Skip to main content

Full text of "Über die Lykinosdialoge des Lukian"

See other formats


42Jfe 
1^ 


53 


FxealgTiÄnasium  des  Johanneums  zu  Hamburg.  ^tern_1886. 


Zu   der 


Msier  fles  Geliiiilsiaps  Sr.  Majestät  i%i  Kaisers  lUielm  I 


luul 


zur  Entlassig  fler  AMtiirienten 


ISonnabend,  «len  20.  März, 


inoi'ueiis  von   11    l  lir  an. 


ladet  im. Namen  sämtlicher  Lehrer  ergebenst  ein 


der  Direktor 


Dr.  Konrad  Frledlaender. 


Hamburg,   188  6. 

Gedruckt  bei  TU.  G.  Meiliiier.  Kiifs  Holirn  Souiites.  «i>'  aiicli  iU^  .J .ih;iimeuni9  »uohdruoker. 


Ify^O,      l'rogr.  Jfr.  ßfifS. 


über 


die  Lykinosdialoge  des  Lukian 


von 


Hermann  Richard  Dr. 


RSb 


I- 

lu  den  rhetorischen  Schriften  aus  der  Zeit  seiner  Lehr-  und  Wanderjahre  spricht 
Lukian  entweder  in  der  ersten  Person  zu  einem  oder  mehreren  seiner  Zuhörer,  oder  er  läßt, 
indem  er  als  Autor  vollständig  zurücktritt,  eine  andere  Person,  theils  eine  bestimmte,  wie 
die  Gesandten  des  Phalaris,  ')  theils  eine  unbestimmte,  wie  den  Tyrannenmörder, ')  eine 
Prunk-  oder  Lobrede  halten.  Auch  in  den  Abhandlungen  der  späteren  Perioden  spricht  er  in 
der  ersten  Person,  wogegen  er  in  den  satirischen  Schriften  in  verschiedener  Weise  den  Autor 
bald  gänzlich  aus  dem  Spiele  läßt,  bald  mehr  oder  minder  persönlichen  Anteil  zeigt. 

In  letzterem  Falle  greift  er  in  zwei  Schriften,  im  ipfvdoloyiaTtjg^)  und  n^oc  änaCdsvrov 
xul  Tto'/.ld  ß(ßUa  oh'oi'fjfvor,*)  einen  andern,  von  welchem  er  beleidigt  worden  ist,  direct  auf 
das  heftigste  an  und  sagt  demselben  die  unerhörtesten,  ehrenrührigsten  Dinge  ins  Gesicht. 
In  der  erstgenannten  Schrift  scheut  er  sich  sogar  nicht,  den  Namen  des  Angegriffenen  auf 
das  verständlichste  anzudeuten.  *) 

Mit  nicht  geringerer  Schonung  und  ebenso  persönlich  vei-fahrt  Lukian  im  'PrjroQwi' 
dtdctGxa/.og  gegen  seinen  Zeitgenossen,  den  Grammatiker  Julius  Pollux,^)  welcher  zur  Zeit  des 
Kaisers  Marc  Aurel  auf  eigne  Hand  eine  Rednerschule  in  Athen  eröffnet  hatte  und  bald  nach 
der  Thronbesteigung  des  Commodus,  als  sein  Lehrer  Hadrian  nach  Rom  berufen  wurde,  gegen 
den  ausgesprochenen  Wunsch  der  Athener  vom  Kaiser,  welcher  von  seiner  honigsüssen  Stimme 
bezaubei't  war,  den  öffentlichen  Lehrstuhl,  welchen  Hadrian  bisher  bekleidet  hatte,  erhielt. 
Freilich  redet  Lukian  ihn  weder  direct  noch  mit  Namen  an.  Er- unterhält  sich  mit  einem 
Jünglinge,  welcher  ihn  um  Rat  fragt,  wie  er  ein  berühmter  Redner  werden  könne,  und  läßt 
statt  seiner  dann  den  Angegriffenen  reden.  Aber  die  Beschreibung  der  Persönlichkeit')  des- 
selben, seiner  Lehrweise')  und  seines  Lebenswandels   ist  so  durchsichtig,    die  Andeutung  auf 


')   Im  ^dXapiq  npStrot. 

'^)    Im  TupavvoxTÖvos. 

ä)    Der  in  dieser  Schrift  Angegriffene  hat  sich  über  einen  von  Lnltian  gebrauchten  Ausdruck  lustig  gemacht. 

*)    Dieser  hat  dem  Lukian  seine  Bitte,  ilim  ein  Buch  zu  leihen,  abgeschlagen.  Daß  nur  dieses  tlie  Veranlassung 

zu  dieser  Schrift  gewesen  sein  kann,   bemerkt   schon  der  Schohast:    ibg  oütuxtI  slxdaai,   ßißUoM    alv^aas 

rivä,  Aouxiave,  xai  ßij  Xaßwv  xaX^  toüt(/)  de^twßon  dt'  al&noq  ijßsi(pm  abröv. 
»)   Er  hieß   Timarch,    wie  Solauus   mit  Recht    aus  §  27  schließt,    wo  es  heißt:    ^A^%ijvaht  ßkv  yaj)  ßiXritnoi 

ahiyixaTwÖEZ  obSiv^  äXla  YpdßijaTOq  kvdg  Tzpoat^xrj  rißi^irai/rig  as  ''Azißap^on  wvößaZot/.    Suidas  Bemerkung, 

daß  der  Sophist  IloXusuxros  gemeint  sei,  verdient  demnach  keinen  Glauben. 
*)    C.  F.  Ranke.     PoUux  et  Lucianus,  Quedlinburg  1831,  p.  30  sqq. 
')   §  11  namentlich  peXi/pnv  rd  pwvTjßa. 
8)   §  16  sqq. 


—     4     — 

den  Namen  so  verständlich, ')  daß  das  Verfahren  einem  offenen  Angriffe  gleichkommt  und 
auch  eine  ähnliche  Wirkung  auf  die  Zeitgenossen  ausgeübt  haben  wird. 

Auch  in  den  übrigen  polemisch-satirischen  Schriften,  in  welchen  Lukian  in  der  ersten 
Person  spricht,  redet  er  die  angegriffenen  Persönlichkeiten  oder  Gruppen  nicht  an,  sondern 
spricht  über  dieselben  mit  seinen  Freunden,  im  \l)J'S;ai6Q0Q  mit  dem  bekannten  Epikureer 
Celsus,  gegen  welchen  Origenes  schrieb,''')  in  ntgl  rnc  UeQeyQCvov  nlevTric  mit  dem  Kronios, 
welchen  er  durch  den  Gruß  in  der  Adresse  Aovxiavöc  hgov/'w  av  ttqÜithv  statt  yafQui'  als 
Platoniker  kennzeichnet, ')  in  nmc  dtZ  ImoQCav  avyyQceiftiv  mit  Philon,  in  den  beiden  Büchern 
äXti^ovc  iG[OQ(ag  mit  einem  Ungenannten,  vielleicht  dem  eben  genannten  Philon  *),  in  negl  tmv 
tnl  fiiaOü)  avrörTwr  mit  Timokles,  in  der  ano/.oyfa  mit  Sabinus,  welchen  er  zum  Wortführer 
derjenigen  macht,  welche  ihm  vorwerfen,  sich  selbst  in  die  Knechtschaft  der  Mächtigen  be- 
geben zu  haben.  Auch  in  der  Verteidigungsschrift  rnfQ  tov  h'  rrj  nQoattyoQevan  Tiiaia/iaioi; 
ist  nicht  der  angeredete  Asklepios  der  Angegriffene,  sondern  die  Anwesenden,  welche  sich 
über  den  Gruß  vyiadtir  statt  des  gebräuchlichen  xuCquv  lustig  machten. 

Es  sind  jedoch  in  denjenigen  Schriften,  in  welchen  bestimmte  Personen  angegriffen 
werden,  mit  Ausnahme  des  (litväo/.oytartjc  und  ttqoc  unaCdtvtov,  diese  nicht  allein  Gegenstände 
des  Angriffs.  Sie  dienen  dem  Lukian  nur  als  nächste  Zielscheibe  seines  Spottes;  sie  sind 
diejenigen,  welche  seinen  Zorn  vor  allem  zu  tragen  haben.  Im  'Prjröqun  didäaxuloc  werden 
neben  Pollu.x  alle  die  Redner  verspottet,  welche  seiner  Schtile  angehören  oder  ähnliche 
Grundsätze  über  die  Redekunst  haben  oder  in  übertriebenem  Maße  dem  Atticismus  huldigen. 
Auch  werden  einzelne  bestimmte  Personen  mit  verspottet,  indem  bekannte  Eigentümlichkeiten 
von  ihnen  auf  die  Hauptpersonen  übertragen  und  ins  lächerliche  gezogen  werden.  Wenn 
der  Lehrer  §  19  sagt  xal  o  /JtjQoc  naranafa^oi,  so  wird  dies  von  Philostratos  vom  Skopelian ') 
berichtet,  dem  Sophisten,  welchem  Herodes  Atticus  seine  Geschicklichkeit  im  Extemporieren 
vei'dankte ; ')  und  über  denselben  Skopeliau  wird  ebendaselbst  eine  ähnliche  Giftgeschichte'') 
erzählt,  wie  die  'Pfjt.  did.  §  25,  deren  Hauptperson  der  diduaxaXoc  ist.  §  1 1  sagt  Lukian  zu 
dem  Jüngling,  daß  der  Lehrer  ihn  in  kurzem  zu  einem  König  im  Reden  machen  werde;  den- 
selben Ausdruck  gebrauchen  die  Sophisten  Hadrian  und  Rufus  bei  Philostratos')  von  ihrem 
Lehrer  Herodes  Atticus. 

Im  Alexander  werden  nicht  allein  die  Betrügereien  dieses  falschen  Propheten  und 
Goeten  aufgedeckt  und  gebrandmarkt,  sondern  es  wird  auch  der  Aberglaube  und  die 
Deisidaimonie  der  Menschen  verspottet,    zunächst  der  Paphlagonier,  die  als  stumpfsinnig  und 


')    §  24  itfyüJTOv  /iiv  oöxsTt  floi^scvds  dvoßäCoßae,  rj/i/i'  ijfJrj  rotg  Jt«s  xal  A:^ias  itataiv  6fuönj/ins  ytyivTj/xat. 

')   Solamis  nd  Alex.  §  1. 

■<)    Bernays  „Luciaii  und  die  Kyniker".     Berlin  1879.     p.  3. 

*)   Gewiss  der  wahre  Nanie,  wie  Solanus  bemerkt,  ebenso  wie  der  in  Tzepi  riäv  hzl  iua9<u  ipjvövtiov  angeredete 

Timokles.    Auch  darin  stimme  ich  der  Ansicht  von  Solanus  bei,  daß  der  im  Zeug  rpay^ds  geschilderte 

Stoiker  Timokles  ein  anderer  ist  wie  dieser  mit  Lukian  befreundete. 
»)   Philost.  ed.  Kayscr.     II  p.  32  (vitae  soph.  I  c.  21). 
«)  ib.  II  p.  34.     Ranke  1.  1.  p.  36. 
>)   ib.  II  p.  80.     Ranke  1.  1.  p.  36. 
»)  II  p.  »0.     II  p.  101. 


einfältig  gescliildert  werden.  ')  An  einer  andern  Stelle  macht  Lukian  denselben  geradezu  ein 
Verbrechen  dai-ans,  solch  offenkundigem  Gaukelspiel  ruhig  mit  zugesehen  zu  haben. ''')  Später 
erzählt  er,  wie  dieser  Aberglaube  sich  verbreitet  habe  und  selbst  in  Rom  angesehene  Männer 
wie  Rutilianus  avi^Q  rd  (jfv  aj.'/.a  xtüoc  xal  aya^oi  xai  'r  TJo/.knTc  rci'ieai  'Püifiai:y.ct7c 
f'^fjTccafifvoc, ')  ja  sogar  die  meisten  am  Hofe  des  Kaisers  von  demselben  ergriffen  worden 
seien.  Vor  allem  aber  ist  es  Lukian  darum  zu  thun,  den  Epikur  zu  rächen  wegen  der  vielen 
Angriffe,  welche  die  Anhänger  desselben,  zu  denen  Lukian  sich  offen  bekannt,  von  dem  Be- 
trüger erlitten,  haben.  *)  Er  sagt,  es  sei  ganz  selbstverständlich,^)  daß  dieser  wahrhaft 
heilige  und  göttliche  Mann,  ^)  welcher  die  Natur  der  Dinge  durchschaut  habe  und  allein  die 
Wahrheit  in  denselben  kenne, '')  von  einem  solchen  Gaukler,  der  die  Wahrheit  mehr  als  Alles 
hasse,  als  der  schlimmste  Feind  angesehen  und  verfolgt  sei. ')  Wenn  Lukian  dann  fortfährt, 
daß  Alexander  die  Anhänger  des  Piaton,  Chrysipp  und  Pythagoras  als  Freunde  betrachtet  und 
mit  diesen  im  tiefsten  Frieden  gelebt  habe,  so  enthält  dies  indirekt  einen  schweren  Vorwurf 
gegen  diese  Philosophen  der  späteren  Zeit,  welche  sich  nicht  ebenfalls  offen  gegen  den  Be- 
trüger aufgelehnt  hatten.  ^) 

Auch  in  der  Schrift  ntgl  ttjc  r/fQtyQi'rov  if hvrrjc  will  Lukian  nicht  allein  die  Person 
und  das  Leben  des  Peregrinus  Proteus  angreifen  und  den  freiwilligen  Opfertod  desselben 
als  eine  That  der  Ruhmsucht  (doSoxon(u)  und  Thorheit  (dßt?.TtQi'a)  ins  lächerliche  ziehen, 
sondern  er  hat  es  ebensosehr  auf  den  Kyniker  Theagenes'")  und  die  Kyniker  abgesehen,  welche 
diese  That  als  eine  herrliche  priesen.  Auch  verspottet  Lukian  hier  wiederum  die  Leicht- 
gläubigkeit und  den  Aberglauben  der  Menschen,  indem  er  erzählt,")  wie  begierig  die  einfältigen 
Leute  die  Wundergeschichten,  die  er  hinzugedichtet  habe,  angehört  und  geglaubt  hätten,  wie 
ferner  ein  alter  Mann  den  Geier  wirklich  gesehen  habe,  welchen  er  aus  Scherz  und  Spott 
habe  auffliegen  lassen. 

In  den  übrigäli  Schriften  polemisch  -  satirischen  Inhalts,  in  welchen  Lukian  einen 
seiner    Freunde    am-edet,    werden    ganze    Klassen    von    bestimmten    Leuten    angegriffen.      In 


')  Alex.  §  9  XiyuD'j  ....   (Jn?/)u«rftiv    ütlv    na-^ituv  xal  r^Miun  t&v  hiioi)s^aiJ.i'/iav^    otnug   TOijg  lla^Xa)'ni>ag  slfac 

l<paay.Ev  xtX. 
')    §   11    xai    n'i    uXs&[not  ixsifot  llapXaymes  slijoreg  adroS  aiitput  roug  yoviag  d.(fiavtXg  xal  xaTtEivobg  iitiareuov 
.    reu  j(prjaiiw. 
')    §'30.         ' 
*)    §  61.     Taüra  .  .    ypdtpai    ^^iuxra    xal    aol    iJ.iv    -(afHZo/i.evog  .  .    rö   TrXion    <?£,    offs/)    xal    ool    ffitov,   ^Emxoü/iu) 

rtßwpiüv. 

5)  §  25. 

6)  §  61. 

')   §  25.  _  ^ 

*)   Die  xü/jtai  ßn^at,  das  Hauptbuch  des  Epikur,  nach  Lukian  t«  xdXXtaTov  t<üv  ßtßXiwn  waren  von  Alexander 
öffentlich  verbrannt  werden.    §  47.  —  Dem  Lukian  selbst  hatte  Alexander  nach  dem  Leben  getrachtet. 
§  5«. 
9)    Neben  den  Epikureern   werden   die  Christen  von  Alexander   verfolgt.     Lukian   ei-wähnt   §  25   nur  den 

Namen  derselben  ohne  weiteren  Zusatz. 
'")   Bernays:    Lucian   und   die   Kyniker,   p.    3  u.  18.     In   diesem    Buche   werden   auch   die    Angriffe    gegen 

Lukian  als  Feind  des  Christenthums  zurückgewiesen. 
»")   §  39  u.  40. 


—     6     — 

nüic  dtt  latoQCuv  avyyQufiiv  macht  er  sich  über  die  elenden  Skribenten  lustig,  welche  unter- 
einander wetteiferten,  den  in  den  Jahren  102—165  glücklich  geführten  Partherkrieg  zu  be- 
schreiben. Von  diesen  werden  jedoch  nur  drei  mit  Namen  angeführt,  Creperius  Calpurnianus 
(§  15),  der  Ar/t  Kallimorphos,  welcher  meint,  daß  die  Geschichtschreibuug  vorzüglich  den 
Ärzten  zukomme  (§  Kl)  und  Antiocliianus  (§  30).  —»Eine  ähnliche  Tendenz  verfolgt  Lukian 
in  den  „Wahren  Geschichten".  Das  Anziehende  solle  nicht  allein  in  der  Fremdartigkeit  des 
Inhalts  oder  dem  spaßhaften  P'infall  liegen  noch  auch  darin,  dafi  Lügen  mannigfaltiger  Art 
mit  dem  überzeugenden  Tone  der  Wahrheit  vorgetragen  würden,  sondern  auch  darin,  daß 
eine  jede  der  erzählten  Begebenheiten  nicht  ohne  Komik  eine  Anspielung  enthalte  auf  irgend 
einen  der  alten  Dichter,  Historiker  und  Philosophen,  welche  wunderbares  und  sagenhaftes 
zusammengeschrieben  hätten.  Er  würde  diese  mit  Namen  angeführt  haben,  wenn  sie  nicht 
seinem  Freunde  beim  Lesen  von  selbst  einfallen  müßten. ')  —  Diese  Anspielung  nun  ist 
zugleich  eine  Verspottung.  Durch  Uebertreibung  im  Erzählen  bei  der  Beschreibung  verwandter 
Situationen  zieht  Lukian  die  Sache  ins  lächerliche.  '^)  Zwei  von  den  Wunderhistorikern,  auf 
welche  er  anspielen  will,  erwähnt  Lukian  mit  Namen,  ■')  Ktesias  von  Knidos,  der  in  seinem 
Werke  über  Indien  manches  erzählt  habe,  was  er  weder  selbst  gesehen  noch  von  einem 
andern  gehört  habe,  und  Jambulos,  der  über  das  „grosse  Meer"  so  unglaubliches  berichte, 
daß  alle  ehisähen,  daß  es  eine  Lüge  sei,  die  ihnen  aber  gefalle  und  ergötzlich  sei.  Auch 
Homer  muß  herhalten,  indem  Odysseus  der  Lehrmeister  dieser  Aufschneiderei  und  Possen- 
reißerei*)  genannt  wird.  Homer  selbst  wird  zum  Babylonier  gemacht  mit  Anspielung  auf 
den  Streit  deV  sieben  Städte,  und  die  Grammatiker  Aristarch  und  Zenodot  werden  der  Wind- 
beutelei beschuldigt,  indem  sie  dem  Homer  ganze  Verse  absprächen,  wodurch  der  allzugroße 
J^ifer  mancher  Kritiker  verspottet  wird.  °)  Die  Philosophen  seiner  Zeit  greift  Lukian  au, 
indem  er  sagt,  daß  selbst  bei  diesen  das  Lügen  nichts  ungewöhnliches  sei,  *)  und  die  Häupter 
der  verschiedenen  Sekten  werden  mit  Namen  verspottet.  Piaton  lebt  in  der  von  ihm  selbst 
erfundenen  Republik  nach  den  Gesetzen,  welche  er  selbst  gegeben  hat. ')  Die  Epikureer  sind 
als  angenehme  und  liebenswürdige  Leute  und  wackere  Zechgenosseu  am  angesehensten, 
Diogenes  hat  die  Hetäre  Lais  geheiratet ,  tanzt  und  bezecht  sich. ')  Die  Stoiker  versuchen 
noch  immer,  den  Berg  der  Tugend  zu  erklimmen;  die  Akademiker  wollen  nicht  kommen  und 
untersuchen  noch,  ob  es  eine  solche  Insel  wohl  wirklich  gebe.  Nicht  besser  kommt  Sokrates  . 
weg.  Er  schwatzt  noch  immer  und  kann  die  Ironie  nicht  ablegen.  Auch  scheint  er  verliebt 
in  den  Hyakinthos  zu  sein,  weshalb  Rhadamanthys  ihm  zürnt  und  ihn  fortzujagen  dioht. 

In  TTfQi  tmv  tnl  /iiia^üi  avvovimv   ist  Timokles   nicht  nur  der  Angeredete,    sondern 
auch  einer  derjenigen,    welche  Lukian   zum  Gegenstände   seines  Angriffs   maclit.     Er  glaubte 

•)  I  §  2. 

'■')   z.  B.  bei  der  UeschreibunR  des  Lel)ens  auf  der  Insel  der  SeliRen.     II  S  ö  sqii. 
')I§3.  8  ,         41 

*)   diSdtnaißi;  zffi  Toiaünjs  ßto/ioXo^iat.     I  §  3. 
')   II  §  20. 
•)   I  §  4. 
»)  n  §  17. 

")   Mit  Anspielung  auf  seine  Abneigung  gegen  die  Ehe,  Diog.  Laert.  VI,  cap.  II,  54:  ipwnjßtig  noüp  xatpöi 
Csi  ya/ith;  fyrj,  Tob(  /ih  fiout  fir^äsTtors,  roüi  äi  npsaßini/ioui  ßrjdc-umoTe. 


—     7     — 

seit  längerer  Zeit  bemerkt  zu  haben,  daß  sein  Freund  die  Reichen  um  ihr  herrliches  Leben 
beneide  und  Lust  verspüre,  in  den  Dienst  eines  solchen  vornehmen  und  reichen  Mannes  zu 
treten,  um  ein  ähnliches  Leben  führen  zu  können.  Deswegen  tadelt  er  ihn  und  will  ihn 
warnen,  indem  er  ihm  zeigt,  wie  das  Leben  solcher  Gelehrten,  die  im  Dienste  der  Reichen 
ständen,  keineswegs  glücklich  und  beneidenswert  sei.  Aber  nicht  Timokles  allein,  sondern 
mit  ihm  alle  Philosophen,  Grammatiker,  Redner,  Musiker,  kurz  alle  Gelehrte,')  welche  es 
nicht  verschmähen,  um  Lohn  Reichen  zu  dienen,  sollen  gewarnt  und  zurückgeschreckt  werden. 
Diejenigen,  welche  diesen  Schritt  bereits  gethan  haben,  werden  auf  das  rücksichtsloseste  bios- 
gestellt. Lukian  wirft  ihnen  schließlich  vor,  daß  sie  die  Schuld  daran  trügen,  daß  die 
Hellenen")  bei  den  Römern  so  verachtet  seien.  Als  besonders  abschreckendes  Beispiel  wird 
die  Behandlung  erzählt,  welche  der  Stoiker  Thesmopolis,  der  damals  im  Hause  einer  reichen 
und  vornehmen  Dame^)  lebte,  sich  auf  einer  Reise  gefallen  lassen  mußte.  Lukian  thut 
wohl  daran,  die  Quelle  anzugeben,  indem  er  sagt,  daß  er  es  von  dem  Philosophen  selbst 
gehört  habe.*) 

An  zwei  Stellen  in  diesen  Schriften,  in  welchen  Lukian  als  Autor  in  der  ersten 
Person  redet,  nennt  er  außerdem  seinen  Namen,  erstens  in  einem  Epigramm  l-//.  Iotoq.  H  §  28 
yiovxiavoc  Tcede  nuvta  tfCXoc  ftaxaQfüai  %}eotaiv  \\  sldf  xs  xat  nä'/.iv  ^IS-sv  IrjV  tc  narQida 
yatav  und  zweitens  i-/A«J.  §  55  xanetdr/  iatki^ovra  fie  fc  t^v  no/.ip  ijad^fro  xal  f/ita^tv  e»c 
^xfUroc  {l'rjv  o  Aovxmvoc  Gmjyöi^iTjv  xt).).'')  Es  ist  immer  etwas  bedenklich,  wenn  ein  Schrift- 
steller mitten  in  der  Erzählung  seine  Person  in  dieser  Weise  dem  Leser  aufdrängt,  und 
Lukian  ist  ^^el  zu  fein,  um  das  nicht  selbst  zu  fühlen.  Dies  geht  deutlich  aus  der  Art  und 
Weise  hervor,  wie  er  sich  in  den  beiden  Dialogen  nennt,  in  denen  er  sich  gegen  Anklagen 
und  Vorwürfe  verteidigen  will,  dem  '^^/htt'c  nnd  Jtc  xaTrjyoQovjjsvoc.  —  Im  V/A.  antwortet 
er  auf  die  Frage  der  Philosophie,  wie  er  heiße,  Ua^^ijamdr^c  l-Ikij^ioivoc  %ov  ^Ehy'^ixKovc,^) 
und  wenn  im  Jlc  xaTijy.  sein  Prozeß  ausgerufen  wird,  heißt  es')  'P^toQixrj  xaxmasux;  tw 
^VQO).  Jiä'/Loyog  tu)  ttvtm  vßqi-wc.  Aber  abgesehen  von  diesem  Bedenken  gegen  die  Anführung 
des  Namens  überhaupt,  ist  in  dem  Epigramm  ein  prosodisclier  Fehler,  indem  das  a  in 
Aovxiavoc  fälschlich  als  Kürze  gebraucht  ist,  und  an  der  zweiten  Stelle  fehlen  im  codex 
Marcianus  HI  i'l')  dessen  Vortrefflichkeit  Cobet,  Sommmerbrodt  und  Fritzsche  *)  bezeugen,  die 
Worte  o  Aovxtcwog,    indem    sich   zwischen  ei'rp'  und  tntjyöfirjv   eine  Lücke  befindet.  —  Man 


')  §  4.     ^       ^ 

*)  §  40  au  Sk  "EkXrjv  xal  fijtSwg  töv  rpimov  xal  iz/inq  niiaav  äSixiav  sSxoXog-  rotoüroug  ydp  axat/rag  ijßäq  ehai 
oio^rac,  xal  /idAa  elxörwg. 

')  Gegen  solche  Frauen,  welche  philosophiereu  und  gelehrt  sein  wollen,  wird  §  36  ein  heftiger  Ausfall 
gemacht. 

*)   §  33. 

')  Die  Stelle  am  Anfang  des  Peregrinus :  Aouxtaydg  Kpoviio  eij  -npfizTetv  darf  nicht  mit  in  den  Vergleich  ge- 
zogen werden.  Hier  steht  der  Name  am  Anfang  der  Begrüßungsformel  außci-halb  des  Zusammenhanges. 
—  Auf  den  Nigrinus  komme  ich  erst  am  Schluß  zu  sprechen. 

«)   §  19. 

')    §  14.     Ebenso  §  32.     Tläaatg  6  Süpog  jzXi/v  [uäg  (sc.  xparel)  cf.  §  34. 

8)   Vol.  I,  praef.  IX. 


könnte  dem  prosodischen  Versehen  in  dem  Epigramm  dadurch  ahhelfen,  daß  man  y/orxtav6g 
mit  Synizese')  liest;  aber  die  Dürftigkeit  des  Inhalts  läßt  mit  größerer  Wahrscheinlichkeit 
vermuten,  daß  das  ganze  Epigramm  ein  späteres  Einschiebsel  und  die  Worte  von  t6  di 
InCyQOfji^ia  bis  /«««>'  interpoliert  sind.  Da  ferner  die  Lesarten  des  Marcianus  auf  eine  gute 
Quelle  zurückzuführen  sind,  glaube  ich,  daß  auch  im  Alexander  der  Name  ^lovxiavoi  ein 
allerdings  schon  in  früher  Zeit  in  den  Text  geratenes  Einschiebsel  ist,  welches  das  richtige 
Wort  verdrängt  hat,  und  daß  Lukian  geschrieben  hat  Je  txeTvoc  (l'^v  o  xataQaToc^)  oder 
auch  mit  Anspieluug  auf  die  oben  voraufgegangenen  Worte  •')  o  (x^iavoc. 

Eine  weitere  Erage  nun  ist  die,  ob  Lukian,  der  sich  im  i^ktet'c  JJa^^tiaiddi]g  nennt, 
das  Lob  der  Ereimütigkeit,  deren  er  sich  in  den  erwähnten  Schriften  mehrfach*;  rühmt,  im 
vollsten  Maße  verdient.  Da  wird  das  Urteil  nicht  imbedingt  zustimmend  ausfallen.  Lukian 
macht  in  dieser  Beziehung  bei  den  verschiedenen  Personen  einen  Unterschied  und  sieht  sich 
sowohl  die  Leute,  gegen  die  er  seine  Hiebe  austeilt,  als  auch  diejenigen,  von  denen  er  sonst 
irgend  etwas  erzählt  oder  auf  die  er  sich  beruft,  wohl  an.  ^)  Den  Namen  des  Timarchos  im 
Pseudologistes  glaubte  er  ruhig  nennen  zu  können;  derselbe  war  eine  Persönlichkeit,  welche 
sich  nicht  nur  zu  Olympia  in  Gegenwart  so  vieler  Zuhörer  lächerlich  gemacht  hatte,  *)  sondern 
auch  weit  und  breit,  in  Ägypten  und  Syrien  ebenso  wie  in  Italien  bekannt  und  verschrieen 
war.  Den  Namen  des  vornehmen  Eöniers  dagegen,  in  dessen  Hause  der  Angegriffene  bei 
einer  Schelmenthat  ertappt  war,  will  er  nicht  nennen ')  unter  dem  Vorwaude,  daß  alle  wüßten, 
wen  er  meine.  —  Der  Name  des  ungelehrten  Büchernarren  wird  verschwiegen.  Sicherlich 
wäre  Lukian,  wenn  er  ihm  solch  schimpfliche  Dinge  mit  Nennung  des  Namens  ins  Gesicht 
gesagt  hätte,  nicht  ohne  Ungelegenheiten  davongekommen.  Obgleich  ferner  im  'PfjToQoir 
diddaxakog  in  einer  für  die  Zeitgenossen  nicht  mißzuverstehenden  Weise  auf  Pollux  hinge- 
deutet wird,  so  konnte  doch  der  Umstand,  daß  auch  Eigentümlichkeiten  von  andern  bekannten 
Rednern  als  Eigenschaften  des  diduaxa/.oc  geschildert  werden,  dem  Verfasser  zur  Entschuldigung 
und  als  Beweis  dienen,  daß  nicht  eine  einzelne  bestimmte  Person  darunter  zu  verstehen  sei. 
Dazu  kommt  noch,  daß  die  Größe  des  Wagnisses  dadurch  gemindert  wird,  daß  Pollux  in 
Athen  eine  große  Anzahl  von  Gegnern  hatte.  *) 

Die  Schrift  '^Ikf$avd(ioc  ist  erst  nach  dem  Tode  des  falschen  Propheten  und  seines 
mehrfach  erwähnten  Schwiegervaters,  des  in  llom  einflußreichen  Rutilianus  geschrieben.  Der 
Name  des  höheren  Beamten,  von  dem  Lukian  verlangt,  daß  er  den  Alexander  wegen  des 
gegen  ihn  versuchten,  aber  glücklich  vereitelten  Mordanschlags  zur  Verantwortung  ziehe, 
wird  verschwiegen.  Es  war  wohl  zu  befürchten,  daß  es  in  höheren  Kreisen  Mißfallen  erregen 
würde,  wenn  der  Name  des  Mannes,  welcher  aus  Rücksicht  gegen  den  Rutilianus  den  Lukian 


»)  cf.  Gessner  ad.  h.  1.  (ed.  Reitz.  U  p.  126). 

')  So  nennt  ihn  Sokratcs  am  Anfang  des  'AXtsüs. 

*)  §  54  iftiast,  äit  rd  eixSe,  xal  i/iharov  ^j-eho. 

*)  z.  B.  Iltpi  Tütv  iici  fu<r&<f)  auv.  §  4.    'AKolayia  §  13. 

*)  üernays  1.  1.  p.  5  sqq. 

•)  §5. 

')  §  21  Toüvo/ia  di  aM  doMrsts  dmomuiir^aal  not,  xal  raüra  n/>dj  Tzäyras  elSSras  ov  Xifto. 

')  of.  oben  p  3. 


—     9     — 

so  kläglich  bat,  von  seinem  Vorhaben  abzustehen,  allgemein  bekannt  würde.  Auch  sonst, 
wo  nichts  verschwiegen  zu  wei'den  braucht,  zeigt  Lukian  bei  der  Erwähnung  höherer  Beamten 
ähnliche  Zurückhaltung.  Im  Peregrinus  heißt  der  Beamte  in  Syrien,  welcher  den  Peregrinus 
als  eitlen  Prahlhans  betrachtete  und  behandelte,  nur  „Liebhaber  der  Philosophie",')  der 
römische  Stadtpräfekt ,  der  den  Peregrinus  auswies,  «V«p  aoijöc.')  —  Wenn  Lukian  ferner 
Herodes  Atticus  nicht  namentlich,  sondern  nur  als  livdQa  mubela  xai  a^iiri/jaTt  nQot'Xovtce 
erwähnt,  so  geschah  es  wohl  aus  Rücksicht  gegen  diesen,  dem  es  nicht  angenehm  sein  mochte, 
den  lächerlichen  Vorwurf,  den  Pcregiinus  ihm  wegen  der  Anlegung  einer  Wasserleitung  zu 
Olympia  machte,  noch  einmal  vor  einem  weiteren  Leserkreise  wiederholt  zu  sehen.  —  Die 
derben  Ausfälle  gegen  den  Theagenes,  der  nach  Galen  ein  berühmter  Philosoph  war,  welcher 
im  Gynmasium  des  Trajan  täglich  öffentliche  Vorträge  zu  halten  pflegte,  'J  sowie  gegen  die 
Kyuiker  konnten  allerdings  unangenehme  Folgen  nach  sich  ziehen,  aber  man  mu(.i  dagegen 
bedenken ,  daß  sie  andererseits  dem  Lukian  bei  den  Gegnern  der  Kyniker  Anhänger  und 
Freunde  erwarben.  —  Der  lachende  Gegner  des  Theagenes,  welcher  sich  über  die  Thränen 
desselben  lustig  macht,  wird  als  ein  glaubwürdiger  Mann  geschildert.  Er  sagt,  daß  er  den 
Lebenslauf  des  Peregrinus  von  Anfang  an  beobachtet  und  ferner  bei  den  Mitbürgern  desselben 
und  den  Leuten,  die  etwas  genaueres  wissen  mußten,  Erkundigungen  eingezogen  habe.  Nach 
diesen  Vorbemerkungen  erzählt  er  den  Versammelten  die  Lebensgeschichte  des  Peregrinus 
und  schildert  den  Lebenswandel  desselben  in  den  grellsten  Farben.  Den  Namen  dieses 
Mannes  erfahren  wir  nicht.  Lukian  sagt,  er  wisse  nicht,  wie  er  geheißen  habe.'')  Lidern 
er  dadurch  die  Verantwortung  für  das  Erzählte  auf  sich  nimmt,  *)  ist  er  zugleich  die  Sorge 
los,  den  Erzähler  in  Ungelegenheiten  zu  bringen.  Bei  der  Erzählung  über  die  Krankheit  des 
Peregrinus  kurz  vor  seinem  Tode  ist  er  nicht  so  zurückhaltend,  dort  nennt  er  den  Arzt 
Alexander  als  seine  Quelle. 

Wie  wir  oben  bereits  erwähnt  haben,  werden  in  der  Schrift  nwc  öet  latoQCav 
avyyodftiv  drei  von  den  getadelten  Schriftstellern  namentlich  angeführt:  Antiochianus, 
Creperius  Calpurnianus  und  Kallimorphos ;  andere  werden  durch  Anführung  von  Stellen^)  aus 
ihren  Büchern  oder  durch  Aufzählung  auffallender  Ausdrücke  kenntlich  gemacht.')  Hier  übt 
Lukian  nur  das  Recht  des  Kritikers  aus.  Um  so  auffallender  ist  es,  daß  er  an  einer  Stelle,') 
wo  er  von  einem  weisen  Manne  spricht,  der  kürzlich  in  Korinth  ein  Geschichtswerk  heraus- 
gegeben habe,  ausdrücklich  hinzufügt  to  fiev  orofiu  tv  difut'tl  xtCaO-aa.  Wenn  wir  aber 
bedenken,  daß  er  dem  Autor  übertriebene  Schmeichelei  zum  Vorwurf  macht')  und  gleich  darauf 
bemerkt,  daß  in  der  Vorrede  des  Buches  gesagt  werde,  wie  es  doch  für  den  Herrscher  etwas 


')  ^  14  ä^ei&T^  bn&  roü  TÖre  ttj?  lu/iiag  ö/j^ovtos,  rMfmg  ifi.Xoao<piif.  ^aipovroq.  cf.  Bernays  1.  1.  p.  7. 

2)  §  18. 

3)  Bernays  1.  1.  p.  14  u.  15. 

4)  §  31  oü  yap  oXda  iiarti  ö  ßikurrog  ixshoq  ixaXetTO. 
')  Bernays  1.  1.  p.  5. 

6)  §  18.' 

')  8  22. 

8)  §  17. 

ä)  §   17  TÜ  rr^g  xoXaxeiag  ig  xopov,  xai  rä  iyxw/ua  xal  xoßtd^  ßmßoXo/cxd. 

b 


—     10     — 

ganz  außerordentliches  sei,  daß  Philosophen  seine  Thaten  erzählten,  so  werden  wir  den 
Schlüssel  zu  dieser  Zurückhaltung  finden.  Die  Schrift  wird  ein  Panegj'rikus  auf  Verus 
gewesen  sein,  und  da  war  es  weder  taktvoll  noch  klug,  mehr  als  andeutungsweise  zu 
verfahren. 

In  Bezug  auf  den  in  nml  vwv  tnl  (naOo)  orvoriMV  verspotteten  Thesmopolis  bemerkt 
Solanus  mit  Recht,  daß  dieser,  welcher  im  U'ltxrQvuiv  schon  als  Halbtoter  vorkomme,  zur 
Zeit  der  Abfassung  dieser  Schrift  wohl  nicht  mehr  am  Leben  gewesen  sei.  Sonst  würde 
dieser  Spott  dem  Lukian  gewiß  verargt  sein,  zumal  Thesmopolis  selbst  ihm  die  scherzhafte, 
aber  für  den  Erzähler  recht  fatale  Begebenheit  berichtet  hatte.  Lukian  scheint  sich  auch 
jetzt  noch  nicht  ganz  sicher  zu  fühlen,  wie  die  Worte  im  Anfang  der  Erzählung  andeuten. ') 
Aber  in  gewisser  Hinsicht  leistet  er  dem  Thesmopolis  auch  wiederum  einen  Dienst.  Der 
Kinaede  Chelidouiou  hatte  die  Geschichte  mit  lügenhaften  Zuthaten  und  boshaften  Be- 
merkungen weitererzählt.  Lukian  führt  dieselbe  nun  auf  den  wahren  Sachvei'halt  zurück,  der 
allerdings  noch  immer  auf  den  Thesmopolis  ein  bedenkliches  Licht  wirft. 

Es  war  gewiß  nicht  immer  Furcht  vor  Ungclegenheiten,  welche  Lukian  bestimmten, 
diesen  Unterschied  bei  der  Erwähnung  bestimmter  Personen  zu  machen.  Die  geflissentliche 
Schonung,  welche  er  im  \l)JiavdQoc  dem  römischen  Beamten  gegenüber  zeigt,  ist  nicht  so 
sehr  ein  Akt  der  Politik  wie  ein  Zeichen  der  Achtung,  die  er  dem  Beamtenstaiide  schuldig 
zu  sein  glaubt.  •'}  Bernays  bemerkt,  daß  die  in  dem  Kaiser  gipfelnde  römische  Bureaukratie 
das  Einzige  sei,  was  Lukian  in  seinen  Schriften  nie  verspottet.  •')  In  andern  Fällen  hielt  ihn 
sein  Taktgefühl  zurück  —  z.  B.  bei  Herodes  Atticus  —  den  Namen  an  die  Öffentlichkeit  zu 
bringen.  Zuweilen  jedoch,  wie  in  IIqoc  unufdtvtov  und  'PijtoQoyv  diöüax.  war  sicherlich  seine 
Absicht  bei  diesem  Verfahren  keine  andere  als  die,  welche  er  scherzhafter  Weise  in  den 
Wahren  Geschichten  1  §4  angiebt,  nämlich:  «;»•  ttuqix  xüiv  äXXon'  xartjyoQiav  tx<pvytTr.  So 
tritt  uns  Lukian  in  diesen  Schriften  entgegen  als  „Freimund,"  aber  als  ein  schlauer. 


IL 

Auch  in  einem  Teile  der  übrigen  satirischen  Schriften,  welche  in  dialogischer  Form 
verfaßt  sind,  tritt  die  Person  des  Schriftstellers  hervor,  indem  derselbe  als  eine  der  handelnden 
Personen  in  der  Erzählung  auftritt.  In  den  Dialogen  Jic  xartiyoQovfifyoc  und  '^iXitrc  verteidigt 
Lukian  sich  gegen  Vorwürfe  und  Anklagen.  In  dem  ersteren  erklärt  er  unter  dem  Namen 
o  2'i'(>oc,  warum  er  sich  von  der  Rhetorik  losgesagt  und  diese  Art  des  satirischen  Dialogs 
gewählt  habe.  Im  „Fischer"  verteidigt  er  sich  unter  dem  Namen  Parrhesiades  „mehr  schlau 
als  wahr"  gegen  die  Vorwürfe  der  Häupter  der  Philosophenschulen,  indem  er  sagt,  daß  er 
nicht  diese,  sondern  die  Afterphilosophen  seiner  Zeit  angegriffen  habe. 


'),  §,  83  oöx  üxvüi  lU  iTOt  xrii  livffp^aaaHai  ö  ßot  (^ea/iSTroXtg  ohrof  »5  ^rui'ixbi  tftTjjrjaaro    xrH     Um   der   ffuten 

Sache  willen  seheut  Lukiau  sich  nicht,  etwas  zu  erzählen,  was  er  sonst  verschwiegen  haben  wurde. 
")   AizoXoyia  §  9. 
')    1.  1.  p.  44  u.  45. 


—    11    — 

In  zwölf  Dialogen  tritt  Lukian  unter  dem  Namen  Lykinos  als  feiner  Spötter  und 
Satiriker  oft  angreifend  auf.  Daß  unter  Lykinos  der  Schriftsteller  zu  verstehen  ist,  ergiebt 
sich  aus  den  chronologischen  Daten  im  Hermotinios, ')  welche  dem  Leben  des  Schriftstellers 
entnommen  sind,  sowie  aus  dem  Umstände,  daß  die  Veranlassung  zu  der  Abfassung  einiger 
Dialoge,  wie  des  ^nmöaior  und  Eri  oryoc,  nur  dann  begreiflich  wird,  wenn  wir  annehmen 
können,  daß  Lukian  eine  wirkliche  Begebenheit  als  Augenzeuge  hat  schildern  wollen.  Es 
fragt  sich  nun,  weshalb  Lukian  mit  seinem  wirklichen  Namen  zurückhält,  und  andererseits, 
warum  er  unter  einem  so  durchsichtigen  Pseudonym  auftritt.  Denn  mag  yivxXvoc  ein  anderer 
Name  '■*;  sein,  welchen  Lukian  des  ähnlichen  Klanges  wegen  wählte,  oder  nichts  anderes  als  das 
dem  griechischen  Ohre  accomodierte  Aovy.inröc,')  jedenfalls  ist  der  Name  von  dem  verschieden, 
unter  welchem  der  Schriftsteller  seine  Schriften  herausgegeben  hat.  Der  Grund  für  eine 
derartige  Pseudonymität  lag  meiner  Meinung  nach  darin,  daß  Lukian  in  den  satirischen 
Dialogen  einer  Stimmung,  welche  ihn  gerade  beherrschte,  oder  demjenigen,  was  ihn  geistig 
beschäftigte  oder  was  er  sonst  persönlich  erlebt  hatte,  Ausdruck  verleihen,  andrerseits  sich 
die  Freiheit  bewahren  wollte,  sich  seiner  Laune  ungestört  hingeben  zu  können,  ohne  für  jedes 
Wort  einstehen  zu  müssen.  In  diesem  Wechsel  zwischen  Ernst  und  Scherz,  welcher  es  dem 
Urteil  des  Lesers  überläßt,  zu  entscheiden,  was  als  wirkliche  Meinung  des  Schriftstellers,  was 
als  ironische  Bemerkung  und  poetische  Zuthat  zu  betrachten  ist,  liegt  das  Charakteristische 
der  Lykinosdialoge.  PjS  ist  der  Zweck  dieser  Arbeit,  daraufhin  die  einzelnen  Dialoge  durch- 
z,ugehen,  sowie  den  Versuch  zu  machen,  die  Tendenz  eines  jeden  derselben  zu  erklären  und 
die  Zeit  der  Abfassung  zu  bestimmen,  um  danach  die  Frage  zu  beantworten,  weshalb  Lukian 
in  den  andern  Dialogen  mit  seiner  Persönlichkeit  vollständig  zurücktritt. 

1.       tj  p  jj.6r  i/Aog. 

In  diesem  Dialog  zeigt  sich  Lykinos  als  Meister  in  der  Kunst,  in  ironischer  Weise 
zu  disputieren  und  seinen  Gegner  in  die  Enge  zu  ti-eiben.  Ein  feiner  Spott  zieht  sich  durch 
den  ganzen  Dialog,  selbst  durch  die  ernsteren  Partien  am  Schlüsse,  hier  allerdings  in  ge- 
milderter, humoristischer  Weise. 

§  1—12  Lykinos,  ein  Mann  um  die  vierzig  Jahre  herum,')  trifft  mit  seinem  Freunde 
Hermotimos  auf  der  Straße  zusammen.  Dieser,  ein  eifriger  Stoiker,  der  trotz  seiner  sechzig 
Jahre  ^)  und  trotz  zwanzigjährigen  Studiums  noch  immer  die  Vorträge  eines  stoischen  Philo- 
sophen hört,  da  er  noch  nicht  zu  der  ersehnten  Glückseligkeit  gelangt  ist,  will  gerade  zu 
seinem  Lehrer.  Er  ist  abgemagert,  sieht  blaß  und  übernächtig  aus  und  trägt  einen  zottigen 
Philosophenbart.     In   launiger   Weise   beschreibt   Lykinos   seinen  Gang.     Er   liest   im    Gehen, 


')  §  13  u.  14. 

')   Demosth.  ed.  Pindorf.    L.  53  ißßtßäirag  ßot  Aoxhov  töv  UaXXtj'.'ia  äpyovra  elg  ttju  vativ. 

')  C.  F.  Hermann,  Quom.  bist,  conscrib.  p.  140.  Schwarz  „Lukians  Hermotimos"  (Progr.  d.  niederoester. 
Landes-Real-  und  Obergymnasiums  zu  Hörn  1877)  p.  9.  —  Hermann  weist  darauf  liin,  daß  der  römische  Name 
Lucius  von  den  Griechen  in  Aeuxiog  umgewandelt  wurde.  Polyb.  ed  Dindorf  1.  52.  5.  Aei'jxtov  'Inuvtov.  — 
Damit  zu  vergleichen  ist  die  bei  Boeckh.  Corpus  inscr.  No.  158  vorkommende  Form  Aeuxlmg. 

*)    §  13  rerrafiaxonTOÜryjg  trj^edov. 

^)   §  77. 

b» 


—     12     — 

spricht  mit  sich  selbst  und  schlenkert  mit  der  Hand  hin  und  her,  um,  wie  Lykinos  ironisch 
hinzufügt,  in  jedem  Augenblick  in  seiner  Wissenschaft  gefördert  zu  werden.  Nur  aus  diesem 
Grunde  thue  er  es,  antwortet  Hermotimos,  indem  er  den  Ausspruch  des  Hippokrates  hinzu- 
fügt, daß  das  Leben  kurz,  die  Kunst  lang  sei.  Mit  noch  größerem  Eecht  könne  man 
letzteres  auf  die  Philosophie  anwenden,  die  unerreichbar  sei,  wenn  man  nicht  mit  der  größten 
Wachsamkeit  wie  eine  Gorgo  ')  beständig  auf  sie  blicke,  deren  Studium  ein  großes  Wagestück 
sei,  bei  dem  es  sich  darum  handele,  entweder  zur  Glückseligkeit  zu  gelangen  oder  mit  der 
gemeinen  Menge  unterzugehen.  Das  sei  allerdings  ein  staunenswerter^)  Kampfpreis,  antwortet 
Lykinos;  er  wundere  sich  nur,  daß  Hermotimos  noch  nicht  zu  dieser  Glückseligkeit  gelangt 
sei,  da  er  sich  doch  schon  seit  fast  zwanzig  Jahren  Tag  und  Nacht  abmühe,  diesen  Preis 
zu  erringen,  so  daß  er  abmagere  und  blaß  werde.  Aber  es  werde  gewiß  nicht  mehr  lange 
dauern ;  vielleicht  sei  er  bereits  glückselig,  wolle  dies  jedoch  vor  den  Andern  noch  geheim 
halten.  Wie  das  wohl  möglich  sei,  fragt  Hermotimos,  da  er  sich  noch  am  Anfang  des  Weges, 
welcher  zur  Tugend  führe,  befinde  und  dieser  Weg  nach  Hesiod  lang,  steil  und  rauh  sei. 
Ln  Hesiod  ist  Lykinos  nicht  weniger  bewandert;  mit  Anspielung  auf  die  eben  erwähnte  Stelle 
fragt  er,  ob  Hermotimos  denn  noch  nicht  genug  geschwitzt  habe  und  noch  nicht  genug  ge- 
wandert sei.  Da  ferner  ebenderselbe  Hesiod •*;  sage,  daß  der  Anfang  die  Hälfte  des  Ganzen 
sei,  so  könne  Hermotimos  sich  doch  noch  unmöglich  am  Anfang  des  Weges  befinden,  sondern 
müsse  doch  mindestens  in  der  Mitte  des  Aufstieges  sein.  Keineswegs,  antwortet  Hermotimos; 
er  stehe  noch  am  Fuße  des  Berges.  Dann  müsse  sein  Lehrer,  welcher  schon  lange  die  Höhe 
erstiegen  habe,  ihm  durch  seine  Lehre  helfen,  fährt  Lykinos  fort,  und  ihn  wie  Zeus  beim 
Homer,  an  einer  goldenen  Kette  heraufziehen.  Wenn  es  an  diesem  läge,  -antwortet  Hermotimos, 
so  wäre  er  längst  oben ;  derselbe  thue,  was  er  könne ;  er  selbst  jedoch  sei  zu  schwach. 
Lykinos  spricht  ihm  Mut  ein  und  meint,  wenn  sein  Lehrer  ihn  so  bereitwillig  unterstütze, 
werde  alles  gut  gehen;  er  müsse  nur  immer  das  Ziel,  die  Glückseligkeit,  fest  im  Auge  behalten. 
Dann  fragt  er  weiter,  ob  der  Lehrer  ihm  denn  nicht  wenigstens  eine  bestimmte  Zeit  in 
Aussicht  stelle,  wann  er  oben  sein  werde,  etwa  im  nächsten  Jahr  nach  den  nächsten  Mysterien*) 
oder  nach  den  Pauathenaeen  oder  in  der  nächstfolgenden  Olympiade.  Da  alle  diese  Zeiträume 
dem  Hermotimos  zu  kurz  scheinen,  legt  Lykinos  noch  zu  und  meint,  daß  das  Ziel  nach  zwei 
Olympiaden  doch  sicherlich  erreicht  sein  müsse.  Sonst  könne  er  mit  Recht  beide,  ihn  und 
den  Lehrer,  der  Nachlässigkeit  beschuldigen.     Denn  das  sei  ein  Zeitraum,  so  lang,  daß  man 


')   Der    Ausdruck    yopyhi/    dnzoßkinrj    g   1    ist  absiclitlich    übertrieben,    wird  jedoch   von   Hermotimos   mit 

dem  Brustton  der  Ueberzeugung  gesprochen.     In  der  anfänglichen  Vertrauensseligkeit  des  Ilcrinotimos 

liegt  keine  geringere  Komik,  als  in  der  feinen  Ironie  des  Lykinos. 
')   tfaü//aVi«  «iWa   ironisch.     Ebenso  Ntyp.  §  33   xai   /irjv   xäxtifoug   3cs)-eXu  rouf  i^auitdmnv  rtva  rijv  moiidijv 

Tcepl  rd  fJeörva  Tcoiou/iivouq. 
')   Hier  verlässt  den  Lykinos  sein  Gedächtnis.     Er  verwechselt  das  Sprichwort  äp^^   ii  rot  ij/uau  navröt, 

weiches   er  'Evükv.  §  3  ohne   Gewährsmann    anführt,   mit   dem  Verse   des   Hesiod:    'fyra  x.  'H/i.   v.  40. 

NijKm,   oMh   Xaamv,    Saip  izXiov  ^/uau  -rayrSq,    cf.  Solanum  et  Hemstcrhuys   ad.  'Evürzv.    §  3   (ed.  Heitz.  I 

pag.  5). 
•)   Daß  dies  die  Bedeutung  der  Worte  ptra  tä  äXka  /tvan^ux  ist,  zeigt  Fritzscho  ad.  h.  1.  (Vol.  11,  pars  II 

p.  133). 


—     13     — 

in  demselben  dreimal  von  den  Säulen  des  Herakles  bis  nach  Indien  hin-  imd  zurückreisen 
könne,  und  zwar  so,  daü  man  garnicht  den  geraden  Weg  innezuhalten  brauche.  Und  dann 
möchte  er  doch  wissen,  ob  der  Berg  der  Tugend  und  Glückseligkeit  noch  höher  als  die 
Bergfeste  Aornos  sei,  die  Alexander  in  wenigen  Tagen  erobert  habe.  Hermotimos  antwortet, 
daß  seine  Sache  damit  nicht  verglichen  werden  könne.  Er  schildert  noch  einmal  die 
Schwierigkeit  derselben  und  schließt  mit  den  Worten,  daß  diejenigen,  welche  zur  Höhe  empor- 
gestiegen seien,  ein  bewunderungswürdiges ')  Leben  führten  und  auf  die  Übrigen  wie  auf 
Ameisen  herabsälien.  Lykinos  thut  sehr  erstaunt,^)  daß  er  so  klein  erscheine  und  daß  die 
gewöhnlichen  ILeute,  zu  denen  er  gehöre,  den  Glückseligen  gegenüber  nicht  einmal  mit  Pygmaeen, 
sondern  nur  mit  so  kleinen  Tieren  verglichen  werden  könnten.  Aber  das  sage  Hermotimos 
nur  aus  Hochmut.  Er  wandele  bereits  in  den  Wolken  und  verlange,  wie  ein  Gott  angebetet 
zu  werden,  da  er  bereits  auf  der  Höhe  sei.  Dann  kommt  er  wieder  auf  die  Länge  der  Zeit, 
die  Hermotimos  noch  wandern  müsse,  zurück.  Hermotimos  sagt,  er  wisse  nicht,  wie  lange 
er  noch  zu  steigen  habe,  glaube  aber,  nach  zwanzig  Jahren  oben  zu  sein.  Das  sei  nicht  zu 
lange,  da  er  nach  etwas  großem  strebe.  Letzteres  giebt  Lykinos  nur  bedingt  zu. ')  Dann 
fragt  er  ihn,  ob  sein  Lehrer  denn  auch  ein  Seher  sei  und  ihm  versprochen  habe,  daß  er  so 
lange  leben  werde.  Denn  sonst  würde  er  doch  gewiß  nicht  alle  diese  Mühen  auf  sich  ge- 
nommen haben,  wenn  er  nicht  sicher  sei,  daß  das  Verhcängnis  ihn  nicht,  wenn  er  beinahe 
oben  sei,  wieder  herunterziehen  werde.  Hermotimos  beschwört  den  Lykinos,  so  etwas  nicht 
zu  sagen,  und  sagt,  daß  er  zufrieden  sei,  wenn  er  auch  nur  einen  .Tag  als  Weiser  glücklich 
sei.  Lykinos  wundert  sich,  daß  ihm  eine  so  kurze  Spanne  Zeit  genüge;  dann  fragt  er  weiter, 
von  wem  Hermotimos  wisse,  daß  die  Zustände  oben  so  glücklich  seien.  Von  seinem  Lehrer, 
antwortet  Hermotimos,  der  bereits  auf  der  Höhe  sei.  Nun  möchte  Lykinos  gern  wissen, 
worin  die  Glückseligkeit  bestehe,  ^  ob  in  Reichtum,  Ruhm  und  Vergnügen.  Keineswegs,  ant- 
wortet Hermotimos,  sondern  in  Weisheit,  Tapferkeit,  dem  sittlich  Guten  und  Gerechten  und 
darin,  daß  man  gründlich  das  Wesen  aller  Dinge  kenne.  Auch  werde  man  dort  von  keiner 
Leidenschaft,  wie  von  Zorn,  Furcht  oder  Begierde  beherrscht.  Darauf  möchte  Lykinos  gern 
etwas  erwidern,  thut  aber  furchtsam.  Nach  längerem  Sträuben  sagt  er,  von  Hermotimos  er- 
mutigt zu  sprechen,  da  sie  allein  seien,  daß  es  mit  der  Verachtung  des  Reichtums  doch  eine 
eigene  Sache  sei,  indem  der  Lehrer  des  Hermotimos  vor  kurzem  seinen  Schüler  Diou,  welcher 
das  Honorar  nicht  zur  rechten  Zeit  gezahlt  habe,  vor  Gericht  geschleppt  habe.  Aus  der 
Autwort  des  Hermotimos  erfahren  wir  ferner,  daß  der  diöuaxaXoc  Geld  auf  Zinsen  auslieh. 
Hermotimos  entschuldigt  ihn  damit,  daß  er  es  seiner  Kinder  wegen  thue,  worauf  Lykinos 
schon  mehr  boshaft  als  ironisch  antwortet,  lieber  solle  er  diese  zur  Tugend  führen,  daß  sie, 
wie  der  Vater,  den  Reichtum  verachten  lernten.  Hermotimos  mag  nichts  mehr  hören,  sondern 
will  zum  Lehrer.  Aber  Lykinos  hält  ihn  zurück,  indem  er  sagt,  derselbe  lese  nicht.  Er  habe 
gestern    bei    einem    Gastmahl    im   Hause   des   reichen   Eukrates   viel    mit    dem   Peripatetiker 


1)   §  5    i%iiJij.äai6v   TVja   ßiov.     Sehr   fein   läßt   Lukian   den  Hermotimos    hier   ernsthaft   dasselbe    Wort   ge- 
brauchen, welches  Lykinos  §  2  {Saußäma  u&Xa)  ironisch  anwandte. 
')   Tranae  hier  Ausdruck  der  Verwunderung  wie  §  55  Ttairai,  tu  'E/i/wu/je,  («s  la^upä  Taür'  s^rjxag. 


—     14     — 

Eiithydemos  philosophiert  iiml  habe  sich  mit  demselben  in  erbitterter  Weise  gestritten.  Dabei 
habe  er  mehr  gegessen  und  getrunken,  als  er  habe  vertragen  können.  Nun  sei  er  krank  und 
könne  nicht  lesen.  Hermotimos  fühlt  das  Unpassende  in  dem  Benehmen  des  Lehrers  nicht 
heraus,  sondern  fragt  nur,  wer  im  Streite  gesiegt  habe.  Lykinos  sagt,  der  Lehrer;  denn 
(lieser  habe  dem  Peripatetiker  schließlich  einen  Becher  an  den  Kopf  geworfen  und  ihn  ver- 
wundet. Hermotimos  billigt  dies  und  Lykinos  spottet  weiter,  indem  er  scheinbar  so  recht 
gutmütig  sagt,  es  sei  ganz  in  der  Ordnung  gewesen;  warum  Euthydemos  auch  den  Lehi-er 
habe  rei/en  müssen,  der  ein  so  leidenschaftsloser  und  seines  Zornes  mächtiger  Mann  sei  und 
einen  so  schweren  Becher  in  der  Hand  gehabt  habe.') 

§  13  —  21.  Lykinos  will  gern  wissen,  aufweiche  Weise  Hermotimos  zu  philosophieren 
angefangen  habe  und  wie  er  zu  den  Stoikern  gekommen  sei.  Diese  Partie  ist  nicht  durchweg 
HO  ironisch  gehalten,  doch  kommt   auch   hier  der  Spötter  nicht  selten   zum  Vorschein,    z.  B. : 

§  13.  Lykinos  thut,  als  ob  er  mit  Hermotimos  und  seinem  Lehrer  zusammen 
philosophieren  wolle,"'')  während  sein  Zweck  ist,  den  Hermotimos  von  der  Beschäftigung  mit 
der  Philosophie  abzubringen. 

Ib.  Lykinos  sagt,  er  sei  zufrieden,  wenn  er  nach  zwanzig  Jahren  soweit,  wie  Hermotimos. 
sei,  während  er  §  2  sich  nicht  genug  wundern  konnte,  dali  Hermotimos  trotz  aller  Arbeit  und 
Mühe  noch  nicht  weiter  sei. 

§  15.  Lykinos  spottet  über  das  Orakelwesen,  indem  er  fragt,  ob  Hermotimos  vom 
pythischen  Gotte  zu  den  Stoikern  geschickt  sei,  wie  Chairephon  zum  Sokrates.  Der  Gott  wisse 
wohl,  welche  Art  zu  philosophieren  für  einen  Jeden  die  passendste  sei. 

§  Ifi.  Hermotimos  sagt,  die  meisten  gingen  zu  den  Stoikern;  Lykinos  will  genau 
die  Zahl  wissen. 

Ib.  Lykinos  thut  wiederholt  so,  als  ob  Hermotimos  ihn  verhöhnen  wolle,  um  dadurch 
auf  die  Ungereimtheit  des  Gesagten  hinzuweisen. 

§  18.  Hermotimos  sagt,  das  äußere  Auftreten  der  Stoiker  sei  ihm  am  ehrwürdigsten 
erschienen.  Lykinos  fragt,  schon  mehr  erbittert  als  ironisch,  ob  er  darunter  den  Wucher 
und  die  Streitsucht  verstehe  und  die  Besten  nach  dem  ümwurf  des  Kleides  beurteile.  Doch 
mildert  er  diese  Worte  durch  den  ironischen  Schluß,  daß  Hermotimos  dies  nur  im  Scherz  sage. 

§  H).  Auch  die  Bemerkung,  Hermotimos  thue  nicht  recht  daran,  sich  um  die  Blinden 
nicht  zu  kümmern,  da  diese  vor  allem  philosophieren  müßten,  um  ihr  Leid  zu  vergessen,  ist 
ironisch  aufzufassen. 

§  21.  Lykinos  rühmt  spöttisch  den  Scharfsinn  des  Hermotimos,  indem  er  ihn  einen 
Lynkeua  nennt,  worauf  Hermotimos  antwortet:  naiXuc,  w     IvxTvf. 

In  dem  folgenden  Abschnitt  §  21  —  63  nimmt  Lykinos  das  Wort  zu  einer  längeren 
Rede,  indem  er  die  Tugend  mit  einer  Stadt  vergleicht,  deren  Bewohner  der  höchsten  Glück- 
seligkeit genössen.  Dann  disputiert  er  mit  Hennotimos  darüber,  ob  wohl  einem  der  vielen 
Führer,  von  denen  ein  Jeder  behaupte,    daß  nur  er  allein  den  Weg  wisse,  welcher  zu  dieser 


')  §  12   ^   T('  yäp   i:a>%uv   El>&.  ävipa  yipovra   napw^uvev,    Aöpjr^ov  xai  f9o/toO  xpsnrova,    axü^nv  othio  ßapuv 
*)    §   IS  Uli  xai  af/rds .  ■  .  ouvodoazopohjii  uyiv. 


—     15     — 

Stadt  führe,  zu  trauen  sei.  Herniotimos  meint,  den  Stoikern,  worauf  die  Frage  erörtert  wird, 
ob  man  darüber  zur  Gewißbeit  gelangen  könne,  (iaß  eine  Philosophie  das  Wahre  lehre,  sowie, 
welche  Philosophie  dies  sei.  Das  Schluüresultat  ist,  daß  dies  nur  nach  genauer  Untersuchung 
sämtlicher  Systeme  geschehen  könne,  wozu  aber  hundert  Jahre  kaum  ausreichten,  so  daß 
Hermotimos  unwillig  wird  und  dem  Lykinos  Neid  vorwirft,  worauf  dieser  ihm  ironisch  den 
guten  Kat  giebt,  auf  sein  Geschwätz  garnicht  zu  hören.  ') 

Im  allgemeinen  ist  der  Ton  des  Ljkiuos  in  diesem  Abschnitt  ernster,  namentlich 
am  Schluß  von  §  34,"'')  wo  er  sagt,  daß  man  sich,  so  lange  es  noch  unklar  sei,  in  welcher 
Philosophenschule  das  Wahre  gelehrt  werde,  zu  keiner  bestimmten  Sekte  bekennen  dürfe, 
denn  das  sei  ein  Frevel  gegen  die  übrigen.  Ebenso  ernst  antwortet  er  dem  Hermotimos 
§  29  oftac  Tovro  ok  xotvör,  o>  'l'J(i/i6i:ifi>-,  f-lQrjxac;  —  §  31  y.at  yuQ  ifioiyt,  u'i  EQfioiifit-'  a'Ü.a  vo 
fitrd  Tovro  ovxfi  oiöa,  tl  oimCmc  xal  aol  öö^n'  &/j,ot  fjfv  )'d()  aal  rovio  7iuvx'  öoxtT. 
§37  ovxovv  aa^fifaTi-Qor  XQV  ^.fyiir,  fl  tTtQoXÖv  xi,  a'i.Xd  nr]  tovro  ((r/anc.  —  §  ßl  xca  /lij  fif 
ro/jfGrjC  ß'/.affffifJi-Tr  nfQi  avtt^c,  tjv  fl'nw.  —  §  52  xal  nov  rovro  rjxovaac  tfiov  /.fyoiioc; 
tyw  yccQ  ovy  "U  ot^  fpikoanf7ji/^or  (ffifjC  xxK.  —  In  derselben  Weise  ist  §  51  aufzufassen,  wo 
Lykinos  sagt,  daß  die  Wahrheit  nicht  angenehm  zu  hören  sei  und  die  Lüge  weit  mehr  Beifall 
und  Ehre  tinde.  Auch  verwahrt  er  sich  §  53  ernstlich  gegen  den  Vorwurf  der  Anmaßung. 
An  einer  andern  Stelle  (§  5!))  greift  er  die  Philosophen  an,  indem  er  sagt,  daß  dieselben  sich 
ihre  Lehre,  wie  die  Weinverkäiifer  ihren  Wein,  bezahlen  ließen,  ferner  in  ähnlicher  Weise 
mischten,  betrögen  und  schlechtes  Maß  gäben.  —  Aber  trotzdem  verläugnet  Lykinos  auch  in 
diesem  Abschnitt  seinen  Hang  zur  Satire  nicht.  Gleich  zu  Anfang  desselben  §  21  bittet  er 
den  Hermotimos,  ihn  nicht  auszulachen,  wenn  er  sich  ungeschickt^)  bei  der  Untersuchung 
anstelle,  und  fügt  gleich  darauf  hinzu,  daß  so  wohl  der  Lehrer  sprechen  würde.  Neben  den 
ernsten  Antworten  finden  wir  eben  so  viele  ironische,  z.  B.  §  35  ^av/taarov  ydf)  rt  ^(itiv 
i'oixac.  —  §  3^  oQa  rofvx'v,  firj  nißc  fie  naQa'/.oyC^rj,  &)  yfvvaif,  xal  ravin  fü.or  oi'ta. 
§  42  noTfQov  tnaivfaw  a(,  oJ  'Egfj.j  r^c  avrfceoic,  ij  ^fkfic  drctCnüi  id  y'^fiol  ßoxorrra ; 
§  55  nanat,  w  'Egfi.,  wc  iaxvQa  r«iV  tlqrixac.  Ebenso  ironisch  ist  die  Bemerkung  (§  59), 
daß  Hermotimos  gewiß  nicht  zwanzig  Jahre  wie  Odysseus  umhergeirrt  wäre,  wenn  sein  Lehrer 
jeden  Tag  dasselbe  lehrte,  sowie  die  (§  (iO),  daß  Hermotimos,  wenn  er  nicht  das  ganze  Faß 
ausgetrunken  hätte,  u'/j.uic  /je^Jvoir  umhergehen  würde.  Einen  etwas  gröberen  Scherz  erlaubt 
er  sich  §  50.  Hermotimos  solle  nicht  ihn,  sondern  seine  Eltern  oder  die  Natur  tadeln,  daß 
er  nicht  wie  Tithonos  no/.vfttjc  xal  fiaxQnßmc  sei,  sondern  höchstens  hundert  Jahre  leben 
könne  Mit  Anspielung  auf  frühere  Äußerungen  des  Hermotimos  sagt  Lykinos  §  25:  f'nfl  (if, 
WC  vfjf-Tc  (fari-,  (w  rt  xal  Hdfodoc  o  ^aijioidoc)  ndrv  nö^yoi  dnoixiCTai  [sc.  ly  7foA*?J  nnd 
§  28  ^fiuc  df  ye  ntgl  to'i'  otrm  fityai.on'  nvx  oi/iai  dttv  rraQaßo/.wc  aia^^imi-Ti'  ....  trjr 
'?.7Ti'cia.  Hermotimos  muß  es  sich  gefallen  lassen,  daß  Lykinos  die  Häupter  der  Philosophen- 
schulen heraufbeschwört    und   sagen   läßt,    über   sie  abzuurteilen    komme   einem  Manne   wie 


')    §  63  UKo  <p^%moi)  itrjXaiirj,    im  iyib  iikv  irpoSxmrroi'  iu  Totg  pai^i^ßam.  irit  i}k  tüXiyuiprjUag  kauroü  Tr^XtxoÜTng  tun. 

ib.  ißoi  /j.kv,  Caanzp  xOjiußiV'TtiävTi   ij-tj  -Kpöasyt  ruy  'joiiv,   äV.'   in  hi/ish. 
2)    ä)(fjt  «>  äärjkov  5,   Tt's  ä/:ri''tTjg    iirrt  itfjoaipsaiz  iv  puofTOfla,  /tr^ihßirxv  alpsiiT>9af  i)ß/ng  yafi  ig  Tag  äXXag  tö 

•coioirtoM. 
9)    zl  -Ka^^oTMaiv  läiunixüig  ävaZrjrü)  aurö. 


—     16     — 

Hermotimos  niclit  zu  (i(ur  ööov  h'  (fi'l.oGo^Ca  xut  ot^öi-  tuvtijv  Iook  uxi>ißwc  xoraroi^aurTi  (^  30); 
auch  läßt  Lykiiios  diese  deu  Hermotimos  auslachen  (§  33)  und  sein  Verfahren  durch  Vergleich 
mit  einem  Athleten,  der  gegen  die  Luft  stößt  und  schlägt,  mit  dem  Spiel  der  Kinder,  welche 
Häuser  hauen  und  gleich  wieder  zertrüninierti,  mit  einem  Bogenschützen,  der  aus  der  Nähe 
nach  einem  Heuhündel  schießt,  ins  lächerliche  ziehen.  Vor  allem  ist  die  humoristische  Er- 
zählung von  dem  Syrakusaner  Gelon  und  seinem  Weibe  zu  erwähnen  (§  34)  mit  den  komischeu 
Schlußworten  xiu  o  'Bq/j.,  <fcthj  cer  o  ///.cermr,  ttxöroic  ccyrott  onoTu  röir  ic}.Imv  id  ornfiuTci  tartr. 
Von  humoristischen  Bemerkungen  nicht  persönlicher  Art  sind  noch  folgende  anzuführen: 
§  23  daß  man  in  der  Stadt  der  Tugend  keinen  ausschließe,  wenn  er  auch  nur  im  Unterkleide 
komme;')  §28  daß  man  den  Zufall  nicht  anklagen  dürfe,  wenn  er  nicht  gleich  das  Wahre 
treffe,  da  nicht  einmal  der  Homerische  Bogenschütze  Teukros  die  Taube  getroffen  habe; 
§  48  beim  Studium  der  Lehre  des  Pythagoras  dürfe  man  ja  nicht  die  fünf  Jahre  des  Schweigens 
vergessen.  ^)  Von  einzelnen  Ausdrücken  gehören  hierher  §  26  ^yenävtc  vntQdiutuvöfievoi.  '^ 
§    28    ßA/'    ardyxtj    tv    r<Jn    ntkäyd-     dia(ffQ€a^ai    ravziüivTa    oic    to    -xo't.v    xul    dtdtota    xut 

XUQTlßcCQOVVTtt. 

Weit  ernster  noch,  als  dieser  Abschnitt,  ist  der  Schluß  (§  63 — 86)  gehalten.  Lykinos 
verwahrt  sich  entschieden  dagegen,  daß  Hermotimos  sein  Verfahren  ein  gewaltsames  nenne.') 
Auch  will  er  nicht  den  Anschein  erwecken,  als  ob  er  ein  Vorurteil  gegen  die  Stoiker  habe  (§  85). 
Seine  Augriffe  seien  gegen  alle  Philosophen  gerichtet,  welche  sämtlich  um  des  Esels  Schatten 
kämpften  (§  71).  Viele  von  ihnen  merkten  dies,  wollten  dies  aber  aus  falscher  Scham  oder 
F'urcht,  nicht  so,  wie  früher,  geehrt  zu  werden,  nicht  eingestehen.  Wenn  aber  einer  dazu 
den  Mut  habe,  so  sei  dieser  ein  wahrer  Freund  der  Wahrheit,  ein  braver  und  gerechter  Mann, 
ja,  wenn  man  wolle,  ein  Philosoph  (§  75).  Die  Tugend  bestehe  in  gerechtem,  weisen  und 
tapfern  Handeln,  nicht  darin,  daß  man  mit  spitzfindigen  Untersuchungen  sein  Leben  hinbringe, 
wie  es  selbst  die  Ausgezeichnetsten  unter  den  Philosophen  thäten  (§  7!)).  Ernst  gemeint  sind 
ferner  folgende  Stellen: 

§  72.  Lykinos  verurteilt  die  Leute,  welche  ein  Vergnügen  darin  finden,  sich  eine 
leere  Glückseligkeit  vorzuspiegeln  und  aufgebracht  sind,  wenn  man  sie  darin  stört. 


')    otj  yaf)  iSiös,  ßT]  tri  Ttg  ihrnx^sitnj  xal  yußvbv  ^xo^ra. 

'')   xal  ß^  ßot  i$aipet  xal  rä  Ksyre  Sttj  ixslva  rä  r^g  miuTz^g. 

•')  Elienso  ironisch  Demosth.  \XV.  I.  rä  ßkv  äkka  xaM'w;  ivjrm  rjyoüßriv  Xiyeo.  e>  rU  nOaiy.'LA-n  ,,,,>'„> 
ImepSimstvAßsvov. 

')  §  iS'ii  ßiaiov  iii  Xsymv  ißi,  rhahiov  iioxstq  ßOt  xarä  tiiv  notrjTrjV  alridair^at  [so  Jacobitz  für  ahiäiT^t 
mit  Anspielung  auf  II.  XIII.  775,  "Exrop,  hzsc  rot  Soßog  ä^akiov  ahiadai^at,  cf.  _  Fritzsche  ad.  h.  !.] 
atnöv ....  ?<rr'  &v  ßij  irspöq  oou  Xöyog  <Tußßa;(^<Ta{  ä^ihjTat  t^j  ßcag  ^chj  dyößtvof.  Fritzsche  hält  aMv 
für  oorrupt  und  nimmt  vor  demselben  eine' Lücke  aH,  die  er  folgendermaßen  ausfüllt:  äiov  ßijdiva  äXlov 
ahiäa^at  ^  rteainö)'.  Itrr  (tu  ßij  xrX.  Er  fügt  erklärend  hinzu,  daß  Lykinos  sage,  die  Richtigkeit  seiner 
Beweisfidn'ung,  gegen  welche  Hermotimos  nichts  Stichhaltiges  vorbTingen  könne,  zwinge  .<liesen  ge- 
waltsam, beizustimmen.  —  Daß  dies  die  richtige  Erkläi-ung  ist,  beweisen  die  unmittelbar  darauf 
folgenden  Worte  Wou  yi  toi  xal  rdde  -KoXXiji  ßiatötepa  ^hj  iv  aot  (5  köyog.  Diese  Worte  verlangen 
aber  auch  eine  vorherige  Erwähnung  der  gewaltsamen  Ueberzeugungskraft  de«  ioyos.  Daher  ergänze 
ich  dem  Sinuc  noch  die  Lücke:  diov  t«v  Xoyov  ahtäari^ai,  pöMov  dk  asaurüy,  iar    3^  pTj  xtL 


—     17     — 

§  73.  Lykinos  gesteht  Dichtern  und  Malern  die  Freiheit  zu,  wie  die  Träume 
Phantasiegebilde  wie  die  Chimaira  zu  schaffen,  tadelt  aber  das  Volk,  daß  es  an  solche 
Dinge  glaube. 

§  80.  Der  Jähzorn,  die  Streitsucht  und  Vergnügungssucht  des  Lehrers  werden  noch 
einmal  getadelt.  —  —  — 

Aber  der  Humor  verläßt  den  Lykinos  auch  hier  nicht.  Die  Unterredung  des  braven 
Onkels  mit  dem  Lehrer  seines  Neffen, ')  einem  berühmten  Philosophen,  der  unwillig  ist,  das 
ausbedungene  Honorar  nicht  rechtzeitig  erhalten  zu  haben,  ist  namentlich  am  Schluß  durchaus 
humoristisch  gehalten,  z.B.  §81  IrCort  öf  xal  xfquTa  ^/jTv  o  ysrraToc  dvuifvai.  Ironisch  sind 
die  Worte  w  davf^tccßis  (§  04).  oxrdi  yuQ  aoi  firretr,  ort  oi^de  lorto  noo  Ixuvov  (§  65).  xaCtoi 
.loCa  akXa  nufjttdov  ixun'  aoi  (§  67).  ov  ixwv  naqrjxa,  dsdiooc  fiij  Cr  dyavaxtriaric  (§  68). 
Ironisch  ist  ferner  das  Spielen  mit  Hermotimos  §  69.  Nachdem  Lykinos  ihm  mit  feierlichen 
Worten  versichert  hat,  daß  er  dann,  wenn  er  einen  Lehrer  gefunden  habe,  der  ihn  geschickt 
mache,  zu  unterscheiden  und  zu  urteilen,  die  Fähigkeit  erlangen  werde,  zu  philosophieren, 
sowie  zu  der  sehnlichst  gewünschten  Glückseligkeit  gelangen  und  alles  Gute  vereint  besitzen 
werde,  fahrt  er  gleich  darauf  fort:  xal  firj}'  ovöfno)  %äqiv  uv  [loi  tidsfijc  tixorwc'  otöiv  yccQ 
(Toi  r'f^j'pijxwc  idtiSce,  uK  tyyvxfQw  (Jf  not^aon'  t^c  IXnCdoc. 

So  tritt  uns  Lykinos  von  Anfang  bis  zu  Ende  als  Satiriker  und  feiner  Spötter  ent- 
gegen, der  jedoch  im  Stande  ist,  einen  ernsten  Ton  anzuschlagen.  Mit  Recht  wird  daher 
<lieser  Dialog  allgemein  als  eine  Satire  aufgefaßt.  Gegen  diese  Auffassung  polemisiert  Schwarz,*) 
welcher  sagt,  'E^^io-iif^ioc  sei  der  methodische  Nachweis  eines  Überzeugungssatzes,  aber  keine 
Satire,  er  sei  mit  blutendem  Herzen,  nicht  mit  dem  tändelnden  Sinne  des  teilnahmlosen 
Nachbildners  der  dem  Sokrates  ehemals  eigenen  Manier  zu  disputieren  geschrieben.  Er  sei 
der  Entscheidungsbrief,  womit  sich  Lukian  bezüglich  der  spekulativen  Philosophie  von  allen 
andern  Sekten  freispreche  und  der  praktischen  Skepsis  sich  verschreibe. ')  Eine  fast  me- 
lancholische Stimmung  durchziehe  die  Schrift.  Hierin  geht  Schwarz  zu  weit.  Allerdings  liegt 
dem  Dialog  ein  ernster  Gegenstand  zu  Grunde.'')  Lukian,  welcher  sich  längere  Zeit')  mit 
philosophischen  Studien  beschäftigt  hatte  und  sich  in  der  erwarteten  Befriedigung  seines 
Wissensdranges  bitter  getäuscht  sah,  wollte  dem  Gefühle,  welches  er  darüber  empfand,  in 
diesem  Dialoge  Ausdruck  geben.  Es  ist  dies  das  Gefühl  des  Unmutes  und  Ärgers,  nicht,  wie 
Schwarz  meint,  das  Gefühl  des  Mitleids  mit  den  Philosophen,  den  Genossen  seines  Irrtums. 
Denn  in  dieser  milden  Stimmung  würde  er  die  harten  Worte  §  60  nicht  gebraucht  haben,  wo 


")  §  80—82. 

»)   1.  1.  p.  6. 

3)   ib.  p.  1. 

*)  Fritzsche,  vol.  II  pars  II  l'rolejjg.  de  Herrn.  §  1  pag.  XIII.  Nam  liio  dialogus  res  est  seria,  non 
iocusa;  in  quo  satiricus  magna  urbanitatc  disputat,  non  nieruni  (ut  alibi  solet)  agit  scurram. 

•""j  Mit  Recht  nimmt  Schwarz  1.  1.  p.  3  an,  daß  der  Ausdruck  TeTTapaxovrnür^g  it-(s36v  {di?  xaTtjy.  §  32, 
'Epii.  §  13)  nach  beiden  Seiten  hin  dehnbar  sei  und  sowohl  von  einem  Manne,  der  d^s  39.  Jahr  über- 
schritten habe,  als  auch  von  dem,  der  noch  nicht  ganz  41  Jahr  alt  sei,  gesagt  werden  könne.  Wenn 
man  nun  annehme,  daß  Lukian  bald  nach  vollendetem  39.  Jahre  die  Sophistenlaufl)ahn  verlassen  und 
am  Ende  des  40.  den  Hermotimos  geschrieben  habe,  so  habe  man  damit  die  Zeit  für  die  philosophischen 
Studien  bis  zum  Hermotimos. 


—     18     — 

die  Philosophen  mit  den  Weinverfälschern  verglichen  werden.  Ebenso  würde  er  in  diesem  Falle 
§80  die  entrüstete  Frage,  ob  Hermotimos  wohl  so  jähzornig,  streitsüchtig  und  vergnügungs- 
süchtig wie  sein  Lehrer  sein  möchte,  unterdrückt  haben.  Auch  die  schonungslose  Art,  in 
welcher  der  Lebenswandel  des  Lehrers  aufgedeckt  wird  (§  8 — 12),  verträgt  sich  nicht  mit 
dieser  Stimmung,  was  Schwarz  selbst  zugiebt,  indem  er  diese  Stelle  satirisch  nennt,  allerdings 
mit  dem  beschränkenden  Zusätze,  daß  nur  dieser  kleine  Teil  so  aufzufassen  sei.') 

Diesem  Gefühl  des  Unmutes  über  das  erfolglose  Streben  Ausdruck  zu  geben,  war 
die  Satire  die  geeignete  Form.  Bei  seinen  Studien  der  Platonischen  Schriften  hatte  Lukian 
sich  durch  die  Sokratische  Ironie  besonders  angezogen  gefühlt,  die  eine  verwandte  Ader  in 
ihm  angeschlagen  hatte.  So  ist  es  erklärlich,  wenn  er  bei  einem  die  Philosophie  betreffenden 
Gegenstände  einen  Versuch  machte,  in  ähnlicher  Weise  zu  disputieren. '')  Auf  die  Form  hat 
er  nicht  geringeres  Gewicht  gelegt,  als  auf  die  methodische  Beweisführung  des  Inhalts.  Er 
wollte  einen  ernsten  Gegenstand  in  ein  satirisches  Gewand  kleiden,  wobei  die  Schrift  doch 
immer,   „ein  Werk  der  Überzeugung"  genannt  werden  darf. 

Daß  die  Wirkung  der  Satire  eine  weit  kräftigere  und  anhaltendere  wird,  wenn  die 
Angriffe  sich  gegen  bestimmte  Personen  richten  und  es  dem  Leser  überlassen  bleibt,  ver- 
allgemeinernde Schlüsse  zu  ziehen,  hegt  auf  der  Hand.  Ich  schliesse  mich  dem  Urteil  Rankes 
an,  welcher  sagt,  daß  Lukian  dies  mit  der  alten  Komödie  gemein  habe,  daß  er  Jeden,  den 
er  verspotte,  entweder  mit  Namen  nenne  oder  so  beschreibe,  daß  er  seinen  Zeitgenossen 
kenntlich  gewesen  sei.  Dies  gelte  auch  von  den  im  Hermotimos  angegriffenen  Personen.  '> 
In  Bezug  auf  Hermotimos  stimmt  Schwarz  ihm  bei,*)  während  er  in  dem  Lehrer  den  Typus 
aller  damaligen  stoischen  Meister  sieht.  Letzteres  nimmt  auch  Wichmanu*)  an,  der  noch 
weiter  geht  und  auch  im  Hermotimos  keine  bestimmte  Person,  sondern  den  Typus  dei'jenigen 
sieht,  welche,  mit  Glücksgütern  ausgestattet,  einen  damals  hochangesehenen  Sport  trieben, 
dessen  Wert  und  Gehalt  sie  nicht  prüften,  dessen  Pflege  ihnen  aber  ebenso  notwendig  er- 
schienen sei,  wie  das  liebe  Brot.  Gegen  Wichmauns  Annahme  läßt  sich  dasselbe  wiederholen, 
was  Schwarz')  gegen  Remacly  anführt,  daß  dann  kein  Grund  zu  finden  sei,  weshalb  Lukian 
sich  den  Hermotimos  als  Sechziger  denke.  Mochte  es  auch  wiederholt  vorkommen,  daß  unter 
den  Schülern  eines  berühmten  Philosophen  sich  Sechziger  befanden,  'J  ja  selbst  noch  Achtzig- 


')  Auch  pag.  8  heisst  es  bei  Schwarz  in  der  Disposition  des  Uialogs:  Lukian  wird  in  seiner  Ironie 
satirischer,  in  seinem  Unmut  offener. 

■•')  Fritzsche  I.  1.  Tum  in  via  disserendi  Platonem  suuni  optime  imitari  potest  videri  et  magis  etiara 
Socratem,  qui  philosophus  ad  coarguondum  erat  captiosissimus.  Gegen  die  Annalime  Fritzsches,  daß 
dieser  Dialog  eine  Nacliahmung  einer  Satire  des  Monippos  von  Gad^ira  sei,  wendet  Schwarz  p.  27  mit 
Recht  ein,  daß,  wenngleich  Lukian  auch  einzelne  Argumente,  ja  selbst  einzelne  Vergleiche  und  Aus- 
drixcke  den  Skeptikern  entlehnt  habe,  daraus  nicht  zu  folgern  sei,  daß  er  alles  einem  bestimmten 
Werke  entnommen  habe. 

»)   1.  1.  p.  28. 

*)  1.  1.  p.  10—14. 

»)   Jahresber.  d.  Berl.  Philol.  Vereins  1884,  p.  161. 

«)   1.  1.  p.  10. 

')   z.  B.  Gukrates  im  0tXo</)sui^s  §  5. 


—     19     — 

jährige ')  philosophierten,  im  ganzen  wird  der  Kreis  doch  zu  klein  gewesen  sein,  als  daß  einer 
derselben  als  Typus  der  ihrem  Lehrer  leidenschaftlich  anhängenden  Schüler  hätte  aufgestellt 
werden  können.  Ferner  ist  die  Bemerkung  Lukians,  daß  er  bereits  vor  ungefähr  zwanzig 
Jahren  Hermotimos  sich  habe  in  ähnlicher  Weise  abquälen  sehen,  von  dem  Zusatz  begleitet 
.<*  yaQ  Ti  /j/^fjyij/jai,  wodurch  Lukian  die  Kichtigkeit  und  Genauigkeit  seiner  Angabe  besonders 
betont.  Wir  müssen  dieselbe  deshalb  auf  einen  speziellen  Fall  anwenden  imd  die  Worte  an 
eine  bestimmte  Person  gerichtet  denken.  Auch  ist  kein  Grund  vorhanden,  mit  Schwarz  die 
folgenden  Worte  vnofiv^fiaTa  xüiv  avvovaioiv  anoyQuff^öfitvov,  oixQor  del  vtto  (fQovtCöwv  xal 
xo  ffWjU«  xaTtaxktjxoia  als  poetische  Zuthaten  zu  betrachten. '')  In  derselben  Absicht  fügt 
Lukian  §  50,  nachdem  er  den  Namen  des  Vaters  des  Hermotimos  Menekrates  genannt  hat, 
'  ausdrücklich  hinzu,  daß  er  den  Namen  der  Mutter  desselben  nicht  wisse.  Dadurch  weist  er 
auf  den  Menekrates  als  auf  eine  bestimmte  Person  hin.  Mit  diesen  Andeutungen  wird  sich 
Lukian  begnügt  haben.  Neben  der  genauen  Beschreibung  der  Person  auch  noch  den  wirk- 
lichen Namen  derselben  anzuführen,  wäre  zwecklos  und  wenig  zart  gewesen.  Ich  halte  daher 
mit  Schwarz  den  Namen  Hermotimos  für  fingiert,  ebenso  den  Namen  Menekrates.  Doch  wird 
die  Veränderung  eine  solche  gewesen  sein,  daß  für  die  Zeitgenossen  in  der  verwandelten  Form 
der  wirkliche  Name  noch  kenntlich  war.  Auf  die  Umwandlung  des  Namens  spielt  vielleicht 
Lukian  §  13  an  in  den  Worten  trye,  w  'EQfi.,  j'j/  tot'  '^Eq/j^v  uvröv,  ov  Inuivvfjoc  mr  tii;';^«)'*«?. ') 
Auch  unter  dem  öiöocaxa'/.oc  wird  eine  bestimmte  Person  und  nicht  der  Typus  aller  damaligen 
stoischen  Meister  zu  verstehen  sein.  Wäre  das  letztere  der  Fall,  so  hätte  Lukian  nicht  eine 
so  spezielle  Thatsache  erzählen  dürfen  wie  §  9*)  mit  dem  Zusätze,  daß  er  Augenzeuge  gewesen 
sei  Cdvafjj'ijG^tlc  u  nQüirp'  sldov  rcoiovria)  und  das  Benehmen  des  Lehrers  beim  Gastmahl 
des  Eukrates, ')  wo  er  dem  Peripatetiker  Euthydemos  mit  dem  Becher  ein  Loch  in  den  Kopf 
wirft,  nicht  so  ins  einzelne  beschreiben  dürfen.  Allgemeine  Bemerkungen  wie  §  80 "J  vnirden  dann 
weit  passender  gewesen  sein.  Wenn  ferner  der  öidacrxaloc  so  allgemein  aufzufassen  ist,  warum 
finden  wir  nicht  §  80,  wo  seiner  erwähnt  wird,  die  gleich  darauf  folgende  Geschichte  von  der 
Beschwerde  des  Onkels  und  der  charakteristischen  Antwort  des  Lehrers ,  des  berühmten 
Philosophen,  auch  von  ihm  erzählt?')  Wozu  braucht  es  da  der  Erwähnung  eines  andern 
di'ÖQoc  TTctvv  ytytjQaxoToc,  oi  näfjjio'/j.oi,  jwv  vfon'  tnl  aotpCu  nXrjaidCovaty?  Mit  Recht 
schließt  daher  Solanus  aus  dem  Verschweigen  des  Namens,  daß  Lukian  auf  bestimmte 
Personen  anspiele.  Während  er  jedoch  ad  'Eq/h.  §11,  allerdings  nicht  ohne  leisen 
Zweifel,  die  Vermutung  ausspricht,  daß  unter  dem  diddaxakoc  der  ^^l'Uxx^.  §  11  ebenfalls  bei 
einem    Gastmahl   des  Eukrates    erwähnte    Stoiker  Thesmopolis   zu  verstehen   sei,    erklärt   er 


>)  'Epii&T.  §  48. 
!>)  1.  1.  p.  13. 

3)   So  stellt  Kritzsclie  die  Worte  um.     In  den  codd.  steht  Z  'Ep/x.  hinter  'Epßfjv. 

*)   Dort  schleppt  der   Lehrer   seinen   Schüler  Dion ,    weil   er  ihm   das  Honorar  nicht   rechtzeitig  gezahlt 
hatte,  vor  Gericht  xs/^ttJeis  ys  aliztp  ^^ot/iärtof  nsfii  tov  Tpaj(yjX6v. 

^)   §  12- 

*)    sl  hHXoiq  äf  M^io  rü>v  X6ywv  rä  äXXa  iotxeuat  rtu  ötdaaxdXm,  oSrw  /liv  d/iyiXoq  xrX. 

')    Solanus    nimmt   dies    auffallcnderweise   an.     Aber   dann   hätte  statt  tivä?   abroü   stehen  müssen,   da  des 
dtädaxaXoq  kurz  vorher  erwähnt  wird. 


—     20     — 

ad  ^vfJTT.  §  ()  weit  zuversichtlicher  und  mit  größerem  Recht  den  dort  erwähnten  Stoiker 
Zenothemis  für  die  im  'Eqij.  angegriffene  Persönlichkeit.  Denn  die  Worte,  mit  welchen 
2v(j7i.  §  32  der  Peripatetiker  Kleodemos  den  Zenothemis  verhöhnt, ')  stimmen  so  auffallend 
mit  dem  überein,  was  Lykinos  'E()fi.  §§  9  und  10  vom  di()ccoi<u/.oc  berichtet,  daß,  so  wenig 
auch  sonst  auf  die  historische  Wahrheit  der  gegenseitigen  Anschuldigungen  der  Philosophen 
zu  geben  ist,  diese  Übereinstimmung  nicht  zufällig  sein  kann.  Auch  heißt  Zenothemis 
2vfin.  §  0  o  nQtaßvTijg,  auf  welchen  Beinamen  Lykinos  'Hq/j.  §  9  mit  den  Worten  xat  yfqon' 
^ö^  ig  %o  vßtutov  anspielt. ''')  Der  zweite  stoische  Meister  §  80  wird  durch  den  Zusatz  uvöqoc 
navv  yeyTjQaxotoc,  w  nafinoXXoi  twv  rfo)v  hil  aotfia  nXiiatü^ovGiv  den  Zeitgenossen  wohl 
kenntlich  geworden  sein. 

Auch  unter  Eukrates  rw  ndvv  und  dem  Peripatetiker  Euthydemos  (§11)  haben 
wir  uns  bestimmte  Personen  zu  denken,  dei-en  Namen  Lukian  verändert  haben  wird,  doch  so, 
daß  der  wahre  Name  für  die  Zeitgenossen  daraus  zu  schließen  war.  'j  Unter  Euthydemos 
ist  vielleicht  der  von  Galen  als  Zeitgenosse  des  Lukian  augeführte  Peripatetiker  Eudemos 
zu  verstehen  (cf.  Fritzsche  ad  2:'v(in.  §  ß).  Ebenso  wird  der  Mitschüler  des  Hermotimos 
aus  Heraklea  nicht  Ji'wr  geheißen  haben.  Die  Persönlichkeit  desselben  war  durch  <lie  Worte 
ToV  ^fvov  .  .  .  tov  Hgaxlton-ijv,  og  Ix  no'kXov  avvt(fi/.oaü(fsi  uvtm  ficcittjirjg  o>y,  vor  iar- 
i^öv,  tov  iQiGTtxoi'  für  die.  Zeitgenossen  zur  Genüge  gekennzeichnet.  Rücksicht  auf  den 
diddaxaXog,  dessen  Namen  er  verschweigt,  l)ewog  Lukian,  auch  auf  die  zweite  Haujitperson 
in  der  Erzählung  nur  hinzudeuten,  und  so  wählte  er  den  gewöhnlichen,  oft  in  den  Schriften 
der  Philosophen  angewandten  Namen  Dion.  ■"/  Wenn  wir  dagegen  den  Namen  des  armen 
Nachbarn  Echekrates  zweimal  kurz  nacheinander  erwähnt  finden,  so  haben  wir  darin  wohl 
kein  Pseudonym,  sondern  den  wahren  Namen  des  Mannes  zu  sehen.  Für  eine  so  unbedeu- 
tende Nebenperson  einen  Namen  zu  fingieren,  hatte  keinen  Zweck,  wogegen  die  Anführung 
des  wahren  Namens  als  Beweis  für  die  Richtigkeit  des  Erzählten  dienen  konnte  und  den 
Zeitgenossen  Schlüsse  zu  machen  gestattete,  welche  Persönlichkeiten  unter  den  Hauptträgern 
der  Handlung  zu  verstehen  seien. 

Es  bleibt  jetzt  nur  noch  die  Frage  zu  beantworten  übrig,  weshalb  Lukian  in  diesem 
Dialoge  unter  dem  Pseudonym  Lykinos  auftritt.  Er  that  es,  weil  sein  Taktgefühl  es  nicht 
zuließ,  in  einer  so  subjektiv  gefärbten  Schrift  auch  noch  seine  Persönlichkeit  dem  Leser  auf- 
zudrängen. Dieser  mußte  über  die  Stimmung  und  Absicht  des  Schriftstellers  dem  Scheine 
nach  durch  eine  dritte  Person  belehrt  werden.  So  ist  Lykinos  der  Protagonist  des  Lukian. 
Sodann  zwang  ihn  die  Rücksicht  auf  die  angegriffenen  Personen,  so  zu  verfahren,  nicht  allein 
Furcht  vor  Ungelegenheiten  An  Angiiffen  gegen  ihn  wird  es  auch  so  nicht  gefehlt  haben, 
und  wird  er  den  betreffenden  Personen  gegenüber  seine  persönhche  Verantwortlichkeit  nicht 


•)  obik  Toü  feVou  xai  /jioi^ijro»  Xaßüiv  rohtfiMinv  Ttapaxara^'^xai,  hzetra  w/iona  xarä  r^j  [loXcdios  /lij  eUr^fcfat, 
oM    hzi  T£TTaf>m  Sfia^imit  ßaveiZw  ottSk  '^TX*"  ''""^  ß^'^^/Tfis,  ijv  /ii)  xarä  xat/niv  dxoiiüim  Tolig  /ua/toüf. 

*)  üu/nc.  §  11  nennt  Kleodomos  dun  Zenothemis  einfach ,  um  ilin  seinem  Nachbarn  zu  bezeichnen,  rm 
yipovra. 

*)   Uehcr  Kiikrutes  s.  oben  S.  18  Anm.  7. 

•)   i'ritzsche  ad.  'fyß-  §  *••  pro  quolibet  nomine,    ut  saepe  apud  Sextum  Erapiricum  aliosqne  philosophos. 


—     21     — 

abgelelmt  liabni.  Dem  f:;rörieieii  Publikum  dagegen  wollte  er  als  eine  andere  Persönlichkeit 
erscheinen.  Auf  Vorwürfe  und  Bemerkungen,  wie  rücksichtslos  es  sei,  andere  Leute  in  dieser 
Weise  zu  verspotten  und  anzugreifen,  konnte  er  entgegnen:  das  that  nicht  Lukianos, 
sondern  Lykinos. 

Der  Dialog  wurde  verfasst,  als  Lukian  rtTruQaxorrovitjC  a'/i-änr  war;  demnach  fällt 
die  Abfassung  in  das  Jahr  IfiO  oder  nach  Schwarz   lfiO/161. 

2 .      2!vfin6aiov    »'"    yfmri&ai. 

In  diesem  Dialog  beschreibt  Lukian  das  Hochzeitsmahl,  welches  der  reiche,  fein- 
gebildete Aristainetos  ')  zur  Feier  der  V^ermählung  seiner  Tochter  Kleanthis  mit  Chaireas,  dem 
Sohne  des  reichen  Wucherers  Eukritos  veranstaltet  hat.  Zu  diesem  Festmahl  sind  außei: 
den  Verwandten  und  Freunden  des  Hauses,  zu  denen  Lykinos  gehört,  die  berühmtesten 
Philosophen,  die  Häupter  der  verschiedenen  Sekten  eingeladen,^)  die  Stoiker  Zenothemis, 
o  nQf-ßßtnijc  genannt,  und  Diphilos  mit  dem  Beinamen  o  '/.ußr(jivüoc,  der  Peripatetiker 
Kleodemos,  welchen  seine  Schüler  wegen  seiner  Redegewandtheit  und  seines  Geschickes,  den 
Gegner  zu  widerlegen,  „Schwert'-  und  ..Messer'-  nannten,'*)  der  Epikureer  Hernien,  ein  Mann 
aus  einem  der  vornehmsten  Geschlechter,  Priester  der  Dioskuren,  *)  vor  allen  der  Platoniker 
Jon,  eine  ehrwürdige  Erscheinung  von  fast  göttlichem  Aussehen^  der  wegen  seines  Scharf- 
sinnes und  seiner  richtigen  Einsicht  von  vielen  „Muster"  (xuronO  genannt  wurde.  Ausserdem 
waren  unter  den  eingeladenen  Gelehrten  der  Rhetor  Dionysodoros  und  der  Gram.matiker 
Histiaios.  Der  Arzt  Dionikos,  durch  einen  Kraukenbesuch  verhindert,  dem  Gastmahl  von 
Anfang  an  beizuwohnen,  erscheint  erst  später. 

Das  Gastmahl,  bei  welchem  auch  die  Frauen  des  Haui^es  zugegen  sind,  nimmt  nach 
einem  Streit  um  den  Ehrenplatz  zwischen  dem  Stoiker  Zenothemis  und  dem  Epikureer 
Hermon,  der  durch  das  Nachgeben  des  Epikureers  beigelegt  wird,  anfangs  einen  ruhigen 
Verlauf.  Nur  machen  sich  Kleodemos  und  Hermon  leise  über  die  Gefräßigkeit  des 
Zenothemis  lustig  und  stoüen  auch  Lykinos  deshalb  an,  der  dies  aber  schon  längst  bemerkt 
hat.  Da  stürmt  uneingeladeu  der  Kyniker  Alkidamas  herein,  der  größte  Schreier  unter  allen 
Kynikern,  weshalb  er  für  bedeutender  gehalten  und  am  meisten  gefürchtet  wurde.  Ohne 
sich  um  die  spöttischen  Bemerkungen  der  Gäste  zu  kümmern,  bleibt  er  da,  verschmäht  einen 
Sessel,  da  ihm  die  Erde  genüge,  spottet  über  das  goldene  Geschirr,  wandelt  im  Saale  umher, 
ißt  und  trinkt  im  Übermaß.  Infolge  dessen  wird  er  immer  streitsüchtiger  und  roher; 
schließlich  ringt  er  mit  einem  zwerghaften  Possenreißer,  von  dem  er  besiegt  wird.  Da  er- 
scheint der  Arzt  Dionikos  und  erzählt,  welche  Gefahr  er  soeben  bei  einem  verrückten  Kranken 
ausgestanden  habe.  Gleich  darauf  passiert  dem  Kleodemos  eine  fatale  Geschichte  mit  einem 
schönen  Sklaven,  welchem  er  zwei  Drachmen  in  die  Hand  drückt,  die  dieser  aber  fallen 
läßt.    —    Daneben   deklamiert  Dionysodoros,    Histiaios   trägt  Stellen   aus   Dichtern   vor    und 


')    §   10   iare   fäp    ohyl  rü)'/  T:oXkü)v  rouriov  -Kkouaiiov,    ä)J.ä  y.ai  Tzaiäsing   p.iXst  atrrw,    xai  rii  Tckstarov  roü  ßiou 

TOig  roioijTOt?  aüvzarn. 
*)    §  10  ro  x£<pa.}.aiov  iS  ixdarrjg  alpiaswg. 
3)    §  6  oT<T{ta  Toti  ariuiJ.ukov,  rm  ihj-XTtxi'i^-  f«'fog  auToi'  oi  /J.w9r/rai  xai  xOTzida  xakoüati'. 


—     22     — 

Zenotliefriis  liest  aii.s  einem  mitgebrachten  Buche.  Da  wird  ein  Brief  von  dem  Stoiker 
Hetoimokles  an  den  Aristainetos  vorgelesen,  in  welchem  sich  derselbe  bitter  darüber  beklagt, 
nicht  eingeladen  zu  sein.  Dieser  Brief  ist  die  Veranlassung  zu  einem  gewaltigen  Streit,  indem 
Kleodemos  und  Hermon  die  Stoiker  verhöhnen.  Zeuothemis  antwortet  mit  Schimpfreden  und 
unerhörten  Anschuldigungen  (Hermon  habe  die  goldenen  Locken  der  Dioskuren  abgeschoren  etc.), 
die  Gegner  antworten  mit  gleich  schimpflichen  Vorwürfen,  Zeuothemis  begießt  den  Kleodemos 
mit  Wein,  dieser  faßt  den  Zeuothemis  beim  Bart:  da  gelingt  es  dem  Aristainetos,  weitei-e 
Thätlichkeiten  zu  verhindern,  indem  er  sich  zwischen  die  Streitenden  setzt.  Das  Schimpfen 
dauert  noch  eine  Weile  fort;  schließlich  unterbricht  Jon  die  Streitenden,  indem  er  sagt,  er 
wolle  einen  würdigeren  Gegenstand  zur  Sprache  bringen.  Dann  trägt  er,  ohne  auf  die  an- 
wesenden Frauen  Rücksicht  zu  nehmen,  die  Ansicht  Piatons  über  die  Ehe  vor.  Er  wird  aus- 
gelacht, und  es  beginnt  ein  neues  Geschimpf  zwischen  ihm  und  dem  Redner  Dionysodoros, 
welches  aber  unterbrochen  wird,  indem  der  Grammatiker  Histiaios  ein  Hochzeitsgedicht,  ein 
Muster  von  Geschmacklosigkeit  vorträgt.  Plötzlich  entspinnt  sich  ein  Streit  zwischen  Zeuo- 
themis und  Hermon  wegen  eines  fetten  Huhnes.  Es  kommt  zu  Thätlichkeiten,  an  denen 
Alkidamas  und  Kleodemos  sich  betheiligeu.  Alkidamas  rast  mit  seinem  Stocke  wie  ein 
Wütender.  Durch  einen  unglücklichen  Wurf  mit  einem  Becher  wird  der  Bräutigam  verwundet. 
Zeuothemis  und  lüeodemos  tragen  schwere  Wunden  davon.  Ersterem  ist  ein  Auge  ausgebohrt 
und  ein  Stück  aus  der  Nase  gebissen.     So  endet  das  Gelage  unter  Trauer  und  Wehklagen. 

Schon  aus  dieser  kurzen  Inhaltsangabe  geht  zur  Genüge  hervor,  daß  in  diesem 
Dialog  nur  eine  wirkliche  Begebenheit  behandelt  sein  kann.  Dergleichen  ehrenrührige  Dinge 
ohne  bestimmte  Grundlage  zu  erzählen,  würde  ohne  Zweck  und  ohne  Wirkung  gewesen  sein. 
Wenn  daher  Fritzsche  die  Vermuthung  ausspricht,  daß  Lukian  in  diesem  Dialog  eine  oder 
mehrere  Satiren  des  Menippos  oder  des  Kynikers  Meleager  nachgeahmt  habe,  so  kann  dies  nur 
ganz  allgemein  so  aufgefaßt  werden,  daß  Lukian  ebenso  wie  Menippos  das  Benehmen  der  Philo- 
sophen bei  den  Gastmählern  «ler  Reichen  habe  verspotten  wollen.  Für  eine  Nachahmung  im 
einzelnen,  sowie  für  einen  ähnlicheu  Inhalt  des  Ganzen  beweisen  die  von  Fritzsche  angeführten 
Stellen,  Athen.  XIV  p.  629  e  ')  und  XI  p.  502  c ")  ebensowenig  wie  Athen.  XIV  p.  064  e ,  wo 
eine  Stelle  der  Menippischen  Satire  ^^loxtaü.uoc  angeführt  wird,  in  welcher  der  Nachtisch 
ftattvij  beschrieben  wird. ')  Mit  dieser  Stelle  vergleicht  Fritzsche  §  38  unseres  Dialogs,  *) 
sagt  aber  selbst,  daß  fjanvtj  „mensa  secunda"  nicht  mit  dtlnvov  IrrtUc  „missus  ultimus" 
zu  verwechseln  ist,  so  daß  kaum  anzunehmen  ist,  daß  dem  Lukian  diese  Stelle  des  Menippos 
vorgeschwebt  hat. 


')   xaktaai   lU  Ttg   xai   äXhj  dp)rfjms  xöaßou  ixKÜpioms,   ijs  ijvtjuovsuei  Mivrnroe  i>  Kuytxog  iv  rm  ^ußnomio.   in 

iliesen  "Worten  sieht  Fritzscho  eine  Verspottung  des  HeraHleitos. 
)   xal  Mekiaypog  (T  6  Aufixog  iv  r<ü  ^up.7!0m</j  oürwai   ypüiptt  'xä^  ToaoÜTip   jrpoTTomv   aürüi  ßa/ielnv   ihs'luixe, 

Xtnpirita  ßu9ea  SwiUxa  . 
)    !>   6s  Auwung  Mi-iXTmog    iv   rm    i^iYpa<pnniv(p  Wpxsaddm   ^pfl<pet   ourios'    Kihog   rjv  izixtaßandvran    TtKÜv   xai 

/imrürjv  ixiXeuasv  slirpspetv  Aäxaivd  ztf  xat  eüMg  7;sptspspsT0  Tzspätxta   dkiya   xai  j^ijvsia   «wrrd    xai  rputftj 

TtXaxoüvTuiv. 
)    §  38   xai   üpa   shsxex6ßt<no   ijßlv   tu    ivTS/.kg  ävoßaCoßsuov  äeatvot',   ßia    üpvig   kxdarw   xai    xpsag   üög  xai 

Aufipa  ;[«(  lj(t%g  ix  ray^vou  zai  ar^aaßoOvTeg  xai  tiaa  ivrpaj-tlv. 


—     23     — 

Die  Persönlichkeiten  der  auftretenden  Philosophen  waren  durch  die  oben  in  der 
Inhaltsangabe  angeführten  Zusätze  den  Zeitgenossen  des  Lukian  zur  Genüge  kenntlich  gemacht, 
ebenso  der  Arzt  Dionikos  durch  die  Erzählung  von  dem  verrückten  Kranken.  Histiaios  wird 
als  unglücklicher  Gelegenheitsdichter,  bei  dem  häufig  Dinge  wie  die  Tniesis  Enniana')  im  ersten 
Verse  des  zu  Ehren  der  Kleanthis  gedichteten  Liedes  vorkommen  mochten,  in  weiteren  Kreisen 
bekannt  gewesen  sein,  und  nicht  anders  wird  es  sich  mit  dem  Redner  Dionysodoros,  der  sich 
mit  dem  Applaus  der  hinter  ihm  stehenden  Sklaven  begnügen  muß,  verhalten  haben.  Auch 
der  Gastgebei;.  Aristaiuetos  wird  durch  den  lobenden  Zusatz  §  10,  wo  Lukian  ihn  ans  der 
Zahl  der  gewöhnlichen  Reichen  ausscheidet,  einen  Mann  von  Bildung  nennt  und  bemerkt,  daß 
er  den  größten  Teil  seines  Lebens  im  Verkehr  mit  Gelehrten  zubringe,  bestimmter  charak- 
terisiert. Daß  Zenothemis  mit  dem  Lehrer  des  Hermotimos  (Eq/j.  §  9)  identisch  ist,  habe 
ich  oben  zu  beweisen  gesucht.  Ebenso  glaube  ich,  daß  unter  Kleodenios  derselbe  Peripatetiker 
Eudemos  zu  verstehen  ist,  welcher  im  Hermotimos  unter  dem  Pseudonym  Euthydemos  erwähnt 
wird.  Derselbe  Kleodemos,  sowie  der  Platoniker  Jon  werden  mit  unter  den  wundergläubigeu 
Philosophen  im  (l)iloiptv()i]c  §  6  genannt,  an  welcher  Stelle  das  bewundernde  Lob,  welches 
in  unserm  Dialog  dem  letzteren  gezollt  wird,  bedeutend  abgeschwächt  wird.'')  Fritzsche 
meint,  daß  auch  in  unserm  Dialog  Jon  nicht  ohne  Tadel  fortkomme,  indem  es  g  40  heiße, 
daß  er  mit  Dionysodoros  gemeinsam  einen  Diebstahl  habe  begehen  wollen,  was  um  so  auf- 
fallender sei,  als  diese  vorher  auf  einander  geschimpft  hätten.  Aber  als  Dieb  wird  Jon  doch 
nicht  geschildert.  Da  die  Unwahrheit  des  Dionysodoros  auf  der  Hand  lag,  konnte  er  mit 
einer  gewissen  väterlichen  Gutmütigkeit,  die  zu  dem  oben  beschriebenen  Wesen  wohl  paßt, 
um  weiteren  Eklat  zu  vermeiden,  auf  dessen  EntschuUligung  eingehen.  Ob  unter  Hetoimokles 
dieselbe  Persönlichkeit  zu  verstehen  ist,  wie  Timokles  im  Zn\  Tquy.,  läßt  sich  nicht  bestimmen. 
Selbst  wenn  man  in  der  Stelle  des  Scholiasten  (z.  §  31)  '()  ydg  Oliuic  .  .  .  ovx  txältat, 
oiantQ  nvdi-  o  llQiaiaCruoc  toi'  Ti/iox'/.^a  hu  ro  (hrnror  nicht  mit  Fritzsche  'Eioifiox).fa  lesen 
wollte,  würde  diese  Stelle  nur  beweisen,  daß  schon  von  den  alten  l>klärern  diese  Identität 
vermutet  ist. 

"Wie  im  Hermotimos  wird  sich  Lukian  für  die  nähere  Bezeichnung  der  Persönlich- 
keiten mit  diesen  charakteristischen  Bemerkungen  begnügt  haben.  Die  Namen  wird  er  wiederum 
so  verändert  haben,  daß  wie  in  Kleodemos  und  Euthydemos  der  wahre  Name  in  irgend  einer 
Weise  angedeutet  blieb. ') 

Diese  Begebenheit  erzählt  nun  nicht  der  Schriftsteller  dem  Leser,  sondern  Lykinos 
seinem  Freunde  Philon.  Dies  ist  derselbe,  welchen  Lykinos  auch  zu  Anfang  der  Schrift 
nälc  d.  lat.  GvyyiJ.  anredet  w  y.aU  (Di'/.wr,  gewiß,  wie  Solanus  bemerkt,  eine  bestimmte 
Persönlichkeit,    die    mit    ihrem    wahren  Namen    angeredet  wird.      Lykinos    erzählt    in    dem- 


')    §  41   ij  OiTj  ttot'  ''AjJtatV   rjy'  atvirou   iv  /j.syäpoimv.     So   hat   l'"ritzsche   die  Lesart  der   codd.   wrfr'  «/i'  ^ys 

äfiUTTfio/irou  iv  iisydjioiq  verbessert,  eine  der  vielen  conieeturae  palmares  dieses  Gelehrten. 
'^)    §  6  oTa&a  röv  hzl  rolg  TlXthiotiog  köyoig  f^aoiJ.a.ZsTi'^ai  ä^LOÜvza,  iig  pmov  axpiß&c,  xaraysi'OrjxnTa  rrjv  yudfjirjv 

TOÜ  ävdf>i>i;  xal  rotg  äXXoiq  bTtO(prjrsüaai  duväßsvov. 
3)   In    ähnlicher   Weise   verfährt    der    Sophist   Alkiphion.      Dieser   verändert   in    dem   Briefe    III,    55,    den 

Bergler    eine   sciagraphia  Lucianei  symposii  nennt,    die  Namen  'ETOtßOxXijg  (!>.  ^iptazatviTio  in  AdröxXrjTog 

'ETOtiiapimw.  od.  J.  A.  Wagner  Lipsiae  1798.   vol.  II  p.  176. 


—     24     — 

selben  Tone,  wie  in  der  Episode  über  den  cliöaaxa/.oc  im  Hermotimos,  voller  Humor,  oft  recht 
drastiscli,  ja  an  einigen  Stellen  schweift  er  etwas  über  die  Grenzen  des  Erlaubten  hinaus.*) 
Daneben  fehlt  es  nicht  au  einer  recht  ernsten  Bemerkung,  wie  es  nichts  nütze,  viel  gelernt 
zu  haben,  wenn  nicht  zugleich  der  Lebenswandel  zum  Besseren  geregelt  werde.  Mau  müsse 
fast  befürchten,  daß  die  Leute  mit  ihrer  Behauptung  Recht  hätten,  daß  das  viele  Studieren 
vom  Wege  der  Vemunft  abbringe.  Während  nämlich  nicht  einer  der  anwesenden  Philosophen 
sich  nichts  habe  zu  schulden  kommen  lassen,  hätten  die  andern  Gäste  ein  würdiges  Baiehmen 
gezeigt,  über  dieselben  gelacht  und  sich  gewundert.  Dann  wirft  Lykinos  noch  eiumal  den 
Philosophen  mit  harten  Worten  vor,  wie  ungebührlich  sie  sich  betragen  hätten.  An  dieser 
Stelle  identificiert  sich  der  Schriftsteller  mit  seinem  Protagonisten,  weshalb  auch  ausdrücklich 
Philon  noch  einmal  angeredet  wird. 

Im  übrigen  läßtLukian  den  Lykinos  wie  eine  drittePerson  handeln.  Dieser  tritt  wederum 
als  feiner  Satiriker  und  Spötter  auf,  der  sich  selbst  nicht  mit  seiner  Ironie  versclnmt.  Seine 
Freunde  legen  ihm  Eigenschaften  bei,  welche  Lukian  öffentlich  gewiß  nicht  als  die  seinigen 
anerkannt  hätte.  Der  Arzt  Dionikos  verweist  den  Charinos,  wenn  er  etwas  Näheres  über  das 
Gastmahl  erfahren  wolle,  an  den  Lykinos,  als  einen  Freund  von  Klatschgeschichten.*; 
Charinos  hat  dies  dem  Philon  erzählt,  und  dieser  kommt  zu  Lykinos.  Dieser  thut  indigniert. 
Ueber  solche  Sachen  müsse  man  einen  Schleier  ziehen.  Dabei  gedenkt  er  des  alten  Sprich- 
wortes jiiafo)  firüporit  arfinnKtr.  Philon  antwortet,  Lykinos  solle  sich  doch  nicht  so  zieren. 
Er  kenne  ihn  genau  und  wisse,  daß  er  vor  Begierde  brenne,  ihm  die  Sache  zu  erzählen. 
Wenn  er  sich  nun  so  tugendhaft  stelle,  so  werde  er  ihm  die  Malice  anthun  und  weggehen. 
Aber  er  wisse  wohl,  daß  Lykinos  dann  kommen  werde  und  bitten,  ihm  zuzuhören.  Lykinos 
will  nun  auch  erzählen,  beschwört  aber  den  Philon,  es  nicht  unter  die  Leute  zu  bringen.  Vor 
ihm  sei  er  sicher,  antwortet  Philon,  wenn  er  selbst  nur  schweigen  könne.  Nun  beginnt  die 
Erzählung. 

Eine  humoristische  Bemerkung  über  sich  selbst  macht  Lykinos  ferner  §  11.  \'on 
Jon  darauf  aufmerksam  gemacht,  wie  Zenothemis  die  Speisen  verschlinge,  bemerkt  er,  daß 
er  schon  von  selbst  denselben  wie  von  einer  Warte  beobachtet  habe. 

Wenn  Lykinos  §  !28  erzählt,  er  habe  beim  Lesen  des  Briefes  Angstschweiß  ver- 
gossen und  gewünscht,  daß  die  Erde  sich  aufthun  möchte,  so  ist  das  ebenfalls  malitiöse  Ironie. 

Ironisch  ist  auch  die  Bemerkung  am  Schluß  fjtfjctO^tixa  ^öti,  otg  ovx  uafaXf^ 
änquxTov  ovra  avrfariäaf)ai  rotovroic  ao(foTc.  In  dieser  scheint  mir  jedoch  anQuxror  nicht 
richtig.  Daß  dasselbe  nicht  in  seiner  eigentlichen  Bedeutung  dnyoc  zu  verstehen  ist,  liegt 
auf  der  Hand.  Davor  warnt  das  Beispiel  des  Histiaios  §  45,  welcher  bei  seiner  Bemühung, 
die  Kämpfenden  auseinanderzubringen,  verwundet  wurde.  Fritzsche  erklärt  an^axtot'  inertem, 
qui  nihil  profecerit  in  philosophia,  und  meint,  Lukian  habe  es  ironisch  im  Gegensatz  zu 
«To(/o?c  gebraucht  in  ähuhcher  Weise,  wie  §  35  die  idioiiai  den  noiioi  gegenübergestellt  würden. 
Aber  dann  erwartet  man  einen  erklärenden  Zusatz,  etwa  <fi),oaoff(ac.    Die  Lesart  an^ciyfiora 


>)  X.  B.  §  35. 

TOtoÜTiu)'  dÄÄ'  iv  OTzoud^  äxj>ou>ixsvov. 


—     25     — 

ferner  „als  friedlicher  Bürger"  ')  ist  neben  oi>y.  da^faUc  zumal  am  Schluß  des  Dialogs,  wo 
Lukiau  kräftige  Wendungen  liebt, ')  doch  gar  zu  matt.  Ich  vermute  daher  ußaxxqov.  „Es 
ist  nicht  sicher,  mit  solchen  Gelehrten  zusammenzuschmausen,  ohne  einen  guten  Stock  zu 
haben.''  Lukian  sagt  dies  mit  Anspielung  auf  das  wüste  Treiben  des  Alkidamas,  der  mit 
seinem  Stocke  (.ti\  ßay.trjQCa)  alle  niederhieb,  bis  derselbe  zerbrach.  —  Das  Adjektiv  ist 
gebildet  wie  arojoc  'EvdL  Jiä?..   19.   1. 

Die  Veranlassung  zu  der  Abfassung  dieses  Dialogs  war  meiner  Meinung  nach  folgende: 
In  Folge  der  Erzählung  im  Hermotimos  über  den  Sidiiffxa/.og  und  den  andern  'Egfi. 
§  81  erwähntenThilosophen  waren  dem  Lukian  gegenüber  Zweifel  an  der  Richtigkeit  seiner  Angabe 
ausgesprochen  und  ihm  Vorwürfe  gemacht  worden,  daß  er  solches  an  die  Öffentlichkeit  bringe. 
In  dieser  Zeit  machte  er  das  Gastmahl  mit.  Er  ergriff  die  Gelegenheit  einerseits,  um  durch 
genaue  Beschreibung  und  bestimmtere  Zeichnung  der  Persönlichkeiten  die  Zweifel  an  seiner 
Aufrichtigkeit  zu  heben,  andrerseits,  um  für  sich  offen  das  Recht  in  Anspruch  zu  nehmen, 
solch  schimpfliches  Benehmen  öffentlich  an  den  Pranger  zu  stellen.  Dieser  Dialog  wird 
demnach  nicht  viel  später  als  der  Hermotimos  verfaßt  sein,  vielleicht  noch  im  Jahre  161. 

3.      liXoiov    fj    Evj^ai. 

In  diesem  Dialoge  verspottet  Lukian  diejenigen,  welche  mit  ihrem  Geschick  unzu- 
frieden sind  ■  (dvaaQfdToi)  und  in  eitlen  Wünschen  und  dem  Bauen  von  Luftschlössern 
CEqii.  §  vi  xtvijv  fiay.aqtur  favToTg  ca'a7T?.dzrovTfc)  eine  Entschädigung  für  das  versagte 
Glück  suchen.  Da  er  nun  sah,  daß  die  Liebhaber  der  Philosophie')  sich  diesem  Hange  am 
eifrigsten  hingaben,  benutzte  er  diese  Gelegenheit,  um  durch  Verspottung  dieses  unnützen 
Treibens  die  Nutzlosigkeit  der  philosophischen  Studien  und  die  Philosophen  selbst  mit 
anzugreifen. 

Auch  hier  läßt  Lukian  den  Lykinos  für  sich  reden.  Dieser  ist  derselbe  Spötter 
wie  in  den  beiden  vorigen  Dialogen,  welcher  durch  ironische  Bemerkungen  voll  feinsten  Humors 
die  Erzählungen  seiner  Freunde  imterbricht,  dafür  aber  auch  von  diesen  mit  spöttischen 
Gegenbemerkungen  nicht  verschont  wird.  Aber  es  fehlt  auch  wiederum  nicht  an  Stellen,  an 
welchen  Lykinos  einen  ernsteren  Ton  anschlägt  und  ermahnende  Worte  an  seine  Freunde 
richtet,  welche  die  aufrichtige  Meinung  des  Schriftstellers  wiedergeben.*) 

Lykinos  ist  mit  seinen  Freunden  Adeimantos  und  Samippos  nach  dem  Peiraieus 
gegangen,  um  ein  ägyptisches  Schiff  von  ungeheurer  Größe  zu  besehen.  Auf  dem  Rückwege 
trifft  er  seinen  Freund  Timolaos,  einen  älteren  Mann, ')  den  er  mit  der  spöttischen  Bemerkung 
begrüßt,   daß  wohl   eher   den  Geiern   ein  Leichnam  entgehe,   als  dem  Timolaos  eine  Sehens- 


')   Demosth.  4i,  12.  ijyyjari/j.e.'Og  fJ'  fyü)  xai  ä7:pd]r/j.ovog  dvat  TtoXkou  [xyj  eüOög  irtc  zcjsa/iijv  elg  rd  äuacr^rttoi' 

■)   cf.  fin.  Eüvoüy. 

^)   Dies  geht  aus  der  Beschreibung  des  Timolaos   und   den  Schlussworten  xai  raina  ydoao^iav  iizanoüvTSi 

hervor. 
*)  §  26  u.  27.     §  40  u.  41. 
^)  fiiio^ra  §  45. 

d 


—     26     — 

Würdigkeit.  Timolaos  meint,  daß  I<ykinos  wohl  nicht  minder  neugierig  gewesen  sein  werde, 
was  dieser  zugiebt.  Sie  bemerken,  daß  Adeimantos  zurückgeblieben  ist.  Samippos  meint, 
daß  die  Schuld  daran  der  ägyptische  Jüngling  trage,  denn  Adeimantos  sei  rayrciuy.ovc  h  tu 
iQontxü.  Da  gebe  es  doch  andere,  sagt  Lykinos  ironisch,  oJc  xal  jutQctday.Qvcui  ovx  dytirfc.  — 
Timolaos  schlägt  vor,  weiterzugehen ;  Lykinos  hält  es  zwar  für  unhöflich,  ')  stimmt  aber  bei. 
Sie  unterhalten  sich  über  die  Grösse  und  Pracht  des  Schiffes  und  die  zahlreiche  Mannschaft. 
Timolaos  rühmt  namentlich  die  Geschicklichkeit  des  Steuermanns  Ileron.  Freilich  hat  die 
Mannschaft  eine  sehr  unglückliche  Fahrt  gehabt  und  ist  nur  durch  den  einen  der  Dioskuren 
gerettet  worden,  so  daß  Lykinos  die  Bemerkung  nicht  unterdrücken  kann :  ., Ein  bewunderungs- 
würdiger Steuermann,  dieser  Heron,  ein  Altersgenosse  des  Nereus,  der  sich  so  weit  vom 
Wege  verschlagen  ließ."  —  Während  sie  sich  so  mit  einander  unterhalten,  bemerken  sie 
plötzlich  den  Adeimantos,  der  ganz  vertieft  in  Gedanken  ist.  Gefragt,  worüber  er  nachsinne, 
schämt  er  sich,  es  zu  erzählen.  Mutwillig  fi-agt  Lykinos  (io,v  t(>wiix6p  xl  taiiv;  indem  er 
hinzufügt  ovdf  lovro  utivtjioic  rifitr  ß^uyoQtvßtic.  Da  erzählt  Adeimantos,  wie  er  ein  Luft- 
schloß gebaut  habe;  er  habe  sich  als  Besitzer  des  großen  Schilfes  augesehen  und  in  dem 
Gedanken  geschwelgt,  welch  herrliches  Leben  er  nun  führen  werde.  Nun  habe  Lykinos  das 
Schiit'  und  mit  diesem  seinen  Reichtum  in  den  Grund  gebohrt.  Lykinos  ist  über  diesen  See- 
raub höchst  betrübt  und  sagt,  Adeimantos  solle  ihn  nur  verklagen.  Aber  er  AvoUe  ihn  trösten. 
Er  solle  fünf  solcher  Schiffe  besitzen.  Freilich  werde  er  hochmütig  werden,  da  er  schon  als 
Besitzer  Eines  Schiffes  nicht  mehr  auf  ihren  Ruf  gehört  habe.  Adeimantos  will  nicht  ver- 
spottet werden.  Er  sagt,  sie  sollten  nur  weitergehen;  er  wolle  wieder  auf  das  Schiff. 
Lykinos  will  mit  dorthin  und  wirft  dem  Adeimantos,  da  dieser  ihn  nicht  aufnehmen  will,  vor, 
er  sei  schon  stolz  geworden  und  verachte  seine  Freunde.  Schließlich  bittet  er  ihn,  ihm  etwas 
aus  Ägypten  mitzubringen,  wo  möglich  eine  Pyramide.  Timolaos  macht  diesem  Scherz  ein 
Ende  mit  den  Worten  ttkic  natdulc,  o?  ^/vy.tit.  Er  schlägt  dann  vor,  daß  ein  Jeder  von 
ihnen,  um  die  Zeit  zu  verkürzen,  einen  Wunsch  vortragen  solle.  Daran  könne  man  sehen, 
wer  am  besten  zu  wünschen  und  den  Reichtum  am  besten  anzuwenden  verstehe.  Alle  stimmen 
bei,  Lykinos  resigniert,  um  nicht  neidisch  zu  erscheinen.  Nun  wünscht  sich  Adeimantos 
unermeßlichen  Reichtum  und  erzählt,  wie  er  dann  als  großer  Herr  leben  werde,  wie  stolz  er 
sicii  gegen  die  jetzt  so  vornehm  thuenden  Leute  wie  Kleainetos  und  Demokritos  benehmen 
werde,  wie  er  aber  seine  Freunde  nach  Gebühr  belohnen  werde,  am  wenigsten  freilich  I-ykinos 
oTi  /.äXoc  ^Gtt  y.ai  tTTtaxomni  /jov  Tijr  /-vx'i*'-  Lykinos  nimmt  nun  einen  ernsteren  Ton  an 
und  spricht  über  die  Vergänglichkeit  des  Reichtums.  '•')  Dieser  sei  ohne  Gesundheit  kein 
Glück.  Auch  drohten  dem  Reichen  Nachstellungen,  er  werde  beneidet  und  gehaßt.  Nun 
solle  Lykinos  gar  nichts  haben,  sagt  .\deimantos  beleidigt,  worauf  dieser  erwidert,  das  mache 
Adeimantos  wie  die  meisten  Reichen,  daß  er  viel  verspreche  und  wenig  halte.  —  Jetzt  ist 
Samippos  mit  dem  Wünschen  an  der  Reihe.  Dieser  wünscht,  ein  Krieger  zu  werden,  der 
anfangs  als  Räuber  lebe,  dann  infolge  seiner  Tapferkeit  zum  Anführer  einer  Schar  gewählt 
werde  und  stufenweise  au  Macht  emporsteige,  bis  er  schließlich  ein  mächtiger  König  geworden 


M  §  4  ipÖTt  fiij  cxatbv  5. 
«)  §  26  u.  27. 


—     27      — 

sei.  Als  solcher  wolle  er  Griechenland  und  Asien  erobern  und  den  König  der  Feinde  mit 
eigener  Hand  töten.  Lykinos  solle  Hauptmann  der  Reiter  werden.  Dieser  will  die  Ehre  nicht 
annehmen,  er  könne  nicht  reiten  und  würde,  wenn  man  ihn  nicht  festbinde,  vom  Pferde 
fallen.  Er  will  lieber  als  Satrap  in  Griechenland  bleiben,  da  er  furchtsam  von  Natur  sei. 
Aber  er  muß  mit.  Während  eines  Kriegsrates  sagt  Lykinos  plötzlich,  sie  sollten  sich,  da 
sie  bereits  am  frühen  Morgen  nach  dem  Peiraieus  gegangen  und  nun  schon  wieder  .30  Stadien 
marschiert  seien  und  die  Sonne  brenne,  etwas  ausruhen  und  auf  eine  umgestürzte  Säule 
setzen.  Von  Samippos  ermahnt,  daß  sie  in  der  Nähe  von  Babylon  seien ,  ruft  er  aus  ^y"* 
öf  v^ffttr  oi/Jtir  xtd  vnaQ  anoffuivsaü^ui  rrjv  yvo)firjv.  Während  der  Schlacht  ist  Lykinos 
ängstlich,  aber  er  siegt.  Samippos  tötet  den  König  der  Feinde  und  herrscht  über  Griechen 
und  Barbaren.  An  diesen  Wunsch  knüpft  Lykinos  wiederum  ernste  Worte  über  das  wenig 
beneidenswerte  Leben  eines  Königs.  ')  Dann  ermahnt  er  den  Timolaos,  besser  als  die  andern 
zu  wünschen,  da  er  ein  verständiger  ^)  Mann  sei.  Aber  Timolaos  ist  in  seinem  Wunsch  noch 
weit  maßloser.  Er  wünscht  sich  verschiedene  Einge;  einer  derselben  soll  ihm  Stärke  und 
Gesundheit  bringen  und  ihn  unverwundbar  machen,  der  zweite  soll  ihn  unsichtbar  machen,  durch 
andere  will  er  instandgesetzt  werden  zu  fliegen,  die  schwersten  Lasten  zu  heben,  die  Leute 
einzuschläfern  und  alle  Thüren  zu  öffnen;  der  letzte  soll  ihn  liebreizend  machen,  daß  Alle 
vor  Liebe  zu  ihm  vergehen.  Dabei  will  er  viele  tausende  von  Jahren  leben  und  nach  tausend 
Jahren  sich  stets  wieder  verjüngen.  —  Nun  wird  Lykinos  in  seinem  Spott  beißender.  Er 
fragt  den  Timolaos,  ob  er  einen  Mann  kenne,  welcher  ein  solches  Glück  genossen  habe,  und 
besonders  einen  solchen,  welcher,  trotzdem  er  wie  Timolaos  kahlköpfig  und  stumpfnasig  sei, 
doch  allen  liebreizend  erschienen  sei.  Auch  wundere  er  sich,  daß  Timolaos  so  viele  Ringe 
gewünscht  habe  und  nicht  Einen,  der  alle  diese  Eigenschaften  vereint  besitze.  Timolaos 
bedürfe  jetzt  nur  noch  Eines  Ringes,  nämlich  eines  solchen,  welcher  ihn  von  diesem  Stumpf- 
sinn heile.  Dann  solle  Lykinos  S  avxoffavTmr  lovc  aXloiK  zeigen,  was  man  wünschen  solle, 
erwidert  Timolaos.  Aber  da  der  Weg  zu  Ende  ist,  hält  Lykinos  dies  nicht  für  notwendig. 
Er  hält  dann  zum  Schluß  den  Freunden  das  Unsinnige  ihres  Treibens  noch  einmal  vor  und 
sagt,  daß  sie  infolge  dessen  mit  der  Wirklichkeit  unzufrieden  seien.  Ihm  genüge  es,  über 
solche  Leute  zu  lachen,  zumal  wenn  sie  sich  mit  Philosophie  beschäftigten. 

Das  Einlaufen  eines  vom  Sturm  verschlagenen  ägyptischen  Schiffes  von  seltener 
Größe  und  Pracht,  welches  die  Athener  scharenweise  nach  dem  Peiraieus  lockte,  wird  eine 
wahre  Begebenheit  gewesen  sein.  Für  die  Annahme  einer  weiteren  historischen  Grundlage 
fehlen  die  Angaben.  Dagegen  wird  aus  der  bestimmten  Ai't  und  Weise,  in  der  §  Aly  die 
Persönlichkeit  des  Timolaos  beschrieben  wird,  sowie  aus  den  ernsten  Worten,  mit  denen 
Lykinos  am  Schluss  die  Freunde  ermahnt,  zu  schließen  sein,  daß  dem  Lukian  bestimmte 
Personen  vorgeschwebt  haben,  deren  Namen  verändert  sind. 

Während  der  Jahre  162  — 165  führten  die  Römer  unter  L.  Verus  Krieg  gegen  die 
Parther.      Wenn   es   nun    §  33   heißt   «rr    öi   lotxcc^  tnl   l4Qfifv(oi'c   y.ai  I7ttQ'h<a(ovg   fläaeiv, 


')   §  40. 

ä)   §  41   ä'jijpa  a'jvsrw  xat  T.fidyitam  ■/jiT^ai'tai.  slSina. 

d* 


—     28     — 

(juxifict  tjvlu  xul  ri/r  ro^txrjr  tvaio^u,  SO  bemerkt  Fritzsche ')  mit  Recht,  daß  diese  Worte  weder 
nach  dem  Kriege,  in  welchem  die  Parther  besiegt  wurden,  noch  auch  während  des  Krieges 
geschrieben  sein  können,  da  man  dann  in  den  Worten  des  Samippos  mit  Recht  eine  Verspottung 
des  Verus  finden  könne.  Demnach  ist  mit  Fritzsche  die  Abfassung  dieses  Dialogs  in  die 
Zeit  160/161  zu  setzen. 

4.     Evvoi%og, 

Mit  übermütiger  Laune  schildert  Lykinos  seinem  Freunde  Pamphilos  einen  Prozeß, 
welchen  er  soeben  mit  angehört  hat.  Von  den  vom  Kaiser  eingerichteten  Lehrstühlen  der 
Philosophie  sei  einer  durch  den  Tod  eines  Peripatetikers  frei  geworden.  Um  diese  Stelle, 
welche  mit  10000  Drachmen  jährlich  dotiert  werde,  hätten  sich  viele  beworben.  Nun  sei  der 
Gerichtshof,  der  aus  den  ältesten,  besten  und  weisesten  Männern  gebildet  werde,  zusammen- 
getreten und  habe  geprüft,  welcher  der  Bewerber  am  würdigsten  sei,  als  Nachfolger  berufen 
zu  werden.  Da  hätten  besonders  zwei  den  Rang  einander  streitig  gemacht,  Diokles  o  nqeaßvT^c 
und  Bagoas,  welcher  bisher  für  einen  Eunuchen  gehalten  worden  sei.  An  Gelehrsamkeit, 
bemerkt  Lykinos  mit  bittrem  Spott,  sei  keiner  besser  als  der  andere  gewesen.*)  Schließlich 
sei  dem  Diokles  die  Geduld  gerissen  und  er  habe  gesagt,  ein  Eunuch,  welchem  am  frühen 
Morgen  zu  begegnen  eine  Sache  von  übler  Vorbedeutung  sei,  dürfe  überhaupt  nicht  bean- 
spruchen, für  einen  Philosophen  angesehen  zu  werden.  Ein  Philosoiih  müsse  vor  allem  einen 
tüchtigen  Bart  haben,  welcher  dem  Bagoas  gänzlich  fehle.  Bagoas  habe  darauf  geantwortet, 
daß  man  ebenso,  wie  man  früher  nichts  darin  gefunden  habe,  wenn  Frauen  wie  Aspasia, 
Diotima,  Thargelia  philosophische  Studien  getrieben  hätten,  auch  die  Eunuchen  nicht  von 
der  •  Beschäftigung  mit  der  Philosophie  ausschließen  dürfe.  Manche  Eunuchen  hätten  als 
Philosophen  großen  Ruhm  erlaugt,  wie  der  kürzlich  verstorbene  Akademiker  aus  Gallien  und 
der  Tyrann  Hermias  von  Atarneus,  welchem  Aristoteles  sogar  geopfert  habe.  Wenn  ferner 
der  Bart  den  Philosophen  mache,  dann  sei  der  Bock  der  beste  Philosoph.  Ein  Eunuch  sei 
weit  mehr,  als  die  andern,  geeignet,  diöc<axa/.oc  zu  werden,  da  er  nicht  wie  Sokrates  angeklagt 
werden  könne  uic  ur  dmifijf(qun'  id  /.itiQuxia.  Da  kommt  ein  Dritter  und  sagt.  Bagoas  sei 
gar  kein  Eunuch,  sondern  er  habe  dies,  da  er  früher  einmal  als  /.lor/Jc  ertappt  sei,  vorge- 
schützt, um  einer  Anklage  zu  entgehen.  Die  Richter  seien  ratlos  gewesen  und  hätten  die 
Sache  nach  Rom  an  die  höhere  Instanz  verwiesen. 

Die  Ausdrucksweise  des  Lykinos  ist  an  manchen  Stellen,  namentlich  am  Schlüsse, 
wo  Lukian  krasse  Wendungen  liebt,  recht  anzüglich  und  derbe.  Im  Gegensatz  dazu  finden 
wir  auch  hier  moralisierende  Bemerkungen  eingestreut,  welche  die  wahre  Meinung  des  Lukian 
wiedergeben : 

§  I.  Es  sei  lächerlich,  daß  Philosophen  mit  einander  prozessierten,  die  jede  Sache 
in  Frieden  mit  einander  ausgleichen  müßten.-'') 

')  ad  li.  1.  vol.  II  pars  II  pap.  35. 

"■')  §  4  O'j'J'  k'rspog  uWöii'  itisivtov  yj. 

ä)  TOÜTO  ....  )-tÄow>    /j;'S(f   TU  fdoaö^oui   ut-TUi   ihxdUaftat    n/M/g  äHÄrj/Loui,   äio\',   el  xai  rt  iii^a  «?)},   xax' 


—     29     — 

§  l).  Pampliilos  sagt,  weun  er  Hiclitei-  gewesen  wäre,  würdu  er  weit  mehr  Zeit  auf 
die  Untersuchung  des  Lebenswandels  der  Bewerber,  als  auf  die  der  erlangten  Kenntnisse 
verwandt  haben.  Lykinos  stimmt  ihm  I)ei  mit  den  Worten  tv  }Jytic  xu/jt  o(i6Wfj(pov  tf 
xoi'rw  i-Xtic- 

§  13.  Lykinos  bemerkt,  Diokles,  welcher  tÖ  ttjc  iioiy^tCac  fyx?.rjija  vnoy.ivn,  mache 
es  wie  alle  schlechten  Redner,  die,  um  möglichst  viele  Anklagepunkte  zu  haben,  sich  nicht 
scheuten,  Dinge  anzuführen,  die  mit  dem  früher  Gesagten  geradezu  im  Widerspruch  ständen. 

So  laut  Lykinos  auch  in  diesem  Dialoge  an  manchen  Stellen  die  wahre  Meinung 
und  Absicht  des  Schriftstellers  durchschimmern,  während  er  sich  an  andern  ungescheut  seiner 
ungebundenen  Laune  hingiebt.  Ebenso  wie  im  ^virnöatov  liegt  hier  eine  wahre  Begebenheit 
zu  Grunde,  welche  Lukian  erzählt  in  der  Absicht,  die  Philosophen  lächerlich  zu  machen. ') 
Er  hat  dieselbe  mit  poetischen  Zuthaten  eigner  Erfindung  ausgeschmückt.  Als  solche  zu 
erklären  sind  die  Worte  di'aotwviaröv  ti  dnotpairwi'  xal  drßuvTtjTor  Oiufiu  xt'j.i')  die  Forderung 
des  Ttwywv  ßaiyvc  und  das  Beispiel  des  TQciyoc  in  der  Erwiderung,  sowie  vor  allem  die  §  12 
angeführten  verschiedenen  Ansichten  der  Pdchtei".  Auch  der  Zusatz  lexQi  tov  xal  i^veiv 
uihm  xuxd  raxhu  toic  ^toTc  bei  der  Erwähnung  des  Verhältnisses  des  Aristoteles  zum  Hermias 
wird  nicht  anders  zu  beurteilen  sein.  Bagoas  wird  sich  auf  Aristoteles  und  Hermias  berufen 
haben  und  Lukian  des  komischeu  Effectes  wegen  diesen  über  den  Aristoteles  verbreiteten 
Klatsch  hinzugefügt  haben.  ^)  Da  er  diese  Geschichte  dem  Bagoas  in  den  Mund  legt  und 
überhaupt  den  ganzen  Hergang  dem  Leser  nicht  selbst,  sondern  durch  sein  alter  ego  Lykinos 
erzählt,  schützt  er  sich  vor  der  Gefahr  in  den  Verdacht  zu  kommen,  daß  er  an  solche 
Anekdoten  wie  an  historische  Thatsachen  glaube. 

Der  Name  Bagoas  ist  einfach  für  den  wahren  Namen  substituiert.  Der  philoso- 
phierende Eunuch  war  schon  an  und  für  sich  bekannt  genug.  Auf  Diokles,  welcher  S  nqicßvtriq 
heißt,  wird  mit  den  Worten  o'i<sUct  ov  )Jyw,  zov  tgiaiixor  wie  auf  eine  bekannte  Persönlichkeit 
hingewiesen.  Die  Zeitgenossen  werden  aus  dem  veränderten  Namen  leicht  den  wahren  heraus- 
gedeutet haben.  Dagegen  wird  der  Name  des  Zeugen  §  10  absichtlich  verschwiegen,^)  wodurch 
Lykinos  und  mit  ihm  Lukian  die  volle  Verantwortlichkeit  für  das  Erzählte  auf  sich  nimmt. 
Auch  der  Name  des  berühmten  Platonikers,  des  Eunuchen  aus  Gallien,  wird  nicht  genannt. 
Es  war  der  Arelate  Eavorinus,  der  Lehrer  des  Herodes  Atticus,  der  Freund  hochangesehener 
Männer,^)  welcher  zur  Zeit  des  Hadrian")  und  Antoninus  Pius')  lebte.  Schon  allein  die 
Rücksicht  auf  Herodes  Atticus  gebot,  den  Namen  des  kürzlich  Verstorbenen  bei  dieser 
Gelegenheit  nicht  zu  erwähnen. 


')  §  1- 

»)  §  16. 

ä)   Wie  sehr  dem  Aristoteles  sein  Aufenthalt  bei  lieni  Hermias    (8traliO  ed.  Meineke  XlII,  I,   57)    verübelt 

und  wie  er  verleumdet  wurde,  zeigt  Athen.  XV  p.  69(5  a. 
^)   §   10  TW  ')k  oyo;jfi  iv  ä^aveX  xst'(Tt9a>, 
'•')   z.  B.  des  Frunto.  Gellius    ed.  Hertz.  II.    XXVI.     Favorinus    jibilosuphus    cum    ad   M.  Frontonem  consu- 

larem  pedibus  aegrum  visum  iret,  voluit  nie  quociue  seuuiii  ire. 
0)   l'hilüstr.  1  8  (ed.  Kayser  II  pag.  8). 
')   .-f.  pag.  30. 


—      30     — 

Fritzsche  weist  in  der  Anmerkung  zu  dieser  Stelle  (vol.  II  pars  I  p.  244)  in  über- 
zeugender Weise  nach,  daß  Favoriuus  nicht,  wie  Suidas  angiebt,  138  v.  Chr.,  sondern  kurz 
vor  103,  vieUeicht  ICl  gestorben  ist.  Da  es  nun  §  7  heißt  o'/Jyov  nqo  ^fiaiv  n^öaxi/j^ffac,  so 
würde  sich  als  Zeit  für  die  Abfassung  dieses  Dialoges  etwa  das  Jahr  10.'),  das  erste  Jahr  nach 
Lukians  Rückkehr  nach  Athen,  ergeben.  Damit  im  Widerspruch  steht  freilich  die  Angabe 
des  Xiphilinus ') :  o  df  Mäqxoz  t).\)-v,v  }<;  zdc  l^^rjrac  xal  fivtjO-fic  I'Ömxs  (liv  rolg  \/0^ijvaioic 
tifjäc,  ldo}xf  äf  xal  näair  av%'}QM7Totc  6i,daffxdkorc  tv  tuTc  yt^fjran:  ^nl  na<T^c  /.oyo)!'  nuiöfCac 
fiißO^ov  ,'njaior  (ptQorrac.  Danach  müßte  unser  Dialog,  da  Marc  Aurel  im  Jahre  170  in  die 
Mysterien  eingeweiht  wurde,*)  lange  nach  diesem  Jahre  geschrieben  sein.  Aber  Fritzsche 
bemerkt  dagegen,  daß  es  viel  wahrscheinlicher  sei,  daß  Marcus,  der  Gönner  der  Philosophen, 
gleich  zu  Anfang  seiner  lU^gierung  solche  Lehrstühle  gegründet  habe  und  nicht  gegen  das  Knde 
derselben,  wo  sein  Wohlwollen  gegen  die  Philosophen  seiner  Zeit  nach  dem  Zeugnis  des  Galen') 
bereits  in  Geringschätzung  umgeschlagen  sei.  Ferner  habe  Herodes  Atticus,  dem  Marcus  den 
Vorsitz  des  Gerichtes,  welches  die  Philosophen  prüfen  sollte,  übertragen  habe,*)  damals  nicht 
mehr  beim  Marcus  in  Gunst  gestanden.  Somit  könne  man  selbst  gegen  die  Autorität  des 
Xiphilinus  und  Zonaras,  welch  letzterer  auch  sonst  Antoninus  Pius  und  Marc  Aurel  verwechsele, 
die  Gründung  der  mit  10,000  Drachmen  dotierten  Stellen  in  den  Anfang  der  Kegierungszeit 
Marc  Aureis  setzen. 

Auch  bei  dem  in  unserm  Dialog  erzählten  Prozeß  wird  Herodes  Atticus '')  den  Vorsitz 
geführt  haben.  Umsomehr  begreifen  wir,  weshalb  Lukian  den  Namen  seines  Freundes 
Favorinus  verschwiegen  hat. 

5.      Jiäi.e^ig    TTQÖg    Ifaiodov. 

In  diesem  Dialog  ist  der  Spott  des  Lykinos  weit  harmloser  und  gutmütiger. 

Lykinos  fragt  den  Hesiod,  warum  er,  da  er  doch  von  den  Musen  mit  dem  Lorbeer 
den  göttlichen  Gesang  zu  dem  Zwecke  empfangen  habe,  das  Vergangene  zu  erzählen  und  zu 
besingen  und  das  Zukünftige  zu  verkünden,  nur  den  einen  das  Vergangene  betreffenden  Teil 
seiner  Aufgabe  erfüllt  habe,  während  er  den  andern  Teil,  die  Voraussagung  des  Zukünftigen, 
welche  für  das  Leben  weit  nützlicher  sei  und  der  göttlichen  Gabe  weit  mehr  entspreche,  ganz 
und  gar  vernachlässigt  habe.  Dies  könne  aus  drei  Gründen  erklärt  werden.  Entweder  habe 
er  —  es  koste  ihm  Überwindung,  dies  zu  sagen*)  —  gelogen,  oder  er  behalte  diese  Gabe  aus 
Mißgunst  und  Neid  für  sich,  oder  er  habe  schon  etwas  geschrieben,  wolle  es  aber  noch  nicht 
herausgeben,  sondern  damit,   wer  weiß,  wie  lange,  warten.     Denn  das  könne  man  doch  nicht 


')  Dio  (.'assiiis  p<1.  Dindorf  LXXI  !J1. 

')   i'f.  Frib.ache  1.  1.  Dio  Cass.  ibid. 

')   Galen  ed.  Chartier  VIII  p.  848   ätsrd^st   re  ~sp\    ißo')   /.iywn  üsi,    xai9ä::ap  olaitn  xai  aii,   rüiv  /Af  larpm 

npünov   ehat,   t&v   dk   ^iloan^mv    /lövov   izezsiparo   ynp   rfir^   zoXUöv,    ob    pö^o»    jPe/.o//)i;,y«r<uv ,    liÄM  xal 

<piXovsixwv  xai  ^üoilö^wv  xdi  ^9ovsptuv  xai  xaxoijt'^iov. 
*)   Philostr.  rd.  Kayser  II  p.  73. 
')  Er    war    iiiitrofahr    101    n.   Chr.    gehören,    also     165    M  Jahr  alt,    gehörte    also    unter    die    ^nirroi    xa; 

TtpseßikaTOi  xai  anipmaroi  {E>>v.  §  2),  cf.  Fritzsche  ad  Demon.  §  1   (vol.  II  p.  I  png.   189). 
'■)   e\  xai  ztxpuv  Blztif  §  ',>. 


—     31      — 

annehmen,  daß  die  Musen  einen  Teil  ihres  Versprechens  nicht  gehalten  und  ihm  die  Gabe 
der  Weissagung  garnicht  verliehen  hätten,  zumal  dies  Versprechen  im  Gedicht  an  erster  Stelle 
gemacht  sei. ')  Hesiod  antwortet,  daß  er  sich  leicht  damit  verteidigen  könne,  daß  überhaupt 
alles  Gesungene  nicht  ein  Werk  des  Dichters  selbst,  sondern  das  der  Musen  sei.  Aber  das 
wolle  er  nicht,  da  er  auch  sonst  nicht  über  eine  Antwort  in  Verlegenheit  sei.  Man  dürfe  bei 
einem  Dichter  nicht  jede  Silbe  pedantisch  abwägen,-)  sondern  müsse  bedenken,  daß  die 
Dichter  manches  nur  des  Versmaßes  oder  des  Wohllautes  wegen  einfügten.  Ja,  manches  werde 
auch  seiner  Glätte  wegen,  er  wisse  nicht  wie,  ins  Gedicht  mit  aufgenommen.  ^)  Lykinos  nehme 
dagegen  dem  Dichter  das  Größte,  was  er  habe,  die  dichterische  Freiheit  und  Ungebundenheit,^) 
indem  er  das  Schöne  nicht  sehen  wolle,  dagegen  seine  Freude  daran  finde.  Unwesentliches 
herauszunehmen  und  zu  tadeln.  Aber  das  thue  nicht  Lykinos  allein,  sondern  mit  ihm  viele, 
die  nicht  nur  seine  Gedichte,  sondern  auch  die  des  Homer,  seines  Mitarbeiters  in  der  Kunst,-') 
in  derselben  kleinlichen  Weise  bekrittelten.  Um  sich  aber  auch  so  zu  verteidigen,  wie  es 
einer  solchen  Anschuldigung  gegenüber  am  richtigsten  sei,  fordere  er  den  Lykinos  auf,  seine 
Werke  und  Tage  zu  lesen.  Er  werde  dann  sehen,  wie  vieles  dort  in  prophetischer  Weise 
den  Landleuten  für  die  Zukunft  verkündet  sei,  indem  er  ihnen  voraussage,  welchen  Segen 
ihnen  die  Ai'beit  bringen  werde,  wenn  sie  zur  rechten  Zeit  gemacht  sei,  und  welchen  Schaden, 
wenn  dies  unterlassen  sei.  Das  sei  fürwahr  die  Antwort  eines  Hirten,  erwidert  Lykinos. 
Dann  wäre  der  Landmann  ein  weit  besserer  Wahrsager  als  der  Dichter.  Denn  dieser  wisse 
z.  B.  ganz  genau,  daß  die  Saat,  wenn  es  regne,  schön  emporsprossen  werde,  bei  großer  Dürre 
dagegen  Hungersnot  eintreten  werde.  Von  einem  Seher  erwarte  man  etwas  anderes.  Dieser 
müsse  das,  was  allen  verborgen  sei,  im  voraus  schauen  und  verkünden,  z.  B.  daß  der  Sohn 
des  Minos  im  Fasse  mit  Honig  ersticken  werde  oder  daß  Troja  nach  zehn  Jahren  werde 
erobert  werden.  Aber  es  werde  das  wohl  richtig  sein,  was  Hesiod  am  Anfang  gesagt  habe, 
daß  er  selbst  nichts  von  dem,  was  gesagt  worden  sei,  gewußt  habe,  sondern  daß  ein  göttlicher 
Anhauch  ihm  die  Verse  gemacht  habe.  Freilich  sei  dieser  nicht  ganz  zuverlässig,  indem  er 
einen  Teil  des  Versprochenen  halte,  den  andern  aber  nicht. 

Sommerbrodt '')  hält  diesen  Dialog  für  unecht,  weil  derselbe  an  schwerfälliger  Weit-  l 
schweitigkeit   leide.     Eine   gewisse  Weitschweifigkeit   findet   sich    allerdings   5?    1,    wo    Lykinos  1 
anführt,  was  Hesiod  bereits  gedichtet  habe,  und  im  ij  7,  wo  aufgezählt  wird,  was  der  Landmann  I 
alles  im  voraus  wisse.     Aber  dieselbe  ist  nicht  störend   und   nicht  derartig  übertrieben,   daß/ 
daraus  Schlüsse   für  das    Ganze   zu   ziehen   wären.     Auch  ist  der   Ton,   in   dem   der  Dialo« 
geschrieben    ist,    nicht   schwerfällig,    sondern    durchaus  humoristisch.      Folgende   Stellen   sind 
echt  lukianeisch :    §   1    ot'  (jiriöf  nagu  Movawv  romov  rv^öwtc  o/aük  nqoii}(anii,ov.  —    §  '^  *'? 
tifiiatCac     df     drtxaXfGavTo    f^v    vn6a'](^f(Siv  .  .  .    xal     tavra    nQorfQav    avTtjv    tv    tm     f'nti. 


')    Theog.  31  sqq i/sTz^coart^  'Je  ßOt  aüiiyjv    ||    ''Hot:v.>,  l^ia  y.Xtioipx  t«  ■r'iaaöij.t'jd  r^(>ö  r'iü./Ta. 

')   §  4  ij  /isTTTflrarov  änfnßoXoyo'jiis'.'O?. 

')    §  5  rä  «?£  xal  zu  'i-aoi  abro  7:o^äxtg  hta  ij>ra  O'jy.  oid'  ÜTtio?  ::fi/)eöiS'j.TO. 

*)   ib.  TT/V  kksudepirr^  xal  ii'  Tw  -ocsh  i^oualrr/. 

*)   §  5  !>iuniyyo'i. 

*)   Ausgew.  Schrift,  d.  Lukiaii.     Hfi-lin.  Wcidmaun.     .\llg.  Eiuleit.  p.  XVIII. 


—      32      — 

VTTKSyjjfifrni.  —  §7  ToTro  fih'  nvf,  o'i  ,'Jar/iaaTf  HaCodf,  xcti  rtoifinixor  fl'QTjzctC  (Tni.  ib. 
tjv  (?^  ai'y/joc  fm?.dßri  xctl  dnp^rroiffiv  at  agoroai,  ovdfßta  /itjxcy^  /'^  "''z*  ).i(iov  fnaxo/.ov- 
^t/ffat  t(ii  di'ipu.  nvrwr.  —  Mit  Recht  führen  demnach  Bekker,  welcher  so  viele  Schriften  dem 
Lukian  abspricht,  und  Dindorf  diesen  Dialog  mit  unter  den  echten  Schriften  des  Lukian  auf. 
—  Auch  Wielaiid  hat  Unrecht,  welcher  diesen  Dialog  für  ein  Fragment  erklärt.  Derselbe 
ist  ein  vollständig  abgerundetes  Ganze,  dem  auch  nicht  die  Pointe ')  am  Schlüsse  fehlt,  das 
charakteristische  Zeichen  der  Dialoge  des  Lukian.  — 

Lukian  verspottet  in  diesem  Dialog  die  übermäßigen  Bewunderer  des  Homer  und 
Hesiod,  die  in  ihrer  Ehrfurcht  vor  dem  gottbegeisterten  Dichter  auch  das  kleinste  für  l'rlf^ta 
xal  fTf/ircK  hielten  und  denen,  welche  auch  nur  das  geringste  zu  tadeln  hatten.  Splitter- 
richterei  und  Mangel  an  Verständnis  für  poetische  Freiheit  vorwarfen.  Dieser  Vorwurf  wird 
dem  Lukian,  obwohl  er  'iJ^fi.  §  72  ausdrücklich  die  poetische  Freiheit  betont,  häufig 
gemacht  sein.  Ebenso  ist  die  Spitze  gegen  diejenigen  gericlitet,  welche  in  ihrem  Wunder- 
glauben die  von  den  Dichtern  erzählten  Mythen  als  historische  Thatsachen^  hinnahmen  und 
glaubten.  Daher  gleich  am  Anfang  die  ironische  Bemerkung  xat  tj^itTc  maTfvo/jfr  orroig 
l'xnr,  während  Lukian  'Eqf,.  §  72  sagt:  [o/]  noirjTRi  xal  yQmfttg  f?.ev!/eQoi  orrft;  dra- 
n/.atTovair  ovte  yfvofieva  nomoTt  orrt  y6v/^a!}-ttt  övrctfjt-ra'  xat  ofioic  o  noXvc  /.fotc 
mattvoraiv  avrotc  xal  xijXovviai  xr).. 

Gessner  (Luc.  ed.  Eeitz  III  p.  246)  meint,  daß  für  das  Verständnis  dieses  Dialogs  eine 
Stelle  des  Tansanias  von  Wichtigkeit  sei,  nämlich  ;»,  31,  5.  ol  öt  «viol  ovroi  (die  Boeoter 
am  Helikon)  /.h'yovai.  xal  mc  f^iai'nxfjr  'Hci'oöoc  didayßirdj  naQci  \ixaQväron-  xat  ißtir  Intj 
fjat'Tixd,  onöaa  it  fn(}.f'Sä/itt/a  xal  ^fjtlc  xal  t'i^yrjfTfic  tnl  ttqaatr.  Diese  Stelle  beweist 
nur,  daß  Lukian  die  Sage  von  den  Inti  fiavTixu  noch  nicht  kannte  und  die  Botonixa  seines 
Zeitgenossen  Pausanias  zur  Zeit,  als  er  diesen  Dialog  schrieb,  nicht  gelesen  hatte.  Sonst 
würde  er  gewiß  dieses  wichtige  Verteidigungsmittel  dem  Hesiod  in  den  Mund  gelegt  und 
mit  entsprechenden  ironischen-  Bemerkungen  dai-auf  geantwortet  haben.  Da  femer  die  neun 
letzten  Bücher  des  Pausanias  zusammen  oder  nur  in  entsprechenden  kurzen  Zwischenräumen 
erschienen'  und  die  Vollendung  des  Werkes  etwa  in  das  Jahr  175  n.  Chr.  zu  setzen  ist,') 
so  ergiebt  sich  für  die  Abfassungszeit  unseres  Dialogs  nur  das  sehr  unbestimmte  Resultat, 
daß  derselbe  vor  dem  Jahre   175  n.  Chr.  geschrieben  ist. 

fi.      Kvvixoi;. 

In  diesem  Dialog  macht  Lykinos  einem  Kyniker  seine  Lebensweise  zum  Vorwurf. 
Dieselbe  unterscheide  sich  nicht  von  der  eines  Bettlers;  ')  ja  man  könne  wohl  sagen,  daß  er 
wie  ein  Tier  lebe. ')  Der  Kyniker  antwortet,  er  habe  alles,  was  er  brauche,  wie  sein  kräftiger 
Körperbau  beweise,  und  fügt  dann  eine  lange  Lobrede  auf  die  Kyniker  hinzu,  die  nicht  allein 

)   oi'iijiv    rfitint'ia    t<üv    /.iyoiiivtuv ,     riÄÄd   rij    i/izfota    fiatfji'ifini;    i>eKolst    trat    ra  ."STfia,   ou    Jtä>u    obSi    ix^i'^rj 

fiiftatog  o'iirn'  oij  yiip  ihi  ra  /tki/  izereXst  tiüv  ürsajfr^ßivutv,  Tit  <Y  nxekii  äireÄt/iiravef. 
')   Schubart.     PauBanias   und    desaon   Periejresc.     Zeitschr.  1".  Altorthuiiisw.   9.  Jalir({.  1851  No.  .38  p.  297. 
• )    §  2  ßiaipiftttq  yäp  oüdhv  trü  t<ü>  rr<»;c<üi',  oi  t^k  iifi^xtpov  Tf>oyij:>  /leTacroömv. 
*)  §  1   iiräu>9f»oKov  ßiov  xa't  OripMtj  irriXe^ä/tevog. 


--      33     — 

iu  ihrer  Bedürfnislosigkeit  den  Göttern  glichen,  sondern  auch  in  ihrem  Aeußeren.     Uies  zeigter 
'"dife  Götterbilder  in  den  Tempeln  nicht  allein  der  Griechen,  sondern  auch  der  Barbaren. 

Diesen  Dialog   erkhären   Solanus,    Bekker,    Fritzsche,   Bernays   für  unecht,    während 
Wieland,  Sommerbrodt,   Dindorf  und  Schwarz  ihn  mit  in  die  Reihe  der  echten  Schriften  des^ 
Lukiali  Uirteelimeu. 

Wenn  etwas  für  eine  Hypothese  auf  dem  Gebiet  der  Kritik  und  Exegese  des  Lukian 
spricht,  so  ist  es  die  Zustimmung  Fritzsches.  Um  so  genauer  ist  der  Grund  zu  prüfen, 
welchen  dieser  Gelehrte  für  seine  Annahme  anführt. 

Fritzsche  sagt,')  erstens  sei  die  Sprache  in  diesem  Dialog  eine  ganz  andere  wie  in 
den  übrigen,  zweitens  könne  der  Dialog  dQanftai  und  der  Kvyiy.og  nicht  denselben  Verfasser 
liaben.  Die  ÖQan.  enthielten  eine  bittere  Anklage  gegen  die  Kyniker  jener  Zeit,  der  Kvvi/.oc, 
dagegen  eine  Verteidigung  derselben.    Wielauds  Bemerkung,  daß  Lukian  den  wahren  Kynismus  inf\^         '(%. 

auch  einmal  habe  loben  können,  werde  dadurch  hinfällig,  daß  nicht  Diogenes  oder  Menippos     ,._-.  X\V  0*^  ^ 
■oder  der  Kynismus  im  allgemeinen,  sondern  nur  die  Kyniker  jener  Zeit  gelobt  würden.    Nun     '   ,      j^^v--«^      ' 
seien  aber  die  d^unfcai  entschieden  eine  Schrift  des  Lukian,  also  müsse  der  Kviixog  unecht  jJtJtAi/v^'  "^ 

sein-)  Derselbe  sei  vielleicht  das  Wei'k  eines  Zeitgenossen  des  Lukian,  welcher  sich  eben- 
falls des  Pseudonyms  Lykinos  bedient  habe,  um  unter  dieser  Maske  den  Lukian  zu  wider- 
legen; doch  könne  er  auch  viel  später,  etwa  363  zur  Zeit  des  Kaisers  Julian  geschrieben 
sein,  wo  der  Kynismus  wieder  aufgekommen  sei.  —  Bernays  nennt  diesen  Dialog  ein  Machwerk 
eines  Kynikers  der  byzantinischen  Zeit.")    - 

Darin  hat  Fritzsche  unbestritten  Recht,  daß  unter  dem  Kvrixoc  die  Kyniker  aus  der 
Zeit    des   Lukian    und    nicht   sämthche  Anhänger   des   Kynismus    zu   verstehen    sind.     Wenn 
letztere   gemeint  wären,  würde  Lukian  wie  im    Zsvg  ti.iYi6iAtvoc  und  KatünXoiK  den  Namen 
KvvCcry.oc  gebraucht  haben.*)    Dagegen  kann  ich  Fritzsches  Auffassung  von  der  Tendenz  dieses 
Dialogs  nicht  beistimmen.     Fritzsche   meint   nämlich,   daß    derselbe   eine   ernste  Verteidigung 
der  Kyniker  der  damaligen  Zeit  enthält.    Derselbe  ist  vielmehr,  v.'ie  die  übrigen  Dialoge,  als\ 
Satire    aufzufassen.     Diese    liegt,  wie    Schwarz    bemerkt,'')    „in    der   Selbstverherrlichung   des  I 
Kynikers  und  in  seiner  Hinweisung  auf  das  andere  Extrem  gegenüber  dem  von  Lukian  ange-    j 
deuteten  Mittelweg,  sowie  in  der  Selbstobjektivierung  des  Verspotteten."    Ich  gehe  noch  weiter  / 
und  glaube,  daß  unter  dem  Kvrr/.6c  eine  bestimmte  Persönlichkeit  verspottet  wird,  ein  Kyniker     ) 
der  damaligen  Zeit,  der  durch  seine  übereifrige  Verteidigung  des  Kynismus  in  weiteren  Kreisen    i 
bekannt  war.     Indem   Lukian   die  Denk-  und   Sprechweise    desselben   nachahmte,   zog   er   sie     j 
zugleich    durch   Übertreibung   ins   lächerliche.      Daraus   erklärt    sich  auch    die   eigentümliche 
Ausdrucksweise  in  diesem  Dialog.     Beispiele  dieser  Überti-eibung  sind  folgende  Stelleu : 

§11.  Um  zu  beweisen,  daß  die  Menseben  die  Dinge  nicht  zu  ihrem  wahren  Zwecke 
gebrauchten,  führt  der  Kyniker  an,  daß  sie  das  Fleisch  der  Tiere  nicht  zum  essen,  sondern, 

')  vol.  II  pars  II  j).  2.35  in  der  Einleitg.  zu  den  dpa-irai. 

*)  atiiui  Fugitivos  scripsit  Lucianus,  ergo  alius  scripsit  Cynicum. 

■*)  1.  1.  p.  105. 

■*)   Bernays  1.  1.  p.  47. 

*)  Hermot.  p.  32  Anm. 


—     34     — 

wie  bei  der  Purpurschnecke,  zum  färben  gebrauchten.  Ebensogut  könne  man  einen  Misch- 
kessel') als  Kochtopf  gebrauchen,  nur  daß  er  nicht  dazu  bestimmt  sei. 

§  1!2.  Wenn  die  Kyniker  nach  der  Meinung  des  Lykinos  wie  die  Tiere  lebten,  dann 
lebten  die  Götter  schlechter  als  die  Tiere,  da  sie  nichts  bedürften. ') 

§  13.  Der  Kyniker  fragt,  ob  Lykinos  glaube,  daü  Herakles  deshalb  durch  die  Welt 
gewandert  sei,  weil  es  ihm  an  Decken  und  Schuhen  gemangelt  habe. 

§  14.  Der  Kyniker  verteidigt  das  ax^fia  der  Kyniker,  den  Bart  und  das  lange 
Haupthaar  und  das  ärvnödijioc  that  xal  yr/jvoc  ßaditttv  damit,  daß  dies  den  Alten,  die 
weit  besser  als  seine  Zeitgenossen  gewesen  seien,  so  gefallen  habe,  die  es  ebensowenig  wie 
die  Löwen  geduldet  hätten,  geschoren  zu  wci-den.  Dann  sei  dies  ai^fiu  auch  der  Götter 
würdig,  wie  die  Standbilder  derselben  nicht  allein  bei  den  Griechen,  sondern  auch  bei  den 
Barbaren  zeigten;  denn  auch  diese  trügen  langes  Haar  und  einen  Bart  und  seien  meistenteils 
dx(t(t)vtg.^)  ■ 

§  15.     Der  Kyniker  wünscht  sich  rovi;  fjtp  nööac  on?.o)v  Inndmv  ovdiv  dta<ffQeiv. 

§  16.  fl  /jfr  dtl  ivoc  Idiov  ayijfjaroc  %olc  ayaO-oig,  tC  nqfnoi.  ur  /ja/.kop  ^  rort' 
07Tf-Q  avaididtaTov  tote  axo?.daiotc  tail  xal  ontq  nnfv'^uivi'  uv  ovcoi  ftähata  ^X*"'- 

Zu  dieser  Selbstverherrlichung  paßt  der  weitschweifige  Periodenbau,  sowie  die  häufige 
Wiederholung  eines  und  desselben  Wortes  oder  derselben  Konstruktion  unmittelbar  hinter- 
einander vortrefflich.     Solche  Wiederholungen  linden  wir  in  den  >;§  b  —  l'i  siebenmal: 

§  5.  oig  i%in'  fitv  i]ijäg  anut  Travioöand,  l'xtn'  dt  notov  /ydi',  iy,tiv  dt  xQWata, 
i'X'^iv  de  tvv^v  xt'l. 

§  8.  axonei  ydq  tov  .  .  .  xqvgov,  cxönti  xov  ctQyvgov,  axontt  rcec  taihr/iitc.  — 
ib.  nöatav  novtav,  nöawp  xivdi'von>,  [td'Ü.ov  de  ai'^aroc  xat  .  .  .  diuif^/oQcei;  df^/Qumwf  nöa^q; 

§  10.     t(  dei   Xfyetv;  %l  dt  xal    '/.(ynv  oGa  xtX. 

§  16.  ^avfiia^w  dt  aov,  nwc  noit  xtOuQMdov  /it'p  tna  fofif^nc  ßjoh]v  xal  Gxfjfia 
xal  avÄfjcov  vrj  JCu  yt  Oir^ija  xal  Gioi.^v  xal  Tgaywdov  yt  ö'XW"  ''"'  O''o7.;;>/)  ch'dQog  de 
dyaifov  ff/^jU«  xal  atoX^v  ovxfrt  vo^I'Qik. 

§  17.     ov  t^  (ialaxoTtjfi,    ov  tw   nX^^n  twv  pftTwr^ffxwi',    ov   roTg  dftfftccGfjiaair.  xi/.. 

§  18  fünfmal  nori  di. 


')  i-zi  xui  r<ü  xpazf/pt  (Jüvair'  äfi-  rtg  ßta!o;i£>os  mansp  y/'^p'J-  yi^piioanftm,  tMij  oü  n/iiis  roOro  Yeyo-^s-^. 

'^)  /.äKEtra  tl  &rjpioij  ßio-j  ßpit}(ia»/  dsöiisvn^  xai  üXiyotg  ypmrjisyoi  Soxüi  /rot  CV'  xtv^uvetjournv  oi  i?£Oe  xai  rüiv 
fhyfiimv  tX-^ai  j(tipo)>ss  xaTÖ.  ys  tov  aöv  /.öyo>. 

')  Solnnus  schlipßt  tliinius .  daß  iler  Kyniker  xopäi-j  genannt  werde,  auf  die  Uncchtheit  des  I)ialu|i^8. 
Allerdings  werden  die  Kyniker  an  andern  Stellen,  z.B.  öpa-sxat  §27  als  i"  Xf'<P  xexapuhot  geschildert; 
aber  daß  aueli  langes  Haar  für  ein  elnirakleristisches  Zeichen  der  Kyniker  galt,  geht  hervor  aus  Athen  IV 
163  d.  ö  Jti'iSuipog  ....  T:u9ayopuug  31  dö^aq  eXvat  üiiwv  rmv  xui/txiäv  rprmov  SOi),  xofjtü»  xai  (»jtz&v  xai 
äwmniJerö/i'.  Viele  werden  aucli  in  der  löwenartigen  Mähne  ihr  Meal  Herakles  zu  erreichen  sieh  lieniülit 
haben. 

*)  xai  vor  rpnyiodoi)  und  die  Worte  ys  "-/rriH't  xai  tTTtXr^-u  vor  äv'}pAg  fehlen  in  den  codd.,  sind  aber  meiner 
Meinung  nach  für  den  Sinn  der  Stelle  und  die  Gleiehniäßigkeit  der  Konstruktion  durchaus  nötig.  — 
Ebenso  glaube  ich,  daß  §  4  nach  oixia  die  Worte  toü  X''/"^)  «nsgefallen  sind  und  der  Kyniker  in 
ähnlicher  Weise  wie  gleich  darauf  rt  'U   iiT>9rjg  toü  x"f"'' •   ''."'  "'^Z'  '''^-  «"ch  hier  gefragt  hat  otov  oixia 


—     35     — 

Aber  wo  l)leil)t  der  Spötter  Lykinos?  Dieser  verstellt  sich  und  niniint  dein  ernsten 
Kyuiker  gegenüber  denselben  ernsten  Ton  und  dieselbe  eniste  Ausdrucksweise  an.  Docli  wird 
ihm  dies  recht  schwer  und  verfällt  er  stellenweise  in  den  alten,  gew<ihnteu  Ton.  Die  Worte  §  2 
ort  oi'x  irVtt'/JattQfyf  (loi,  fid  Ji'ct,  rm>  TwÜ.uiv  öianüa^'ß^ai  öoxtlc.  u'/j^  ^vdsfarfQor,  ^ici).'/,or 
öf  tf)Jo)<;  fvöto.c  y.ccl  dnoQüic'  öiccffQfic  )'c<q  ovdi-r  cSv  tüiv  mwyimr,  o'i.'  rtjy  t(fri(jitQov  TQoifr/V 
/jaruiioi~air  zeigen  durchaus  die  sonstige  Färbung  und  Klarheit;  auch  die  gewohnten  mut- 
willigen Äuüerungen  fehlen  nicht.  Ironisch  ist  §  1  der  Zusatz  aufzufassen  ov  /i/^froi  y.u)  rovio 
ItTTTov  ot'iii-  fta/.ay.or  ortU  drOijQov'  —  ferner  §  4  die  Antwort  orx  nid«  auf  die  Frage  nörtf)' 
ovv  ro)  noöi-  xuy.iov  l'yjir  i)ny.o>  (ioi ;  -  und  §  10  der  erschrockene  Ausruf  y.al  n'c  ovtoc  nach 
der  langatmigen  Anschuldigung  des  Kynikcrs.  —  Bei  dieser  Auffassung  des  Dialogs  als  Satire 
fällt  der  von  Fritzsche  angeführte  Widerspruch  mit  den  ÖQu-nfrui  fort,  wie  auch  die  Eigen- 
artigkeit des  Ausdrucks  ihre  Erklärung  findet.  Es  ist  somit  kein  Grund  vorhanden,  den 
Dialog  für  "unecht  zu  halten. 

Derselbe  ist  in  einer  Zeit  geschrieben,  in  welcher  Lukian  sich  bereits  von  der 
Deschäftigung  mit  der  Philosophie  losgesagt,  aber  doch  noch  Interesse  daran  hatte,  sich 
ausführlicher  über  das  Ungereimte  in  der  Lehre  der  einzelnen  Sekten  auszusprechen.  Er 
gehört  demnach  mit  zu  den  ersten  Dialogen  und  ist  um  dieselbe  Zeit  wie  'Ei)ij6Tipoc,  IGO  n.  Chr., 
vielleicht,  wie  Schwarz  annimmt,  noch  etwas  früher  verfalit. 

7 .      JJt  Ol    6 Q y  ri  (J e  0)  g. 

Diese  Schrift,  in  welcher  die  in  dialogischer  Form  geschriebene  Partie  nur  den 
kleinsten  Teil  ausmacht,  ist  dem  ersten  Anschein  nach  eine  Lobrede  auf  die  seit  Augustus 
blühende  Pantomimik.  Wieland  glaubt,  da(j  dieser  Panegyrikus  .  von  Lukian  ernst  gemeint 
sei.  Von  diesem  Standpunkte  ausgehend  nennt  er  die  Schrift  eins  der  schlechtesten  Produkte 
des  Lukian.  Die  Lobrede  sei  im  Geschmack  der  sophistischen  Deklamationen  der  damaligen 
Zeit  geschrieben  und  ersetze  den  Mangel  an  philosophischem  Geiste  durch  falschen  Witz  und 
Hyperbolen.  Dies  mag  auch  der  Grund  gewesen  sein,  weshalb  Bekker  die  Schrift  für 
unecht  erklärt. 

Anders  urteilt  Grysar.')  Dieser  bemerkt,  auch  Lykinos  bei  Lukian  spreche  als 
Enthusiast  seine  Apologie  der  Pantomimik;  und  wenn  auch  der  Schriftsteller  selbst  nach 
seiner  gewohnten  Weise  es  etwas  ironisch  mit  seinem  Apologetikus  nehme,  so  habe  er  doch 
ganz  im  Geist  seiner  Zeit  gesprochen,  wo  die  Zuschauer  ihr  Entzücken  auf  eine  so  aus- 
schweifende Weise  an  den  Tag  gelegt  hätten,  daß  man  sie  mit  Recht  für  Rasende  hätte 
halten  können. 

Mit  Recht  sieht  Grysar  in  der  Lobrede  eine  Satire.  Dieselbe  ist  ebenso  wie  die 
bewundernden  Bemerkungen  des  Lykinos  in  der  Unterredung  mit  Kraton  nichts  weiter  als 
Ironie,  durch  welche  die  allzu  leidenschaftlichen  Liebhaber  der  Pantomimik  verspottet 
werden.  Aber  diese  sind  nicht  allein  die  Angegriffenen.  Wenn  Wieland  sagt,  daß  diese 
Schrift    im    Geschmack   der    sophistischen   Deklamationen   geschrieben   sei    und    dies    als   ein 


')   filier  die  l'niitomiiiiik  ilci-  Itiniifi'.     Uli.  Mus.  2.  .Tiihi'g.  1834  ji.  (Ki. 


—     DG     — 

Zeichen  vdii  Schwäclie  der  Urteilskraft  anführt,  so  nennt  er  das  Schwäche,  was  bei  Lukian 
bestimmte  Absicht  war.  Lukiau  wollte  in  diesem  Ton  schreiben,  um  durch  Nachahmung  und 
absichtliche  Übei'treibuDg  die  Schriftsteller  zu  verspotten,  in  deren  Lobschriften  über  die 
Pantominiik  die  seltsamsten  Dingo  vorkamen.  Dies  geht  deutlich  aus  folgenden  beiden 
Stellen  hervor.        .  . 

§  7.  Lykinos  sagt,  daß  diejenigen,  welche -die  Untersuchung  über  die  Entstehungs- 
zeit  der  Pantominiik  am  richtigsten  anstellten,  den  Ursprung  derselben  wohl  zugleich  mit  der 
Entstehung  des  Weltalls  ansetzen  würden. 

§  33.  Mit  einer  gewissen  Würde  verwahrt  sich  Lykinos  gegen  den  Vorwurf  der 
Unwissenheit  und  Ungelehrsamkeit;  er  wolle  nicht  so  geschmacklos  sein,  wie  viele  Schrift- 
steller, die  in  ihren  Werken  über  die  Tanzkunst  die  einzelnen  Arten  derselben  durchgingen, 
die  Namen  aufzählten  und  hinzufügten,  von  wem  eiue  jede  erfunden  sei,  indem  sie  glaubten, 
dadurch  recht  gelehrt  zu  erscheinen.  In  demselben  Sinne  sagt  er  §  35,  daß  es  geschmacklos 
sei,  die  Erzählung  zu  lang  auszudehnen,  um  gleich  darauf  in  eine  solche  Geschmacklosigkeit 
zu  verfallen  und  §  37 — 60  die  Mythen  einzeln  aufzuzählen,  die  der  Pantomime  kennen  müsse, 
bis  ihm  schließlich  der  Athem  ausgeht  und  er  sagt  (§  60)  am'/.övrt  df  tfntJr,  oi'äii'  imv 
vno  Tov  O/jijQov  xai  Hffiodov  xai  tmv  uqCcrwv  noir^TMi'  xal  [lühcra  rijc  TQuymdfac 
).hyoii(vitiv  uyi'orjoei. 

Der  satirische  Charakter  dieser  Lobrede  läßt  sicli  besonders  aus  folgenden  Stellen 
ei-kennen. 

§  8.  Rhea  hat  von  der  Einsetzung  der  Karoten  großen  Nutzen  gehabt;  diese  hätten 
durch  ihr  Tanzen  den  Zeus  gerettet,  so  daß  dieser  selbst  wohl  eingestehen  würde,';  denselben 
den  Ilettungslohn  schuldig  zu  sein,  da  er  nur  durch  ihr  Tanzen  den  Zähnen  seines  Vaters 
enti'onnen  sei. 

§  10.  Die  Tanzkunst  des  Neoptolemos  habe  Ilion,  welches  so  lange  uneinnehmbar 
gewesen  sei,  eingenommen  und  zerstört.  "0  ' 

§  10.  In  rationalistischer  Weise  wird  der  Mythus  von  Proteus  erklärt.  Dieser  sei 
nichts  weiter  als  ein  gewandter  Tänzer  gewesen,  der  ein  außergewöhnliclves  Nachahmungs- 
talent besessen  habe,  so  daß  er  durch  die  Schnelligkeit  seiner  Bewegung  auch  das  Fließen 
des  Wassers  und  das  Auflodern  des  Feuers  habe  nachahmen  köunen.^) 

§  23.  Es  sei  Frevel  gegen  die  Götter  CdvoGior),  gegen  solch  göttliche  und  mystische 
Beschäftigung  etwas  zu  sagen,  die  von  so  vielen  Göttern  getrieben  werde,  die  man  ferner 
ausübe,  um  die  Götter  zu  ehren.     Sie  ergötze  nicht  allein,  sondern  sei  auch  nützlich. 

§  24.  Hesiod  preise  als  höchstes  Lob  der  Musen  ihren  Tanz  o»'  tt«^'  a/./.ov  axovaac, 
u/,/.    id(ih>  avxoc  xtX. 


')   wäre   xai   awtnpa    sh.6rcu>i    äv   ö   Zsug   (Weustv    änoMYoltj    aörocg    ixfuyiiiv   Uta   Tr/>    ixeiMiiv    önyiiin.'   roh{ 

TzaTpöiong  öjöuras. 
'^  TOtyapo'iv  TTjV  Ihnv  ziius  äfä/Mjrnn  oTiaav  ij  ixslnou  üfi/T/trTixij  xn9tt).e  xat  slg  S'}apoe  xarripliuf'tv. 
•')   Mxti   ydp  iiot  ö  Tzakatos  ixüdog  xai  Upania  ....    oux  äkko   Tt  r/  öp^,<TTfii/   rca  fsfiirtiai  Äiyeiv,  ,ui;i7,rtxio 

fhSpoiJiov    xai   ::piii  Krhra  tr/r^pari'sni'hu    xai  psraß'Vltnftat   ii'ivä;isiO>,    ün;  ;c«i    '/rJaTOi  uyiiifrr,Ta  lupsTaftat 

xai  npug  ö^ürrjTa  xr/.. 


—      37      — 

§  ^"i,  Sokrntes,  der  weiseste  Mann  —  wenn  man  der  Pythia  glauben  dürfe  —  sei 
ein  großer  Verehrer  der  Tanzkunst  gewesen. ')  Wenn  dieser  die  Pantomimik  in  ihrer  höchsten 
Vollendung  gekannt  hätte,  würde  er  die  Jugend  nichts  anderes  eher  gelehrt  haben. 

§  32.  Die  Pantomimik  sei  nur  deshalb  nicht  ein  Gegenstand  öffentlicher  Wettkämpfe 
Ci'ruyuhioc),  weil  sie  den  Kampfrichtern. zu  groß  und  ehrwürdig  erschienen  sei,  um  vor  ihren 
lüchterstuhl  gezogen  zu  weiden, 

§  3.').  Der  Pantomime  müsse  selbst  in  der  Philosophie  bewandert  sein,  wenigstens 
in  der  Physik  und  Ethik,  während  die  Dialektik  für  ihn  nicht  nötig  sei. 

§  3f).'  Die  Worte,  mit  denen  Thukydides  den  Perikles  lobe,  paßten  auch  auf  den 
Pantomimen  (yvwvaC  if  iu  Sforza  xal  fgfi'iji'f-vfTut  avtu). 

§  70.  Wenn  die  Seelenlehi-e  Piatons  richtig  sei,  so  sei  der  Pantomime  der  beste 
Interpret  der  drei  Teile  der  Seele,  des  ^vpixor,  wenn  er  einen  Zornigen,  des  tniÜv/j/rjTixor, 
wenn  er  einen  Liebenden  darstelle,  des  /.oytßTixov,  wenn  er  diese  Leidenschaften  in  maßvoller 
Weise  wiedergebe.  Ferner  bewahrheite')  er  die  Lehre  des  Aristoteles,  daß  auch  das  Schöne 
ein  Teil  des  Guten  sei  xiilXovc  ngorooiv  xctl  jtjc  tv  tolc  oQxij/jaaiv  st'fioQft'nc.  Auch  hiibe 
er,  fährt  Lykinos  fort,  jemanden  behaupten  höi-en,  daß  das  Schweigen  der  Maske  des  Pan- 
tomimen geheimnißvoll  auf  ein  Dogma  des  Pythagoras  hindeute,^)  was  aber  eine  übereilte 
Bemerkung  sei.  Solche  Stellen,  wie  der  Schlußsatz ,  welche  dem  ganzen  den  Schein  der 
Glaubwürdigkeit  und  des  Ernstes  verleihen  sollen,  wirken  in  der  Parodie  doppelt  komisch. 

§  76.  Nachdem  Lykinos  ein  paar  witzige  Bemerkungen  der  Zuschauer  über  die 
Pantomimen,  deren  Wuchs  nicht  normal  gewesen  sei,  angeführt  bat,  fährt  er  fort,  dies  erwähne 
er  nicht  des  Lächerlichen  wegen,  sondern  um  zu  zeigen,  daß  ganze  Völker  die  Pantomimik 
zum  Gegenstand  ernsten  Studiums  gemacht  hätten. 

§  79.  Die  Zuschauer  lernten  durch  den  Anblick  des  Pantomimen  sich  selbst 
erkennen.  Man  beachte  hier  den  übertriebenen  Ausdruck  dtf/,vwc  ydo  to  Jehfixov  txtlvo 
z6  Y^öti}!  anxvTov  Ix  T^c  dfac  ^xsirric  uxhoTc  nt^iyiYvsTui. 

Aber  obgleich  diese  Parodie  den  größten  Teil  der  Schrift  ausmacht,  ist  die  in  der- 
selben liegende  Verspottung  gewisser  Schriftsteller  nicht  der  Hauptzweck  derselben.  Dieser 
ist  vielmehr  die  Verspottung  der  Philosophen,  welche  in  dem  Dialog  zu  Anfang  und  in  der 
Schlußbemerkung  geschieht.  Lukian  macht  sich  über  dieselben  lustig,  weil  sie  diejenigen, 
welche  an  Dingen,  wie  dem  Anblick  einer  Pantomime,  Vergnügen  fänden,  auf  das  heftigste 
tadelten  und  dann  selbst  diesem  Vergnügen  nachjagten,  wenn  sie  es  unter  irgend  einem 
Vorwande  mit  Anstand  thun  zu  können  glaubten. 

Der  Kyniker')  Kraton  überschüttet  den  Lykinos,  welcher  die  Pantomimik  zu  ntyi<nov 
Twv  tr  rü)  ßCoi  uyathMV  genannt  hat,  mit  den  heftigsten  Vorwiirfen,  zumal  derselbe  sich  etwas 


')  Mit  Anspielung  auf  Xeu.  Symp.  II  §  1(5. 

*)   zi  'DJ.n  fi  r«  ro'7  'A/xirroTiHong  i-aXrfisust,  tö  xfi/.Xog  trav^n'^/zog  xal  ;t-i(irii  ti    yyo'j/iJvO'i  räya&oü  xiii  toOto 

dvai;  —  iiifiog  rt  Sommerl>ro(lt  für  idfioq  rfiko'j. 
•'')   ri/.nijaa  tli  rtvog  xal  TZsptTTorsfiöv  rt  ysavtsun;j.ifn')  f/::;//  rrjg  rw^  njiyj^(r:v/.üy^  ■Zfinminzzuo'j  mwTzr^g.  i'Jrc  xal  a'krj 

ll'ii'^ayi'ipixi'ii'  T(  ööyp.a  ahhrsTai. 
')  TViclit.  Stoikor,   wio   Grysar  I.  I.  sant.    cf.  §  4  -a-ai,    iu  h/iäviui',   i'ug  xäir/aimv   rtvu   Ihiirag   ijp'  ?///«>,•  riiv 

tra'irrt'i  X'ha. 


—      38     — 

mit  Philosophie  l)eschäftigt  hahe.')  Lykinos  arttwortet  ironisch,  das.  Beispiel  mit  den  Sirenen 
passe  vortrefflich,"'')  indem  diejenigen,  welche  diese  gehört  hätten,  in  ihr  Verderhen  gestürzt 
seien,  während  er  aus  dem  Theater  weit  verständiger  und  mit  klarerem  Blick  für  das  Leben 
zurückgekehrt  sei.  Ob  denn  Kraton  aus  Erfahrung  spreche  und  ein  solches  Schauspiel  ge- 
sehen habe.  Kraton  erwidert  voller  Entrüstung,  das  .fehle  noch,  daß  er,  ein  Mann  mit  Bart 
und  weissem  Haar  unter  der  rasenden  Menge  sitzen  und-  die  Windungen  eines  solchen 
Janunermenschen  mit  ansehen  solle.  Dann  sei  seine  Enti'üstung  begreiflich,  erwidert  Lykinos. 
Er  sei  aber  fest  überzeugt,  daü  Kraton,  wenn  er  ihm  folge  und  nur  so  lange  die  Augen 
offen  halte,  wie  es  des  Versuches  wegen  nötig  sei,  bald  mehr  als  alle  anderen  nach  einem 
passenden  Platze  suchen  werde.  Wenn  er  das  thue,  möge  er  nicht  d.'is  nächste  Jahr  erleben, 
ruft  Kraton  aus.  Auf  die  Bitte  des  Lykinos,  ihm  einmal  ruhig  zuzuhören,  wenn  er  ihm 
beweise,  daß  diese  Kunst  nicht  nur  ergötze,  sondern  auch  bilde  und  belehre,  antwortet  er, 
daß  er  eigentlich  keine  Zeit  habe,  einen  Tollen  anzuhören ;  er  wolle  ihm  jedoch  diesen  Liebes- 
dienst erweisen.  Nun  hält  Lykinos  die  Lobrede.  Kaum  hat  er  diese  beendet,  als  Kraton 
ausruft,  er  folge  ihm  mit  offenen  Ohi-en  und  Augen.  Bei  der  nächsten  Gelegenheit  solle 
Lykinos  für  ihn  einen  Platz  mit  belegen,  damit  er  nicht  allein  „weiser"  aus  dem  Theater 
r.uiückkehre. 

Lykinos  ist  in  diesem  Dialog  ein  Enthusiast,  welcher  in  den  bewundernden  Be- 
merkungen des  Dialogs  und  in  der  übertriebenen  Verherrlichung  der  Pantttmimik  nicht  die 
Meinung  des  Lukian  wiedergiebt,  wohl  aber  in  dem  in  der  Übertreibung  liegenden  Spotte. 

Die  Worte  §  2  naiöei'u  avvTQOffoc.  xccl  (pi'/.oaoffCa  r«  /jfrQiu  o'fii?.i]y.u)c  beweisen, 
daß  auch  dieser  Dialog  in  einer  Zeit  abgefaßt  ist,  wo  Lukian  die  Beschäftigung  mit  der 
Philosojdiic  noch  nicht  gänzlich  aufgegeben  hatte,  also   100 — 161   n.  Chr. 

8.      LixüVf-g. 

Lykinos  unterhält  sich  mit  seinem  Freunde  Polystratos.  Er  ist  durch  den  Anblick 
einer  schönen  Frau  wie  versteinert  und  begreift  jetzt  erst  den  Sinn  des  Mythus  von  der 
Gorgo.  Polystratos  will  ihm  anfangs  nicht  glauben  (av  y"Q  ^'^"  1'^''  *"'*'  fieiQaxCon'  xal 
nih'v  ()cn)(o)c  avTo  nc(a-/nc),  möchte  dann  aber  gern  mitversteineit  werden.  Lykinos  verwahrt 
sich  dagegen,  daß  er  übertreibe.  Den  Namen  der  Schönen  weiß  er  nicht;  nur  hat  er  von 
einem  in  der  Nähe  Stehenden  gehört,  daß  sie  aus  Smyma  sei.  Nun  allerdings  gebe  er  zu, 
sagt  Polystratos,  daß  Lykinos  wirklich  versteinert  gewesen  sei,  da  er  sich  nicht  einmal  darum 
bemüht  habe,  den  Namen  zu  erfahren.  Er  solle  ihm  die  Schöne  doch  wenigstens  beschreiben. 
Das  sei  sehr  schwer,  antwortet  Lykinos.  Ein  Bild  derselben  könne  er  nur  mit  Hilfe  der 
besten  Künstler,  wie  Pheidias,  herstellen.  Er  zählt  dann  die  berühmtesten  Kunstwerke  der 
Meister  in  der  Plastik  und  Malerei  auf  und  setzt,  indem  er  von  jedem  derselben  denjenigen 
Teil  nimmt,  welcher  ihm  am  vollendetsten  zu  sein  scheint,  daraus  das  Bild  der  unbekannten 
Schönen  zusammen.     Dieselbe  habe   ferner   ein  Buch   in  der  Hand  gehabt.     Im  Gehen  habe 


')   §  2  xai  fitXotrnyta  t«  /lixpta  üt//.ür^xtug. 

')   §  4  ''^''   '■'"''    AiOTOyäj'mi'   xai    ^st/n^non    sui'im    zävn  önoinzaTtiV    tiot    ooxsTi    si/ir^xi^^iit    —    n^rnnrärr^i'    liest 
Sommerhrodt  mit  Hecht  für  das  liniidsi-lir.  üvniioinT»zr/V. , 


—      30      — 

sie  sich  mit  einem  ilirer  Begleiter  unterhalten  und  heim  Lächeln  die  schönsteu,  hlendend 
weißen  Zähne  gezeigt.  Nun  erkennt  Polystratos  die  Schöne.  Es  ist  die  Geliebte  des  Kaisers, 
die  denselben  Namen  hat,  wie  die  Gemahlin  des  Abradatas  bei  Xenophon.')  Diese  kenne 
er  sehr  gut,  fährt  Polystratos  fort.  Als  ihr  Landsmann  habe  er  häufig  mit  ihr  gesprochen. 
Noch  weit  schöner,  als  ihr  Körper,  sei  ihr  Geist  und  ihre  Seele.  Von  Lykinos  gebeten,  ihm 
diese  herrlichen  Eigenschaften  näher  zu  beschreiben,  ziert  er  sich  anfangs  in  ähnlicher  Weise 
wie  Lykinos  vorher,  indem  er  sagt,  daß  dies  sehr  schwer  sei.  Dann  aber  ruft  er  wie  Lykinos 
die  Bildhauer  und  Maler  zur  Hilfe,  ferner  die  Philosophen,  und  beginnt  die  Beschreibung. 
Nur  kann  er"  nicht  alles  in  einem  Bilde  zusammenfassen,  sondern  eine  jede  dieser  herrlichen 
Gaben  verlangt,  in  einem  besonderen  Bilde  beschrieben  zu  werden,  was  Lykinos  zu  dem 
Ausruf  veranlaßt  toqrriv,  m  Tl.,  -/.al  navöaiantr  tnuyyf/.hic.'^)  Nun  beschreibt  Polystratos 
die  Stimme  der  Schönen,  von  der  Homer  mit  größerem  Recht  gesagt  haben  würde,  daß  sie 
süßer  als  Honig  sei,  als  von  dem  Pylischen  Greise,  ferner  ihr  Citherspiel,  ihren  Gesang,  ihre 
Bildung  und  ihre  Weisheit  (ao^pia  xul  avvtatc).'  Das  Bild  der  letzteren  sei  nach  dem  Bilde 
der  Weisheit  der  Aspasia  gemacht,  übertreffe  dasselbe  aber  weit  an  Größe,  indem  es  ein 
Koloß  sei,  ebenso  wie  die  jetzige  römische  Macht  bei  weitem  gewaltiger  sei  als  die  des  da- 
maligen Staates  der  Athener.  Dann  beschreibt  Polystratos  noch  ihren  trefflichen,  menschen- 
freundlichen Charakter,  sowie  ihre  Demut  und  Bescheidenheit  in  ihrem  Glücke.  —  Nachdem 
Polystratos  geendet,  sagt  Lykinos,  der  brave,  milde  Kaiser  verdiene  ein  solches  Glück,  daß 
ein  so  herrliches  Weib  ihn  zärtlich  liebe.'^)  Polystratos  fordert  den  Lykinos  auf,  aus  allen 
diesen  Bildern  eins  zu  machen  und  in  einem  Buche  der  Nachwelt  zu  überliefern.  Ein  solches 
Bild  sei  bleibender  als  die  Kunstwerke  eines  Apelles  und  Polygnot,  von  denen  es  sich  auch 
noch  dadurch  unterscheide,  daß  es  nicht  aus  Holz,  Wachs  und  Farben  gemacht  sei,  sondeni 
durch  den  Anhauch  der  Musen  entstanden  sei;  ein  solches  Bild  sei  das  getreueste,  indem 
es  sowohl  die  Schönheit  des  Körpers,  als  auch  die  Tugend  der  Seele  zeige. 

Solanus  meint,  daß  unter  dem  ßaßilsvc  L.  Veras,  der  Adoptivbruder  und  Mitregeut 
des  Marc  Aurel  zu  verstehen  sei.  Die  schöne  Frau  sei  seine  Geliebte  gewesen  während  des 
Partherkrieges.  Dieselbe  sei  aus  Smyrna  gewesen.  Ob  sie  wirklich  Panthea  geheißen  habe, 
lasse  er  dahingestellt.  Der  Name  könne  von  Lukian  lingiert  sein,  um  der  Sache  das  Ge- 
hässige zu  nehmen.  Freilich  paßten  die  Worte  ßaniht  rm  /nyakm  zC"?"'r';~  ''«*  W^Q''?  nicht 
gut  auf  Verus.  Da  aber  Lukian,  sonst  ein  Verspotter  der  Schmeichlei',  in  diesem  Dialog 
alle  an  Schmeichelei  übertreffe,  so  seien  auch  diese  Worte  nicht  auffallend.  Gegen  diese 
Hypothese  wendet  sich  Wielaud  mit  großer  Schärfe.  Er  behauptet,  dieselbe  ermangele 
jeglicher  thatsächlichen  Unterlage ;  ferner  dürfe  mau  einem  so  feingebildeten  Manne  wie 
Lukian  solche  fade  Schmeichelei  auf  Verus,  der  sich  in  den  .\ugen  aller  Syrer  lächerlich 
und  verächtlich  gemacht  habe,  nicht  zutrauen.  Wieland  selbst  sieht  in  der  gefeierten 
Schönen  die  Geliebte  des  Marc  Aurel  und  führt  zum  Beweis  Capitolinus  an.  Derselbe  sagt 
am  Schluß  der  vita  Marci  Antoniiii  Philosoph!:  Enisa  est  Fabia,  ut  Faiistina  mortua  in  eins 


')  n<h»s.ui  Cyrop.  VI  4  §  2. 

■■')  §  15. 

3)   §  l'l  r^oHti'j  abzi'iv. 


--      40 

niatrimonium  coiret.  Secl  illc  coiiciibinam  sil)i  ailscivit,  procuratoris  iixoris  siiac  filiaiii,  iin 
tot  liberis  siiperduceret  novercam.  Diese  scheint  aber  aus  Rom,  nicht  aus  Sniyrna  gewesen 
zu  sein.  Wenn  sie  ferner  so  bedeutend  gewesen  wäre,  würde  Capitolinus  gewiß  mit  einem 
AVort  diese  Tref'Hichkeit  erwähnt  haben.  Die  Hypothese  von  Solanus  dagegen  stützt  sich  auf 
die  ausdrückliche  Bemerkung  des  Scholiasten,  daß  dieser  Dialog  eine  Lobrede  auf  die  Panthea, 
die  Gemahlin  des  Veras,  enthalte  ■).  Nur  darin  weicht  Solanus  von  dem  Scholiasten  ab,  daß 
er  die  Panthea  nicht  für  die  Gemahlin  des  Verus ,  sondern  für  eine  amica  desselben  hält. 
Dies  thut  er  mit  Recht.  Denn  die  Gemahlin  des  Verus  war  Lucilla,  Marci  tilia^'l.  Diese 
konnte  nicht  „eine  Schönheit  aus  Smyrna"  genannt  werden.  Auch  ist  die  Schmeichelei  in 
den  Worten  ßuaiXtX  löi  fityühn,  xc/ww  xal  »y/'^pm,  wenn  diese  auf  Verus  bezogen  werden, 
nicht  so  groß,  daß  Wielands  Entrüstung  berechtigt  wäre.  AUyctXo)  bezeichnet  nur  die  Macht 
des  Mitregenten.  Daß  ferner  mit  Leichtsinn  häufig  eine  gewisse  Biederkeit  (xQijaroTiic)  und 
Milde  verbunden  sind,  ist  eine  bekannte  Thatsache.  Wie  liebenswürdig  Verus  war,  geht  aus 
dem  schönen  Verhältnis  hervor,  in  welchem  er  trotz  seiner  nicht  eben  glänzenden  geistigen 
Gaben  mit  seinen  Lehrern  stand,  den  berühmtesten  Gelehrten  der  damaligen  Zeit'').  Trotz 
seines  Leichtsinns  liebte  Antoninus  Pius  an  ihm  simplicitatem  ingenii  puritatem(|ue  vivendi*). 
Auch  hatte  er  bei  einer  in  Pom  ausgebrochenen  Hungersnot  als  Regent  die  größte  Umsicht 
gezeigt*).  —  Ich  stehe  daher  nicht  an,  die  Vermutung  von  Solanus  zu  unterschreiben, 
weiche  jedoch  darin  von  demselben  ab,  daß  ich  den  Namen  Panthea  nicht  für  tingiert  halte. 
Wenn  Lukian  den  Namen  Panthea  erdichtet  hätte,  um  der  Sache  das  Gehässige  zu  nehmen, 
würde  er  ihn  offen  genannt  haben,  um  dadurch  die  Aufmerksamkeit  von  dem  wirklichen 
Namen  abzulenken.  Nun  deutet  er  diesen  nur  an.  und  zwar  so  versteckt,  daß  er  nur  für 
die  im  Xenophon  Bewanderten  kenntlich  war.  Diese  Beschränkung  läßt  sich  nicht  anders  be- 
gründen als  damit,    daß  auf  den  wahren  Namen  in  verblümter  Weise  angespielt  werden  soll. 

Wie  bei  den  übrigen  Dialogen  wird  man  auch  bei  diesem  zunächst  vermuten,  daß 
derselbe  eine  Satire  sei.  Lukian  habe  die  Icouographie ,  eine  rhetorische  Liebhaberei,  die 
namentlich  in  Fronto*)  einen  Vertreter  fand,  durch  Nachahmung  und  Uebertreibung  verspotten 
wollen.  Gegen  diese  Anuahme  jedoch  spricht  die  offene  Bezugnahme  auf  den  ßaaüet'c.  Man 
wird  diesen  Dialog  nur  als  eine  überschwängliche  Lobrede  auf  die  Panthea  auffassen  können, 
so  daß  Lukian  von  jeglicher  Schmeichelei  nicht  freizusprechen  ist.  Es  fragt  sich  nur,  ob  nicht 
vielleicht  der  (iruud  dafür  ein  solcher  war,  der  dieselbe  einigermaßen  rechtfertigt,  zum 
mindesten  entschuldigt.     Einen  solchen  glaube  ich  gefunden  zu  haben. 

Wie  der  Kaiser  Marc  Aurel  einerseits  die  leichtsinnigen  Streiche  des  N'erus  ab- 
sichtlich  nicht  bemerkte,    um   nicht  gezwungen   zu    sein,    demselben    Vorwürfe   zu   machen'), 

)    Jjckp  T.    eh,   init.  '0  löyoi    ouToe    livrcyfio^ij  rn'i   iqllii./>'Uinv  zrjn  }liinnvnurj.   yn-^iÜKi   n\    (l'iri.nn.   rn'i  ym.rrrnCi 

2)  Capit.  Verus  cap.  2. 
)   Cai)it.  Verus  c.  2.     Hos  onines  amavit  unicc,    atque  ab  his  invicem  dilectus  est,    nee  tarnen  ingcniosus 

ad  litteras. 
*)   Cap.  Verus  e.  .3. 

•)   Capit.  Marr.  .\iit.  c.  8.     Quao  omnia  mala  Marcus  et  Verus  sua  cura  et  pracsentia  temperarunt. 
«)  Fritzsche  vol.  II  pars  II  Prolegg.  de  Hermot.  p.  XV. 
')  Capit.  Verus  c.  4. 


-     41      — 

suchte  er  amlicrseits  denselljeii,  wo  er  mir  konnte,  von  diesem  Leben  abzubringen.  Zu  dein 
Zweck  schickte  er  ihn  in  den  Partherkrieg')  und  befahl  si^äter,  als  Verus  in  Asien  sein 
leichtsinniges  Leben  fortsetzte,  der  Gemahlin  desselben  Lucilla,  ihm  nach  Ephesus  zu  folgen-). 
Ebenso  wie  in  der  Umgebung  des  Kaisers  wird  auch  in  den  Kreisen  der  Gelehrten,  der 
früheren  Lehrer  des  Verus,  mit  Bedauern  darüber  gesprochen  sein,  daß  der  liebenswürdige 
Jüngling  Gefahr  laufe,  sich  zu  Grunde  zu  richten,  und  wird  Lukian  während  seines  Aufenthalts 
in  Rom  ähnliche  Klagen  wiederholt  gehört  haben.  Nun  sah  er  auf  seinen  Reisen ,  die  er 
vor  seiner  Niederlassung  in  Athen  machte,  in  Asien  die  Panthea,  hörte,  daß  dieselbe  die 
(ieliebte  des  Verus  sei,  die  denselben  aufrichtig  liebe  und  als  feine  und  geistreiche  Frau  den 
größten  Einfluß  auf  ihn  ausübe.  Da  mag  Lukian  mit  andern  gehofft  haben,  daß  durch  den 
dauernden  Einfluß  dieser  Frau  Verus  von  seinem  leichtsinnigen  Treiben  abgebracht  werden 
könne.  Zu  dem  Zweck  schrieb  er  diesen  Dialog,  damit  durch  dies  öffentliche  Lob  der  Panthea 
die  Leidenschaft  des  Verus  verstärkt  werde  und  die  Anhänglichkeit  desselben  an  die  Geliebte 
erhalten  bliebe.  Freilich  war  der  Erfolg  nicht  der  gewünschte.  Es  wird  nichts  über  einen 
dauernden  Einfluß  der  Panthea  überliefert.  Im  Gegenteil,  Verus  setzte  dasselbe  üppige 
Leben  auch  noch  nach  dem  Partherkriege  fort. 

Capitolinus  Verus  c.  VII  berichtet:  Fertur  praeterea  ad  amicae  vulgaris  arbitrium 
in  Syria  posuisse  barbam ,  unde  in  eum  a  Syris  muUa  sunt  dicta.  Vergleicht  man  damit 
die  Worte  cap.  X.  Fuit  barba  prope  barbarice  promissa  und  die  gleich  darauf  folgende  Er- 
zählung, daß  Verus  besonders  eitel  auf  sein  Haar  gewesen  sei,  welches  er  mit  Goldstaub 
bestreut  habe,  so  scheint  die  Annahme  nicht  unmöglich,  daß  c.  VII  eine  Forderung  der 
Panthea  erwähnt  wird,  welche  dieselbe  an  den  Verus  stellte,  um  seine  Eitelkeit  zu  unter- 
drücken. Da  Verus  sich  bald  von  ihr  lossagte,  wurde  sie  von  den  Syrern  verspottet  und 
unter  die  vulgares  amicae  gerechnet  und  ihre  Forderung  als  ein  lächerliches  Verlangen 
verhöhnt. 

Dieses  Lob  konnte  nur  von  Lykiuos  ausgesprochen  werden.  Diese  Pseudonymität 
gestattete  dem  Lukian  ferner,  bei  Gelegenheit  die  gewohnten  satirischen  Bemerkungen  ein- 
zustreuen. Diese  sind  hier  meistens  gegen  den  Lykinos  selbst  gerichtet,  z.  B.  gleich  am 
Anfang  die  Bemerkung  des  Polystratos  tri'  yaQ  i'no  tow  ijkiquxCwv  y.i/..,  die  keinen  Vorwurf 
gegen  den  Schriftsteller  enthält,  ferner  die  VS^orte  des- Polystratos  §  1  ot'df  tijXotvrr^ffaic,  el 
ljf'?,'/.oiiJfV  TTÄtjaiov  nov  y.at  nvtol  naQantn^yfrai  ffo»  Idoyifc.  §  3  Ovxovt'  intl  X(i^ot)  tovto  ye  mc 
dkijÜüK  tnofriauc  ktX.  Ebenso  sind  die  Worte  am  Schluß  aX).K  taTc  naqu  Movawv  ^nmvoCan; 
t)'xaaitt(  ironisch  aufzufassen.  So  sehen  wir  in  dieser  ernstgemeinten  Schrift  an  einzelnen 
Stellen  den  alten  Mutwillen  durchschimmern').  —  Der  Dialog  ist  während  des  Parther- 
krieges geschrieben.  Nach  unserer  Hypothese  muß  Verus  sich  bereits  einige  Zeit  im  Orient 
aufgehalten  haben.     Dieser  Umstand  führt  auf  die  Zeit  163/164. 


')  ib.  c.  5. 
"0  ib.  c.  7. 
^)  Ueber  die  Pei-soii  des  Polystratos  s.  unten  pag.  43. 


—      42      — 

9.       Yrtip  Tbiv   tJixövojv. 

Polystratos  will  dem  Lykiuos  berichten,  welchen  Eindruck  die  Elxövn;  auf  die 
Panthea  gemacht  hätten.  Zu  dem  Zweck  läßt  er  diese  selbst  sprechen  und  die  Worte,  welche 
sie  zu  ihm  gesagt  hat,  dem  Lykinos  gegenüber  noch  einmal  wiederholen.  Sie  freue  sich 
über  die  ihr  erwiesene  Ehre  und  über  das  in  der  Schrift  gezeigte  Wohlwollen.  Das  Lob 
jedoch  sei  übertrieben  und  nicht  weit  von  Schmeichelei  entfernt,  vor  der  sie  zurückschaudere. 
Ein  solches  Lob  verfehle  seinen  Zweck.  Es  hebe  nicht  den  Gelobten  in  den  Augen  der 
andern,  sondern  mache  denselben  lächerlich.  Dies  zeigt  sie  an  einer  Reihe  von  Beispielen. 
Dann  fährt  Polystratos  selbst  fort.  Eins  vor  allem  sei  der  Panthea  unerträglich  erschienen, 
daß  Lykinos  sie  mit  der  Hera  und  Aphrodite  verglichen  habe.  Denn  dieses  halte  sie  für 
Gottlosigkeit  und  für  ein  Vergehen  (n/.tj/ifjf/.rjfia).  —  Und  er  selbst,  fügt  Polystratos  hinzu, 
könne  nicht  umhin,  wenn  er  die  W'ahrheit  sagen  solle,  einzugestehen,  daß  Panthea  Hecht 
habe.  Wenn  er  auch  früher  dies  Vergehen  nicht  bemerkt  habe,  so  sei  er  doch  jetzt,  von 
ihr  darauf  aufmerksam  gemacht,  anderer  Meinung.  Diese  Sinnesänderung  begründet  er  noch 
weiter  durch  einen  Vergleich  und  ein  Beispiel.  Schließlich  fordert  er  den  Lykinos  auf,  da 
Schmeichelei  durchaus  nicht  in  seinem  Charakter'!  liege,  das  Werk  umzuarbeiten,  wie  es 
Pheidias  mit  dem  Zeus  zu  Olympia  gemacht  habe.  Lykinos,  in  diesem  Dialog  ganz  der  alte 
Satiriker,  drückt  erstens  seine  Verwunderung  darüber  aus,  daß  es  ihm  so  lange  entgangen 
sei,  welch  ein  Kednertalent  Polystratos  besitze;  sodann  beschwert  er  sich  über  ein  solches 
Gericht,  bei  welchem  der  Kläger  zugleich  Kichter  sei  und  der  Angeklagte  abwesend  ohne 
Verteidiger  verurteilt  werde.  Es  sei  leicht  (tövov  iy^otna  xQatelv.  Ob  er  deim,  um  sich 
zu  verteidigen ,  Berufung  einlegen  dürfe.  Polystratos  gesteht  ihm  dies  zu ,  wenn  er  sich 
verteidigen  könne,  und  verspricht  auf  den  Einwurf  des  Lykinos,  dass  eigentlich  Panthea 
zugegen  sein  müsse,  derselben  die  Verteidigung  wortgetreu  zu  berichten.  -Lykinos  ist  in 
großer  Eurcht,  schwitzt  vor  Angst  und  ist  in  der  grössten  Verwirrung.  Endlich  ermannt 
er  sich  und  beginnt  seine  Verteidigung. 

Die  Bescheidenheit  und  Demut  in  den  Worten  der  Panthea  bewiesen,  wie  Uerechtigt 
sein  Lob  gewesen  sei.  Denn  ebenso  wie  derjenige  nach  der  Meinung  des  Diogenes  berühmt 
werde,  welcher  den  Ruhm  gering  achte,  sei  derjenige  am  meisten  des  Lobes  würdig,  welcher 
nicht  gelobt  werden  wolle.  Aber  die^  gehöre  eigentlich  nicht  zur  Sache.  Er  müsse  sich 
vielmehr  deswegen  verteidigen,  weil  er  die  Panthea  mit  der  Hera  und  Aphrodite  verglichen 
habe.  Das  könne  er  nun  sich  leicht  machen,  indem  er  behaupte,  daß  der  alte  Satz,  Dichter 
und  Maler  dürften  nicht  zur  Verantwortung  gezogen  werden,  mit  noch  größerem  Rechte  auf 
den  Lobredner  angewandt  werde.  Aber  das  wolle  er  nicht,  um  nicht  unwissend  zu  erscheinen. 
Der  Lobredner  habe  Vergleiche  nötig'').  Da  sei  nun  die  Kunst,  richtig  zu  vergleichen.  Das 
geschehe  nur  dann,  wenn  der  gelobte  Gegenstand  mit  etwas  Höherem  verglichen  werde.  Wie 
lächerlich  würde  es  sein,  den  Milon  stärker  als  eine  Erau  zu  nennen.  Ganz  anders  mache 
es  ein   berühmter  Dichter'').      Dieser   rühme   den  Glaukos,    weil   nicht    einmal   die    Kraft   des 

')  §  14  oi  yäp  n/iijg  -oü  aoii  rpönou  tö  rotoüroy. 
^)  fÜTnonidcs. 


—      43     - 

Polydeiikes  sich  mit  ilun  messen  könne.  Weder  Glaukos  noch  die  Götter  hätten  dem  Dichter 
gezürnt,  dieser  sei  vielmehr  durch  jenes  Gedicht  herühmt  geworden.  So  habe  er  auch  die 
Panthea  mit  einem  höheren  Wesen  vergleichen  müssen.  —  Wenn.  Pantliea  ferner  von 
Schmeichelei  gesprochen  habe,  so  lobe  er  sie,  weil  sie  die  Schmeichelei  hasse.  Zwischen 
einem  Schmeichler  und  einem  Lobredner,  wie  ihm,  sei  jedoch  ein  großer  Unterschied.  Der 
Sclimeichler,  welcher  aus  unlauteren  Motiven ')  lobe,  kümmere  sich  nicht  um  die  Wahi'heit, 
lobe  alles  auf  das  übermäüigste  und  löge  nicht  selten  Falsches  hinzu,  wie  er  z.  B.  nicht 
anstehen  würde,  den  Thersites  den  wohlgestaltetsten  aller  Menschen  zu  nennen.  Der  Lob- 
redner dagegeii  preise,  indem  er  das  vorhandene  Gute  vergröriere,  und  auch  dabei  gehe  er 
nicht  über  eine  bestimmte  Grenze  hinaus.  Wenn  er  eine  mißgestaltete  Frau  Aphrodite 
genannt  hätte,  wäre  er  ein  Schmeichler  gewesen;  nun  aber,  wo  er  eine  so  schöne  Frau  mit 
der  Aphrodite  von  Knidos  verglichen  habe,  treffe  ihn  kein  Vorwurf.  —  Er  hätte  sie  nicht 
mit  Göttiunen  vergleichen  dürfen,  habe  sie  gemeint.  Das  hahe  er  auch  offen  gestanden  — 
denn  sie  zwinge  ihn,  die  Wahrheit  zu  sagen  —  nicht  gethan.  Der  Vergleich  sei  nur  mit 
Götterbildern,  Werken  von  Menschenhand,  gemacht;  das  sei  nicht  gottlos,  es  müßte  denn 
sein,  daß  sie  die  Athene  des  Pheidias  für  die  Göttin  selbst  halte.  Das  würde  gottlos  sein; 
denn  die  wahren  Bilder  der  Götter  seien  seiner  Meinung  nach  für  menschliche  Nachahmung 
unerreichbar-}.  Aber  selbst  wenu  er  sie  wirklich  mit  Göttinnen  verglichen  hätte,  würde  er 
nur  das  gethan  haben,  was  vor  ihm  die  Dichter,  vor  allem  ihr  Landsmann  Homer  gethan 
habe.  Dieser  habe  in  derselben  Weise  Menschen  mit  Göttern  verglichen,  und  zwar 
nicht  immer  geschmackvoll,  wenn  er  z.  B.  das  blutige  Haar  des  Euphorbos  mit  den  Chariten 
vergleiche.  Ja,  er  sei  noch  weiter  gegangen  und  habe  die  Götter  durch  Vergleich  mit  Kleinerem 
und  Niedrigerem  gelobt'),  wie  die  Hera  durch  Vergleich  ihrer  Augen  mit  denen  der  Binder. 
—  Trot^  alledem  sei  Homer  nicht  zur  Verantwortung  gezogen.  Wenn  überhaupt  einer  sich 
eines  Vergehens  gegen  die  Götter  schuldig  gemacht  habe,  wäre  er  es,  nicht  die  Panthea,. 
Aber  dann  müßten  die  Götter  erst  den  Homer  und  die  andern  Dichter  imd  den  besten  der 
Philosophen  bestrafen,  welcher  den  Menschen  ein  Bild  der  Gottheit  genannt  habe.  —  Polj^- 
stratos  bezweifelt,  ob  er  eine  so  lange  Rede  der  Panthea  wiedererzählen  könne,  will  es  aber 
versuchen.  Lykinos  will  so  lange  fernbleiben  und  erst  nach  dem  Urteil  kommen,  um  zu 
hören,  was  über  ihn  beschlossen  ist. 

Ich  glaube  nicht  mit  Wieland,  daß  die  in  den  Elxovec  gefeierte  Schöne  durch  iiire 
Beschwerde  den  Lukian  veranlaßte,  diesen  Dialog  zu  schreiben.  Ich  halte  vielmehr  die 
ganze  Unterredung  zwischen  der  Panthea  und  Polystratos  und  den  Auftrag  an  den  letzteren 
für  eine  Erfindung  des  Lukian.  Dies  geht  besonders  aus  der  Art  und  Weise  hervor,  wie 
Polystratos  auftritt.  Dieser  kann  nur  eine  fingierte  Persönlichkeit  sein.  Sonst  würde  Panthea 
ihm,  der  den  Lykinos  aufgefordert  hatte,  die  Unterredung  niederzuschreiben  (§  23),  der  sie 
ebenso  wie  Lykinos  mit  Göttern  verglichen  hatte  (§   l(i),*)  gewiß  dieselben  Vorwürfe  gemacht 


')   §  20  r^s  yjitidii  'ivzy.a. 

•')  §   2()  OM  wxfY^aBv  aTTu  Ttüv  i).aTzmmv  ir.mi/iaai. 

*)    —n;T<-i  7«   iy.  roO  '  VMy.urjO.;   uyf/Jta  l'/fniaa   ....    y.ai   —fjOffizt  ra  '  ilono^)  y.m  \i7:ö/./.uji/0-^. 

)•* 


_     44      — 

und  Polystratos-  dies  bei  der  Erwähnung  seiner  Sinnesänderung  angedeutet  liaben.  Nun  sagt 
ai'  aber  einfach:  rö  ö^  aviyqwnov  ovCnv  i/ifgodlrrj  xul  'Hq((  eixädai  tl  loj.o  ^  ih'TixQx'c 
tarir  tiht/J^nr  rdc  ^tag',  ohne  der  von  ihm  gemachten  Vergleiche  und  irgend  eines  Wortes 
der  Pautliea  darüber  zu  gedenken.  Auch  würde  es  Lykinos  an  einer  darauf  bezüglichen 
ironischen  Bemerkung  nicht  haben  fehlen  lassen.  Femer  ist  die  Beschreibung  des  Benehmens 
der  Panthea  beim  Vorlesen  recht  übertrieben,'^  und  die  Verteidigung,  daß  er  sie  nicht  mit 
Göttinnen,  sondern  nur  mit  Standbildern  verglichen  habe,  mit  dem  ironischen  Zusatz,  es 
müßte  denn  sein,  daß  sie  die  Athene  des  Pheidias  für  die  Göttin  selbst  halte,  einer  Dame 
gegenüber  recht  boshaft. 

Ich  glaube,  daß  Lukian  hier  ein  ähnliches  Verfahren  eingeschlagen  hat  wie  später 
in  der  ^tnoXoYfa.  Ebenso  wie  er  in  dieser  Schrift  dem  Sabinus  die  Worte  seiner  Gegner 
in  den  Mund  legt,  läßt  er  in  unserm  Dialog  die  Panthea  die  Vorwürfe  wiederholen,  welche 
ihm  von  seinen  Zeitgenossen  wegen  der  EIxÖvk;  gemacht  waren.  Wie  viele  werden  ihn  einen 
Schmeichler  genannt  haben.  Gegen  diese  ist  der  Dialog  gerichtet.  Daraus  erklärt  sich  die 
Berufung  auf  Diogenes  zu  Anfang  der  Verteidigung  (§  17)  und  am  Schluß.  Denn  daß  unter 
dem  besten  der  Philosophen  Diogenes  zu  verstehen  ist,  zeigt  Diog.  Laert.  VI  51  ror? 
aya^ovc  rad()ag  x)ton'  Iktyt  n'y.orac  tlvat.  Unter  den  Angreifern  werden  die  Kyniker  sich 
am  lautesten  hervorgethan  haben.  Indem  nun  Lukian  sagt,  daß  vor  iiim  erst  der  beste 
aller  Philosophen  bestraft  werden  müsse,  richtet  er  mit  dieser  ironischen  Bemerkung  die 
Spitze  gegen  die  Kyniker,  indem  er  ihnen  zeigt,  daß  das,  was  sie  ihm  als  Schmeichelei  vor- 
werfen, nichts  weiter  ist,  als  die  Anwendung  eines  Dogma  ihres  Meisters.  Auch  der 
philosophische  Ausspruch  über  das  wahre  Bild  der  Götter  findet  so  eine  bessere  Erklärung, 
als  in  einer  Verteidigungsrede,  welche  einer  auf  dem  Gebiete  der  Religion  so  ängstlichen 
Dame  gegenüber  gehalten  wird. 

Daß  Lukian  wieder  den  Lykinos  reden  läßt,  erklärt  sich  daraus,  daß  diese  Schrift 
ein  Gegenstück  zu  den  Eixött-c  ist.  Die  Panthea  konnte  Lukian  ohne  Weiteres  anführen. 
Ganz  abgesehen  davon,  daß  dieselbe  in  ehrenvoller  Weise  geschildert  wird,  war  ihr  Einfluß 
mit  der  Auflösung  ihres  Verhältnisses  zu  Verus  geschwunden;  in  den  Augen  der  Zeitgenossen 
gehörte  sie  fortan  dem  großen  Kreise  der  vulgares  amicae  dieses  Piegenten  an. 

Dieser  Dialog  ist  jedenfalls  nicht  viel  später  als  die  IuxÖvk;,  vielleicht  gleich  nach 
dem  Partherkriege  verfaßt  in  der  ersten  Zeit  der  Niederlassung  des  Lukian  zu  Athen,  im 
Jahre   16.'j. 

H).     y/t^Kfnv  iig. 

Lykinos  begegnet  dem  schönen  Lexiphanes,  welcher  ein  Buch  in  der  Hand  trägt. 
Dieser  drückt  sich  sehr  gespreizt  und  geziert  aus.  Der  mutwillige  Lykinos  thut,  als  ob  er 
die  fremdartigen  Wörter  nicht  verstehe,  wodurch  ein  komisches  Mißverständnis  entsteht. 
Lexiphanes  belehrt  ihn  und  erzählt  ihm,  daß  er  ein  Symposion  geschrieben  habe,  eine  Nach- 
ahmung des  Platonischen.     Lykinos  richtet  an  Lexiphanes  die  Bitte,  ihm  von  diesem  Nektar 


')  ^'J'/T/c/ians  xal  fejjr/XTTs  .  .  .  .  xai  ;r«//}r£(TO  rüg  i9e»i  u^uig  shm  «vrj. 


—     45     ■— 

einziisclieiiken.  Daiui  solle  er  das  Spotten  lassen  nnd  genau  /.iihören,  sagt  Lexipliancs.  Nach 
einer  scherzhaften  Bemerkung  des  Lykinos  liest  Lexiphanes  aus  dem  Buche  vor.  Dasselbe 
strotzt  eineiseits  von  veralteten,  andrerseits  von  neuen,  seltsam  gebildeten  und  schwer 
verständlichen  Wörtern,  S"  daß  Lykinos  es  schlieülich  nicht  länger  aushalten  kann  und  den 
Lexiphanes  unterbricht.  Er  sagt,  anfangs  habe  er  lachen  müssen,  dann  aber  habe  er  den 
Lexiphanes  bemitleidet  bei  dem  Gedanken,  wie  viel  Zeit  und  Mühe  er  darauf  verwandt  habe, 
einen  solchen  Schwärm  von  seltsamen  und  verdrehten  Wörtern  (^(T/iop  ihonoiv  x«l  öianrQmfun' 
oin/iuToir)  zu  sammeln.  Er  habe  keinen  aufrichtigen  Ereund  gehabt,  der  ihm  gesagt  habe, 
wie  eine  solche  Arbeit  ihn  in  den  Augen  aller  Gebildeten  nur  lächerlich  mache.  —  Da 
kommt  der  Arzt  Sopolis.  Lykinos  erzählt  demselben,  an  welcher  Krankheit  Lexiphanes  leide 
und  bittet  ihn  um  ein  Heilmittel.  Der  Arzt  hat  gerade  einen  Trank  bereit,  welchen 
Lexiphanes  nach  einigem  Sträuben  nimmt.  Er  bricht  alle  die  unglückseligen  Wörter  aus 
und  ist  geheilt.  Lykinos  schlägt  nun  einen  ernsteren  Ton  an  und  unterweist  Lexiphanes, 
wie  er  ein  tüchtiger  Redner  werden  könne.  Er  solle  die  besten  Dichter  und  alten  Redner, 
ferner  den  Thukydides  und  Piaton  studieren  und  sich  nicht  bethören  lassen  durch  die  Red(!- 
l)]umen  der  Redner  der  jüngsten  Zeit.  Vor  allem  solle  er  nach  Klarheit  und  Deutlichkeit 
streben  und  den  Hochmut  fahren  lassen,  in  welchem  er  stets  die  Werke  der  Anderen 
herabsetze.  Seine  fremdartigen  Wörter  würden  nur  von  den  Ungebildeten  angestaunt,  die 
Gebildeten  lachten  über  dieselben.  Das  Komischste  dabei  sei,  daß  Lexiphanes,  der  ein  so 
feiner  Atticist  sein  wolle,  noch  häufig  solche  Ausdrücke  gebrauche,  die  selbst  Schulkindern 
auffällig  seien.  Er  habe  sich  geschämt  zu  sehen,  wie  unwissend  Lexiphanes  in  solchen 
Dingen  sei.  Aber  noch  könne  er  sich  eines  Besseren  belehren.  Thue  er  dies,  so  habe  er 
sich  gut  beraten,  verfalle  er  dagegen  wieder  in  die  alte  Näscherei  (h^vfCa),  so  habe  er, 
Lykinos,  seine  Pflicht  gethan  und  Lexiphanes  selbst  trage  die  Schuld  daran,  wenn  man  ihm 
sage,  daß  er  schlechter  geworden  sei.   — 

Von  den  älteren  Literpreten  bemerkt  Graevius,  daß  er  in  einem  Scholion  des 
codex  Vossianus  gelesen  habe,  daß  in  dieser  Schrift  das  Onomastikon  des  PoUux  verspottet 
werde,  und  andere  Gelehrte,  wie  Kuehnius  betrachten  dies  als  eine  Thatsache.  Gegen  diese 
wendet  sich  Hemsterhuys  in  seiner  \'orrede  zum  Pollux  ').  In  dem  damals  erst  seit  kurzem  durch 
den  Druck  bekannt  gemachten  Vossianus,  welchen  Graevius  nur  gemeint  haben  könne,  stehe 
das  betreffende  Scholion  nicht  am  Anfang  des  Lexiphanes  sondern  am  Anfang  des  'Pijioqwv 
öidüüxaXoc,  und  Graevius  werde  diese  beiden  Schriften  mit  einander  verwechselt  haben. 
Auch  sonst  sei  die  Annahme,  daß  auf  das  Onomastikon  angespielt  werde,  nicht  stichhaltig. 
Eine  große  Anzahl  von  Wörtern,  welche  im  Lexiphanes  gebraucht  würden,  fehlten  im  Pollux ; 
ferner  träfen  bei  diesem  die  Vorwürfe  nicht  zu,  die  Lykinos  dem  Lexiphanes  mache,  daß  er 
selbst  neue  Wörter  erfunden  habe^)  und  diese,  ohne  sich  um  den  Sinn  zu  kümmern,  in  irgend 
einen  Gedanken  hineinzwänge.  Somit  könne  Pollux  nicht  gemeint  sein.  —  Ranke  sieht  in 
dem  Lexiphanes  eine  Pai'odie  auf  das  Werk  irgend  eines  Grammatikers,  etwa  des  Herodian, 
welcher  ein  Symposion  geschrieben  habe''). 


')  p.  29  u.  ao. 

'■')    §   IT"  mv  TÖ.  /liv  aÖTug  iizohjaai. 
■*)    I>iici;iiuis   et    PiilliiK   p.   27. 


—     4G     - 

Ich  stimme  mit  Hemsterluiys  darin  iibeicin ,  dali  eine  Ansjjielung  anf  das  Onoma- 
stiken nicht  stattfindet,  einerseits  wegen  der  vielen  Wörter,  welche  beim  Pollux  nicht  vor- 
kommen ,  sondern  von  Lykinos  neu  gebildet  sind  {?..  B.  S  1  InCßvctqa  §  2  InO.ovxiior, 
lovnÜv,  avvTv^ißwQvyriv,  odvvriQwc.  (Adv.),  aironoÖriTl  §  3  JMtuyiJv  §  4  oifOa'/./waoqoc, 
Xti/jaXfoc  §  ö  aQaydrjV,  x*'Qoßo?.t(„,  ÖthftnXm  §  fi  ^/jßQvudöxoq,  tnroy.u^c.  S  7  y.Qviinfifxurnoi; 
§15  loyam,  dnoyX(,nt('C,M  u.  a.  m.)  andrerseits  weil  der  Scherz  nicht  allein  in  der  Sammlung 
von  veralteten  und  der  Bildung  von  neuen,  seltsamen  W.irtern,  sondern  auch  darin  besteht, 
durch  auüergewöhulichen  Gebrauch  l)ekannter  Wörter  und  doppelsinnigen  Ausdruck  komische 
Wirkung  zu  erzielen.  Als  Beleg  dafür  mögen  folgende  Stellen  dienen: 
a.    Außergewöhnlicher  Gehrauch  bekannter  Wörter: 

>,  ■••  c<XQfi<yru  i/iäria  .  .  .  xai  ucfOQrjTct  vnoörifjarcc.  äxotjaroc  hier  „ungebraucht", 
sonst  „unbrauchbar"  (Flaton  Lys.  204  b.  *,>J  dVV«  xu  ,ufv  «//.«'.)«, 7.0 c  xal  «x^'/ffroc)  dy^6- 
QilTOi  „ungetragen",  sonst  „unerträglich"  (Thuc.  4   12fi). 


S    2. 


S 


aqtoaittTv  „essen",  sonst  „Brot  essen"  Xen.  Cjt.  VI  2  §28, im  Gegensatz  zu 
ct/.ifnoffiTtTr.      ib.  xav^uza   „Frost",   sonst   „Hitze". 

S  ^-      itnoDQf'^ofiiu   „laufen",  sonst  „davonlaufen"  (Xen.  Anab.   VII  fi  §  5). 

^  4.  rciQaSac  <p<XQfiaxoi\  tuq.  „mischen"  ').  ib.  dn^Qv^qir~Gai  ,.nicht  mehr  rot  sein" 
sonst  „nicht  mehr'  erröten,  schamlos  sein"  (Luc.  .lud.   Voc.  §  8.). 

8  •>•  uXtxTQvah'  unwdoc  hier  „der  ausgesungen  liat,  senex",  sonst  ..miliiöuend" 
(Eui-ip.  Oycl.  ed.  Dindorf  v.  AM). 

§  7.    yriysvtj  für  oatqüxiva  „irden". 

§   11.    dnayxoviXm  „vom  Strick  losmachen",    sonst  „erdrosseln"   Diog.  Laert.  VI  52. 
§    l'^>-    x^f'ccnntti;   Uluktc)    für    dQVTrtrfTc.    ÖQvnfrtic    (sie)    das    attische    Wort    für 
nfnuqoc  Moeris  ed.  Pierson  p.   120. 

§  !•''■  i<Qxc<ioXoyriaon>  „altertümlich  reden",  sonst  „alte  Geschichte  erzählen". 
Thuc.   VII  f,9. 

b.  seltsame  Verbindungen. 

§  4.    Öie^ov  ßXfnsiv  „feucht  sehen"  (triefäugig). 

J.    i](i€i,  Tfjv  vrjariv   „den  Leerdarm  ausbrechen". 
§  6-    oh'oc  antnioc.     §   10   Sßcnoc  yrrtj. 

§  15.  dvaxati(^oi  tov  ÖQofjov  xo  ^öOtov  eigentlich  „an  den  Ilaaren  das  Wogon- 
gebrausis  der  Fahrt  zurückziehen«  für  .^das  Schiff  im  Laufe  hemmen". 

c.  Jocus  in  ambiguo. 

S  '>■    ^r>tQ^ioxQctyfi   „Warmes  oder  Bohnen  essen". 

§   0.    o  dxqaxriyoc,  dnxoc. 

§  10.    J  ff^yg  aavXov/jn'og  i'ftnföoc  lanv.  J^fin.  hier  „in  Fesseln- . 

§  12.    r^v  xeipal^v  tioXiuc,  „grau",  sonst  Beiname  der  Athene. 

§  15.    fxxoQag  („Anker")  dfjfpKrtoftovc. 

ih.  iaxttduc  („Anker",  gew.  „getrocknete  Feigen«)  ffiÖr^Q/Hc. 


')    F.l.cnso   Eiasistratos   ],.!   Atli..i..   VII  ,)Mi.   ix  ro',  aT,'jaroi  Tsrnpay/iivO',  ,ucMU. 


—     47      — 

ib.  n/..t  xcu  vt7  xal  ^h.  Der  Scherz  liegt  in  der  Zusammenstellung  von  itt  (attisch 
für  )'ij&fir  „spinnen")  mit  nht  nnd  ^tt  und  in  dem  Doppelsinn  dieses  Wortes. 

ib.  dno  ([cö.dxqior.  Td  (DdXnxqa  und  «f.  (IhiXaxQai  „Vorgebirge  des  Ida"  und 
(fctlaxQoc  „kahlköpfig". 

Für  die  Richtigkeit  der  Meinung  von  Hemsterhuys,  Aa,&  auf  das  Onoraastikon  nicht 
angespielt  werde,  spricht  ferner  eine  Stelle  in  diesem  Werke  des  Pollux,  nämlich  IX  137. 
Dort  wird  der  Ausdruck  nviu'Cfir,  der  im  Lexiphanes  §  21  gebraucht  wird,  getadelt  und 
verworfen:  xal  t6  nvtctCtir  naqü  ts  riläiwvi,  xal  dXloic  i-lQijfih>ov'  ä)J.'  ox<  n^oaCfftai  t6 
ovofict.  Auch   zeigt   Athen.  III   c.  .53  und  54    (p.  98  a— f),   wie   zahlreich   die   Klasse   der 

oro/(«ro.>^()«t  oder  ,>)/(>oAfi"*/e')  vertreten  war.  Das  von  den  Ovlntärtioi  aofiaial  gebrauchte 
InroKßrjC  und  manche  der  c.  53  angeführten  Ausdrücke  des  Pompejanus  {u^poQiiToc  und  dxQriaiog 
„ungetragen"  und  „ungebraucht",  das  Doppelsinnige  ontöc,  xai'para  vom  Frost)  finden  wir 
bereits  im  Lc-xiphanes,  ein  Beweis,  daß  diese  Wörter  und  Ausdrücke  Gemeingut  eines  größeren 
Kreises  waren.  Wir  sehen  ferner  dai'aus,  wie  vorsichtig  Lukian  gearbeitet  hat.  Er  konnte 
gewiß  die  seltsamsten  Wörter  und  Verbindungen  durch  irgend  ein  Beispiel  erklären  und 
verteidigen. 

.\ber  wenn  auch  Hemsterhuys  darin  Recht  hat,  daß  eine  Anspielung  auf  das  Ono- 
niastikon  im  Le.xiphanes  nicht  stattfindet,  so  geht  er  doch  darin  zu  weit,  daß  er  überhaupt 
jegliche  Anspielung  auf  Pollux  verwirft.  Ein  ^'erg]eich  mit  der  Schrift  'Prjc6Qwv  didüaxu'/.oc, 
beweist  das  (iegenteil.  Alle  Eigenschaften  des  Lexiphanes,  welche  Lykinos  erwähnt  und  tadelt, 
verlangt  der  Lehrer  dort  von  seinem  Schüler.  Lykinos  sagt  zu  Anfang  .ii^ttfrivijc  o  htt?.oc. 
Der  Lehrer  sagt  (§  T6)  Ku'/.oc,  ydQ  ihui  i^flf.  Lykinos  sagt  (-/*?.  §  24)  xal  o  iv(foc  dt  xal 
/jeyalai'xta  xal  rj  xaxotj^fin  .  .  .  an fßiw.  Der  Lehrer  fordert  (§  15)  xofjt'Qe  .  .  .  t^i^ 
((/uu'Xaf,  iittt  UQaßoc  tiil  rovTU)  xat  löljiav  xai  ctvaics'/vviiuv.  Lykinos  sagt  (§  24)  anfatw 
.  .  .  oiKf^at  öti  TTQono^  i'rfii  avTÖc,  tjv  td  ndrio)i>  nrxoipanTjc,  der  Lehrer  (§  22)  ö  dt 
fifyiOToi'  .  .  .  andvtwr  xarayf/.a  rwv  Xtyövtwr.  Lykinos  verlangt  §  23  fit]  (ji/ifta^ai  twi' 
o'/.i'yo)'  TT (50  ^/iwt'  yfyo/u'rwv  (To<ft0twv  td  ffavXoTaia,  der  Lehrer  (§  17)  dvayt'yrayffxt  r«  na?.aid 
^ifr  ,<(//  av  ;f,  «AA«  lovc  oh'yov  tcqo  ^fiiHv  köyovi;  xvl.  Im  Lexiphanes  bricht  dieser  nach  dem 
Trank  des  Sopolis  folgende  Wörter  aus:  ngoitov  roinl  to  /iwv,  thu  fjti'  avto  t§i-).ijkv,'te 
in  xattt,  iha  f/f'  avtoic  To  ö'  tj  (5'  de  xal  dfUjyfntj  xal  Xwßxf.  xal  d^novO-fr  xal  avvtxfc  to  atxa, 
der  Lehrer  schreibt  vor  (§  16)  ov  nXeCm  yt  tmv  ti'xoffip  Ir/tttxd  oi'o>-«Ta  ixXf'iac  noi^fv,  xal 
ittvta  axQißwc  txjifXf-tijaac,  riQnyj-iQa  fn  axQac  trjc  yXuniijc  f'xf  to  atra  xal  xdra  xal  /löir 
xal  d/Jtjyfjiij  xal  Xmait  xal  td  roiuvta.  Auch  die  dnoQ^ijta  xal  '§fra  ^tj/jata  xal  anaviaxic 
fiorifjifva  fehlen  ebenso  wenig  wie  die  xaivd  xal  dXXoxota  ovöfiata.  Das  von  dem  Lehrer 
augeführte  x^iodcotpoc  steht  ,/f'£.  §  14  (ähnlich  oijdaXfionoiioc  §  4)  und  das  ebenfalls  als 
Beispiel  angeführte  unoatlfyyCGaaOai  und  flXri^k(,fla;)ai.  überbietet  die  Ausdrücke  (,/tS.  g  2) 
(TiXtyyCda  und  ngdc  tr/v  t'i'Xtjv  O^f^tadai.  Lexiphanes  fragt  §  1  den  Lykinos,  ob  seine  Rede 
tvXfitc  ist,  und  der  Lehrer  sagt:   rof)ot}fttt  tdt>  ijfr  iQiujvevffai  ötnoi'  ti'Xt'§it>  xaXtlv. 

Aus  dem  Vergleich  dieser  Stellen  scheint  mir  zur  Genüge  hervorzugehen,  daß  wir 
uns  unter  Lexiphanes  und  dem  'PrjTÖqotv  ötödaxaXog  dieselbe  Persönlichkeit  zu  denken  haben. 


J)   ^rjpö}.s^is  ü  ras  ^i?£ts  Srj/ju>ߣ>og  llesych.  t'd.  Soliniidt  11  p.  31t). 


Lcxij)haiies  ist  I'ollux  in  seinen  jüngci'en  Jaluen,  der  diöän/u'/.oc  dei"  Mann  in  reiferem  Alter, 
der  Theoretiker,  der  Lehrer  der  Beredsamkeit.  Schon  vor  seiner  amtlichen  Thätigkeit 
hatte  PüUux  in  Athen  auf  eigne  Hand  eine  Ilednerschule  eröffnet. ')  Außer  seinem 
Onomastikon  hatte  er  rhetorische  Schriften  veröffentlicht:  diaXfinc  tjioi  /m/.iuc,  ferner 
fit).(tac.^)  Diese  erregten  den  Spott  des  Sophisten  Athenodoros  (Philostr.  ed.  Kayser  II 
]).  98),  der  sich  über  Ausdrücke  wie  ol  l'artd'/.ov  x^noi  lustig  machte.  Auch  Philostratos 
urteilt  nicht  günstiger  II  p.  Oti  lovc  dt  coijianxovc  rvr  löyo^v  lokfjtj  ^ciJJ.ov  tj  rt'xrij 
'iv)fßa/.'/.t  {/ctQQriffac  lij  (fvGfi.  Ein  Symposion  wird  allerdings  unter  den  bei  Suidas  an- 
geführten Titeln  nicht  erwähnt.  Der  ./t^Kfätijc  zwingt  auch  nicht  auf  ein  solches  Werk  des 
Verspotteten  zu  schließen,  wie  Ranke  meint,  indem  er  unter  dem  Loiphaues  den  Herodian 
versteht.')  Lukian  wollte  nur  die  Sprache  verspotten  ;  dies  konnte  er  thun,  welchen  (Jegen- 
stand  er  auch  immer  behandeln  mochte. 

Lukian  wird  gleich  nach  seiner  Niederlassung  in  Athen  mit  Pollux  bekannt  ge- 
worden sein.  Bei  der  Verschiedenheit  der  Charaktere  fühlten  sie  sich  bald  von  einander 
abgestoßen  und  Lukian  machte  seinem  Unmut  über  das  unwissenschaftliche  Treiben  des 
Pollux  durch  die  Abfassung  des  Lexiphanes  Luft.  Ganz  gebrochen  hatte  er  noch  nicht  mit 
ihm,  wie  die  ernste  Mahnung  am  Schluß  beweist.  Später,  vielleicht  infolge  dieses  Dialogs, 
artete  das  Zerwürfnis  in  bittere  Feindschaft  aus,  die  von  seiten  des  Lukian  im  'Pi^x6(i(t)v 
öiöüaxa'/.oc  einen  so  kräftigen  Ausdruck  findet.  Der  Dialog  wird  demnach  in  den  ersten 
Jahren  des  dauernden  Aufenthalts  in  Athen,  etwa   l(i(i  n.  Chr.  verfaßt  sein. 

Einen  so  persönlichen  Angriff'  konnte  Lukian  in  einer  dialogischen  Schrift  nur  unter 
der    Maske   des    Lykinos   macheu.     Dieser  zeigt    am    Anfang    seinen   gewohnten   feinen    Spott 
(ridii    yiia    -not   avy^/joir    ^fjilv   )'(jo.(ptic;     ---     t'^xiuQoc    y^'-Q   nt'oc    loixac    oh'oxoijanv    rjfiJv    cxn 
avTo{i.     "  Afyt  UaQQUiV,  lac  ifjioiyt  ovTt   KvilJt'loc  Tic  ovtf    /JfQiitidgoc  tr  tolc  w0»  ruOr^iai}. 
Die  ernsten  Worte  am  Schluß  geben  die  Meinung  des  Schriftstellers  wieder. 

II.       Wtvdoao(/  iaT7,g    fj    ^oko/xiarr  $, 

Ungebildet  wäre  ich,  wenn  ich  in  meinem  Alter  uoch  fehlerhaft  spräche  (d  ao- 
koiyJ^oifji)  sagt  derjenige,  gegen  welchen  in  diesem  Dialog  der  Spott  des  Lykinos  gerichtet 
ist.  Dieser  wird  einfach  :^o/.oiy.iair]i;  genannt.  Mit  diesem  Namen  wird  keine  einzelne  be- 
stimmte Persönlichkeit,  sondern  wie  mit  hrn'moc  im  Zftc  t/.*yx-  eine  ganze  Gruppe 
bezeichnet,  und  zwar  die  der  vnfgaiTixftoiT.c,  welche  in  ihrem  Streben,  reiu  und  fehlerlos 
zu  sprechen,  die  Feinheiten  des  Attischen  sicli  aneigneten,  dagegen  über  die  gewöhnlichsten 
Dinge  hinwegsahen  und  in  diesen  oft  große  Unwissenheit  zeigten. 

Der  Dialog  zerfällt  in  drei  Teile.  In  dem  ersten  zeigt  Lykinos  ganz  den  gewohnten 
Übermut  und  Mutwillen,  indem  er  den  Soloecisten  beständig  in  die  Enge  treibt.  Er  sagt, 
er  würde  nur  dann  glauben,  daß  der  Soloecist  fehlerlos  spreche,  wenn  er  auch  bei  andern 
solche  Versehen  merke.    Dann  weiß  er  bei  der  Probe  die  Soloecismen  so  geschickt  als  etwas 

')  Raiiko  1.  1.  1).  .10. 

")   Suidas.  Ilaiikc  1.  1.  \>.   11. 

")   i>.  27. 


—      4!)       -- 

Nebciisachliclies  in  deiu  (iedauken  uiizubiingen-,  daß  die  Aufmerksanikeit  des  Soloecisten  sich 
iiuwillkiirlicli  auf  ein  anderes  Wort  richten  muß.  Man  muß  sich  denken,  daß  Lykinos  sehr 
schnell  spricht  mit  starkor  Betonung  der  für  den  Sinn  bedeutenden  Wörter. 

{jl.  l'^i  rrf  ^iiov  ).aßov  Go'/.oixiXorroc,  cxoii  di  ao'/.oiy.io)  (iür  avrdia  ^Kxla  (Jo?.oixiw). 
Der  Solüccist  denkt  noch  an  die  Auft'orderung  ).aßov,  wenn  er  antwortet  ovxovv  dnL 

ibid.  avOiq  di  axojtei.'  ov  yctQ  af  <f>ji.n  diU'aad-ai  xccravo^aat,  tuet  S  /jiv  olffd-\  «  di 
ovx  olffOu  (für  td  fjh'  .  .  zu  df).  Auch  hier  denkt  der  Soloecist  bei  der  Antwort  eirce  fiovov 
noch  an  axöriti. 

ibid.  -tntl  otpt'/.ov  xal  tri'  dxoXovOijaai  övr^atj.^)  Hier  wird  xai  rvr  besonders 
betont,  so  daß  das  folgende  Futur  weniger  bemerkbar  wird. 

§  2.  ^o)..  rfvttc  TQtic;  ^Ivx.  oloi'c  aQityn'tCorc  ffür  aQTtysvt'^Tovc).  Der  Soloecist 
denkt  noch  über  die  drei  früheren  nach. 

ibid.  y/t/.fxiai  xcü  aeao?.o{x'i0Tai  TfiQankrj ,  ßv  ö'oilx  l'yroic'  fifya  ovv  clDJ.ov  (für 
/ifyar  ovv  cl^Xor)  xaxrTiQa'^ttc  ccv,  tXixfq  lyroc.  Auch  hier  denkt  der  Soloecist  noch  darüber 
nach,  welches  der  vierte  Soloecismus  gewesen  sein  mag;  durch  die  folgenden  Worte  oib  7,0 
üüKov  Iffr/v  at  xaTanQaSni  wird  er  mehr  auf  die  Redensart  geführt  als  auf  den  Artikel. 

Ebenso  §  .S  dk/.d  fiijr  /jtl/ijxa  'Mv  )Myw  (für  /.aywr)  rai^mc'  dgce  naQrj'Sfv;  Hier 
denkt  der  Soloecist  zunächst  daran,  was  der  Sinn  bedeute,  wobei  er  den  Accusativ  ?.ttyo) 
leicht  überholen  konnte. 

.\liiilich  verhält  es  sich  bei  den  folgenden  Soloecismen  6if(jl^oQc<c,  ilt)).aC,6vtMv  und 
cdiiärovra. 

In  dem  zweiten  Teil  ^  .5—8  nimmt  Lykinos  einen  ernsteren  Ton  an.  Er  will  dem  ' 
Soloecisteu  zeigen ,  in  welcher  Weise  man  die  andern  auf  Versehen  aufmerksam  machen 
müsse,  nicht  in  verletzender  Weise  unter  Hohn  und  Spott,  sondern  freundlich  und  ohne 
denselben  lästig  zu  fallen  (.dnnctyjt^wi;).  Zu  dem  Zweck  führt  er  den  Grammatiker  Sokrates 
von  Mopsus  an,"'')  dessen  Vorträge  er  in  .Ägypten  gehört  habe  und  zeigt  an  einer  Reihe  von 
Beispielen,  wie  dieser  bei  ähnlichen  Soloecismen  die  Betreffenden  in  freundlicher  und  scherz- 
hafter Weise  belehrt  habe. 

Dann  beginnt  wiederum  i^  8  die  Unterredung  zwischen  Lykinos  und  dem  Soloecisten. 
Anfangs  verfährt  Lykinos  in  der  früheren  mutwilligen  Weise  z.  B.  tl  d(  rtg  ?Jyoi  aoi  naQf).- 
^uiv,  WC  dno'/Jnoi')  ri^p  yvi'atxa,  «p'  äy  tniVQfnon;  aitüi;  Hier  wird  durch  den  zweiten  Satz 
die  Aufmerksamkeit  von  dem  Wort  dno/Jnoi  auf  den  Inhalt  des  Gedankens  gelenkt,  so  daß 
dem  Soloecisten  die  Geduld  reißt  und  er  dem  Lykinos  den  gewohnten  Vorwurf  macht: 
rßQißiijc  ff.  —  Aber  bald  wird  Lykinos  ernster  und  belehrt  den  Soloecisten  jedesmal,  worin 
das  Fehlerhafte  bestehe,  z.   B.  §   lU  ort  c6  fitv  fft  i'ßgtXnv  %o  amiiü  laxi  to  o6r  ^toi  n/.tjycttg 


')  otp^Xo'j  .  .  '^'j'yr^arj.  Der  bclioliaftt  bciiifikt:  ri  o^eXov  oudinoTB  /icMoi'TOS  ao',Tdaasrrj.t  äicape iKpdrw  9j 
ÜKOToxTixüJ  /.tX.  lih  glaube  nicht,  daß  daiiii  der  Soloecismus  besteht,  sondern  in  der  Zusammen- 
stelhing  xoi  >/J>  'h/^rjor^.  IjcUlert'S  ist  Indic.  fut.  wie  Epist.  ad  Galat.  v.  12  oifshv  xal  u-oxi'xJ'O'^rm  ol 
oyaarazoiH'Ttg  ü/xäg. 

^)    11  mfi   Moi^o",  sonst  nicht  weiter  bekannt. 

■''I    l'hum.  Maff.  cd.  Ritschi.  '^9,   1.3  äTToAzt'mt  fj  yji'ij  rm  ävu/ia,  ixßdAXct  dz  ö  dt^ijp  ■'■'i"  yjxztxa. 


—     50     — 

tj  df(T/io7c  1]  xai  «AAm  tqottw,  rö  Sf  i'c  Gf,  öiar  fi'c  ri  rwr  o'oTr  yfyvijTCd  tj  vß{)ic.  Zum  Schluß 
fügt  Lykinos  dann  noch  die  Mahnung  liinzu,  daß  der  Soloecist  noch  manches  zu  lernen 
habe,  wenn  er  sich  nicht  den  falschen  Schein  von  Gelehrsamkeit  geben  wolle,  während  er 
im  Grunde  nichts  wisse.     \l).).'  ovx  av  ö6'S.ui(.n  antwortet  der  Soloecist. 

Es  kann  wunderbar  erscheinen,  daß  manches  von  dem,  was  hier  als  Soloecisuius 
angeführt  wird,  von  Lukian  selbst  in  seinen  übrigen  Schriften  angewandt  wird.  So  finden 
wir«, «fr  .  .  ä  di  wieder  '^Pfjt.  dtd.  §  15.  f'neira  xavioc  a  fiiv  nqoi'övti  tTnöeixviig  xatti  t-qv 
udör,  u  ()f  y.cel  nuqatvwv.  ferner  Ttfimv  §  57  m  (t^v  .  .  .  w  Sf,  worüber  Thomas  Magister 
ganz    ratlos    ist    (p.   48,    10  tl  xal  .iovxiavog  l^yet,    ovx   olöa    fl'te  nctt^oir  fl're  (mnv(i(<^oif) 

§  5.  nat()ma  für  natQia.     Ebenso  Errovx-     §  ^-  ""'  if-Qow  naiQMwv: 

ibid.  fS  tTunoliic  (Thoraas  Magister  113,  4  ordne  iwr  doxi'^ow  ti  ^nmoX^c  tlnn', 
d?.ktt  jicirifc  xwp'c  T^c  ^S.)     Ebenso  JS'tyQ.     §  35  ov  yaQ  ,''§  IniTiokric. 

§  7.  ■  nqoc  öe  tov  Xfyovra  nXfjv  ei  ju?/,  tuvta,  i(pij,  dnikä  ^agC^i}.  Dies  getadelte 
nX'^r  n'  fti^  finden  wir  ßlmv  nqaa.     §  7.   ntql  rwr  ?nl  piaO^.  air.  §  9  und  23.  — 

Dieser  Widerspruch  ist  jedoch  nur  scheinbar.  Wir  müssen  bedenken,  daß  dieser  Dialog 
eine  Satire  ist  und  Lukian  unter  der  Maske  des  Lykinos  auftritt.  Dieser  führt,  um  auf  die  Frage 
des  Thomas  Magister  zu  antworten,  rral^on'  manches  als  Soloecismus  an,  was  dem  Schriftsteller 
nicht  als  solcher  erschien,  sondern  nur  bei  den  strengen  Atticisten  für  fehlerhaft  galt,  deren 
Inkonsequenz  verspottet  wird.    Sich  selbst  hatte  Lukian  damit  keineswegs  die  Hände  gebunden. 

Fritzsche  hält  diesen  Dialog  für  unecht.  Die  Gründe  dafür  hat  er  noch  nicht  an- 
gegeben. Sommerbrodt  setzt  denselben  mit  unter  die  Schriften  des  hohen  Alters,  vielleicht 
aus  demselben  Grunde  wie  Solanus,  nämlich  wegen  der  Worte  §  5  ^wxQai^^  o  dno  Möi^iov, 
o)  (rvvfyfvöjitji'  h'  AlytTJurt.  Es  ist  nicht  unmöglich .  daß  Lukian  während  der  Zeit  seiner 
amtlichen  Thätigkeit  in  Ägypten  in  seinen  letzten  Lebensjahren  noch  einmal  auf  kurze  Zeit 
nach  Griechenland  kam  und  von  der  alten  Schreiblust  ergriffen  wurde.  Aber  das  ganze 
Auftreten  des  Lykinos  in  dem  Dialog,  der  Wechsel  zwischen  Scherz  und  Ernst  sprechen  für 
eine  frühere  Zeit  der  Abfassung.  Auch  spricht  Lukian  in  allen  übrigen  Schriften  des  hohen 
Alters  wiederum  in  der  ersten  Person.  Ferner  paßt  der  Ausdruck  avifynoijr,!'  ..icli  genoß 
als  Schüler  seinen  Unterricht"  (Plato.  Meno.  pag.  91  e  /J^ouayoQac  ....  öicctiOtCqmv  rorg 
cvyyiyvofifrovc)  nicht  auf  den  Lukian  in  reiferem  Alter.  —  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  daß 
Lukian  in  seinen  jüngeren  Jahren  auf  seiner  Überfahrt  von  lonien  nach  Griechenland  sich 
eine  Zeitlang  in  Ägypten  aufhielt,  wenn  dies  auch  im  Jic  xatijy.  nicht  ausdrücklich  erwähnt 
wird.    Ich  setze  die  Abfassung  des  Dialogs  in  dieselbe  Zeit  wie  die  des  Lexiphanes. 

Die  ^'Egamc  halte  ich  mit  Cobet,  Fritzsche  (De  libris  Pseudolucianeis  vol.  III  pars  II 
Prolegg.  pag.  LXXII)  Bekker,  Dindorf  für  unecht. 

111. 

Die  obige  Untersuchung  hat  das  Resultat  ergeben,  daß  die  größte  Zahl  der  Lykinos- 
dialoge  in  der  Zeit  von  160 — 166  n.  Chr.  verfaßt  ist  und  daß  in  den  Dialogen,  von  denen 
dies  nicht  so  bestimmt  behauptet  werden  kann,  auch  wiederum  nichts  zwingt,  eine  spätere 
Abfassungszeit  annehmen   zu  müssen.      Wir   dürfen  daraus  wohl    den  Schluß  ziehen,    daß  die 


—      51      -- 

Lykinosdialogc  die  ersten  von  den  in  dieser  Form  verfaßten  sutirisclien  Schriften  des  Lnkian 
sind.  Damit  ist  auch  eine  Antwort  gegehen  auf  die  Frage,  weshalb  Liikian  in  den  übrigen 
Dialogen  mit  seiner  Persönlichkeit  zurückhält.  Bei  seinem  Bestreben,  den  satirischen  Dialog 
immer  mehr  zu  vervollkommnen  und  zu  künstlerischer  Reife  zu  bringen,  kam  er  zu  der 
Überzeugung,  daß  es  vom  künstlerischen  Standpunkt  aus  betrachtet  besser  sei,  den  Schrift- 
steller nicht  mit  in  die  Handlung  eingreifen  zu  lassen.  Es  wird  ferner  trotz  der  Pseudo- 
nymität  an  Unannehmlichkeiten  von  Seiten  der  Angegriffenen  und  an  höhnischen  Bemerkungen 
über  die  Maske  des  Lykinos  nicht  gefehlt  haben.  Alles  dies  bestimmte  Lukian,  in  den 
spätei'en  Dialogen,  in  welchen  er  sich  nicht  wie  im  ./»c  xartj}.^)  und  \//.uvc  verteidigen, 
sondern  selbst  angreifen  oder  spotten  wollte,  seine  Person  ganz  aus  dem  Spiele  zu  lassen 
oder  da,  wo  er  persönlich  angreifen  wollte,  dies  direkt  in  der  ersten  Person  zu  thun,  wie 
z.  B.  im  Alexander. 

Mit  dem  aus  dieser  Untersuchung  über  das  persönliche  Auftreten  des  Schriftstellers 
gewonnenen  Resultat  steht  ein  Dialog  im  Widerspruch ,  nämlich  der  I\iy(>7roc.  In  diesem 
ist  liukian  die  Hauptperson.  Ferner  ist  demselben  ein  Brief  des  Lukian  an  den  Platoniker 
Nigrinus  voraufgeschickt,  in  welchem  er  diesem  schreibt,  daß  dieser  Dialog  ihm  beweisen 
solle,    welch    großen  Eindruck  seine  Vorträge  auf  ihn  gemacht  hätten'). 

Lukian  unterhält  sich  mit  einem  Freunde  (t-ralQoc),  dessen  Namen  wir  nicht 
erfahren.  Dieser  spricht  seine  Verwunderung  darüber  aus,  daß  Lukian  plötzlich  so  hoch- 
mütig geworden  sei.  Dazu  habe  er  alle  Veranlassung,  antwortet  Lukian.  Er  sei  nämlich 
so  ganz  beiläufig  C68ov  nctQf-(/yoi')  glückselig  (tvöuffiow  te  /ul  futxctQtoc)  oder  vielmehr 
dreimal  glücklich  (i()iG6?.ßioc)  geworden,  indem  er  aus  einem  Sklaven  ein  Freier,  aus  einem 
Armen  ein  wahrhaft  Reicher,  aus  einem  Unverständigen  und  Aufgeblasenen  ein  bescheidener 
und  maßvoller  Mensch  geworden  sei.  Der  Freund  weiß  nicht,  wie  er  dies  verstehen  soll. 
Da  erzählt  Lukian  ihm,  daß  er  in  Rom,  wohin  er  wegen  eines  Augenleidens  gereist  sei, 
den  berühmten  Platoniker  Nigrinus  besucht  habe.  Dieser  habe  ihm  einen  Vortrag  gehalten, 
welcher  einen  gewaltigen  Eindruck  auf  ihn  gemacht  und  die  von  dem  Freunde  beobachtete  Ver- 
änderung seines  Wesens  bewirkt  habe.  Der  Freund  bittet  den  Lukian,  ihm,  als  einem  Freunde, 
den  Inhalt  des  Vortrages  nicht  vorzuenthalten,  besonders  da  er  sich  mit  ähnlichen 
Arbeiten  beschäftige,  wie  Lukian.  —  Dieser  antwortet,  daß  der  Freund  nur  seinen  Wünschen 
zuvorkomme.  Er  sei  so  bezaubert  von  dem  Gehörten,  daß  er  immer  darüber  sprechen  müsse. 
Nichtsdestoweniger  hält  er  eine  lauge  Vorrede  darüber,  daß  er  vielleicht  mit  seinen  schwachen 


')  Fritzsche  (ad  Herniot.  §  13)  setzt  die  Alifassung  dieses  Dialogs  in  das  Jahr  l.öD.  Aber  die  Rede  des 
Dialogos  setzt  voraus,  daß  dem  Leser  bereits  eine  Anzalil  dialogischer  Schriften  l)ekannt  sind.  Andrer- 
seits treten  die  Götter  erst  in  den  späteren  Werken  des  Lukian  auf.  Ich  setze  die  Abfassung  in  das 
Jahr  166.  Lukian  wird  oft  genug  gefragt  sein,  weshalb  er  die  Laufbahn  eines  Redners,  welche  ihm 
so  viel  Ruhm  und  Ehre  eingebracht  hatte,  aufgegeben  und  mit  der  des  Schriftstellers  vertauscht  habe, 
ferner,  weshalb  er  diese  Art  des  satirischen  Dialogs  gewählt  habe.  Um  darauf  zu  antworten,  schriel) 
ei-  diesen  Dialog,  welcher  in  eine  Zeit  fällt,  in  welcher  Lukian  den  Entschluß  faßte,  in  Bezug  auf  seine 
l'erson  die  oben  erwähnte  Änderung  eintreten  zu  lassen. 

-)    iT£(  (Jl  /jöuji/  aot  (}rjXwirat   -ri/v  ißijv  yvciifir^i/    hH?M,    mmi   T£   >ijv    s^m    xal  an   /J.ij    napifiywg  s'ürj/i.imt  -/<«; 


Kräften  iiiclit  im  Stande    sein  weivle,    so  etwas  Ilcrrliclies  wiederzuerzählen,    bis   der  Freund 
ungeduldig  wird.     Nun  beginnt  er  mit  dem  Wiedererzählen. 

Nigrinus  habe  begonnen  mit  einer  Lobrede  auf  Atlien  und  die  feine ,  geistreiche 
Art,  in  welcher  die  Athener  das  lächerliche  Treiben  und  den  Übermut  der  Reichen  ver- 
si)otteten  und  diese  dadurch  von  einem  solchen  Leben  abzubringen  verständen.  Im  Gegensatz 
dazu  habe  er  das  Leben  in  Rom  scharf  getadelt  und  die  Vergnügungssucht  der  Römer,  die 
unsinnige  Verschwendung  und  den  lächerlichen  Hochmut  der  Roichen ,  die  Kriecherei  und 
Schmeichelei  der  weniger  Bemittelten  beschrieben  und  verspottet.  Besonders  heftig  habe  er 
die  Philosophen  angegrift'en,  welche  es  nicht  verschmähten,  unter  die  Schar  solcher  Schmeichler 
zu  gehen,  um  an  diesem  üppigen  Leben  teilnehmen  zu  können,  die  sich  ferner  bei  den  Oelagen 
der  Reichen  durch  ihre  Habgier  und  Unmäßigkeit  lächerlich  machten.  Audi  diejenigen  habe 
er  getadelt,  welche  aus  dem  Studium  der  Philosophie  einen  Erwerbszweig  machten  und  ihre 
Weisheit  für  Geld  glcichsan»  zu  verkaufen  pflegten.  Ebenso  jedoch  habe  er  die  übermäßige 
Askese  anderer  Philosophen  gerügt.  Dann  habe  er  über  sich  selbst  gesprochen.  Um  nicht 
mit  in  diesen  Strudel  hineingezogon  zu  werden,  halte  er  sich  von  allem  fern  und  führe  ein 
einsames,  in  den  Augen  der  Menschen  ..weibisches"  Leben,  nur  mit  dem  Studium  des  Piaton 
und  der  Pliilosopliie  und  dem  Studium  der  Wahrheit  beschäftigt.  An  einer  Stelle  dieser 
Wiedererzählung  Hiebt  Lukian  die  Bemerkung  ein,  daß  Nigrinus  das,  was  er  andere  gelehrt 
und  von  diesen  verlangt  habe,  auch  selbst  gethan  habe,  indem  er  kein  Geld  für  seine  Lehre 
genommen,  die  Bedürftigen  unterstützt  und  jeglichen  ÜberHuß  geringgeschätzt  habe.  ')  Die 
Wirkung  dieses  Vortrages,  fährt  Lukian  fort,  sei  eine  ganz  außerordentliche  gewesen.  Ihm 
sei  schwindlig  geworden,  der  Sehweiß  sei  hervorgebrochen,  die  Stimme  sei  ihm  stecken 
geblieben,  bis  er  zuletzt  geweint  habe.  Schließlich  bethätigt  Lukian  diese  Wirkung,  indem 
er  selbst  zu  philosojdiieren  anfängt  und  die  Seele  mit  einem  Ziele,  die  guten  Eindrücke  mit 
einem  gut  geschossenen  Pfeile  und  denjenigen ,  welcher  diesen  Eindruck  hervorbnngt ,  mit 
einem  Bogenschützen  vergleicht.  Diese  Wiedererzähluug  des  Lukian  hat  bei  dem  Schüler 
dieselbe  Wirkung  erzielt.  Gemeinsam  beschließen  sie  deshalb  zu  dem  zu  gehen,  welcher  sie 
verwundet  habe,  um  sich  von  diesem  heilen  zu  lassen. 

Schwaiv,-')  meint,  daß  der  Spott  in  diesem  Dialog  gegen  den  Nigrinus  selbst  gerichtet 
sei.  Lukiau  habe  dessen  Schüler  weiden  wollen.  Anstatt  den  mütmaßliehen  Schüler  nun 
in  die  platonische  Lehre  einzuführen,  habe  der  Philosoph  ilin  mit  moralisierenden  Vorträgen 
und  Lamentationen  über  die  sittlichen  Zustände  der  Stadt  Rom  traktiert.  Daher  die  fingierte 
Ekstase,  durch  welche  der  lächerliche  Versuch  des  schülersüchtigen  Philosophen  noch 
lächerlicher  werde.  Gegen  diese  Auffassung  spricht  der  Inhalt  des  voraufgeschickten  Briefes 
sowie  das  aufrichtige  Lob,  welches  Lukian  in  die  Erzählung  §  2()  eiiiHicht,  namentlich  die 
Worte  fif^'  anuai  fif  tovtoic  i^c  öictroCac  ro  rjQiioaiifror.  Die  Satire  ist  vielmehr,  wie  Wieiand 
bemerkt,  gegen  die  Verderbnis  und  ausschweifende  Thorheit  der  Bewohner  des  damaligen 
Rom  und  besonders  gegen  die  Afterphilosopbeu.  welche  zur  Zeit  der  Antonine  den  Kopf 
hoch  trugen,  gerichtet.     Auch   die   übertriebene  Ausdrucksweise   des  Lukian   am  Anfang  des 


')   §  2«. 

*)   H(l  IKtiu.  p.  3  An  111. 


—     53     — 

Dialogs  erklärt  Wieland  richtig,  indem  er  darin  eine  Verspottung  des  prahlerischen  Tones 
mancher  Philosophen,  namentlich  der  Stoikei',  erblickt.  Nicht  anders  wird  die  Ekstase  am 
Schluß  des  Vortrags  zu  erklären  sein.  Dieselbe  ist  eine  Parodie  der  übertriebenen  Aus- 
drucksweise, in  welcher  viele  ilu'e  Bewunderung  über  den  Vortrag  oder  das  Werk  eines 
Philosophen  und  über  die  gewaltige  Wirkung  desselben  aussprachen,  wie  /.  B.  Marcus 
Antoninus  dem  Pronto  ')  den  gewaltigen  Eindruck  schreibt,  welchen  das  Werk  des  Stoikers 
Ariston  auf  ihn  gemacht  habe. 

Ans  -der  genauen  Beschreibung  des  Charakters  und  Lebens  des  Nigrinus  ■')  geht  zur 
(ienüge  hervor ,  daß  wir  uns  unter  demselben  eine  bestimmte  Persönlichkeit  zu  denken 
haben.  Der  wahre  Name  derselben  wird,  wie  in  den  übrigen  Dialogen,  nur  angedeutet  sein. 
Fritzsche  vermutet  daher  mit  Recht,  daß  der  von  Galen ')  erwähnte  Platonische  Philosoph 
Albinus  gemeint  sei  vir  Luciano  aeijualis  doctorumipie  iuveuum  patronus.  Der  Dialog  wurde 
in  einer  Zeit  geschrieben,  wo  Lukian,  dem  Beispiele  des  Platonikers  Albinus  folgend,  fern 
von  dem  geräuschvollen  Treiben  der  Welt  in  dem  Studium  der  Platonischen  Philosophie  die 
gewünschte  innere  Befriedigung  zu  finden  suchte,  eine  Hoffnung,  in  welcher  er  sich  bald 
getäuscht  sah,  wie  der  'Eofioiifioc  zeigt.  Ich  glaube  daher  mit  Schwarz,^)  daß  derselbe 
vor  dem  Hermotimos  verfaßt  ist  und  halte  denselben  mit  Wieland  für  den  ersten  der 
satirischen  Dialoge.  Da  sich  nun  Lukian  erst  TtiraQdxovta  fti]  axtöov  ytyoroic  von  der 
Rhetoi-ik  losgesagt  hatte  (Jig  xuTtjy.  §  33)  und  Lykinos  im  Hermotimos  (|^  13)  tsTtaQaxovrov  iti<; 
aytdov  genannt  wird,  ist  die  Abfassung  in  das  40.  Jahr  des  Schriftstellers,  d.  h.  160  n.  Chr. 
zu  setzen.  Wichmann*)  hält  den  Nigrinus  für  den  ersten  philosophischen  Gruß  Lukians 
nach  Rom  aus  seiner  neuen  Heimat  Athen  und  setzt  die  Abfassung  in  das  Jahr  165.  Aber 
ein  solcher  Gruß  würde  nach  dem  Hermotimos,  in  welchem  selbst  der  Platonischen  Philosophie 
der  Absagebrief  geschrieben  wird,  dem  Nigrinus  wohl  kaum  willkommen  gewesen  sein. 

Wenn  wir  nun  bedenken,  daß  die  Abfassungszeit  des  Nigrinus  nicht  weit  von  der 
der  ersten  Lykinosdialoge  entfernt  ist,  daß  ferner  im  Nigrinus,  wie  in  den  übrigen  Lykinos- 
dialogen,  neben  ernsten  Stellen,  welche  die  wahre  Meinung  des  Schriftstellers  wiedergeben, 
Stellen  voll  ironischer  Uebertreibung  sich  finden,  so  werden  wir  mit  Recht  einer  Variante 
des  code.K  Vaticanus  I  (31),  einer  vortrefflichen  Handschrift"),  Bedeutung  beilegen.  An  drei 
Stellen  finden  wir  in  demselben  (§  1 1   und  §  38  zweimal)  ^/vx.  d.  h.  ^IvxTvoc.    Fritzsche  be- 


')  Fronto  ed.  Xabev  p.  75  u.  76.  Avistonis  libri  ine  hac  tempestate  bene  accipiunt,  atque  idem  liabent 
male:  cum  docent  meliora,  tum  scilieet  bene  accipiunt,  cum  vero  oatendunt,  quantum  ab  Ins  melioribus 
ing:eniuni  meum  rolictum  sit .  nimis  quam  saepe  erubescit  discipulus  tuus  sibi<iue  suscenset ,  quod 
viginti  (|uinqiie  natus  annos  nibildum  boiianim  opinionum  et  |iuri<)i-um  ratidiium  animo  hauserini. 
Itaque  poeuas  do,  irascor.  tristis  fsuni,  Oj^or'mw.  cibo  careo. 

»)    §  26. 

')    Galen  ed.  Chartiei-  !>.  38  i-Kauf/hSov   /j.h  o^iv    ix  'Fiiß/n/S   eig  T/yu  KUT/JiSa  ■KsrdT/iJwiii'JWJ  iioi  rwy  ix  yt)/tTifi 

iröii'  Z  xat  k.  —  Tpia  di  p.ot  ßißUa  itafid  ri'^mv  idMrj,  yzypaiiniva  nfih  elg  S/nJpvai'  ix  Hefiydiftoi)  ,u£Taßyj>ac, 

lliXoTcög  TS  To'i  larpo'i  xac  'AXßifO'j  zoü  IIXaTuinunü  •/dinv. 
*)    Henii.  p.  23. 
5)   1.  1.  p.  153. 
'')    fritzsche  viil.  I  pai--  I   |iiai-l'.  \t.  9. 

h 


—     54     — 

nieikt  zu  der  ersten  Stelle:  „21.  (Vaticanum)  qui  etiani  infra  §  38  bis  pro  Luciano  uomeii 
habet  Lycini,  fortassis  recte.  Nach  den  obigen  Ausführungen,  glaube  ich,  dürfen  wir  dies 
mit  Bestimmtheit  annehmen.     Somit  haben  wir  im  Nigrinus  den  ersten  der  Lykinosdialoge. 

Es  bleibt  jetzt  noch  die  Frage  zu  beantworten,  ob  auch  in  dem  vor  dem  Dialoge 
stehenden  Briefe  anstatt  ylovxiuroc  .Ivy.ivoc  zu  lesen  ist.  Dieselbe  ist  zu  verneinen.  Der 
Brief  ist  kein  integrierender  Bestandteil  des  Dialogs,  sondern  nur  das  Dedikationsschreiben  an 
den  Albinus,  welches  die  Sendung  begleitete.  Wenn  Lukian  in  demselben  den  fingierten 
Namen  Nigrinus  gebrauchte,  so  war  das  ein  Scherz,  welcher  auf  die  Veränderung  des  Namens 
im  Dialog  vorbereiten  sollte.  Für  die  Oeffentlichkeit  war  dieser  Brief  nicht  bestimmt.  Wenn 
wir  denselben  dennoch  an  der  Spitze  des  Dialogs  linden,  so  ist  dies  nicht  die  Schuld  des 
Absenders,  sondern  die  des  dankbaren  Empfängers. 


I 

Ni  'aanoMp  uaoNvxa-iv 


notia 


Richard,   Hermann 

Über  die  Lykinosdialog 
des  Lxikian 


PLEASE  DO  NOT  REMOVE 
CARDS  OR  SLIPS  FROM  THIS  POCKET 


UNIVERSITY  OF  TORONTO  LIBRARY