richtig angegeben. Ausser- 


dem flimmert die Oberseite des ganzen Fussstummels, eine Erscheinung, die ebenfalls bei anderen Species vorkommt ; 


Transactions of the Linnean Society. T. XXI. p. 251— 256 


III. Anneliden. 41 


während aber diese Wimpern bei den meisten Arten einen gleichmässigen Flaum bilden, sitzen sie bei S. normannica in 
mehreren getrennten Büscheln beisammen (Taf. XIII. Fig. 24. d). 

Die Augenstellung unserer Syllis ist auch eigenthümlich, wennschon vielleicht weniger charakteristisch. Ich sah 
vier auf dem Hintertheil des ovalen Kopflappens in Trapez sitzende schwarze Augenflecke und zwar so, dass die beiden 
vorderen, von einander am meisten abstehenden, in gleicher Höhe mit dem hinteren Fühler standen. Ausserdem aber sass 
ein viel kleineres Augenpaar genau an der Basis der vorderen Kopffühler. Diese vordersten Augen waren also nicht so 
weit von einander entfernt wie das folgende Paar. Wenn ich diese Augenstellung oder vielmehr diese Augenzahl als eine 
nicht ganz charakteristische bezeichne, so kommt es daher, dass ich von den vorigen nur sehr schwer zu unterscheidende 
Individuen beobachtete, denen noch ein siebentes Auge unmittelbar hinter der Basis des mittleren hinteren Kopffühlers 
zukam. 

In Bezug auf die Verdauungsorgane bot $. normannica keine bedeutende Abweichung von S. armoricana. Der 
Rüssel war namentlich ganz gleich gebildet. 

Die Geschlechtsproducte entstehen auf normale Weise, d. h. in den Fussstummeln. 


Raruke’s Syllis cornuta! ist nicht ohne einige Aehnlichkeit mit S. normannica, besitzt aber nur vier Augenflecke. 


Syllis clavata nov. sp. 
Taf. XIII. Fig. 23—29. 


Diagnose. Körper 2 Mm. lang. Farbe weisslich. Stirnpolstern sehr stark vorragend, fast in der ganzen Länge 


auf.der Mittellinie mit einander verwachsen. Rückencirren kurz, keulenförmig, kein Magen. 


Unter allen bekannten Syllisarten hat S. clavata mit Dusarnıy's Exogone pusilla die grösste Aehnlichkeit, so dass ich 
sie zuerst in die Gattung Exogone einzureihen gedachte. Bei näherer Untersuchung aber finde ich, dass Duvsarnın die Gat- 
tung Exogone sehr abweichend vom Urheber derselben, d. h. von Orrstepn auffasst. Die Aufstellung von Genera ist über- 
haupt bei den Syllideen keine sehr leichte Aufgabe, und ich bin überzeugt, dass die Gattungen Syllis, Syllides, Sylline, 
Exogone u. s. w. in ihrer jetzigen Fassung einer kritischen Prüfung schwerlich widerstehen dürften. Es kann aber keine 
bessere Eintheilung vorgeschlagen werden, bis ein grösseres Material herbeigeschafft sein wird. Ich halte mich daher so 
weit möglich an die bestehenden Gruppen und muss vor der Hand Syllis clavata zu den ächten Syllis, nicht aber zu Exogone 
bringen. Mit Oerstev’s Exogone nämlich hat sie eigentlich nur die Keulenform des Rückencirrus gemein, einen Charakter, 
worauf ich kein grosses Gewicht legen mag, da die Jugendformen vieler ächten Syllisarten, so z. B. der Syllis normannica, 
eine Annäherung an diese Gestalt spüren lassen. 

Diese wie alle anderen beschriebenen Syllideen zwischen Fucaceen und Corallinen in Seewassertümpeln angetrol- 
fene Art war nur circa 2 Mm. lang. Das grösste Individuum bestand aus nur 22 Segmenten. Die stark vorragenden Nlim- 
mernden Stirnpolstern waren aneinander gelöthet, aber in der ganzen Länge durch eine tiefe, bis zum kleinen vorderen 
Ausschnitt leitende Furche von einander geschieden. Durch diese Beschaffenheit der Stirnpolstern nähert sich unser Wurm 
der Gattung Sylline, welche Gruse auf der Verwachsung der beiden Stirnpolstern hauptsächlich begründet wissen will. Ich 
kann nämlich Krrersteiy nicht beistimmen, wenn er diese Verwachsung als ein Jugendmerkmal aller Syllideen aufstellt. 
Diese Ansicht kann um so weniger aufrecht erhalten werden, als gerade der von Kerersteis als junge Syllisform beschrie- 
bene Wurm ein ausgebildetes Thier ist, das ich mit dem Namen Exogone Kefersteinii belege und weiter unten beschreiben 
werde. Syllis elavata weicht aber von Gruse’s Gattung Sylline durch die Anwesenheit eines zwar kurzen Baucheirrus 
(Fig. 28. b) an jedem Fussstummel ab. 

Die Rückencirren sind äusserst kurz, an der Basis keulenförmig angeschwollen. An deren Grundtheil konnte ich 
keine Flimmerbewegung wahrnehmen. Die drei Kopftühler und die beiden Paare Fühlereirren des ersten Körpersegmentes 


Fig. 29) gleichen den Rückencirren vollkommen, nur sind die Kopf- und Aftereirren länger. Alle Cirren sind mit kleinen, 


A 


! Beiträge zur Fauna Norwegens von Raruke. — Nova Acta Acad. Leop. Carol. Nat. Curios. T. NX. p. 164. 


Claparede, Anatomie u. Entwickelungsgesch. wirbelloser Thiere. aA 


42 4. Abschnitt. Würmer. 


bei anderen Syllideen übrigens ebenfalls vorkommenden Börstchen besetzt. Von den sechs Augen sitzen vier beinahe in 
einer Querreihe auf dem Hinterkopf und zwar zwei jederseits des hinteren Kopffühlers und die beiden anderen an der 
Basis der vorderen Kopffühler. 

Der Rüssel ist wie bei den anderen Syllisarten gebildet, reicht aber nur bis in das vierte Körpersegment hinein. 
Die zahnartige Verdickung (Fig. 29. a) der Cuticula liegt weiter nach hinten in dem Rüssel als bei den oben beschriebenen 
Species. Der Schlundkopf (Fig. 29. a) ist kurz und geht sogleich — ohne Dazwischenkunft einer magenartigen Erweite- 


rung — in den Gallendarm (b) über. 


Mierosyllis nov. gen. 


Diagnose. Stirnpolstern vom Kopflappen nicht geschieden, mit einander innig verwachsen, nur zwei winzige 
Kopfeirren. Fühler und Rückencirren äusserst klein. Keine Baucheirren. Rüssel wie bei Syllis beschaffen. Eine Bohrspitze. 


Microsyllis brevicirrata nov. sp. 
Taf. XI. Fig. 1—2. 


Diagnose. Körper 2 Mm. lang, sehr undurchsichtig. Drei Paar rothe Augen. Aftercirren an der Basis kuglig 


angeschwollen. 


Die Verwandtschaft dieser Art mit den anderen Syllideen erkennt man an der Gestalt des mit einer Bohrspitze 
versehenen Rüssels und an der Anwesenheit des charakteristischen Schlundkopfes mit Leichtigkeit, sonst aber zeigt das 
Aeussere des Thieres mit Syllis nur wenig Aehnlichkeit. Die Fussstummeln (Fig. 2) ragen nur wenig hervor und erschei- 
nen beim ersten Anblick ganz eirrenlos. Bei näherer Betrachtung nimmt man aber an jedem Fussstummel eine kleine, mit 
kleinen starren Wimpern besetzte, dem Rückencirrus anderer Syllideen homologe Papille (Fig. 2) wahr. Ganz ähnlich ge- 


staltet sind die beiden Kopffühler und die sog. Fühlereirren des ersten borstenlosen Leibessegments. Erstere sind nur zwei 


an der Zahl und sitzen in einer seichten undeutlichen Querfurche, die man vielleicht — wenn nicht das vordere Paar 
Augen weiter nach vorn stände — für eine Andeutung der Grenze zwischen Kopflappen und Stirnpolstern halten dürfte. 


Die drei Paar rothe Augen sitzen so hinter einander auf dem Kopflappen, dass die beiden vordersten Augenflecke am 
wenigsten, die hintersten dagegen am meisten von einander abstehen. 

Durch die Verkürzung der Stirnpolstern und deren Verwachsung mit dem Kopflappen ist die Mundöffnung beinahe 
bis an die vordere Spitze gerückt. Der Rüssel ragt nach vorn bis in den Kopflappen und nach hinten bis in das dritte 
Körpersegment (Kopf nicht mitgerechnet) hinein. Ihm folgt ein gewaltiger Schlundkopf, der in den Gallendarm unmittelbar 
übergeht. 

Dieser unter Florideen gefundene Wurm bestand aus nur 17 Segmenten. Seine Borsten waren denen der Gallung 
Syllis gleich. Er war zu undurchsichtig, als dass ich nach den Geschlechtsproducten hätte suchen können. An der Körper- 


oberfläche nahm ich nirgends Flimmerbewegung wahr. 


nn 2 
Exogone Oersied.' 
oO 
Exogone Kefersteinii nov. sp. 
Taf. XII. Fig. 3—6. 
Diagnose. Körper 3 Mm. lang. Rückencirren sehr kurz, keine Baucheirren. Zwei Paar Augen, wovon das vor- 
dere allein mit Linsen versehen ist. 

Diese Art, wovon ich sechs oder sieben Exemplare in Seewassertümpeln bei St. Vaast la Hougue beobachtete, ist, 


was die äussere Gestalt anbetriflt, der Exogone naidina Orrsr. sehr ähnlich, unterscheidet sich aber von derselben durch 


1 72 . OFIE ee . . r Q = - 
Ueber die Entwicklung der Jungen bei einer Annelide und die Unterschiede zwischen beiden Geschlechtern von MAG. Oersten. Archiv 
f. Naturgesch. 1845. p. 20. 


III. Anneliden. 43 


die Abwesenheit des Baucheirrus an den Fussstummeln. Da dieser Cirrus nach Orrstep’s Diagnose zur Charakteristik der 
Gattung gehört, so sollte eigentlich mein Wurm anderswohin gestellt werden. Allein die Uebereinstimmung ist sonst so 
gross, dass ich mich nicht entschliessen kann, dieses Thier von Exogone generisch zu trennen. Bei genauer Durchsicht der 
angeblichen Charaktere dieser Gattung finde ich übrigens, dass nur einer stichhaltig oder wenigstens dem Genus eigen- 
thümlich ist. Ich meine nämlich die Stellung der drei Kopffühler in einer Querlinie und zwar in der die vereinigten Kopf- 
polstern vom Kopflappen trennenden Furche. Dieses Merkmal ist aber ein gutes und genügt vollkommen. 

Die Species ist mit 28 Segmenten reif. Jedes Körpersegment ist etwa dritthalb Mal so breit wie lang und mit 
hervorragenden Fussstummeln versehen. Die Rückeneirren (Fig. 4) sind ebenso rudimentär wie bei Microsyllis brevieirrata. 
Die beiden Aftereirren aber sind viel (wenigstens S Mal) länger. Die Kopfeirren sind ebenfalls verhältnissmässig gross und 
ragen, wenn sie nach vorn gerichtet sind, über den Stirnpolsterrand etwas hervor (cf. Fig. 3). Sie sind in der Mitte etwas 
angeschwollen und besonders an der Spitze mit starren Härchen besetzt. Der mittlere, unpaarige ist länger als die 
seitlichen. 

Die Stirnpolstern sind zu einem einzigen wimperlosen Lappen wie bei Exogone naidına und bei der Gattung Syl- 
line verschmolzen, welcher auf der Rückenseite durch eine deutliche Querfurche vom Kopfsegment getrennt ist. Auf der 
jauchfläche wird indessen dieser Lappen durch eine mittlere zur Mundöffnung führende Längsfurche (Fig. 5. b) in zwei 
Seitenpolstern (a) getheilt. 

Das Kopfsegment trägt auf der Rückenseite zwei sehr dicht an einander sitzende, rothe Augenpaare (Fig. 3). Die 
hinteren, kleineren, näher an einander liegenden Augen stellen blosse Pigmentflecke dar, die vorderen, grösseren dagegen 
besitzen ausser der Pigmentanhäufung noch eine kegelförmige Linse (Fig. 3). 

In der Bauchansicht ist der eigentliche Kopflappen kaum zu sehen. Hier ragen nämlich die Stirnpolstern so weit 
nach hinten, dass sie bis zum ersten Körpersegment rücken. Der Kopflappen oder, wenn man will, das Kopfsegment ist 
daher nur seitlich zwischen Stirnpolstern und erstem Leibessegmente bemerkbar. 

Jederseits des Mund- oder ersten Körpersegments und zwar an der Bauchseite desselben befindet sich eine kleine 
flimmernde Grube (Fig. 5. ec), die ich sonst bei keiner anderen Syllideengattung bemerkte. Die Wimpern scheinen in jeder 
Grube eine Querreihe zu bilden. Dieses Segment ist borstenlos, trägt aber einen kurzen Rücken- oder sog. Fühlereirrus. 

Der Rüssel ist gerade wie bei Syllis gebildet und mit einer sog. Bohrspitze versehen. Er reicht vom ersten bis 
zum vierten Körpersegmente. Ihm folgt der ganz normal gebildete Schlundkopf, welcher in den Gallendarm unmittelbar 
übergeht. 

Ich beobachtete nur zwei reife Individuen und zwar beide weiblichen Geschlechts. Vom 10. bis zum 21. Segmente 
war in jedem Segmente ein grosses, anscheinend reifes, einen Durchmesser von 0,12 Mm. erreichendes Ei jederseits zu 
sehen. Ausserdem schienen sehr kleine, noch unentwickelte Eichen in den entsprechenden Fussstummeln vorräthig zu sein. 

Die hier abgehandelte Exogone Kefersteinii ist mit dem jungen von Kererstein zu Syllis divaricala gezogenen Indi- 
vidtuum offenbar identisch. Die von diesem Forscher gelieferte Abbildung stimmt mit obiger Beschreibung fast in jedenı 
Punkte überein, nur ist der Rüssel etwas kürzer, auch sind zwei Nebendrüsen des Darmcanals angegeben , die ich bei 
meinen grösseren, nicht so durchsichtigen Exemplaren wahrscheinlich übersah. Die von Krrerstei pelagisch gefischten 
Individuen waren wirklich noch jung, indem sie nur 0,5 Mm. lang waren und aus nur 8 Körpersegmenten bestanden, 
ohne des noch vorhandenen embryonalen Wimperkranzes zu gedenken. Krrersteix irrte sich aber, indem er den rudimen- 
tären Zustand der Rückeneirren und die Verwachsung der Stirnpolstern für transitorische, bei späteren Entwicklungsstadien 
verschwindende Merkmale ansah. Meine ausgebildeten Exemplare stimmten selbst in dieser Beziehung mit den jüngeren 
von ihm beobachteten völlig überein. 

An seiner im Lille Bält in der Nähe von Striib aufgefischten Eiwogone naidina machte bekanntlich Orrsren die Ent- 
Jeckung, dass das Weibchen seine Eier während der Entwicklung mit herumtrage. Ueber die Bildungsstätte dieser Eier 
aber blieb er im Dunkeln. Bei unserer Species dagegen ist uns die Bildungsstätte der Eier klar geworden, ob aber die 
Weibchen nach der Zeit des Eierlegens die Eier mit herumtragen, bleibt vorläufig dahingestellt. Sollte es sich herausstel- 
len, dass sich E. Kefersteinii in dieser Beziehung anders verhält als E. naidina, so würde ihre systematische Stellung den- 


noch dieselbe bleiben, denn die Eigenthümlichkeit des Mitherumtragens der Eier kann offenbar keinen Gattungscharakter 
Mo 


44 4. Abschnitt. Würmer. 


abgeben. Bei E. naidina sollen die Männchen vom 9. Segmente an ausser den gewöhnlichen zusammengesetzten Haken- 
borsten noch Bündel von äusserst langen, einfachen Haarborsten tragen. E. Kefersteinii ermangelt vielleicht dieser Eigen- 
thümlichkeit. Da ich indessen keine reifen Männchen antraf, so darf ich hierüber keinen bestimmten Ausspruch wagen. 

Was Dusanvıy's Exogone pusilla! anbetriflt, so weicht sie von den beiden anderen Arten ab. Ihre Stirnpolstern sind 
nämlich keineswegs innig verwachsen, und man kann nicht recht aus den Abbildungen einsehen, ob die Kopffühler in einer 
Querreihe sitzen. Was die Zahl letzterer anbetriflt, so giebt sie Dusarnın zu vier an, wodurch eine bedeutende Abweichung 
von den anderen Exogonen gegeben sein würde. Aus den Abbildungen aber ersieht man, dass der eine Fühler unpaarig 
auf der Mitte des Kopflappens sass; ein zweiter gehörte der rechten und die beiden anderen der linken Seite an. Es er- 
scheint daher nicht unwahrscheinlich, dass das einzige von Dusarpın beobachtete Individuum für eine Missbildung ange- 
sehen werden müsse, und dass E. pusilla ebenfalls nur drei Kopffühler besitze. 

Endlich muss ich bemerken, dass mir Duvsarnıys Angabe, wonach seine Exogone ein Zwitterwurm gewesen sein 
soll, durchaus unbewiesen scheint. Die Bildungsstätte der Zoospermien, die er in die keulenförmig angeschwollenen 
Rückeneirren verlegt, ist wenigstens eine sehr abnorme. Dazu kommt, dass er an den vermeintlichen Samenfäden keine 
Bewegungserscheinungen verspürte. Ich glaube also, dass man vorläufig diese sog. Zoospermienbündel für eigenthümliche, 


den Stäbchenzellen so vieler anderen Anneliden ähnliche Bildungen halten darf. 


Heterosyllis zoo. gen. 


Diagnose. Stirnpolstern nicht vorhanden. Drei Kopffühler, wovon der mittlere drei Mal länger als die seitlichen. 
Fussstummeln mit kurzen bandförmigen Rücken- und Baucheirrus. Rückeneirrus des 2. Körpersegmentes etwa drei Mal so 


lang wie die übrigen. Keine Bohrspitze im Rüssel. 


Heterosyllis brachiata nov. sp. 
Taf. XII. Fig. 35. 


Diagnose. Körper kaum über 2 Mm. lang, vorn etwas verschmälert. Rüssel sehr lang, im Ruhestand eine dop- 


»elte Schlinge innerhalb der Rüsselscheide bildend. Drei paar Augen, wovon die beiden hinteren allein linsenführend sind. 
| s - 


Dieser hübsche Wurm zeichnet sich sogleich durch die ungleiche Entwicklung seiner Cirren aus, die alle bandartig 
Nachgedrückt und mit starren Härchen besetzt sind. Der Kopf selbst trägt drei Fühler, wovon die seitlichen, kleineren, an 
der Spitze keulenförmig angeschwollen sind. Das erste Körpersegment ist borstenlos, trägt aber jederseits zwei den Bauch- 
und Rückeneirren der anderen Segmente vollkommen gleiche sog. Fühlereirren. Das folgende, d. h. das erste borstenfüh- 
rende Segment zeichnet sich durch die charakteristische übermässige Entwicklung der Rückeneirren aus, die wie zwei 
ausgestreckte Arme vom Körper abstehen. 

Die Borsten sind durchweg zusammengesetzte Haken mit kurzem Endglied, die in jedem Fussstummel zu einem 
einzigen Bündel beisammensitzen. 

Der Kopflappen ist scheibenförmig ohne deutliche Stirnpolstern. Die seitlichen Fühler gehen vom Kopfrande, der 
unpaarige vom Scheitel aus. Die vordersten Augen sind winzige, dicht bei den seitlichen Kopffühlern, aber nach aussen 
von denselben sitzende Pigmentflecke. Die vier anderen grösseren bilden auf dem Hinterkopf einen Trapez, dessen Vor- 
derrand in gleicher Höhe mit dem mittleren Kopffühler liegt. Ein jedes derselben ist mit einer kleinen Linse versehen. 

Der Rüssel ist sehr lang und besteht aus einer mächtigen äusseren Muskelschicht und einer inneren derben Cuti- 
cula. Letztere bildet ein dünnes Rohr, dessen vordere Oeflnung einen ringartig verdickten, gestreiften Rand besitzt. Von 
einer Bohrspitze ist nichts zu sehen. Dieser Rüssel ist so lang, dass er in dem ihm zukommenden Raume, bis zum 7. Kör- 


perglied nämlich, nicht ausgestreckt liegen kann. Man findet ihn daher in der Rüsselscheide während der Ruhe so zusam- 


1 Note sur une Annelide (Exogone pusilla) qui porte a la fois des oeufs et des spermatozoides. Annales des sciences natur. 3. serie. 
1851. T. XV. p- 296. 


III. Anneliden. 45 


mengewunden, wie ich ihn dargestellt habe. Dem Rüssel folgt ein wie bei den anderen Gattungen der Familie gebildeter 
Schlundkopf, der in den Darm unmittelbar führt. 
Das einzige von mir beobachtete Individuum bestand aus 23 Segmenten, war aber offenbar noch unreif. 


Sphaerosyllis nov. gen. 


Diagnose. Stirnpolstern vorhanden, vom Kopflappen deutlich getrennt. Kopffühler, Fühler- und Rückeneirren 


kurz, an der Basis kugelartig angeschwollen. Baucheirrus kurz fadenförmig. Körper mit hervorragenden Papillen besetzt. 


Sphaerosyllis hystrix nov. sp. 
Taf. XII. Fig. 36—37. 


Diagnose. Körper 3—4 Mm. lang, weisslich von Farbe. Stirnpolstern sehr stark vorragend, länger als der Kopf- 
lappen. Zwei Augenpaare, wovon das vordere allein mit Linsen versehen ist. Aftereirren an der Basis kugelartig ange- 


schwollen. 


Dieser Wurm erinnert durch die mächtige Entwicklung seiner Stirnpolstern (Fig. 36. a) an viele Syllisarten. Diese 
Organe sind aber noch deutlicher als bei letzteren vom Kopflappen abgegrenzt, auch sind sie auf der Mittellinie wie bei 
Sylline mit einander verwachsen, wenngleich sie durch eine tiefe Furche geschieden bleiben. Sowohl die Kopffühler, wie 
die Rücken- und die beiden Aftereirren sind an der Basis kugelartig angeschwollen, eine Eigenthümlichkeit, die an Sphae- 
rodorum lebhaft erinnert, jedoch ist in der Anschwellung keine Spur von den sonderbaren Gebilden anzutreffen, die wir 
weiter unten bei dieser Gattung beschreiben werden. Der Baucheirrus (Fig. 37. b) zeigt dagegen nichts von dieser Kugel- 
gestalt. Er ist einfach, fadenförmig und mit starren Härchen besetzt, die übrigens den anderen Cirren ebenfalls zukommen. 

Die ganze Leibesoberfläche ist mit kleinen, auf den Fussstummeln namentlich zahlreich vorkommenden (cf. Fig. 37) 
Papillen besetzt, denjenigen ähnlich, die wir später bei Sphaerodorum beschreiben werden und wahrscheinlich auch mit 
den Wärzchen verwandt, die Raruke ! bei Siphonostomum villosum abbildet. Selbst die Rückeneirren tragen Spuren dieser 
Papillenbildung an sich (Fig. 37. a). 

Der Kopflappen ist mit dem folgenden Segmente innig verwachsen. Nach vorn aber ist er abgerundet und gegen 
die Stirnpolstern deutlich abgegrenzt. Die vier rothen Augen sitzen auf dem Hinterkopf ziemlich weit auseinander, jedoch 
so, dass das hintere Paar an das vordere dicht anstösst. Nur das vordere Paar ist mit Linsen versehen. 

Der gestreckte Rüssel ist demjenigen einer Syllis vollkommen ähnlich. Er ist mit einer sog. Bohrspitze versehen 
und reicht bis in das vierte — d. h. bis in das dritte borstentragende — Körpersegment. Darauf kommt der mit Papillen 
besetzte Schlundkopf, dem eine sehr kurze und ziemlich dünne, dem Magen anderer Syllideen offenbar homologe Darmab- 
theilung (Fig. 36. b) folgt. Diese mündet unmittelbar in den breiteren Gallendarm (ce). 

Nicht nur bei den ausgebildeten, 25 Körpersegmente besitzenden Individuen, sondern bei viel kleineren Exempla- 
ren beobachtet man in jedem Fussstummel vom 4. borstenführenden Segmente an eigenthümliche Stäbchenkapseln 
(Fig. 37. d). Für die nähere Besprechung und Deutung dieser Organe verweise ich auf die weiter unten vorkommende 
Erläuterung der Gattung Sphaerodorum. 

Sphaerosyllis erinaceus nov. sp. 
Taf. XIII. Fig. 38. 


Diagnose. Körper circa 2 Mm. lang. Stirnpolstern breit, jedoch nur wenig vorragend und bei weitem nicht so 


lang wie der Kopflappen. Sechs linsenlose Augen. Aftercirren nicht kugelförmig angeschwollen. 


! Beitrag zur Fauna Norwegens von HEınr. RATHKE. Nova Acta Acad. Leop. Carol. Nat. Cur. T.XX. P. I. 4843. p. 215. 
42 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch, wirbelloser Thiere. 


46 h. Abschnitt. Würmer. 


Die Uebereinstimmung dieser Species mit der vorigen, in Bezug auf alle anderen Punkte als die in der Diagnose 
berührten, ist so gross, dass eine nähere Besprechung derselben überflüssig wird. Uebrigens ist die Stellung und die Zahl 
der Augen so wie auch namentlich die Gestalt der Stirnpolstern genügend, um die beiden Arten von einander zu unter- 


scheiden. Ich muss nur bemerken, dass das einzige nur 12 Segmente besitzende Exemplar noch unreif war. 


Pterosyllis nov. gen. 


Diagnose. Stirnpolstern deutlich gesondert. Kopffühler und Rückencirren lang, fadenförmig und gegliedert. Bauch- 
cirren blattartig erweitert. Zwei rädernde flügelartige Fortsätze auf dem Nacken. 


Pterosyllis formosa nov. sp. 
Taf. XII. Fig. 30—34. 


Diagnose. Körper etwa 5 Mm. lang, mit zwei violetten Querbinden auf jedem Segmente. Rüssel ungemein lang, 


mit 4 gezackten zahnartigen Verdickungen der Cuticula. 


Von dieser niedlichen Art traf ich nur ein einziges, aus 16 Gliedern bestehendes Individuum, das mir sogleich 
durch die merkwürdigen Räderorgane (Fig. 30. e und 31. a) auf dem Kopfe auffiel. Es sind dies Nügelartige, an dem Rande 
mit schwingenden Gilien besetzte, längliche Platten, die mit ihrem schmäleren Ende dem Hinterkopf aufsitzen und nach 


hinten gerichtet sind. Ich wüsste diesem sonderbaren Gebilde keine anderen Bildungen zur Seite zu stellen, denn die Rä- 


derorgane von Polyophthalmus, mit denen man sie am ehesten vergleichen möchte, sollen retractil sein — was hier durch- 
aus nicht der Fall ist — und ausserdem sitzen sie nicht an der Rücken-, sondern an der Bauchseite. Man könnte vielleicht 


auf den Gedanken kommen, dass es sich um eine provisorische Larveneinrichtung handle, allein die Larvenkennzeichen 
. sind bei so langen Syllideen gewöhnlich ganz verschwunden und das Thier schien nicht zum pelagischen Leben bestimmt, 
sondern kroch auf Fucaceen umher. Ich halte also diese Räderorgane für ganz eigenthümliche, die Bildung einer neuen 
Gattung wohl rechtfertigende Gebilde. 

Sonst stimmt der Wurm mit Syllis in der Hauptsache überein. Die drei Kopffühler , der obere Fühlereirrus und die 
Rückeneirren sind äusserst lang und wie bei vielen Syllisarten gegliedert. Die Höhle der Cirrenglieder ist mit Körnern 
erfüllt. Der Fühlereirrus ist viel kürzer, aber ebenso gebildet. Die Baucheirren (Fig. 33. b) sind kurz, blattartig erweitert, 
jedoch ebenfalls mit einem körnigen Wesen erfüllt. Nur am vorletzten Segmente ist sowohl der Bauch- wie der zwar 
längere Rückencirrus fadenförmig und gegliedert. Das Endsegment trägt zwei sehr lange gleichfalls gegliederte Aftercirren. 

Die Borsten (Fig. 34) sind zusammengesetzte Haken mit ziemlich langem Endglied und sitzen in jedem Fussstum- 
mel zu einem einzigen Bündel vereinigt. 

Der Kopflappen ist oval und trägt an der Bauchseite die beiden, über den Stirnrand hinaus etwas vorragenden 
Stirnpolstern. Flimmerbewegung ist nicht nur an diesen Polstern, sondern auch am ganzen Kopfrande bemerkbar. Die vier 
grossen Augen scheinen blosse Anhäufungen von braunem Pigment zu sein, jedoch kommen in demselben beim Zerdrücken 
vier 0,012 Mm. breite Linsen zum Vorschein. 

Auf der Rückenseite jedes Segmentes befinden sich zwei violette Querbinden, wovon sich die vordere in der Mitte 
zu einem Dreieck mit nach vorn gerichteter Basis erweitert. Auf dem ersten die Fühlercirren tragenden Ringel ist nur eine 
einzige und zwar mit dreieckiger, aber umgekehrt gerichteter Erweiterung versehene Querbinde vorhanden. 

Der Rüssel ist ungemein lang, noch viel länger nämlich als bei Heterosyllis brachiata. Am vorderen Rande (Fig. 32) 
bildet die Cuticula vier zweizackige Vorsprünge, die als Zähne bezeichnet werden können. Dem Rüssel folgt ein nach dem 
Syllideentypus gebauter Schlundkopf (b) und ein in jedem Körpersegmente ausgesackter Gallendarm. 


Einen ähnlich zusammengekrümmten Rüssel wie bei Pterosyllis beschrieb bereits Kronx! bei Autolytus prohfer. 


! Ueber die Erscheinungen der Fortpflanzung von Syllis prolifera und Autolytus prolifer von Dr. A. Kronx. WıEcMmanN’s Archiv für 
Naturgeschichte. 1852. S. 67. 


III. Anneliden. 47 


Odontosyllis nov. gen. 


Diagnose. Stirnpolstern verwachsen. Kopffühler und Rückeneirren kurz, undeutlich gegliedert. Baucheirrus 


vorhanden. Rüssel mit zahlreichen zahnartigen Verdickungen der Cuticula. 


Odontosyllis gibba nov. sp. 
Taf. XII. Fig. T—8. 


Diagnose. Körper bis 25 Mm. lang; auf dem Kopflappen, den vorderen Segmenten und den Rückencirren gelb- 


lich gezeichnet. Rückentheil des ersten borstentragenden Segmentes buckelartig nach vorn vorspringend. 
oO Km) oO O ba 


Ich traf in den Seewassertümpeln bei St. Vaast Ja Hougue viele zu dieser Gattung gehörige Würmer, die aber alle 
unreif waren und wahrscheinlich zu mehreren Species gehörten. Die grössten beobachteten Individuen waren etwa 25 Mm. 
lang und bestanden aus 42 Segmenten. Das Taf. XII. Fig. 8 abgebildete Individuum aber erreichte nur eine Länge von 
5 Mm. und zählte nicht über 2% Segmente. Diese Würmer müssen offenbar unter die Syllideen gebracht werden , unter- 
scheiden sich aber durch ihre eigenthümliche Rüsselbewaffnung von allen bekannten Gattungen. Es besteht nämlich die- 
selbe aus zwei Querreihen zahnartiger Verdickungen der Cuticula. Die eine Reihe nimmt die obere Rüsselwand ein und 
besteht meistens aus sechs kegelförmigen Zähnen (Fig. 8. a) mit nach hinten gerichteter Spitze. Die andere gehört der 
unteren Wand an und besteht aus sehr zahlreichen Knötchen (Fig. 8. b), deren Häkchenform erst bei starker Vergrösserung 
erkannt werden kann. Der Rüssel selbst ist übrigens auffallend kurz, kaum länger als breit und liegt im Ruhezustande 
meistens im dritten borstenführenden Segmente. Der übrige Darmcanal bietet sonst nichts Eigenthümliches, indem der 
Gallendarm einem wie bei den anderen Syllideen gebildeten Schlundkopf unmittelbar folgt. 

Der Kopflappen wird durch eine Einschnürung viel deutlicher getrennt als es sonst bei anderen Syllideen ein- 
zutreten pflegt. Auf der Rückenseite wird er ebenfalls durch eine tiefe Furche von einem flachen, den vereinigten 
Stirnpolstern anderer Syllideen entsprechenden Lappen abgegrenzt. Dieser Lappen flimmert auf der Unterseite und 
ist ausserdem mit starren Härchen besetzt. Kleine Flimmereilien nimmt man auch an den Seitenrändern des Vorder- 
kopfes wahr, ich halte es aber für nicht unwahrscheinlich, dass sie bei ganz ausgebildeten Individuen verloren gehen und 


mithin als ein Larvenmerkmal anzusehen sind. Endlich kommen noch viel längere Wimperbüschel (Fig. 7. a) an den Sei- 


tenrändern des Hinterkopfes zum Vorschein. Sie gehören aber nicht dem Kopflappen an, sondern sitzen — wie man es 
bei der Untersuchung der Unterseite bemerkt — auf den Seitentheilen des die Fühlereirren tragenden Mundsegments. 


Die drei Kopffühler stehen auf dem Stirnrande des Kopflappens und zwar der mittlere am meisten nach vorn, eine 
Lage, welche bei den Syllideen wenigstens ungewöhnlich ist. Sie sind zugespitzt, sitzen aber mit breiter Basis dem Kopf 
lappen auf. Ihre Gliederung ist undeutlich und mit keiner inneren Kammerbildung verbunden. Jedes Glied ist mit mehreren 
Härchen besetzt, die an den anderen Cirren ebenfalls vorkommen. Jederseits des Kopfes liegen zwei rothe, runde. einan- 
der berührende Augenflecke, und mit einiger Aufmerksamkeit vermag man noch einen dritten, viel kleineren , dicht davor- 
liegenden Pigmentfleck zu entdecken, so dass der Wurm eigentlich mit sechs sog. Augen versehen ist. 

Das Mundsegment, welches von der Bauchseite am besten erkannt werden kann, ist borstenlos und trägt jederseits 
zwei den Kopffühlern völlig gleiche Fühlereirren. In der Rückenansicht wird der Tergaltheil dieses Segmentes durch eine 
buckelartige Hervorragung des folgenden (Fig. 7. b) grösstentheils verdeckt. 

Die folgenden Ringel sind mit ziemlich stark vorragenden, am freien Ende schwach zweilippig aussehenden Fuss- 
stummeln versehen. Der den Kopffühlern ganz gleiche Rückencirrus sitzt auf dem Seitentheil jedes Segmentes, eigentlich 
vor dem Ursprunge des Fussstummels. Flimmerbewegung wird sowohl an dessen Basis wie an der Oberseite des Fuss- 
stummels bemerkt. Der Baucheirrus ist viel kleiner und entspringt von der Mitte der Unterseite des Fussstummels. 

Die Borsten sind sowohl Nadeln (acicula) wie zusammengesetzte Borsten (Fig. 7. A) mit verhältnissmässig langem 
skalpellähnlichem Endglied. Letztere treten als zusammenhängendes Bündel zwischen den Lippen des Fussstummels hervor. 

Das Endglied läuft in zwei Altereirren aus. 


Anhäufungen von gelblichem, bei durchfallendem Lichte schwärzlich aussehendem Pigmente findet man auf dem 


12* 


48 &. Abschnitt. Würmer. 


ganzen Vorderkopfe, an den Seitenrändern und auf der Mittellinie des Hinterkopfes, am Buckel des ersten borstentragenden 
Segmentes und in der Mitte von jedem Cirrus. Nur am mittleren Kopffühler erstreckt sich diese Pigmentbildung bis an die 
Fühlerbasis, wo sie in die Pigmentansammlung des Vorderkopfes übergeht. 

Bei dieser Beschreibung habe ich mich an das abgebildete unreife Individuum von 24 Segmenten streng gehalten. 
Ich besitze aber Zeichnungen und Notizen, welche andere zwar sehr ähnliche, jedoch manche Abweichungen zeigende 
Würmer betreffen. So z. B. beobachtete ich bei einem aus 35 Segmenten bestehenden, sonst ganz gleichen Individuum 
eine Reihe von braunrothen Flecken jederseits. Diese Flecke sassen stets in der Furche zwischen je zwei Segmenten und 
zwar auf der Rückenfläche. — Bei einem anderen grösseren, aus 42 Ringeln bestehenden Exemplar war an jedem Fuss- 
stummel der Baucheirrus viel kürzer und blattartig erweitert. Bei demselben Individuum beobachtete ich in jedem Bündel 
dreierlei Borsten, nämlich eine Spitznadel (Aciculum, ef. Fig. 7. c), zwei zweizinkige Nadeln (b) und zahlreiche zusammen- 
gesetzte Hakenborsten (a). Bei letzteren war nicht das Endglied, wie bei der zuerst beschriebenen Form, sehr schmal und 
lang, sondern dagegen äusserst kurz und dick. Diese Winke genügen, um zu zeigen, dass mehrere Species von der Gat- 
tung Odontosyllis in St. Vaast vorzukommen scheinen. Mögen sie von Anderen zur Erforschung dieser interessanten Anne- 


lidengruppe benutzt werden. 


Anhang zu den Syllideen. 


Nerilla Schmidt. 


Nerilla antennata Schmidt. 
Taf. XII. Fig. 16—20. 


Dieser wahrhaft sehr eigenthümliche Wurmtypus wurde von Oscar Scuwipr auf seiner Reise nach den Färinseln 
entdeckt." Er stellte ihn zu den Nereiden. Lrvckarr,? ohne das Thier aus eigener Anschauung zu kennen, will ihn lieber 
bei den Syllideen stehen wissen und Gruse scheint die bisherige Erforschung desselben für ungenügend zu halten, indem 
er der Gattung Nerilla in seinem System keine Stelle anweist.” Nichtsdestoweniger sind Scunipr’s Angaben im Allgemeinen 
sehr genau gewesen, obschon die von ihm gelieferte Abbildung als eine ziemlich rohe zu bezeichnen ist. Mir erscheint die 
Stellung des Wurmes bei den Nereiden keine naturgemässe, auch mit den Syllideen zeigt er eine bloss sehr entfernte Ver- 
wandtschaft, und wenn ich ihn dennoch an der ihm von Leuckarr angewiesenen Stelle vorläufig belasse, so ist es mit der 
ausdrücklichen Bemerkung, dass der natürliche Platz des Thieres im System noch zu finden sei und dass man vielleicht 
am besten die Gattung Nerilla zu einer eigenen Familie erheben sollte. 

Nun aber wollen wir zur genaueren Erforschung des Thieres übergehen. 

Die reifen bei St. Vaast la Hougue auf Algen herumkriechenden Nerillen waren eirca 1 Mm. lang, also wenigstens 
vier oder fünf Mal kleiner als die von Scnmior auf den Färörn beobachteten Exemplare. Die Uebereinstimmung beider For- 
men ist aber sonst so gross, dass ich kein Bedenken trage, sie als specifisch identisch anzusehen. 

Der Körper besteht aus einem Kopflappen und neun Körpersegmenten. Ersterer ist rundlich und trägt drei lange 
gegliederte, nahe am Stirnrande sitzende Fühler, wovon der mittlere meistens aus sieben, die seitlichen aber aus je neun 
Gliedern bestehen. Hinter den Fühlern befinden sich vier braune im Trapez stehende Augenflecke, welche sich bei durch- 
fallendem Lichte als blosse Pigmenthaufen ausnehmen. Bei auffallendem Lichte aber schimmern vier glänzende Linsen aus 
denselben hervor. 

Von der Mitte des Seitenrandes, jedoch an der Unterseite desselben, entspringt jederseits der eigenthümliche 


rädernde Lappen (Fig. 16. a und 19. a), der von Scummr als eingliederiges kiemenartiges Organ bezeichnet wird. Die 


! Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Würmer, gesammelt auf einer Reise nach den Färör im Frühjahr 1848 von En. Oscar 
SchMipt. Jena 1848. p. 38. ? S. dessen Bericht im Archiv für Naturgeschichte. 1854. p. 327. ® Die Familien der Anneliden 
von Ep. Gruge. Berlin 1851. p. 62. 


IM. Anneliden: 49 


Bedeutung dieser an die Räderorgane von Lindia torulosa Dus. erinnernden Lappen erscheint sehr zweifelhaft. Die Kenn- 
zeichen einer Kieme gehen denselben in der That um so mehr ab, als der Wurm eines Gefässsystems zu ermangeln 
scheint. Vielleicht dürfte man sie mit den Stirnpolstern der Nereiden und Syllideen am ehesten vergleichen. In diesem Falle 
müssten sie als von dem Kopflappen abgehobene und daher gestielt erscheinende Stirnpolstern angesehen werden. Dieser 
Vergleich erscheint um so statthafter, als Gruse ähnliche (flimmernde?) Lappen bei einer von ihm Staurocephalus viltatus 
benannten Nereide erwähnt.! Der flimmernde Wimperbesatz ist übrigens nicht auf die rädernden Lappen beschränkt, son- 
dern erstreckt sich auf den Vorderrand des Kopflappens und auf den Lippenrand. Das Vorkommen dieser eigenthümlichen 
Organe bei Nerilla erinnert unwillkührlich daran, dass pe Quarrerases” bei seiner mit den Syllideen angeblich verwandten 
Gattung Dujardinia eine Reihe von Räderorganen auf jeder Seite des Körpers beschreibt, welche eine gewisse Aehnlich- 
keit mit den Räderorganen der Rotatorien oder mit einem Dampfschiflsrad haben sollen. 

Der Mund liegt bei unserer Nerilla auf der Unterseite zwischen Kopflappen und erstem Leibesglied oder Mund- 
segment. Dieses trägt einen fünfgliedrigen Fühlereirrus und zwei Haarborsten jederseits. Oscar Scumipr rechnet es zum 
Kopfe, wodurch seine Angabe, dass der Kopf fünf mehrgliedrige Antennen trage, ihre Erklärung findet. 

Von den folgenden Körpersegmenten ragt ein konischer Fussstummel (Fig. 18) jederseits hervor. Es ist derselbe 
auf der Rückenseite (b) mit einem kurzen Wimperflaum besetzt, eine Stelle, die bei sehr vielen anderen Anneliden, wie 
DE QuUATREFAGES? es sehr richtig angegeben, ebenfalls fimmert. Frey und Leverarr‘ haben zwar die Angabe dieses For- 
schers in Zweifel gezogen, indem sie meinen, dass sie sich zunächst nur auf unentwickelte Thiere beziehe, während sie 
glauben, dass keine ausgebildete Annelide eine solche Ausbreitung des Flimmerepithels aufweisen könne. Hierin aber haben 
sich diese beiden ausgezeichneten Forscher handgreiflich geirrt. Der einzige Cirrus von Nerilla ist weder Rücken- noch 
Bauch-, sondern genau Seiteneirrus (a). Sowohl über wie unter demselben ragt ein Bündel einfacher Borsten heraus. Das 
Endsegment ermangelt des ungegliederten Seiteneirrus, besitzt dagegen die Borsten und ausserdem zwei dreigliedrige 
Aftercirren. 

Der Verdauungsapparat besteht aus einem muskulösen Schlund (Fig. 18. b), einer kurzen Speiseröhre und einem 
zottigen zuerst magenartig erweiterten, aber sich schnell zu einem dünnen Rohr verschmälernden Gallendarm (ec), der keine 
Spur von Einschnürungen merken lässt. An diesem Darme fiel es mir auf, dass die äussere Wandschicht dick und farblos, 
die innere dagegen dünner und braun gefärbt war. 

Sehr eigenthümliche Segmentalorgane kommen diesem Wurme zu. Sie fehlen im ersten (oder Mund-), dritten, 
vierten und letzten Segmente, kommen aber in allen anderen vor. Sie bestehen aus einer Drüsenmasse (Fig. 17. c) und 
einem mit Flimmerlappen versehenen Ausführungsgang, wovon einer zwischen je zwei Fussstummeln nach aussen mündet. 
An der Ausmündung sind stets Flimmereilien wahrzunehmen. Ob das Organ durch eine innere Oeflnung mit der Leibes- 
höhle zusammenhängt, konnte nicht herausgebracht werden. Die Drüsenmasse besteht aus sehr kleinen Zellen, wovon jede 
ein stark lichtbrechendes Körnchen enthält (Fig. 20). Sie scheinen demnach bei der Herstellung der Geschlechtsproducte 
sich nicht zu betheiligen. 

Die Geschlechter sind getrennt, wie es seit Scuwipr’s Untersuchungen bekannt ist. Eigenthümlich aber ist das Ver- 
halten des Geschlechtsapparates bei den weiblichen Individuen. Die Eier sind nämlich im Hintertheil und zwar vom 5. 
oder 6. Segmente an angehäuft, allein sie liegen nicht frei in der Leibeshöhle, sondern sind gerade wie bei Syllis armori- 
cana in zwei Schläuche (Fig. 17) eingeschlossen. Diese enthalten sowohl reife wie unreife Eier, erstere mit undurchsich- 
tigem, körnigen, letztere mit hellem homogenen Dotter. Die Eibildung scheint nicht am vorderen blinden Schlauchende 
statt zu finden, da reife und unreife Eier bunt durch einander liegen. Die angelegten Eichen scheinen sich sogar durch 


Quertheilung vermehren zu können, wenigstens kommen einzelne mit doppeltem Keimbläschen versehene und demgemäss 


! Beschreibung neuer oder wenig bekannter Anneliden von Dr. Ev. Gruge. Archiv für Naturgeschichte. 1855. S. 97. 2 C£. Rap- 
port sur une Serie de M&moires de Mr. A. DE (UATREFAGES, relatifs a l’organisation des animaux sans vertebres des cötes de la Manche 
par M. Miune Epwarps. — Annales des Sciences naturelles. 3. Serie. 1844. Tome I. p. 20. 3 Voyage en Sicile. Note sur le Phle- 
benterisme par Mr. A. DE QuATREFAGEs. — Annales des Sciences naturelles. 1845. Tome IV. p. 90. * Beiträge zur Kenntniss wir- 
belloser Thiere, mit besonderer Berücksichtigung der Fauna des norddeutschen Meeres von H. Frey und Run. LEuckart. Braunschweig 
1847. p- 95. 


Clapare&de, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 13 


50 4. Abschnitt. Würmer. 


auf Quertheilung wahrscheimlich hinweisende Eier vor. Nach hinten zu werden die Schläuche nach Art eines Eileiters all- 
mählich enger und münden endlich neben dem After nach aussen. 

Bei den männlichen Individuen bemerkt man von diesen Schläuchen durchaus nichts. Die reifen Samenfäden liegen 
vollkommen frei in der Leibeshöhle; ihre Bildung scheint in den Fussstummeln ganz normal vor sich zu gehen. 

Nerilla bildet meiner Ansicht nach ein Verbindungsglied zwischen Raub- (Annelides errantes) und Schlammanneliden 
(Annelides s@dentaires). Mit jenen stimmt sie durch den äusseren Habitus, die Lebensweise, die Kopf- und Fühlerbildung, 
mit diesen durch das Loseliegen des Darmcanals in der Leibeshöhle, das sogar vollständige Wegbleiben der Dissepimente 


zwischen den Segmenten und die Abwesenheit von zusammengesetzten Borsten überein. 


Sphaerodorum Oersted.' 


Sphaerodorum Peripatus Grube.” 


Pollicita Peripatus Johnst.* 
Taf. XI. Fig. S—A8. 


Die Gattung Sphaerodorum darf trotz der eingehenden Untersuchungen von Orrste» und Jousstox als sehr unge- 
nügend bekannt angesehen werden. In den folgenden Zeilen hoffe ich einen nicht unwesentlichen Beitrag zu deren Kennt- 
niss zu liefern und die naturgemässe Stellung des Thieres in manchem Punkte aufzuklären. 

Sphaerodorum peripatus ist ein circa zwei Zoll langer, eylindrischer Wurm, der sich namentlich durch die Kugel- 
gestalt der Rückencirren auszeichnet. Nach vorn zu ist er allmählich verjüngt (Fig. 8 bei drittehalbmaliger Vergrösserung). 
Der Kopflappen ist klein, mit zwei Paar an der Spitze undeutlich angeschwollenen Stirntentakeln (Fig. 9. 1) versehen. 
Zwischen diesen Fühlern ist der ganze Stirnrand mit kleinen hervorragenden Papillen besetzt (Fig. 9. 0). Die Mundöffnung 
liegt an der Bauchseite, aber so nahe am Stirnrande, dass man sie beinahe für terminal halten dürfte. 

Diese Beschreibung stimmt mit Jonssrox’s Angaben über Pollicita peripatus nur wenig überein, indem sich dieser 
Forscher folgendermaassen ausdrückt: » Body serpentiform, head rather indistinet, with three small frontal antennae.« In 
Oerstev’s Charakteristik der Gattung Sphaerodorum finde ich dagegen » Corpus teretiusculum, tentaculorum loco papillis 
numerosis in toto margine anteriore capitis «, eine Angabe, die mit obiger Beschreibung vielleicht besser stimmt, denn die 
vier sog. Kopffühler sind den Stirnpapillen offenbar homolog. Sie stellen eigentlich nur länger gewordene Stirnpapillen dar. 
Die scheinbare Abweichung, welche aus Jousstov’s Ausdrücken hervorzugehen scheint, hat wahrscheinlich darin ihren 
Grund, dass der Wurm mitunter seinen Kopflappen vollständig einzieht (cf. Fig. 17), wobei die Stirnpapillen gänzlich ver- 
schwinden und von den Stirnfühlern nur die Spitzen kurz hervorragen. Bei so bewandten Umständen kann der eine Füh- 
ler sehr leicht übersehen werden, und so mag Jonxstox nur drei Fühler statt vier gesehen haben. 

Jedes Segment trägt normal ein Paar einruderige Fussstummeln,, die in allen mit Ausnahme des ersten, dritten, 
vierten, vorletzten und letzten auf gleiche Weise gebildet sind. Sie sind nämlich mit zahlreichen Papillen (Fig. 12) besetzt, 
welche namentlich am Ende des Fussstummels angehäuft sind. Dadurch entsteht ein Orrstev’s Ausdruck » pinna unica 
multifida « rechtfertigendes Bild. Gewöhnlich erschemt eine dieser Papillen in höherem Grade als die anderen entwickelt 
und an der Basis erweitert, so dass man sie vielleicht als Bauchcirrus ansehen dürfte. Derartige Papillen sind übrigens auf 
der ganzen Hautoberfläche zerstreut, und eine nähere Betrachtung lehrt, dass sie von den Ausführungsgängen kleiner 
Hautdrüsen durchbohrt sind. Sie bieten demnach die grösste Aehnlichkeit mit den von Rarnke? bei der Gattung Siphono- 
stoma, insbesondere bei $. villosum beschriebenen sog. schleimabsondernden Organe. 

Ueber dem Fussstummel sitzt der kugelartig angeschwollene Rückencirrus (Fig. 12. m) mit brustwarzenähnlichem 


Aufsatz. Diese von Jonsstox als » branchial tubercles « bezeichneten Organe haben mit Kiemen der Function 'nach offenbar 


! Zur Classification der Annulaten, mit Beschreibung einiger neuer oder unzulänglich bekannter Gattungen und Arten von A. S. 


OERSTED. — Archiv für Naturgesch. 1844. p. 99. ® Die Familien der Anneliden von Dr. Ev. Grupe. Berlin 1851. p. 67. 3 Miscel- 
lanea zoologica by Jouxstox. — Annals and Magazine of Natural History. XVI. p. 4. * Beiträge zur Fauna Norwegens a. a. O0. p. 215. 


III. Anneliden. 51 


nichts zu thun. Jonxstox nennt ihr Gewebe ein areoläres. Sie stellen aber wirkliche kugelige, mehrere gewundene Körper 
enthaltende Kapseln dar, deren Inhalt dem scharfen Blicke Orrstep’s nicht entgangen ist. » Corpuseula vermiformia conti- 
nere videntur«, sagt er von diesen seltsamen Organen bei seinem Sphaerodorum flavum. Er meinte aber, sie möchten Eier- 
stöcke sein, was durchaus nicht der Fall ist. Die wurmähnlichen Körper lassen sich beim Zerdrücken der 0,12 Mm. breiten 
Kapseln leicht isoliren. Man erkennt sie dann als gewundene Schläuche (Fig. 15), in welchen rundliche, 0,010—0,014 Mm. 
breite Körner enthalten sind. Die Bedeutung dieser Körner ist mir unklar geblieben, nur Das konnte ich ermitteln, dass sie 
sich sowohl in Kali causticum wie in concentrirter Essigsäure — und zwar ohne Aufbrausen — leicht auflösen. Ich halte 
sie für Abscheidungsproducte und würde sie mit den in den Fächern der gegliederten Rückeneirren vieler Syllideen enthal- 
tenen Körnern noch am liebsten vergleichen. Der brustwarzenartige Aufsatz der Kapsel scheint durchbohrt zu sein und 
könnte demnach für den Ausführungsgang des Organs gehalten werden. Die Kapsel selbst hat einen nur sehr engen Be- 
rührungspunkt mit den zelligen Geweben des Körpers, wenngleich sich die Cuticula von der Kapselwand zur Rückenhaut 
und zum Fussstummel sehr breit herüberzieht. Ich konnte leider nicht herausbringen, ob an dieser Berührungsstelle ein 
Durchgang von der Kapsel- in die Leibeshöhle Statt habe oder nicht. 


Endlich findet man noch am Fussstummel ein einziges Borstenbündel, das ich aus lauter zusammengesetzten Ha- 


kenborsten (Fig. 18) mit kurzem Endglied bestehend fand. Das gleiche Verhältniss wird von Orrsıen — selae uncinalae, 
acieulae nullae — bei seinem Sphaerodorum flavum angegeben. Jonxsrox schreibt dagegen seiner Pollieita peripatus keine 


zusammengesetzte, sondern nur einfache Borsten und zwar von dreierlei Art, nämlich Spitznadeln (Acieulae), zweizackige 
Nadeln und Hakenborsten zu. Nun aber sind letztere Joussrov’s Abbildung"! zufolge und der ausdrücklichen Bemerkung 
des Textes zuwider keine einfache, sondern zusammengesetzte Hakenborsten. Die zweizinkigen Nadeln sind möglicher 
Weise Hakenborsten gewesen, bei welchen das Endglied verloren gegangen war. Die Spitznadeln endlich müssten sowohl 
ÖErsSTED wie mir selbst entgangen sein, was freilich recht wohl möglich ist. 

So weit die normale Bildung der Fussstummeln. Einzelne Segmente aber, die wir jetzt näher betrachten werden, 
bieten ein in mancher Beziehung etwas abweichendes Bild. 

Am ersten oder Mundsegment ist der Fussstummel mit seinen Borsten gänzlich verkümmert und man findet nur 
noch den verhältnissmässig kleinen kapselartigen Rückencirrus (cf. Fig. 9), den man füglich als Fühlereirrus bezeichnen 
müsste. 

Am dritten und vierten Segmente ist der Fussstummel (Fig. 13) wohl ausgebildet. Er trägt aber ausser einem 
lippenartigen Vorsprung (l) einen von seiner Basis entspringenden , bei anderen Segmenten nicht vorkommenden Bauch- 
eirrus (Fig. 13. v). Dieser ist sehr fein zugespitzt und an der Basis birnförmig angeschwollen. Die Anschwellung ist mit 
dieken kurzen Härchen oder Stäbchen besetzt. 

Das vorletzte und das letzte Segment entbehren der Borsten. Letzteres ist abgestutzt und besitzt eigentlich keine 
Fussstummeln. Dagegen sind seine kapselartigen Rückeneirren (Fig. 10 und 11. m) ganz normal gebildet und enthalten 
die gewöhnlichen Körnerschläuche. Ausserdem trägt das Endsegment einen unpaarigen Baucheirrus, welcher in der 
Rückenansicht gänzlich verborgen bleibt, in der Seiten- (Fig. 11. p) und Bauchlage (Fig. 10. p) dagegen sogleich zum Vor- 
schein kommt.. Er ist kurz, nach hinten gerichtet und sitzt dem Bauche mit breiter Basis auf. 

Die Leibeshöhle wird nirgends durch Dissepimente in Fächer eingetheilt, so dass der Verdauungscanal in derselben 
ganz lose liegt und keine Spuren von Einschnürungen an sich trägt. Er ist eigentlich viel länger als der Wurm und erfährt 
demnach in der Leibeshöhle viele Krümmungen und Windungen, wie sie sonst bei Raubanneliden nicht vorkommen. Der 
Mund führt zunächst in eine schlauchförmige, innen mit zahlreichen Papillen besetzte Abtheilung (Fig. 8. b) des Verdauungs- 
rohrs, die nicht unwahrscheinlich ausstülpbar ist — wenigstens wird sie künstlich sehr leicht hervorgedrückt — und als 
Rüssel gedeutet werden muss. Darauf folgt eine muskulöse Anschwellung (Fig. 8. c; Fig. 16), die dem Schlundkopfe der 
Syllideen wohl homolog sein dürfte, obschon sie keine Spur der am Schlundkopf aller ächten Syllideen vorkommenden 
Papillenreihen an sich hat. Dann kommt ein dünner, sehr gewundener farbloser Darmtheil (Fig. 8. d) und endlich der brei- 


tere ebenfalls gewundene Gallendarm (Fig. 8. e). 


1 vgl. a. a. O. Plate II. Fig. 14. 


523 4%. Abschnitt. Würmer. 


Das Nervensystem ist sehr sonderbar gestaltet. Der Schlundring besteht zunächst aus zwei dreieckigen nervösen 
Massen, den oberen Schlundganglien (Fig. 17. b), welche durch Seitencommissuren (c) mit der Bauchganglienkette zusam- 
menhängen. Von diesen Schlundganglien scheinen etliche Nerven ihren Ursprung zu nehmen. Ausserdem sind zwei dicke 
ovoide Ganglienmassen (a) ihrem Hinterrande mit schmaler Basis angehängt, von denen keine Nerven abgehen. Sie liegen 
vielmehr ziemlich frei von der Perivisceralflüssigkeit umspült, in welcher man sie hin und her schwanken sieht. Ihrer 
Oberseite sitzen die vier schwarzen Augen, wovon die beiden vorderen mit Linse versehen sind, dicht auf. Eine andere 
Sphaerodorumart, die ich von S. peripatus noch nicht recht zu unterscheiden weiss und welcher einzelne der bisher er- 
wähnten Merkmale aus Versehen vielleicht entlehnt wurden, entbehrt das hintere aus blossem Pigment bestehende Augen- 
paar. Zwei ähnliche dünnere wurstähnliche Gebilde (b') sitzen ausserdem jederseits den oberen Schlundganglien an. — 
Die Bauchkette besteht aus zwei dicht an einander liegenden Nervensträngen, die sich in der Mitte jedes Segments zu einer 
Art Ganglion vereinigen. Von diesem entspringen ein Paar dicke Nerven (d). Ausserdem giebt jeder Strang im vorderen 
Theile des Segments einen dünneren Nerven (e) ab. Am Ursprunge jedes diekeren Nerven sitzt eine eiförmige nervöse 
Masse (b) dem Ganglion auf, die man sich bald nach vorn, bald nach hinten hinneigen sieht, je nachdem sich die Leibes- 
flüssigkeit dahin oder dorthin bewegt. Diese Anschwellungen geben durchaus keine Nervenfäden ab. Es ist mir nicht be- 
kannt, dass solche merkwürdige Anhänge der Nervencentra bei anderen Anneliden vorkommen. 

Mehrmals traf ich die Leibeshöhle strotzend voll von ovalen, 0,12 Mm. langen, anscheinend aus vielen Körnern 
oder vielleicht Zellen bestehenden Scheiben. Ob diese Gebilde den maulbeerförmigen Zellengruppen, woraus sich die Zoo- 
spermien anderer Anneliden entwickeln oder den schwimmenden Scheiben der Leibeshöhle vieler Oligochaeten gleich- 
gestellt werden müssen, muss dahin gestellt bleiben. Fast möchte ich mich fürs Erste entscheiden. 

Endlich muss ich eigenthümlicher Kapseln Erwähnung thun, die zu je vier in jedem Segmente mit Ausnahme der 
vordersten anzutreffen waren. Es lag ihrer stets eine (Fig. 12. k) im oberen Theile des Fussstummels und eine zweite (RK) 
unter der Rückenhaut unweit vom Rückeneirrus jederseits. Beim Zerdrücken kamen im Inneren dieser Schläuche eigen- 
thümliche gewundene, 0,017 Mm. breite Schläuche zum Vorschein, welche strotzend von kleinen Fäden oder Stäbchen waren. 
Diese Gebilde sind nicht den Sphaerodoren eigenthümlich, sondern kommen vielen anderen Gattungen ebenfalls zu. Bei 
vielen Syllideen z. B. bieten sie genau dieselbe Gestalt wie bei Sph. peripatus dar, auch enthalten sie dieselben stäbchen- 
haltigen Körper. Bei anderen Anneliden schliessen diese Kapseln ein sehr verwickeltes Geknäuel ein, welches aber aus 
einem einzigen vielfach gewundenen und keine Stäbchen enthaltenden Canal zu bestehen scheint. So ist es z. B. bei allen 
Phyllodocearten (cf. Taf. XI. Fig. 19. k) und wenigstens bei vielen Nereiden. In wiefern diese Organe mit den sog. Segmen- 


talorganen verwandt sind, ist noch nicht ausgemacht. Mir scheinen sie davon ganz unabhängig zu sein. Sie sind übrigens 


den meisten Beobachtern entgangen. Krrerstein erwähnt sie bei Nereis agilis Ker. und hält es — wegen der schönen mir 
leider nicht zugänglichen von Daniessen bei Scalibregma inflatum angestellten Untersuchungen — für wahrscheinlich, dass 


sie zu den Geschlechtstheilen gehören. Mir scheint diese Ansicht einer ferneren Prüfung noch zu bedürfen. Ich kann näm- 
lich die beschriebenen Stäbchen der Sphaerodoren und mehrerer Syllideen nicht für Zoospermien erklären, weil ich sie bei 
allen Individuen entdeckte, welche ich darauf untersuchte. Ausserdem erscheinen fragliche Kapseln schon bei ganz jungen 
Würmern fertig, ein Umstand, der für deren Zusammenhang mit den Geschlechtsfunctionen ebenfalls nicht zu sprechen 
scheint. Ich habe Taf. XI. Fig. 4 einen Fussstummel einer jungen kaum über einen Zoll langen Nereide dargestellt, die in 
jedem Segmente mit Ausnahme der vordersten nicht nur zwei, sondern drei Paar Kapseln mit Canalgeknäuel enthielt. Eine 
kleine Kapsel (f) sass dicht unter dem Rückeneirrus (a); eine zweite ebenfalls verhältnissmässig kleine befand sich unmit- 
telbar daneben unter der Basis des obersten Züngelchens (b). Die dritte (e) endlich lag weiter nach innen zu der Rücken- 
wand dicht an. Alle drei waren von der Gefässschlinge (v. v') ganz unabhängig, die sich rund um dieselbe hinzog. Sie 
sahen bereits vollkommen so aus wie bei dem ausgebildeten Thiere. Diese Organe sind aber bei noch viel jüngeren Wür- 
mern vorhanden. Aus Mırse Enwarns’' Beobachtungen wissen wir, dass die Nereiden die Larvenform sehr früh aufgeben 


und sich der ausgebildeten Form zu einer Zeit anschliessen, wo erst sehr wenige Segmente angelegt sind. Die Angaben 


! Recherches zoologiques faites pendant un voyage sur les cötes de Sicile par Mr. MıLne EpwArps. — Annales des Sciences natu- 
relles. 3. Serie. Tome III. p. 167. 


II. Anneliden. i 53 


dieses ausgezeichneten Forschers kann ich vollständig bestätigen. Ich besitze namentlich eine Zeichnung einer %, Mm. 
langen Nereide von St. Vaast, die einer ausgebildeten Nereide schon vollkommen glich, obwohl sie erst fünf borstentra- 
sende Segmente besass. Der Rüssel ist mit seinen gezähnelten Kiefern schon vorhanden; zwei Paar Augen, wovon das 
vordere mit Linsen versehen ist, sitzen auf der Rückenseite des Kopflappens. Die beiden Stirnfühler und die Stirnpolstern 
mit kurzem Endglied sind auch da. Zwei Paar Fühlereirren sitzen jederseits der Mundöffnung und ausserdem ein drittes, 
viel längeres weiter nach hinten. Letztere Fühlereirren ruhen, beiläufig gesagt, jeder auf einem kleinen Höckerchen, in 
welchem zwei kurze bis in die Basis des Fühlereirrus hineinreichende einfache Haarborsten (aciculae) zu sehen sind, 
welche bei ausgebildeten Nereiden niemals vorzukommen scheinen. — Nun finde ich, dass bei dieser jungen Nereide die 
vier vordersten der fünf bereits angelegten und zusammengesetzte Borsten führenden Segmente eine Kapsel mit Canalge- 
knäuel in jedem Fussstummel enthalten. Ich muss gestehen, dass das Vorkommen dieser Organe bei einem vom Reifezu- 
stande noch so entfernten Wurm Kerersteiy’s Ansicht nicht günstig zu sein scheint. Die Anwesenheit von zahlreichen 
starren Stäbchen in diesen Kapseln bei Sphaerodorum, Syllis u. a. dürfte vielmehr zur Vermuthung führen, dass es sich 
um ähnliche Gebilde handle, wie die Stäbchenkapseln, die ich anderswo von einer Tomopteris onisciformis! beschrieben und 
welche ich weiter unten in den blattartigen Cirren von Phyllodoce anführen werde. Sie müssten dann vielleicht als eigen- 
thümliche Nesselorgane betrachtet werden. In solchem Falle wäre freilich die Anwesenheit eines nach aussen leitenden 
Ausführungsganges ein Desideratum. Sie ist mir auch keineswegs unwahrschemlich. 

Die von mir sowohl in St. Vaast wie auf den Hebriden beobachteten Sphaerodoren waren alle unreif, wesshalb 
deren Geschlechtsverhältnisse hier unberührt bleiben. 

Was die systematische Stellung der Gattung Sphaerodorum anbetrifft, so ist sie noch nicht genügend festgestellt. 
Orrsten verlegt sie in eine Abtheilung der Aricieen, die er mit dem Namen Aricieae nereideae belegt. Indessen ist ihre Ver- 
wandtschaft mit allen mir bekannten Aricieen (Nerine, Leucodora, Polydora, Cirratulus) eine nur geringe. Die Aricieen 
besitzen stets einen Bauch- und einen Rückenstummel, während Sphaerodorum einen einzigen Seitenfussstummel aufzu- 
weisen hat. Erstere sind mit zweierlei einfachen, letzteres dagegen nur mit zusammengesetzten Borsten ausgerüstet. Die 
bei allen Aricieen sehr entwickelten Kiemen und die rothe Farbe der Blutflüssigkeit gehen den Sphaerodoren ab. Jonsstos’s 
Meinung, wonach Sphaerodorum mit den Goniaden (Glycereen) verwandt sein sollte, würde mir noch eher zusagen , ob- 
schon der Bau der Fussstummeln, die bei den Sphaerodoren nicht vorkommende Ringelung der Segmente und die Be- 
schaflenheit «des Rüssels einer solchen Zusammenstellung wenig günstig sind. Mir scheinen die Sphaerodoren mit den 
Syllideen noch am nächsten verwandt zu sein. Mit denselben haben sie die Einfachheit der Fussstummeln, die Gestalt der 
Borsten, die Verkümmerung der Kiemen und die Unscheinbarkeit des Gefässsystems gemein. Die Gattung Sphaerosyllis 
bietet ausserdem durch die Gestalt der Rückeneirren und die Gattung Odontosyllis durch die Anwesenheit eines Baucheirrus 
am Endsegment — wie ich es bei Gelegenheit der Entwicklung dieser Gattung darlegen werde — eine unläugbare An- 
näherung an Sphaerodorum. Es ist übrigens auffallend, dass die mit Sphaerodorum am nächsten verwandte Syllideengat- 
tung, Sphaerosyllis nämlich sich durch dieselben zahlreichen Papillen auf der Haut wie die Sphaerodoren selbst auszeichnet. 
Von den ächten Syllideen indessen unterscheiden sich die Sphaerodoren durch die Beschaffenheit der in Fächer nicht ein- 
getheilten Leibeshöhle und durch die Abwesenheit der Querreihen von Papillen am Schlundkopf. 

Rarnke’s Ephesia gracilis® gehört offenbar in die Nähe von Sphaerodorum peripatus. Die einer Weiberbrust ver- 
eleichbaren Rückencirren der Ephesien sind jedenfalls den kapselartigen Rückencirren von Sphaerodorum sehr ähnlich. 


Der Körper der Ephesien ist aber ganz glatt. 


! Further Observations on Tomopleris onisciformis Eseuscnorrz by WiILLIAM CARPENTER and Ev. CrApArkpe. Transactions of the Linnean 
Society. Vol. XXI. Part I. ? Beiträge zur Fauna Norwegens. a. a. 0. 8.174. 


Clapar&de, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloscr Thiere. 


54 4. Abschnitt. Würmer. 


8. Glycerea. 
(lycera Savıyny. 


Glycera fallax De Quatref.! 
Taf. XV. Fig. 14—18. 


Kererstein” hat als Glycera capitata Oersı. eine Glycera aus St. Vaast mit grosser Genauigkeit beschrieben. Ich 

bin mit seiner Darstellung namentlich in Bezug auf Rüsselbau und Kieferdrüsen vollständig einverstanden, nur bin ich nahe 
daran gewesen zu bezweifeln, dass dieser Wurm mit Oerstev’s G. capilata identisch sei. Es kommt nämlich eine zweite, 
mit G. capitata leicht zu verwechselnde Glycerenart in St. Vaast nicht selten vor, die sich durch die Bildung ihrer Fuss- 
stummeln von @l. capitata unterscheidet. Da indessen Krrerstem die Fussstummeln seiner Glycera nicht unberücksichtigt 
liess und sie von den entsprechenden Theilen der von mir untersuchten Individuen abweichen, so erscheint es nicht un- 
wahrscheinlich, dass zweierlei Glyceren in St. Vaast vorkommen. 
Die dreilippigen Fussstummeln meiner Glycera besassen nämlich nicht nur einen, sondern zwei Rückencirren 
(Fig. 15. a und b), wovon der dem Rücken zunächst gelegene (b) kürzer und dicker als der andere war. Dieser Cirrus ist 
hohl. Dessen flimmernde Höhle hängt mit der ebenfalls mit Flimmercilien ringsum besetzten Leibeshöhle zusammen und 
wird von der die rothen Körperchen enthaltenden Flüssigkeit bespült. De Quarkerases, der diesen Wurm entdeckte und 
mit dem Namen @!. fallax belegte, betrachtet diesen zweiten Rückencirrus als eine Kieme. Er hält ihn ausserdem für con- 
tractil, eine Eigenschaft, die ich selbst nicht bemerkte. Gruse * beschreibt ebenfalls sogenannte contractile Kiemen bei Gly- 
cera Meckelit Au». et Mirxe Eow.‘ Diese Organe sollen aber zwei- und dreitheilig sein, während sie sich bei den von mir 
beobachteten Glyceren niemals verästeln. Ich kann daher nicht wie Gruge der Ansicht sein, dass @I. fallax, bei welcher 
DE (JUATREFAGES von einer solchen Verästelung nichts erwähnt, mit @l. Meckelit identisch sei. 

Dass die Leibeshöhle von Glycera flimmert, ist bisher übersehen worden. Ich vermuthe, dass man dasselbe Ver- 
hältniss bei Glycinde Fr. Mürr.,” Capitella Bramv. und Notomastus Sars entdecken wird. Wenigstens kommen alle diese 
Würmer mit Glycera darin überein, dass sie gefässlos sind und rothe Blutkörperchen in der Perivisceralflüssigkeit enthal- 
ten. Wırrmms® sah übrigens bereits die Flimmerbewegung in der Höhle der sog. Kiemenfortsätze der Glyceren. Dieser 
Forscher unterscheidet aber bei diesen Würmern ausser der rothen Körperflüssigkeit noch ein schwach röthliches Blut 
(blood proper), das jedenfalls nicht: existirt. 

Gl. fallax zeichnet sich durch die Eigenthümlichkeit aus, den rüsselartigen geringelten Kopflappen fernrohrartig 
in den Körper (Fig. 1%) einziehen zu können. 


Die grössten beobachteten Individuen besassen 92 zweiringelige, borstentragende Segmente. 


9. Phyllodocea. 
Phyliodoce Savıyny. 
Taf. XI. Fig. 1,9—20.: 


Viele, vielleicht gar alle Phyllodocearten zeichnen sich durch eine bisher unberücksichtigte Eigenthümlichkeit aus, 
die ich zuerst bei mehreren Species aus den Hebriden entdeckte und später in St. Vaast ebenfalls wiederholt beobachtete. 


Sowohl der Rücken- wie der Baucheirrus nämlich, welche bekanntlich beide blattartig ausgebreitet sind (vgl. Fig. 19), zeigen 


! Sur la respiration des Annelides par Mr. A. pe Quarreraces. — Annales des Sciences nalurelles. 1850. XIV. p. 294. 

? Untersuchungen über niedere Seethiere. p. 105. ® Beschreibung neuer oder wenig bekannter Anneliden von Prof. Dr. En. 
GrugE. Troscuer's Archiv für Naturgeschichte. p. 101. * Classification des Annelides et description de celles qui habitent les cötes de la 
France par MM. Aupovin et MıLne Enwanns. — Ann. des sc. nat. 4. serie. 1833. T. XXIX. p. 263. und T. XXVII. Pl. XIV. Dave]: 
Einiges über die Annelidenfauna der Insel St. Catharina von Dr. Frırz MüLLer. — Archiv für Naturgeschichte. 1858. p. 215. & Report 


on the british Annelides, a. a. ©. p. 169. 


III. Anneliden. 55 


viele wulstähnliche, von der Mittellinie nach den Rändern ausstrahlende Streifen, die ich zuerst — weil sie wegen der 
dazwischenliegenden Pigmentzellen undeutlich waren — für Muskelbündel hielt. Eine nähere Untersuchung lehrte mich 
aber sie als 0,01% bis 0,03 Mm. lange, spindel- (Fig. 20. e) oder seltener kugelförmige (Fig. 20. e) Zellen kennen, deren 
Inhalt aus lauter kleinen 0,010—0,016 Mm. langen, meistens schwach gekrümmten Stäbchen (Fig. 20. d) bestand. Es 
stimmten also diese Zellen mit den Stäbchenzellen, die ich aus den Flossen einer Tomopteris beschrieben habe,' vollständig 
überein. Nicht selten bersten einzelne dieser Zellen unter dem Vergrösserungsglas und dann werden die frei werdenden 
Stäbchen mit Gewalt weggeschleudert (Fig. 19. b. b’), so dass man diese Organe mit den Nesselzellen anderer Thiere 
vielleicht vergleichen dürfte. 

An den Stäbchenzellen vermag man gewöhnlich keinen Nucleus zu entdecken; dies rührt vielleicht daher, dass sie 
zu voll gepfropft sind, um eine genaue Erforschung zu gestatten, Wenigstens findet man unter denselben einzelne Zellen, 
die keine (Fig. 20. a) oder erst sehr wenige (Fig. 20. b) Stäbchen enthalten, und an diesen ist der 0,009 Mm. breite Kern 


stets leicht sichtbar. 


Psamathe Johnst. 


Psamathe cirrata Kef.” 
Taf. XIV. Fig. 1—7. 


Schon am 23. Juli, d. h. kurze Zeit nach meiner Ankunft am Seestrande entdeckte ich diesen bei St. Vaast unter 
Steinen ziemlich häufig vorkommenden Wurm. Ich finde nun, dass Kerersteın denselben nach meiner Abreise wieder 
untersuchte und in vielen Punkten zu denselben Ergebnissen gelangte wie ich selbst. 

Bei Betrachtung des Wurmes mit dem blossen Auge (Fig. 7) wird der Beobachter von der ausserordentlichen 
Länge der weissen Rückencirren bereits überrascht, die beinahe drei Mal so lang sind wie der Körper breit ist. 

Von den vier Kopffühlern sind die dicksten (Fig. 3. b), wie Kerersteis es richtig angiebt, die untersten. Sie bestehen 
aus drei Gliedern, während die oberen ungegliedert sind. Die vier vordersten Leibesringel sind borstenlos und tragen jedes 
ein oberes und ein unteres Paar Fühlereirren, wovon dieses nur halb Mal so lang als jenes ist. Dadurch unterscheidet sich 
Ps. cirrala von Jonsstox’s Psamathe fusca, die nur vier,” und von Rarnke’s Halimede venusta, die bloss sechs‘ Fühlereirren 


besitzen soll. An den übrigen Segmenten sind die Fussstummeln (Fig. 2) länger, cylindrisch, deutlich zweilippig. Der 


\ 


lange Rückencirrus (a) sitzt auf einem deutlich abgegrenzten ringsum bewimperten Basalglied (a). Der Cirrus selbst ist 
gegliedert, obschon nicht wie bei vielen Syllideen gekammert. Jedes Glied ist mit einigen kurzen starren Härchen (Fig, 5) 
versehen und ein enger Canal scheint sich durch die ganze Länge des Cirrus hindurchzuziehen. Der kurze ungegliederte, 
aber ebenfalls mit Borsten besetzte Baucheirrus (Fig. 2. b) entspringt viel weiter nach aussen als der Rückencirrus, wie 
dies auch bei Halimede venusta nach Raruke’s Angabe der Fall sein soll. Die ganze Rückenseite (Fig. 2. c) und ein geringer 
Theil der Bauchseite des Fussstummels sind mit kurzen Flimmereilien bedeckt. Die Borsten sind von zweierlei Art, nämlich 
einfache Nadeln (Fig. %. a) und zusammengesetzte gezähnelte Sichelborsten (b). Der ersteren giebt es nur zwei und zwar 
eine grössere (Fig. 2. f) im Fussstummel liegende und eine viel kleinere (Fig. 2. f’), die dem Basalglied des Rückencirrus 
zur inneren Stütze dient. Die grössere Nadel enthält eine durch zahlreiche Querscheidewände gekammerte Achsenhöhle 
(Fig. 4. a), eine Bildung, die bekanntlich den Borsten vieler Raubanneliden zukommt. Die Sichelborsten (Fig. 4. b) bilden 
ein zwischen den Lippen des Fussstummels fächerartig hervorstülpbares Bündel. Der Schaft enthält wie die einfachen 
Nadeln eine gefächerte Achsenhöhle; das Endglied ist langgestreckt, deutlich gezähnelt und an der Spitze mit einem Wi- 
derhaken versehen. Diese Sichelborsten zeichnen sich, so lange sie noch jung, d. h. in der Bildung begriffen sind, durch 
eine Eigenthümlichkeit aus, die ich sonst bei keinem Borstenwurm beobachtete. Ihr Endglied (Fig. %. c) ist nämlich mit 
einem scharfen, lanzettförmigen Aufsatze bewalfnet, der später, wie es scheint, durch einfaches Abbrechen verloren geht. 


Diese eigenthümliche Bildung hängt wahrscheinlich mit der Borstenstellung innig zusammen. Die hervorgestreckten Borsten 


' Further observations on Tomopteris onisciformis a. a. 0. p. 59. ? Untersuchungen über niedere Seethiere. S. 107. 
® On british Nereids. — Annals of Natural History. IV. p. 230. * Beiträge zur Fauna Norwegens a. a. 0. S. #67. 


44* 


56 4. Abschnitt. Würmer. 


gehen nämlich, wie gesagt, fächerartig (Fig. 2) auseinander, so dass jede derselben zu einer eigenen Oeflnung aus der 
gemeinschaftlichen Bildungstasche herauszukommen scheint. Ich halte es daher für wahrscheinlich, dass sich jede Borste 
bei ihrem ersten Auftreten einen eigenen Weg durch die Gewebe des Fussstummels vermittelst des lanzettförmigen Auf- 
satzes hindurchbahnt. Sobald aber die Borste aus dem Fussstummel hervorragt, ist der dünne brüchige Aufsatz nicht im 
Stande, den harten Gegenständen der Aussenwelt Widerstand zu leisten. Er bricht ab und nur ein zarter Saum bleibt als 
letzte Spur seiner früheren Existenz am Haken hängen. . 

Der Verdauungsapparat wurde von Kererstein sehr genau beschrieben. Seiner Darstellung habe ich nichts hin- 
zuzufügen. 

Das Gefässsystem (Fig. 6) ist sehr eigenthümlich beschaffen. Es existiren drei Hauptstämme, ein Rückengefäss 
nämlich und zwei sich hinten und vorn mit ihm verbindende Bauchgefässe. Letztere liegen links und rechts dem Bauch- 


nervenstrang dicht an, so dass sie nicht geradlinig verlaufen, sondern um jeden Bauchknoten herum eine Ausbuchtung 


bilden. Diese Bauchstämme hängen in jedem borstentragenden Segmente durch zwei Queräste — einen dickeren nämlich 
hinter dem Nervenknoten und einen dünneren vor demselben liegenden — zusammen. Jeder Nervenknoten erscheint dem- 


nach von einem Blutstrom inselartig umflossen. In gleicher Höhe mit dem dickeren, die beiden Bauchstämme verbindenden 
Querast entspringen in jedem Segmente die zum Rückengefäss (Fig. 6. a) führenden Seitenschlingen (c). Sie dringen in die 
Fussstummeln hinein, wo sie einige Windungen bilden und unter dem flimmernden, wahrscheinlich als Kieme functioniren- 
den Basalglied des Rückeneirrus zu einem mit Blut angefüllten Raum (Fig. 2. e) anschwellen. 

Im vordersten Theile weicht die Gefässvertheilung von dem eben entworfenen Bilde etwas ab. Im hintersten der 
vier mit Fühlereirren versehenen Segmente theilt sich das Rückengefäss in drei gleich grosse Stämme (Fig. 6. e). Der mitt- 
lere derselben verläuft auf der Mittellinie bis in den Kopflappen, wo er sich abermals in zwei symmetrische, nach aussen 
und unten umbiegende Aeste gabelt. Diese sich nun nach hinten richtenden Gefässe sind die beiden Bauchgefässe, welche 
im fünften — ersten borstenführenden — Segmente durch Queräste zum ersten Male mit einander in Verbindung treten. 
Die beiden anderen vom Rückenstamme abgehenden Gefässe verlaufen nach vorn und aussen bis in das Mundsegment, wo 
sie sich nach unten richten und in das entsprechende Bauchgefäss münden. Ein jedes derselben tritt ausserdem durch drei 
andere dem zweiten, dritten und vierten Fühlereirrenpaar entsprechende Schlingen mit dem Bauchgefäss in Verbindung. 

Ausser den hier beschriebenen Kreislaufsverhältnissen nahm ich Hautgefässe, ein unteres Darmgefäss und ein im 
Hintertheil des Wurmes wenigstens sehr reiches Gefässnetz der Darmwand wahr, über deren Zusammenhang mit den vor- 
herbeschriebenen Gefässen mem Notizbuch durchaus nichts enthält. 

Kererstein hat dem Gefässsysteme von Psamathe seine Aufmerksamkeit ebenfalls zugewandt und einen grossen 
Theil desselben beschrieben. Seine Darstellung weicht aber von der meinigen in einem wesentlichen Punkte ab. Jede aus 
den Bauchgefässen entspringende Gefässschlinge soll sich seiner Angabe nach nicht zum Rückengefäss begeben, sondern 
im Fussstummel gabeln und mit dem entsprechenden Zweige des nächst vorderen oder hinteren Seitengefässes vereinigen. 
Es würde demnach bei Psamathe das merkwürdige Verhältniss eintreten, dass das contractile Rückengefäss wohl am vor- 
dersten und hintersten Leibesende, aber sonst nirgends mit den Bauchgefässen zusammenhänge. Ich kann nicht umhin zu 
glauben, dass ein Irrthum in Krrersteiy’s Untersuchungen mit unterlaufen sei, halte es aber für wünschenswerth, dass 
künftige Forscher zur Entscheidung dieses streitigen Punktes ihr Augenmerk auf das Gefässsystem von Psamathe ganz 
besonders richten. 

Die Geschlechter sind getrennt. Sowohl Zoospermien wie Eier bilden sich an der Rückenwand und zwar dicht am 


Ursprung der Fussstummeln. 


Cirroceros nov. gen. 


Diagnose. Fussstummel zweiruderig. Zwei blattartige Züngelchen am unteren Ruder. Cirren fadenförmig. Zwei 


Kopffühler. Endständige Mundöffnung. Keine Augen und keine Fühlercirren. 


II. Anneliden. 97 


Cirroceros antennatus no». sp. 
Taf. XIV. Fig. 8s—12. 


Diagnose. Körper nach vorn verdünnt, grünlich mit rothen Blutgefässen und schön kreideweiss topf 
b @ V em op appen. 


Von diesem schönen Wurme traf ich nur ein einziges Exemplar, das ich (Fig. 9) in natürlicher Grösse dargestellt 
habe. Es bestand aus 55 Segmenten, war aber leider verstümmelt, indem das Hinterende fehlte. Seine Stellur & bei den 
Phyllodoceen ist nur eine vorläufige, indem sich diese Wurmgattung keiner bestehenden Familie anreihen lässt, Sehr eigen- 
thümlich ist die Lage der Mundöflnung (Fig. S und 10. o), die eigentlich endständig ist. Sie wird von einer dicken, kreis- 
förmigen gekerbten Lippe umgeben. Ebenso ausserordentlich ist die Lage der dicken und äusserst lanzen Kopffühler. Beim 
ersten Anblick hält man sie für einfach seitliche (Fig. 8) Fühler. Sobald aber das Thier das Maul aufsperrt (Fig. 10, Ansicht 
von oben), erkennt man, dass sie vielmehr in die Kategorie der unteren Fühler zu rechnen sind. 

Das erste Körpersegment ist borstenlos, trägt aber eine kleine Papille (Fig. 8. a) auf der Bauchseite jederseits. Es 
darf dieselbe offenbar für einen verkümmerten Fussstummel gehalten werden. 

An allen folgenden Ringeln findet man zweiruderige Fussstummeln (Fig. 1 I). Das obere Ruder (a) läuft in eine 
kurze Spitze aus, vor deren Wurzel der kurze fadenförmige Rückeneirrus (ec) sitzt. Das untere grössere Ruder trägt sowohl 
den noch kürzeren, ziemlich weit nach innen sitzenden Baucheirrus (d) wie ein unteres (e) und ein oberes (e‘) Züngelchen. 

Die Borsten sind von dreierlei Art, nämlich eine Stütznadel (acieula) des Fussstummels und zahlreiche zusammen- 
gesetzte aus dem unteren Ruder hervorstreckbare Sichel- (Fig. 12) und Spiessborsten (Fig. 13). Alle besitzen eine durch 
viele Scheidewände der Quere nach in Fächer getheilte Achsenhöhle. Das Endglied der Sichelborsten ist sehr kurz und 
mit mehreren Zähnchen versehen. Das sehr lange zugespitzte Endglied der Spiessborsten ist ebenfalls gezähnelt. 

Die Zeit gestattete mir leider nicht, die innere Organisation von Cirroceros gehörig zu untersuchen. Ich kann also 
nur zum Schlusse hinzufügen, dass der Schlund unbewaffnet ist, so dass die Verwandtschaft mit den Lvcorideen nicht so 


gross ist, wie man es beim ersten Anblick glauben dürfte. 


10. Eycoridea. 
Mieronereis nov. gen. 


Diagnose. Zwei tief getrennte Ruder am Fussstummel mit einem einzigen Rücken- und einem Baucheirrus. 


Mundsegment borstenführend. 


Micronereis variegata nov. sp. 
Taf. XI. Fig. 5—7. 


Diagnose. Körper 4 Mm. lang, bräunlich. Vier schwarze Augen, wovon das vordere Paar mit Linsen versehen 
ist. Fühler in der Mitte schwefelgelb gefärbt. 

Ich war nicht wenig überrascht, als ich an dieser nur 4 Mm. langen und aus nur 21 Segmenten bestehenden Zwerg- 
nereide alle Kennzeichen des reifen Zustandes bemerkte. Es zeigte sich übrigens sehr bald, dass sie, obschon der Familie 


der Lycoridea augenscheinlich gehörig, eine neue Gattung bilden müsse. Die Ruder der Fussstummeln sind namentlich viel 


tiefer von einander getrennt, als es weder bei Lycastis noch bei Nereis sonst der Fall ist. 

Der ziemlich deutlich abgegrenzte Kopflappen trägt vier Paar Fühler, die alle gleich lang und gleich gestaltet sind. 
Sie sind nämlich am Ende zugespitzt, an der Basis dagegen kolbenartig angeschwollen. Ihr mittlerer Theil wird durch 
Pigment schwefelgelb gefärbt. Von diesen acht Fühlern gehören zwei Paar mehr der Unterseite und die beiden anderen 
mehr der Oberseite an. Gleichwohl sitzen sie so dicht beisammen, dass ich nicht recht entscheiden konnte, wie viele als 


Kopffühler und wie viele als Fühlereirren betrachtet werden müssen. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wiıbelloser Thiere. 


58 4. Abschnitt. Würmer. 


Alle Segmente, mit Ausnahme der beiden vordersten und des letzten mit zwei Aftereirren versehenen, tragen zwei- 
ruderige Fussstummeln (Fig. 7). Jedes Ruder ist mit einem zungenartigen Cirrus versehen, der seiner Lage und Gestalt 
nach vielmehr den Züngelchen als den Rücken- und Baucheirren der Nereiden zu entsprechen scheint. Das obere Ruder 
flimmert auf seiner ganzen Oberfläche und darf vielleicht als Kieme beansprucht werden. Im Inneren des oberen Ruders 
ist eine Stütznadel vorhanden und an seinem freien Ende kommt ein Bündel von Sichelborsten hervor. Aehnliche Borsten 
kommen ebenfalls dem unteren Ruder zu, in welchem aber sie zu zwei Bündeln vereinigt sind. 

Das Mund- und das nächstfolgende Segment besitzen nur einruderige Fussstummeln (Fig. 5) mit je einem einzigen 
Cirrus. Ihrer Gestalt und flimmernden Oberfläche nach entsprechen diese Fussstummeln nur den oberen, nicht aber den 
unteren Rudern der folgenden Segmente. 

Die Haut wird überall von eingestreutem Pigmente braun gefärbt. Sowohl dieser braune wie der gelbe den Füh- 
lern und Aftereirren zukommende Farbstoff sitzt in 0,028 Mm. breiten Zellen (Fig. 6) mit 0,008 — 0,009 Mm. breiten 
Kernen, und zwar zu einem einzigen, 0,005—0,006 Mm. dicken Tropfen in jeder Zelle. 

Der Verdauungsapparat bietet nichts vom Lycorideentypus Abweichendes. Die Kiefer sind mit nur drei Zähnen an 
der Spitze versehen und zeichnen sich durch einen gelblichen Schimmer aus. 

Das einzige auf Zosteren angetroffene Exemplar war ein Weibchen. Die Eichen bildeten sich an der Wand der 


unteren Ruder. Die reifen Eier (Fig. 7. b) waren 0,08 Mm. breit und füllten die Ruderhöhle ganz aus. 


11. Eunicea. 


Lumbriconereis Grube. 


Lumbriconereis Edwardsi nov. sp. 
Taf. XIV. Fig. 14—22. 


Diagnose. Körper 10 Centimeter lang, von durchschimmernden Blutgefässen roth gefärbt, mit irisirendem Wi- 


derschein. Mundsegment kegelförmig abgerundet mit einer tiefen, zwei sog. rudimentäre Fühler enthaltenden Rückengrube. 


L. Edwardsü ist eine der bei St. Vaast la Hougue am häufigsten vorkommenden Würmerarten. Ich fand sie aber 
stets nur im Schlammgrund der Zosterawiesen in der Gesellschaft von Glymene Oerstedü Crar. Prof. Krrersteın hat 
unter dem Namen L. tingens eine andere Species ebendaher beschrieben, , die mit L. Edwardsu in mehreren Punkten über- 
einstimmt. Da aber Krrersteis ausdrücklich bemerkt, dass die bei anderen Species erwähnten rudimentären Tentakeln bei 
seiner Art durchaus nicht vorkommen, so darf ich sie nicht für dieselbe wie die von mir beobachtete erklären. Wenn es 
sich trotzdem später herausstellen sollte, dass er sich in diesem Ausspruch geirrt habe, so müsste der Name L. Edwardsü 
eingehen. Ich nehme indessen um so weniger Anstand, «diesen neuen Speciesnamen aufzustellen, als L. lingens Ker. von 
L. Edwardsii ganz abweichende Borsten besitzen soll. 

Das Auffallendste an unserem Wurme war die zwischen Kopflappen und Mundsegment gelegene Nackengrube 
(Fig. 22), in deren Grund zwei knopfartige Erhabenheiten zum Vorschein kamen. Diese Organe stimmen mit den von 
Aupovin und Mırse Evwarns bei Lumbrinereis Orbignyi beschriebenen Tentakeln'! überein, welche man nach genannter 
Forscher Aussage als zwei verkiimmerte Kopffühler oder auch als zwei dem ersten Leibesring angehörende rudimentäre 
Fühlereirren betrachten könnte. Die rudimentären von Savıcny” bei Aglaura fulgida abgebildeten Fühler scheinen ebenfalls 
verwandte Bildungen zu sein. Mir erscheint die Richtigkeit des Vergleichs fraglicher Organe mit den hinteren Kopffühlern 
anderer Anneliden nicht über jeden Zweifel erhaben zu sein. Ihre Lage ist eine sehr eigenthümliche, indem mir sonst keine 


andere Annelide bekannt ist, bei welcher die Kopffühler in einer tiefen Grube sässen, und die nicht minder auffallende 


! Classification des Annelides et description de celles qui habitent le littoral de la France par Vıcror Aupovin et MiLNE Enwarns. — Ann. 
des sc. nat. 1833. Tome XXVIll. p. 240. und 1832. T. XXYIl. Taf. XII. Fig. 9—12. ? Systeme des Annelides, principalement de 


celles des cötes de l’Egypte et de la Syrie. — Description de l’Egypte. Tome XXI. 1826. 


III. Anneliden. 59 


kugelige Gestalt steht ebenfalls ganz isolirt da. Noch eigenthümlicher aber und von normalen Kopffühlern abweichender 
ist — wie wir es jetzt ausführen werden — ihre Beschaffenheit. 


Bei der Ansicht von oben (Fig. 22) kommt durch die Grubenöffnung nur der vordere Theil dieser knopfartigen 


Organe zum Vorschein, der hintere Theil bleibt dagegen in der Tiefe unter dem herüberragenden — wenngleich ausge- 
schnittenen — vorderen Rückenrand des Mundsegments verborgen. Erst bei ziemlich starkem vermittelst des Compresso- 


nums ausgeübten Druck wird dieser hintere Theil gleichfalls sichtbar. Nun aber bemerkt man, dass unsere Organe eigent- 
lich weder kugelig noch halbkugelig, sondern am Innenrande bohnenartig eingebuchtet sind (Fig. 16). In dieser unmittel- 
bar unter dem vorspringenden Rückenrande des Mundsegments befindlichen Einbuchtung sitzen lebhaft schwingende 
Cilien. Das Gewebe des Organs erscheint ziemlich zart und macht fast den Eindruck einer dicklichen in einer Blase einge- 
schlossenen Flüssigkeit. Der Hinterrand jenes bohnenförmigen Knopfes wird durch einen Pigmentstreifen braun gefärbt. 
Solche Beschaffenheit kommt den Kopffühlern keiner anderen Annelide zu, und ich würde diese Organe beinahe lieber — 
trotz des mit dieser bequemen Bezeichnung so oft getriebenen Unfuges — für ein unbekanntes Sinnesorgan halten. 

Sowohl das Mund- wie das dicht darauf folgende nur halb Mal so lange zweite Leibessegment entbehren der 
Borsten und Fussstummeln (Fig. 14). Die folgenden Ringel tragen kurze Fussstummeln (Fig. 15) mit langer, conischer 
Vorder- und sehr kurzer Hinterlippe. Zwischen beiden Lippen kommen zwei Borstenbündel heraus, welche aus zweierlei 
Borsten bestehen, nämlich aus langen einfachen, äusserst biegsamen gesäumten Haarborsten (Fig. 21. b) und aus starren 
zusammengesetzten Hakenborsten (Fig. 21. a). An den letzteren ist das Endglied kurz und mit einem dünnen flügelartigen 
Saum versehen. Ein ähnlicher Saum kommt dem verdickten Stielende zu. Ausserdem befindet sich eine Stütznadel (acieula) 
im Fussstummel. Lumbriconereis tingens besitzt nach Kerrersteın ganz anders gebildete Borsten. Die Haken namentlich 
sollen bei dieser Art keine zusammengesetzten, sondern einfache Borsten sein. 

Die Haut unserer Lumbriconereis enthält zahlreiche schwefelgelbe, einen Durchmesser von 0,01% — 0,017 Mm. 
erreichende Körperchen. Von oben betrachtet erscheinen sie kreisförmig (Fig. 19), mit einem Grübchen in der Mitte. Ihre 
wahre Gestalt aber gleicht einer mit der Spitze nach innen gerichteten Birne (Fig. 20). Diese Körperchen fehlen sowohl 
am Vorder- wie am Hinterrande der Segmente, so dass sie eine Art Gürtel um die Mitte jedes Ringels bilden. Sie lösen 
sich ohne Aufbrausen in Essigsäure auf, indem sie die Flüssigkeit dunkel purpurroth färben. Kaustisches Kali färbt sie 
zuerst braun und löst sie später ebenfalls auf. Bei L. tingens beschreibt gleichfalls Kerersteiın metallisch glänzende Körner, 
welche in jedem Segmente eine mittlere Zone bilden sollen. 

Das Endsegment trägt vier kurze an der Basis dick angeschwollene Aftereirren. Der After selbst liegt auf dem 
Rücken. 

Die Schlundbewaflnung ist derjenigen von L. tingens sehr ähnlich. Die hornartigen Rückenkiefer (Fig. 17) bilden 
einen sehr zusammengesetzten, aus folgenden Stücken bestehenden Apparat: Zuerst finden wir zwei vordere dreieckige 
Hornplatten (a) mit dicht daneben liegenden hornartigen Gaumenpapillen (a). Darauf folgen nach hinten zu zwei kleinere 
nach aussen zweizinkige Platten (b), ein Paar gewaltige bezahnte Vorderkiefer (c) und ein Paar hakenförmige Hinterkiefer 
(d) nebst dabei liegenden hornartigen Gaumenpapillen (d’); endlich zwei dreieckige Platten (e) und zwei ein Kartenherz 
zusammenbildende Hornstücke (f). Der Bauchkiefer ist nicht wie der Rückenkiefer schwarz gefärbt und besteht aus 
nur zwei gezähnelten Stücken (Fig. 18). 

Von L. Orbignyi Au». et M. Epw., die ebenfalls rudimentäre Kopffühler besitzen soll, unterscheidet sich L. Edwardsü 
durch Borsten und Kieferbildung zur Genüge. 

Lumbrinereis pectinifera ve Quarker.! besitzt einen einzigen unpaarigen Kopffühler, dessen Bildung von den oben 
beschriebenen rudimentären Tentakeln wahrscheinlich sehr abweicht. Es frägt sich übrigens, ob dieser Wurm in der Gat- 


tung Lumbriconereis wirklich bleiben dürfe. 


! Description de quelques esp@ces nouvelles d’annelides errantes recueillies sur les cötes de la Manche par A. DE QUATREFAGES. — 
Magasin de Zoologie, publie par Gverın MENEVILLE. 1843. p. 6. 


15* 


nn 


60 4. Abschnitt. Würmer. 


D 


Lysidice Sav. 


Lysidice multicirrata nov. sp. 
Taf. XIV. Fig. 23—26. 


Diagnose. Körper 50 Mm. lang, 3 Mm. breit, blass grünlich mit rothen von hindurchschimmernden Gefässen 


herrührenden Streifen. Fünf hintere Kopffühler. Zweilippige Fussstummeln mit Rückencirrus und Bauchflosse. 


Von dieser Wurmart traf ich nur ein einziges Exemplar unter Steinen bei tiefem Ebbestrand. Sie unterscheidet 
sich von allen bekannten Lysidicespecies durch die Anwesenheit einer Querreihe von fünf hinteren Kopffühlern (Fig. 23). 
Gruse hält zwar die Anzahl von drei Kopffühlern als Hauptmerkmal der Gattung Lysidice fest, die Uebereinstimmung mei- 
ner L. multieirrata mit den ächten Lysidiceen ist aber in jeder anderen Beziehung so gross, dass ich mich nicht entschliessen 
konnte, eine neue Gattung für dieselbe zu bilden, so dass die Gattungsdiagnose dahin zu modifieiren sein wird. 

Der Kopflappen erscheint am Stirnrande herzartig und zwar sehr tief eingeschnitten. Er trägt auf der Rückenseite 
zwei schwarze Augenflecke, aus deren Mitte ein linsenartiger Körper hervorschimmert. Die fünf dahintersitzenden Fühler 
sind alle gleich lang, am freien Ende zugespitzt. 

Die beiden ersten Leibessegmente sind borsten- und stummellos. Die folgenden tragen sehr charakteristische, vom 
Bauchrande ziemlich stark vorragende zweilippige Fussstummeln (Fig. 25). Der fadenförmige Rückencirrus (c) sitzt etwa 
am Ursprunge des Fussstummels auf einem abgegrenzten Basalgliede. Der Baucheirrus entspringt viel weiter nach aussen 
und erweitert sich zu einer Art zweilappiger Flosse (b). Zwischen den beiden Lippen des Fussstummels werden zwei 
Borstenbündel hervorgestreckt. Die Borsten weichen von den von Kererstein bei Lysidice Ninetta Aun. et M. Enw. be- 
schriebenen sehr ab. Es sind nämlich ausser den kurzen Nadeln (aciculae) lange, einfache, gesäumte Haarborsten (Fig. 26. b) 
und ebenfalls lange, dünne zusammengesetzte Spiessborsten mit etwas gekrümmtem Endglied (Fig. 26. a). Bei L. Ninetta 
sollen dagegen sowohl einfache wie zusammengesetzte Borsten Hakenborsten sein. 

Die Schlundbewaflnung ist gewaltig ausgebildet. Der Rückenkieferapparat (Fig. 24. B) besteht aus drei Paar Kie- 


fern (a, b, c) und einem Kieferplattenpaar. Der Bauchkiefer (Fig. 24. A) wird aus nur zwei Stücken zusammengesetzt. 


12. Aphroditea. 
Polynoe Sar. 


Polynoe impar Johnst.! 
Taf. XIII. Fig. 15. 


Die in Berwick Bay von Jonsstox entdeckte Polynoe impar ist in St. Vaast unter Steinen am Seestrand sehr häulig. 
Schon am Tage meiner Ankunft fesselte sie meine Aufmerksamkeit durch ihre eigenthümlichen Cirrenauswüchse. Diese 
auffallende Bildung ist Jousstox nicht entgangen, bei welchem ich die Bemerkung lese: »Cirri clothed with short spinous 
filaments.« Er hat sie aber nicht genauer untersucht. Diese Stachelfäden sitzen in grosser Anzahl nicht nur auf den Rücken- 
und Baucheirren, sondern auch auf dem unpaarigen Stirntentakel (Fig. I. a), den unteren Fühlern (c), den Fühlereirren 
(d, e) und den dickeren von Kınsere als Palpen bezeichneten Cirren. Auf den Rücken- (Fig. 3) und Baucheirren erscheinen 
sie ganz unregelmässig zerstreut, auf den dicken, höchst eontractilen Palpen aber sitzen sie in sehr regelmässigen von ein- 
ander weit abstehenden Reihen (Fig. 2). Bei stärkerer Vergrösserung erkennt man, dass diese sog. Stachelfäden eylin- 
drische, circa 0,0% Mm. lange, an der Spitze etwas angeschwollene und mit einem Grübchen versehene Papillen darstellen. 
Aus dem Grübchen ragen sehr zarte dünne starre Haare hervor. Gewöhnlich sitzt ein etwas längeres Haar in der Mitte 
(les Büschels (Fig. %). Ich halte diese eigenthümlichen Organe für Nervenendigungen, wahrscheinlich Tastfäden. Prof. Krrer- 


' On the british Aphroditacea, by Dr. Jonxstox. — Annals of Natural History. Vol. I. p. 436. 


III. Anneliden. 61 


stem, dem ich meine Zeichnungen und Deutungen unterbreitete, liess deren Kenntniss für seine » Untersuchungen« nicht. 
unbenutzt. 

Diese Tastpapillen sind für's Studium der Homologien unserer Polynoe nicht ohne Werth. Die contractilen Palpen, 
welche mit den Fühler-, Rücken- und Baucheirren offenbar sehr verwandte Bildungen sind, tragen ebenfalls Tastpapillen, 
die zwar etwas modifieirt sind, indem sie kürzer und dicker erschemen. Die am 2., &., 5., T., 9.— 25. Segmente vor- 
kommenden Elytren sind den Rückencirren anderer Segmente augenscheinlich homolog, da sie die Stelle des fehlenden 
Rückencirrus genau einnehmen. Nun sind diese Elytren am Hinterrande mit zwar etwas verkümmerten, jedoch unverkenn- 
baren Tastpapillen (ef. Fig. 5) versehen, die nur der zarten Härchen ermangeln. 

Dass diese Tastpapillen auf Polynoe impar Jousst. nicht beschränkt sind, ist mir sehr wahrscheinlich. Vielmehr 
werden sie wohl bei allen mit stacheligen Cirren versehenen Aphroditaceen vorkommen und deren giebt es viele. Ich 
erinnere z. B. an die Polynoe scabra des Fanrıcıvs, die mir freilich nur aus Orrstep’s Abbildung und Beschreibung! bekannt 
ist. Kınerg? giebt bei vielen der von ihm beobachteten Species an, dass die Tentakeln, die Fühler oder die Cirren, oder 
gar alle zugleich bewimpert sind, und es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass sich seine Ausdrücke » Antennae scabrae, 
eirri eiliati« u. s. w. auf ähnliche Bildungen wie die eben beschriebenen beziehen. Solche Wimpern oder Stacheln finden sich 
nach Kıszere bei Aphrodite alta Kısa., A. aculeala Lis.. A. longicornis Kıne., Hermione hystrix Sav., H. hystricella Quarker., 
Aphrogenia alba Kıss., Lepidonotus caeruleus Kıss., Halosydna Virgini Kıse., H. australis Kısv., Antinoe aequiseta Kısv., A. Wahlü 
Kısz., A. pulchella Kıss., A. microps Kıns., Hermadion longieirratus Kıss. Bei seiner Polynoe elypeata beschreibt Gruse * zwei 
mit papillenartigen in sechs oder mehreren Längsreihen stehenden Fäserchen besetzte seitliche Fühler, und bei Polynoe 
semisquamosa Wırr. bildet Wırziams“ keulenförmige, auf den Rückencirren sitzende Papillen ab. Es dürften wohl diese 
Bildungen sowie die von Sars? bei mehreren Aphroditaceen (Polynoe nodosa Sars, P. asperrima Sars, P. rarispina Sans, 
P. scabriuscula Sars) erwähnten Cilien den Tastpapillen von P. impar homolog sein. 

Wenn alle diese Würmer Tastpapillen wirklich besitzen, so wäre das Vorkommen dieser Organe bei den Aphrodi- 
teen ein sehr häufiges. 


13. Gephyrea. 


Beitrag zur Kenntniss der Geschlechtsverhältnisse bei den Sipunculiden, 
Taf. XII. Fig. 21 — 23. 


In ihren schönen Untersuchungen über die Anatomie von Sipunculus nudus® gelangten Prof. Krrersreın und 
Dr. Ersst Enıers zum Ergebniss, dass dieser Wurm ein Zwitter sei. Ihrer Darstellung zufolge sollten jene beiden längst 
bekannten Schläuche, die etwas vor dem After, jedoch an der Bauchseite ausmünden, die Hoden sein, während die Eier 
unter der Haut entstehen müssten. Gleich bei der ersten Bekanntmachung dieser Resultate in den Göttinger Nachrichten ’ 
machte ich in den Archives des sciences physiques et naturelles° darauf aufmerksam, dass diese Zwitterbildung mit 
den widersprechenden Wahrnehmungen des trefflichen Kronx® schwer zu vereinen sei. Nichtsdestoweniger hielt ich es 
für ausgemacht, dass die angebliche Trennung der Geschlechter bei den Gephyreen auf blosser Erdichtung oder wenigstens 
auf Täuschung beruhe, bis ich zufällig in den ersten Tagen meines Aufenthaltes in St. Vaast auf ein Paar neue Phascolo- 
somenarten stiess. Prof. Kerersteım, dem ich sie später zum Zweck einer zoologischen Beschreibung überliess, hat sie 


Phascolosoma elongatum und Ph. minutum benannt." Ich freuete mich über die sich darbietende Gelegenheit, die streitigen 


1 Grönlands Annulata Dorsibranchiata beskrevne af A. S. Oersten. Kjöbenhavn 1843. p. 12. ? Resa omkring jorden under befäl 
af €. A. Vırcın. — Bidrag till Annulaternas Kännedomen af Kıngerg. Stockholm 1857. 3 Beschreibung neuer oder wenig bekannter Anne- 
liden. 5. Beitrag im Archiv für Naturgeschichte. 1860. p. 71. * Report on the british Annelids. Loc. cit. Plate VII. Fig. 21. ® Om de 
ved Norges Kyster forekommende Arter af Annelideslaegten Polyno&. — Vid. Selskabets Forhandlinger i Christiania 1860. 6 Zoologische Bei- 
träge, gesammelt im Winter 1859—60 in Neapel und Messina von W. KEFERSTEIN und E. Enters. Leipzig 1861. p. 49. 7 Nachrichten v. d. 
G. A. Universität u. d. K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen. 1860. N. 25. $ Bibliotheque universelle. — Archives des Sc. phys. et nat. 1861. 
x. p. 387. 9 Ueber die Larven des Sipunculus nudus nebst vorausgeschickten Bemerkungen über die Sexualverhältnisse der Sipunculiden. — 
Mürter’s Archiv für Anatomie und Phys. 1851. p. 368. 10 Untersuchungen über niedere Seethiere. S. 39—40. 


Claparede, Anatomie u. Entwickelungsgesch. wirbelloser Thiere. 46 


62 4. Abschnitt. Würmer. 
Verhältnisse selber untersuchen zu dürfen und sammelte sogleich eine grössere Anzahl des sehr häufigen Phascolosoma 
elongatum. Unter den zuerst erlangten Exemplaren zeichnete sich eines durch sein milchartiges Aussehen aus, während 
alle anderen eine bräunlich gelbe Färbung mit einem Stich ins Rosafarbene darboten. Ich ging sogleich zur Untersuchung 
desselben über und sah beim ersten Nadelstich eine weisse rahmartige Flüssigkeit aus der Wunde herauskommen, welche 
ausser einigen sog. Blutkörperchen zahllose, 0,07—0,08 Mm. lange fadenförmige Zoospermien mit 0,003 Mm. dickem End- 
knopf enthielt. Ich hatte offenbar mit einem Männchen zu thun, denn es schloss dieses Individuum durchaus keine Eier 
ein, während die Leibeshöhle der anderen damit strotzend voll war. 

Ich schritt sodann zur Untersuchung der braunen von Enrers und Kererstein für Hoden erklärten Schläuche. Gleich- 
wohl war es unmöglich, sowohl beim Männchen wie bei den Weibchen Samenfäden in denselben zu entdecken. Es leuch- 
tete sofort ein, dass die Bildungsstätte der männlichen Zeugungsproducte anderswo zu suchen sei. Um diesen Gegenstand 
erschöpfend untersuchen zu können, nahm ich es mir vor, eine grosse Anzahl von männlichen Phascolosomen einzusam- 
ıneln. Allein es wurde mir sehr bald klar, dass dies keine leichte Aufgabe sei. Die Männchen sind nämlich bei Sipunculiden 
so selten, dass ich während meines Aufenthaltes in St. Vaast trotz des eifrigsten Suchens nur vier Männchen von Phascolo- 
soma elongatum Ker. und eines von Ph. vulgare Dies. (Sipunculus vulgaris Braısv.) erlangen konnte. An einem Tage, wo 
ich Zählungen anstellte, wurden 112 Weibchen und nur ein einziges Männchen eingesammelt, und noch gehörte das letz- 
tere zu Ph. vulgare, während unter den 112 Weibchen 110 Stück zu Ph. elongatum angehörten. Trotz des spärlichen 
Beobachtungsmaterials war es mir dennoch möglich, die Untersuchung zu einem befriedigenden Abschluss zu bringen. 

Bei den an der Farbe stets leicht kenntlichen Männchen ist die ganze Leibeshöhle mit Samen — sowohl Zoosper- 
mien wie Bildungszellen — erfüllt. Die Bildungszellen sind nur circa 0,005 Mm. breit und schwimmen gruppenweise 
(Fig. 22) in der Blut- oder Perivisceralflüssigkeit herum. Sie sind demnach viel kleiner als die einen Durchmesser von 
0,025 Mm. erreichenden Blutkörperchen. Vergebens suchte ich an der flimmernden Leibeswand nach Drüsen, von welchen 
diese Zellen hätten abstammen können. Nirgends waren sie zu finden. Dagegen schwammen in der Leibesflüssigkeit meh- 
rere undeutlich zellige, circa 0,09 Mm. breite Klumpen (Fig. 23), an deren Oberfläche ganz ähnliche Zellen hafteten. Ich 
halte sie für schwimmende Hoden. Bei den Weibchen entstehen übrigens die Eier ganz auf dieselbe Weise, nämlich aus 
schwimmenden Zellengruppen. Es waltet demnach hier ein an die schwimmenden Eierstöcke der Echinorhynchen erin- 
nerndes Verhältniss ob. Es ist in der That sehr leicht, sich zu überzeugen, wie es auch Kerrerstein bereitwillig erkannte, 
dass von einer Bildung der Eier unter der Haut wenigstens bei der Gattung Phascolosoma keine Rede sein kann. 

Vorliegende Ergebnisse sind demnach eine glänzende Bestätigung der vortrefflichen von Kronx an zahlreichen 
Exemplaren von Sipunculus nudus, Phascolosoma granulatum (Ph. verrucosum Gx., Sip. echinorhynchus Deıre Cnmse) und 
Ph. scutatum Jon. Mürr. angestellten Untersuchungen, denn für alle diese Arten war dieser Forscher zu dem Resultate ge- 
langt, dass sie getrennten Geschlechts sind. 

Prof. Kererstein kam in St. Vaast wie erwünscht an. Ich konnte ihm ein Phascolosomamännchen vorlegen, und es 
dauerte nicht lange, bis er es erkannte, dass die vermeintliche Zwitterbildung der Sipunculiden auf Täuschung beruhe. 
Was nun für eine Bedeutung den braunen Schläuchen zuzuschreiben sei, ist unsicher. Sie wurden von verschiedenen 
Beobachtern nicht nur für Hoden, sondern auch bald für Eierstöcke, bald für Respirationsorgane in Anspruch genommen. 
Ihrer Lage und drüsigen Structur nach würde ich sie viel eher für Exeretionsorgane halten. 

Ich bezweifle nicht, dass auch die anderen Gephyreengattungen getrennten Geschlechts sind. Wenn die Männchen 
sich bisher der Beobachtung entzogen, so mag dies wie bei Phascolosoma elongatum und Ph. vulgare von einer verhältniss- 
mässigen Seltenheit herrühren. Bei Bonellia viridis konnte Lacaze-Drernmers' keine Samenfäden entdecken, indessen wirft 


er schon die Frage auf, ob nicht die Männchen viel seltener als die Weibchen seien. 


! Recherches sur la Bonellie par LAcaze-Durniers. — Annales des Sciences naturelles. 4. Serie. 1858. T.X. p. 81. 


III. Anneliden. 63 


B. Zur Entwicklung der Anneliden. 


5 Annelidenlarven wurden zu ziemlich jeder Jahreszeit in den verschiedensten Meeren von vielen Beobachtern an- 
getroffen. Gleichwohl ist es nicht unwahrscheinlich, dass nur eine kurze Frist jeder gegebenen Species zum Eierlegen zu- 
kommt. So erkläre ich es mir wenigstens, dass die See bei einem Orte mit so ausserordentlicher Annelidenfauna wie 
St. Vaast la Hougue von unzähligen Larvenformen nicht zu jeder Zeit wimmelt. Während meines Aufenthaltes an der See- 
küste vermochte ich zwar täglich von einem kleinen Boote aus mittelst des pelagischen Netzes zahlreiche Annelidenlarven 
zu erlangen, die aber stets zu denselben, im Ganzen nur wenigen Arten gehörten. Dieser Umstand ist mir übrigens sehr 
willkommen gewesen, da ich das Untersuchungsmaterial leichter bewältigen und die vollständige Entwicklungsgeschichte 
mehrerer Arten zum definitiven Abschluss bringen konnte. Meistens geht sonst dem Forscher unter dem unendlichen 
Reichthum an Larvenformen der Faden der Ariadne verloren, eine Gefahr, der ich selbst nicht ausgesetzt wurde. Die ganze 
Reihe der Entwicklungsphasen einer und derselben Thierform wurde demnach nicht an einem einzigen Individuum beob- 
achtet, vielmehr musste ich die verschiedenen Stadien nach einander sammeln und nach gebührendem Vergleiche zu einem 
Gesammtbilde vereinigen. Nachdem ich auf diesem Wege zur Kenntniss der Entwicklungsvorgänge einiger Arten gelangt 
war, versuchte ich junge Larven in Gläsern aufzubewahren und die ganze Entwicklung an einem und demselben Indivi- 
duum zu verfolgen. Dieser Versuch wurde mit Erfolg gekrönt, da sich die meisten schwärmenden Larven drei bis vier 
Wochen lang lebend erhalten liessen, so dass ich einige derselben nach Paris und später sogar nach Genf unversehrt und 
munter mitbringen konnte. So vermochte ich noch ziemlich junge Leucodoren- und Terebellenlarven bis zur definitiven 
Gestalt aufzuziehen und mehrere andere Larvenformen entwickelten sich unter meiner Aufsicht so weit, dass ihr Endschiek- 
sal mit grosser Wahrscheinlichkeit festgesteilt werden durfte. 
Lasst uns nun die Entwicklung der verschiedenen Arten der Reihe nach in Augenschein nehmen. 


l. Entwicklungsgeschichte von Terebella conchilega. 
Taf. VII. Fig. 12—13. — Taf. IX. — Taf. X. Fig. 1—38. 

Die Entwicklungsgeschichte der Terebellen ist bereits der Gegenstand sehr eifriger Forschungen gewesen. Wir 
verdanken namentlich den genauen von Mirxe Enwanns! auf Sieiliens Küste angestellten Untersuchungen ein ziemlich voll- 
ständiges Bild der Verwandlungen der Terebella conchilega des Moxtacv. Die zeitliche Verfolgung dieser Entwicklung 
wurde durch den Umstand erleichtert, dass dieser Wurm seine Eierklumpen an die Mündung seiner Wohnröhre anheftet. 
Ueber die Abstammung der Eier konnte demgemäss in diesem Falle keine Ungewissheit obwalten. Die ausgeschlüpften 
Jungen tummelten sich noch längere Zeit hindurch in dem dieselben umhüllenden Schleim, und es war nicht schwer, die 
endlich freigewordenen Larven behufs einer weiteren Beobachtung in Glasgefässen aufzubewahren. 

Wenngleich das von Mine Epwarns entworfene Entwicklungsbild ein ziemlich vollständiges ist, so entsteht die 
Frage, ob alle Terebellen und zwar unter allen Breitegraden dieselben Entwicklungsstadien durchlaufen. Dass dieses nicht 
der Fall sei,’ scheint aus den Untersuchungen des Engländers Spexce Bare hervorzugehen. Die Darstellur g° der Entwick- 
lungsgeschichte von Terebella medusa Sav., die wir diesem auf dem Gebiete der Gliederthiere sonst so rühmlich bekannten 
Forscher verdanken, lautet zwar so sonderbar — ich möchte beinahe sagen so unglaublich — dass sie wohl einer Bestä- 
tigung bedürfen möchte, um so mehr, als der nicht immer ganz befriedigende Text von keiner Abbildung begleitet ist. 
Nach Spexer Barz würde die Entwicklung der Jungen von Terebella medusa innerhalb des Mutterthieres und zwar in meh- 
reren sog. uterine sacs vor sich gehen. Der Embryo würde der Darstellung zufolge mehr nach Art eines chemischen 
Niederschlages. eines Anschiessens in einem vorhandenen flüssigen Blastem, als auf dem gewöhnlichen physiologischen 
Wege zu Stande kommen. Sobald er aber eine dem Mutterthiere gleichende Gestalt angenommen habe, so gelange er 


durch eine Art Eileiter in den Mastdarm (!) und also unmittelbar nach aussen. Diese Terebelle würde uns mithin einen 


1 Observations sur le developpement des Annelides, faites sur les cötes de Sicile par H. MıLxE EopwArps. — Ann. des sc. nat. 
3. serie. 1845. Tome III. p. 145. 2 AGassız's Aeusserung, dass Cirratulus das Junge einer Terebella sei (!!), wird hier am besten 
mit Stillschweigen übergangen. Cf. Proceedings of the Boston Society. II, p. 191. 3 Report of the Swansea Literary and Society 


for 1850.— Annals and Magazin of Natural History. VII. 1851. p. 237. 
16* 


64 . Abschnitt. Würmer. 


sonst bei keiner anderen Annelide vorkommenden Fall von Kloakbildung liefern. Wie unvollständig und unglaublich diese 
Darstellungsweise auch klingen mag, so scheint Dieses wenigstens aus Spexce Bare’s Wahrnehmungen hervorzugehen, dass 
sich die Jungen von Terebella medusa innerhalb des Mutterthieres entwickeln. Dadurch wird schon ein bedeutender Unter- 
schied in den Entwicklungsvorgängen bei dieser Art und bei T. nebulosa statuirt. Uebrigens fällt die erste Entwicklung 
für diese erst in den März oder April, für jene dagegen bereits in den Februar. 

Die Entwicklung von Terebella conchilega gleicht im Ganzen derjenigen der Terebella nebulosa Montasv. Sie liefert 
uns daher keine näheren Aufschlüsse über Spexce Bare’s beinahe wunderliche Beobachtungen, wohl aber ist sie eine glän- 
zende Bestätigung von Mırse Enwarps’ Angaben. Man dürfte vielleicht meinen, dass ich demnach eines näheren Eingehens 
in diesen Gegenstand überhoben sei, gleichwohl wird man sehr bald die Ueberzeugung gewinnen, dass ich des Neuen 
Vieles vorzubringen im Stande bin, nicht nur weil die von mir untersuchte Species von T. nebulosa verschieden ist, son- 
dern auch weil der treffliche Mixe Enwarps nur die grossen Umrisse zeichnete. Dies soll nicht als ein Vorwurf gedeutet 
werden. Ich kam nämlich erst nach dem ausgezeichneten Forscher, der mir den Weg gebahnt und musste demgemäss 
mehr sehen als er selbst. Nicht nur die äusseren Gestaltverhältnisse, die er ganz besonders berücksichtigt, sondern auch 
die innere Organisation mussten mir ihre Geheimnisse erschliessen. Andere kommen bald genug, die in das Wesen dieser 
Thiere noch tiefer eindringen werden als ich es selbst zu thun vermochte. 

Meine Larven wurden sammt und sonders auf offener See gefischt. Die ersten in dem der Wohnröhre angeleimten 
Schleimklumpen vor sich gehenden Veränderungen blieben mir also unbekannt, so dass der Zweifel vielleicht aufkommen 
dürfte, ob die untersuchten Larven zu Terebella conchilega wirklich gehören. Es kommen aber nur zwei Terebellen, näm- 
lich T. nebulosa! und T. conchilega in St. Vaast la Hougue häufig vor, und ich verfolgte meine Larven bis zu einer solchen 
Gestalt und Grösse, dass ich sie wohl mit dieser, nicht aber mit jener identificiren konnte. Ausserdem waren diese Larven von 
denjenigen der Terebella nebulosa — die ja durch MiLxse Enwarns genügend bekannt sind — stets leicht zu unterscheiden, 
und wenn ich letztere niemals antraf, so rührt es wahrscheinlich daher, dass deren Entwicklungszeit bereits vorüber war. 

Die jüngsten beobachteten Larven (Taf. VII. Fig. 12) waren 0,26 Mm. lang und trugen schon den Annclidentypus 
an sich. Bald wurden sie vollkommen frei, bald in einer durchsichtigen eylindrischen Röhre angetroffen, so dass man be- 
reits vermuthen konnte, (dass es sich um einen Röhrenwurm handelte. Die späteren Entwicklungsstadien geriethen niemals 
frei, sondern stets mit der Röhre schwimmend in das Netz. 

An dem kleinen eylindrischen Wurm konnte man den Kopftheil vom eigentlichen Leibe unterscheiden. Ersterer 
verdünnte sich nach vorn und der Bauchseite zu, um einen gewölbten, dem gebogenen Flügel eines Damenhutes vergleich- 
baren Lappen (Fig. 12. o) zu bilden. Dieser Lappen bleibt bei späterem Schwund des eigentlichen Kopftheils unversehrt 
übrig. Es ist der stets etwa dieselbe Gestalt beibehaltende Kopflappen oder die Oberlippe. Der Rand und die Bauchseite 
dieser Oberlippe sind mit kurzen schwingenden Flimmerwimpern besetzt. Unter derselben befindet sich die Mundöffnung 
(0), deren Boden sich in eine stark vorragende, ebenfalls fimmernde Unterlippe (l) verlängert. Hinter und über der Ober- 
lippe erhebt sich vom vordersten Kopftheil, wie ein Blumensträusschen oder eine Schleife vom Damenhut, ein kurzgestiel- 
ter, mit starren Härchen besetzter Knopf (t). Es ist dies der hervorkeimende, zuerst allein für sich dastehende mittlere 
Fühler. Der eigentliche Kopftheil wird auf der Rückenseite durch deutliche Furchen in drei Querwülste, die Andeutungen 
von ebensovielen Ringeln, wie wir es später darlegen werden, eingetheilt. Er trägt zwei röthliche sog. Augenflecke, von 
welchen beim ausgebildeten Thiere bekanntlich keine Spur existirt. 

Der eigentliche Leib verjüngt sich allmählich nach hinten zu. Dessen Rückenfläche ist glatt, ohne irgend eine Spur 
von Segmentbildung. Die Bauchseite wird dagegen bereits durch Querfurchen in sieben vorspringende Gürtel getheilt, 
wovon der erste die schon erwähnte flimmernde Unterlippe ist. Die beiden folgenden zeichnen sich durch Nichts aus; der 
vierte aber zeigt jederseits eine höckerartige Erhabenheit, woraus zwei dünne Haarborsten herauskommen. Der fünfte be- 
sitzt ganz ähnliche Höcker und Borsten und ausserdem einen dicht daneben, aber mehr nach der Bauchseite zu gelegenen 
Cirrus. Der sechste ermangelt der Höcker und Borsten, besitzt aber die beiden Baucheirren. Der siebente endlich trägt 


weder Höcker noch Borsten noch Cirren. Es besteht demnach die junge Larve aus sieben Segmenten. Die weitere 


! Erst bei der Correctur dieses Bogens merke ich, dass fragliche Terebelle von 7. nebulosa verschieden ist, da Prof. KErERSTEIN 


dieselbe in seinen » Untersuchungen « unter dem Namen von T. gelatinosa beschreibt. 


III. Anneliden. 65 


Entwicklung lehrt, dass die erwähnten Höcker den Rückenstummeln und die Cirren den Bauchwülsten (Grune’s lori unci- 
nigeri) des ausgebildeten Thieres entsprechen. Welch himmelweiter Unterschied aber zwischen den Baucheirren (Fig. 13) 
unserer Larve und den Hakenwülsten einer reifen Terebelle! Erstere sind lange, zugespitzte, an der Basis kuglig ange- 
schwollene fühlerartige Gebilde, letztere dagegen bandartige, ihrer ganzen Länge nach dem Leibe angewachsene, wenig 


vorragende Leisten. Der Uebergang jener Gestalt in diese findet erst viel später dadurch statt, dass sich jeder Baucheirrus 


nach rechts und links, d. h. der Quere nach ausdehnt und sich — indem das Längenwachsthum des Cirrus sich einstellt, 
während der Körper dagegen unaufhörlich wächst — in einen verhältnissmässig wenig hervorragenden Wulst verwandelt. 


Der Hakenwulst der Röhrenwürmer erscheint demnach als ein dem Baucheirrus der Raubanneliden homologes Gebilde. 
Bei näherer Betrachtung entdeckt man übrigens, dass der Baucheirrus, gleichsam um sein späteres Schicksal zu verkün- 
den, mit einem kleinen stark lichtbrechenden Häkchen an seiner Spitze (vgl. Fig. 13) ausgerüstet ist. Es ist dasselbe zur 
Zeit ein einfacher Widerhaken, erst später bildet es sich, indem mehrere Zacken hinzukommen, weiter aus. Vorläufig stellt 
es nur die Endzacke des künftigen Hakens vor. Viel später erscheinen andere Häkchen an der Seite des erstgebildeten, 
allein erst dann, wenn die Verwandlung des Baucheirrus in einen Querwulst begonnen hat. 

Das vierte Segment unserer Larve ist demzufolge das erste borstentragende: es trägt aber nur Rückenborsten. 
Dies ist auch beim ausgebildeten Thiere der Fall. Erst das folgende oder fünfte Segment trägt sowohl bei der Larve wie 
bei den reifen Terebellen ausser den Haarborsten noch Bauchhaken. Das sechste Segment trägt bei unserer Larve zur Zeit 
nur den Baucheirrus und noch keinen Rückenhöcker, und wirklich sieht man, dass bei allen vor dem Endsegment später 
neu erscheinenden Glieder die Erscheinung der Bauchcirren derjenigen der Rückenhöcker zuvorgeht. 

Der hintere Theil des Endsegments ist mit kurzen schwingenden Flimmereilien und längeren, starren, denen des 
Kopftheils und «les keimenden Fühlers gleichenden Haaren (Fig. 12) besetzt. 

Die Rückenseite zeigt wie gesagt keine Spur einer Eintheilung in Segmente durch Querfurchen. Dass aber eine 


solche Eintheilung wenigstens virtuell auch dem Rücken zukommt, erkennt man an der Anwesenheit von fünf dünnen 


Wimperreifen (die erst auf Taf. IX. Fig. I—2 vollständig angegeben sind). Diese Reifen oder vielmehr — da sie nicht 
rund um das Thier herumlaufen, sondern bloss auf der Rückenseite vorhanden sind — diese Wimperbögen gehören der 


Tergalseite der fünf ersten Segmente an. Die drei vordersten fallen demnach auf die drei bereits erwähnten borstenlosen 
Ringel. Diese Wimperbögen sind mit den After- und Lippenwimpern die einzigen Schwimmwerkzeuge der kleinen Larve. 
Sie persistiren während der ganzen Schwärmzeit und sind stets an derselben Stelle zu finden. Die neu entstehenden Kör- 
perringel entbehren von Anfang an solche Wimperbögen. 

Der Darmcanal besteht bei unseren jüngsten Larven bereits aus drei Abtheilungen, einer Speiseröhre, einem Ma- 
gen und einem Darmrohr, die alle inwendig flimmern. Die Speiseröhre ist eylindrisch, farblos, hinten durch einen Sphincter 
zu einem Ringwulst angeschwollen. Die Magenhöhle ist dem engen Lumen der Speiseröhre gegenüber sehr weit; deren 
Wandung erscheint durch Leberpigment braun gefärbt. Der dünne farblose Darm endlich verläuft nicht geradlinig, sondern 
bildet eine doppelte Schlinge, bevor er zum After mündet. Nirgends ist dieser Verdauungsapparat durch Dissepimente ein- 
geschnürt, er liegt vollkommen frei in der Leibeshöhle und wird von der Perivisceralflüssigkeit umspült. 

Vom Nervensystem konnte ich bei so jungen Larven noch keine Spur entdecken, nur war es schon sehr auffallend, 
dass die Bauchkörperwand viel dicker als die Rückenwand war. Die unerwartete Anwesenheit von zwei Gehörkapseln 
(Fig. 12. a) aber nahm meine Aufmerksamkeit sogleich in Anspruch. Es lagen diese Sinnesorgane im Hintertheil des ersten 
borstentragenden, also des vierten Körpersegments, und zwar an der Bauchseite jederseits. Sie stellten vollkommen kuglige 
dickwandige, innerlich mit schwingenden Wimpern besetzte Kapseln dar und enthielten stets mehrere durch den Wimper- 
schlag in zitternde Bewegung versetzte Ohrsteinchen. Lange Zeit hindurch blieb ich im Wahne begriffen, als ob mir diese 
Gehörkapseln von Nutzen sein würden, um die zu meinen Larven gehörige reife Wurmform zu entdecken. Ich durchsuchte 
die Annelidenfauna von St. Vaast la Hougue in der Hoffnung, dass ich endlich auf eine mit Ohrkapseln versehene Art stossen 
würde ; dieses war indessen eine vergebliche Mühe, denn ausser Arenicola — der meine Larven nicht angehören — war 
keine einzige Species mit Gehörblasen anzutreffen und wirklich stellte es sich später heraus, dass fragliche Organe während 
der weiteren Ausbildung einer rückschreitenden Metamorphose anheimfallen und den ausgebildeten Terebellen ganz und 
gar abgehen. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Tliere. 47 


66 4. Abschnitt. Würmer, 


Um die fortschreitende Entwicklung unserer jungen Terebellen am besten zu verfolgen, werde ich mich an die 
abgebildeten Individuen — da sie alle Hauptstadien darstellen — streng halten. Fig. I und Fig. 2 der eilften Tafel stellen 
0,6 Mm. lange, also etwa drei Mal grössere Larven als die zuerst beschriebenen vor. Sie besitzen nicht nur zwei, sondern 
drei haarborstentragende Segmente und noch dazu ein weiter nach hinten stehendes, zwar borstenloses, aber mit dem 
Baucheirrus versehenes Segment. Die Thiere sassen jedes in einer durchsichtigen Röhre, die ihnen beim Schwimmen durch- 
aus nicht hinderlich und so breit war, dass sich der Wurm in derselben sehr rasch umdrehen konnte, um bald zur einen, 
bald zur anderen Oeflnung herauszusehen. Der Körper ist beinahe überall gleich breit, verdünnt sich aber kurz vor dem 
hinteren Ende plötzlich. Die Afterwimpern sind bereits verschwunden, auf dem Endsegment aber sitzen mehrere starre 
zarte Haare. Sonst findet man noch die übrigen Flimmerwimpern, die fünf Rückenbögen nämlich und den Wimperflaum 
der Ober- und Unterlippe. Auf dem Kopftheil sind nun mehrere (4 bis 9) rothe Augenpunkte bemerkbar. Der knopfartige 
Fühler und der Verdauungsapparat sind gerade so gebildet wie in der zuerst beschriebenen Larve, nur ist die Darm- 
schlinge (Fig. 1. i) viel länger geworden. An jedem Bauchcirrus sitzt eine dicke herumpeitschende Wimper (Fig. 2. A), die 
später zu verschwinden scheint. 

Einige neugebildete Organe tauchen nun in unseren Larven auf. Zahlreiche Fäden erstrecken sich von der Leibes- 
wand bis zu den Verdauungswerkzeugen und erhalten sie in bestimmter Lage. Die die Haarborsten ziemlich hurtig bewe- 
genden Muskelbündel werden auch (Fig. 2) leicht anschaulich. Zellige Elemente schwimmen in der Leibesflüssigkeit. Zwei 
früher nicht beobachtete birnförmige Blindschläuche (Fig. 1 und 2. gl) liegen jederseits an der Bauchseite im Vordertheil 
und scheinen vermittelst ihres verjüngten Endes an den Seiten der Unterlippe nach aussen zu münden. Im Inneren der- 
selben wird eine sehr energische Flimmerbewegung beobachtet. Die weitere Entwicklung lehrt, dass sich diese Schläuche 
zu diesen eigenthümlichen Organen ausbilden, die bei den meisten Röhrenwürmern vorzukommen scheinen und die ich bei 
Protula und Branchiosabella als Kittdrüsen beschrieben. Diese Drüsen wurden vielfältig — so von Cuvier, von GRUBE, Von 
Raruke u. A. m. — für Geschlechtsorgane erklärt. Diese Deutung, gegen welche namentlich Frey und Levekarr! ihre 
Stimme erhoben, ist nach dem heutigen Zustand der Wissenschaft völlig unhaltbar. Die Ausbildung dieser Organe bei so 
jungen Larven ist ihr auch wenig günstig. Mir ist es höchst wahrscheinlich, dass diese Schläuche die Absonderung einer 
zur Bildung der Wohnröhre erhärtenden Flüssigkeit besorgen. Es ist jedenfalls beachtenswerth, dass das Auftreten frag- 
licher Schläuche mit der ersten Abscheidung einer Schleimröhre etwa zusammenfällt. Bei den erwachsenen Terebellen, die 
sich eine Röhre aus Bruchstücken von Molluskenschalen und aus Sandpartikelchen verfertigen, würde diese Drüse den die 
verschiedenen Theilchen verbindenden Kitt liefern. 

Nun fängt auch die Bildung des Nervensystems an. Zwischen der Schlundröhre und der Rückenwand namentlich 
treten mehrere grosse mit deutlichem Kerne und Kernkörperchen versehene Zellen (Fig. 1 und 2. ce) auf. Es sind diese die 
Uranlage der oberen Schlundganglien. Ausserdem findet man in jedem Ringel zwei in die Leibeshöhle vorspringende Ver- 
diekungen der Körperwand, die Uranlage der paarigen Bauchknoten. 

Etwas ältere Larven (Taf. IX. Fig. 3—4) sind den eben beschriebenen ziemlich gleich, nur hat die Anzahl der 
Segmente rasch zugenommen, auch ist der Tentakel (f) in die Länge gewachsen und demnach tentakelähnlicher geworden. 
Bei diesen Larven sowohl wie bei etwas älteren findet man nicht selten zwei Paar Borstenbüschel vor dem ersten mit 
Baucheirren versehenen Segmente. Es fangen also bei diesen Individuen die Haar- oder Rückenborsten nicht wie sonst 
erst am vierten, sondern bereits am dritten Segmente an. Da dieses aber bei ausgebildeten Individuen stets borstenlos 
erscheint, so müssen sie wohl später verloren gehen. 

Bei noch älteren beinahe 1 Mm. langen Larven (Taf. IX. Fig. 5) sind schon circa sechszehn borsten- und cirren- 
tragende Segmente vorhanden, denen mehrere unausgebildete noch folgen. Der mittlere Tentakel ist sehr lang und con- 
tractil geworden, er flimmert längs der Bauchseite und die Larve tastet damit beständig herum. Rechts und links von die- 
sem Tentakel erscheint ein birnförmiger Auswuchs (f’), die Anlage nämlich eines zweiten und dritten Tentakels. Nach 
aussen von diesen wachsen sehr bald die Anlagen eines vierten und fünften (£”) hervor. Die Ausbildung des Nervensystems 


geht rasch vor. sich. Die Nervenzellen des Schlundringes (Fig. 5. c) haben sich vermehrt und die grössten derselben 


! Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere. S. 88. 


III. Anneliden. 67 


erreichen einen Durchmesser von 0,07 Mm. Die Bauchknoten springen sehr bedeutend in die Leibeshöhle vor, die Ner- 
venstränge aber, wodurch sie ohne Zweifel mit einander verbunden sind, konnte ich nicht mit Sicherheit unterscheiden. 
Die Otolithblasen sind jetzt 0,024 Mm. breit und jede derselben enthält circa dreissig bis vierzig Steinchen. Nach einem 
ähnlichen äusseren Gehörgange, wie ihn Georg Meıssxer bei Arenicola! aufgefunden haben soll, wurde vergebens gesucht. 
Die Larven drehen sich in ihren Röhren sehr behende um und strecken das Kopfende bald zu dieser, bald zu jener Oefl- 
nung aus. Sie schwimmen noch an der Meeresoberfläche umher, jedoch fängt bereits zu dieser Zeit die allmähliche Rückbil- 
dung der Wimperbögen an, in deren Folge der Wurm auf den Boden sinken und die Schwärmzeit ihr Ende erreichen wird. 

Fig. 5 stellt eine Larve im Augenblicke des Kothauswerfens vor. Das Thier krümmt die Bauchseite behufs dieser 
Verrichtung so zusammen, dass der gestreckte Hinterleib neben dem Munde zur Röhre herauskommt und die Kothmassen 
über den Röhrenrand ins Meer entleert. Fünfzigmal wenigstens beobachtete ich das Benehmen dieses Thieres unter solchen 
Umständen, und stets geschah die Kothentleerung auf dieselbe Weise, niemals aber wurden die Kothmassen zur hinteren 
Röhrenöffnung hinausgestossen. Gleichwohl ist die Röhre meistens eylindrisch, selten gestreckt kegelförmig und der Wurm 
kommt wie gesagt bald zu dieser, bald zu jener Oeffnung mit dem Kopftheil heraus. Das Benehmen des Thieres bei der 
Kothentleerung scheint mir daher auf den künftigen Zustand des ausgebildeten Thieres hinzuweisen, wo der Koth zur vor- 
deren Röhrenmündung hinausgeworfen werden muss, damit er sich im Hintertheil der im Sande steckenden Röhre nicht 
anhäuft. Wırzıam’s Aeusserung* darf also nicht zu streng genommen werden, wonach die Röhre desshalb hinten offen sein 
soll, weil die Fäcalmassen durch eine sich zwischen Röhrenwandung und Wurmleib hinziehende Wasserströmung zur hin- 
teren Oeffnung hinausgeschwemmt werden. 

Taf. IX. Fig. 6 stellt eine der grössten freischwimmenden Larven vor. Ein sechster und ein siebenter Tentakel (t””) 
sind im Hervorkeimen bereits begriffen, während nicht nur der erste, sondern auch der zweite und dritte viel länger ge- 
worden und mit einer breiten flimmernden Rinne an der Bauchseite versehen sind. Der Kopftheil ist vom eigentlichen Leibe 
nicht mehr deutlich gesondert. Die Larve wurde in ihrer Lieblingsstellung dargestellt, wie sie zur Röhrenmündung heraus- 
kommt, sich über den Rand herüberbiegt und an der Aussenseite der Röhre mit den Fühlern herumtastet. Dass sie die 
Röhre auf solche Weise beständig reibt und betastet, hat gewiss seinen Zweck. Ich halte es für wahrscheinlich, dass die 
von der Mündung der zur Zeit sehr ausgebildeten Kittdrüse (gl) am Lippenrande ausfliessende Flüssigkeit durch die Flim- 
mercilien der Fühlerrinnen weiter befördert wird, und dass sie die ganze Bauchseite der Fühler überzieht, welche damit 
die Aussenseite der Röhre wie mit einem schnell erhärtenden Firniss übertünchen. Jedenfalls erscheint nun die Schleim- 
röhre aus vielen zur Röhrenachse schief gelagerten Schichten zusammengesetzt. 

Im Uebrigen hat die Larve nur unerhebliche Veränderungen erlitten. Das Nervensystem ist mehr ausgebildet und 
die Darmschlinge erscheint, sobald sich das Thier ausstreckt, verhältnissmässig kürzer. Die Terebellennatur des Geschöpfes 
wird nun an den zahlreichen hinter der schirmartigen Oberlippe hervorkeimenden Fühlern — wennschon von den Kiemen 
noch keine Spur vorhanden ist — unverkennbar. Jetzt hört die Schwärmzeit auf. Die Larve sinkt auf den Boden und die 
weiteren Zustände müssen im Schlamme des Meeresgrundes aufgefischt werden. Ich war so glücklich, einige nur wenig 
ältere Individuen, die sich unter Fucaceen niedergelassen hatten, anzutreffen. Sie stimmten mit den zuletzt beschriebenen 
überein, nur waren die Kopffühler länger und zahlreicher geworden, auch hatte das Breiterwerden der Baucheirren und 
die dadurch bedingte Verwandlung derselben in Tori uneinigeri begonnen. Zu dieser Zeit erscheinen die Blutgefässe zum 
ersten Male, obschon die Art und Weise ihrer Entstehung mir nicht klar geworden ist. Die darin eirculirende Blutflüssig- 
keit ist noch vollkommen farblos, so dass sich der grösste Theil des Kreislaufsapparates dem forschenden Auge leicht ent- 
zieht. Zugleich erscheinen auf dem Rücken der vorderen borstenlosen Ringel zuerst ein vorderes und später ein hinteres 
Paar Höckerchen, die hervorsprossenden Kiemenfäden. 

So gelangen wir allmählich zum Zustande des Taf. X. Fig. I dargestellten, eirca 5 Mm. langen Wurmes. Er ist 
bereits als fertige Terebelle kenntlich. Die zahlreichen Fühlfäden strecken sich nach allen Richtungen aus, sitzen aber alle 
auf der Rückenseite der Oberlippe, welche (Fig. 2) dieselbe Gestalt wie bei den jungen Larven beibehalten hat. Zwei Paar 


Kiemen sind angelegt und deren Verästelung hat bereits begonnen, das dritte Paar dagegen fehlt annoch. Die meisten 


! Vergl. Zeitschrift für rationelle Medizin. — Bericht. 1857. S.633. Anmerkung. 2 Report on the british Annelides. Loc. cit. p. 206. 


“ 47* 


68 %. Abschnitt. Würmer. 


Seitenfortsätze haben ihre definitive Gestalt erlangt. An den drei vordersten Segmenten (Fig. 2) sind keine Borsten vorhan- 
den; dem vierten dagegen kommen nur Haar-, den folgenden aber Haar- und Hakenborsten zugleich zu. Die hervorstreck- 
baren Rückenborsten und die Hakenwülste der Bauchseite findet man übrigens nur bis zum achtzehnten Ringel, und zwar 
sind die Haken — deren Zahl in einer einzigen Reihe bis vierundvierzig betragen kann — bis zum achten Leibessegment 
überall gleichgestellt (Fig. 5) mit nach vorn gerichteten Zacken, während sie vom neunten bis zum achtzehnten Segmente 
in jeder Reihe abwechselnd nach vorn und hinten (Fig. 6) gerichtet sind. Dadurch scheinen die Vorwärts- und Rückwärts- 
bewegungen in der Röhre in demselben Maasse begünstigt. Vom neunzehnten Segmente an findet man viereckige Flöss- 
chen (Fig. #) mit auf dem Rande gestellten Haken und inneren haarförmigen, nicht hervorstreckbaren Stützborsten. Im 
hinteren Körpertheil, wo neue Segmente unmittelbar vor dem Endsegment stets in Anzug sind, erscheinen die Flösschen 
viel weniger ausgebildet. Sie sind kegelförmig (Fig. 3) und erinnern noch an die Baucheirren der jüngeren Larven. Auf 
der Kegelspitze findet man erst ein bis drei unausgebildete Häkchen und im Inneren des rudimentären Flösschens ist die 
Anzahl der Stützborsten ebenfalls sehr gering. Zahlreiche starre Härchen sitzen auf dem Flösschen. Das Hinterende des 
Körpers Fig. 7) läuft in vier rundliche, drüsig aussehende, mit Härchen besetzte Vorsprünge aus, zwischen welchen sich 
die fimmernde Afteröffnung befindet. 

In Betreff der inneren Organisation bleibt mir nur Weniges zu bemerken übrig. Die meisten Organe haben sich 
weiter ausgebildet. Die Kittdrüsen (Fig. 1. gl) erscheinen von nun an braun gefärbt. Die Darmschlinge ist unbedeutend 
geworden. Von den Gehörblasen ist keine Spur mehr zu finden. Es glückte mir aber nicht, die Zeit ihres Eingehens genau 


festzustellen. Nur dieses habe ich bemerkt, dass sie bei älteren Larven allmählich nach vorn rücken (Taf. IX. Fig. 6) und 


/ 
vor den Kittdrüsen zu liegen kommen. Die nun schwarzen Augenflecke sind dagegen viel zahlreicher geworden, da man 
ihrer über dreissig jederseits zählt. Aber auch sie fallen der Rückbildung später anheim, denn die ausgebildeten Terebellen 
sind bekanntlich völlig augenlos. Endlich muss ich noch eigenthümlicher, birnförmiger, 0,017 Mm. langer Körper (Fig. 8) 
Erwähnung thun, die mit nach innen gerichteter Spitze unter der Cuticula einen dichten Besatz bilden. Sie erinnern an 
die ähnlichen Gebilde, welche ich bei Lumbriconereis Edwardsü beschrieben habe, nur sind sie nicht gelb, sondern farblos. 
Sie fehlen nur auf der Mitte der Bauchfläche. 

Wenn wir die geschilderten Vorgänge mit Mırse Epwarps’ Darstellung der Entwicklungsgeschichte von Terebella 
nebulosa vergleichen, so ist die Uebereinstimmung eine sehr augenscheinliche. Auch Mırse Enwarvs sah bei seinen Larven 
die Tentakeln nach einander, die Kiemen erst sehr spät auftreten. Die Bildung zahlreicher provisorischer Augen entging 
ihm ebenfalls nicht. Der Abweichungen giebt es aber ebenfalls genug. Die Hakenwülste scheinen nicht bei T. nebulosa 
den Baucheirren der Raubanneliden bei ihrem ersten Auftreten zu gleichen, auch zeichnet MıLse Epwarvs die Haken gleich 
vom ersten borstentragenden Segmente an, wobei ein Irrthum freilich unterlaufen sein mag. Die neuen Tentakeln sollen 
bei T. nebulosa nicht wie bei T. conchilega paarweise, sondern einer nach dem anderen hervorsprossen, so dass der rechts 
von dem mittleren, zuerst gebildeten, sitzende Fühler früher als der links von demselben befindliche erscheint. Ohrkapseln 
werden von Mırse Enwarps nicht erwähnt; da jedoch dieser Forscher die Bildung des Nervensystems, der Kittdrüsen und 
mehrerer anderen Organe nicht verfolgte, so ist es noch nicht bewiesen, dass diese Sinnesorgane seinen Larven wirklich 
abgingen. Auffallender erscheint mir bei T. nebulosa das Wegfallen der fünf dorsalen Wimperbögen. Während der ersten 
Jugendzeit sollen die Thierchen vermittelst der Afterwimpern und eines sehr breiten, den grössten Theil der Leibesober- 
fläche einnehmenden Wimpergürtels herumschwimmen, welcher den jüngeren mir unbekannt gebliebenen Entwicklungs- 
stufen der T. conchilega wohl auch zukommen mag. Bei älteren Larven aber soll dieser Wimpergürtel bis auf den vorder- 
sten Theil desselben verschwinden, ohne dass neue Schwimmwerkzeuge auftreten. 

Prof. Wırneım Buscn hat einen jungen Röhrenwurm aus dem Mittelmeere beschrieben und abgebildet, ! welcher der 
Larve von Terebella conchilega offenbar sehr nahe steht. Der Verfasser beschreibt nämlich die Baucheirren mit grosser 
Genauigkeit: » Unter jedem Borstenbüschel,« so drückt er sich aus, »befindet sich noch ein Cirrus, welcher eingezo- 


gen (? Car.) und ausgestreckt werden kann. In Fig. 7. « ist ein solcher stärker vergrössert dargestellt. Wir sehen, wie 


' Ci. Beobachtungen über Anatomie und Entwicklung einiger wirbellosen Seethiere von Dr. WiruerLm Busch. Berlin 1851. S. TI. 
Taf. XI. Fig. 7. 


III. Anneliden. 69 


auf dem rundlichen Körperansatz ein schmaler Stiel folgt, auf dessen freiem Ende ein rundlicher Knopf aus härterer Sub- 
stanz steht. Dieser Knopf ist nach unten mehrfach ausgezackt, so dass dadurch der Cirrus besser geschickt wird, dem 
Thiere beim Auf- und Absteigen in der Röhre zu dienen. « Diese Beschreibung passt auf die provisorischen Baucheirren 
unserer Terebellenlarven und deren Endhaken sehr genau, nur dass die Cirren wohl hin und her bewegt, jedoch nicht 
eingezogen werden können. In jeder anderen Beziehung gleicht Buscn’s Röhrenwurm einer Terebellenlarve mit drei her- 
vorkeimenden Tentakeln auf ein Haar, ja sogar die Ohrkapseln kommen ihm zu, da die von Busen als schwärzliche Augen- 
punkte bezeichneten Organe nichts Anderes sein können. 

Die Auffindung von Hörblasen bei unseren Larven ist eine sehr interessante Thatsache. Bisher sind solche Organe 
unter den Anneliden nur bei Arenicola bekannt, wo sie zuerst von Gruse! und Sraxsıs®? als knopflörmige Anhänge des 
Schlundringes beschrieben wurden. Diese Forscher erkannten aber ıhre Bedeutung nicht. Erst Sırsor»? vermuthete, dass 
es sich um Sinnesorgane handelte, eine Annahme, die durch ne Quarreraces‘ und Frey und Levekarr? völlig bestätigt 
wurde. Die Terebellenlarven werden aber künftig neben Arenicola als Beispiel von Anneliden mit Gehörblasen aufgeführt 
werden. 

Die Raubanneliden stehen für die meisten Systematiker in der Thierreihe höher als die Röhrenanneliden. Trotzdem 
ist es nicht zu läugnen, dass die jungen Terebellenlarven dem normalen Typus der Röhrenanneliden näher stehen als die 
ausgebildeten. Die Anwesenheit eines deutlichen Kopftheils und ausgebildeter Fussstummeln sind ein Beweis davon, so 
dass uns eigentlich die Röhrenanneliden ein Beispiel von rückschreitender Metamorphose darbieten. Dass diese Würmer 
solche rückschreitende Veränderungen erleiden, ist auch an dem frühzeitigen Auftreten und späteren Verschwinden der 
Sinnesorgane ersichtlich. Die Seh- und Hörorgane, womit das Thier während der Schwärmzeit ausgerüstet ist, gehen, 


nachdem dasselbe eine ruhigere Lebensweise angenommen, gänzlich verloren. 


2. Entwicklungsgeschichte der Leucodora eiliata und einiger damit verwandten Annelidenformen. 
Taf. VI. Fig. 3—11 und Taf. VIII. Fig. 1—6. 


Verschiedene Annelidenlarven wurden wenigstens vermuthungsweise auf Leucodora ciliata bereits bezogen, so 
zum Beispiel von Oerstep," Frey und Leverart.” Es handelte sich aber stets nur um einzelne Formen, so dass das Gesammt- 
bild der Entwicklung der Leucodoren noch heutzutage nicht einmal annähernd bekannt ist. Ich darf mich daher glücklich 
preisen, eine vollständige Entwicklungsgeschichte von Leuecodora eiliata liefern zu können. Die zu dieser Species gehörigen 
Larven waren in St. Vaast la Hougue so häufig und liessen sich in der Gefangenschaft so leicht aufbewahren, dass die 
Verfolgung der vollständigen Reihe der Entwicklungsstadien verhältnissmässig nur ein Spiel war. 

Die jüngsten beobachteten Stadien (Taf. VII. Fig. 3) lassen sich zwar nicht mit vollkommener Gewissheit auf Leu- 
codora zurückführen. Da sie aber stets mit sehr jungen Leucodorenlarven vorkamen, so ist ein Zusammenhang zwischen 
beiden Formen wenigstens nicht ganz unwahrscheinlich. Sie stellten vollkommen kugelige, im Durchmesser 0,012 Mm. 
breite Körper dar, welche aus einer dicken, aber zarten umhüllenden Membran und einer eingeschlossenen,, zahlreiche 
Kugeln einer zähen Substanz enthaltenden Flüssigkeit bestanden. Es glichen mit einem Worte diese Gebilde gefurchten 
Eiern, in denen die Furchungskugeln nach einer und derselben Seite gedrängt sind und eine solche war auch ohne Zweifel 
ihre Bedeutung. Die Dotterhaut war an der ganzen den Dotterkugeln anliegenden Strecke mit einem kurzen schwingenden 
Wimperflaum besetzt. Man könnte sie als äussere, die Dotterkugelnansammlung dagegen als innere Körperschicht bezeich- 


nen. Beide Schichten werden durch eine farblose Flüssigkeit von einander getrennt. Erstere ist die Anlage der Haut und 


! Zur Anatomie und Physiologie der Kiemenwürmer von Dr. Ep. Gruse. Königsberg 1838. S. 18. ? Bemerkungen zur Anatomie u. 
Physiologie der Arenicola piscatorum, von Dr. H. Sranxıus. Mürrer's Archiv. 1840. S. 350. 3 Ueber das Gehörorgan der Mollusken von 
GC. Th. v. SırgoLd. Wıesmann’s Archiv. 1841. VII. S. 166. * Annales des Sciences nalurelles. 1844. Tome II. p. 94. ® Beiträge zur Kenntniss 
der wirbellosen Thiere. S. 81. ® Annulatorum Danic. Conspectus. $. 39. Taf. VI. Fig. 96. Dieses Citat entlehne ich einer Abhandlung 
von Max ScuutLtzE, da mir OErsTED's Schrift leider nicht zugänglich ist. ” Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere von Dr. Heınnıcn 


Frey und Dr. Run. Leuckart. Braunschweig 1847. S. 98. Taf. I. Fig. 19. 
18 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere, 


70 h. Abschnitt. Würmer. 


des Nervensystems, letztere die des Verdauungscanals. Bei gewissen Annelidenlarven erreicht die äussere durchsichtige 
Körperschicht eine nicht unerhebliche Dicke, so z. B. bei der Taf. XI. Fig. 2 abgebildeten jungen Larvenform, die mit 
Leucodora offenbar verwandt, obgleich davon verschieden ist. 

Das folgende Stadium (Taf. VII. Fig. —5) gehört der Entwicklungsreihe von Leucodora ciliata mit Bestimmtheit 
an. Solche Larven kommen mitunter ganz massenhaft in Seewassertümpeln bei Ebbezeit beisammen vor. Es ist daher 
— da sie alle gleich entwickelt sind — nicht unwahrscheinlich, dass sie von einem und demselben Mutterthiere abstam- 
men und die Schwärmzeit erst vor Kurzem angetreten haben. Sie sind etwa 0,14 Mm. lang und durch einen Querwulst 
(Fig. 5), den ich am besten mit dem Namen Segelwulst bezeichne, in einen breiteren Vorder- und einen engeren Hinter- 
theil gesondert. Der Vorderrand des Segelwulstes ist mit kräftigen Wimpern ausgestattet, mit deren Hülfe das Thierchen 
sehr munter herumsegelt. Sonst ist auf der ganzen Körperoberfläche keine Wimperbewegung bemerkbar. In der Mitte 


der Bauchseite ist der Segelwulst etwas ausgeschweift. Hier befindet sich die in einen flimmernden Schlund führende 


Mundöffnung. Ob sich dieser Schlund in eine am Hinterende ausmündende Darmhöhle fortsetzt — wie dieses bei nur 
wenig älteren Larven wirklich der Fall ist — konnte nicht ausgemacht werden. Auf der Rückenseite des Vordertheiles 


bemerkt man bereits zwei röthliche Augenpunkte und am Hintertheil zwei symmetrische braune Fleckchen. Gleich hinter 
dem Segelwulst entspringt von jeder Seite des Thieres ein Bündel starker nach hinten gerichteter Borsten. Es bieten die- 
selben eine eigenthümliche, von Prof. Krrerstein bei etwas älteren Larven zuerst entdeckte Structur, indem sie bei stär- 
kerer Vergrösserung (Fig. %. a) deutlich geringelt oder gar gezähnelt erscheinen. Ich glaubte zuerst, dass mir dieses und 
einige andere den älteren Larven zukommende Merkmale nützlich sein würden, um die zugehörige ausgebildete Form 
herauszufinden. Das war aber ein Irrthum, denn alle diese Kennzeichen gehen bei weiterer Entwicklung verloren. Die 
geringelten Borsten namentlich fallen später aus, um vollkommen glatten Borsten Platz zu machen. Die beiden erwähnten 
Borstenbüschel beurkunden, wie es sich bei fortschreitender Entwicklung herausstellt, die virtuelle Anwesenheit des ersten 
Leibessegmentes. Sie stellen nämlich die Rückenborstenbündel dieses Ringels vor. Sobald das zierliche Geschöpf gereizt 
wird, spreizt es diese Ringelborsten stachelschweinartig auseinander (Fig. %). 

Die folgenden Entwicklungsvorgänge lassen sich der Hauptsache nach auf einen Wachsthumsstillstand des Vorder- 
und eine rasche Ausdehnung des Hintertheils zurückführen, so dass der zuerst grössere Vordertheil im Verhältnisse zu der 
hinter dem Segelwulst gelegenen Körperabtheilung beinahe verschwindend klein wird. Zugleich verdickt sich das Hinter- 
ende zu einer Afterscheibe, deren. wulstartiger Rand einen kräftigen Wimperkranz trägt. Vor diesem Afterwulst erscheinen 
der Reihe nach, in dem Maasse wie der Körper sich verlängert, mehrere Querwülste, wodurch der Hintertheil in Ringel 
eingetheilt wird. Jeder Ringel versieht sich mit einem Bündel Haarborsten jederseits, die zwar viel kürzer als diejenigen 
des vordersten Bündels, jedoch ebenfalls geringelt sind. Fig. 6. (Taf. VII) stellt eine solche Larve mit sechs Segmenten von 
der Bauchseite dar. Der Segelwulst (l) ist noch immer mit seinem kräftigen Schwimmapparat ausgerüstet. Der Vordertheil 
ist zu einem blossen Kopflappen herabgesunken, welcher auf der Bauchseite ausgehöhlt und mit einem kurzen Wimper- 
flaum besetzt ist. Sein Rand wölbt sich lippenartig (l) hervor und trägt etwas längere Flimmereilien. Die Anzahl der nun 
schwarz gewordenen Augenflecke hat sich bedeutend vermehrt, da wir ihrer vier jederseits der Rückenmittellinie antreffen. 
Jeder Leibesringel besitzt ein Paar Höcker an der Ursprungsstelle der Borstenbündelchen. Es sind dies die hervorkeimen- 
den Fussstummeln. Ausserdem trägt die Bauchfläche des zweiten, dritten, vierten und fünften Segmentes einen schön 
sternförmigen, schwarzen Fleck jederseits. Aehnliche Flecke zeichnen die Rückenseite ebenfalls aus. In diesem Zustande 
schwärmt die Larve vermittelst des Segelwulstes und des Afterwimperkranzes ungemein rasch umher. Die Wimpern des 
letzteren scheinen auf dem Vorderrand des Afterwulstes zu sitzen, sie setzen. sich aber wirklich an den Hinterrand des- 
selben an, richten sich dann aber nach vorn — indem sie sich an den Wulst dicht anlegen —, um sich nach aussen und 
hinten umzubiegen, sobald sie die Höhe des Vorderrandes erreicht haben. Dieses Verhältniss erkennt man am besten, wenn 
die Larven dem Absterben nahe sind, wobei die Wimpern nur noch langsam hin und her peitschen. Unser Thierchen be- 
sitzt aber ausser dem Segelwulst und dem Afterwimperkranz noch ein drittes Schwimmwerkzeug. Es ist dies ein an dem 
Hinterende des fünften Segmentes befindlicher Wimperreifen oder Wimperbogen, der aber nur an der Bauchseite zu sehen 
ist und dem Rücken völlig abgeht. 


Bei weiter fortgeschrittener Entwicklung (Fig. 7) werden die Larven nicht nur durch das Wachsthum aller bereits 


III. Anneliden. re 


angelegten Theile, sondern auch durch das Auftreten neuer Segmente vor dem Afterwulst grösser. Zuvörderst sind die 
neuen Ringel borstenlos, bald aber keimen an ihren Seiten die Fussstummeln und Borstenbündelchen hervor. Auf dem 
Bauche nimmt man drei, auf dem Rücken vier Längsreihen schwarzer Flecke wahr.. Einige neue Organe treten auch jetzt 
auf. So bemerkt man zwei hinter dem Segelwulste von den Seitentheilen des Kopftheiles hervorsprossende Höcker (Fig. 7. i), 
die Anlage der späteren Kopf- oder Fangfühler, deren Oberfläche zur Zeit noch nicht flimmert. Ausserdem werden die 
Schwimmbewegungen durch das Auftreten zuerst eines zweiten, dann eines dritten, später sogar eines vierten Bauchwim- 
perbogens erleichtert. Diese vier Bauchwimperbögen gehören in vielen Fällen dem 5., 7., 10. und 18. Segmente an. Noch 
öfter aber findet man sie am 5., 7., 9. und I1. Das sind vielleicht nur unwesentliche Abweichungen, obschon es nicht 
unmöglich wäre, dass dieser Unterschied auf zwei mit einander sehr verwandte Arten zurückzuführen sei. Die ganze 
Bauchseite des Kopflappens flimmert, ihre Flimmereilien sind aber viel kürzer als die Ruderwimpern des Segelwulstes. 
Der rinnenartig ausgehöhlte mittlere Theil der Bauchfläche des ersten und zweiten Segmentes ist ebenfalls mit einem kur- 
zen Wimperflaum besetzt, dessen Flimmerbewegung die Beförderung fremder Theilchen bis in die Mundöffnung zu be- 
zwecken scheint. 

Vom Rücken aus betrachtet sehen nun unsere Larven (Fig. 8) sehr zierlich aus. Die am dritten Segmente anhebenden 
vier Längsreihen schwarzer Flecke schmücken die Thierchen durch ihre Regelmässigkeit und herrliche Sterngestalt ganz 
prachtvoll aus. Das vorderste und hinterste Leibessegment besitzen ausserdem jedes einen einzigen grossen sternförmigen 
Fleck auf der Mittellinie. Die Tergalseite jedes Ringels ist mit einer Querreihe kleiner schwingender Cilien ausgestattet. 
Diese Rückenwimperbögen sind von den Bauchbögen wohl zu unterscheiden. Die Wimpern, woraus sie bestehen, sind 
nämlich ungemein kürzer und scheinen der Larve beim Schwimmen von keinem Nutzen zu sein, ausserdem kommen sie 
wie gesagt jedem Segmente — mit Ausnahme jedoch der vordersten — zu, während die Anzahl der Bauchbögen eine 
viel geringere ist. 

Von den inneren Örganisationsverhältnissen erkannte ich stets nur die Verdauungswerkzeuge, die aus einem farb- 
losen, zu dieser Zeit erst bis in das dritte borstentragende Segment hineinreichenden Oesophagus und einem zwischen je 
zwei Segmenten eingeschnürten Darme bestehen. 

Bei etwas älteren Larven (Fig. 9—10) wachsen die Fühler in die Länge und es wird eine Achsenhöhle in densel- 
ben bemerkbar. Der vor den Segelwimpern (l) gelegene Lippenwulst (!’) nähert sich der Gestalt der Lippe des ausgebildeten 
Wurmes mehr und mehr. Vom ersten bis zum siebenten Segmente erkennt man jetzt, dass die Borsten jederseits zu 
zwei (Bauch- und Rücken-), Bündeln vereinigt sind. Die ursprünglichen geringelten Borsten sind übrigens nach und nach 
ausgefallen und wurden durch kürzere glatte ersetzt. In den folgenden Ringeln vom achten an findet man zwar nur ein 
einziges Haarborstenbündel jederseits, indessen bemerkt man dicht daneben auf der Bauchseite einige über die Tegumente 
bereits hervorragende, m der Bildung begriffene Hakenborsten, welche denjenigen des ausgebildeten Thieres vollkommen 
gleichen. Zu dieser Zeit sieht man auch eine eirrusartige Papille von den Fussstummeln des 7., 8., 9. und 10. Segmentes 
hervorsprossen. Die Afterscheibe wölbt sich allmählich und versieht sich mit einer Vertiefung, wodurch sie der Haftscheibe 
der Leucodoren ähnlicher wird. 

Nun hat die Larve die auf Taf. VII. Fig. 11 abgebildete Gestalt angenommen. Der Segelwulst, die Bauchwimper- 
bögen, der Afterwimperkranz sind ganz verschwunden. Die Fühler sind viel länger geworden und enthalten ein, farbloses 
Blut führendes Gefäss. Die Papillen des 7. bis zum 10. Segmente haben sich zu flimmernden, nach dem Rücken gebogenen 
Kiemen ausgebildet. Die Endscheibe (ac) hat ihre definitive Gestalt angenommen; die Rückenwimperbögen sind auf allen 
Segmenten, mit Ausnahme der vordersten, vorhanden, der Kopflappen läuft vorn in zwei kurze Spitzen aus. 

Nichtsdestoweniger würde man diesen Wurm wegen der zehn bis zwölf Augenflecke und der schönen schwarzen 
Flecke auf Bauch und Rücken für eine Leucodora ciliata kaum halten. Ich nahm auch keinen Anstand, meine Larven für 
eine andere Species anzusehen, bis ich einige Tage darauf die in Glasgefässen aufbewahrten Individuen wiederum vor- 
nahm, und siehe, da waren bei den drittehalb Mm. langen Larven (Taf. VIII. Fig. 1) alle die schönen Flecke bis auf ein 
Paar unbedeutende Ueberreste verschwunden. Von den zehn oder zwölf Augen waren nur noch vier vorhanden. Der aus 
zweiundzwanzig Ringeln bestehende Wurm glich einer ausgebildeten Leucodora bereits vollkommen. Es existirten zwar 


erst vier Paar ausgebildete Kiemen, indessen konnte man ausserdem die erst hervorsprossenden Kiemen des eilften und 


18* 


72 4. Abschnitt. Würmer. 


zwölften Segmentes unterscheiden. Die Fussstummeln der kiementragenden Segmente (Taf. VIII. Fig. 3) hatten die normale 
Gestalt, sie trugen eine Kieme (b), einen winzigen Seitencirrus (a), ein Rückenbündel dünner Haarborsten (c) und mehrere 
Bauchhaken (d). Der Kopflappen (Fig. 1 und 2) hatte seine definitive Gestalt angenommen. Die Leucodora lag fertig vor. 
Obschon die eben geschilderte Entwicklungsgeschichte ursprünglich aus einer Unzahl zu einem Gesammtbild ver- 
einigter Bruchstücke zusammengesetzt wurde, so konnte ich dennoch später die meisten Entwicklungsvorgänge einem und 


demselben, in Seewasser lebend aufbewahrten Individuum, innerhalb vier Wochen ablauschen. Das Ergebniss ist also ein 


sehr befriedigendes zu nennen. Gleichwohl gewann ich bei der ersten Methode der Untersuchung — die in den meisten 
Fällen wohl die einzig mögliche sein wird — die Ueberzeugung, dass es schwer sei, die zu mehreren verwandten Arten 


oder gar Gattungen zugehörigen Larven von einander zu unterscheiden. So beobachtete ich zum Beispiel, dass sich in 
meinen Glasgefässen eine Larve, die ich für eine Leucodorenlarve hielt, zu einer anderen Wurmgattung, vielleicht Nerine 
oder Spio entwickelte. Sowohl durch äussere Gestalt, wie durch provisorische geringelte Borsten , mehrfache Augen und 
schwarze Flecke auf dem Rücken kam sie den ächten Leucodoren sehr nahe, nur waren die Pigmentflecke nicht so zierlich 
und entbehrten die Sternform. Erst als sie circa 2 Mm. lang wurde (Taf. VIII. Fig. %) fiel es mir auf, dass die schwarzen 
Flecke in der Rückbildung bereits begriffen waren, ohne dass sich der verhältnissmässig stets kleiner gewordene Afterwulst 
zu der erwarteten Verwandlung in eine Haftscheibe anschickte. Auch waren die Fühler viel weniger entwickelt als bei 
normalen gleichlangen Leucodorenlarven. Es gehörte übrigens diese Larve zur schon erwähnten Abart, bei welcher die 
kräftigen Bauchwimperbögen dem 5., 7., 10. und 13. Segmente angehörten (auf der Zeichnung wurde der hinterste Wim- 
perbogen auf dem 12. Segmente anstatt auf dem 13. aus Versehen angegeben). Es war auch der Kopflappen etwas anders 
gestaltet als sonst. Allein in jeder anderen Beziehung war die Uebereinstimmung mit den ächten Leucodorenlarven nicht 
zu verkennen: der Borstenwechsel trat nämlich genau an demselben Segmente ein, indem die sieben ersten Segmente 
zwei Bündel Haarborsten, die folgenden aber ein einziges Haarborstenbündel und eine Querreihe von Bauchhaken besassen. 
Auf jedem Segmente vom 5. an erkannte ich die bereits beschriebene Querschnur dünner Flimmercilien, die sich am T., 
8., 9. und 10. Segmente auf den schon hervorkeimenden Rückenkiemen fortsetzten. 

Trotz der angegebenen Abweichungen hielt ich diese Larve, die ich damals in Paris beobachtete, für eine junge 
Leucodore. Ich war daher sehr erstaunt, als ich sie circa zehn Tage später in Genf wieder vornahm und sogleich erkannte, 
dass sie zur Gattung Leucodora nicht wohl zu bringen sei (vgl. Fig. 5 und 6). Alle provisorischen Schwimmapparate, Segel- 
wulst, Bauchwimperbögen, Afterwimperkranz waren vollkommen verschwunden, auch schwamm der Wurm nicht mehr, 
sondern kroch auf dem Boden des Gefässes sehr munter herum. Vom früheren Afterwulst war ebenfalls keine Spur mehr 
vorhanden, so dass der für Leucodora so charakteristische Haftnapf meinem Wurme abging. An dessen Stelle nahm man 
nur einige wenig vorragende Wärzchen wahr. Die Fühlhörner oder Fangfühler waren verhältnissmässig kurz und dick 
geblieben, enthielten aber wie bei allen Spiodeen ein blindes Blutgefäss. Sonst war die Aehnlichkeit mit Leucodora nament- 
lich in Betreff des Kopflappens, der Rückenwimperbögen und der Kiemenbildung sehr gross. Auffallend war es mir, dass 
der Wurm nun einige Borstenbüschel weniger besass als zur Zeit, wo ich ihn in Paris zum letzten Male beobachtete. Dies 
rührte aber daher, dass die provisorischen Borsten überall ausgefallen waren und erst in den 14 vordersten Segmenten 


durch die definitiven ersetzt worden, während die allerletzten Segmente borstenlos waren. 


Dieser Wurm gehört offenbar einer mit Leucodora sehr verwandten Gattung an. Zu Pygospio kann er — da die 
Kiemen bei dieser Gattung erst mit dem 33. Segmente anfangen — nicht gebracht werden. Mit Malacoceros hat er eben- 


falls nichts zu thun, denn pe QuArkErases zeichnet bei diesem Thiere die Kiemen vom ersten borstentragenden Segmente 
an. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass er entweder zu Spio oder zu Nerine gehöre. Die Entscheidung wird aber 
erst dann möglich sein, wenn bei diesen Gattungen die Segmente, wo die Kiemen und die Hakenborsten zuerst auftreten. 
werden festgestellt sein. Ich konnte aber keine darauf bezügliche Bemerkung in der Literatur ausfindig machen. Bei unserer 
Larve beginnen die Kiemen mit dem siebenten, die Hakenborsten aber erst mit dem achten Segmente, gerade wie es bei 
den Leucodoren der Fall ist. Krrerstein giebt zwar bei Leucodora ciliata an, dass sowohl Haken wie Kiemen am siebenten 
Segmente auftreten, indessen möchte ich beinahe vermuthen, dass er sich hierin geirrt habe. Bei allen meinen jungen Leu- 
codoren trug das erste kiementragende (also das siebente) Segment ganz entschieden zwei Paar Haarborstenbündel und 


III. Anneliden. 73 


war hakenlos, und stets traten die Hakenborsten am achten Segmente zuerst auf. Ich finde zwar in meinem Notizbuch 
keine gleiche, die ausgebildeten Individuen betreffende Bemerkung, indessen bezweifle ich nicht, dass sie sich in dieser 
Beziehung wie die jungen verhalten. 

Einzelne mit den eben beschriebenen verwandte Larven sind bereits beschrieben worden. Hatte nicht schon der 
alte Srasser ! eine sehr getreue Abbildung einer zu demselben Typus gehörigen Larve geliefert, die zwar zu jung gewesen, 
als dass man jetzt entscheiden konnte, zu welcher Gattung sie gehöre. Die ausführlichsten Beobachtungen aber verdanken 
wir Prof. Run. Leverart,” der bei Nizza und Villafranca eine schon ziemlich ausgebildete von ihm zu Nerine gebrachte Larve 
auffischte. Dieses Thier bietet mit den in St. Vaast Ja Hougue von mir untersuchten Larven offenbar eine grosse Aehnlich- 
keit, obwohl sie der Species und vielleicht gar der Gattung nach davon verschieden ist. Es besass nämlich ähnliche, nur 
viel kräftigere provisorische geringelte oder wenigstens gezähnelte Borsten. Seine Kiemen waren ähnlich gebildet, obwohl 
viel kleiner, nur fingen sie bereits am ersten Leibessegment an und waren an allen folgenden vorhanden. Von einem Bor- 
stenwechsel am achten Segmente erwähnt Leverarr nichts, vielmehr schreibt er Hakenborsten jedem Segmente zu. Mir 
fällt bei diesem Thiere die lange Dauer des Larvenstadiums sehr auf. Während die bei St. Vaast beobachteten Individuen 
mit circa 20 Segmenten bei einer Länge von ungefähr 2 Mm. alle Larvenkennzeichen eingebüsst hatten, besass noch die 
eine Länge von 5 Mm. erreichende und aus circa 45 Segmenten bestehende Larve aus Nizza nicht nur die provisorischen 
Borsten, sondern auch den Afterwimperkranz und die Bauchwimperbögen. Dieser bedeutenden Abweichung kommt ausser- 
dem eine andere nicht unwesentliche hinzu, dass nämlich die Bauchwimperbögen nicht bloss einzelnen bestimmten, son- 
dern allen Segmenten ohne Ausnahme zukamen. Ob die von Orrsten zu Leucodora eiliata muthmasslich gezogene Larve 
von der meinigen in so hohem Grade abweicht, vermag ich leider nicht anzugeben, da mir die betreffende Abhandlung 
nicht zugänglich ist. 

Strasser? hat eine ganz gute Abbildung eines sog. » zee-duizendbeen « geliefert, welche eine aus 24 Segmenten 
bestehende Leucodora darstellt. Dieses Thier hatte aber alle Larvenmerkmale bereits eingebüsst. Vom 7. bis zum 10. Lei- 
bessegment zeichnet der holländische Beobachter, was er als een afscheiding der Leden, welke zich als vierkant vertoond 
bezeichnet. Es sind dies offenbar die auf dem Rücken umgebogenen flimmernden Kiemen. Ich kenne keine bessere Abbil- 
dung einer Leucodora als diese. 

Ob die bei Busen‘ abgebildete Larve auch hierher — wie Levekart es will — zu ziehen sei, bleibt ungewiss. Mit 
unseren Larven stimmt sie eigentlich nur bezüglich der provisorischen Borsten überein. Die Figuren sind übrigens ziemlich 
roh und entsprechen dem gewissenhaften Texte wenig. Ich gebe aber Leverarr nicht Recht, wenn er meint, dass Busen 
die Rückenfläche seines Wurmes für die Bauchfläche ausgegeben habe und umgekehrt. Diese Ansicht beruht nur auf dem 
Umstand, dass Busen die Wimperbögen nicht auf der Bauch- sondern auf der Rückenfläche zeichnet. Hierin aber mag er 
ganz Recht haben, denn es kommen wirklich Annelidenlarven vor, die solche Wimperbögen auf dem Rücken tragen, und 
dieses ist gerade bei unseren Leucodoren der Fall, welche zwar ausserdem viel stärkere Bauchwimpern besitzen. Auch 
sind die Rückenwimpern der Leucodoren keine Larvenmerkmale, da sie dem ausgebildeten Thiere ebenfalls zukommen, 
bei welchem sie Gruge? sehr richtig erkannt hat. 

Endlich haben Leverart und PAsenstecner® einige Larven aus dem norddeutschen Meere bei Helgoland beschrieben 
und abgebildet, die sie für die Jugendzustände von Spio halten. Dass diese Thierformen der Familie der Spiodeen zuzu- 
rechnen seien, erscheint unzweifelhaft. Die Gattung aber bleibt unsicher. Diese Larven waren am ersten Segmente mit 
den bekannten gezähnelten Borsten ausgestattet, ein Umstand, wodurch sie sich den meimigen nähern. Die Verfasser irren 


sich aber wahrscheinlich, wenn sie diese Borsten für definitive erklären. 


! Natuurkundige Verlustigingen behelzende microscopise waarneemingen van in- en uitllandse Water- en Landdieren door Mar- 


TInus StABBER. Haarlem 1778. p. 156. Pl. XVII. Fig. 5. ® Ueber die Jugendzustände einiger Anneliden, ein Beitrag zur Entwicklungs- 
geschichte von Dr. Prof. Levckart. — TroscHer’s Archiv für Naturgeschichte. 1855. S. 63. 3 Sragger loc. eit. p. 51 und Taf. VII. 
Fig. 1. * Wıruerm Busen loc. cit. Taf. VIII. Fig. 1— 4. ® Beschreibungen neuer oder wenig bekannter Anneliden von Prof. Dr. En. 
GRUBE. — TroscHer’s Archiv für Naturgeschichte. 1855. S. 107. % Untersuchungen über niedere Seethiere von Rup. Leucranr und 
ALEX. PAGENSTECHER. — Die Entwicklung von Spio. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1858. p. 610. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 19 


74 4.. Abschnitt. Würmer. 


3. Entwicklung einer Magelona sp. 
Taf. X. Fig. 9—14. Taf. XI. Fie. 1—2. 


Vorliegende Aufschrift mag wohl den Leser Wunder nehmen. Der Name Magelona ist ihm nämlich wenig geläufig, 
und wenn er in seinem Gedächtniss forscht, so wird er finden, dass diese Gattung für keine europäische, am wenigsten also 
für eine bei St. Vaast la Hougue vorkommende Art gebildet wurde. Wir verdanken deren Aufstellung Herrn Dr. Frırz Mir- 
er in Desterro, der dem Gattungsnamen Magelona folgende Diagnose folgen lässt :' 

» Kopflappen flach, häutig, breit herzförmig, zwei sehr lange mit cylindrischen Papillen besetzte sog. Fühlereirren, 
ich sage sogenannte, da ich in der That kaum eine Analogie zwischen diesen Organen und den Fühlereirren anderer Ra- 
pacia finde. — Vordere Körperabtheilung aus 9 Segmenten mit zweizeiligen Borstenbündeln einfacher Borsten, jedes mit 
einer eirrenartigen Lippe. Die sehr zahlreichen Segmente der hinteren Körperabtheilung tragen jederseits eine obere und 
eine untere Querreihe gestreckter Häkchen und zwischen beiden zwei cirrenartige fadenförmige oder schmal blattförmige 
Fortsätze. Zwei Aftereirren, wenig vorstülpbarer Rüssel. Darm in der hinteren Körperabtheilung zwischen zwei Segmen- 
ten stark eingeschnürt. Das Blut blassviolett mit zahlreichen Blutkörperchen. Rücken und Bauchgefäss; an der Grenze je 
zweier Segmente der hinteren Körperabtheilung ein Seitengefäss. Weitere Gefässe scheinen zu fehlen. Das Blut Auetuirt 
sehr lebhaft, doch in stets wechselnder Richtung. In der vorderen Körperabtheilung schemt das Blut gefässlos die Leibes- 
höhle zu füllen und dringt in den Kopflappen und die Fühlereirren. Sp. Magelona papillicornis.« 

Der Text wird leider von keiner Abbildung begleitet, ist indessen so ausführlich, dass man sich von dieser Spiodee 
einen genügenden Begriff bilden kann. Nun muss der Wurm aus St. Vaast la Hougue, dessen Entwicklung ich jetzt zu 
schildern beabsichtige und dessen Jugendzustände allein mir bekannt sind, der Magelona papillicornis aus Sta. Catharina 
ziemlich nahe kommen. Er stimmt nämlich mit ihr — obwohl der Abweichungen auch nicht wenige vorhanden sind — 
in den wesentlichsten Punkten, so z. B. in der sonderbaren Fühlergestalt und der Anwesenheit von Hakenborsten auf dem 
Rücken. überein. Einfache auf dem Rücken reihenweise und zwar der Quere nach sitzende Hakenborsten sind eine bei 
Anneliden im Ganzen seltene Erscheinung. Eine solche Gestalt und Lagerung der Rückenborsten kommt meines Wissens 
ausser den Magelonen nur gewissen Oligochaeten, den Capitellen und den Notomasten, zu. Bei den Spiodeen insbesondere 
ist sie eine seltene, nur für Magelona statuirte Ausnahme. Nun trägt fragliche Spiodee aus St. Vaast an der hinteren Kör- 
perabtheilung ebenfalls Querreihen von gestreckten Häkchen auf dem Rücken, während die Segmente der vorderen Kör- 
perabtheilung wie bei Magelona nur mit Haarborsten versehen sind. Diese Eigenthümlichkeit — welcher sich die auch sehr 
eigenthümlichen eylindrischen Fühlerpapillen hinzugesellen — genügt wohl, um beide Thierformen für verwandt halten zu 
dürfen. Dass sie namentlich der bei meinem Wurme fehlenden, bei M. papillicornis dagegen vorkommenden After- und 
Seiteneirren wegen von einander generisch zu trennen seien, ist nicht zu bestreiten, gleichwohl ziehe ich es vorläufig vor, 
den Namen Magelona auch für die europäische Art — so lange sie nicht reif gefunden worden — beizubehalten. 

Die jüngsten beobachteten Larven (Taf. X. Fig. 9) waren bereits circa 1Mm. lang und stellten einen mässig zu- 
sammengedrückten Cylinder dar. Das Vorderende erweiterte sich zu einem trichterartigen, auf der Bauchseite tief einge- 
schnittenen Kopflappen. Sowohl der Rand wie die Innenseite des Trichters waren mit Flimmercilien besetzt, nur waren 
die Randwimpern viel stärker als die übrigen und bildeten ein kräftiges, dem Segelwulst der Leucodorenlarven vergleich- 
bares Schwimmwerkzeug. Die Trichterhöhle erschien gegen die Körperachse etwas geneigt, so dass sich deren Spitze 
dicht hinter dem Einschnitt an der Bauchseite befand. Da war auch die Mundöffnung zu sehen. Auf der Rückenseite des 
Kopflappens glänzten vier rothe, in eine Querreihe gesteckte Augenflecke. An der Grenze zwischen dem trichterförmigen 
Kopflappen und dem ersten Körpersegment sah man jederseits eine Anhäufung von braunem Pigment und einem langen, 
mehr der Bauch- als der Rückenseite angehörenden, auf keinem merklichen Wulst sitzenden Wimperbüschel. Diese Larven 
bestanden bereits aus 15—20 von vorn nach hinten an Länge allmählich abnehmenden Segmenten, wovon das erste na- 
mentlich viel länger als die folgenden war. Dessen Bauchseite war auf der Längsmittellinie rinnenartig ausgehöhlt. Diese 


überall fimmernde Rinne schien dazu zu dienen, Nahrungstheile dem Munde zuzuführen und glich der bei den Leucodo- 


! Einiges über die Annelidenfauna der Insel Sta. Catharina von Dr. Frırz MürLer. — Troscuer's Archiv für Naturgeschichte. 


1858. p. 215. 


III. Anneliden. 75 


renlarven an derselben Stelle vorkommenden Rinne vollständig. An den Seitentheilen dieses ersten Ringels hoben sich 
zwei eylindrische symmetrisch gestellte Fortsätze vom Körper ab. Aus jedem derselben kam ein Bündel gewaltiger Haar- 
borsten hervor, die beinahe so lang wie der Körper waren. Diese den langen Borstenbündeln der jungen Leucodorenlarven 
offenbar vergleichbaren Organe waren vollkommen glatt, ohne die geringste Spur von Ringelung oder Zähnelung. Das Thier 
spreizte sie bei jedem Angriff auseinander, indem es zugleich seinen Körper zusammenrollte. Die folgenden Segmente 
waren einander vollkommen gleich, auf den Seiten durch Pigmenthaufen braun gefärbt und mit einem Paar aus keinen 
merklichen Höckerchen hervorragenden, äusserst kurzen Börstchen versehen, die nur den allerletzten Segmenten abgingen. 
Jedes Segment trug einen fimmernden Bauchwimperbogen, der sich vom linken zum rechten Bündelpaare erstreckte, ohne 
sich jemals darüber hinaus fortzusetzen. Die Tergalseite war dagegen wimperlos. Das Endsegment war ringförmig aufge- 
wulstet und mit einem kräftigen Wimperkranz versehen, in dessen Mitte sich die Afteröffnung befand. Von inneren Organen 
schimmerte nur der farblose, in jedem Segmente rosenkranzartig erweiterte Darmeanal hervor. 

Diese Larven bieten eine unverkennbare Aehnlichkeit mit jungen Leucodorenlarven dar, von welchen sie sich 
jedoch nicht nur durch die abweichende Gestalt des Kopflappens, sondern auch durch die braunen Pigmentflecke, die glat- 
ten Haarborsten, das Vorhandensein von Bauchwimperbögen an allen Segmenten und den vollständigen Mangel an 
Rückenwimperbögen stets leicht unterscheiden. 

Die bei fortschreitender Entwicklung unserer Larven eintretenden Modificationen bestehen zunächst in einer Ge- 
staltveränderung des Kopflappens, der sich nach vorn verlängert, indem er concav herzförmig wird, und im Hervortreten 
auf der Rückenseite des Kopflappens zweier hinter der Augenreihe stehender seitlicher Papillen , welche sich allmählich zu 
gewaltigen Fühlern ausbilden. Zugleich gehen die provisorischen Schwimmapparate, Randwimpern des Kopflappens, seit- 
liche Cilienbüsche, Bauchwimperbögen und Afterwimperkranz sämmtlich verloren. 

Nun erreicht der Wurm (ef. Taf. X. Fig. 11) eine Länge von circa 2 Mm. und wird bereits für eine Spiodee leicht 
erkannt. Trotz der vollständigen Rückbildung aller Wimperreifen schwimmt dennoch das Thier an der Meeresoberfläche 
umher und zwar durch schlangen- oder aalartige Bewegungen des langen, dünnen eylindrischen Körpers. Der herzförmige 
Kopflappen mit nach vorn gerichteter Spitze ist nach unten concav, nach oben convex. Die vier rothen Augen sind grösser 
geworden und es erscheint das mittlere Paar derselben in Vergleich zum seitlichen etwas nach vorn gerückt. Der Rücken- 
theil des ersten Körpersegmentes springt über dem Kopflappen buckelartig nach vorn vor. Seitlich von diesem Vorsprung 
zwischen Kopflappen und Mundsegment entspringen die beiden dorsalen Fühler, die verhältnissmässig kurz und dick und 
meistens nach vorn hornmässig gekrümmt sind. Die Innenseite des Endtheils jedes Fühlers zeichnet sich durch parallele 
braune Längsstreifen (Taf. XI. Fig. 2. c) und durch zahlreiche, 0,017 Mm. lange stäbchenartige Papillen (b) aus. Der Füh- 
ler ist inwendig hohl und enthält ein geschlängeltes, farblose Flüssigkeit führendes Blutgefäss (a), welches in der Fühler- 
spitze wie bei allen Spiodeen blind endigt. In der Wandung des Blutgefässes sind mehrere Zellenkerne bemerkbar. Das 
Blut enthält keine Körperchen. 

Das erste Körpersegment trägt noch dieselben kräftigen Borstenbündel wie früher, während die folgenden nur mit 
dünnen und kurzen, auf sehr flachen Erhabenheiten sitzenden Börstchen versehen sind. Die hintere Körperabtheilung ist 
vollkommen eylindrisch und ermangelt der Haarborsten durchaus. Vom 9. Segmente an erscheint eine Häkchenreihe auf 
der Bauchseite jederseits. Diese Häkchen sind noch kurzgestielt (Taf. X. Fig. 11) und sitzen zuerst nur zu je zwei neben- 
einander. Ein jedes derselben steht für sich in einem Bläschen eingeschlossen. Etwas weiter nach hinten zu, ungefähr 
vom 15. — die genaue Zahl finde ich in meinen Notizen leider nicht wieder — Segmente an, gesellt sich dieser Bauch- 
noch eine Rückenreihe hinzu. Die Häkchen sind übrigens am Rücken ganz ebenso gebildet wie am Bauche und sitzen 
ebenfalls zuerst zu je zwei beisammen. - 

Das Hinterende trägt keine Spur mehr von der früher vorhandenen Aufwulstung. Es ist abgerundet und trägt ein- 
zelne, kleine farblose birnförmige Afterpapillen. 

Der Darmeanal besteht zunächst aus einem muskulösen Schlund, dessen Vorderende (Taf. XI. Fig. 1) zwischen Kopf- 
lappen und Unterlippe etwas hervorragt. Hier befindet sich die ovale Mundöffnung (a). Dem Schlunde folgt eine magenartig 
erweiterte Darmabtheilung, welche sich jederseits vom Schlunde in zwei kurze Blindsäcke (Taf. X. Fig. 10. gl) fortsetzt. 


Es sind dieselben braun gefärbt und bilden sich später zu Nebendrüsen des Verdauungsapparates aus. Diese magen- 


49* 


76 4. Abschnitt. Würmer. 


artige Darmabtheilung geht allmählich in den farblosen, überall flimmernden eigentlichen Darm über, der zwischen 
je zwei Segmenten regelmässig eingeschnürt ist. 

Was die Farbe unserer Larve anbetrifft, so ist deren Körper schön braun gezeichnet. Der braunen Fühler- 
streifen wurde bereits Erwähnung gethan. Ausserdem kommen ein dünnerer Längs- und ein breiterer Querstreif am 
Kopflappen vor. Die ganze Vorderseite des ersten und die Seitentheile der drei folgenden Segmente sind gleichfalls 
braun gefärbt. Der mittlere Theil des fünften Segmentes wird von einem braunen Pigmentgürtel eingenommen. An den 
folgenden Ringeln bemerkt man seitliche braune Flecke, die nach hinten zu allmählich breiter werden, so dass sie auf 
den allerletzten Segmenten zu wirklichen Pigmentgürteln wiederum verschmelzen. Das ganze Endglied ist dunkelbraun 
gefärbt. Endlich kommt dieselbe Färbung dem zwischen den Lippen hervortretenden Vordertheil des Schlundes (Taf. XI. 
Fig. 1) zu. 

Bei stets fortschreitender Entwicklung nimmt unser Wurm die auf Taf. X. Fig. 12 dargestellte Form mehr und 
mehr an. Unter dieser Gestalt schwimmt das nun über 8 Mm. lange Thier bei vollständigem Mangel an Wimperappa- 
raten durch schlängelnde Körperbewegungen noch immer aalmässig im Meere umher. Die Fühler haben sich zu statt- 
lichen Fühlhörnern herangebildet, welche sich spiralig abwechselnd zusammen- und auseinanderrollen. Diese mächtigen 
Organe sind bandartig zusammengedrückt, an den Rändern regelmässig eingekerbt und durch quere Pigmentstreifen, 
unweit von der Basis und am verdünnten Ende auf der Innenseite, braun gefärbt. Ihre Contractihität grenzt an das 
Wunderbare, und ich bezweifle nicht, dass sie vom Wurme — wie es Orno Fasrıcıws von den Fühlern von Spio er- 
zählt — zum Einfangen der thierischen Beute benutzt werden. Die Innenseite dieser merkwürdigen Fühler ist überall 
mit langen dünnen, bald senkrecht, bald etwas schief stehenden Stäbchen dicht besetzt. Diese Gebilde sind, wie man 
es aus der Abbildung ersieht, viel grösser als die sog. Nesselorgane, die von Srrermrı Werisur! bei Spio beschrie- 
ben wurden. Ich vermuthe, dass sie dem Entweichen gefangener Thierchen entgegenwirken, indem sie bei einge- 
rollten Fühlern ein Gewirr von nach allen Richtungen stehenden Stäben, gleichsam ein sehr verwickeltes Netz darstellen. 

Der Kopflappen ist verhältnissmässig viel kleiner geworden, trägt aber noch immer die vier grossen rothen 
Augen auf der Rückenseite. Die cylindrischen Seitenfortsätze des ersten Segmentes ragen noch bedeutender hervor 
als früher und schliessen das Wurzelende der äusserst langen Haarborsten ein. Der übrige Leib gleicht dem vorigen 
Stadium vollkommen, nur sind einige die Borsten betreffende Veränderungen eingetreten. Vom 2. bis zum 8. Ringel 
sind die zarten Haarborsten ausgefallen, so dass diese Segmente nun völlig borstenlos sind. Vom 9. Segmente an findet 
man je nach den Exemplaren vier bis zehn Bündelpaare langer, glatter, äusserst kräftiger Haarborsten, welche den- 
jenigen des ersten Ringels ganz gleich, nur etwas kleiner sind. Ausserdem bemerkt man noch immer vom 9. Segmente 
an eine Bauchhakenreihe jederseits, wozu sich ungefähr vom 15. Segmente an noch eine Rückenreihe gesellt. Diese 
Hakenborsten sind nun viel länger geworden und stellen gestreckte, jedoch schwach gekrümmte Haken (Taf. X. Fig. 13) 
mit dünner flügelartiger Ausbreitung dar. Ich halte es für wahrscheinlich, dass die langen Haarborstenbündel, deren 
Anzahl ohnehin so unbeständig ist, nur provisorische Schutzorgane sind, welche später vollständig ausfallen, sobald 
nämlich die Schwimmzeit ihr Ende erreicht hat. 

Die Färbung des Thieres ist während dieser Veränderungen stets dieselbe geblieben. Der Verdauungsapparat 
hat sich ebenfalls nicht verändert, nur haben sich die braunen Drüsen hinter dem Schlunde weiter ausgebildet. Das 
Blut zeichnet sich nun durch einen blauen Schimmer aus, obwohl mir die grosse Durchsichtigkeit der Gefässe keine 
genaue Erforschung des Kreislaufsapparates gestattete. 

Das Endsegment läuft jetzt in ein eigenthümliches hufähnliches Organ aus, welches mit der Haftscheibe der 
Leucodoren wenigstens eine entfernte Aehnlichkeit besitzt. Es ist dasselbe braun gefärbt und mit kleinen farblosen 
Wärzchen besetzt (vgl. Taf. X. Fig. 14). 

Weitere Entwicklungszustände dieses merkwürdigen Wurmes geriethen niemals in mein Netz. Es scheint mir 


auch nicht unwahrscheinlich, dass wir ihn bis zu dem Stadium verfolgt haben, in welchem die Schwärmzeit aufhört 


! On the prehensile Apparatus of Spio seticornis by Tuowas StrerniLL Wrisut. — Edinburgh new Philosophical Journal. New Ser. 
Vol=VI. 4857.S. 90: 


III. Anneliden. 77 


und das Thier sich auf den Meeresgrund begiebt, unter Steine verkriecht oder in den Sand bohrt, um auf die vor- 
beifahrende Beute zu lauern und sie vermittelst der bestachelten Fühler zu fangen. Ich durchsuchte also den Ebbe- 
strand mit dem grössten Eifer in der Hoffnung, dass mir der reife Wurm endlich in die Hände gerathen würde. 


Gleichwohl waren meine Nachforschungen vergeblich, sei es, dass der Wurm selten sei, eine Vermuthung, die bei der 


grossen Anzahl der in mein Netz gerathenen Larven wohl kaum annehmbar ist, sei es, dass unser Wurm — und dies 
scheint mir wahrscheinlicher zu sein — nur die selbst bei tiefster Ebbe niemals trocken gelegten Reviere des Meeres 
bewohne. 


Es steht jedenfalls fest, dass unsere Larve zu einer noch unentdeckten Annelide aus der Abtheilung der Spio- 
deen gehört. Die hoffentlich baldige Auffindung dieses Thieres wird darüber entscheiden, ob ich Recht hatte, indem 


ich ihr ihre systematische Stelle neben Magelona vorläufig anwies. 


4. Emtwicklungsgeschichte einer zu einem wahrscheinlich noch unbekannten Rückenkiemer 
gehörigen Larve. 
Taf. VI. Fig. 1—11. 


Die herrliche Annelidenlarve, deren Entwicklungsgeschichte ich nun zu schildern gedenke, verfolgte ich bis zu 


einer Länge von circa 3 Mm. und einer Anzahl von ungefähr 50 Ringeln. Bei so weit fortgeschrittener Ausbildung 


sollte man denken, dass sich die zugehörige Annelidenform — um so mehr als das noch unerwachsene Thier mit sehr 
eigenthümlichen Kennzeichen ausgestattet ist — leicht ermitteln lassen dürfte. Nichtsdestoweniger vermochte ich diese 


Larve mit keiner bekannten Gattung zu identificiren, und es scheint mir nicht unwahrscheinlich, dass sie wie die vor- 
her beschriebene Larve einer noch unbekannten Wurmform gehöre, der ich freilich eine wahrscheinliche Stellung unter 
die Raubanneliden anzuweisen durchaus nicht im Stande bin. Dass aber diese Annelide nicht zu den seltensten gehört, 
geht nicht nur daraus, dass ihre Larven in St. Vaast sehr häufig waren, sondern auch aus dem Umstande hervor, 
dass mir ganz gleiche Larven von der norwegischen Küste schon längst bekannt sind. Ich will nun über die beobach- 
teten Entwicklungsvorgänge mit einiger Ausführlichkeit Bericht erstatten, in der Hoffnung, dass andere Forscher auf 
die gewünschte Annelide in nicht gar zu langer Zeit zufällig stossen werden. 

Das jüngste von mir beobachtete Entwicklungsstadium boten mir zahlreiche sechs- bis funfzehngliedrige Lar- 
ven dar, welche trotz des bedeutenden Längenunterschieds sämmtlich dieselbe Gestalt zeigten. Zwei der grössten, eine 
Länge von 0,045 Mm. erreichenden Larven habe ich auf Taf. VI. Fig. 1 und 2 in verschiedener Lage dargestellt. Sie 
bestanden aus eilf bis zwölf ausgebildeten, borstentragenden Segmenten, denen noch mehrere unvollkommen ausge- 
bildete und borstenlose folgten. Diese Larven waren bandartig zusammengedrückt, etwa zwei Mal so breit wie dick 
und in der ganzen Länge gleichmässig breit mit Ausnahme des ersten borstentragenden Segmentes, welches sowohl 
die folgenden Ringel wie namentlich den Kopftheil an Breite bedeutend übertraf. Der Kopftheil war sehr kurz und 
durch zwei symmetrische Querwülste in einen Vorder- und einen Hintertheil gesondert. Diese Wülste entsprangen auf 
der Rückenseite (cf. Fig. 2) an der Mittellinie dicht nebeneinander, krümmten sich nach aussen und unten um die Sei- 
tentheile des Kopflappens herum, um in zwei rundliche, den Mund von den Seiten einfassende flimmernde Lappen 
(ef. Fig. I) auf der Bauchseite zu endigen. Die Wülste entlang und zwar dicht vor denselben befand sich eine aus 
kräftigen Cilien bestehende Wimperschnur. so dass man die Wülste wie bei den Leucodoren als Segelwülste bezeich- 
nen kann. Der einzige diese Bildungen betreflende Unterschied zwischen beiderlei Larven besteht darin, dass die 
Wülste bei den Leucodorenlarven in einander übergehen, während sie bei unseren Würmern von einander getrennt 
bleiben. 

Der Vordertheil des Kopflappens ist kurz, schräg abgestutzt, zum grössten Theil mit einem kurzen Wimper- 
flaum besetzt und trägt auf dem Scheitel ein Paar starre steife, fühlerförmig nach vorn gerichtete Haare, sowie vier 
im Trapez stehende rothe Augenflecke, wovon das vordere Paar weiter auseinandersteht als das hintere. Die Mund- 
öffnung (Taf. VI. Fig. 1. 0) liegt auf der Bauchseite zwischen den bereits erwähnten flimmernden Lappen. Sie stellt 


20 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 


78 4. Abschnitt. Würmer. 


eine Querspalte mit ringsum bewimperten Rändern dar. Auf der Bauchseite des hinteren Kopftheils, den man vielleicht 
besser als borstenloses Mundsegment bezeichnen möchte, befinden sich zwei Nliimmernde Wimperbögen mit davor lie- 
gender Anhäufung von schwärzlichen Körnern. Diese Schwimmorgane sind den sogleich zu erwähnenden Bauchwim- 
perbögen der folgenden Segmente offenbar homolog, nur erstrecken sich diese ohne Unterbrechung von der rechten 
zur linken Seite, während jene zwei distinete, auf der Mittellinie durch eine kurze wimperlose Strecke von einander 
getrennte Wimperbögen darstellen. 

Das erste Körpersegment ist wie gesagt etwas breiter als die folgenden und trägt jederseits eine schon deut- 
liche Hervorragung. Aus diesen rudimentären Fussstummeln kommen etliche fein zugespitzte Haarborsten, worunter 
meistens eine bedeutend länger als die anderen ist, heraus. Die folgenden Ringel sind eigentlich ganz ebenso gebildet, 
nur sind die seitlichen Hervorragungen noch unscheinbarer und die Borsten gewöhnlich kürzer. Die allerletzten Ringel 
allein entbehren der Borsten vollständig. Bei dieser Entwicklungsstufe kann man bereits mittelst stärkerer Vergrösserung 
eine eigenthümliche Structur der Borsten wahrnehmen, welche bei älteren Larven viel deutlicher hervortritt. Es stellen 
nämlich dieselben (vgl. Taf. VI. Fig. 6) lange, fein zugespitzte Nadeln dar, deren Oberfläche mit zahlreichen kleinen her- 
vorragenden Zähnchen regelmässig besetzt ist. Jedes Körpersegment trägt einen aus kurzen Flimmercilien bestehenden 
Wimperbogen, welcher den Bauchwimperbögen der jungen Magelonenlarven durchaus gleich ist. Das Endsegment ist 
ringartig aufgewulstet und trägt wie bei den meisten bisher beschriebenen Annelidenlarven einen kräftigen After- 
wimperkranz. 

Der Darmcanal stellt eine gleichmässige, farblose, inwendig flimmernde und zwischen je zwei Segmenten 
äusserst regelmässig rosenkranzartig eingeschnürte Röhre dar. 

Die Larve ist farblos, mit einem braunen Flecke auf der Seite jedes Segments. 

Etwas ältere, aus 18 bis 24 Ringeln bestehende Larven unterscheiden sich von den eben beschriebenen nur 
dadurch, dass erstens zwei seitliche Auswüchse, die ersten Andeutungen der zweiruderigen Fussstummeln, an jedem 
borstentragenden Segmente hervorwachsen, und zweitens, dass sich das Rückenende der Segelwülste vom Kopflappen 
abhebt und zu einem paarigen flimmernden, fühlerartigen Fortsatz des Hinterkopfes ausbildet. Zugleich wölbt sich der 
Hinterkopf buckelförmig hervor. 

So erreichen allmählich die Larven eine Länge von circa drittehalb oder gar drei Millimeter (Taf. VI. Fig. 3), 
wobei sie aus 35 bis 50 Ringeln bestehen. Bei so grossen Individuen hat sich die Gestalt des Kopflappens etwas 
verändert. Er ist nach vorn abgerundet, auf der Unterseite der Länge nach rinnenmässig ausgehöhlt. Die hinteren 
Kopffühler (f) behalten stets dieselbe Länge und Gestalt. Sie flimmern an der Aussenseite und ihr starker Wimper- 
besatz setzt sich in die nach vorn und unten verlaufende Wimperschnur des früheren Segelwulstes (cf. Fig. k) fort. 
Jeder Fühler enthält eine unverkennbare Achsenhöhle. Die früher beschriebenen Flimmerlappen haben sich zu mäch- 
tigen, auf der ganzen Oberfläche mit kurzen Wimpern besetzten Seitenlippen (l) entwickelt. Das Hinterhaupt (oc) ragt 
stets buckelartig hervor. Die Augen behalten dieselbe Gestalt und Lagerung bei, nur wird bei älteren Larven das 
vordere Paar dunkelschwarz, während das hintere noch roth bleibt. 

Ein kurzer dichter Wimperflaum nimmt, wie bei den Leucodoren- und Magelonenlarven, die Bauchseite des 
vordersten Leibessegmentes ein und führt dem Munde Nahrungstheilchen zu. 

Die weiter fortgeschrittene Entwicklung des Larvenkörpers giebt sich dadurch kund, dass die zweizeiligen Fuss- 
stummeln jetzt stärker hervorragen. Sie stellen kegelförmige, dicht neben einander stehende Erhabenheiten vor, und 
es ist leicht zu erkennen, dass die früher braunen, nun aber pechschwarzen Seitenflecke genau zwischen Bauch- 
(Fig. 5. v) und Rückenstummel (d) sitzen. Sie stellen Pigmenthaufen dar, aus deren Vordertheile mehrere nach ver- 
schiedenen Seiten ausstrahlende Ausläufer entspringen. Die Borsten bilden in jedem Segmente zwei den beiden Fuss- 
stummeln entsprechende Bündel jederseits. Die Bauchbündel (Fig. 5) werden von dickeren kürzeren, die Rückenbündel 
dagegen von dünneren längeren Nadeln gebildet, die alle aber bei starker Vergrösserung dasselbe raspenähnliche Aus- 
sehen (Fig. 6) darbieten. Das erste Körpersegment allein trägt bedeutend längere Borsten als die folgenden. Gegen 
das Hinterende zu verkümmern sowohl die Borsten wie die Fussstummeln selbst allmählich. Uebrigens findet man an 


allen Körpersegmenten den üblichen Bauchwimperbogen und der Afterwulst mit seinem kräftigen Wimperkranz ist auch 


III. Anneliden. 79 


stets vorhanden. Der farblose Darm erscheint meistens mit Seewasser angefüllt, so dass die Wimperbewegung in dem- 
selben äusserst leicht wahrgenommen wird. Seine rosenkranzartigen Einschnürungen sind so tief und so ausserordent- 
lich regelmässig, dass es einer Weile bedarf, bevor man seine Darmnatur erkennt. 

Das prächtige Schauspiel dieser im Seewasser herumschwimmenden Larve ist eine wahre Augenergötzung. 
Ihre Durchsichtigkeit ist eine ebenso vollkommene wie die von Tomopteris, dem zarten Geschöpf, welches Darveur’s 
Zeichner seiner Farblosigkeit wegen in einem Glas Wasser bekanntlich nicht zu entdecken vermochte. Nur die Seiten- 
reihen pechschwarzer Flecke fallen leicht ins Auge, und es ist ein wunderbares Ding, wenn man diese dunklen, schein- 
bar durch nichts mit einander verbundenen Punkte mit einhelligen Schwimmbewegungen im Wasser dahinziehen sieht. 
So weit entwickelte Larven bewegen sich übrigens weniger mittelst der eigentlichen Schwimmwerkzeuge (Segelwulst, 
Bauchwimperbögen. Afterwimperkranz) als durch schlängelnde aalmässige Bewegungen des langen Körpers. In den 
Gläsern, worin ich dieselben aufbewahrte, sah ich sie sich durch rasches Schlängeln bis an die Wasseroberfläche ziem- 
lich schnell heraufwinden, um dann bewegungslos und passiv langsam herunterzusinken, worauf sie sich heraufzu- 
schlängeln wieder anfingen. 

Wenn unsere Larven noch etliche Tage in frischem Seewasser aufbewahrt werden, so treten einige weitere 
Veränderungen ein. Die Bauch- und Rückenstummeln vom siebenten zum eilften Ringel nämlich wachsen in die Länge 
bedeutend und verändern ihre Gestalt dermaassen (vgl. Fig. 7), dass sie aus einem dieckeren angewachsenen und dün- 
neren fadenförmigen Theil bestehen. Letzterer ist eigentlich nicht cylindrisch, sondern etwas abgeplattet und an der 
Spitze ruderartig erweitert. An allen übrigen Segmenten sind die Fussstummeln kurz geblieben, bestehen aber aus 
einem diekeren, dem Segmente aufsitzender Kegel und einem kleineren spitzen Endtheil. Ausserdem erscheinen nun die 
Rückenstummeln durch rothes Pigment gefärbt, während die Bauchstummeln farblos geblieben sind. Zwischen den 
beiden Stummeln ist der schwarze Fleck noch stets vorhanden. 

Trotz der eingetretenen Veränderungen sind nicht alle Larvenmerkmale verschwunden. Die langen Cilien auf 
den Seitentheilen des Kopfes und den sog. Tentakeln, sowie auch der Afterwimperkranz sind noch vorhanden. Die 
Zeit des Auftretens der langen ruderförmigen Fussstummeln vom siebenten bis zum eilften Segmente scheint übrigens 
eine ziemlich unconstante zu sein. Ich fand sie einmal bei einem aus nur 35 Segmenten bestehenden Individuum voll- 
kommen ausgebildet, während sie bei anderen aus 45 bis 50 Ringeln bestehenden Larven noch nicht viel länger als 
die übrigen Stummeln waren. 

Alle Versuche, die Entwicklung dieser Larven weiter zu verfolgen, schlugen fehl. Einige Exemplare, die ich 
auf der Reise mitnahm, starben, bevor ich Genf erreichte. 

Dass sich aber diese Larven einer ziemlich grossen geographischen Verbreitung erfreuen, geht wie gesagt 
daraus hervor, dass ich wenigstens sehr ähnliche unreife Annelidenformen im Jahre 1855 an der norwegischen Küste 
beobachtete. Ich lege hier zum Vergleich eine Abbildung (Taf. VI. Fig. $) vom Vordertheil einer im Hafen von Chri- 
stiansand aufgefischten Larve vor. Deren Entwicklungsstadium entsprach etwa demjenigen der ältesten in St. Vaast la 
Hougue beobachteten Larven. Der Kopflappen mit seinen fiimmernden Seitenlippen, den vier im Trapez stehenden 
Augen, den fühlerartigen nach hinten gerichteten Fortsätzen war dem Kopflappen der Larve aus dem Busen von 
Normandie ziemlich gleich. Die Rücken- und Bauchstummeln hatten eine kegelförmige Gestalt, mit Ausnahme jedoch 
der dem siebenten bis zum eilften Segmente gehörigen Stummeln, welche, wie bei den Larven von St. Vaast, ruder- 
artig verlängert waren. Die nadelartigen Borsten sassen an jedem Ringel zu zwei nicht immer deutlich getrennten 
Bündeln jederseits, und zwar so, dass im Bauchbündel eine oder zwei dickere und kürzere Borsten vorhanden waren. 
Sowohl diese diekeren wie die dünneren Borsten zeichneten sich durch die oben beschriebene raspenähnliche Beschaf- 
fenheit der Oberfläche aus. Die einzige auf eine Speciesverschiedenheit vielleicht hindeutende Abweichung bestand 
darin, dass die Larve aus Christiansand eine Einschnürung hinter dem dritten Körpersegmente und ein Paar sehr kurze 
cirrenartige Fortsätze neben den Bauchstummeln (Fig. 9) des zweiten und dritten Segmentes besass. 


Es ist mir keine Annelide bekannt, bei welcher die Fussstummeln vom siebenten bis zum eilften Ringel an- 


ders beschaffen wären als am übrigen Körper. Ich weiss ebensowenig einen Rückenkiemer — denn unser Wurm gehört 
wohl unstreitig zu dieser Abtheilung — zu nennen, dessen Borsten die beschriebene raspenartige Beschaffenheit 


20* 


s0 k. Abschnitt. Würmer. 


besässen. Freilich könnte man mir entgegenhalten, diese Borsten möchten eine nur provisorische Existenz haben. Es 
wäre in der That nicht unmöglich, dass sie später ausfallen, um durch andere ersetzt zu werden. Allein es würde 
dies wohl der erste Fall eines so lange andauernden Persistirens der provisorischen Borsten sein. Auch hat man 
meines Wissens provisorische Borsten bei so zahlreichen Segmenten niemals beobachtet, so dass ich lieber nur die 
viel längeren Haarborsten des ersten Leibessegmentes für provisorisch halten möchte. Es würde ohnedies die eigen- 
thümliche Ausbildung des Fussstummels vom 7. bis zum 11. Segmente unerklärlich bleiben. Aus diesen Gründen halte 
ich es noch immer für das Wahrscheimlichste, dass fragliche Larven die Jugendzustände einer noch zu entdeckenden 


Annelidenform seien. 


3. Zur Entwicklung von Polynoe. 
Taf. VIIL Fig. T—11. 


Die Entwicklung der Polynoen ist uns aus den schönen Beobachtungen sowohl von Sans! wie namentlich von 
Max Merrer® sehr wohl bekannt. Die Richtigkeit der vom letzteren gelieferten Darstellung kann ich nach eigenen, an 
freischwimmenden Larven angestellten Untersuchungen verbürgen. Nur passen Max Mvrrer’s Abbildungen auf meine 
Larven nicht ganz vollständig, ein Umstand, der wahrschemlich darin seine Erklärung findet, dass ich meine Unter- 
suchungen an einer anderen Species anstellte. 

Die kleinsten von mir beobachteten Individuen erreichten eme Länge von circa 0,2 Mm. Sie waren durch eine 
wulstartige Leiste der Quere nach in einen kleineren Vorder- und einen viel grösseren Hintertheil geschieden (Taf. VII. 
Fig. 7). Da dieser Ringwulst (v) an seiner Vorderseite mit einem Saum langer schwingender Wimpern ausgestattet ist, 
so ist er dem bei den jungen Leucodoren- und Magelonenlarven ganz gleich gestellten Segelwulst vollkommen ver- 
gleichbar. Der auf diese Weise gebildete Wimperkranz ist übrigens nicht geschlossen, sondern bleibt auf der Rücken- 
seite offen. Dicht vor dem Segelwulst und mithin unmittelbar unter dem Ansatze der Wimpern befindet sich ein dun- 
kelbrauner Pigmentring. Der vor dem Segelwulst gelegene Vordertheil ist gewölbt und glatt. Den von Sars beschriebenen 
Wimperschopf am Scheitel konnte ich bei meinen Larven ebenso wenig entdecken, wie Max Mtrrer bei den seinigen; ' 
dagegen fielen mir die beiden schwarzen, mit Linsen versehenen Augen nahe am Rückentheil des Segelwulstes sogleich 
auf. Jedes derselben sass einem ziemlich flachen Höckerchen auf. Dicht hinter dem Segelwulste und demnach dem 
Hintertheil angehörend entspringt ein dicker stark vorspringender Fortsatz, der mit kurzen Flimmereilien ausgekleidet 
ist und an seiner Spitze (Fig.7 und 8. 0) den Mund trägt. Man kann ihn sehr passend als Mund- oder Lippenfortsatz 
bezeichnen. Rund um die Basis desselben herum läuft ein wenig vorragender Wulst, welcher einen kräftigen Wimper- 
kranz (l) trägt. Die Larve schwimmt mit der alleinigen Hülfe der langen Wimpern sowohl vom Segel- wie vom Lip- 
penwulst umher, denn von einem Afterwimperkranz ist hier keine Spur vorhanden. Die Leibeswand ist sehr dick, 
zeigt aber weder Quereinschnürungen, noch Borstenbündel, noch Fussstummeln. Der durch die grünliche Farbe seiner 
Wandung ausgezeichnete Darmcanal zieht sich, allmählich enger werdend, durch die ganze Leibeshöhle vom Munde 
bis zum After, welcher nahe am Hinterende, jedoch eigentlich auf dem Rücken liegt. 

Niemals sind die Larven von Polynoe mit provisorischen Borsten ausgestattet. Die erste Spur von Segment- 
bildung wird am Hervorkeimen zweizeiliger Seitenfortsätze bemerkbar. Es schien mir sogar, als ob sich von vorn 
herein sechs Paar conische Fortsätze jederseits gleichzeitig bildeten. Jeder Fortsatz ist von einem kurzen Borstenbündel 
begleitet, in welchem man sowohl glatte Nadeln, wie die charakteristischen gezähnelten Borsten der Polynoen unter- 
scheidet. Die folgenden Ringel erscheinen stets unmittelbar vor dem Aftersegment. Sobald neun Ringel gebildet sind, 
erscheinen die Elytren, wovon ich nie weniger als vier Paar zugleich, nämlich am zweiten, vierten, fünften und sie- 


benten Segmente antraf. Gleichzeitig bilden sich die Antennen, die Fühlereirren und die Rückenecirren des dritten, 


! Zur Entwickelung der Anneliden von M. Sans. — Archiv für Naturgeschichte. 1845. p. I. ? Ueber die Entwickelung und 


Metamorphosen der Polynoen von Dr. Max Mürter. — Archiv für Anatomie und Physiologie. 1851. p. 323. 


III. Anneliden. si 


sechsten und achten Segments. Die Schwimmwerkzeuge gehen allmählich verloren, nur persistirt ein Rückenwimper- 
bogen hinter dem Kopflappen und mithin unter dem ersten Elytrenpaar als Ueberrest vom Segelwulst noch lange Zeit. 

Im Sound of Sleat in der Nähe von Kilmore (Sky) beobachtete ich einige Larven, die mit der eben beschrie- 
benen sehr verwandt waren. Eine derselben habe ich auf Taf. VIII. Fig. 9 dargestellt. Segel- (v) und Lippenwulst (1"' 
sind ähnlich gebildet, nur mit viel kräftigeren Cilien ausgerüstet. Man bemerkt übrigens, dass die Wimpern keine ein- 
fache Schnur bilden, sondern in mehreren Reihen hintereinander am Wulste sitzen, so dass ein Theil derselben nach 
vorn gerichtet werden kann, während andere, obschon von derselben Gegend entspringende Wimpern nach hinten zu- 
rückgeschlagen sind. Der Mund wird von einer unteren (l) und einer oberen (l‘) Lippe eingefasst, die einen flimmern- 
den stark vorspringenden Fortsatz bilden. Augen fehlen. Zweizeilige Fussstummeln mit zugehörigen Borsten (Fig. 10 
und 11) sind bereits vorhanden, ja deren Zahl beträgt sogar eilf Paar jederseits, wenngleich noch keine Elytren und 
keine Cirren aufgetreten sind. Bei so langen Polynoelarven sah ich stets in St. Vaast, wie Max Merrer in Triest, dass 
die Larvenkennzeichen der Rückbildung bereits anheimgefallen waren. Das Persistiren der provisorischen Organe bei 
der Larve aus Kilmore möchte vielleicht zur Vermuthung führen, dass sie die Jugendform nicht einer Polynoe, sondern 
einer anderen Aphroditacee sei. Am ehesten dürfte sie noch der Gattung Sigalion angehören, wovon eine Art wenig- 
stens am Strande des Sound of Sleat sehr häufig war. Ich unterliess es leider zu untersuchen, ob sich dieser Wurm 
durch dieselben Borstenformen (Fig. 11) wie die Larve auszeichnet. 


6. Zur Entwicklung der Gattung Odontosyllis. 


Taf. XII. Fig. 9—15. 


Die Gattung Odontosyllis wurde im vorliegenden Werke aufgestellt und eine zu dieser Gattung gehörige Species 
Odontosyllis gibba ist von mir näher beschrieben worden. Obschon ich nicht im Stande war, die Entwicklungsge- 
schichte dieser Syllideen in allen ihren Zügen zu verfolgen, so traf ich dennoch mehrere Larvenformen, die als Jugend- 
zustände einer Odontosyllis leicht zu erkennen waren, und da sie mir manche interessante Eigenthümlichkeiten dar- 
boten, so sollen sie hier beschrieben werden. 

Wir wollen zunächst unser Augenmerk auf eine anderthalb Millimeter lange, auf Taf. XII. Fig. 12 dargestellte 
Larve richten, deren Verwandtschaft mit Odontosyllis durchaus nicht verkannt werden kann. Die Zahl der Ringel be- 
trug bei diesem Würmchen ausser dem Kopflappen und dem Aftersegment genau zehn. Der Kopflappen war undeut- 
lich sechseckig, an den Rändern und der Unterseite mit einem gleichmässigen Wimperflaum überzogen; nur am Hinter- 
theil des Seitenrandes ragten viel längere Cilien (Fig. 12. a) hervor, die auf der Bauchseite bis zum Munde zu ver- 
folgen waren. Starre Härchen waren ausserdem auf dem Kopflappen, namentlich auf dessen Vorderrand, spärlich zerstreut. 
Die Unterseite erschien durch eine breite, seichte Längsfurche in zwei über den Stirnrand nicht hinausragende Polstern 
getheilt. Die Oberseite trug drei kurze deutlich gegliederte Kopffühler, hinter welchen drei Paar rothe Augen ohnge- 
fähr auf einer Querlinie standen. Das innere und das äussere Paar waren sehr klein und bestanden aus blossen 
Pigmenthaufen, das mittlere Paar dagegen war grösser und aus einer rundlichen Linse und einem halbmondförmigen 
Pigmentlleck zusammengesetzt. 

Das erste Körpersegment war borstenlos und jederseits in einen wenig vorspringenden Fussstummel ausgezogen, 
von dessen Basis ein gegliederter Rückeneirrus entsprang. An allen folgenden Ringeln waren die einzelligen Fussstum- 
meln viel länger, cylindrisch, an der Spitze zweilippig. Zwischen beiden Lippen trat ein Bündel langer zusammenge- 
setzter Borsten hervor. Der Rückencirrus war demjenigen des ersten Ringels völlig gleich, d. h. fernrohrartig geglie- 
dert und mit Härchen besetzt. Nach hinten zu erscheinen sowohl Fussstummeln wie Rückencirren allmählich kleiner, 
bis sie am 10. Segmente nur noch kleine borstenlose Papillen darstellten. Am Rücken aller Segmente sah man eine 
finmmernde, den Vorderrand einnehmende Wimperschnur (vgl. Fig. 12.), welche beiderseits am Fussstummel endigte, 
indem sie einen Kranz (Fig. 1%. b) um das Basalglied des Rückeneirrus bildete. Flimmereilien waren ausserdem an 


Claparcde, Anatomie u, Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 21 


82 4. Abschnitt. Würmer. 


der Unterseite jedes Fussstummels (Fig. 14. c) bemerkbar, sonst aber konnte ich an keinem Theile der Bauchseite Flim- 
merbewegung wahrnehmen. 

Das Endsegment war ringförmig aufgewulstet und mit einem flimmernden Wimpergürtel umgeben, aus dessen 
Mitte zahlreiche knopfartige Wärzchen hervorragten. Von der Hinterseite dieses Afterwulstes entsprangen zwei geglie- 
derte, den Rückeneirren in jeder Beziehung gleichkommende Aftereirren (Fig. 12. d). Ausserdem sass ein kurzer nach 
hinten gerichteter Baucheirrus (e) auf der Unterseite des Endsegments. Einen solchen unpaarigen Baucheirrus kenne 
ich nur vom Hinterende der Sphaerodoren. Ich vermag leider nicht mit Sicherheit anzugeben, ob er auch bei den 
ausgebildeten Odontosylliden vorkommt. Ich habe ihn zwar bei denselben niemals beobachtet, hatte aber keine Gele- 
genheit, die reifen Würmer, seitdem ich fragliches Organ bei den Larven kennen lernte, darauf zu prüfen. 

Die Bildung des Verdauungsapparates erinnerte an Odontosyllis bereits vollständig. Der Rüssel war kurz, kaum 
länger als breit. Dessen Gutieula erschien sowohl an der Rücken- wie an der Bauchwand zu zahnartigen Gebilden 
verdickt und verhärtet (Taf. XII. Fig. 13). Die Bauchzähne waren hakenförmig und bildeten eine Querreihe, worin die 
Zähne nach beiden Seiten zu an Grösse allmählich abnahmen. Die Rückenzähne (a), wovon erst zwei angelegt waren, 
boten die Gestalt eines Kegels mit nach hinten gerichteter Spitze dar. 

Dass beschriebene Larve zu Odontosyllis gehört, ist, wie man es aus dem Vorhergehenden leicht ersieht, nicht 
zu läugnen. Nur bleibt es unentschieden, ob sie für eine Entwicklungsstufe von Odontosyllis gibba oder von einer 
anderen Species zu halten sei. Die Anzahl der Augen ist zwar grösser als bei Od. gibba,' indessen wissen wir jetzt 
aus der Entwicklungsgeschichte von Leucodora ciliata, dass manche Annelidenlarven mehr Augen besitzen können als 
die zugehörige reife Thierform. Die Zahl der zahnartigen Verdickungen der Cuticula an der oberen Schlundwand ist 
dagegen bei unserer Larve geringer als bei Od. gibba, jedoch bleibt die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sich 
andere den schon vorhandenen bei weiterer Entwicklung hinzugesellen. Unsere Larve besass eine Reihe rother, zwischen 
je zwei Segmenten gelegener Flecke jederseits auf der Rückenseite. allein wir sahen bereits, dass ich einmal eine sich 
durch dieselbe Eigenthümlichkeit auszeichnende ausgebildete Odontosyllis antraf. 

Das interessanteste Merkmal unserer Larve ist unstreitig das Vorhandensein eines Rückenwimperbogens an jedem 
Segmente bei vollständigem Mangel an Bauchwimperbögen. Es ist wiederum ein Beweis, dass Busen die Bauchseite 
seiner Larve mit der Rückenseite durchaus nicht verwechselt zu haben braucht, da Leverarr den Grund für die An- 
nahme dieser Verwechselung in dem einzigen Umstand findet, dass Busch die Wimperbögen auf dem Rücken und nicht 
auf dem Bauche zeichnet. 

Taf. XII. Fig. 9 und 10 stellen das Vorderende zweier gteichalterigen Larven, die erste von der Rücken-, die 
zweite von der Bauchseite dar. Diese Larven waren einander vollkommen gleich, circa drittehalb Mm. lang und be- 
standen beide aus achtzehn Segmenten. Sie gehörten, wie es sich aus der Beschaflenheit des Rüssels ergab, zu Odon- 
tosyllis und besassen, wie die vorige viel jüngere Larve, einen Rückenwimperbogen an jedem Segmente. Gleichwohl 
wichen sie von ihr durch verschiedene Merkmale ab, welche aber derart waren, dass sie unsere Larven zu Ueber- 
gangsgliedern zwischen der vorigen Larve und den erwachsenen Odontosylliden stempelten. 

Der Kopflappen ist noch immer sechseckig und an den Seiten mit Wimperflaum versehen. Am Hinterrand 
sitzen ebenfalls die stärkeren Cilien, welche an der Unterseite (Fig. 10. b) bis zum Maule zu verfolgen sind. Die bei 
der zuerst beschriebenen Larve vom Kopflappen vollständig verdeckten flimmernden Polstern ragen nun (Fig. 9. b) bei 
der Rückenansicht über den Stirnrand vor, jedoch nicht so weit hinaus wie bei den ausgebildeten Odontosylliden 
(vgl. Taf. XI. Fig. 7). Die Augenstellung erscheint etwas verändert, eine Verschiedenheit, die sich zweifelsohne aus 
einer geringen Gestaltänderung des Kopflappens erklären lässt. Ausserdem ist das äussere oder vorderste Paar Augen 
im Verhältniss zu den anderen sehr klein geworden, obschon es noch nicht so verkümmert wie bei O. gibba erscheint. 
Kopffühler und Rückeneirren sind wie bei den erwachsenen Odontosylliden gebildet, demnach ist deren Gliederung 
nicht so scharf ausgesprochen wie bei der zuerst erwähnten Larve. Der Hauptunterschied zwischen diesen Larven 


' Wir sahen übrigens, dass man bei Odontosyllis gibba mit einiger Aufmerksamkeit ein winziges drittes Paar Augen entdecken kann, 
so dass der scheinbare Unterschied auf diese Weise ausgeglichen wird. 


III. Anneliden. s3 


und der vorigen besteht darin, dass das erste (borstenlose) Leibessegment (Fig. 9. f) im Verhältniss zu den folgenden 
in der Entwicklung zurückgeblieben ist, so dass sein Rückentheil nur noch ein buckelartiger Vorsprung dicht vor dem 
zweiten — d. h. ersten borstentragenden — Segmente bildet. Wenn man dieses Bild mit der Rückenansicht einer 
ausgebildeten Odontosyllis vergleicht, so kömmt man leicht auf die Vermuthung, dass der früher beschriebene buckel- 
artige Vorsprung des zweiten Segmentes (Fig. 7. b) bei Odontosyllis dadurch entstanden ist, dass der kleine Tergal- 
theil des ersten Segmentes (Fig. 9. f) mit dem entsprechenden Theile des folgenden innig verschmolzen ist. Diese 
Vermuthung erscheint um so statthafter, als diese Verschmelzung bei unseren Larven wirklich schon eingetreten ist, 
so dass die Grenze zwischen beiden Segmenten nur durch den Rückenwimperbogen des zweiten Segmentes angege- 
ben wird. Wie dem auch sei, so ist am ersten — borstenlosen — Segmente der Fussstummel zu einem wirklichen 
Baucheirrus allmählich herangewachsen, so dass dieses Segment wie beim ausgebildeten Thiere mit einem dorsalen 
und einem ventralen Fühlereirrus versehen ist. 

Das Hinterende (Fig. 11) unserer Larven ist noch immer mit dem fimmernden Afterwulst, den beiden After- 
eirren (b) und dem unpaarigen Baucheirrus (a) ausgestattet. Um etwas ältere Odontosylliden hatten sowohl die Rücken- 
wie die Afterwimpern eingebüsst und waren demgemäss von den ausgebildeten Individuen nicht zu unterscheiden. 

Endlich muss ich noch einer 0,20 Mm. langen Larve (Taf. XII. Fig. 15) Erwähnung thun, die möglicher Weise 
auch hieher zu ziehen ist. Sie besteht erst aus vier Segmenten, wovon nur die drei hinteren mit Borsten ausgerüstet 
sind. Das vorderste, vielleicht nur als Kopflappen zu deutende Segment ist breit herzförmig mit zwei winzigen knopf- 
artigen Fühlerchen am Vorderrande. Dessen Hintertheil, der vielleicht als ein mit dem Kopflappen innig verbundenes 
Mundsegment anzusehen ist, trägt einen kurzen behaarten, an der Basis angeschwollenen Cirrus jederseits. Die drei 
folgenden Segmente sind mit kurzen einzeiligen Fussstummeln und äusserst langen Bündeln zusammengesetzter Borsten 
ausgestattet. Die beiden hintersten Ringel besitzen ausserdem einen kurzen, dem Fühlereirrus durchaus ähnlichen 
Rückencirrus. Endlich läuft das Endglied in zwei dicke, kegelförmige Aftereirren aus. Die Rückenseite ist mit mehreren 
rothen Flecken ausgeschmückt, wovon drei Paar auf dem Kopfsegment dicht hinter einander gelegen sind, während 
die anderen zu je einem Paare dem mittleren Theile jedes Segments und den Aftereirren zukommen. 

Mit den Odontosyllislarven kommt unser Würmchen darin überein, dass jedes Segment mit einem Rückenwim- 
perbogen ausgestattet ist, während Bauchwimperbögen durchaus fehlen. Die Aehnlichkeit hört aber damit auf, indem 
diese Wimperbögen nicht wie bei Odontosyllis den Vorder-, sondern vielmehr den Hinterrand jedes Segmentes einneh- 
men. Der Afterwulst ist ausserdem nicht vorhanden. Es wäre daher wohl möglich, dass unsere Larve der Jugend- 
zustand nicht einer Syllidee, sondern einer Nereide sei. Sowohl die Stellung der Kopffühler wie die Borstengestalt 
sind dieser Hypothese günstig. Bei jungen Nereiden, welche den ausgebildeten bereits vollkommen gleich sind, aber 
erst aus fünf borstentragenden Segmenten bestehen, haben überdies die Rückencirren etwa dieselbe Gestalt wie bei 


vorliegender Larve. 


7. Zur Kenntniss der Gephyreenlarven. 


Taf R VII Bier IT—N0r 


Es geht aus Seuseier’s! herrlichen Beobachtungen mit Gewissheit hervor, dass Actinolrocha die Larve einer 
Sipuneulide sei. Dieser Wurm unterscheidet sich aber, wie es sich aus den übereinstimmenden Angaben von Kronn,” 
Scuseiver und mir? ergiebt, von allen bisher bekannten reifen Gephyreen durch mehrere Eigenthümlichkeiten,, so 
z. B. durch die Anwesenheit eines ausgebildeten, rothes Blut führenden Gefässsystems. Es frägt sich nun, ob dieser 


Wurm weitere Verwandlungen eingehe und die Gestalt einer der bekannten Gattungen später annehme, oder ob er 


! Veber die Melamorphosen der Actinotrocha branchiata von Dr. Anton Scnseiper. — Monatsber. der Akad. der Wiss. zu Berlin. 
24. Oct. 1861. — Archiv für Anatomie und Phys. 1862. p. 47. ? Ueber Pilidium und Actinotrocha von Dr. A. Kroux. Archiv für 
Anat. und Physiologie. 1858. p. 293. 3 Beitrag zur Kenntniss der Gephyrea von Dr. Ep. Craranene zu Genf. Archiv für Anat. und 


Phys. 1861. p. 537. 
21% 


SA k. Abschnitt. Würmer. 


erwähnte Eigenthümlichkeiten auf immerdar beibehalte. Diese Frage könnte vielleicht auf dem Wege der Vergleichung 
der verschiedenen, in mehreren Localitäten vorkommenden Gephyreengattungen und Gephyreenlarven mit einander wenig- 
stens mit einiger Wahrscheinlichkeit gelöst werden. So könnte man sich durch das gleichzeitige Vorkommen in St. Vaast 
von Actinotrocha und von verschiedenen Phascolosomenarten, bei bisherigem Mangel an anderen Gephyreen, zur Vermu- 
thung hinreissen lassen, als ob Actinotrocha der Larvenzustand der Gattung Phascolosoma sei. Dieser Ansicht kann ich in- 
(lessen nicht huldigen, und zwar nicht wegen der Unwahrscheinlichkeit einer Verwandlung der gefässführenden Gephyree 
in ein gefässloses Phascolosoma, sondern weil ausser Actinotrocha noch eine andere Gephyreenlarve in St. Vaast la Hougue 
vorkommt, die mit den von Kroun,' Mac Donarn,” Kererstein und Enters” beobachteten Sipunculuslarven in allen wesent- 
lichen Punkten übereinstimmt. Diese Larve halte ich — wegen der nahen Verwandtschaft beider Gattungen — für die 
Jugendform von Phascolosoma. Ich beobachtete von derselben ein einziges Exemplar, welches mir während des Abzeich- 
nens leider verloren ging, so dass ich keine darauf bezügliche Abbildung mittheilen kann. Die äusserste Seltenheit dieser 
Larve, bei grosser Häufigkeit der erwachsenen Phascolosomen, erklärt sich wahrscheinlich dadurch, dass die regelmässige 
Entwicklung nicht in den Sommermonaten vor sich geht. 

Um auf Actinotrocha zurückzukommen, so ist es mir aufgefallen, dass alle in St. Vaast vorkommenden Exemplare 
— wovon mir zwar nur sechs oder sieben zu Gesichte kamen — ungemein jung aussahen, obschon ich im Frith of Clyde 
und in den Hebriden sehr grosse Actinotrochen genau zu derselben Jahreszeit antraf, bei denen der Schlauch, aus welchem 
sich nach Sceuseiwer’s Beobachtungen die Körperwand des werdenden Wurmes bilden soll, schon beträchtlich entwickelt 
war. Die Actinotrochen von St. Vaast waren viel kleiner als die bisher beobachteten. Sie übertrafen nämlich eine Länge 
von 0,15 Mm. nicht, waren jedoch bereits durch ihr Benehmen noch mehr als durch ihre Gestalt zu unzweideutigen Acti- 
notrochen gestempelt. Die kleinsten (Taf. XVII. Fig. 10) bestanden aus einem grossen Schirm und einem verhältnissmässig 
kleinen blattartigen Körper. Ersterer war dem Schirme der älteren Actinotrochen bereits ganz gleich und bewegte sich wie 
dieser von Zeit zu Zeit auf und nieder. Der Körper aber war flach, mit parallelen Rändern, am Hinterende dreilappig, und 
bot mit dem Leibe der ausgebildeten Actinotrochen nur wenig Achnlichkeit. Er enthielt indessen eine Leibeshöhle, durch 
welche sich der breite braune Nahrungsschlauch geradlinig hinzog. Die seitlichen Lappen des Hinterleibes sind offenbar 
die erste Andeutung des späteren Tentakelgürtels. 

Die ältesten in St. Vaast beobachteten Actinotrochen waren nicht viel grösser als die zuerst erwähnten, nur war 
der Körper (Fig. 9) dicker und länger geworden und die Anzahl der hervorkeimenden Tentakeln war zu vier gewachsen. 
Auch konnte man bereits erkennen, dass diese Organe nicht der Rücken- sondern der Bauchflläche angehören. Von den 


Augen war noch keine Spur zu sehen. 


$. Rückblick über die verschiedenen Larventypen bei den Anneliden. 


Wirnerm Busen‘ und Jonasses Menrer? verdanken wir die ersten Versuche einer Classification der Annelidenlarven. 
Die dabei gewonnenen Resultate sind von Senurrze® in einer Abhandlung über die Entwicklung von Arenicola piscatorum 
sorgfältig zusammengestellt worden. Es geht aus diesen Arbeiten hervor, dass die jungen Anneliden — nach vorherigem 
Anschluss der keine erhebliche Umwandlungen durchmachenden Embryonen von Gyslonereis, Exogone und Fabricia — in 
vier Abtheilungen, Telotrochae, Mesotrochae, Polytrochae und Atrochae, am besten untergebracht werden sollen. 


Mürver’s Telotrochae, die Busen unter dem Namen von Sans-Lovin’schem Typus zusammenfasste, sind mit 


! Weber die Larve von Sipunculus nudus, nebst vorausgeschickten Bemerkungen über die Sexualverhältnisse der Sipunculiden von 


Dr. A. Kronms. — Archiv für Nalurgeschichte. 1851. S. 368. ? Nach einer mir geschenkten Zeichnung einer Sipuneuluslarve aus der 
Südsee. e ‚Zoologisehe Beiträge, gesammelt im Winter 1859 — 60 in Neapel und Messina von Wırn. Kerersteın und Erst Entens. 
Leipzig 1861. S. 51. * Beobachtungen über Anatomie und Entwicklung einiger wirbellosen Seethiere von Dr. W. Busch. p. 55. 
’ Ueber die Jugendzustände einiger Seethiere von Jon. Mürner. — Monatsber. der K. Akad. der Wiss. zu Berlin. 1851. S. 468. ® Ueber 


die Entwicklung von Arenicola piscatorum, nebst Bemerkungen über die Entwicklung anderer Kiemenwürmer von Prof. MAx ScCHULTZE. 
Halle 1856. 


III. Anneliden. 85 


einem Wimperkranz an jedem Ende des Körpers — der vordere meist zwischen Augen und Mund gelegen — versehen, 
zwischen welchen sich später die Glieder des Wurmes entwickeln. Die Mesotrochae zeichnen sich durch ein in der Mitte 
des Körpers stehendes einfaches oder doppeltes Räderorgan aus. Die Polytrochae tragen mehrere Wimperkränze in gleich- 
mässigen Abständen am Körper. Atrochae endlich nennt Jow. Murrer solche Larven, bei denen der sonst nur im frühesten 
Embryoleben vorkommende, aber meist den isolirten Reifen später weichende, allgemeine Wimperüberzug während des 
ganzen Lebens in gleicher Weise persistiren soll. Derartige Larven sind mir aus eigener Anschauung nicht bekannt. 

Es frägt sich nun, ob die drei zuerst erwähnten Abtheilungen, Telotrochae nämlich, Mesotrochae und Polytrochae, 
naturgemässen Entwicklungstypen wirklich entsprechen. Diese Frage muss ich entschieden verneinen. Zuerst sind die 
Telotrochen und Polytrochen von einander durchaus nicht wesentlich verschieden, wie es aus dem Umstande mit Bestimmt- 
heit hervorgeht, dass die Polytrochen am Anfange des Larvenlebens als Telotrochen auftreten. So gehören z. B. die älteren 
Leucodoren- und Spiolarven (cf. Taf. VII. Fig. 6—11; Taf. VIII. Fig. —6) zu den Polytrochen, denn es darf mir Keiner 
entgegensetzen, dass diese Larven wohl Bauch- und Rückenwimperbögen, jedoch keine eigentliche in gleichmässigen Ab- 
ständen stehende Wimperkränze oder Wimperreifen besitzen. Mir ist es nämlich sehr zweifelhaft, ob solche geschlossene 
Wimperreifen ausser dem Segelwulst der jüngsten Larven und dem Afterwimperkranz bei Annelidenlarven überhaupt vor- 
kommen. Meistens hat man ohne Weiteres angenommen, dass sich die auf der Bauch- oder auf der Rückenseite wahrge- 
nommenen Wimperbögen auf die Kehrseite fortsetzten, während sie in Wirklichkeit an den seitlichen Fussstummeln auf- 
hörten, oder auch nahm man vielleicht an, dass schwächere Rückenwimperbögen — z. B. bei Leucodora — innig 
zusammenhängen, während sie thatsächlich von einander ganz unabhängig sind. Die Entwicklungsgeschichte führt hierin 
zu einem bei den Arthropoden schon vielfältig gewonnenen Ergebnisse, dass sich nämlich die Tergal- von der Sternalseite 
ganz unabhängig verhält. Wir dürfen also mit Fug und Recht sagen, dass die älteren Leucodorenlarven sowie auch die 
Jungen von Magelona und mehrere andere in dieser Abhandlung beschriebene unreife Annelidenformen in die Abtheilung 


der Polytrochen gehören. Nun aber machen diese Wesen im früheren Larvenleben ein Entwicklungsstadium durch, in 


welchem sie nur aus dem vordersten und dem Endsegment bestehen, wobei sie ausser den Segelwimpern und dem After- 
wimperkranz keine anderen Schwimmwerkzeuge besitzen. Zu dieser Zeit müssten sie offenbar in die Abtheilung der Telo- 


trochae untergebracht werden. Alle Polytrochae sind zu einer gewissen Zeit Telotrochae gewesen. Es ist sogar ungewiss, 
Oo oO o° o° ke 


ob wirklich Telotrochen vorkommen, welche in die definitive Annelidenform — ohne das Polytrochenstadium durchzu- 
machen — unmittelbar übergehen. Selbst die Terebellenlarven können nicht mehr als solche betrachtet werden, seitdem 


ich gezeigt habe, dass sie sich der Anwesenheit mehrerer Rückenwimperbögen erfreuen. 

Unter den Telotrochen werden übrigens von Max Scnurrze mehrere Larven aufgezählt, denen das eigentliche 
Telotrochenmerkmal abgeht, so z. B. die Lovey'sche Larve und die von Sars beobachteten Polynoelarven. Erstere, welche 
den Jugendzustand irgend einer Aphroditacee sehr wahrscheinlich darstellt, besitzt Lov£v’s Abbildungen zufolge! nur den 
Segelwulst, aber keinen Afterwimperkranz. Die Larven von Polynoe sind in demselben Falle. Niemals nahm ich weder in 
den Hebriden noch im Busen von Normandie die geringste Spur von Flimmereilien an ihrem Afterende wahr. Max Mirrer 
zeichnet bereits bei seinen Polynoelarven aus dem Mittelmeere nur die Segelwimpern und keinen Afterwimperkranz. Diese 
Larven ermangeln also des Merkmales, welches sie zu Telotrochen allein stempeln konnte, da sich diese Abtheilung durch 
Mirrer’s und Scnurrze’s Definition eines Wimperkranzes an jedem Körperende erfreuen soll. Es ist übrigens nicht un- 
wahrscheilich, dass viele Telo- und Polytrochen ein Stadium durchmachen, in welchem sie wie die Polynoelarven den 
Afterwimperkranz entbehren und nur vermittelst des Segelwulstes umherschwimmen. So ergeht es z. B. den Leucodoren- 
larven während der jüngsten Entwicklungsstufe (vgl. Taf. VII. Fig. 4 und 5). 

Mürrer’s Abtheilungen der Telo- und Polytrochen bedürfen demgemäss einer sorgfältigen Revision und können 
jedenfalls als solche nicht mehr bestehen. Mir ist es übrigens sehr zweifelhaft, ob überhaupt die Anzahl der sog. Wimper- 
reifen das beste Eintheilungsprinceip abgeben könne. Ich meine vielmehr, dass dieses Merkmal behufs einer naturgemässen 
Classification mit anderen verbunden werden müsse. Schon längst ist es mir aufgefallen, dass eine grosse Anzahl von 


übrigens specifisch verschiedenen Annelidenformen nicht nur durch ihre Gestalt, sondern auch durch ihr eigenthümliches, 


! Jagttagelser öfver Metamorfos hos en Annelid af S. L. Loven. — Kongl. Vetenskaps-Academiens Handlingar. Stockholm 1840. p. 93. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloscr Thiere. 22 


Ss6 4. Abschnitt. Würmer. 


oft an das Possierliche grenzendes Benehmen eine unverkennbare Verwandtschaft mit einander kundgeben. Es sind dies 
Larven mit sehr langen Borstenbündeln , bei denen die Borsten des ersten Körpersegmentes die anderen meistens bedeu- 
tend übertreffen. Sie schwimmen vermittelst ihrer Wimperapparate sehr behende umher, indem die langen Borsten am 
Körper ganz glatt herunterliegen. Sobald sie aber aus irgend einer Ursache erschrecken, so z. B. wenn man sie mit einer 
Nadel reizt oder wenn ihnen irgend ein Hinderniss in den Weg tritt, dann sträuben sie die gewaltigen Borsten stachel- 
schweinartig auseinander, wie ich es von einer sehr jungen Leucodorenlarve (Taf. VII. Fig. 4, abgebildet habe und wie es 
Bvscn von einer seiner Larven ebenfalls erzählt.‘ Wenn diese Larven bereits aus mehreren Gliedern bestehen, dann rollen 
sie sich zugleich, wie ein Igel, oder richtiger wie die Raupe von Euprepia caja und viele andere Bärenraupen spiralig zu- 
sammen, so dass sie einen wahren Wald von Spiessborsten nach allen Seiten dem feindlichen Angriff entgegenhalten. 
Solche Larven sind z. B. die der Leucodoren, der Magelonen und der anderen Spiodeen, dann die Larven vom unbestimm- 
ten Rückenkiemer mit ruderartigen Bauch- und Rückenfussstummeln vom siebenten bis zum eilften Segmente aus St. Vaast 
und Christiansand, und die Larve unbekannter Abstammung, die auf Taf. XI. Fig. 3 abgebildet steht. Dahin gehört auch 
eine sehr eigenthümliche Larve (Taf. VII. Fig. 1— 2) mit rüsselartigem Kopflappen und flimmernden, nach auswärts und 
oben gerichteten blattartigen Mundtentakeln, deren Abstammung mir ebenfalls unbekannt ist.” Endlich beobachtete ich eine 
ebenfalls dahingehörende, den Leucodorenjungen sehr ähnliche Larve, mit schönen Pigmentflecken auf dem Rücken, welche 
sich durch die Anwesenheit von zwei rädernden flossenartigen, den Flimmerlappen von Pterosyllis ähnlichen Gebilden auf 
der Rückenseite des Kopflappens auszeichnete. 

Wenn wir nach dem allen diesen Thieren Gemeinsamen forschen, so finden wir zuvörderst, dass sie alle mit einem 
kräftigen Afterwimperkranze versehen sind. Dieses Merkmal kommt aber anderen Annelidenlarven, so z. B. den Jungen 
der Terebellen, wenngleich in geringerer Ausbildung gleichfalls zu. Die anderen Wimperapparate sind bei diesen Larven 
sehr variabel. Manche besitzen nur Bauch-, andere nur Rückenwimperbögen, während sich noch andere durch die gleich- 
zeitige Anwesenheit sowohl von Bauch- wie von Rückenwimperbögen auszeichnen. Es giebt aber ausser dem Vorhanden- 
sein eines Afterwimperkranzes noch ein zweites, allen diesen Larven gemeinsames und dazu, wie es scheint, eigenthümliches 
Kennzeichen. Ich meine die Anwesenheit von langen provisorischen Borsten. Das oben beschriebene bärenraupenmässige 
Benehmen kommt nur den mit provisorischen Borsten ausgerüsteten Larven zu, es geht aber keiner von denselben ab. 
Dass diese Larven mit einander sehr verwandt sind, geht übrigens daraus hervor, dass es mitunter sehr schwer fällt. sie, 
namentlich während der ersten Entwicklungsstadien, von einander. zu unterscheiden. Ich würde daher die Annelidenlarven, 
je nachdem sie mit provisorischen von den definitiven durch Länge und Gestalt abweichenden Borsten oder von vorn 
herein mit den definitiven Borsten versehen sind, in Metachaetae und Perennichaetae eintheilen. Diese beiden Gruppen könn- 
ten dann nach der Zahl oder dem Sitz der sog. Wimperreifen in Unterabtheilungen zerfällt werden. Unter den Metachaeten 
kommen sowohl solche, die nur Bauch-, wie auch solche, die nur Rückenwimperbögen, und solche, die beides, Rücken- 
und Bauchwimperbögen, zugleich besitzen, vor. Man könnte demnach für diese drei Unterabtheilungen die Namen von 
Gasterotrochae,, Nototrochae und Amphitrochae wählen. — Unter den Perennichaeten bilden die Polynoelarven eine sehr 
eigenthümliche Gruppe, bei welcher die Leibesringel nur sehr undeutlich angedeutet werden und welche die Gestalt des 
reifen Wurmes sehr frühzeitig einnehmen. Diese Larven zeichnen sich ausserdem durch die seltene Eigenthümlichkeit, dass 
sie ausser dem Segel- und Lippenwulst keine Schwimmwerkzeuge besitzen, aus. Ich schlage daher für diese Unterab- 
theilung den Namen Üephalotrechae vor. Die anderen besitzen meistens mehrere Wimperbögen und man könnte für die- 
selben den Namen Polytrochae wenigstens so lange beibehalten, bis die Anzahl der bekannten Formen so gross geworden 


sein wird, dass man auch für sie der Eintheilung in Gastero-, Noto- und Amphitrochen den Vorzug gebe. Endlich kann 


' Vgl. Buscn’s Beobachtungen über Anatomie und Entwickelung der wirbellosen Thiere, S. 65. 

® Durch den zwischen je zwei Segmenten eingeschnürten Darm wird dieser Larve (Taf. VI. Fig. 1) eine Stelle unter den Raub- 
anneliden angewiesen. Die sonderbaren, nur auf der Bauch- oder Aussenseite bewimperten Tentakel (2) sind vielleicht provisorische Organe, 
wenigstens sind mir keine derartigen Organe bei reifen Anneliden bekannt. Die durch braunes Pigment gefärbte Aufwulstung des End- 
segments und der Afterwimperkranz sind wie bei den Leucodorenlarven gebildet. An jedem Segment ist ein Bauchwimperbogen bemerkbar, 
dagegen fehlen die Rückenwimperbögen durchaus. Vier rothe Augenflecke sitzen in einer Querreihe auf der Rückenseite des Kopflappens. 
Ich beobachtete nur sechs oder sieben Stück, wovon das kleinste aus 5, das grösste aus 15 Segmenten bestand. 


III. Anneliden. 87 


man den Namen Afrochae für die Larven mit allgemeinem Wimperüberzug aufrecht erhalten, wovon nur der einzige von 
Jon. Mürer angeführte Fall bekannt ist. 

Die bisher bekannt gewordenen Annelidenlarven werden in diese verschiedenen Abtheilungen auf folgende Weise 
untergebracht: 


A. Metachaetae. 
a. Gasterotrochae. Dahin die oben beschriebenen Larven der unbestimmten Rückenkiemer aus St. Vaast 
und aus Norwegen (Taf. VI. Fig. 1— 11), die Larve mit rüsselartiger Oberlippe (Taf. VII. Fig. I— 2) und 
die Larven von Magelona (Taf. X. Fig. 9). 
b. Nototrochae. Dahin die Larven von Odontosyllis (Tat. XII. Fig.9—15) und eine von Busen! abgebildete 
Larve. 
c. Amphitrochae. Dahin die Larven von Leucodora (Taf. VII. Fig. 6—11), von Spio? (Taf. VIII. Fig. 4—6 


und vermuthlich von Nerine (Leuckarr). 


B. Perennichaetae. 
a. Cephalotröchae. Dahin die Larven von Polynoe (Sars, Max Murzer, Crararepe), die (Sigalion-?) Larve von 
Kilmore (Taf. VIII. Fig. 9) und die Lov£v’sche Larve. 
b. Polytrochae. Dahin die Larven von Terebella conchilega (Taf. VII. Fig. 12; Taf. IN), von Arenicola pısca- 
torum (Max ScnuLtze), von Chaetopterus (Max Mürer, Jon. Mütter, Busch), von Sacconereis Helgolandıca 
(Max Scuvrrze), von Gapitella capitata (van Bexepen) und mehrere Annelidenlarven unbekannter Abstam- 
mung, die von verschiedenen Verfassern beschrieben worden sind. 


c. Atrochae. Dahin der einzige von Jon. Mürrer erwähnte Fall. 


Diese verschiedenen Larventypen lassen sich übrigens auf einen gemeinschaftlichen Entwicklungsplan mit Leich- 
tigkeit zurückführen. Bei allen oder fast allen — nur bei Polynoe blieb mir dieses Verhältniss unklar — findet man das 
Grundgesetz bestätigt, dass Kopf- und Aftersegment zuerst allein vorhanden sind, und dass die anderen Segmente sich der 
Reihe nach und zwar von vorn nach hinten zwischen dieselben einschalten. Mit anderen Worten bilden sich die neu ent- 
stehenden Segmente stets unmittelbar vor dem Endsegment. Dieses von Mırse Epwarns zuerst ausgesprochene Gesetz 
wäre demnach ein durchgreifendes und die entgegengesetzten Angaben Lovexs beruhen sehr wahrscheinlich auf einem 
Missverständniss. Ausserdem zeichnen sich alle diese Larven durch das frühzeitige Auftreten eines die höchste Entwick- 
Jungsstufe sehr bald erreichenden Verdauungsapparates und durch eine erst sehr spät anhebende Bildung des Nerven- 
systems aus, denn die von Bvscu als Nervenknoten bei sehr jungen Larven beanspruchten Gebilde haben ohne Zweifel 
eine andere Bedeutung. Wie bei den Mollusken geht die Ausbildung der Sinnesorgane dem Auftreten eines differeneirten 
Nervensystems mitunter bedeutend voran. Die Terebellenlarven, bei denen ich die Entwicklung der Nervencentra einer 
sorgfältigen Untersuchung unterzog, bürgen für die Richtigkeit dieser Behauptung, da sowohl Augenflecke wie Gehörblasen 
bei denselben lange Zeit vor dem ersten Auftreten von Hirnzellen erscheinen. Dieser Fall ist wegen der Anwesenheit von 
Otolithblasen für die Aufstellung unseres Gesetzes sehr wichtig, indem die blosse Anwesenheit von linsenlosen Augen- 
Nlecken als Beispiel von Ausbildung eines Sinnesorganes kaum ausgebeutet werden dürfte. Die grosse Anzahl dieser Flecke 
bei Larven von Anneliden, welche im erwachsenen Zustande deren nur wenige besitzen (Leucodoren und andere), lässt 
wohl die Frage aufkommen, ob diese Flecke mit der Lichtempfindung wirklich etwas zu thun haben. Ich muss gestehen, 
dass die diesen Flecken sehr allgemein zuerkannte Bedeutung von Sinnesorganen für mich sehr zweifelhaft geworden ist, 
seitdem ich die Mehrzahl der sog. Augenflecke vom Kopflappen der Leucodorenlarven zu derselben Zeit verschwinden 
sah, wo die Pigmentflecke der folgenden Leibesglieder ebenfalls im Schwunde begriffen waren. Es giebt bei den Leuco- 
dorenlarven eigentlich keinen anderen Unterschied zwischen den sog. Augenflecken und den Pigmentflecken des Rückens, 
als dass erstere auf dem Kopflappen, die anderen dagegen auf den folgenden Segmenten sitzen. Das frühzeitige Vorkom- 


men von Otolithen bei Terebellen lässt es aber mit Sicherheit aussprechen, dass die Bildung der Sinnesorgane derjenigen 


a. a. 0, TatayliiBie-t. 


[552 
to 
* 


ss 4. Abschnitt. Würmer. 


der Nervencentra vorangeht. Es ist dies ein neuer Beweis, dass die thierische Thätigkeit an die Differenzirung eines sog. 
Nervensystems durchaus nicht nothwendig gebunden ist. 

Die bedeutendsten unter verschiedenen Larventypen beobachteten Unterschiede betreffen die Dauer des Larven- 
stadiums. Im Allgemeinen darf man wohl sagen, dass diese Dauer bei den Metachaeten eine viel längere als bei den 
Perennichaeten sei. Alle der ersten Gruppe angehörigen Wurmlarven erreichen eine verhältnissmässig bedeutende Länge 
(mitunter bis 50 Glieder), bevor die provisorischen Organe verloren gehen. Unter der zweiten Gruppe dagegen befinden 
sich viele, die mit einer sehr geringen Anzahl Segmenten den ausgewachsenen Thieren bereits gleich sind. Dies gilt 
namentlich von den Cephalotrochae, die mit 8 bis 9 Segmenten ihre Endgestalt meist schon erreicht haben. Unter allen 
Anneliden sind es die Nereiden, welche die definitive Gestalt am frühesten anzunehmen scheinen, da kleine Würmchen mit 
erst vier borstentragenden Segmenten ausgebildeten Nereiden durchaus ähneln. Es ist leider noch unbestimmt, ob ihre 
Larven zu den Cephalotrochen gehören. Mırse Enwarnps bekannte Untersuchungen beziehen sich, wie die meinigen, nur 
auf junge Nereiden, keineswegs aber auf eigentliche Larven. Die von Buscn als Nereidenlarve abgebildete Larvenform zählt 
bereits sechs borstentragende Ringel, also wenigstens ein Paar mehr als viele junge Nereiden, die das Larvenstadium hinter 
sich haben, so dass man bezweifeln möchte, ob Buscn’s Bezeichnung gerechtfertigt sei. 


Anhang zum Abschnitt über Würmer. 


Ich lasse hier die Beschreibung einiger seltsamen Wesen folgen, denen ich keine passende Stelle im System anzu- 
weisen vermag. Dass sie unter den Würmern ihre nächsten Verwandten haben, unterliegt wohl keinem Zweifel, schwieriger 


ist es aber anzugeben, in welche Unterabtheilung sie unterzubringen seien. 


1. Ueber Chaetosoma ophicephalum nov. gen. et sp., ein mit den Nematoden vielleicht 
verwandtes Wurmgeschlecht. 


Taf. XVII. Fig. 2—3. 


Dieses sonderbare wurmförmige Wesen, welches ich in einem Seewassertümpel am Ebbestrand bei St. Vaast zu- 
fällig auffischte, übertraf eine Länge von anderthalb Millimeter nicht. Im Wasserbecken, worin ich es beobachtete, krümmte 
es sich langsam hin und her und hüllte sich in Bodensatz ein. An demselben konnte man einen abgeflachten Kopf, einen wal- 
zenförmigen, in der Mitte angeschwollenen Leib und einen hakenartigen Schwanz unterscheiden. Die sehr derbe Cuticula 
zeichnete sich durch zahlreiche regelmässige, an die Ringelung der Ascariden erinnernde Querstriche oder Querfurchen 
aus, die sich sowohl auf den Kopf wie auf den Schwanz fortsetzten. Der ganze Körper war mit spärlichen borstenartigen 
Haaren besetzt, welche am Kopfende zahlreicher, aber kürzer erschienen. Auf der Bauchseite und in geringer Entfernung 
vom Schwanze befand sich eine seltsame aus zwei Strahlenreihen bestehende Doppelflosse (Fig. 2. g). Jede Reihe war von 
circa zweiundzwanzig mit einander parallelen Stäbchen gebildet. Die linke und die rechte Strahlenreihe entsprangen beide 
an der Mittellinie dicht neben einander, wichen aber sogleich wie die beiden Aeste eines V aus einander. Bei stärkerer 
Vergrösserung stellten die Flossenstrahlen keine Stäbe, sondern gleichmässige, am Ende offene Röhren (Fig. 3) dar. In 
jeder derselben befand sich ein zarter Cylinder, der aber nicht bis zur Röhrenöffnung reichte und in eine kurze Spitze 
auslief. Diese Flossenröhren waren durch keine Membran mit einander verbunden und schienen unbewegliche Auswüchse 
der Cuticula zu sein. 

Der Kopf konnte der Gestalt nach mit einem Schlangenkopf am besten verglichen werden. Er war flach, oval, in 
der Mitte etwas eingeschnürt. Am vordersten Ende befand sich die Mundöffnung (a). Das Innere des Kopftheiles war von 


Anhang. 89 


einem muskulösen Schlunde (b) gänzlich angefüllt. Darauf folgte ein eylindrisches, gleichmässig breites, braungefärbtes 
Darmrohr, welches an der Bauchseite dicht vor dem krummen Schwanz zum After (d) ausmündete. Nirgends nahm ich 
Flimmerbewegung in diesem Verdauungsapparate wahr. 

Der mittlere angeschwollene Körpertheil barg zwei Eierstöcke (e). Beim ersten Anblick erschienen sie hinter ein- 
ander gelegen, so dass man ein vorderes und ein hinteres Organ unterscheiden konnte; bald aber erkannte ich, dass der 
vordere Eierstock zugleich der linke und der hintere der rechte sei, indem das Hinterende des vorderen neben dem Vor- 
derende des hinteren und zwar links von demselben lag. Jeder Eierstock war schlauchförmig und die Eier lagen darin wie 
bei den Nematoden geldrollenartig übereinander. Das Vorderende des hinteren Eierstocks enthielt nur unreife Eichen, und 
die Eier näherten sich dem Zustande der Reife immer mehr, je weiter man nach hinten schritt. Beim vorderen Eierstock 
trat das umgekehrte Verhältniss ein, indem das Hinterende nur unreife, das Vorderende dagegen die reifsten Eier enthielt. 
In der Mitte der Bauchseite befand sich eine Oeffnung (f), die ich für die Scheide halte. Wie die Eier zu dieser Oeflnung 
gelangen, ist mir zwar noch unklar, ich halte es jedoch für nicht unwahrscheinlich, dass sich das Hinterende des hinteren 
Eierschlauches nach vorn und das Vorderende des vorderen nach hinten umbiege, um sich zu der Scheidenöffnung zu 
begeben. Dieser Theil der beiden Schläuche wäre mir demzufolge nur desswegen entgangen, weil sie leer waren. 

Ausser den beschriebenen Organen vermochte ich an diesem sonderbaren Wesen nichts zu entdecken. Gefässe 
waren nicht vorhanden und von einem Nervensystem war ebenfalls nichts zu sehen. 

Chaetosoma gehört zu den Anneliden offenbar nicht, denn die beschriebenen Borsten sind blosse Auswüchse der 
Cuticula und die ganze Organisation des Thieres hat mit dem Annelidentypus nichts zu thun. Am nächsten scheint es mir 
mit den Nematoden verwandt zu sein. Die Eierstöcke sind ganz ebenso beschaffen wie bei diesen Helminthen und ihre 
Lage ist ebenfalls dieselbe. Der muskulöse Schlund und das gleichmässig breite Darmrohr stimmen mit der Einrichtung 
des Verdauungsapparates bei den Nematoden überein. Die derbe und geringelte Cuticula und der gekrümmte Schwanz 
erinnern ebenfalls an die Rundwürmer. Hier aber hört die Aehnlichkeit auf. Die für die Nematoden so charakteristischen 
Seitenlinien fehlen dem Chaetosoma durchaus. Ausserdem ist die eigenthümliche Doppelflosse ein bei diesen Würmern 
niemals vorkommendes Gebilde. 

Dass dieses Thier eine Larvenform sei, ist wegen der ausgebildeten Eierstöcke nicht wohl anzunehmen. Das beob- 
achtete Exemplar war vielmehr ein reifes Weibchen. 

Es darf also wohl Chaetosoma ophicephalum für einen sehr abweichenden, den Nematoden am nächsten stehenden 


Wurmtypus vorläufig erklärt werden. 


2. Ueber Desmoscolex minutus nov. gen. et sp., eine abweichende mit den Anneliden 
verwandte Thierform. 


Taf. XVII. Fig. —7. 


Eine nur 0,19 Mm. lange, aus 18 Segmenten bestehende und der Larvenmerkmale gänzlich ermangelnde Annelide 
ist wohl ein seltener Fund, und so verhält es sich nichtsdestoweniger mit unserem Desmoscolex. Dieser kleine Wurm ver- 
jüngt sich nach beiden Enden zu gleichmässig und zeigt einen ringförmigen Wulst an jedem Segment, wodurch er eine 
auffallende Aehnlichkeit mit einem Polydesmus erhält. 

Das vorderste Segment (Fig. 6) ist mit einer breiten Querspalte, der Mundöffnung, versehen und trägt jederseits 
eine obere und eine untere Borste. Gleiche Borsten findet man ebenfalls am 2. Segmente und ausserdem am #., 6., 8. und 
so fort. Die anderen Segmente, also das 3., 5., 7., 9. u. s. w., sind dagegen borstenlos. Das Endsegment (Fig. 7) ist mit 
bloss zwei Borsten ausgerüstet und läuft in eine kleine Schwanzspitze aus. Alle Borsten sind gleich gebildet und bestehen 
(Fig. 5) aus einem kurzen geraden Schaft und einem speerartigen Endglied. 

Die Haut erschien durch eine körnige Beschaffenheit vollkommen undurchsichtig, so dass ich in Betreff der inneren 
Organisation zu keinem Aufschluss gelangen konnte. 


Die Anwesenheit von zusammengesetzten Borsten bei diesem Würmchen führt natürlich zu einem Vergleich mit 
23 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch, wirbelloser Thiere. 


90 4. Abschnitt. Würmer. 


den Borstenwürmern. Ob wir hier mit einer reifen Annelide zu thun haben, bleibt zwar ungewiss, sicher aber ist es, dass 
unser Thierchen keine der gewöhnlichen Larvenkennzeichen an sich trägt. Wimperbewegung war namentlich an der 
äusseren Oberfläche nirgends wahrzunehmen. Seiner Gestalt nach ähnelt Desmoscolex keiner bekannten Annelide, auch ist 


das Vorkommen von Borsten am Vorderrande des Kopfsegmentes eine ungewöhnliche Erscheinung. 


3. Zur Kenntniss der Gattung Echinoderes Duy. 


Taf. XVI. Fig. T7—16. 


Die Gattung Echinoderes wurde von Dusarpın! im Jahre 1851 für eine der beiden hier näher zu beschreibenden 
Species aufgestellt. Dieser Forscher betrachtete dieses Thierchen als ein Verbindungsglied zwischen dem Kruster- und dem 
Wurmtypus, und ich kann dieser Ansicht, nachdem ich die Structur dieser Wesen viel genauer erforscht habe, meinen 
Beifall nicht versagen. Vielleicht werden künftige Forscher, indem sie die Entwicklungsgeschichte zu Rathe ziehen, über 
die definitive Stellung dieser Thiere im System schärfer und richtiger urtheilen können; heutzutage aber müssen wir, in- 
dem wir auf der blossen anatomischen Untersuchung fussen, bei Dusarnın’s Ansicht stehen bleiben. 

Die von Düusarvın bei St. Malo entdeckte Echinoderesart habe ich Echinoderes Dujardinii benannt. Eine zweite in 
der Gesellschaft der ersten bei St. Vaast la Hougue ebenfalls häufig vorkommende Species mag Echinoderes monocercus 
heissen. Beide Arten werden weiter unten näher charakterisirt. Vorläufig werde ich mich beim Studium der äusseren und 
inneren Organisation an E. Dujardıni halten. 

Echinoderes Dujardinii ist ein circa 0,40 Mm. langes, beinahe walzenförmiges, obschon im hinteren Theil stark de- 
primirtes Thierchen, welches aus zwölf scharf abgegliederten Ringeln besteht (cf. Fig. 7). Das vorderste Segment verdickt 
sich zu einem ringartigen Wulst, aus dessen Mitte ein kegelförmiger Rüssel (Fig. 7. a) hervorgestreckt werden kann. Bei 
eingezogenem Rüssel (Fig. 10) zieht sich das Vorderende so zusammen, dass der Wulst verschwindet und der erste Ringel 
einem abgerundeten Kegel gleich wird. An der Rüsselspitze befindet sich die Mundöffnung, welche sich als eine seichte, 
von mehreren Papillen umgebene Grube ausnimmt. Jede Mundpapille ist mit einem kurzen, nach aussen umgebogenen 
zahnartigen Fortsatz (cf. Fig. 8. a) versehen, der bei stärkerer Vergrösserung als ein wirklicher Haken (Fig. 9. b) erscheint. 
Rund um den Rüssel herum befindet sich en Kranz von längeren hakenartigen Borsten, die sich (Fig. 8. c) bei halb aus- 
gestrecktem Rüssel über den Wulst nach hinten zurückschlagen. Es sind dieselben durchaus keine Flimmerhaare,, sondern 
ziemlich starre Borsten oder Haken. Beim Herumkriechen zieht Echinoderes seinen Rüssel wechselsweise aus (Fig. 7) und 
ein (Fig. 10), wobei dieser Borstenkranz abwechselnd ausgestreckt und bündelartig (Fig. 10. a) eingezogen wird. Um das 
Verhältniss des Borstenkranzes zum Vorderende genauer zu erforschen, ist es erforderlich, das Thierchen mittelst des 
Deckgläschens etwas zusammenzudrücken. Dann kommt der sonst über den Wulst nur bis zur Hälfte hinausragende Rüssel 
in der ganzen Länge zum Vorschein (Fig. 9) und es wird möglich, eine vordere dünnere, mit dem kleinen Hakenkranz (b) 
versehene, und eine hintere viel dickere Abtheilung an demselben zu unterscheiden. Letztere ist mit den eben beschriebe- 
nen Hakenborsten (Fig. 9. d) besetzt, welche aber jetzt viel zahlreicher und in mehreren unregelmässigen Reihen über 
einander erscheinen. Dadurch erhält dieser Rüssel eine unverkennbare, obwohl nur äussere Aehnlichkeit mit dem Rüssel- 
ende eines Echinorhynchus, wie Dusanvın es bereits hervorhob. 

Wir wollen nun zur näheren Untersuchung des sehr derben Chitinskelets übergehen. Der erste Ringel stellt einen 
vollkommenen Reif vor, der gleich hinter dem Wulste eine zierliche, einer Reihe von Bogenfenstern vergleiehbare Sculptur 
(Fig. S. d) zeigt. Die folgenden Ringel bestehen aus je drei Stücken, einem Tergalbogen nämlich und zwei Sternalplatten. 
Der Tergal- oder Rückenbogen (Fig. 13. b) ist das grösste Stück; es nimmt nämlich nicht nur die ganze Rückenseite, son- 
dern auch die Seitengegenden ein. Die Bruststücke (Fig. 13. a) sind viel kleiner, beinahe viereckig, zwischen die Seiten- 


vänder des Rückenbogens eingeklemmt. Der Vorderrand sowohl vom Tergalbogen wie von den Bruststücken ist leisten- 


! Observations zoologiques par Ferıx Dusarpın. I. Sur un petit animal marin, l’Echinodere, formant un type intermediaire entre 
les Crustaces et les vers. — Annales des Sciences naturelles. III. Serie. 1851. Tome XV. p. 158. 


Anhang. 91 


artig (a, b) verdickt. Jedes Segment ist mit einem Gürtel starrer. von sämmtlichen Chitinstücken ausgehender Borsten 
ausgerüstet, wovon jede aus einem freien Endtheil (Fig. 13. ec) und einer anliegenden Wurzel (c’) besteht. Diese Borsten 
sind durchaus unbeweglich und müssen als blosse Anhängsel der Cuticula betrachtet werden. Die Sternalstücke des Chitin- 
skelets haben in allen Segmenten die gleiche Breite; da jedoch die Segmente nach hinten zu an Breite allmählich abneh- 
men, so trifft natürlich diese Verengerung die Rückenbögen allein. In der mittleren Körpergegend (Fig. 13) greifen die 
Rückenbögen von den beiden Seiten auf dem Bauche eine ziemliche Strecke vor. Diese Strecke wird indessen an den 
folgenden Gliedern allmählich kleiner und am Endsegment wird die ganze Bauchseite von den Sternalstücken allein gebil- 
det. Das Hinterende läuft in zwei dicke lange Borsten aus, an deren Basis noch ein Paar kleinere zu sehen sind. 

So weit das Exoskelet. Lasst uns nun zur inneren Organisation übergehen. 

Die Mundöffnung führt in eine ziemlich geräumige Rüsselhöhle (Fig. 11. a). Darauf folgt ein tonnenförmiger mus- 
kulöser Schlund (Fig. 11. b), dessen enges Lumen von einer derben, am vordersten Theil zahnartig (b') verdickten Cutieula 
ausgekleidet ist. Dann kommt der eigentliche Darm mit grünlich braunem Pigment in der Wand. Derselbe verläuft, indem 
er allmählich schmäler wird, geradlinig bis zum After (Fig. 7. d; Fig. 12. b). 

Von Sinnesorganen sind nur die beiden rothen, im Rüsseltheile befindlichen Augenpunkte (Fig. 9. ce; Fig. 11. d”) 
erkannt worden. Ihrem Sitze gemäss erscheinen sie bald mehr nach vorn, bald mehr nach hinten gelegen, je nachdem der 
Rüssel aus- oder eingezogen wird. Sie schienen mir der lichtbrechenden Medien zu ermangeln. Diese Augen sitzen auf 
zwei weissen länglichen Gebilden (Fig. 11. d), die möglicher Weise als Hirnganglien zu deuten sind. Als weitere Theile 
eines Nervensystems dürfte man vielleicht eigenthümliche röthliche granulöse Körper halten, die auf der Bauchseite, und 
zwar einer (Fig. 11. e) auf der Mittellinie des ersten und je zwei (e', e”) in den folgenden Ringeln, anzutreffen sind. Mitunter 
gelang es mir, einen rothen Verbindungsfaden zwischen dem linken und dem rechten vermeintlichen Nervenknoten eines 
und desselben Segmentes wahrzunehmen, niemals aber wollte mir die Auffindung von Verbindungssträngen zwischen den 
zu zwei aufeinander folgenden Segmenten gehörigen Knoten glücken. 

Endlich muss ich noch eines paarigen Organes Erwähnung thun, welches im Hinterleibe nicht selten zum Vor- 
schein kam. Es bestand dasselbe (Fig. 12) aus einem drüsigen Theile (c), einem rundlichen Behälter (d) und einem neben 
dem After ausmündenden Ausführungsgange (e). Es lag die Vermuthung sehr nahe, dass die Drüse als Hoden, der Behälter 
als Samenblase, der Ausführungsgang als Ductus deferens zu deuten seien, gleichwohl vermochte ich niemals Samenfäden 
in diesem Apparate wahrzunehmen, ein negatives Ergebniss, welches der Kleinheit des Gegenstandes freilich zugeschrie- 
ben werden dürfte. 

In der Gesellschaft von Echinoderes Dujardinii traf ich nicht selten eine zweite (Fig. 14) unter dem Namen Echino- 
deres monocereus schon erwähnte Art, die bezüglich der inneren Organisation keine Abweichung wahrnehmen liess. Der 
Vordertheil beider Species war ebenfalls ganz gleich gebildet. Der Hintertheil zeigte dagegen bedeutende Unterschiede. 
Anstatt der beiden langen Endborsten von E. Dujardini findet man bei E. monocercus eine einzige unpaarige Schwanz- 
borste (Fig. 16), welche dem Rücken eigentlich angehört, so dass der After unter derselben zu liegen kommt. Der After- 
ringel ist übrigens nicht so abgeplattet als bei voriger Species. Starke, obwohl im Verhältniss zur Schwanzborste nur klein 
erscheinende Rückenborsten sitzen ausserdem am Vorderrand des letzten und am Hinterrand des vorletzten Segmentes 
(ef. Fig. 15). Die Seitentheile dieser beiden Segmente sind mit je einer ähnlichen Borste ausgerüstet. Im Uebrigen stimmt 
das Exoskelet von E. monocercus mit demjenigen von E. Dujardinu überein. 

Es ist die Möglichkeit freilich nicht ganz ausgeschlossen, dass diese vermeintlichen Artunterschiede aus einer blossen 
Geschlechtsverschiedenheit zu erklären seien. Wenn spätere Forscher finden sollten, dass es sich damit wirklich so verhält, 
dann müsste der Name E. monocercus eingehen. 

Dem Leser drängt sich unwillkürlich die Frage auf, ob die unter dem Namen Echinoderes beschriebenen Wesen 
reife Thierformen seien. Diese Frage ist um so gerechtfertigter, als ich bei ihnen die eigentlichen Merkmale des Reifezu- 
standes, nämlich Eier und Samenfäden, niemals entdeckte. Ich neige mich indessen zur Ansicht, dass Echinoderes eine 
Larvenform sei, nur wenig. Diese Thierchen sind sehr häufig und einander stets vollkommen gleich. Ich konnte sie wochen- 
lang in frischem Seewasser isolirt aufbewahren, ohne dass sie während dieses verhältnissmässig langen Zeitraumes irgend 


eine Spur von weiterer Entwicklung hätten merken lassen. Dusarvın hat sie sowohl im Sommer wie im Winter bei St. Malo 
o° 
23% 


92 5. Abschnitt. Arthropoden. 


beobachtet und seine Exemplare waren — so weit seine ziemlich unvollständigen Beobachtungen einen Vergleich gestat- 
ten — den meinigen vollkommen gleich. Ich halte es daher für wahrscheinlich, dass Echinoderes ein ausgebildetes Thier 
ist, dessen Fortpflanzungszeit aber auf eine andere Jahreszeit als die Monate meines Aufenthaltes an der Seeküste , viel- 
leicht auf’s Frühjahr, fällt. 

Bezüglich der Affinitäten der Echinoderen ist zunächst hervorzuheben, dass diese Thierchen keine Spur von Flim- 
merbewegung weder an der Leibesoberfläche, noch innerhalb des Verdauungsapparates zeigen, eine bei Würmern gewiss 
sehr seltene Erscheinung. Ausserdem ist die scharfe Gliederung jedes Ringels in Tergal- und Sternalstücke den Würmern 
meistens fremd und erinnert vielmehr an die Arthropoden. Nichtsdestoweniger würden mich die Systematiker scharf rügen, 
wenn ich den Echinoderen eine Stelle unter den Krustern anweisen wollte. Die gegliederten Füsse gehen ihnen ja voll- 
ständig ab und es ist nicht wahrscheinlich, dass sie zu einer früheren Entwicklungsperiode vorhanden gewesen seien. 
Echinoderes muss also dennoch bei den Würmern stehen bleiben. Mit den Anneliden hat diese Gattung — da die Borsten 
blosse Auswüchse der Cuticula darstellen — nichts zu schaffen. Der Schlund erinnert wohl an manche Plattwürmer, aber 
in jeder anderen Beziehung begegnen wir nur Abweichungen von diesem Typus. Die Rüsselbewegungen gleichen denje- 
nigen mancher Räderthiere, indessen spricht die Abwesenheit von Flimmerbewegung und von dem den Rotatoren eigen- 
thümlichen Excretionsapparat gegen eine solche Zusammenstellung. Durch die Art und Weise der Körperbewegungen 
erinnert auch Echinoderes an den so eigenthümlichen Typus der Ichthydien, von welchem er sich aber durch die scharfe 
Leibesgliederung und ganz besonders durch die Abwesenheit von Flimmerwimpern genügend unterscheidet. Die grösste 
Aehnlichkeit zeigen vielleicht unsere Thiere wegen ihrer Rüsselbildung mit den Echinorhynchen, indessen ist wie gesagt 
diese Aehnlichkeit nur eine äussere,indem die Anwesenheit eines ausgebildeten Verdauungsapparates und eines geglieder- 
ten Exoskelets dem Acanthocephalentypus durchaus fremd ist. 

Wir müssen demgemäss bei der Ansicht verweilen, dass die Echinoderen einen eigenthümlichen sehr vereinzelt 
dastehenden Typus unter den Würmern darstellen, der zugleich als Verbindungsglied zwischen Würmern und Arthropoden 


auftritt. 


Fünfter Abschnitt. 
Arthropoden. 


1. Die Entwicklung von Mysis. 


Taf. XVII. Fig. 1—6. 


Dem vortrefflichen Rarnke! verdanken wir eine zwar ziemlich flüchtige, jedoch in ihren Hauptzügen ganz richtige 
Darstellung der Entwicklungsgeschichte von Mysis. Seine Angaben erfuhren von Frey und Levekarr” eine vollständige 
Bestätigung. Nichtsdestoweniger kamen diese Forscher nicht viel weiter als ihre Vorgänger und erschöpften den Gegen- 
stand nicht. Das Verhältniss vom Larvenstadium zur ausgebildeten Mysis ist ihnen namentlich nicht ganz klar geworden, 
obwohl sie von der eintretenden Verwandlung eine gewisse Ahnung hatten, wie dies aus dem Umstande hervorgeht, dass 
sie das Auftreten der Schwanzflosse mit einer wahrscheinlichen Häutung in Zusammenhang zu bringen suchen. Dieser 
Gegenstand wurde in einer späteren Zeit von Huxıry wieder aufgenommen und mit gewohnter Genauigkeit und Schärfe 
beinahe zum Abschluss gebracht. Leider legte der englische Anatom die schönen Resultate seiner Untersuchungen in einer 


medieinischen, den meisten Anatomen und Zoologen vollkommen unzulänglichen Zeitschrift, nämlich der Medical Times 


t Beobachtungen und Betrachtungen über die Entwicklung von Mysis vulgaris von Ratuke. — WIEGMANN’s Archiv für Naturgeschichte. 
S S 5 Y I 
1839. S. 135. ? Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere von Dr. Heisnicn Frey und Dr. Run. Levckart. Braunschweig 1847. S. 1127. 


I. Die Entwicklung von Mysıs. 93 


and Gazette! nieder. Erst vor Kurzem konnte ich mir nach vieler Mühe fraglichen Aufsatz verschaffen und es freuete mich 
unendlich, zu finden, dass Huxıry durch seine ausgezeichneten Untersuchungen genau zu denselben Ergebnissen bereits 
gelangt war wie ich selber. Huxıery’s Aufsatz begleitende Holzschnitte gefielen mir aber viel weniger, indem sie nicht nur 
den heutigen Ansprüchen durchaus nicht entsprechen, sondern auch fast unverständlich sind. Der Verfasser hat zwar spä- 
ter eine neue, kurz gefässte und mehr zugängliche Darstellung? seiner Erfahrungen über Mysis veröffentlicht, leider aber 
hat er es nicht für nöthig erachtet, dieselbe durch Abbildungen zu erläutern. 

Ich glaube demnach eine fühlbare Lücke auszufüllen, indem ich wenigstens einige meiner zahlreichen, die Ent- 
wicklung von Mysis betreffenden Zeichnungen hier mittheile. Ich füge aber ausdrücklich hinzu, dass ich sie nur als eine 
erwünschte Zugabe zu Huxıry’s Darstellung betrachte, indem meine Beobachtungen fast nichts Neues enthalten, sondern 
Huxıey’s Angaben in den meisten Punkten einfach bestätigen. 

Die jüngsten in der Bruttasche der Mysisweibchen angetroflenen Eier liessen einen Gegensatz zwischen centraler 
gelblicher Dottermasse und peripherischer zelliger Keimhaut bereits erkennen. Letztere war sehr durchsichtig und bot 
demnach der Beobachtung nicht sehr günstige Verhältnisse dar. Bald trat in der Keimhaut eine die ganze künftige Bauch- 
seite einnehmende Verdickung (Fig. 1. a) ein. Gleichzeitig schien die Dottermasse auf der entgegengesetzten Seite des 
Eies sich an die Dotterhaut dicht anzulegen. Ob diese Erscheinung von einer wirklichen Zerreissung der Keimhaut oder 
von einer blossen Verdünnung des Rückentheils derselben — wie dies bei den Arachniden*® der Fall ist — herrühre, ver- 
mag ich nicht anzugeben. Der den Bauchwülsten anderer Arthropoden vergleichbare, verdickte Meridianbogen der Keim- 
haut breitet sich an dem einen Ende in zwei Scheiben, die Kopfplatten (Huxrev’s procephalie lobes), aus. Dicht vor dem 
entgegengesetzten Ende entsteht eine kleine Querfalte, welche sich in schiefer Richtung gegen den Dotter sehr rasch in 
die Tiefe senkt und so hebt sich das Postabdomen (Fig. 2. c) vom Dotter allmählich ab. 

Zu dieser Zeit erscheinen die drei ersten Extremitätenpaare, die beiden Antennenpaare nämlich und die Mandibeln. 
Es sind diese die einzigen Gliedmaassen, welche innerhalb der Eihaut entstehen. Der Augenblick ihres ersten Auftretens 
ist mir aber entgangen. Nun berstet die Eihaut und die junge Mysis liegt vollkommen frei in der Bruttasche des Mutter- 
thieres. Sie streckt ihr Postabdomen aus und bietet die Fig. 3 abgebildete Gestalt dar. Die Aehnlichkeit mit den ausgebil- 
deten Individuen ist so gering. dass Huxıry dieses Junge mit vollem Rechte als Larve oder ihrer Unbeweglichkeit wegen 
als Puppe bezeichnet. Das Thierchen besteht aus einem kugligen Vorder- und einem dünnen eylindrischen Hinterleib. Die 
Hauptmasse des Körpers wird durch den dunklen centralen Dotter gebildet, um welchen sich das zarte schon diflerenzirte 
Embryonalgewebe herumzieht. Die Körperoberfläche wird von einer ziemlich derben Cutieula geschützt, welche an der 
Hinterleibsspitze in zwei hohle und flache Anhänge mit flossenartig bestrahltem Rande (Fig. 3. a) ausläuft. Die Cuticula 
bildet Scheiden sowohl für die rudimentären vorderen (b) und hinteren (c) Fühler wie für die hervorkeimenden Mandibeln 
(d). Diese Scheiden sind wie die Fühler selbst an der Basis angeschwollen und mit zahnartigen Spitzchen ausgeschmückt. 
Haarähnliche Fortsätze gehen hie und da vom Schafte der Scheide ab. Endlich ist die Bauchseite des Hinterleibes mit 
kleinen zackigen Vorsprüngen der CGuticula ausgerüstet. 

Unsere Larve besitzt noch keine anderen Organe als die eben beschriebenen. Unter der Guticula aber geht die 
weitere Ausbildung vor sich, so dass später die fertige Mysis aus der Larvenhaut wie ein Schmetterling aus der Puppe 
ausschlüpft. Das Thier nimmt unterdessen durch Diosmose an Volumen sichtlich zu. Die Cuticula scheint demnach einer 
gewissen Ausdehnung fähig zu sein. 

Die zunächst eintretende Veränderung besteht in einer Verengerung des Vordertheils und einem gleichzeitigen 
Breiterwerden des Hintertheils, wodurch die früher so scharf ausgesprochene Sonderung in zwei Theile gänzlich verschwin- 
det. Die Larve (Fig. #) ist nun vorn am breitesten und nimmt nach hinten an Dicke allmählich ab. Die äussere farblose 
Leibesschicht verdickt sich an der Bauchseite hinter den schon vorhandenen Gliedmaassen sehr bedeutend und nimmt ein 
streifiges Aussehen an. Die Dotterkugeln fangen bereits an, sich vom Schwanztheile allmählich zurückzuziehen. 


Nun wölben sich die Kopfplatten auf beiden Seiten, um die Anlage der Ommatophoren (Fig. 5. a) zu bilden, stär- 


! Lectures on General Natural History by Tuowas H. Hextev. F. R. S. Lecture XI. — Medical Times and Gazette. New Series. 
1857. No. 365. p. 639. 2 Vel. On the agamic reproduction and morphology of Aphis by Tuomas HuxtEey. — Transactions of the Lin- 
nean Society. XXI. p. 225. 3 Cf. Recherches sur l’evolution des Araignees par Ed. Crararkpe. Utrecht 1862. p. 21. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 24 


94 5. Abschnitt. Arthropoden. 


ker hervor. Die beiden Maxillenpaare (Fig. 5. f), die beiden Kiefer- (I, 2) und die sechs Schwimmfusspaare (8, 4—8) 
entstehen als rundliche Höcker unter der Cuticula, um sich bald eylinderartig zu verlängern, indem sie sich gleichzeitig 
nach hinten richten. Die diesen Extremitäten entsprechenden Segmente werden zugleich schärfer angedeutet. Es existirt 
aber vorerst nur der Sternaltheil derselben, so dass die Dotterkugeln nach dem Rücken zurückgedrängt erscheinen. Die 
Cuticula wölbt sich über jedem Schwimmfuss schwach hervor und erscheint demnach auf der Bauchseite wellenförmig auf- 
getrieben. Die vorderen (Fig. 5. b) und die hinteren (c) Fühler sind in die Länge bedeutend gewachsen und haben sich 
unter dem Schutze der an der Basis viel breiter gewordenen Cuticularscheide der Länge nach getheilt. Diese Theilung ist 
freilich nur eine scheinbare und wird dadurch bedingt, dass eine an der Basis jedes Fühlers entstehende Hervorragung zu 
einem neuen, dem zuerst gebildeten dicht anliegenden Fühlerast allmählich heranwächst. Die Mandibeln sind ebenfalls 
länger (d) geworden und ihre Scheide ist am Ende zweispitzig. Huxıey schreibt zwar den beiden Fühlerpaaren Cutieular- 
scheiden zu und lässt alle folgenden Gliedmaassenpaare von den Mandibeln an unter der Guticula ohne besondere Scheide 
entstehen. Er hat sich aber hierin offenbar geirrt, indem die Mandibeln gleich den Fühlern über die Leibesoberfläche her- 
vorragen und mit eigenen Scheiden versehen sind. Nur die Maxillen, die Kieferfüsse und die Schwimmfüsse bilden sich 
ohne besondere Scheide unter der allgemeinen Chitinhaut des Larvenkörpers. 

Gleich hinter dem sechsten Paar Schwimmfüssen (Fig. 5. Nr. 8) ist bereits die Andeutung von einigen Postabdo- 
minalringen sichtbar. Das Schwanzsegment ist mit seinen Seitenflossen (h) ebenfalls angelegt. Letztere besitzen übrigens 
wie die anderen Extremitäten, einen eigenen Chitinüberzug unter der gemeinschaftlichen Larvenhaut, wie man es an den 
kleinen zahnartigen Vorsprüngen der eingeschlossenen Schwanzflossen bemerkt. 

Zu dieser Zeit bildet sich der After, welcher zuerst als eine Grube auftritt, worüber sich die Larvenhaut glatt hin- 
wegzieht. Diese Grube senkt sich nach und nach in die Tiefe, indem sie der mit Dottersubstanz erfüllten Darmanlage ent- 
gegendringt und mit derselben endlich verschmilzt. 

Die angelegten Theile bilden sich nun weiter aus, wobei der Dotterrest allmählich abnimmt (Fig. 6). Die vollstän- 
dige Ausbildung der Postabdominalringe (Fig. 6. «, #—x) zieht den vollständigen Verbrauch der in diesem Theile befindlichen 
Dotterkugeln nach sich, so dass der durchsichtige Darmcanal zur Ansicht kommt. Gleichzeitig fängt das Herz zu pulsiren 
an. Eine ansehnliche Dottermasse bleibt indessen im Vorderleib noch einige Zeit bestehen. Von ihr heben sich die gewal- 
tigen Ommatophoren (Fig. 6. e) allmählich ab, deren Bedeutung durch das Auftreten einer linsenförmigen, zuerst röthlichen, 
später aber pechschwarzen Pigmentansammlung der Augenanlage unverkennbar wird. Innerhalb dieses Pigmenthaufens 
bilden sich zahlreiche sog. Krystallkörperchen, deren Entstehung aber sich nicht näher verfolgen lässt. 

Nun liegt die junge Mysis in dem keulenförmigen Larvenschlauch fertig gebildet da. Die starre Hülle berstet, der 
frei gewordene Krebs entfaltet die bisher an den Leib dicht angelegten Glieder und schwimmt daher. Er gleicht den aus- 
gebildeten Mysis fast in jeder Beziehung, nur sind die Ommatophoren im Verhältniss zum übrigen Körper ganz enorm ent- 


wickelt. Auch fehlen die sog. Otolithen in den Schwanzflossen noch vollständig. 


2. Ueber eine neue Copepode, Clausia Lubbockii no». gen. et sp. 


Taf. XVIW. Fig. 7—14. 


Diagnose. Ülausia nov. gen. Körper linear. Gephalothorax aus vier gleichmässigen Ringeln zusammengesetzt, 
wovon der letztere keine Gliedmaassen trägt. Ein unpaariges Stirnauge. Zwei Paar Fühler, ein Paar Mandibeln, ein Paar 
Kiefer, zwei Paar Kieferfüsse und ein Paar rudimentäre Schwimmfüsse am Gephalothorax. Am ersten Abdominalring ein 


Paar rudimentäre Füsse. — Zwei schnurförmige Eiersäcke. 


Glausia Lubbocki ist ein schönes hell ziegelrothes Krebschen (Fig. 7), das nur ein einziges Mal in mein Netz gerieth. 
Es war ein eirca drittehalb Millimeter langes Weibchen. Dessen Cephalothorax war überall so ziemlich gleich breit und 
durch drei Einschnürungen in vier gleich lange Segmente eingetheilt. Das erste Abdominalglied übertraf den Cephalotho- 


rax an Breite um ein Weniges, und es war dasselbe mit zwei seitlichen, kegelartigen Hervorragungen versehen, welche in 


3. Ueber eine für die europäischen Meere neue Gormostomengaltung. 95 


ein kurzes, vier ungleich lange Borsten tragendes Endglied (Fig. 1%) ausliefen. Das zweite Abdominalsegment war etwas 
schmäler als das erste und trug die langen, durch dieselbe ziegelrothe Farbe wie das Thier selbst ausgezeichneten Eier- 
schnüre. Darauf folgten vier weitere gleichmässige, aber engere Abdominalsegmente, wovon das letztere in zwei einfache 
Borsten auslief. 

Von der Rückenseite betrachtet (Fig. 7), liess das Thierchen ausser den vorderen Fühlern und den rudimentären 
Abdominalfüssen keine Gliedmaassen erkennen. Diese sind in der That viel zu kurz, als dass sie über den Seitenrand hin- 
ausragen könnten. Erst bei der Bauchansicht kommen die übrigen Extremitäten zum Vorschein. Der Gephalothorax trägt 
im Ganzen sieben Paar Gliedmaassen. Das erste Paar oder die vorderen Antennen (cf. Fig. 7) stellen fadenförmige, vier- 
gliederige, denjenigen vieler anderen Cyclopiden sehr ähnliche Fühlhörner dar. Das zweite Paar (Fig. 8), welches seiner 
Lage mehr als seiner Gestalt nach den Namen von hinteren Antennen verdient, ist dreigliederig und gewöhnlich kniemässig 
gekrümmt. Das Endglied ist mit sechs Borsten ausgerüstet, wovon vier auf der Spitze sitzen und hakenartig gebogen sind. 
Das folgende oder Mandibelpaar (Fig. 9) ist beinahe ganz verkümmert, so dass es nur noch zwei knopfartige mit Borsten 
versehene Gebilde darstellt. Das gleich darauf folgende Kieferpaar besteht (Fig. 10) aus einem Basalglied, worauf ein brei- 
tes hakenförmiges Blatt und ein mit etlichen Borsten besetzter kurzer Taster eingelenkt sind. Nun kommen zwei Paar 
zweiästige Kieferfüsse (Fig. 11 und 12), wovon jedes aus zwei zweigliederigen, auf einem gemeinschaftlichen Hüftglied 
sitzenden Zweigen besteht. Der äussere Zweig übertriflt den inneren an Länge bedeutend. Ueber die Vertheilung der diesen 
Gliedmaassen zukommenden Borsten geben die Figuren nähere Auskunft. Endlich ist das letzte Gliedmaassenpaar (Fig. 13) 
fast gänzlich verkümmert, indem es nur aus einem kleinen zwei Borsten tragenden Höckerchen besteht. 

Das vierte Segment des Cephalothorax (Fig. 7. a) ermangelt, wie gesagt, jeder Spur von Extremitäten. Das hin- 
terste fast gänzlich verkümmerte Gliedmaassenpaar des Cephalothorax fällt auf das dritte Segment und die sechs anderen 
Paare gehören den beiden ersten Segmenten an, welche demnach eigentlich aus der Verschmelzung von eben so vielen 
Ursegmenten entstanden sein müssen. 

Dem trefflichen Dana? verdanken wir eine tabellarische Zusammenstellung aller Fälle von Vertheilung der Glied- 
maassen auf die Segmente des Cephalothorax bei den Cyclopiden. Der Fall von Glausia, bei welcher nur sieben Paar 
Gliedmaassen vorkommen, wovon sechs auf die beiden vordersten Ringel fallen, findet dabei keine Erwähnung. Es stellt 
daher diese Gattung einen neuen nicht uninteressanten Typus unter den Copepoden dar. 

Ich widme dieses zierliche Krebschen den Herren Lussock in London und Craus in Giessen zugleich, die sich beide 


um die europäischen Entomostraca so vielfache Verdienste erworben haben. 


3. Ueber eine für die europäischen Meere neue Cormostomengattung. 


Cormostomata. 
Monstrilla Dana. 


Monstrilla Danae nov. sp. : 
Taf. XVI. Fig. 1—6. 


Diagnose. Körper 2 Mm. lang. Weibchen mit drei Augen und einem dünnen in ein geräumiges Brustschild ein 


geschlossenen Vordertheil. Männchen augenlos, mit breitem eylindrischen Vordertheil. 


Dieser merkwürdige Saugkrebs wird auf offener See in der Nähe von St. Vaast la Hougue nicht selten angetroffen. 


Ob er ein Schmarotzerleben für’s Gewöhnliche führt, vermag ich nicht anzugeben, gewiss ist es nur, dass er an kein Wohn- 


thier innig gebunden ist, sondern sehr oft freischwimmend angetroffen wird. 


! Craus soll freilich bei anderen Copepoden die Entstehung mehrerer Gliedmaassenpaare aus einem einzigen Ursegment beobachtet 
haben. 2 Ci. James Dana, The erustacea of the United States exploring Expedition during (he years 1838, 1839, 1840, 1541, 1842. 
Under the command of Cuartes Wırkes. Philadelphia 1852 — 53. 


96 5. Abschnitt. Arthropoden. 


Diese sonderbare, von allen gewöhnlichen Cormostomen so sehr abweichende Thierform fiel mir sogleich auf und 
ich studirte sie mit grosser Sorgfalt. Ein näheres Eingehen in ihre Organisationsverhältnisse lehrte mich sehr bald, dass 
sie noch viel eigenthümlicher sei als ich es zuerst vermuthete, und da meine Darstellung in manchen Stellen beinahe mär- 
chenhaft klingen möchte, so muss ich ausdrücklich hervorheben, dass ich Monstrilla Danae in ziemlich grosser Anzahl und 
mit der grössten Aufmerksamkeit untersuchte. 

Bevor ich zur näheren Beschreibung unseres Krebses übergehe, erlaube ich mir Einiges über die Gattung Mon- 
strilla voraufzuschicken. 

Dana! charakterisirt die Gattung Monstrilla folgendermaassen : 

»Family Monstrillidae. Genus Monstrilla Dana. — Gephalothorax fere eylindricus 4-articulatus. Abdomen 5-ar- 
ticulatum. Oculi duo simplices, quoque oculus inferior sicut Pontellis. Truncus buccalis parvulus, subconicus, maxillis pedi- 
busve non munitus. Pedes octo natatorii. Abdominis segmenta primum secundumque appendices gerentia sicut in Setellis.« 

Diese Gattung wurde für eine einzige Species Monstrilla viridis Dana, die vom amerikanischen Forscher im chine- 
sischen Meere (Sooloo Sea, Harbour of Soung) im Februar 1842 aufgefischt wurde, aufgestellt. Das einzige gefangene 
Individuum wurde anfangs für eine Larvenform gehalten, und erst viel später, also nachdem es in Spiritus aufbewahrt 
worden war, erkannte Dana in demselben eine reife Thierform. Daher kam es, dass dieses Krebschen nur sehr ungenügend 
erforscht werden konnte und dass gerade die merkwürdigsten Merkmale der Gattung von Dana unberücksichtigt blieben. 
Freilich wird man noch immer bezweifeln können, ob die chinesische und die europäische Art zu einer und derselben Gat- 
tung wirklich gehören. Ich selbst hege darüber kaum einen Zweifel, indem Dana’s Gattungsdiagnose auf meinen Krebs 
ganz gut passt und die Gestalt der Monstrilla viridis an diejenige der M. Danae lebhaft erinnert. 

Lasst uns nun zur Beschreibung unserer Krebse übergehen. 

An den Weibchen (Taf. XVI. Fig. I), mit welchen wir anfangen, kann man (drei Körperabtheilungen. Cephalotho- 
rax, Abdomen und Postabdomen, mit Leichtigkeit unterscheiden. Die zweite, die Schwimmfüsse tragende Abtheilung wird 
von Dana dem Cephalothorax zwar zugezählt, was mir aber in Angesicht der bedeutenden Länge der aus der Verschmel- 
zung mehrerer Segmente wahrscheinlich entstandenen vorderen Körperabtheilung wenig naturgemäss erscheint. 

Der Gephalothorax wird von einem ziemlich derben, beinahe eylindrischen, nur vorn etwas verjüngten Chitinpan- 
zer (d) eingehüllt. Er nimmt bloss einen geringen Theil der Panzerhöhle ein. Der übrige Raum wird durch eine klare, 
völlig farblose Flüssigkeit erfüllt, worin em trübes Gerinnsel bei Essigsäurezusatz sofort entsteht. Der durch Pigment braun 
gefärbte Kopftheil stösst vorn an den Panzer und trägt zwei viergliederige Fühler, wovon das Endglied allein länger als 
die drei übrigen zusammengenommen und mit breiten, kurz gefiederten farblosen Borsten besetzt ist. Der Stirnrand ist 
mit drei grossen Augen, nämlich zwei oberen paarigen (Fig. 1. h und 3. b) und einem unteren unpaarigen (Fig. 3. c) ausge- 
rüstet. Jedes derselben besteht aus einer deutlichen Sclera, einer Linse und einer hinter derselben liegenden dunkelvio- 
letten Pigmentschicht. 

Von der Unterseite des Kopftheiles entspringt der eylinderförmige Rüssel (Fig. 1. a), der sich nach hinten etwas 
neigt und die Cuticula buckelartig hervortreibt. An der Rüsselspitze befindet sich der Mund, eine kleine kreisförmige Oefl- 
nung ohne die geringste Spur von rudimentären Kiefern. Sogleich hinter dem Rüssel verschmächtigt sich der Gephalothorax 
zu einem dünnen, durch Pigment braun gefärbten Halstheil, der erst weiter nach hinten zu wiederum breiter wird, um 
endlich die ganze Breite des Chitinpanzers einzunehmen. Sowohl vom Kopf wie vom Halstheil des Cephalothorax gehen 
ein Paar Bänder zum Panzer. 

Das Abdomen macht in der Normallage mit der Achse des Cephalothorax einen grossen Winkel. Es wird dasselbe 
von drei nach hinten zu an Dicke gleichmässig abnehmenden Ringeln gebildet, die am Hinterrande braun gefärbt sind. Das 
Postabdomen (cf. Fig. 3) besteht aus fünf viel kleineren Segmenten, wovon das letztere zwei mit Borsten versehene 
Schwanzflossen trägt. 

Wir wollen nun unser Augenmerk auf die Gliedmaassen richten. Die Weibchen besitzen ausser vier Paar ausge- 


bildeten Schwimmfüssen noch ein Paar verkümmerte Gliedmaassen und zwei eiertragende Borsten. Erstere sitzen am 


"James Dana, The Crustacea of Ihe United States exploring Expedition. Part II. p. 1313, 


3. Ueber eine für die europäischen Meere neue Gormostomengaltung. 97 


Hinterrande des Gephalothorax und der drei Abdominalringe. Sie bestehen (Fig. 4) aus einem Basaltheil, worauf zwei 
zweigliederige Aeste eingelenkt sind. Diese sind an der Spitze braun gefärbt und mit langen schön gefiederten Borsten 
ausgerüstet. Die rudimentären Gliedmaassen des ersten Postabdominalringes bestehen aus einem eylinderartigen drei gefie- 
derte Borsten tragenden Fortsatz (vgl. Fig. 1). Das zweite Postabdominalsegment (vgl. Fig. 3) trägt zwei kurze seitliche und 
zwei lange untere, nach hinten gerichtete und über das Schwanzende weit hinausragende Borsten (h). Diese erscheinen durch 
äusserst kurze Zweigelchen oder Wärzchen wie gefiedert. Sie dienen den Eiern während der Entwicklungszeit zum Ansatz. 

So weit die äussere Gestalt dieses merkwürdigen Thieres. Die Betrachtung der inneren Organisation wird uns 
nun des Ueberraschenden noch mehr aufdecken. In jedem Segment fallen zunächst die schön quergestreiften Muskelbündel 
(Fig. 1. f) ins Auge, welche den Bewegungen sowohl der Leibesringel selbst wie auch der Schwimmfüsse vorstehen. 
Ausserdem nimmt man einen streifigen, 0,014 Min. breiten Strang (Fig. 1. e) wahr, der in der ganzen Länge des Thieres 
an der Bauchseite zu verlaufen scheint. Bei vollständiger Abwesenheit jeder gangliösen Anschwellung an demselben 
möchte ich kaum wagen, dieses Gebilde für emen Nervenstrang in Anspruch zu nehmen. Ausser diesen Organen und den 
gleich zu erwähnenden Fetttropfen sind in dem ziemlich durchsichtigen Krebschen keine anderen Gebilde wahrnehmbar. 


Von einem Darmcanal war namentlich keine Spur aufzufinden. Vielmehr schien die Rüsselhöhlung in die Leibeshöhle un- 


mittelbar zu führen. Dass oben erwähnter Strang als Verdauungsrohr nicht aufgefasst werden kann, unterliegt — da er 
durchaus nicht hohl ist — keinem Zweifel. Die Leibeshöhle schemt daher zugleich als Verdauungshöhle zu functioniren. 


Sie enthält zahlreiche, circa 0,03 Mm. breite, gelbliche, durch einen eigenthümlichen Fettglanz ausgezeichnete Tropfen 
(Fig. 6), welche durch ein schleimiges farbloses Wesen unter einander vereinigt erscheinen. Eierstöcke waren ebenfalls 
nicht vorhanden, da jedoch alle von mir untersuchten Weibchen mit in der Entwicklung begriffenen Eiern reichlich beladen 
waren, so könnten die Ovarien der Rückbildung bereits anheimgefallen sein. 

Dass ein sonst so hoch organisirter Krebs eines eigentlichen Darmcanals ermangeln und demnach in Bezug auf 
den Verdauungsapparat so niedrig wie Saceulina organisirt sein sollte, wird dem Leser sehr unwahrscheinlich erscheinen. 
Ich konnte selber meinen Augen nicht trauen und legte ein Paar frische Monstrillapräparate meinem Freunde Prof. Kerer- 
steın vor, der aber in der Auffindung eines Darmcanals nicht glücklicher war als ich. Ich muss also auf meinen Angaben 
bestehen und zweifle nicht, dass sie bald — da unser Krebschen an der Küste von Normandie durchaus nicht selten ist — 
von irgend einer Seite eine Bestätigung erfahren werden. 

Wenden wir uns nun zu den Thieren, die ich für die Männchen der zuerst beschriebenen halte. Diese Wesen 
(Fig, 2) sind mit den Monstrillenweibchen offenbar sehr verwandt, unterscheiden sich aber von denselben sofort dadurch, 
dass der Cephalothorax die Panzerhülle vollständig ausfüllt. Der Hirntheil ist ausserdem farblos, abgerundet und ermangelt 
der beı den Weibchen so sehr entwickelten Augen vollständig. Die Fühler sind viergliederig, aber viel länger als bei den 
Weibchen und an der Spitze mit einer Art Haken ausgerüstet. Auch sind die Fühlerglieder anders gestaltet und mit dünne- 
ren, langen, gefiederten Borsten geschmückt. Der eylinderförmige Rüssel (a) ist verhältnissmässig sehr kurz. Die vier Paar 
Schwimmfüsse bieten nichts Abweichendes dar. Dagegen fehlen die rudimentären Füsse des ersten Postabdominalgliedes (k) 
vollständig. Am folgenden Segmente sind die eiertragenden Borsten der Weibchen durch ein Paar kurze gekrümmte Gebilde 
(Fig. 2. i und Fig. 5) ersetzt, die bei der Begattung irgend eine Rolle wohl spielen dürften. In jeder anderen Beziehung, 
namentlich in Betreff der inneren Organisation, ist die Uebereinstimmung mit den Monstrillenweibchen eine vollkommene. 

Die Gründe, warum ich diese Thiere für Monstrillenmännchen halte, sind folgende: Erstens waren die zuerst be- 
schriebenen Individuen alle weiblichen Geschlechts, so dass die Männchen eine von denselben etwas abweichende Gestalt 
wohl darbieten dürften. Zweitens trugen die Individuen der zweiten Form niemals Eier, und es ist kein Grund vorhanden, 
um anzunehmen, dass sie Weibchen seien. Drittens endlich ermangeln die vermeintlichen Männchen der eiertragenden 
Borsten, sind aber an demselben Segmente mit einem Paar Organen versehen, welche zur Ueberführung des Samens nicht 
ungeeignet erscheinen. 

Die Monstrillen haben keine Aehnlichkeit mit anderen Cormostomengattungen. Bei nur Nüchtigem Anblick möchte 


man vielleicht eine Verwandtschaft mit Baculus elongatus Luss.' vermuthen. Indessen besitzt dieser zu den Ergasiliniden 


! On Some Oceanic Entomostraca, by Joun Lusgock, Esq. — Transactions of the Linnean Society. XXI. 1860. Plate XXIX. Fig. 40. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 25 


98 5. Abschnitt. Arthropoden. 


gehörige Schmarotzerkrebs nicht nur vordere, sondern auch hintere Fühler, ein Paar Augen, ein Paar Kieferfüsse u. s. w., 
so dass die vermuthete Verwandtschaft bald zu nichte wird. 

Eine Achnlichkeit der Monstrillen mit anderen nicht zu den Cormostomen gehörigen Entomostraceen ist aber un- 
verkennbar. Namentlich mit den Pontellen und vielleicht auch den Setellen, wie es Dana bereits hervorhob, ist diese Ver- 
wandtschaft nicht zu läugnen. Monstrilla ist gleichsam eine mit Rüssel ausgerüstete und demnach zum Cormostomum 
herabgesunkene Pontella. Dieser Vergleich ist so naturgemäss, dass ich, sobald eine Pontella das Sehfeld meiner Lupe oder 
meines Mikroskops durchfuhr, eine Monstrilla zu sehen glaubte und nach derselben eifrig tappte. 

Ich kann nicht umhin, diesen Umstand als eine neue Stütze für die von Steenstrup und Lürken! so geistreich ver- 
tretene Ansicht zu betrachten, wonach die Schmarotzerkrebse keine besondere Ordnung eigentlich bilden, sondern nur 
schmarotzende Lophyropoden darstellen sollten. Jeder Lophyropodentypus würde dieser Ansicht gemäss eine saugende 
Abart liefern, d.h. hier als Gnathostomen-, dort als Cormostomenform auftreten können. Diese Theorie ist nicht vollständig 
neu, insofern als man in manchen Aussprüchen von Dana und Mırxse Epwarvs die ersten Keime derselben entdecken könnte. 
Indessen haben sie Steexstrup und Lürken zuerst mit gewohnter Schärfe ausgesprochen, und ein ausgezeichneter Kenner 
der Lophyropoden, Dr. Craus, hat sich bereits zu ihrer Ansicht bekannt. Ich finde nun in dem hier vorgelegten Beispiel eine 
weitere Bürgschaft für die Richtigkeit besagter Theorie. Monstrilla erscheint nämlich als die Cormostomen- oder Siphono- 


stomenform eines Typus, dessen Gnathostomenform in der Gattung Pontella zu suchen ist. 


4. Zur Entwicklung der Cirripedien. 


Taf. XVII. Fig. 15—26. 


In der Bucht von St. Vaast la Hougue fand ich ein Mal einen grossen von den Fluthwellen herangeschwemmten 
Holzbalken, worauf sich eine zahlreiche Colonie von Entenmuscheln (Lepas anatifera) angesiedelt hatte. Diesen Fund be- 
nutzte ich sofort, um mir aus eigener Anschauung einen besseren Begriff der anatomischen Beschaffenheit dieser Thiere zu 
verschaffen. Nebenbei schenkte ich den in der Entwicklung begriffenen Embryonen einige Aufmerksamkeit und ich finde 
nun, dass einige meiner Zeichnungen wegen der grossen Genauigkeit der Veröffentlichung wohl werth sein dürften. 

Die Entwicklung der Cirripedien kann seit den schönen Untersuchungen von Tuonpsox, BurnEiSTER , SPENcE BATE, 
Darwin, Hesse, Kronn- und Fırıpri als sehr gut bekannt betrachtet werden. Nichtsdestoweniger bleibt immer Manches nach- 
zuholen übrig, und nur von diesem Standpunkt aus möchte ich folgende Zeilen angesehen wissen. Uebrigens sind der Cir- 
ripedientypen mehrere und die Entwicklung der Lepadiden wurde vielleicht nicht so erschöpfend wie diejenige der Bala- 
niden behandelt. 

In jeder Entenmuschel bilden bekanntlich die in der Entwicklung begriffenen Eier zwei den beiden Schalenhälften 
dicht anliegende Platten, welche GrorsEs Cuvızr bereits bekannt waren. Diese Platten sind, wie es von den meisten Beob- 
achtern richtig gesehen wurde, an der Basis angewachsen. Burnzıster? betrachtete sie als die Eierstöcke, ein Irrthum, dem 
Run. Wasner,? Martın St. Ange‘ und Merrens® wohl zu entgehen wussten, indem sie den ächten Eierstock in den Stiel 
richtig verlegten. Trotz der entgegengesetzten Angaben einiger späteren Forscher, welche, wie Mayer, zu Burukıster’s 
Ansicht zurückkehrten, sind nun die richtigen Lagerungsverhältnisse der Eier definitiv festgestellt. 

Die reifen Eier nehmen eine ovale Gestalt und eine bläuliche Färbung an, worauf sie den Stiel verlassen und sich 


unter die Schalenstücke begeben. An dieser Stelle bilden sie zuerst jederseits einen kleinen Wulst, der sich allmählich 


' Bidrag til Kundskab om det aabne Havs Snyltekrebs, af Prof. Sreexstrup 08 Dr. Lürken. — Oversigt over det kgl. danske Vidensk. 
Selsk. Forbandlinger. 1860. ® Beiträge zur Naturgeschichte der Rankenfüsser, von Hermann Bunneister. Berlin 1834. p. 25 u. 28. 


3 Ueber die Zeugungsorgane der Cirripedien und ihre Stellung im System, von Run. WAGNER, Prof. in Erlangen. Mürzer’s Archiv für Anat. 
u. Phys. 1834. S. 467. * Mömoire sur l’organisation des Cirripedes par Marrın St. Ange. Paris 1835. ® Resultate von Unter- 
suchungen über den inneren Bau von Lepas, angestellt im Jahre 1827 von Dr. MERrTENs, aus dessen literarischem Nachlass mitgetheilt von 
Dr. Branpr. Mürter’s Archiv für Anat. u. Phys. 1835. S. 500. % Ueber den Bau von Lepas balanoides von Prof. MAYEr. — MÜLLERS 
Archiv für Anat. und Phys. 1846. S. 96. 


k. Zur Entwicklung der Cirripedien. 99 


durch Hinzukommen neuer Eier ausdehnt und zu genannter Eierplatte ausbildet. Run. Wasner nennt die Farbe der Eier- 
platten kornblumenblau, Burueister dagegen gelbroth, eine Färbung, die sie nach Wasxer’s Meinung erst durch die Ein- 
wirkung von Weingeist annehmen sollten. Gleichwohl haben diese Forscher beide richtig gesehen, indem die reifen unent- 
wickelten Eier schön blau aussehen, eine Farbe, welche aber später während der Entwicklung zuerst ins Violette, darauf 
ins Rosenrothe und Gelbe allmählich übergeht, bis endlich die ganz entwickelte Embryonen enthaltenden Eier vollkommen 
farblos erscheinen. Diese stufenmässige Farbenänderung ist bereits von Tnonpsox! nach Gebühr gewürdigt worden. Es 
wird demnach bei einiger Uebung sehr leicht, sich beim ersten Anblick die Individuen aufzusuchen, welche Embryonen in 
dem gewünschten Entwicklungsstadium enthalten. 

Die reifen Eier (Fig. 15) sind circa 0,02 Mm. lang, an einem Ende zugespitzt und von einer derben Eihaut um- 
schlossen. Eine zweite provisorische Hülle wie diejenige, welche von Fırıprı? unter dem Namen von hinfälliger Haut (De- 
cidua) bei den Eiern von Dichelaspis Darwinit beschrieben wird, nahm ich niemals wahr. Ob eine regelmässig vor sich 
eehende Dotterfurchung stattfindet, kann ich nicht mit Sicherheit angeben. Ich vermochte sie niemals zu sehen und war 
vielmehr geneigt anzunehmen, dass die Keimhaut auf dieselbe Weise wie bei vielen anderen Arthropoden,* ohne den ge- 
wöhnlichen Furchungsprocess durchzumachen, entsteht. Ich kann aber diese Ansicht, seitdem Fınrr seine schönen Abbil- 
dungen mehrerer Furchungsstadien bei Dichelaspiseiern veröffentlicht hat, kaum aufrecht erhalten. 

Nach der Bildung der Keimhaut geht die weitere Entwicklung wie bei Dichelaspis vor sich, indem sich zwei 
Keimblätter bilden, an denen durch die Entstehung oberflächlicher Furchen eine Andeutung von Segmentbildung bemerk- 
bar wird (Fig. 16). Die Gliedmaassen wachsen hervor (Fig. 17), Rüssel und Augenfleck schimmern durch die Eihaut (Fig. 18) 
durch. Zu dieser Zeit schlüpfen die Jungen (Fig. 19—20) heraus, bleiben aber noch lange in den Eierplatten sitzen, wo 
sie eine weitere Entwicklung und sogar eine Häutung erfahren. Dieses Verhältniss scheint bei den meisten Cirripedien 
obzuwalten, ja es scheint sogar nach Darwin‘ bei Cryptophialus die ganze Verwandlungsreihe innerhalb des Mutterthieres 
vor sich zu gehen. 

Die von der Eihaut frei gewordenen Larven (Fig. 19—20) ähneln den von Darwın abgebildeten Jungen von Scal- 
pellum vulgare? in hohem Grade, nur sind sie schmächtiger und mit einem längeren Rüssel versehen. Wie bei alleft anderen 
Cirripedienlarven sind drei Paar Füsse (Fig. 20.1, 2, 3) vorhanden, wovon die beiden hinteren zweiästig sind. Die äusse- 
ren, stets nach hinten zurückgeschlagenen Fühler (d) stellen eylindrische, deutlich quergestreifte Röhren vor. Der Darm 
führt in directer Linie vom Munde bis zum After. Das hintere Leibesende ist bereits deutlich dreispitzig (e). Von inneren 
Fühlern sah ich keine Spur und ich kann kaum glauben — obschon Darwin ausdrücklich bemerkt, sie seien bei Scalpellen- 
larven äusserst schwer zu sehen — dass sie vorhanden gewesen seien. 

Im folgenden Stadium (Fig. 21) sind die Larven bereits viel grösser geworden. Ihre Gestalt erscheint hauptsächlich 
desswegen sehr verändert, weil der Vordertheil verhältnissmässig viel breiter geworden ist. Uebrigens sind alle Organe 
wie in der vorigen Stufe gebildet. Die Leibesspitze erscheint noch deutlicher dreispitzig als vorhin und die gewaltigen 
Fühlermuskeln (m) werden recht anschaulich. Dieses Entwicklungsstadium erinnert sehr an die von Tnonrsox abgebildete 
Larve von Cineras vitlatus.® 

Nun tritt eine Häutung ein, die Larve verlässt die Eierplatten und schwimmt in veränderter Gestalt daher (vgl. 


Fig. 22). Die drei früher erwähnten kleinen Leibesspitzen haben sich ganz gewaltig ausgebildet. Zwei derselben sitzen 


noch auf gemeinschaftlicher Basis, die sich aber ungemein ausgezogen hat und sich demnach als ein dünner, an der Spitze 


gabelartig gespaltener Fortsatz ausnimmt. Es ist dies Krony’s »schwanzförmiger Anhang « oder Spexee Barr’s* »abdominal 


! Discovery of the metamorphosis in the second type of the Cirripedes viz. the Lepades, completing the natural History of those 
singular Animals and confirming their aflınity with the Crustacea, by Tnouepsox. — Philosophical Transactions of the Royal Society. London. 
1835. 2 Osservazioni zoologiche per F. pe Fırıppi, professor nella r. universita di Torino. Seconda Nota sulla Dichelaspis Darwinii. 
Archivio per la zoologia l’anatomia et la Fisiologia. Fascicolo 2. 31 Die. 1861. 3 Cf. Observationes de prima insectorum genesi, ad- 
jecta articulatorum evolulione cum vertebratorum comparalione, auctore ALBerto KöLLiker. Turici 1842. — Die Fortpflanzung und Entwick- 
lung der Pupiparen, nach Beobachtungen an Melophagus ovinus, von Dr. Rup. LEUcKART, in den Abh. der naturf. Ges. zu Halle. Bd. IV. 1858. — 
Recherches sur l’evolution des Araigndes par Ep. CrArAREpE. Utrecht 1862. “* A monograph of the Sub-class Cirripedia, with figures 
of all the Species, by Cu. Darwın. — The Balanidae. London 1854. p. 102. 5 a.'a. 0. Plate XXIX. Fig. 8. 67a. a. 0. Big. 3. 
5 Beobachtungen über die Entwickelung der Cirripedien von Dr. A. Kronus. — Troscner's Archiv für Naturgeschichte. 1860. p. 1. 3 On the 
developement of the Cirripedia by Srence Bare. — Annals and Magazine of Natural History. VII. 1851. 

25* 


100 5. Abschnitt. Arthropoden. 


appendage«. Die dritte Spitze ist ebenfalls in die Länge bedeutend gewachsen und stellt Krony’s » Stachelfortsatz « Spexc£ 
Bare’s »caudal termination « vor. Zwischen den Ansatzstellen dieser beiden Fortsätze ist der After gelegen. Die Existenz 
zweier solcher Schwanzanhänge, wovon der eine, der dorsale nämlich, gabelig ist, scheint für die meisten Cirripedien 
charakteristisch zu sein. Spexer Bare' führt sie bei den Larven von Balanus balanoides Liss., B. porcatus va Costa, B. per- 
foratus Brus., Chthamalus depressus (?) Por, Glitia Strömia Mer. an, nur sind sie bei allen diesen Species bei weitem nicht, 
so ausgebildet wie bei unseren Lepaden. Selbst bei den Larven von Sacculina dürften sie nicht ganz fehlen.” 

Die inneren Antennen fehlen noch immer, die äusseren haben sich vom Körper abgehoben und nehmen nun eine 
auf die Körperachse beinahe senkrechte Richtung an (Fig. 22. ec). Die drei Paar Schwimmfüsse sind sehr zierlich gebaut 
und wurden, wie es scheint, bei keiner Species bisher genau dargestellt, so dass ich es für nicht unzweckmässig erachte, 
exacte Abbildungen von denselben mitzutheilen. Die vordersten Füsse (Fig. 23) sind kurz, bestehen aus nur wenigen Glie- 
dern, wovon die vier letzten auf der Innenseite eylindrische röhrenartige Fortsätze tragen. Das Endglied besitzt ihrer vier, 
die drei anderen nur je einen, der aber etwas länger ist. Von jeder Röhre geht ein dünnes langes steifes Haar heraus. Die 
Schwimmfüsse des zweiten Paares (Fig. 2%) sind bekanntlich zweiästig, und zwar übertrifft der äussere Ast den inneren 
um ein Weniges. Jener trägt an der Innenseite jedes der sieben letzten Glieder eine lange dünne Haarborste, die gleich 
denjenigen des ersten Fusspaares auf einem röhrenartigen Basalglied sitzt. Nur das Endglied ist mit zwei solchen Borsten 
anstatt einer versehen. Der innere Ast trägt fünf auf die nämliche Weise gebildete Borsten und ausserdem zwei auf dessen 
Basis sitzende, des röhrenförmigen Basalgliedes ermangelnde gefiederte Borsten. Das dritte Fusspaar (Fig. 25) endlich ist 
gleichfalls zweiästig und jeder Ast trägt mehre wie bei den anderen Schwimmfüssen beschaflene Haarborsten. Ausserdem 
läuft der innere Ast in eine zarte, aber äusserst lange gefiederte Borste mit sehr langem röhrenförmigen Basalgliede aus. 
Von der Wurzel des äusseren Astes entspringt eine viel kürzere, das Basalglied entbehrende, einseitig gefiederte Borste. 

Der Rüssel oder die Mundkappe ist am Rande verdickt und ermangelt der kleinen, wie es scheint, bei der Mehr- 
zahl der anderen Species vorkommenden Stacheln. Das unpaarige rothe Auge ist mit einer kugeligen Linse (Fig. 26. «a) 
versehen. Es sitzt dasselbe zwischen zwei runden körnchenhaltigen Kapseln (b), die ich am liebsten für Gehörbläschen 
halten möchte, eine Ansicht, welche um so günstiger aufgenommen werden dürfte, als Gehörorgane bei anderen Species 
schon mehrfach angeführt wurden. Darwın behauptet zwar, dass er sie stets erst in einem späteren, dem sog. Puppen- 


stadium gesehen habe, eine Beobachtung, die aber nur Das beweisen würde, dass diese Sinnesorgane bei verschiedenen 


Arten zu verschiedener Zeit auftreten. Die Deutung erwähnter Kapseln als Otolithblasen ist mir indessen — um so mehr 
als ich Flimmerbewegung darin niemals wahrnahm — ein wenig zweifelhaft geworden, namentlich seitdem ich die Gründe 


gelesen habe, womit Spexce Bare Tuowrsovs Darstellung der Augenentstehung bei den Cirripedienpuppen bekämpft. Letz- 
tere besitzen bekanntlich zwei Augen, die nach Tuowpsoxs Angabe aus der Spaltung des unpaarigen Larvenauges hervor- 
gehen sollen. Nun aber bestreitet Speer Bare die Richtigkeit dieser Ansicht, weil er bei gewissen Entomostraca (z. B. Chi- 
rocephalus diaphanus) die in der Bildung begriffenen paarigen Augen neben dem provisorischen unpaarigen Larvenauge 
gesehen habe, eine Wahrnehmung, die bekanntlich von mehreren anderen Forschern bestätigt wurde. Es ist demnach nicht 
unmöglich, dass die fraglichen Kapseln keine Otolithblasen, sondern die in der Entstehung begriffenen Puppenaugen seien. 

Im Parenchym unserer Larve sitzen zahlreiche Gruppen (Fig. 22. k) fettartig glänzender Tröpfchen, welche zwei- 
felsohne zum Verbrauch bei der Ausbildung der Gewebe aufgespeichert sind. 

Unsere Lepaslarve ist mit der von Kronn abgebildeten sehr nahe verwandt, ermangelt aber des stacheligen Rücken- 
fortsatzes, wodurch sich letztere auszeichnet. Die von Tuonpsox abgebildete Larve von Lepas anserifera steht ihr ebenfalls 
sehr nahe, besitzt aber einen einfachen nicht gegabelten Abdominalfortsatz. Tmuonrsox giebt übrigens über deren inneren 
Bau keinen Aufschluss. Unter allen bisher gelieferten Figuren von Cirripedienlarven ähnelt diejenige des alten Srazzer ® 
den meinigen am meisten. Sie ist in der That ganz vorzüglich und ich bezweifle um so weniger, dass das von dem hollän- 
dischen Forscher als zee-Iuis bezeichnete Thierchen eine Larve von Lepas anatifera gewesen sei, als der Verfasser ausdrück- 


lich bemerkt, ein Schwarm dieser Wesen sei aus einer Eenden-Schulp (Lepas anatifera) wie eine Rauchwolke aus einem 


17323002 8.32%: ® Vel. On the Anatomy of Saceulina with a description of the Species by Jonn Anpersox. — The Ann. 
and Mag. of Nat. History. Third Series. IX. Jan. 1862. p. 12. ® Natuurkundige Verlustigingen behelzende microscopise waarneemingen 


van in- en uitlandse Water- en Landdieren door Marrınus Stapger. Te Haarlem 1778. p. 63. Taf. VII. Fig. 3. 


5. Ueber die Blutbahnen bei den Caprellen. 101 


Schornstein herausgekommen. Wie entfernt er aber war zu vermuthen, dass sich später ein genetischer Zusammenhang 
zwischen der sog. Seelaus und der Entenmuschel herausstellen würde, ersieht man aus folgendem Satze: »Dus meen ik 


myme Lezeren een wonderbar Schepsel bekendt gemaakt te hebben, het welk een ander Dier ten voedsel verstreckte.« 


5. Ueber die Blutbahnen bei den Caprellen. 
Taf. XVI. Fig. 17—18. 


2 


Den tüchtigen Forschungen von Wiesmann, Goopsım,” Frey und Leverart? verdanken wir eine ziemlich vollständige 
Darstellung der Kreislaufsverhältnisse bei den Laemodipoden. Wenn aber diese Beobachter die Blutbahnen sehr genau 
angeben, so haben sie nichtsdestoweniger eine empfindliche Lücke in Betreff des wechselseitigen Verhältnisses der arte- 
riellen zu den venösen Blutströmungen in den Gliedmaassen bestehen lassen. Wiesmann berichtet ganz einfach, er habe 
in den Greiffüssen bei Leplomera einen arteriellen Blutstrom die Hinterwand hinabsteigen und am Ende der Extremität 
schlingenförmig in einen venösen Strom übergehen sehen, welcher den Vorderrand einhielt. Diese Angabe wird von Frey 
und Levcrarr vollkommen bestätigt, welche gleich ihrem Vorgänger diese Strömungen als wandungslos betrachten. Nun 
entsteht bei den Laemodipoden, wie bei vielen anderen Arthropoden, die Frage sehr natürlich: durch welche Einrichtung 


vermögen verschiedene wandungslose Strömungen neben einander zu bestehen, ohne — bei den verschiedenen vom Thiere 


vorgenommenen Bewegungen — einander jemals zu stören? Auf solche Frage erwiedert man gewöhnlich, dass die Or- 
gane — Muskeln, Nerven u. s. w. — gefässartige Lücken begrenzen, welche als vorgeschriebene Blutbahnen dienen. 


Die Untersuchung der gespensterhaftigen Caprellen mit ihren langen schmächtigen Gliedmaassen schien mir zu 
einer Prüfung der Richtigkeit solcher Erwiederung sehr geeignet. In der That sind bei diesen Thieren sowohl Streck- als 
Beugemuskeln an beiden Enden der langen Fussglieder angehäuft und die Zwischenstrecke erscheint als organenleeres, 
von den beiden Blutströmungen eingenommenes Rohr. Sowohl dieser Umstand wie die grosse Durchsichtigkeit der beinahe 
farblosen Caprellenglieder liessen eine genauere Erforschung der fraglichen Verhältnisse zu. 

Bei allen von mir untersuchten Caprellen nahm der arterielle Strom die Beuge-, der venöse dagegen die Streck- 


seite der Füsse ein. Beim Verfolgen der dahinjagenden Blutkörperchen gewahrte ich sehr bald, dass Frey’s und Leverarr’s 


Angabe — wonach der ganze arterielle Strom bis ans Fussende verlaufe und hier in den venösen Strom schlingenförmig 
überbiege — nicht buchstäblich zu nehmen sei. Es gelangt eigentlich nur der kleinere Theil der als arterieller Strom in 


den Fuss eingedrungenen Blutmenge bis in die Fussspitze, indem der grössere Theil bereits vorher in den venösen Strom 
übergegangen ist. Am peripherischen Ende jedes Fussgliedes (vgl. Fig. 17) spaltet sich nämlich die arterielle Blutströmung 
in zwei Zweige, wovon einer als arterieller Strom in das folgende Glied dringt, während der andere sofort umbiegt und 
auf der Streckseite in den venösen Strom übergeht. Bei näherer Untersuchung ergab es sich, dass alle dicht an der Wand 
gleitenden und bis an die Ansatzstelle des Beugemuskels b’ (Fig. 17) herunterrollenden Körperchen hier sofort umbogen und 
in den venösen Strom unmittelbar übergingen, ohne in das folgende Fussglied jemals vorzudringen. Die sich in grösserer 
Entfernung von der Wand bewegenden Körperchen drangen dagegen stets in das folgende Glied weiter, wie dies auf der 
Figur durch Pfeilchen angedeutet worden ist. 

Es frägt sich nun, wie arterielle und venöse Blutströmung in dem langen Fussglied von einander getrennt bleiben 
und durch welche Vorrichtung einige Blutkörperchen an einer constanten Stelle von der ersten in die zweite übergehen. 
Es dauerte nicht lange, bis ich als Ursache der scharfen Sonderung beider Ströme eine Membran erkannte, welche eine 
vollkommene Längsscheidewand in jedem Fussglied bildet. Diese Membran ist an sich sehr durchsichtig und mithin nicht 


ganz leicht zu erkennen, deren Ansatz an die Fusswand aber fällt als scharfe Linie (Fig. 17. a) sogleich ins Auge. Ich ver- 


I! A. F. A. Wıesmana, Abweichende Form der Blutkörperchen und Blutlauf bei Laemapoden ; WıEGmAnN’s Archiv für Naturgeschichte. 


Jahrg. 5. 183 TIST AA. ® 1. D. S. Goopsır, On a new genus and on six new species of Crustacea, with Observalions on the deve- 
lopment ete.; Edinb. new Philos. Journ. Vol. XXXII. 1842. p. 183. ® Beiträge zur Kenntniss wirbelloser Thiere, mit besonderer 


Berücksichtigung der Fauna des norddeutschen Meeres. Braunschweig 1847. S. 104. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 36 


102 5. Abschnitt. Arthropoden. 


suchte den Fuss so zu drehen, dass der Tubus meines Mikroskops auf diese Membran senkrecht zu stehen kam, und siehe, 
da (Fig. 18) war eine helle längliche scharfrandige Oeflnung (0) gerade an der Stelle der Membran (a) angebracht, wo ein 
Theil der Blutkörperchen vom arteriellen in den venösen Strom unmittelbar überging. Durch abwechselnd höhere und 
tiefere Einstellung des Tubus gewann ich die Ueberzeugung, dass diese Oeflnung zur unmittelbaren Verbindung beider 
Blutbahnen wirklich dient und ich vermochte das Umbiegen der Blutkörperchen um den scharfen Oefflnungsrand längere 
Zeit zu verfolgen. 

Wenn also eigentliche Gefässe den Gliedmaassen der Caprellen abgehen, so wird wenigstens ein Aequivalent dafür 
dadurch zu Stande gebracht, dass jeder Fuss durch eine Längsscheidewand in eine arterielle Beuge- und eine venöse 
Streckseite getheilt wird. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ähnliche Verhältnisse bei anderen niederen Krustern und 
vielleicht auch bei vielen Arachniden und Insecten obwalten. Dass sie sich den bisherigen Forschungen entzogen haben, 
mag davon herrühren, dass diese Thiere keine so günstigen Beobachtungsverhältnisse darbieten wie unsere Caprellen. Es 
will mich übrigens dünken, als ob manche ältere Beobachtungen auf die Anwesenheit solcher Scheidewände in den Glied- 
maassen einiger Insecten bezogen werden dürften. Bekanntlich hat Ben! versucht, die Strömchen in den Beinen der No- 
tonectenlarven mit den pulsirenden Bewegungen einer in den Beinen gelegenen und an der Basis des Unterschenkels 
gekrümmten oder abgerundeten Membran in Zusammenhang zu bringen. Verroren” hat in den Füssen vieler Hemipteren- 
und anderer Insectenlarven pulsirende Organe ebenfalls beschrieben, die in eine Membran auslaufen sollen. Es wird freilich 
nicht gesagt, ob diese Membran der Fusswand angewachsen sei und den arteriellen vom venösen Strom trenne, ein Ver- 
hältniss, welches mir jedoch nicht unwahrscheinlich erscheint. Bei den Caprellen war die Membran zwar unbeweglich, 
allein es ist möglich, dass die pulsirenden Organe bei den Insecten nur dem oberen Theil der Scheidewand angewachsen 
seien. Nebenbei möchte ich bemerken, dass die pulsirenden Bewegungen in den Insectenfüssen nicht wohl, wie Lion 
Durour® und Mırse Enwarns‘ es annehmen, von den blossen Zusammenziehungen der Fussstummeln herrühren können. 


VerLoren’s® wiederholte Beobachtungen scheinen mir mit einer solchen Ansicht unvereinbar zu sein. 


6. Zur Kenntniss der Pyenogoniden. 


Taf XVII. DBIS. Aula. 


a. Ueber Kreislaufsverhältnisse bei den Pycnogoniden. 


Die Pycenogoniden sollten bekanntlich eine Hauptstütze für pe Quareeraces’ Phlebenterismustheorie® bieten. Bei 
diesen mit dem Krustertypus so nahe verwandten Seespinnen liess der französische Anatom den Blutkreislauf völlig ver- 
kümmern, wogegen er diesen Thieren zum Ersatze eine zwar sehr unvollständige Chyluseireulation vindieirte. Als aber 
Krony” ein schlauchförmiges Herz bei Nymphon entdeckte, dann brach die vermeintliche Stütze zusammen, und es fällt 


wohl Niemandem mehr ein, die Pyenogoniden unter die sog. Phlebenteraten zu stellen. 


! Entdeckung eines von den Bewegungen des Rückengefässes unabhängigen und mit einem besonderen Bewegungsapparale ver- 
sehenen Kreislaufs in den Beinen halbflüglichter Inseeten von Dr. Bens, Privatdocenten an der Univ. zu Kiel. — Mürten's Archiv für Anat, 
und Phys. 1835. S. 551. ? Memoire en reponse A la question suivante: Eclaireir par des observations nouvelles le phenomene de la 
circulation dans les insectes en recherchant si on peut le reconnaitre dans les larves des diflerents ordres de ces animaux par M. VEnLo- 
REN. — Mem. couronnes et m&m. des savants etrangers publies par l’Acad. Royale de Belgique. Tome XIX. 1845 —46. ® Lettre sur 
le mouvement observe par Mr. Beux dans les paltes des inseetes Hydrocorises par LEon Durour. — Annales des Sc. naturelles. 1335. 
Tome IV. p. 313. * Lecons sur la Physiologie et l’Anatomie comparee de l’homme et des animaux, faites a la facull® des Sciences 
de Paris par H. Mırne EnwAros. Tome Ill. 1858. p. 226. ° Von den Ernährungsfunctionen bei den Insecten von Dr. M. C. VERLOREN. — 
Holländische Beiträge zu den anatomischen und physiologischen Wissenschaften, herausgegeben von Dr. J. van DEEN, Dr. F. C. Doxpers und 
Dr. Jac. Morescuott. 1. Bd. left 3. Düsseldorf und Utrecht 1848. S. 354. 6 Memoire sur l’organisation des Pycenogonides par A. DE 
QuArnerages. Annales des Sciences naturelles. 3. Serie. 1845. Tome IV. Pl. II. Fig. 2. ” Veber das Herz und den Blutumlauf in den 


Pyenogoniden von Dr. A. Kronn. — Troscuer's Archiv für Naturgeschichte. 1855. S. 6. 


6. Zur Kenntniss der Pyenogoniden. 103 


Da ve Quarrerases an seiner Lieblingstheorie noch ziemlich festhält, so war ich neugierig, einige Pyenogoniden 
gerade an derselben Stelle, wo er seine Untersuchungen selber anstellte, auf Kreislaufserscheinungen zu prüfen. Ich er- 
staunte nicht wenig, als ich bei der ersten aufgefangenen Seespinne sofort erkannte, dass gerade manche Pyenogoniden 
die günstigsten Verhältnisse zum Studium der Herzbildung vor den meisten anderen Gliederthieren darbieten. Das zu mei- 
nem Zweck vortrefllichste Object lieferte der in St. Vaast sehr häufig vorkommende Pho.ichilus spinosus Moxtasv, bei wel- 
chem sich eme Bildung des Herzens sogleich herausstellte, welche für die Richtigkeit der von Krous bei Nymphon gewon- 
nenen Ergebnisse eine neue Bürgschaft liefert. 

Das Herz (Fig. 11) von Phoxichtlus ist ein farbloser, dem braunen Darme aufliegender Schlauch, in welchem sich 
das Blut von hinten nach vorn bewegt. Das Hinterende desselben liegt im hintersten Körperring, etwa im Niveau der An- 
satzstelle des letzten Fusspaares. An der Spitze ist eine kreisförmige, das Blut der Leibeshöhle bei jeder Pulsation aufsau- 
gende Oeflnung angebracht. Hierin weicht das Herz von Phozxichilus von demjenigen der meisten Insecten ab, denn ich 
muss trotz einer entgegengesetzten mündlichen Aeusserung von Dr. Weıswann in Frankfurt a. M. die Ansicht aufrecht er- 
halten, dass der Herzschlauch wenigstens bei vielen Insecten hinten blind geschlossen ist, so dass das Blut von zwei 
seitlichen und nicht von einer einzigen endständigen Oeflnung aufgenommen wird. Für die Richtigkeit dieser Ansicht 
sprechen übrigens die sehr genauen Abbildungen des hinteren Herzendes bei Ghironomus plumosus und anderen Insecten, 


"verdanken. 


die wir VERLOREN 

Der hinten recht schmale Herzschlauch erweitert sich sehr bald und erreicht in der Mitte jedes der drei ersten 
fusstragenden Segmente seine grösste Breite. An jeder dieser drei Stellen findet man ein Paar sichelförmige Oeflnungen 
behufs der Blutaufnahme aus der Leibeshöhle. Es sind also bei Phoxichilus zwei seitliche Oeffnungen mehr, als bei der von 
Kronx untersuchten Nymphonart vorhanden, da dieser Forscher nur zwei Paar Oeflnungen erwähnt. Diese Oeflnungen 
sind wie Knopflöcher an den breitesten Stellen des Herzschlauches angebracht, gerade wie ich es bei den Araneen und 
einigen niederen Krustern mehrfach beobachtet habe. Bei den Insecten ist eine davon abweichende Vorrichtung vorhanden, 
indem sich der Herzschlauch dicht vor jedem Oeflnungenpaar erweitert und hinter demselben verengt. Am scharfen Vor- 
der- und Hinterrand jeder sichelförmigen Oeflnung springt bei Phoxichilus ein Zellenkern hervor. Beide Kerne drücken 
sich bei jeder Systole kräftig an einander, entfernen sich aber bei beginnender Diastole wieder, wie ich es auch bei jungen 
Araneen öfters wahrnahm. Ich halte diese Gebilde für die Kerne von Muskelzellen, die bei dem Auf- und Zuschliessen der 
Oeflnungen thätig sind. Zahlreiche Zellenkerne sind ausserdem in die Herzwand eingestreut. 

Nach vorn zu geht das Herz in eine eylindrische, nicht pulsirende Aorta (Fig. 11. e) über, welche dem muskulösen 
Schlund aufliegt. Kurz vor der Rüsselspitze theilt sich diese Ader in zwei nach Art eines T nach rechts und links divergi- 
rende Aeste. Diese Zweige (f) sind sehr kurz und münden an den Seiten des Schlundes in die Leibeshöhle, wo sich das 
Blut in der Richtung der Pfeile (Fig. 11) nach hinten fortbewegt. Bei der von Krons untersuchten Nymphonart scheint da- 
gegen keine Aorta vorhanden zu sein. 

Durch den Umstand, dass sich das Blut im Herzschlauch von hinten nach vorn bewegt, entfernen sich die See- 
spinnen von den Araneen. Ich kann nämlich dreist behaupten, dass bei letzteren die Blutbewegung innerhalb des Herzens 
eine gerade entgegengesetzte ist. Diese Angabe läuft freilich allen bei anderen Arthropoden gemachten Wahrnehmungen 
zuwider. Gegen Thatsachen ist indessen nichts einzuwenden, und es ist eine wirkliche Thatsache, wie es Levnıs ® bereits 


bemerkt, dass sich das Blut im Herzen der Spinnen von vorn nach hinten bewegt. 


b. Ueber eine neue Pyenogonidenart, Phoxichilidium cheliferum. 
Taf. XVII. Fig. 12. 


In St. Vaast Ja Hougue begegnete mir ein 2'%—3 Mm. langes braungrünliches Pyenogonid, das einem Nymphon 
auffallend glich. Dass es aber dieser Gattung nicht angehören könne, ging daraus hervor, dass es wohl scheerentragende 


r n . Q N 7 Tr Ns - s 2. r : h 
! Von den Ernährungsfunctionen bei den Insecten von Dr. M. €. Vertonex. — a.a. 0. S. 334. Fig. 7 und 8. Zum feineren 


Bau der Arthropoden von Dr. Franz Leypıs. — Mürter's Archiv für Anat. und Phys. 1855. p. 454. 


104 5. Abschnitt. Arthropoden. 


Mandibeln, aber keine sog. Taster (Kröver’s Maxillae prioris paris) besass. Es muss dieses Thier der Gattung Phoxichi- 
lidium angereiht werden. Diese neue Species wird folgendermaassen charakterisirt: 

Phozxichilidium cheliferum nov. sp. Körper linear, gracil, mit stark hervorragenden cylindrischen seitlichen Fort- 
sätzen. Rüssel kurz mit dreieckiger Mundöffnung. Augensegment sehr lang, vorn und hinten erweitert, in der Mitte wie 
bei vielen Nymphonarten halsartig eingeengt. Die an der Rüsselbasis auf der Rückenseite des Augensegments entspringen- 
den Mandibeln sind dick, mit Scheeren versehen und erreichen etwa ein Drittel der Gesammtlänge. Sie bestehen aus einem 
einzigen Basalglied und der darauf sitzenden Scheere. Sog. Palpen fehlen. Augentuberkel auf dem Hintertheil des Augen- 
segments dicht beim ersten Brustsegmente angebracht und mit vier Augen versehen. Eiertragende Füsse neungliederig, 
das letzte Glied eine gezähnelte Scheere darstellend. Gehfüsse sehr lang. Abdomen beinahe gänzlich verkümmert. 

Unter allen bekannten Pyenogoniden scheint diese Art die einzige zu sein, deren eiertragende Füsse mit Scheeren 
ausgerüstet sind. Die Anzahl dieser Glieder ist bei diesem Fusspaar auch sehr eigenthümlich. Sie beträgt nämlich neun, 
eine Zahl, welche sonst bei keiner anderen Pyenogonidenart angegeben wird. Die verwandte Gattung Nymphon besitzt 
nach Kröver’s Angabe! eilf Glieder am eiertragenden Fusspaare. Gelegentlich möchte ich die Aufmerksamkeit darauf len- 
ken, dass die Beobachter in Betreff der Anzahl dieser Glieder bei vielen Gattungen sehr uneinig sind. So z. B. zählen 
Jonsston,? Pimumer,® Frey und Leverart * bei Phoxichilidium coccineum nur fünf Glieder, Krover? dagegen sieben. Bei Phoxi- 
chilus spinosus giebt Kröver ® ihrer acht, Mıuxe Epwarps’ dagegen nur sieben an. Bezüglich dieser letzten Gattung geben 
meine Zeichnungen Mırxe Epwarps recht. 

Die Blindschläuche des Verdauungsapparates, die man am besten als Leberschläuche bezeichnen dürfte, sind bei 
verschiedenen Gattungen verschieden entwickelt. So z. B. dringen sie in den Gehfüssen von Phozxichilus spinosus bis an 
die Spitze des Klauengliedes, während sie bei Phozxichilidium cheliferum das Klauenglied niemals erreichen. Gleichwohl 
dringen sie bei letzter Gattung in die Mandibelscheere. Bei Phozxichilus, welcher der Mandibeln bekanntlich ermangelt, sind 
die Leberschläuche des Mandibelpaares durch zwei Paar Schläuche (Fig. 11. e, e') ersetzt, die bis in den vorderen Rüssel- 
theil dringen. Endlich möchte ich bemerken, dass diese Schläuche nicht in ihrem ganzen Verlauf gallenbereitend wirken. 
So z. B. sieht man bei Phoxichilidium cheliferum, dass jeder Schlauch das Gallenpigment an zwei Stellen (Fig. 12. c, ec.) 
entbehrt: die eine längere nimmt den Brustfortsatz und die beiden ersten Fussglieder, die andere kürzere die Mitte des 
fünften Fussgliedes ein. Auch der vorderste oder Mandibelschlauch entbehrt des Pigments an der Stelle, wo er durch den 
Hals durchtritt. Alle Leberschläuche zeichnen sich durch peristaltische Bewegungen aus. 

Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass die von pr Qvarneraces als Phozxichilus spinosus Most. erwähnte See- 
spinne mit Phoxichilidium cheliferum identisch sei. Es erhellt jedenfalls aus seiner Abbildung,® dass dieses Thier mit Pho«t- 
chilus spinosus nichts zu thun hat. Es kann sogar wegen der Anwesenheit von Mandibeln zur Gattung Phozxichilus Larr. 


durchaus nicht gehören. 


c. Zur Entwicklung der Pycnogoniden. 
Taf. XVII. Fig. 13 —1%. 
Die schönen Untersuchungen Kröver’s? über die Entwicklung der Pyenogoniden sind bis vor Kurzem wenig be- 


rücksichtigt worden, so dass Lewes'® schreiben durfte, die Larvenzustände dieser Thiere seien vor ihm ganz unbekannt 


! Bidrag til Kundskab om Pyenogoniderne eller Söspindlerne, ved Hesrık Kröyer. p. 107. — Naturhistorisk Tidsskrift. Anden 
Raekkes förste Bind. Kjöbenhavn 1844—1845. 2 Zoological Journal. Vol. III. p. 489. 3 Ueber die Neapolitanischen Pyenogoniden 
von A. Pnırıppr. — WıEsnmann’s Archiv für Naturgeschichte. Jahrg. 9. 1843. Bd.4. S. 177. * Beitrag zur Kenntniss wirbelloser Thiere 
von Dr. Heinrich Frey und Dr. Run. Levekant. Braunschweig 1847. S. 164. I u E60 95 Alle EB EG (Wa Warez ?” Histoire 
naturelle des Crustac6s, comprenant l’anatomie, la physiologie et la classificalion de ces animaux par H. Mırne Epwanns. Tome IH. Paris 
1840. p. 536. 8 Memoire sur l’organisation des Pyenogonides. — a. a. 0. p. 73. Pl. II. Fig. 2. ®° Om Pyenogonidernes For- 
vandlinger, af Hexrık Kröver. — Naturhistorisk Tidsskrift udgivet af H. Kröver. Tredie Bind. Kjöbenhavn 1840—41. p. 299. 10 Sea-side 


studies at Ilfracombe, Tenby, the Scilly Isles and Jersey by GEorsE Heary Lewes. Edinburgh and London 1860. p. 214. 


6. Abschnitt. Mollusken. 105 


gewesen. Die einschlägigen Beobachtungen Arınans! scheinen ebenfalls wenig beachtet worden zu sein. Erst die in 
diesem Jahre veröffentlichten ausgezeichneten Beobachtungen von Hoper? dürften sich sehr bald einer allgemeinen Auf- 
nahme erfreuen. Der englische Forscher hat nämlich mit voller Evidenz dargethan, dass die Larven von Phoxichilidium 
coccineum einen grossen Theil ihrer Verwandlung in verbildeten Zweigen einer Coryne durchmachen. 

Meine Beobachtungen über die Entwicklung der Pyenogoniden können sich einer solchen Vollständigkeit wie die- 
jenigen von Hopce durchaus nicht rühmen. Ich beobachtete nämlich nur zwei Entwicklungsstufen einer Phoxichilidienart. 
die Ph. cheliferum wohl sein dürfte, da jedoch eine derselben einer Phase entspricht, die bisher von Honcz allein gesehen 
wurde, so mag deren Beschreibung folgen, um zur Bestätigung der Angaben des englischen Zoologen zu dienen. 

Die jüngste beobachtete Entwicklungsstufe ist auf Tafel XVII. Fig. 13 dargestellt. Das Thier kehrt die Bauchseite 
dem Beobachter zu und erinnert sogleich an die vortrefflichen Skizzen Kröver’s. Es wurde vermittelst des feinmaschigen 
Netzes auf offener See gefischt. Die Kiefer sind bereits vorhanden und mit Scheeren versehen. Zwei Paar Füsse mit langer 
Klaue sind vorhanden und ein drittes rudimentäres Paar scheint erst in der Bildung begriffen zu sein. Die von Kröver und 
Hope beobachteten Larven hatten nur zwei Paar Füsse und die Klaue war bei denselben zu einem langen fadenförmigen 
Anhängsel verlängert. Nur bei den Jungen von Pyenogonum littorale und Nymphon grossipes stellt Kröver förmliche Klauen 
dar. Meine Larve besass bereits einen sehr entwickelten Rüssel. 

Die beschriebene Larve gehört einem Stadium an, welches nach Honer’s Angabe dem parasitischen Leben vorauf- 
gehen soll. Das nun zu beschreibende Stadium (Fig. 14) würde dagegen in den Zeitraum fallen, wo das Schmarotzerleben 
bereits aufgehört hat. Dieses Thier sieht einem ausgebildeten Phoxickilidium schon gleich, nur fehlt das hinterste Paar 
Füsse. Der Körper läuft in zwei schuppenartige Anhängsel aus, wovon jedes einen Leberschlauch einschliesst, so dass man 
sie als die Anlage zu den fehlenden Füssen betrachten muss. Die drei vorderen Paar Füsse besitzen bereits alle ihre Glie- 
der, die aber verhältnissmässig noch sehr kurz sind. Hopce beschreibt eine entsprechende Entwicklungsstufe bei Phoxichi- 
lidium coceineum.” Man darf also wohl nun annehmen, dass die jungen Pyenogoniden zuerst nur zwei Paar, später drei 


und erst viel später vier Paar Füsse bekommen. 


Sechster Absehnitt. 
Mollusken. 


1. Ueber eine wahrscheinlich zu den Bryozoen gehörige Thierform, 
Loxosoma singulare Kef. 


Taf. II. Fig. 6—10. 


Diesen merkwürdigen Schmarotzer entdeckte ich am 27. Juli auf Gapitella (Notomastus) rubicunda. Innerhalb acht 
Tagen kamen mir sechs Exemplare von diesem 3—4 Mm. langen Thierchen zu Gesichte; seitdem aber sah ich es nicht 
wieder. Als später Prof. Kerersteis in St. Vaast anlangte, theilte ich ihm meine Zeichnungen mit und wir besprachen öfters 
die natürlichen Aflinitäten dieses merkwürdigen Wesens. Er war so glücklich, das Thier nach meiner Abreise wieder zu 
finden und meine Erfahrungen in einem Punkte zu vervollständigen. Seitdem hat er es beschrieben und Lorosoma singu- 


lare benannt,“ wobei er aus Versehen anzugeben unterliess, dass er zuerst durch meine Zeichnungen und Mittheilungen 
5 8 8 


' On a remarkable Form of Parasitism among the Pycenogonida, by Prof. Arıman. — Transactions of the british Association for 
1859. ?2 Observations on a Species of Pyenogon (Phowichilidium coceineum Jousst.) wilh an attempt to explain (he Order of its Deve- 
lopment, by Geonsz Hopge. — Annals and Mag. of Natural“ History. Third Series. IX. 1862. p. 33. ® Kröver bildet ebenfalls eine 


Larve von Nymphon grossipes mit drei Paar Füssen ab. Sie war aber offenbar jünger als die hier erwähnten, denn die beiden vordersten 
Paare allein waren mit der Vollzahl ihrer Glieder versehen, während das dritte Paar erst zweigliederig erschien. “ Untersuchungen 
über niedere Seethiere. S. 131. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 27 


106 6. Abschnitt. Mollusken. 


mit den Structurverhältnissen des Thieres vertraut geworden. Da ich nun Krrerstew’s Darstellung aus meiner früheren 
Darstellung Manches hinzuzufügen vermag, so lasse ich eine kurze Beschreibung des Thieres folgen. % 

Lo.xosoma singulare (Fig. 6 und 7) besteht aus einem kurzen bald dickeren, bald dünneren Stiel und einem becher- 
förmigen Körper. Der Stiel ist farblos und breitet sich in eine rundliche Haftscheibe, durch deren Hülfe der Schmarotzer 
auf Capitella (Notomastus) festsitzt, aus. Nimmt man die Unterseite der Fussscheibe in Augenschein, so findet man, dass die 
ganze Sohle (Fig. 10) mit zahlreichen, 0,014 Mm. breiten rundlichen Zellenkernen besetzt ist, die unmittelbar unter der 
farblosen Cuticula sitzen. Der becherförmige Körper ist von hinten nach vorn schräg abgestutzt und dessen Höhle durch 
ein membranöses Diaphragma verschlossen. Vom Becherrande entspringen zehn meistens nach innen gekrümmte, eine 
Fortsetzung der Leibeshöhle enthaltende Tentakeln (Fig. 9). Da der Körper von den Seiten etwas zusammengedrückt er- 
scheint und das Diaphragma sich von hinten nach vorn neigt, so kann man fünf rechte und fünf linke Tentakeln unterschei- 
den. Es sind dieselben auf der Innenseite mit einer zweifachen Reihe langer Wimpern besetzt. 

Das Diaphragma flimmert auf der ganzen Oberfläche, nur ist sein Wimperflaum viel kürzer als die Flimmercilien 
der Tentakeln. In der Mitte desselben befindet sich eine dreieckige Oeffnung mit abgerundeten Winkeln, aus welcher ein 
eylinderartiges Gebilde (vgl. Fig. 6 und 8) hervorragt. Krrerstem vergleicht dieses Organ sehr treffend mit einem Schorn- 
stein. Die Schornsteinspitze trägt einen Wimperkranz (Fig. 8. 0), in dessen Mitte sich eine in einen flimmernden Canal (p) 
führende Oeffnung befindet. Der Canal mündet in einen dieckwandigen, inwendig ebenfalls fimmernden Sack (Fig. 6, 7 und 
S. m). der wohl als Magen anzusehen ist. Die obere sehr dicke gewölbte Magenwand (Fig. 8. !) ist mit zahlreichen braun 
gefärbten Zellen — wahrscheinlich Leberzellen — überzogen. Die untere Wand erscheint dagegen farblos und nach unten 
dreilappig hervorgebuchtet. Rechts und links sieht man in der Magenwand eine streifige Anhäufung schwärzlicher Körn- 
chen (Fig. 8. f). 

Vom Verdauungsapparat habe ich nur die beschriebenen Theile gesehen und ihre Beschaffenheit machte mich lange 
Zeit irre. Mit den Blumenpolypen hatte wohl Loxosoma eine nur sehr oberflächliche Aehnlichkeit, um so mehr als der 
Magengrund mit der Leibeshöhle nicht zusammenzuhängen schien, ohne der Abwesenheit der Nesselzellen und vieler an- 


deren Merkmale zu gedenken. Mit den Bryozoen war die Verwandtschaft fast in jeder Beziehung viel augenscheinlicher, 


nur wollte sich die Beschaffenheit des Verdauungsapparates — da ich den Schornstein für Speiseröhre, den Magen für 
blindgeschlossen hielt — mit dem Bryozoentypus nicht vereinen lassen. Diese Zweifel theilte ich meinem Freunde Krrer- 


steis mit, welcher bei der Wiederauflindung von Loxosoma seine Aufmerksamkeit auf die besprochenen Verhältnisse sofort 


richtete, und es gelang ihm wirklich, das Räthsel — obgleich er einer brieflichen Mittheilung zufolge seiner Beobachtung 
nicht ganz sicher zu sein scheint — auf sehr befriedigende Weise zu lösen. Er glaubt nämlich annehmen zu dürfen, dass 


der Schornstein als Darm und die an dessen Spitze befindliche Oefnung als After zu deuten seien. Die dreieckige Oeffnung 
im Diaphragma wäre dann der Mund und der darunter befindliche Raum Schlundhöhle. Der Schlund würde sich in eine 
zarte, die vordere Magenwand durchbohrende Speiseröhre fortsetzen. Loxosoma wäre demnach eine Bryozoe, bei welcher 
das Darmrohr wie bei Pedicellina die Schlundwand durchsetzen würde. 

Die meisten beobachteten Individuen waren weiblichen Geschlechts, wie es sich aus der Anwesenheit eines die 
angeschwollene Schornsteinbasis ringartig umfassenden Eierstocks (Fig. 8. e) ergab. Letzterer bestand aus zahlreichen, 
0,010 Mm. breiten Eichen mit deutlichem Keimbläschen. Stets kamen zwei grössere, 0,040 Mm. breite Eier, eines auf jeder 
Seite der Schornsteinbasis (cf. Fig. 6. e), vor. Bald schienen sie dem reifen Zustande nahe und dann waren sie granulirt 
und undurchsichtig (Fig. 8. e'), bald dagegen waren sie noch in der Ausbildung begriffen. In diesem Falle (Fig. 8. e”) lag 
das Keimbläschen von einem granulirten Hof von Dotterkörnchen umgeben in der Mitte des durchsichtigen Dotters. 

In den eiertragenden Individuen war kein Organ vorhanden, welches man als Hoden hätte in Anspruch nehmen 
können. Dagegen beobachtete ich zwei Loxosomen, die anstatt der reifen Eier zwei gleich grosse rundliche Kapseln 
(Fig. 7. {) enthielten. Es schlossen dieselben zahlreiche, 0,010 Mm. breite Körner ein, die möglicher Weise als Entwick- 
lungszellen der Zoospermien betrachtet werden dürften. 

Wenn die Anwesenheit der Eier auf das Vorkommen einer geschlechtlichen Zeugung schliessen lässt, so sprechen 
zwei Fälle von Knospenbildung bei unserer Bryozoe ebenso unzweifelhaft für die Existenz einer ungeschlechtlichen Fort- 


pflanzungsweise. In beiden Fällen sass die Knospe an derselben Stelle, nämlich linkerseits auf der Basis des becherförmigen 


' = - 
2. Cyphonautes compressus Ehrenberg, eine Acephalenlarve. 107 


Körpers. Die eine Knospe war noch klein und unausgebildet, die andere dagegen (vgl. Fig. 6) glich dem Mutterthiere be- 
reits vollkommen und schien dem Ablösen nahe. Bei einem der sogenannten Männchen beobachtete ich an derselben 
Stelle, wo die Knospen bei den Weibchen vorkommen, eine der äusseren Körperoberfläche angeleimte, körnchenhaltige 
Kapsel, welche den vermeintlichen Hoden in jeder Beziehung glich. Ob diese Kapsel mit der Hervorbringung der Zoosper- 


mien etwas zu thun hatte oder ob sie als eine eben entstehende Knospe zu betrachten sei, mag vorläufig dahingestellt 
bleiben. 


2. Cyphonautes compressus Zihrenberg, eine Acephalenlarve. 


Taf. XVII. Fig. 15—1B8. 


EurensgerG erhielt im Jahre 1832 von Dr. Micnaeuıs in Kiel ein im Ostseewasser herumschwimmendes Thierchen, 
das er bald darauf unter dem Namen Buckelfischehen, Cyphonautes compressus, beschrieb! und der Familie der Megalo- 
trochae unter den Räderthieren einverleibte.” Er glaubte bei demselben nicht nur ein eingebuchtetes Räderorgan und einen 
Darmcanal, sondern auch einen Nervenknoten, einen Schlundkopf, eine Bauchspeicheldrüse, einen Eierstock und ein grosses 
reifes Ei gesehen zu haben. 

Ueber die systematische Stellung von Cyphonautes wurden seither manche Bedenken erhoben. Leypıs” und Seu- 
per sprachen insbesondere die Vermuthung aus, ob nicht EnrexgerG aus Versehen eine Molluskenlarve für ein Räderthier 
gehalten habe. Von keiner Seite aber wurde dieser Gegenstand ernstlich besprochen, so dass Eurexzere’s Angaben bisher 
aufrecht erhalten werden mussten. 

Cyphonautes compressus kam mir nur ein paar Mal bei St. Vaast la Hougue zur Ansicht. Ich traf ihn dagegen in 
ungeheueren Schaaren sowohl an der norwegischen Küste wie auch im Frith of Clyde und an den Hebriden. Ueberall fand 

‚ich ihn gleich gebildet, und ich benutze diese Schrift, um einige auf Holy Island entworfene Zeichnungen über die in Lam- 
lash Bay (Arran) vorkommenden Cyphonauten mitzutheilen. Es wird sich aus denselben ergeben, dass Eirengerg’s 
Ansicht in der That unhaltbar, Leyvie’s und Srmper’s erwähnte Vermuthung dagegen der Wahrheit vollständig entspricht. 

Sobald ich mein Augenmerk auf die Cyphonauten richtete, erkannte ich, dass sie sehr verschiedene Entwicklungs- 
stufen eines und desselben Thieres darstellen. Die jüngsten Stadien bieten die für die Beobachtung günstigsten Verhältnisse 
dar, wesshalb ich mit denselben anfange. 

Taf. XVII. Fig. 15 stellt einen noch sehr jungen Cyphonautes dar. Das Thier ist zwischen zwei dreieckigen Scha- 
lenstücken wie zusammengedrückt. Die Ecke (k) bezeichnen wir als Rücken, den entgegengesetzten Rand als Bauchrand. 
Der dem After (g) zunächst gelegene Rand ist hinterer, der entgegengesetzte dagegen vorderer Rand. Das abgebildete In- 
dividuum kehrt demnach dem Beobachter die rechte Seite zu. Beide Schalenhälften sind nicht vollkommen flach, sondern 
schwach gewölbt. Die Bauch- und Hinterränder klaffen meist etwas auseinander. 

Der Thierleib sieht einem zusammengedrückten Trichter gleich, dessen äussere Wand (?) wir als Mantel bezeichnen 
können. Diese zarte Mantelhaut schlägt sich am Bauchrande nach innen, um eine die Mantelhöhle (c) einschliessende Du- 
plicatur zu bilden. Zwischen beiden Häuten besteht ein nicht sehr grosser mit Flüssigkeit erfüllter Raum (A), die Leibes- 
höhle, welche von zahlreichen bandartigen Fäden durchsetzt ist. Die Mantelhöhle (ce) ist trichterförmig, gerade wie das 
Thier selbst. Die Trichterspitze (d) flimmert auf der ganzen Oberfläche und dieser Theil kann sich durch sphincterartige 
Zusammenschnürung (bei ) der inneren Mantelhaut von der übrigen Mantelhöhle zeitweise abschliessen, um, wie wir es 
ausführen werden, eine Art Schlundtrichter zu bilden. Fig. 15 stellt das Thier im Augenblicke dar, wo erwähnte Zusam- 
menschnürung eben eingetreten ist. 


1 Beitrag zur Erkenntniss grosser Organisation in der Richtung des kleinsten Raumes , von Herrn Ennexgere. — Abhandlungen der K. 


Akademie der Wiss. zu Berlin (aus dem Jahre 1833). 1835. p. 204. ? Die Infusionsthierchen als vollkommene Organismen; ein Blick in 


). 

das tiefere organische Leben der Natur. Leipzig 1838. Folio. p. 395. 3 Namentlich in einer brieflichen Mittheilung an den Verfasser. 
s pzıs P 

* Lettre sur le Cyphonaules compressus par C. Senper. — Bulletins de P’Acaddmie royale de Belgique. Tome III. 2. Serie. 1857. p. 3593. 


27* 


108 6. Abschnitt. Mollusken. 


Der Mantel wird überall mit einem aus schönen, sechseckigen Pflasterzellen bestehenden Epithel ausgekleidet. An 
demselben sind die Schwimmwerkzeuge angebracht. Sie stellen zwei dicke, mit langen Wimpern besetzte Wülste dar, 
welche in die Mantelhöhle merklich vorspringen. Der grössere Wulst, den ich Segelwulst nenne, bildet einen dicken Saum 
(Fig. 15. a) an der hinteren Hälfte des Bauchrandes der rechten Seite. Etwa in der Mitte dieses Bauchrandes schlägt er 
sich nach innen und oben, um als eine erhabene bewimperte Leiste auf der Innenfläche der rechten Mantelhälfte zu ver- 
laufen. In der Mitte der Trichterhöhle angelangt, biegt er nach hinten um, geht vor dem gleich zu beschreibenden Darme 
zur linken Mantelhälfte über, steigt dann stets als vorspringende Leiste bis zur Mitte des linken Bauchrandes herunter, 
biegt hier wiederum nach hinten um und erreicht endlich die Stelle, von welcher wir bei dieser Beschreibung ausgegangen 
sind. Der Segelwulst bildet demgemäss eine mehrfach gebogene, in sich selbst zurücklaufende Wimperschnur. 

Der zweite Wimperwulst, den ich als Fusswimperwulst bezeichnen möchte, bildet eine dem Segelwulst sehr ähn- 
liche, nur viel kleinere und in entgegengesetzter Richtung verlaufende Schnur (b). Zwischen beiden Wülsten (a und b) 
bleibt an der Bauchseite eine kurze Zwischenstrecke übrig, wo der Mantelrand nicht verdickt erscheint. Dieser Theil flim- 
mert dennoch, allein seine Flimmercilien sind viel kleiner und spärlicher als die Wimpern beider Wülste. 

Cyphonautes schwärmt vermittelst seiner beiden Wimperwülste im Wasser umher. Zur Zeit des Schwimmens 
streckt er sich so aus, dass der Bauchtheil der Wülste über den Schalenrand hinausragt, im Ruhestande dagegen zieht er 
sich in die Schale vollständig zurück. Im Trichtergrund ist die Mundöflnung (e) gelegen, die in einen kurzen breiten Darm- 
canal (/) führt. Dieser Darm ist gekrümmt und kehrt seine convexe Seite dem Hinterrand zu. Dessen Vordertheil ist braun 
gefärbt. Der Hintertheil erscheint dagegen vollkommen farblos. In g befindet sich der in die Mantelhöhle ausmündende Alter. 

Endlich muss ich eines Wimperbusches (Fig. 15. k) Erwähnung thun, der auf der Rückenspitze sitzt und bald zur 
Schalenspitze herauskommt, bald vollständig eingezogen wird. Mitunter glaubte ich an dieser Stelle eine Oeflnung wahr- 
zunehmen, die in eine in der Leibeshöhle liegende Röhre zu führen schien. 

Von anderen Organen ist bei unseren jungen Cyphonauten nichts wahrzunehmen. Die Wimpern des Segel- und 
Fusswulstes, sowie auch der allgemeine Flimmerüberzug des Trichtergrundes bringen eine beständige Wasserströmung in 
der Mantelhöhle zu Stande, welche so eingerichtet ist, dass der durch die klaffende Bauchseite eingedrungene Wasser- 
strom in den Trichtergrund gelangt, um hier an der Mundöffnung umzubiegen, wo die suspendirten Nahrungstheilchen 
durch Schluckbewegungen des flimmernden Schlundtrichters aufgeschnappt werden. Darauf richtet sich der Strom nach 
hinten, fliesst am After vorbei und kommt am hinteren Theile der Mantelhöhle zur Bauchseite wieder heraus, wobei er ge- 
legentlich die ausgestossenen Kothmassen fortschwemmt. 

Etwas ältere Cyphonauten (Fig. 16) wichen von den vorigen in mancher Beziehung ab. Die Wülste hatten sich 
verhältnissmässig verlängert und erschienen demnach vielfach aus- und eingebuchtet. Am Darmcanal hatte sich die vor- 
dere durch Leberüberzug braun gefärbte Abtheilung magenartig erweitert. Ganz besonders aber zeichneten sich diese In- 
dividuen durch die Anwesenheit eines neugebildeten, dicht vor dem Darme gelegenen Organes (Fig. 16. m) aus. Es war 
dasselbe unregelmässig nieren- oder bohnenförmig und dessen Gewebe bestand aus zahlreichen, auf den Schalenflächen 
senkrecht stehenden Säulchen. In der Flächenansicht kam natürlich nur der Durchschnitt dieser Säulchen zum Vorschein, 
daher dieses Organ aus lauter kreisförmigen Elementen zu bestehen schien. Die Säulchen sind offenbar luskelbündel und 
das ganze Organ ist Schalenschliessmuskel. Dicht vor dem Hilus dieses bohnenförmigen Muskels befand sich ein ähnlich 


\ 
) 


gebautes, viel kleineres Gebilde (m’), das als Nebenschliessmuskel aufzufassen ist. Endlich bemerkte ich bei diesen Indivi- 


)» 
duen ein dicht über dem sog. Fusswimperwulst gelegenes rundliches Organ (p), das ich als Fuss bezeichne. Es enthielt 
dasselbe eine flimmernde Fusshöhle (p'). 

Bei noch älteren Individuen (Fig. 17, von der linken Seite dargestellt) sind alle bereits beschriebenen Theile zu 
erkennen, nur sind sowohl der Schliessmuskel (m) wie der Fuss viel grösser geworden. Letzterer enthält noch immer eine 
flimmernde Höhle (p’). Der Darm erscheint von einem körnigen Stoff eingehüllt und dessen hinterer Theil ist zwischen der 
Leibeswand und dem breiter gewordenen Schliessmuskel eingeklemmt. Es werden viele Bänder (s s) bemerkbar, die dem 
Körper zum Ansatze an die beiden Schalenhälften dienen. Die Schalenstücke sind nicht nur grösser, sondern auch viel 
dicker geworden. Zuwachsstreifen sind an denselben, namentlich am Rückentheil, kenntlich. Vorder- und Hinterrand sind 


scharf und dünn, der Bauchrand dagegen ist sehr verdickt, stumpf, bräunlich gefärbt und mit rundlichen Höckerchen besetzt. 


2. Cyphonautes compressus Ehrenberg, eine Acephalenlarve. 109 


Bei den grössten Cyphonauten (Fig.18) endlich sind sowohl Fuss-, wie Haupt- und Nebenschliessmuskel so be- 
deutend grösser geworden, dass sie nun die grösste Masse des Thieres ausmachen. Die Mantelhöhle wird dadurch derge- 
stalt eingeengt, dass sie nur noch schwerlich erkannt wird. Ausserdem erscheint der Darmcanal von fettartig glänzenden 
Körnern so eingehüllt, dass er sehr leicht verkannt werden dürfte. Solche Individuen sind zum Beobachten sehr ungünstig. 
Sobald man aber mit den Structurverhältnissen jüngerer Stadien vertraut ist, dann erkennt man ohne Schwierigkeit bei 
jenen Individuen dieselben Organe wie bei diesen. Der einzige bedeutende Unterschied ausser den veränderten Grössen- 
verhältnissen besteht darin, dass sich an verschiedenen Stellen Körnchenhaufen in der Mantelwand gebildet haben. Auch 
ist der Bauchrand der Schalenhälften dicker und dunkler geworden und es erscheint derselbe mit zahlreicheren Knötchen 
besetzt. 

Wenn wir nach vorhergehender Beschreibung unsere Gyphonauten mit bekannten Acephalenlarven vergleichen, 
so können wir nicht umhin, die grösste Uebereinstimmung mit denselben zu finden. Ich erinnere z. B. an die schönen 


Untersuchungen Lovav's! 


über die Entwicklung von Modiolaria, Cardium, Montacuta, Tellina u. s. w. Bei den Larven aller 
dieser Gattungen entspricht das Velum dem Segelwulst von Cyphonautes. Dessen Gestalt ist zwar sehr abweichend, jedoch 
brauchen wir uns nur das Segel einer Montacutenlarve der Länge nach gespalten vorzustellen, um ein dem Segelwulst 
von Cyphonautes sehr ähnliches Bild zu bekommen. Der bei jungen Gyphonauten so breite trichterförmige Raum, den ich 
als Mantelhöhle bezeichnet habe, wird bei den Lov£y’schen Larven durch das ungespaltene Velum sehr eingeengt und 
erscheint demnach sehr schmal. Der schwedische Anatom fasst ihn desswegen als Mundhöhle auf. Es ist übrigens un- 
schwer, an dieser Höhle auf Loviv’s Zeichnungen die beiden Abtheilungen, die wir bei Cyphonautes kennen gelernt haben, 
gleichfalls zu unterscheiden. Der Vorsprung (bei Cyphonautes Fig. 15. 4), wodurch sie von einander getrennt werden, ist 
nämlich die Zunge in Loviy’s Nomenclatur. Die Oeflnung, die ich als Mund aufgefasst habe, nennt Loven Magmunnen, 
d.h. Magenmund oder Cardia. Der Fuss liegt bei den Lov£v’schen Larven gerade so wie bei Cyphonautes, nur enthält er 
keine flimmernde Höhle und ist dessen Rand nicht zu einem Wimperwulst ausgebildet, wenngleich er mit Cilien wohl 
besetzt ist. 

Man sieht, dass die Uebereinstimmung eine unverkennbare ist, obschon Cyphonautes wegen seiner so auffallenden 
und abweichenden Gestalt einer Muschelabtheilung wahrscheinlich angehört, deren Larven bisher unbekannt geblieben, 
und zwar ist Cyphonautes eine einmuskelige Muschel, denn der Schliessmuskel (m) nimmt gerade dieselbe Stelle ein wie 
bei den Monomyarien. Dass ein Nebenschliessmuskel hinzukommt, darf Keinen Wunder nehmen, da der Schliessmuskel bei 
vielen einmuskeligen Lamellibranchiern aus zwei räumlich und oft sogar histologisch distincten Bündeln besteht. Man könnte 
vielleicht vermuthen, dass trotzdem Cyphonautes die Larve einer zweimuskeligen Muschel sein könnte, weil wir aus 
Lovevs° Erfahrungen wissen, dass alle Dimyarien zuerst monomyär sind. Allein diese Möglichkeit darf wohl von der Hand 
gewiesen werden, denn Lovzx sah bei allen von ihm auf Entwicklung untersuchten Dimyärmuscheln, dass der vordere 
Schliessmuskel zuerst, der hintere dagegen erst viel später auftritt. Nun ist der bei den zeitlebens monomyären Zwei- 
schalern einzig vorhandene Schliessmuskel der hintere, niemals aber der vordere und so verhält es sich auch mit unseren 
Cyphonauten. 

Es ist also Cyphonautes die Larve eines monomyären Zweischalers. Seine ganze Organisation weiset «darauf hin. 
Selbst den Wimperbusch auf der Rückenspitze habe ich bei anderen unzweifelhaften Muschellarven beobachtet und was 
die flimmernde Fusshöhle anbetrifft, so ist sie wohl als Uranlage einer Byssusdrüse zu deuten. Zu welcher ausgebildeten 
Gattung diese Larve gehören möge, ist schwer zu rathen. Sie hängt offenbar mit einer sehr verbreiteten Species zusam- 
men. Auf Ostrea würde ich sie vermuthungsweise beziehen, hätte nicht Davaıe die Jungen von Ostrea edulis beobachtet.” 
Die von ihm gelieferten Abbildungen sind zwar sehr ungenügend, indessen würden sie sich mit Cyphonautes schwerlich 
identificiren lassen. Ausserdem sollen nach Micwaruıs’ und Engensere’s Angabe die Cyphonauten bei Kiel nicht selten vor- 
kommen, obschon die Austernbänke der Ostsee bekanntlich längst ausgestorben sind. Am ehesten dürfte man — der geo- 


graphischen Verbreitung nach — die ausgebildete Form von Cyphonautes unter den Gattungen Peeten und Lima vermuthen. 


! Bidrag till kännedomen om utvecklingen af Mollusca Acephala lamellibranchiata, af S. Lovex (Aftreyck ur Kongl. Vetenskaps Akademiens 
Handlingar för är 1848. ? Loven loe. cit. p. 68. 3 Recherches sur la generation des Huitres par €. DavAanse. Paris 1853. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 23 


110 6. Abschnitt. Mollusken. 


Es ist wohl werth hervorgehoben zu werden, dass Cyphonautes sowohl der Augen wie der Gehörblasen gänzlich 
ermangelt, obgleich Sinnesorgane bei den meisten Acephalenlarven sonst vorzukommen scheinen. Sollte es sich später 
herausstellen, dass dieses Thier der Jugendzustand eines Pecten sei, dann müssten die bei den erwachsenen Kammmuscheln 
so wohl bekannten Augen erst zu einer sehr späten Entwicklungszeit auftreten. 

Eunexsere’s Angaben in Betreff der systematischen Stellung von Cyphonautes sind durch obige Auseinandersetzung 
genugsam widerlegt. Seine Figuren sind nichtsdestoweniger ziemlich brauchbar. Er betrachtete den Segel- und den Fuss- 
wulst als eine einzige in sich selbst zurücklaufende Wimperschnur, die er für das Räderorgan seines vermeintlichen Räder- 
thieres hielt. Den Fuss sah er für einen Schlundkopf an, eine wahrhaft sehr seltsame Deutung, um so seltsamer, als er 
ausdrücklich bemerkt, er habe einen starken Strom der zur Fütterung dargereichten Farbe am Schlundkopf vorbei 
oder durch ihn in einen grossen inneren Raum eindringen sehen und auf der Tafel zeichnet er besagten Strom nicht 
durch den vermeintlichen Schlundkopf, sondern ganz richtig an demselben vorbei. — Die den Darm einhüllenden 
Körnchen bezeichnet Enrexsers ohne Weiteres als pancreatische Drüse. Der Hauptschliessmuskel ist ihm Eierstock, der 
Nebenschliessmuskel reifes Ei und so fort. In seiner ersten Mittheilung an die Berliner Akademie schrieb er den Cyphonau- 
ten einen Panzer zu, nur sollte derselbe keineswegs aus zwei Schalenstücken bestehen, vielmehr schien er ihm einen zu- 
sammengedrückten, sowohl an der Basis wie an der Spitze offenen Trichter darzustellen. Seitdem aber ward Enrengere 
an der Richtigkeit seiner Beobachtung zweifelhaft und meinte, er habe früher an die Existenz eines Panzers nur desshalb 
geglaubt, weil das Thier steif war. 

Sewrer hat, wie oben gemeldet, die Ansicht bereits ausgesprochen, Cyphonautes sei eine Molluskenlarve. Der ein- 
zige Beweis, den er dafür liefert, ist der, dass er beobachtet habe, wie Cyphonautes seinen Panzer abwerfe und eine neue, 
dem zweischaligen Gehäuse der Lamellibranchier ähnelnde Schale absondere. Er giebt aber fälschlich an, dass Ennexger 
den Mund für den After gehalten habe und umgekehrt. Den Schliessmuskel hält er für eine Drüse. 

Durch vorhergehende Untersuchungen sind, hoffe ich, die richtigen Structurverhältnisse von Cyphonautes aufge- 


deckt worden und es wird nun diese Gattung aus der Gruppe der Räderthiere auf immerdar verbannt bleiben. 


nn = 


a m w 


111 


ERKLÄRUNG DER ABBILDUNGEN. 


Tafel 1. 


Plagiotoma acliniarum nov. sp. von der rechten Seite. 

Dieselbe von der linken Seite. o Mund; p Schlundröhre. 

Gehäuse von Tintinnus Ehrenbergii Crar. et Lacnm. mit vier Ansatzringen. 

Achtarmige Eleutheria von der Seite gesehen. 

Kriechende achtarmige Eleutheria vom Rücken gesehen. — m Magen; r Radiärgefässe; c Randgefäss; k. k zwei 
Jungen; n Nesselsporn. 

Eine sechsstrahlige Eleutherie mit abgeschnittenen Armen. o Mund; c Randgefäss; d.d.d reife Eier. 


6 
.T. Sog. Augenfleck mit Linse von einer Eleutheria. 
1% 


Doppelter Augenfleck ebendaher. 


.8. ab ec Verschiedene Entwicklungsstadien der Nesselkapseln ebendaher. 
. 9. Junge Eleutherie mit hervorkeimenden Tentakelfüssen (l), dem Mutterthier entnommen. — m Magen. 


. 10. Etwas älterer Embryo ebenfalls aus dem Mutterthiere herausgedrückt und von der Rückenfläche dargestellt. 


m Magen; c Randgefäss; ec in die Tentakeln hineinragende Verlängerung desselben; n Nesselkapsel. 


g.11. Neue Ophiurenlarve von der Bauchseite. o Mundöflnung; m Magen; e keimender Schlangenstern ; s Kalkstäb- 


chen; w Wimperepauletten. 


.42. Dieselbe von der Rückenseite. Bezeichnung dieselbe. 


Tafel 11. 


Fig. 1. Freischwimmender Embryo einer Tubularia. m Magen- und Leibeshöble; n. sog. Manubrium. 0 Porus. 

Fig. 1. A. Der achteckige Porus am Manubrium ebendaher. 

Fig. 2. Scheitel eines etwas älteren Embryo mit hervorsprossenden künftigen Mundtentakeln 1. 

Fig. 3. Obere Hälfte eines noch älteren freischwimmenden Tubularienembryo. f Mundtentakeln ; m Magen- und Leibeshöhle. 

Fig. k. Einer der Randtentakeln eines jungen Tubularienembryo. n Nesselkapseln auf der Unterseite des Tentakels. 

Fig. 5. Junge Tubularie, die sich eben festgesetzt und die Randtentakeln bereits umgeschlagen hat. p Fussfortsatz (Stolo?). 

Fig. 6. Loxosoma singulare Ker. Weibliches Individuum mit ausgebildeter Knospe. m Magen; e reifes Ei. 

Fig. 7. Loxosoma singulare vermuthlich männlichen Geschlechts. o Schornsteinöffnung; m Magen; { vermuthlicher Hoden. 

Fig. 8. Isolirte Eingeweide eines Loxosomaweibchens. o Schornsteinöffnung; p flimmernder Canal; m Magen; ! Leber- 
überzug; f Körnchenhaufen; e Eierstock; e’ reifes Ei; e’ zweites beinahe reifes Ei. 

Fig. 9. Isolirter Tentakel von einem Lo.xrosoma. 


&. 10. Fussscheibe ebendaher. 


Tafel 111. 


1. Prostomum Kefersteinii nov. sp. vom Rücken. a Mit Papillen besetzter Rüssel; b papillenloser muskulöser Theil des- 
selben; e Darm; g Hoden. 
$ » 
2. Vorderer Theil von demselben mit hervorgestrecktem Rüssel. 


Sl 


g. 10. 


‚MM. 
‚12. 
ig. 13. 


9 


le 


Erklärung der Abbildungen. 


Prostomum Kefersteinü von der Seite gesehen. o Mund; ph Schlundnapf; d Darm; p Porus genitalis; r Ruthe; 
v Samenblase; ov Eierstock; c grösseres Ei. 

Ein Prostomum Kefersteinüi mit in der Gebärmutter enthaltenem reifen Ei, bei schwacher Vergrösserung. 

Reifes isolirtes Ei von Prostomum, mässig vergrössert. 

Geschlechtsapparat von Prostomum Kefersteinü. p Porus genitalis; « Gebärmutter; a Vorhof; r Ruthe; v Samen- 
blase; t Hoden; ov Eierstock. 

Planaria dioica nov. sp. mässig vergrössert, vom Rücken gesehen. 

Planaria dioica männlichen Geschlechts, von der Bauchseite. Die zahlreichen kugelförmigen Blasen stellen Hoden 
dar. — o Mundöffnung; s Rüssel; r Ruthe; p Geschlechtsöffnung. 

Planaria dioica weiblichen Geschlechts, von der Bauchfläche. p Geschlechtsöffnung; ov Eierstock; o reifes Ei; 
vv Dotterstöcke; s Rüssel. 

Männlicher Geschlechtsapparat von Pl. dioica. p Quere Geschlechtsspalte; a Vorhof; d Samenleiter; v Samen- 
blase; g Ausführungsgang von accessorischen Drüsen ; h kugelartig angeschwollener Ductus ejaculatorius. i Ruthe; 
k muskulöser Aufsatz. 

Zwei isolirte Zoospermien von Pl. dioica. 

Isolirter Eierstock von Pl. dioica. 

Ein Theil des Hautrandes von Pl. dioica mit drei Warzen. 


Tafel IV. 


Macrostomum Schultzii nov. sp. von der Bauchfläche. o Mund; ph Schlundkopf; i Darm; ov Eierstock; t Hoden; 
p. m. männliche und p. f. weibliche Geschlechtsöffnung. 

Männlicher Geschlechtsapparat von demselben, stärker vergrössert. t Hoden; v Samenblase; 9 Begattungsglied ; 
a Vorhof; p Geschlechtsöffnung. 

Infusorienartige Turbellarie. o Mund; o{ Otolith. 

Vortex hispidusnov. sp. o Mund; ph Schlund; ı Darm; p Ruthe; p. s. Geschlechtsöffnung. 

Stylochus maculatus ve Quarker. vom Rücken gesehen. 

Ein Theil der Bauchfläche von demselben, stärker vergrössert. o Mund; ph muskulöser Schlunddarm; A Leber- 
gänge; vi Dotterstöcke; ov reife Eier; p. f. weibliche Geschlechtsöffnung; { Hoden; r Samenblase; p. m. männ- 
liche Geschlechtsöffnung; p Porus unbekannter Bedeutung. 

Ein Theil der Geschlechtsorgane von demselben, noch stärker vergrössert. d Samenleiter; v fimmernde Samen- 
blase; ce Drüsengänge; p Ruthe; a Vorhof; p. m. männliche und p. f. weibliche Geschlechtsöffnung. 

Cercarta Haimeana Lacaze-Duvrmers mit ausgedehnten Schwanzzipfeln. 

Dieselbe mit ausgestrecktem Körper und zusammengezogenen Schwanzfäden. 


Tafel V. 


Onchogaster natalor nov. gen. el sp. in zusammengezogenem Zustande, von der Rückenfläche gesehen. 
Derselbe von der Bauchfläche in der Mitte eingeschnürt. 
Derselbe im ausgestreckten Zustande von der Seite. 
Haftapparat von demselben. 
Planarienlarve nach dem Mtrrer’schen Typus. 
Freischwimmender Scolex einer Phyllobothriumspecies von oben gesehen (das haftete mit den Doppelnäpfen am 
Deckgläschen). 
Derselbe von der Seite. 
Convoluta minuta nov. sp. ot Otolith; o durchschimmernde Mundöflnung; ov Eierstock; t Hoden; » Samenblase ; 
p Geschlechtsöffnung. 
Gehirn von Oerstedia pallida Ker. c dünne, c' breite Commissur; 0 o Otolithbläschen. 
Prosorochmus Claparedii Ker. mit fünf in der Leibeshöhle enthaltenen Embryonen. a Rüsselöffnung; ph Schlund; 
ov Eier; v. d. Rückengefäss;' v. I. Seitengefäss; ve vordere Gefässcommissur; pr Rüssel. 


Erklärung der Abbildungen. 113 


Fig. 10. A. Rüsselstachel von demselben isolirt. 
Fig. 11. Junger Embryo aus demselben. w Analöffnung. 


wu 


3.12. 


13: 


8.9. 
„10. 
gl. 


8.8. 

9. 
3. 10. Derselbe Kopftheil von der Rückenseite. { Tentakeln. 
le 


Clap 


Ein etwas älterer Embryo. pr Noch waflenloser Rüssel; n Gehirn; n’ hintere Anschwellung der seitlichen Ner- 
venstränge; 9 mit der Wimpergrube zusammenhängendes Gebilde; w After. 

Stacheltragender Apparat eines älteren Embryo. p Mit Papillen besetzte Rüsselhöhle; st sog. Ersatznadeln ; 
gl Drüschen; ves Giftblase; v schlauchförmige in den Rückziehmuskel des Rüssels hineinragende hintere Verlän- 
gerung derselben. 


g. 14. Tetrastemma marmoratum nov. sp. schwach vergrössert. 


Tafel VI. 


Larve von einem unbestimmten Rückenkiemer von der Bauchseite. o Mund. 
Dieselbe von der Rückenseite. ? Darm. 

Eine etwas ältere Larve. { Tentakel; oc Hinterhaupt; ! flimmernde Lippe. 
Kopftheil derselben von der Rückseite. Bezeichnung dieselbe. 

Ein Leibessegment von der Seite, ebendaher. v Bauch-, d Rückenstummel. 


. Dicke stark vergrösserte Borste. 
. Aeltere Larve mit ruderartigen Cirren vom 7. bis zum 11. Segmente und mit aufgerichtetem Kopflappen. 


Aehnliche Larve aus Christiansand. t, ! wie bei Fig. 3. 
Rücken- (d) und Bauchstummel des 2. Segments von derselben. 
» » » » 6. » » » 


» » » » 7 » » » » 


“Tafel VII. 


Larve mit rüsselartiger Oberlippe. o Mund; t bewimperter Tentakel. Das Thier ist von der Bauchseite dargestellt. 
Der Kopftheil derselben Larve von der Rückenseite. t Tentakel. 

Freischwimmender Embryo (von Leucodora ?). 

Junge Larve von Leucodora eiliata mit gesträubten Borsten, vom Rücken gesehen. 


. a. Ein Stück einer provisorischen Borste ebendaher. 


Junge Leucodorenlarve von der Bauchseite. o Mund; / Segelwulst. 
Eine etwas ältere Leucodorenlarve mit fünf borstentragenden Segmenten und einem Bauchwimperbogen, von der 
Bauchseite. ! Segelwulst; !' wulstige Lippe. 


. Noch ältere Leucodorenlarve mit eilf borstentragenden Segmenten und drei Bauchbögen. ! Segelwulst; !’ wulstige 


Lippe; ! keimende Scheiteltentakeln; s flimmernde Bauchrinne; e Mund. 
Eine Leucodorenlarve mit zwölf borstentragenden Gliedern, von der Rückenseite. 
Kopftheil einer älteren Larve mit längeren Tentäkeln, von der Bauchseite. Gleiche Bezeichnung. 


Weiter ausgebildete Leucodorenlarve mit fünfzehn borstentragenden Segmenten und vier Paar Kiemen, von der 
Rückenseite gesehen. ac Haftnapf. 


V 


Tafel VIH. 


Junge Leucodora mit siebzehn borstentragenden Segmenten. Die Bauchwimperbögen sind verschwunden. 
Kopftheil von derselben, von der Rückenseite. ! Tentakel. 

Fussstummel von derselben. a Seitenstummel; b Kieme; ce Bauchhaken; d Rückenborsten. 

Larve einer anderen Spiodee (Spio /). v Segelwulst; o Mundöffnung. (Der vierte Bauchwimperbogen ist aus Ver- 
sehen am 12. Segment anstatt am 13. angegeben worden.) 

Dieselbe nach Einbüssung des Segelwulstes, der Bauchwimperbögen und des Afterwimperkranzes, von der 
Bauchseite. 


arede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere, 


11 


4 


2.6 
al 
g. 8. Achnliche Larve von vorn. o Mund; v Segelwulst; / Lippe; i Darm. 
) 


ig. 1 


ig. 1 


Erklärung der Abbildungen. 


. Dieselbe von der Rückenseite. 
. Polynoelarve von der Seite. o Mund; / Lippenwulst; » Segelwulst; a After. 


. (Sigalion-?) Larve aus Kilmore. o Mund; Z untere, !’ obere Lippe; 2” Lippenwulst; v» Segelwulst; a After. 

0. Fussstummeln von derselben. 

I. Borsten ebendaher, stärker vergrössert. 

2. Junge Larve von Terebella conchilega mit zwei Paar Baucheirren. a Ohrblase; ! Unterlippe; v Segelwulst; £ her- 
vorkeimender Tentakel. 

3. Baucheirrus von derselben. a Rudimentärer Haken; b Borste. 


“Tafel IX. 


Larven von Terebella conchilega Lin. 


o Mund; a Ohrblase; ce Hirnzellen; n Bauchmarkknoten; Z Unterlippe; gl flimmernde Kittdrüse; st Magen; ı Darm- 
schlinge; i erster unpaariger Tentakel; f’ zweiter paariger, 1” dritter, ” vierter Tentakel; f Kothmassen; v» Segelwulst. 


1 = 
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Fig. 


= 
KR 


.9 
g.1 
g. | 
1 
„A 
9.1 


[037 


Larve mit drei Paar Bauchcirren, von der rechten Seite. 
Dieselbe vom Rücken. 

Aeltere Larve mit sechs Paar Bauchcirren, von.der Bauchseite. 
Noch ältere Larve mit eilf Paar Bauchcirren. 

Eine ältere Larve, im Begriffe Kothmassen zu entleeren. 
Aeltere Larve mit neunzehn Paar Bauchcirren. 


‘Tafel X. 


Junge Terebella conchilega mit zwei Paar hervorsprossenden Kiemen. 

Kopftheil derselben, stärker vergrössert. 

Fussstummeln aus dem hinteren Theil desselben Wurmes mit daraufsitzenden rudimentären Haken. 
Bauchflosse aus dem mittleren Theile desselben. 

Ein Theil einer Hakenreihe mit gleichgestellten Haken aus dem Vordertheil von demselben. 

Ein Theil einer Hakenreihe mit abwechselnd gestellten Haken aus dem mittleren Körpertheil von demselben. 
Hinterster Körpertheil von demselben, stärker vergrössert. 

Eigenthümlicher Hautbesatz ebendaher. 

. Junge Magelonenlarve von der Bauchseite. 

0. Aeltere Magelonenlarve. ph Schlund; gl drüsiger Theil am Anfange des Darmes. 

I. Hervorsprossender Haken von einer der vier Hakenreihen ebendaher. 

2. Aeltere Magelonenlarve mit 5 Paar provisorischen Borstenbündeln. 

3. Isolirte Hakenborste aus derselben. 


4. Hintertheil von derselben bei stärkerer Vergrösserung. 


Tafel XI. 


. Kopfende einer Magelonenlarve aus demselben Stadium wie Fig. 9 der vorigen Tafel, von der Bauchseite. a Rüs- 
selöffnung; b rüsselartiger Schlund; e Kopflappen; d Schulterhöcker mit darin steckenden provisorischen Bor- 
sten; / Unterlippe; o durchschimmernde Augenflecke; t mit Stäbchen besetzte Tentakeln. 

. Isolirter Tentakel einer etwas jüngeren Magelonenlarve, stärker vergrössert. a Blindes Blutgefäss; b Stäbchen der 

Bauchseite ; ce Pigmentstreifen. 

Junge Annelidenlarve unbekannter Abstammung. o Mundöflnung; a äussere, b innere Körperschicht. 


Erklärung der Abbildungen. 115 


Fig. 4. Fussstummel einer jungen Nereis zur Versinnlichung der Lagerung der mit gewundenen Schläuchen erfüllten Kap- 
seln. a Rückencirrus; b oberes, ce unteres Züngelcehen des oberen Ruderastes; d zungenartiger Rückeneirrus ; 
e Rückenkapsel mit darin enthaltenen Schläuchen; f ähnliche Kapsel an der Basis des Rückenecirrus; g dritte 
gleiche Kapsel am oberen Züngelchen. 

Fig. 5. Vorderende von Micronereis variegata nov. gen. el sp. 

Fig. 6. Farbenführende Hautzellen ebendaher. a Gelbe Pigmentkugel. 

Fig. 7. Zweiästiges Ruder ebendaher. a Wandständiges Eichen mit Keimbläschen; b reifes Ei; c Aciculum; d Bauch-, 
e Rückencirrus. 

Fig. 8. Sphaerodorum Peripatus (Jousst.) Gruse, 3'/ Mal vergrössert. a Vorderende; 5b mit Papillen besetzter Rüssel; c mus- 
kulöser Schlund; d Speiseröhre; e Gallendarm. 

Fig. 9. Vorderende von demselben. m Kugeliger Rückeneirrus; p Fussstummel; o Mund; t Tentakel. 

Fig. 10. Hinterende von demselben, von der Bauchseite. m Kugelartig angeschwollener Rückeneirrus; p unpaariger 
Baucheirrus. 

Fig. 11. Dasselbe von der rechten Seite. m. p. Wie vorhin. 

Fig. 12. Normaler Fussstummel von Sphaerodorum Peripatus, m kugeligerRückeneirrus mit körnchenhaltigen Schläuchen. 
k Kapsel mit gewundenen Schläuchen im Fussstummel; %’ gleiche Kapsel an der Rückenwand. 

Fig. 13. Fussstummel des dritten Segments, ebendaher. m Kugelartig angeschwollener Rückencirrus ; l Seitencirrus; 
v Bauchceirrus. 

Fig. 1%. Gewundener Schlauch mit eingeschlossenen Stäbchen aus der Rückenkapsel, ebendaher. 

Fig. 15. Gewundener Schlauch mit eingeschlossenen Körnchen aus dem kugeligen Rückeneirrus, ebendaher. 

Fig. 16. Muskulöser Schlund, ebendaher. » Schlundkopf. 

Fig. 17. Darstellung des Nervensystems von Sphaerodorum. a Haupthirnganglion; b. b° Nebenhirnganglien ; c seitliche 
Commissur; d Hauptnerv in jedem Segment; e Nebennerv; f Ganglienanschwellungen. 

Fig. 18. Zusammengesetzte Borste aus den Fussstummeln von Sphaerodorum. 

Fig. 19. Fussstummeln einer jungen Phyllodoce sp. k Kapsel mit gewundenen Schläuchen; b. U hervorgeschossene Stäb- 
chen aus geborstenen Stäbchenzellen. 

Fig. 20. Entwicklung der Stäbehenzellen in den blattartigen Cirren einer Phyllodoce. a Junge Zellen; b ältere Zellen mit 
einigen darin enthaltenen Stäbchen; c reife Stäbchenzellen ; d freie Stäbchen. 

"Tafel XL. 

Fig. 1. Vorderende von Microsyllis brevieirrata nov. gen. el sp. 

Fig. 2. Fussstummel ebendaher. «a Rückencirrus. 

Fig. 3. Exogone Kefersteinüi nov. sp. Vorderes Ende von der Rückenseite. 

Fig. 4. Fussstummel von derselben. a Rückeneirrus. 

Fig. 5. Koptende einer reifen Exogone Kefersteinii, von der Bauchseite. a Kopfpolster; b Mundfurche ; ce Flimmergrube. 

Fig. 6. Hinterende von demselben Wurme. 

Fig. 7. Vorderende von Odontosyllis gibba nov. gen. et sp., von der Rückenseite. a Wimperbüschel; b Rückenhöcker des 
ersten borstentragenden Segments. 

Fig. 7. A. Sichelborste aus dem Fussstummel desselben Wurmes. 

Fig. 7. B. Borsten einer mit Odontosyllis gibba verwandten Species. 

Fig. 8. Rüsselbewaflnung von Odontosyllis gibba. a Ober-, b Unterkiefer. 

Fig. 9. Kopfende einer beinahe ausgebildeten Odontosyllislarve, von der Rückenseite. a Wimperbüschel; b Kopfpolster ; 


c Nackensegment; d dessen Cirrus; f Tergaltheil des Mundsegments. 


g. 10. Kopfende einer etwa gleichalterigen Larve, von der Bauchseite gesehen. a Flimmernde Kopfpolster; b_ Wimper- 


büschel am Rande des Mundsegments; c Rücken- und Baucheirrus des Mundsegments. 


. 11. Hinterende von derselben Larve. a Unpaariger Baucheirrus; b flimmernder Afterwulst. 
g. 12. Jüngere zu einer mit Odontosyllis gibba offenbar sehr nahe verwandten Species gehörige Larve. a Stärkere seit- 


liche Wimperbüschel; b Papille; c flimmernder mit Papillen besetzter Afterwulst ; d Aftereirren; e unpaariger 
Baucheirrus. 


Fig. 13. Rüsselbewaffnung von derselben Larve. a Zähne der oberen Schlundwand; b Zähnchen des Unterkiefers. 


PNE, 


116 


Erklärung der Abbildungen. 


Fig. 1%. Fussstummel ebendaher. a Anfangstheil des Rückencirrus; b Wimperkranz an der Basis desselben; ce flimmernde 
Strecke an der Bauchseite des Fussstummels. 

Fig. 15. Noch jüngere zu einer Syllidee oder einer Lycoridee vielleicht gehörige Larvenform. 

Fig. 16. Nerilla antennata OÖ. Scum., von der Bauchseite. a Blattartiger Flimmerlappen; b Schlund; e Darm; d Segmen- 
talorgan. 

Fig. 17. Hinterende von Nerilla, stärker vergrössert. a Schlauchförmiger Eierstock; b Ausmündung der Eileiter; e Segmen- 
talorgan; d dessen äussere Mündung. 

Fig. 18. Fussstummel ebendaher. a Cirrus; b flimmernde Strecke am Fussstummel; ce haarförmige Borsten. 

Fig. 19. Kopftheil von Nerilla antennata, von der Rückenseite, mit dem Wurzelende der Kopfeirren. a Flimmerlappen. 

Fig. 20. Secretzellen aus dem Segmentalorgan von Nerilla. 

Fig. 21. Zoospermien aus der Leibeshöhle von Phascolosoma elongalum Ker. 

Fig. 22. In der Leibeshöhle schwimmende Entwicklungszellen der Zoospermien, ebendaher. 

Fig. 23. Schwimmender Hoden ebendaher. 

Tafel XIII. 

Fig. 1. Kopftheil einer jungen Polynoe impar Jonxst. 

Fig. 2. Ein sog. Taster (Kınzers) zur Zeit der grossmöglichsten Verkürzung. ebendaher. 

Fig. 3. Ein Rückenecirrus ebendaher. 

Fig. #. Isolirte Tastpapille von einem Rückencirrus, ebendaher. 

Fig. 5. Eine Elytre mit den Papillen am Hinterrande, ebendaher. 

Fig. 6. Chjymene Oerstedi nov. sp., anderthalb Mal vergrössert. 

Fig. 7. Ein Segment von der Bauchseite, ebendaher. Die Blutgefässe schimmern durch. a Bauchgefäss; b Hakenreihe; 
c Borstenbüschel der Rückenseite. 

Fig. 8. Kopfende von Clymene Oerstedi, von der Rückenseite. 

Fig. 9. Dasselbe in der Profilansicht mit hervorgestrecktem Rüssel. 

Fig. 10. Aftertrichter von demselben Wurme. 

Fig. I1. Ein Stück des Darmgefässnetzes ebendaher. 

Fig. 12. Vielzinkiger Haken aus den Bauchwülsten derselben Clymene. 

Fig. 13. Gesäumte Borste aus den Rückenbündeln, ebendaher. 

Fig. 1%. Vorderende von Tubifex papillosus nov. sp., von der Bauchseite. 

Fig. 15. Haken- und Haarbörste von demselben. 

Fig. 16. Vorderende von Heterochaeta costata nov. gen. el sp., von der Bauchseite. 

Fig. 17. Ein Leibessegment von derselben, von der Bauchseite gesehen. 

Fig. 18. Hakenborste ebendaher. 

Fig. 19. Trichterförmig ausgehöhlte Borste, ebendaher. 

Fig. 20. Zwei Leibessegmente von Syllis armoricana nov. sp. a Blinder Endtheil der Eiertaschen. 

Fig. 21. Hinterende von Syllis armoricana. a Eileiter; b Darm; c After. 

Fig. 22. Isolirtes Ei aus den Eiertaschen von Syllis armoricana. 

Fig. 23. Fussstummel von 8. armoricana. a gekammerter Rückencirrus; b Baucheirrus; ce Züngelchen. 

Fig. 24. Fussstummel von Syllis normannica nov. sp. a Rücken-, b Baucheirrus; ce flimmernder Basaltheil des Rücken- 
eirrus; d Wimperbüschel an der Rückenseite der Fussstummeln. 

Fig. 25. Ein Stück eines gekammerten Rückeneirrus von Syllis armoricana bei starker Vergrösserung. «a a’ halbentleerte 
Kammern. 

Fig. 26. Vordertheil des Verdauungsapparates von Syllis armoricana. a Kopfpolster: b zahnführender Rüssel; ce Schlund- 
kopf; d Magen; d’ blindsackartige Anhänge desselben; e Gallendarm. 

Fig. 27. Isolirte Bohrspitze des Rüssels ebendaher. 

Fig. 28. Fussstummel von Syllis elavata nov. sp. a Rücken-, b Baucheirrus. 

Fig. 29. Vordertheil von Syllis elavata. a Schlundkopf; b Gallendarm; A isolirte Bohrspitze. 

Fig. 30. Vorder- und Hintertheil von Pferosyllis formosa nov. gen. et sp. a Vorderende des gewundenen hervorstreck- 


baren Rüssels; b Schlundkopf; d Gallendarm; e Nlügelartige Hinterhauptsanhänge. 


Erklärung der Abbildungen. #17 


Fig. 31. Kopftheil von Pterosyllis formosa, von der Rückenseite. a Nügelartige Hinterhauptsanhänge;; b Kopfpolster ; 1. ! Ba- 
sis der gekammerten Stirnfühler. 

Fig. 32. Vorderes Rüsselende von derselben. a Rüsselöfnung; b zweizackige Zähne. 

Fig. 33. Fussstummel ebendaher. a Basis des Rückencirrus; b blattartiger Baucheirrus. 

Fig. 3%. Sichelborste ebendaher. 

Fig. 35. Vorder- und Hintertheil von Heterosyllis brachiata nov. gen. et sp. 

Fig. 36. Vorder- und Hintertheil von Sphaerosyllis hystrie nov. gen. et sp. a Kopfpolster; b Dünndarm; c Gallendarm : 
d Stäbchenkapsel. 

Fig. 37. Fussstummel von Sphaerosyllis hystrix. a Rücken-, b Baucheirrus; d Stäbchenkapsel. 

Fig. 38. Kop£ und Aftertheil von Sphaerosyllis erinaceus nov. sp. 

Tafel XIV. 

Fig. 1. Vordertheil von Psamathe eirrata Ker., von der Rückenseite. a Papillenführender Rüssel; b Schlundkopf; c Gal- 
lendarm. 

Fig. 2. Zweilippiger Fussstummel ebendaher. a Rückencirrus; ad flimmernde Basis desselben; b Bauchcirrus; ce flimmernde 
Strecke an der Oberseite des Fussstummels; d Geschlechtsproducte; e Erweiterung des Seitengefässes; f Aci- 
culum des Fussstummels; f? Aciculum des Rückeneirrus. 

Fig. 3. Kopftheil von Psamathe eirrata, von der Unterseite betrachtet. a Obere, b untere Fühler; ce Mundöflnung. 

Fig. 4. Borsten des Fussstummels, ebendaher. « Aciculum; b ausgebildete zusammengesetzte Borste; e Endstück einer 
jungen zusammengesetzten Borste mit unversehrtem lanzettförmigen Aufsatze, 

Fig. 5. Ein Stück des Rückencirrus, ebendaher. 

Fig. 6. Gefässsystem von Psamathe eirrata. a Rückengefäss ; b doppeltes Bauchgefäss mit Queranastomosen; c c' Seiten- 
schlingen ; d die vier Seitenschlingen der mit Fühlereirren versehenen Segmente; e Spaltung des Rückengefässes 
in drei Aeste. 

Fig. 7. Psamathe cirrata Ker., natürliche Grösse. 

Fig. 8. Vordertheil von Cirroceros antennatus nov. gen. el sp., von der Unterseite. o Mundöffnung; a erster rudimentärer 
Fussstummel. 

Fig. 9. Vordertheil von demselben. Natürliche Grösse. 

Fig. 10. Kopftheil von demselben. o Aufgesperrte Mundöffnung. 

Fig. 11. Zweilippiger Fussstummel von demselben. a Obere, b untere Stummellippe: c Rücken-, d Baucheirrus; e un- 
teres, f oberes Züngelchen. 

Fig. 12. Endstück einer hakenförmigen zusammengesetzten Borste ebendaher. 

Fig. 13. Endstück einer zusammengesetzten Grätenborste ebendaher. 

Fig. 1%. Vorder- und Hintertheil von Lumbriconereis Edwardsü nov. sp., von der Bauchseite. 

Fig. 15. Fussstummel ebendaher. 

Fig. 16. Sog. rudimentäre Hinterhauptsfühler ebendaher. a Eingang in die Nackentasche ,; b fimmernde Stelle am inneren 
Rande des bohnenförmigen Höckers; c Pigmentstreifen. 

Fig. 17. Rüsselbewaffnung der oberen Schlundwand ebendaher. 

Fig. 18. » » unteren » » 

Fig. 19. Safrangelbe Körper der Haut ebendaher, von oben. 

Fig. 20. Dieselben von der Seite. 

Fig. 21. Borsten aus den Fussstummeln von Lumbriconereis Edwardsit. a Zusammengesetzte, b einfache gesäumte Haarborste. 

Fig. 22. Kopftheil von Lumbriconereis Edwardsii, von der Rückenseite. a@ Kopflappen; b Nackenhöhle mit dem darin ent- 
haltenen sog. Hinterhauptsfühler. 

Fig. 23. Lysidice multieirrata nov. sp. Vordertheil von der Rückenseite. 

Fig. 24. A. Rüsselbewaflnung der unteren Schlundwand von derselben. 

Fig 2%. B. » » oberen » » » 

Fig. 25. Fussstummel ebendaher. a Obere, b untere Zunge; c Rückencirrus. 

Fig. 26. a Zusammengesetzte Grätenborste und b einfache Säbelborste ebendaher. 

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Vordertheil von Pygospio elegans nov. gen. et sp.. von der Rückenseite. 


Claparede, Anatomie u. Entwicklungsgesch. wirbelloser Thiere. 30 


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8.9. 
10. 


Erklärung der Abbildungen. 


Hinterende von demselben, stärker vergrössert. 

Haarborste ebendaher. 

Hakenborste ebendaher. 

- Fussstummel ebendaher. a Kieme; b blattartiger Anhang derselben; c Blutgefässschlinge; d oberes Borsten- 
bündel; e Bauchreihe von Hakenborsten. 

Branchiosabella zostericola nov. gen. etsp., bei etwa 9maliger Vergrösserung. a Kieme; b Kittdrüse; c Rücken- 
gefäss; d Afterpapillen. 

Kopftheil von derselben, von der Unterseite. a Kopflappen ; b Unterlippe; t Tentakel. 

Seitlicher Segmentfortsatz aus dem vorderen Theile von Branchiosabella. a Hakentragender Querwulst ; b Bor- 
stenhöcker. 

Flösschen aus dem hinteren Theile von derselben. a Hakenreihe: b inneres Haarborstenbündel. 

Verschiedene Borsten ebendaher. a Haarborsten; b Hakenborsten; ce Borsten des Mundsegments. Alle sind in 
demselben Maasse vergrössert. 


7. Ein Stück eines Kopffühlers ebendaher. 


Tafel XV. 


Capitella rubicunda Ker. (Notomastus Sars), in natürlicher Grösse. 

Vordertheil desselben Wurmes, von der Seite gesehen. a Hervorgestülpter Rüssel; b Kopflappen. 

Einige Segmente aus dem mittleren Theile desselben. von der Bauchseite. a Hakentragende Querwülste; b von 
Blutansammlungen herrührende rothe Längsstreifen. 

Kopftheil von demselben, von der Rückenseite. a Kopflappen ; b Augenflecke ; c halbmondförmige Anhäufungen 
von braunen Pigmentflecken ; d hindurchschimmerndes Hirnganglion ; e Mundsegment. 


. Ein Segment von demselben, von der Rückenseite betrachtet. Die Täfelung der Haut ist weggelassen. a Der die 


Hakenreihe tragende Querwulst; b Rückenhaken; c äussere Oeffnung des Segmentalorgans; d durchschimmern- 
des Segmentalorgan. 
Ein Stück des Bauchstranges von demselben. a Achsencanal; 5b zelliger Ganglientheil; ce Nervenfaserbündel im 
Inneren des Nervenknotens ; d Nervenwurzel. 
Hirntheil des Nervensystems, von unten dargestellt. a Oberes Schlundganglion; b Schlundring; e an der Rücken- 
wand sitzende inwendig flimmernde Löckchen. 
Zweilippige Ausmündung des Segmentalorgans, von hinten gesehen, ebendaher. 
Dieselbe von der Seite. 
Idealer Querschnitt von Capitella rubicunda zur Versinnlichung der Hakenvertheilung. a Bauchreihe ; b Rückenreihe. 
Segmentalorgan von derselben. a Canal; b inneres, e äusseres Ende desselben. 
Hakenborste ebendaher. 
Haarborste ebendaher. 
Vorderende von Glycera fallax ve Quatker. mit eingestülptem Kopflappen. 
. Dreilippiger Fussstummel ebendaher. a Rückenecirrus; b sog. Kiemenfortsatz. 
Vier Segmente aus dem mittleren Körpertheil von Protula Dysteri Huxıry. a Darm; b dessen äussere Scheide; 
c Scheidewände der Leibeshöhle ; d Zellenbesatz auf der Hinterfläche derselben; e reife Eier; f reife Zoosper- 
mien; g Entwicklungszellen der Samenfäden. 
Endtheil einer Kieme von Protula Dysteri. a Knorpelstrang; b Kiemenfäden ; c Endkolben. 
Junge Knospe am Hinterende einer Protula, von der Rückenseite. A Letztes Segment des Mutterthieres; B Knospe; 
a Darm; b b' Seitengefässe; c Ansammlung von braunem Material in der Leibeshöhle der Knospe. 
Hinterende einer reifen Protula mit dem Vordertheil der daranhängenden Knospe, von der linken Seite. a Kiemen; 
b Seitengefäss; ce Darm; d Segment, in welchem der Borstenwechsel eintritt. 


. Anlage des Kiemenapparates bei einer jungen Protulaknospe. 


Hinterende einer ausgebildeten Protula Dysteri, von der Bauchseite. a After; b Haftorgan. 

. Ein Theil einer Hakenreihe von einem der vordersten Querwülste einer Protula. 

Gesäumte Haarborste vom Mundsegmente, ebendaher. 

Elymenides sulfurea nov. gen. el sp., von der Bauchseite. a Mundöffnung; b muskulöser Schlund: c Speiseröhre ; 
d magenartige Darmerweiterung; e Bauchgefäss ; f Haftscheibe. 


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Erklärung der Abbildungen. 119 


Kopftheil ebendaher, von der linken Seite. a Abgestutzter Kopflappen mit dem linken Augenfleck; b Mundsegment. 
Haftscheibe ebendaher. 

a Lanzettförmige Haarborste; b Hakenborste ebendaher. 

Ctenodrilus pardalis nov. gen. et sp. a Flimmernde Grube an der Bauchseite des Koflappens mit dem Munde in 
deren Grunde; b muskulöser Schlund; c Speiseröhre; d magenartige Darmerweiterung; e eigentlicher Darm; 
f After; g linke seitliche Wimpergrube ; h Flimmerfeld an der Bauchseite; i Rückengefäss; k Bauchgefäss. 

. Kammartig gezähnelte Hakenborste von demselben. 


Tafel XVI. 


Monstrilla Danae nov. sp. Weibliches Individuum von der linken Seite. a Rüsselöflnung; b oberes paariges, ce un- 
teres unpaariges Auge; d farbloser Panzer; e vermuthlicher Nervenstrang; f. f. quergestreifte Muskelbündel; 
g Fetttropfen ; h eiertragende Borsten; ı in der Entwicklung begriffene Eier. 

Monstrilla Danae. Männliches Individuum von der linken Seite. a, d, f, 9 wie in der vorigen Figur; Ah fussloses 
Segment; ? vermuthliche Ruthe. 

Weibliche Monstrilla von der Unterseite. Bezeichnungen wie bei Fig. 1. 

Isolirter Schwimmfuss ebendaher. 

Vermuthliche Ruthe einer männlichen Monstrilla. 

Fetttropfen mit einhüllender’schleimiger Substanz aus der Leibeshöhle von Monstrilla. 

Echinoderes Dujardinu von der Rückenseite. a Rüsselöffnung ; b Schlund; ce Darm; d After; e paarige Schwanzborste. 
Vordertheil von demselben bei halbausgestrecktem Rüssel. a Vorderer Häkchenkranz; b Wulst; ce Hakengürtel; 
d Sculptur am ersten Leibessegment. 

Ausgestreckter Rüssel von demselben. a Mund; b Häkchenkranz; ce Augenfleck; d Hakengürtel. 

. Vordertheil von Echinoderes bei eingezogenem Rüssel. a Augenpunkte; b Schlund; c Darm. 

Vordertheil der Eingeweide von Echinoderes Dujardini. a Vorhöhle des Verdauungsapparates (Rüsselhöhle) ; 
b muskulöser Schlund ; b’ dessen zahnartige Verdickung; ce Darm; dlängliches Organ, vermuthlich Hirnknoten ; 

d' der daraufsitzende Augenfleck; e, e', e” röthliche, vielleicht zum Nervensystem gehörige Knoten. 

Hintertheil von E. Dujardinü. a Darm; b After; e drüsiges Organ ; d daran hängender Behälter; e Ausführungsgang. 
Exoskelet von demselben (hinterer Theil). a Sternalplatten ; a’ deren verdickter Rand; b Tergalplatten und b' de- 

ren verdickter Rand; c steife Borsten ; c deren angewachsener Wurzeltheil. 

Echinoderes monocercus von der rechten Seite in gekrümmter Lage. a Mundöffnung; b Schlund; e Darm; d rech- 

ter Augenfleck; e unpaarige Schwanzborste. 

Hintertheil des Exoskelets von demselben in der Profilansicht. e unpaarige Schwanzborste. 

Derselbe in der Rückenansicht. 

Fussgelenk einer Caprella in der Profilansicht. a Längsscheidewand; b, b’, b’ Muskeln. — Die Pfeile geben die 
Richtung der Blutströmungen an. 

. Dasselbe in der Flächenansicht. a Scheidewand; o Oeffnung in derselben; b, b', b” Muskeln. 


Tafel XVII. 


Ei von Mysis in der Entwicklung begriffen. a Embryonalanlage; b Dottermasse. 
Weiteres Stadium der Eientwicklung von Mysis. a Bauchseite des Embryo’s; b Dottermasse ; ce Postabdomen. 
Eben ausgeschlüpfte Mysislarve, aus der Bruthöhle des Mutterthieres herausgenommen. a Schwanzanhänge ; 
b vordere, c hintere Fühler; d Mandibeln. 
Weiteres Stadium ebendaher. a, b, c, d wie in der vorigen Figur; e Augensegment. 
Etwas ältere Mysislarve ebendaher. a, b, c, d, e wie in der vorigen Figur; f zweite Maxille, 1, 2—8 Kiefer- und 
Schwimmfüsse ; h Afterflossen. 
Noch ältere Mysislarve. Bezeichnungen wie in der vorigen Figur. Ausserdem i Herz; k Auge; «, #—xz Postabdo- 
minalringe. 
Glausia Lubbockü nov. gen. el sp., von der Rückenseite. Weibliches Individuum mit Eiersäcken. «a Fussloses Segment. 
Hintere Fühler von derselben. 

30 * 


120 Erklärung der Abbildungen. 


Fig. 9. Mandibel ebendaher. 

Fig. 10. Maxille ebendaher. 

Fig. I1. Erster Kieferfuss ebendaher. 

Fig. 12. Zweiter Kieferfuss ebendaher. 

Fig. 13. Rudimentärer Schwimmfuss ebendaher. 

Fig. 1%. Rudimentäre Hinterleibsextremität ebendaher. 

Fig. 15. Ei von Lepas anatifera. a Keimschicht ; b Dottermasse. 

Fig. 16. Dasselbe weiter entwickelt, von der Seite. a Anlage der Gliedmaassen. 

Fig. 17. Dasselbe bei voller Ausbildung des Embryo’s, von der Rückenseite. a Dreieckiges Abdomen; b Füsse ; ce Dotterrest. 

Fig. 18. Dasselbe von der Bauchseite. a Rüssel oder Mundkappe. 

Fig. 19. So eben ausgeschlüpfte Larve von Lepas anatifera, von der Rückenseite. «a Darm; b durchschimmerndes Auge; 
e Fühler, I, 2, 3 Schwimmfüsse. 

Fig. 20. Aehnliches Stadium, von der Bauchseite. Bezeichnung wie vorhin. Ausserdem d Rüssel; e Schwanzspitzen. 

Fig. 21. Etwas ältere Larve. Bezeichnung wie vorhin. — m Fühlermuskeln. 

Fig. 22. Noch ältere Larve. Bezeichnung dieselbe. Ausserdem [ sog. Otolithbläschen; g Muskel; Ah gabeliger Abdomi- 
nalfortsatz ; i dorsaler Schwanzfortsatz; k Anhäufungen von Fettkörnchen. 

Fig. 23. Erster Schwimmfuss einer Lepaslarve in demselben Entwicklungsstadium wie die Fig. 22 abgebildete. 

Fig. 24. Zweiter Schwimmfuss ebendaher. 

Fig. 25. Dritter Schwimmfuss ebendaher. 

Fig. 26. Sinnesorgane ebendaher. a Linse: b sog. Gehörkapseln. 


"Tafel XVII. 


Fig. 1. Cercaria pachycerca nov. sp. 
Fig. 2. Chaetosoma ophicephalum nov. gen. et sp. a Mund; b Schlund; ce Darm; d After; e Eierstock; f Geschlechts- 
 ölfnung; 4 Doppelllosse. 


Fig. 3. Isolirter Flossenstrahl ebendaher. 

Fig. %. Desmoscolex minutus nov. gen. el sp., von der Rückenseite. 

Fig 5. Zusammengesetzte Borste von demselben. 

Fig. 6. Kopfende von Desmoscolew. 

Fig. 7. Schwanztheil von demselben in der Profilansicht. 

Fig. 8. Sagilta cephaloptera Busen. a Hornförmiger Auswuchs; b Flimmersaum; « Mündung des Eileiters; d Hoden; e Sa- 


menblase; f eneystirtes Distoma. 

Fig. 9. Sehr junge Actinotrocha, von der linken Seite dargestellt. 

Fig. 10. Noch jüngere Actinotrocha, von der Rückenseite. 

Fig. 11. Herz und Rüssel von Phozxichilus spinosus Moxr. a Steife Cilien am Lippenrand; bb Leberschläuche des Rüssels; 
d Herz, e Aorta; f deren Aeste. 

Fig. 12. Vordertheil von Phoxichilidium cheliferum nov. sp. a Rüssel; b. 4 Blinddärme; ce. e. e Strecken ohne Leberüber- 
zug; d Scheere des eiertragenden Fusses. 

Fig. 13. Junge Phoxichilidiumlarve, von der Bauchseite. 

Fig. 1%. Aeltere Phoxichilidiumlarve mit drei Paar Füssen. 

Fig. 15. Cyphonautes compressus Eur. Junges Individuum von der rechten Seite. a Segelwulst; b Fusswimperwulst; 
ce trichterförmige Mantelhöhle ; d fimmernder Schlundtrichter ; e Darmwand; f Darm; g After; h Leibeshöhle; 
i Leibeswand; % daransitzender Wimperbusch ; / Schale. 

Fig. 16. Cyphonautes compressus. Weiteres Stadium. Bezeichnungen wiein der vorigen Figur. Ausserdem m Schalenschliess- 
muskel; m Nebenschliessmuskel; p Fuss ; p' dessen flimmernde Höhle. 

Fig. 17. Ein etwas älterer Cyphonautes. Bezeichnungen wie vorhin. Ausserdem s. s Haftbänder. 

Fig. 18. Noch älterer Uyphonautes. Bezeichnungen dieselben. 


Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig. 


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