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Full text of "Berichte und Mittheilungen des Alterthums-vereines zu Wien"

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\ 



Mdiigm 



Jmrißs, 




1817 



ARTES SCIENTIA VERITAS 



i 



BERICHTE 



UND 



MITTHEILÜNGEN 



DES 



ALTERTHOMS- VEREINES 



Z ü WIEN 



AND V. 



WIEN 

IN GOIIISSIOII DER BUCHHANDLUNG PKARDEL DND METER 

■dgcclu. 

DRUCK VOir ▲. riCiILBB*B WITWB * 80RK. 



PROTOKOLL 



DER SIEBENTEN 



GENERAL ' VERSAMMLUNG des ALTERTHUMSVEREINS 

ZU WIEN, 

ABGEHALTEN AM ZXU. DECEBCBEB MDCCCLX UNTER DEM VORSITZE DES YEREINS-PRÄSIDENTEN D^. JOSEF ALEXANDER 

FREIHERRN VON HELFERT. 



ANWESEND 61 MITGLIEDER. 



Der Herr Präsident eröffnet die Sitzung mit der Feststellang der Tagesordnung und mit der 
Bestimmung des Herrn Dr. Lind zur Führung des Protokolies. Zu dessen Prüfung und Bestätigung 
werden gewählt die Herren Birk^ Wolf und Szaszkiewicz. 

Hierauf erstattet der Herr Präsident den Rechenschaftsbericht über die Thätigkeit des Vereinsaus- 
schusses mit besonderer Hervorhebung der Ausstellung und der Vorlesungen des Herrn Professors 
V. Eitelberger. (BeUage I.) 

Sodann berichtet der Vereinskassier Herr J. N. P a s s y tlber den Kassestand; welcher von der Kasse- 
Revisions - Commission geprtlft und richtig befunden wurde. (Beilage II.) 

Beide Berichte werden zur Kenntniss genommen. - 

Zu Rechnungs-Censoren werden erwählt die Herren: Prandel^ Obermaier undCespa. Als 
Ersatzmänner die Herren: Reimann und Gerold. 

Nunmehr verliest Dr. Lind statt des Präsidenten - Stellvertreters Herrn Josef Feil den Vortrag 
über den Inhalt der Vereinspublication IL Band 2. Hälfte ; (Beilage III.) welcher Vortrag mit Beifall 
aufgenommen wird. 

Sodann wird zur Ergänzungswahl des Ausschusses geschritten und zwar treten aus: Herr 
Passy wegen zurückgelegten Quadrienniums und Herr Bergmann wegen sonstiger zu grosser Be- 
schäftigung. 

Der Herr Präsident empfiehlt Herrn Passy zur neuerlichen Erwählung, an die Stelle des Herrn 
Bergmann die Herren Ferstl, Lemann und Prof. Schmidt. 

A 



II 

Herr Pas By wird wiedergewählt mit 46 Stimmen. 

Herr Lemann wird neu gewählt mit 46 Stimmen. 

Im ttbrigen fallen auf Herrn F e r 8 1 1 21, auf Herrn Sehmidt 3 Stimmen. 

Herr Graf Franz T h u n dankt dem Vereine Air seine rege und erfolgreiche Thätigkeit; und hebt 
insbesondere die den Mitgliedern des AlterthumsTereines wie kaum bei einem anderen Vereine zukom- 
menden mehrfachen Vortheile in sehr lebendigen Worten hervor ; welche von Seite der Versammlung mit 
zustimmendem Beifalle aufgenommen werden. ^ 

Nachdem über Aufforderung des Herrn Präsidenten zur Einbringung von allfälligen Anträgen ein 
solcher von keiner Seite gestellt wurde , wurde das Protokoll geschlossen , die Sitzung fttr aufgehoben 
erklärt, worauf die drei frtther benannten Herren das Protokoll gefertigt haben. 

Helfert m. p. 

Birk m. p. 
Szasikiewics m. p. 

Wolf m. p. 
Lind m. p. 



(Mlage L) 



RECHENSCHAFTS - BERICHT 



AN DIE 



«EMKRAIi-TfiRfiAllIilliUM«, 

ERSTATTET VOM VEREINS - PRÄSIDENTEN 

* 

JOSEPH ALEXANDER fretherrn von HELFERT. 



Meine Herren! 

m 

Gnte Vorsätze fassen ist schön; gate Vorsätze aasfUhren ist noch schöner; aber gate Vorsätze 
nicht nnr glücklich und erwünscht; sondern mehr als glücklich und erwünscht ausgeführt haben ist 
am schönsten. Ihr Ausschuss tritt heute mit einem besonderen Oefbhle innerer Befriedigung, ja, ich darf 
es sagen, gerechten Stolzes vor Sie hin, meine Herren ; denn .was er in der letzten Generalversanunlung 
Ihnen als kühnes Vorhaben angekündigt, es ist zu einem Theile bereits zu Ende gebracht, zum andern 
in der Ausführung begriffen, und dieses wie jenes ist in einer Weise und in einem Umfange in die Er- 
sch^inung getreten, welche unsere kühnsten Erwartungen überflügelt hat. Am 15. November dieses 
Jahres, das in wenig Abenden und Morgen zu Ende geht, hat unser Verein, meiiie 
Herren, seinen schönsten Tag begangen. Denn es ist derselbe mit diesem Tage nicht nur 
zum erstenmale mit einer Ausstellung von Eunstgegenständen des Mittelalters und der Renaissance über 
die Oränzeq, seiner inneren Thätigkeit hinaus in die Öffentlichkeit getreten, einer Ausstellung, welche die 
Blicke der Alterthumsfreunde unseres Gesammtvaterlandes , die Blicke des kunstsinnigen Deutschlands, 

m 

die Blicke der Hauptstadt des überrheinischen Raiserthums auf sich gezogen hat ; es hat mit diesem Tage 
nicht nur eine ununterbrochene Reihe von weiteren fünf und zwanzig Tagen begonnen, welche ein sich 
immer erneuerndes Gedränge von Wissbegierigen um die aus den verschiedensten Theilen des Kaiser- 
Staates zusammengetragenen kostbaren Schätze frommen und heiteren Kunstfleisses .vergangener Jahr* 
hunderte versammelte; sondern es hat auch dieser Tag die Majestät unseres kaiserlichen Herrn in den 
Räumen gesehen, in welchen unser Verein diese Schätze zur belehrenden und erfreuenden Beschauung 
gesammelt hatte, es hat dieser Tag die huldvollen Worte vernommen , mit denen unser Kaiser und Herr 
das Interesse und das Vergnügen auszudrücken geruhte, welches Allerhöchstdemselben der Besuch unserer 
Ausstellung verschafft hatte. Se. Majestät, vor dem Eingange zur Treppe von dem Präsidenten , dem 
Geschäftsleiter und dem Localverwahrer ehrfurchtsvoll angetreten und in den Saal geleitet, vor dessen 
Eingang die übrigen Mitglieder Ihres Ausschusses und einige des Ausstellungscomitä zum huldigenden 
Empfange bereit standen , nahmen die wichtigsten der ausgestellten Objecto in Augenschein, bezeigten 
das lebhafteste Interesse an denselben und verliessen die Ausstellung nach einem halbstündigen Aufent- 
halte mit jener wiederholten Versicherung Allerhöchster Zufriedenheit, dessen ich schon vorhin gedacht 

A* 



IV 

habe. Einige Minuten vor Sr. Majestät hatte sich Se. kaiserl. Hoheit Erzherzog Ludwig eingefunden^ 
während der Anwesenheit Allerhöchst desselben erschienen die durchlauchtigste Frau Erzherzogin Sophie 
mit dem Herrn Erzherzoge Ludwig Victor^ etwas später Erzherzog Rainer mit Erzherzogin M ar i e, 
Erzherzogin Hildegarde mit den Erzherzoginnen Maria Theresia und Mathilde, welche fast ins- 
gesammt länger als eine Stunde in den Räumen der Ausstellung verweilten und jedem einzelnen der 
alterthflmlichen Kunstgegenstände die eingehendste Aufmerksamkeit widmeten. Ausser den Mitgliedern 
des allerhöchsten Kaiserhauses war jener Tag der Vorerö£fnung auch den höchsten Würdenträgern des 
Reiches und der Stadt zum Besuche freigestellt^ deren eine grosse Anzahl von der an sie ergangenen 
Einladung Gebrauch machte. Am 16. November fand die Eröffnung für das grosse Publicum statt; das in 
einer von Tag zu Tag wachsenden Anzahl von Besuchern die zunehmende Theilnahme bekundete; welche 
unsere Ausstellung in immer weiteren Kreisen verbreitete; so dass Ihr AusschusS; zumal auch eine nicht 
unerhebliche Anzahl neuer Objecto von verschiedenen Seiten nachträglich zu Gebote gestellt worden war, 
sich verpflichtet glaubte; die anfangs auf sechzehn Tage begränzte Dauer der Ausstellung um weitere 
neun Tage zu verlängern. Mit dem 10. December wurde dieselbe geschlossen; eine Ausstellung; wie 
solche; nach dem übereinstimmenden Urtbeile bewährter Fachmänner; was namentlich den Kreis kirch- 
lich- mittelalterlicher Kunstgegenstände betrifft; von gleichem Werthe kaum in einem Staate der Welt 
, auf einem Fleck zusammengebracht werden dürfte; eine Ausstellung; welche jedenfalls die bisher in und 
ausser Deutschland stattgefundenen ähnlichen Versuche sowohl an Mannigfaltigkeit als an Gediegenheit 
des künstlerischen Interesses bei weitem überflügelt hat; eine Ausstellung endlich; welche in den Spalten 
aller Fachorgane Deutschlands die einstimmigste Anerkennung gefunden und in den letzten Tagen einen 
Abgesandten der französischen Regierung; die in nächster Zeit eine ähnliche Unternehmung in's Werk 
zu setzen gedenkt; herbeigezogen hat. Wenn ich zuletzt noch erwähne; dass die sehr bedeutenden 
Kosten; welche trotz der von der löblichen Bankdirection in der freigebigsten Weise zur Verfügung ge- 
stellten Localität und trotz der von den verschiedenen Eisenbahndirectionen zugestandenen Tariferleich- 
terungen die anständige Ausführung dieses Unternehmens verursacht hat; durch die Kassa-Empfänge mehr 
als gedeckt wurden; obgleich jedem Vereinsmitgliede und einer Anzahl von Jüngern der mit den In* 
teressen dieser Ausstellung verflochtenen höheren Bildungsanstalten ein dreimaliger Besuch unentgeltlich 
offen stand; so glaube ich den Ausspruch vollkommen gerechtfertigt; welchen ich Eingangs meines Vor- 
trages gewagt habC; dass Ihr Ausschuss mit einem besonderen Gefühle innerer Befriedigung; ja gerechten 
Stolzes auf die überraschend glückliche Vollendung seines in mehr als einer Hinsicht gewagten Untere 
nehmens zurückblicken kann. 

Wenn ich mich nun der angenehmen Pflicht entledigC; diejenigen zu benennen; denen unser Verein 
es zunächst zu danken hat; dass die archäologische Ausstellung; dass sie so glänzend zu Stande 
gekommen ist; schabe ich an erster Stelle den Geschäftsleiter unseres Vereines; Dr. Lind zu nennen; 
dessen Name schon so oft von dieser Stelle aus dankend erwähnt worden ist. Dr. Lind hat neben seiner 
laufenden Geschäftsleitung das ganzC; wenn ich mich des Ausdruckes bedienen darf; papierene Geschäft 
der Einleitung; Ausführung und Abwicklung der Ausstellung fast allein besorgt; er hat bereits im Sommer 
begonnen Briefe nach allen Seiten hin ; von denen die Einsendung werthvoller Objecto zu hoffen stand; 
auszuschicken und diC; eben so grosse Rührigkeit als kleinliche Aufmerksamkeit erheischende Gorrespon- 
denz und Evidenzhaltnng; die sieb an diesen ersten Schritt knüpfte; mit Zurückweisung jeder fremden 
Beihilfe geführt und in Ordnung gehalten ; er hat den Empfang der nach und nach einlangenden Objecto 
besorgt; sich regelmässig an den zur Aufnahme und Bescheinigung derselben zusammengesetzten Com- 
missioaen sowie an den Einleitungen zur Herstellung der Ausstellungslocalität und zur Anordnung der 



Attsstellungsobjecte betheiligt; er hat während der ganzen mehr als dreiwöchentlichen Dauer der Aas- 
stellang Tag fflr Tag den grOssten Theil seiner Zeit der persönlichen Anwesenheit im Ausstellungslocale, 
der Ueberwachang des Kasse- and Beaafsichtigangs-PersonaleS; der Herumgeleitung einzelner Besnche 
gewidmet; er hat endlich nach beendigter Ausstellung das mühsame Geschäft der Verpackung und Ver- 
sendung in der gewissenhaftesten Weise zum Abschluss gebracht. Ihr Ausschnss hat beschlossen; dem 
Herrn Geschäftsleiter in einer besonderen Adresse jene Anerkennung auszudrücken; welche sich derselbe 
durch eine so lang dauernde aufopfernde Mühewaltung um das glückliche Zustandekommen der Ausstellung 
erworben hat. 

An zweiter Stelle habe ich das Ausschussmitglied Camesina zu nenneu; welcher daS; gleiche Sorg- 
• falt und Genauigkeit wie Zeitaufwand verlangende Amt der Localverwahrung auf sich genommen und mit 
der umsichtigsten Pünktlichkeit verwaltet hat. Es bat Ihrem Präsidenten ein besonderes Vergnügen be- 
reitet; dass er in seiner gegenwärtigen ämtlichen Stellung sich im Stande gesehen hat; die vielfachen 
und langjährigen Verdienste unseres Freundes auf dem Gebiete der Archäologie Sr. k. k. apost. Majestät 
gegenwärtig zu halten, AUerhöchstwelche in huldvoller Würdigung derselben geruhten, Herrn Albert 
Camesina die kaiserliche Bathswürde taxfrei zu verleihen. 

Hervorragende Verdienste um die Ausstellung haben sich ferner erworben die Herren Dr. Heide r, 
WeisS; EssenweiU; Sava und Freiherr von Sacken durch die Abfassung und Zusammenstellung 
des kritischen EatalogeS; die ersteren nebstbei durch eingehende Besprechungen der hervorragendsten 
Ausstellungsobjecte in den öflfentlichen Blättern; alle ftlnf überdiess durch wiederholte Betheiligung an 
den Aufnahms- und Ueberwachungs-Commissionen ; der Vereinskassier Pas sy durch Einleitung und Con- 
trollirung des Eassegeschäftes ; femer Architekt Ferstl durch geschmackvolle Herrichtung des Ausstel- 
lungssaales und Anordnung der Ausstellungsobjecte; sowie überhaupt durch freundlichste Zuvorkommen- 
heit in allen die Localitätsfrage berührenden Angelegenheiten; die Mitglieder des Ausstellungs - lieber- 
wachungs - Comitös August und Claudius Artaria; Becker, Birk, Bühlmayer, Ficker; 
EleiU; Lemanu; Obermaier, Graf O'Donell; Prandel; Radnitzky; Schmidt; Schön- 
brunner; Graf Franz Thun, Widter; durch wiederholte Uebemahme der, 4bis 6 Stunden dauern- 
den, beaufsichtigenden Anwesenheit im Ausstellungslocale , womit die vor und nach der Ausstellungs- 
zeit vorzunehmende Durchsicht des Ausstellungs - Inventars , die Ueberwachung des Beaijfsichtigungs- 
personales; die. Ertheilung von Auskünften an die Besucher der Ausstellung, die Herumgeleitung ein- 
seiner derselben verbunden war. 

Einen besonderen Dank haben sich auch die Herren Sava durch Siegelaufnahmen, dann Widter 
und Lemann durch photographische Aufnahme der wichtigsten Ausstellungsobjecte erworben, deren 
namentlich der letztere eine Anzahl von nahe hundert dadurch den Vereinszwecken bleibend erhalten 
hat und Ihren Ausschuss in die Lage setzen wird, Sr. Majestät als Zeichen- ehrftirchtsvoUen Dankes fllr 
die dem Vereine und seiner Ausstellung zugewendete Huld ein Album zu überreichen. 

Von jenen, die ausserhalb des Vereines die Verwirklichung der Ausstellung bedingt haben, ge- 
bührt natürlich in erster Reihe den zahlreichen Einsendern der Ausstellungsobjecte unser wärmster 
Dank. An der Spitze derselben nenne ich Se. Eminenz den EardinaL-Fürsterzbischof von Wien, femer 
die Herren Fürst -Erzbischof von Salzburg, Fürstbischöfe von Seckau, Gurk und Brixen, Bischöfe 
von Linz und St. Polten, welche nicht nur selbst die Schätze ihrer Domkirchen dem Zwecke der Ausstel- 
lung zur Verftlgung gestellt, sondern auch den Clerus ihrer Diöcesen durch eigene Gurrenden zur Bethei- 
ligung an derselben ermächtiget, ja in der dankeswerthesten Weise aufgemuntert haben; den Herrn 
Bischof von Easchau, das Domcapitel von Eirchdrauf , die Herren Äbte vom Stifte Schotten , Heiligen- 



VI 

kreuz, Neukloster, Herzogenburg , Oöttweig, Melk, Seitenstetten , Zwetl, Altenburg, KremBmtinAter, 
6t Florian; St. Peter in Salzburg, St. Paul in Kärnten, Admont, Lambach, Klostemeaborg , Wilten^ 
Raigem, Tepl, Hohenfurt, die k. k. Statthalterei für Oberösterreich, die Herren Landstände von Steiermark, 
die Innung der bflrgerlichen Goldschmiede von Prag, ferner die Herren Ammerling, Graf Attems, Excel. 
Graf Baudissin, Dir. Böhm, Cramolini, Essen wein, Felbermajer, Gasser, Dr. Heider,^k. k. Regienmgs- 
rath Dr. Helm, Kaff, Prof. Klein, Seine Excellenz Baron von Koller, Koch, Lemann, Obemdorfer, 
Promber, die beiden Herren Baron von Rothschild, die Herren Sulzcr, von Sava, von Steiger, Se. Durchl. 
Fürst Karl Schwarzenberg, Graf Schaafgotsche - Kinast, Walter, Seine Excellenz Graf Wickenburg, — 
den Convent der Serviten zu Langegg und das Nonnenstift Nonnberg zu Salzburg, die Hofburg- 
pfarre mit bereitwilligster Genehmigung des k. k. Obersthofmeisteramtes, die hochw. Herren Pfarrer zu 
Prttgglitz, Cilli, Ebenfurt, Grosslobming, Göss, Judenburg, Ybbs, Kobbnitz, Kranichberg, Khttnring, Leut- 
schau, Matzen, Rubenstein und Schönberg, die Direction des ruthenischen Nationalhauses zu Lemberg, 
die Landesmuseen zu Linz, Salzburg, Klagenfurt und Laibach, die Herren Bflrgermeister von Baden, 
Eggenburg, Gars, Gmünd, Hallein, Ybbs , Krems, Linz, Marchek, Retz, Waidhofen a. d. Ybbs, Wiener- 
Neustadt, ZwctI. 

Um die Förderung der Einsendung finden wir uns zu besonderem Danke verpflichtet der k. k. 
Central-Commission für Erhaltung der Baudenkmale , deren Präsident Freiherr von C zornig durch ein 
eigenes Rundschreiben die Conservatoren der verschiedenen Kronländer eingeladen hat, werthvoUe ar- 
chäologische Kunstobjecte innerhalb des Bereiches ihrer Wirksamkeit sowohl dem Verein namhaft zu 
machen, als aucfh deren Einsendung au den Verein zu erleichtem. 

Einen ganz besondern Dank schulden wir der Direction der k. k. a. p. Nationalbank und namentlich 
Sr. Excellenz dem Herrn Bankgouverneur Freiherrn von Pipitz, welche uns nicht nur die geschmack- 
vollen Localitäten im ersten Stocke des neuen Börsengebäudes auf der Freiung in der bereitwilligsten 
Weise zur Verfügung gestellt, sondern auch in die Verlängerung der anfangs auf die Dauer des Monats 
November beschränkten Ausstellungsfrist auf das erste Ansuchen gewilligt haben. 

Nicht minder muss der bereits bei früheren Anlässen wiederholt an den Tag gelegten Bereitwillig- 
keit des Directors der k. k. Staatsdruckerei Herrn Hofrathes Alois Ritter von Au er, die Bestrebungen 
des Alterthumsvereines möglichst zufbrdern, Erwähnung gethan werden. Ihm dankt es derselbe, dass 
der ziemlich umfangreiche Katalog der Ausstellung in der kürzesten Zeit vollständig in Druck gelegt und 
bereits vom ersten Tage der Eröffnung dem besuchenden Publicum ausgefolgt werden konnte. 

Die zweite Unternehmung, welche ich in der letzten Generalversammlung als in unserem Vorhaben 
gelegen ankündigte und deren erfreulichen, unsere Erwartungen krönenden Beginn und Fortgang ich in 
der heutigen Versammlung Ihnen zu melden in der glücklichen Lage bin, sind die Vorlesungen des Herrn 
Professors v.Eitelbcrger über die k.k. Gemäldegallerie im Belvedere. Nachdem uns von dem Ausschusse 
der n. ö. Herren Landstände der grosse Saal im Landhause gefälligst zur Verfügung gestellt worden, 
wofür denselben der verbindlichste Dank unserer Generalversammlung hiermit ausgesprochen sein 
wolle, wurden dieselben am 17. November vor einem Auditorium eröffnet, dessen Kreis sich von 
Vorlesung zu Vorlesung eben so sehr erweiterte als verschönte; denn auch jenes Geschlecht, welches 
nach Winkelmann nicht sowohl das schöne als das verschönernde heissen sollte, hat zu den Vorträgen 
des genannten Herrn Professors ein ansehnliches Contingent auserwählter Repräsentantinen gestellt. Zu 
der regen Theilnahme des gebildeten Publicums hat sich die Stimme der öffentlichen Kritik gesellt und 
den ebenso gelehrten als patriotischen Erörterungen Eitelberger's das ehrendste Lob gespendet. 



vn 

Und in der That ist es nicht bloss die kansthistorische und ästhetische* Richtung seiner Vorträge; welche 
sieh des gerechten Beifalls der aufmerksamen Zuhörerschaft erfreut ; sondern ist es ganz vorzttglich die 
patriotische Wärme^ womit er keinen Anlass sich entschlüpfen lässt^ den hervorragenden Werth unserer 
vaterländischen Qemäldesammlung im Vergleiche zu jenen des ungleich mehr ausposaunten Auslandes 
mit Nachdruck zu betonen, begründend nachzuweisen. 



Ich gehe nun zu demjenigen ttber, womit ich von Hechts- und Ordnungswegen hätte beginnen 
sollen. 

Das Jahr 1860 war fllr die Geschäftsführung unseres Vereines; ganz abgesehen von den beiden 
Unternehmungen deren ich soeben gedacht; in jeder Be7iehung ein ausserordentliches. Es fand eine 
zweimalige Ausgabe von Publicationen statt, über deren heutige Ihnen der Vortrag des Herrn Vice- 
Präsi^enten und Redacteurs berichten wird , es musste sowohl wegen der hiedurch erhöhten Auslagen; 
als auch um dieselben mit dem laufenden Vereinsjahre in statutenmässigen Einklang zu bringen; eine 
zweimalige Einkassirung der Mitgliederbeiträge stattfinden^ es mussten endlich aus dem letzteren Grunde 
zwei Generalversammlungen einberufen werden. Mit der heutigen Generalversammlung; welche seit der 
letzten vom 18. Mai einen Zeitraum vom kaum acht Monaten abschliesst; wird der Bestimmung der 
Geschäftsordnung genüge gethau; welche die General-Versammlung ftir den Schlnss eines jeden Jahres 
feststellt. 

DerAusschuss hat während dieser Zeit sieben Sitzungen abgehalten. In der ersten v. 8. Juni wurde 
beschlossen; vom Herrn Baron Rothschild einen Vorschuss pr. 1200 fl. auf das Satzcapital. des Vereines 
von beinahe 4000 fl. aufzunehmen; um damit die durch die gleichzeitige Herausgabe der 2. Bandeshälfte 
des 3. und des ganzen 4. Bandes entstandenen grossen Auslagen zu decken. Baron Rothschild hat sich 
mit dankenswerther Uneigenntttzigkeit bereit finden lassen; diese Summe ohne Anspruch auf Interessen 
fttr die Zeit von einem halben Jahre Ihrem Ausschusse zur Verfügung zu stellen; die Summe wurde 
am Verfallstage pünktlich und mit Abstattung verbindlichsten Dankes zurückgezahlt. 

In derselben Sitzung vom 8. Juni erwählte auch dem §. 53 der Statuten gemäss der Präsident 
den Hrn. Jos. Feil zum Vicepräsidenten und der Ausschuss den Hrn. Dr. Lind zum Geschäftsleiter. In 
der Ausschusssitzung vom 4. August 1860 wurden die Instructionen für eine mögliche archäologische 
Ausstellung angenommen und als Locale dazu der Saal im 1. Stock des Bankgebäudes auf der 
Freiung erwählt; in jener vom 6. und 28. September wurden Beschlüsse wegen der Ausstellung gefasst; 
und die Feststellung des engeren und grösseren Ausstellungs-Comitös vorgenommen. In der am 27. Oc- 
tober wurde die Frage der Vorlesungen des Herrn Prof. von Eitelberger geregelt; und die Durchflih- 
rung der Ausstellung zum Beschluss erhoben. Die Sitzungen am 29. November und 20. December 
waren mehreren die Ausstellung betreffenden Verhandlungen gewidmet. 

Die Zahl der Mitglieder hat sich in dieser Zeit um 12 durch Austritt, um 2 durch Tod verrin- 
gert; dagegen; vorzüglich durch die Anziehungskraft welche die Ausstellung und die Vorlesungen 
Eitelberger 's übten; um 25 zugenommen; daher heutiger Stand der Mitglieder 413. 

Zuletzt habe ich noch den verbindlichsten Dank der bei jeder Generalversammlung rühmend er- 
wähnten Buchhandlung von Prandel und Meyer ftlr deren unausgesetzte Thätigkeit zur Förderung 
der VereinszweckC; sowie der Buchhandlung Gerold und der Kunsthandlung A r t a r i a ftlr ihre Mühe- 
waltung bei Ausgabe der Karten zu den Eitelberger'schen Vorlesungen abzustatten. 



VIII 

• . 

Ich kann meinen Vortrag nicht schliessen , ohne einem GefUhle banger Wehmuth , das sich 
meiner bemächtigt, Ansdnick za geben. Ich habe eingangs erwfthnt; unser Verein habe in den letzten 
Monaten seinen schönsten Tag begangen^ ich mnss den Wunsch daran fbgen: mOge unser Verein nicht 
seine schönsten Jahre hinter sich haben. Ohne Prophet zu sein^ kann es sich jeder selbst sagen, dass 
wir in nächster Zeit im Innern und nach aussen ernsten Stürmen entgegengehen^ welche die Pflege unserer 
friedlichen Wissenschaft in den Hintergrund drängen werden. Möge das stolze Prachtschiff Austria auf den 
hochgehenden Wogen, in deren ernstes Spiel es hinausgetrieben werden wird, seine solide Ausdauer und 
Kraft auch diessmal bewähren , möge es kühn und siegreich den Stürmen Stand halten , denen *es 
entgegengeht , möge es nach glücklich bestandener Fahrt uuFersehrt und neugekräftigt in den sichern 
Hafen der Ruhe und des Friedens wieder einlaufen , unter deren Schutz Kunst und Wissenschaft die 
Pforten ihrer heitern Hallen wieder erschliessen können. 



IX 
(Beilige n.) 



AUSWEIS 



ÜBER DIE 



EMPFÄNGE UND AUSGABEN DES ALTEßTHUMS-VEßEINES 

IN DER ZEIT VOM L MAI BIS XXH. DECEMBER MDCCCLX. 



Einnahmen und Vermögen des Vereines« 

Der Tom 30. April 1860 yerbliebene Easserest 166 fl. 82 kr. 

Einlage in der Wiener Sparkasse 400 „ — „ 

Vorschnss vom Herrn Baron Rothschild 1200 „ — „ 

Beiträge von Mitgliedern 1896 „10 „ . 

Erlös fttr verkaufte Karten zu den Vorlesungen des Hm. Prof. v. Eitelberger • 365 „ — „ 

Einnahmen von der archäologischen Ausstellung 1363 „ 33} „ 

Bermann'sches Satzcapital 3919 „ 65 „ 

5% Interessen desselben ftir ein halbes Jahr 96 „ 74 „ 

5% Met. Obligation pr 100 „ — „ 

Summe der Einnahmen 9506 fl. 64^ kr. 

Auegaben« 

Honorare an die Herren Autoren 279 fl. 16 kr. 

Buchdruckerei- und Lithographie -Arbeiten 1598 „ 55 „ 

Xilographien 242 „ 8% „ 

Buchbinder -Arbeiten 206 „ 24 „ 

Rtickzahlung des Vorschusses an Baron Rothschild 1200 „ — „ 

Einstweilige Auslagen für die Ausstellung 807 „ 58^ „ 

Kosten fttr die Kanzlei; ftlr Gopiatur, den Vereins- und SaUdiener, ftlr Stempel, Brief- 

portO; Versendungen etc I 542 „ 8 „ 

Summe der Ausgaben 4882 fl. 38^ kr. 
Vermögens-Rest 

Des Bermann'schen Satzcapital 3919 fl. 65 kr. 

Die 5% Metall. Obligation 100 „ — „ 

In der Sparkasse ^ 94 „ 88 „ 

In der Handkasse 509 n 7S „ 

4624 fl. 26 kr. 
Auf den Reservefond entfallen hiervon 2100 fl. Ö. W. 

J. N. Passyi 

Vereins-Kassier. 

B 



(BeiUstllL) 



VORTRAG 

DES PRÄSIDENT- STELLVERTRETERS DES VEREINES 

JOSEPH FEIL 

ÜBER DEN FORTGANG DER YEREINS-rUBLICATIONEN 

VORGELESEN 
IN DER GENERAL-VEESAMMLÜNG AM XXIL DECEMBEB MDCCCLX. 



MeineHerren! 

Indem von heute ab die zweite Abtheilung des IL Bandes unserer „Berichte und Mittheilungen^ 
in Ihre Hände gelangt , trägt der Ausschuss dadurch eine schon seit Jahren in Vorschreibung gestan- 
dene Schuld an die verehrten Mitglieder des Alterthums - Vereines ab. 

Der Schluss des ersten Heftes dieses Bandes hatte nämlich den Anfang eines umstähdlicheren 
Aufsatzes über die Geschichte von Egenburg im V. 0. M. B. und die Schilderung der alterthttmlichen 
Denkwürdigkeiten dieses einst viel bedeutenderen Städtchens gebracht; welchem eine Übersicht der 
Literatur über den^ der Ausbeutung für gründliche archäologische Forschungen noch ein weites Feld 
darbietenden Kreis ob dem Manhartsberge vorangeschickt wurde. Der ursprünglichen Absicht gemäss 
sollte der Schluss der Literatur und der besondere Aufsatz über Egenburg und das nahe gelegene 
uralte Ghünring; mit den Resten des Stammsitzes eines der berühmtesten Dynasten - Geschlechter^ 
in rascher Folge sich anschliessen. Das M^terial.e war. bereits vollständig aufgesammelt, die Holzschnitte 
und Steindrucktafeln dazu bereits angefertiget, und die Fortsetzung des Druckes hatte bereits begonnen. 
Da wurde auf einmal die Kunde laut, welcher baM die traurige Bestätigung folgte, dass die Stadt 
Egenburg am 7. Juni 18S8 von einem verheerenden Brandunglücke heimgesucht wurde, eben 50 Jahre, 
seitdem das Städtchen gleichfalls zum grossen Theile ein Raub der Flammen geworden war. 

So manches aber wurde bei diesem bedauerlichen Vorfalle leider zerstört und späterhin umge- 
staltet, was in einer gewissenhaften Schilderung nicht umgangen werden konnte. Dieser Umstand, der 
durch den ungenügenden Erfolg eines bloss brieflichen Verkehres nicht ausgeglichen werden konnte, 
und die Förderlichkeit einer Schluss - Revision an Ort und Stelle, um die letzte Feile an den bereits 
ausgearbeiteten Aufsatz anlegen zu können, machte aber den* nochmaligen Besuch von Egenburg dem 
Verfasser zur unabweisbaren Nothwendigkeit. Der ErfllUung dieser Aufgabe hatten sich ihm aber bis- 
her, wie fast verhängnissvoll, Hindernisse entgegengestellt, deren sofortige Beseitigung ausser dem 



XI 

Bereiche seiner Willkür lag. Hatten vorerst gesteigerte Forderungen des Dienstberufes einen Auf- 
schub herbeigeführt, so waren es die tief bedauerlichen Vorgänge im Verlaufe des Unglücksjahres 
1859; welche, sowie sie auf dem Herzen jedes wahren Österreichers lasteten, so auch inbesondere dem 
Verfasser jenes Aufsatzes alle geistige Thätigkeit fast gelähmt und, rückhahslos sei es gestanden, ihp 
zur Vornahme örtlicher archäologischer Forschungen völlig ungeeignet gemacht hatten. Eine durch den 
ganzen Verlauf des Jahres 1860 andauernde Krankheit, welche dem Verfasser einen dreimonatlichen 
Curgebrauch in einer, der Ortlichkeit fUr jene Schlussforschungen weit abgelegenen Richtung zum drin- 
genden Gebote machte, hat aber auch in jüngster Zeit die Vollendung jenes Aufsatzes nicht 
zugelassen. 

Um nun endlich dem sehr unwillkommenen langen Aufschübe in dem Erscheinen der Schlusslie- 
ferung des IL Bandes ein Ziel zu setzen, hat der Ausschuss beschlossen, den im Drucke bereits 
begonnenen Aufsatz über Egenburg mit der Vollendung der, gewissermassen für sich ein besonderes 
Ganzes bildenden Übersicht der Literatur über den Kreis ob dem Mannhartsberge abzuschliessen, die 
bisher ausständig gebliebene Schilderung von Egenburg und Chünring einem der späteren Bände 
unserer Publicationen vorzubehalten, und das ausständige Schlussheft des IL Bandes miit Aufsätzen aus- 
zustatten, welche eben zur Verfügung standen, und deren Werth für das Hinwegbleiben des, der 
ursprünglichen Absicht gemäss einzureihenden Aufsatzes mehr als bloss entschädiget. 

Indem es mir, als Redacteur der Vereinschriften und als Verfasser des Artikels über Egenburg, 
doppelt als Pflicht erschien, den verehrten Vereinsmitgliedern gegenüber, die lange Verzögerung des 
Erscheinens der Schlusslieferung des IL Bandes durch Verhältnisse wahrheitsgetreu zu entschuldigen, 
welche leider nur aus dem untergeordneten Standpuncte subjectiver Einflüsse gewürdiget werden können, 
bitte ich der Versicherung wohlwollend zu vertrauen, dass die lange Verzögerung hierin wohl nieman- 
den peinlicher sein konnte, als eben mir selbst, und dass ich dieselbe aus reinem Pflichtgefühle in 
der Erfüllung der freiwillig übernommenen Obliegenheiten für den Verein, gewiss früher zu. beseitigen 
eifrigst bemüht gewesen wäre, wenn die Möglichkeit dazu lediglich von meinem Willen abge- 
hangen hätte. 

Ich erlaube mir nun dasjenige etwas näher zu berühren, was Ihnen mit dem nunmehr vollendeten 
Ergänzungshefte des IL Bandes, theilweise als Ersa^tz für den Aufsatz über Egenburg, jedenfalls mehr 
als vollwichtig, geboten wird. 

In der ebenso gründlich abgefassten als belehrenden Abhandlung, welche unser geschätztes 
und für Arbeiten solcher Richtung auch vollkommen bewährtes Ausschussmitglied Herrn v. Sava zum 
Verfasser hat, werden die bisher bekannt gewordenen Siegel der österreichischen Fürstinen vom Be- 
ginne des XIII. Jahrhunderts ab, bis zum Ausgange des XV. Jahrhunderts sachkundig beschrieben, 
und in treuer Zeichnung abgebildet. Die dieser Beschreibung angeschlossenen allgemeinen Bemerkun- 
gen enthalten die, aus diesem sphragistischen Materiale abgeleiteten besonderen Folgerungen nicht 
nur für Siegel- und Wappenkunde, sondern auch zur Kenntniss des Gostümes und anderer archäologisch 
wichtiger geräthlicher Gegenstände, sowie auch die streng geschichtliche Forschung theils durch 
die Beibringung neuen urkundlichen Stofi'es , theils durch grundhältige Berichtigungen so manche sehr 
willkommene Bereicherung erhält. 

Die vom Hofbibliotheks- Gustos Herrn Anton Ritter von Perger gelieferte, und mit mehreren 

« 

sehr werthtoUen Aufnahmen von seiner eigenen Hand ausgestattete, archäologische Beschreibung der 
Ruinen von Kammerstein im reizenden Thale von Kaltenleutgeben und jener des Schlosses zu 
Perchtoldsdorf, schliesst sich jenem Aufsatze zunächst an. Mit seltener Gründlichkeit und Schärfe 

B2 



XII 

werden diese denkwürdigen Baureste von wesentlich verschiedener Entstehungszeit und Anlage , dem 
dermaligen Standpuncte weit vorgeschrittener Erkenntniss gemäss^ nach der mit grosser Scharfsichtig- 
keit herausgefundenen ursprünglichen Anlage und dem dermaligen kläglichen Zustande geschildert^ 
diese Darstellung aber zugleich auch durch die Beigabe der nöthigen Grundrisse und Profilzeichnungen 
erläutert. Und so ist es unseren Publicationen gegönnt; eine gründliche Untersuchung aus einem; der 
ausreichenden Erforschung noch dringend bedürftigen Gebiete der heimatlichen Alterthumskunde ; näm- 
lich aus jenem des Burgenbaues zu bringen , auf welchem Felde bisher erst zwei Österreicher die Pfade 
erfolgreich gelichtet haben ; nämlich der k. L Conservator Scheiger zu Gratz, und der leider zu früh 
heimgegangene Leber. Durch diesen Aufsatz ist nun ein dritter ebenbürtiger Vertreter dieses Faches 
gewonnen. 

Nur schade, dass der Verfasser durch einen wahren Windmühlenkampf gegen ältere Beschrei- 
bungen derselben Objecte, welche aus einer Zeit herrühren, wo das Gebiet der archäologischen For- 
schungen in Osterreich und überhaupt noch in der ersten embryonischen Entwickelung lag, seihen 
werthvoUen Aufsatz durch eine, eben desswegen kaum gerechtfertigte, ernsthafte Polemik ohne Nöthi- 
gung in's Breite zog. 

Einem bisher noch nirgends eingehend gewürdigten, vielmehr in seinen verschiedenen Perioden 
angehörigen Bestandtheilen gründlich misskannten, kirchlichen Baudenkmale Wiens aus dem Mittel- 
alter, nämlich der St. Salvator-Capelle im Rathhause, ist durch unseren eifrigen Geschäftsleiter 
Herrn Dr. Karl Lind eine umständliche historische und archäologische Schilderung, mit Benützung 
eines bisher von der Forscliung zur Seite gelassenen, reichen Quellenstoffes zu Theil geworden. Die 
Zeit der Ausftihrung der einzelnen Bestandtheile dieses, in Neubauten förmlich eingeschachtelten Bau- 
objectes ist nun auch auf urkundlichem Wege sicher gestellt, und damit zugleich ein dankenswerther 
Haltpunkt zur Würdigung der Entstehungszeit ähnlicher Bauwerke gewonnen, für deren Sicherstel- 
lung ein hinreichender urkundlicher Apparat nicht zur Verfügung steht. 

Die vielleicht in nächster Zeit dem unerbittlichen Bleidrucke ökonomischer Verwerthung zum 
Opfer fallenden Ruinen der einstigen Kirche des Klosters St. Peter an der Sperre in Wiener -Neu- 
stadt, haben durch denselben Verfasser, Herrn Dr. Lind, eine archäologische Beschreibung erhalten, 
welche mit den nöthigen Abbildungen ausgestattet, fast unfreiwillig zum Nekrologe einer einstigen 
historischen Individualität sich gestalten wird. 

Wie denn der Alterthums - Verein schon seit dem Beginne seiner literarischen Wirksamkeit den, 
in so vieler Beziehung höchst beachtenswerthen älteren Grabdenkmälern stets ein besonders sorgfältiges 
Augenmerk zugewendet hat, so umfasst auch das vorliegende Heft eine gewiss nur willkommene Berei- 
cherung der fleissigen Aufsammlung und Wiedergabe solcher Objecte zu Loosdorf und in der Markt- 
kirche zu Melk, welche Herr Dr. Lind beschrieben und genealogisch erläutert hat, wogegen das 
Ausschussmitglied Herr Anton Widter einen allgemeinen Aufsatz über den Zustand der alten 
Grabdenkmale in Österreich, und was zu deren Erhaltung dringend nothtliut, auf mannigfache eigene 
Erfahrungen gestützt, als Schluss der Aufsätze dieses Heftes geliefert hat, welches, wenn auch ver- 
spätet, bei den geehrten Vereinsgliedern freundliche Aufnahme finden möge. Für die rasche, und von 
nun ab nicht mehr mit peinlichen Rückständen kämpfende Aufeinanderfolge der weiteren Hefte unserer 
„Berichte und Mittheilungen" ist bereits gesorgt, und damit der Anlass entfallen, durch bedauerliche 
Verspätungen im Erscheinen Ihrer gütigen Nachsicht weitere Probon aufzuerlegen. 



xin 



AUSSGHUSS 



DES 



WIENER ALTERTHCMS-VEREINES 



n JAHRI IDGCCLZL 



Prftslden«. 

Se. Excellenz Dr. Josef Alexander Freiherr von Helfert, k. k. Unterstaatssecretär , k. k. \nrklicher 
geheimer Bath (erwählt 1859). 

Aschbach, Dr, Jos., k. k. Universitäts - Professor (erw. 1869). 

Camesina, Albert, k. k. Sath, Conservatpr von Wien (erw. 1858). 

Essenwein, August, Ingenieur und Architekt (erw. 1859). 

Feil, Josef, k. k. Ministerial-Secretär, Präsident - Stellvertreter (erw. 1858). 

Lemann, Karl, k. k. Hofseidenzeug- und Eirchenstoff - Fabricant (erw. 1860). 

Lind, Dr. Karl, k. k. Ministerial-Concepts- Adjunct, Vereinsgeschäftsleiter (erw. 1858). 

Passy, Joh. Nep., Buchhändler, Vereinskassier (erw. 1860). 

Bansonnet, Karl Freiherr von, k. k. Ministerial - Rath (erw. 1859). 

Sava, Karl von, k. k. Vice - Hofbuchhalter (erw. 1859). 

Weiss, Karl, Redacteur der Mittheilungen der k. k. Central - Gommission (erw. 1858). 

Widter, Anton (erw. 1860). 



VERZEICENISS 



D F R 



MITGLIEDER DES ALTERTHÜMS-YEREINES. 



Birklidie üitgliBiiEr. 



Seine k. k. Apostolische lajestät Eaiser Franz Josef l 



Adamberger Heinrich in Wien. 

Adlitzer Caspar ^ fürst - erzbisch. Consistorial - Rath nnd 
Stadtpfarrer zu Hainburg. 

Aigner F. 6., Maler in Wien. 

Andr&ssy Oeorg^ Graf v. Szentkir&ly, k» k. g» Rath und 
Kämmerer, Excellenz. 

Ap6r Victor, Freiherr v. Altorya, k* k. Kämmeren 

Ameth Alfred, k. k» Regierungsrath und Vice - Director 
des k. k. g. Haus -Hof- und Staats -Archivs. 

Ameth Josef, k. k. Regierungsrath, k. k» Univ. Professor 
und Director des Münz- und Antikenkabinets. 

Artaria August, Kunsthändler in Wien» 

Artaria Claudius, Kunsthändler in Wien. 

Arthaber Rud., Edler v., Kaufmann in Wien» 

Aschbach, Dr. Josef, k. k. üniversitäts - Prof. in Wien. 

Attems Ottocar Maria, Graf, Fürstbischof von Seckau. 

Attems Hermann, Graf, k« k* Kämmerer. 

Auersperg Vincenz, Fürst, Durchlaucht, k. k. g. Rath 
und Kämmerer. 

Bach, Dr. Alexander, Freiherr v. , k. k. geh. Rath, Ex- 
cellenz , k. k. Bothschafter am päpstlichen Hofe. 

Bach, Dr. Eduard, Freiherr v., k. k. Statthalter für Ober- 
österreich, k. k. g. Rath, Excellenz. 

Bach, Dr. August, k. k. Notar in Wien. 

Barbier Franz, Wiener Magistrats-Rath. 

Bartsch Friedrich, Ritter v., Custos der k. k. Hof bibliothek. 

Bauer Franz X., Prof. an der k. k. Akademie der bilden- 
den Künste in Wien. 

Bäuerle Adolph in Wien. 

Banmgartner, Dr. Andreas, Freiherr v., Präsident der 

k. Akademie der Wissenschaften, g. Rath, Excellenz. 
Baur V. Eysseneck Adalbert, Freiherr v., k. k. Feldmar- 
schall-Lieutenant, k. k. g. Rath, Excellenz in Linz. 



Bayer Karl, k. k. Ministerialrath. 

Beer Franz, Architekt in Wien. 

Beck, Dr. Ignaz, k. k. Statthaltereirath, inf. Propst zu 

Eisgarn. 
Becker A. M., k. k. Schulrath in Wien. 
Becziczka Ambros, Abt des Cisterzienser-Stiftes Lilienfeld. 
Bergenstamm Josef, Edler v., p. k. k. Ministerialrath. 
Berger Adolf, fürstl.Schwarzenberg'scher Archivar in Wien. 
Bergmann Hermann, k. k. Ober -Ingenieur in Wien. 
Bergmann Josef, Custos im k. k. Münz- und Antiken- 

cabinet , k. k. Rath . 
Bibliothek, königl. Hof-, zu Berlin. 
Biedermann, Dr. Ig., k. k. üniv. Professor in Oratz. 
Biegeleben, Maxmilian Ritter von, k. k. Hofrath. 
Bielsky Wilhelm , Chorherr und Pfarrer zu Tirnstein. 
Bilimeck Dominik, Cisterzienser-Priester und k. k. Pro- 
fessor im Cadeten-Institute zu Eisenstadt. 
Birk Ernst, Custos der k. k. Hofbibliothek. 
Blaas Karl , Maler und Professor an der k. k. Akademie 

zu Venedig. 
Blumberger Friedrich, Benedictiner-Capitular und Archi- 

.var zu Göttweig. 
Blumfeld Franz S., Edler v., k. k. Min.- Rath. 
Bock Franz, Dr., Säcularpriester und Conservator des 

erzbischöfiichen Museums zu Cöln. 
Böhm F. D. , Director der k. k. Münzgraveurschule. 
Bruch Heinrich, k. k. Hauptmann, zu Podiebrad. 
Büdinger Max, Dr., Professor zu Zürich. 
Buhl Gustav, k. k. Sections-Rath. 
Bühlmayer Conrad, bgl. Vergolder in Wien. 
Buol - Schauenstein , Karl Graf zu , k. k. g. Rath 

u. Kämmerer, Excellenz. 
Buquoy Georg v., Graf, k. k. Kämmerer. 



XV 



Borger Honorius, Abt des Benedictinc^-StifteB Aitenborg. 

Bürgerspital von Wien. 

Butsch Fidelis, Buchhändler zu Augsburg. 

Camesina Albert, k. k. Rath und Conservator für Wien* 

Cespa Josef, p, k« k. Beamter in Wien* 

Czemin Eugen, Graf v«, k. k. g. Rath und Kämmerer, 
Excellenz. 

Ciömig Karl, Dr., Freiherr v. Czernhausen, k. k. See- 
tions-Chef, Präsident d. Central-Commission f. d. Er- 
haltung der Baudenkmale, k. k* g. Rath, ExceUenz« 

Dechant P. Norbert, Professor und Capitular des Stiftes 
Schotten. 

Dell' Acqua Karl, k. k. Militärverpflegsbeamter zu Triest. 

Demel, Dr. Heinrich, k. k. Regierungsrath und Director 
der Theresianischen Akademie* 

Diemer Josef, Director der Wiener k. k. Univ.-Bibliothek. 

Dietrichstein Jdoriz, Graf, k. k« g. Rath und Kämmerer, 
Excellcnz* 

Dietrich Anton, Bildhauer in Wien. 

Dreher Anton, Braumeister zu Schwechat. 

Dorfer Alois, Abt des Cisterzienser - Stiftes Wilhering. 

Draexler Philipp, Ritter v. Carin, k. k. Hofrath und 
Kanzlei-Director des Obersthofmeisteramtes. 

Ebneter Johann, inf. Domdechant bei St. Stephan* 

Eder Albert, Abt des Benedictiner - Stiftes St* Peter 
in Salzburg. 

Eder Wilhelm, Abt des Bcnedictiner - Stiftes Melk* 

Egger Dr. Franz, Hof- und Gerichtsadvocat in Wien. 

Eitelberger v. Edelberg Rudolf, k. k. Universitäts Pro- 
fessor in Wien. 

Ender Eduard, Maler in Wien* 

Engelshofen Candidus Ponz. , Reichsritter von, zu 
Steckern. 

Enk von der Burg, Karl, k. k. Schulrath in Wien. 

Ernst Leopold, Architekt u* Dombaumeister zu Wien. 

Essenwein August, Ingenieur und Architekt in Wien. 

Esterhdzy von Oalantha Paul, Fürst, Durchlaucht* 

Familien Fideicommiss-Bibliothek, k. k. 

Feil Josef, k. k. Ministerial-Secretär. 

Fenzl, Dr. Eduard, k. k. ProfeRsor und Director des 
botauischen Gartens der V.'iencr Universität 

Femkorn Anton , Ritter von, Bildhauer in Wien. 

Ferstl Heinrich, Architekt in Wien. 

Fessl, Dr. Michael, emerit. Universitäts - Prof. in Wien. 

Ficker, Dr. Adolph, k. k. Ministerial-Secretär. 

Franck Alfred, Ritter v. , k. k. Major, zu Gratz. 

Frauenfeld Eduard, Baumeister. in Wien. 

Feigerle Ignaz, Bischof v. St. Polten. 

Friedenfels Eugen, Freiherr v*, k. k. Hofrath in Wien. 

Friedrich Adolph, Dr. d* Chemie in, Wien* 

Fries Moriz, Graf v*, in Wien. 

Fromme Karl, Buchhändler in Wien. 

Fröschl Berthold, Chorherr und Pfarrer zu Sievring* 

Galvagni Peter v., Realitäten-Besitzer in Wien. 



Gasser Vincenz, Fürst -Bischof von Brixen. 

Geisberger Josef, Chorherr v* St Florian* 

Genie-Hauptarchiv, k* k.. 

Gericke Ant,Dr.derMedicin, k.k* Regimentsarzt in Wien« 

Geringer-Oedenberg Karl, Freiherr v., k. k* g* u. Staats • 
Rath, Excellenz* 

Gerold Moriz, Buchhändler in Wien. 

Ghilany v. Lazy Alex., k. k* Dolmetsch in Wien. 

Ghilain von Hembyze Georg, k. k* Oberstlieutenant und 
Professor zu Wiener-Neustadt 

Gläser Georg, Maler in Wien. 

Gliubich Simeon, Weltpriester in Venedig* 

Goldschmidt J. N., k* k. Hauptmann zu Gratz* 

Goldschmidt Moriz, k. preuss. General-Consul in Wien. 

Göszy Gustav von, Dr. d. Phil, in Wien. 

Grefe Conrad, Maler in Wien. 

Groner Leopold, k. k. Hofbuchbinder in Wien. 

Grübel Johann, Dechant und Pfarrer zu Neulengbach. 

Haanen Remi van, Maler in Wien. 

Hagn Theodorich, Abt des Benedictiner-Stiftes Lambach. 

Haidinger Wilhelm, Ritter von, k. k* Hofrath und Direc- 
tor der geologischen Reichsanstalt 

Halbhuber, Freiherr von Festwill Anton, k. k* g. Rath 

und Statthalter für Nied. Österreich, Excellenz* 
Hammer Anton, Ritter v., k. k. Hofrath im Min* des 

Äussern. 
Harrach Franz Ernst, Graf, k. k. g. Rath und Kämmerer, 

Erlaucht. 
Hartmann Georg, k. k. Feldmarschall - Lieut. in Wien* 
Hasel, Dr. Franz, k. k. Hof-Caplan. 
Hasenaner Karl^ Architekt in Wien. 
Haner Josef, Dr. Med., in Oed. 
Hauslab Franz, Ritter von, k.k. Feldzeugmeister undk. k* 

geh. Rath, Excellenz. 
Haydinger Franz in Wien. 
Heider, Dj« Gustav, k. k. Minist.-Secretär. 
Heider Moriz, M. Dr. und k. k. Univ. Professor in Wien. 
Heintl, Dr. Karl, Ritter v., k. k. Truchsess und Syndicus 

der Wiener Universität* 
Heintl, Dr. Franz, Ritter v., p. k. k. Oberfinanzrath. 
Heintl Josef, Ritter v., in Wien. 
Helfersdorfer Othmar , Abt des Bcnedictiner - Stiftes 

Schotten. 
Helfert, Dr. Josef Alexander, Freiherr von, k*k. g.Rath, 

Unterstaatssecretär, Excellenz. 

Heusermann Mathias, Maler in Wien* 

Heussenstamm Karl, Graf, k. k. Regierungsrath und 
Kämmerer. 

HisB&ianseder Joh., Münz- und Antikenhändler in Wien« 

Hlavka Jos., Architekt, Wiener Stadtbaumeister* 

Hofer Franz, Administrator des Cisterzienser-Stiftes Schlier- 
bach* 

Höfelmayr Anton , jubil. k. k. Staatsbeamter in Wien. 

HofEünger, Dr. Johann, Edler v., k. k. Min. Concipist* 



XVI 



Hofiwuui Leopold Friedrieb y«, k* k» hegMÜonsntb. 
Bo]i«nlolid*f eUUingifBnt Contt, , Prinz zu, k. k. Hajor 
md Flttgeladjatant 8. IL des Kaiaera» 

Eolxi^fol IgDAZ, k« k. BftÜi mid jabflioier llagutratoatb 
10 Wien. 

Eorky Josef, Arebitekt in Wien« 

Hoyot^Sprinxenitein, Oraf Ernst, k* k. Kämmerer. 

EradU Ignaz P«, Prifect an der Theresianiscben Aka- 
demie« 

Ettter Leonbard, k* k« Beamter in Wien. 

Eye-Olnneck, Dr. Anton Ritter ▼«, k« k. Sections-Cbef. 

7Uuil Jos^ Ingenieur der k. k. pr. Tbeissbahn in Wien. 
JaegSTf Dr. Albert, k. k. Univ. Professor in Wien. 
Jaiteles Adalbert, Beamter an der Wiener k. k. Universi- 

täts-Bibliotbek. 
Jeney Eduard in Wien« 
Josovita Heinrieb, bgU Apotbeker in Wien. 

Ipolyi • Stummer Arnold , Pfarrer zu Töröck St. lüklos. 
Kaff Abrabam, Hfinz- und Antikenlieferant in Wien. 
Kaliwoda Ottntber, Abt des Benedictiner-Stiftes Raigem. 
Kanitz F*, artistiscber Bevollmilcbtigter der illustrirten 
Leipziger-Zeitung in Wien* 

Karajan Tbeodor v«, Dn, Vice - Präsident der k. Aka- 
demie der Wissenscbaften und Custos der k. k. Hof - 
bibliotbek. 

Kaibliager Ignaz, Capitular und Arcbivar des Benedic- 
tiner-Stiftes Melk. 

Xerner Anton, k* k. Univ,-Prof. in Innsbruck, 
Karr Louise, in Wien. 

Zheyenhftller Riebard, F4irst v., Durcblaucbt. 
Zink Rudolf, k. k« Stattbalterei-Ratb zu Triest» 
Kianer Michael, Holzbändler in Wien* 
Kledus Bembard, Baumeister in Wien. 
Klaemann Josef, Dr., k. k. Minist-Ratb. 
Klein Jobann, Prof. an der Realscbule auf der Land- 
strasse in Wien* 

Klinkosob Jos., Silber-Plattier-Fabricant in Wien. 
Xluss Jobann, Dr., k. k* Ministerial-Secretär. 
Knar Rudolf, Dr., k. k. Univ. Professor in Wien. 

Knoll Jobann, k. k. Oeneral-Major und Director der Mil. 
Akademie su Wiener-Neustadt. 

Kooh Franz, k. k. Bergwerks -Producten- Verscbleiss- 
Direotor in Wien* 

KoUar Aug., Freib. v., k. k. g, Ratb, k. k* Unterstaats- 
seoretär, Ezoellenz. 

Koller Marian, Dr., k. k. Hinist. Ratb, Capitular des 
Stiftes EremsmUnster. 

Koller Micbael, Capitular des Stiftes Seitenstetten, Pfar- 
rer zu St. Hiobael in Nieder-Oesterreicb. 

Komaromy Edmund, Abt des Oisterzienser-Stiftes Heili- 
genkreuz. 

KAnig Morlz in Wien* 

Kranner Job., Stadtbau- und Steinmetzmeister in Wieu* 



Kraus Karl, Freiherr von, PriKsident dea k. k. oberaleB 

Geriebtsbofea, k. k. geb. Ratb, Exoellenz. 
Krail Benno, Abt des Benedictmer-Stiftes Admoat 
Kremer-Anenroda Hugo, Ritter t., Dr., k. L UniT.-Prof. 

in Wien. 
KriagsarehiT, das k. k. 
yyt^ni^ftiLr Jog^ k. k. Min.-Concipist* 
Koefsteia Franz, Graf, k. k. OberstbofmarscbaU, geh. 

R., Erlaucht. 
Knpelwieser Leopold, Prof. a. d. k. k. Akademie der 

bildenden Künste. 
Kuranda Ignaz, Redacteur in Wien. 

Lang Josef, k. k. Scblossbauptmann in Wien. 

^langer Karl, Dr., k. k. Professor am Josepbinnm. 

Lanckoronsky Casimir, Graf, k. k. Kämmerer. 

Lasser Josef, Dr., Ritter v. Zollbeim, k. k. Minister, g. Ratb, 
Excellenz. 

Latour L. ▼., k. k. Ministerial-Concipist 

Lebscby Dominik , Abt des Praemonstratenser - Stiftes 
Scblögel. 

Lechner Rudolf, Universitäts-Buchbändler in Wien. 

Leder, Dr. Karl, Oräfl. Hoyos'scher Ratb in Wien. 

Lederer Thomas, Dr. d. Med. in Wien. 

Leidesdorf Franz, Dr., k. k. Notar in Wien. 

Lemann Karl, Kirchenstoff-Fabricant in Wien. 

Lesczinsky Julian, Pfarrer zu Wielowies bei Dzikow in 
Oalizien. 

Lewinsky Karl, Edler v. , k. k. Sectionschef. 

Liebl Vincenz, Weingrossbändler zu Retz. 

Liechtenstein Johann, Fürst von und zu, Herzog zu 
Troppau und Jägerndorf, Durchlaucht. 

Lind Karl, Dr., k. k. Min.-Conc.-Adjunct 

Linzbauer, Dr. Franz X., Professor an der Universität 
zu Pest. 

Lippert Josef, Architekt in Wien. 

Littrow, Dr. Karl v., Director der k. k. Sternwarte in Wien* 

Lobkowitz Karl Johann, Fürst, k. k. g. Ratb und Käm- 
merer, Statthalter für Tirol, Durchlaucht. 

Locatelli Hermann, Grafv., Gutsbesitzer zu Immendorf. 

Löhner J. in Wien. 

Löwe Alexander, Director der k. k. Porcellanfabrik. 

Lucki Victor , Ritter v*, k. k. Sectionsrath. 

Ludwig, inf. Abt zu Seitenstetten. 

Malfatti von Rohrenbach Ludwig, k. k. Min.-Secretär. 

Marschall Angust Friedrich, Graf v., Archivar der geolo- 
gischen Reichsanstalt, k. k. Kämmerer. 

Xastalier Rud. von, Dr. d. Med*, Badearzt in Ischl* 

Mathis, Dr., Hof- u. Gerichtsadvocat in Wien. 

Hauthner Wilhelm, Ritter von, Dr. juris in Wien* 

Mayer Johann, Stadtpfarrer zu Gmünd. 

Mayer Karl, Prof. a. d. k*. k. Akademie der bildenden 
Künste. 

Meosiry Karl, Freih. v., k. k. Polizei-Minister, k. k* geh* 
Ratb, Excellenz. 



XVII 



Andreas von , Dr. , k. k. Trochsess , k. k. Rath 
und Archivar im k. k. g. Haus- Hof- und Staatsarchive. 

Melioher Jos. L., Dr. d. Med. in Wien. 

Mettemioh, Fttrst Richard^ k. k. Bothschafter zu Paris, 

Darchlaucht. 
Meyer Ferdinand, Buchhändler in Wien. 
MontenuoTO Wilhelm, Graf v., k. k. Feldmarschall-Lieute- 

nant, k» k. gr. R., Ezcellenz. 

Montoyer Ludwig, k. k. Bnrghanptmann in Wien. 
Hosart Josef, k. k. Minist. - Rath. 

Münch-Bellinghaasen Anton, Freiherr v., k. k. g. R., 

Excellenz. 
Münch-Bellingiiaiisen Eligius, Freiherr v., k. k. Hofrath 

u. erster Custos der k. k. Hofbibliothek. 

Vigy Karl von, zu Reps in Siebenbürgen. 

Hako de Hagy Szent Miklos Colomann, Oraf von, k. k. 
Kämmerer. 

Hava Alexander, Dr. juris in Wien. 

Heuberg Wilhelm, Freiherr v., k. k. Truchsess u. Herr- 
schaftsbesitzer zu Udritsch in Böhmen. 

Heuwall Albert, Ritter v., k. k. Ministerialrath. 

Heawall Gabriele, v., in Wien. 

Heuwall Leopold, Ritter v., in Wien. 

Henwerth Johann, k. k. Ober-Ingenieur bei der Kaiserin- 
Elisabeth-Bahn in Wien. 

Kigria Justus, Architekt u. Prof. zu Pressburg. 

Noptia Ladislaus, Freiherr v. 

Howack Franz, k. k. Hof- und biirgl. Schlossermeister 
in Wien. 

Obermaier P. £. in Wien. 

O'Donnell Heinrich, Graf v., k. k. Kämmerer. 

O'Donnell Max, Graf v., k. k. Kämmerer u. General- 
Major, in Salzburg. 

Odorico de Odorioop Johann, Kunstmarmorfabricant in 

Wien. 
Oetselt Anton, k. k. Hof- u. Stadtbaumeister in Wien. 
Osona , Herzog v. , Grand von Spanien, in Paris. 
Ozegovic Meteil, Freiherr v., k. k. geheimer u. Staatsrath, 

Excellenz. 

Paar Karl, Fürst v., Durchlaucht, k.k.g. Rath, Excellenz. 
Paiay Job. W., Director des Kranken- u. Pens.-Instituts 

für Handlungs-Commis in Wien. 
Patemo Friedrich, Kunsthändler in Wien. 
Paosinger Karl, von, Gqtsbesitzer zu Albmegg bei Lam- 

bach. 

Perthaller Josef, Ritter V., Dr., k.k.0ber-Landes-Gericht8- 

rath. 
Pflanzl Bartholomäus , Propst des Chorherren - Stift9s 

Reichersberg. 
Philippsberg Eugen, Freiherr v., k. k. Gesandter. 
Phillipt Georg , Dr. , k, k. Hofrath und Univ. Professor 

in Wien. 
Piohler, Dr. Franz, k. k. Miu.-Concipist. 



Pipitz Josef, Ritter v., Gouverneur der k. k. pr. National- 
Bank, k. k. g. Rath, Excellenz. 

Pissling Wilhelm, Dr. der Medicin, k. k. Professor zu 
Olmütz. 

Ploh Julius, Propst des Prämonstratenser - Stiftes Geras. 

Plener Ign., Edler v., k. k. Finanz-Minister, k. k. geh. R., 
Excellenz. 

Pont Alfons, Freiherr De, k. k. Sectionsrath. 

Posonyi A., Kunsthändler in Wien. 

Prandel August, Buchhändler in Wien. 

Pratobevera Adolf, Freiherr v., k. k« Justiz • Minister^ 
k. k. geh. R., Excellenz. 

Priti Franz Xaver, Chorherr und Gymnasial-Prof. in Linz. 

Prokesoh-Osten, Freiherr v. , k. k. FML. u. Internuntius 
zu Konstantinopel , k. k. geh. R., Excellenz. 

Pnsohl , P. Leopold , Capitular des Stiftes Seitenstetten, 
Oymnasialdirector. 

Badnitzky Karl, Prof. an der k. k. Akademie der bilden- 
den Künste. 

Raimann Franz , Ritter v. , Dr. , k. k. Gerichtsadjunct in 
Wien. 

Bandt Michael , jub. k. k. Beamter in Wien. 

Bansonnet-Villes, Karl Freiherr v., k. k. Minist. Rath. 

Bassmann Johann, k. k. Minist.-Secretär. 

Baspi Felix , General - Secretär der Staats - Eisenbahn- 
Gesellschaft. 

Bauch Johann in Wien. 

* Bauscher Jos. Othmar, Ritter von, Cardinal, Fürsterz- 
bischof von Wien,. Eminenz. 

Baymond Josef, Edler v., k« k. Hofrath u. Kanzleidirector 
im Oberstkämmereramte. 

Bedtenbacher Josef, Dr., k. k. Univ. Professor in Wien. 

Beioh Karl, Dr., Ritter v., k. k. Ministerial - Rath. 

Beiffenstein Gottlob, Lithographiebesitzer in Wien. 

Beinlein Jacob, Ritter v. , k. k. Ministerial-Rath. 

Beslhnber Augustin, Abt des Benedictiner-Stiftes Krems- 
mUnster. 

Bettberg R. v». Privat in München. 

Biefel Gustav, Freiherr v. , k. k. Ministerial-Secr. 

Biehl August, Dr., Advocat zu W. Neustadt. 

Bittmann Benno, Capitular des Stiftes Schotten. 

Bomer, Dr. Florian, G3rmnas8ial-Director in Ofen. 

Bonzal Ferdinand, k. k. Rechnungsrath in Wien. 

Bosenzweig Karl, Edler v., Privat zu Triest. 

Boesner Karl, k. k. Professor und Architekt in Wien. 

Bosner Friedrich, Ritter v., k. k. Sections-Rath. 

Bosthom Gustav, v., Fabriksbesitzer, in Wien. 

Both&child Anselm, Freiherr von, Chef des Grosshand- 
lungshauses S. M. Rothschild. 

Bothschild Nathaniel , Freiherr von. 

Boux Fritz, Maler in Wien. 

Buben Christ., Director der k. k. Akademie der bilden- 
den Künste. 

Bndigier Franz Josef, Bischof von Linz. 

C 



XVIII 



Sacken Eduard , Freiherr v. , Dr. , Custos des k. k. 
Münz- n. Antikencabinets , Conservator für Nied* 
Österreich. 

Salm-Keifferscheidt, Robert, Altgraf, k. k. Sectionschef, 
k. k. geh.Rath, Erlaucht. 

Sandböek Konrad Eduard, Benedictiner - Capitular zu 
Seitenstetten, Pfarrer zu Öhling. 

Sava Karl v., k. k. Vicehofbuchhalter. 

Scanzoni Hermann, Architekt in Wien. 

Schallhammer Johann, Ritter v., Postcontrollor. 

Sohami Franz, Maler in Wien. 

Schatz Georg, k. k. Minist* -Hiifsamts-Director. 

Schebeok Franz, bgl.Stadtbaumeistes in Wien. 

Schedl Karl, Grosshändler in Wien. 

Schey Friedrich, Grosshändler in Wien. 

Schiedt .Josef, Architekt in Wien. 

Schimko Friedrich Daniel, Dr., k. k. Prof. in Wien. 

Schimmer Gustav Ad., k. k. Minist-Beamter in Wien. 

Schloss Moriz, Bürgermeister zu Hainburg. 

Schmidt Friedrich, Prof. an der k. k. Akademie der bil- 
denden Künste. 

Scholl H., Freiherr v«, k. k. Oberst zu Venedig. 

Schönbach Josef, k. k. Minist.-Hilfsamts-Director. 

Schönbmnner Josef, Maler in Wien. 

Schönthaler Franz, Bildhauer in Wien. 

Schrattenbach Anton, k. k. Kreishauptmann zu Iglau. 

Schreck Adam, Propst des Chorherren - Stiftes Kloster- 
neuburg. 

Schrotzberg Franz, Maler in Wien. 

Schütz Ludwig, Pfarrer in Pulkau. 

Schwarz Job. Georg in Wien. 

Schwarzhuber Anton, Freiherr v., k. k. g. Rath, Ex- 

cellenz. 
Schwerdfeger Engelbert, Abt des Benedictiner -Stiftes 

Göttweig. 
Sedlitzky Wenzl Adalbert, Dr., Apotheker in Wien. 
Seback Vincenz, Dr., k. k. Professor und Klosterneu - 

burger-Chorherr, in Wien. 
Seebnrger Job. N., Ritter v., Dr., k. k. Hofrath u. erster 

Leibarzt S. M. 
Seiller Job. Caspar, Freiherr v., Dr«, Hof- und Gerichts- 

advocat. 

Seligmann Romeo, Dr., k. k. Univ. Prof. in Wien. 

Selzer Josef, Bürgermeister in Reindorf. 

Siokel Theodor, Dr., k. k. Univ. Prof. in Wien. 

Simör Johann, Bischof von Raab. 

Singer Josef, k. k. FML. in Wien. 

Spangen Philipp, Graf v., k. k. Kämmerer. 

Spann Anton, Ritter v., Dr. in Wien. 

Springer Job«, Dr., k. k. Reg. -Rath u. Univ. Prof. in Wien. 

Staats-Archiy, k. k. g. Haus- Hof- und. 

Stäche Friedrich, Architekt in Wien. 

Stadler Berthold in Wien. 

Standthartner Josef, Dr. d. Med. in Wien. 



Stareck Ludwig, Abt und Pfarrer zu Trentschin. 

Stegner Karl, von, k. k. Börsesensal in Wien. 

Steiger Benedict, Abt des Cisterzieuser-Stiftes Neukloster 
in Wr. Neustadt. 

Steiger Johann, Ritter v. Amstein, k. k. Minist.-Secretär. 

Steinhauser Anton, k. k. Rath, in Wilhering. 

Steininger Augustin, Abt des Cisterzienser-Stiftes Zwetl* 

Steinringer Ferdinand , Abt des Benedictiner -Stiftes 
St. Paul 

Strantz Josef, Rentmeister zu Libeny St. Miklos. 

Stubenrauch Moriz, v. , Dr., k. k. Univ. Professor in 
Wien. 

Stülz Jedocus, Propst des Chorherren Stiftes St. Florian. 

Suttner Gustav, Ritter v., in Wien. 

Suttner Karl, Ritter v., in Wien. 

Sylva-Taronca Friedrich, Graf, Weltpriester. 

Szaszkiewicz Georg, k. k. Minist.-Rath und Domherr. 

Thaler Florian, Capitular u. Kanzleidirector des Stiftes 
Klosterneuburg. 

Thierry Adolf, Freiherr v., k. k. g. R., Excellenz. 

Thnn-Hohenstein Leo Leop.,Graf v., k. k.g. R., Excellenz. 

Todesko Eduard, k. k. pr. Grosshändler in Wien. 

Todesko Moriz, k. k. pr. Grosshändler in Wien. 

Todesko Sophie in Wien. 

Tomascheck Eduard, Dr., Ritter v., k. k. Ministerialrath. 

Trapp Moriz, Custos am mährischen Landesmuseum zu 
Brunn. 

Trausch v. Trauschenfeld Eugen, Ritter v., Dr. in Kron- 
stadt. 

Trenck Isabelle, Freiin v. Tonder, in Wien. 
Trimmel Emil, jub. k. k. Minist. Beamter. 
Trombetta Johann B., k. k. Post-ControUor in Wien. 
Trost J. N., Bürgermeister zu Baden. 
TJbell Anton, bgl. Stadtbaumeister in Wien. 
ünger Johann, Stadtbauamts-Ingenieur in Wien. 
Voggenhnber Anton, in Wien. 

Wahlberg Wilhelm, Dr., k. k. Univ. Professor in Wien. 
Waldstein Johann, Graf, k. k. Kämmerer. 
Walther Friedrich, k. k. Ministerialsecretär. 
Wasserbnrger Anton, k. k. Hof- u. bgl. Stadt-Steinmetz- 
meister in Wien. 

Wasserburger Paul, bgl. Baumeister in Wien. 

Wehli August, Edler von, Dr., k. k. Minist. -Rath. 

Weigl Jos. Ferd. , k. k. Polizei-Obercommissär in Wien. 

Weiss Karl , Wiener Magistratsbeamter und Redactenr 
der Mittheilungen der k. k. Central - Commission für 
Baudenkmale. 

Well Wilhelm, Edler v., M. Dr., k. k. Min.-Rath. 

Welzel Ferdinand, in Wien. 

Werner Josef, Freiherr v., k. k. Gesandter an den säch- 
sischen Höfen, k. k. g. R., Excellenz. 

Wertheim Franz, Vice-Präsident der Handels- und Ge- 
werbekammer zu Wien , Fabriks-Besitzer. 

Werthbeimstein Leopold, Ritter v. , priv. Grosshändler. 



XIX 



Wickenburg Mathias Constantin, Graf, k. k. Handels-Mi- 

nister, k. k. g. R., Excellenz. 
Widter Anton in Wien« 
Wien, die Commune von. 
Wildgans Anton, k. k. Ministeriaisecretär. 
Wimmer Florian, Pfarrer zu Rohr. 
Wimmer Josef in Wien. 
Winiwarter Georg R. v. , Fabricant u. Civil - Ingenieur 

in Wien. 
Winter Moriz, Dr., k. k. Min. - Conc. - Adjunet. 
Winterhalter Josef, k. k« Oberingenieur. 



Wolf Adam, Dr., k. k. üniv. Prof. in Wien. 

Zach Norbert, Probst des Chorherren-Stiftes Herzogenburg. 

Zedlitz F. Christian, Freiherr v., k. k. Kämmerer, her- 
zogU Brannschweig'scher Ministerresident. 

Zelinka Andreas, Dr., Bürgermeister v« Wien, Hof- u. 
Gerichtsadvocat. 

Zichy Edmund, Graf v., k. k. Kämmerer. 

Zimmerl Joseph, Pfarrer zu Burgschleinitz. 

Zincken G., Architekt in Wien« 

Zippe Franz Xaver, Dr., k. k« Reg. Rath u. Univ. Pro- 
fessor in Wien. 



(ImtspnUmk MW^Mtt 



Bodentteiner Franz, Capitular des Stiftes Zwetl und 

Pfarrer zu Zistersdorf. 
Chalaupka Iguaz, Domherr, Director des bischöflichen 

Seminars zu St. Polten. 
Delre Ambros, Pfarrer zu Theras. 
Lichtenberger Johann, Dechant und Pfarrer zu Maria- 

TaferL 



Lechner Joseph, Tabak-Gross*Verleger zu Gmunden. 
Mugerauer Franz, Pfarrer zu Heiligen-Eichen« 
Scheiger Jos., k. k. Postdirector zu Gratz und Conserva- 

tor für Steiermark. 
Weishäupl Georg, ständischer Beamter zu Linz. 
Zawesky Adalbert, Pfarrer zu Khünring« 
Zelenka Julius,, Pfarrer zu Sallingstadt. 



DIE 



CAPELLE DES HEIL. JOHANNES des TÄUFERS, • 



GENANNT 



Z U 



KLOSTERNEUBURG. 



VON 



A. ESSENWEIN. 



V. 



Vorbemerkong. 



Die vorliegende Arbeit behandelt ein kostbares, leider nicht mehr bestehendes 
Kunstwerk des Mittelalters in Osterreich, ein Werk, das auf deutschem Boden kaum 
seines gleichen gehabt haben dürfte. Wenn es auch leider selbst nicht mehr besteht, 
da ihm eben sein hoher Werth den Untergang brachte, so sind doch glücklicher Weise noch 
Behelfe genug übrig, die es gestatten, eine Reconstruction . wenn auch nur auf dem 
Papiere, durchzuführen. 

Diese wurde hier auf Grundlage der Behelfe unter Berathung aller gleichzeitigen 
Bauwerke versucht Wenn sich auch im Laufe der Arbeit selbst heraus gestellt hat, dass 
nicht Alles so klar und fest gegeben ist , als es wünschens werth wäre , imd manches 
davon vielleicht scheinbar mit demselben Rechte anders hätte angenommen werden 
können, als es hier angenommen ist, so muss eben wiederum das künstlerische Gefühl, 
das sich mit den gleichzeitigen Werken vertraut gemacht hat, das Richtige bezeichnen; 
es gehört dazu nur ein Versenken in den Geist des Styls im Allgemeinen , wie in den 
des Werkes insbesondere, um das Richtige da herauszufühlen, wo nicht mit absoluter 
Bestimmtheit Etwas als das allein mögliche gegeben ist 

Desshalb halte ich mich auch verpflichtet, bei jedem Punkte darauf aufinerksam 
zu machen, und auf mögliche andere Lösungen hinzudeuten, wenn ich schon den hier 
gegebenen den Vorzug einräume. Jedenfalls glaube ich, dass überall, wo eine Lücke durch 
das gebotene Material gelassen war, die ich durch Annahmen und Vermuthungen aus- 
zufüllen gezwungen war, meine Annahmen so im Geiste imd Style der Zeit sind, dass 
sie mindestens ebenso viele Berechtigung besitzen, als jede andere Hypothese, und dass 
sie so lange als richtig angenommen werden können, bis sichere Anhaltspunkte gefunden 
werden, die für eine andere Hypothese eine bessere und festere Begründung geben. 

Schliesslich halte ich mich aber verpflichtet, Herrn k. k« Rath A. Camesina 

meinen wärmsten Dank zu sagen, auf dessen Anregung ich die Arbeit unternommen, und 

1* 



der mir dazu alle nOthigen Behelfe lieferte, die er seit lange gesammelt und mich mit 
«einem Rathe gütigst unterstützte, der um so mehr Werth hat, als Herr Camesina 
sich lange selbst mit dem Gegenstande beschäftigt hatte. Femeren Dank aber auch 
dem hohen k. k. Obersthofineisteramte und besonders Herrn k. k. Hofrath und Kanzlei- 
director des k. k. Obersthofineisteramtes Phil. Dräxler Ritter von Carin etc. etc. 
für die zuvorkommende Bereitwilligkeit, mit der man sowohl Herrn Camesina als 
später mir die Aufiiahme der im Laxenburger Lustschlosse befindlichen Bruchstücke 
gestattete. 

Schliesslich auch Dank dem Stifte Klostemeuburg für die zuvorkommende Be- 
reitwilligkeit, mit der Herrn k. k. Rath Camesina alle Quellen zur Verfilgung ge- 
stellt wurden. 



Wien, im Jänner 1861. 



A. EssenweiiL 



Einleitung. 



Jede Zeit; die in selbstständiger Kraft ihre Kunstwerke gestaltet and denselben den Stempel der 
eigenen Ansehaunng und des eigenen Wesens aufdrückt^ gibt in ihnen ein Spiegelbild der eigenen Cultur. 
Wer in diesem Spiegelbilde die volle Eigenthümlichkeit der Zeit sieht; die darin ausgeprägt ist, wer 
sieht; wie jeder einzelne Zug der Lebensauffassung wieder gegeben ist; wer den innigen Zusammenhang 
der Kunst mit der ganzen Cultur erkennt; der wird begreiflich finden; dass LIqs solche KunstformeU; die 
eben eigenes Fleisch und Blut waren ; sich des Beifalls einer jeden Zeit erfreuen konnten; die selbst- 
ständige Kraft und eine eigene Culturrichtung hatte; und dass ihr jede andere Kunstweise fremd und 
gleichgültig sein musste. 

Es ist darum ungerecht; fort und fort tlber die Barbarei einer Zeit zu klagen ; die ältere Kunst- 
werke umgestaltete; um sie ftlr sich geniessbar zu machen; oder die manches zerstörte ; weil dasselbe 
fllr sie keinen Werth hatte. Wir wollen nicht davon reden; dass heute noch oft genug dasselbe geschieht; 
dass heute noch manches Kunstwerk früherer Zeit der neuern Anschauung oder neuem Bedürfnissen wei- 
chen musS; oder dass eine „Restauration" oft die volle Eigenthümlichkeit und den Werth des Kunstdenk- 
males vernichtet ; es war ein Zeichen eigenen Bewusstseins und eigener Kraft; es zeigte, dass das künst- 
lerische Geftlhl eigenes Leben hatte ; dass die herrschende Kunstrichtung wirklich im eigenen Boden 
wurzelte; es war ein Zeichen der Zufriedenheit mit den eigenen Kunstschöpfungen ; wenn man ohne 
Anstand Fremdes zerstörte. 

Unsere Jetztzeit; die in der Lebensanschauung wie in der Richtung der Cultur der Einheit entbehrt; 
in der die verschiedenartigsten Elemente bald dahin; bald dorthin drängen, während heute diese, morgen 
jene Richtung die Oberhand zu gewinnen scheint; — unsere Jetztzeit ist darin weniger streng. 

Sie entbehrt auch der Einheit in der Kunstrichtung; sie sieht die ganze Vergangenheit vor sich 
stehen; der Eine neigt sich hierhin; der Andere dorthin ; je nach individueler Neigung oder nach Ver- 
ständniss und Auffassung; der Eine kämpft für diesC; ein Anderer ftlr jene Richtung; ohne dass es Einem 
gelungen wäre zur Herrschaft zu gelangen. Die Menge, selbst die Menge der Denkenden — denn diese 
sind die Träger des Zeitgeistes — lässt die verschiedensten Richtungen gleichberechtigt neben einander 
gelten. Entweder verkennt man den innern geistigen Zusammenhang der Kunst mit der Lebensrichtung; 
oder man ist tolerant; wie man im politischen und socialen Leben ebenfalls Toleranz oder Freiheit ftlr jede 
Richtung verlangt. Man verlangt auf dem Gebiete der Kunst eine Gleichberechtigung der Principien oder 
stellt die Berechtigung von Principien überhaupt in Abrede. 

So gibt es eben auch keine allgemeine lebendige Kunst mehr. Die Kunst wurzelt nicht mehr im 
Leben; sie ist eine Treibhauspflanze geworden und eine Strömung unserer Cultur; und zwar keineswegs 



6 A. Essenwein, 

die schwächste , — der Materialismus hat da, wo er zu ausgedehnterer Herrschaft gelangt ist, sie voll- 
ständig als unnütz beseitigt. 

Im Allgemeinen hat unsere Zeit sehr viel fUr richtige Erkenntniss und Würdigung der Eunstweisen 
und der Kunstwerke der Vorzeit gethan, in dem richtigen Bewusstsein, dass diese Erkenntniss ein wesent- 
licher Factor zur Gestaltung der Zukunft sei. 

Wir kennen und schätzen den Werth jedes Kunstwerkes, und wenn auch die Erkenntniss sich 
noch nicht ttberall Bahn gebrochen hat, so ist man doch geneigt sie aufzunehmen. Man findet an jedem 
Kunstwerke, an jedem historischen Denkmale der Vorzeit Interesse ; man studiert, verzeichnet und publi- 
ciert Denkmale aller Perioden, aller Kunstweisen und Style, 

Diese Gleichberechtigung aller Kunstweisen , die heutzutage in der That besteht, sowohl im Stu- 
dium als in der Ausübung, ist es aber gerade, die uns ungerecht gegen andere Zeiten macht, wo solche 
nicht bestand. Sie lässt uns eine Zeit gering schätzen, die in vollem Selbstbewusstsein ihren eigenen 
Schöpfungen Platz machte und fremde darum zerstörte, sie lässt uns stolz herabsehen auf eine Zeit, die 
den Werth von Kunstwerken nicht erkannte , welche ihr fremd waren. 

Wir sind nur zu geneigt, unsere Kenntniss und unser Eingehen in die Vergangenheit höher zu 
stellen als eigene Kraft, während sie in der That nichts ist, als der Nothanker, an den sich unsere Kunst 
angeklammert hat , um nicht von den hochgehenden Wogen verschlungen zu werden. 

Weil wir die Kunsthöhe einer Zeit mit der niedrigem Stufe einer anderen vergleichen können und 
den relativen Werth beider festzustellen vermögen , so dünken wir uns auf der Höhe des Höchsten. 

Und doch ist es in der That eines der ersten Zeichen der Schwäche, wenn eine Gultur, wenn eine 
Kunst den Werth einer frühern einzusehen vermag. 

Schauen wir in der That mit unbefangenem Auge auf die Kunstbestrebungen der Gegenwart, so 
müssen wir sehen, dass alle Bestrebungen zu Begründung einer eigenen lebendigen Kunst fruchtlos 
waren und bei weitem nicht die Höhe vergangener Zeiten erreichen konnten. 

Je werthvoUer die Kunstwerke sind, um so mehr sehen wir in denselben das Anlehnen an eine 
vergangene Periode zum Vorschein treten. Wo also in Wiedergabe des Fremden der Hauptwerth liegt, 
hat man in der That nicht Grund, mit Verachtung auf die zu sehen, die mit eigener E^raft Eigenes schufen, 
wenn dieses auch die Höhe unserer Vorbilder nicht erreichte. Wir haben keinen Grund auch nur die Kunst 
des vielgeschmähten Zopfes zu verachten, weil sie im frischen Boden wurzelte, während unsere eine 
Treibhauspflanze ist. 

Der Zopf hatte noch Leben ; es war allerdings ein schwaches, aber es war das erste Zeichen des 
eintretenden Todeskampfes; es war das erste Zeichen innerlicher Schwäche, als man seine Blicke auf 
fremde Kunstweisen hinwandte. 

Die Nachahmung türkischer und chinesischer Formen, wenn sie auch blos eine Spielerei war, war 
ein Zeichen der Schwäche. 

Es war ein Zeichen der innem Unzufriedenheit und Schwäche, als man die Formen „des alten 
Ritterwesens" wieder aufleben lassen wollte. In der bildenden Kunst waren es blos die alleräusser- 
lichsten Formen , wie man auch in den Ritterstflcken auf der Bühne und in den Bitterromanen am aller- 
äusser liebsten hängen geblieben war. 

Man hat gewisse in die Augen springende Formen ohne Verständniss ihrer Bedeutung copiert, oder 
dieselben in den Zeitgeschmack übersetzt, nur selten ging man auf wirkliche gründliche Nachahmung 
aus, wobei man allerdings auch nicht weiter ging als die Kräfte reichten. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosterneuburg. 7 

Eine der interessantesten und bedeutendsten dieser Fremdlinge im Zopf ist die Franzensbarg im 
Parke zu Laxenburg bei Wien. Man war nicht blos mehr als sonst bemüht, die alten Formen richtiger zu 
verstehen und anzuwenden, man wollte dem Werke auch dadurch eine höhere Weihe geben, dass man 
möglichst viel „ächte^ alte Bestandtheile verwendete. Zu diesem Zwecke plünderte und zerstörte man 
einige mittelalterliche Kunstdenkmale, um die Bruchstücke beim Bau dieses Ritterschlosses zu verwenden. 
Das Schloss hat also nicht blos als Curiosität seinen Werth, sondern ist selbst für das Studium von grossem 
Interesse, weil einige der verwendeten Theile von vollendeter Schönheit sind und höchst würdigen und 
kostbaren Eunstdenkmalen entnommen wurden. 

Diess gilt insbesondere von den Resten der St. Johanniscapelle zu Klosterneuburg, die ihres Reich- 
thums und kostbaren Materials wegen, sowie wegen ihrer edeln Architekturformen schon im Mittelalter 
hoch bewundert wurde und wohl eben desshalb die Augen des Laxenburger Baumeisters auf sich zog. 

Es sind noch verschiedene Urkunden aus dem Mittelalter vorhanden, in denen sie capella pulchra, 
speciosa, marmorea, die schöne Gapelle etc. benannt wird. 

So in einer Urkunde vom 7. März 1306, worin Abt Friedrich von Kremsmünster der St. Johannis- 
capelle den jährlich von einem neugekauften Hause zu Klosterneuburg zu leistenden Gelddienst reserviert, 
ist sie die capella marmorea sancti Johannis Baptistae genannt'). 

In einer Urkunde vom 2. Februar 1353, worin Probst Ortolf bezüglich einiger Einkünfte eine 
neue Anordnung trifft, ist sie wiederholt capella pulchra genannt^). 

Der Name die „schöne Capelln** kommt in einer Urkunde vom 10. November 1383 vor, worin 
„Zaohey Herrn Wisener Wittib" an Konrad, Caplan des Frauenaltars der Capelle, einen Wein- 
garten verkauft*), dann in einer Urkunde vom 3. Februar 1386, worin Paul, der Sohn des alten Spital- 
meisters Ulrich, ein halbes Joch Weingarten verkauft*), ferner in einer Urkunde vom 18. Novbr. 1386, 
worin Probst Colomann drei Weingärten zu Gunsten der Capelle stiftet^) u. s. w. 



Die Capelle war die Haus- und Palastcapelle des Fürstenhofes der Babenberger, den der h. Leopold 
zu E[Iosterneuburg errichtet hatte, und der heutzutage fast spurlos verschwunden ist. Die Kirche, die im 
Mittelalter alle Verhältnisse durchdrang, die im Staate wie in der Familie wurzelte, und um welche sich 
alles gruppierte, hatte nicht blos die grossen Stadtkirchen, die Kathedralen und Klosterkirchen ins Leben 
gerufen; das religiöse Bedür&iss hatte auch in jedem Hause einen Betplatz verlangt, und ein eigenes 
Oratorium war ein wesentlicher Bestandtheil jedes Palastes oder jeder Burg. Dabei war in der Regel ein 
Geistlicher bestellt, manchmal sogar ganze Capitel, um den Gottesdienst zu verherrlichen. 

Derartige kleinere Kirchen nannte man Capellen, die dabei bestellten Geistlichen die Capellane. 
Durandus von Mende gibt in seinem Rationale divinorum ofGciorum lib. H, cap. X. 58^), eine doppelte 
Erklärung dieser Bezeichnung. Er sagt sie komme davon her, dass die cappa des heil. Martin, deren 



1) Urkundenbuch des Stiftes Klostemeabnrg bis zu Ende des XIY. Jahrb., von Dr. Hartmann Zeibig, in Fontes 
renun Anstriacaram, 2. Abth. X., 97, Urkunde CIL 

2) Ebendaselbst S. 341, Urkunde CGCLI. 

8) Eine Abschrift dieser Urkunde verdanke ich der Güte des Herrn k. k. Rathes A. Camesina 

4) Chartularia archivi V. 26. b. 

5) Original, Pergament 

6) Vgl. Violet-le-Duc : Dictionnaire raiaonnö de Tarchitecture fran^aise etc. IL, 423. Auch Du Gange (ed. Hen- 
schel U., 1248 (agt: „Capella postmodnm appellata aedes ipsa in qua asservata est cappa seu capella S. Martini.'' 



g A. Essenwein, 

eine Hälfte er dem Bettler gegeben, von jeher von den Königen Frankreichs besonders verehrt gewesen 
sei, die sie sogar im Felde mit sich geführt und in einem besonderen Zelte aafbewahi-t hätten. Dieses Zelt, 
sowie der Ort der Aufbewahrung hätte von der cappa oder capella nach und nach den Namen angenommen, 
der auf alle ähnlichen kleinen Gotteshäuser übertragen worden sei. Die zweite Erklärung, die Durandus 
gibt, lautet dahin, dass man im Felde Zelte aus Ziegenfellen (capra oder capella) für das heil. Messopfer 
errichtet habe und dass sich der Name daher schreibe. 

Ob die Etymologie des Durandus richtig sei, lassen wir dahin gestellt. 

Die Haus- und Burgcapellen sind uns aus dem Mittelalter in grosser Zahl erhalten. Sie sind manch- 
mal kleine Gemächer im Innern eines Gebäudes, manchmal selbstständige Gebäude im Umfang der Burg. 

Manchmal sind deren zwei vorhanden , eine äussere und eine mit den innern Gemächern in Ver- 
bindung stehende. Die äussere war sodann wohl die Hauptcapelle fllr den öffentlichen Gottesdienst in der 
Burg, die innere die Andachtsstätte der Familie. Besonderes Interesse bieten die auf mancher Burg vor- 
kommenden Doppelcapellen in zwei Stockwerken übereinander, die dann meist durch eine Oeflhung in der 
Decke verbunden sind. Ihr Vorkommen beschränkt sich nicht auf Burgen ; sie kommen auch vereinzelt 
vor. Wir nennen hier die Doppelcapellen auf der Burg zu Nürnberg, zu Freiburg an der Unstrut und zu 
Eger in Böhmen. Der untere Raum ist überall niedriger, von gedrücktem Verhältniss und in einfachen 
Formen gehalten, während die obere Capelle lichter und höher ist. Die Bedeutung dieser Doppelcapellen 
wurde in verschiedenster Weise zu erklären versucht ; die beste und naheliegendste Hypothese war die, 
dass die obere Capelle fär die Herrschaft, die untere aber für die Dienerschaft bestimmt war. Erst in neue- 
ster Zeit hat Weingärtner') das Unhaltbare dieser Hypothese dargelegt, die einen ganz andern als 
den christlichen Geist des Mittelalters voraussetze, in welchem in der Kirche wenigstens Gemeinsamkeit 
ftir alle existiert habe. Weingärtner sucht die Behauptung durchzuführen, dass der untere Theil als 
Krypta oder Gruft aufzufassen sei, dass die Doppelcapellen mit den Räumen in andern ähnlichen Bauten 
in organischer Verwandtschaft und mit den antiken Mausoleen und Grabtempeln in Verbindung ständen. 
Weingärtner sucht dadurch den Gentralbau aller dieser genannten Monumente zu erklären. Mit dem 
XIII. Jahrhundert, das einen Umschwung der Ansicht und Auffassung hervorgerufen, seien auch diese 
Gebäude ausser Übung gekommen und nur in einzelnen Fällen derartige noch errichtet worden. 

Mit dem XUI. Jahrhundert sei der Begriff des Centralbaues nicht mehr mit der Doppelcapelle iden- 
tisch gewesen. 

In Frankreich war nicht weniger wie in Deutschland eine Gapelle ein wesentliches Erfordemiss jeder 
Burg und jedes Palastes. Das Schloss Concy hatte zwei Capellen, eine äussere, die eine kleine Kirche 
war, dreischiffig, und eine innere Doppelcapelle. Moritz von Sully (XII. Jahrhundert) hatte im bischöf- 
lichen Palaste zu Paris eine Hauscapelle erbaut, die noch bis zum Jahre 1830 bestand; das erzbischöf- 
liohe Palais zu Rheims besitzt noch eine Doppelcapelle aus der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts. In 
dieser Capelle ist ttbrigens der Gedanke des Centralbaues aufgegeben, es ist eine einfache oblonge Capelle 
mit Polygonschluss ; einfach oblong mit Polygonschluss ist auch die glänzendste aller Haus- undPalast- 
capellen, die St. Chapelle zu Paris, die der heil. Ludwig durch den Meister Pierre de Montereaux 
in den Jahren 1242 (oder 45) — 47 erbaut hatte. Hier scheint indess die doppelte Anlage keine höhere 
Bedeutung gehabt zu haben, sondern einfach daher entstanden zu sein, dass die eigentliche Capelle auf 



1) „Das System des christlichen Thurmbaues. Die Doppelcapellen, Tharmcapellen, Todtenleuchten, Kamer, altchrist- 
lichen Monasterien, Glocken- und Eirchenthfirme in ihrem organischen Zusammenhange und ihrer Entwickelung** 
von Wilhelm Weingärtner. GOttingen 1860. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosterneuburg. 9 

einem Boden mit den königlichen Gemächern des Palastes stehen sollte ; denn die untere Capelle diente 
weder als königliches Begräbniss, noch als Anfbewahmngsort ftlr Reliquien ^ da im Gegentheil die obere 
Capelle als solcher bestimmt war. Die ganze Capelle scheint der heilige König überhaupt als ein monu- 
mentales Reliquiarium betrachtet und ihr desshalb den glänzenden Schmuck gegeben zu haben ; der sie 
vor allen andern Bauwerken des Mittelalters auszeichnet. Daher auch der Name ;,St. Chapelle", denn ein 
anderer Unterschied lässt sich zwischen den Palastcapellen in Frankreich und den sog. ^^Saintes cha- 
pelles'' nicht feststellen. Die Palastcapelle wurde vorzugsweise Air die Benützung zum Gottesdienst errich- 
tet, die St. Chapelle aber zur Aufnahme von Reliquien. 

Eine andere St. Chapelle , die der Pariser zwar an Glanz der Ausstattung nachsteht, hinsichtlich 
der architektonischen Composition sie aber'tibertrifiFt; ist die des Schlosses S. Germain en Laye. 

Paris besass ausser der St. Chapelle noch eine Anzahl Palastcapellen, indem jeder Grosse, der 
seinen Palast hatte, der Richtung der Zeit folgend, auch eine Capelle darin errichtet hatte, die alle, 
soweit die Verhältnisse es zuliessen, die St. Chapelle Ludwig's IX. zum Muster nahmen. So hatte das 
HdtelS. Pol eine von König Karl Y. errichtete Capelle, das H6tel Bourbon eine solche, die unter König 
Karl VI. beendet wurde. 

Karl VI. begann den Bau der St. Chapelle des Schlosses Vincennes, die ttbrigens lange ihrer 
Beendigung harrte , bis die Arbeiten unter Franz I. und Heinrich 11. zu Ende geftihrt wurden. 

Mit Übergebung der vielen übrigen Capellen in Palästen und Schlössern Frankreichs , nennen wir 
nur noch die im Palaste des Bürgers Jacques Coeur zu Bourges , die sich durch ihre reizende Archi- 
tektur auszeichnet, und obgleich in den Palast verbaut, doch auch äusserlich markirt ist, und so wesent- 
lich zur malerischen Gruppierung dieses Palastes beiträgt *). 

Sie liegt unmittelbar über der Einfahrt in den Hof, eine Anlage , die sich auch öfter in deutschen 
Burgen findet; so im Schlosse zu Gelnhausen, im Schlosse zu Mttnzenberg, in der Burg zu Wr. Neustadt 
etc. Auch die alte Bathhauscapelle zu Wien lag im ersten Stock unmittelbar über einer Durchfahrt. 

Wir haben Eingangs vieler solcher Schloss- und Palastcapellen erwähnt, die überall in Deutschland 
noch bestehen und denen wir auch die Spitalcapellen beifllgen können , da auch sie keine andere Bedeu- 
tung, keine anderen Formen und Anlagen haben, nur dass sie eben entsprechend einfacher gestaltet 
waren. Im österreichischen Kaiserstaate und speciel in der Stadt Wien sind manche interessante Bei- 
spiele erhalten. Wir erwähnen auch der Capelle auf der Burg Liechtenstein nächst Wien aus dem XII. Jahrb., 
wir haben der äusserst interessanten Doppelcapelle auf der Burg zu Eger in Böhmen erwähnt; eine ein- 
fache hübsche Capelle vom Ende des XIII. Jahrhunderts ist die Palastcapelle des deutschen Ordens zu 
Gratz, die sog. Leechkirche *). Von grossem Interesse sind die drei Capellen auf der Burg Karlstein 
unweit Prag, die Karl IV. errichtete und deren Innenwände ganz mit Vergoldung und Edelsteinen über- 
zogen sind; ein Reichthum, der jenen der St. Chapelle zu Paris bei weitem übertrifit, nur aber gegen- 
über der feinen künstlerischen Durchbildung jener Capelle weit zurücksteht. 

In Wien haben wir die S. Salvatorcapelle des Rathhauses zu nennen'), ferner die S. Johannes- 
capelle in der Kärntnerstrasse, die deutsche Ordenscapelle in der Singerstrasse und die k. fc. Hoiburg- 
capelle, die alle dem XIV. und XV. Jahrhundert angehören. 



1) Vgl. Gailhabaud: ^Denkmale der Bankunst aller Zeiten und Völker" etc. Über alle übrigen genannten 
Capellen aus Frankreich vgl. VioUet-le-Duc : „Dictionnaire de Tarchitectare frangaise** etc. IL, 428 ff. in dem 
Aufsatz „Chapelle^ 

2) Vgl. „Mittheilnngen der k. k. Centralcommission für Erf. und Erb. der Baudenkmale. ** Jahrg. 1859. Juli- und Angust- 
heft. Seite 189—209. 

3) Siehe ,»Berichte und Mittheilungen des Alterthums Vereins zu Wien**, Aufsatz von Lind, IL, 187—227. 

V. 2 



10 ^' Essenwein, 

Sie alle aber übertraf an kttnstleriscbem Werthe und an Reichtham die nun zerstörte eapella speciosa 
'zn Klostemeuburg; die Hanscapelle des Babenberger FürstenhofeS; eine wttrdige Rivalin der St. Cbapelle 
zu Paris ; der sie ttbrigens im Alter um 35 Jahre vorangeht. 



Geschichtliches. 

Eine speeiele historische Arbeit über diese Capelle ist bis jetzt nicht erschienen , eine solche zn 
schreiben würde unsere Kräfte bei weitem übersteigen ; wir müssen daher diese Arbeit einer kundigem 
Feder überlassen und uns begnügen^ einige unvollständige Bruchstücke zusammenzustellen ^ die indess 
immerhin genügen^ um die ftir die architektonische Beurtheilung nothwendigen Anhaltspunkte zu geben '). 

Markgraf Leopold III. aus dem Hause Babenberg^ seit 1485 in die Zahl der Heiligen ver- 
setzt ^ hatte das Chorherren-Stift Klosterneuburg gegründet ^ das bereits im Jahre 1108 nebst einer klei- 
nen Kirche vollendet war. Der Markgraf hatte das Lieblingsstift mannigfach ausgestattet^ und um dessen 
Glanz zu heben ; im Jahre 1114 den Bau der grossen Stiftskirche begonnen, die im Jahr 1136 vollendet 
war und feierlich eingeweiht wurde. Anfangs bestand das Stift aus einem Propst und 12 weltlichen Chor- 
herren. Aber im Jahre 1133^ also noch vor Vollendung der neuen Kirche ; übertrug Leopold das Stift 
an regulirte Chorherren und gab die Leitung dem Propste Hartmann von Chiemsee, der die neue 
Klostergemeinde sammelte. Papst Innocenz U. bestätigte auf dem Concil zu Pisa 1134 die Stiftung 
und stellte einen von sämmtlichen damals anwesenden Bischöfen mitunterzeichneten Schutzbrief aus. 

In der Nähe des Stiftes h<atte aber schon lange ein Ort mit einer Pfarre bestanden , der Nivinburg 
hiesS; und der durch das dort gegründete Stift eine wesentlichere Bedeutung erhielt. Die Pfarre blieb 
bestehen ; Leopold aber gab sie mit manchem anderen an das Stift. Leopold gründete nun bei diesem 
Orte einen Palast zu seinem Aufenthalte. Die Zeit der Erbauung desselben ist unbekannt , nur ist sicher, 
dass er ihn häufig zu bewohnen pflegte, angeblich wechselnd mit seinem Sitze auf der Burg am Kahlen- 
berg. Die Gründungsgeschichte des Stiftes Klosterneuburg ist sagenhaft; es lässt sich daher nicht mit 
Sicherheit feststellen , ob das Stift zuerst gegründet wurde und Leopold sich neben seinem geliebten 
Stifte einen Palast baute, oder ob er das Stift neben seinem Palast in der Stadt Nivinburg errichtete. 
Dieser Palast, der unter dem Namen des Babenberger Fürstenbofes bekannt ist, diente den meisten Fürsten 
des babenbergischen Stammes als zeitweiliger Wohnort und hörte erst nach dem Aussterben dieses Stammes 
auf, fürstliche Kesidenz zu sein. Leopold des Heiligen Sohn und Nachfolger, L e o p o 1 d I V. der Freigebige, 
wohnte daselbst. Er war auf Bitten Innocenz II. vom Kaiser Lothar zum Nachfolger des Vaters 
bestellt worden. und wurde 1139 zum Herzoge von Baiem ernannt, womit ihn sein indessen zur Kaiser- 
würde gelangter Halbbruder belehnt hatte, wohin er sich begab und wo er am 18. October desselben 
Jahres starb. Sein Bruder und Nachfolger Heinrich II. Jasomlrgott, der erste Herzog von Oster- 
reich, scheint abwechselnd auf der Burg Medling und in Wien gewohnt zu haben. Er hielt sich jedoch auch 
zeitweilig zu Klosterneuburg auf, um Gericht zu halten, wie verschiedene Stellen des dortigen Saalbuches 



1) Als Hauptquelle, woraus ^ir schupfen, bezeichnen wir M. Fischer: „Merkwürdigere Schicksale des Stiftes und 
der Stadt Klosterneuburg'*, 2 Bände. Wien 1815. Aus diesem Werke ist die Notiz über unsere Capelle in der kirch- 
lichen Topographie von Österreich, 1., 125 — 7, ein Auszug. Ferner sind das „Urkundenbuch des Stiftes Klosterneu- 
bnrg" von Hartmann Zeibig in den ^Fontes Remm Austriacarum**, 2. Abth., b. X., sowie einige Abschriften von 
Urkunden benützt, die Herr k. k. Rath Games Ina genommen und uns gütigst mitgetheilt hat. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosternenborg. ]1 

beweisen, wo von Handlangen die Rede ist, die: coram domino duce geschehen sind, sowie verschiedene 
richterliche Urtheilssprttche , die er gefällt *). 

Auf Heinrich, der 1177 starb, folgte Leopold V. der Tagendhafte and Friedrich I. der 
Katholische; beide beschäftigten sich viel mit der Angelegenheit des Stiftes Elosterneabarg, haben sich 
also daselbst aach wohl oft aafgehalten. Friedrich starb za Palästina aaf einem Ereazzug 1198. Sein 
Brader Leopold VI. der Glorreiche, der ihm in der Regierang folgte, wohnte oft za Elosterneabarg 
im Färstenhofe, wo ihm 1207 sein erster Sohn geboren warde, dem er gleichfalls den Namen Leopold gab. 

Aas Freade ttber dieses Ereigniss gelobte Leopold VIL einen Ereazzag, der indessen der Um- 
stände wegen stets verschoben warde. Im Jahre 1209 hielt Leopold za Elosterneabarg einen grossen 
Gerichtstag. Bei solchen Gerichtstagen , sowie za Festen and andern Gelegenheiten , versammelte sich 
der Adel des Landes am den Fürsten, and das Gefolge desselben, sowie das herbeiströmende Volk 
machte eine beträchtliche Zahl Eöpfe ans, ftlr deren Unterkommen gesorgt sein mnsste. Elosterneabarg 
mass also damals eine der bedeatendsten Städte Österreichs gewesen sein and der Ftlrstenhof einen 
ansehnlichen Umfang gehabt haben. Im Jahre 1211 wurde Friedrich der Streitbare, Leopol d's zweiter 
Sohn and Nachfolger za Elosterneabarg geboren. Den Ereuzzng, den Leopold 1208 gelobt hatte, flihrte 
er 1216 aus and kehrte nach 2 Jahren siegreich heim. Indessen hatte sein ältester Sohn Leopold za 
Elosterneabarg im nennten Lebensjahre seinen Tod gefanden, indem er von einem Baame herabfiel. 

Sogleich nach seiner Rflckkehr baute er bei seinem Palaste die vielgertthmte Gapelle , die schon 
im Jahre 1222 vollendet war und von Gerhard, Bischof von Passau, zu Ehren des heil. Johannes 
des Täufers geweiht wurde. Über eine besondere Ursache der Erbauung dieser Capelle verlautet 
nichts; als Ruhestätte seiner Familie hatte er sie nicht gebant, indem die Babenberger stets in den Stiften, 
die sie gegründet, ihre letzte Ruhestätte suchten; sie war blos als Palastcapelle gedacht, und nur 
der Umstand, dass Leopold dieselbe mit solchem Glänze erbaute, sowie dass er sie bald nach seiner 
Rtlckkehr aus dem gelobten Lande errichtete, macht es wahrscheinlich, dass er nach der Sitte der Zeit 
daselbst kostbare Reliquien erworben hatte und in dieser Capelle eine monumentale Hülle ftlr dieselben 
herzustellen beabsichtigte, ähnlich wie 25 Jahre später der heilige Eönig von Frankreich Ludwig IX. 
seine prachtvolle St. Chapelle zu Paris als Palastcapelle und als Aufbewahrungsort fbr die Reliquien 
errichtete, die er vom Ereuzzuge nach Hause gebracht hatte. Leopold bedachte seine Palastcapelle 
mit liegenden Gütern und bestellte einen Weltgeistlichen , um den Gottesdienst daselbst zu verrichten. 

Leopold VI. starb 1230 zu Germano in Italien, wo der Eaiser einen Reichstag versammelt hatte. 
Sein Leichnam wurde nach Lilienfeld gebracht. 

Sein Sohn und Nachfolger F r i e d r i c h IL der Streitbare bestätigte in einer Urkunde, die von Eloster- 
neuburg 27. März 1240 datiert ist, der S. Johanniscapelle die Stiftung seines Vaters. Aus dieser Urkunde *) 
geht hervor, dass die Begabung in 9Vt Joch Grund bestand, die der Herzog von Conrad Peurer, 
Bürger zu Wien, um 500 Mark Silber gekauft hatte, sowie im Bergrecht (jus montis quod vulgariter dicitnr 
Perchreht) mit einem Walde bei der genannten Stadt 

Als Zeugen erscheinen: Heinrich, damals Prl^ositus von Passaa, Leopold, Pfarrer von 
Heimbarg, Magister Leopold Prothonotarius , Magister Ulrich von Eirohberg, Ulrich, Pfarrer 
von Ruspach, Conrad, Pfarrer von Mistelbach, Reiner, Notar, Marquard, Notar, der Phjsicus 
Meister Simon, Conrad Graf von Hardeck, Anselm von Jnstingen, Chaldold, Tnich- 



1) Vgl. bei Fischer IL, 55 den Auszug Nr. 97, sodann S. 57 Nr. 103, S. 68 Nr. 117. 

3) Abgedruckt bei Fischer IL, 20 und 201 Nr. L. und bei Bemh. Pez: Cod. dipl hiat epist IL, 64. 



12 -^ Essenwein, 

sess von Veldesberch, Heinrich von Seefeld, Hadmar von Sonnenberg, Heinrich 
von Brunn, Conrad von Hindberg, Ulrich von Pilhiltdorf, Dietrich von Bohran, 
Heinrich von Liechtenstein „et alii quam plures quorum nomina exprimere non oportet". 
1242 war wieder grosser Gerichtstag zu Klosterneuburg. 

Friedrich' s Regierung zeigt ein fortwährendes Bild von Krieg, Aufstand und Unruhe, wie das 
ganze deutsche Reich in jener Zeit. 

Als Friedrich im Jahre 1246 an der Leytha fiel und mit ihm der Babenberger Mannesstamm 
erlosch, brach erst das Unglück vollends über sein Land herein, indem sich viele Bewerber um die Her- 
zogthttmer fanden. 

Markgraf Hermann von Baden kam nach Osterreich und heirathete Gertrud, die Nichte Fried- 
rich'S) die Witwe Wladislaus von Böhmen. Er kam nach Klosterneuburg, wo er sich in Vertheidi- 
gungsstand setzte und sich insbesondere dadurch Anhänger erwarb, dass er seinen Leuten Raub und 
Brandschatzung angehen liess. So mehrte sich sein Anhang derart, dass er sich im folgenden Jahre 
sogar Wien's bemächtigen konnte. Er scheint indessen in jener kriegerischen Zeit seinen Wohnsitz in 
Klosterneuburg nicht f(lr sicher genug gehalten und sich auf den Kahlenberg zurückgezogen zu haben, 
wo er 1250 starb. 

Otakar von Böhmen, der Landesherr in Osterreich geworden war, und sich, um einen Rechts-An- 
spruch darauf zu haben, mit Margaretha, der ältesten Tochter Leopold's VL, Witwe Kaiser Hein- 
rich's VIL, vermählt hatte, entschied im Jahr 1259 einen Streit, der die Johanniscapelle betraf. Es hatten 
nämlich die Castellane von Kreuzenstein die Unterthanen der Capelle, welche diese in Rohrbac'; besass> 
in ihr Vogteirecht einbeziehen wollen. Otakar aber erklärte, dass Niemand als der Landesherr von 
Österreich Vogt dieser Kirche sein könnte. Zugleich ertheilte er der Capelle sowie der Wohnung des Prie- 
sters das Recht einer Freistätte. In der Urkunde*), die er darüber am 6. October ausstellte, erscheint 
ein Leopold als Rector der Capelle. 

Die Habsburger erkannten ebenso wie ihre Vorgänger den Werth von Klosterneuburg; allein der 
Fürstenhof, der im Laufe der Zeit durch Krieg, Brand und Überschwemmung gelitten, wahrscheinlich 
vielfach umgebaut, gestückt und geflickt war, sagte ihnen nicht mehr zu. Es mag auch der Umstand 
gewesen sein, dass er ihnen nicht fest genug war, der mitgewirkt hatte, dass sie ihn verliessen und sich 
in Klosterneuburg eine neue Burg erbauten. Die Nachrichten über den Fürstenhof sind so spärlich, dass 
man sein Schicksal eigentlich nur aus dem des Stiftes und der Stadt, sowie seiner Besitzer entnehmen kann. 

Allein die Kriege, insbesouderö unter Hermann und Otakar, sowie die Art wie der Krieg 
geführt wurde, machen es wahrscheinlich genug, dass der Fürstenhof damals nicht mehr im besten Bau- 
zustande war. Zudem hatte sich seit seiner Erbauung im Beginn des XIL Jahrhunderts die Cultur mannig- 
fach umgestaltet. Die Verhältnisse des Lebens und die Anforderungen an eine fürstliche Wohnstätte waren 
andere geworden ; nimmt man noch hinzu, dass sich das Bedürfniss grösserer Festigkeit herausstellte, so 
ist die Erbauung einer neuen Burg an anderer Stelle genügend erklärt. 

Als daher Albrecht L, Rudolph' s L von Habsburg Sohn, sich häufiger zu Klosterneuburg 
aufhielt, baute er sich eine neue Burg am Ende der Stadt gegen das Kirlinger Thal zu. Der neue Palast 
war ein ansehnliches Gebäude und hatte wie der alte ebenfalls seine eigene Hauscapelle, die A Ihre cht L 
zu Ehren des heil. Märtyrers Achaz und seiner Genossen einweihen liess. Er verleibte jedoch die Ca- 
pelle dem Stifte ein. 



1) Fischer ü., 243, Nr. LXXVU. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosternenbnrg. 13 

Bischof Bernhard von Passan bestätigte diese Einverleibung auf Propst Hadern ar's Bitte in 
einer Urkunde vom 13. Juli 1297 *). Später wurde oberhalb dieser Capelle eine zweite mit einem Altare 
zu Ehren der heil. Anna errichtet und auf Verlangen Herzog Rudolfs IV. durch Wolf gang von 
HippoU; Weihbischof von Passau ^ neu geweiht und mit Ablässen versehen. 

Trotz der Errichtung der neuen Burg und der Capelle bei derselben wurde die alte Burgcapelle 
nicht vernachlässigt und Alb recht hatte ihr seine Gunst nicht entzogen. Im Gegentheil schenkte') er 
der St. Johanniscapelle im Jahre 1290 einen Bauernhof zu Ebendorf, der ihm durch den Tod seines 
Vaters Rudolf zugefallen war. In der Urkunde darüber ddo. Wien 3. März 1290 erscheint als Rector 
„Leupoldus capellanus noster^. 

Im Jahre 1291 überliess Herzog Albrecht, wie aus einer Urkunde 'J ddo. Hainburg 12. Juni 1291 
hervorgeht, dem Glasermeister Eberhard den Genuas eines Weinberges mit der Verpflichtung, dafür die 
Fenster der Capelle, denen eine besondere Sorgfalt zuzuwenden sei, in gutem Stand zu erhalten. Meister 
Eberhard erhält in dieser Urkunde das Lob ganz besonderer Geschicklichkeit und Erfahrenheit, so dass 
sich daraus schliessen lässt, dass die Capelle mit werthvoUen gemalten Fenstern versehen war, deren 
Schmuck und Glanz mit jenem des Marmors wetteiferte, woraus die Capelle errichtet war. 

Im Jahre 1306 kaufte Abt Friedrich von Kremsmttnster Haus undHof der Fleischer Herr and 

und Ulrich fllr sein Stift. Diese Häuser hatten der Capelle eine jährliche Abgabe von 70 Denaren zu 
zahlen, zu deren fernerer Zahlung sich der Abt von Kremsmünster verpflichtete. In der Urkunde*) dar- 
über wird Magister Conrad als Rector der Capelle genannt. 

Der Fürstenhof selbst kam indessen immer mehr in Missachtung ; Friedrich der Schöne, Al- 
b recht' s Sohn, gab mit Einwilligung seiner Brüder dem Schlüssler Gerwot zu Klosterneuburg einen 
Theil des Fürstenhofes zu Eigen , damit er sich eine Wohnung darin einrichten könne und behielt sich 
davon nur eine jährliche Abgabe von Va Pfund Wiener Pfennigen (120 Pfennige) vor. Die Beschreibung 
des abgetretenen Theiles gewährt einen , wenn auch nur flüchtigen , Anblick der Anlage. In der darüber 
ausgestellten Urkunde *) ddo. 5. Juni 131 7 heisst es : „ — vnseres gesezzes vnd houes ze Neunburch da sel- 
ben, Gemawervnd Hofstat, als enzwischen, von dem Chelr der an Sant Johans Chapelle stozzet ainhalbe, vnd 
von dann an die Mawer des Houes, do unser Chelr und Münzhaus innestet, Anderthalb als mit den Mawern 
ze peden seitten, vnd mit dem inren Hoflein vmbfangen ist und mit dem Ingange und Invart als daz selbe 
Gesezze von alter hvncz her gehabt hat . " 

Am Kreuzerhöhungstage (14. Sept.) 1318^) kam zu Klosterneuburg eine grosse Feuersbrunst aus, 
welche die Hälfte der Stadt in Asche legte, das Stift zerstörte und bei der auch der Fürstenhof litt. Wenig- 
stens zeichnet die kleine Stiftschronik auf, dass die S. Johanniscapelle bedeutenden Schaden gelitten 
habe ; sie sagt : „ . . . . vnd die schön Capellen die Zuvor mit Zin- und Pleyen-Schindlin ist gedeckt gewe- 
sen, das ist alles verprunen . . . . " Aus dieser Nachricht ersehen wir, dass die Capelle auch bei ihrer 
Erbauung einen reichen Schmuck in ihrem Dache besass. Wir werden unten bei der Beschreibung des 
Baues näher darauf eingehen. Der grosse Schade, den der Brand anrichtete, veranlasste eine dürftige 



1) Abgedruckt bei Fischer IL, 310, Nr. CXXII. 

2) Die Urkunde hierüber bei Fischer IL, 294, Nr. CXHI. 

3) Fischer n., 303, Nr. CXVI., auch bei Pag. Cod. dipL hist. epist II., 170. 

4) Zeibig Urkundenbuch , 97, Nr. Cn. 

5) Fischer IL, 341, Nr. CXLHL 

6) Diese Jahreszahl weist Fischer als die wahrscheinliche nach* Der Yerduner Altar nennt das Jahr 1320; die kleine 
Stiftschronik 1322. 



14 A« Essenwein, 

Herstellung; so dass von dem reichen Dachschmack keine Rede mehr sein konnte und das Dach einfach 
mit Schindeln eingedeckt wurde. 

Im Jahr 132*2 aber^ also wohl bei Gelegenheit der Herstellung des BrandschadenS; bestätigte König 
Friedrich das durch Herzog Friedrich den Streitbaren der Kirche ertheilte Privilegium. In dieser 
Urkunde^) ist das Privilegium Friedrich' s des Streitbaren wörtlich wiederholt und gesagt, dass auf An- 
suchen des Rectors Conrad das Privilegium bestätigt und erneuert werde, das nicht nur den ersten 
Gründern, sondern auch den Nachfolgern Heil und Verdienst zuwende. Die Urkunde ist datiert von Wien 
den 15. Juli 1322. 

Zwölf Jahre nachdem Friedrich den einen Theil des Fttrstenhofes an Gerwot gegeben hatte, 
gab er einen andern Theil an Conrad von Alarn und dessen Schwester Adelheid, um das zerfallene 
Gemäuer wieder zu erheben. Es handelte sich hier also wohl um Gebäudetheile , die vom Brand 1318 be- 
schädigt, aber nicht hergestellt waren. Die Urkunde *) sagt: „ . . . . daz si vnser Oede Hofstat vnd daz 
niedergevallen gemewer in dem Herczogen Hof ze Nevnburch Chlosterhalben bei der Chappellen von den 
Tum vncz an die tur gegen dieselben Chapellen pawen vnd zimmern sollen , also daz die selb tur darzu 
gehöre . . . . " Der König behielt davon für sich und seine herzoglichen Brüder eine jährliche Abgabe von 
60 Wr. Pfennigen vor. Die Urkunde ist datiert von Winkelberg den 1. Mai 1329. 

Im Jahre 1331 bewilligte Herzog Otto die Übertragung des Nutzgennsses zweier Weingärten am 
„Piberstain", die zum „Glasampt" der Capelle gehörten, von deren Übertragung an Eberhard 
oben die Rede war, von Eberhard an seinen Sohn AI hart mit derselben Bedingung, unter der sie 
der Vater gehabt hat. Die Urkunde ') ist datiert von Wien 4. Jänner 1331 ^). 

Als Herzog Otto der Fröhliche im Frühjahr 1338 die Augustiner mit weiten Armein zu Komeu- 
bürg stiftete, überliess ihm dazu das Stift Klosterneuburg die Kirche des heil. Blutes zu Korneuburg, die 
dem Stifte gehörte. Um nun das Stift dafür zu entschädigen, überliessen ihm die Herzoge Albrecht 
und Otto die capella speciosa mit dem Patronatsrecht, „cum domo et area, vineis, pratis, 
agris et pascuis omnibusque ac singulis suis libertatibus juribus, appendiciis et 
pertinenciis quibuscunque cultis et incultis, quesitis et inquesitis quocunque 
nomine censeantur.^ 

Da der eigene Caplan damit aufhörte, so übernahm das Stift die Verpflichtung, täglich eine Hesse 
in der Capelle lesen zu lassen, und der Stiftsdechant wurde damit sowie mit der Verwaltung der Einkünfte 
betraut. Die Urkunde^) ist datiert vom 7. Jänner 1339. Am 1. December 1339 bestätigte Bischof Albert 
von Passau die Übertragung dieser in „curia du cum'' gelegenen Capelle an das Stift. Auch der Erz- 
bischof von Salzburg bestätigte die Einverleibung und Propst Ortolf bestellte einen Chorherrn als Caplan. 

Schon 1353 als Propst Ortolf bezüglich einiger Stiftseinkünfte andere Anordnungen traf^) ver- 
ordnete er, dass nur die erste Messe in der St. Johanniscapelle gelesen werden sollte, die geeigneter sei 
die Menge der Gläubigen zu fassen, als die St Ägjdiencapelle , dass dagegen die dritte Messe aus der 
Johanniscapelle in die Ägydiencapelle verlegt werde. Dem Geistlichen, der in der Johanniscapelle den 
Gottesdienst besorge , sollen täglich 4 Wiener Denare gereicht werden ; wegen dieser aus der Agydien- 
capelle herstammenden Messe solle jährlich jeder Priester 4 Ellen weisses Tuch von guter Farbe erhalten, 



1) Zeibig: Urknndenbuch, 187, Nr. CXOVn. 

2) Fischer H., 859, Nr. CLVI. 
8) Zeibig, 240, Nr. OCXLIU. 

4) Daraus ISsst sich also schliessen, dass beim Brande von 1818 wenigstens ein Theii des FeBStenohmackes erhalten blieb. 

5) Fischer, ü., 368—65, Nr. OLDL. 

6) Zeibig, 340, Nr. OCGLI. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosterneuburg. 15 

das 1 Pftind werth sei; oder wenn das Tuch nicht zu haben sei, so solle man ihnen das Geld datttr 
geben. Der Propst and Decan aber sollen 12 Schilling erhalten. 

Im Jahre 1357 erwarb das Stift anch jenen Theil des FtirstenhofeS; den Frie drioh der Schöne an 
Conrad von Alarn abgetreten hatte, von dessen Sohn Peter. Dieser Theil blieb seitdem im Besitze 
des Stiftes. 

Im Jahre 1364 schenkte Herzog Rad olf IV. dem Stifte sein Haus auf dem Anger, das ehemals einen 
Theil des Fttrstenhofes ausgemacht hatte, und behielt sich nur noch die Presse und den Keller vor. 

Propst Goloman (1371—94) errichtete in der Capelle neue Altäre; er hatte überhaupt erst die 
Schäden des grossen Brandes vollends beseitigt. 

Bischof Albert von Passau bestätigte im Jahre 1379 alle der Capelle ertheilten A^ässe und 
ftigte einen neuen hinzu*). Auch Cardinal Pileus gab im Jahre 1380*) einen Ablass. 

Im selben Jahre (5. Februar) bestimmte Heinrich der Teufel, dass man nach dem Tode seiner 
Muhme Cathrin „sol darauf stiften und chaufen zway phundt phening gelts zu einem ewigen liecht zu 
unser vrowen Altar in der schonen chappeln daselbs zu Neunburch, das Airbas ewichlich dapei prinnen 
und leuchten sol tag ynd nachts^ '). 

Im Jahre 1 383 wurde wieder ein Weltgeistlicher als Caplan bei dem Frauenaltare bestellt und gestif- 
tet, zu dessen Versorgung Agnes, Ulrich' s Wittib von Russ, Vi Joch Weingarten zu Grinzing, der Prie- 
ster Nicolaus der Butter y4 Weinberg zu Höflein ober dem Dorf, Janns Olasel, der Laienpater, 
y4 Weingarten im „Zietweihgraben^ gab. Die Stiftung geschah jedoch ausdrücklich fllr einen Laien- 
priester mit der Bedingung, dass sie von dem Altar weggenommen und in ein anderes Gotteshaus über- 
tragen wttrde, falls der Altar einem andern als einem Laienpriester übergeben würde. Die Stiftung ist 
gegeben am 4. November 1383 ^). 

In einer Urkunde^) vom 10. November desselben Jahres wird ein Conrad als Caplan des Frauen- 
altars genannt. 

Im Jahre 1 386 kaufte Propst C o 1 o m a n einen Weinberg von dem ^an unser Oblai^ „zu dem 
Salve Regina^ ersparten Gelde, „das man all samcztag nacht singt in der schön cha- 
pelln auf dem vreithof pei vnser vrawen altar, der in der chapelln gestiftet ist in 
den eren unser vrawen in schiedung.^ Diesen Weinberg sollte allezeit der Verweser der Capelle 
innehaben und alle Jahr am St. Georgitag zwei Pfund Wiener Pfennige Bergrecht geben. Dann soll jedesmal 
ein Pfund dem Caplan des besagten Altars zufallen, dass er immer Samstag Nachts nach der Vesper mit 
seinem „Chorröckel^ sei und die CoUecten nach dem Salve Regina spreche. Sechs Schilling Pfennige sollen 
dem Schulmeister zufallen, dass er um so lieber („dest gemer^) die Schüler zu der Salve Regina her- 
leihe. Dem Cantor sollen 60 Pfennige gegeben werden , damit er immer mit den Schülern bei dem Salve 
Regma sei. Die Urkunde®) ist ausgestellt vom 18. November. 

Den letzten Rest des Fürstenhofes , der Grashof genannt , zwischen der Oblay und der Freithof- 
mauer, ttberliess Herzog Albrecht V. dem Stifte am 12. April 1423^). 



1) Nach einer vom Orig. Perg. durch Herrn k. k. Rath Gamesina genommenen Abschrift, dat Passau 23. Oclober. 

2) Dat 13. Dezember, ebenfalls nach Abschrift des Herrn Camesina. 

3) Nach Abschrift des Herrn Camesina. 

4) Nach Abschrift der Urkunde durch Herrn Camesina. 

5) Die schon oben erwähnte Urkunde, worin Zachey Herrn Wisener Wittib auf dem Anger diesem Caplan einen 
Weingarten verkauft Abschrift durch Herrn Camesina. 

6) Abschrift des Herrn Camesina. 

7) Fischer H., 438, Nr. CXCH. 



IS A. Essenwein, 

Als Gaplane erscheinen im Laufe des 15. Jahrliunderts *) : 

1407 Nicolaus von Meihsen. 

141*2 Niclas Reinprecht. 

1416 Otto der Ghappel; Caplandes St. Stefansaltars ') anf der Phirchen in der schOn Capelln. 

1446 Jörg Spanberg er, Caplan ü. L. Fr. Altar. 

1464 Hanns Gnmp, Caplan des Fr. Altars. 

Diese Benificiaten hatten als Weltpriester ihre eigene Wohnang in der Stadt und standen nur unter 
Aufsicht des Propstes, sie hatten die Verpflichtung ausser den an ihre Altäre gebundenen Messen an 
Festtagen auch dem Chor- und Gottesdienste in der Stiftskirche beizuwohnen, sowie bei Processionen zu 
erscheinen. Nach und nach geriethen jedoch die den Stiftungen zu Grunde liegenden Gtlter in Verlust, 
der Ertrag minderte sich und insbesondere ftlgte der Einfall der Türken den Stiftungen solchen Schaden 
zu, dass sie nach und nach aufhören mussten. Zu Ende des vorigen Jahrhunderts wurde noch die an 
Donnerstagen gewöhnliche Frohnleichnamsprocession hierhergefllhrt und das Hochamt daselbst gehalten, 
sowie täglich eine Messe für die verstorbenen österreichischen Herzoge gelesen. Die übrigen Gebäude 
des Fürstenhofes verschwanden nach und nach. Propst Ernst (1701—44) Hess das wenige noch erhaltene 
Gemäuer abtragen und an dessen Stelle die Kanzlei erbauen. Aber auch die Rivalin des Babenberger Für- 
stenhofes, die albertinische Burg, hatte ihre Bestimmung längst verloren. Sie war baufällig geworden und 
man fand es nicht entsprechend, auf ihre Herstellung und Erhaltung Geld zu verwenden, da sich der Hof 
nicht mehr in Klosterneuburg aufhielt. So hatte sie schon Kaiser Ferdinand im Jahre 1538 den Bür- 
gern als Zeughaus und Getreidekasten geschenkt. Dabei trug er ihnen jedoch auf, alle Kosten der Her- 
stellung für den neuen Zweck genau zu verzeichnen, damit man ihnen dieselben ersetzen könnte, falls 
man einmal die Burg zurück verlangen würde. 

Sie ist indessen ebensowenig wieder zu Ehren gekommen als der Babenberger Fttrstenhof. 

Auch die Johanniscapelle sollte dem Schicksale der Erniedrigung und des Abbruchs nicht entgehen. 

Am 5. September 1787 wurde die Capelle als Privatcapelle auf Befehl der Regierung durch den 
Landdechant Daschpöckgruber, einen ehemaligen Franciscaner, entweiht und gesperrt und sollte 
auf den Abbruch verkauft werden. Der gelehrte Chorherr Willibald Leyrer nahm sich jedoch der 
Capelle an und auf seine Verwendung verhinderte Hofrath Spörks die Ausführung der Maassregel, so 
dass die Capelle vor der Hand erhalten blieb. Da sie für den Gottesdienst nicht gebraucht werden durfte 
und so dem Verfalle oder irgend einem späteren Abbruche sicher vorbehalten gewesen wäre, so bot sie 
Propst Floridus zum Bau des Ritterschlosses zu Laxenburg an. Am 29. Jänner 1799 begann der Ab- 
bruch und die Abführung der Theile nach Laxenburg. Es mag jedoch bei diesem Abbruche manches ver- 
loren gegangen sein. Von den Fenstern insbesondere, so wie von den Glasgemälden derselben, falls diese 
überhaupt noch existierten, ist keine Spur mehr übrig. Es sind nur noch das Portale, die Säulchen und Bo- 
gen, sowie die Marmorbekleidung der Wandflächen und einige andere Theile erhalten. Diese Theile sind 
jedoch ohne Rücksicht auf ihre ehemalige Bestimmung ganz willkührlich in der Capelle und dem Speise- 
saale des Ritterschlosses verwendet. Einzelne Theile aber sind da und dort in den verschiedenen Bauten 
zerstreut, so im Hofe vor der Capelle, am Turnierplatz u. s. w. ^) 



1) Nach Auszügen des Herrn Camesina. 

2) Hieraus zeigt sich, dass ausser dem Seitenaltar U. 1. Frau ein zweiter zu St. Stefan vorhanden war. 

8) Weidmannes auf amtlichen Angaben beruhende Schüderung „des Rittergaues im Parke zu Lachsenburg** in den 
„Beiträgen zur Landeskunde Österreichs unter der Enns**, II. und IV. Band, fOhrt folgende Gegenstünde als von 
der capella speciosa herrührend an: Die „Burgcapelle'' und ein Basrelief in derselben (L, 311—14}*, Theile des 



die Capelle des heil. Johannes in KloBternenburg. 17 

Gerade der Abbruch sowie die Verwendung in Laxenburg beweisen , dass man den Werth des 
Denkmals zu würdigen wusste. Leider aber scheinen vor dem Abbruch keine genauen Messungen und 
Zeichnungen der Capelle genommen worden zu sein , und wir müssten uns mit Bewunderung der Bruch- 
stücke begnügen, ohne ein Bild des Ganzen zu haben, wenn nicht in früherer Zeit der Chorherr PrilP) 
wie von manchen anderen interessanten Alterthümeru so auch von dieser Capelle eine innere und äussere 
Perspective gezeichnet hätte. Diese Zeichnungen sind zwar ohne Formenverständniss gemacht und würden 
allein fllr sich nur sehr schwache Anhaltspunkte geben. Da aber der grösste Theil der Bruchstücke in 
Laxenburg erhalten ist, so lässt sich unter Berücksichtigung anderer gleichzeitiger Bauten und des Stand- 
punktes der Architektur -Entwicklung zur Zeit ihrer Erbauung, aus den Zeichnungen und Bruchstücken 
sehr wohl eine Zusammenstellung der Capelle machen. Auf einem Plane Klosterneuburgs aus dem vorigen 
Jahrhundert ist der Grundriss allerdings nur in seinen äusseren Linien gegeben. Er bietet indessen Anhalts- 
punkte genug zum Vergleich, so dass daraus die Zusammenstellung der Capelle auf beifolgenden Blättern 
versucht wurde. 

Ehe wir jedoch zur Beschreibung der noch vorhandenen Theile und der vermuthlichen ehemaligen 
Gestalt übergehen und unsere Zusammenstellung begründen und rechtfertigen, ist es nöthig, einen Blick 
auf den Standpunkt der Baukunst im Beginne des XIIL Jahrhunderts zu werfen, da nur darin der Schlüssel 
KU finden ist, nach dem die Reconstruction möglich ist. 



Der Entwicklungsstandpunkt der Baukunst 

im ersten Viertel des XIII. Jabrhanderts, 

mit besonderer Berücksichtigung des Landes Österreich. 

Die Architektur-Entwickelung hat nie Sprünge gemacht; die Ausbildung ist eine fortlaufende Kette, 
an der sich Glied an Glied fligt, gleichwie die Culturentfaltung überhaupt, mit er die der Kunst im eng- 
sten Zusammenhang steht. Wenn ein neues Volk in die Culturentwickelung eintritt, so bringt es nur 
einzelne Elemente mit, die es nach und nach mit den alten vorhandenen Culturformen vermischt, so 
dass aus der Vermischung neue entstehen, oder die vorhandene Cultur wird nur nach und nach, Ele- 
ment für Element aufgenommen, so dass sich durch diese Herübernahme eine neue Cultur nach und nach 
herausbildet. Die Illustrationen in diesem Buch der Culturgeschichte sind die Werke ihrer Thätigkeit, die 



ehemaligen Ghorgestühls in dieser Capelle, nunmehr im „Empfangsaal'' und im „Prunksaal** (L, 288, 310); Theile 
der Bekleidung des „Speisesaales** (I., 301) und vom Chore der speciosa herrührend, der Säulenschaft an der 
„Bittersäule** im Bittergau (IV., 151—152). Es ist ein sonderbares Zusammentreffen, dass Laxenburg schon seit der 
Zeit, als Herzog Alb recht ni. (f 1395) sich dort ein Lustschloss erbaute, dazu ausersehen war, die Zierwerke 
älterer Baudenkmäler aufzunehmen. Der Chronist Ebendorfer erzählt hierüber folgendes : „Ex tunc etiam (Alber- 
tus dux) in multo apparatu castrum in Lachsendorff construxit, pro cigus magnificantia plures statuas marmoreas 
de Castro Khalnberg, quod jam desolationi patuit, et de novo a locis distantihus deduci praecepit**, und an einer 
anderen Stelle: „Kallenberg ... castrum .. . marmoreis statuis sub ambitu per circuitum exornatum quarum 
politura et venustas hodie in castro Lachsenburg, ad quod deducta dinoscuntur, se ostentat** (Pez. Script. Ker. 
Aust. IL, 812 und 947). 
1) Benedict? rill, geb: zu Wien den 21. März 1721, trat am 11. September 1742 in das Stift ein, that am 15. Sep- 
tember 1743 Profess. Am 2. October 1746 zum Priester geweiht, starb er am 9. Mai 1759. Ihm verdankt man auch 
eine Aufzeichnung mit Abbildungen der damals noch erhaltenen Glasgemälde des Kreuzganges und ihrer Ver- 
theUung in den Fenstern desselben. (Jahrbuch der k. k. Gentralcommission IL, IV. Abth.: Die ältesten Glasge* 
mälde des Chorhermstiftes Klostemeuburg etc. von Albert Gamesina.) 

V. 3 



18 A. Essenwein, 

sie zarttcklässt ; die gri^ssten, bleibenden und bezeichnendsten desselben sind die monamentalen Werke 
der Baukunst. 

So war auch die Cultur des Mittelalters keine neue, die sich unvermittelt der alten gegenttber- 
gestellt hatte ; sondern eine nach und nach entwickelte , der wir Schritt ftlr Schritt von ihrer Wiege bis 
zu ihrem Grabe folgen können. Das Grab der antiken Cultur ist die Wiege der mittelalterlichen. Die antike 
römische Cultur war eine universale gewesen. Sie hatte fast unbeirrt von' den Einflüssen der Völker, die 
sie f)lr sich gewonnen, ihre Herrschaft überall hin ausgedehnt; allerdings war sie Überall fremd geblie* 
ben, allein sie hatte über den ganzen Erdkreis hin Wurzel gefasst. Sie war der eine Factor, der die 
Cultur des Mittelalters begründete; ein zweiter war das Christenthum, das mit der römischen Cultur 
überall hin Verbreittlng gefunden hatte, das aber nicht fremd geblieben, sondern in die Herzen ein«* 
gedrungen war und darum auch die römische Cultur überdauert hatte. Eine universale, nicht an ein Volk 
gebundene Religion ist aber auch das Christenthum. Zudem hatten alle die Völker, welche die neue Cultur 
begründeten und ihre Träger wurden , ein gemeinschaftliches Gepräge. Die germanischen und keltischen 
Völker zeigen sich in ihrer Cultur als Brüder eines Stammes. Diese hatten nach dem Hinsinken des Rö- 
merthums die Mission übernommen, eine neue in dem Christenthum begründete, aber ihrem eigenen 
Volksthume entsprechende Cultur und Kunst zu begründen. So waren alle Elemente darnach, dass auch 
die neue Cultur eine universale sein musste, die nicht an ein Volk gebunden war wie alle frühern, welche 
nur mit Gewalt den übrigen Völkern aufgedrungen werden konnten. 

Allerdings musste erst die römische Cultur mit dem Tode gerungen haben , und die Elemente zu 
höherer Bildung mussten in den nordischen Völkern geweckt werden, bis sich langsam aber stetig fort- 
schreitend ein neues Culturleben entwickelte, das in der ersten Häli^e des XIH. Jahrhunderts seinen Höhe- 
punkt erreichte. 

Was dieses neue Culturleben gegenüber der Universalcultur der Römer, die alles zu Boden getreten 
hatte, was sie von naturelen Culturelementen da und dort fand, — was dieses neue Culturleben charak- 
terisirt, ist, dass es überall der Nationalität , der Provinz, ja selbst der Eigenthümlichkeit der Einzelnen 
entgegenkam, dass sie nicht diess alles vernichtete, sondern dass sie innerhalb des grossen Rahmens^ 
der das Ganze umschloss , die Charakteristik des Einzelnen zu heben und aus charakteristischen Einzel- 
heiten ein harmonisches Ganze zu gestalten strebte. 

So war und musste die Entwickelang der Cultur jeder Zeit in allen den Ländern und Gegenden 
eine gemeinsame, gleich weit fortgeschrittene sein, die überhaupt dem Strome der Cultur folgten. 

Nur bei denen , die mehr von Weitem zusahen , von Zeit zu Zeit einen Anlauf nahmen, aber sich 
dann wieder aus der Reihe zurückzogen, nur bei denen, die am seichten Ufer des Stromes ihren Weg 
nahmen, ohne auf der tiefen Mitte zu schwimmen, nur bei diesen konnte es vorkommen, dass eine träge 
Welle sie eine Zeit lang am Ufer sitzen liess, bis wieder eine stärkere Strömung eine Welle entsendete, die 
Kraft genug hatte , sie wieder in Bewegung zu setzen und vorwärts zu bringen. 

Die tiefe Mitte dieses Stromes war am Rhein und an der Seine; im Westen schlagen sich die Wellen 
an dem harten Fels der maurischen Cultur, der das Ufer bildete, im Osten verliefen sie im flachen Sand- 
ufer der Culturlosigkeit. Frankreich, Deutschland, England und Italien sind die Länder, welche als Trä- 
ger der mittelalterlich-europäischen Cultur gelten können. Sie haben auch das Wesentlichste zur Entwicke- 
lung der Baukunst geleistet , und das ist gerade bei der Baukunst des Mittelalters das EigenthümliehOi 
dass sie die Besonderhsiten der einzelnen Völker berücksichtigte, sich überall dem Boden angemessen 
entwickelte, in dem sie wurzelte, und doch nie die Gemeinsamkeit aufgab und stets überall die gleiche 
Höhe der Entwickelung zeigt. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosterneuburg. 19 

Wir betonen diess letztere nm so schärfer, weil man gegenwärtig, wo die eigentliche Heimath des 
gothischen Styls in Frankreich nachgewiesen ist, den Einfluss dieses Landes auf die Architektnr-Entwicke- 
Inng überhaupt zu hoch anschlägt und eine höhere Entwickelnng daselbst yoranssetzt, weil der gothische' 
Styl daselbst früher aufgetaucht ist, während es in der That nur gewisse Eigenthümlichkeiten des roma- 
nischen Styls Frankreichs sind, die auf eine Bahn hinlenkten, aus der der gothische Styl entstehen musste, 
sobald man ein Element dazu, und zwar das Wichtigste und Wesentlichste aus der deutschen Kunst auf- 
genommen hatte. Der früheste gothische Styl Frankreichs ist nur eine eigenthümliche Färbung des fran- 
zösisch-romanischen Styls und zeigt keine höhere Entwickelnng als der gleichzeitige romanische Styl 
Deutschlands. Als man die einzelnen Elemente, welche eben die Nothwendigkeit der Entstehung des 
gothischen Styls begründet hatten, in die deutsche Architectur aufnahm, entwickelte sich auch da ein 
dem französischen ähnlicher Styl. Diese Elemente waren nur für die deutsche Architektur zu fremdartig, 
als dass man sie früher hätte aufnehmen können und mögen. Auch der ausgebildete gothische Styl Deutsch- 
lands zeigt, dass man diese Elemente eben nicht besonders bevorzugte. So hatte auch der ausgebildete 
gothische Styl Deutschlands wieder andere Formen angenommen als der französische und stand demsel- 
ben ebenso selbstständig gegenüber als der deutsch-romanische seinem französischen Bruder. Eine Über- 
tragung aber des franzosisch-gothischen Styls im Ganzen nach Deutschland, beschränkt sich auf yerein- 
sselte Fälle. Im Allgemeinen wurden nur einzelne Elemente aufgenommen und diese, mit der heimischen 
Kunst verschmolzen, gaben den deutschen gothischen Styl. 

Überhaupt ist der schroffe Gegensatz zwischen romanischem und gothischem Styl gar nicht vorhan- 
den, weil sich nirgends eine scharfe Trennung finden lässt, und der gothische Styl des XUI. Jahrhunderts 
jedenfalls dem romanischen Styl des XII. Jahrhunderts näher steht, als dem gothischen des XV. Jahrh. 

Die Trennung des mittelalterlichen Baustyls in zwei selbstständig bezeichnete Style lässt sich nur 
rechtfertigen, wenn man alle Zwischenglieder übersieht. Sobald man aber diese betrachtet, ergibt sich 
eine fortlaufende Kette, in der sich Glied an Glied anschliesst. Es liesse sich fast eher noch der Gegen- 
satz eines deutschen, französischen und englischen etc. Styls rechtfertigen^ wenn nicht die gemeinsame 
Cnltur ihnen zu jeder Zeit so viel Übereinstimmendes gegeben hätte, dass sie wieder in der Einheit des 
grossen Ganzen aufgehen. 

Wollte man aber die Entwickelnng, resp. das Fortschreiten derselben, als Grundlage der Styl- 
bezeichnung wählen, so käme man mit romanisch, Übergangssiyl und gothisch nicht aus und müsste 
wie die Engländer eine weit grössere Zahl Style unterscheiden, so dass jedenfalls die Bezeichnung der 
Zeit, der ein Kunstwerk entstammt, sicherere Anhaltspunkte fär die Benrtheilung bietet, als ein blosses 
willkühriich gewähltes Stylwort. 

Die Bezeichnung eines Bauwerkes als aus der ersten Hälfte des XII. Jahrhunderts oder dem ersten 
Viertel des XIII. stammend, charakterisiert seinen Styl besser als die Bezeichnung romanisch oder Über- 
gangsstyl. Dazu ist nur die Feststellung der Charakteristik und des Entwickelungsstandpunktes der Ku nst 
zu jeder Zeit nöthig, was sich durch genaue Datierung einzelner Bauwerke , sowohl für das Allgemeine 
als für einzelne Länder und Provinzen am sichersten und richtigsten ergibt. Diese Feststellung der chro-. 
Dologischen Formenfolge, für die in neuerer Zeit sehr viel geschieht, muss sich in nicht sehr ferner Zeit 
zum Abschluss bringen lassen , so dass dann die leeren Worte gothisch, roman isch etc., für die man sich 
vergebens bemüht bessere zu finden, überflüssig werden dürften. 

Der Entwickelungsgang lässt sich am besten und augenfälligsten an den idealsten Bauten verfolgen, 
also am Kirchenbau. Hier ist es vorzugsweise die Grundanlage, die Bildung des Ghorschlusses, die Form 

3* 



20 A. Essenwein, 

and Stellang der Thünne^ haaptsächlich aber das eigentliche LanghansBystem, in dem sich der Entwicke- 
lang«gang zeigt 

Die Grundanlage des Kirchengebäudes hängt zu wesentlich vom geistigen Begriff und dem räum- 
lichen £rforderniss ab, die stets die gleichen waren , als dass sich darin je wesentliche Modificationen 
hätten ergeben können. Die kleinere Ausbildung im Einzelnen können wir hier nicht verfolgen. 

Die Bildung des Chorschlusses zeigt eine Reihe verschiedener Anlagen, die sich gleichmässig 
neben einander entwickeln. Die Anlage einer einzigen Abside , sowie mehrerer Absiden an der Ostseite, 
die Ghorumgänge und Capellenkränze um letztere, gehören dem romanischen wie dem gothischen Style. 
Der romanische Styl Deutschlands begnügt sich meist mit der einfachen Absidenanlage, während in Frank* 
reich die Chorumgänge und Capellenkränze beliebt sind und ein wesentliches Element zur Bildung des 
gothischen Styls abgegeben haben. 

Die Entwickelung der Thürme zeigt, dass in Frankreich der gothische Styl sich vollständig an die 
Hauptformen des romanischen hielt und nur im Detail Änderungen vornahm, während sich in Deutschland, 
aber auch erst im Beginn des XIV. Jahrhunderts, ein neues Princip der Thurmbildnng gestaltete, das im 
XV. theilweise auch in Frankreich Eingang fand, ohne aber zu solch glänzenden Anlagen zu fUhren, wie 
sie Deutschland in den Thttrmen zu Freiburg, Köln, Regensburg, Strassbnrg, Ulm, Wien u. a. besitzt, 
die allerdings theilweise blos Projecte geblieben sind. Diesen Anlagen können sich blos die niederländi- 
schen zur Seite stellen, die aber unter deutschem Einflüsse standen, deren Thttrme zu Antwerpen, Löwen, 
Mecheln u. a. jedoch, die theils projectiert, theils ausgeführt sind, sich als glänzende Schaustücke zeigen. 
Der wesentlichste Factor für die Entwickelung, die Grundlage derselben ist das System, nach dem sich 
der Körper der Kirche bildet, das System der Mauern, Pfeiler und Decken. 

Aus der altchristlichen Basilike war in den Styl, der sich im XL Jahrhundert zu entwickeln be- 
gann, die Anlage eines höheren Mittelschiffes herübergenommen worden, dessen Oberwand auf zwei Rei- 
hen von Säulen oder Pfeilern ruht, die durch Bogen verbunden sind. Niedrigere Seitenschiffe schlössen 
sich an, alle drei Räume mit hölzernen Decken überlegt. 

Der Wunsch nach monumentaler Gestaltung des gesammten Innern, nach grösserer Feuersicherheit 
und harmonischer Gestaltung der Decken mit den Formen der Pfeiler, Bogen etc. des Unterbaues 
führten zu Versuchen der Wölbung, in denen namentlich Frankreich die verschiedenartigsten Auskunfts- 
mittel anwendete. In den Seitenschiffen fand man sich leicht zurecht, indem man Bogen von jedem Pfei- 
ler zur Umfassungswand legte und zwischen dieselben einzelne Tonnengewölbe, die mit den Arcaden- 
bögen gleichlaufen, oder einzelne Kreuzgewölbe einspannte. 

Auch auf das Mittelschiff wurde das System übertragen, grosse Bögen herüberzuspannen und quer 
über selbe Tonnengewölbe zu legen (Toumus) *). Die Erscheinung ist aber zu barbarisch und harmoniert 
zu wenig mit der Bedeutung des Kirchenbaues, als dass dieselbe ausgedehntere Anwendung hätte 
finden können. 

Man versuchte sich daher in verschiedener Weise mit einem Tonnengewölbe, das der Länge nach 
über das Mittelschiff gespannt wurde. Dieses Tonnengewölbe verlangte aber ein fortlaufendes Widerlager, 
das ihm die hohe Mittelschiffwand nicht gewähren konnte. Man machte daher das Mittelschiff um so viel 
niedriger, dass die Arcadenbögen und die quergelegten Tonnengewölbe oder die Kreuzgewölbe der Seiten- 
schiffe das Widerlager für diese Gewölbe gaben ; oder um noch mehr Halt zu bieten legte man über das 



1) Eine gute innere Ansicht des äusserst interessanten Systems der Eürche zu Toumus in Burgund gibt Chapui in 
„Le moyen age monumental et archöologique**, Taf. 380 ; darnach ist eine Verkleinerung in K u g 1 e r* s „Geschichte der 
Baukunst", II., Iö2 aufgenommen. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosterneuburg. 21 

HittelBchiff ein ganzes und über jedes der Seitenschiffe ein halbes aufwärts strebendes Tonnengewölbe. 
Das Äussere aber verstärkte man mit Strebepfeilern an den Stellen^ wo Hauptbogen gegen die Umfassungs« 
wand stiessen und gegen dieselbe einen Seitenschub ausübten. 

Allein das Mittelschiff und insbesondere der obere Theil desselben^ das Gewölbe, war so stets dun*- 
kel und lag darum schwer auf der untern Architectur ; was wiederum der idealen Richtung^ die einen Au& 
Schwung und daher grössere Leichtigkeit nach oben yerlangte , nicht entsprach. 

Man machte daher doch wiederum den Versuch, das Mittelschiff sammt seinen Tonnengewölben zu 
erhöhen und dasselbe stellenweise durch Strebepfeiler zu stützen, die auf den Bogen aufstanden, welche 
über die Seitenschiffe gespannt waren und sich an die Mittelschiffmauer anlehnten. Allein das war eine 
schlechte Construction, die einem nur einigermassen bedeutenden Tonnengewölbe keinen Widerstand 
leisten konnte, selbst wenn man sich damit half, dass man die Halbkreisform der Gewölbe und Bogen 
aufgab und den gebrochenen oder Spitzbogen an die Stelle setzte. Mit diesen Versuchen beschäftigte 
man sich in Frankreich bis zur Mitte des XII. Jahrhunderts. 

In Deutschland dagegen war man schon am Schlüsse des XI. Jahrhunderts zu dem Resultate ge« 
kommen , auch das Mittelschiff mit Kreuzgewölben zu bedecken. Das war jedoch insofern schwierig, als 
das Mittelschiff viel weiter war als der Abstand der Pfeiler. Wenn man also zwischen je zwei Pfeiler des 
Grundrisses ein Gewölbe hätte hereinlegen wollen, so wären die Gewölbe sehr oblong geworden. Ein 
derartig oblonges Kreuzgewölbe bot aber so mannigfache Schwierigkeiten und hatte so wenig Gtlnstiges 
in der Erscheinung, dass man davon absah. Man hatte daher in Deutschland schon im XI. Jahrhundert 
den Gedanken, je zwei solche Abtheilungen des Mittelschiffes zusammenzunehmen und ein quadratisches 
Gewölbe darüber zu spannen. Diess veranlasste aber wiederum die Anlage ungleich starker Pfeiler im 
Innern, indem die Pfeiler an den Stellen, wo sich die Hauptgewölbebogen des Mittelschiffes dagegen 
stützten, einer grösseren Stärke bedurften als die, welche blos die Mittelschiffmauer und die Seitenschiff« 
gewölbe trugen. Bald legte man zur Erleichterung der Kreuzgewölbe sowie zu leichterer Handhabung der 
Bogenlinien ') Diagonalrippen in die Kreuzgewölbe ein, wovon die Kirche zu Heiligenkreuz bei Wien das 
erste bekannte Beispiel in Deutschland (bald nach der Mitte des XH. Jahrh.) bietet. Durch die Kreuzge- 
wölbe concentrierte sich der Seitenschub auf einzelne Punkte der Umfassungswände ; es wäre also folge« 
richtig gewesen, diese Punkte besonders zu verstärken, die übrige Mauer aber, die nun gar nichts mehr 
zu tragen hatte als sich selbst, schwächer zu halten, d. h. man hätte folgerichtig die Strebepfeiler im 
Äussern einführen müssen. Diess aber sagte dem deutschen Gefühle nicht zu. Die Architektur des Aussem 
hatte sich zu einer ruhigen, ernsten, edlen Würde entwickelt, die durch Einftihrung des Strebepfeilers 
zerstört worden wäre. Dieses vollkommen ruhig in sich beschlossene Architektursystem, das Deutschland 
in der Mitte des XII. Jahrhunderts hatte, spiegelte mit grossartigem Ernste und hoher Würde gleichsam 
die grossen Ideale der deutschen Nation in jener Zeit wieder. 

Die Würde des Kaiserthums, die höchste weltliche Würde, von der fast alle Könige des Erdkreise« 
ihre Macht zu Lehen trugen, die Einheit der Kirche, welche die Welt ihrem geistigen Scepter unterwor« 
fen hatte, die vollkommene Gliederung, in der jeder Stand seinen Platz ausftillte und die Welt zu einem 
Ganzen abrundete , sie sprechen uns aus den grossen Kirchenbauten des XII. Jahrhunderts in Deutsch- 
land an. 



1) Vgl. Dr. H. Leibnitz „Organisation Aer Gewölbe im christlichen Kirchenbaa**, auch des VeHassers Abhandlang 
über die „Entwickelung des Pfeiler- und Gewölbsystemes in der christlichen Kirchenbaukunst vom Beginn des 
Hittelalters bis zum Schlüsse des XIII. Jahrhunderts** im m. Bande des Jahrbuches der k. k. Centralcommission ftir 
Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale. 



jt2 A. Essenwein, 

Wie man sich die Welt als Abglanz der himmlischen Hierarchie dachte ^ so hatte der Eirchenban 
ein Ideal in dem feierlichen Ernste gefunden , der die Hoheit und Wtirde des ewigen Gottes ausspricht. 
Es liegt insbesondere auf dem Äussern dieser Kirchen ein solcher Hauch göttlicher Erhabenheit, dass 
man begreift , wie die deutschen Meister an diesem Ideale festhielten und jedes Motiv fern hielten, das 
den Idealismus brechen konnte. In Frankreich hatten die grossen Ideale, welche Deutschland beherrsch- 
ten, weniger tief gewurzelt, der unruhige Drang hatte die innere Beschaulichkeit nicht aufkommen las- 
sen und gegenüber jenem deutschen Ideale der Ruhe hatte sich das Princip der Beweglichkeit ausgebildet, 
welches die Kreuzzttge hervorrief. Statt die gedachte Organisation, die als Ideal vorschwebte und im Prin- 
cip anerkannt war, ins Leben einzuführen, lenkte diess zweite Princip die Augen vom ersten ab. Dieser 
49elbe Drang, der sich in den Ereuzzttgen manifestierte, spricht sich auch in der französischen Architektur 
aus, die auf ein fernes Ideal hinstrebte, während die deutsche das ihrige schon gefunden hatte. 

Frankreich nahm die Anlage der Kreuzgewölbe im Mittelschiff von Deutschland auf, es führte sehr 
schnell darauf die Diagonalrippen ein, wohl noch ehe sie in Deutschland auftraten ; Strebepfeiler hatte es 
schon vorher in Anwendung. Man ging nun noch einen Schritt weiter und suchte die inneren Pfefler mög- 
lichst zu erleichtern , indem man auch den Schub der Mittelschiffgewölbe von der Mittelschiffmauer durch 
Strebebogen auf die Strebepfeiler der Seitenschiffe herableitete. So sah das Ende des XII. Jahrhunderts 
noch in Frankreich eine von der deutschen wesentlich verschiedene Architektur entstehen , die aber nur 
durch die Aufnahme des Kreuzgewölbes in dem Mittelschiffe aus der deutschen Architektur möglich ge- 
worden war. Aber das französische System hatte grosse Vorzttge und in einzelnen Fällen entschloss man 
sich noch zu Ende des XII. Jahrhunderts auch in Deutschland die Strebepfeiler anzuwenden, jedoch stets 
nur furchtsam und bescheiden. Es kam freilich noch dazu, dass man nun meist nur kleinere Anlagen 
auszuführen hatte , so dass die Gewölbe keine so grosse Spannweite hatten , folglich auch die Mauern 
ohne Verstärkung eher genügen konnten. 

Die französische Architektur arbeitete aber auch auf mögliche Beseitigung der Wandflächen zwi- 
schen den Gewölben, Pfeilern, Strebepfeilern und Strebebogen hin, sie suchte möglichst die Fenster zu 
vergrössem, die Flächen unter den Fenstern durch Arcaden zu beleben, die entweder blind waren oder 
einen Durchgang oder Umgang um gewisse Theile des Gebäudes gestatteten. 

Eine weitere Entwickelung des Kreuzgewölbesystems in Frankreich nnd Deutschland am Schlüsse 
des Xn. und Beginne des XIII. Jahrhunderts bestand darin , dass man die Kreuzgewölbe nicht blos auf 
die Hauptpfeiler des Systems auflegte, sondern auch die schwächeren Zwischenpfeiler, von denen oben 
die Bede war, welche blos die Gewölbe der Seitenschiffe zu stützen hatten, in Anspruch nahm. So 
brachte man mehr Gleichheit und Einheit ins Innere und die Gliederung liess sich gleichmässiger und 
vollkommener durchfahren. Man legte zu diesem Zwecke durch den Scheitel des Kreuzgewölbes, wo 
sich die Diagonalrippen kreuzten, noch eine Rippe ein, die mit der Hauptgurte parallel lief. Das Gewölbe 
war somit in sechs Kappen zerlegt. 

Überhaupt liess sich jetzt, wo man die Rippen im Gewölbe anwendete, dasselbe gestalten wie man 
wollte. Man spannte die Rippen als selbstständige Bogen von einem Punkt zum andern, wie man sie ge- 
rade brauchte, und spannte zwischen je zwei Rippen eine eigene selbstständige Gewölbskappe ein. So 
war nun auch möglich geworden, was mit dem einfachen Kreuzgewölbe ohne Rippen nicht anging; man 
konnte es über sehr oblonge Räume spannen. Man konnte die Schildbögen an der Wand so hoch stelzen, 
dass ihr Scheitel dem der Gurtbögen gleichkam. Die Linie der Diagonalrippen konnte eine selbsständige 
Curve von jeder beliebigen Krümmung sein; man war nicht mehr mit der Diagonale des Gewölbes an die 
mathematische Linie gebunden, die sich aus der Durchdringung der zwei Gewölbflächen ergab. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosternenburg. 2S 

Man nahm also einen regelmässigen Halbkreis oder einen Spitzbogen , der aus riehtigen Ereisthei« 
len bestand; aueh für die Diagonalrippen und spannte dann die Kappen ein, wie sie sieh ergaben« Die 
secbskappigen Kreuzgewölbe und die einfachen^ reehteekigeu; vierkappigen gehen in Frankreich bis zum 
Jahre 1220 — 30 neben einander her^ wo sodann die secbskappigen verschwinden; in Deutschland hielten 
sie sich bis zur Mitte des XIII. Jahrhunderts neben einander, und auch die einfachen Kreuzgewölbe auf 
quadratischen Feldern des Mittelschiffs kommen noch bis zur Mitte des Jahrhunderts vor. Stets aber 
stelzte man bei den sechskappigen wie bei den oblongen Kreuzgewölben die Wandschildbogen so hoch 
als die Scheitel der Hauptgurten, um so viel als möglich im Innern Höhe zu gewinnen, denn der Eindruck 
der Höhe eines Innenraumes richtet sich vorzugsweise nach der Wandhöhe, die zur Erscheinung kommt, da- 
her auch gleich hohe Räume, die mit Kreuzgewölben bedeckt sind, höher aussehen als solche, die mit 
Tonnengewölben bedeckt sind, weil bei den Kreuzgewölben noch die Höhe des Schildbogens dazu kommt« 

In Frankreich hatte man am Schlüsse des XII. Jahrhunderts, wie oben bemerkt wurde, gesucht, 
den Seitenschub des Mittelschiffgewölbes durch Strebebogen auf die Seitenschiff-Strebepfeiler herabzulen- 
ken. Dadurch konnten die innem Hauptpfeiler bedeutend an Stärke verlieren, und es ging sehr leicht 
an, statt der kantigen oder gegliederten Pfeiler einen aus Trommeln zusammengesetzten Rundpfeiler oder 
eine aus einem einzigen grossen Stein bestehende Säule anzuwenden, auf deren ausgeladenem Capital 
sodann die Bogen, die Mittelschifimauer und die Gliederung Platz fand, die in der Mittelschiffwand in 
die Höhe ging, und auf der die Bogenanfänge der Mittelschiffgewölbe aufruhten. 

Diese Oliederung bestand meist aus freistehenden dttnnen Säulchen, deren Capitäle, gemeinschaft-» 
lieh aus einem Stück Stein gearbeitet, in die Wand eingriffen, ebenso wie die auf den grossem Pfeiler- 
capitälen stehenden Säulenftisschen mit der Wand aus einem Stück bestanden. Um das' erste Viertel des 
XIQ. Jahrhunderts begann man sodann die Gliederung erst theilweise, sodann vollständig an dem runden 
Stamm bis auf den Boden herunterzufbhren, wo sodann die freistehenden Säulchen sich wieder zu einer 
mit dem Kern verwachsenen Gliederung utngestalteten. 

In Deutschland wagte man es am Schluss des XII. Jahrhunderts noch nicht, an der äussern Erschei- 
nung irgend welche Modification vorzunehmen, nur das eigentliche Detail entwickelte sich in reizend- 
ster Weise. Im Innem aber fühlte man sich gedrungen, an der Ausbildung der Constraction weiter zu 
arbeiten. Die Ausbildung konnte aber keine solche in die Augen springende Modificationen vomehmen 
wie in Frankreich, weil man durch das Festhalten an allen Formen des Äussem zu sehr gebunden war; 
der constmctive Fortschritt zeigt sich ausser der oben betrachteten AusbOdung der Gewölbe selbst vor- 
nehmlich in grösserer Leichtigkeit der Detailbildung , sowie in der Anlage verschiedener Vorkragungen 
die dem Gewölbsystem in thunUchster Weise entgegenkamen, seine Spannung verringerten und zu- 
gleich eine grössere Leichtigkeit der Pfeiler gestattete, als diess sonst möglich gewesen wäre^). Diese 
Vorkragung geschah ursprünglich durch Anlegung grosser Gonsolen an den Pfeilern , auf denen sich so- 
dann vorspringende Pfeilerstreifen erhoben, an denen abermals Gonsolen angebracht waren, die das Ge- 
wölbe aufnahmen ; später kamen Säulchen dazu, die dieser Vorkragung ein leichteres Aussehen gaben und 
durch Milderang der sehroffen Kälte, mit der ursprünglich die Vorkragung auftrat, oft reizvolle Effecte 
hervorbrachte. Diese Anlage der Säulchen hängt jedoch mit der Gliederang der Pfeiler zusammen, die 
sich ebenfalls am Schlüsse des XH. Jahrhunderts weiter ausgebildet hatte. 



1) Vgl. des Verfassers Abhandlung: „VtiB Prinzip der Vorkra^ng und die verschiedenen Anwendungen und Formen 
in der mittelalterlichen Baukunst** , in den nMittheilungen der k. k. CentralcomnüBsion ftlr Erforschung und Erhal- 
tung der Bandenkmüe", VI., 53—64, 81--90, 116—120, 140—146. 



f 4 A* Essenwein, 

Die Pfeiler der mehrschiffigen Kirchen im XI. und XII. Jahrhundert^ theils einfach vierkantig; 
theils mit Halbsänlen zu den Seiten verBchen; welche grössere Vorsprttnge der Bogenleibung aufnehmen^ 
worden durch die EinfUhrung der Gewölbe weiter gegliedert, indem man Halbsänlen and Pfeilerstreif en, 
die im Mittelschiff in die Höhe gingen , an den viereckigen Kern anlegte. Nachdem so der Pfeiler begon- 
nen hatte, eine lebendige, in den Organismus des ganzen Systems eingreifende Gliederung zu erhalten, 
sprach sich in jedem Gliede desselben genau die Bestimmung aus, welche der darauf sitzende Bogentheil 
hatte. Der Pfeiler konnte desshalb, da die verschiedenen Bogen verschiedene Bedeutung, Form und Lei- 
bungsbreite hatten , auch nicht vollkommen concentrisch von einem Mittelpunkte aus entwickelt werden ; 
er konnte nur symmetrisch sein zu einer Längenaxe. Nachdem aber das System durch -öftere Anwendung 
sich einer weitem Ausbildung unterziehen liess, konnte man auf eine regelmässige, um ein Gentrnm sich 
gruppierende Grundform des Pfeilers eingehen und das ganze System so einrichten, dass diess möglich 
war. Der Pfeiler bestand aus einem Kern , an den sich an den Seiten kantige Vorlagen anftlgten , auf 
deren Flächen Halbsäulchen, in deren Ecken aber Dreiviertelsäulchen standen , die ziemlich schlank em- 
porsprossten. Die weitere Ausbildung führte nun aber darauf, diese dtlnnen Dreiviertelsäulchen, die mit 
dem Pfeilerkörper aus einem Stück bestanden und darum in niedrigen Schichten in die Höhe gebaut wur- 
den, durch selbstständige, dünne, vollrunde Säulenschafte zu ersetzen, die aus einem oder wenigen 
Stücken bestanden und bei denen blos der Fuss und das Capital mit dem Kerne des Pfeilers aus einem 
Stück gearbeitet waren, oder bei denen, um sie fester mit dem Pfeilerkern zu vereinigen, noch bei jedem 
Zusammenstoss ein Binder eingelegt wurde, der als vorspringender Ring auch äusserlich sichtbar mar- 
kirt war. Häufig wurden diese freistehenden Säulchen von edlerem Material als die übrigen Bauth eile ge- 
bildet, aus geschliffenem und polirtem Basalt, Marmor, Granit etc., je nachdem gerade ein Material 
zur Verfügung stand. Die Wandfläche blieb in den deutschen Bauten meist glatt und nur ausnahmsweise 
wurde sie mit Arcaden belebt, die aus selbstständigen kleinen Säulchen bestehen, deren Gapitäle sodann 
als Binder in die Wand eingreifen. Die Fenster waren mit Beginn des Jahrhunderts noch klein , einfach, 
rund, abgeschlossen, nach aussen und innen abgeschrägt; sie wurden jedoch bald grösser, manchmal 
erscheinen mehrere neben einander gestellt, zwei oder drei, deren mittleres höher war als das seitliche. Wie 
man aber schon im XII. Jahrhundert bei Thürmen , Kreuzgängen etc. unter einem grössern Bogen ver- 
schiedene kleine Fenster vereinigt hatte, so geschah diess jetzt auch mit den Fenstern des hohen Mittel- 
schiffes. Man dehnte jedoch diese Fenstercombinationen nie so weit aus, wie diess die französische Bau- 
kunst jener Zeit gethan, die den ganzen Raum unter dem Schildbogen zu einer Fensteranlage verwendet 
hatte. Man liebte es jedoch manchmal, die Wandflächen neben den Fenstern im Innern durch Blenden zu 
beleben oder Durchgänge durch die Wand vor den Fenstern anzulegen, in der Art, dass die Wandfläche 
sich zu einer Arcatur umgestaltete, die höhere Bogen in der Mitte und kleinere an der Seite hatte, wie 
es die Linie des Schildbogens ergab, dem sie sich anschlössen. Hinter dieser Arcatur lagen sodann die 
kleinen Fenster in einer dünnen FüUmaner. 

Gehen wir weiter ins Detail, so haben wir die Gliederungen ins Auge zu fassen. Die Bogen hatten 
schon im XI. und im Beginn des XII. Jahrhunderts häufig kantige Vorlagen, die auf einer an den Pfeiler 
angelehnten Halbsäule aufruhten. Die Leibung des Bogens wie der Vorlage war einfach glatt geblieben. 
Im Schlüsse des XH. Jahrhunderts kam eine Gliederung der Kanten hinzu, die durch eine Abfassung 
oder einen Rundstab belebt wurde. Diese Gliederung fing jedoch erst ein wenig über dem Gapitäle an, 
wo sie durch eine Übergangsform sich aus der glatten Kante heraus entwickelte. Im Beginn des XIII. Jahr- 
hunderts griff diese Gliederung der Kanten immer mehr um sich, so dass zuletzt oft nur noch ein schmaler 
Steg von der Leibung selbst in der Mitte übrig blieb und die Eckgliederung von beiden Seiten her alles 



die Capelle des heil. Johannes in Klosterneuburg. 25 

Übrige in Anspruch nahm. Die Capitälform war aber oben viereckig geblieben , so dass ein Übergang 
zu beiden Seiten in die viereckige Form nöthig wnrde , welche der Bogenanfang hatte. Die Übergänge 
von beiden Seiten her bis zur Mitte zusammenkommend hatten die Form von kleinen plattenförmigen 
Schildern. 

Da man stets die Anfänge aller von einem Punkte ausgehenden Bogen aus einem gemeinschaft- 
liehen Stttcke Stein arbeitete, das als Binder in die Wand eingriff, so fand man es auch nicht immer 
nöthig, fttr jeden Bogen ein eigenes Säulchen unterzustellen, sondern man liess mehrere Bogen von 
einer Säule ausgehen. Nun schnitten sich die Bogen sehr willktlhrlich in einander ein und man fand 
die Anlage von besonderen freistehenden Schildplatten Aber dem Capital nöthig, die gleichsam eine 
Krone auf dessen Decke bilden, aus deren Innerm sodann die verschiedenen Bogen herauswuchsen. 
Die Capitälplatte konnte natttrlich, wenn verschiedene Bogen zu^eich herauswuchsen, nicht immer vier- 
seitig bleiben, sondern musste manchmal polygone Grundformen erhalten. Diese Anlage der Schildplatten 
ist der deutschen Architektur ganz specifisch eigen. Die französische hatte sich schon fiüher, auch da 
wo blos ein Bogen vom Capitäle ausging und die Eckgliederung fast die ganze Leibung verzehrt hatte, 
damit geholfen, dass sie die Gliederung bis zur Capitälplatte herabführte und die Ecken dieser Platte 
abschnitt, also das Capital polygen statt viereckig machte ; die englische Kunst, die eine reiche Anzahl 
gleichmässiger kleinerer Glieder anwandte, hatte die Capitäldeckplatten rund gemacht. Man hatte jedoch 
streng ftlr jeden Bogen ein eigenes Capitälchen und Säulchen beibehalten ; nur bei den grossen Haupt- 
grundpfeilern der Kirchensysteme hatte man eine Ausnahme gemacht. Die Polygoncapitäle der deutschen 
Anlagen sind aber nicht eine Nachahmung der französischen Polygonplatten, sondern haben ihre eigene 
Entstehung. Manchmal behielt man auch die Schildplatten bei Polygon - Capitälen bei, wo die Bogen- 
entwickelung sie dadurch nöthig machte, dass sie eine andere Hauptform hatte als die Capitälplatte, 
wie gerade bei den Arcaden der Speciosa, von denen wir unten reden werden. 

Die Sockelprofile, sowohl bei den Gebäuden selbst, als auch bei den Säulen und Pfeilern hatten 
das attische Profil, dessen Motiv im XII. Jahrhundert hoch steil und schwer gewesen war, niederge- 
drtickt, so dass es breit Aber die Unterlage hervorquoll und doch sich wiederum elastisch hob. Die 
übrigen horizontalen Gesimse, Stockwerksgesimse, Hauptgesimse, Kämpfergesimse etc. hatten wesent- 
lich die umgekehrte attische Basis als Profil angenommen, jedoch in der Gestaltung die Tradition der 
Antike vollkommen aufgegeben und ihm eigenthümliches Leben und elastische Bewegung eingehaucht. 

Die Ornamentik aber, die in den Werken des XI. und am Anfang des Xü. Jahrhunderts etwas 
barbarisch schweres hatte, hatte mit Erleichterung der Form im Allgemeinen ebenfalls an Leichtigkeit 
gewonnen. Die Thiere und Menschengestalten verschwinden aus der Ornamentik, um sich selbstständig 
zu Kunstgebilden zu gestalten; das Laubwerk , das ursprünglich aus einer rohen Nachahmung des 
Acanthusblattes (sowohl in der antikrömischen als in der freien Nachbildung der altchristlichen und 
byzantinischen Auffassung) einerseits und aus den Motiven der urgermanischen und keltischen Kunst 
anderseits sich zu strengen, mathematisch geformten, rein stylistischen Bildungen erhoben hatte, gewann 
am Schlüsse des XII. Jahrhunderts neues Leben und erwachte aus der Versteinerung, indem es sich 
frei vom Kerne loslöste. 

Ohne den Charakter strengerer Stylisierung aufzugeben, ohne dem Einfiuss des Materials auf die 
Formenbildung sich zu entziehen , hatte das Ornament Formen gewonnen , die in freier lebendiger Be- 
wegung in Einklang standen mit der Entwickelung der Architektur überhaupt. Die Capitäle hatten die 
schweren Formen aufgegeben, die firüher nöthig waren, um die Masse des getragenen auf dem Körper 
der Säule zu vermitteln. Das Getragene hatte jetzt keine schwere Form mehr; wenn auch die weife 
V. 4 



26 A. EsBenweiiii 

• 

Ansladung des Gapitäls dadurch nSthig war^ dass man im Bogen den breiten Anfang beibehalten hatte« 
Das Wtirfelcapitäl verschwand, die Form des kamiesförmigen Glockencapitäls mit leichtem Ornament; 
meist aber ein hohlkehlenförmiges GlockencapitU blieb, ans dem sieh eine Anzahl einfacher Blätter los- 
löste, deren weit vom Kerne abstehende Spitze zu einem Knollen zusammengerollt war. Ans dem 
einfachen umgeschlagenen und zusammengerollten Blatte entwickeln sich dann mannigfache andere For- 
men des Umschlages ; der Natur nachgebildete, oder streng stylisierte Laubwerke mischen sich ein, bis in 
der zweiten Hälfte des XIII. Jahrhunderts die Ansätze wegfallen und Stränsse natürlicher Blätter sich 
dem Kerne des Gapitäls anfltgen. 

Dasselbe Laubwerk wie in den Capitälen findet sich natürlich auch auf die Friese , auf die 
Schlusssteine, kurz auf alle die Punkte übertragen, wo Überhaupt die Ornamentik auftritt. Die Ent- 
Wickelung dieses Gapitäls lässt sich aus den Motiven des corinthischen Gapitäls, welche das Mittelalter 
conserviert hatte, durch den ganzen Verlauf des XI. und XII. Jahrhunderts in Deutschland ebensogut 
nachweisen als in Frankreich. Im Beginne des XIII. Jahrhunderts bildete dieses Gapitäl ein ebenso 
wesentliches Kennz^eichen der deutschen, als der französischen und italienischen Kunst. Es wäre 
durchaus falsch, diese Gapitälform aus Frankreich herleiten zu wollen, da sich wie bemerkt die ganze 
Entwickelung auch auf deutschem Boden verfolgen lässt. 

Wir finden diese Gapitälform , die durch die Entwickelung der Architekturformen überhaupt be- 
dingt war, ohne die weder die französische Architektur des ersten Viertels des XIIL Jahrhunderts, noch 
die deutsche denkbar ist, über den ganzen Kreis der damaligen Gulturvölker ausgebreitet; nur England 
hatte sie wegen mancher Eigenthümlichkeiten der Architektur nicht in dem Masse aufnehmen und an- 
wenden können, wie deutsche , französische und italienische Kunstler. Am meisten aber harmoniert sie 
mit den deutschen Architekturformen, und auch in Deutschland, speciel in Österreich finden sich diese 
Gapitäle in solcher Zahl und so schön, dass kaum die schönsten französischen Gapitäle dieser Art ihnen zur 
Seite gestellt werden können. Die Gapitäle des Kreuzganges zu Heiligenkreuz, die der Speciosa, die uns 
hier zunächst stehen, die des Klosters Tisnovics in Mähren, die des Domes zu Trient sind den schönsten 
Gapitälen zu Amiens und Kheims mindestens gleich. 

Die spätere Art, wo sich Sträusschen von natürlichem Laubwerk an den Kern anlegen, sind 
nirgends in Frankreich von so vollendeter Schönheit zu trefifen, als die schönsten Beispiele in den Munstern 
zu Strassburg, Freiburg und Göln sie zeigen, als sie im Ghore des Domes zu Meissen, an manchen 
Theilen des Magdeburger -Domes u. s. w. sich finden. 

Haben wir in obigem den allgemeinen Stand der Architekturentwickelung im ersten Viertel des 
Xül. Jahrhunderts nachgewiesen, so haben wir nun noch des näheren auf die speciel österreichische 
Schule jener Zeit einzugehen. 

Wir haben oben bemerkt, dass sich in der Einheit des grossen Ganzen die einzelnen Theile selbst- 
ständig entwickelten, dass sich nicht blos der ganze grosse gemeinsame Gang der Architektur verfolgen 
lässt, sondern dass man auch dem Gange nationaler Unterabtheilungen folgen kann, ja das» die 
Nttancierung so weit geht, dass auch jede Provinz ihre eigene Architektur hat, die sich von andern 
nnterscheidet, und ihren eigenen Entwickelungsgang zeigt. Für die Abgränzung dieser Provinzen ist 
die ältere politische wie die kirchliche Eintheilung massgebend, ja letztere fast noch mehr als erstere, 
weil die Knnst nicht an die Höfe der Grossen, sondern an grosse Baudenkmale anknüpfte und die 
Meister ihre Werke, nnbeeinflusst von politischen Partheien, unter dem Einflüsse der geistlichen 
Gewalt schufen. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosterneuburg. 27 

So ist die Schule^ welche wir die österreichiBche nennen kOnnen, nicht an das Herzogthum Öster* 
reich gebunden. Sie gränzt zwar einerseits an die bairischC; anderseits an die böhmische, mit der sie 
sich jedoch stark vermengt und ihre Ausläufer weit in das Herz Böhmens hinein sendet ; anderseits um^ 
fasst sie aber Steiermark, Kärnten und Tirol, und gränzt im Süden direct an die italienische Kunst, 
mit der sie sich an der Oränze vermischt; in Osten greift sie Aber die Marken des deutschen Reichs 
hinaus nach Ungarn ein, und entsendet ihre Ausläufer bis Siebenbürgen. Den eigentlichen Mittelpunkt 
aber findet sie in Niederösterreich am Hofe der Herzoge und in den grossen Stiften, welche diese 
gegründet. Ihre Anknüpfungspunkte nahm sie im XU. Jahrhundert an der bairischen Kunst, entwickelte 
sich im XIII. Jahrhundert zur höchsten Blüthe, starb aber mit der Mitte dieses Jahrhunderts mit dem 
Ausgange der Babenberger - Linie ab. Erst im XIV. Jahrhundert entwickelte sich eine zweite jüngere 
österreichische Schule, die theilweise durch die Steinmetzhütte bei St. Stefan eine grössere Aus- 
dehnung ihres Einflusses erlangte, für deren specielen Formenkreis sich aber die Gränze bedeutend 
verengte. 

Die ältere österreichische Schule, die uns hier allein interessiert, beginnt im XII. Jahrhundert 
auf sehr rohen Anfängen. Es scheint, als habe der heil. Leopold mit dem Baue des Stiftes Kloster- 
neuburg dazu den Grund gelegt, wie er und die Babenberger überhaupt den Grund zur Gultur dieser 
Mark des Reiches gelegt hat. Die Stiftskirche zu Klosterneuburg wurde erbaut 1114—36. Von den 
älteren Bauten des Stiftes Melk ist nichts auf uns gekommen, so dass sich nicht ermessen lässt, ob 
sich etwa darin schon Unterschiede von der bairischen Kunst zeigen. 

Das Langhaus der Kirche zu Heiligenkreuz 1135 — 87 zeigt die Anlage auf doppeljochige Gewölbe; 
hat einfach vierkantige Pfeiler mit Ansätzen nach dem Seitenschiffe zu. Diese Ansätze, bei den Haupt- 
pfeilem stärker als bei den Zwischenpfeilem, erweitern sich oben durch Yorkragungen und nehmen 
die Gewölbe der Seitenschiffe auf. Im Mittelschiffe ruht auf dem breiten Arcadenbogen die glatte 
Wand; die Gewölbe ruhen auf Yorkragungen, die nicht vom Boden auf in die Höhe gehen. Die Ge- 
wölbe haben Diagonalrippen. Das äussere hat statt der Lesen en Halbsäulen, und einen Rundbogen- 
fries unter dem Gesimse, der sich von den übrigen gleichzeitigen deutschen dadurch unterscheidet, 
dass auch die untern Schenkel vieler Bogen abgerundet sind, so dass der Bogenfries sich in eine 
Wellenlinie verwandelt; eine Eigenthümlichkeit, die der österreichischen Schule bleibt. 

Die von Heinrich Jasomirgott 1141—77 gegründete Schottenkirche zu Wien ist spurlos ver- 
schwunden , wenn sich nicht unter der jetzigen Yerzopfung wenigstens noch wie in Klosterneuburg der 
ehemalige Kern erhalten hat. Nach dem Wolmuet'schen Plane von Wien hatten sie ebenfalls eine Anlage 
auf quadratische Kreuzgewölbe des Mittelschiffes, denen stets je zwei Seitenschiffgewölbe entsprechen. 
Die alte St. Stefanskirche mag ebenso angelegt gewesen sein. Die noch erhaltenen Theile dieses Baues 
stammen nicht mehr aus der Zeit seiner Gründung, sondern die ältesten Theile gehören dem Schlüsse 
des Xn. Jahrhunderts oder schon den ersten Jahren des XIII. Jahrhunderts an. Sie zeigen ebenfalls 
schwere Formen bei sehr entwickelten Motiven. Die Ornamentik, die das interessanteste daran ist, hat 
den Charakter der Nachahmung häufig angewandter und doch nicht ganz verstandener Motive. Dem 
Beginn des XIII. Jahrhunderts gehört die Kirche zu Lilienfeld ') an. Sie zeigt schön eine sehr ent- 
wickelte Architektur, aber doch noch schwere massige Durchbildung. Die doppe^ochige Anlage ist auf- 



1) Jahrbuch der k. k. CentralcommiBsion ftir Erforsch, u. Erhaltaug der Bandenkmale ü, v. Sacken: „Kunst- 
denkmale des Mittelalters im Erzherzogthume N. Österreich,* Seite 109 ff. 

4* 



28 A. Essenwein, 

gegeben. Ebenso ist dieselbe in den nngarisehen Eirehen Ton Anfang des XIII. Jahrhunderts z. B. Jäk ^), 
und Leböny *) aufgegeben* Der ganze Organismus des Innern zeigt namentlieh bei der letzteren Kirche, 
die 1206 begonnen wurde , das neue Princip und doch noch ttberall alte Formen, während das Äussere 
kaum die Veränderungen ahnen lässt, die anderwärts sich kund gegeben haben. Die Ornamentik zeigt 
sich nicht frei und lebendig genug, und hat fast das Ansehen einer handwerksmässigen, durch öftere 
Anwendung verstumpften Schablone ; frischer und lebendiger ist sie bei der Kirche zu J&k, deren Bogen- 
fiiese ganz in omamentaler Weise gehalten zu dem reizendsten gehören, was die Kunst auf ungarischem 
Boden hervorgebracht hat. Das Portal, das den reichen Omamentschmuck zeigt, in welchem sich 
überhaupt die Osterreichische Schule gefiel und den sie besonders an den Portalen anzubringen liebte, 
hat reizende Motive, in die sich aber wieder andere barbarisch schwere einmengen. Die Michaels- 
kirche zu Wien ') hat gleichfalls oblonge Joche, ein ausgebildetes Pfeilersjstem, im Innern durch- 
gehends spitzbogige Formen, aber noch kleine halbrund geschlossene Fenster ; im Aussem aber noch 
die alten Formen mit Lesenen und Bogenfries , und nur an den Querschiffecken nehmen die Lesenen 
leichte Anläufe sich zu Strebepfeilem zu gestalten. Die Ornamentik hat theilweise die alten Formen 
in abgebrauchter dabei krauser und unrahiger Zusammenstellung; dazwischen mengen sich jedoch neue 
ein, die an natürliches Laubwerk Anklänge haben, aber noch schwer sind ; die Kirche zu Wr. Neustadt *) 
hat ähnlich schwere Hauptformen bei entwickelten Motiven des Innem und älterem Typus des Aussem. 

Der Dom zu Trient in den östlichen Theilen, die mehr unter italienischem Einflüsse stehen, 1218 
begonnen, hat ganz alte Motive aber eine weitgehende sehr fortgeschrittene Gliederung und reizende 
Omamentik, in der bei den Capitälen, namentlich die oben genannten Blattumschläge eine grosse Rolle 
spielen. Das Langhaus im Innern, leichter und freier als eine der genannten bisherigen Anlagen, hat 
zwar durchgehends Rundbogen, macht aber trotzdem und trotz der kleinen Fenster durch die hoch- 
strebenden Verhältnisse und die consequente Gliederung ganz den Eindruck einer „gothischen" Kirche, 
während das Äussere wiederum streng „romanisch" ist. 

Der Kreuzgang zu Heiligenkreuz, das glänzendste, edelste und leichteste Bauwerk der ganzen Serie, 
ist zwar in zwei Theilen, in denen sich ein Planunterschied kenntlich macht, erbaut, allein keiner der 
beiden Theile lässt einen wesentlichen Fortschritt gegen den andern erkennen. Der Bau des Kreuzgan- 
ges trägt ganz den Charakter der feinen „höfischen^' Sitte; er theilt mit dem Dome zu Trient die 
durchgehende Anwendung dünner polierter Säulen mit ausgeladenen Capitälen, mit umgeschlagenen 
Blättern und ist so in allen Details mit unserer Speciosa verwandt, dass sich kein Zweifel darüber 
hegen lässt, dass er zu Leopold's des Glorreichen (1198—1^30) Zeit seine Entstehung geftinden. 

In keinem der vorstehend genannten Bauwerke ist mehr Ähnlichkeit mit den Motiven der Speciosa, 
so dass wir darin die besten Anhaltspunkte fUr die zweifelhaften Theile der Speciosa finden» Die Kirche 
S. Michael zu Wien und die Stiftskirche zu Wr. Neustadt sind also gleichzeitig mit der Speciosa, über 
deren Entstehung sichere urkundliche Daten vorliegen, die keinen Zweifel zulassen. Doch ist die Speciosa 
und der Ejreuzgang zu Heiligenkreuz so viel edler, feiner, reizender und durchgebildeter, dass man sieht. 



1) Jahrbuch der k. k. Centralcommission I. Bd., Eitelberger: ^»Bericht über einen archäologischen Ausflug nach 
Ungarn.** „Mittelaltftrliche Kunstdenkmale des österr. Eaiserstaates** von Heider u. v. Eitelberge r, I. Band. 

2) „Mittheilungen der k. k. Centralcommission** etc. II, Jänner- und Februarheft. Aufgenommen u. beschrieben vom 
Verfasser. 

8) Vgl. die Abhandlung von Lind in den „Berichten und Mittheilungen des Alterthumsvereines/ III. Bd. 
4) Jlfittelalterliche Kunstdenkmale des österr. Kaiserstaates** von Heider u. v. Eitelberger, H. Bd., Aufnahme 
von Zimmermann, beschrieben von y. Sacken. 



die Capelle des heil. Johannes in Klosterneubnrg. 29 

weloh' ein Unterschied an der Hand des Meisters selbst liegt. Die Speciosa nnd der erwähnte Krenzgang 
sind offenbar Werke eines jflngern Meisters, der die Welt gesehen nnd anf der EnnsthOhe seiner Zeit 
stand, während die beiden erwähnten Kirchen von Meistern herrtthren, die ihre Lehre in früheren Zeiten 
durchgemacht und nur von Weitem die Fortschritte der Neuzeit kannten ; sie haben darum etwas Schwer^ 
trotz ihrer vorgeschrittenen Motive; sie sind schablonenhaft und trocken, während sich in den beiden 
andern Werken ein freier frischer Schwung offenbart, der auch im Baue des Stiftes Lilienfeld mehr als 
an andern Werken der Reihe sich kund gibt. Im Kreuzgange zu Heiligenkreuz und in der Speciosa sind 
die Fenster grösser geworden, es sind Strebepfeiler im Aussem zur Anwendung gekommen. Wenn man 
diese Bauten mit gleichzeitigen französischen vergleicht , so stehen sie vollkonunen auf derselben Höhe 
der Entwickelung und haben manche Ähnlichkeit mit denselben , und doch liegt wiederum so viel deut* 
sches darin, dass der Gedanke an einen fremden Meister nicht aufkommen kann. Als deutsch mtlssen 
wir insbesondere die Anwendung des Rundbogens bezeichnen, der in Frankreich damals vollständig 
verdrängt war ; als deutsch die Gliederung der Bogen und Rippen und die Ansätze ttber den Capitälen ; 
als deutsch doch noch die Scheu, mit der die Strebepfeiler angewandt sind. Auch die Fenster des Kreuz- 
ganges zu Heiligenkreuz erinnern noch weit mehr an Gombination kleiner Fenster als an eine Untertheilung 
eines grossen. 

Als italienische und deutsche Motive haben wir die Anwendung verschiedenfarbiger und polierter 
Steine zu erwähnen, während in Frankreich das System einer lebhaften und bunten Bemalung ftlr 
reichere Werke damals beliebt wurde. 

Erwähnen wir noch am Schlüsse der Reihe der Kirche zu Tisnovics '), wo bereits die Strebepfeiler 
weiter gebildet sind und die Fenster spitzbogige Formen haben , und deren Ornamentik an Reiz denen 
der Speciosa gleichsteht, erwähnen wir noch der originelen Architektur der Kirche zu Trebitsch *) und 
als äussersten Ausläufer den Dom zu Karlsburg in Siebenbtlrgen % der wieder weit ältere Motive zeigt, 
so sind die hauptsächlichsten Werke bertthrt, in deren Kreis die Speciosa gehört. 



Beschreibung der Speciosa 

Dach den vorhandenen tberresten. 

Was uns zur Reconstruction der Speciosa einen Anhaltspunkt gibt, sind in erster Linie die 
Bruchstücke , die in Laxenburg erhalten sind ; sie geben allerdings kein zusammenhängendes Bild , da 
sie ganz willktthrlich dem neuen Zwecke angepasst sind, allein sie sind Originalien und es sind fast von 
jedem Theile Beispiele erhalten, so dass wir alle Detailformen und Detailconstructionen erkennen können; 
ja gerade das Fehlen einiger Theile, die in der neuen Construction keine Anwendung finden, belehrt uns 
nach Analogie anderer gleichzeitiger Bauwerke tlber ihre Form und Gonstructionsweise, da man mit Be- 
stimmtheit sagen kann, dass diese Theile wieder eine Verwendung in Laxenburg gefunden hätten, wenn 
sie nicht diese bestimmte Form gehabt hätten, die sie fUr die neue Construction unbrauchbar machten. 

Die in Laxenburg befindlichen Theile sind folgende: 

1) Ein doppeltes Hauptportal noch vollständig und ohne Veränderung erhalten, das jetzt aus 
einem Hofe in die Capelle fllhrt. Diess Portal ist auf Taf. I abgebildet. 



1) Jahrbuch etc. HL Band. £• Wocel, „das Nonnenkloster porta coeli zu Tisnovics." 

2) Heider und v. Eitelberger: ^Mittelalterliche Knnstdenkmale des österr. Kaiserstaates." 11. Band. 
8) Jahrbuch etc. ni. Band. F. Müller: „Die romanischen Baudenkmale Siebenbürgenis." 



80 ^* EsienweiD, 

5) Eine Reihe von Wandarcaden an den beiden Seitenwttnden der Capelle. Es sind im Oansen 
sechzehn 8änlchen mit der Bank darunter, Fttssen und Capitälen, sowie die Mannorverkleidung der 
Wand. Auf den Gapitälen sind Aufsätze y die eine Vermittlung der Bogengliederung mit der GapitäUorm 
bilden ; femer sind die Bogen selbst , sowie die Zwickel ttber denselben und ein Gesimse hier aufge« 
stellt. Diese Arcatur ist abgebildet Taf. UI, A. 

3) Femer sind im Polygon - Altarraum der Gapelle sechzehn ganz gleiche Säulchen mit Fttssen 
und Gapitälen erhalten. Die Bogen darüber; sowie die Gapitälaufsätze , die mit dem Bogenanfang aus 
Einem Stttck gearbeitet sind, sind nicht mehr erhalten, sondern die Säulchen stehen je vier dicht 
neben einander in vier horizontal überdeckten Wandnischen, 

4) Ausserdem sind im Polygon der Gapelle acht Säulchen von gleichem Durchmesser wie die 
Torigen, deren Stamm V loy«'' hoch ist, nebst Fttssen und Gapitälen; sechs von diesen Stämmen sind 
aus je einem einzigen Stttck. 

6) Wandverkleidung und Sänichen nebst Bogen einer andern Arcatur im Speisesaal (abgebildet 
Taf. ni, B.) Die Bogen sind rund, die Sänichen schwächer als die vorigen, die Fttsse kleiner. Die 
ganze Arcatur ist feiner und zierlicher als die vorige , und der Marmor durchaus glänzend poliert. Die 
Gapitäle sind in Formen vom Schlüsse des XIV. und Anfang des XV. Jahrhunderts aus Gyps hergestellt 
und vergoldet. Sie sind bei Gelegenheit der neuen Aufstellung neu gemacht. Es sind im ganzen fttnf 
und vierzig Säulchen nebst einer entsprechenden Anzahl Bogen vorhanden. 

6) An den vier Ecken des Mittelquadrates im Speisesaal stehen Reste der alten Gewölbeträger 
der Speciosa, nämlich runde Säulen von 9'^ Durchmesser, an die sich freistehende schwächere Säulchen 
anschliessen. Der Fuss ist gemeinschaftlich und nur für eine halbe Hauptsänie bestimmt; die freistehende 
mnde Säule ist auch zur Hälfte in die Wand eingelassen. Die Höhe der Säulen im Saale beträgt 10^ 
ist jedoch offenbar ganz willktthrlich der Saalhöhe angepasst, da an dieser Stelle die Säulen Gyps- 
capitäle haben, gleich denen der vorhin genannten Arcaturen; ttber diesen Gapitälen befindet sich ein 
unverhältnissmässig hohes Gypsgesimse als Deckplatte, und von diesen gehen die GewOlbrippen aus, die 
gleichfalls von Gyps gezogen sind, deren Farbe jedoch den Wechsel des rothen und grauen Marmors 
nachahmt, der ttberall an den Resten der Speciosa zu Tage tritt. Ein hängender Schlussstein in Form 
einer Gonsole in gleichem Styl wie die Gapitäle und ebenfalls aus Gyps, bildet den Schluss des GewOlbes. 
Weder dieser Schlussstein, noch die Rippen, noch die Gapitäle im Speisesaale stammen aus der Speciosa 
her. Obwohl ihre Formen ttberraschend stylrichtig sind im Verhältniss zu andern Gegenständen in Laxen- 
burg, die beim Bau neu hergestellt wurden, lässt sich doch nicht verkennen, dass sie damals ihre 
Entstehung fanden. 

7) Ausserdem sind einige Säulchen am Turnierplatze, eine V^ starke Säule ist im Hofe bei der 
Capelle, einige Kleinigkeiten sind sonst zerstreut; es findet sich jedoch unter allen diesen Gegenständen 
nichts was von Interesse wäre und etwas neues geben wttrde '). 



1) Das oben in Anmerkung 8, Seite 16 und 17 erwähnte Belief, Christus am Kreuze darstellend, mag wohl aus 
der Speciosa herstammen. Es steht jedoch in keinem organischen Zusammenhange mit der Architektur, interessiert 
uns also hier nicht. Ebenso wenig interessieren uns hier die daselbst erwähnten sehr hübsch geschnitzten und 
durchaus vergoldeten Chorsttihlc im Styl des XV. Jahrhundert«, die zwar aus Klostemeuburg aber nicht aus 
der Speciosa stammen. Die innere Ansicht der Capelle tou Prill lässt keine Chorstühle sehen; auch könnten 
sie wohl nirgends als auf der Empore über der Vorhalle gestanden sein, welche auf der Priirschen Zeichnung 
zu sehen ist, aber ohne Chorstühle oder etwas dergl. erkennen zu lassen. 
Wohl aber zeigt die gleichfalls von Prill angefertigte innere Ansicht der Sebastianscapelle diese Chorstühle. 



die Gapelle des heil. Johmnnes in Klosterneabor^. Sl 

Aneser diesen BraohstUcken Bind es sodann die Zeichnungen ron Benedict Prill, die ans ein 
Qesammtbild des Innern nnd Äassern geben. Es sind kleine Zeichnungen, mit der Feder ans freier Hand 
gezeichnet nnd mit Pinsel nnd Tnsch ansachattirt ; sie sind ohne Veratändniss der Detailform gezeich- 
net, nnd snch wohl nicht in allen Verhältnissen ganz richtig. Die äussere Ansicht gibt die Nordseite, 
die innere ist gleichfalls von der Nordseite her aufgenommen nnd gibt eine Ansicht der inneren Sttdwand, 
links erscheint in Verktlrzong die Ostseite mit drei wie es scheint zopfigen Alt&ren , rechts die verkürzte 
Ansicht des westlichen Theiles '). 

Als dritte Hanptqaelle ist ein Plan von Elostemenborg zu nennen, der vom Architekten Allio 
im ersten Viertel des XVni. Jahrhunderts noch vor dem Nenban des Klosters aufgenommen wurde. 

Dieser Plan von dem wir einen Theil verkleinert im Holzschnitte geben (Fig. 1), hat indessen 
keinen Hassstab nnd scheint auch hinsichtlich des Massatabes nicht verlässlich. Wenn man die noch 

Fig. 1. 



bestehende Kirobe misst, and damaeb einen Haasetab auf das Blatt aufträgt, so erscheint dieser wenig- 
stens ftlr die Speciosa zn klein, da sieh die Axenweite ganz genau aus den Details in Laxenburg finden 
Ilsst, deren Anordnung nnd Zosammenstellung die Prill'sche Zeichnung gibt. Es scheint somit, als 
sei der Plan ohne Hassstab aufgetragen and jeder Theil nach seinem eigenen Verhältniss bemessen. 

Ausserdem finden sich noch auf einigen Siteren Kupferstichen, welche Ansichten von Kloatemenbnrg 
geben, änssere Ansichten der Speeiosa, ans deren keiner jedoch mehr zu ersehen ist, als ans den 
Zeichnungen von Prill, nnd von denen nur Einer zeigt, daas westlich ein Vorbau an die Capelle an- 
gebaut war, ttber den weder Prill's Zeiohnnngen, noch der oben erwähnte Qmndriss einen Anfsehlnsa 
gibt, der also, wenn er nicht als Zeiohenfehler dieser Ansicht zu betrachten ist, die damit irgend ein 



1) OeDane Copien beider Amichten limt Er. Ca metin s genommen and dem Verfasser znr vorlieg^den Arbeit gtttiget 
mitgethellt. 



32 A. Edsenwein, 

in der Nähe Btehendes Gebäude meinte, nur provisorisph auf kürzere Zeit an seiner Stelle gewesen su 
sein seheint. 

Leider sind bei der Abtragung, so viel bekannt ist, nieht blos keine Zeichnungen genommen 
worden , sondern es sind auch keinerlei Aufschreibungen von Augenzeugen vorhanden , die Aufschluss 
darüber geben würden. Es ist mir auch nicht gelungen von Jemanden genauere Nachrichten zu erhalten, 
der sie etwa auf dem Wege mündlicher Tradition überliefert bekommen hätte. 

Von Wichtigkeit ist daher eine Notiz in Hartmann Zeibig's Urkundenbuch von Klostemeuburg 
8eite LIV, welche besagt: 

y,Im Jahre 1799 am 29. September begann der Abbruch und die Abführung nach Laxenburg, wo 
„sie als Schlosscapelle in einer künstlichen Ritterburg verwendet wurde. Beim Abbrechen zeigte es sich, 
„dass der Eingang unter dem Chore eine offene Colonnade war, die später vermauert wurde. Auch fand 
„man einzelne Stücke geschmolzenen Zinnes, von dem grossen Brande 1223 herrührend^ '). 

Wie aus dem Situationsplane Fig. 1 *) zu ersehen ist, stand die St. Johannescapelle A südöstlich 
von der Stiftskirche B auf dem Platze, der noch das schöne ewige Licht enthält, und der als Friedhof 
diente , wie auch in einigen Urkunden von der St. Johanniscapelle am Freithof die Rede ist *). Westlich 
von ihr und mit ihr parallel stand die St. Sebastianscapelle C, die gleichfalls ihre Bruchstücke nach 
Laxenburg geliefert hat. 

Der Grundriss der Speciosa war nach der Zeichnung, die der erwähnte Plan gibt, nicht ganz 
regelmässig, was uns selbst bei einem Gebäude von solcher Pracht nicht verwundern darf, da zu be- 
denken ist, dass das Gebäude vom Anfange an in einen grössern Gebäudecomplex (den Fürstenhof) 
eingepasst war und somit sich ^em verfügbaren Räume anschloss. Zudem war es vorzugsweise das Innere, 
in dem sich die künstlerische Gestaltung geltend machte, während das äussere einfach dem Bedürfnisse 
diente. Im Innern aber machen sich die Unregelmässigkeiten weniger geltend als Aussen. Diese Unregel- 
mässigkeit bestand in der Versetzung der Axen des Chors und Schiffs, so wie darin, dass beide Aussen- 
wände nicht vollkommen parallel sind. Derartige Unregelmässigkeiten kommen aber gerade bei Bauten 
vom Anfange des XIII. JiArhunderts häufig vor. So in der Michaelskirche zu Wien, im Ereuzgang 
zu Heiligenkreuz etc. 

Auf Taf. I sind zwei grössere Grundrisse der Capelle gegeben und zwar ein unterer und ein 
oberer; Taf. II enthält einen Querdurchschnitt mit der Ansicht gegen den Eingang, eine innere und 
äussere Ansicht eines Joches. 

Die Capelle bestand aus zwei Jochen des Langhauses, mit östlichem Polygonschluss des Chors, 
der aus fttnf Seiten eines Achteckes gebildet wurde ; westlich schloss sich daran eine Vorhalle an, die 
gegen das Innere der Kirche geschlossen war, und über derselben befand sich eine Empore, die wohl 
als fürstliches Oratorium zu fassen ist. Eine erhöhte Stufe lief (nach der innem Ansicht PrilTs) 
rings um die ganze Kirche und liess nur die Thtire frei. Die Gewölbe sind auf Prill's Zeichnung nicht 
deutlich zu ersehen, nur ist so viel sichtbar, dass alle Gewölbanfänge einander gleich waren, so dass 
also keine andern als oblonge Kreuzgewölbe zu denken sind. Auch die Anfänge der verschiedenen 
Rippen sind nicht gleich hoch, was wiederum auf die in den ersten Jahren des XIII. Jahrhunderts häufige 
Anordnung hinweist, dass die Diagonalrippen einen tieferen Ansatz haben. Die südliche Wand, die 



i 



1) Die Jahreszahl soU wohl 1322 heissen, vgl. darüber die Anmerkung 6, Seite 18. 

2) Der gezeichDOte Massstab bezieht sich nur auf die Johannescapelle A. 

3) Siehe oben Seite 15. 



die Capelle des heil. Joh&nneB in Kloatenieiibnrg. 33 

anf der PriH'scbeD Zeichnnng zn eehen ist, hatte eineo Dorchgaag vor den Fenstern, welche so hoch 
stehen, dass darunter eine Arcatnr und Über derselben ein Maaerstreif Platz finden. 

Am GS^ew&lbträger sind auf der Zeichnung Säulchen zn sehen, die bei dem Durchgang vor den 
Fenstern aaf eigenen Ftlsaen beginnen, und die wohl keine andern sein kUnnen, als Träger der 
Wandschildbogen , die hier selbstständig in einiger Entfernung von der Wand stehen. Hinter dem Qe- 
wQlbsträger ist ein Durchgang zu sehen, Über dem ein horizontaler Stein herüber liegt, der in die 
Maner eingreift. Obwohl das alles nicht formenrichtig gezeichnet ist, so lässt sich doch nach Analogie 
aller gleichzeitigen Anlagen behaupten, dass die Anordunog nicht anders gewesen sein kßnne, als 
sie auf der Zeichnung gegeben ist, wobei es nur fraglich ist, ob die Ringe der Dienste wirklich vor- 
handen waren, die Verfasser als Binder annehmen zu müssen glaubt, da sowohl der Pfeilerkern als 
die Dienste vollkommen freistehende Schäfte waren. Auf der Prill'schen Zeichnnng ist allerdings von 
diesen Bindern nichts zu sehen. Die Fttsse der Gewölbträger sind, wie oben bemerkt, im Speisesaal 
zu Lazenburg noch vorhanden Fig. ä; ebenso der untere Theil der Gliederung. Sie besteht aus einem 
runden Kerne , an den sich drei Säulchen anlegen. Der Kern ist grauer Marmor, die angelehnten Sänl- 
clieu sind roth, die Ftlsse und Postamente von grauem Marmor; letztere sind polygon in zwei Absätze 
Fig. 2. Fiff. 3. 



getrennt; der breite Wulst des Säulenfasses quillt stark aber das Postament vor, so dass auf der Mitte 
der Hauptflächeu kleine Consolen angesetzt sind, um die starke Ausladung zu tragen. Das Fussprofil 
ist von ausserordenüieher Schönheit. Die Stellung der Säuloheu zum Kerne, wie in Fig. 2 im Grund- 
risse zu ersehen ist, so wie der Umstand, dass der mittlere Kern voUrand ist, und dass die Platten 
V. . 



34 A. Etsenvetn, 

der Hannorbekleidang des Saale« blos znflfflig an demBelben angeschoben sind, Iftast es erkuinen, dau 
der Kern ehemals mnd neben der Haaer stand, nnd daes hinter den zwei seitlichen Sftalen, noch zvei 
(etwas dflnnere) Säulohen etanden, die der Aroatur ent«prachen. Die nntere Arcatnr anfasste in jedem 
Joche je vier Bogen. Sftnlchen, Bogen und Wandverkleidung sind noch erhalten. Es ist die auf Taf. Ol, A 
abgebildete in der Capelle zn Laxenborg befindliche Arcatnr. Der untere Sockel sammt seinem Geaimsef 
^e Sänlenstämme, die Zwickel Über den Bogen, sowie das Gesimse übes dem Bogen sind aas roäiwi 
Marmor, ebenso die Wandverkleidung hintM der Arcatnr, die aus starken Steinplatten besteht, die 
sehichteDweise , wie die Quaderfllgung einer Hauer auf einander gestellt sind. Die Säalenntsse, von 
denen einer in Fig. 3 gegeben ist, sind graner Uarmor, ebenso die Gapitäle, so wie die Fttgang der 
Bogen. An einem Capitäle scheinen noch Sparen einer Bemalnng ; doch nur Sporen, die ehea so leieht 
einem Zufalle ihr Dasein verdanken kttnnen als einer ehemaligen Polychromie, da die Capitäle alle 
sorgfitltig gereinigt sind. Die Capitäle haben achteckige Deckplatten, runde glockenfttrmige Kerne 
nnd freistehende an der Spitze mit Knollen versehene Blätter, die sich frei vom Kerne losItVseo. Sie 
gehören zu dem Reizendsten, was die Ornamentik des Mittelalters hervorgebracht. Ernst, Strenge nnd 
WSrde vereinigen sich mit solcher freien and kecken Zierlichkeit, wie sie eelteo zu sehen sind. Fig. 4 — 1 
geben einige Beispiele von diesen Capitälen. Tfaeilweise sind sie einfach mit zwei Reihen der amge- 
schlagenen und an der Spitze zusammengerollten schilfartigen Blätter geschmückt, deren Spitzen 
manchmal statt der einfachen Knollen, wie sie die obere Beike der Fig. 4, oder statt der Voluten, 
wie sie Fig. 6 zeigt, mit natflrlichem Lanbwerk geschmückt sind, thcilweise hat die untere Blattreihe 



Fig. 5. 



Fig. 6. 




Fig. 8. 

Formen, die an natflrliche Laubwerke erinnern; man kann aber nur sagen erinnern, denn eine directe 
Nachbildung wie sie die Münster zu Strassburg und CSln vom Schlüsse des XIIT. Jahrhanderts zeigen, 
ist es nicht. Das Laubwerk ist noch strenger stylisiert, es sind nur Formen, die nach ähnlichen Gesetzen 
gebildet sind, wie die Natnr ihre Formen bildet, ohne daes man directe das Eicfablatt oder den Ephen 
als Vorlage des KQnstlers betrachten könnte. Die Ornamentik lässt den obem runden Rand der Glock« 
sehen, auf der nnmittelbar die achteckige Deckplatte beginnt. Dieselbe hat nuten anmittelbar tther der 
Glocke eine kleine niedrige Platte, erweitert sich sodann mit karniesflJrmigem Profil, zieht sieb hierauf 



die Cq>ene dea heu. Mtamaea in Kloiteneobnr;. U 

wieder in einer Hohlkehle ein, und hat zuoberst ein Fl&ttchen, unter der, durch einen EinBohnitt von ihr 
getrennt, eine zweite schräg hängende Platte von der Hohlkehle getragen wird. Das Profil des Bogeu, 
das im Durchschnitte auf Taf. III zu sehen, ist einem OewOlbrippenprofil ähnlich. Da je zwei Bogen 
sieh anf ein Capital vereinigen, so passt der Bogenanfsog nicht ToUständig auf die CapitlÜplatte, as ist 
daher durch einen Capitälaufsatz eine Vermittlung hergestellt. Dieser Gapitälaufsatz besteht aus je zwei 
kleinen halbkreisfltrmigen Sohildern Über jeder Folygonseite, die sich schräg in sich zusammenziehen. 
Die frei Qberhängcnde Spitze der Theile der Bogengliedemng, die sich frtther zusammenschneiden, ehe 
sie bis zum Gapitäle nieder gehen, sind durch je ein Blatt gesttttzt, das aus dem Gapitälaufsatz ber- 
answäehst (Fig. 9). Diese Blätter gleichen genau denen der Capitäle, sie haben tbeils einfache EnoUcn 
als Uebersohläge , tbeils Voluten (Fig. 10), theils nataräbnliche gebildete Formen (Fig. 11). Theilweise 
*ind es ganze Blätter, die im Ganzen naturähnlioh gebildet sind, nnd nicht an den schilfartigen An- 
■Ktsen hängen (Fig. IS). 

Fig. 8. Fig. 10. 



Fig. 12. 



Die Höhe des Raumes Über den Arcaden bis zu den Fenstern lässt sich nicht genau festsetzen. 
Das ganze Verhältniss der Innenarchitektur, wie es auf Taf. II gegeben ist, stimmt ungetäbr mit der 
Prill'schen Zeichnung Hberein; allein daselbst sind die Aroaden schlankpr gezeichnet nnd der Raam 
aber den Arcaden ist bedentend niedriger. Ob das Gesimse der Mauer unterhalb des Durchgangs vor 
den Fenstern vorhanden war, und ob an dieser Stelle Ringe die DienBtgliedernng umzogen, lässt sich 
nicht sicher bestimmen, doch scheint es so sehr im Style wie in der Individualität des Werkes he- 



S9 A. Esaenvein, 

iprUudet, dasa Verfasser dieselben als oOtbig bezeichnen mochte. Die Fenster sind auf der Prill'sChen 
ZeicbDUDg als je zwei rnudbogige unter einem gemeinscbaftlicben Bogen stehend gezeiehnet, der bei 
der Innenansicht als Spitzbogen, bei der änssem als Rundbogen erscheint. Da man jedenfalls den 
Sobildbogen des QevOlbes als spitzbogig annehmen mnss, so wird es auch wahrscheinlich, dasa 
die innere Ansicht von Prill Recht hat, qnd dass der Hauptfensterbogen ein stumpfer Spitzbogen ist 
Unter dem Spitzbogen iBt über den zwei mndbogigen Fensteröffnungen eine zehnthcilige Rosette zu 
sehen. Der Hauptbogen sowohl, als die kleinen FensterbOgen stutzen sich auf schlanke SSalchen. Die 
Analogie der Fenster des Krenzganges zu Heiligenkreoz geben alle nOtbigeren Anhaltspnncte, nm die 
Fenster zu zeichnen. 

. Der Umstand, dass im Schlüsse des XIII. nnd Anfang des XIV. Jahrhunderts ein Glas-Amt bei der 
Capelle errichtet war, und dass der Glasermeister Eberhard das Lob so grosser Geschicklichkeit 
erhält, und ihm die Pflicht auferlegt wird, ftlr die Fenster der Capelle, „denen grosse Sorgfalt 
zu widmen sei" in gutem Stand zn halten *), beweist, dass ein reicher Schmuck gemalter Gläser 
im Style jener Zeit die Fenster zierte. Was flk* Darstellungen sie jedoch enthielten, dartlber ist 
leider nichts bekannt. 

Noch sind acht Säulencapitäle zu erwähnen, die etwas reicher sind als die der eben erwähnten 
Arcatur, aber weniger edel, nnd die auf Sänlchen von ganz gleichem Durchmesser mit denen der Arcaden 
stehen und jetzt die acht Ecken des Polygons der Laxenburger- Capelle bilden. Ans dem Umstände, 
dass sie auf Säulen passen, die genau denselben Durchmesser haben mit den Arcaden sänlen, lässt 
sich schliessen, dass sie den WandschildbOgen angefahrten, deren Säulchen ihren Stand nnmit- 
Fig. 13. Fig. 14. 



telbar Aber den äussersten ArcadeDSänlchen hatten, also denselben auch der GrOsse nach genan ent- 
sprechen muBsten. Dass sie jetzt an spitze Kanten von Mauerwerk angelehnt sind, bat keine weitere 
Bedeutung fllr die Bestimmung ihrer frilheren Fanctionen. Wir geben in Fig. 13 und 14 zwei von diesen 
Capitälen. 



1) Vergl. oben Seite 13 nnd 14. 



die Capelle des heil. JohanneB in KloBterneuburg. 37 

lu dieser Architektur sind die zwei Joche der Sfldseite , sowie das Polygon gebildet. Im Ost- 
liehen Joche befand sich nach der PrilTschen Zeichnung in der Mitte eine Thür zwischen den Arcaden, 
die eine in der Wand in die Höhe führende Treppe sehen lässt. Diese Treppe mag wohl die Veran* 
lassung gewesen sein ; auf dieser Seite die Mauerfläche soweit über die des Chores vortreten zu lassen. 
Im Innern ist auf der PrilTschen Zeichnung an dieser Stelle kein Absatz zu sehen, der Durchgang 
von den Fenstern geht auch im Polygon fort; er muss aber jedenfalls enger gewesen sein als im 
Langhause. An der Nordseite war er wohl gar nicht vorhanden, so dass im Innern die Unregelmässig- 
keit der Anlage gar nicht sichtbar war. Diess mag auch Veranlassung gewesen sein, dass Prill sich 
gerade die Nordwand als Standpunct wählte und die Architektur so zeichnete, dass die Sttdwand den 
Haupttheil seines Bildes ausmacht. In diesem Falle aber musste an der Nordwand der Dienst des Schild- 
bogens bis zur Arcatur herabgehen, wie es im Querdurchschnitt gezeichnet ist. Es wäre somit die ganze 
innere Architektur der Capelle bestimmt , nur die bedeutende Höhe des Mauerstreifens ttber den Arca- 
den, die wesentlich von der PrilTschen Zeichnung abweicht, ist noch zu erklären. 

Diese findet aber ihre natürliche Begründung durch die Empore und die Vorhalle. Es ist näm- 
lich auf der PriH'schen Zeichnung eine doppelte Thüre zusehen, die unter der Empore in das Innere 
filhrt, upd die offenbar die Rückseite des noch vorhandenen Taf. I abgebildeten Portals ist. Durch die 
Höhe des Portals ist aber die der Empore bestimmt, und der Fussboden der Empore ist, wie auf der 
PrilTschen Zeichnung ersichtlich, nur wenige Stufen über dem Durchgang vor den Fenstern erhöht; 
es ist somit auch diese Höhe bestimmt. Nun ist aber noch der Beweis zu flihren, dass diess Portal 
wirklich an dieser Stelle gestanden. Abgesehen davon, dass die PrilTsche Zeichnung hier eine 
doppelte Thüre gibt, ist auch das Portal ganz für das Innere eines Raumes componiert, es zeigt dess- 
halb eine verhältnissmässig zarte Gliederung, die aber doch so eingerichtet ist, dass sie keiner starken 
Beleuchtung bedarf; um zu wirken. Das Portal ist so gut erhalten, dass es den Anschein hat, als sei 
es erst gestern vom Meissel des Steinmetzen gekommen. Es kann also unmöglich lange im Freien ge- 
standen haben. Es findet aber auch sonst nirgends Platz. In der oben erwähnten Notiz bei Z ei big lesen 
wir, dass es sich beim Abbruch herausgestellt hat, dass die Vorhalle ursprünglich eine offene Säulen- 
halle gewesen sei, die erst später vermauert wurde. Eine gegen das Innere der Kirche offene Säulen- 
halle ist hier nicht anzunehmen. Die PrilTsche Zeichnung zeigt neben der Thüre die Fortsetzung der 
Arcatur, die an den Seifenwänden zu sehen ist. Diese Arcatur ist aber zu spielend, als dass sie als 
Trägerin fUr die Empore zu betrachten gewesen wäre; eine zweite Säulenreihe hinter ihr statt der 
Mauer, und zwar eine solche, die stark genug gewesen wäre, als Trägerin zu fungieren, ist auch nicht 
denkbar, weil dadurch der Zweck der offenen Säulenhalle , nämlich die Communication mit dem Innern 
nicht erfüllt wäre; es muss also an eine offene Säulenstellung an der Westseite gedacht werden, wie 
das XII. und XUI. Jahrhundert uns manches Beispiel solcher nach aussen offenen, gegen die Kirche 
aber abgeschlossenen Vorhalle gegeben hat. Wir erinnern hier an die Kirche zu Marmoutier im Elsass *), 
welche eine ganz ähnliche Vorhalle zeigt, wie wir sie uns hier denken; wir erinnern an das mit der 
Speciosa gleichzeitige prachtvolle Paradies der Klosterkirche zu Maulbronn '), femer an die offene Vor- 
halle der Kirche S. Benedict zu Loire ^) u. versch. a. 

Diese Anlage, die uns auch sehr gut mit dem künstlerischen Charakter der Speciosa zu har- 
monieren scheint, schliesst natürlich die Anlage eines äussern Portals aus, und versetzt mit Nothwendig- 



1) Siehe die Abbildung bei Chapni „Le moyen age," Nr. 367, ferner bei Qailhabaud, „Denkmäler der Baukunst** 

2) Siehe die Abbildung bei Eisenlohr: „Mittelalterliche Baudenkmale im sfldwestl. Deutschland u. am Rhein.* 

8) Vgl. Gailhabaud: „Die Architectur vom V. bis XVI. Jahrhundert und die davon abhängigen Kflnste," 1. Bd. 



38 A. Esienwein, 

keit dasselbe au die Stelle , wo wir es in der ReconstractioD aDgenommen haben. Noch ist zb erwähnen, 
dasB das Portal aof der Zeichnung nicht in der Mitte steht, eine Eigenthflmlichkeit, die zwar gar nicht 
überrascht, für deren Annahme hier Jedoch ein Grund vorliegt. Wie oben bemerkt, gibt sich die Axen- 
weite der Joche ans der in Laxenbnrg rorhandenen Dienstgliedernng and der Arcatnr. Diess gibt einen 
genanen Maasstab tür den auf dem oben erwähnten geometriecheo Plane enthaltenen Ornndriss ; es be- 
stimmt sich somit anch die Weite des Querschnittes. Das Portal ist noch vorhaodeD, also seine GrOsse 
auch bestimmt; nun iet auf der Zeichnung von Prill neben der Thtlre gegen Stiden eine aus Tier Bogen 
bestehende Arcatur als Fortsetzung der Arcatnr an der Seite zu sehen. Nimmt man sie nun auch etwas 
enger, so bleiben doch auf der nördlichen Seite neben dem Portiü nur drei Bogen. Die Art, wie diese 
Arcatur neben dem Portal beginnt und aafhOrt, ist in der PriH'schen Zeichnung so unbestimmt, dass 
eich jede LOsnng annehmen ISsst; eine bogeiiartige Linie, die allerdings dem Eorbbogen näher steht, 
hat mich zu der Annahme geftlhrt, ein flacher Bogen habe die beiden neben dem Portale stehenden 
Säulchen verbanden nnd sich tlber die ÖGTonng herüber gelegt. 

Die BrOstungswand der Empore, die eine ziemliche Höbe bat, zeigt eich auf der PriH'schen Zeich- 
nung mit der sitzenden Figur Christi und den stehenden Figuren der zwDlf Apostel in Malerei geschmOckt 

Wir haben nun noch die untere Vorhalle zu erwähnen, tlber die allerdings gar keine Anhaltspuncte 
Torliegen, und von der nur der Grundriss nnd die äussere Ansieht die Anlage der Strebepfeiler nnd die 
Treppe bezeichnen, die unten viereckig, oben ins achteckige übergeht. 

Die Vorhalle hatte demnach zwei Abtheilungen; ob sie aber mit einem einzigen Gewölbe 
oder mit swei Gewölben bedeckt war, lässt sich nicht ermitteln, doch ist das letztere ans der Strebepfeiler- 
Anordnnng am wahrscheinlichsten , die Treppe fUhrte natürlich auf die Empore. Von der Treppe in der 
Mauer, deren Anfang bei Prill zu sehen ist, zeigt sich auf seinem Bilde keine Spur, wir haben dem- 
nach angenommen, dass sie in einen Raum hinter der Empore führte. Dass die Empore selbst keine 
bedeutende Tiefe hatte, zeigt sich aus der Zeichnung von Prill, da die ganze Empore mit einer 
Arcatnr gegliedert war. Diese ist die j.j ^g bar tlber dem Gesimse, das die Ar- 

im Speisesaal zn Laxenbnrg erhal- catur abschliesst; letztere ist auf 

tene , deren Dimensionen also gege- Taf. III, B abgebildet. Sie besteht aus 

ben sind, so dass da vier Bogen ge- Säulchen von grauem Marmor mit 

zeichnet sind, die genaue Tiefe der gleichfalls grauen runden Bogen; die 

Empore bestimmt ist, die noch einen Füsse, gleichfalls grau, sind mit den 

bedeutenden Raum tibrig ISsst, der Streifen an der Wand ans einem Stück 

als Schatzkammer oder zu ähnlichen gearbeitet. Sie bestehen ans doppel- 

Zwecken gedient haben mag, und der ten achteckigen Postamenten (Fig. 1 5), 

eben mit dem untern Raum der Kirche darüber ein flacher tellerförmiger Fnss, 

durch jene erwähnte Treppe verbun- der weit über das Postament hinana- 

den war. Das Gewölbe der Empore greift, ohne jedoch wie bei den andern 

ist sechskappig; ein eigener Träger ^^^^^^^^^^^B Arcaden durch kleine Consolen ge- 
der Mittelrippen erscheint jedoch auf ^f^T ^affn^T^^ stützt zu sein. Der Grund hinter der 
der Prill'schenZeichnungnicht, son- l IL ^^ JJ / Arcatur ist dunkelroth, ebenso der 

dem die Rippen nnd die spitzigen \/^ >' ^ \/ Haupteockel. Das ganze ist spiegel- 

Wandschildbogen beginnen unmittel- blank poliert. Die Säulehen haben jetzt 

Gypscapitaie ; die alten waren wohl auch aus grauem Marmor, gleich den Füssen and ohne Zweifel 
wie diese mit einem Streif Mauerwerk aus einem Stücke gearbeitet, das tief in die Mauer eingriff, und 
so feste Binder tür die Sänlchen und die Marmorverkleidang der Wand, bildete 



die Capelle des heil. Johannes in Klosternenbnrg. 39 

Über den Raum hinter der Empore ist gar nichts bekannt , die Stellung des Fensters ist der 
Anssenansicht von Prill entnommen. Was nun das Äussere betri£fi/so zeigt sich die Ansicht bei Prill 
fast als eine geometrische der Nordseite; wobei jedoch in einer verkehrten Perspective die östliche 
Polygonseite, sowie die Westseite zum Vorschein kommen; letztere allerdings so sehr verkUrzt, dass 
nur die Strebepfeiler zu sehen sind. An der Ecke ist jedoch nur ein diagonal gestellter Strebepfeiler 
gezeichnet; während auf dem geometrischen Plane zwei ttber Eck gestellte Strebepfeiler erscheinen. 
Allerdings sind auch an dem Kupferstiche; d«r oben erwähnt wurde, diagonal gestellte Strebepfeiler zu 
ersehen ; allein der Irrthum scheint mir bei dean geometrischen Plaae^ der so sehr ins Detail eingeht; dass 
er die Verschiebung der Axe des Chors und Schiffs ; Unregelmässigkeiten in dem Strebepfeiler etc. 
angibt; weniger wahrscheinlich als bei flüchtigen unverstandenen Zeichnungen. 

Das Äussere hatte im Vergleich zum Reichthume des Innern nur wenig Schmuck. Es gliederte 
sich durch die Strebepfeiler; die einen ziemlichen Vorsprung hatten; und sich in mehreren Absätzen 
veijüngten; ein einfaches Hauptgesimse schloss die Mauer ab; ein Kaffsimse unter den Fenstern lief 
nur von einem Strebepfeiler zum andern ; die Fenster hatten Aussen dieselbe Form wie Innen. An der 
Nordseite befand sich ein kleines Treppenthflrchen ; das unten viereckig war; oben ins Achteck überging 
und durch eine grosse Zahl kleiner Schlitzfenster durchbrochen war. In die Vorhalle ftlhrte an der Nord- 
seite eine kleine viereckige Thttre. Im Obergeschoss befand sich ein kleines doppeltes Fenster fast 
ganz am Ende neben den Eckstrebepfeilern. 

Die PrilTsche Zeichnung ist zu ungenau; als dass sie darüber genaue Auskunft gäbC; ob die- 
ser ganze Theil in seiner äussern Architektur als gleichzeitig mit dem Körper des Gebäudes zu betrachten 
sei; es möchte mir fast scheinen; als ob die viereckige Thür modern wäre, so dass sodann anzuneh- 
men wäre ; dass sie nach Vermauerung der offenen Arcaden an der Westseite erst hier eingesetzt worden 
sei. Den Hauptschmuck des Äussern bildete das Dach; daS; wie die kleine Stiftschronik meldete; vor 
dem Brande im Jahre 1318 mit „Zinn vnd Pleyen Schindlin" gedeckt war. Dieser prachtvolle Schmuck; 
der im besagten Brande zu Grunde ging und an dessen Stelle ein einfaches hölzernes Schindeldach trat; 
wie es im Mittelalter in Osterreich die allgemeine Deckweise gewesen zu sein scheint und auch noch 
heute in Gebrauch ist; war ohne Zweifel in der gewöhnlichen Weise ausgeftihrt; dass etwa l*y4— 2' 
breite Bleistreifen auf das Dach aufgelegt wurden, die vom Rande bis zum First gingen und an den 
Kanten mit den daneben liegenden Bleistreifen zusammengerollt waren, so dass das Dach dicht wurde. 
Die einzelnen Streifen bestanden natürlich auch nicht aus einem Stück; sondern waren aus kleineren 
Platten zusammengelöthet. Das Blei war in der Regel sehr stark und schwer (bei der Cathedrale zu 
Canterbury in England hat der Quadratfuss der Bleiplatten ein Gevncht von zwölf Pftind *). Auf das 
Blei wurden dann zinnerne Verzierungen aufgelöthet; deren stets gleichbleibender Glanz von der dunkeln 
Farbe des Oxyds ; welche das Blei sehr bald annimmt; vortheilhaft abstach. Einzelne Stellen wurden 
ausserdem bemalt und vergoldet. Ein Haupttheil eines solchen Daches aber ist der Firstkamm, 
der aus getriebenen Ornamenten bestand; die an ein eisernes Gerippe angelöthet waren. Es dürfte 
wohl schwerlich einer jener metallenen Firstkämme aus dem XIII. Jahrhundert mehr übrig sein; ihre 
Zeichnung lässt sich jedoch aus Miniaturen und Reliefs deutlich erkennen. Man hat auch an den kost- 
baren grossen Reliquienschreinen noch Vorbilder ftlr deren Zeichnung; da diese den eigentlichen Kir- 
chengebäuden nachgebildeten Schreine prachtvolle Muster von Firstkämmen haben. Die eigentliche 



1) »Organ fUr cbriBti. Kunst." 7. Jahrgang. Nr. 1, Seite 2. 



40 A. EssenweiD, 

GoDStraodon ist aas den wenigen noch erhaltenen kleineren FirstkSmmen dee XV. und XVI. Jabrbonderts 
zn ersehen, da die alten jedeofatls in ganz ähnlieher Weise eonstrnirt sein maesten '). 

Mit dem Bleidach ond Flretkamme war ohne Zweifel auch ein schSuer Dachreiter verbanden, 
wie sie das Mittelalter ans Holz zn constmiren snd mit Blei zn verkleiden pflegte. Wenn auch kein 
solcher Dachreiter ausdemXIU. Fiff- 16. Das aof derSpecfoBa ohne 

Jahrbnndert mehr erhalten sein Zweifel ehedem vorhandene 

durfte , so Bind doch deren ans Thfinncben ging wohl bei dem 

dem XIV. und XV. Jahrhnndert Brande im Jahre 1318 zu 

oochmanche erbalten. Im Bster- Gmnde; auf der Friirschen 

reicbischen Kaiserstaate ist in- Zeichnung ist nichts mehr davon 

dessen, so viel nns bekannt, nnr zu sehen, 

ein einziges derartiges ThUnn- Wir haben noch eine nähere 

eben ans Holz nnd Blei in den Beschreibung des Fortales zn 

Formen des Mittelalters vorhan- geben, das wir auf Taf. I abge- 

den, nSmlicb ein nenes im Styl bildet haben, nnd von dem wir 

des XIV, Jahrhunderts errich- oben die Annahme begrtlndet 

tetes Dachreiterthttnnchen auf haben, dass es aus der Vorhalle 

dem neuen Bealscbnlgebäude in in die Kirche geführt habe. Es 

Ofen, das Prof. H. Petschnigg besteht aus zwei Eingangsöff- 

itt den letzten Jahren erbaut hat. nnngen, die horizontal Oberdeckt 

sind, deren seitliche Einfassungsgliederung jedoch sich über dem horizontalen Sturze in zwei stumpfen 
Spitzbogen verbindet; eine schräge Leibung vom an der Kante mit einer Hohlkehle eingefasst, bildet 
die weitere Einfassung. Vor der Schräge stehen je drei dttnne Säulchen auf Polygon-Postamenten. Die 
Capitäle aller Säulchen sind einander vollkommen gleich ; sie geben ein prächtiges Beispiel jener Capital- 
bildungen, die wir schon im Innern gefunden haben (Fig. 16). An den Ecken sind noch die schilfartigen 
Blätter mit den oberen Umschlägen der Spitze; aus der Mtttelrippe des Blattes IQsen sich jedoch noch 
zwei Zweige omamentaler Blattbildung los. Eine reiche Gliederung in drei vollkommen gleichen Theilen 
den drei Säulchen entsprechend, vereinigt sich spitzbogig über dem ganzen Portal; ein Schmuck der 
Bogenfelder durch Reliefs etc. ist nicht vorhanden. Das Fortal ist wie die Hbrige Architektur ans ver- 
schiedenfarbigem Marmor gebildet. Die Säulenfllsse und Capitäle sind aus gelblich grauem Marmor; 
die Säulenstämme, sowie die Pfosten und alle senkrechten Theile sind aus rothem Marmor, in den 
Bogen wechselt rother Marmor mit gelblich grauem ; die Bogenfelder sind rother Marmor. 

Die Farbe des Marmors an diesem Fortale ist etwas, jedoch nur weniges lichter, als die des 
Marmors der unteren Areatnr; in beiden ist der Marmor zwar geschliffen, aber nicht poliert. Die obere 
Arcatur, die der Empore, sowie die Hauptträger des Innern der Capelle bestanden ans poliertem Marmor. 
Derselbe hat eine intensive, dunkel rothbrauue, sowie lichte, bläulich graue Farbe; ein Unterschied, 
der schwerlich blos von der Politur herstammt, sondern insbesondere was den grauen Marmor betrifft, 
auf Verschiedenheit der Marmorgattung hindeutet. Wenn sich schon nirgends gerade ein grosser 
Stylunterschied in den Theilen der Speciosa zeigt, so möchte doch die Arcatur der Empore etwas jünger 
sein, ebenso das Portal, sie beide haben zwar edle Formen, allein der poetische Hauch, der Uber die 
andern Theile ausgegossen ist, fehlt ihnen; sie sind merklich nUcbtemer. 



1) Wir verweiaen hier auf den Artikel über die Firstkämme bei Viollet le Duc: „DictionDnire ruBonoö de 1' «chi- 
tectnre fran^alse du XIo» au XYl»» sücIb." IV, 392—408. 



die Capelle des beil. Johannes in Klosternenbiu';. 41 

Der Altar, der jetzt in der Laxenbnrger Capelle steht, dürfte wofal ebenfalls ans der SpecioBa 
herrtthren. Er besteht ans einer einfachen Marmorplatte, die am Rande gegliedert ist und auf Sänl- 
eben aus granem poliertem Marmor ruht. Die Fttase dieser Säolohen, davon an jeder Ecke je zwei 
beisammenstehen (Fig. 17), habeo ein kar- p[g, 17, daas sie ehemals eine gliedernde Arcatnr 

nieaiVrmiges Profil, das anf das XIV. oder bildeten, deren Capitäle in den Kern des 

XV. Jahrhnndert hindeutet. Einige ähnliche ManerkOrpers eingriffen. Ihre GrBsse macht 

Sfiulchen sind noch an andern Theilen des es wahrscheinlich, daas sie an einem Altar 

Schlosses bei Caminen etc. verwendet. Auch in Verwendung standen. Über die Altttre 

diese Sänlehen, sowohl die beim Altar als selbst liegen jedoch sonst keine Anhalts- 

die sonst vorkommenden haben Gypscapi- pnokte vor. Die Zeichnung von Prill gibt 

täle, was aber darauf hinzudeuten seheint, nur Andentungen von drei Zopfaltftren. 

Wenn die Capelle, wie es wabrscheinltcb ist, von Leopold dem Glorreichen dazu bestimmt wnrde, 
kostb nre Reliquien, und zwar solche, die auf Johannes den Täufer Bezug hatten, zu nmsohliessen, so ist 
wahrscheinlich, dass der ehemalige Altar, denn es dtlrfte nrsprttnglich nur Einer vorhanden gewesen 
sein, einer jener kostbaren Reliquien -Altäre war, die das XIII. Jahrhundert in solch' wunderbar 
schöner Weise zu gestalten wusate '). 

S c h 1 n 8 8. 

Wie ans der vorliegenden Beschreibung zn ersehen, bildete die Speciosa eines der schönsten 
Glieder in der Kette der Osteneicbischen Knnatdenkmale der älteren Schule, die anter den Haben- 
bergem blttbte; sie war gleich ausgezeichnet durch das kostbare Material, wie durch die edlen For- 
men. Sie gehtJrt zu den besten und sefaQnsten Werken ihrer Zeit; ihr Meister kannte vollkommen die 
Höhe der Eunetentwieklung seinerzeit; er kannte die französische Architektur wie die deutsche und 
italienische ; er bat aus jeder seiner Elemente entlehnt Vergleicht man die Anordnung der Speciosa mit 
den franzfisischen Bauten vom Anfange dea XITT. Jahrhunderts, und sieht die Übereinstimmung der Ar- 
chitektur mit der von N. Dame zu Dgon , von St. Germain zu Aoxerre u, A., so mOchte man sich fast 
versucht fUhlen, den Meister ftlr einen Franzosen zu halten, und doch liegt wieder anf dem Ganzen wie 
auf den Einzelnbeiten ein solch deutscher Hauch, so viele kleine Züge verrathen den Deutschen, dasa 
jener Gedanke immer wieder zurUck gedrängt wird. Es liegt gerade in der Vermählung deutscher und 
französischer Elemente ein solch eigenthflmlicher Reiz, zu dessen Steigerung daa italieniache Element 
der Verwendung verschiedenfarbigen Marmors nicht wenig beiträgt. Die Speciosa ist in ihrer Haupt- 
anordnnng wie in ihrer Durchbildung ein beredter Zeuge der (einer edeln Bildung, die nnter den 



1) Viollet-le-Dnc's Ufter citiertes Werk ^bt im zweiten Bande, Seite 15—56 eine Abhandlung über AlUtre, vorin er 
eine Ansahl sehr schOner ieider nicht mehr erhaltener Altüre jener Zeitperiode nach alten Abbildungen und Be- 
scbreibnngen bildlich darstellt. Es sind insbesondere die Fig. T, 8, 9, 13, U, 16 und 17 in deren Weise wir uns 
den alten Altar zu denken haben. Die Mensa aus einer einfachen Platte bestehend, die anf Marmorstiulchen mht, 
and so einem Tische gleicht, dahinter ein niedriges Retttbulum I>A— 2' hoch aus Silberhlech getrieben und mit 
Figuren geschmflckt, die auf emailliertem Gmnde stehen, die einfassenden Bänder mit Edelsteinen besetzt; hinter 
dem freistehenden Altare unter einem Baldachin ein kostbarer Betiquienschrein. Das Ganze von Vorhüngen auf 
drei Seiten umgeben, zn deren Tngaug fieohg kupferne Sünlen durch Stangen verbunden rings umh erstanden. 
Auf den S&ulen getriebene Engelfignren , die entweder Kerzen tr&gen, oder die je nach der Bedeatung der 
Beliqoien, die im Schreine hinter den Altar aufbewahrt wurden, die Harte rwerkzeuge des Herrn oder die Attribute 
der betreffenden Heiligen tragen. Vgl. über die Altfire des XHI. Jahrhunderts auch-Laib und Schwarz: „Studien 
Ober die Geschichte des christl. Altares." 
V. 6 



4t A. EsBenweiD, 

letzten Babenbergern in Oeterreich herrscbte. In ihrer Ornamentik bietet sie ons eebr schöne Beispiele 
jener eleganten, zierlichen and doch emsten nnd stolzen Weise, wie sie das XIII. Jahrhundert in 
Beiner ersten Hälfte anebildete, nnd wie sie fast in gleichen Formen in ganz Dentsehland, Italien nnd 
Frankreich gefanden wird. Wir geben hier als nächste Parallele (Fig. 18) ein Capital ans dem Eren^ 
fange za Heiligeokrenz von einem Fenster, das in den Capitelsaal geht. In diesen haben wir die 
einfachste nnd doch zugleich lebendig frischeste Weise dieser Capital- nnd Blattbildnng. Ganz genau 
dieselben BlattUberechläge kommen anch in den Capitälen der unteren Arcaden der Speciosa, sowie 
in den kleineren Blättern beim Bogenanfang vor. Wir finden aber auch ganz dieselben Bildungen, die 

Fiff. 18. 

Fig. 19. 



mit diesen vollkommen genau übereinstimmen im Dome zu Trient, wir finden ganz ähnliche am Bhein, 
in der Tanfcapelle von St. Gereon zu Cöln, an der Fafade der Kirche zu Remagen, (an der viereckigen 
Umrahmung eines Fensters als Gesimseinlage), wir finden sie ganz ähnlich an der Cathedrale zu Paris, 
wo durch ähnliche Blatlbildnngen die Conturen der beiden ThUrme (1220 — 30) eingesäumt sind. Nir- 
gends aber sind sie so reizend und scbOn als in Heiligenkreuz und der Speeiosa. 

Auch die verwandte Art des Blattumschlages , die noch mehr die Voluten des korinthischen 
Capitäls dnrchscheinen lässt, welche als Ansgangspunct der ganzen Bildung zu nehmen ist (vgl. Fig. 6), 
ist noch in der ersten Hälfte des XIII. Jahrhunderts in allgemeiner Verwendung; sie zeigt sich io 
Haulbronn, in COln, in Trient, in Heiligenkreuz, in St Paul in Eärnthen, in der Cathedrale zn Amiens, 
zn Paris etc. 

Am häufigsten kommen jedoch in dieser Zeit die Umschläge vor, die mit Blättern besetzt sindj 
wie Fig. b, 7, 9, 13 und 14. Wir geben als eine bflbsche Parallele in Fig. 19 ein Sänlencapüttl vom 
illdlichen Portal an der Ostseite des Domes zu Trient, das in energischer und doch zarter Bildung denen 



die Capelle des beil. JohaoneB in Klosternenborg. 4S 

der Speciosa kaum nachsteht. Wir erinnern an die reichen derartigen Uotire, wie sie die Dome zit 
Paris, Amiens, Rheims etc. zeigen; wir erinneni an die Tollkommen ähnlichen, nnr etwas weniger 
freien Bildungen im Paradies des Klosters Manlbronn; an die genau mit den Bildungen der Speciosa 
tibereinstimmenden Capitäle zu Heiligcnkrenz. Unter den Capitälen der Speciosa sind manche, bei denen 
die untere Blattreihe nicht in derselben Weise gebildet ist, wie die obere, sondern ans einfachen fast natu- 
ralistisch erscheinenden einzelnen Blättern besteht, die blos an der Stelle angelegt sind, wo zwei Ansätze 
der oberen Blattreihe an einander stossen (Fig. 4, 6, 6, 8, 16). Aasser den Parallelen dafHr, die Heiligen- 
kreuz und Hanlbronn bieten, sind besonders die reizenden Capitälbildungen des Domes zn Amiens zu 
Fig. 20. 



nennen, woTon wir in Fig. SO ein Beispiel geben. Diese Art hält sich bis zum Schluss des xm. Jahr- 
hunderts in Frankreich nnd Deutschland. So sind noch die Capitäle der kleinen Arcatnr in dem Seiten- 
schiffe des Mflnsters zn Strassbnrg, woron wir in Fig. 21 ein Beispiel geben, in ganz ähnlicher Weise 
gebildet; in ganz ähnlicher Weise noch manche Cap'tSle der ähnlichen Arcaden in Freibnrg. 

Eine Umbildung dieses Capitälprincips erfolgte jedoch dadurch , dass auch die obere Blattreihe 
sich in ähnlich einfacher Weise an den Kern ansetzt, und die Spitze aufwärts kehrte ohne Blattnm- 
schtäge. Der Kreazgang zn Hetligenkreuz bietet auch dafür hübsche Beispiele, ebenso die Catbedralen 
zu Amiens, Freibnrg nnd Strassburg. Das sämmtliche Laubwerk, wie es an allen den genannten and 
abgebildeten Capitälen vorkommt, erinnert an natürliche Blattformen, ohne dass sich jedoch sagen liesse, 
dass es irgend einer bestimmten Pflanze nachgebildet sei. Die zweite Hälfte des XIII. Jahrhanderts 
flihrte statt dieser Bildungen solche in die Ornamentik ein, welche vollkommen die Formen bestimmter 
Pflanzen nachahmen, so des Ephenblattes , Eichblattes, des Klees, der Rosen, Erdbeeren, des Wein- 
taubes etc. 



44 A. Essenwein, die Capelle des heil. Johannes in Kloster nenburg. 

Diese setzen sich anfangs sehr häufig noch in ähnlicher Weise an die schilfartigen Blätter als 
Umschläge au^ wie die abgebildeten Laubwerke, meist jedoch sind sie ausser aller Verbindung mit 
dem Kerne blos an denselben angelehnt. Oft sind zwei Blattreihen vorhanden, die beide in solcher Weise 
an Blattansätze angeschlossen sind, oft ist es blos die obere Reihe ; im Schlüsse des Xin. Jahrhunderts 
aber sitzen meist beide Reihen ohne Vermittlung am Kerne an. 

Es würde zu weit ftihren hierauf näher einzugehen ; wir müssen uns begnügen den Zusammen- 
hang und das Verhältniss der reizenden Ornamentik der Speciosa zu den übrigen Werken des XIII. Jahr- 
hunderts nachgewiesen zu haben« Wir haben absichtlich unsere Parallelbeispiele aus den verschieden- 
sten Gegenden gewählt, um eben die allgemeine Verbreitung dieser Omamentationsweise darzuthun, 
die indessen kaum anderswo in solch reizender Weise auftritt. 

Wir schliessen somit die Betrachtung dieses interessanten leider nicht erhaltenen Baudenkmales, 
dessen Pracht und Kunstwerth eine bezeichnende Illustration zu der hohen Culturstufe liefert, auf der 
unser Vaterland in der Zeit der letzten Hohenstaufen stand, jener Zeit, in der das Kaiserthum, das die welt- 
liche Einheit der Christenheit repräsentierte noch einmal aeine volle Anerkennung fand, ehe der Begriff 
der europäischen Völkerfamilie dem der Nationalität Platz machte, die ihre Selbstständigkeit der AUge- 
meinheit entzog. 






§ 



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SIEGEL DER L AM)ES - ERBAMTEß 



DES 



ERZHERZ06THUMES ÖSTERREICH UNTER DER ENNS 



m HITTELALTER. 



VON 



EABL VON SAVA. 



Von den neunzehn Erblandeswttrden , welche bei der yon den Ständen Österreichs unter der 
Enns im Jahre 1835 geleisteten Erbhnldigung vertreten waren ^), rtlhren neun ans dem Mittelalter her, 
nämlich: der Marschall; Kämmerer ^ TraohsesS; Schenk; der Panier; Jägermeister; Thürhtlter; Kampf- 
richter und endlich der Hofcaplan. Die übrigen wurden in späterer Zeit theils von den drei Ferdinanden, 
theils von Kaiser Josef I. errichtet. 

So wie das deutsche Reich ursprünglich nur vier oberste Ämter besasS; den Marschall; Kam- 

•• 

merer, Truchsess und Schenk, so war diess wohl auch in Osterreich der Fall, da überhaupt alle 
deutschen Beichsfllrsten und Bischöfe, dann jene Abte, welche fürstliche Würde hatten ^), berechtiget 
waren diese vier Amter zu halten , daher dieselben auch Fürstenämter genannt wurden. Sie waren mit 
bestimmten Einkünften theils an Geld, theils an Naturalgaben, theils durch Güterlehen verbunden; wie 
wir auch bei den einzelnen Amtern in Osterreich nachweisen werden. Im Allgemeinen hatten sie an den 
deutschen Fürstenhöfen zehn Pfund Geld und drei Pferde, der Marschall aber vier Pferde zu erhalten, 
worunter ein Streitross und eines zum Tragen des Panzers '). — Starb ein Bischof oder ein Abt, so 
erloschen alle übrigen Ämter, und sein Nachfolger konnte sie neu besetzen, nur die vier obersten Ämter 
waren ausgenommen *), deren Güter von dem Amte weder durch Rechtsspruch noch durch List getrennt 
werden konnten ^). Anfangs mochten diese Ämter wohl nur ftlr die Lebenszeit der Würdenträger verliehen 
worden sein, frühzeitig aber wurden sie erblich *), nach dem Rechte der Erstgeburt ; Frauen oder Töchter 
konnten im Erbamte nicht nachfolgen ''). Einen Stellvertreter (subministrum) durfte keiner der Würdenträger 
ohne Einwilligung des Fürsten stellen ^). Übrigens bildeten sich neben den Landeswürdenträgem bald 
auch gleich benannte Amter bei Hofe heraus zur unmittelbaren Dienstleistung bei der Person des Fürsten. 
Die ursprünglichen Pflichten des königlichen Marschalls waren die Obhut über den Marstall und 
bei Wahlversammlungen die Beischaffung des Mundvorrathes , im Kriege hatte er beim Vorrücken 
die Vorhut, auf dem Rückmarsche die Nachhut zu führen, und das Recht den ersten Angriff zu 
beginnen. 



1) Das oberste Erbland -Vorschneider- Kampfrichter- und Schüdträgeramt in einer Person vereinigt. 

2) Schwabenspiegel I. Tbl. lit. 63. 

3) Pertz: ^Monnm. Germ.'' IV. legom IL pars altera pag. 3, 

4) Pertz 1. c. legmn II. pars I. 234. „Constitatio Friderici'' a. 1219 u. pag. 383. „Const. Conradi** a. 1240. 

5) Pertz 1. c. pag. 252. „Constitutio Heinrici'' 1223. 

6) Pertz 1. c. 252 und Kleimayrn: nJuvavia" 495. Note b, senior filius patri in officio debet succedere. 

7) Pertz 1. c 278 a. 1230. 

a) Pertz L c. „Gonstitatio Friderici" a. 1223, pag. 250. 



48 Karl von Saya, 

Der Kftmmerer hatte die Verwaltung der Domänen , des Fiscns und des königlichen Haoses 
ttber sich, und mnsste für die Geschenke an fremde Gesandtschaften sorgen; dem Trnchsess oblag 
die Aufsicht ttber die Kttche, den Tisch und das Auftragen der Speisen; bei den häufigen grossen 
Festen, und bei der deutschen Gastlichkeit ein bedeutendes und umfangreiches Amt ; der Schenk end- 
lich ftihrte die Verwaltung des Kellers und der Weingärten *). 

In späterer Zeit theilten sich die obersten Ämter des deutschen Reiches in Erzämter und in Erb- 
ämter, die ersteren waren mit den Churwttrden verbunden, und ihre Verrichtungen bei der Kaiser- oder 
KOnigskrOnung waren nach der goldenen Bulle Kaiser Karls IV. nachfolgende : der Herzog von Sachsen 
hatte als Marschall zu Pferde vor dem Hause des kaiserlichen oder königlichen Stuhles zu erscheinen, 
wo ein Haufen Hafer so hoch geschüttet wurde, dass er dem Pferde bis an die Brust oder bis an den 
Leib reichte. Der Marschall soll in der Hand ein silbernes Mass und einen silbernen Streichstab halten, 
beide zwölf Mark schwer, und soll das Mass mit Hafer vollmachen und einem Diener reichen, hierauf 
aber den Stab in den Hafer stecken und davon reiten. Sein Untermarschall, der Graf von Pappenheim 
oder der Hofmarschall soll dann den Hafer vollends ausmessen. 

Der Markgraf von Brandenburg als Erzkämmerer soll zu Pferde kommen, zwei silberne Becken 
mit Wasser in der Hand haltend nebst einem schönen Handtuch , und soll vom Pferde steigen und das 
Wasser dem Kaiser oder römischen König zum Waschen der Hände darreichen. Die Becken sollen 
zwölf Mark Silber schwer sein. — Der Pfalzgraf am Rhein soll als Trnchsess geritten kommen, und 
in der Hand mit Speisen geftlUte Schtlsseln tragen, deren jede drei Mark schwer ist, und sobald er 
vom Pferde gestiegen, selbe auf den Tisch des Kaisers oder Königs niedersetzen. — Der König von 
Böhmen soll als Erzschenk mit einem silbernen Becher, worauf ein Deckel und geftlllt mit Wein und 
Wasser gemenget, geritten kommen, vom Pferde steigen, und den Becher dem Kaiser oder Könige 
zum Trünke reichen. Der Becher soll zwölf Mark im Gewichte halten. Das Silbergeschirr und die Pferde, 
welche bei der Verwaltung der Erzämter gebraucht wurden, blieben Eigenthum der letzteren ^). 

In Osterreich kommt im Jahre 1183 ein Albero ') als Marschall vor, vom Jahre 1209 bis 
1228 ^) erscheint Ulrich von Streun als solcher, im Jahre 1230 treffen wir Heinrich von Chunring, und 
nach ihm seinen Sohn Hadamar (1248) als obersten Marschall. Nach dem kinderlosen Tode des letz- 
teren ging diese Würde, also bereits erblich, auf die Linie zu Weitra über, und Heinrich der Jüngere 
verlor dieselbe als Anhänger K. Otakars gegen K. Rudolf; noch im Jahre 1277 erscheint Hein- 
rich von Chunring als Marschall; im Jahre 1278 dagegen kommt bereits Stephan von Meissau als solcher 
vor *). Bei dieser Familie blieb dieses Erbamt bis zu ihrem Erlöschen mit Otto von Meissau, der zugleich 
oberster Schenk war und im Jahre 1440 kinderlos starb. Nach ihm erhielt Keimprecht von Walsee das 
Marschallamt, und nach dem Aussterben dieser Familie im Jahre 1483 belehnte K. Friedrich HI. 
zu Linz am St. Lucientag (16. October) 1489 den Grafen Sigmund von Schaumburg mit dieser Würde, 
welche Familie im Jahre 1559 erlosch. 



1) nDissertatio Juris publici de originibus Officionim aulicorum Sac. Rom. imperii' von Jacob Mascov. Leipz. 1744. 
§9. 26, 30, 84, 87. 

2) Goldene Bulle, Cap. XXVII, §. 7. 
8) Monum. boio. IX. 568. 

4) Fröhlich: „diplom. Styr." II, 188. — H u e b e r : „Austr. ex archiv. mellicens. illustr." S. 18 und 16. — „Fontes 
rer. Austr." II. Abthlg. XL 60. — Mon. boic. 28. II, 301. — Schrott er: „öst. Geschichte« II, 314. 

6) „Fontes rer. Austr.** 1. c. 210. — Schrott er: „öst Geschichte** III, 654.— Lambacher: „Interre^r. dipl." XCI. 



die Siegel der Landes - Erbämter etc. 49 

Die Rechte des obersten Marschalls in Österreich waren : Sobald der Herzog von Österreich in 
das Feld ziehen will; so soll der oberste Marschall mit seinem Fähnhin die Vorhut fthren^ and Air 
die Herborge der Fflrsten^ Herren, Ritter und Knechte sorgen. Wird ein Scfaloss mit Gewalt genommen; 
so soll es der Marschall sogleich mit den Seinen besetzen und innehaben bis zum dritten Tag; aber 
nicht länger. Will der Herzog das Schloss nicht brechen; so sollen Armbrüste; Pfeile und alles was 
dazu dient; die Burg in Vertheidigungsstand zu setzen; darin bleiben; alles tlbrige dagegen Ross und 
Harnisch; Mundvorräthe und was sich sonst vorfindet; soll unter die Herren; Ritter und Knechte ; die 
im Felde liegen; gleich getheilt werden. Geht die Burg aber durch einen Vertrag über, so soll sie 
der Marschall bis zum dritten Tag besetzt halten » will sie der Herzog dann brechen ; so gehört alleS; 
was sich darin vorfindet dem Marschall; will aber der Herzog die Burg nicht niederreissen ; so soll der 
Marschall alles darin lassen; wodurch die Burg in wehrhaften Stand gesetzt wird; alles tlbrige bleibt 
Eigenthum des Marschalls. Die Gefangenen; sowohl in offener Feldschlacht; wie in den Vesten werden 
dem Marschall überantwortet ; ihr Harnisch ; Ross und Hengst werden unter die ganze Ritterschaft ver- 
theilt. Zieht der Herzog in sein Land zurück; so ftihrt der Marschall die Nachhut; bei ihm war das 
Hauptquartier; steckt der Herzog in einem gewonnenen Schlosse seine Fahne auS; so soll der Mar- 
schall seine daneben aufirichten. Bei dem Leichenbegängniss des Herzogs von Osterreich trägt der 
oberste Marschall das Landespanier '). 

In der Urkunde des Königs Alphons vom Jahre 1258; durch welche er den Herzog Friedrich von 
Lothringen mit der Marschallswürde diessseits des Rheines belehnt; wird ebenfalls die Verpflichtung aus- 
gesprochen; dass; wenn der deutsche König gegen den König von Frankreich zu Felde zieht; der Herzog 
die Vor- bei dem Rückzug die Nachhut zu führen; und itlr die Verproviantierung des Heeres zu sorgen habe '). 

Als Otto von Meissau wegen eines geheimen Bündnisses gegen Herzog Albrecht V. angeklagt 
wurde ; traf ihn auch die Beschuldigung; dass er; als der Herzog gegen Lundenburg zog; nicht so 
viel Kriegsvolk aufgeboten habe; als einem Marschall gebührt um die Strassen zu hütheU; damit dem 
Heer Verpflegung und Proviant sicher zugeführt werden können; obgleich er das ;,Ungeld vnd ander 
ding^ daftlr genommen habe. Otto von Meissau verlor in Folge dessen durch das Urtheil des HerzogS; 
Phincztag vor unser Frauentag Annuciacionis 1430 einen grossen Theil seiner Güter, die beiden Erb- 
ämter; das Marschall- und Schenkenamt blieben ihm; ersteres aber ohne die Güter; welche sich der 
Herzog zugesprochen hatte ; die aber nicht näher angegeben sind '). 

Ausserdem bezog der Marschall von mehreren geistlichen Stiftungen folgende Abgaben zu Mi- 
chaelis eines jeden Jahres: Von der Kirche zu „Napelstorff" (Nappersdorf) einen MarderpelZ; von jedem 
der Abte und Pröpste zu Göttweig; Herzogenburg; Klostemeuburg und St. Polten einen Pelz ; und von 
Altenburg und Melk je einen Pelz und zwei Filzschuhe *). 

Nachdem das Marschallamt nach dem Aussterben der Meissauer an andere Geschlechter über- 
ging; so musste es auch wieder mit Gütern dotiert werden. Eine Belehnungsurkunde Ferdinands I. vom 
Jahre 1560 nennt uns die Schlösser Ober -Walsee und Senftenberg als solche; eine Urkunde Kaiser 
Karls VI. vom Jahre 1740 erwähnt nur des letzteren *). 



1) Die Recht des öbristen Marschalchambts , so die von Meissaa zu demselben Ambt haben, von meinem Herren 
von Österreich. Kurz: ^Österreich nnter K. Albrecht ü." 2. Band. 332 und 333. BeUage XXIII. 

2) Mascov 1. c. 36. §.34. 

3) Zeibig: ^Des Meissaners Schuld und Strafe.** 

4) Kurz: „Österreich unter K. Albrecht IL** 2. Band. 332. 

5) K. Ferdinand I. verleiht dem Freiherm Hanns Hoffmann nach dem Aussterben der Grafen von Schaumburg 
die ErbmarschallswÜrde in Steiermark und in Österreich unter der Enns , letztere mit den Schlössern Ober-Walsee 

V. 7 



hO Karl von Sava, 

Von den im XII. und Anfangs des XIII. Jahrhunderts urkundlich erscheinenden Kämmerern *) 
der Landesfllrsten Österreichs lässt sich nicht mit Gewissheit entscheiden; ob dieselben oberste Kämmerer 
waren, oder ob unter denselben bei der Person des Landesfllrsten zur unmittelbaren Dienstleistung 
Angestellte — Kämmerlinge zu verstehen seien. Erst unter Friedrich dem Streitbaren lassen sich hier- 
über sichere Anhaltspuncte gewinnen, unter ihm war Heinrich von Wasserberg wahrscheinlich von 1239 
bis 1242 ^) oberster Kämmerer, und am 1. Juli 1242 verlieh der genannte Herzog das Kammeramt, 
welches früher Heinrich von Wasserberg als Lehen inne hatte, dem Konrad von Hindberg, welcher 
jedoch in den bisher bekannten Urkunden nie den Titel eines Kämmerers ftlhrt, und diese Würde auch 
nicht bis zu seinem beiläufig um das Jahr 1270 erfolgten Tode beibehielt. Im Jahre 1256 erscheint 
nämlich, ungeachtet die dem Konrad von Hindberg ertheilte Belehnung mit der Kämmererswürde eine 
erbliche zu sein schien : „ut haec nostra concessio ipsi ac filiis suis firma semper debeat permanere^ ')^ 
in einer zu Krems am 14. November gegebenen Bestätigungsurkunde des Herzogs Otakar für das Stift 
St. Peter Otto von Bertholdsdorf, als Kämmerer, und dass wir es hier mit dem camerarius Austriae 
zu thun haben, erweisen die zahlreichen Urkunden von diesem Zeitpuncte bis zu seinem in der zweiten 
Hälfte des Jahres 1286 erfolgten Tode. Otto von Bertholdsdorf starb kinderlos, darum verlieh ihm 
K. Otakar zu Pressburg am 16. April 1271 alle landesftirstlichen Lehen, welche Otto besass, durch 
Schenkung als freies Eigenthum mit Ausnahme jener Lehen, welche zum Kämmereramte in Österreich 
gehören, welche Begnadigung auch K. Rudolph I. mit einiger Beschränkung aufrecht erhielt *). Noch 
bei Lebzeiten Otto's führte Keimprecht von Ebersdorf der dritte Sohn Konrad I. von Hindberg den Titel 
eines Kämmerers von Osterreich, an einer Urkunde vom Jahre 1277 *) im Stifte Heiligenkreuz befindet 
sich nämlich das Siegel Reimprechts mit der Umschrift : f S- Remprechti d' Ebersdorf camerari Avste, 
darauf im dreiekigen Schilde die Hirschkuh der Hindberger. Reimprecht von Ebersdorf starb am 28. Sep- 
tember 1289, aber schon am 22. Jänner desselben Jahres kommt Friedrich von Lengenbach als came- 
rarius Austriae vor, während er bis dahin als dapifer erscheint, und diesen Titel in zwei Urkunden von 
den Jahren 1295 und 1298 wieder annimmt *). Es scheint daher das Kämmereramt im Jahre 1295 an 
seinen Nachfolger Wulfing von Gerlos gekommen zu sein, welcher dieses Amt gegen eine Summe von 
2000 Pftind Wiener Pfennigen an Chalhoch von Ebersdorf (den jüngsten Sohn Konrads I. von Hindberg) 
mit Genehmigung des Herzogs Albrecht I. verkaufte, welcher den Chalhoch und seine Nachkommen mit 
dem Kämmereramte erblich belehnte: „a nobis nostrisque haeredibus perpetuo tenendum^ ^). Die 
Herren von Ebersdorf besassen hierauf dieses Erbamt bis zu ihrem Erlöschen mit Sigmund HI. von 
Ebersdorf, welcher am 3. Oktober 1556 starb. 

Nach der von H. Friedrich zu Klobouk am 1. Juli 1242 ausgestellten Belehnungsurkunde bestan- 
den die Einkünfte des obersten Kämmereramtes in Österreich in 10 Talenten, welche der Kämmerer 



und Senftenberg, wie sie die Grafen von Schaumburg von Kaiser Maximilian I. erhalten hatten. Wien, 1. April 
1560. Beck: „specimen juris publici in Austria" L Append. documentor. num. III. pag. 15. — In einer Urkunde 
Kaiser Karls VI. vom Jahre 1740 wird nur Senftenberg genannt. Beck 1. c. 157, 158. 

1) 1196 Meingotus camerarius Friedrich's des Katholischen. Pez: cod. diplom. II. 49. num. 73. 1205 u. 1209 Heinrich 
von Tribuswinkel. Fröhlich 1. c. U. 138, und Kurz: „Beiträge zur Geschichte Österreichs ob der Enns.** n, 543. 
Siehe auch Meiller: „Regesten der Babenberger." 

2) Mein er: „Die Herren von Hindberg.** 22, 

3) Die Urkunde bei Wurmbrand: „CoUectan. geneal.** 277. Meiller: „Die Herren von Hindberg." 55. 

4) Meiller 1 c. 36. 

5) „Fontes rer. Austr.«* II. Abthlg. XI. 313. 

6) Meiller 1. c. 23. 

7) Wurmbrand 1. c. 279, 280. 



die Siegel der Landes - Erbämter etc. 5| 

aus der herzogUcben Münze jährlich bezogt and in der Vogtei ttber den Meierhof, welchen das Stift 
St. Peter in Salzburg zu Dombach besass. Diese Vogtei wurde im Jahre 1437 von dem obersten Erb- 
kämmereramte ganz abgezogen, denn Herzog Albrecht bekundet in einer zu Wien am 20. October 1437. 
ausgestellten Urkunde , dass er dem obersten Kämmerer in Osterreich Hanns von Ebersdorf und dem 
Abt von St. Peter in Salzburg in der Streitsache wegen der Vogtei des Hofes und der Leute in Dorn- 
bach einen Gerichtstag ausgeschrieben, beide persönlich vernommen und dahin beschieden habe, dass 
Hanns von Ebersdorf künftig gegen das Kloster keine Rechte mehr wegen der Vogtei besitze , indem 
der Herzog diese zur eigenen Vertretung übernimmt. 

Was die Bezüge aus der herzoglichen Münze belangt, so ist vor allem zu bemerken, dass die 
Münze einen Theil der herzoglichen Kammer bildete, und als Herzog Leopold der Glorreiche im Jahre 
1208 die Flämminger in dem Privilegium über den Ankauf und die Ausmünzung der edlen Metalle von 
der Gerichtsbarkeit seines Richters in Wien befreite , unterstellte er sie dem camerario monetae ; dass 
unter diesem nicht ein Münzkämmerer, sondern der oberste Kämmerer zu verstehen sei, geht aus Ur- 
kunden späterer Zeit mit voller Gewissheit hervor. Am 6. Mai 1373 bezeugt der oberste Kämmerer, 
Peter von Ebersdorf in einer zu Wien ausgestellten Urkunde, dass er dem Herzoge Albrecht das Ge- 
richt und alle Nutzungen, Dienste und Rechte, die er auf die „Sneydern vnd de Plemmyngen** 
in der Stadt Wien hatte , um 200 Pfund Wiener Pfennige verkauft habe. Da aber die Einkünfte aus der 
Stellung zu den Hausgenossen zur Dotierung des Kämmereramtes gehörten, so musste, um die Bezüge 
dieses Amtes nicht zu schmälern, die Ablösungssumme von 200 Pfunden auf unbewegliche Güter zu 
Gunsten des genannten Erbamtes angelegt werden. Peter von Ebersdorf gab daher das halbe Dorf zu 
Neusiedel auf der Vischach sammt allem Zugehör an Leuten, Gerichtsbarkeit, Gütern und sonstigen 
Nutzungen, welche er vom Herzoge als gemeines Lehen hatte, dem Herzoge zur Widerlegung der ver- 
kauften Rechte auf, und erhielt dasselbe als ein zum Kämmereramte gehöriges Lehen zurück ^). Das 
Verhältniss des Kämmerers als obersten Vorstandes der herzoglichen Münze blieb dadurch unverän- 
dert; bei ihm und dem Anwalte wurden die Aufzahlmarken bewahrt, und zwar bei dem obersten Käm- 
merer unter dem Siegel des Herzogs und des Anwaltes, bei letzterem unter dem Siegel des Herzogs 
und des Kämmerers, um hiernach Klagen und Beschwerden über die Ausmünzung zu entscheiden *). 

In späterer Zeit gelangte ein Theil der fillheren Gerichtsbarkeit über die Färber an den obersten 
Kämmerer wieder zurück, denn K. Friedrich UL empfiehlt in einer Urkunde, gegeben zu Stein am 
22. Februar 1442 dem obersten Kämmerer Hanns von Ebersdorf die Gerichtsbarkeit über die Färber 
in Wien , wie sie von dem obersten Kämmerer vor Zeiten geübt wurde, zu verwalten, und fordert seine 
Amtleute auf, demselben in allem behilflich zu sein, dass das Kämmereramt und die Färber bei ihren 
alten Rechten und Freiheiten erhalten werden '). 

Ausserdem bezog der oberste Kämmerer , da Mass und Gewicht von der herzoglichen Kammer 
ausgingen, Einkünfte von den Strafßlllen wegen des Gebrauches von falschem Masse oder leichterem 
Gewichte; wer damit betreten wurde, war dem Herzoge mit zwei, dem Kämmerer mit einem Theile 
verfallen, der Münzmeister und Stadtrichter erhielten jeder zwei Pfund; jeder Richter soll ein mit dem 
Kammerzeichen versehenes Gewicht und eine Elle besitzen, welcher an jedem Ende das Kammerzeichen 



1) Meli 1er 1. c. 29 seq. * 

2) Beiträge zur Geschichte der landesfürstlichen Münze Wiens im Mittelalter, in Chmers nOsterr. Gesehichtsfor- 
scher.« I. Band num. XXXIX— XLI. XLVH. LV. LVIÜ. 

8) Meiller I.e. 29—31. 

7* 



52 Karl von Sava, 

aafgeschlagen ist, am Gewicht und Mass zu prüfen *). — Endlich hatten mehrere Klöster dem Käm- 
merer jährlich am St. Michaelstag Gaben an Pelzen und Filzschuhen zu leisten , und zwar die Stifte 
Göttweig und Klosterneuburg jedes einen Pelz und ein Paar Filzschuhe; Altenburg einen Pelz, Heiligen- 
kreuz^, Zwettel, Lilienfeld und Baumgartenberg jedes ein Paar, und Mariazell zwei Paar Filzschuhe *). 

Mit dem obersten Kämmereramte war seit dem Jahre 1354 auch das oberste Spielgrafenamt ver- 
bunden. Im Jahre 1288 hatten sich die Musikanten Wiens vereinigt; und zur Verehrung Gottes durch 
ihre Kunst an der Pfarrkirche zu St. Michael die Nikolai -Bruderschaft gegrtlndet. Im Jahre 1354 er- 
wählten sie sich einen weltlichen Vogt, und zwar den Kämmerer Peter von Ebersdorf; welcher das 
oberste Spielgrafenamt über die Musikanten errichtete; und in der Urkunde; welche sein Nachfolger 
Hanns von Ebersdorf mit seinen Brüdern am 6. Juli 1431 über das Kammeramt abschlosS; und welche 
der Herzog am 10. Juli bestätigt; wird ausdrücklich festgesetzt; dass alle „varunde Spielleut^ zu dem 
Kammeramte gehören; und nur der Spielgraf; welchen der oberste Kämmerer ernannt; über sie zu 
richten hat. Nach dem Erlöschen der Herren von Ebersdorf ging das oberste Spielgrafenamt mit dem 
Kammeramte im Jahre 1557 an die Herren von Eitzing über ^). 

Auch bei dem Truchsessenamt muss zwischen dem obersten Truchsess als Landeswürden- 
träger; und den bei der Person des Herzogs zur Dienstleistung zugewiesenen Truchsessen unterschieden 
werden. Jedoch befindet sich die erstere Würde schon frühzeitig dauernd im Besitze des Geschlechtes 
der Herren von Seefeld; welche später den Namen von Feldsberg annehmen; 1188 erscheint bereits 
Wichardus dapifer de Seevelde ^) und K. Heinrich VI. bestätiget zu Begensburg am 12. Jänner 1192; 
dass Bischof Wolfger von Passau dem Wichard von Seefeld „majori dapifero ducis Austrie" das Schloss 
Feldsberg „cum XU. mansis adjacentibuS; pro quodam prediO; quod situm est in locO; qui dicitur Gnas^ 
im Tauschwege überlassen habe ^). Wir treffen den Wichard bis zum Jahre 1219; und den Ghadold 
dapifer de Veldsperch vom Jahre 1217 bis zum Jahre 1241. Nach ihm erscheint AlberO; Truchsess von 
Feldsberg; mit welchem das Geschlecht im Jahre 1269 ausstarb. Im Jahre 1270 kommt ein Friedrich 
von Lengenbach als Truchsess vor *), welcher diese Bezeichnung bis zum Jahre 1289 fllhrt, wo er als 
Kämmerer von Osterreich erscheint; in zwei Urkunden aber von den Jahren 1295 und 1298 wieder 
„dapifer^ genannt wird. Mit Grund lässt sich bezweifeln; dass Friedrich von Lengenbach das grosse 
Dapiferat besasS; indem K. Otakar zu Freistadt am 6. Oktober 1276 dem Albero von Puechhaim das 
^officium dapiferatus in Veldsperch et omnia ad idem pertinentia; nee non bona; quae in Ort pertinent^ 
verlieh ''). Hierdurch kam Albero von Puechhaim mit Ulrich von Pilichdorf ^) ; einem Schwiegersohn des 
letzten Truchsessen von Feldsberg; namentlich aber mit dessen Sohn Konrad; welche auf diese Würde 
Anspruch machten, in einen langjährigen Streit; welcher durch K. Rudolph I. zu Erfurt am 2. Septem- 



\ 



1) Beiträge zur Geschichte der landesfurstlichen Münze 1. c. nom. LIU. 

2) Pergament -Handschrift im k. k. Hofkammer - Archiv. Signatar 106. D. Fol. 49 recto. „Vermerkt wer pelcz vnnd 
vilczschuech dienen schol zw sand mert. — LV. Jar." Dass es statt „Mertentag^ richtig „Michaelistag" heissen soll, 
geht aas den gleich daraaffolgenden Quittungen des Erbkämmerers Albrecht von Ebersdorf über die erhaltenen 
Pelze und FUzschuhe hervor, „die sie mir als einem obersten Kämmerer alle Jahr an St Michaelstag zu geben 
schuldig sind." Am Schlosse der letzten Quittung fär Lilienfeld die Jahreszahl: „m*cccclv Jar." 

3) Bacher: »Das oberste Spielgrafenamt im Erzherzogthume Österreich ob und unter der Enns." Wien. Zeitung 1860. 
October. num. 250. S. 4261. 

4) Ludewig: ,»Bellq. mnscript." IV. 32. 

5) Meiller: „Regesten der Babenberger." 68. num. 5. Bauch; „Script" II. 208. Hormayr: »Archiv" 1828. S.613. 

6) Meiller: ,»Oie Herren von Hindberg." 37. 

7) Wurmbrand 1. c. 311. seq. 

8) Ulricus dapifer de Pilichdorf 1279 als Zeuge. „Fontes rer. Austriac." 2. Abthlg. XI. 219. 



die Siegel der Landes -Erbämter etc. 53 

ber 1290 zu Gunsten des Pnechhaimers entschieden wurde ^ allein die Pilichdorfer gaben sich hiermit 
noch nicht zufrieden, bis sie endlich ihre Ansprtlche an Herzog Rudolph aufgaben, ui^d dieser den Albero 
von Puechhaim, dessen SOhne und Nachkommen mit dieser Erbwtlrde im Jahre 1301 belehnte, bei wel- 
cher Familie sie bis zum Aussterben derselben im Jahre 1711 verblieb. Nebst den in der ersten Beleh- 
nungsurkunde Otakars angegebenen Gutem, welche mit dem Erbtruchsessamte verbunden waren, hatte 
der oberste Truchsess noch das Recht, von den Städten Krems und Stein jährlich einen Hausen oder 
fünf Pfund Pfennige zu verlangen *). 

Als Schenken, wahrscheinlich als Hofmundschenken der Herzoge kommen zuerst die Herren 
von Mblandsdorf (Möllersdorf) vor, und zwar vom Jahre 1183 bis zum Jahre 1246 *). Später erscheint 
Wolfger von Parau •); seit 1241 jedoch kommen die Herren von Ghunring ununterbrochen als oberste 
Schenken in Osterreich vor, und es dürfte dieses Erbamt in der Linie Albero's IV. von Chunring *) 
bereits erblich gewesen sein. Nach dem Erlöschen dieser Linie mit den Brüdern Johann U. und Leu- 
told IL (gestorben am 18. Februar und 21. August 1348), verkauften Heidenreich von Meissau und 
seine Hausfrau Anna, die Tochter Johanns von Ghunring, die der letzteren zugefallene halbe Veste 
Dflrrenstein, und Güter in der Wachau an Herzog Albrecht IL am 26. Juli 1356 um 4000 Pfund Wiener 
Pfennige. Für 1500 Pftind, welche der Herzog auf diesen Kauf schuldig blieb, verpfändete er dem 
Meissauer das Landgericht und die Veste Peilstein, und für weitere 1500 Pfund, welche Heidenreich 
von obigem Kaufschillinge nachliess, verlieh ihm der Herzog das Schenkenamt, welch es durch den Tod 
Leutold's von Ghunring erledigt war, mit dem Rechte, falls er ohne Leibeserben sterben sollte, dasselbe 
einem seiner Verwandten , der den Namen Meissau fahrt, überlassen oder vermachen zu dürfen ^). Nach 
dem Erlöschen der Meissauer im Jahre 1440 ging das Erbamt an Georg von Pottendorf über *), welcher 
dasselbe ftlr den Fall seines kinderlosen Ablebens den beiden Brüdern Sigmund und Heinrich von Prü- 
schenk vermachte. Dieses Vermächtniss bestätigte K. Friedrich IIL und belehnte beide Brüder, insbe- 
sondere den älteren als Lehensträger mit dem genannten Erbamte. Die hierüber ausgefertigten Urkunden 
sind eine zu Frankfurt im Jahre 1486, die andere zu Nürnberg im Jahre 1487 gegeben ^). Die Herren 
von Prüschenk Freiherm von Stettenberg, seit dem Jahre 1495 Reichsgrafen von Hardegg und im 
Machland, befinden sich noch gegenwärtig im Besitze dieses Erbamtes. Nur eine kurze Unterbrechung 
fand hierin statt, indem Matthias Corvin, welcher 1485 Wien und Österreich eroberte, das Schenkenamt 
dem, um ihn wohlverdienten Landmarschall, Christoph von Liechtenstein im Jahre 1489 erblich ver- 
lieh, welche Verleihung nach dem Tode des Königs Matthias und der Wiedereroberung Österreichs im 
Jahre 1490 von K. Maximilian I. fllr ungültig erklärt wurde, worauf er den Grafen Heinrich von Hardegg 
im Jahre 1497 neuerdings mit dem Schenkenamte belehnte *). 



1) K. Maximilian I. befiehlt 1495 den Städten Krems und Stein, dass sie dem Ferdinand von Pnechhaim als Erbtrnch- 
sessen den gewöhnlichen Hausen oder fünf Pfund Pfennige reichen sollen. „Notizen -Blatt f&r Kunde Osterr. Gesch.- 
QueUen." I, 256. 

2) Link: „Annal. ClaraevaU.*» I, 209, 210, 240. — Herrgott I, a. 1203.— Kurz: „Beitrüge etc.*» II, 543.— Lude- 
wig 1. c. IV, 184. — „Fontes rer. Austr.** II. Abtblg. XI. 50. 

3) Hormayr: „Wien." VII, ÜB. n. 221. 

4) Gestorben 1259. 

5) Die Urkunde des Herzogs vom 29. Juli 1356 bei Ludewig 1. c. IV, 285num.XXI. — ,3erichte und Mittheilun- 
gen des Alterthumsvereines in Wien." in. 181. Anm. 2. 

6) Wurmbrand 1. c. 305. Jlfon. boic.** XXXI, b, 509. 

7) Wurmbrand 1. c. 306, 307. 

8) Wurmbrand 1. c. 308 und 309. 



54 K&fl ^on Sava, 

Als Unteramt des obersten Schenken bestand das Kleinschenkenamt^ als solche Unterschenken 
werden die Herren Hayd von Guntersdorf; 1417 Leopold von Eckartsaa und 1452 Christian von Tachen- 
stein genannt; zum letzten Male wurde Joachim Marschall von Reich enau im Jahre 1536 mit diesem 
Amte belehnt *). 

Ausser dem obersten Erb landschenken und den Mundschenken des herzoglichen Hofes ; welche 
letzteren in Urkunden als Zeugen vorkommen; finden wir Familien; bei welchen die Schenkenwürde 
erblich gewesen zu sein scheint; so die Herren von Dobra; Dietrich von Dobra erscheint als Schenk in 
den Jahren 1244 und 1264; Siegfried 1313; Pilgrim 1322 *), und Johann der Schenk von Dobra ver- 
kauft Rapoltenkirchen an Friedrich von Kreusbach 1359. Im XUI. Jahrhundert erscheint Heinrich von 
Hausbach (Habsbach) als „pincerna ducis Austriae et Styriae'^ im Jahre 1244; dann am Hofe der Her- 
zogin Gertrud im Jahre 1251, und bei Otakar 1252—1256 ^). 

Mit dem obristen Schenkenamt waren an Einkünften verbunden zwei Fuder Wein von Krems und 
eben so viel von Klosterneuburg und von Gumpoldskirchen ; dann zehn Pfund Pfennige von den Bür- 
gern Wiens ^), und 24 Pfund aus dem Ungelde zu Peckstall ^), endlich das Feldamt unter Krems mit 
allen Rechten und Nutzungen ^). 

Als Otto von Meissau durch das bereits erwähnte Urtheil Herzogs Albert V. im Jahre 1430 ') 
einen Theil seiner Güter verlor, wurde ihm zwar das Schenkenamt belassen; die dazu gehörigen Ein- 
künfte jedoch wurden bis auf die sechs Fuder Wein vom Herzoge eingezogen •). 

Wurmbrand *) erwähnt ; dass Konrad von Haselau das österreichische Banner in der Schlacht am 
MarchfeldC; und Dietmar von Pilichdorf dasselbe in der Schlacht bei Mühldorf trug. OttO; Graf von Plaien 
trug es im Jahre 1260 in der Schlacht K. Otakars gegen die Ungarn, in welcher er und sein Bruder Konrad 
den Tod fanden. Kaiser Friedrich HI. verlieh dem Georg von Volkersdorf das Panierträger-Amt 
erblich im Jahre 1467, und nach dem Aussterben dieser Familie kam diese Erbwürde durch Verschwä- 
gerung an die Grafen von Traun. Auffallend ist, dass sich Graf Otto von Plaien nur auf dem Siegel; 
nicht aber auch in der Urkunde (Verzeichniss num. 12) „Signifer Austriae" nennt, dass auch später 
keiner der Landesedlen mit dem Titel dieses Amtes in einer Urkunde erscheint; und dasS; nachdem 
H. Rudolf IV. zur Vollzähligkeit der Landesämter das Jägermeisteramt errichtete ; in seinen Urkunden 
nur immer fünf Erbämter : Marschall; Kämmerer; TruchsesS; Schenk und Jägermeister als Zeugen vor- 
kommen. Es gibt diess Anlass zu der Vermuthung; dass der Panierträger in früherer Zeit keine Lan- 
deswürde ; und noch viel weniger erblich war; daftlr spricht auch der Umstand; dass bei dem Leichen- 
begängniss des Herzogs von Osterreich der oberste Marschall das Landespanier zu tragen hatte *% 
und es besteht somit diese Würde als Erbamt seit 1467. 



1) Beck: „Specimen jur. publici in Anstria" I, 147 und Wurmbrand 1. c. 309. 

2) Hormayr: „Taschenbuch" 1812, 76. — Kurz: „Beiträge etc." 11, 559, — Pez: „Necrol. Min." u. Hueber 1. c. 

3) „Fontes rer. Austr." II. Abthlg. XI, 108, 119, 121. „Mon. boic." 29. Thl. U, 208. — Fr ö lieh: „Diplom. Styriae" 
n, 23. — Hueber 1. c. 24. 

4) Kurz: „Österreich unter K. Albrecht II." 2. Band. 334. 

5) Herzog Albrecht wies ihm dieselben im Jahre 1413 an Ludewig 1. c. lY. 305 num. XXIX. ^^Kurz 1. c. II, 
334. Beil. XXIV. 

6) Urtheilsspruch des Herzogs. Zeibig: „Des Meissaners Schuld und Strafe." 

7) Siehe Seite 49. 

8) Zeibig 1. c. 

9) 1. c. 341. 

10) Siehe Seite 49. 



die Siegel der Landes - Erbämter etc. 55 

Wichard von Arnstein „forstmagister et ministerialis Austriae," und im Jahre 1235 „Duringus ma- 
gister venatorum" *) sind die beiden ältesten Belege flir das frühzeitige Bestehen eines Jägermeister- 
amtes, das jedoch bald gänzlich eingegangen zu sein scheint. Als Erbamt wurde es von Rudolph IV. 
im Jahre 1359 gegrtlndet. Als dieser nach dem Tode seines Vaters am Montag nach Elisabethtag 1358 
im fürstlichen Ornate auf dem Hofe in Wien zu Throne sass , um die Huldigung der entbotenen Herren 
und Dienstleute ; Ritter und Knechte des Fttrstenthumes Österreich zu empfangen und ihnen die Lehen 
zu ertheileU; wobei die Landeswürdenträger ihm dienen sollten jeder nach seinem Amte und nach altem 
Herkommen, fand er, dass kein Jägermeister für das Herzogthum Osterreich bestand, indem dieses 
Amt durch Tod seit langer Zeit ledig war. Da aber die Vollkommenheit fürstlicher Würde einen solchen 
Abgang nicht duldete, errichtete er es von Neuem und belehnt in seinem und seiner Brüder Namen 
den Ritter und getreuen Dienstmann, Friedrich von Kreusbach, und dessen Leibeserben mit dieser 
Würde. Da aber die zu dem Amte geht^rigen Güter durch die Länge der Zeit abhanden gekommen und 
„unwissentlich^ geworden waren, niemand aber verpflichtei ist Ritterdienst „mit sin selbs sold^ zu thun, 
so verbindet er damit das Schloss Rapoltenkirchen mit aller Zugehör als Lehen , und es soll dasselbe 
ftlr die Zukunft die Jägerburg genannt werden. Würden Friedrichs Leibeserben aussterben, und das 
Amt ledig werden, so soll das Schloss denjenigen, welchen es Friedrich oder seine Erben hinterlassen, 
so lange verbleiben, bis der Herzog, seine Brüder oder Erben, oder jener, welcher das Erbamt erhält, 
es von ihnen mit 320 Pfund Wiener Pfennigen einlösen, um welchen Preis Friedrich von Kreusbach 
das Schloss von Hanns dem Schenken von Dobra erkauft hatte ^). 

Das Leben Friedrichs von Kreusbach war ein vielbewegtes , er focht in der Schlacht bei Mühl- 
dorf, wo er mit Friedrich dem Schönen in Gefangenschaft gerieth , zog mit Otto dem Fröhlichen nach 
der Lombardie, und mit Johann von Böhmen gegen die Preussen, in Spanien bekämpfte er die Heiden. 
Dreimal besuchte er das heilige Grab , und wollte nach Indien , wurde aber von den Heiden gefangen 
und von Kaufleuten losgekauft; „er bereiste beinahe ganz Europa, wo Ritterehre und Ritterwesen zu 
finden war, da ist er gewesen.^ Seine Reisen gehen bis zum Jahre 1352, er erhielt daher das Erbamt 
in ziemlich vorgerücktem Alter ^) ; er starb im Jahre 1 360 und ruht in der ehemaligen Augustinerkirche 
zu Baden, sein Grabstein trägt mit Hinweisung auf seine vielen Reisen und Ritterzüge die Inschrift 
in deutscher Minuskel : 

S^nno Hn. m« ccc U | obiit fUtnm^ ac | nobili^ miU0 Ht» | fttliettnie« | creitfped) | WH. Ut latfar (CanUfal^rtr) 

l)it. ftp. *)* 

Mit seinem Sohne und Nachfolger, in der Würde eines Jägermeisters, Wilhelm, erlosch das Ge- 
sohlecht der Herren von Kreusbach, die Güter und das Erbamt gingen an die Herren von Toppel über, 
Wilhelms Frau war eine Tochter Weikards von Toppel ^). Nach dem Aussterben dieser Familie im 
Jahre 1516 kam das Erbamt an die Herren von Zinzendorf und Pottendorf. 

Von den Ämtern eines Thürhüters, Kampfrichters und des Erbland -Hofcaplan es haben sich keine 
Siegel erhalten, daher wir in eine nähere Besprechung dieser Würden nicht eingehen. 



1) Kurz: „Beiträge" etc. II, 464 und 547. 

2) Steyerer: „Comment pro histor. Alberti II." col. 274. — Lud ewig 1. c. IV. 289 num. XXTTT. 
8) Peter Suehenwlrt's Werke, herausgegeben von Primisser, S. 43 bis 47 und S. 247 bis 249. 

4) Der Grabstein ist abgebildet bei Leber: „Die Ritterburgen Rauheneck, Raubenstein und Scbarfeneck." Siehe 
ebenda S. 239—247 und 307. 

5) Wissgrill: „Schauplatz des med. österr. ständischen Adels." 



56 ^^^ ▼on Sava, 

Die AmtSBiegel der österreicbiBchen Würdenträger zerfallen in zwei Gruppen , die eine besteht 
in einfachen Wappensiegeln ; auf welchen nur in der Umschrift das Erbamt angegeben ist, wie das 
Siegel Reimprechts von Ebersdorf im Stifte Heiligehkreuz ') ; welches in einem dreieckigen Schilde auf 
drei Hflgeln die Hirschkuh der Herren von Hindberg zeigt, mit der Umschrift: f S. REMPfiECHTI 
D'EBERSDORF CAMERARI AVSTE , oder jenes des Schenken Leatold von Chunring mit dem Wappen 
dieser Familie und dem Titel eines Pincemae Austriae *) ; diese Gattung unterscheidet sich von den 
gewöhnlichen Siegeln der Adelsgeschlechter nur durch den Beisatz des Erbamtstitels ; und hat nur 
heraldischen oder genealogischen Werth. Die andere Gruppe besteht in Porträtsiegeln, und zwar bei 
Otto von Bertholdsdorf ausnidimsweise in einer Büste, sonst aber in Reiterfignren , welche den Träger 
des Erbamtes mit den Attributen des letzteren darstellen, und diese Gruppe bildet den Gegenstand 
unserer Abhandlung. 

Es sind übrigens nur wenige Siegel dieser Art vorhanden: von Erblandmarschällen ftinf, von 
Kämmerern drei, von Schenken zwei, von Truchsessen, Bannerträger und Jägermeister je eines, und 
der Hauptgrund mag wohl darin zu suchen sein , dass nicht alle Würdenträger sich derlei Prachtsiegel 
anfertigen Hessen, und sich lieber der einfacheren Wappensiegel bedienten, die zugleich ftlr den ge* 
wohnlichen Gebrauch geeignet waren , während die Porträtsiegel in der Regel nur bei wichtigeren oder 
feierlichen Anlässen in Anwendung kamen. 

Die im Verzeichnisse aufgeftihrten Siegel sind mit Ausnahme jenes von Otto von Bertholds- 
dorf (6) ^), welches ein abgerundetes Oval bildet, durchgehends rund, das kleinste (11) 1 Zoll 11 Linien, 
das gr()8ste (12) 2 Zoll 11 Linien im Durchmesser, die gewöhnliche Befestigung bilden Pergamentstrei- 
fen, das Wachs ist meist ungefärbt, braun nachgedunkelt, seltener grün (10, 13). 

Die Umschrift, nur einmal in deutscher Minuskel (5), sonst in gothischer Majuskel, beginnt 
mit dem Kreuzeszeichen, hierauf folgt entweder unmittelbar der Name des Siegelführers und dann die 
Bezeichnung des Erbamtes (1. 2. 12), oder es geht dem Namen der Buchstabe S, das abgekürzte Sigil- 
lum voraus. Rudolph von Ebersdorf setzt seinem Namen noch das Wort dominus vor (8) , und Ghal- 
hoch von Ebersdorf (7) lässt seinen Geschlechtsnamen ganz weg. Der Graf von Plaien (12) gebraucht 
die Formel dei gratia. Die Bezeichnung des Erbamtes lautet auf den Siegeln der Marschälle : Marescal- 
cus Austriae (1. 2. 3. 4), nur einmal supremus marescalcus etc. (5). — Bei den Kämmerern einmal bloss 
camerarii (6), dann aber camerarii Austriae (7. 8), ebenso einfach dapifer und signifer Austriae (11. 12); 
die Schenken und der Jägermeister setzen der Würde das summus und supremus vor (9. 10. 13). Die 
Hinweisung, dass das Erbamt nicht mit dem Landesregenten, sondern mit dem Lande selbst in Gausal- 
nexus stehe , finden wir durch die Formel Marescalcus Austriae , Camerarius Austriae u. s. w. auf allen 
Siegeln bis auf jenem Otto's von Bertholdsdorf (6), hervorgehoben, welches blos das Erbamt Camerarius 
ohne Namen des Landes angibt. 

Die Umschrift befindet sich in der Regel zwischen zwei Perlenlinien, von welchen die äussere 
den Siegelrand bildet, die innere Umschrift und Siegelbild von einander scheidet. Zweimal kommen 
statt der Perlen- einfache (2. 6) und einmal eine Stufenlinie vor (5). Auf letzterem Siegel bildet die 
innere Schriftlinie ein sogenanntes Helmomament. 



1) „Fontes rer. Aastr.** 2. Abthl. XI. 313. Beimprecht 4ron Ebersdorf besieg^elt als Zeuge die Schenkung des Wiener 
Bürgers Wilhelm Scherand, welcher dem Kloster St. Nicolaus auf seinen Todesfall drei Pfund jährliche Gülten 
zu Hetstetten vergabt. 12. April 1277. 

2) Hanthaler: „Recens. dipl.** Taf. 29. Fig. 10. 

3) Die eingeklammerten Zahlen sind die fortlaufenden Nummern des Verzeichnisses. 



die Siegel der Landes- Erbämter etc. &7 

Das Siegelfeld ^ der Baum, in welchem sich das Bild befindet^ ist gewöhnlich blank, selten theil« 
weise (11), oder ganz (5. 8) damasciert, oder mit gekreuzten Streifen durchzogen und mit Blumen 
bestreut (10). 

Nur einmal sprengt die Reiterfigur über einen mit Gras und Blumen bewachsenen Boden dahin 
(12), sonst befindet sie sich ohne Basis im Siegelfelde. 

Das älteste Harschallssiegel (1) zeigt uns den Wtlrdenträger barhaupt, das Haar gelockt, in einer 
langen Tunik mit fliegendem Mantel, mit der Bechten hält er einen Stab, welcher auf der Achsel ruht. 
Da aber der Marschall, wie bereits erwähnt wurde, in <ien Feldzttgen die Vorhut zu führen und den 
Angriff zu beginnen hatte, so schien es angemessen, auch kriegerische Abzeichen beizufügen, daher 
erscheint bereits Heinrich der Jüngere (2), zwar ebenfalls noch barhaupt mit gelocktem Haar, in einer 
langen an den Seiten nach abwärts aufgeschlitzten Tunik, allein statt des einfachen Stabes trägt er 
einen Streitkolben, welcher auf der rechten Achsel ruht, und hat zugleich das Schwert umgürtet. Der 
Mantel fehlt. Stephan und Ulrich von Meissau (3. 4) sind bereits in voller Rüstung, im Panzerhemde, 
darüber mit einem langen gegürteten, und an den Seiten aufgeschlitzten Wappenrock ohne Ermel, wo- 
durch besonders auf dem zierlich gearbeiteten Siegel Ulrichs (4) das Panzergeflecht an den Armen, so 
wie am Halse sichtbar wird. Das Haupt deckt ein sogenannter Fass- oder Eübelhelm mit einem Quer« 
riess (Schranz) zum Sehen, bei Stephan ohne, bei Ulrich mit einer Helmdecke, beide haben als Zimier 
einen Kranz von Federn, und zwar der letztere auf einer Welle. In der Rechten tragen sie einen 
Streitkolben, welcher bei Ulrich die Form eines Morgensterns annimmt, und am linken Arm den Schild 
mit dem Wappen der Herren von Meissau. Von Otto von Meissau sagt Ulrich von Liechtenstein auf dem 
Helme trug einen Kranz von Federn, sein Schild war ganz roth von Gold, darauf war ein Einhorn 
zobelfarb , sein Wappenrock und seine Decke waren gut Seiden und Gold, darauf zobelfarbene Einhorn 
gestreut, sein Banner war wie sein Schild gefärbt *). Auch Wolfgang von Walsee (5) ist in Rüstung, 
nur ist der Helm dem Zeitalter entsprechend ein Stechhelm mit einem Adlerflug als Zimier. 

Die Marschälle trugen eigene kegelförmige, spitz zulaufende Hüte, oben abgehackt und mit 
einem kleinen Federbusch versehen, welche auf den Siegeln der Herzoge von Sachsen, dann auf 
jenen der Grafen von Görz, letztere Erbmarschälle des Patriarchates von Aquileja, vorkommen. 

Dass der Bannerträger (12) auf seinem Siegel gewappnet erscheint, liegt im Begriffe seines 
Amtes, da er in der Schlacht die Landesfahne zu führen hätte, er trägt auf dem Haupte einen ge- 
krönten Fasshelm ohne Decke, mit einem Pfauenstutz, ein langer geschlitzter Wappenrock ist mit 
dem Schwerte umgürtet; der Schild zeigt das Wappen von Plaien. In der Rechten hält der Graf das 
Banner, welches lang, schmal, und nach der Längeseite an dem Speer befestiget ist, in der Mitte 
des Fahnentuches befindet sich ein netzförmiger Streif, wahrscheinlich das österreichische Wappen die 
weisse Binde im rothen Felde bezeichnend. 

Die Herren von Volkersdorf führten bereits im XIV. Jahrhundert Reitersiegel , ich kann daher 
ein aus dem Schlüsse des XV. Jahrhunderts herrührendes Siegel Georgs von Volkersdorf, auf welchem 
er sich Frei- und Panierherr nennt, nicht als ein Siegel für dieses Erbamt betrachten, und zwar um 
so weniger, als er auf demselben nicht das österreichische Panier, sondern eine Fahne mit dem Fa« 
milienwappen, dem Hermelin, hat ')• 



1) AoBgabe von Ti ek. 288. 

2) In meiner Sammlung num. 1022. 

V. 8 



1) Pez: „Ottokar von Hornek'' 714. Hauptstfick S. 668. 

2) Fanst : „Limborger Chronik ad ann. 1351.^ Annalen des Vereines für nassanische Alterthnmskimde n. Geschichts- 
forschung. VI. 428. 

3) Ulrich im Jahre 1354. — Eberhard a. 1361 in meiner Sammlang nnm. 2717 und 2033. 

4) Pez: „Ottokar v. Homek." Cap. 268—279. 

5) „Seifried Helbling« von Karajan. V. 167—171. 

6) Pez „Script, ren Aostr/ I, 947. Anonym. Leobiens. 



i 



58 Karl von Saya, 

Der JägenneiBter (13) erscheint im knapp anliegenden Oberkleide, das bis ttber die Hüften 
reicht und ausgezackt ist, dazu enge Beinkleider, auf dem Haupte hat er eine Gugel, welche das 
Gesicht frei lässt, und an welcher rückwärts ein langer Zipfel herabhängt, dieser Gugelzipf, auch 
Zendelbinde genannt, wurde bisweilen um Hals und Gesicht geschlungen. Die Gugeln, eine Art Ka- 
puze, waren zugleich mit einem Ringkragen versehen, welcher Hals und Schultern deckte und 
wurden noch in späteren Jahrhunderten von Reisenden und Jägern getragen. Anfangs bedienten sich die 
Bitter nur zur Winterszeit der Gugel zum Schutze gegen die strenge Kälte, und in der Herberge wurden 
sie abgenommen. Allein schon Ottokar von Hornek klagt. Jetzt tragen sie Jung und Alt um den 
Hals zu schützen, damit ihn die Sonne nicht bräune, und selbst beim Essen wird sie kaum abgelegt.^ 
Ihr Spitz musste wenigstens eine Spanne lang und die Öffnung so enge sein, dass sie nur mit Mühe 
ttber den Kopf gezogen werden konnte '). In der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts wurden sie gross 
and hatten vorne und rückwärts einen verschnittenen und ausgezackten Lappen *). — Dass die Gugel 
auf dem vorliegenden Siegel einen Bestandtheil der Jagdkleidung bUdet, unterliegt keinem Zweifel. 

Als Abzeichen seiner Erbwttrde hat Wilhelm von Kreusbach das Jagdhorn an den Mund gesetzt. 
Dasselbe Abzeichen mit einer verschlungenen Schnur ftlhren die Grafen von Würtenberg, als Reich« 
Jägermeister, als Helmzimier auf ihren Reiter- und Wappensiegeln '). 

Die übrigen Würdenträger, die Kämmerer (7. 8), die Schenken (9. 10) und der Truchsess (11) 
sind im Friedenskleide, einer langen ungegürteten Tunik, welche einmal am Halse verbrämt ist (10), 
darüber wird ein langer weiter Hantel getragen, welcher jedoch bei dem Truchsess fehlt (11.) 

Die Tuniken sind auf den vorliegenden Siegeln mit engen Ermein versehen, welche bis zum 
Handgelenke reichen. Häufiger waren übrigens weite Ermel, die mit Pelzwerk verbrämt und geftlttert 
waren. Im Masse der Weite fehlte es nicht an Übertreibungen, so sagt der von Wangenberg von sich: 
„Die Österreicher beneiden mich so schon, wenn ich so weite scharlachene, auf die Schuhe hängende Ermel 
trage, und fluchen dem Hersoge, dass die Ermel sogar mit Hermelin unterzogen sind, die Ermel kosten ^ 

manches Pfund, blos an Vehwerk so viel, als drei anderer Ritter -Mäntel an Futter kosten^ *); und 
Seifried Helbling klagt, „dass sie im Wald und in der Gegend von Retz Ermel tragen, wovon man zu 
vier Wappenröcken genug hätte" ^). Auch wurde es Mode, blos den linken Ermel so weit zu tragen, dass 
er die Länge der ganzen Tunik überschritt, wobei man ihn überdiess von anderem Tuche verfertigte *). 

Das Haupt der beiden Kämmerer (7. 8) ist mit einem Barette bedeckt, die an den Seiten herab- 
reiohenden, langen Haare sind gelockt. Die Schenken und der Truchsess (9. 10. 11) sind barhaupt, die 
Haare gekruUt. 

So wie der Marschall anfangs einen langen Stab , später den Streitkolben* und den Morgenstern 
(2. 3. 4) , der Panier die Landesfahne , der Jägermeister das Hifthorn als Abzeichen ihrer Landeswürde 
fthren, so treffen wir bei dem Kämmerer einen kurzen Stab (7. 8), einmal mit Kugeln verziert (7), das 
andere Mal ganz glatt (8). Die Schenken tragen in der Rechten einen Becher, mit einem breiten Fusse, 
aus welchem sich ein hoher, in der Mitte mit einem Nodus verzierter Schaft erhebt, auf dem die Cuppa 
ruht, diese ist mit einem Deckel geschlossen, von welchem eine schlanke Handhabe, oben mit einem 



die Siegel der Laadea-Erbfimter etc. &9 

Enaafe endend, emporsteigt. Der TmcbBesB endlich trägt eine oyale SchttsBel> auf welcher ein Fisch 
liegt. Die Truchsesse tragen die Schtlssel als Würdeabzeichen, auch als Helmzierde '). 

Die Helme sind im dreizehnten und vierzehnten Jahrhunderte (3. 4. 12) sogenannte Fass- oder 
Kttbelhelme , im XV. Jahrhundert kommt der Stechhelm (5) vor, alle haben Helmzierden^ im XHI. Jahr« 
hundert ohne (3. 12), im XIV. und XV. Jahrhundert (4. 5) mit Helmdecken. 

Die Schwerte (2. 12) sind lang, breit, mit einfachem Griffe und einer Parierstange« 

Die dreieckigen Schilde, an den Seitentheilen mehr oder weniger ausgebogen (3. 4. 6. 12), zeigen 
durchwegs die Familiisnwappen der Würdenträger. 

Die Sporen, wo sie erkennbar sind, bestehen entweder in einfachen Domen (3. 4), oder in 
Bädersporen (8. 11. 13). 

Die Pferde, bald im Schritte (1. 2. 8. 9. 10), bald galopierend (3. 4. 7. 11. 12. 13) dargestellt, sind 
theils verdeckt (3. 4. 9. 10. 11. 13), theils unverdeckt (1. 2. 7. 8. 12). Bei den unverdeckten Pferden 
besteht die Zänmung in einem einfachen Eopfgestell mit Stangenzügel, einem Brustriemen, und Sattel 
mit Bauchgurt und Steigbttgehi. *— Brustriemen, Bauchgurt und die Zügel sind bisweilen mit Buckeln 
beschlagen, oder mit Stickerei verziert (8. 12. 13), einmal ist der Bttcktheil des Pferdes mit einem 
Gereite (8) bedeckt, einem Biemengeflechte mit Fransen verziert. Bei den verdeckten Pferden besteht 
die Decke aus einem Fürbuge und dem Hinterzeug, auf ihr liegt der Sattel, bisweilen mit Fransen be« 
setzt (13), er hat rückwärts, wie bei den unbedeckten Pferden, eine hohe Bücklehne manchesmal mit 
Ohren (11). Auf allen Decken sind an der Brust und den Schenkeln des Pferdes, einmal auch unter* 
halb des Fusses des Beiters (11), Schilde mit dem Geschlechtswappen der Würdenträger angebracht. 
Bei Turnieren waren diese Decken von Tuch, Scharlach, Sammt- oder Seidenstoffe mit goldenen oder 
silbernen Borten gegattert oder verbrämt, auch mit Stickereien verziert; im Kriege bisweilen von ge- 
färbtem Leder, an Brust und Stirn mit Eisenblech versehen. In der Schlacht wurden die Decken in 
die Höhe geschlagen, um dem Pferde eine freiere Bewegung zu gönnen. Der Mähnenschutz, aus einer 
Schienenreihe bestehend, so wie die Plattenrüstung zum Schutze der Brust und des Hintertheiles gehören 
späteren Zeiten an. 

Die Form der Steigbügel bietet nichts bemerkenswerthes dar. 

Die Wappen, welche auf den besprochenen Siegeln vorkommen, sind jene der nachfolgenden 
Adelsgeschlechter : 

Die Herren von Chunring führten einen zehnmal in Schwarz und Gold quer getheilten ScWld; 
dessen Helmzierde in zwei nach Art des Schildes tingierten BüffelhOmern bestand. 

Von den Herren von Ebersdorf kommt nur auf dem Contrasiegel num. 8. der H^lm mit zwei 
Adlerflügeln vor. In einem Streite mit Georg dem Zändlein über die Helmzierde verglich sich der 
oberste Kämmerer Beimprecht von Ebersdorf im Jahre 1341 dahin, dass die Ebersdorfer zwei Fltlge 



1) „Sein Helm war reich an Zier 
Und köstlich sein Zimier 



Auf der Spitze glänzte hell 
Eine Schüssel von Golde 
An der man wissen sollte 
Dass er dort Truchsesse was." 

Guy von Waleis. Übersetzt vom Grafen Baudissin. S. 109. V. 3897—3905. 

8« 



60 Karl von Sava, 

fuhren sollen, beide oben Oold und unten schwarz, Zändlein aber nur einen, unten Gold und oben 
schwarz. Zugleich verpflichtete sich Beimprecht von Ebersdorf, diese Helmzierde, wenn er ohne Lei- 
beserben sterben wtLrde, niemanden zu vermachen oder zu geben *). Das Wappen der Herren von Hind- 
berg, welches sie als Herren von Ebersdorf fortführten, war eine rothe Hirschkuh (Hindin) im silbernen 
Felde ^). Übrigens wechselte dieses Geschlecht sein Wappen ziemlich häufig, so hat der Kämmerer 
Chalhoch von Ebersdorf im Jahre 1289 in seinem dreieckigen Wappensiegel ein Einhorn, an einer Ur- 
kunde im Stifte Lilienfeld vom Jahre 1311, welche er mit seinem Würdensiegel besiegelt^ befinden 
sich auch die Siegel seiner Söhne Rudolph und Beimprecht, jenes des ersteren ist viereckig und zeigt 
in einem Schrägbalken drei Adler, das Siegel Beimprechts dagegen ein Einhorn. Nach dem Aussterben 
der Meissauer bleibt das Wappen mit dem Einhorn vorherrschend'). Vom Jahre 1643 angefangen, in 
welchem die Ebersdorfer zu Grafen von Thierstein erhoben wurden, ftlhrten sie zwei Schilde, in dem 
einen die Hindin, in dem anderen das Einhorn. Sigmund, der letzte des Geschlechtes, hat im Schilde 
die Hirschkuh , auf dem gekrönten Helme das Einhorn *). 

Das Wappen der Herren von Ereusbach war ein aufrecht gestellter, schwarzer Krebs im gol- 
denen Felde , als Zimier ein ausgestreckter Krebs , mit dem Kopf nach abwärts, und mit den Scheeren 
die Decke erfassend: 

Als er tzu tal 

Eem geschozzen durch die Luft *). 

Wissgrill bezeichnet den Schild als silbern. Ausserdem führten die Herren von Ereusbach bis- 
weilen nur eine Erebsscheere , wie Engeidich von Ereusbach 1308®) und Friedrich von Ereusbach a. 
1337 '). — Das Wappen mit dem Binge und den drei Eetten auf dem Siegel num. 13 dürfte auf die 
oberste Jägermeisterwttrde Bezug haben, ein Halsband mit zwei Eetten zum Eoppeln und die dritte 
Kette zum Führen der Eoppel, dafür spricht auch, dass auf dem Grabsteine Friedrichs in der Augustiner- 
kirche in Baden zu diesem Schilde als Helmzierde ein gekrönter Brackenkopf erscheint mit einem Hals- 
bande, an welcher sich eine Eette befindet 

Das mächtige und reiche Geschlecht der Herren von Meissau, von welchem Ulrich von Liech- 
tenstein sagt, dass Otto von Meissau so geziemieret war, dass ein Eaiser wohl daran gehabt hätte *), 
führte als Wappen im goldenen Schild ein zobelfärbiges (schwarzes) Einhorn, und als Zimier einen 
grossen Eranz von Federn. Der letzte dieses Geschlechtes, Otto, vermachte mit Bewilligung des Herzogs 
Albrecht ftlr den Fall, als er ohne Söhne sterben, oder diese vor ihren vogtbaren Jahren mit Tod ab- 
gehen würden, sein Wappen, welches er von dem Herzoge zu Lehen hatte, dem obersten Eämmerer 
Hanns von Ebersdorf, und beschreibt dasselbe in folgender Weise: ein schwarzes Einhorn im gelben 
Schild und auf dem Helm ein Gansnest und „ein Busehen Federn daiynn und drei sichtig Genns daraus 
sehend" •). 



1) Wurmbrand 1. c. 20undHormayr: „Taschenbuch" 1838. S. 273—276. 

2) Meiller: „Die Herren von Hindberg.** S. 46. 

d) Siehe die AbbUdungen bei Hanthaler 1. c. Taf. XXX. Fig. 11, 12, 14 vom Jahre 1311. Fig. 15. a. 1508; dann 
bei Hueber 1. c. Taf. 7. Fig. 8. an. 1305 und Taf. 24 lium. 7. ann. 1436. 

4) Wisgrill H. 323. 

5) Suchenwirt 1. c. 4. Vers. 43. 44. 

6) Hanthaler: „Rencens. dipL geneal." Taf. 29. Fig. 7. 

7) Hueber 1. c. Taf. 14. Fig. 22, und an einer Urkunde im Archive der Herrschaft Berghof in Baden a. 1357. 

8) «Ulrich von Liechtenstein," herausgegeben von Tiek. Wien bei Grund. S. 288. 

9) Wurmbrand 1. c. 72 und Hormayr: „Taschenbuch** 1838. S. 273 ff. 



die Siegel der Landes -Erbämter etc. 61 

Auf dem Grabsteine dieses Otto, welcher im Jahre 1440 starb, und seiner im selben Jahre ver- 
storbenen Gemahlin Agnes von Pottendorf, in der Kirche zu Aggsbach, ist auf dem Stechhelme flber dem 
meissanischen Schild ein Brackenkopf als Zimier '). 

Das Wappen der Grafen von P 1 a i e n (12) waren zwei Adlerfltlgel , die Helmzierde ein 
Pfauenstatz. 

Der Truchsess Pilgrin von Puechhaim hat auf seinem Siegel (11) das Geschlechtswappen, 
einen silbernen Schild mit einem rothen Querbalken dreimal auf der Pferdedecke. Im XIII. Jahrhundert 
erscheinen auf einem Siegel neben einem Helm zwei Flügel mit dem Querbalken *). 

Die Herren von Walsee hatten nach Suchenwirt eine Querbinde von Perlen (weiss) im schwär« 
zen Felde, die Helmzierde war ein Adler, dessen Flügel wie der Schild tingiert waren, schwarz von 
einer weissen Binde durchzogen '). Auf den Siegeln findet sich aber nur ein einfacher ^lügel von einem 
Querbalken durchzogeu. 

Von den im Verzeichnisse aufgeftlhrten Siegeln hat sich nur ein Stempel erhalten, nämlich jener 
des Truchsessen Pilgrim von Puechhaim (11) im k. k. Münz- und Antikencabinete. 

Die Landmarschälle flihrten auf ihren Siegeln gewöhnlich ihr Familienwappen und in der Umschrift 
die Bezeichnung ihrer Würde, von zweien sind jedoch auch Figurensiegel bekannt. Da aber der Land- 
marschall als oberster Richter von dem Herzoge ernannt wurde, somit kein Landes - Erbamt , sondern 
ein landesftirstliches Amt inne hatte, so erscheint auf diesen Siegeln nicht das Bildniss des Würden- 
trägers, sondern jenes des LandesAlrsten als des obersten Gerichtsherrn. Beide Siegel gehören der 
Zeitperiode des prachtliebenden Herzogs Rudolph IV. an, das eine ftlhrte der Landmarschall Hermann 
von Landenberg 1360, das andere Leutold von Stadek 1361, des ersteren erwähnt Gruber *), das letz- 
tere befindet Bich in meiner Sammlung ^), beide stimmen in der Hauptsache, nämlich im Siegelbilde mit 
einander überein, daher wir nur eine Beschreibung des letzteren geben. Die Umschrift in gothischer 
Majuskel ist zweizeilig innerhalb dreier Perlenlinien, 1. Zeile: f S . LEVTOLDI . DE . STADEG . 
MARSCHALLI . AVSTER . DVCAT. — Zweite Zeile: f RVDOLF . QR (quartus) . ARCHIDVX . 
AVSTR • : • Die innere Zeile wird durch die Wappenschilde unterbrochen. Üb^ dem österreichischen 
Schilde, mit blankem Felde und damascierter Binde erhebt sich das Bildniss des Herzogs bis zur Hälfte 
des Leibes , auf dem gelockten Haupte ruht der von der Zinkenkrone umgebene Herzogshut. Ein eng 
anschlieseodes Gewand deckt den Oberleib bis über die Hüften , welche ein reich verzierter Gürtel um- 
gibt, darüber trägt der Herzog einen verbrämten Hantel, der durch eine Spange an der Brust zusammen 
gehalten wird. In der Rechten hält der Fürst das Gerichtsschwert, in der Linken das Scepter. Das Sie- 
gelfeld ist gegittert und mit Blümchen bestreut. Zu jeder Seite des österreichischen Bindenschildes, be- 
findet sich ein Schild mit einem Löwen, dem Wappen der Herren von Stadek, nach Suchenwirt war 
der Löwe im rothen Felde von Silber, Zunge, Zähne und Klauen von Gold, und die Helmzierde ein 
goldener Flug. Das zierlich gearbeitete Siegelest rund, und hat 1 Zoll 8 Linien im Durchmesser. 



1) ^Berichte und Mittheilnngen des AlterthamBvereines in Wien." III. Taf. 10. 

2) „Notizenblatt für Kunde Osterr. Gesch. Qaellen.** V, 595. 

3) Suchenwirt 1. c. 42. Vers 207 ff. 

4) Grub er: „Kurzgefasstes Lehrsystem seiner diplomatischen und heraldischen Kollegien." Wien 1789. S. 143* 

5) In meiner Sammlung num. 358. 



(2 ^ Karl Ton Sava, 



Verzeichnis s. 



Marschälle. 

L 

1. Heinrich von Chunrinff^ 

»p HEINRICVS . DE CHVNRINGE (Marcs) CALCV AVSTRIE. 
Gothische Majuskel zwischen Perlenlmien. 

Hechts gekehrte Reiterfigur. Der Marschall barhaupt mit kurzen Locken^ trägt eine lange bis za 
den Knöcheln reichende Tunik; und hat den flatternden Mantel um die Schultern gelegt. Mit der Linken 
hat er den Zügel erfasst^ und mit der Rechten hält er einen auf der Achsel ruhenden einfachen Stab. 
Das Pferd im Schritte tritt mit dem rechten Vorder- und dem rechten Hinterfusse zugleich aus, die 
Zäumung desselben besteht in einem einfachen Eopfgestelle mit Stangenzttgel , der breite Brustriemen 
ist mit Buckeln verziert^ die kleine Satteldecke viereckig; das Pferd selbst ist unverdeckt. 

Rund; Durchmesser 2 Zoll; 5 Linien. — Abgebildet bei Hanthaler: „Recensus diplom. geneal.^ 
Taf. 29; Fig. 9; an. 1230. — Kauz: „Österreichischer Wappenschild.^ Taf. II. — Abguss in meiner 
Sammlung num. 1224; von einem Originale in ungefärbtem Wachs an der Urkunde; durch welche die 
Gräfin Euphemia von Peilstein dem Stifte Lilienfeld einen Hof in Sirnich schenkt; und welche von Hein- 
rich von Chunring als Zeuge mitbesiegelt wird. 30. November 1230. — Hanthaler 1. c. I. 281 u. II* 
172. — Siehe Taf. I; Fig. 1. 

IL 

2. Heinrioh von Ohnnring (von Weitra). 

(* S, H.)EmR' . D' . CHVNRING . M(aresoalci) AVSTRI(e). 
Gothische Miyuskel zwischen zwei einfachen Linien; zum Theile weggebrochen. 

Rechts gekehrte Reiterfigur; der Marschall mit unbedecktem Haupte; das Haar zu beiden Seiten 
in Locken gelegt; ist mit einer langen Tunik bekleidet und mit dem Schwerte umgttrtet; der auf der 
Achsel ruhende Stab; welchen er mit der Rechten hält; gleicht einem Streitkolben. Das Pferd wie auf 
dem vorigen Siegel ; nur ist der Brustriemen statt der Buckel mit erhobenen Säumen verziert. 

Rund ; Durchmesser 2 Zoll ; 4 Linien. — Abguss in meiner Sammlung num. 724. Im Stiftsarchive 
von Elostemeuburg hängt dieses Siegel in ungefärbtem Wachs an einem Vertrage zwischen dem Propste 
NicolauB und Heinrich von Chunring „Marschalcus et capitaneus Austriaca wegen verpfändeter Gttter 
in Stoizendorf und eines Weingartens auf dem Kahlenberge. Wien, am 25. März 1276. — Siehe 
Taf. I; Fig. 2. 

m. 

^ Stephan toh MMSsau 

^ S . S(teph)ANL (De M)EISSAWE . MA(resca)LCI AVSTRE. 

Gothische Majuskel zwischen Perlenlinien ; Theile fehlen. 

Links gewendete Reiterfigur ; der Marschall in einem Panzerhemde ; ttber welchem er einen lan- 
gen an den Seiten geschlitzten Wappenrock ohne Ermel hat; auf dem Haupte trägt er einen Fasshelm 



die Siegel der Landes - £rb2ünter etc. 68 

ohne Decke; und darauf einen Kranz von Federn als Zimier. In der Beohten hält er einen Streitkolben, 
am linken Arme trägt er den Schild mit dem Wappen der Meissaner, dem schwarzen Einhorn im gol- 
denen Felde. Das Pferd ist in eine lange Decke gehüllt; welche ans einem Fttrbnge nnd einem Hinter- 
zenge besteht; und am Halse und am Schenkel je mit einem Schilde belegt ist; worin das meissanische 
Wappen. 

Rund; Durchmesser 2 Zoll; 2 Linien. Hisslungene Abbildungen bei Wurmbrand: „collectanea 
geneal.^ ad pag. 266; Fig. 3 yom Jahre 1301; dann Hanthaler 1. c. Taf. 37; Fig. 18 anno 1281. — 
Abguss in meiner Sammlung num. 689; nach einem etwas stumpfen Originale; welches in ungefärbtes 
Wachs abgedrtlckt mittelst Pergamentstreifen im Stiftsarchive von Heiligenkreuz an einer Urkunde hängt^ 
durch welche Stephan von Meissau ; Marschall von Osterreich; einen Gtttertausch zwischen seinem 
Dienstmann Friedrich von Wnlzendorf und dem Stifte Heiligenkreuz bestätiget; am 23. Mai 1286. 
„Fontes rer. Austriacar." 2. Abthl. XI; 241. — Siehe Taf. I; Fig. 3. 

IV. 
ülrioh Ton Heiflsau 4. 

* S • VL(rici De M)ISSOWE . MARSCALCI . AVSTRIE. 

Gothische Majuskel zwischen Perlenlinieu; zum Theile weggebrochen. AL in Marscalci zusam- 
mengezogen. 

Links gekehrte Keiterfigur ; fittstung und Kleidung des Ritters wie auf dem vorhergehenden Siegel, 
eben so die Gouvertttre des Pferdes. Ausser der bedeutend besseren Zeichnung und der zierlichen 
Ausftihrung; besonders des Panzerhemdes; unterscheidet sich dieses Siegel von dem vorigen noch 
dadurch; dass der Helm eine Decke hat; und der Fedemkranz auf einer Welle ruht; nnd endlich der 
Marschall in der Rechten einen Morgenstern hält. 

Rund; Durchmesser 2 Zoll; 2 Linien. — Misslungene Abbildungen dieses schönen Siegels bei 
Hueber: „Austr. ex. archiv. Mellicens. illustr.^ Taf. 11; Fig. 12 anno 1318; und Hanthaler 1. c 
Taf. 37; Fig. 19 an. 1325. Ich fand dieses Siegel in ungefärbtem Wachs mittelst Pergamentstreifen an 
der Urkunde hängend; durch welche Dietrich der Hutstook und dessen Hausfrau Gertrud dem Stifte 
Heiligenkreuz zwei Weingärten bei Pressburg schenken; „roboramns cum sigiUo nobilis domini; domini 
inrici de Mayssawe superioris Marschalci in Austria;'' Wien 25. Juli 1819* „Fontes rer. Austr." 2. Abth. 
XVI. 61. Davon der Abguss in meiner Sammlung num. 966. Siehe Taf. I; Fig. 4. 

V. 

"Wolfgang von Walsee 5. 

SS . IVolfgangt .... Imz fnpmnt matt^öial^i • an^rit. 
Deutsche Minuskel, nur die beiden ersten Buchstaben Majuskel. 

Im damascierten Siegelfelde eine links gekehrte Reiterfigur; von welcher; da das Siegel zer- 
brochen ist; nur einzelne Theile vorhanden sind. Der Bitter hat das Haupt niit einem Stech- 
behne bedeckt; auf welchem sich ein einzelner Adlerflttgel als Zimier, und rttokwärts eine fliegende 
Decke befinden; am linken Arme trägt er den Schild mit dem Wappen der Herren von WaLseC; dem 
silbernen Querbalken im schwarzen Felde. Das Pferd ist mit einer Decke belegt; auf welcher keine 
Wappenschilde angebracht sind. Die Stufenlinie ; welche das Siegelbild von der Umschrift scheidet; iirt 



64 Karl von Sava, 

bei dem Kopfe des Reiters^ dann bei den Vorder- und HinterftLssen des Pferdes bis an die äussere Rand- 
linie aasgebogen ^ und bildet ein sogenanntes Helmomament. 

Rund, Durchmesser 2 Zoll; 7 Linien; nach der bei Hu eher 1. c. Taf. 29; Fig. 3 befindlichen 
Abbildung des fragmentierten Originals mit der Jahreszahl 1460. 

Kämmerer. 

I. 

^' Otto Ton Pertholdsdorf 

^ S . OTTON . D . PERTOLDESDOBF CAMERARII. 

Gothische Majuskel zwischen Stufenlinien auf einem erhöhten Rande. ER; OR im vorletzten; CAM 
und AR im letzten Worte zusammengezogen. 

Ein links schauender Kopf mit einem Stirnreif oder einem Kranze. 

Oval; Höhe 1 Zoll; 8 Linien; Breite 1 Zoll; 5 Linien. — Abbildung bei Hanthaler L c. 
Taf. 28; Fig. 5 mit der Jahreszahl 1267. — Duellius: „histor. ordin. teutonici" p. 123; Fig. 10 an. 
1275 gibt dieses Siegel irrig; als jenes des Chalhoch von Ebersdorf. — In ungefärbtem Wachs hängt 
dieses Siegel an einer Urkunde; durch welche „Otto, de Perhtoldsdorf camerarius Austrieb mit Zustim- 
mung seines Bruders und seiner Schwestern dem Stifte Heiligenkreuz 6 Mausen im Ealtengang schenkt 
1259. Gedruckt in „Fontes rer. Austriaca' 2. Abthl. XL 144. — Davon der Abguss in meiner Samm- 
lung. Siehe Taf. I; Fig. 6. 

n. 

7. Cludhooh Ton Ebersdorf 

^ S . CHALHOCHI O CHAMERARII O AVSTRIE. 

Gothische Majuskel zwischen Perlenlinien ; nach dem zweiten und dritten Worte ein kleines Oval 
als Interpunktion. 

Rechts galopierende Reiterfigur; der Kämmerer in eine lange ; gegttrtete Tunik gekleidet; mit 
einem kurzen Mantel; hat das gelockte Haupt mit einem Barette bedeckt; und hält in der ausgestreck« 
ten Rechten den mit Kugeln verzierten Stab. Das Pferd ist ohne Decke. 

Rund; Durchmesser 2 Zoll; 1 Linie. Abbildung bei Hanthaler 1. c. Taf. 30; Fig. 12 an. 1311| 
nicht sonderlich genau ; trägt statt des Stabes ein Scepter in der Hand. Die Urkunde; einen Lehenbrief 
ftlr Ulrich Zeiweter; besiegeln auch seine beiden Söhne Rifdolph und Reimprecht von Ebersdorf. Wien 
am Palmentage 1311. Hanthaler 1. c. L 295. — Abguss num. 2558 in meiner Sammlung von einem 
Originale in ungefärbtem Wachs an einer Urkunde vom Jahre 1308 im kaiserlichen Hausarchive. Siehe 
Taf. H; Fig. 8. 

m. 

8. Bndolph Ton Ebersdorf 

* S . DNI . RVDOLFI DE EBERSTORF . CHAMERARH . AVSTRIE. 

Gothische Majuskel zwischen Perlenlinien; gerundete £; geradlinige M und N; EB und ER in 
Ebersdorf; CH und ER in Ghamerarii zusammen gezogen. 

Im damascierten Siegelfelde eine rechts gewendete Reiterfigur. Der Kämmerer hat das gelockte 
Haupt mit einem Barette bedeckt; trägt eine Tunik und darüber einen langen Mantel; und hält den 



9. 



die Siegel der Landes *£rbäm{er etc. 8S 

Stab als Abzeichen seines Erbamtes in der Rechten. — Das Pferd im Schritte gehend hat keine Decke, 
die Zäumung besteht in einem Eopfgestelle mit Stangenzttgel; dem BrastriemeU; dann Sattel nnd Bauch- 
gurt ; den Hintertheil des Pferdes deckt ein Gereit von Riemen ; die mit Fransen verziert sind. 

Rund; Durchmesser 2 Zoll, 4 Linien. Auf der Kehrseite ist ein Contrasiegel eingedrückt, mit 
der Umschrift: f S . DNI . RVDOLFI . EBBR8T0RF. aothisehe Majuskel zwischen Perlenlinien. Im 
Siegelfelde ein Helm , darauf ein Doppelflng als Zimier. — Rund ; Grösse 1 Zoll , 1 Linie. — Mangel- 
hafte Abbildung bei Wurmbrand 1. c. ad pag. 266 vom Jahre 1314, es fehlt die Damasoierung des 
Siegelfeldes und bei dem Pferde das Gereit. — Ich fand dieses Siegel in ungefärbtem Wachs mittelst 
Pergamentstreifen an einer Urkunde vom Jahre 1310 hängend; davon der Abguss num. 1283 in. meiner 
Sammlung. Siehe Taf. I, Fig. 6 und 7. 

Schenken. 

I. 

Iientold Ton Ohmuring 

* S . LEVTOLDI . D . CHVRING . SVMI . PINCERNE . AVSTRIE. 

Gothische Majuskel zwischen Perlenlinien ; gerundete D; E und M; mit vielen Buchstaben - Ver- 
söhrenkuügen ; wie CH, VR in CHVRING, ER und AV in Pinceme und Avstrie. 

Rechts gewendete Reiterfigur , der Schenk ist in eine lange Tunik gekleidet, und trägt dar- 
über einen weiten, an der Brust durch eine Spange festgehaltenen Mantel. Das gelockte Haupt ist 
unbedeckt, in der Rechten hält er, als Zeichen seiner Landeswttrde, einen kelchartigen Becher mit 
einem Deckel. 

Das Pferd ist verdeckt, und am Halse so wie am Schenkel ein zel^nmal in Schwarz und Gold 
getheilter Schild angebracht, das Wappen der Ghunringe. 

Rund, Durchmesser 2 Zoll, 4 Linien, nicht ganz genau abgebildet bei Wurmbrand 1. c. ad 
pag. 266, Fig. 1 mit der Jahreszahl 1301. Ich fand dasselbe an einer Urkunde vom Jahre 1287 an 
Pergamentstreifen hängend, und in ungefärbtes W achs abgedrückt. Davon der Abguss in meiner Samm- 
lung num. 644. Siehe Taf. II, Fig. 9. 

n. 
Iientold ron OhtOBoing lo. 

* S . LEVTOLDI . DE . CHVNRING . SÜMMI . PINCERNE . AVSTRIE. 

Öothische Miguskel zwischen Perlenlinien, gerundete und geradlinige 'E, M nnd N wechseln 
mit einander ab , AV in Avstrie zusammengezogen. 

Die Darstellung in der Gesammtheit, wie auf dem vorher gehenden Siegel, nur ist die Ausf&hning 
eine kräftigere , und das Siegelfeld schräg gegittert und mit Blumen besäet. 

Rund, Durchmesser 2 Zoll ^ 5 Linien. Die Abbildungen dieses Siegels bei Hanthaler 1. c. 
Taf. 2», Fig. 11 vom Jahre 1298, und bei Hueber 1. c. Taf. 6, Fig. 14 an. 1287 sind ungenau , mf 
der letzteren fehlen, die Wappenschilde auf der Pferdedeeke. Im Archive des Stiftes Melk hängt dieses 
Siegel in ungefärbtem Wachs mittelst Pergamentstreifen an einer Urkunde, durch welche Friedrich von 

Hausek dem Stifte Melk vier Lehen zu Grafendorf schenkt, und welche Leutold von Chunring als Zeuge 

« 

besiegelt. Pezinkirchen in feste purificationis beatae Virginis (2. Februar) 1287. Davon der Abguss 
num. 49 in meiner Sammlung. Siehe Taf. II, Fig. 10. 

V. 9 



66 Karl von Sava, 



11. 



Tmchsessen. 

m 

I. 

Pilgiim TOB PneoUiaim 

* S . PILGKIMI . DE . PVECHHAIM . DAPIFERI . AVSTRIE. 

Gofhische Higuskel zwischen Perlenlinien , gerundete E, H und T. Von dem Worte DE sind das 
E und das P des folgenden Wortes Pvechhaim, und im letzteren HA zusammengezogen. 

Links gekehrte Reiterfigur; der Trnchsess barhaupt mit gelocktem Haar, ist mit einer langen, 
vorne aufgeschlitzten Tunik bekleidet und trägt auf der rechten Hand eine unbedeckte Schttssel, anf 
welcher ein Fisch liegt. Das galopierende Pferd ist ganz in eine flatternde Decke gehttUt, auf welcher 
an der Brust, unterhalb des Fusses des Reiters, und am Schenkel je ein Schild mit dem Wappen der 
Herren von Puechhaim , einem rothen Querbalken im silbernen Felde, angebracht ist. — Der Raum des 
Siegelfeldes im Rücken des Reiters wird durch eine Blumendamascierung ausgeflillt. 

Rund, Durchmesser 1 Zoll, 11 Linien. Die Abbildung bei Wurmbrand 1. c. pag. 266 mit der 
Jahresangabe 1377 ist ganz ungenttgend, es fehlt die Damascierung im Siegelfelde, auf der Pferdedecke 
befinden sich keine Wappen , und der Truchsess trägt eine verdeckte Schüssel. — Der bronzene Stem- 
pel dieses Siegels befindet sich im k. k. Münz- und Antiken - Cabinete , daraus der Abguss in meiner 
Sammlung num. 61. Siehe Taf. H, Fig. 11. 

BanDerträger. 

L 

12- Otto, Oraf Ton Plaien 

* OTTO . DEI . GRA . COMES DE PLAIEN . SIGNIF . AVSTRIE. 

« 

Gothische Majuskel zwischen Perlenlinien, ME und AV in Comes und Avstrie zusammengezogen. 

Über einem mit Blumen bewachsenen Grund eine rechts gewendete Reiterfigur. Der Graf ist in 
voller Rüstung, darüber mit einem Wappenrocke, er ist mit dem Schwerte umgürtet, und trägt den 
gekrönten Schlachthelm mit einem Pfauenstntz auf dem Haupte ; der Schild am linken Arme zeigt zwei 
Adlerflügel, das Wappen der Grafen von Plaien, in der Rechten hält er das Banner, welches in der 
Mitte von einem netzförmigen Streife durchzogen, wahrscheinlich das österreichische Wappen darstellen 
soll. — Das Pferd ist ohne Decke, dagegen die Zäumung verziert. 

Rund, Durchmesser 2 Zoll, 11 Linien. — Dieses Siegel befindet sich im Archive des Stiftes 
Zwettel an der Urkunde, durch welche Otto und Konrad „dei gratia comites de Play" zu Gunsten des 
Klosters der heil. Maria in Zwettel, auf die Vogtei: ,,ville, quae dicitur Zwettlem" mit Ausnahme der 
Gerichtsbarkeit über Diebstahl, Todtschlag und alle der Todesstrafe unterliegenden Verbrechen, Ver- 
zicht leisten. Acta sunt haec anno domini m. cc. quinquagesimo iiij. Data in Hardek per mannm Thymonis 
curie nostre notarii xv kalend. Jannarii (18. Dezember). „Fontes rer. Austriacar..'' H. Abthl. lU. 113. 
Davon der Abguss num. 1065 in meiner Sammlung. Siehe Taf. II, Fig. 12. 



die Siegel der* Landes -ErbSmter etc. 



67 



Jäsermeisten 

I. 

mrUlielm Toa HLrensbaoh 

* S . WILHELMI DE CHBEVZBACH SVPREMVS (aic) MAGISTER (sie) VENATORVM 

IN AVSTMA. 

Oothische Miyaskel zwischen PerlenUnien, CH in Chreyzbach verschrenkt, gerandete M and N. 

Rechts gewendete Reiterfigur, der Würdenträger im Jagdkleide mit einer anliegenden Gngel, von 
welcher rückwärts ein langer Zipfel bis gegen die Satteldecke herabreicht, dessen Ende zarttckgeschlan- 
gen ist, hat das Jagdhorn an den Mund gesetzt. Die Fussbekleidung besteht in Stiefeln mit Sporen. 
Das Pferd ist mit einer faltenreichen Decke belegt, die aas einem Vorder- and Rttcktheile bestellt, and 
am Halse und am Schenkel je mit einem Schilde belegt ist, in welchem sich das redende Wappen der 
Herren von Ereusbach, nämlich ein Krebs befindet. Der Sattel, welcher ttber der Decke liegt, ist mit 
Fransen besäamt. Im Rttcken des Reiters schwebt im Siegelfeld ein dreieckiger Schild, in dessen Mitte 
sich ein Ring befindet, von welchem nach jeder Ecke des Schildes eine Kette aasläaft, ebenfalls das 
Wappen der Kreasbache. 

Das rande Siegel, 2 Zoll, 5 Linien im Darchmesser, hängt, in grfines Wachs abgedruckt, an 
einer Urkunde im Archive des Wiener Domcapitels , durch welche das Stift Zwettel seinen Hof in Wien 
an Herzog Rudolph IV. zur Dotierung der zu errichtenden Propstei um 500 Pfund Wiener Pfennige ver- 
kauft, vom Jahre 1361. Nebst den Siegeln des Abtes und Conventes von Zwettel, dann mehrerer Prä- 
laten, hängen auch die Siegel jener Adeligen an der Urkunde, welche damals ein Erbamt inne hatten, 
jedoch siegeln alle mit ihren Familienwappen , nur der oberste Jägermeister allein gebraucht sein Wtlr- 
densiegel. — Davon der Abguss num. 893 in meiner Sammlung. Siehe Taf. II, Fig. 13. 



18. 



9 



rij.2. 



TafJ. 



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Fi|8. 



Taf.B . 



Pig.lO. 



Fig.l2. 



Fip. 



n|.i3. 



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KUNSTDENKMALE DES MITTELALTERS 



I M 



KREISE OB DEN NANHARTSBERGE 



DES ERZHERZOGTHUMS NIEDERÖSTERREICH. 



VON 



D"" ED. FBEIH. von SACKEN. 



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JJer Kreis ob dem Manhartsberge , schon im XII. Jahfhandert das Waldviertel genannt, südlich 
von der Donau , Ostlich von der Kette des Manhartsberges begrenzt, gegen Westen an das Mflhlviertel 
Oberösterreichs, das ehemalige Machland grenzend, ist ein in vielfacher Beziehung interessantes Land. 
Die Eigenthttmlichkeit, dass es von vier in fast parallelen Bogen laufenden Flttsschen, — dem Weiten- 
bach, derSLrems, dem Kamp, der Thaya — durchzogen ist, welche tief eingeschnittene Waldthäler 
bilden, zwischen denen bedeutend hohe Plateaux liegen, sowie die Begrenzung durch die Donau, stehen 
in Zusammenhang mit der Cultur, indem die engen, felsigen Thäler dem Adel günstige Verhältnisse 
zur Anlage von Burgen in fortlaufender Kette boten, an der Donau durch den Handelsverkehr mancher 

• 

blühende Ort entstand. Das Land, viel mit slavischen Elementen gemischt, dürfte verhältnissmässig 
spät zu höherer Cultur gelaugt sein , und die im XL und XIL Jahrhundert genannten zahlreichen Ort- 
schaften scheinen klein und arm gewesen zu sein, was bei dem rauhen Clima und kalten Boden (meist 
Granit und Glimmerschiefer) bis heut zu Tage der Fall ist Klöster, welche als Pflanzstätten der Cultur^ 
namentlich der Bau- und Kunstthätigkeit, sowohl durch eigene Übung derselben als durch Anregung 
flir das frühere Mittelalter von so hoher Bedeutung sind, entstanden erst um die Mitte des XII. Jahr-^ 
hunderts. Das älteste und als Mittelpunkt eines regeren Geisteslebens und von da ausgehender höherer 
Blüthe das bedeutendste ist die Cisterzienserabtei Zwetl, 1138 von Hadmar von Chuoffam gegründet 
Bald folgten andere Edle des Landes diesem Beispiele nach; so gründete Hildburg, Gräfin von Buigen 
1144 das Benedictin erstift Altenburg ') (aus St. Lambrecht besetzt), die Grafen von Pemegg um 
1160 das Prämonstratenserstift Geras ^) (von Selau in Böhmen besetzt), und um dieselbe Zeit ein 
Canonicat j^er regulierten Prämonstratenser Chorherren zu Pemegg, das aber mit Canonissinen 
und erst nach deren Aussterben um 1580 von Chorherm besetzt wurde. Im XIII. Jahrhundert ent- 
stand das Kloster der Minoriten zu Stein (1224) und das der Dominicaner zu Krems (durch Propst 
Heinrich von Passau und Ardacker 1236); erst im XV. Jahrhundert das Augustiner -Chorhermstift Dür- 



1) Der gegenwärtig bestehende Bau des Stiftes ist bis auf geringe Überreste modern (1658 und 1715) ; aasser einigen 
Handschriften in der Bibliothek mit schönen Initialen and einem interessanten Elfenbein -Pastorale (in der 
Krümme ein Pfau , auf dem die Taube , das Kreuz im Schnabel , von dem Schlangenkopfe , in den die Krflnune 
endet, gebissen, mit ausgebreiteten Flügeln sitzt), aus dem Xu. Jahrhundert stammend, sind keine mittelalter- 
lichen Kunstdenkmale vorhanden. Der Krummstab der den Sieg des Glaubens, — des Geistes über den Stolz — und 
die Verfolgung desselben durch das Böse symbolisch darzustellen scheint, ist abgebildet im ^ Archiv für österr. 
Geschichtsquellen 1850," IL Bd. S. 528. 

2) Kirche und Stiftsgebäude sind aus dem XVIL Jahrhundert. In der Bibliothek ist ein Missale aus dem XIV. Jahr- 
hundert mit schönen Initialen, in denen Figuren gemalt sind, — darunter eine Maria in einem T besonders an- 
muthig — beachtenswerth. 



72 ^^' Eduard Freih. von Sacken, 

rensteio; gegr. von Otto von Meissau und Stephan von Haslach 1410; das Paulinerkloster Un t er- 
Bann a, gegr. von Johann von Neydeck 1414, die FranziskanerklöBte» in Eggenburg und Langen- 
loiS; durch den heil. Johann Capistran zwischen 1451 und 1456. — Frauenklöster bestanden ausser 
Pernegg noch drei: Dominikanerinen zu Imbach (1269 von Albrecht von Veldtsperg); Gisterzienserinien 
zu Alt-Melon, (1269 von Heinrich von Kuenring zu Weitra und Heinrich Grafen von Hardeck ge- 
stiftet; 1277 nach St. Bernhard bei Hörn übersetzt; wo es bis 1586 bestand) und Elarissinen zu Dil r- 4 
ren stein (1289 durch Leutold I. von Kuenring; in der Beformation'(1569) eingegangen). 

Die für die Geschichts- und Alterthumsforschung überaus interessanten; meist schon im XH. Jahr- 
hundert bestandenen BurgeU; mitunter von bedeutender Ausdehnung und theilweise sehr alten Theileu; 
bieten in Beziehung auf die Kunst des Mittelalters geringe Ausbeute; denn nur an wenigen finden sich 
künstlerische Bauformen aus dieser Periode; die besser erhaltenen; reicher ausgeschmückten gehören 

* 

m^hi der Renaissance an. 

Ith Donauthale' sind auf dem linkdo Ulfet nur Wenige fiurgeü: das durch die Gefangenschaft des 
Kt)tli^s Richard Löwenherz (1192) und die Raubzüge der Kuenringer bekannte Dttrrensteiü; auf 
steiien Granitfelsen ; in seiner Befestig:ung mit dem Städtchen an der Dotiau ein Dreieck mit der Butg 
ab Spitze bildend ^), — die sehr verfallene Rulbel Unterhaus bei SpitZ; das grosse Weiteneck 
Mt defr altön Burg inmitteü der neueren auf einem FelseU; mit gewaltigem Wartthurme von einer Mord- 
^fitteriö umgeben; Endlich das neuere Schidsd Perseübeng tnit wenigen alten Resten. Im Thale ded 
W^itehba6h6i» bidteH das fast gan2 moderne Sdhlofifs Leibeü; die ausgedehnte Mollenburg mit ein- 
2«tn6n 1%äilön im ^i^lttest gothisehen Styie'; grödstentheild aber ein Renaissance -Bau nach 1600 ^), 
diä Ruine Sträitwiäden; im Xn. Jahrhundert der Sitz einer Familie dieses Namens ; fast ganz nach 
1556 von Jacob Rot von RöinprechtiBpöllä gebaut; tmd das ebenfalls aus dieser Zeit (1542/1593) stam- 
ttlände Schloss Rogendorf in Pöggställ einzelne; jedoch nicht bedeutende Kunstformen. Die höchst 
romantischen Bargen des KfeMsthales liegen ganz in Trifnimeiii: die noch 1820 bewohnbare; grossen- 
th^tU abgetragene Burg R ebb 6 rg; S6nftänb6rg; 1645 von den Schweden zerstört; (einige mächtige 
Käuettt mft zwd ThüMen); HöhdüAtelii; ded^Wn ^aüerta von ungeheurer Dicke dem frühem Mittel- 
aKer (^ kömmt im XII. Jahrhundert schon vor) ingehtfren dürften ; endlich das bedeutende ; in einer 
IlTildntes gelegene Hartenstein; im Grandflss ähi f)reieök bildend; mit den Pfeilern der Zugbrücke; 
aWei runden Thflrmen und Spuren von Fr^i^keü; die aus döin XV. Jährhundert zu stammen schetnen. — 
iMi i:ä(hlre}(5hen Burgen des dritten ParättäfEhal^6 ; äkt Kämpfltisse^ sind theils von hohem Alter ; ab6r 
nur ßfefestigungd- uhd^Bedürfnis^bauteü; die keine bedönder^n ftaüförmen zeigen und mdfst ganife in 
Ruinen; th6iis noch Wohlerhaltene Renäidsance - Bauten. Zu den örsteren gehören die wenigen Retfte 



1) Die Ruine stammt aus verschiedenen Zeiten, grösstentheils wohl aas dem XVI. und XVn. Jahrhundert Älter sind 
einige Ifauem der Capelle mit zwei Ecksänlchen, die mit ihren attischen Basen, mit einzelnen BlStfem verzierten 
KelchcapitSlen , eckigen Deckplatten und dem Ansatz von Gewölbsrippen mit einem Bundstabe vorne auf das 
£ht[6 der romaüiäiih^li Perio^de biüWöb^h. A.tif delr HfcutSi: (fatneb^ tf eht mau Spuren von Schrift, wiArscheinlich 
kuB detii XV. Jahrhundert. 

3) In diär Cä^eilie steht Inan ein gestickte^ Gas^tki'idtiz aus AöA XV. Jkhthunddrt, bestehend aus der LSuge nach 
j^kfzögknäitj trb^rstlckten Silbe^den Ml aufgcfliXhtett, im ^MltMieh gestickten F^fnren: Christus am Kreuz (das 
AüA eihetta dfik^r^ Baum mit abgeätütsten JUtdh bt»i)i(shf), öWk *ttf jöder SMS Ibin Engel in Halftfigur, unten 
Magdäfettt das KreHt umfassend, die jUgetrd&ehtft ütknä ttftd ^ökannes, sehr YMifte, ^e Oesteieen mit Uebliohem 
Gesichtsausdruck. Ein Altarwerk von c. 1580 im Renaissancestyle, iäi Miftellftfick die Kreusigutig, auf den Seiten 
äiB Gebuft und Sie Auferstehufig — voh ktfSpar Lfntfögg Voü Litetfttk, dMmOifc WMppeft ilesselben, Stiftes Sohnes 
Ohmtöph vom J. 1577, und des fimiah Prätd Von Badegg yöxh J. ItSM in QlastealeM «ind beaehtetiswerthe 
Denkmale. 



- »-. - -«_ 



Knnstdenkmale d^s Mittelalters etc. 73 

▼on SchOnberg; Kampeck (schon 1650 Ruine), Stalleck^ Steineck; Schauenstein mit 
fbnfeckigem Thunne; die mächtigen Trttmmer des von Ulrich von Eitzing 1440 zerstörten Thurnberg; 
Wildberg; Krumau, bekannt durch den Aufenthalt der verstossenen Gemalin OttokarS; Margaretha 
(1261 — 1267); Dobra mit ackteckigem Thurm und grossem; der neueren Zeit angehörigem Saal, 
Schwarzenberg; Schwarzeda; Lichtenfels mit noch erhaltener (modernisierter) Capelle; der 
Hauptsitz der angesehenen Familie der Tursonen. Burgen neueren Styls sind: Buchberg mit gothi- 
scher Capelle *), Gars mit dem alten Hochschloss in der Mitte ; die herrliche Bösen bürg; ein Pracht- 
bau von ausgezeichneter Erhaltung (grOsstentheils durch Sebastian Grabner um 1593 erb.) mit Turnier- 
platz; vier Höfen ; zwölf Thtlrmen ; weitläufigen Gemächern und spät gothischer Capelle ; dann Greil- 
lenstein (am Taffabache) nach 1560; das Wasserschloss WaldreichS; Ottenstein mit altem 
Thurm; Rastenberg abseits (um 1550); Rapoten stein aus derselben Zeit; in der Capelle ein 
kleiner Schnitzaltar. — Ebenso die Burgen an der Thaya: SchwarzenaU; das grosse Karlstein 
mit massivem RundthurmC; das noch bewohnte Schloss Raabs (1706) mit einem alten ; dreiseitigen 
Thurm und runden Anbauen aus dem XVI. Jahrhundert; die romantische Ruine EollmtttZ; an deren 
älteren westlichen Theilen noch Spitzbogenthttren zu sehen sind; endlich die Ruine H ardeck; theil- 
weise aus dem Mittelalter mit drei viereckigen Thttrmen und gothischen Fenstern mit einfachem Mass- 
werk; und die uralte Veste Kaya (Cheyowe) unweit davon. 

Bei den oben berührten Umständen und den ungünstigen Verhältnissen für Erhaltung der Kunstdenk- 
malC; unter die namentlich die verherenden Einfälle der Hussiten (1425) und Schweden (1645) gehören; ist 
es erklärlich; dass sich aus dem früheren Mittelalter nicht viele Baudenkmale vorfinden. Zu den ältesten 
Überresten aus der romanischen Periode gehört eine Halle im Schloss R a n n a. Für Kirchen hat sich bis iüs 
XIII. Jahrhundert die flach gedeckte Basilica erhalten (K u e n r i n g; W e i t r a; Gmünd; A 1 1 p Ö 1 1 a); häufig 
mit dem Thurm zwischen Schiff und Chor (Salingstadt; Schweiggers); oder es bildete die Thurmhalle 
den Altarraum (G 1 o b n i t z). Ein bedeutendes Denkmal romanischen Styles ist im Capitelsaal zu Z w e 1 1; ein 
brillantes des Übergangsstyles in reichen Formen im Kreuzgang daselbst erhalten. Geringere Überreste 
dieser Periode sehen wir in Burg- Schlei nitZ; in den Thürmen der Kirchen zu Egenburg; 
RaabS; KremS; Weinzier 1. In sehr eigenthttmlicher Weise gemischt erscheint der früh gothische 
und romanische Styl am Schiff der ehemaligen Minoritenkirche in Stein und an der Bergkirche in Gars* 
Von den Friedhofe apellen (Kamem); die sonst dem romanischen Style eigenthümlich sind; gehört 
nur die einzige zu Kuenring der Ausgangsperiode dieses Styles ; die übrigen (Burg-Schleinita, 
Globnitz., Friedersbach; Hardegg) folgen wohl dem Typus der runden Grundform; sind aber 
ans dem XIV. und XV. Jahrhundert; theilweise mit spät gothischen Details; die zu Gars ist noch jün- 
ger. Bei den meisten ist der untere Gruftraum fast ganz oberirdisch; daher Treppen in die Capelle 
selbst führen. 

Aus der Periode der Frühgothik findet sich hier; wie überhaupt bei österreichischen Landkirchen 
nichts; denn der romanische Styl erhielt sich mit Zähigkeit bis zu einer Zeit; da der gothische Styl 
in reicheren Ländern und grösseren Städten schon in seiner Blüthe stand und als fertig überall hin 
drang; mit siegreicher Kraft die schwerfälligeren; aber wegen ihrer Einfachheit beliebten romanischen 



1) In derselben befindet sich ein sehr guter Bilderaltar, 3 Foss 10 Zoll hoch, 2 Ftiss 9 Zoll breit, yom Jahre 1512; 
das MittelbUd stellt die Auffindung des Kreuzes dar , welches der Jude Judas in (Gegenwart der E^aiserin Helena 
und eines Bischofes ausgräbt. Der Kopf der E^aiserin ist jmgemein schön und lieblich , zwei Jungfrauen, ihr Ge- 
folge, sind gar anmuthige, reizende Gestalten. Auf den Flügeln rechts St. Christoph, links Georg, etwas schwä- 
chere Arbeit. Die kräftig gemalten Bilder zeigen Verwandtschaft mit der niederrheinischen Schule. 

V. 10 



74 I^r* Ednard Freih. von Sacken, 

Formen ttberwindend; ja es. erhielten sieh romanisehe Anklänge, selbst in der Anlage der Kirchen bis 
zum Verfall der Gothik. Aus der Blttthezeit des gothischen Styles begegnen wir zwei herrorragendeii 
Denkmalen, die unbedingt ztt den schönsten Österreichs zählen, — der Katharinencapelle zu Im b ach, 
nnd der Stiftskirche in Zwetl (1343—48), im Cathedralstyl, entschieden nach französischem Vorbild. 
Einfachere Bauten des XIV. Jahrhunderts sind die Chöre der Kirchen zu Weiten und zu Frie* 
dersbach. 

Im XV. Jahrhundert, welches sich Überhaupt durch grosse Bauthätigkeit auszeichnet, hier ganz 
besonders, da die Hussiten so viel zerstörten, entstand die bei weitem grösste Anzahl von Kirchen. 
Der Einfluss des St. Stephansdomes in Wien ist hierbei nicht zu verkennen; in den Kirchen zu Eggen- 
burg und Krems erscheint dieser geradezu nachgeahmt. Diese bilden wieder Ausgangspunkte ftlr die 
Bauthätigkeit der Umgegend, was aus verschiedenen characteristischen Zügen hervortritt. Besonders 
wuchs um diese Zeit die Bedeutung der Hauptstadt Krems in dem Hasse, als sie an Wohlstand und 
Blttthe zunahm. Wir treffen eine ziemliche Zahl von Kirchen mit etwas tiber die Abseiten erhöhtem Mit- 
telschiffe, eben wie bei St. Stephan (S t e i n, Schönbach, Heiligenblut, Döllersheim, Laach), 
daneben Hallenkirchen (St. Wolfgang, Schweiggers, Unserfrauen, St. Michael, Pöch- 
larn u. a.), Kirchen mit niedrigen Abseiten (Aggsbach, Emmersdorf, Lengenfeld, Zöbing, 
Langenlois, Weissenkirchen), die unschöne Form zweischiffiger Kirchen (Imbach, Loiben, 
Pöggstall, Salingstadt, Leiben, Dietmanns, Schrems, Thaya) und kleinere einschiffige 
mit einwärts springenden Strebepfeilern (Krems, Spitalkirche und Ursulacapelle, Sohwallenbach). 

Denkmale der Stein-Sculptur sind wenige und mehr decorativor Art (Krems, St. Michael, 
Spitz), einige zierliche Sacramentshäuschen (Heiligenblut, Drosendorf, Eggenburg, Weiten), 
dagegen tüchtige Schnitzwerke (Imbach, Pöggstall) und eine erhebliche Anzahl von mitunter treff- 
lichen Flügelaltären, theils mit geschnitzten, theils mit bemalten* Flügeln (Laach, Heiligenblut, 
Sehönbach (3), Buchberg, Pöggstall (4), Zwetl, Eggenburg, Weiten), die in ihrem 
Styl einen Zusammenhang mit den fränkischen Schulen, deren Einfluss sich wahrscheinlich durch wan- 
dernde Qesellen herabzog, bekunden. Werke der Kleinkünste sind, wohl in Folge der stürmischen 
Ereignisse wenige erhalten (Zwetl, Altenburg); Glasmalereien finden sich sehr interessante zu 
Weiten (XIV. Jahrhundert), St. Wolfgang, Heiligenblut, Friedersbach (XV. Jahrhundert). 

Hier, wie überall war der Geschmack, oder vielmehr die Geschmacklosigkeit der späteren bau- 
und renovationssüchtigen Periode, welche die früheren verdammte, der grösste Feind der mittelalter- 
lichen Kunstdenkmale. 



Schloss Ober-Banna. 

Das Schloss kommt urkundlich mit Bestimmtheit zuerst im Jahre 1123 als ein Besitz der Herren 
von Ranna , eines Geschlechtes , das im XIV. Jahrhundert ausstarb , vor ') ; im XV. und XVI. Jahr- 



1) Waldo von RaiDa schenkte in diesem Jahre das beuachbarte Brandhof an Gerbirga, Schwester Leopold*s III.; 
diese, Witwe des Herzogs Borziwoy von Böhmen, die als Nonne zu Göttweih starb (1142), schenkte es diesem 
Kloster. Der berühmte Abt Gottfried Bessel (f 1749), Hess darch den tüchtigen Architecten Prandauer aus St 
Polten , den Erbauer von Molk, ein sehr zierliches Jagdschlüsschen aufführen , welches jetzt Brandhof heisst. 



des Hittelaltera «to. f S 

hundert ^hBrte ea der Familie Neydeok, von der Hans im Jahre 1414 das PanlineAloster la Untere 
Baona stiftete *). 

Da« Scfalogs stammt fast ganz ans neuerer Zeit; in einem alteren, später aber aneh ri^ach Ter- 
Snderten Theile bat sich ein merkwürdiger Banrest erhalten. Ee ist ein fast qaadratisehw Raum von 
16 Fase LSnge, 15 Fnss Breite, 9 Faas HObe, mit randbogigen ErenzgewOlben bedeckt, welehe von 
vier in der Hjtte in ein Quadrat (von 6 Fbbs) gestellten Sänien, an den Winden von flaehen, gani 
BohmockloBeo Wandpfeilem getragen werden ; zwischen die breiten, bandartigen Lttngen- und Qnergnrte 
sind GratgewOlbe eingespannt. Die fünf Fnss hohen SKnlen aind einfach nnd roh gebildet; die Basis 
besteht bloss ans einer rnnden Platte mit starken Eckwarzen (f^g. 1), die achwerfUUigen, onveriiSlt- 
nissmtlssig grossen GapiUUe haben keine Decksimse. Eines derselben ist ganz nnverziert, bloss eia 
mftehtiger, trapezibnniger Stein, zwei haben flache, oben abgerundete Blatter, an den Eoken einfache 
Schnecken, das vierte zeigt flache, änsserst roh gearbeitete Reliefs: anf dner Seite die BOste eines 

Fig. 2. Flg. 8. 

Fig. 1. 




Hannes, der in ein Hörn bläst (Fig. 2), anf der zweiten ein Sehaf, anf der dritten einen Esel, aaf der 
vierten den Obertheil eines Mannes, der mit einem Knittel nach einem Hasen schlägt (Fig. 3). Bei der 
plnmpen Unbeholfenheit der Arbeit, die wohl zum Theil auf Bechnnng des harten, schwer zn bearbei- 
tenden Materiales (Granit) kommen mag, ist es schwer, die Zeit der Erbannng dieses Ranmes zn be- 
stimmen , da sich bei untergeordneten Bauwerken ein filterer Typns oft sehr lange erhielt, doch dttrfte 
diese kaum später als in die Hitte des XU. Jahrhunderts zn setzen sein. Ebenso ist die urBprüngliohe 
Bestimmung nicht zu erweisen; möglich, dass es der untere Raum einer Doppelcapelle ist, wahrschcin- 
lieher jedoch diente er zn Ökonomischen Zwecken, zur Aufbewahrung der Jagdgeräthe oder dgl., wor- 
auf die Reliefs zn beziehen wären *). 

Euenriug. 

Nach Angabe der Zwetlpr Chronisten hicBs dieser Ort von dem berühmten Azzo von Gobarts- 
borg, der bei Egenburg dem Markgrafen Leopold II. den wichtigen Sieg Über die Böhmen erfocht 
(1063), nrBprttnglicb Azmannswiesen nnd Azzo erbaute aas Dankbarkeit fUr diesen Sieg hier eine Kirche 
ZB Ehren der zwDlf Apostel (nach Anderen der heiligen Philipp nnd Jacob), die von Bischof Altmann 



1) Es war das STste Kloster der Panlin er - Eremiten in Österreich. Nach der Anfhebung Im J. 1762 vnrdcii die Oe- 
bXnde tbeils abgebrochen, theila za einer Graphit- Fabrik eingerichtet Ansfllhrliches darüber: Beil: ,Daa Donan- 
ISndchen der k. k. PatrimonialherTschaften." 392 tind 463. 

3) Der Volksglaube, oder Tielmehr die Sucht nach AbeDteaerlichem in alten SchlSsBern, maobte danni täat Stätte 
des Vehmgericbtes. (S. Schmidh pWiena Umgebungen* L 493.) 

10* 



T6 Or- Ediurd Freih. von Sacken, 

TonPaasan geweiht wurde '). Azzos Enkel Albero nannte sich zuerst von Knenring *) nod wahrBcfaeiO" 
lieh er erbai^te eine gewaltige Burg (caatrum miri operis), welehe den Namen Knenring erhielt '), und 
diesen ancb wahrscheinlich dem Orte Asmanoswiesen gab. 

Die kleine Kirche, welehe 1276 als Pfarre vorkommt, hat eine sehr .eigentbtünliche Anlage 
and zeigt Banfonnen des streng romanischen Styles. Es ist ein oblonger Raum von 48 Fnss Länge, 
16 Fnss Breite mit hdbmnder Apsis an der Östlichen SchmtUseite, an der Südseite mit einer halb so 
breiten Abseite, die durch breite, von schmucklosen viereckten HanerkSrpem getragene Rundbogen 
mit dem Hanpb-aume commnnicirt. An das Ostliche Ende derselben (neben der Apsis) ist der viereckige, 
massive Tbnrm angebaut (Fig. 4), welcher ebenfalls mit einer kleineren, im Grundriss einen Dreiviertel- 
kreis bildenden Altar- ' p, ^ Die Anlage der Kirche 
nische versehen ist. Ans ist wohl eine seltsame, 
diesem Umstände geht ungewöhnliche , aber 
hervor, dass das Erd- nicht ohne Beispiel *). 
gesehoss des Thurmes Die Ursprttnglichkeit 
eine Capetle war — derselben beweist die 
eines von den wenigen westliche Giebelmaner, 
erhaltenen Zeugnissen, der gleiche Anfban der 
dass der Tbnrm in äl- Umfassungsmauern und 
terer Zeit eine höhere des unteren Theiles 
Bedeutung fllr den Cul- des Thnnnes. Bei ErhO- 
tus hatte, und nicht hung des letzteren im 
allein wegen der Glo- Jahre 1747 wurden ver- 
cken aufgeführt wurde. schiedene Hauern ein- 
gezogen, die Apsis abgeschlossen, im Innern ganz verändert; noch mehr wurde diese verunstaltet 
beim Bau der Sakristei. 

Die Bedeckung des Schiffes und der Abseite war ursprünglich ohne Zweifel flach, wie aus dem 
Hangel von Gurtträgern an den Mauern und dem Verbältniss der Hohe derselben zum Giebel bervor- 



1] Link: „Annales Zwetlena." I, 59. 
2) Die AbstanunnDg ist folgende : 



Auo ▼on Oobartabni^ 

i 1100 
—\ 



Albmo 

.1 



nigrlm Hadmw tob ObnoAun, Albero* 

(Presbyter) Stifter des KloBtere Zwetl, zuerst genannt von Chmarlng 

t 1148 t 1182. 

der zweite Stifter von Zwetl 
t 1211. 

Dieses mSchtige, auagebTeitete Geschlecht, das in der Geschichte Österreichs eine bedeutende Bolle spielte, 

starb aus mit Johann Ladislans auf Seefeld 1594. 
S) Zur Zeit der Stiftung von Zwetl durch Hadmar von Chuoffam llSd stand die Burg noch uicbt, scheint aber bald 

darauf gebaut worden zn sein. (Frast: „Stiftungen Buch des Kl. Zwetl." 32. 
4} So hat die Kirche zu Altenet»dt in Oberbiüem an der Ostseite fiber den NebenehBren viereckige TbOrme mit 

Apsiden (Purster: .Denkm. d. Bauk. n, 13}, die Thtlrme des Domes von Naumburg haben Aisiden (Put- 

trich: „Denkm. d. ßauk. in Sachsen." S. Abth. Taf. 19), ebenso mehrere Kirchen Belgiens. Die zweitheiltge 

Anlage kommt bei einigen kleinen romanischen Kirchen Tirols vor. 



Kmutdenkmale des Hitteliütera eto. TT 

g:eht; sie wtu*eD etwas hSher als die Anläufe der gegenwfirtigeu, ntoderoen Gewölbe. Die Abseite war 
niedriger aber mit dem Hanptranm unter einem Dache. Hebrere Renovationen, 1&94, 1683, beeonders 
aber 1747 darch den Pfarrer Josef Brann haben die alten Banformen grossentbeils zerstört; die Fenster 
worden erweitert, Uanem einge20gen u. s. w. Details sind nur mebr an den beiden Apsiden zn finden, 
nemlicb an der des Hanptranmes Lisenen mit darauf gelegten Halbsäalen ohne Capitäle, durch einen 
gegliederten RundbogenfHes verbunden (Fig. 5), dessen grosse Bogen (nur zwei zwischen jedem Liee- 
nenpaar) in keinem Verhältniss zu den geringen Dimensionen des Baues stehen. Das Dachgesims be- 
steht ans Platte, Rundstab und Schräge (ohne Hohlkehle) ; Über der Dachspitze *) ist eine roh gearbeitete 
Halbfignr, aus dem Knopfe, der das Dach -absehlieBBt hervorgehend und die Hände auf denselben 
legend (Fig. 9) eingemauert *). Unter dem fein aus Platte, Hohlkehle und Rnndstab gegliederten Daofa- 



Fig. Ö. 



Fig. 6. 




Simse der Altamische des Thurmes, welche zugleich den Abschlag der Abseite bildet, läuft ein geglie- 
derter Rundbogenfries ohne Liseuen (Fig. 7). 

Den wenigen erhaltenen Bauformen nach zd schliesaen, durfte die Kirche ziemlich gleichzeitig 
mit der dicht dabei stehenden Bnrg, nemlich zwischen 1140 und 1180 entstanden sein. 



1) Du Dach bestand obne Zweifel ans Steinplatten, ist aber jetzt durch ein Schindeldach ersetzt. 

2) Ähnliche Figuren, denen eine synibolische Bedeatong bu Gninde zu liegen scheint, auf den Giebelspitien des Sar- 
ners zn Pulkan („Hittheilongen der Central - Commission 1860," 339), und des Thnrmes zn D entaeh-Alten- 
burg („Sitzungsber. d. phil. bist. CI. der kais. Academie," IX. Bd. S. 77S), anch auf der Spitze des Apsisdaclies 
nnd fistlichen Giebels der Kirche tu Wechselburg (Pnttrich I, 1 Bl. 13) und an anderen Orten. 



78 Dr. Eduard Freih. von Sacken, 

Sfldlioli von der Kirche anf dem Friedhofe steht eine Orabcapelle oder Karner^) (Fig. 8, 9), 
TOD der typisohen mnden Omodform mit etwas ttber den Halbkreis verlängerter Apsig. Der Haaptranm 
bat einen DurobmeMer tod IT Fnss. Es findet hier die Eigenthttmlichkeit statt, dasa die in der Regel 
unterirdische Oraft (8'/^ Fnss hoeh), fast ganz ttber den Boden aufgebaut ist (5'/i Fnss), daher tn die 
Capelle, deren Trennung von dem Gmftraanie aussen durch eine bedeutende Verjüngung der Haaer 
Fi«. 8. Fig. 10. 



bezeichnet ist, eine Treppe flthrt *). Dadurch war die sonderbare Form der Apsis gegeben, welche, 
da sich unter ihr kein Gmftranm befindet, nuten consolenartig abgestuft wurde, somit auf Tragsteinen 
mht *). Der Eingang in die Capelle, rechtwinklig abgestuft, hat auf jeder Seite zwei Säulen (die Schäfte 
fehlen) mit Enoapencapitälen — eines mit flachen einzelnen Blättern und einem Laubkranze — durch 
starke Rnndstäbe im gedrtlckten Spitzbogen verbunden (Fig. 10). Der Hauptranm scheint mit einem 



1} Die Bedentnng dieser mit einer Gruft Tenehenen Friedhof »pellen als Orabcapellen aod der Zasammenhang 
der Grundform mit den römischen Orabmonumenten ist schon oft besprochen und sicher gestellt. (,S. Hitth. d, Centr.- 
Comm." LJahrg. 1856, 54. — 111. Jahrg. 1858, 268. We ingSrtner: „System des christl. Thnrmbanes.' 49. 

S) Dieselbe AnordnUDg findet sich an den Rnndcqiellen in 3t Veit, im Geiasthale bei Rein, an POlsnndsa 
Harein in Steiermark, in St Lorenz bei Enns (Mittheil. IV, 1869, 47) QDd za Hardegg (s. nnton). 

S) Ähnlich die Grabcapelle bei Rein in Steiermark („Jahrbach der CeDtral-Commission* II, 214), die an den Kretu- 



KunahtenkiDale des Mittelalters etc. 



Kuppelgewölbe bedeokt gewesen za 
einer Reetanration im Jahre 
1760 her. Die Apsis hat ein 
nach innen stark eingezoge- 
nes Kandbogenfeneter. Den 
Baafonnen nach gehSrt die 
Capelle der apät romanischen 
Periode,, dem XIII. Jahrhun- 
dert an. In der Nähe liegen- 
noch einige wahrhaft cyklo- 
pisebe Manertrflmmer der 
alten Bnrg, ans FelsblOcken 
in einer Dicke von 12 — 14 
FoBS ; in einem ist noch eine 
BchmaleThUre; er bildet den 
Calvarienberg. Die Ring- 



sein, die gegenwärtige Bedachnng, wie die Fenster rUhren von 



Fig. 11. 



maner der Kirche scheint 
dem XVI. Jahrfanndert anzn- 
gehQren; noch Tor einigen 
Jahren war in derselben eine 
tiefe, im Flacbbogen Über- 
wölbte Nische zn sehen mit 
der Inschrift : NON BAPTI- 
ZATI in grossen Uncialen 
(Fig. 11). Es wurden hier 
die todtgebomen, daher nn- 
getanften Kinder begraben, 
wie noch bei manchen Kir- 
chen für diese eine besondere 
Begräbnisestatte ist. Jetzt 
ist diese Nische vermanert. 



Im Kreise ob dem Manhartsberg und auch in anderen Gegenden Niederösterreichs findet sich 
eine nicht nobedeotende Anzahl von Kirchen, welche die EigenthOmlichkeit zeigen, dass sich der Thurm 
in der Mitte des Baues zwischen Schiff und Chor erhebt, ganz oder doch in seinem unteren Theile ein 
Überrest der romanischen Periode. Im Innern bildet der Tfaurm eine quadratische, von vier durch Rand- 
bogen verbundenen Pfeilern begceczte Halle, die gegen das oft auch dem romanischen Style angehörige 
Schiff und den meist erst im XV. Jahrhundert angebauten spät gotfaisehen Chor offen und bedeutend 
schmäler ist als diese beiden Bantheile, somit wie ein karzer Qang zwischen ihnen erscheint. Diese 
Disposition zeigen die Kirchen von Weitra, GmUnd, Stratzing, Alt-PSIla, Salingstadt, 
Scbweiggers, Raabs, Spital, Putkan (Michaelskirche), Neunkirchen (V. U. W. W.), St. 
Egyden am Steiufehl n. a. Bei einigen ist diese Stellung des Thnrmes zwischen Schiff und Chor offen- 
bar die ursprtlngliche Anlage (Weitra, Alt-POUa), bei anderen hatte der Thurm eine Apsis oder vier- 
eckten AUarranm, und seine Halle bildete also den Chor (hei der einschiffigen ursprünglich flach ge- 
deckten Friedhofkirche zn Weitra, zu Salingstadt), wieder bei anderen scheint die Thnrmhalle 
selbst den Altarranm, das Fresbyterium gebildet zu haben (z. B. in Globnitz) *). Es dflrfte in dieser 
Stellung des Thurmes wohl die Spar seiner ehemaligen Cultbedentnng zu erkennen sein, die bei der 



gaag zQ St Feter in Sftlzbnrg »ngebaute Capelle (ebenda 60), das TreppentfaflrtacbeD an der Priedhofcapetle 
■n Wr. Nenstadt („Mittelalterliche KuDstdeDkm. des Uaten-. KaiaerBttatee' 11, 196) nnd die Curie zn Nanm- 
barg (Pnttrich a. a. 0, I, 2 S. 27 ) 
1) Diese Anlage zeigt eich gans dentlich an der Kirche zn Solen an (Kreis unter Wien. Wald); sie kommt auch an 
mehreren Dorfkirchen Schwabens vor, an der Kirche zuWeinsherg, der Stiftskirche ra Oberstenfeld im Ober- 
amt Harbach (Scbnaase: „Knnst^eich." IV, S, 144) nnd ist bei den Hohkircheo der Moldau nnd Walachei 
gewöhnlich („Organ f. christl. Kunst 1859," Nr. 3, 35). Der Thurm gerade vor der Altamische findet sich zu 
Frosek bei Prag, bei der Kirche de ia Qarde Adhömar im Departement du Drome, zn Fiber in Steiermark 
(„Jahrbncb der Central •Commiasion" 11, 211 ) 



80 ^f- Eduard Freih. von Sacken, 

Grosse der Thttrme selbst an kleinen Kirchen und bei der Kostbarkeit und der geringen Dimension 
der Glocken im XII. Jahrhundert wohl kaum zu bezweifeln ist ^) ; es ist gewissermassen eine Verein- 
fachung der Thttrme ttber der Vierung, wie sie bei grösseren Bauten in Anwendung kamen und scheint 
auf demselben Grundgedanken zu beruhen, tjbrigens findet sich eine solche Anordnung hie und da 
(z. B. in Brunn, zn Baden, Kreis unter dem Wiener Wald) noch im XV. Jahrhundert, wie sich ttber- 
haupt manche Formen des Romanismus der österreichischen Landkirchen bis in die Spät - Gothik ziehen ; 
man kann daher eine derlei Thurmanlage mit Sicherheit nur der romanischen Periode zuschreiben, wenn 
entschiedene Merkmale und Bauformen diese bekunden. 



Weitra, Om^nd, Baabs, Alt-PöUa. 

Die Kirche zu Weitra, welche wie auch das Schloss zwischen 1182 und 1190 entstand, war 
eine flach gedeckte Pfeilerbasilika, von der noch das Schiff mit niedrigen Abseiten, die durch viereckte, 
ganz schmucklose Pfeiler von dem breiteren Mittelschiff getrennt sind, erhalten ist. Die ursprttnglich 
flache Bedeckung geht aus der Stellung der Fenster des Mittelschiffes gerade ttber den Pfeilern hervor. 
Die gegenwärtigen Kreuzgewölbe, deren Rippen unmittelbar aus der Wand treten, stammen aus dem 
Ende der gothischen Periode, wie auch die Fenster der Abseiten und der Chor, dessen Gewölbsrippen 
auf einzelnen Halbsäulen ruhen. Zwischen diesem und dem Schiff steht der Thurm mit rundbogigen 
Schalllöchern. Eine ganz ähnliche Anlage zeigen die Kirchen zu Gmttnd *) und zu Raabs '). Dadurch, 
dass das Mittelschiff sammt den niedrigeren Abseiten späterer Zeit unter ein Dach gebracht wurde, 
bttsste dasselbe seine Fenster ein. Bei ersteremBau hat der zwischen dem Schiff und dem spät gothischen, 
dreiseitig geschlossenen Chore stehende Thurm ein durch eine Mittelsäule mit attischer Basis, Wttrfeloapitäl 
und weit ausladendem Kämpfergesimse (wegen der Dicke der Mauer) untertheiltes Rundbogenfenster. 
Die Arcadenbogen der Kirche zu Raabs sind im Halbkreis. Die Chöre beider Kirchen sind spät gothisch 
mit Kreuzgewölben , die au^ Halbsäulen ruhen. Von derselben Art ist auch die Kirche zu Alt-Pölla 
(vormals Polan) *). Hier ist deutlich die ursprttnglich flache Bedachung des ttber die Abseiten erhöhten 
und mit Rundbogenfenstern versehenen Mittelschiffes zu erkennen; die Mauern desselben sind höher 
als die spät gothischen Gewölbe (wahrscheinlich gleich denen der Abseiten und dem Bau des Chores 
von 1461) und haben der Länge nach einen sechs Zoll breiten rothen Streifen, der den Abschluss be- 
zeichnet zu haben scheint. Der Thurm, dessen Halle der ursprttngliche Altarraum gewesen sein soll, 
steht wieder am Ende des Schiffes in der Mitte zwischen demselben und dem späteren Chor. 



1) WeingSrtner a. a. 0. 27. 

-2) Vielleicht wurde diese durch Hadmar IL von Kuenring, der Gmünd besass, und von dem es heisst, dass er mehrere 
Kirchen „in Nortica silva** baute, gegründet. (Fräst: »Stiftungen -Buch von Zwetl.** 67.) 

8) Die Grafen von Raabs oder Ragz kommen urkundlich schon im XII. Jahrhundert vor (Konrad, Donator an Garsten 
und Zwetl 1171, Fräst: „Stiftungen -Buch von Zwetl** 58), die Pfarre zu Anfang des XUI. Jahrhunderts; 1204 
erscheint hier ein Pfarrer Wemher (Fräst, 436). S. Joh. Grübel inSchmidTs »österr. Blättern f. Liter, 
und Kunst** 1847, 665 flf. 

4) 1195 verzichtet Leopold in. zu Gunsten des Bisthums Passan auf den Zehent von POlla; 1158 kommt schon ein 
Pfarrer vor (Meiller: „Begesten der Babenberger" 20, 52 und 41, 46). 1427 wurde die Kirche durch die Hussiten 
verbrannt, worauf die grosse Renovation und der theilweise Neubau stattfand. Es stand hier ehemals ein Karner 
mit Gruft, von der noch Spuren zu erkennen sind (S. Schweickhardt*s „Topographie von Niederösterreich 
V. 0. M. B." Band U, 250 ff.). 



KunatdeDkmale des Mittelalters etc. 81 

■ 

Salingstadt '). 

Hier ist unmittelbar an die quadratische^ rundbogige Halle des starken, massiven Thurmes, der 
rundbogige ScballlOcber bat; durcb Säulen mit attiscben Bafien, Kelcbcapitälen und bohen, ausladenden 
Kämpfergesimsen untertbeilt, ein kleiner viereckiger Altarraum angebaut, der an der Ostlicben Wand 
mit einem scbmalen, nacb innen stark eingezogenen Kundbogenfenster verseben ist. Diese Tbeile sind 
romaniscb. Das' Scbiff an der entgegengesetzten Seite der Thurmballe, die also bier gewissermassen 
den Cbor bildet, ist ein spät gotbiscber Bau, durch drei schlanke, achteckige Granitpfeiler in zwei 
Schiffe getheilt, mit einfachen, unmittelbar aus den Pfeilerflächen und den Wänden entspringenden 
Rippen der Kreuzgewölbe ; die Fenster modernisiert. 

Der Taufstein, kelchförmig, achteckig, mit doppelten Rippen an den Kanten und ausladendem 
Fusse , aus einem Granitblocke gehauen , ist aus dem XV. Jahrhundert. 

Gross -GlobnitZ (Glocknitz). 

Bei der kleinen Kirche dieses Ortes, der schon im XII. Jahrhundert urkundlich genannt wird *), 
bildet die Halle des Thurmes , dessen romanischen Ursprung die Bauart und die mit einer Mittelsäule^ 
wel(^e attische Basis und Wttrfelcapitäl hat, versehenen Rundbogenfenster bekunden, den Altarraum, 
welche Disposition die ursprüngliche zu sein scheint '). Das Schiff, westlich daran gebaut, zeigt im 
vorderen Tbeile Banformen des XV. Jahrhunderts (die GewOlbsrippen ruhen auf langen Consolen), der 
hintere Theil ist modern ; es hat keine Pfeiler. 

Die Rundcape 14 e neben der Kirche ist ein spät gotbiscber Bau. Der aussen ganz schmuck- 
lose runde Hauptraum ist mit einem Netzgewölbe bedeckt, dessen Rippen auf kleinen Consolen ruhen, 
der Eingang befindet sich wegen der, über den Boden b erausgebauten Gruft in einer beträchtlichen 
Höhe über dem äussern Terrain ; die Fenster spitzbogig. Die Apsis ist dreiseitig geschlossen, mit einem 
einfachen Kreuzgewölbe und dem Schlussgewölbe, dessen Rippen in eine Spitze zusammenlaufen, be- 
deckt, und hat spitzbogige, zum Theil noch mit einfachem Masswerk versehene Fenster. Das Gewölbe 
der Gruft stützt in der Mitte ein achteckiger Granitpfeiler ohne Kämpfer. 

Wir haben hier ein interessantes Beispiel, wie die Grabcapellen neben den Kirchen nicht nur in - 
ihrer Bedeutung als kirchliche Bauten, sondern* auch in ihrer typischen runden Form ^) bis in das späte 
Mittelalter herabreichen, ein Beweis des zähen Festhaltens an herkömmlichen Formen, besonders bei 
Bauten auf dem Lande. 



1) Schon im Xm. Jahrhundert war bier das Stift Zwetl begütert; 1306 kommt ein Pfarrer Namens Konrad vor (Fräst 
a. a. 0. S. 550). 

2) Fräst: ^Stiftungen-Buch.** 58. 

3) Wie auch in Sol enau V. ü. W. W. 

4) Der Hauptraum war schon in der spät romanischen Periode oft statt rund ein Polygon (wie zu Pnlkau, Neu- 
stadt, Tuln, St. Lorenz bei Eons, die Walderichscapelle zuMurhardt in WQrtemberg («Jahresb. d. Wttrtemb. 
Alterth. -Ver. Heft V, VI) fast ein Quadrat), in der früheren gothischen gewöhnlich ein solches (wie zu Zellern-* 
dorf V. U. M. B., zu Mühlhansen und Heiligenstadt in Thüringen). Von der spXt gothischen Form eines 
Oblonges mit dreiseitigem Abschluss gibt es in Österreich viele Beispiele (s. unten St Michael, dann Kirch- 
schlag, Wirflach, Aspang, Berchtol dsdorf. Randegg, Anzbach, Ptfchlarn, Winzendorf). 

V. 11 



fH Dr. Ednwd Freih, von Sacken, 

Ein zweites Beispiel dieser Art bietet die Rotnnde za 

Burg - Schleinitz '). 

Diese ist ganz aus Quadern erbaut, von 16 Pubs Durchmesser, eben so hoch, mit tialbkreisfBr- 
tniger Apsis (Fig. 12). Der Fussbodeo der Capelle, aussen durch das Sockelgesimse markirt, ist wegen 
der darunter befindlichen Gruft um 4 Fuss gegen das umliegende Terrain erhobt. Vom Sockel zu dem 
einfachen, bloss aus Platte uod Schräge bestehenden Kranzgesimse laufen am Hauptt-aum sechs, an 
der ApsiB vier Hslbsäulen ohne Capitäle, oben stumpf anstossend hinauf; sie entsprechen den Halb- 
säiilen des Innern, welche das StemgewOlbe tragen (Fig. 13), dessen an den Seiten eingekehlte Rippen 
ohne Gliederung, ohne Vermittlung eines Capitäls aus denselben entspringen. Diese Wandsäulen stellen 
auf hohen, tbeils runden, theils achteckigen Sockeln; der GewOlbescblussstein ist mit einer aus einem 

Fie:- 12. 

Fig. 13. 



Dreieck und einem Kleeblatt combiuierten Figur, in derselben ein Wappenschild, geschmUckt (Fig. 14). 
Sechs Stufen ftlhren zn der spitzbogigen , von einem Stabe zwischen zwei Hohlkehlen umrahmten Thüre 
an der Westseite. Das kegelförmige Dach ist ganz aus Quadern aufgemauert, die Spitze ziert eine 
grosse Kreuzblume (der Stengel mit der Knospe fehlt). In der Apsis steht noch der Altarstein ; 



1] Dieser Ort kommt schon im XI. Jahrhundert vor (Hoeber: „Aiistriii ex arch. Mellic." p. 1); spHter gehörte er 
den KaeariDgem. Andere Beispiele solcher Rotundeo ans später Zeit zu Kriedersbach und Hsrdegg (siehe 
weiter unten). 



KanBtdenkmale des Mittelalters etc. 8S 

an der Wand bemerkt man Sparen von Fresken unter der Tünche. Die Gruft unter dem Hauptraum, in 
welche eine spitzbogige Thttr ftahrt^ 13 Fnss hoch; ist mit einem Kreuzgewölbe ohne Rippen ttberwOlbt 
Alle Bauformeu deuten auf die zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts als die Zeit der Erbauung hin ; die 
Verbindung der einzelnen Theile bezeugt die Einheit des ganzen Baues. Aussen' an der Capelle befindet 
sich eine Predicatoren 7 Kanzel y. J. 1583. 

Der untere Theil des Thurmes und die Umfassungsmauer des Schiffes der Kirch e, neben wel* 
eher die beschriebene Rundcapelle steht , zeigen romanische Formen; so der erstere rundbogige Schall« 
lOcher mit Mittelsäule, letzteres den Rundbogenfries mit Zahnschnitt darüber und Reste einer rundbogigen 
Pforte. Eine durchgängige Renovation 1 728 hat alle übrigen alten Bauformen vertilgt ; der Chor ist 
spät - gothisch in den gewöhnlichen Formen, wahrscheinlich gleichzeitig mit der Gapelle. — Die Ruinen 
der Burg Schleinitz sind auch grösstentheils aus dem XV. und XVI. Jahrhundert. 

Die Gisterzienser- Abtei Zwetl 

hat Baudenkmale romanischen und gothischen Styles^ welche zu den bedeutendsten und interessanten 
Österreichs gehören; die Stiftskirche im Cathedralstjl ist unstreitig einer der prachtvollsten und 
vielleicht der im Style reinste Bau, an dem sich die herrlichste Blüthe der Gothik entfaltet , — der 
Capitelsaal ein höchst interessantes Denkmal des rein romanischen Styles in sehr eigenthümlichen 
Formen; der Kreuz gang ein durch Reichthum an schönen Details und Mannigfaltigkeit der Com- 
binationen ausgezeichnetes Bauwerk des Übergangsstyles '). Die Schatzkammer des Stiftes enthält man- 
ches schöne Werk der Kleinkünste. 

Die Abtei wurde im J. 1138 von Hkdmar von Chuoffarn gestiftet; der Bau im folgenden Jahre 
begonnen ; 1159 war die Stiftskirche *) vollendet und wurde das Kloster bezogen. Die weitere Förderung 
des Baues Hess sich Albero von Kuenring (f 1182) und dessen SohnHadmar, der ihn zu Ende brachte, 
besonders angelegen sein. Ersterer baute den Capitelsaal und eine Seite des Kreuzganges. 

Der Capitelsaal; der älteste Baurest de&KlosterS; ist ein Quadrat von 33 FusS; mit vier Kreuz- 
gewölben überspannt; die sich alle in der Mitte auf eine einzige ; gewaltige Granitsäule stützen. Diese, 
mit attischer Basis ; daran blattartige Eckwarzen , versehen; hat statt des Capitäls acht kurze ; unten 
abgeschrägte; und so die Last und den Druck der auf ihnen ruhenden breiten Oewölbsgurte gleichsam 
auf den Schaft übertragende Halbsäulen '); die mit würfelartigen Capitälen und wenig ausladenden 
Decksimsen versehen sind; an den Wänden ruhen die Quergurten auf Wandpfeilern ; die Kreuzgurten 
auf Halbsäulen. Die rundbogige Pforte hat auf jeder Seite zwei Säulen mit Würfelcapitälen und zwei ohne 
Unterbrechung herumlaufende Wulste; die Fenster in den Kreuzgang; sehr breit; an den Gewänden mit 



1) Die Bandenkmale Zwetls sind ausführlich von mir beschrieben nebst einer historischen Skizze (mit besonderer Rück- 
sicht auf die Culturgeschichte) in dem Werke : H e i d e r nnd Eitelberger: «Büttelalterl. Denkmale des Osterr. 
Kaiserstaates," II, 37—58 mit 5 Taf. und 23 Holzschnitten; dieselben werden daher hier nur kurz behandelt. 

2) Es war eine gewölbte Pfeilerbasilica, ungefähr 160 Fnss lang, mit niedrigen Abseiten, halbrunder Altanrorlage, einem 
kleinen Thurm Über der Vierung, Rundfenstem im Mittelschiffe und Säulenportal. 

3) Dieser Gedanke liegt der Anordnung der abgeschrägten Dienste zu Grunde; er findet sich in ähnlicher Weise, aber 
nicht so scharf ausgeprägt an der Säule des- Gapitelsaales im Kloster Bebenhausen (Kallenbach: „Atlas zur 
Gesch. d. Baukunst.*' Taf. XXV, Fig. 4, an den Pfeilehi der Elisabethkirche zu Marburg und in dem Dom zu Wetzlar 
(Eugler: „Gesch. der Baukunst" III, Hl). Im gothischen Style ist eine solche Anlage mit einer Säule Inder 
Mitte nicht selten, so in Marienburg, die Sakristei zuRfigenwalde, die Gertrudskirche in Wo 1 gast und viele 
englische Bauten. 

11* 



$( Dr. Eduard Freih. von Sttkmt, 

Sftnlea sind jedes durch eine Mittelsfinle antertheilt. Die Formen sind dnrchans schwer nad ptiusp, 
an den Basen sind Eckwarzen ^ an den Pftthlen gewundene, knotenartige Ornamente angebracht. 

Der Kreuzgang (die Nordseite vor ii8i, die Übrigen Seiten von Hadmar von Kaeuring bis 
1217 gebaut) im scbönsteq Übergangsa^le, ist nach Art der Cisterzienser - Kreuzgänge dieser Zeit gegen 
den Hof mit (ehemals) offenen Arcaden versehen '). Die Kreuzgewölbe sind durchaus im gedruckten 
Spitzbogen gefUhrt; die breiten an den Kanten mit Knudstlthen versehenen Garten und die reich profi- 
lierten Rippen ruhen ao der Süsseren Wand auf je drei gebändelten Halbsfiuten mit zusammenhängenden 
Basen anf gemeinschaftlichem Sockel, an der innem Wand (gegen den Hof) auf je drei schlanken, nm 
einen Wandpfeiler gestellten Dreiviertelsäulen. Die Felder zwischen letzteren werden von grossen Arcaden- 
bogen durchbrochen , deren 5 Fuss hohe S&ulchen auf der 3 Fnas hohen Parapetmauer stehen. Die ein- 
zelnen Seiten sind nicht gleich, es herrscht hier besonders in den Details eine schOne Abweebslnng. 
Die Nordseite zeigt am entechjedeoBten die romanischen Formen sowohl in der Gliederung der Ge- 
wSIbsgarten, als in den Arcaden, von denen jedes Feld drei gedruckte Spitzbogen (im östlichsten drei 
Rundbogen) enthtUt, die von sechzehn Säulchen , nemlich zwei freistehenden Bttndeln von je fUnf in's 
Kreuz gestellten und dreiWandaUulehen anf jeder Seite gestutzt werden; in der Mitte darüber eine Öffnung 
mit einem Säulenpaar in der Mitte *). An den Säalencapitälen entfaltet sich eine reiche Ornamentik; der 
Natur entnommene Motive (Fig. 15) neben strenger stylisierten (Fig. 16, IT) selbst antikisierenden zeigen 
<Üe schöpferische Kraft des romanischen Styles in Hervorbringang mannigfaltiger Formen in nohOner Weise. 

Fig. le. 

Fie. Ifi. Fig. 17. 



Die Ostseite bat wegen des daran stossenden Capitelsaales einige Unregelmässigkeiten in den 
OewBIben, von denen die beiden nördlichsten verschoben sind, das zweite ist durch eine Querrippe auf 
hoher, in der Mitte mit einem Bund versehener Säule getheilt; an der äusseren Mauer bilden einzelne 
Säulen (zwei derselben mit canneliertem Schaft) die Gurtträger. Die Anordnung der Arcaden ist hier so, 
dass jedes Traväe zwei runde Blendbogen enthält, welche je zwei offene, von einem gehoppelten Sänlen- 
paar gestutzte Rundbogen Überdecken, darUber in der Mitte ein Rnndfenster 'mit Zackenbogen. Eine 



1) Ähnlich wie in Heiligenkrens (Heider nnd Eitelberger: .Knostdenkui. des Mittelalt. iu Uaterr. Kaiaer- 
ataate I. 48), Lilienfeld (Sacken: „Kunstdenkm. dea Hittelalt. im Kreise ob dem Wien er- Walde" im O. Bd. 
dea .Jahrbuohea der Ceatral-Commisaion" 116), Tiachnowits. 

8) Ursprünglich waren die Aroaden offen, aber scben im XV. Jahrhundert wurden Pfosten nnd Masswerk behnfs der 
Verschliesanng mit Olta eingesetzt. — An der Nordseite, in der die Complet gehalten wurde und noch jeUt die 
PoMwasofanng vorgenommen wird, aieht sich eine steinerne Bank hin. In der Ostseite befinden sich Eahlreiche Fa- 
miüengraftttn der Herren von Staleck, Sanberg, Hippelsdorf o, s. w. 



KunBtdenkmAle de« MitteUlteni ete. 8S 

timliehe Anordnung zeigt die Stid- und Westseite, nur sind hier die inneren, offenen Bogen spitz 
nnd die SftateBaDtftbl rerringert. Von Capitälformen herrscht das Knospencapitäl vor, seltener sind kelch- 
fSnnige mit anderen Motiven (Fig. 18, Itf). Dieselben Banformen findet man an dem von der Stidseite 
in den Hof hinansgebau- Fiff- lö- ^- *^- auf Consolen stehenden 

ten, sechseckigen Brun- Sttalchen. 

nenhauB oder Wasch- Die gegenwärtig beste- 

hauB , mit Arcaden wie an hende Stiftskirche 

der Stidseite des Kreuz- wurde unter dem Abte Otto 

ganges ; die in der Mitte Grill mit UnterstUtzang 

in eine Spitze Eusammen- Herzogs Albrechts II., der 

laufenden Rippen rnhen in 1341 das Kloster besuchte, 

den Ecken auf einzelnen, sn bauen angefangen ; des 

Herzogs Schwager, Graf Ludwig von Öttingen und Leutold von Knenring legten am 3. April 1343 den 
Grundstein zum Chore, dessen Bau durch die allseitig zufliessenden Schenkungen so rasch gefSrdert wer- 
den konnte, dass er 1348 fertig war, und mit den dreizehn ihn umgebenden Capellen eingeweiht wurde. 
Das Schiff wurde nnr theilweise neu gebaut, der grossere Theil blieb vom alten Bane stehen. Als Ban- 
meiUer wird ein Magister Johannes genannt, und nach den auf französischen Einfluss deutenden Ban- 
formen ist es nicht unwahrscheinlich, dass er aus Prankreich kam. Die Erbauung des Chores fällt also 
in die Blüthezeit des gothischen Styles, dessen erhabene und brillante Schttnheit hier in einem herrlichen 
Beispiele erscheint. Es ist eine Hallenkirche von bedeutender GrSese (i\9 Faes lang, 89 Pubs breit, 
70 Fqss hoch) mit Chorumgang und Capellenkranz. Der Mittelraum des Chores, durch zehn reiche, mit 
je acht halbsänlenfVrmigen Diennten besetzte Bündelpfeiler vom gleich hohen Umgang getrennt, hat eine 
dreiseitige Begrenzung, der Umgang einen siebeneeitigen Abscbluss, was eine eigenthttmlicbe Com- 
hination der Gewölbe bedingt, die durch Einsetzung von dreikappigen Gewölben swisehen die recht- 
eckigen Kreuzgewölbe gelOst erscheint; die Pfeiler erhalten dadurch eine fünfeckige Grundform. Bei 
der gleichen Hohe der Räume haben die Pfeiler ganz herumlaufende Laubhränze von knorrigem Blatt- 
werk. Die am Chornmgang angebrachten Wandpfeiler erscheinen unten als einzelne starke Halbsäalen, 
welche die zu dreien gebtlndelfen Dienste tragen. Die Umfangsmauem des Chores sind ganz dareb- 
brochen, oben durch herrliche, viertheilige, 28 Fuss hohe Fenster, die trefiliohes, ans rein geometri- 
schen Figuren construirtes Masswerk in den Bogenfeldem enthalten , unten durch die Bogen , welche 
in die viereckigen, niedrigeren Capellen fllhren. Eine prachtvolle Wirkung bringt es hervor, dass ge- 
rade unter den Fenstern des Chorumganges die der Capejten sichtbar werden. Überhaupt macht der 
Obor einen imposanten Eindruck; durchgängig herrscht der lebendigste Organismus, die Wechsel- 
beziehungen der einzelnen Theile erscheinen klar vermittelt. Aach das Äussere mit seinen vom Umgange 
zu den hohen, mit Fialen und Giebeln gesohmllckten Strebepfeilern an den äusseren Umfassungsmauern 
geschlagenen Strebebogen gewährt ein reiches Ansehen *). 

Ans derselben Banzeit wie der Chor ist das Querscbiff; seine PlUgel treten nnr in der Breite des 
Capellenkranzes vor; die Giebel derselben an der Anseenseite sind mit prachtvollen Masswerkblenden 
geschmflckt. Nnr der Scheidbogen und ein Theil der nördlichen Abseite des Schiffes mit zwei daran hin- 
ansgebanten Capellen ■) gehören noch dieser Baaperiode an. Der Übrige Theil des Schiffes, dessen 



1) Dm du D«ch lief ehemiüs eine dlirchbroQhene Oallerie. Den Fint krOnt ein lierlicher Dachreiter. 

2) Ohne Zweifel aoUte die g^nzk Nordieite des Sobiffes Capellen mls FortaetsuDg des CapellenkranieB des Chorei er- 
halten; an die Sttdteite attiBst der Erensgang. 



Dr. Eduard Freih. von Sftcken, 



sädliobe Abseite bedeutend schmaler ist als die nördliche, stammt aus der Spfttzeit der Gothik, wie 
die plumperen Pfeiler ohne Einziehungen, die kahlen UmfasBungsmauem, die breiten, gedrückten Fen- 
ster mit sich kreuzenden Stäben statt des Haaswerkes zeigen ; er imrde wahrscheinlich nnter Abt Coloman 
1490 — 1495 gebaut. Per westliche Theil des Schiffes blieb aber noch immer ron der alten romauischen 
Kirche stehen, und wurde erst im J. 1720 durch Johann ttungenast eammt dem 270 Fuss hohen Thnrme 
im modern italienischen Style umgebaut. Aus dieser Zeit stammt auch die innere Ansschmtleknng 
der Kirche '). 

Fig. 20. 



Interessant sind die auf dem 
Leopoldsaltare stehenden £ I f e n - 
beinfiguren, die Abt Bohuslaus 
(1248—1258) TOn seinen Reisen nach 
Oiteaux mitbrachte, angeblich ein Ge- 
schenk KOuig Ludwigs IX., der oft 
den Generalcapiteln der Cisterzienser 
beiwohnte. Auf einem Postamente steht 
Uaria (1 Fusb hoch), auf dem Arme 
-das ganz bekleidete Kind, welches 
seinen rechten Arm am ihren Mals 
schlingt (der linke fehlt) ; sie blickt es 
freundlieh an und zeigt ihm ein Spiel- 
zeug, welches sie in der rechten Hand 
hält '). Daneben die Verkündigung in 
3 Zoll hohen Figuren ; Maria stehend, 
den Mantel Über den Kopf gezogen, 
den Blick zu Boden gesenkt, ein Buch 
in der Hand, eine feine, liebliche 
Gestalt, — der Engel mit kurz gelock- 
tem Haar, im weiten Mantel, in der 
Linken die Schednla mit: Are Maria, 
die Rechte in eigenthttmlicher Haltung 
gegen Maria ausgestreckt (Fig. 20), 
die Flttgel fehlen. Ferner ein Mann 
mit grauem Haar und Bart, vorwärts 



schreitend, in der rechtien Hand eine 
Krone (angeblich das Porträt KOnig 
Ludwig IX., wahrscheinlicher aber 
einer der heiligen drei Könige, von 
einer Gruppe, wofUr das ideale Co- 
Btttme spricht), unten vier kleine Halb- 
figuren von freundlichem Gesichtsaus- 
druck , Kronen auf den Händen tra- 
gend (Fig. 21). Es scheinen Bestand- 
tbeile. eines grosseren ReliquienkSst- 
ohens zu sein. Haare und Gewand- 
verzierungen Bind vergoldet, Augen, . 
Wangen, Lippen, sowie das Fntter 
der Gewänder, welche sehr klare, 
schone Motive in einfachen, wenig 
gebrochenen Linien zeigen, sind leicht 
bemalt. Die ROpfe erhalten einen 
eigenthämlichen Ausdruck darch den 
Ifichelnden Mund mit hinaufgezogenen 
Winkeln, und die schmal geschlitzten 
Augen; dieser, sowie die leicht ge- 
schwungene Haltung, die mageren 
Hände mit eckiger Bewegung, die 
feinen Falten der Gewandungen be- 
zeichnen die Kunstrichtung des XHI. 
Jahrhunderts , wo bei lebendiger Em- 



pfindung and Streben nach Characteristik eine gewisse gesnchte Zierlichkeit die Stelle derAnmuth vertritt.' 



1) Das MittelstUck des alten Hochsltarei, eines PlDgelaltares , den Andreas Morgenstern ans Bndweis 1516— 1525 
schnitzte, die Himmelfahrt Hariü darstellend ist noch erhalten (gegenwärtig in der Kirche zu Adamsthal in Hüh- 
ren). Dieses nnbemalte Schnitzwerk, 15 Fuss hoch , 9 Fugs breit , zeigt in seinen fast gaoE mnd gearbeiteten Fi- 
garea eine nnglanbliche technische Virtuosität, ist aber geschmacklos überladen, im Ausdruck materiell und 
nnempfanden , in der Characteristik abertrieben und überhaupt manierirt. (S. „österr. BUtter flir Literatur nnd 
KuDst," Beibl. der Wien. Zeit. 1855, Nr. 10). Die FlUgei des Altates enthielten Scenen aus dem Leben Maria in Relief. 

Das Bteincrne Sacrameatshäuschen, wahrscheinlich ans derselben Zeit, enthKlt in der auf einem mit dürren 
Ästen verzierten Sockel ruhenden Nische zur Aufnahme des Allerheiligsten, die Darstellung des Abendmales ia 
bemalten Figuren; darüber ein plumper, von Zinnen bekrönter Aufsatz mit Engeln, oben Maria auf dem Halb- 
mond sitsend. Es befindet sich jetzt im kalserl. Lnstschlosse Laxenbnrg. 

2) Eine sehr ähnliche Marienstatuette in der Sammlung des Fürsten Soltykoff in Paris (Lacroix V. art de'scolptore). 



Kmutdenkmale dea HitteUlterg etc. 



87 



In der Chorcapelle steht ein FlUgeltar, 9 Pnss hoch, 6 Fnes 10 Zoll breit; im Hittelscbreine 
geschnitzt nnd bemalt die Mutter Gottes sitzend, von zwei Engeln gekrOnt, eine Geissei in der Hand, 
anf dem Scboose das Kind, welches eine Traube hält, rechts der beilige Bernhard, links Benedikt, 
3 FusB hohe Figuren. Über dem Schreine ein Aufsatz in ftlnf Thtirmcben, in dem mittleren der Bchmer- 
zenreiehe Christus, die Linke auf die Seitenwunde gelegt, mit der Rechten segnend, neben ihm Maria 
und Johannes. Die beiderseits bemalten FiHgel zeigen Darstellnngen aus dem Leben des heiL Bernhard, 
des leuchtenden Sternes des Cisterzienser- Ordens; aussen: der Abschied von seinen Eltern — die Auf- 
nahme von ihm und seinen Schwestern in KlSster, — er schneidet mit den Mönchen Getreide, — heilt 
einen Blinden. Innen: Der Heilige befreit die Frau eines Laudmannes zu Pavia vom bfisen Geiste, — er 
fltttert Thiere, — sein Tod, — sein BegrÄbniss. 

Die Bilder sind von Fig 22. 

untergeordnetem Werth, hart, 
mitunter nuTerstanden in der 
Zeichnung, die Köpfe von 
gutmttthigem Ausdruck aber 
ohne Feinheit, es sind Schal- 
bilder in der Darstellungs- 
weise und Technik der Nürn- 
berger Schule; die auf einem 
Bilde stehenden Ziffern 5001 
geben die Zeit der Verfer- 
tignng: 1501 an. 

In der Schatzkammer 
des Stiftes befinden sich ei- 
nige bemerkenewerthe Kunst- 
denkmale; ein elfenbeinerner 
Krummstab ist wohl das 
älteste ; er soll ein Geschenk 
des Abtes Adam von Ebrach 
sein , der um 1145 Zwetl 
besuchte. Er ist im ganzen 
6 Fuss lang^ die Krümme 
(b'/t Zoll im Diameter) 
wächst ans dem Rachen eines 
den am Stab angebrachten zwanzig Ringen mit Lilien Verzierungen einer späteren Restauration im 
XVI. Jahrhundert angehören *). (Fig. 22.) 



phantastischen Thierkopfes 
mit langen ztlrtickgelegten 
Obren hervor und endigt 
in einen Drachenkopf) f am 
Rande sind radial krappen- 
artige , aus Elfenbeinplätt- 
chen ausgeschnittene Blätter 
angebracht. Der Nodus hat 
die Form einesKnbooktafiders 
(eines Würfels, dessen Ecken 
so abgenommen sind, dass 
gleichseitige Dreiecke nnd 
Quadrate entstehen) ; die 
quadratischen Flächen sind 
schwarz gebeizt. Innerhalb 
derRundnng sieht man Maria 
mit dem Kinde, vor ihr den 
heil. Bernhard knieend,rnnde 
Figuren aus vergoldetem Sil- 
ber, die jedoch gleich dem 
Besatz der Krümme mit strah- 
lenförmigen Ornaniienlen aus 
vergoldetem Silber und Edel- 
steinen in Kapseln , sowie 



]) Uie symbolische Beileutung <ter Schlange oder des Drachen hIs des bßBcn l'rindpB, welches dem durch dna Kreuz 
oder eine andere ayinboliache Figur dargestellten Gnten , dem Glauben und ChristeothniD nachatellt, ist unzweifel- 
haft, und kommt in dieser Bedeutung oft an Krumm atSben vor. (S. Cahier und Martin: .Mfilangea d'archfiologie" 
J. IV, 145, 161— -256; „Archiv f. Kunde ilsterr. Geschieh »quellen" 185ü, Bd. 11, 528; „Mittheii. der Central- 
ComraisBlon" 1867, 257.) 

2) Eine noch jüngere Zuthat eind die vergoldeten Blätter im Innern der Rundung, die Glorie der Marin und die Lei- 
denswerkzeuge, die der heil. Bernhard hält. 



88 



Dr. EdoArd Freih. von Sacken, 



Das grosse mit Reliquien geftlUte Capitelkreuz vom Jahre 1269 ist von getriebener Arbeit, 
ans Plättohen von vergoldetem Silber zusammengesetzt; die auf Holz aufgelegt sind, mit Kleeblattenden. 
Der darauf befindliehe Christus zeigt einen alterthttmlichen Gharacter ; das Httfttuch reicht sackartig bis 
an dieKniee, der Leib ist mager, <üe Hände und die nebeneinander auf einem Postament ruhenden 
Fttsse sind gestreckt, der Kopf mit breiter Stime von dttsterem Ausdruck, der Bart ungetheilt Der 
Grund des Kreuzes ist mit Arabesken von Filigranarbeit verziert. Der Besatz mit Edelsteinen, unter 
denen sich ein byzantinischer Amethyst - Camee mit der Halbfigur des Erlösers, der ein Buch in der 
Hand hält, befindet, gehört grösstentheils der neueren Zeit an; ebenso die Glaspasten, die aus den 



Ecken der Kreuzesarme 
hervorgehenden Strahlen 
und ein nicht dazu passen- 
der Knauf mit Stangenhttlse 
(der Restauration v. 1683) ; 
i. J» 1859 wurde das Kreuz 
neu vergoldet. Sehr interes- 
sant ist die Rtlckseite des 
Kreuzes, ganz mit eingra- 
viertem Bildwerk bedeckt, 
welches ohne Zweifel der 
ursprttnglichenAnfertigung 
angehört; in der Mitte 
sieht man Maria in Halb- 
figur, das bekleidete Kind, 
welches die Rechte seg- 
nend ausstreckt, in der Lin- 
ken eine Schriftrolle hält, 
auf dem Arme (Fig. 23), 
von breiter, grossartiger 



Fig. 28. 




Zeichnung, die noch ganz 
romanischen Character 
zeigt. In den Kleeblatt* 
enden sind die Evange^^ 
listensymbole eingraviert, 
unten der Engel in Halb* 
figur, in reichem Gewand^ 
das Evangelium in der 
Hand, trefflich gezeichnet, 
oben der Adler, rechts der 
Löwe, links der Ochs, 
beide geflttgelt und — um 
ihre Beziehung anzudeu 
ten — sich auf die Vorstel- 
lung in der Mitte des Kreu- 
zes umsehend. Auf einem 
Täfelchen steht : Haec 
crux a Bohuslaö abbate 
Zwetlensi plena reliquiis 
praeparata a« 1259 deindo 



I 

a Joanne Bemardo abbate ibidem a® 1653 renovata et ita ornata fuit: renovat. 1859. — Die Höhe beträgt 
2 Fuss 2 Zoll, die Breite der Arme V/% Zoll. Es ist wahrscheinlich dasselbe Kreuz, welches das 
Stiftungen - Buch des Abtes Ebro (1273—1305) als ein Werk Peters, Custos des Klosters, bezeichnet ')• 

Sehr schön ist die Fassung eines Kreuzpartikels als Kreuz aus vergoldetem Silber, 8 Zoll hoch, 
S'/s Zoll breit, mit gravierten Silberplättchen besetzt, die mit Email geschmückt sind. In der Mitte ist die Mutter 
Gottes dargestellt, einen Baumzweig — vielleicht eine Andeutung auf den Baum des Lebens — in der Hand 
das bekleidete Eand auf dem linken Arme, welches sie liebkost und einen grossen Vogel (Adler oder Phönix '), 



1) Fräst: nStiftangen • Buch" S. 138. Abt Bohuslaas Hess' für die vielen aus Citeaux nütgebrachten Reliquien kost- 
bare Fassung'ea machen, sechs Plenarien von Silber, neun Krystallgefässe , sieben verzierte Kästchen aus Holz, 
drei von Bronce , drei silberne Kreuze u. a. Das obige Kreuz enthielt 348 Reliquien , die das Stiftungen - Buch 
aufzählt. Derselbe Abt schenkte auch einige grosse Speise- oder Ministerialkelche, v^eil den München, die nicht 
Priester waren, das heil. Abendmal unter beiden Gestalten gereicht wurde. 

2) Der Adler bedeutet sowohl den von oben kommenden Geist, als er auch durch seine Eigenschaften die de» 
Eriösers symbolisirt (S. Dur seh: «Symbolik der christl« Religion** H, 253). Der Phönix ist als Sinnbild der 
Auferstehung bekannt. 



Kunatdenknule des UtteUten etc. 89 

bei den Flttgeln halt (Fig. £4) ; daranter auf einem besonderen Pllittchea die beilige Agnes , in den 
Händen Palmzweig nnd Lamm, in den Eleeblattendeu des Kreuzes die ErangeliBtens^bole, — der 
Adler wie znr Sonne at>£Biegend oben, LOwe nnd OcbB gefittgelt, aufrecht stehend von heraldischer 
Behandiong, der Engel unten, knieend, eine Bchr feine Gestalt *). Die Figuren sind gravirt, der Ctmod 
iit mit dunklem Email Überzogen. Der Charaoter der Zeichnung, die ätherischen Gestalten von e^ger 
Bewegung und geschwungener Haltung, die fein gebrochenen Falten der Gewänder weisen auf den 
Anfang des XIV. Jahrhunderts bin. Die Seitenflächen des Kreuzes enthalten ein rein gothisobes Orna- 
ment, nemlich kleine quadratische Felder, in jedem ein Vierblatt. Auf der mit Edelsteinen besetzten 
RHokseite sieht man den Kreuzpartikel. 

Ein kostbares Hanu- pj~ 2i heitderAusflthmnganszeioh- 

script sowohl wegen seines neu , sehr interessant in Be- 

Inhalts, als durch die kUnst- znganfdasCostüme; so sieht 

lerisehe Ausstattung ist das man Azzo von Gebbardsbnrg 

von Abt Ebro (1S75 — 130&) wie er gewafinet zu Felde 

uigelegte Stiftungen- zieht, Kaiser Konrad in., 

Buch (Über fiiDdationnm) *), neben ihm Leopold IV. von 

eine Aufzeichnung aller Österreich und den Stifter 

Schenkungen, Stiftungen und Hadmar toq Kuoffam , den 

sonstigen auf das Stift Bezug alter fundator Hadmar II. mit 

babcDden Urkunden seit des- seiner Gemahlin, das Kir- 

sen Entstehen. Esistmitzahl- chenmodell auf den Händen, 

reichen Miniaturen undFeder- viele Valkenberge , Knen- 

zeichunngen aasgeschmtickt, ringer, Sonnberge u. a. w. 

unter denen sich die Stamm- natürlich alle in der Tracht 

bäume der Stifter durch Cha- des XIU. Jahrhunderts, 

raoter, Präcision und Schttn- 

Unter den Handschriften der Bibliothek, deren Zahl 420 beträgt, befinden sich manche 
in Beziehung auf Kunstgeschichte und Ikonographie beachtenswerthe; so ein Psalterium (Cod. Nr. £04) 
aus dem XII. Jahrhundert mit Initialen ans verschlungenen Band- nnd Laubzttgen in denselben Thier- 
nnd Henscbengestalten nnd 24 Bilder biblischen und symbolischen Inhalts. Bei der Vertreibung aus dem 
Paradiese erscheinen die ersten Menschen in der Tracht des XII. Jahrhunderts , eine Dreieinigkeit ist 
dargestellt durch den jugendlichen Vater mit kurzem, blondem Haar und Bart, in der Hand das 
Cmcifix, Über dem der Geist als Taube schwebt, ein anderes Bild zeigt den Heiland in der Herrlichkeit 
EU seinen Füssen besiegte Teufel. Die Behandlung typischer Figuren , die entschieden byzantinischen 
Einflnas zeigen, ist conventionell, die KSpfe sind starr und ausdrucksvoll, die Gewänder sackartig. 
Hehrere Bilder wurden später im XIH. Jahrhundert roh übermalt, andere neu hinzngeftlgt; eines der- 
selben stellt die Mutter Gottes dar, eine kurze, schlecht gezeichnete Gestalt, die Hände segnend erhoben 
gegen eine vor ihr kniende Frau im pelzverbrämten Kleide mit Schleier, dabei steht: „Istud psalterium 
delegarit nobis domina Jutta Tnrsina de Liechtenvels ob remedinm animae suae , ita quod nnllatenuB 



1) Diese STmbole beieichnen nicht nur die Eruif eliaten , sondern mneh Christum selbst (S. Didron: .EOst de 
Dien" 278). 

2) Ton seinem Einbud die BSrenhant genannt Heranageffeben von Frnst dnroh die luiserllehe Akademie der 
Wissensoluften. („Fontes remm anitrimcuum" n. Abth. 3. Bd. 1861.) 

V. "12 



90 ^'- Kdiurd Freih. tod Susken, 

Tendatur neo ymaginee qae babeatnr in ipso psalterio excidantnr sed in monasterio ob memoriale nomi- 
nis tai perpetao reservetar" *). Um den Kopf der Fraa: „Ddna Jatta tnrsiBa" '). 

Einige Bibeln mit romanischen Initialen, sowie MiniaturhandBohriften ans dem XV. Jabrfanndert 
bieten verschiedene interessante Darstellnngen ; unter letzteren zeichnet sich ein Maonscript der sacrs 
officia doroh äusserst zierliche, natnrw^r gemalte Blumen auf Goldgrand nnd treffliche Bilder ans; es 
ist w^irseheinlich niederdeutschen Ursprungs. Maria mit dem Kinde steht auf dem Halbmond, der wf 
einer Blume ruht, deren Stengel von den unten stehenden Altem ausgeht, — beim oSicinm mortoomm 
steht der Tod auf einem von zwei phaotastischen schwarzen Thieren gezogenen Prachtwagen und mftbt 
alles nieder, lilckwttrtB eine Sde Landschaft; auf einer Seite tragen Engel die Seelen der Frommen zor 
Sonne empor, auf der anderen schleppen Teufel die Bösen durch blinkende Gluth. Die Darstellangen 
aas dem Lehen Maritt, die Geburt Christi, Ruhe auf der Flacht nach Ägypten, wo liebliche Engelchen 
die Zweige der Palme biegen, unter der Maria sitzt, die ErOnung Maria sind besonders schön. Die 
Ausfttfamng ist durchaus sehr liebevoll und zart, die Köpfe meist von fein empfundenem Ausdruck '). 

a r s. 

Das Patronat Über die im XII. Jahrhundert gestiftete Pfarre erhielt 1135 Bischof Reginhard von 
Passau dnrch Verzicht Leopolds 111. *). Die Pfarre bekam von Ottokar 1268 einen Freiheitsbrief. 

Die Kirche am Berge gehört zwei Baliperioden an. Das Schiff mit niedrigen Abseiten von der halben 
Breite des Mittelschiffs , von dem sie durch schmucklose vierecktc Pfeiler, die durch breite, gedrückte 
Spitzbogen verbunden sind, getrennt werden, hatte eine flache Decke (das spitzbogige Tonnengewölbe 
des Mittelschiffes ist modern). f 25. Basen und kelch- odertrapez- 

Characteristisch fUr die Zeit fOrmige oder Knospencapi- 

der Erbauung dieses TheUes täleben haben, durch einge- 

der Kirche sind die Fenster blendete Rundbogen mit ein- 

der Westfacade, welche aus- , ander verbunden (Fig. 25) ; 

geprSgt spät romanische For- oben, gegen die Giebelspitze 

men zeigen , theils lange, zu befindet sich ein Rund- 

schmale oben rundbogige bogenfenster durch eine Säule 

Fenster, theils Rundfenster mitWttrfelcapitälandmitEck- 

mit schwerfälligen Zacken- warzen an der Basis unter- 

bogen am innern Rande oder theilt.DieübrigenFensterder 

sogenannte Katharinenrädcr Abseiten sind bis auf zwei 

mit sechs speichenartig ge- , ganz schmale, 5 Fuss hohe, 

stellten Säulchen, die attische nur 8 Zoll breite, spitzbogige, 

mit starkem Einschlage, modernisiert. Bei der langen Daner des romanischen Stjles in diesen Gegenden 



1) Hit zahlreichsD Abbreriatnren geschrieben. 

2) Ke wu htfehat wahrscheinljch die GemahliD des Qadmar Turso, der urkundlich noch 1280 vorkommt, eines Bradera 
des Hogo ToTHO, der die benachbarte Burg Liechtenfels am Kam]) besass und ein durch FrSmmigkeft und walire 
Seelengrüsse stugezeichneter, allgemein verehrter Mann war. Uadmar wird auch von Liechtenfels benaout und Hugo 
nennt in einem 136B ausgestellten Zeugnisse Jutta die tiemahlin seines Bruders. S. fräst In Honnayr's , Archiv" 
181», 13. 

3) Das Verzeicnniss der Handschriften (ohne Beschreibung derselben) in SchmidTs „Österr. Bl&ttem f. Litterator 
and Kunst" 1846, 325 ; 1847, 491 ff. 

4) Heiller: .llegesteo" 20, 52. 



Kunstdenkmale det Mittelalters etc. 



M 



ist nach den beschriebenen Banfonnen wohl die Mitte des XIII. Jahrhunderts als ErbauungSBeit des 
Schiffes anzunehmen. 

Der dreiseitig geschlossene Chor und die polygonen Schltlsse der Abseiten gehören dem XV. 
Jahrhundert an. Die Rippen der einfachen Kreuzgewölbe laufen gebttndelt an den Wänden -herab (im 
Chor) oder ruhen auf einzelnen , ganz einfachen Halbsäulen mit eckigen; schmucklosen Gapitälen (in 
den Nebenchören); die Fenster; meist mit stumpfen Vierpässen in den Bogenfeldeni; zeigen spät gothi* 
sehe Bildung; die. Strebepfeiler sind schräg bedacht. Aus dieser zweiten Bauperiode stammt auch die 
an die Stldseite angebaute; etwas tiefer liegende CapellC; ein oblonger Raum; mit einem NetzgewOlbe 
bedeckt; dessen Rippen aus auf Consolen ruhenden flalbsäulen unvermittelt entspringen. 

Zwei Thttren eines Flttgelaltars ; innen mit vier Darstellungen aus dem Leben Maria; aussen mit 

■ 

einzelnen Heiligen bemalt; sehr beschädigt; lassen den ausgearteten; manierirten Styl des späteren 
XYI. Jahrhunderts erkennen ; tttchtiger obwohl auch handwerksmässig ist ein Schnitzbild der heil. Anna 
mit dem Jesukind und der kleinen Maria. 

Die runde Grabcapelle neben der Kirche ; gegenwärtig in Ruinen scheint zu den jüngsten 
Bauten dieser Gattung zu gehören; und zeigt Spuren vielfacher Restaurationen. Die Altarvorlage ist 
achteckig; an den Ecken laufen Ziegelpilaster mit kurzen kelchförmigen Gapitälen hinauf; die viereckige 
Thtlre und das im Rundbogen bedeckte Fenster zeigen keine Gliederung ^). 

stein. 

Das ehemalige Minoritenkloster wurde unter Herzog Leopold VI.; angeblich aus den Sub- 
sidiengeldem des Königs Andreas H. von Ungarn im Jahre 1224 gegründet. Der Guardian des Gonvents 



erscheint 1253 bei dem EidC; 
den König Ottokar dem päpst- 
lichen Legaten Velascus leistete; 
um die Ehehindemisse mit Mar- 
garethe zu beseitigen *). Die Kirche 
weihte erst 1264 der Bischof von 
Bamberg; Berthold Graf von Lei- 
ningen zu Ehren des heil. Ulrich '). 
Das Kloster gehörte zur Donau- 
Custodie *). AgneS; die Gemahlin 
Leutold's von Kuenring vermachte 
demselben (1302) drei Mark % 



Fig. 26. 




Friedrich der Schöne 40 Pfund 
Pfennige *). 1485 wurde das Klo- 
ster durch dieSchaaren des Königs 
Matthias Corvinus eingeäschert 
Bei dem Umsichgreifen des Prote- 
stantismus verliessen es die Mön- 
che; es diente dann einige Zeit 
als Salzdepot; wurde aber im J. 
1677 restituirt;. es bestand dann 
bis zu seiner Aufhebung i. J. 1783. 
Die Kirche wird jetzt als Tabak- 
magazin verwendet. 



Das Schiff der Kirche (Fig. 26) stammt; wie aus den Bauformeu hervorgeht; ohne Zweifel von 



1) Die sehr weitläufigen Rainen des Schlosses mit ihren langen Fensterflachten zeigen Baoformen des XVII. and XVIIl. 
Jahrhunderts. Die alte Burg mit starken Mauern, viereckigem Quaderthurm and grossen Kellergewölben liegt aof 
einem Felsenhügel inmitten des neueren Baues. — Die Burggrafen von Gars kommen schon 1084 (Link: «Annal. 
Zwetl.*^ I, 60) und sehr hfiufig im XII. Jahrhundert urkundlich vor, namentlich Herbord (f 1161) und Erebimbert 
Das Geschlecht starb um 1385 mit Konrad aus. 

2) Hansiz: „Germania sacra" I, 393. — G alles: „Annal. Austr.*' 11, 375. 

3) Vigil Greiderer: „German. Franoiscana** T. I., L. m. a». 501. Harlan (Fidler) „österr. Glerisei-Gescb.* yin,26. 

4) Zu derselben gehörten die Klöster Stein, Tuln, Laa, Dürmstein und Grein (Keiblinger in Chmeri «österr. Ge- 
schichtsforscher" n, 5.) 

5) Fräst: „Stiftungen - Buch von Zwetl'' 237. 

6) Greiderer 1. c. n. 13. 

18 • 



92 



Dr. Ediurd Freih. von Saekra, 



der arsprflnglicheti, 1264 ^weihten Kirche. Das Hittelsohiff zeigt nocfa näoh der Weiee des romanifleben 
Styles die Eintheilnng nach Quadraten, nach dem Viemngsqnadrat als Einheit; es zeriSllt in drei Qua- 
drate (Traväes) von je dreissig Fqhb, jede der Abseiten hat die doppelte Anzahl von Oewölb^ochen, 
die aber, weil die Abeeiten nicht um die Hälfte, sondern nnr nm ein Drittel schmftler sind als das Hit-, 
telsohiff, keine Quadrate, sondern Bechtecke bilden von 20 Fnss Breite und 1& Fnss Länge. Bei dieser 
Disposition des Ranmes sind zwei Reihen von je f^nf viereckigen Pfeilern gestellt, dnrch scharfe Spitz- 



bogen verbanden ; zar Belebung der 
breiten Leibungen ziehen sich bandartig 
vortretende Onrten hemm, welche aaf 
schmucklosen Consolen ruhen. Die Ge- 
wBlbe des Hittelschiffes sind bei ihrer 
bedentenden Spannweite im gedrBckten 
Spitzbogen gefUhrt nnd jedes za weite- 
rer Festigung und wegen der leichteren 
EinwSlbung mit einer Hittelrippe der 
Quere nach versehen. Die einfach an 
den Kanten abgefasten Gurten und Rip- 
pen (Fig. 27) ruhen auf Consolen , von 
denen (wegen der Hittelgnrte) über 
jedem Pfeiler eine angebracht ist Die 
meisten sind nnverziert, ans wenigen 
G^simsgliedem bestehend, unten spitz 
xulanfend (Fig. 28), und zeigen in ihren 
wulatartigen (einen Viertelstab bilden- 
den) nntersobnittenen Deckplatten aber 
der breiten, seichten Hohlkehle, roma- 
nische Bildung, andere sind mit styli- 
siertem romanischem Blattwerk, einige 
mit einzelnen lanzettförmigen oder Et- 
chenblättem nnd mit sechseckigem Deck- 
simse, dessen oberstes Glied eine Platte 
ist, versehen (Fig. 29) in der Art der 
fiübgothiscben Ornamentik. Die Fenster 



Fig. 27. 



des Mittelschiffes tlber den Pfeiter- 
distanzen sind mndbogig, nach aussen 
und innen stark ausgeschrägt, niedrig 
und bilden fast Halbkreise. 

Die Pfeiler haben einfache, nnr 
ans einer Platte Ober breiter ausladen- 
der Hohlkehle bestehende Kämpfer. In 
den Abseiten sind zwischen die Quer- 
gurten GratgewOlbe eingespannt; die 
Fenster modernisiert. Wir finden hier 
also romanische und gotbische Elemente 
in eigenthtlmlicher Mischung. Letztere 
treten entschieden an dem gleichzeiti- 
gen oder doch nicht viel jüngeren 
Fenster der Westfafade hervor, welches 
eine der Frtlhgothik eigenthtlmliche Form 
zeigt; es ist nemlich durch FfosteUf 
deren Hauptglied ein starker Rundstab 
bildet, in drei im spitzen Kleeblattbogen 
bedeckte Felder getheilt, deren mittleres 
bis an den Scheitel des Bogens reichend, 
höher ist, als die zu beiden Seiten, über 
deren jedem zur Ausfüllung des Raumes 
ein Kreis angebracht ist '). Bei dem 
gänzlichen Mangel frUbgothischer Über- 
reste in' Österreich, hat dieser Bau ein 
besonderes Interesse. 



Der gotbische Chor mit schßnen dreitheiligen Fenstern, die treffliches Hasswerk von Drei- und 
Vierpässen eutbalten und mit giebelbedachten Strebepfeilern, mit Krenzblumeo geschmückt, sowie der 
unten vier- oben achteckige Tburm an der Südseite desselben haben ansgesprochen die Formen der 
Bauwerke aus der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts *). Auf seinen Bau bezieht sich die gegenwärtig 
am Schiff eingemauerte Inschrifttafel : 

Anno domini m'ccccslmi comparatum est hoc opus per fratrem petrum de Auso (?) tnnc temporis gnar- 
dianum hi^us loci, anno 1440 in die sanctae Emerenciae virginis fbit inundatio aquanun. 



1) Qenaii solche Fenster hst du iwischen 1246 und 1274 erbaute Schiff der Stadtkirche za Ahrweiler (Kavier: 
«Gesch. der BauknnBt' in, 313). 

2) Du Innere ist gSinz mit Brette rversohalnnfen angefüllt. 



Kunstdenkmale des Mittelalteni eto. 93 

Die Sebrift in spät gotbischen Minuskeln, deren einer dem anderen gleicht , mit sebr vielen 
Abbreviaturen ist schwer zu lesen. Der Beisatz von der Überschwemmung am 23. Jänner 1440 ^) ist 
von anderer Hand aber ziemlich im selben Charakter. 

Die mit Farben angeschriebene Jahrzahl 1493 aussen am Mittelschiffe dürfte sich auf eine Restan* 
ration nach dem durch Corvins Truppen angerichteten Schaden beziehen. 

Stratziiig. 

Schon im Jahre 1122 soll hier eine Kirche gebaut worden sein. Sie war ursprünglich eine Filiale 
von Krems, kam aber 1202 an das Kloster Lilienfeld; ein vom Dechant Irnfried zu Krems mit diesem 
Stifte angeregter Streit wurde gtttlich beigelegt (1259); erst unter dem Abt Ignaz im J. 1269 wurde 
ein eigener Priester an der Kirche bestellt. 

Das Schiff scheint in seiner Anlage aus dem XIII. Jahrhundert herzurtthren '). Es hat niedrige 
Abseiten ; das Mittelschiff, von jeder derselben durch zwei viereckte, schmucklose Pfeiler ohne Kämpfer 
und Sockel, die durch breite, ungegliederte Spitzbogen miteinander verbunden sind, getrennt, hat 
ober den Pultdächern der Abseiten runde Fenster. Die Bedachung war ursprünglich flach, wie aus dem 
Mangel von Ourtträg^n und Strebepfeilern hervorgeht ; die Netzgewölbe des Mittelschiffes und der nörd- 
lichen Abseite mit flachen, abgestutzten Bippen ohne Rundstab, die unvermittelt aus den Wänden her- 
vortreten, und die einfachen auf Consolen ruhenden Kreuzgewölbe der sttdiichen Abseite sind später 

« 

eingespannt worden. Die Anlage ist die einer Landkirche von der grössten Einfachheit, dieleicht und 
wohlfeil ausznftihren war. — Der viereckige Thurm erhebt sich in der Mitte zwischen Schiff und Chor 
über dem Scheidbogen. Der Chor mit einfachen Kreuzgewölben und hohen Spitzbogenfenstern ist ein 
spät - gothischer Zuban; an zwei Strebepfeilern desselben sind alterthttmliche Köpfe, vermnthlich vom 
älteren Bau herrtthrend eingemauert. Auch der Orgelchor mit schöner aus verschlungenen Bogen gebil- 
deter Balustrade gehört dieser späteren Periode an. 

Das ehemalige Nonnenkloster zu Imbach. 

Albero, Truchsess von Feldsberg , gründete mit seiner Gemahlin Gisla, dem letzten Sprossen der 
Herren von Ort (in Oberösterreich) am 1. Mai 1269 zu Imbach im Kremsthale ein Kloster der Domini- 
kanerinen für zwölf Nonnen '). Der Bau des Klosters scheint bei der nicht sehr reichlichen Dotierung*) 
nur langsam vorgeschritten zu sein; die Nonnen wohnten anfänglich in einem gekauften Hause bis zur 
Vollendung eines eigenen Gebäudes, zu dem die Burg der Herren von Minnebach ^) als Baumaterial 
verwendet werden sollte. 1272 bestätigte Papst Gregor X. die Stiftung und nahm sie in seinen 
Schütz. 1277 bestand noch die alte Capelle. Frau Tutta von Zöbing, die das Patronatsrecht Über die 



1) Diese soll durch einen Erdstoss verursacht worden sein und richtete furchtbare Verheerungen an^ in Krems 
gingen vierzig Menschen dabei zu Grunde (Schramb: «Chron. Mellic." 397). 

2) Da die Kirche so lange Zeit Filiale und ohne einen eigenen Priester blieb, so ist es wahrscheinlich, dass sie ur- 
sprünglich sehr klein war, und dass sie , als das Bedtlrfniss, vielleicht durch Zunahme der Bevölkerung die Anstel- 
lung eines Seelsorgers erheischte , zur selben Zeit umgebaut oder doch vergrössert wurde, also um 1269. 

8) Die Stiftungsurkunde in extenso bei Pez: „Cod. dipl/ II, 116. — Die Geschichte des Klosters nebst vielen Ur^ 

künden von Fräst in ChmeFs „Österreich. Geschichtsforscher** I, 533. 
4) Darunter war auch die Pfarre Altmünster am Traunsee bei Ort. Im Pfarrhofe daselbst befindet sich das Portrait 

des Albero von Feldsberg mit der Unterschrift: „Albertus de Veldsperg dapifer Austriae et Maritus Gislae de 

Orth , Monasterii Impacensis fundator hujusque antiquissimae parochiae ad idem incorporator 1. Martii MGGLXIX — 

und. das der Gisla von Ort mit einer der obigen entsprechenden Beischrift 
6) Diese kommen im Xu, Jahrhundert vor (Hueber: „Austr. ex arch. mellic." 10); ausführliches bei Fräst a. a. 0. 



94 

Capelle aasttbte , erwirkte 
bisher geweeen war, wor- 
Qberder DechaDt Irnfried 
zu Krems ]27T eine Be- 
Btätigungsurkande aus- 
stellte '). Die Einkttnfte 
des Klosters, in welches 
die Tochter vieler Edler 
des Laades eintraten, 
mehrten sich rasch durch 
Geschenke and Stiftun- 
gen, so von KOnig Ottokar, 
der den Nonnen auch 
wichtige Vorrechte verlieb, 
von K. Rudolph I., den 
mächtigen Knenringen, 
Falkenbergen und Ande- 
ren, die wetteiferten, den 
Gott geweihten Ort blühen- 
der zu machen. Die Prio- 
rin Tutta erhielt um 
less eine Stift ang 
sar Erbauung der 
Katharinencapelle. 
Im XIV. Jahrhundert war 
das Anaeben und der Wohl- 
stand des Klosters noch in . 
Aoinahme ; Kaiser Fried- 
rich III. stiftete einen Jah- 
restag, Agnes, die Gemah- 
lin Lentolds von Kuenring 
bedachte Imbach in ih- 
rem Testamente *) (1302). 
Desto schlimmere Zeiten 
brachte das XV. Jahrhan* 
dert. Hnssiten drangen in 
dasKremsthal und legten 
142S das ganze Kloster in 
Asche. I>ie daraaf folgen- 
den Jahre befand es sich 



Dr. Edoud Freih. tod Skcketi, 
die Befreiung derselben von der Pfarre Krems, deren Filiale sie 



Fig. 30. 



i n i i i I I 



-r—i 



in bittrer Noth ; knrse Zeit 
nach seiner völligen Het* 
Stellung fiel es einer gros- 
sen FenersbroBst zum 
Opfer (152*). Von nun 
an zeigt sich eine stetige 
Abnahme an GtUem nnd 
ein imbier tieferer VerCim 
der Elosterznobt , der 
durch den Einflnss des 
Protestantiamns herbeige- 
fllhrt wurde. 17&9 wurde 
es abermals ein Kaub der 
Flammen nnd geiieth 
dnrch die Kosten des Wie- 
deraufl>aue8 in solche Ar- 
mnth, dass 1763 die Auf- 
hebung beantragt wurde, 
die aber erst 1782 zu 
Stande kam ■). 

Die Kirche stammt 
augenscheinlich ans ver- 
schiedenen Zeiten. Ohne 
Zweifel der älteste Theil 
ist die an die Nordseite 
derselben angebaute Ka- 
tharinencapelle, ein 
tiberaus zierlicher Ban 
im schönsten gothischen 
Style, in' der Beinheit 
der Ponnen, dem Reich- 
thnm der Gliederungen, 
der dnrch die Gonstmc- 
tion bedingten Harmonie 
aUer Theile die Blflthe- 
zeit dieses Sfyles bekun- 
dend, der hier in seiner 
vollen klaren SehBnfaeit 
erscheint. 



1) Weiskern, .Topogra.phle" U, 36. 

8) Fräst: .Stiftiui^n-Biich v. Zwetl.* 387. 

8) Feil In Scbmidl'a .Ssterr. BUttem f. Literatur und Kanet' 1845, 44U. 



KQDBtdenkmale des Mittelklters etc. 9S 

Die Capelle bildet ein längliches gegen Osten mit drei Seiten dee Achtecks abgeschlosBenea 
Viereck von 4S Fnss Lttuge^ 16 Fase Breite, von drei einfaehen Kreuzgewölben nnd dem KloBter- 
gewOlbe am Schlnsse bedeckt. Die WSnde bestehen nur ans den Btlndeln von schlanken Halbsänichen, 
welche die Oewölbsrippen tragen , mit Stäben nnd Hohlkehlen dazwischen ; den Raum zwischen ihnen 
nehmen die Spitebogenfeneter vollständig ein, indem sich die reichen Gliederungen ihrer Umrahmangen 
unmittelbar an die DieustbOndel ansehliessen (Fig. 30); die 11 Fues hohen Mauertheile unter den 
Fenstern sind dnrch schttne , eigenthUmliche Blenden mit viel gegliederten Rahmen belebt. Dieses gänz- 
liche Verschwinden jeder kahlen Flache, die vOllige Auflfisung der Massen und die aufstrebende, 
elastische Bewegung der Sänlchen und Hohlkehlen in schttnem Wechsel bei der bedeutenden HOhe des 
Raumes (34'/^ Fuss) bringen eine wunder\'olle Wirkung hervor, die den Bau als ein dem Boden entwach- 
senes organisches Gebilde erscheinen lägst. Die zu dreien gebHndelten schlanken GewSlbsdienste mit 
Polygonen Sockelohen auf gemeinschaftlicher Basis stehend, sohiessen ZD einer Höhe von ü Fuss 
anfand sind mit zierlichen Blattkränzen versehen, die den Abschluss der vertikalen Bewegung bezeich- 
net, bevor sie sich palmenartig in die Gewttlbsrippen ausbreiten, die ein sehr reiches Profil (Fig. 31) 
mit vorherrschendem Rundstah zeigen, 10 Zoll vortretend bei einer Breite von 6 Zoll *). 

Die Fenster sied zweitheilig, das Pig. 31. Die Fenstergewände haben auf jeder 

heisst sie bestehen aus zweispitzbogigen Seite ein schlankes Säulchen mit Blatt- 

Feldern , von einem gemeinschaftlichen oapitäl und einen ganz herumlaufenden 

Bogen umfasst; der dazwischen ciitste- Rundstab; durch eine Hohlkehle sohlies- 

heode Zwickel enthielt einfaches Stab- sen sie sich an die GewQlbsdienste an. 

werk Xjetzt vermauert) ; der Mittelpfosten Die Höhe der Fenster beträgt ii */% Fuss. 

ist schön gegliedert, vorne mit einem Die Pttllmanem unter ihnen zeigen rei- 

Bnndstab, aussen mit einem Säulchen. chen Schmuck; sie sind nämlich mit 

einem System von Rundstäben und Hohlkehlen — in letzteren Blätter und Rosen — umrahmt; dieser 
Rahmen läuft in der Mitte 2 Fuss 3 Zoll weit herab, tbeilt so jedes Feld in zwei kleinere, von spitzen 
Eleeblattbogeu bedeckte nnd ruht auf einer als Figur gebildeten Console *); durch dieses 10 Zoll. 
vortretende Blendwerk erscheint die Mauer selbst als Nische. Die Ecken des Rahmens der kleineren 
Felder nehmen Blumen und phantastische Thiere ein. Die Consolenfiguren sind betende oder Schedulen 
haltende Engel, ein Mann mit einer Kapuze (vielleicht d6r Steinmetz oder Baumeister), ein bärtiger 
Mann nnd eine Fraa mit Schleier. Diese fast ganz runden Figuren, in halbliegender Stellung von den 
Knieen an aus der Mauer hervortretend, sind vortrefflich gearbeitet, von characteristischen, etwas eckigen 
Bewegungen, die Gewänder in fein gebrochenen Falten. 

Bedeutungsvoll sind die grossen , runden GewOlbsschlusssteine. Der des ersten Trav^es zeigt des 
Pelikan, der sich die Brust anlreisst, mit seinem Blute die Jungen nährend '), — der zweite den 
Löwen, der die todtgebornen Jungen mit seinem Hauch belebt *) — , der dritte das Einhorn, welches 



1) Diese BchOne Anordonog ist aber nur nn dec Nordseite, «u der Südseite, wo die Cupetle an das jflngere Kirchen- 
Bchiff atOsst, mit dem sie durch einen 16 Fnss breiten Spitzbog^en communicirt, wurden, «rabrsahcinlich bei ErbanuDg 
des letzteren, uDter den Rippen in sehr geschmackloser Weise , plumpe , schmucktose Consolen angebracht. 

3) Bei einem Trav6e ist die MauerblcDde dreitheilig, s. Fig. 30. 

3) In OewOlbschlusssteinen üfter vorkommend, z. B, in der Kirche zu Petronell, in der im XIV. Jahrhundert erbauten 
Oeor^s- oder Temploiserkirche bei St. Augustin in Wien. Vgl. Martin et Cahier: „Les vitrani de Bonrges' PI. I. 

4) Ebenfalls in GenOlbschluBBsteinen zu Petronell, bei St. Augustin undimQewQlbedesOrgelchoresder Johiinniter-Capelle 
in Wien. Über die Bedeutung dieser Vorstellung s. Heider: „Physiologus" 15, desselben „Kirche zu Schien. 
grabem' 161 ff. Sie kommt auch auf dem emaillirten Ciborinm zu Elostemeaburg ans dem XIV. Jahrhundert vor. 



96 Dr. Bdurd FreUi. von SMken, 

von einem JSger verfolg in den SohooBB der Jnngfraa flieht ') , — endliob der des ScblneBgewOlbei 
ChriBtua alB Weltrichter, auf dem Regenbogen sitzend, aus seinem Hnnde geht reohts eine Lilie, links 
ein Schwert hervor *), reobts Maria, links Johannes fttrhittend. Wir sehen also in symholiBeher Weise 
den Opfertod, die Auferstehang, HenBcbwerdang nnd Verherrlichung des Heilandes du-gestellt Die 
AnslUhrung ist vortrefiflich, die Zeichnung streng, die Formen fein, das Relief sehr hoch. 

An der Westseite ist ein Randfenster mit ungemein schönem MasBwerk angebracht (Fig. 32), 
dessen Constmction der Dreipass zu Grunde liegt; es bildet ein Kleeblatt mit einem kleineren, von 
sechs Spitzbogen umgebenen in der Mitte, jedes Blatt enthält wieder drei DreipHsse; solche fUUen auch 
den Raum ausser der Hauptfigur aus. 

Sehr eigenthttmtioh Der ganze Bau in' der 

sind die an der Nordseite Anlage und der reichen, 

vortretenden Strebepfeiler hSchst geschmackvollen 

gebildet ; sie steigen in Detailbüdung zeigt die 

drei stark zuritckspringen- reinste Vollendung des go- 

den Geschossen anf; das tbiscben Styles in einer 

unterste ist von einem Entwiektungsperiode , die 

7FnBs9ZoUhohen,4Fuss das constmcüve Element 

9 Zoll breiten Spitzbogen mit klarem Bewnsstsein 

durchbrochen , der den festhielt nnd das Detail 

Durchgang gestattet , das aus derselben entwickelte, 

oberste Stockwerk bildet Diese lebensvolle Gliede- 

eine Über Eck gestellte rung, die reine, prücise 

Filiale mit Blenden an den Ausführung lassen als Zeit 

SeitenflKchen , von einer der Erbauung die Frtthzeit 

Kreuzblume bekrönt. des XTV. Jahrhnnderts an- 

nehmen (um 1286 wurde eine Stiftung zum Bau der Capelle gemacht). FHr diese Periode sprechen anoh 
die reichen Profile der GewOlbsrippen, Fensterpfosten u. s. w., das Vorherrschen des Rnndstabes an 
denselben, besonders aber die Gestalt der Strebepfeiler und der Fenster, die in ihrer eiqfachen An- 
ordnung eine Art Übergang von den gepaarten Fenstern des früh gothischen St7les zu den ansgebil- 
deteren, durch schmale Pfosten in mehrere Felder getheilten zeigen. Aach ist zu beachten, dass die 
Felder in einfachen, scharfen Spitzbogen abgeschlossen sind, nicht, wie später gewöhnlich, in Klee- 
blattbogen. Ebenso bestätigen die Säulchen an den Fenstergewänden und der Styl der Scnlptnren die ' 
obige Ansicht. Die Capelle ist unbedingt eines der schönsten Muster der Gothik in Osterreich, eine 
wahre capella speciosa. 

Das Schiff der Kirche gehört der Spät -Gothik an, wahrscheinlich erst lang nach dem Brande 
durch die Hassitten (1425), gegen Schlnss des XV. Jahrhunderts erbaut. Es ist ein 96 Fuss luiger, 
33 Fuss breiter, bei 68 Fuss bober Raum, durch eine Reihe von drei Pfeilern in zwei gleich hohe nnd 
gleich breite Schiffe getheilt, sonach mit acht einfachen Kreuzgewölben überspannt. Die anschöne zwei- 



1) Alle die drei ftogenihrfen Vorstellongen kommen in dem ans dem XIV. Jahrhundert sttmmenden Krenzgaoga 
des ehemaligen CiatercienaerkloBtera Ncnberg in Steiermark vor („Mittheil. der Central - Commiseion" I, 16Ö6, 5). 
über die Bedentong S. Beider: .PhyBiologus" 19, Karajan: aDentaohe Sprachdenkm. d. XU. Jahrb.' 78. 

S) Nach laaiaB 11, 4 nnd Apocal. 19, 15. 



Eunstdenkmale des Mittelalters etc. 97 

theilige Anlage; grosse Leere and Nüchternheit in den Formen, kahle Wandfläohen und Mangel an 
lebendiger OUederang, wie sie uns hier entgegen treten, characterisieren die Verfallsepoche der Go- 
thik. Die stark vortretenden Rippen , kantig und ohne Randstab , springen anvermittelt aas den Seiten- 
flächen der achteckigen, ganz schmucklosen Pfeiler heraus; an den Wänden ruhen sie auf einzelnen 
Halbsäulen, die in halber Höhe auf einfachen Consolen stehen; die halbrunden Capitäle dieser Halb- 
Säulen entbehren des Blattschmuckes und haben polygone Decksimse. Die Gewölbe erhalten besonders 
durch den Umstand ein so leeres, unkräftiges Ansehen, dass die die Pfeiler verbindenden Arcaden- 
bogen nicht stärker als die Rippen sind, daher die fortlaufende Bewegung nach der Längenaxe des 
Baues nicht markiren. Die sehr hohen, schmalen Fenster, durch einen kantigen Pfosten. in zwei Felder 
getheilt, sind ohne Masswerk, mit wenig Gliederung der Gewände, bei der breite Hohlkehlen vorherr- 
schen. Die Gewölbschlusssteine enthalten folgende Darstellungen: den Pelikan, das Lamm mit der 
Fahne, Engel, Löwe und Adler als Symbole der Evangelisten Matthäus, Marcus und Johannes, und 
einen Christuskopf von vorne gesehen. Die Strebepfeiler der Nordseite (die Sttdseite,' wo der Ereuzgang 
angebaut war hat keine solchen) haben eine schräge Bedachung. Der die Hälfte der Kirche einneh- 
mende Nonnenchor ist ein moderner Bau. 

Ein eigenthflmlicher, etwas räthselhafter Bau ist der Chor der Kirche; er weist Formen auf, die 
nach aller Analogie auf £e frühere Periode der Gothik deuten und wieder andere, ursprünglich *mit ihnen 
verbundene, die den Bauten des XV. Jahrhunderts eigenthümlich sind. Er ist um mehr als ein Drittel 
schmäler und niedriger als das Schiff, welches über dem Scheidbogen zwei schmale Fenster, aussen 
ein jschönes, eingeblendetes Kreuz hat. In seiner Anlage scheint er dem ersten Bau der Kirche anzuge- 
hören, jedoch durch den Brand im XY. Jahrhundert derart gelitten zu haben, dass eine fast einem Neubau 
gleichkommende Renovation vorgenommen werden musste. Daflir sprechen die Dimensionen, die in 
Höhe und Breite mit der Katharinencapelle übereinstimmen ; auch die Halbsäulenbündel und die Profi- 
lirung der Gewölbsrippen sind denen der Capelle ähnlich ,' aber von sehr ungleicher Ausfährung, indem 
einzelne Stücke ganz präcis , andere sehr schlecht und unexact gearbeitet sind, was auf eine theilweise 
Benützung alter Werkstücke und Überarbeitung derselben, theilweise aber unverstandene Nachbildung 
der älteren Formen deutet. Die Capitäle der Halbsäuleh sind bis auf drei kahl und schmucklos — wie 
es scheint später zubehauen — das kräftige Kaffsime unter den Fenstern zieht sich über die Dienst- 
bündel hin. Die Fenster ohne Masswerk zeigen die späten Bauwerken eigenthümlichen breiten Hohl- 
kehlen an den Gewänden , die Strebepfeiler sind ganz einfach mit flacher Bedachung. An den Schluss- 
mauern sind schöne Kleeblattbogen unter den Fenstern angeordnet. Sonach scheint der Neubau des 
Chores mit Benützung der alten Anlage und mancher Theile bald nach dem Brande von 1425, der des 
Schiffes aber noch später ausgefllhrt worden zu sein. 

Der jüngste Bautheil ist der seltsame Thurm in der Mitte der Westseite, von viereckiger Grund- 
form mit Giebeln über den Seiten, aus Bruchsteinen erbaut,. an jeder Ecke mit einem schmalen Thflrm- 
chen oder Pfeiler aus Ziegeln und mit spitzem Helmdache versehen. Er erhält dadurch, wie durch die 
giebelförmig endigenden Fenster die ausgesprochenen Formen der Backsteinarchitectur des nördlichen 
Deutschlands. Unter dem Thurme, der gegen die Flucht der Westseite nur wenig vortritt, befindet sich 
das spitzbogige Portal, mit einigen ohne Unterbrechung sich herumziehenden Bundstäben in den An- 
schlagsmauem. 

In der Catharinencapelle hängt ein bei 4 Fuss hohes gutes Bild, eine betende Heilige in auf- 
rechter Stellung darstellend, auf Goldgrund in Tempera gemalt. Die sehr anmuthige, feine Gestalt ist 
mit einem dunkelgrünen, mit Gold verzierten Kleide angethan, das blonde Haar fällt aufgelöst herab, 
V. • 18 



98 Dr. Eduard Freib. von Sacken, 

der Kopf ist »ehr lieblich; von edlem Ausdruck; hinter ihr halten zwei Engelchen mit bunten Flügeln 
einen Vorhang. Eine darunter befindliche Inschrift yerzeichnet einige Wunder , welche das Bild, von 
dem das in Bede stehende vermuthlich eine Copie ist, zu Mailand gewirkt: 

„Das erst zaichen, ainer lag gefangen pey mailant. Der vart verurtailt dem tod da rueft er an 
das pilt; mocht im d'zttchtig uit tun. Auch sin an ainem tag V Eindl gesunt boren. Auch hange weis 
rosen vor dem (pilt) der prach dy hertzogin vO mailant aine ab des morgS bas.'^ 

Am Orgelchore befindet sich ein schönes ; zwei Fnss hohes Holzschnitzwerk : Christus als guter 
Hirte , das Lamm auf dem Bttcken in Hautrelief; auf jeder Seite zwei Apostel in flacherem Belief. Es 
ist in der Art. und Auffassungsweise DttrerS; die Köpfe sind lebendig und ausdrucksvoll; die Hände 
trefflich ausgeführt; die Draperien etwas knitterig und manierirt. Von besonderer Schönheit ist der von 
edler Milde beseelte Christuskopf. Das Schnitzwerk ist unbemalt; «ine sehr gute Arbeit aus dem Anfang 
des XVI. Jahrhunderts. 

Oberhalb steht eine Maria mit dem Kind; einen Apfel in der Hand; ein tüchtiges Schnitzwerk 
aus derselben Zeit. Älter ist eine in einer Capelle neben der Kirche befindliche Maria mit dem Kind; 
bekrönt; ein (modernes) Scepter in der Hand. Der ausgebogene Leib; die weich gezogenen FalteU; das 
etwas breite Gesicht mit hohen Augenbrauen; der ernste; strenge Ausdruck bezeichnen sie als ein Werk 
aus dem -Ende des XIV. Jahrhunderts. 

Weiten. 

Es bestand hier schon im XH. Jahrhundert eine Pfarre; 1140 erscheint der erste urkundlich er- 
wiesene Pfarrer Herrant '). Ein magister Henricus plebanus de Witen kommt von 1207^1220; zuletzt 
als Archidiacon unter den Domherrn von Passau vor *). Um 1245 erhielt der Archidiacon Albert der 
Böhme die Pfarre zugleich mit dem Decanat Passau von Papst Innocenz VL Dass die Pfarre bedeutend 
war; geht daraus hervor ; dass sie viele Filialen hatte und so häufig an Domherrn gegeben wurdC; welche 
sie durch Vioaro verwalteten. 1432 wurde das Patronatsrecht von Bischof Leonhard von Passau an das 
GoUegiatstift Vilshofen gegeben '). Die Schirmvogtei erhielt Albrecht von Ebersdorf, oberster Erbkäm- 
merer in Österreich von diesem Stifte (1462) *). 

Die Gründung der dem heil. Stephan geweihten Kirche im J. 1050; die ein neuerer Zeit 
an die Chormauer geschriebene Aufschrift angibt ^) ist wohl fabelhaft. Die gegenwärtige Earche im 
XVL Jahrhundert mit zum Theil noch erhaltenen Bingmauem umgeben; ist ein interessanter gothi- 
scher Bau. Der ältere Theil ist der seltsamerweise auf einem hohen Bogen; durch den die Strasse 
ftihrt (der Terrainverhältnisse wegen) erbaute Chor; der in seinen Umfassungsmauern mit prachtvollen 
Fenstern die Bauformeu des XIV. Jahrhunderts zeigt. Die Strebepfeiler von schönen Verhältnissen haben 
Gonsolen ftlr Figuren und Baldachine; die mit doppelten Kreuzblumen bekrönt sind; sie enden in Fialen, 
sind aber leider sehr verstümmelt. Die Fenster zeigen sehr reine Formen; an den Umrahmungen und 
Pfosten herrscht der Bündstab ohne vorgelegtes Plättchen vor; ebenso ist das edle, schöne Masswerk 



1) In einer Urkunde Aber die Einweihung der Kirche von Martinsberg durch den Bischof Beginbert von Passau 
(llagn: «Urkunden - Buch des Stiftes Kremsmünster" 30. 

2) Keiblinger: «Gesch. von Melk*^ I, 303. — Lichtenberger in den «Berichten des AlterthumB-Vereines" I, 
303, wo Auch die Grundlosigkeit der Angaben in ReiTs «DonaulSndchen* (429) nachgewiesen wird* 

3) Schreitweina: «Ep. Patav.'' 

4) Hurmayr: «Archiv** 1818, 400. 

5) Wahrscheinlich auf Grundlage der beim Sacramentshüuschen befindlichen Buchstaben ML. 



Knnstdenkmale des Mittelalters etc. 99 

ans Bundstäben gebildet, lediglich ans Combinationen von Drei- und Vierpässen construirt; die Spitze 
der Felder enthalten spitze Kleeblattbogen oder Zackenbogen mit Blattenden. Mit diesen reinen, die 
Blttthezeit der Gothik bezeichnenden Formen steht das Innere des Chores nicht in Übereinstimmung und 
eine genauere Untersuchung fbhrt zu der Annahme; dass im XV. Jahrhundert behufs einer neuen Ein- 
Wölbung eine bedeutende Umgestaltung vorgenommen wurde, wobei die Mauern innen verstärkt werden 
mussten, daher die Verglasung der Fenster weithinausgerUckt erscheint und ihre Umrahmung durch 
zwei breite, seichte Hohlkehlen innen vermehrt wurde. Die Gewölbsrippen laufen in Bttndeln an den Wän* 
den herab und sind dann in eine Spitze zusammengezogen. An der Evangelienfieite ist als Mauerblende 
eine schöne dreitheilige Session angebracht, von Kleeblattbogen bedeckt, die auf zwei zugespitzten^ 
mit kleinen Fischblasen geschmückten Consolen ruhen, auf der Epistelseite ebenfalls eine dreitheilige 

Nische, deren Spitzbogen reich gegliederte Zackenverzierungen enthalten. 

> 

Ebenfalls dem XV. Jahrhundert gehört das Schiff an, durch sechs ächteckige Pfeiler ohne 
Dienste in drei gleiche Schiffe getheilt. Die Nebenschiffe sind platt abgeschlossen, die Fenster mit ein- 
fach gratiger Umrahmung und häufigen Fischblasen im Masswerk, die Gewölbe modern (von 1727). 

Die Kirche bewahrt einen kostbaren, kunstgeschichtlich höchst bedeutenden Schatz an den Glas- 
malereien, mit welchen fttnf von den sieben Fenstern des Chores geschmückt sind, in wundervoller 
Farbenpracht prangend. Leider fehlen manche Tafeln, auch sind viele nicht an ihrem ursprünglichen 
Platze. Die Vorstellungen sind folgende: 

1. Fenster, an der Evangelienseite, dreitheilig. 
Die unterste Reihe fehlt. 

2. Reihe. Ein Mann in Fig. 33. Fig. 34. schlag, ohne Beinkleider, mit 
bürgerlicher Tracht (der Donator HHHH MMI grünen Stiefeln, eine Tasche und 
oder Stifter eines Fensters oder HjHj» IwV I ^i^^T^ Dolch an der Seite l), unter- 
einer Tafel) , betend, in violettem - ^kS^ ^^Ot ^^^ ^^^ Wappenschild Fig. 38 ; 
Kleid mit grünem Kapuzenum- auf einem Bande die Worte, die 
er spricht: filie dei miserere nobis. Neben ihm kniet seine Frau in blauem Kleid mit rothem Mantel 
und weisser Haube , auf einer Schedula : miserere mei deus. — Ecce homo in der Tumba in Halbfigur, 
die Hände segnend erhoben unter einem geschweiften «Spitzbogen *). 

3. Reihe. Knieender Donator, mit blauem Rock, Stiefeln und Mütze bekleidet, vor ihm ftinf 
betende Knaben, hinter ihm der Schild (Fig. 34), dessen Figuren aufsein Fleischer -Gewerbe zu deuten 
scheinen, darüber: bit vor uns. — Der heil. Judas Thaddäus. — Die Frau des Donators in blauem 
Kleid und weissem Kopft;uch, vor ihr neun Töchter; dabei: os. sancti. di. orate p. nob. '). 

4. Reihe. Ein knieender Mönch in weissem ChormanteP) mit dem Schriftstreifen: ora. pro 
nob. sta. dei. — Die heil. Ursula *). 

5. Reihe. Die heil. Elisabeth von Thüringen und Helena *). 



1) Über die Tracht der niederen Stände, die bunten Farben derselben n. a. w. S. Falke: ^l^eutsche Trachten- und 
Hodenwelt'' I, 311. 

2) Im Jahre 1846 war hier noch eine Tafel mit Katharina nnd Jacobus d. ä. 

3) Omnes sancti Dei orate pro nobis. • * 

4) Vielleicht ein Cisterzienser von Zwetl , welche weisse Ghormäntel (Cappen) tragen. 

6) 1846 war hier noch eine Tafel: Die heil. Dorothea mit dem Jesokindlein , welches ihr Blumen bringt. 
6) Die 1846 hier noch befindliche Tafel mit der heil. Magdalena , einer sehr schönen Gestalt , einen Pahnenzweig in 
der Hand, fehlt jetzt 

13* 



100 I)r. Eduard Freih. von Sacken, 

6. Reihe. Ein heiliger Bischof; zwei Täfelchen in der Hand (Albertus ?), ein Erzbischof in 
blauer Casula mit gelbem Pallium ; in der Hand eine Hechel? (der heil. Blasius?). Der Apostel Thomas^ 
Lanze und Buch in den Händen. 

7. Reihe. Petrus mit grossem Schlüssel und Buch; nicht als Greis , sondern im Mannesalter 
dargestellt — Die Verkündigung auf zwei Tafeln; Maria ^ beim Bethschemel stehend, ist eine herrliche 
Gestalt; in dem gebogenen Leib und leicht gesenkten Haupt zeigt sich das Streben nach Anmuth und 
demuthsvoUem Ausdruck. Der Engel hat ein langes Superpelliceum. 

Die Architektur über den Heiligen besteht aus baldachinartigen Häuschen mit Rundbögen; in 
denen Zackenverzierungen zu sehen sind; aber auch mit geschweiften Spitzbogen« 

Im zweiten Fenster ist bloss eine gemalte Tafel; ein Ecce homO; zu seinen Füssen Kelch 
und Hostie ; der Nimbus ist roth mit grünem Kreuze. Im Masswerk Laubomamente. 

III. Fenster (zweitheilig). 

1. Reihe. Der Tod Maria; sehr cha- Fig. 35. Eine knieende Fürstin in Purpurmantcl mit 
racteristisch und ausdrucksvoll. Christus, die limiHll -^:.:>i^:.'l Hermelinbesatz . auf dem Kopfe eine Art 
Sterbende segniend; mit der als kleine; bittende j[^v] HaubC; auf einem Streifen steht : maria. hilf, uns, 
Figur mit Krone und grünem Kleid darge- ^Bp^ neben ihr ein Wappen (Fig. 35) welches^ 
«teilten Seele ; unten zwei lesende Apostel. — ^^m^ längsgetheilt rechts den österreichischen Bin- 
denschild; links eine schwarze Damascierung im gelben Feld zeigt 

2. Reihe. Eine Heilige mit Buch; und Ursula. — Agnes mit Magdalena; letztere eine beson- 
ders schone Gestalt. 

3. Reihe. Zwei Tafeln von ganz anderem Gharacter als alle übrigen, von durchaus verschie- 
dener Zeichnung; blass in der Farbe ; offenbar viel später. Auf einer sieht man einen knieenden Ritter 
in der zu Anfang des XVI. Jahrhunderts üblichen Harnischtracht ; in einer cannelirten Rüstung mit ge- 
schobenen Schoosseu; darunter in gelber Farbe: „Der edl und vest partholome Schratt zu streitwisen 
hat das glas lassen machen a. d. 1506.^ Auf der zweiten Tafel ist die Mutter Gottes mit dem Kinde 
dargestellt; auf der Mondessichel stehend in einer Strahlenglorie. 

4. Reihe. Christus vor Pilatus; ersterer in violettem Kleid; letzterer mit Krone und Scepter 
von sprechender Geberde. — Der Olberg; die schlafenden Jünger sehr characteristisch. 

5. Reihe. Bloss Architektur, Baldachine mit Kreuzgewölben; vorne mit Wimbergen ; deren 
Fialen auf Consolen stehen; im Giebel Zackenbögen. 

6. Reihe. Die Dreifaltigkeit : Gott Vater Von ernstem Ausdruck; grossartig und edel aufgefasst; 
hält mit beiden Händen das Crucifix; über demselben der Geist als Taube. — Das Abendmal; Johannes 
im Schoosse Christi ruhend; der mit Judas in die Schüssel tunkt. Dabei die sehr merkwürdige Inschrift: 
anno dm. mccclxxvui. obiit. dns. ulricus. plbus in weiten . . die. miliu. virginü ^). 

In der 7. Reihe wieder Architektur *). 

IT. Fenster (zweitheilig; grösstentheils neuerer Zeit zusammengesetzt). 

1. Reihe. Die Verkündigung. Maria (das Gesicht fehlt) stehend; ein Gebetbuch und eine Sche- 
dula mit : ecce ancilla in den Händen. Vor ihr kniet der Engel in grünem Gewand; die Rechte segnend 
ausgestreckt; in der Linken ein Band mit: ave gracia plena dn. — Eine nicht hieher gehörige Tafel 
mit Architektur. 



1) i. e. Anno domini 1378 obiit ulricus plebanus in weiten in die undecim millium virginum (21. October). 

2) Das nächste Fenster an der Schlusswand des Chores ist weiss, bloss im Masswerk sind farbige Ornamente. 



Knnstdenkmale des Mittelalters etc. . 011 

2. Reihe. Die Anbetung der heil, drei Könige; Maria in grttnem Mantel sitzt auf einem Throne. 
Die Darstellung im Tempel. Der Nimbus der Maria ist violett. 

3. und 4. Reihe. Architektur; von Säulchen getragene Baldachine. 

5. Reihe. Das Begräbniss des heil. Stephan mit der Überschrift: h. est sepultura scti. stephani. 
— Der Leichnam desselben wird von Bischöfen aus dem Grabe gehoben , tfber dem Engel schweben; 
h. est transla.io scti. stephanu 

6. Reihe. Stephanus predfgend : pdicat his archidia . . — Gott Vater mit Scepter und Erdball 
auf dem Throne (grttnes Kleid; rother Mantel; violetter Nimbus); ihm gegentlber die gekrönte Maria 
mit gefalteten Händen. 

7. Reihe. Architektur. 

T. Fenster. 

1. Reihe. Der heilige Andreas auf Fig. 36. v rothen HoseU; am Gürtel eine Tasche; neben 
das schiefe Kreuz X; den Kopf nach unten 1|||||||P!^|||||| ^^^ ^^^ Wappenschild; in demselben ein 
gebunden. Der Kopf ist besonders schön und li 1^ -^^^^^^^ Wecken (Fig. 36) und auf einer Tafel: Gotzl 
kräftig gezeichnet. — Ein knieender Mann in \|m (Potzl?) pistor ^); auf einer Schedula: ora 
blauem Kleid mit einem 'Kapuzenmantel; mit pr. cola . . ebe. Dabei zwei FraueU; bei einer 
steht: lucia uxor; bei der anderen: miserere mei dos. und eine Tochter (ohne Kopftuch oder Haube wie 
die Frauen) im grünen Kleid : ora pro me sc. martr. 

2. Reihe. Die heil. Elisabeth von Thüringen; gekrönt; mit einem Körbchen; und Barbara mit 
blauem Thurm. — Katharina und Margaretha auf dem Drachen stehend. 

3. Reihe. Zwei jugendliche Heilige (Cosmas und Damian?) an einander gefesselt (sie tragen 
enge Hosen und kurze Wämmser) ; von Soldaten geführt. — Einer derselben vor einem heidnischen 
König; neben dem auf einer gewundenen Säule ein zottiger; scheusslicher Götze steht. 

4. Reihe. Die Enthauptung der heil. Katharina; ein Engel nimmt die Seele in Empfang; seine 
Hände sind mit einem Tuche bedeckt. — Dieselbe Heilige auf der Bahre liegend; von vier trauernden 
Engeln umgeben. 

5. Reihe. Die heil. Katharina vor dem heidnischen Könige. — Dieselbe betend bei dem RadC; 
welches ein Engel mit einem Hammer zerschlägt. 

6. Reihe. Die Heilige von Soldaten (mit Drahthemden und einzelnen getriebenen Buckeln) um- 
geben. — Dieselbe in's GefUngniss gestossen. 

7. Reihe. Ein Soldat sucht die Gebundene fortzuziehen. — Andreas und Jakobus d. ä. (nicht 
ursprünglich hieher gehörig). 

Tl. (7.) Fenster (dreitheilig). 

Unten sind die viel jüngeren Wappen der Lindegg'schen Familie *) von 1585 eingesetzt; ober- 
halb vier Reihen alter Glasmalerei : 

1. Reihe. Der heil. Pancratius in ganzer Rüstung mit engem ;^ dunkelgrünem Waffenrock; auf 
dem Kopfe einen Fürstenhut; Florian auch als Fürst mit Fähnlein. — Der Evangelist Johannes; 
jugendlich; auf ein vor ihm auf einem Pulte liegendes Buch deutend; am Pulte ist ein Adler ange- 
Jbracht. — Der Erzengel Michael als Seelenwäger. 



1) Dieser Bäcker Gotzl oder Potzl stiftete wahrscheinlich mehrere gemalte Tafeln. 

2) Über dieselbe s. Bergmann: „Medaillen auf ber. Personen*' II, 115 ff. 



lOS ^^' Edaard Freih. von Sacken, 

2. Reihe. Ein heil. Bischof mit Buch ; zu seinen Füssen eine Krone ; der heü. Leonburd mit 
einem Schlosse: — Stephan und Lanrentius. — Anton von Padna and Oswald mit Krone und Scepter, 
auf der Hand einen Raben ; der einen Ring im Schnabel hält. 

3. Ein jugendlicher Märtyrer im langen blauen Kleid; eipen Palmzweig in der Hand; ein Pilger 
mit Kranz (Coloman?). —'Ulrich und Wolfgang als Bischöfe. — Nicolaus ; Gefangene speisend. 

4. Reihe. St. Kttmernuss oder WilgefortiS; eine gekrönte, bärtige Jungfrau in violetter 
Tunica mit goldenem Gürtel ans Kreuz geheftet; bei dem ein Violinspieler kniet , dem die Heilige ihren 
goldenen Schuh hinabfallen liess ^). — Maria mit dem Kinde in Strahlenglorie auf dem als Gesicht 
gebildeten Monde stehend. — Der heil. Christoph; das Christkind durch den Flnss tragend. 

Diese herrlichen Glasmalereien tragen noch ganz den älteren Typus an sich; wie er in Deutsch- 
land herrschend war bis durch die van Eycks ein Aufschwung eintrat; der sich auch auf die Glasmalerei, 
die doch sonst nicht immer mit der Tafelmalerei Hand in Hand ging; erstreckte. Eigenthttmlich sind 
die geschwungenen (nicht herauS; sondern seitwärts gebogenen) Leiber; die gezogenen; reichen Falten 
der an den Schultern anliegenden Gewänder; die zierlich mit parallelen Strichen gezeichneten Haare, 
die, in der Mitte gescheitelt; oben glatt; manchmal über der Stirne eine einzelne Locke lassend; in 
einfachen; wellenartigen Linien zurücklaufen, wenig gelockt, ferner die langen Augen mit weit oben 
sitzenden Sternen, die dicken Nasen und die stumpfe Zeichnung der HändC; deren Finger keine scharfe 
Biegung zeigen. Die Farben sind sehr intensiv; von leuchtender Gluth, besonders das Roth und Blau. 
Die Bilder sind mosaikartig aus Stücken in der Masse gefärbten Frittglases (Hüttenglases ohne Über- 
fang) zusammengesetzt; die einzige aufgetragene Farbe ist Schwarzloth; mit der die Details gezeichnet 
sind. Der gesammte Kunstcharacter *) ; die Technik; die Trachten; sowohl die weltlichen als die der 
Sjieger (Panzerhemden; Bassinet etc.), endlich die Form der Buchstaben (gotbische Minuskeln) weisen 
auf das Ende des XIV. Jahrhunderts als Zeit der Anfertigung hin. Hiermit stimmt das Epitaph des 
Pfarrers Ulrich in der 6. Reihe des dritten Fensters überein. Wahrscheinlich starb dieser während des 
Baues der Kirche und machte ein Vermächtniss fUr die schon begonnenen oder nur projectirten gemal- 
ten Fenster, die grossentheils aus Stiftungen von Gewerbsleuten , die als Donatoren dargestellt sind, 
beigeschafft wurden. Die als Stifterin in der 1. Reihe des 3. Fensters erscheinende Fürstin ist dem 
Wappen zufolge und nach ihrer Tracht eine Herzogin von Österreich; vermuthlich Beatrix, die zweite 
Gemahlin Herzog Albrechts HL mit jlem Zopfe (verm. 1375, f 1414), Tochter des Burggrafen Fried- 
rich y. von Nürnberg. Die linke Schildhälfte (s. Fig. 35) scheint keine Wappenfigur zu enthalten, sondern 
nur zur Ausftillung interimistisch oder bei Unkenntniss des Familienwappens angebracht worden zu sein. 

Einen ganz yerschiedenen Character und eine vorgeschrittene Technik (Überfanggläser) zeigen 
die zwei Tafeln der 3. Reihe des dritten Fensters ; die zufolge der Inschrift 1506 gefertigt wurden ; die 
grosse Verschiedenheit von den übrigen zeigt schon, dass diese um ein Bedeutendes älter sein müssen. 



1) Die merkwürdige Legende dieser in Tirol , Vorarlberg und am Rhein noch jetzt allgemein bekannten und verehr- 
ten Heiligen s. Acta Sanctorum, Julius T. V. p. 50. — Bergmann in den ^Mittheilungen der Gentral-Gommiss.^ 
Ij 132. — Bilder: in einer Capelle an der Strasse bei Gaming, auf dem Levitenkleid der prachtvollen burgun- 
dischen Paramente in -der k. k. Schatzkammer, im Kreuzgange des Münsters zu Brixen, zu Rank weil Ond an 
mehreren Orten Tirols, häufig in Belgien und den Rheinlanden. 

2) Diesem zufolge sind die Glasmalereien wohl jünger als die zu Klostemeuburg , aber Slter als die in der Burg- 
capelle zu Wr. Neustadt; sie sind denen der Kirche Maria am Gestade, die um 1370 geihacht sein dürften, sehr 
verwandt. Die angeführten GlasschUdereien , sowie die bei St. Stephan .in Wien, zu Göttweih, im Neukloster zu 
Wr. Neustadt, zu Heiligenkreuz, dann zu Wels, Kremsmünster u. s. w. hezeugen die grosse Thätigkeit, welche 
in dieser Kunst zu Ende des XIV. und Anfang des XV. Jahrhunderts in Österreich herrschte. 



EnnBtdenkmale des Mittelalters etc. 103 

Dagegen sind die in das Fenstennasswerk eingefugten herrlichen Blumen ganz ttbe'reinstimmend mit den 
älteren Tafeln und beweisen , dass diese die ursprünglichen Fenster sind. 

An den Pfeilern des Orgelchores sind zwei Altarschreine mit geschnitzten Figuren aufbewahrt. 
In dem einen sieht man den heil. Martin, seinen Mantel mit einem am Boden hockenden Krüppel theilend, 
rechts Jacobus d. ä., links Christoph, tüchtig mit Tact und ausgebildeter technischer Fertigkeit geschnitzt, 
von schlichtem Ausdruck aber ohne besondere Feinheit der Empfindung, — eine gute Schularbeit Bei 
weitem besser ist der zweite Schrein mit drei bekrönten Jungfrauen (die Attribute fehlen, wahrscheinlich 
Katharina, Barbara,. Margaretha, die so häufig zusammen dargestellt werden), ^ehr anmuthige, feine 
Gestalten von jenem eigenthümlichen Reiz der Unschuld und Jungfräulichkeit, der den Werken aus dem 
Ende des XV. oder Anfang des XVI. Jahrhunderts eigenthümlich ist. Die lieblichen Köpfe mit demuths- 
voU gesenkten Augen sind mit hohen ausgeschweiften Kronen geschmückt. Die Figuren beider Schreine 
sind naturgemäss bemalt mit vergoldeten Oewändem *). 

Friedersbach, Haxdegg. 

.Die Pfarre wurde im J. 1250 gegründet; Hugo Turso von Lichtenfels erscheint in der darüber 
ausgestellten Urkunde als Zeuge. 1263 war dessen Oheim Härtung Pfarrer daselbst '). Die dem heil. 
Laurentius geweihte Kirche hatte ursprünglich niedrigere Abseiten mit halbrunden Altamischen ge- 
schlossen, ist also noch von romanischer Anlage, aber durch ungeschicktes Umbauen sind die alten 
Formen fast vollständig verwischt ; das Mit- pj^^ 37 getragen. Das Fenstermasswerk ist im edlen 
telschiff ist mit einem Netzgewölbe bedeckt. \ ^ / — j Style gehalten , aus Drei- und Vierblättem 
Der Chor zeigt reine gothische Formen; die v>tL^ ^° einem Kreise oder Quadrat mit gekrümm- 
reich profilierten Rippen der einfachen Kreuz- V J ten Seiten bestehend. Über die Zeit der Er- 
gewölbe werden von einzelnen Halbsäulen bauung gibt eine an einem Strebepfeiler 
angebrachte Inschrift Auskunft: Ghadold plbs. ulricus. oder. frSs ftidatores huis o;pls. anno dm. 
m.c.cc.cviu. cople'' est op*. Darunter: Chadold plbs und das Wappen Fig. 37 (ein Drachenfuss) ; 
auf einem andern Strebepfeiler: Ulrich oder, und ein Wappen, in demselben ein kreuzförmiges Be- 
schläge. Also der von dem Pfarrer Chadold und dessen Bruder begonnene Bau (des Chores) wurde 1408 
vollendet. 

Mehrere Fenster haben noch Reste von schönen Glasmalereien, die aber äusserst defect sind. 
Zwei Tafeln zeigen die Stifter, schlichte Männer in betender Stellung ; im zweiten Fenster mehrere 
Heilige: Leonhard, Magdalena, Bm-bara, Helena, schlanke, edle Gestalten mit empfindungsvoll 
gezeichneten Köpfen; im dritten Fenster ist noch ein heil. Christoph und Maria mit dem Kinde in der 
Glorie erhalten, in einem andern Christus am Kreuze, links ein Scherge mit dem Schwämme, eine phan- 
tastische Figur, rechti^ der Soldat mit der Lanze, femer der Apostel Matthias und noch ein Heiliger. 
Diese Bilder zeigen den ausgebildeten Styl des XV. Jahrhunderts, feine Köpfe, stark gebrochene Fal- 
ten, Freiheit in Stellung und Bewegung. Die Farben sind frisch und klar, aber nicht sehr intensiv; das 
Feld hinter jeder Figur ist mit zierlichen Desseins geschmückt. 



1) Über die GrabmSler der Famiüe Lindegg, besonders das sehr schön gearbeitete mit einem trefflichen, die heU. 
drei Könige darstellenden Marmor -Belief geschmückte des Kaspar von Lindegg zu Lisanna (f 1588) s. Beil* 
„DonauUindchen*' 431, Schmidl: «Wiens Umgebungen*' I, 388 und Lichtenberger in den ^Berichten und 
MittfaeU. des Altertfaums- Vereines" I, 304. 

2) Fräst: „Stiftungen - Buch von Zwetl" 358. 



104 Dz Ediurd Preih. von Sacken, 

An der Aoseenwand der Kirche sieht man noch Spuren von Fresken , einem heil. Christoph nnd 
einem Cracifix. 

Aaf dem Kirchhofe, sttdlich ron der Kirche, steht eine interessante Rnndkapelle mit halb- 
rander Apsis ; am Hanptraame sind statt der sonst gewöhnlichen HalbeSolen ßlnf ganz einfache Strebe- 
pfeiler angebracht, Über dem blös ans einem KefaUeisten bestehenden Dachgesimse kleine Giebel, zwi- 
Boheo denen ein ungemein hohes, ans Quadern gemauertes Kegeldach aufsteigt. Die zwei schmalen 
Fenster sind spitzbogig. Im Innern zeigt sich die Capelle knppelartig tlberwOlbt und sind unter der 
TUncbe Spuren von Fresken pj_ 3g Eine ebenfalls der gothi- 

zu erkennen, einzelne Heilige 8chenPeriodeangehBrige,nach 

mitplaatiscbenNiniben; einige älteren Traditionen erbaute 

durch das Wegfallen der Rnndcapelle befindet sich 

Tttnche sichtbare Köpfe bekun- neben der Kirche zuHardegg 

den den Styl des XIV. Jahr- an der Tbaya. Sie bat eine 

hunderts, in welche Zeit die auffallend thnrmartige Form 

Capelle, nach den wenigen (Fig.38), daderuntereieFnss 

characteristischen Bauformen hohe Gruftraum ganz ober- 

za Bchliessen, gehören dUrfte. irdisch ist, daher die Capelle 

Eibe ganz mit Gebeinen an- bei einem Durchmesser von 

gefllUte Omft bezeugt die Be- 23FnsB eine Höhe von 41 Fuss 

Stimmung des Baues als Tod- erreicht. Die Apsis bildet eine 

tencapelle. Der Altarstetn und kleine, erkerartige Nische von 

die gemauerten Sitze an den nur 6 '/^ Fnss Durchmesser; sie 

Wanden sind noch erbalten. liegt im Innern in der Hauer- 

dicke, aussen tritt sie etwas vor and ruht auf Kragsteinen. Die mit einer Kuppel nberwölbte Capelle 
bat ganz kleine oben runde Fenster — die Apsis, ein zweitheiÜges gotbiscbes mit einem Kleeblatt als 
Hasswerk — und war ganz bemalt; man erkennt noch Spuren von Figuren mit Schriftstreifen in den 
Händen und ein StHck einer Bordfire von ausgezackten BlKttern. Das ursprüngliche Kegeldacb fehlt. 
Die ThUre in die Grufl ist im flachen Kleeblattbogen bedeckt. 

Die Kirche, neben welcher dieser Rundbau — vielleicht ursprünglich Schlosscapelle — steht, 
zeigt am Äusseren des Chores in den giehelbedachten Strebepfeilern, die am zweiten Geschosse fialen- 
artige, im Durchschnitt dreieckige Ansätze an der Vorderfiäche haben, noch die spät gothische Anlage, 
im Innern ist sie. ganz modernisiert*). Das kleine, eingeblendete Sacramentshänsohen, von einem Spitz- 
bogen umrahmt, hat Über der Ntscbe zwei Kleeblattbogcn. 



1) Am Tborme sind mehrere Fig^nren in betender Stellung von sehr roher Arbeit aoa dem Ende des XVI. Jahrlnut- 
derts eingemftnert: ein lütter in Bnuthamisch , mit groaaer Halskranie, eine Frau und drei Kinder, ein Sohn in 
weiten Pumphosen nnd sp&nischem Hantel. Die Renovierung der Kirche ist von 1792. 

Du alte Schloss der Grafen von Hardegg ist eine aasgedehnte Knine mit einem gewaltigen viereckigen 
Tbnrme in der HItte, der, wie auch der Wartthnrm an der nordwestlichen Ecke der Umfasanngsmauer, die Thflre 
hoch ttber dem Boden angebracht hat, die nur dnrch Leitern oder ans dem ersten Stockwerke zngSnglich war. 
Die ThQren nnd Fenster zeigen apit gothische Formen-, ein Spitzbogenfenater hat schOnes Uaaawerk. Der grSsste 
Theil dea Baaea durfte dem XV. Jahrhundert angehSren. Ein Theil brannte um 1Ö98 ab ; aeit 1764 ist er Ruine. 



KuDBtdenkmale des Mittelalters etc. 105 

Die Kirchen der Spätgothik sind yerschieden in der Anlage nach der GrSsse und den 
Mitteln , welche beim Bau zu Gebote standen ; und die alten Baumeister entwickelten hierin sowie in 
der Art der Vereinfachung einen bewundernswerthen Takt ^ indem sie Gmndplan und Details den Um- 
ständen gemäss abänderten. Das Querschiff mangelt durchgehends, für grössere Kirchen ist die Hallen- 
kirche GrundtypnS; einfachere, ärmere erhielten niedrigere Abseiten ; das Mittelschiff ein Netzgewölbe 
ohne Dienste. Häufig ist das Mittelschiff etwas höher als die Seitenschiffe, jedoch ohne eigene Fenster. 
Die schönste dieser Gattung ist die offenbar mit Imitation des St. Stephansdomes in Wien erbaute 
Stephanskirche zu Egenburg. Dieselbe jsrird in einem der folgenden Hefte dieser Berichte von Herrn 
Josef Feil in dessen bereits im H. Band, Seite 87 begonnenen Aufsatze über Egenburg* beschrieben 
werden *)• 

Diesem Baudenkmale in vieler Beziehung verwandt ist die Piaristenkirche zu 

E r e m S| 

eine prachtvolle Hallenkirche, um 1477 erbaut, von bedeutender Grösse, 85 Fusslang, 66 Fuss breit, 
70 Fuss hoch, von einem Beichthum der Details und einer Schönheit der Ausführung, wie sie in dieser 
Zeit selten zu finden sind. Das Mittelschiff hat die doppelte Breite der Seitenschiffe, wodurch der Grund- 
plan des Schiffes fast quadratisch wird. Die Btlndelpfeiler zeigen eine organische Gliederung, nemlich 
je drei Halbsäulen gegen Mittelschiff und Abseite, also für jede Gewölbsrippe einen besonderen Dienst, 
fttr die Arcadenbogen ebenfalls drei Glieder — das mittlere stärker — mit vorgelegten Riemchen, von 
birnenförmigem Profil. Jede Halbsäule steht auf einem polygonen gewundenen, gegitterten oder canne- 
lierten Sockelchen, die auf gemeinschaftlicher Plinthe stehen. Die Gewölbsdienste sind mit Capitälen aus 
stark gezacktem, arabeskenartigem Laubwerk versehen, und erhalten durch die manierierte Schnör- 
kelung desselben ein bienenzellenartiges Aussehen ; die Glieder der Arcadenbogen aber ziehen sich ohne 
Unterbrechung von einem Pfeiler zum andern — ähnlich wie bei St. Stephan in Wien — , eine wohl 
motivirte Anordnung, da sie die Bewegung nach der Länge des Baues fortzuleiten haben, während die 
Dienste als selbstständigere, tragende Glieder einen Abschluss erfordern. Die Wandpfeiler der Seiten- 
schiffe und des Chores bestehen aus Btlndeln von je drei Halbsäulen ; einige Capitäle sind hier aus 
Schnörkeln gebildete Fratzen. 

Die Kirche erhält ein besonders schmuckreiches Ansehen durch die Anordnung von Statuen an 
den Pfeilern , — die jetzigen sind modern — , zu welchem Zwecke die Dienstbttndel unterbrochen und 

mit Capitälen als Piedestale versehen erscheinen; tlber den Figuren erheben sich hohe Baldachine mit 

♦ 

sich durchkre]izenden geschweiften Spitzbogen, zwischen denen die vierseitige Pyramide mit Fialen 
aufsteigt. Die zusammengesetzten Kreuzgewölbe haben reich, aber gratig gegliederte Rippen. Die 
hohen Fenster, die ganze Breite der Fttllmauern einnehmend, drei- und viertheilig, haben reiches Mass- 
werk von etwas stumpfen Drei- und Vierpässen und geschmackvollen Fischblasenmustem. Das vorderste 
Glied des Stabwerkes ist, wie bei Bauten der Frtthgothik, ein Bundstab. Die Gewände sind mit zwei 
Rundstäben, dazwischen Hohlkehlen, gegliedert. 

Die weit vorspringenden Strebepfeiler steigen in vier Geschossen auf, von Giebeln mit Kreuz« 
blumen bekrönt. — Das Portal an der Sttdseite ist im geschweiften Spitzbogen bedeckt, mit sechs 



1) Sie ist auch von mir nebst den übrigen Kunstdenkmalen Egenbargs , besonders dem interessanten gemalten Hause 
axisführlieh beschrieben in dem Werke : ^Quellen u. Forschungen zur vaterländischen Geschichte.'' Wien 1849, 902. 

V. 14 



106 Dr. Eduard Freih. von Sacken, 

Stäben in den Anschlagsmanern ; aussen von einem Wimberge übersetzt, dessen gesehweifte Bogen- 
schenke! mit prachtrollen Krappen verziert; dessen Fialen mit Einblendungen ftir Figuren und Balda- 
chinen aber denselben versehen sind. Das Bogenfeld enthält einfaches, aber geschmackvolles Blend- 
Masswerk, dazwischen Schilde mit den Leidenswerkzeugen. Das Fortal, ttber dem in gothischen Minus- 
keln eingehauen ist: ora pro nobis mater misericordie lilAA (1477) wird von einem zwischen die Strebe- 
pfeiler zu beiden Seiten eingezogenen Dache, welches mit Zierrippen versehen ist, überdeckt. Eine 
an die Nordseite des Schiffes angebaute sechseckige Capelle, deren Gewölbsrippen auf modernisierten 
Consolen ruhen , hat unter dem Dachsimse die Aufschrift : re) glorie veni cum pace. Die Halle des nach 
der ganzen Breite des Schiffes eingebauten Orgelchores öffnet sich gegen die Abseiten in geschweiften 
Spitzbogen, — im Mittelschiffe der grösseren Breite wegen in einen Rundbogen. Die Brüstung besteht 
aus drei complicierten , schon unorganischen Stabwerksmustern. 

Der Chor, offenbar der ältere Bautheil, zeigt in seinem Fenstermasswerk und den herrlichen 
mit der Natur. nachgebildetem Blattwerk verzierten Gapitälen der Dienstbündel reinere Detailformen als 
das Schiff. Sein Fussboden ist um 3 Fuss über den des Schiffes erhöht, wegen der darunter befind- 
lichen Gruft. In diese gelangt man durch eine ganz eigenthümliche Vorhalle von sechseckiger Grund- 
form, auf seltsam gebildeten Säulen, die statt der Gapitäle an den Enden aufgerollte Bänderhaben, 
ruhend, mit einem Netzgewölbe bedeckt, und mit flachem Dache, um das eine Brüstung aus umgekehr- 
ten Spitzbogen läuft. Es ist ein etwas späterer Zubau in den Formen des Verfalls der Gothik. Der 
Grufteingang selbst ist im runden Eleeblattbogen geftihrt, herum reiche Verstäbung. 

In der Gruft, die ein schmuckloser Baum mit Sargnischen ist, befindet sich ein sehr tüchtig ge- 
arbeitetes Sculpturwerk aus Stein: Christus als Weltrichter in Wolken, aus denen Engelsköpfe hervor- 
sehen, auf jeder Seite ein Apostel, unterhalb die Grablegung in kleinen Figuren, in dem überladenen 
Styl, von der malerischen Bebandlnngsweise , welche sich zu Anfang des XVI. Jahrhunderts in der Pla- 
stik geltend machten. 

Der an der Westseite der Kirche stehende T h u r m ist in seiner unteren Etage, die kleine Rund- 
bogenfenster hat, romanisch; die oberen Geschosse haben kleine Spitzbogen- und Kleeblattfenster. 
Schon im J. 1111 wird die Basilica beati Stephani in monte erwähnt; Herzog Leopold III. gab sie an 
Meisfing, Heinrich II. wies sie seinem Stifte Schotten in Wien zu *). Die unter Friedrich III. erbaute 
Pfarrkirche wurde 1616 den Jesuiten, 1770 den Piaristen übergeben. 

Es erscheint an diesem Bau der lebensvolle Organismus der Gothik fast dnrchgehends bewahrt, 

.wenn auch mehr in abgeschwächter Tradition als in ursprünglicher Kraft. Es finden sich mancherlei 

Anklänge an die Blüthezeit, ja selbst an den strengen Styl, ein merkwürdiger Umstand, der hie und 

da an spät gothischen Bauwerken zu beobachten ist, in ähnlicher Weise wie die antike Kunst in ihrem 

Verfall bisweilen auf archaistische Formen zurückgreift. 

Krems, eine der ältesten Städte Österreichs, die schon 995 genannt ^), eine hervorragende Be- 
deutung ftlr die Geschichte des Landes hat, besonders unter Friedrich III., der die Stadt, welche helden- 
müthig der Belagerung Corvins widerstand, öfter besuchte, sie auszeichnete, und zu ihrer höchsten 
Blüthe brachte, besitzt aus dieser Zeit noch manche interessante kirchliche und profane Bauwerke. 

Die Spitalkirche St. Philipp und Jacob ist ein länglich viereckiger jlaum, ziemlich 
ähnlicli der Deutsch - Ordenskirche in Wien. Da sie in der Gasse steht, so wurden die Strebepfeiler 



1) Meiller: ttRegesteB** 12, 7, 42. Die jetzige Piaristenkirche , früher dem heiligen Stephan geweiht, steht auf 
einem Berge. 

2) Hund: „Metrop. Salisb." I, 93. Meiller: 2, 1, 191, 6. 



Kunstdenkmale des Mittelalters etc. 107 

(drei auf jeder Seite); welche die Widerlager der zusammengesetzten Kreuzgewölbe bilden , nach ein- 
wärts gezogen und treten aussen nur wenig vor ; sie haben im Durchschnitt die Gestalt eines gestreck- 
ten Sechsecks; aussen sind sie mit Nischen fttr Figuren ausgehöhlt, datttber zierliche Baldachine. Die 
drei Fenster haben schönes Masswerk , das Portal ist mit einem geschweiften Wimberge übersetzt; ttber 
dem Sturz die bekannten Vocale Kaiser Friedrichs III.: A. E. I. 0. V lilAO (1470). Das sechseckige 
Giebelthttrmchen hat ein pyramidales Steindach. Die reich in Masswerksfiguren durchbrochene Brüstung 
des auf Sundbogen ruhenden Orgelchores gereicht dem Kirchlein zur besonderen Zierde '). — Das 
Spital stiftete schon Herzog Leopold VI. 1230 ^) und 1295 ertheilte Bischof Wemhard von Passau die 
Erlaubniss zur Abhaltung des Gottesdienstes in der Spitalscapelle ^). 

Der Passanerhofist ebenfalls ein Bau Friedrichs III,; die Fenster, von Stabwerk umrahmt, 
die Thttren im flachen ELleeblattbogen bedeckt, ober einer A. E. I. 0. V. und Reste von Wandmalerei« 
Die in dem Gebäude befindliche Ursulacapelle *) ist ein oblonger Raum mit einwärts springenden 
Strebepfeilern, ans denen die Gewölbsrippen unmittelbar vortreten. Von den drei Spitzbogenfenstem der 
Ostseite hat das mittlere schöne, in der Hauptform dreitheilige Zackenbogen, die schmäleren zu beiden 
Seiten sind im spitzen Kleeblattbogen abgeschlossen. Das östliche Trav^e ist ein Klostergewölbe. 
Zwischen den Wandpfeilem sind dreitheilige Nischen eingeblendet. 

Von der Kirche des ehemaligen Dominikanerklosters (gegenwärtig Theater und Brannt- 
weinbrennerei) sind bei der vandalischen Verstümmelung dieses Baues nur mehr wenige Reste der alten 
Bauformen zu sehen : die mächtigen Strebepfeiler am dreiseitigen Chorschluss, Bruchstficke des Fenster- 
masswerkes, das sehr schön gewesen zu sein scheint, im Innern die Rippen der einfachen Kreuzge- 
wölbe. — Das Kloster wurde 1236 von Heinrich, Propst von Ardagger und Passau gegründet 1410 
brannte die Kirche völlig ab, die dann ganz neu erbaute (ohne Zweifel der gegenwärtige Bau) wurde 
1444 geweiht. Kaiser Josef hob das Kloster auf. 

Die Pfarrkirche St. Veit, schon 1178 erwähnt *), ist ein modemer Bau von 1616, älter 
aber der Thurm, der in den beiden unteren Etagen schmale Kleeblattbogenfenster und grössere spät- 
gothische mit sich durchkreuzenden Pfosten hat. 

An einem Hause auf dem hohen Markte steht auf einer Console aus sehr geschnörkeltem Blatt- 
werk ein heil. Christoph aus Stein, eine etwas plumpe Figur, den Kopf nach dem Christkind auf 
seinen Schultern gewendet, darüber ein Baldachin aus umgekehrten Spitzbogen und verschlungenen 
dürren Ästen; unten die Jahrzahl lji68 *). 



Von Krems das Donauthal aufwärts, besonders in dem Landstriche der schon seit dem IX. Jahr- 
hundert die Wachau heisst ''), begegnen wir einer Reihe von Baudenkmalen des XV. Jahrhunderts, 
die manche interessante Eigenthümlichkeit zeigen und durch ihr ehrwürdiges, altersgraues Aussehen 
der herrlichen Gegend einen nicht geringen Reiz verleihen. 



1) Das Gitter des an der Evangeliesseite des Altares in den Strebepfeiler eingeblendeten Sakramentshänschens zeigt 
zierliche Schlosserarbeit. 

2) G alles: ^Annal. Austr.*' n, 186. 

3) „Notizenblatt d. kais. Academie d. Wissensch/ I, 255. 

4) Gegenwärtig als Schüttboden verwendet. 

5) Meiller: „Regesten" 55, 5. 

6) Über die schönen, merkwürdigen Renaissance -Plafonds imTempler- und Baum garte nb erger -Hof e, siehe 
Schmidl: „Wiens Umgebungen" I, 472. Das Steiner-Thor hat: A. E. I. 0. V. lj^80. 

7) Vom Wattenstein oberhalb Dttmstein bis Spitz. S. darüber Weiskern: „Topographie" U, 256. 

14* 



108' I^r* Eduard FreÜL von Sacken, 

8 t e i IL 

Die grosse Stadtkirche ist ein schöner Bau, leider stark modernisiert. Das Mittelschiff ist nm 
ein Drittel hoher und breiter als die Abseiten , von deren jeder es durch drei achteckige Pfeiler (jetzt 
in rttmische Säulen verwandelt) getrennt wird. Das Mittelschiff bedeckt ein Netzgewölbe, dessen Rippen 
in Bttndeln an den Wänden herablauCeU; die Abseiten und den Chor einfache Kreuzgewölbe mit schön 
profilierten Bippen ; in letzterem ruhen sie auf Consolen. Die breiten Spitzbogenfenster sind modernisiert. 
Schön sind die vier unteren Geschosse des Thurmes auf der Westseite. Er bildet unten eine offene 
Halle mit drei Eingängen; und mit einem auf Ecksäulen mit zierlichen Blattcapitälen ruhenden Netzge- 
wölbe bedeckt. Der Eingang auf der Südseite ist wie auch die Fenster ober demselben mit einem ge- 
schweiften Wimberg übersetzt. Unter dem Chor befindet sich eine Gruft. Über die Erbauung gibt ein 
aussen am Chor angebrachter Grabstein einigen Aufschluss mit der Aufschrift: Anno 1462 starb der edl 
hanns wisent erster Stifter dises Eamer '). Unter den zahlreichen Grabsteinen sind hervorzuheben die 
des „michel itfban Schlundt purger zu Stain von 1495 ^), des Martin von Treubach, gestorben 1477 
und des Hans Pleystainer; gestorben 1520 mit guten Wappen. 

Die Marienkirche auf dem Berge ist ein dreiseitig geschlossener Baum ohne Pfeiler, ganz 
schmucklos; mit vierecktem Thurm an der Westseite; nur ein Fenster am Thurme hat noch eine Zacken- 
verzierung. 

Fürthof; 

Das kleine Eirchlein ist ein oblonger Baum ohne Pfeiler ; dreicfeitig abgeschlossen ; am west- 
lichen Giebel ein kleines , auf Kragsteinen ruhendes Steinthürmchen mit schmalen, giebelartig bedeck- 
ten Fenstern. Die 5 Fuss hohe Pforte hat auf jeder Seite ein Säulchen (die Schäfte fehlen) mit schönem 
Blattcapitäl ; einzelne Eichen- und Nesselblätter von sauberer Ausftlhrung; sie scheinen einem älteren 
Bauwerke entnommen zu sein, denn sie sind- im Character des XHI. Jahrhunderts, während das Eirch- 
lein doch der Spätgothik angehört. Die Fenster sind modernisiert. An der südlichen Aussenwand be- 
merkt man Spuren von Fresken. 

Weissenkirchen 0- 

Die auf einem Berge gelegene, von Festungsmauern mit Schiessscharten, Pechnasen u. dgl. 
umgebene Kirche, bis 1632 eine Filiale von St. Michael, stellt sich als ein sonderbarer, winkliger Bau 



1) An der Nordseite findet sich die Jahrzahl 1464 eingemeisselt. 

2) In der Mitte die heil. Anna, daneben Georg und Andreas, unten der knieende Mann mit seinem Schutzheiligen 
und drei Söhnen, ihm gegenüber die Frau mit einer Tochter — eine tüchtige Arbeit. Die Architectur schon im 
Renaissance - Style mit Fruchtgewinden. 

3) Dürnstein wird hier übergangen, da das einzige, auch nicht sehr erhebliche Baudenkmal, die Ruine der 
Kirche des 1289 von Leutold von Kuenring gestifteten, um 1570 eingegangenen Glarissinen-Klosters be- 
reits im III. Bande diesei; Berichte S. 164 ff. beschrieben wurde. — Das 1410 durch Otto von Meissau und Stephan 
von Haslach gegründete Chorherrnstift (1782 aufgehoben), ist ein schöner Bau Prandauers im modernen Style 
von 1725. Hier befand sich ein guter Bilderaltar, auf dem Mittelbilde die heil, drei Könige, mit vielen Neben- 
figuren in lebendigen Gruppen , auf den Flügeln die Geburt Christi und die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten. 
Die Zeichnung ist ziemlich manieriert, die Farbe sehr tief und kräftig. Nach dem Gesammt- Character ist es ein 
Werk aus der Schule Dürers, aber schon unter italienischem Einflüsse. Später befand es sich im Schlosse zu 
Hausleiten. 



Kanstdenkmale des Mittelalters etc. 109 

dar, der durch moderne Znbanten so sehr verändert wurde, dass sich die ursprüngliche Anlage kaum 
erkennen lässt. Sie besteht eigentlich aus zwei Kirchen, aus einer grösseren, die schmale, niedrige 
Abseiten hatte und einer einschiffigen, an der Südseite befindlichen Capelle von der Länge des Eirchen- 
schiffSes ; beide wurden neuerer Zeit zu einer Kirche vereinigt. Von ersterer ist noch erhalten : der hohe, 
schöne Chor, aus zwei Trav6es und dem dreiseitigen Abschluss bestehend, mit auf Halbsäulen ruhen- 
den Kreuzgewölben und dreitheiligen Fenstern , die reiches Masswerk zeigen , femer zwei Joche der 
nördlichen Abseite mit- einem kleinen Altarausbaue , endlich der an der Westseite stehende viereckige 
Thnrm mit Satteldach; das Schiff ist modern (von 1736). Die zur Kirche einbezogene Gapelle an der 
Südseite hat einfache Kreuzgewölbe auf Tragsteinen , dreiseitigen Abschluss , an der Westseite ein 
sechseckiges Thürmchen mit Giebeln und Helmdach; sie scheint etwas älter zu sein als die Kirche. 
An den Gewölbschlusssteinen sind kleine Schilde angebracht, in denselben eine Mutter Gottes, sich kreu- 
zende Sohlögel, Hämmer, Pfeile, ein Zirkel — wahrscheinlich in Bezug auf Beiträge zum Kirchenbau 
von verschiedenen Gewerbsleuten. 

Im Bogenfelde über dem Haupteingang ist Maria mit dem Kinde thronend zwischen zwei hei- 
ligen Bischöfen, in Fresco gemalt, von guter Zeichnung im Character der Wohlgemuth'schen Schule, 
aber sehr beschädigt. In der Kirche auf einer Console Maria mit dem Kinde auf dem Judenthum und 
Heidenthum (zwei niedergeworfenen Figuren) stehend, aus dem XV. Jahrhundert, der Kopf lieblich, die 
Falten stark gebrochen, knittrig. Die Bemalung ist neuer. 

Die Earche erhält durch ihre Lage auf einem isolierten Hügel, die gewaltigen Befestigungs werke 
und die bedeckte Stiege, welche aus dem Markte hinauf fllhrt, ein malerisches, interessantes Aussehen. 

« 

St MichaeL 

Die ganz nahe an der Donau gelegene Kirche, die schon 1153 als Pfarre erwähnt wird % 
ist wieder sehr stark befestigt, mit Ringmauern und Wassergraben umgeben, über den eine von zwei 
Thttrmen beschützte Zugbrücke in den viereckten Thorthurm führt. Auch der Kirchthurm ist zur Ver- 
theidigung eingerichtet, nemlich mit flachem Dache, halbrunden Zinnen und kleinen Eckthürmchen 
versehen, in denen Schiessscharten für Feuergeschütz angebracht sind. Das dreitheilige Schiff hat fünf- 
geschossige, giebelbedachte Strebepfeiler und grosse Fenster, deren Verglasung ganz an der innem 
Wandfläche liegt, mit reicher, schöner Umrahmung und compliciert^m , aber sehr unorganischem Mass- 
werk, das aus aufgethürmten kleinen Bogen, gebrochenen Stäben und Fischblasenmustern besteht. Die 
Gewölbe und pilasterartigen Gewölbsträger gehören einer späteren Restauration an. Die Abseiten, etwas 
niedriger als das Mittelschiff, schliessen platt ab. Im Chor treten die Rippen seines Netzgewölbes sehr 
unordentlich aus den an der Wand bis zum Kaffsims herablaufenden , durch Einblendungen für Figuren 
mit geschmacklosen Baldachinen unterbrochenen Stabbündeln heraus. Die Jahrzahl 1523 auf einem 
Schlusssteine der Chorgewölbe dürfte sich auf den Bau derselben beziehen. Die Verflachung der For- 
men, das Überladene und doch Unorganische des ganzen Baues bezeichnet denselben als dem Ausgang 
der Gothik, vielleicht erst dem Anfang des XVI. Jahrhunderts angehörig, trotz mancher älterer Reminis- 
CQnzen in den Gliederungen, z. B. der Fenstergewände. Die Pforten sind von sich durchkreuzenden 



1) Bischof Konrad von Passau gab sie an das Stift St. Florian. Bei .einem wegen der Kirche entstandenen Streite 
im Jahre 1257 wurde Gozzo, Stadtrichter von Krems zum Mittler berufen. Hormayr: «Archiv*' 1828, 2ö5. 



IIQ Dr. Eduard Freih, von Sacken, 

Stäben umrahmt '). Die Brüstung des Orgelchores hat Blenden ftlr die Statuen der zwMf Apostel, von 
denen nur mehr fünf vorhanden sind; handwerksmässige Steinmetzarbeiten; die Figuren sind kurz, die 
Gewänder geknittert und von unverstandenen Motiven. An der sttdlichen Aussenwand sind zwei äusserst 
roh gearbeitete Köpfe eingemauert. Ein Frescobild: das jttngste Gericht , darunter Christus am Kreuz, 
beiderseits der Donator mit Frau und Kindern knieend, ist sehr schadhaft. Neben der Kirche steht 
eine Friedhofcapelle, von fast quadrater Grundform mit dreiseitigem Abschluss, von einem ein- 
fachen Kreuzgewölbe und einem halben Klostergewölbe bedeckt; mit sechseckigem Giebelthttrmchen 
und schmalen Fenstern. Die Jahrzahl 1480 scheint die Zeit * der Erbauung dieser durch die darunter 
befindliche Gruft als Kam er bezeichneten Gapelle anzugeben. An der Giebelwand ist ein colossaler 
heiliger Christoph (16 Fuss hoch) gemalt. Man sieht nur mehr seinen mit dem österreichischen Herzogs- 
hut bedeckten Kopf, die im Verhältnisse viel zu kleine Hand, und das magere aber im Ausdrucke 
gute Christkind ^). 

Spitz. 

Die Pfarre St. Moriz dieses uralten Fleckens hing von dem baierischen Stifte Nieder - Alteich ab, 
und wurde bei einem Streite mit dem Stifte St. Florian 1325 von Bischof Gebhard von Fassau dem 
ersteren zuerkannt. 1251 erscheint hier ein Pfarrer Konrad ^). Die aus dem Ende des XV. Jahrhunderts 
stammende Kirche hat die Eigenthtlmlichkeit , dass Chor und Schiff nicht in einer Längenaxe liegen, 
sondern einen stumpfen Winkel bilden. Das dreitheilige Schiff, dessen Mittelraum etwas höher ist, wird 
von einem Netzgewölbe, dessen zum Theil abgestutzte Bippen unorganisch, ohne Vermittlung (nur 
gegen das Mittelschiff zu ruhen sie auf schmalen Gesimsen) aus den achteckigen Pfeilern vortreten, 
bedeckt. Die Strebepfeiler sind zum Theil vorne zugekantet und mit geschweiften Giebeln versehen. 
Der Eingang an der Südseite ist im Flachbogen mit consolenartigem Schlusssteine, von durchkreuzten 
Stäben im Spitzbogen umrahmt. Der Chor zeigt mit dem zu St. Michael grosse Ähnlichkeit, wieder die 
unorganisch aus den bis zum Kaffsims herablaufenden, von Heiligennischen unterbrochenen Stabbtindeln 
heraustretenden Bippen des Netzgewölbes, nur sind die Baldachine zierlicher. In den Schlusssteinen 
das Lamm mit der Fahne und leere Wappenschilde, an den Durchschneidnngspuncten der Bippen hie 
und da Köpfe. Die Strebepfeiler haben Giebel mit Kreuzblumen. Die dreitheiligen Fenster enthalten reiches 
Masswerk in den für die Spätzeit der Gothik characteristischen Formen. — An der Brüstung des Orgel- 
chores Christus und die zwölf Apostel, plumpe, unförmliche Gestalten mit grossen Köpfen, unverhält- 
nissmässig hohen Stirnen und überladenen, gezogenen Falten der Gewänder; sie zeigen alterthtlmliche 
Motive, mit denen des Verfalls gepaart. An einem besondern Ausbau der Südseite aussen Beste von Fres- 
ken; ein h. Christoph, daneben ein Streifen mit dem Crucifix, Maria und Johannes, einem h. Bischof, 
dem Olberg und Maria mit dem Kinde in Halbfigur; ferner acht Bilder aus der Passionsgeschichte, 
handwerksmässige Arbeiten von steifer Zeichnung. 



1) Sieben auf dem Dachfirste des Chores angebrachte Hasen aus gebranntem Thon sind angeblich zur Erinnerung 
an einen Schneefall, der so mächtig war, dass der Schnee die Rühe des Kirchendaches erreichte, und die Hasen 
darüber liefen. 

2) Diese Figur ist weithin auf dem Strome sichtbar. Der heil; Christoph war nicht nur Symbol der Kirche, sondern 
auch Patron der Schiffer und man glaubte , dass der Anblick dieses Heiligen am selben Tage vor Krankheit und 
jähem Tod schütze (S. Kreuser: „Kirchenbau'' I, 140.) 

3) Fräst: „Stiftungen -Buch** 224. 



Kunstdenkmale des Mittelalters etc. 111 

Der viereckige Thnrm an der Westseite hat ein Satteldach. An der Schlusswand des ChoreS; 
nnter dem sich eine grosse Gruft befindet; ein guter ^ malerisch behandelter Ölberg in Relief und der 
schöne Grabstein des i486 gestorbenen Michel Em, Bürgers zu Spitz ^ aus rothem Marmor. Ein Wald- 
mann (ähnlich dem auf einem Kupferstiche von Martin Schongauer) hält ein Wappenschild, darin Halb- 
mond, Sterne und ein Pfeil. 

SchwallenbacL 

Eine Capelle zu Schwallenbach *) wird schon im J, 1419 erwähnt, da Gebhard Fritzendorfer eine 
Stiftung in dieselbe machte und 1422 sich daselbst begraben liess *). Doch dürfte diess wohl nicht auf 
die gegenwärtige Kirche zu beziehen sein, als deren Erbauungszeit bei ihrer auffallenden Ähnlichkeit 
mit der Spitalkirche zu Krems wohl erst die zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts anzunehmen ist. 
Es ist eine dreiseitig geschlossene Gapelle, deren Netzgewölbe auf den einwärts springenden Strebe- 
pfeilem aufsitzen. Diese sind innen zugekantet, so dass sie eine fünfeckige Grundform erhalten, aussen 
erscheinen sie als gepaarte dreieckige Lisenen, die über den Sockel der Kirche nicht vortreten und 
unter dem Dachgesimse giebelartig zugespitzt sind. Das Fischblasenmasswerk der Fenster ist schön 
und reich. Über der spitzbogigen Thüre an der Nordseite sieht man zwei Wappenschilde gemalt, durch 
ein Schloss- verbunden, der rechts ist roth und weiss gerautet, der linke enthält drei Schwerter, auf 
denselben eine Büste. Oberhalb ein gutes Frescobild: Die Heiligen Michael in weitem rothen Mantel 
mit Fahne und Schwert, Mauritius? mit Schnabelschuhen, in der Bechten eine Tartsche mit Kreuz, und 
Georg, mit der Lanze den Drachen durchbohrend; sie sind von guter, strenger Zeichnung, etwas 
mager aber ziemlich correct. Ebenso ist ein heil. Christoph eine gute Arbeit des XV. Jahrhunderts. Der 
Thurm, unten viereckig, geht oben ins Achteck über (über den Fassungsecken kleine viereckige Eck- 
thürmchen), das von kleinen Giebeln, zwischen denen die Steinpyramide aufsteigt, bekrönt wird. 

Aggsbach. 

Die Pfarre, mit Schwallenbach verbunden, gehörte früher nach Altaich '). Die Kirche ist ein 
sehr einfacher Bau. Die Abseiten sind niedriger als das Mittelschiff, dessen mit Fenstern versehene 
Mauern auf jeder Seite von 2fwei durch Spitzbogen verbundene Pfeiler ohne Gliederung getragen werden. 
Die gratigen Bippen der einfachen Kreuzgewölbe ruhen auf spitz zulaufenden Consolen. Die Fenster, 
der Chorschluss und der Orgelchor sind modern (1779). Der unten viereckige Thurm geht oben in's 
Achteck über, mit spitzbogigen Schalllöchern. 

Emersdorf. 

Anfangs war die Kirche eine Filiale von Weiten, 1336 wurde sie zur selbstständigen Pfarre er- 
hoben, 1461 nach Mattighofen incorporiert ^). Das Schiff hat niedrigere Abseiten, flach abgeschlossen; 



1) Der Ort ist sehr alt; Heinrich von Swelapach kommt 1280 bei Hueber, 1295 bei Fräst: „Stift-Buch** 230 vor. 

2) Wissgrtll: „Schauplatz des nied. österr. Adels" III, 107. 

3) Weiskern: „Topographie** I, 5. 

4) Beil: „Donauländchen** 173. Die urkundlich schon im XII. Jahrhundert vorkommenden Herrn von Emersdorf 
blühten noch im XV. Jahrhundert. 

Die in der Nähe (bei Gossam) höchst malerisch und romantisch im Walde gelegene Pancratiuscapelle, 
aus den alten Trümmern zum Theil neu erbaut, ist romanischen Ursprungs, wie die Ruine der halbrunden Apsis 



112 ^^' Eduard. Freih. von Sacken, 

die Mauern des Mittelschiffes werden auf jeder Seite von zwei glatteu; achteckigen Pfeilern getragen. 
Die Rippen der Gewölbe (in den Abseiten einfache ^ im Mittelschiffe zusammengesetzte Kreuzgewölbe) 
ruhen auf halbrunden^ concentrisch abgeschrägten Consolen. Auf der Nord- und auf der Südseite befin- 
det sich eine Thüre im flachen Eleeblattbogen , über ersterer ein giebelartiger Aufsatz, an letzterer 
rohe Bttsteu; im Bogenfelde Spuren eines Gemäldes. Der Chor; viel höher als das Schiff und wohl 
etwas älter als dieses, ist mit Netzgewölben bedeckt, die theils auf Halbsäulen, theils auf Trag- 
steinen aufsitzen; das dritte Geschoss seiner Strebepfeiler ist über Eck gestellt, mit Giebeln bedacht, 
deren Spitzen Kreuzblumen zieren. . Sämmtliche Fenster sind modernisiert. An der Nordseite befindet 
sich ein Sakristei -Anbau, mit Netzgewölben bedeckt und mit ganz schmalen, im spitzen Kleeblatt ab- 
geschlossenen Fenstern. An der Südseite sieht man einen gut gearbeiteten, ehemals bemalten Olberg; 
der Ausdruck des betenden Heilandes ist sehr innig. 

Klein - Pechlam. 

Das Schiff der Hallenkirche ist breiter als lang (54 Fuss breit, 48 Fuss lang). Die gratig ge- 
gliederten Rippen der Netzgewölbe treten ohne Vermittlung aus den achteckigen Pfeilern (zwei auf 
jeder Seite) mit eingezogenen Seitenflächen vor; an den Wänden durchkreuzen sie sich, im Chor ruhen 
sie auf Consolen. Die alten Fenster sind bis auf wenige Reste von Masswerk durch Modernisierung 
zerstört. Die Halle des Orgelchores zeigt ein sehr reiches Profil ihrer zum Theil sich durchkreuzenden 
Gewölbsrippen ; an den kurzen Wandpfeilem Schriftbänder mit Namen (wahrscheinlich der zum Bau 
Beitragenden), Schilde, in denselben Schaufeln, Ruder, Dreschflegel und die Jahrzahl 1517. Der in der 
südlichen Ecke des Schiffes mit dem Chor stehende Thurm ist oben achteckig mit Giebeln. Ein Olberg 
in Relief, wobei Gott Vater mit der Weltkugel in der Hand Christum tröstet, ist eine gute Arbeit des 
XVI. Jahrhunderts. 

St. Wolfgang. 

Thomas Schaller, Castellan von Weitra und dessen Bruder Johann erbauten 1406 zu St. Wolf- 
gang (auch Pfaffenschlag genannt) eine Kirche, deren Chor im J. 1407 vom Weihbischof Nicolaus von 
Passau geweiht wurde. Sie war mit einem zum Unterhalt eines Caplans ausreichenden Einkommen ver- 
sehen, den aber Bischof Georg von Passau 1408 nur auf dessen Lebenszeit bestätigte, dann die Kirche 
der Pfarre Gross - Schönau zuwies. Sie ging dann auf Zwetl über (1465). Selbsstäudige Pfarre ist sie 
erst seit 1765. Die grosse, hohe Hallenkirche zeigt, namentlich im Detail, noch ziemlich reine Formen 
und noch nicht die Verflachnng und Ausartung der gothischen Formen , die an den oben beschriebenen 
Bauten bemerkbar ist. So haben die Gewölbsrippen den gratigen Rundstab als Hauptglied, die drei- 
theiligen Fenster edle Masswerksformen , streng geometrische Figuren ; um die ganze Kirche läuft im 
Innern ein Kaffsims herum. Die Rippen der einfachen Kreuzgewölbe treten unmittelbar ans den acht- 



zeigt. Am Altarstein ist ein spät -römischer Grabstein — vielleicht von Melk herübergebracht — eingemauert; es 
ist eine mSnnliche Figur von vorne gesehen , mit der Toga bekleidet, eine Eule auf der Hand. Neben dem Altare 
sieht man zwei !■/! Fuss hohe Figuren, die Heiligen Leopold mit Kirchenmodell und Georg in Attstung darstel- 
lend , aus Holz geschnitzt und bemalt von trefflicher Arbeit und fein empfundenem Ausdruck , aus dem XV. Jahr- 
hundert. Der Thurm der Capelle, unten vier- oben achteckig, hat kleine Kleeblattbogenfenster, Giebel und 
Helmdach. 

Im Jahre 1458 wurde ein Übereinkommen des Abtes von Melk mit Kaspar von Starhemberg in Betreff einer 
heil. Messe in dieser Gapelle getroffen. 



Eniutdeiikiule des HittelKltera ete. 113 

eokigeo Pfeilern vor, an den Wänden des Schiffes ruhen sie auf Wandpfeilern von der Foim eines 
halben Achteckes , im Chore anf Halbsänlen mit einfachen Capitälen , die nnter dem Kafisims consolen- 
artig abgescfarKgt sind. Der Fnssboden des vorderen Theilea des Schiffes sammt den polygonen AbBohttts- 
Ben der mit dem Mittelschiff gleich breiten Abseiten und der des ChoreB ist nm £ Fnss erbQht, so dass 
drei Stufen Ober die g:anze Breite der Kirche hinlaufen. 

Die achOneo Fenster enthalten bemerkenswerthe KcBte ron Glasmalerei. In einem sieht man 
die zwölf Apostel, ernste wQrdige Gestalten, unter Bogen stehend, die von Säulen getragen werden 
nnd eine Zackenverziemng enthalten. In Fig. 39. Christus am Krenze, dessen Blnt zwei En- 

einem 'andern Fenster mehrere Heilige, unter gel anfangen, Maria betend, die Hände 

ihnen Georg, Wolfgang und Anton von Über der Brust gekreuzt, rtlckwärta zwei 

Fadua, das Christkind auf den Armen, da- Engel, dann Magdalena und Barbara. Die 

neben ein Engel mit Ranohfass; femer Zeichnung ist sehr gut, die KSpfe sind 

auBdracksvoU, die weibliehen voll Anmuth und von jener tiefen, frommen Empfindung, die den bessern 
Werken des XV. Jahrhunderts eigen ist. Die Falten der Gewänder, in einfachen Motiven, sind wenig 
gebrochen, die Haare frei behandelt. Gegen die Glasfenster von Weiten sind diese etwas vorgeschritten, 
aber ebenfalls noch ohne Überfanggläser, bloss aus Frittglas mit ^eichDUng von Scbwarzlotb. Zwei 
Wappen zeigen einen Stern im blauen Felde und zwei Anne, gegen einander gekehrt, ein Brod (?) 
haltend im blauen Felde ') ; nnter letzterem : sigiemnndns de on . . . ncz (Fig. 39) *). 

Schweiggers. 

Hadmar II. von Eaeming, der Schweiggers besasa, grtlndete wahrscheinlich die dem heil. Agjdins 
geweihte Kirche; urkundlich wird sie zuerst im J. 1197 erwähnt, da Hadmar dem Bischof Wolfker von 
Passau das Fatronatsrecht nachwies. 1276 war hier Ulrich von Puchberg Pfarrer. Die 1396 bewilligte 
Einverleibung an ZwetI kam erst 1M5 zu Stande, wonach zuerst ein Stiftapriester als Pfarrer eingesetzt 
wurde. Die Hnssiten brannten die Kirche nieder; um lfiO& erhielt sie mehrere Ablässe, vielleicht behu& 
des noch nicht rSllig vollendeten Wiederaufbaues. Abt Rainer I. liess eine Renovation vornehmen, nnd 
den neben der Kirche stehenden „Kam er" St. Michael, in dem am Micbaelstage Hesse geleaen wurde, 
abbrechen '). 

Die gegenwärtige Kirche ist offenbar die nach dem Brande durch die Hnssiten im XV. Jahrhun- 
dert erbaute; von der früheren ist nur noch der zwischen Schiff nnd Chor in der Mitte stehende Thurm 
llbrig. Er bildet unten eine quadratiache auf verkröpften Pfeilern mit einfachem. Kämpfergesims ruhende 
Halle; zwischen die vier breiten Halbkreisbogen, welche die Pfeiler verbinden, ist das randbogige Grat- 
gewOlbe eingespannt. Die langen ScballlScher mit wnlatiger Einfaasang sind ebenfalls im Halbkreis 
bedeckt. Der romaniache Ursprang dieses Bantbeilea ist wohl nicht zu bezweifeln, er bildete wahr- 
scheinlich den Chorraum der alten Kirche, denn die beiderseits offene Halle des Erdgeschoases war 
immer ein Bestandtheil des Innern (s. oben). Das Schiff mit gleich hoben, halb so breiten Ab- 

1) Ähnlich dem Wappen derer von Streitwiesen. 

3) Du sehr groBse Schoitziverk dei Hoch&ltares im BenaiaiMce - Style ist vortrefflich. Zwischen vier rBmiaohen 
Süulen, deren Schäfte ans durchbrochenem Laubwerk ge1)ildet sind, stehen in reich Terzierten Nischen die Hei- 
ligen ErasmoB, Wolfgang und Aleiiiu, lebendige Gestalten, bemalt nnd vergoldet DarOber ein Aufsatz wieder 
mit Tier Säulen. Die Ornamente, in FOlle ohne Überladung angebracht, sind nogemein scbwnngToll nnd teigendeit 
edelsten Benaissancs-Styl, der hier in hoher Schönheit erscheint 

3) Fräst hi der „kirchlichen Topogr^hie" XVI, 238 ff. 

V. u 



114 Dr. Edaud Fioih. von Sacken, 

geilen als das Mittelschiff, hat iwei Seihen von je drei achteckigen Pfeilern, mit doppeltem Gesimse, 

auf dem die Eippen der einfa- p.^ ^ in's Zwölfeck Übergehend , tief 

ohen Kreuzgewölbe aufsetzen; an genug znr Tanfe durch Inuner- 

den Wänden ruhen diese auf gion, welche damals noch sehr 

halb achteckigen Wandpfeilem, ' im Brauche war '). Er mht auf 

im Chore auf Halbsäulen ohne nngeheuerliehen Löwen mit sehr 

Capitäle mit doppeltem Gesims grossen EOpfen, zwischen den 

TOn ansgeschweifter Form. Pranken halten sie Mensehen- 

Sehr interessant ist der köpfe *), dazwischen höchst ein- 

ohne Zweifel ans dem XII. Jahr- faches Laubwerk. Bei der Sel- 

bundert stammende Taufstein tenheit romanischer Taufbmnnen 

aus Granit, 3 Fuss 4 Zoll hoch, namentlich in Österreich verdient 

(Fig. 40). Es ist ein kesselför- dieser om so mehr Beachtung, 
miger Zuber, nnten rund, oben 



Zu den knnstgeschichtlich wichtigsten Denkmalen des XV. Jahrhunderts gehören die Flflgel- 
altäre, an denen sich vorzugsweise die Kunst der Bildscbnitzerei oder Holssculptnr in Verbindung mit 
der Malerei, mit der sie sogar zunflmässig verbunden war ^), entfaltet. Von den in dieser Ennstweise 
tonangebenden beiden Hauptsohulen, der schwäbischen mit dem Mittelpunkt Ulm, und der oberdeutschen 
mit dem Hauptsitz Nflmberg scheint sich die erstere — durch wandernde Gesellen — Aber S^zburg, 
Ober die stldlich der Donau gelegenen Länder verbreitet zu haben, während die Ortschaften nördlich 
•des Stromes in ihren noch erhaltenen Resten fast durchaus den Zusammenhang mit der letzteren be- 
kunden. Die zahlreichen Fingelaltäre unseres Waldviertels sind zwar meistens keine hervorragenden 
• Kunstwerke, sondern mehr oder minder gute Gesellenarbeiten, aber von dem Geiste echter Frömmig- 
keit, tiefem Gemüth und einem nicht zu beschreibenden Zauber des Friedens und der Anmutb dorch- 
druogene Schöpfiingen, die alle Beachtung verdienen. Das bedentendstp Werk dieser Art befindet sich zu 

Haria - Laach *y 

Der 10 Fuss hohe, mit doppeltem FlUgelpaar versehene Schrein enthält unter einem reich ge- 
schmtlckten Baldachine die Mutter Gottes als Himmelskönigin thronend, auf dem Scboosse das Kind 
(beide auf den Beschauer blickend), welches einen Zaip (Sutzel) in der Hand hält, rund gearbeitet; 
den Hintergrund bildet ein von zwei äusserst anmuthigen Engeln gehaltener goldener Vorhang mit einge- 
presstem Dessein. Die Architektur über dieser Vorstellung bildet ein geschweifter Spitzbogen, an seiner 
innem Seite mit Zackenbogen versehen , die Ecken ftlllt eine kleine Gallerte von verschlungenen Spitz- 
bogen aus. Die Innenseiten der inneren Flügel (bei geöffnetem Schreine sichtbar) zeigen je zwei Vor- 
stellungen übereinander in Relief: Die Verkündigung, Maria beim Betscbemel knieend, der Engel 



1) Vgl. „Mittheilnngen der Central -CommiSBioii" I. Pd, 1856, 56 und V. Bd. 1860, 326. 

3) Die LOwen sind hier offenbar das Symbol dea durch das Sacrument überwundenen büaen Princips. 

3) Adr. Beter: „De coüegiis opificum," cnp. IL §. 3. Vgl. Wach: „Bemerk. Über Holzsculptar mit farbiger Anma- 
lung" Im Scbom'ecben Kunstbl. 1833, Nr. 3 f. 

4) Im Sammelwerke : „Quellen und -Forschungen zur vaterlSnd. Oeschichte, Literatur a. Kunst" (Wien 1849} 266—302 
auafUhrUch von mir beschrieben. 



Eunstdenkmale des Mittelalten etc. 115 

im ^Playiale , dessen Saum zwei Engel tragen; in der Hand eine Lilie ^ um welche sich die Schedula 
mit den Worten, die er spricht, schlingt; — die Geburt Christi, Engel umgeben das Eänd, welches 
Maria anbetet, der heil. Joseph hält ein Licht, dessen Schein er mit der Hand vom Kinde abhält, rück- 
wärts eine reiche Landschaft mit Hirten, oben drei Engel mit einem Bande, auf dem das Gloria steht» 
Die Heimsuchung mit sehr ausgeführter Landschaft von aufeinander gebauten Bergen, Flüssen, 
Felsen, Schlössern; — die Anbetung der drei Könige, der älteste barhaupt knieend, der 
zweite eben die Krone vom Kopfe nehmend, der dritte bedeckten Hauptes, — scheint nach dem schönen 
Kupferstiche von Martin Schongauer, genannt Schön ^) gearbeitet zu sein. 

Wird das erste Flttgelpaar geschlossen , so erscheinen auf den Innenseiten der äusseren und 
den Aussenseiten der innem Flttgel ^) Darstellungen aus der Passionsgeschichte: 1. Der Olberg; auf 
dem Felsen, bei dem Christus kniet, erscheint der Leidenskelch mit einem kleinen Kreuze, die schla- 
fenden Jünger sind voll Character, im landschaftlichen Hintergrunde Judas mit den Wächtern. 2. Der 
Judaskuss. Christus, von Judas umarmt und von den Soldaten in Übertrieben hastigen, verrenkten 
Bewegungen gefasst, voll Ruhe und Milde, ist im Begriffe dem am Boden knieenden Malchas 
das Ohr anzuheilen. — 3. Die Geisselung. In einer spitzbogigen Halle ist Christus in verdreh- 
ter Stellung an eine Säule gebunden. Die Schergen, absichtlich fratzenhafte, abscheuliche Gestal- 
ten — um die Bosheit und Verworfenheit auszudrucken — sind sehr lebendig. — 4. Das Ecce homo; 
der leidende Heiland von edlem Ausdrucke , die Figuren des Volkes , meist im Costttme des XV. Jahr- 
hunderts, characteristisch. Die gesprochenen Worte sind durch aus dem Munde gehende Schriftstreifen 
bezeichnet. — 5. Die Dornenkrönung. Mannigfaltig ist der Ausdruck des Hohnes und der gemeinen 
Bosheit der Peiniger, welche mit langen Stäben die Domenkrone auf das Haupt des sanften Dulders 
drücken. — 6. Die Kreuztragung; die Köpfe des Heilandes und der Frauen schön und empftinden; 
Simon von Cyrene eine kleine Missgestalt in Bauemtracht mit Fäustlingen. — 7. Das Crucifix; 
Schmerz und Theilnahme drückt sich in den schönen Köpfen der dabei stehenden Figuren (Maria sinkt 
eben zusammen, Joseph von Arimathäa in reichem Gewand) aus. — 8. Die Auferstehung. Der 
verklärte Heiland steigt segnend aus einer flachen Tumba, dabei drei schlafende Soldaten in phan- 
tastischer Tracht , vorne kniet der erschrockene Malchas mit der Laterne , auf dem Blicken einen herz- 
förmigen Schuppenschild mit zwei Löwenköpfen. Bei Schliessung der äusseren Flttgel werden die auf 
den Aussenseiten derselben gemalten Darstellungen aus dem Leben Maria sichtbar: 1. Die Beschnei- 
dung; das Kind von schmerzhaftem Ausdruck ; dabei steht Joseph, seinen Strohhut, und Maria, eine 
Kerze in der Hand, eine schöne Gestalt. — 2. Die Darstellung im Tempel. Die weiblichen 
Köpfe sind hier besonders lieblich, von unschulds vollem Ausdruck. — 3. Der Tod Maria. Ausser 
Bett sinkt sie eben zusammen, von Johannes unterstützt, herum die Apostel betend, deren einer ihr 
die Kerze reicht ; durch ein Fenster sieht man Christus mit Maria's Seele. Dieses Bild ist im Ausdruck 
besonders gelungen und lebendig. — 4. Die Krönung Maria durch den gleichgestalteten Vater und 
Sohn, wie in einem Zelte, dessen Vorhänge zwei Engel zurückziehen; auf Säulchen stehen liebliche 
musicierende Engel. 

Der architektonische Aufbau ttber dem Schreine zerfällt in drei Abtheilungen mit den rundge- 
schnitzten Figuren des Ecce homo, Petrus und Johannes Evangelist. Die Baldachine darttber endigen 
in hohe Spitzsäulen; das Ganze wird aus schlanken Stäben gebildet, die vergoldet sind. 



1) Bartsch: nPeintre graveur" Nr. 6. 

2) Ohne Zweifel war diess die Stellung des Altares in der Fastenaeit, sowie der geöffiiete Schrein mit seinem leuch- 
tenden Schnitzwerk an Festtagen. 

16* 



116 Dr. Eduard Freih. von Sacken, 

Der ausladende Staffel (Predella), auf dem der Altarkasten steht, enthielt einen Tabernakel, mit 
beiderseits bemalten Thttrflttgeln (aussen Katharina und Barbara, »innen ApoUonia und Margaretha) zu 
yersehliessen ^); daneben in Halbfiguren Magdalena und Ursula '); in den Ecken ein Wappen (ein aus 
goldener Krone hervorgehender Drachenkopf), an den Schmalseiten des Stufens Propheten mit Spruch* 
bändern, auf der Rückseite zwei Engel mit dem Schweisstuche von sehr schwacher Arbeit. 

Das Schnitzwerk an diesem Altarwerke ist vortrefflich, die Köpfe sind von edler, schOner Bil- 
dung, von gemtithvollem Ausdruck, von frommer Andacht durchdrungen; die Reliefs zeigen die dem 
späten Mittelalter eigenthttmliche malerische Behandlungsweise und ein Streben nach perspectivischer 
Wirkung bei correcter Zeichnung und verstandener Durchbildung. Das Schnitzwerk übertrifft an Kunst- 
werth bei weitem die Bilder und ist offenbar von anderer Hand als diese. Die auf Goldgrund in Öl gemalten 
Bilder zeigen in der Zeichnung manche Härten ; die in den Bewegungen wohl characteristischen, aber 
oft eckigen und verrenkten Figuren in den barocken CostUmen des XV. Jahrhunderts mit verschiedenen, 
phantastischen Zuthaten sind mager, das Nackte ist meist unverstanden, die Farbe in bräulichem Lokal- 
ton ohne starke Schatten und Lichter, die Gewänder mit scharf gebrochenen Falten aber sind grell. 
In den ideal3n Gestalten, in dem empfundenen Ausdrucke der theilweise sehr schönen Köpfe spricht 
sich ein tiefes Gemttth aus. Architektur und landschaftliche Gründe, deren Luft der Goldgrund bildet, 
mit grosser Liebe und Präcision durchgeftlhrt , verrathen perspectivische Kenntniss. Im Ganzen gehört 
dieser Altar zu den besten Schularbeiten — man vermisst eben den individuellen Charakter, die schö- 
pferische Kraft eines selbsständigen Meisters — und nimmt unter den zahlreichen Werken dieser Gat- 
tung in Österreich nach dem herrlichen , von Michael Pacher aus Brunecken 1481 gearbeiteten Altar zu 
St. Wolfgang in Oberßsterreich ') , wohl den ersten Platz ein. Er dürfte ebenfalls dem letzten Viertel 
des XV. Jahrhunderts angehören ; die Künstler sind nicht bekannt. 

Alter ist das am Marienaltare im südlichen Seitenschiffe befindliche Wallfahrtsbild; die 
Mutter Gottes in einem Zwinger , auf dem Arme das Kind , welches nach einer von einem Engel dar- 
gebotenen Rose langt, mit der Rechten hält sie die Perlenschnur, die ihren Leib umgürtet, so zum 
Beten des Rosenkranzes auffordernd ; zwei Engel mit gefiedertem Leib ohne Füsse, - setzen ihr eine 
Krone aufs Haupt. Ausserhalb der Mauer musicierende Engel, weiter vorne anbetende Männer und 
Frauen. Dieses Bild in Tempera auf Goldgrund gemalt — 2 Fuss hoch — mit saftigen Schatten und 
weisslichen Lichtem, in weichen rundlichen Formen, würdevoll im Ausdruck, erinnert an die ältere 
Kölner Schule und scheint aus der ersten .Hälfte des XV. Jahrhunderts herzurühren ^). 

Die Kirche selbst zeigt wieder die stereotypen Formen der Spät-Gothik: ein etwas über die 
Seitenschiffe erhöhtes Mittelschiff (jedoch ohne eigene Fenster), um ein Drittel breiter als diese, acht* 
eckige Pfeiler und entsprechende Wandpfeiler ohne Dienste oder Kämpfer, Netzgewölbe mit gratigen 
Rippen, Fenster mit einfachem Masswerk; der Chor hat einfache Kreuzgewölbe, deren Rippen am 
Bogenanlauf ausspringend Nasen bilden und an den Wänden in Bündeln bis zum Kaffsimse herablaufen, 
wo sie auf Consolen ruhen; die Fenster sind modernisiert; in den Gewölbsschlusssteinen das Lamm 



1) Diese alten Tabemakel-Thfiren werden im Pfarrhofe aufbewahrt; der gegenwärtige Tabernakel ist modern. 

2) Im Grunde des Bildes der heil. Magdalena ein an einer Blume aufgehängter Rosenkranz, — der heil. Ursula ein 
Brief mit Schreibfedem. 

3) 8. Sacken in den ^mittelalterlichen Kunstdenkmalen des österr. Kaiserstaates/ herausgegeben v. Heider und 
Eitelberger, I, 125. 

4) Die rechte Hand der Maria hat sechs Finger; der Maler wollte seinen Fehler yerbessern, aber trotz wieder- 
holter Übermalnng kam der sechste Finger immer wieder zum Vorschein. Diess soll dem Bilde den Ruf der Wun- 
derthätigkeit verschafft haben. 



Kunstdenkmale des Mittelalters etc. 117 

mit der Fahne, die segnende Hand und ein Christuskopf mit Erenznimbus. Besonders schOn ist die 
Brüstung des Orgelchores ; in quadratische Felder^ welche reiches Masswerk enthalten; getheilt. Der 
viereckige ; mit Satteldach bedeckte Thnrm steht an der Westseite ; durch seine Halle gelangt man zum 
einfachen, mit Stäben zwischen breiten Hohlkehlen versehenen Portal der Kirche. 

Gleichzeitig ist auch die einfache, aber geschmackvolle Kanzel, von achteckiger Form, auf 
schlankem, oben ausladendem Sockel, dessen an den Kanten laufende Rundstäbe oben ein Geflecht 
bilden ; die Felder der Brttstung enthalten einfache Masswerkblenden und in gothischen Minuskeln die 
Inschrift: suscipite insitum verbum quod pt. salvare animas vestras '). 

Schönbach. 

Der Ort war wegen eines Gnadenbildes bertthmt, ftlr das aus den immer wachsenden Einkünften 
durch die Wallfahrer um 1470 eine Kirche mit acht Altären erbaut wurde; 1475 war sie vollendet; sie 
hiess Maria Rast und wurde zur Pfarre erhoben. In der Zeit des Protestantismus kam sie herab und 
1656 finden wir sie als eine Filiale von Traunstein. Im Jahre 1698 stiftete die verwitwete Gräfin Mar- 
garetha von Strattmann, geborne Gräfin von Abensberg und Traun ^) hier ein Kloster der Hierony- 
mitaner '), welches 1699 von Kaiser Leopold I. bestätigt wurde. Die Kirche ward nun hergestellt, 
1706 neu geweiht. Dem Stiftbrief zufolge sollte der Convent am Hochaltar und an den zwei Seitenaltären, 
die von Holz geschnitzt und reich vergoldet sind , ohne Noth nichts ändern *). Durch die Verordnung 
Josefs IL, dass gewisse Klöster keine Novizen mehr aufnehmen sollten, ging Schönbach ein. 

Die grosse Kirche ist sehr modernisiert; acht Pfeiler von achteckiger Form tragen die zusam- 
mengesetzten Kreuzgewölbe der drei fast gleich hohen Schiffe ; im Chore haben die an den Wänden 
hinauflaufenden halbsäulenförmigen Gurttäger einfache Capitäle. 

Am barock zugerichteten Hauptaltar sieht man die geschnitzten Thtlren eines Flttgelaltares; 
sie zeigen in fortlaufender Reihe folgende Scenen aus dem Leben Maria: 1. Christus erscheint seiner 
betenden Mutter nach der Auferstehung. *2. Die Himmelfahrt Christi (von dem man nur die Fttsse sieht). 
3. Die Ausgiessung des heil. Geistes. 4. Der Abschied des heil. Petrus von Maria. 5. Ihr Tod; das 
ersterbende Zusammensinken ist gut ausgedrückt 6. Ihr Begräbniss. 7. Die Himmelfahrt. 8. Die Krö- 
nung Maria; die Dreifaltigkeit jerscheint hier in drei gleichgebildeten Männern, Vater und Sohn haben die 
Weltkugel in der Hand, der heilige Geist krönt Maria; rückwärts Engel. — Der künstlerische Werth 
dieser Reliefs ist ziemlich untergeordnet; die Figuren mehr an einander gereiht als zu einer Handlung 
verbunden, erscheinen silhouettenartig ausgeschnitten und verbinden sich nicht mit dem Hintergründe; 
im Ausdruck sind sie schwach, in. der Zeichnung aber, obwohl die Köpfe im Verhältniss etwas gross 
sind, ziemlich gut. Die conventionelle Behandlung und der Mangel an lebendiger Empfindung bezeich- 
net diese Schnitzwerke als Schularbeiten. 



1) Über das herrliche , marmorne Grabmal des Hans Georg von Knefstein vom J. 1607, welches die auf verzierter 
Tnmba kmeepde lebensgrosse Gestalt des Ritters in vortrefflicher Arbeit zeigt , sowie über die grossen Wappen* 
tafeln der Knefstein*schen Familie, welche im XVII. Jahrhundert hier ihr Erbbegräbniss hatte, s. meinen oben 
angeführten Aufsatz in den „Quellen und Forschungen** und Seh midi: „Wiens Umgebungen" I, 370. Die Auf- 
zählung der' Särge, welche sich in der Gruft unter dem Chor befanden gab Lichtenberger in diesen Berichten 
m. Band, 111. 

2) Sie baute auch die sogenannte heil. Stiege bei den Minoriten in Wien. 

3) Die Hieronymitaner sind von dem Pisaner Pietro Gambacorta. im XIV. Jahrhundert gestiftet; er selbst trat 1380 
in das erste Kloster ein. > 

4} Maria n (Fidler) „Gesch. der österr. Clerisey,*' VIU, 1*8. 



IIS Dr. Eduard Freih. von Sacken, 

Der Annenaltar ist ein einfacher Flttgelaltar. Im Schreine Anna und Maria , zwischen ihnen 
das Christkind, oben unter einem Baldachine der segnende Gott Vater. Die Flttgel haben je zwei Reliefs : 
Joachim im Tempel mit den zwei Tafeln , — der Engel erscheint ihm bei seiner Heerde, — Begegnung 
Yon Joachim und Anna, — Geburt der Maria. Im zierlichen, leicht aufsteigenden architektonischen 
Aufsatze das Ecce homo, Maria und Johannes unter Baldachinen. Das Werk erweist sich in seinen 
kttmmerlichen Compositionen mit etwas verdrehten , kurzen Figuren als eine mit tflehtiger Praktik, aber 
ohne künstlerischen Genius gefertigte Gesellenarbeit aus dem ersten Viertel des XVI. Jahrhunderts. 

Ein dritter Schnitzaltar aber yon noch geringerem Kunstwerthe befindet sich im nördlichen 
Seitenschiffe; er ist stark beschädigt, den Heiligen Katharina und Barbara geweiht. Die Reliefs an den 
Flügeln zeigen das Pfingstfest, die heil. Katharina vor dem Rade knieend, die Vorstellung: in einer 
Landschaft sieht man ein grosses Feuer aus dem Boden hervorschlagen , in dem eine Menge Menschen 
verbrannt werden, dabei eine Frau und mehrere Bischöfe betend, rückwärts ein Wächter, — endlich 
die heil. Barbara knieend, neben ihr der Thurm. Diese Bildwerke mit ihren derben Gestalten ohne 
Ausdruck, in unnatürlichen Bewegungen, mit knittrigen Gewandmotiven sind Erzeugniss der bereits in 
Rohheit und Manier ausgearteten Nürnberger Schule. 

Heiligenblut. 

Im Jahre 1411 soll ein Jude in dem benachbarten Markt Weiten eine Hostie geraubt und hier 
verloren haben, was Anlass zum Bau einer kleinen Capelle gab. Die grössere Kirche scheint erst in 
der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts erbaut worden zu sein , denn 1432 war Heiligenblut noch 
Filiale von Weiten, und erst 1462 wurde die Bestimmung getroffen, dass das Stift Vilshofen hier einen 
Kaplan halten sollte '). Auch die Bauformen sprechen dafür. 

Die Kirche folgt dem bekannten Typus der Spät-Gothik: fast gleich hohe und gleich breite 
Schiffe, sechseckige Pfeiler, unmittelbar aus denselben entspringende, an den Wänden auf Consolen 
ruhende Gewölbsrippen (im Mittelschiff Netz-, in den Seitenschiffen einfache Kreuzgewölbe), im Chore, 
der breiter ist als das Mittelschiff, von flachen mit einer Halbsäule besetzten Wandpfeilem getragen ; 
am Scheidbogen die Jahrzahl 1494. 

Ein herrliches Werk ist ein Sakramentshäuschen von 28 Fuss 3 Zoll Höhe, welches bis 
zur Decke des Chores aufsteigt. Es ist aus dem Sechseck construirt; auf einem ausladenden an den 
Kanten mit Stabbüqdeln versehenen, von einem Sims von Traubengewinden bekrönten Sockel ruht das 
Tabernakel mit zierlich durchbrochenen Gittern, von der Form eines halben Sechseckes. Schlanke 
Säulchen laufen an den Ecken hinauf, die zu beiden Seiten des Thürchens tragen je eine betende 
Heilige (Maria und Magdalena) ; aus den Baldachinen über den Figuren steigen hohe Spitzsäulen empor, 
die sich an die Sockel von weiter hinansteigenden, mit Blenden und kleinen Eckfialen versehenen Spitz- 
thürmchen lehnen. Es entstehen so vier Geschosse, deren eines aus dem andern sich loslöst und ent- 
wickelt; der organische Schluss durch Giebelblumen ist abgebrochen. Innerhalb dieser Architektur sind 
drei Bündel von schlanken Halbsäulchen , deren Gapitäle wieder Fialen tragen, in ein Dreieck gestellt, 
in dessen Mitte sich die Mittelsäule erhebt, an welche sich alle die aufstrebenden Glieder mittelst ge- 
schweifter Spitzbogen anschliessen und sich vereinigen, um eine schöne Console, auf welcher der 
leidende Heiland steht, zu tragen. Über der Figur ist noch ein Baldachin angebracht, aus dem die 



l)Hormayr; „Archiv" 1818, 400. 



EnnBtdenkmale des Mittelalters etc. 119 

Schlnsspyramide ; von einer prachtvollen Kreuzblume bekrOnt; aufsteigt and das Ganze abscbliesst. Der 
architektonische Grandgedanke tritt hier klar hervor; die reiche Decoration erscheint ihm untergeordnet 
ohne ihn zu ttberwuchem ^ die Formen sind durchaus edel und ein lebensvoller Organismus durchdringt 
den in klarer Consequenz entwickelten Aufbau. Auch die Figuren ^ obwohl von etwas kurzen Propor- 
tioneu; sind schön , besonders die Köpfchen von feinem; frommem Ausdruck. Dieses interessante Denk- 
mal dtlrfte aus dem Ende des XV. Jahrhunderts herrtthren *) ; es gehört jedenfalls zu den besten Werken 
dieser Gattung und zeigt in den Formen manche Verwandtschaft mit dem berühmten Sakramentshäus- 
cheu; das Adam*Krafit in der Lorenzkirche zu Nürnberg 1496 — 1500 verfertigte; und das ohne Zweifel 
als Vorbild fttr derlei Werke diente. 

Auf einem vermauerten Oratorium steht ein ausgezeichnet schöner Flttgelaltar; mit geschnitz- 
tem Schrein und einfachen; beiderseits bemalten Flttgelthttren. Im Kasten unter einem über die ganze 
Breite desselben laufenden Baldachin von geschweiften; verschlungenen Spitzbogen Maria mit dem 
Kinde, bekrönt; mild und ernst auf den Beschauer blickend; rechts Christoph; einen grossen Baum- 
stamm im ArmC; links Stephan mit den Steinen auf dem Evangelium; — schöne Gestalten von 
guter Zeichnung; würdigem Ausdruck; rund gearbeitet und naturgemäss bemalt; die Gewänder vergol- 
det. Den Hintergrund bildet ein goldener mit gepresstem Dessein geschmückten Vorhang. Über dem 
Schreine ist statt des sonst gewöhnlichen architektonischen Aufsatzes bloss ein vorne giebelförmiger mit 
Fruchtgewinden verzierter Stufen angebracht; auf dem das CrucifiX; Maria und Johannes standen; 
ersteres fehlt; letztere sind noch vorhanden. 

Die Innenseiten der Flügel zeigen Darstellungen aus dem Leben Maria: 1« Die Verkün- 
digung; Maria; eine höchst anmuthige Gestalt voll jungfäulicher Demuth kniet beim BetstuhlC; hinter 
ihr der Engel mit Pluviale und bunten Flügeln ; ein Scepter mit daiiim geschlungener Schednla in der. 
Hand. 2) Die Geburt Christi. In Anbetung versunken kniet Maria vor dem sie hold anblickenden 
Kind; Joseph naht mit dem Lichte ; im Hintergrunde sehen zwei Hirten über die Mauerbrüstung herein. 
3) Die heil, drei Könige; ein herrliches Bild ; im schönen Kopfe der Madonna erscheint Adel und 
Hoheit mit Milde und Demuth vereinigt; sie hält das als ein Haus mit vier Fialen geformte Goldkäst- 
chen des anbetenden alten Königs in der Hand; das Kind langt in das GefUss des zweiten Königs, 
der; die Krone abnehmend; sich eben aufs Knie niederlässt. 4. Die Beschneidung. Der Hohe- 
priester hält das Kind; welches sich fbrchtsam an ihn anschmiegt; tröstend blickt er auf Maria; die in 
ruhiger Ergebung vor ihm steht; daneben ein Mann das Messer wetzend; Joseph hält eine brennende 
Kerze in der Hand. Die ganze Vorstellung hat einen stillen ; ernsten Character. — Diese vier Bilder 
sind vortrefiTlich und erheben sich über die schulmässigen Arbeiten wandernder Gesellen^ wie sie bei 
der Mehrzahl unserer Flügelaltäre getroffen werden. Bei aller Einfachheit der Compositionen sieht man 
doch eine gewisse Meisterschaft in der Anordnung; die Zeichnung ist fast durchaus correct; selbst die 
des Kindes ; — gewöhnlich die Schattenseite altdeutscher Bilder — ; die Hände mit etwas langen Fin- 
gern sind feiu; richtig in der Bewegung; die Gestalten edel; besonders schön und idit der feinsten 
Empfindung ausgeftihrt sind aber die Köpfe ; von jener idealen Verklärtheit; die an den bessern Werken 
des XV. Jahrhunderts das Gemüth so wunderbar ergreift. Manche Details verrathen ein directes Studium 
und feine Beobachtung des Lebens ; die Farbe ist klar und hell mit blassen Schatten. Die gesammte 



1) Die mit der höchst virtuosen Technik dieser Zeit ausgeführte, zierliche Arbeit hat zu der Vermuthung Anh&ss 
gegeben, dass es ein Werk aus Steinguss sei (s. Seh midi a. a. 0. 381 und Reil: „Donauländchen** 212), was 
aber nicht der Fall ist. 



120 ^^- Sduard Freih. von Sacken^ 

AnffaBsangsweise^ die Ruhe und leidensehaftslose Abgeschlosfienheit des Ausdruckes; die heitere, lichte 
Farbe ; selbst die Gesichtsbilduug ; die theilweise sehr an die Köpfe Zeitblooms erinnert; lassen einen 
Kttnstler der schwäbischen Schule als Haler dieser schönen Bilder, der wohl auch die Anfertigung 
des ganzen Altares leitete; yermuthen. 

Etwas schwächer; ohne die feinere Empfindung und den Schönheitssinn; welche die innem Bil- 
der zeigen ; und von anderer Hand sind die vier Darstellungen aus der Passion auf den Aussenseiten 
der Flttgel : 1) Der Ölberg; bei Petrus ist der tiefe Schlaf gut characterisiert. 2) Der JudaskusS; 
eine belebte Darstellung; der schreiende Malchas sehr lebendig; in einer Fahne der doppelköpfige 
Reichsadler. 3) Die Ereuztragung; characteristisch ist die Gestalt Simons von CyrenC; der mit 
aller Anstrengung das Kreuz hebt; Maria in ruhigem Schmerz sehr schön. 4) Christus am Kreuz 
mit der Seitenwunde ; beiderseits Maria und Johannes von tiefem Ausdruck. 

Auf der Predella sieht man in Halbfiguren den schmerzensreichen HeUand zwischen Maria und 
Johannes; die weinend seine Hände anfassen; rechts Magdalena mit der Salbenbttchse ; ein schöner 
Kopf; links Andreas auf das Kreuz gestützt; sinnend vor sich hinblickend. In den Ecken ist das Wap- 
pen der Familie Rogendorf gemalt (im ersten und vierten Felde ein rother; gekrönter Löwe auf 
drei Httgeln, das Wappen von Wilthaus; im zweiten ein Stern ; im dritten eine goldene Mauer mit drei 
Zinnen ; die Bestandtheile des Rogendorf sehen Wappens *). Ohne Zweifel wurde also der Altar von 
einem Rogendorf gestiftet; und es ist wohl an keinen anderen zu denken als an Kaspar von Rogen- 
dorf; den treuen Anhänger Friedrichs III.; der; aus Steiermark stammend; sich in Österreich ansässig 
machte; 1478 das benachbarte Schloss Pöckstall einlöste; schon 1470 Weiteneck erhielt; 1485 die nahe 
Mollenburg kaufte und 1506 zu Pöckstall starb ^). Da das Wappen schon aus dem Rogendorf sehen 
und dem der ersten Gemahlin Kaspars ; Margaretha; von Wildhaus zusammengesetzt erscheint '); so 
füllt die Anfertigung des Altares jedenfalls nach 1476; in welchem Jahre die Vermählung statt fand ^). 

In den Fenstern des Chores sind noch einzelne gemalte Tafeln vorhanden; die aber aus 
verschiedener Zeit stammen und von ungleichem Kunstwerth sind. Die ältesten enthält das zweite Fen- 
ster; ftinf Tafeln innerhalb eines geschweiften; in sechs Felder getheilten Spitzbogens: Christus am 
Kreuz ; Maria; Johannes; Andreas und zwei betende Frauen (die Stifterinen); tlber ihnen in gothischen 
Minuskeln: anno dm 1458. Die Köpfe mit etwas starken Nasen sind gut gezeichnet; die Falten reich und 
gezogen; die Farben intensiv. Im ersten Fenster (links) sieht man auf fllnf Scheiben das CrucifiX; Maria; 
Johannes; Jacobus d. ä. mit Muschelhut und Ranzen und Thomas ; plumpe; kurze Figuren ohne Aus- 
druck, die Falten knittrig. Im dritten Fenster: Ein durch die Fensterrahmen in sechs Segmente ge- 
theilter Kreis , in der Mitte Christus als Ecce homo (der Grund restauriert) ; rechts Maria mit dem KindC; 
links Georg zu FusS; dem Lindwurm den Speer in den Rachen stossend ; in den unteren drei Segmenten 
Johannes der Täufer sitzend; das Lamm auf dem Buche betrachtend; hinter ihm noch ein Heiliger; dann 
Martin den Mantel zerschneidend, ErasmuS; Petrus und Thomas. Dieser Kreis ist mit einer gelben Ein- 
fassung umgeben; in der in Contour liebliche Engelchen gezeichnet sind. Diese Tafeln ohne besonderen 
Character erweisen sich als ziemlich gewöhnliche Arbeiten aus dem Ende des XV. oder Anfang des 



1) Vgl. Köhler: „Münzbelustigangen*' XVm, 114. 

2) S. Bergmann: „Medaillen auf berühmte Männer" I, 217, desselben: „Die Freiherren und Grafen zu Rogendorf 
in den Sitzungsber. d. bist. phil. Gl. d. kais. Akademie d. W.*" Vn. Bd. (1851) 626. 

3) Diese Zusammensetzung wurde spiiter beibehalten. 

4) Margaretha starb 1492 zu Pöckstall. Das Wappen Kaspars von Rogendorf yom Jahre 1498 , dem beschriebenen 
(ausser der Stellung der Felder) vollkommen gleich bei Wurmbrand: Collect. Tab. VI. 



Ennstdeiikmale des Hittelsltera etc. 



ISl 



XVI« Jaiirhnnderts. — Ein anderes Fenster enthält die gut gearbeiteten Wappen der Maria Magdalena 
von Lindegg; gebomen Lasperg zu Leutzmansdorf 1584 *); and ihres Gemahls des Christoph Lindegg von 
Lisana etc. 1694. Am . Barbara - Altare stehen zwei tttchtig geschnitzte Figuren , ein Engel, der mit der 
Hechten sein Gewand hält und ein Ritter im Harnisch; ein Barett auf dem Eopfe, leider sehr beschädigt. 



Fig. 41 





Drosendorf. 

Die Kirche der Altstadt dieser alten Grenzveste gegen Böhmen *) ist 
ein spät gothischer Bau *); der aber, nachdem er von den Schweden (1645) 
als Stall gebraucht und arg beschädigt worden ; einer so durchgreifenden 
Renovation unterzogen werden musstC; dass von den alten Bauformen fast 
nichts mehr übrig ist. Sie ist dreischiffig mit schmäleren Abseiten; Gewölbe 
und Fenster sind modern. Die im flachen Kleeblattbogen bedeckte Thttre mit 
reichem Stabwerk umrahmt und Reste des gegenwärtig vermauerten Portals, 
das Stäbe auf gewundenen und gegitterten Sockelchen hat; von einem ge- 
schweiften Wimberg übersetzt; sind fast £e einzigen Theile mit gothischen 
Formen* Ein sehr schönes Werk aber ist glücklicherweise erhalten in dem 
zierlichen; 28 Fuss hohen Sakramentshäuschen; ähnlich dem zu 
Heiligenblut; auch aus dem Sechseck construirt; nur etwas einfacher (Fig. 41) 
Den Fuss bildet eine kurze Säule mit eckigem Schaft und aus aufgesfellten 
Krappen gebildetem Capital; auf dem ein ausladender; mit dtlrrem Ast- 
werk verzierter Kämpfer ruht. Kleine Säulchen an den Ecken des Taber- 
nakels tragen die hohen geschweiften Wimberge ; mit denen die Seiten- 
flächen desselben bedeckt sind. Ober den Ecken steigen schlanke Fialen 
mit sehr hohen ; mit Einblendungen versehenen Leibern auf; mittelst halber 
geschweifter Bogen schliessen sie sich an die drei das Obergeschoss bil- 
denden Fialen an. Über der in der Mitte auf hohem; gewundenem Sockel 
sich erhebenden MiltelsäulC; deren schönes Oapitäl offenbar eine Figur zu 
tragen bestimmt war; wölbt sich ein aus sich durchkreuzenden geschweiften 
Spitzbogen gebildeter Baldachin; dessen kurze Pyramide mit einer schwung- 
vollen Kreuzblume das Ganze abschliesst. Die Hauptformen der Architectur 
sind rein und schöU; die Geschosse wachsen organisch eines aus dem andern 
hervor und sind von edlen Verhältnissen; der omamentale Schmuck von sehr 
präciser Ausftlhrung ist am rechten Orte angebracht und geschmackvoll. 

Die obere StadtkirchC; 1846 zum Theil abgebrannt und sehr 
restaurirt mit ganz einfachen; viereckigen Pfeilern; niedrigeren Abseiten; 



lli«i»»t 



V. 



1) Sie starb am 10. JSnner 1584; ihr schönes Epitaph in Weiten bei Bergmann: 
Med. n, 117 und Bell: „Donaul&iidchen«' 430. 

2) Ihre Lage auf einem gewaltigen, von der Thaya auf cirei Seiten umflossenen Felsen 
ist für einen festen Platz besonders günstig. 

3) Die Kirche kommt schon im XII. Jahrhundert vor; das Stift G^ras erhielt bei . 
seiner Gründung um 1151 das Patronatsrecht tther dieselbe. Nach ihrer Verwüstung 
durch die Schweden wurde sie wenig mehr benutzt, da der Gottesdienst in der 
oberen Stadtkirche abgehalten wurde. Auf dem Friedhofe soll neben ihr eine 
Todtencapelle gestanden sein, die noch im XV. Jahrhundert als solche in 
Gebrauch war. 

16 



12t Dr. Eduard Freih. von Sacken, 

Strebepfeilern und auf Consolen ruhenden Gewölbsrippen stammt aus dem XV. Jahrhundert ; in den 
Schlusssteinen der österreichische Bindenschild; das Wappen der Eizinger und der Stadt Drosendorf 
(ein Thor mit Fallgatter^ von zwei Thfirmen mit Zinnen flankirt). 

Die Marktsäule ist in ihrem unteren Theile spät - gothisch, ein sechseckiger Pfeiler mit schön 
profilierter Basis auf einem polygonen Sockel von einem Aufsatze l^ekrönt^ der aus einer Reihe sich 
durchkreuzender geschweifter Spitzbogen besteht; die Bogenfelder derselben enthalten dürre Äste^ 
zwischen die Bogenschenkel sind umgekehrte Kleeblattbogen eingesetzt. . Der Obertheil der Säule mit 
der gehamischten Bolandfigur gehört der Renaissance - Periode an. 

PöckstaU. 

Kaspar von Rogendorf, der seit 1478 das Schloss PöckstaU besass,. stiftete zu der wahrschein- 
lich mit seiner Unterstützung erbauten Pfarrkirche ein Beneficium auf zwei Kapläne (1484?) *). Die 
Bauformen bezeugen , dass sie der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts . angehöre. Die Anlage ist sehr 
«igenthttmlich , aber unschön, es ist nemlich bloss ein viereckter, fast quadratischer Raum, dessen 
ITetzgewölbe von zwei Pfeilern gesttttzt werden, der also in zwei gleich grosse Räume, seine Gewölbe 
in sechs Joche zerfallen. Nichts deutet darauf hin, dass die Anlage eines Chores beabsichtigt gewesen 
wäre, denn an der Ost-, Süd- und Westseite befinden sich je zwei grosse Fenster. An den Pfeilern 
laufen halbsäulenförmige Dienste ohne Capital hinauf, aus denen die Gewölbsrippen sich entfalten, 
auch die Verbindungsbogen der Pfeiler laufen an diesen herab, wodurch sie eine reiche Gliederung er- 
halten. An den Wänden ruhen die Bogenanläufe auf polygonen Consolen. Die Fenster zeigen reiches 
Masswerk, die der Sttdseite sind dreitheilig mit Fischblasenmustern, die der Westseite aber sehr breit, 
ftinftheilig, als Mass werk haben sie vier Dreipässe in Quadraten mit gekrümmten Seiten innerhalb eines 
grossen Kreises, daneben auf jeder Seite eine Fischblase. Der Eingang ist durch den viereckigen, an 
der Sttdseite stehenden Thurm; der an der Westseite eingebaute Orgelchor ruht auf einer Halle, die 
sich in drei Bogen gegen die Kirche öfiFhet. 

Der Hauptaltar ist noch der alte Flu gelalt ar.^Im Schreine die heil. Anna mit Maria, die ein 
Buch hält und dem ^Christkind auf dem Schoosse, beiderseits anbetende Engel, sehr tttchtig geschnitzte 
2 Fuss hohe Figuren. Der Kasten hat doppelte Flttgelthttren , die Innenseite des ersten Paares, bei ge- 
öfiiietem Schrein sichtbar, zeigen vier Darstellungen aus der Passion: Christus vor Pilatus von 
ruhigem Ausdruck; dieDornenkrönung, die Peiniger carrikiert und ttbertrieben in den Bewegungen, 
zerlumpte, hässliche Kerle; die Geisselung, zwei Knechte schlagen auf den geduldig Leidenden, 
einer mit der Ruthe, der andere mit der Faust, rückwärts Pilatus sich die Hände waschend; Ecce 
homo. Die Compositionen sind dürftig, die Figuren lang, Christus nicht sehr edel, die Farbe tief und satt. 

Bei geschlossenen inneren Flügeln erscheinen acht meist ritterliche Heilige: Vitus mit der Lampe, 
eine edle Gestalt, Georg den Drachen durchbohrend, der Kopf anmuthig, aber die Figur sehr mager, 
Mauritius in voller Rüstung in den zu Anfang des XVI. Jahrhunderts üblichen Formen , Fahne, Lanze 
and dreieckigen Schild in den Händen, Sebastian im weiten Mantel, in der Rechten einen Pfeil, 



1) Die bei Beil: nDonaulfindchen** 337 und 355^ wo die Stiftungsurkunde in extenso abgedruckt ist,, angegebene 
Jahrzahl 1444 ist jedenfalls irrig und beruht wahrscheinlich auf unrichtiger Lesung des Originales. Denn Kaspar 
von Rogendorf war, da sich sein Vater Sigmund erst 1445 mit seiner Mutter Katharina von Bindscheid vermählte, 
und er das vierte Kind war, kaum vor 1450 geboren; er erscheint in Österreich erst 1470, da er Weiteneck sn 
Pfand und Pflege hielt, vermShlte sich das erste Mal 1476, das zweite Mal erst 1493 (mit Barbara von Zelkipg) 
und starb 1506. (Bergmann: „Die Freih. y. Bogendorf in den Sitzungsber. d. kais. Akademie VII, 533.) 



Eonstdenkmale des Mittelalters etc. 123 

Egydius als Abt, segnend; zu seinen Fttssen das Reh, Florian in Rttstung, einen Wassereimer in 
ein brennendes Schloss giessend, Aehatias mit Fahne nnd dtlrrem Ast, Leonhard mit Emmmstab 
und Kette. Aussen ist das zweite Flttgelpaar unbemalt. Auf dem Schreine das Grucifix (ein Engel fängt 
das Blut von den Fttssen in einem Kelche auf) , Maria und Johannes. Am Predell Maria und Johannes 
weinend und das Rogendorf'sche Wappen. Das Altarwerk mit seinen mager und dttrftig gezeich- 
neten, im Ausdruck schwachen Figuren erscheint als eine Gesellenarbeit der Nttrnberger Schule 
aus dem Anfang des XVI. Jahrhunderts. 

Besser ist der Marienaltar, der bloss aus einer Relieftafel besteht; in der Mitte Maria mit 
dem Kinde, welches die Weltkugel hält, auf dem Halbmond, rechts Barbara, links Katharina; durch 
schmale Leisten abgesondert, rechts von diesen drei Figuren Magdalena, links Anna; als Aufsatz die 
kleinen rund geschnitzten Figuren der heiligen Anna und Maria, zwischen ihnen das Jesukind. Die 
Köpfe sind würdevoll, zum Theil sehr schön in den Formen, von empfundenem Ausdruck; die Be- 
malung ist neu. 

Das beste und älteste Altarwerk, der Barbaraaltar, befindet sich gegenwärtig nicht mehr in 
der Kirche, sondern ist im Schlosse aufbewahrt. Es ist bloss ein Schrein, welcher unter einem zier- 
lichen Baldachin aus geschweiften Spitzbogen, darttber ein herrliches Laubgewinde, fttnf weibliche 
Heilige* enthält, in der Mitte Barbara, rechts Katharina, links Dorothea, den beiden anderen fehlen die 
Attribute; es sind sehr liebliche, anmuthige Gestalten mit ovalen, vollen Gesichtern von gemttthsvoUem, 
unschuldigem Ausdruck; die feinen Leiber, etwas ausgebogen, sind um die Schultern sehr zart, die 
Hände zierlich , die Falten scharf gebrochen , nicht knittrig. Am Predell sind die Heiligen Agatha mit 
einer Kerze, Christina, ein Schwert durch den Hals, Hedwig eine Zange mit der Brust haltend, und 
noch eine Heilige mit Palmzweig gemalt, in Halbfiguren , von guter Zeichnung, in der Farbe blass. 

Ein gutes Schnitzwerk ist auch ein Altarschrein mit uiibemalten Figuren, fiüher der 
Altar der Epistelseite , jetzt im Schlosse. Es stellt die Krönung Maria durch den gleichgestalteten Vater 
und Sohn (ersterer bloss durch die Weltkugel unterschieden) dar. Der anmuthige Kopf der Maria drttckt 
Demuth und Andacht sehr lebendig aus. Drei liebliche Eogelohen mit fliegenden Haaren halten rück- 
wärts Vorhänge. Rechts von dieser Vorstellung, durch ein Säulchen getrennt, ein Ecce homo, links 
die heil. Magdalena, eine schöne Figur. 

Diese beiden Schreine, deren letzterer, in Flächen geschnitten, unvollendet geblieben zu sein 
scheint (bloss die Augen sind etwas bemalt), gehören dem Kunstcharacter nach der fränkischen Schule 
gegen das Ende des XV. Jahrhunderts an. 

Noch ist eine Maria mit dem Kinde zu erwähnen, eine 4 Fuss hohe Holzstatue, bemalt 
und vergoldet; sie steht auf dem Monde, dessen dunkler Theil durch einen Mohrenkopf (vielleicht auch 
d{k8 Überwundene Heidenthum andeutend) dargestellt ist, in der Rechten hält sie einen Granatapfel. Es 
ist eine feine Gestalt mit rttckwärts gebogenem Oberleib, von etwas gesuchter Zierlichkeit; der Kopf 
mit schmalen Augen und gespitzten Mund folgt einem älteren Typus. Femer zwei Engel in Diakons- 
kleidung mit ttppigem Lockenhaar, einer das Kreuz, der andere die Martersäule haltend, tflchtig ge- 
schnitzte Figttrchen *). 



1) Dm schöne Grabmal des Gteorg Ehrenreich von Rogendorf, f 1590, nnd das des August von Sinzendorf, 
t 1687, mit vielen Sprachen beschrieben bei Reil: nDonaoländchen** 359 ff. 

Das Schloss Pöekstall (Pecbstal) erhielt den Namen Ro^endorf im J. 1521 (Wurmbrand: „Collect** 106); 
es hatte, wie auch Leiben ein sogenanntes grünes Landgericht, bei dem der Gerichtszwang auf keinen gewissen 
Bann oder Ort beschränkt war und die ertappten Verbrecher standrechtlich behandelt worden (nach Weiskern: 
»Topographie* I» 349). 

16* 



124 Dr. Eduard Freih. von Sacken, 

Aasserhalb des Marktes Pöckstall steht frei auf einem sanften Httgel die Ruine der Annen- 
kirche von sehr alterthttmlichen Ansehen. Es ist ein ziemlich grosser Bau des XV. Jahrhunderts Ton 
sonderbarer Anlage. An das Schi£f, welches ein Quadrat bildet mit zwei Reihen von je drei acht- 
eckigen Pfeilern (die Seitenschiffe um ein Drittel schmäler)^ ist der Chor so angebaut; dass seine Achse 
nicht mit der des Schiffes zusammenfällt; sondern auf die nördliche Pfeilerreihe trifft; daher man vom 
Mittelschiff aus nicht auf den Hochaltar sieht. Das Ende der nördlichen Abseite nimmt zum Theil der 
Chor eiu; die südliche hat einen im Viertel des Achteckes abgeschlossenen Nebenchor. Die Gewölbe 
des Schiffes ; deren Rippen unvermittelt aus den Pfeilern und Wänden vortraten; sind eingestürzt; eben 
so der Orgelchor ; der sich über die ganze Breite der Kirche zog. Die Fenster mit Masswerk von Fisch- 
blasen; durchkreuzten Stäben und anderen spät-gothischen Mustern; sowie die Stabwerks-Umrahmung 
der im iSachen Kleeblattbogen bedeckten Thüre an der Nordseite sind ausserordentlich rein und präcis 
ausgearbeitet. Der Scheidbogen ist schmal und niedrig; so dass der Einblick in den Chor sehr gehemmt 
wird. Letzterer hat einfache Kreuzgewölbe mit gratigen Rippen; im vordersten Schlüsssteine ein Ein- 
horn (das Wappen der Meissauer?); an der Epistelseite schön gearbeitete dreitheilige Sitzblenden und 
an der Evangelienseite ein kleines eingeblendetes Sakramentshäuschen; oben giebelförmig; von zwei 
Fialen flankirt, im Giebelfelde drei Epheublätter. Der viereckige Thurm steht an der Nordseite des 
Chores. An den Wänden sieht man noch Spuren von offenbar mit dem Bau der Kirche gleichzeitigen 
Fresken ; im Innern ist noch die Darstellung der Kreuztragung zu erkennen; aussen der Ölberg mit 
Motiven des Kupferstiches von Martin Schongauer. 

Leider ist diese Kirche ; die sowohl wegen ihrer absonderlichen Raumdisposition als wegen der 
vorzüglich rein ausgearbeiteten Details von Interesse ist; gänzlich dem Verfall preisgegeben und sie 
dürfte ; da dieser schon so weit vorgeschritten; in kurzer Zeit gänzlich in Trümmern liegen. 

DöUersheim '). 

Die Ejrche ist wieder ein characteristisches Beispiel des spät-gothischen Typus. Das Schiff 
bildet fast ein Quadrat (48 Fuss Länge ; 50 Fuss Breite); die Abseiten etwas niedriger als das Mittel- 
schiff (21 yx Fuss gegen 27 Fuss) haben die halbe Breite desselben; welches eben so hoch als breit 
ist. Sechs achteckige Pfeiler tragen die im Mittelschiff und nördlichen Seitenschiff zusammengesetzten; 
in der südlichen Abseite einfachen Kreuzgewölbe; deren nur mit zwei Hohlkehlen; ohne Rundstab ge- 
gliederte Rippen an den Pfeilern auf Consolen ruhen ; die mit Halbfigaren von Engeln und Aposteln 
(darunter Petrus mit grossem Schlüssel) geschmückt sind; an den Wänden zum Theil unmittelbar ent- 
springen. Die Fenster mit einfachem Masswerk (Fischblasen; verschlungene Stäbe); das Portal mit 
geradem Sturz ; schön umrahmt von Stäben auf hohen Sockelchen ; der Orgelchor auf einer Halle mit 
Netzgewölbe ; die sich in Flachbogen gegen das Schiff öffnet. Der Chor *) von der Breite des Mittel- 
schiffes; aber höher (36 Fuss);. hat auf Consolen ruhende einfache Kreuzgewölbe; in den Fenstern spär- 
liche Reste von Glasmalereien in brillanten Farben (der heil. Lukas? and etwas Architektur) im 
Character des XV. Jahrhunderts. An der Westseite erhebt sich der viereckige Thurm mit hohem 
Satteldach. 

In der Nähe von DöUersheim; im Waldesdunkel finden sich noch die Ruinen der im XV. Jahr- 



1) Rapoto von TorUhaim erscheint urkundlich 1272; 1313 ein Pfarrverweser Eberhard (Fräst: ^Stiftungen • Buch* 
447 und 660). 

2) Er wurde im J. 1834 abscheulich restaurirty mit Säulen u. dgl. auf das geschmackloseste bemalt 



Ennstdeiikinale des Mittelalters etc. 1S£ 

hundert erbauten; dem heil. Thomas von Gante^bury geweihten Wallfahrtskirche. Es wurde näm- 
lich zu Anfang des XV. Jahrhunderts hier eine Heilquelle entdeckt; deren Wirkung man dem genannten 
Heiligen zuschrieb; 1405 erhielt Abt Ulrich I. von Zwetl die Erlaubniss von Papst. Innocenz VII. eine 
Kirche fttr die dahin Pilgernden zu erbauen; welche durch Johann yon Neydeck aufgefährt; durch die 
Hussiten zerstört; dann wieder hergestellt; aber erst 1450 geweiht wurde.. Nach ihrer Sperrung unter. 
Kaiser Joseph trug man sie theilweise ab; verwendete das brauchbare Materiale ^) und flberliess das 
übrige dem Verfalle. Es sind wenige Reste mehr vorhanden. Die Kirche war einschiffig; von dem etwas 
breiteren; dreiseitig geschlossenen Ghorraum stehen noch die Umfangsmauem mit SpitzbogenfeuBtem; die 
Gewölbsrippen traten unmittelbar aus der Wand vor. Auch die im flachen Kleeblattbogen bedeckte; in 
den Ecken diamantierte ThttrC; welche in die noch bedachte Sakristei führt; ist erhalten. Die Werkr 
stflcke sind von Granit. Das Bild; welches die RuinC; mitten in ttppigem Pflanzenwuchs stehend; gewährt; 
ist sehr romantisch. 



Es wäre ermttdend eine Beschreibung der vielen kleineren spät - gothischen Kirchen, die sich 
ganz oder zum Theil erhalten; in allen Gegenden des Viertels ob dem Manhartsberge noch vorfinden; 
in Detail zu geben ; da sich die bekannten und in obigem oft angefahrten Formen des Verfalls der 
Gothik mit geringen Variationen immer wiederholen. Zu den interessanteren gehört die Hallenkirche 
zu Unser fr auen (bei Weitra); im Chore; dessen Boden über den des Schiffes nicht erhöht ist; noch 
Dienstbttndel; die als Capital einen Wulst haben; die Fenster mit spärlichen Resten von Glasmalereien ; 
das einfache Sacrarium hat die Jahrzahl 1525. 

Die kleine; vielfach veränderte Kirche zu Spital (bei Weitra); im Vordertheil des Schiffes mit 
zwei achteckigen Pfeilern; im Chor Halbsäulen mit einfachen CapitäleU; die Fenster gan? schmal; oben 
im Kleeblattbogen endigend. Der Thurm zwischen Schiff und Chor; der unten eine quadratische Halle 
bildet; gehört einem älteren Bau an. An der Brüstung des Orgelchores die zwölf Apostel gemalt; lebens- 
grosse Figuren; schlichte Arbeit der oberdeutschen Schule. 

Die ihrer Stiftung nach sehr alte Kirche zu Meisling im Kremsthale '); aus dem Anfang des 
XVI. Jahrhunderts; hat nur eine nördliche Abseite von derselben Höhe aber halben Breite wie das Schiff; 
von diesem durch zwei achteckige Pfeiler getrennt; mit Netzgewölbe ; in welchem die Jahrzahl 1518; 
der Chor mit einfachen Kreuzgewölben; die Thüren schön verstäbt; über einer der Abseiten 1503^). 

Die Stadtkirche in Hörn ist ganz modernisiert; und zeigt nur aussen noch zum Theü die alte 
Form. Von der Stephanskirche auf dem Friedhofe ^) ist noch derJ[]!hor und der Schluss der nörd- 
lichen Abseite gothisch; die Halbsäulen zum Theil mit CapitäleU; zum Theil mit unvermittelt entsprin- 
genden Rippen der einfachen Kreuzgewölbe; sind unter dem reich gegliederten Kaffsimse abgeschrägt; 
die am Schlüsse laufen herab und haben Sockel. Die Kanzel ohne Schalldeckel mit schlecht gemalten 
Bildern der Evangelisten zeigt* den ganz entarteten gothischen Styl^). 



1) Der Kanzelfuss kam nach Zwetl. 

2) Im J. 1111. weiht Bischof Udalrich Ton Passau die von Leo|K)ld IQ. erbaute Kirehe, und bestätigt die Grenzen 
des Pfarrbezirk^s (Meli 1er: „Regesten* 12, 7). 1135 bekam Bischof Reginhard von Passau das Patronat durch 
Verzicht Leopolds IQ. (ebenda 20, 52). Die Pfarre wurde um 1212 von Leopold VI. an Lilienfeld gegeben. 

8) Neben der Kirche soll eine Rotunde gestanden sein, die wegen des Materiales abgetragen wurde. 

4) Sie ist die alte Pfarrkirche ; der Thurm von 1783. 

5) Sie war frtther in der 1598 neu gebauten Georgskirche, und wurde 1772 hieher .übersetzt 



12Q Dr. Eduard Freib. von äaoken, Kunstdenkmale des Mittelalters etc. 

Unbedeateiider sind die Kirchen zu Heinrichsschlag (aussen an der Westseite ein fratzen- 
hafter Kopf von alterthflmlichem Gepräge) , Rohrendorf; Weinzierl (mit flachem ChorsohlusB, 
der Thurm romanisch; die SchalUttcher rundbogig mit Mittelsäule) und Stlssenbach. 

Von den Kirchen mit niedrigeren Abseiten (aber ohne Fenster des Mittelschiffes und ohne Strebe- 
bogen) , die gar einfach sind, zeigt die zu Lengenfeld noch bessere Formen. Die Rippen der ein- 
fachen Kreuzgewölbe ruhen auf kurzen Säulchen oder Consolen. Der Thurm ist in der Breite des Mittel- 
schiffes tlber dem Scheidbogen und ersten 6ew()lbe des Chores , welches desshalb mit einer Mittelrippe 
versehen ist, erbaut; er a^eigt in seinen Fenstern den Nachklang romanischer Formgebung; sie sind 
nämlich mit zwei Rundbogen bedeckt; die Einfassung bildet eine doppelte Hohlkehle ohne Rundstab *). 
Ähnliche Anlage zeigen die Kirchen zu Langenlois und Zöbing (nur eine südliche Abseite ; in 
den Schlusssteinen Maria mit dem Kinde ; Johannes der Evangelist und Johannes der Täufer). 

Die unschöne zweischiffige Anlage zeigen die Kirchen zu Dietmanns (zwei Pfeiler; Netz- 
gewölbe; der Thurm an der Ostseite hinter dem Chore später); SchremS; Thaya; Leihen ^) (von 
1492) und die sehr späte zu L e i b e n (jedes der beiden Schiffe mit dreiseitigem AbschlusS; dazwischen 
ein breiter Wandpfeiler mit Durchgang; dttnne; bedeutungslose Rippen ohne Hohlkehle; an den Schlttssen 
auf Löwenköpfen ruhend; zwei Eingänge mit sich durchkreuzenden Stäben auf diamantierten Sockeln *). 

Oar einfach sind die einschiffigen Kirchen; wie die sehr modernisierte zu Senftenberg Ton 
1612; die aber eine Eigenthttmlichkeit besitzt in den ganz um das Schiff sich herumziehenden Qal- 
lerien oder Emporen ; die auf Netzgewölben mit abgestutzten Rippen ruhen ; von durch Rundbogen mit 
einander verbundenen Pfeilern getragen ^). Die Decke des Schiffes ist modern ; unter dem Chor eine 
einfache Gruft. Das ärmliche Kirchlein zu Dross mit flachem Presbyterium; (an der Schlussmauer zwei 
ganz schmale Fenster; ttber dem Scheidbogen ein achteckiges Thürmchen mit Giebeln und Steindach) 
dürfte einer etwas älteren Periode angehören; es mangeln alle Details ; die Fenster sind modernisiert. 
Umter der Capelle eine Gruft. 

Viele Kirchen haben noch die spät - gothischen Chöre erhalten; so die Spitalkirche zu Waid- 

hofen (daselbst ein gutes Relief: Maria mit dem Sande von Heiligen umgeben); St. Bernhard 

» 

(ehemaliges Nonnenkloster — bis 1686 — bei Hom); Fraunhofeu; Alt-MeloU; Dobersberg; 
St Oswald im Isperthale u. a. 

Einige bedeutendere und grössere Bauwerke; wie die Sarche der ehemaligen Prämonstratenser- 
Kanonie Peru egg; die Wallfahrtskirche Sallapulka u. a. bleiben einer späteren ausftlhrlicherea 
Besprechung vorbehalten. 



1) Die neben der Kirche stehende , mit einer Gruft versehene Kapelle, ein dreiseitig geschlossenes Viereck; dient 
' jetst als Wohnung. Die ThUre an der Nordseite, im flachen £Jeeblattbogen bedeckt, zeigt schöne Verstäbung. 

2) War t^farrdorf des Klosters Tegemsee, dem es von Kaiser Heinrich IL um 1002 geschenkt wurde (Meiller: 
,iRegesten'' 3, 6). 1302 vermachte Agnes von Kuenring zwei Mark nach St. Quirin in Leiben (Fräst: nStiftungen- 
Buch 237). Es blieb bis 1806 bei Tegemsee. 

3) Sehr gut gearbeitet ist die Grabtafel des Joachim Volckhra zu Steinabninn, Leiben und Weiteneck, f 1559, mi 
seinen zwei Frauen Barbara Beinoltin und Anna von Lapitz, f 1558: Christus am Kreuz, unten der Bitter, die 
beiden Gemahlinen und neun Kinder, oben die Auferstehung; die Architektur im Benaissance - Style. Ferner das 
^malte Epitaph das Wolf Dietrich von Trautmannsdorf, sowie sein Grabstein und der seiner Gemahlin Ghristina 
von Volkrain. Ausserdem noch mehrere interessante Grabsteine und Wappentafeln. 

4) Es findet hier noch jetzt die sonst nicht Übliche Absonderung von Mfinnem und Frauen in der Kirche- der Art 
statt, dass erstere auf den Gallerien Platz" nehmen. 



ÜBER 



DIE DREI MITTELALTERLICHEN KIRCHEN 



DER 



MINOßlTEN, AUGUSTINER und CARMELITEN 



IN DER STADT WIEN. 



VON 



D"" KARL LIND. 



Die Minoritenkirche. 



a. Oeschlchtllcbes. 



Üi 



ber das erste Erscheinen des Minoriten - Ordens in Wien war es bisher nicht mOglich bestimmte 
Zeitpunkte anzugeben. Im Allgemeinen wird die Berufung dieses Ordens dem Herzoge Leopold VI. 
znbenannt „der Glorreiche^ aus dem Hause Babenberg zugeschrieben. Jener zu Anfang des XIII. Jahr- 
hunderts in Italien entstandene Orden ^) des heiligen Franciscus von Assisi, dessen Ordensbrüder unter 
dem Namen der Minoriten oder Franciscaner bekannt sind, hatte in der ersten Zeit seines Bestehens 
eine so rühmliche Thätigkeit entwickelt und sich um die Verbreitung des wahren Glaubens so verdient 
gemacht, dass Herzog Leopold VI. nach seiner Rückkunft aus dem um 1217 unternommenen Zuge nach 
Palästina sich veranlasst gesehen haben soll, einige Brüder desselben frommen Ordens sich für Wien 
zu erbitten. Unter den in Wien angelangten Ordensbrüdern seien Johannes de Piano, Albertus Pisanus, 
Martinus Milanus und Jacpbus Tarvisianus *) gewesen. Der Her7.og soll denselben, welche nach ihrem 
Stammlande sehr häufig im Volksmunde die Wälschen genannt wurden, einen Platz zwischen der Burg 
und dem Schottenkloster auf herzoglichem Grunde — dem heutigen Minoriten- und BaUplatze — jedoch 
damals noch ausser der Stadt gelegen, eingeräumt und ihnen die Erlaubniss ertheilt haben, dort ein 
Kloster sammt Efrchlein zu erbauen. Aach heisst es, ein Ablass des Papstes Honorius III. (1216—1227) 
hätte den Bau des Eirchleins und das Emporblühen des Wiener Klosters wesentlich gefordert, so wie 
auch mehrere Wiener Bürger - Familien zu diesem Zwecke kräftigst beitrugen*). 



1) Über den Orden des beil. Franz von AssiBi s. Raum er: nOeschichte der Hohenstaufen** lY, 295—302. 

2) Barbolan: „Ortus et progressus aedium relig^iosorom Viennensium'' Wien 1727, promotore: Thonhauser p. 20. 

Im Minoritenarchive , das übrigens nur sehr spfirliche Reste von interessanten Schriftdenkmalen enthSlt, wird 
eine Handschrift aus dem vorigen Jahrhundert aufbewahrt, in welcher die Namen dieser Priester unter Hinwei- 
sung auf eine Urkunde mitgetheilt werden, die jedoch nicht mehr aufzufinden ist Der Titel dieser Handschrift 
lautet: Liher, m quo continentur I. hr. chranicon antiq, prov, 0ustr. ord. m. //. diplom, aacr, ejusdem provinciae 
IIL Series nunistrorum provincialium , quardianarum Vienn, gen, studii JRegentum FV, Vita Academiea s. series 
aeparata proftsaorum et Doctorum publieorum in aeademia Viennensi V, Inseriptumes et Epitaphia in Ecd, Cap- 
et Ambitu ad 8, örucem Vtenn. coUecta a Bamaha Strasser minorita conventualL 
ß) Diese Angaben finden wir bei Laz, Fischer (brevis not. urb. Vienn. I, 36), Hormayr, Tschischka u. 8. f. 
auch in einem 1724 bei Gelegenheit der Feier des fünfhundertjährigen Bestandes dieses Ordens in Wien erschie- 
nenen, gegenwärtig sehr seltenen Buche unter dem ermttdend langen Titel: Saeculum quintum bis fartunatum 
terque beatum, a quo unus Seraphim impressit Seraphieo patri Francisco quinque signa, qumque amoris iTisignia 
cum quinque stolis optimis. Genes, 45, quas quinque stolas veL potius quinque vulnerum talenta Christus in cruee 
obtinuit et in sancto Francisco alia quinque superlucratus est, Matth, 25, Haec sunt Uli quinque limpidissimi lapi' 
des i, reg, 17, Super quos magnificus fratrum minorum conventualium conventus bene fundatus ad sanetam erueem 
stat Viennae in quintum saeeulum, — ohne dass sich auch nur Ein urkundlicher Beleg hätte dafür finden lassen. 
Auch wird in der obenerwähnten Handschrift einer Bulle Papst Gregor des IX. (1229) erwähnt, welche im Hino- 
riten - Archive vorhanden gewesen sein soll. 

V. 17 



130 Dr. Karl Liad, 

Urkundlich erwiesen ist dagegen die Anwesenheit dieses Ordens in Wien erst unter dem Sohne 
Leopold's VI.; dem letzten männlichen Sprössling aus dem österreichischen Fttrstenhause derBabenber- 
ger, nämlich unter dem in Heiligenkreuz ruhenden Herzog Friedrich II. dem Streitbaren. Wir finden 
bereits einen P. Johann de Piano ; als Provincial der sächsischen Provinz , zu welcher der* Wiener Con- 
vent gehörte. Auch wurden von mehreren Päpsten zahlreiche Bullen an die hiesigen Minoriten gesen- 
det ^), so 1236 von Papst Gregor IX. wegen der von Kaiser Friedrich feierlich gelobten, aber immer 
verschobenen Heerfahrt zur Eroberung des heiligen Grabes; ferner die Bulle desselben Papstes von 
1241 wegen des Zuges gegen die Mongolen. Ferner mehrere Bullen von Papst Innocenz IV., aus denen 
die Bulle vom 15. Mai 1247 hervorzuheben ist, durch welche das Ansehen des Klosters in Wien ge- 
steigert und für den Kirchenbau viele milde Gaben eingebracht wurden. Papst Alexander VI. ertheilte 
1256 und 1257 den Kirchenbesuehem Ablässe, und Papst Urban IV. sandte 1262 an die Minoriten in 
Wien jene Bulle vom 5. Juni, in welcher er ihnen empfahl, gegen Kaiser Michael Palaeologus in Con- 
stantinopel zu predigen *). 

Der erste Schicksalsschlag traf den Gonvent im Jahre 1236, wo, während ttber Herzog Fried- 
rich vom Kaiser die Acht verhängt worden war, bei Besetzung Wiens durch die kaiserliche Macht das 
noch vor der Stadt gelegene Kloster viele Drangsale zu erdulden hatte '). Bei dem 1239 zu Rom ab- 
gehaltenen General - Capitel des Minoritenordens wurde Deutschland in neun Provinzen eingetheilt und 
Osterreich zu einer selbsständigen Provinz erhoben, welche nebst Österreich auch Steiermark, Kärn- 
ten, Krain, Tirol umfasste, und ihren Sitz zu Wien hatte. 1251 war der Bau des ersten Kirchleins, 
wahrscheinlich an der Stelle der späteren Katharinen- Capelle, vollendet und es wurde vom Passauer 
Bischof Berthold zu Ehren des heiligen Kreuzes geweiht ^). Nachdem die Kirche und das Kloster schon 
bei dem Brande am 28. April 1262 bedeutend gelitten, wurde sie durch die Feuersbrnnst am 30. April 
1276 und zwar insbesondere das Klostergebäude zerstört ^). 

König Otakar von Böhmen, welcher sich für Wien so manches Verdienst erworben hat, und welcher 
der 1262 durch mehrmaliges Brandunglück hart getrofifenen Stadt jede mögliche Begünstigung zu Theil 
werden liess, soll das Kloster sammt Kirche mit freigebiger Hand wieder aus Schutt und Asche er- 
hoben haben und den Grundstein zu einer neuen Kirche, d. i. zu jenem Theile, der später mit dem 
Namen des alten Chores bezeichnet wurde, gelegt haben, ^ ohne jedoch die Vollendung seines Werkes 
zu erleben •). 



1) Harlan Fidler: „Geschichte der österreichischen Clerifley** IX, 157—160 und die obige Handschrift. 

2) S. Saeculom quintom etc. und die Handschrift. 

3) S. Handschrift. 

4) S. Handschrift. 

5) Pertz: „Mon. Germ, bist.« XI, 645, 707. 

6) Gegen die bisherige Annahme, dass König Otakar den Gmnd zu einem Kirchenban für die Minoriten gelegt habe, 
hat Feil (bei Schmidl Ost. Bl. 1845, 731) bereits gegründete Zweifel angeregt, indem bei dem Brande von 1276 
nur einer Zerstömng des Klosters , nicht auch der Kirche der Minoriten gedacht wird , die Herzogin Isabella viel- 
mehr arknndlich als Stifterin des Baues der Ludwigscapelle (des älteren Chores) d. i. des ältesten Theiles erscheint, 
dagegen ftlr Otakar's Baufiihrung nach dem dermaligen Stande der Forschung kein einziges gleichzeitiges Datum 
spricht. Der sehr unzuverlässige Laz (Vienna p. 129) brachte zuerst vor, dass König Otakar den Bau des Klosters 
und der Kirche der Minoriten begonnen habe. Viel eher noch könnte man annehmen, dass König Otakar den Neubau 
des Klostergebäudes begründet und unterstützt hat, allein weder hiervon noch von einem Baue an der Kirche durch 
diesen König ist in den Todtenverzeichnissen dieser Kirche eine Rede, da doch sonst alle durch hier ruhende Per- 
sonen dem Kloster erwiesenen Wohlthaten darin ausdrücklich bezeichnet sind. Auch müsste dieser Kirchenbau sehr 
schnell geführt worden sein, da bereits zwei Jahre später bei Gelegenheit Otakars Leichenfeier die Kirche ausdrück- 
lich als bestehend erwähnt wird. 



über die drei mittelalterlicheii Kirchen etc. 13i 

Inzwischen wuchs das Ansehen des Ordens in Wien immer mehr, und es wurden die Vorstiade 
oder einzelnen Glieder des Conyents zu den wichtigsten Angelegenheiten als Zeugen berufen; so er- 
scheint auf dem Stiftbriefe fttr das vom St. Stephanspfarrer gegründete Himmelpfortenkloster vom 
18. Juli 126T der Quardian Leo fratrum minorum als Zeuge *). König Otokar erwählte sich aus dem 
Wiener Convente seinen Beichtvater und Papst Innocenz IV. gewährte in einem besonderen Schreiben 
vom 13. December 1253 dem Könige das Recht, flir sich, seine Frau Margaretha, so wie fttr seinen 
Hof vier Beichtväter aus dem Minoritenorden zu erwählen *). Nachdem König Otakar in der für ihn 
so unglücklichen Marchfeldschlacht am 10. August 1278 geblieben, wurde sein Leichnam von March- 
eck nach Wien ins Schottenkloster gebracht, sodann des nächsten Morgens im feierlichen Zuge und 
in Begleitung des ganzen Clerus, jedoch weil der König im Kirchenbanne gestorben, schweigend und 
ohne Glockengeläute in die Minoritenkirche übertragen und hier in Purpur gehüllt, welchen die römische 
Königin hergeschenkt, mit entblösstem Angesicht zur Schau ausgestellt. Die Leiche wurde einbal- 
samiert, und im dortigen Gapitelhause durch 30 Wochen auf der Bahre, unbeerdigt, ohne Feier durch Exe- 
quien, Glockengeläute oder Abhaltung von Messen beigesetzt, bis endlich böhmische Abgeordnete den 
Leichnam ihres Königs von Wien abholten und nach Znaim übertrugen , wo er in der dortigen Mino- 
ritenkirche beigesetzt wurde '). 

Das Herz und die Eingeweide blieben in Wien in der Katharinen - Capelle vor dem Georgs- 
Altare beigesetzt ^). Auch hielt der Convent fortwährend einen Jahrtag für diesen König, als einen 
Wohlthäter des Klosters ^). 

Im Jahre 1258 erhielt die Kirche bei Gelegenheit des Kirchweihfestes Ablässe von Ulrich, Erz- 
bischof von Salzburg und Albert, Bischof von Begensburg; Bischof Heinrich von Trient weihte im 
selben Jahre den Franciscus- Altar; Ablässe: 1262 von Bruno, Bischof von Olmütz, 1268 vom Legaten 
Guido, 1276 von Friedrich, Erzbischof von Salzburg, von Werner, Erzbischof von Mainz,. von Leo, 
Bischof von Regensburg und von Heinrich, Bischof von Trient, 1277 von Ditrich, Bischof von Gurk, 
von Konrad, Bischof von Freisingen und von Baimund, Patriarchen von Aquileja. Papst Nicolaus lU. 
welcher mit Bulle vom 21. März 1278 alle Freiheiten und Vorrechte, die das Wiener Minoritenkloster 
von den geistlichen und weltlichen Herren erhielt, bestätigte, forderte mit einem eigenen Schreiben 
vom 7. August 1278 die Minoriten in Wien auf, ihre Thätigkeit der Bekehrung der Juden zuzuwenden *). 
Im selben Jahre ertheilte Bischof Gebhard von Brandenburg mit Erlaubniss des Passauer- Bischofes 
Peter allen jenen einen Ablass, welche zum Baue der Minoritenkirche in Wien Unterstüt- 
zung leisten ^). Auch begannen bereits einzelne Stiftungen dem Orden in Wien zuzufliessen. So finden 



1) Ogesser: „Beschreib, der Metropolitankir6he zu St. Stephan in Wien,^ Urkunden -Bach 38. 

2) Marian 1. c. IX, 159. In der Handschrift erscheint diese Bulle 1250 ausgestellt. Auch hatte derselbe Papst im 
Jahre 1248 den Wiener Minoriten P. .Franciscus zum Beichtvater der Herzogin Margaretha, späteren Gemalin des 
Königs Otakar's bestimmt. 

3) Pertz 1. c. XI, 711 vergl. mit Böhmer: „Fontes Rer. Germ.** I, 8. Erst nach neunzehn Jahren wurde der Leich- 
nam nach Prag übertragen, und am 26. August 1296 in der Hauptkirche zu St. Veit bestattet. 

4) Herrgott: „Taphogr. Princ. Aust" I, 85. Necrolog der Minoriten bei Pez: „Script, rer. Austr." II, 493. — In 
dem handschriftlichen Verzeichnisse derjenigen Personen, die bei den Minoriten begraben wurden (Pergamentcodex 
des XIV. Jahrhunderts) heisst es Fol. 6 : In capeUa heate Katherine jvtxta cdtare beati geargü sub feneetra aepul' 
tum est cor Regia Otachari Bohemi Regia ^ m^cc*lxxviij; In der Handschrift heisst es : 1354 o. ill. comes. Ulricus 
de Phanberg, cujus cor et interiora omnia sepulta sunt in cap. b. Gatherinae ante Altare s. Georgii peues cor 
regis Ottocari. 

5J S. Handschrift. 

6) Marian 1. c. 160 und die erwähnte Handschrift. 

7) S. Handschrift. Aus dieser Stelle ist zu ersehen, dass man gegen die Mitte der zweiten Hiüfte des XITT. Jahr- 
hunderts bereits beabsichtigte , eine neue Kirche ftir den Minoritenorden in Wien zu erbauen , welcher Plan spSter 

17* 



132 Dr. Karl Lind, 

wir im Neorologiam der Minoriten Ofimey (Enphemia) von Pottendorf; dritte Gemahlia des Otto von 
Berehtoldsdorf zwischen 1270 and 1280 als besondere Wohlthäterin der Minoriten bezeiclmet ^) ; so 
sctienkt der 1288 verstorbene and in der Minoritenkirche rohende Reinprecht von Ebersdorf, laut des 
Keorologiams den minnern Brttdern 100 Pfand Pfennige and ein goldenes mit Edelsteinen besetztes 
Ereaz '); Hierz, Bürger von Wien, gesezzen am Griebe and Schaffer des Otto -Heim, vermacht 
mit letztwilliger Anordnnng vom 13. December 1302 den Minnern - Praedern 5 Pfand Pfennige 
za entnehmen dem Erlös fbr mehrere verkaafte Weingarten ')• Zwischen dem Pfarrer von St. Stephan 
and den Minoriten wurde ein gewaltiger Streit geführt wegen der Aasspendung der Sacramente, wel- 
cher Streit durch die Bulle des Papst Martin V. vom 8. Februar 1282 zu Gunsten der Minoriten ent- 
schieden wurde *)• 

Am 2. Jänner 1295 starb zu Wien Agnes , die Tochter Hermanns von Baden und der Gertrud 
von Medling; die letzte aus dem Hause der Babenberg; und wurde im Chor der Minoriten begraben ^). 
Im Jahre 1297 bewilligte Herzog Albrecht I. den Minoriten den kostenfreien Bezug von 40 Salzstöcken 
aus Gmunden *). 1298 wurde die alte Minoritenkirche erneuert auf Kosten des Marschalls Ditrich von 
Pillichsdorf und zu Ehren der heiligen Katharina eingeweiht ^). Das nächste Jahr Hess der Wiener 
Bttrger Coloman die Nicolai - Gapelle bei den Minoriten erbauen; wo er 1301 auch begraben wurde ^). 

Eine ganz besondere Gönnerin fand das Kloster in der Person der fränkischen Prinzessin Bianca, 
Tochter Philipp des Schönen und Enkelin Ludwig des Heiligen , ersten Gemalin Budolph UI. des erst- 
gebomen Sohnes des ermordeten Königs Albrecht I. Sie hatte beschlossen bei den Minoriten eine neue 
Kirche zu bauen ; welche zu Ehren ihres Grossvaters dem heiligen Ludwig geweiht werden sollte *). In 
ihrem Testamente vom 22. September 1304 ordnete sie die Feier der Exequien (bivilde) ^^) Air sich bei 
den Minoriten im Chore vor dem Altare an^ und bestimmte 100 Pfund Pfennige zum Ankaufe von GtUteUi 
damit davon fttr sie und ihre Vorvordern ein Jahrtag gehalten werde. Weiter heisst es alldort: vnd 
schaffen vmb ein erber grab von mermelsfeine yber Vns fünfzig phundt vnd schaffen tausend phund dax man 
darumbe die Chirchen und daz Münster ^ dacz den minnem Prüdem zu JFienne ineren Sand Ludwiges newe 
mache vnd van newen dingen erbowe und unke in eren Sanct Ludwig diselben Chirchen* Ferner zum Ankaufe 



unter Herzogin Bianca wieder auflebte ; denn dass bis zu Anfang des XTV. Jahrhunderts kein Bau unternommen 
wurde, kann man, abgesehen von der stürmischen and politisch sehr bewegten Zeit schon desshalb annehmen, weU 
sich darüber nirgends eine Andeutung findet , ausser in den wenig Glauben verdienenden Steinmetztafeln. Die in 
den Angaben für diese Zeit keineswegs zuverlässigen Steinmetztafeln führen als Baumeister den Hans Karl 
Schimmenpfeil (1289) an, auch heisst es im „Codex austriacus** UI, 46: »Anno 1289 das Minoritenkloster sammt 
der Kirche hinter dem Landhaus ist erbauet worden, und war Baumeister darüber Hans Carl Schimpfenpfeil von 
Stockholm, ein Steinmetzmeister, und führte das GebSu mit Steinhäuen und Maurer/ S. auch Hormayr „Wien" 
V. Urk. B. 248, 252. 

1) Pez 1. c. n, 479: „quae quamdiu vixit, exstitit generalis mater et hospita omnium fratrum.*" 

2) Pez 1. c. n, 493. — Wissgrill: „Schauplatz des n. ö. Adels" III, 304. 

3) „Fontes ßer. Austr." II. Abth. XVIU, llu. 

4) S. die früher bezeichnete Handschrift. 

5) Fischer 1. c. I, 110 und Handschrift. 

6) S. Handschrift 

7) S. Handschrift 

8) S. Handschrift 

9) Das schon um das Jahr 1300 die Herzogin diesen Kirchenbau beabsichtigte , beweist ein in der Handschrift leider 
nur mit den Anfangsworten angeführter, von der Cardinalcongregation im Jahre 1300 ausgestellter Brief, in 
welchem denen, die zum neuen Kirchenbaue bei den Minoriten in Wien beitrugen , Ablässe ertheilt wurden. 

10) Bivilde, bevilde bedeutet zunächst die forchenfeierlichkeit, das Begräbniss, nicht das Grab selbst Schmelzer: 
„Bayer W. B.« I, 628. Benecke-Müller: „Mhd. WB." HI, 316, 316. 



Aber die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 138 

yon Gttlten fttr die Beleuchtang des St. Ludwig - Altars und fUr eine tägliche Messe daselbst 100 Pfund 
Pfennige '). Diese namhaften Legate der Herzogin sind auch im Necrolog der Minoriten (Pez U. 479) 
angeführt; allein mit dem Beisatze, dass dieselben ^ine ganz andere Bestimmung erhielten, als zu 
welcher sie die Herzogin Bianca gewidmet hatte. Es beisst nämlich dort von dieser: legavit frairibus 
male Ubras denariorum pro Ecclesia fabricanda ei cenium libras per provineiam distriiuendaSf que omma abetu^ 
Ut fraler Henrkus Minister et construxit CoenoHum St. Clarae kic Wiennae '). Es ist also gewiss, dass mit 
dem Lega{e von 1000 Pfund zur Erbauung der neuen Kirche bei den Minoriten thatsächlich nicht nach 
dem klar ausgesprochenen letzten Willen der Herzogin vorgegangen, sondern dass dieser Betrag für einen 
ihrer Absicht nach fremden Zweck unberechtigt verwendet wurde, und es blieb einer andern öster- 
reichischen Fürstin vorbehalten, das auszuführen, was Herzogin Bianca beabsichtigt hatte. 

Der im Jsj^hre 1307 verstorbene Herzog Rudolph, Gemal der Herzogin Bianca, hinterliess eben- 
falls eine nicht unbedeutende Summe fllr die Erbauung von Kirche und Kloster der Minoriten und St. 
Clara-Nonnen in Wien. Am 25. September 1309 gibt Sophie, Witwe Hermanns von Chronberg, den 
Minoriten ein Geschenk von 4 Pfund Pfennigen, welche ihnen jährlich das St. Ciaren - Kloster zu verab- 
reichen hat ^). Der Leichnam der am 1. November 1313 verstorbenen Elisabeth, Tochter Meinhards von 
Tirol, Witwe des ermordeten Königs Albrecht L, wurde zuerst in der Minoritenkirche beigesetzt, bis es 
nach drei Jahren, wegen des inzwischen beendigten Krieges, der zwischen den Häusern Habsburg 
und Witteisbach, um Erlangung der deutschen Königskrone ausgebrochen war, möglich wurde, den- 
selben nach dem Nonnenkloster Königsfelden in Schwaben zu bringen ^). Johannes, Bischof von 
Damascus, aus dem Orden der Augustiner, weihet am Christi Himmelfahrtstage 1317 bei den Minoriten 
die neue Capelle sammt Altar zu Ehren des heiligen Johannes des Täufers, des Evangelisten Johannes 
und des heil. Alexius ^). Agnes, Königin von Ungarn, Witwe Andreas IH., bestimmt mit Testament 
dto. 12. März 1324 15 Pfund Gttlten zu Begelsprunn, von deren Nutzen den Minoriten alle Jahre zu 
einem erbem Mahl nud zu jrem Gewand zu irer Nothdurft gegeben werde, damit sie dafür für sie und 
ihren Gemal einen Jahrtag mit Vigil und Messe halten *). Gutta, verehlichte Gräfin von Ottingen, 
Tochter Albrechts L, verschafft den Minoriten laut Testament dto. 31. Mai 1324 — 40 Mark zur Ab- 
haltung eines Jahrtages und für eine ewige Messe ^). 

Auf den von der Herzogin Bianca laut ihres Testaments beschlossenen, jedoch wie bemerkt 
nicht zur Ausfahrung gekommenen neuen Kirchenbau zu Ehren des heiligen Ludwigs zurückkommend, 
finden wir, dass derselbe von Isabella von Arragonien, der vom 'Schicksal hart geprüften Gemalin 
Königs Friedrich des Schönen (vermählt am 11. Mai 1316) ausgeführt wurde. Sie starb am 12. Juli 1330, 
sechs Monate später, als ihr Gemal, ohne jedoch die letzte Ruhestätte mit ihm zu theilen; während 



1) Original bei den Minoriten in der Stadt, zuerst abgedruckt in Pez: „Cod. dipl. bist, epist.** II, 201, besser bei 
Herrgott: „Mon. Aug. Domus Austr." I, (de SigilUs etc.) 221—2 mit der Abbildung des interessanten Siegels 
der Herzogin. S. auch „Berichte und Mittheilungen des Alterthum- Vereines in Wien*" II. 109—110, 155—156. 

2) Vergleiche Greiderer: „Germania Franciscana** I, 390. Herrgott: „Tapographia'' I, 151 und „kirchliche Topo* 
graphie von Österreich*' XI, 300. Greiderer bemerkt, dass hier Heinrich von Regensburg gemeint sei, der 
1313 — 1319 und 1347—1349 der Ordensprovinz der Minoriten vorstand. — In der Handschrift heisst es bezüglich 
dieses Legats: „P. Henricus m. prov. applicavit 1000 libras denariorum a Bianca pro ecclesia fratrum minorum 
relictas pro aedificio et constructione novi monasterii nob. Claris. Vienn." (item alias 100 libras . 

8) S. die Handschrift. 

4) Herrgott: „Monumenta* IV. „Taphographia" I, 27. 

5) S. Handschrift. 

6) „Kirchliche Topographie von Österreich*» XI, 392—3. Herrgott: „Monum." III, „PmasDth" I, 4. Pex II, 473. 

7) Herrgott: „Monum.« IV. „Taphog.** 11,104. 



184 ^f* K^^ ^^^1 

nämlich er in seiner Stiftung; in der Earthanse im AUerheiligentbeil zu Manerbach, seinem Wunsche ge- 
mäss bestattet wurde, erwählte sie zu ihren Begräbnissort das von ihr während ihres Lebens be- 
schenkte und noch in ihrem letzten Willen so reichlich bedachte Minoritenkloster in Wien. In ihrem 
Testamente dto. 24. April 13£4 bestimmte sie nämlich: das^ wanne Got über uns gebeut j das man une 
danne begraben akollej datz den minnem Pruedem ze Wienne in Sant Ludweiges ChapeUen, die wir gepaun 
haben do wir hin erweln ze ligen^ von bemndar Lieb und Andacht ^ die wir dar zue haben. Indem sie das 
St. Glarenkloster nicht minder freigebig bedenkt , verordnete sie, dass die Nonnen alldort um 400 Mark 
Gälten kaufen und davon zur Ludwijgscapelle dienen sollen, j,als lang si gar bereit werde an Mauer ^ an 
Dache vnd an Gläsern furbaz^^^ dann aber sollen sie den Minoriten jährlich von derselben Gttlt 40 Pfund 
Pfennige auf Kleidung geben, ferner 2 Pfund Pfennige am Ludwigstage und eben so viele an ihrem 
Jahrtage zu einem Frohmahle/ ferner 2 Pfund Pfennige zu zwei ewigen Lichtern, die Tag und Nacht 
brennen sollen, eines vor dem Ludwigsaltar, das andere ttber ihrem Grab. Endlich sollen die Nonnen 
von St. Clara alle Jahre 4Pfund Pfennige geben, damit man pezzer die Gleser an unser Chapellen und 
was anderes daran zepezzem ist ; wttrde in theuren Jahren von der Gttlt etwas abgehen, so haben nicht 
die mindern Brüder, sondern nur die Nonnen den Schaden zu tragen ^). Im Necrolog der Minoriten 
(Pez S. S. IL 489) wird ausdrücklich die Königin Elisabeth (Isabella) als Fundatrix capellae s. Ludmci 
et Episcopi et Cenfessoris bezeichnet. Wir sehen also, dass erst diese Königin den Bau der St. Ludwigs- 
Capelle bei den Minoriten ausgeführt und denselben zur Zeit ihrer Testierung (1328) soweit gefördert hatte, 
dass nur noch einiges Mauerwerk aufzuführen , das Dach aufzusetzen und die Fenstergläser einzusetzen 
waren. Möglich, dass der Bau noch bei ihrem Lebzeiten (f 12. Juli 1330) vollendet wurde, wie Pri- 
misser in Hormayr's „Wien^ VI. I, 106 annimmt. Auch findet sich in der oft erwähnten Hand- 
schrift eine Bulle des Papst Johann XXII. vom 10. November 1328 angeftlhrt, in welcher den die 
von Elisabeth, Friedrich IIL Gemalin, erbaute Capelle des heil. Ludwig Besuchenden, Ablässe ertheilt 
werden. Sie hatte wenigstens die Absicht der Herzogin Bianca mit erfolgreicher Thatkraft aufgenom- 
men und ausgeftlhrt, und die dem heiligen Ludwig geweihte Capelle bei den Minoriten aus eigenen 
Mitteln von Grund aus aufbauen lassen. Der Bau konnte jedenfalls erst nach ihrer Vermählung 
(11. Mai 1326) beschlossen und in Angriff genommen worden sein. Leider fehlt es an bestimmten 
historischen Angaben ttber den Beginn dieses frommen Werkes zur Verwirklichung der letztwilligen 
Absicht einer bereits verschiedenen, und zwar einer der edelsten österreichischen Fürstin. 

Zur Zeit des Ablebens der Herzogin Isabella und überhaupt in den drei ersten Jahrhunderten 
seines Bestandes soll der Convent 150 Mitglieder gezählt haben. Es ist daher anzunehmen, dass das 
Elostergebäude bereits eine bedeutende Ausdehnung hatte. Im XIV. Jahrhundert waren Kirche und 
Kloster im Ansehen gestiegen und wurden mit vielen reichen Spenden bedacht, wovon hier nur die be- 
deutenderen erwähnt werden ^) ; ebenso stand es mit der allgemeinen Hochachtung, die man dem Con- 



1) Fez: „Codex dipl. hiat. epist/ III. 12— U. 

2) Die ld07 verstorbene Gertrad von Chranichberg vermachte 9 Pfund Pfennige, und Im selben Jahre Gntta 
Schweintreiberin 10 Pfand Pfennige und einen Kelch (Pez II, 472). Am 1. Mai 1310 vermaehte Agnes von Talles- 
brann den mindern Brüdern ■/> Pfand Pfennig^e, und man soll es ihnen alle Jahre geben, ,,8o sie sament xv irem 
gewande*' („Fontes Rer. Austr." 2. Abth. XVIII. 133). Mit Urkunde dto. 22. Jänner 1319 erkaufte jsich das Nonnen- 
kloster St. Nicolaus ausser den Mauern Wiens unter der Äbtissin Chunegunde 6 Pfund Pfennige jährlichen Zinses, 
die der Färber Heinrich der Baier sechs Klöstern in Wien , darunter auch den Minoriten zu seinem Seelenheile 
letztwillig bestimmt hatte (ibid. 166). — Chonrad KhtSstel, der Wildpräter und seine Frau Kunigunde vorkaufen mit 
Urkunde dto. 9. Juni 1335 an Elzbet, Chonrad des Methsieders Witwe 1 Pfund Pfennige Bergrecht gelegen auf ihrem 
Hause am Graben in Wien , welches auch den mindern Brüdern mit 1 Pfund Pfennige jährlich diente (ibid. 205). 



über die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 185 

vente zollte '). — Chadolt von Echkhartsan erbaute im Ereuzgang der Minoritenkirche neben der 
Sacristei eine Capelle, dem Ecce homo gewidmet; sammt einer Graft daselbst flir seine Familie, und 
machte- dazn am 24. März 1326 eine förmliche Stiftung *). ^ 

In dem handschriftlichen Verzeichnisse der Gräber bei den Minoriten aus dem XIV. Jahrhundert 
heiiBSt es Fol. 19 v. : VIricui Penfzo est ubi Utfera P ^ m^ccc^xxxix^is halendas Marcu SepuUus est in introitu 
capeüe beate hatharine a sinistra; a quo habuimus x Markos argenti cum quibus dn nova Ecclesia est incepta 
et fuit Camerarius Damtu Ducis Alberti patris nostri. Im gedruckten Necrolog der Minoriten ist dagegen 
folgendes zu lesen: IV. Id. C^ugustQ Ulricus dictus Pentzo obiit, lue sepultusy cujus ammersarium fratres 
tenentur celebrare ^ - quia dedit pro Ecclesia nostra nova, quando fuit incepta^ viginti quatuor Marcos argenti 
(Pez II; 491). Wiewohl beide Angaben nicht völlig mit einander übereinstimmen, und namentlich sich 
das Datum (10. August) nur auf den Tag bezieht, an welchem der Jahrestag desselben von den Eloster- 
brttdern begangen wurde, so ist doch gewiss, dass der am 32. Febraar 1339 verstorbene herzogliche 
Kämmerer Ulrich Penzo, einen ansehnlichen Geldbeitrag geliefert hatte, welcher zum Anfange des 
neuen Eirchenbaues bei den Minoriten verwendet wurde. 

Da die obigen Angaben keineswegs zur Annahme nOthigen, dass Penzo jenen Geldbeitrag eben 
nahe vor seinem Ableben gewidmet habe, sondern nur feststeht, dass dieses zur Zeit geschehen ist, 
wo der Bau des sogenannten alten Chors möglicherweise noch geftlhrt wurde, so kann unter dieser neuen 
Kirche wohl auch die von der Königin Elisabeth erbaute Ludwigs - Capelle verstanden sein. Indessen ist 
eben so wenig die Annahme ausgeschlossen, und scheint die passendere, dass damit, zumal wenn die 
Gabe erst kurz vor seinem Ableben (1339) ertheilt wurde , auch bereits die grössere Kirche gemeint sei. 
Die aus dieser letzteren Annahme sich ergebende lange Dauer des Baues der neuen, eigentlichen Kirche 
macht aber eben diese Annahme desshalb nicht unwahrscheinlich, da nur zu häufig wegen Mangel an 
Geld derlei Bauten zeitweilig unterbrochen, ja oft ganz eingestellt wurden. Für die Annahme, dass 
der Bau der grossen Kirche sehr schleppend vor sich ging, sprechen mehrere später angeftlhrte Stellen, 
Überdiess heisst es hier nur ^^quando est Cf^iQ incepta j'* d. i. sobald der Bau begonnen ist. Es wäre 
diess somit die erste Stelle , die auf den Bau der gegenwärtigen grossen Kirche deutet. 

Am 15. October 1349 starb Bischof Peter von Marköpel aus dem Minoritenorden. Derselbe assi- 
stierte am 23. April 1340 dem Passauer - Bischof Albert bei Einweihung des neuen Chors in der 
Stephanskirche, erth eilte am 1.. April 1340 einen Ablass an das Stift Lilienfeld, und weihte am 1. Mai 
1341 die St. Georgs - Capelle der Tempelaise - Gesellschaft bei den Augustinern. Er wurde in der Mino- 



Eatharina Tursin von Sonnberg (f 1317) vermacht dem Kloster einen herrlichen Ornat von Goldstoff (Pez II, 493), dess- 
gleichen auch Ella von Pottenstein der Kirche Geschenke von Kleidern, Holz, Brod etc. letztwillig gibt (P ez II, 489). 
Bruder Friedrich der Chleber, Quardian, und der Convent der mindern Brüder in Wien bestätigen am 24. Mai 1341 
von Dietrich Urbetsch dem Stadtrichter 5 Pfund Pfennige erhalten zu haben , um davon einen ewigen Jahrtag im 
Minoritenkloster für Hermann von St. Polten zu begehen (Stadt- Archiv). Am 6. December beurkundet der Mino- 
ritenquardian Albert die durch den Schottenabt Nicolaus vorgenommene Ablösung von 1 Pfund Pfennigen, wel- 
ches das Schottenkloster zu Wien nach dem Testamente des Goldschmieds Heinrich von Gmunden alljährlich dem 
Minoritenkloster verabreichen musste (Fontes XYIII, 249); 1347 gibt Herzog Albrecht dem Kloster ein grosses 
Grundstück zunächst dem Kloster gelegen (Handschrift). Am 16. December 1348 stellt der Quardian Heinrich und 
der ganze Convent zu Wien einen Revers aus über den von Ditrich Urbetsch gestifteten Jahrtag, und ge- 
denkt in demselben der Geschenke , die der Convent bereits von ihm und seiner Familie erhalten hat (Stadtarchiv). 

1) Der Stiftbrief des Conrad, des Hubmeisters in Österreich und seiner Frau Gisela für einen Jahrtag im Schotten- 
kloster, so wie für ein ewiges Licht und eine ewige Messe in der St. Georgscapelle daselbst dto. 5. Februar 1310 
ist unter anderen Insiegeln auch mit dem der minderen Brüder in Wien besiegelt (Fontes IL XVni. 130). 

2) Wissgrill 1. c. II, 338. 



ijtenkirche begraben zunächst der Mauer bei dem Eatharinen - Altar. Sein Grabstein hatte fegende 
Inschrift: 

Atmo dm. MCCCXLIX o. dominus Petrus Epis. Marhopolitanus ord. frat. mru n* id. Oclob. h. s. ')• 

' Unterm 29. Juli 1349 schenkt Hans Nagel den mindern Brüdern 4 Pfund Pfennige (Stadt- Archiv), 
auch heisst es im Necrologium (Pez 1. c. 489) vom selben Jahre: obiit d. Gertrudis ffosinna^ quae aedi- 
ficavil Ülfrariam magnam, quinque cameras juxta lectorem et magnam partem infirmariae ^). Femer starb 1350 
Conrad von Wien, Spitzer, quondatn Minister Austriae et Confessor Curiae prindpum Austriaca der eine 
Bttchersammlung, viele Gebäude und Gemälde dem Kloster vermachte, und im Chor ein neues Fenster 
machen liess (ibid. 480) '). 1353 starb Conrad von Schaumberg, begraben vor dem heil. DreikOnigaltar, 
welcher ftlr ein ewiges Licht sammt Messe einen Weingarten in Ungarn gab , den man aber mit einem 
andern inHohenwarth vertauschte (ibid. 487). Heinrich Malzkasten, Eammermeister Herzog Albert's (1353 
gestorben) schenk dem Kloster einen silbernen Kelch, silberne Gefässe, einen Sammt -Ornat, Monstran- 
zen etc. und- 200 Pfund Pfennige (ibid. 498). 

# 

Herzog Albrecht befahl unterm 18. Mai 1354, dass das herzogliche Seelhaus zu St. Theobald auf 
derLaimgrube aufzuhören, und die dortigen zwOlf Frauen die Regeln des Ordens des heil. Franciscus an- 
zunehmen, so wie auch der minderen Brttder als Beichtväter sich zu bedienen haben *). Dietrich der 
Flusshart, Bürgermeister zu Wien, stiftete im Jahre 1357 in der Kirche der Minoriten - Conventualen 
zum heil. Kreuz ftir sich, seine erste Gemahlin Margaretha und seine Geschlechtsvorgänger und Nach- 
kommen zwei Jahrtage ; welche an zwei aufeinander folgenden Tagen in der Woche vor St. Thomas 
zu Weihnachten mit Vigil und Messe abzuhalten sind, und wofttr jeglicher Bruder im Convent zur 
ordinari Pfrünt soll erhalten zwei gute Stück Fisch ^ einen P fennwert Semmel und Wein. (Stadt - Archiv.) 
1357 starb ülricus circa fratres. Er hatte 4 Pfund Pfennige flir Kleidung der Priester gegen dem 
gegeben, dass alle Tage eine Messe abgehalten werde ad S. crucem super altaria vel ubicunque erit 
postquam ecclesia perficietur. Es ist nicht hinreichend klar bezeichnet, ob unter der erst zu vollendenden 
Kirche die St. Ludwigscapelle oder schon der Bau der neuen Kirche gemeint wird, obgleich das letz- 
tere wahrscheinlicher ist, und mit Hinweisung auf den Wortlaut ecclesia angenommen werden kann, 
da der ältere, durch die Herzogin Isabella erbaute Theil bereits nur mehr als Chor, oder Ludwigs-Capelle 
benannt erscheint. Bei der früheren Stelle, betreffend den Conrad von Wien 1350, ist gleichfalls über 
deren Bestimmung kein Zweifel, da hier ausdrücklich der Chor d. i. der alte Chor als der Ort bezeichnet 
wird, wo das neue Fenster hergestellt wurde (Pez H, 481) *). Frau Kunigunde super statuam vermachte 
dem Convente 5 Pfund Einkünfte, wovon eines auf einem Hause bei St. Clara gelegen, welches Haus 
aber gänzlich abgetragen und wovon die Steine fttr den Bau des Convents verwendet vnirden, nämlich ftir 



1) Mehreres über ihn mit den Beweisstellen hierzu durch Feil in Schmidrs nösterr. Blättern f. Literatur u. Kunst** 
1848, 241. 

2) Von derselben heisst es in der Handschrift : „maxima benefactrix f. m. cujus beneficio bibliotheca et variae camerae 
in conv. aedific. sunt.** 

3) Diese Stelle berechtiget nicht zur Annahme, dass der Chor, d. i. der alte Chor damals noch nicht vollendet ge- 
wesen wSre , indem das Einsetzen von neuen Fenstern theils eine Ausbesserung in Folge der Schadhaftigkeit des 
Bestandenen, theils auch das Ausschmücken der bisher ungezierten Fensteröfinung mit Masswerk und farbigen 
Glas bedeuten kann. 

4) Schlager: ^Wiener Skizzen** ü, 250. 

5) Unter den mächtigen und reichen Bürgerfamilien Wiens hiess sich eine von ihrer in der Nähe des Minoriten- 
klosters gelegenen Wohnung — die von den mindern Brüdern, oder auch bei den Brüdern, circa fratre^, prope 
fratres , apud minores. Mehrere Glieder dieser Bürgerfamilie werden auch im Necrolog der Minoriten aufgeführt* 
(Pez n, 472, 476, 477, 496, 501, 506.) 



Aber die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 187 

jene Zellen, die anter der Leitung des Ordensminister Johannes erbaut wurden (ibid. 471). — 1358 starb der 
Ordensminister Johann von Lintz, welcher ebenfalls den Weiterban des Ellosters beförderte, indem er die 
Bibliothek und einige Zellen im Kloster erbaute (ibid. 473). — 1358 starb Herzog Albert, ein grosser 
Freund und Wohlthäter des Ordens, der demselben 40 Pfund Pfennige gab (ibid. 470). — 1359 starb 
Margaretha von Zelking, Witwe Otto's, welche dem Convente 60 Pfund Pfennige, silberne Gefässe, 
Ornate, einen Kelch von Silber gab. 1369 starb Siguna circa fratres und vermachte 2 Pfund Pfennige 
jährliche Einkflnfte, zu beziehen von mehreren Häusern und einem vor dem Widmerthore gelegenen 
Weingarten, ferner ein halbes Pfund Pfennige, zu beziehen von dem Hause des Peter Gainach in der 
Krugstrasse zunächst der Kärntnerstrasse (Pez 1. c. 477) ^). 

In dem Testamente des Pfarrers Thomas von Weitra werden zur Abhaltung des Jahrtages fttr 
denselben in der Lienharts - Capelle bei den Augustinern laut eines Beverses des Augustiner -Priors 
Friedrich dto. 1. Samstag in der Fasten 1372 jedesmal zwei Minores - Brttder berufen, die sodann das 
Mahl zn erhalten haben (Codex 3321 der k. k. Hofbibliothek). 

Chadolt der ältere von Ekhartsau, aus jener Familie, die mit so vielen Wohlthaten das Kloster 
bereicherte, stiftete 137& fttr sich und seine Familie einen Jahrtag, jährlich Montag nach Fastenquartem- 
ber zu halten in der St. Katharinen - Gapelle , wo er auch einen Altar zu Ehren des heiligen Sigismund 
errichten Hess, und wozu er einige Unterthanen zu Erlau am Wienerberge gab. Er starb 1382, seine 
Gtemalin Kunigunde, Tochter Ulrichs von Gapellen, am 22. Jänner 1368, beide ruhen in der Katharinen- 
Gapelle. In dem Stiftsbriefe des Conrad GhnoU, Speisemeisters Herzog Albrechts, ausgestellt ftlr die 
Augustiner in Wien am Mittwoch vor Ostern 1385 werden die Minoriten berufen, die Stiftungspersol- 
vierung zu Übernehmen und im Falle des Säumnisses von den Augustinern 5 Pfund Pfennige als Strafe 
einzuheben *). Niclas, Quardian der Minoriten stellt am 24. September 1301 einen Bevers aus ftlr die von 
Hans von der Seul, Bürger zu Wien gemachte Stiftung eines Jahrtages, wozu ein Platz zunächst 
des Siechhauses und der Badstuben am alten Bossmarkt geschaft wurde (Stadt - Archiv). Jacob Echrer, 
des Baths der Stadt Wien und Anna seine Frau schaffen hincz den minnem Pruedem 10 Pftmd 
Pfennige ftlr ihr Seelenheil 1394 *). 

Die frtlher erwähnten Gaben, welche dem in Wien so sehr geachteten Orden der Minoriten aller- 
orts vom Adel und der Bürgerschaft zuflössen, geben wohl hinlänglich Aufschluss über die allmälig an 



1) Es ist nur zu bedauern , dass im Necrologium der Minoriten in den wenigsten Fällen die Jahreszahl angeftihrt 
wird, wodurch manche Notiz an Werth fttr die Greschichte der Kirche und des Klosters verliert So sei erwähnt: 
(p. 477) Berthold von Tuln vergrösserte das Befectorium; (p. 490) D, Perchta Witiinginna dedit auream erucem, 
castUam de Sameto, viridis cdoris cum cruce, alham, stolam cum manipulo et humeraH, cum perlte ptdehre oma' 
tarn et ealicem. Abgesehen von "den vielen, nicht nnbedeutenden Geschenken an Geld, Bnrgrechten, Waffen, 
Pferden etc. — Von dem 1370 verstorbenen Herrn von Schattberg erhielt der Convent die Grundherrlichkeit über 
viele dem Kloster angrfinzende Häuser und Gründe (Handschrift). 
'2) Codex der k. k. HofbibUothek Nr. 3321. 

3) Ogesser I.e. 99. Fuhrmann erzählt bezüglich derMinoritenkirche, dasa 1348 der Teufel einen Gott lästernden 
Gonmiunicanten, welcher das heilige Abendmahl freventlich an einem Tage siebenmal empfangen hat, und noch am 
selben Tage starb, aus seinem Grabe im Kreuzgange geholt, ihn durch die Luft getragen und zerrissen habe. Auch 
soll noch lange Zeit im Kreuzgange jene Stelle sichtbar gewesen sein, durch welche Satan mit dem Leichnam hin- 
ausgefahren. 1350 kam ein grosses Kreuz auf der Donau stromaufwärts geschwommen, setzte sich unfern des 
Gasthauses zum goldenen Lamm in der Rossau fest, und konnte mit keiner menschlichen Anstrengung aus dem 
Wasser gezogen werden. Die Clerisei Wiens zog im feieriichen Zuge hinaus, und das Kreuz wurde von einem 
frommen Minoritenbruder mittelst seines Gürtels ans Land gezogen, sodann im feierlichen Zuge nach St Stephan ge- 
tragen und daselbst der allgemeinen Verehrung ausgesetzt. Doch fand es sich den nächsten Morgen in der Ifino- 
ritenkirche, ohne dass man wusste, wie es geschehen, und blieb dort, bis es 1569 durch die Protestanten ent- 
fernt wurde. 

V. 18 



188 Dr. Karl Lind, 

den Baulichkeiten des Ordens vorgenommenen Vergrösserungen. Es ist kein Zweifel^ dass die Ludwigs- 
Capelle zuerst erbaut wurde. Dass sie bei Isabellens Tod wenigstens in Beziehung auf die innere 
Ausschmückung noch nicht vollendet war, ergibt sich aus ihrem oberwäbnten Testamente eben so ge- 
wiss , als kein Zweifel sein kann, dass bei Blanca's Lebzeiten dieser Bau nicht begonnen hatte. Denn 
80 wie diese in ihrem letzten Willen von einer erst zu erbauenden und dem heiligen Ludwig zu weihenden 
Kirche spricht, ebenso bedenkt jene die von ihr erbaute, aber noch nicht vollendete Ludwigs - Capelle, 
und sorgt flir die Bestreitung der Kosten fUr Dach, Mauerwerk und Fenster auch nach ihrem Tode. 
Diese Gapelle war wahrscheinlich mit einer Stimmauer nach vorne geschlossen, und es wurde erst 
später, da dieses Gotteshaus dem so berühmten und bezüglich der kirchlichen Tröstungen zu sehr in 
Anspruch genommenen Orden zu klein erschien , zum Baue der gegenwärtigen grossen Kirche geschrit- 
ten, welche eben wegen des schon bestehenden, später sogenannten alten Chores d. i. der Ludwigs- 
Capelle in der Entwicklung sehr beschränkt, und einen fttr die damalige Bauweise völlig ungebräuch- 
lichen Grundriss erhielt; abgesehen davon, dass überdiess die Verbindung der neuen Kirche mit dem 
alten Chore ohne allem inneren stylistischen und organischen Zusammenhang hergestellt wurde. 

Der Bau der grossen Kirche scheint somit gegen die Mitte der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts 
begonnen, und vielleicht mit Unterbrechungen noch gegen Ende desselben Saeculum fortgedauert zu haben, 
wie diess daraus zu entnehmen ist, dass der Ordensbruder Frater Nicolaus als Baumeister an der Ordens- 
kirohe 1385 (Handschrift) und der Franciscaner - Mönch Bruder Hans, derzeit Pawmeister daz minoren 
Brüdern 1398 genannt wird '). Auch im Testament ^) Herzogs Albrecht UL heisst es: Damach umb 
ettleich gelt das von vnscm vordem seligen avf vnsern vrfahr ze Mautem geschafft ist zv dem patoe der 
Minnerbrueder Gotshavs ze Wienne vnd daz In^ nach vnsern gescheffi ettleich Zeit abgenommen vnd zv dem 
paw datz Augustinern daselbs ze Wien ward gegeben y Schaffen wir daz man raitt^ was desselben gelts den 
Minnerbruedern sei abgenommen vnd waz denn der ist daz in das vnsere vettern vnd vnser Son ßirderleich 
widerheren. Damach vmb die zween edelslein die von weilent vnser lieben Mumen der Marggrefmn von Mer- 
hem seligen den Augustinern ze Wienn geschaffl wurden vnd aber in vnser gewaU hörnen sind Schaffen wir 
daz man dieselben zween Stain schätzen soll vnd das gvt darumb sij geschätzt werdent den Augustinern /i2r- 
derleich geben soU, doch also was In zv Irem pano der Minnerprueder pawgelts worden ist vnd das den 
Minnerbruedem von vnsern wegen sol widerhehrt werden y was denselben Augustinern abgee an der Schätzung 
der zwaier Stain. Über diese letztwillige Anordnung schliessen Albrecht IV. und Herzog Wilhelm sammt 
seinen Brüdern am 22. November 1395 ein Übereinkommen, worin bestimmt wird, diesen testamen- 
tarischen Bestimmungen nachzukommen, und den Bau der Kirche der minderen Brüder fortan zu unter- 
stützen (Rauch 1. c. 412—413). 

In den ersten Jahren des folgenden Jahrhunderts scheint der Bau sein Ende erreicht zu haben, 
denn im Jahre 1404 wurde das Kirchweihfest, welches man bisher am Sonntag Exaudi feierte, auf den 
ersten Sonntag nach Maria Himmelfahrt verlegt. Von nun an beginnt wieder eine grosse Anzahl von 
Schenkungen, reichen Stiftungen ftir Kircheneinrichtung, Jahrtagen und Messen, von denen nur fol- 
gende erwähnt seien. 

Walpurga, Witwe Sigismund's von Polhaimb in zweiter Ehe und des Hans des Schenken von 
Ried in erster Ehe, Tochter Georg Hauser's, stiftete 1429 einen Gottesdienst auf den von ihr erbauten 
Unser -lieben -Frauen -Altar in der Minoritenkirche, wozu sie das Dorf Paumgarten am TuUnerfelde 



1) Schlager: «Alterthamliohe Oberlief emngen*' 164. 

2) Bauch: »Scriptores B. A." III, 408—409. 



über die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 189 

» 

echenktei welche Schenkung Herzog Albrecht noch im selben Jahre bestätigte ^). Im Jahre 1433 schenkt 
der Wiener Bürger Hermann HOsel mit Testament dto. 4. September den Minnemprfldero 10 Pfimd 
Pfennige fttr Messen und Andachten ^). Leopold von Eckhartsau , f 23. März 1433, welcher schon bei 
seinen Lebzeiten viele Wohlthaten dem Kloster erwies ; legierte demselben einen guten Weingarten zu 
Mauer y wofür ihm ein Jahrtag gehalten wurde (Pez necrol. 460)^ 

1438 klagt Hans^ der Conventbruder der mindern Brttder zu WieU; im Namen des Gonvents den Hans 
Zistelsteiner vor dem Schottenthore zu Wien um 1 Pftind verfallenes Purkrecht; gelegen auf dessen 
Haus an der Neuburgerstrasse, und laut Gerichtsbrief dto. Mitwoch post Maria Magdalena desselben 
Jahres wird das Haus nach vorausgegangener Beschau dem Orden mit Spruch des Stadtrichters Andreas 
Hillprandt von Meran eingeräumt (Stadt - Archiv). 

Als das Frauenkloster St. Diewald auf Befehl Friedrich lY. dem Johann von Capistran und 
seinen Ordensbrüdern ^ welche bis dahin sich bei den Minoriten aufhielten, eingeräumt wurde, traten 
die früheren Bewohnerinnen desselben, die Frauen des dritten Ordens, in nähere Vereinigung mit den 
Minoriten und bezogen ein Haus zunächst denselben, welches ihnen 1451 auf städtische Kosten herge- 
richtet wurde '). Am 1. Juli desselben Jahres stellt Bruder Michael, der Quardian der Minoriten, in Wien 
einen Revers aus über 50 Pfund Pfennige, welche Simon Pötl des Stadtraths zur Stiftung eines Jahr- 
tages gegeben und wovon der Convent einen Weingarten zu Berchtoldsdorf gekauft hat ^). Derselbe 
Quardian Michael gibt mit Urkunde dto. 24. Juni 1453 als Leibgeding der Frau Kathrein Sybbeckin 
das zum Kloster gehörige Haus, welches früher Stephan Kolb leibgedingweise inne gehabt hatte, ge- 
legen am Friedhof neben dem andern Haus der Minoriten, das jetzt die Zinckin als Leibgeding besitzt 
(Stände Archiv.) Mit diesem Jahre wurde das Kirchweihfest wieder auf den Sonntag Exaudi verlegt 
(Handschrift). 1455 bestätigt König Ladislaus die den Minoriten von seinen Vorfahren ertheilten Privi- 
legien (Handschrift). Albrecht von Ebersdorf, welcher in der Kirche ruht, gibt mit Urkunde dto. Sam- 
stag vor St. Paul 1456 300 Pfund Pfennige ftlr eine ewige Messe am Kreuzaltar und 2 Pftind Pfennige 
zu einem Jahttage ftlr die armen Seelen an die mindern Brüder in Wien (Stand. Archiv). Im Jahre 
1461 halten die Stände Niederösterreichs im Kloster eine Versammlung zur Beilegung des Streites 
zwischen König Friedrich und der Stadt Wien (Handschrift), und 1460 macht Bruder Hans von den 
Minnem- Bruder die Orgel bei St. Stephan, woftir er zwei Fuder Wein pr. 24 Gulden erhält (Wien. 
Stadtrechn.). Im Jahre 1475 starb Benigna, Witwe des Hitters Jobst von Kirchstetten , und wurde 
neben der Corpus - Christi - Capelle bestattet. Sie gab der Kirche viele Geschenke an Stoffen, Gold^und 
Silber (Pez: „Necrol." 512). Im selben Jahre starb auch Wolfgang Pichler, Episcopus Hipponensis, 
suffraganeus pataviensis aus dem Minoritenorden, beerdiget in der Klosterkirche zu Wien, für welchen 
zwei Jahre später Propst Johann von Klostemeuburg bei den Minoriten , Carmeliten und Augustinern 
einen Jahrtag stiftet (Handschrift). 

1479 stiftet Christoph von Rappach einen jährlichen Umzug mit dem AUerheiligsten durch den 
Kreuzgang. 1489 entstand zwischen den Minoriten und Augustinern ein Streit, wurde aber durch das 
vom Papste Innocenz VUI. mittelst Bulle dto. 9. April bestellte Schiedsgericht, bestehend aus dem 



1) E. K. Hofkammerarchiv. Dieser Altar stand im Krenzgange und wurde 1429 von Erzbischof Johannes von Salz- 
burg mit Indulgenzen ausgezeichnet (Handschrift). 

2) KirchL Topogr. XV. 186. 

3) Schlager: «Wiener Skizzen* ü, 269. S. Wolmuets „Plan von Wien." 

4) Siegel des Quardian und Gonvents. Stadt -Arohiy. 

18 • 



142 Dr. Karl Lind, 

den heil, drei Königen nnd dem heil. Leopold geweiht, ein neuer Kreazaltar wurde bei der Priester- 
gruft ') errichtet an der Stelle des heil. Franzaltars , und es bildete sich dabei die Bruderschaft des 
heiligsten Gekreuzigten 1627'). 1630 wurde die sogenannte Puechhaim'scheCapelle, welche Johann Georg 
von Puechhaim 1517 errichten und in ihr einen Marienaltar erbauen liess, gelegen auf der Epistelseite/ 
der Kirche gegen die Kreuzgasse ; an der Stelle des jetzigen rechten Seiteneinganges^ auf Kosten des 
Johann Christoph von Puechhaim renoviert. 1637 wurde eine Glocke, dem heil. Leopold und Philipp 
geweiht aufgezogen, nachdem der Gonvent sich schon 1608 eine kleinere Glocke durch den Glocken- 
giesser Georg Arndt in Wien giessen Hess, und der Thurm 1623 repariert worden war. 1635 kam im 
Kloster Feuer aus, und richtete daselbst bedeutenden Schaden an. Noch im selben Jahre erhielt der 
Dreikönigaltar seinen Platz vor dem Grabmale der Herzogin Bianca, und es wurde ein neuer Hochaltar, 
dem heil. Carolus Borromäus geweiht, errichtet; doch bereits 1652 entstand statt dessen ein weiterer 
neuer Hochaltar, der neuerdings den heil, drei Königen geweiht wurde. Die Kosten hierzu trug Clara 
Metta von Baldiron, geborne von Strollendorf. 

Am 19. Juli 1643 bittet der Quardian Philipp Bonios um einen Passierzettel fttr die mauthfreie 
Einfuhr von 100 Eimer Weins, ähnlich einem früher ertheilten ftir 300 Eimer (Stadt. Archiv). 1673 
wurde ein Musikchor und eine neue Orgel erbaut. 1683 litt Kirche und Kloster bedeutenden Schaden 
durch die zweite Türkenbelagerung, da sie gerade hinter der Angriffslinie der Belagerer auf die Löwel- 
und Burgbastei lagen. Der Thurm wurde sehr zerschossen, verlor seine spitze Kuppel, die ihm, ob- 
gleich er noch im selben Jahre unter der Leitung des Laienbruders Hadrian repariert wurde,- bis heute 
nicht mehr ersetzt wurde, und alle seine Glocken bis auf Eine, zu deren Ersatz man jedoch erst in 
den Jahren 1685 und 1686 schritt. Die übrigen, immerhin nur theilweisen Restaurationen gingen schnell 
vor sich. 1697 erbaute Margaretha, Gräfin von Strattmann die heilige Stiege, welche am 11. August 
nach feierlicher Einweihung durch den Bischof Ernst von Trautson der öffentlichen Andacht übergeben 
wurde. Sie hatte die Aufschrift: 

Hoc opus ad Bei cultum et Dommcae Passionis Fieri Fecit Margaretha ComUissa de Stratman Nota 

Com. de Ahensperq et Traun. Anno MDCXCVII. 

Im Jahre 1695 liess Graf Leopold Hoyos den Ludwigs- Altar im alten Chor, nachdem er auf 
Kosten des Freiherrn Adam von Hoyos schon früher einmal restauriert wurde , neuerdings restaurieren. 
Vor diesem Altar sangen bis 1560 die Priester die Psalmen. 1695 — 1697 wurden im grossen Kreuz- 
gange die Leidensstationen Christi errichtet, wie sie auch auf dem später folgenden Plane Daniel 
Hueber zu sehen sind. 1698 wurde die Kirche neu gepflastert, und bei dieser Gelegenheit der bisher 
unebene und gegen den Hochaltar mittelst einigen Stuffen erhöhte, gegen rückwärts aber abfallende 
Boden geebnet und angeschüttet. Auch vermehrte man die Zahl der Privatgruften durch mehrere 
neuere noch zu vergebende. 1748 begann der theilweise Umbau des Klosters, der mit ausgiebiger 
Unterstützung der Kaiserin Maria Theresia unternommen, doch 1751 schon eingestellt wurde. 1774 



1) Die Priestergmft befand sich früher in der Katiiarinen - Capelle , und wurde erst nach der Übergabe der Capelle 
an das Eaiserspital hier errichtet. 

. Die Deckelplatte hatte folgende Inschrift: 

Sepoltura Patrum ac Fratrum ae Benefaetorum Conv. 8, Cmeis, 

2) Im Jahre 1578 hatte sich die Bruderschaft des heil. Franciscus von Assisi bereits gebildet; 1647 errichtete man 
auch die Bruderschaft des heU. Anton von Padna. 



ttber die drei mitteialterlichen Kirchen etc. 143 

verkanfte der Minoriten - Convent einen Wein- nnd Safrangarten in der Kothgasse an die gräflich 
Selb'sohen Erben nm 100 Gulden (Stadt - Archiv). 

Das nnheily ollste Jahr fttr Kirche und Kloster war 1784. — Die Minoriten mnssten mit so 
vielen anderen Klöstern dasselbe Schicksal theilen und in Folge Verordnung vom 21. November 1783 
ihr Kloster, die Stätte ihrer fünfhunderj ährigen Thätigkeit, verlassen. Doch war ihr Loos ein glttck- 
licheres, als das mancher anderer Orden, die in Folge der Klosterabolierungen unter Kaiser Joseph IL 
gänzlich aus Osterreich verschwanden. Sie konnten in Wien verbleiben und erhielten das Kloster der 
damals weniger geschonten, aufgelösten Trinitarier in der Alservorstadt, deren Kirche man zur Pfarr- 
kirche dieser Vorstadt am 20. April 1783 erhob. Mit 1. Mai 1784 wurde das verlassene Minoritenkl oster 
der n. 0. Landes - Regierung als Kanzleigebäude übergeben, und die Klosterkirche der italienischen 
Gemeinde in Wien als Nationalkirche eingeräumt. Der Name der Minoriten erhielt sich nur mehr in 
der Bezeichnung der Örtlichkeit, — des Minoritenplatzes — und die Benennung der Kirche als der 
wälschen, welche das Gotteshaus vom Anfang her hatte '), behält sie mit Recht noch bis zur Gegen- 
wart. Die Architekten Johann Milani und Hohenberg gestalteten die Kirche in ihre heutige Form um ; 
Canzel, Musikchor, Orgel und Hochaltar stammen von diesem Umstaltungsbaue her. Am Ostermontag 
1786 wurde die renovierte Kirche eröffnet und wird jetzt „Maria Schnee^ genannt, welches Fest 
auf dem Hochaltarbilde von Christoph Unterberger gemalt, dargestellt ist. Das Wunderkreuz kam in 
die Kirche nach Wimpassing. Ausser der Antonscapelle wurden alle anderen Capdlen beseitigt und 
deren Räumlichkeiten zu anderen Zwecken verwendet. Der alte Chor, — die Ludwigscapelle — ver- 
wandelte man in ein vier Stock hohes noch bestehendes Zinshaus *). 

b. BaobeschreibuDg^. 

In dem Nachfolgenden handelt es sich nicht bloss darum, ein Bild der gegenwärtigen Kirche, 
sondern vielmehr ein solches von den Baulichkeiten der Kirche zu jener Zeit zu g^eben, als sie noch 
vollständig war, und noch nicht einige und zwar die wichtigsten Theile zu profanen Zwecken abgegeben 
und umgestaltet wurden. 

Ordentliche brauchbare Grundrisse dieser Kirche aus dem vorigen Jahrhundert — der Zeit des 
unzerstOrten Bauzustandes, haben sich nur wenige erhalten, und selbst bei diesen darf man keine An- 
forderungen bezüglich ihrer geometrischen Richtigkeit stellen. Der beste ist der auf Steinhauser's Grund* 
plan von Wien 1710 befindliche. Ausserdem enthält auch Herrgott's „Taphographia principum^ ü. 
Tab. XI. einen Grundriss der Earche mit den beiden damit verbundenen Capellen; der erstere mit 
Hinzunahme der angränzenden Klosterräumlichkeiten , sowie der Grundriss der gegenwärtigen Kirche 
sind Fig. 1 und Fig. 2 abgebildet 

Die von Westen nach Osten situirte Kirche ist, wie die Betrachtung obiger beider Abbildun- 
gen zeigt, sich im Grundrisse gleich geblieben. Die Änderungen betreffen bloss die Ostliche Ab- 
schlusswand und die beiden dort befindlichen Capellen. Die Kirche bildet ein verlängertes Viereck 
mit geradlinigem Chorschlusse, ttber welchen hinaus frtther auf beiden Seiten, jetzt jedoch nur 
mehr auf der linken Seite je eine Capelle hinausgebaut ist Querschiff besteht keines und ist auch 
keines im Innern angedeutet 



1) Ausser dieser Bezeichnung, welcher auch häufig den IGnoriten galt, findet sich noch oft die der Landhäuser, 
wegen des so nahe dabei gelegenen n« 0. LandhauBes. 

2) Über die Siegel des Minoriten -Convents in Wien. S. «Mittheilung d. k. k. Gentral-Coon." IV. Bd. 1859. 154, 155 





Die Kirche hat eine Länge von SO" 3' 
Reihen von je vier Pfeilern theilen den Raum 
breiter als die beiden Sei- 
tenschiffe, jenes hat 34' 
3", diese haben 31' 4". 
Han vergleiche hiemit den 
Durchschnitt der Kirche 
Fig. 3. Das Gewßlbe die- 
ser Hallenkirche theilt 
eich der Pfeilerordnnng 
gemäss in fünfzehn ein- 
fache, darch etwas stärker 
profilierte Qaergnrten ge- 
trennte Kreuzgewölbe, d. i. 
filnf (Ur jedes Schiff, von 
denen die des ersten und 
zweiten Travies in der 
LängenansdehnuDg 35'3", 
die Ubrigen nur 24' 3" 
haben. 

Eigenthttmlioh ist 
die Conatmctioo der Pfei- 
ler und der Tierzebn den- 



, eine Breite von 16*> und 
in drei, gleich hohe Schiffe 




eine Höhe ron ii\ Zwei 
; doch ist das Mittelschiff 
selben entsprechenden, an 
allen vier Wandäächen 
rertbeilteo Wandpfeiler. 
An diesen letzteren — die 
vier Wandpfeiler in der 
Längenrichtnng der Kirche 
ausgenommen , — laufen 
ohne irgend einer Ande« 
mng in der Profilierung — 
' die beiden Wandschild- 
bögen, die zwei Kreuz- 
tippen and die entspre- 
chende Qnergurte in BUd- 
delform vereint, neben- 
einander, und nur durch 
doppelte Kehlungen ge- 
trennt bis zu einer Höhe 
von drei Klaftern Ober 
dem gegenwärtigen Fuss- 
bodenniveaa herab, und 
stutzen sich auf ein gans 



Aber die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 14& 

einfaches^ glattes Capital, unter welchem erst die eigentliche Wandpfeiler-Profilierung beginnt (Taf. I, 
Fig. 1, a.). Das Capital besteht aus einer einfachqp Ausladung , auf welcher eine mehrmals gekehlte, 
starke Deckplatte ruht, die oben gegen die Wand ansteigend abgeschrägt ist (Taf. I, Fig. S). Den 
eigentlichen Wandpfeiler bilden fiiu( in einem Bündel vereinigte, gegen die Mitte allmälig vortretende 
Halbsäulen (Taf. I, Fig. 1, b.) 

In ähnlicher Weise sind die acht Pfeiler gebildet. Dieselben bestehen aus zwei Theilen, näm- 
lich aus den eigentlichen, beiläufig drei Klafter hohen Pfeilern und der weiteren pfeilerartigen 
Fortsetzung bis zur GewOlbentwicklung (Taf. I, Fig. 3). Die Pfeiler haben im Kerne ein cylindrisches 
Profil (Taf. I, Fig. 4). An den vier entgegengesetzten Seiten des Kernes sind mächtige Dreiviertel- 
säulen angeschlossen, von denen die beiden in der Längenrichtung gelegenen an beiden Seiten durch 
je ein kleineres Halbsäulchen verstärkt sind. Die Sockel sind einfach, jedoch von ziemlich ge- 
drückter Gestalt. Sie sind sehr niedrig, was seinen Grund darin hat, dass der Kirchen - Fuss- 
boden um einige Schuhe durch Anschtttten erhöht ist, wie man diess bei Aufstellung des Mosaikaltars 
erfahren hatte '). Das Capital ist dem der Wandpfeiler gleich, und läuft um den ganzen Pfeiler. Bis 
dahin ist die Profilierung aller Pfeiler ganz gleichf))rmig. Über dem Capital werden die Profile derselben 
in ihrer Richtung gegen die Breite der Schifi^e sehr ungleich; denn theilweise senken sich die Rippen 
der Gewölbe als Pfeiler-Vorlagen bis zum Capital herab, was bei den Pfeilern der linken Reihe gegen das 
Seitenschiff der Fall ist, theils ist dem Pfeilerkerne eine rohe fttnfkantige Halbsäule vorgelegt, wie an 
denselben Pfeilern gegen das Mittelschiff (Taf. I, Fig. 5). Die Pfeiler der Reihe rechts sind viel regel- 
mässiger gebildet. Sie haben in der Richtung gegen das Seitenschiff einen starken, halbrunden 
Dienst vorgelegt, aus dem sich oben die entsprechenden Rippen unvermittelt entwickeln, was auch 
bei denselben Pfeilern in der Richtung gegen das Mittelschiff der Fall ist (Taf. I, Fig. 6). In Bezug auf die 
Längenrichtung sind die Pfeiler alle gleich profiliert. Es läuft hier die aus drei bimförmig profilierten 
durch mehrere Kehlungen getrennten Stäben gebildete Gurte der spitzbogigen Arcade ohne Unter- 
brechung bis zum Capital herab, und stützt sich durch dieses vermittelt, auf die drei bereits erwähnten, 
dem runden Pfeilerkeme vorgelegten Halbsäulen. Ganz dieselbe Profilierung haben die vier Wand- 
pfeiler, die der Längenrichtung der beiden Pfeilerreihen entsprechen. 

Die durch die Verbindung der je vier in einer Reihe stehenden Pfeiler gebildeten spitzbogigen 
Arcaden sind in Bezug auf ihren Abstand von einander ungleich ; denn es haben die eisten beiden in 
jeder Reihe einen Abstand von 17% die übrigen drei in der Richtung gegen den Hochaltar nur 16'. 

Die Quer- und Kreuzrippen des spitzbogigen Gewölbes haben gleiches Profil (Taf. I, Fig. 7), 
nur dass die ersteren etwas stärker gehalten sind. In den Kreuzungspunkten befinden sich zwar gegen- 
wärtig Schluss-Steine mit Laub- und Blumenomamenten, doch sind sie ein aus der letzten Restauration 
herstammendes Zierwerk, und es muss vorausgesetzt werden, dass die früheren Schluss-Steine ent- 
weder andere Ornamente hatten, oder ganz glatt waren. Die meisten sind mit einem herumlaufenden 
Rippenomament eingefasst. An der Westseite ist gegenwärtig der Musikchor eingebaut, welcher in 
den Seitenschiffen die Hälfte des ersten Gewölbejoches, im Mittelschiffe aber zwei Drittbeile davon 
einnimmt. 

Die an den Wänden angebrachten Ornamente, wie eine Art Rundbogenfries, und in der halben 
WandhOhe ein zweites ähnliches Ornament sind aus der Zeit der letzten Restauration. Nur das die 



1) Bei welcher Gelegenheit man erst nach Beseitigung einer einige Schuh hohen Anfschfittong auf die Deck- 
platten von mehreren benutzten Gmftrfiumen kam. 

V. 19 



146 Dr. Karl Lind, 

einzelnen Wandpfeiler in der Höhe ihrer Capitäle verbindende Kaffgesims stammt vom ursprünglichen 
Baue her. 

Das Kirchengebände wird gegenwärtig durch vier Fenster beleuchtet^ die bereits alles Mass- 
werkes entbehren. Drei befinden sich an der Westwand, und eines an der Südseite ; alle ttbrigen sind 
vermauert; doch ist kein Zweifel^ dass die Seiten -Fenster ehemals viel tiefer herabgingen, was der 
ganzen Anlage und besonders ihrer Breite entsprechen würde, und durch die fast senkrechten, der 
Fensterbreite anpassenden Sprünge in der Mauer unter den Fenstern bestätigt wird. 

Der Hochaltar steht jetzt wie früher an demselbsn Platze, nämlich am geraden Schlüsse des 

■ 

Mittelschiffes, d. i. an der Ostwand. Unmittelbar hinter demselben ist ein kleiner, viereckiger Raum, 
über welchem sich der Thurm, an der Ostwand ansteigend, erhebt. Dieser Raum diente früher als 
Sacristei, gegenwärtig als Läutehaus. 

Von den beiden an den Seiten des Hochaltars angeschlossenen Räumlichkeiten besteht nur mehr 
die zur Linken, die kleinere. Sie schloss sich ursprünglich an das nördliche Seitenschiff, als dessen 
Verlängerung in Form eines aus einem halben Achtecke gebildeten Chorschlusses an. Aus Taf. I, Fig. 8 
ist das Profil der dort befindlichen Gewölberippen zu ersehen. Bei der letzten Kirchenrestauration wurde 
sie mittelst einer dünnen Wand von der Kirche getrennt, und besteht gegenwärtig in einem etwas 
verwahrlosten Zustande , als selbstständige dem heiligen Antonius geweihte Capelle. Sie hat eine Höhe 
von 12®, wird von einem Stemgewölhe mit glattem Schluss-Steine überdeckt und durch drei Fenster, 
deren Masswerk im Fensterschluss völlig vermauert ist, beleuchtet. 

Zur Herstellung einer gewissen Gleichheit wurde auch im rechten Seitenschiffe eine gleiche Ab- 
schlusswand eingesetzt, welche vom fünften Wandpfeiler zum Wandpfeiler nächst des Hochaltars schief 
über das ftlnfte Gewölbejoch läuft. Diese Wand ist theils mit wirklichen Fenstern aus den Oratorien, 
theils mit Blindfenstern geschmückt. Auch die betreffende Gewölbeconstruction des letzten Quadrats 
musste umgeändert werden, wie diess in Fig. 2 ersichtlich ist. 

Zur rechten Seite des Hochaltars, nicht ganz in der Ecke des rechten Seitenschiffes, sondern 
etwas in die Verlängerung des Mittelschiffes hineinragend, schloss sich früher ein zweiter Chor, wegen 
seiner Grösse beinahe ein zweites Kirchengebäude an. Derselbe war von bedeutender Länge, endigte 
in der Form eines Vieleckes, und wurde im Chorschlusse, wie an den Seitenwänden mit starken Strebe- 
pfeilern gestützt. Dieser Raum hiess noch zu P. Fuhrmannes Zeiten allgemein der alte Chor, und 
war dem heiligen Ludwig geweiht, daher er öfters die Ludwigs - Capelle benannt wird. Das Äussere 
dieses Gebäudes ist auf Daniel von Hueber's grossem Vogel - Perspectiv - Plane Wien von 1769 — 
1776 im Aufrisse zu sehen (Fig. 4) *). Der alte Chor war, wie es der Grundriss desselben in Fig. 1 
zeigt, mittelst einer dünnen wahrscheinlich niederen Scheidewand, die in der Linie der Rückwand der 
Kirche lief, abgeschlossen, und bildete somit ein selbstständiges Kirchengebäude, welches nur mittelst einer 
kleinen Eingangsthür mit der Kirche verbunden war, dessen Stirnseite aber ohne Zweifel bei Erbauung 
der grossen Kirche abgebrochen wurde. Hier befand sich auf einer Erhöhung von zwei Stufen, welche 
in ganzer Breite des Schiffes und zwar in der Mitte etwas vorspringend angebracht waren, die soge- 
nannte heilige Stiege von der Gräfin Margaretha Strattmann ') nach dem Muster der Scala Sancta 



1) Fig. 4 zeigt jenes Stück aus dem besagten Yogelperspectiv- Plane, das die Kirche sammt ihrer Umgebung enthält. 

2) Gräfin Margaretha Strattmann war die einzige Töchter des Ferdinand Ernst Grafen von Traun - Abensberg , geb. 
1649 , in erster Ehe vermählt mit Ferdinand , Longueval Grafen von Bouquoy, in zweiter (1691) mit dem Ganzler 
Heinrich Grafen von Strattmann, f 1693. Sie starb als Witwe am 5. December 1706. 



Aber .die drei mittelalterlichen Kirchen etc. ]47 

EU Rom erbant, und am 10. Aagnst 1697 dnroh den Wiener Bischof FUrateo TntntBon in Gegenwart 
des Kaiseni Leopold I., des Erzherzogs Karl und des Übrigen Hofe^ feierlich eingeweiht *). 

Die heilige Stiege hatte heinabe die ganze Breite des alten Chores nnd es blieb nnr zur 
Linken des Eintretenden ein schmaler Gang flbrig, durch den man in den vorderen freien Baum ge- 
langte, an dessen Rflckwand im Cborschlusse ein Altar sich befand. 

Die Stiege selbst Fig. *■ Stufen gehauenen Ver- 

im verkümmerten Re- tiefungen befanden sich 

naissance * Geschmacke Reliquien, 

erbant, lief in drei Ab- In der Verlängerung 

theilungen , die durch der kürzeren mittleren 

Zwischenwände getrennt Stiege war unterhalb ein 

waren , nach aufwärts, Raum ofiTen geblieben, 

doch war die mittere Ab- der überwölbt und gegen 

theilung kürzer und bret- den Altar hin mit einem 

ter. Jede der einzelnen Eisengitter abgescblos- 

Abtbeilungeu war mit sen war. Von der heiligen 

Passions -Bildern abge- Stiege haben sich nur 

schlössen, zu denen man wenige Abbildungen er- 

sieh meist auf den Knieen halten. Nachdem die Mi- 

rutschend , im Gebete noriten aus dieser Kirche 

stufenweise erhob, um entfernt wurden, wurde 

den von P. Innocenz III. auch die beilige Stiege 

verliehenen Ablass zu beseitigt, und theilweise 

gewinnen. An den Enden zu den Stufen des neuen 

einer jeden Stufe, so Hochaltars in der Angu- 

wie in einigen in die stinerkirche verwendet *). 

Vergleicht man den Grundries der Kirche mit dem grossen Catastralplane von Wien, so ergibt 
sich, dass das hinter dem Regiemugsgebände befindliche Hans Nr. 21^ der Congregation der itatieni- 
Bchen Nation gehörig und vollkommen an die Kirche angebaut, genau dieselbe Stelle nnd denselben 
Umfang einnimmt, welcher den sogenannten alten Chor, die Ludwigscapelle, nmfasste, nur dass es jetzt 
rechtwinklig endiget, während der Chor mit fünf Seiten des Zehnecks sich schloss. Bei sorgsamer Betrach- 
tQDg dieses Gebäudes, besonders von dem inner dem ehemaligen Kreuzgange befindlichen Garten findet 
man noch die Mauersprflnge an den Stellen der vermauerten Spitzbogenfenster; femer werden, das Ge- 
bäude von einem kleinen Hofraum aus besehen, die alten Strebepfeiler in ihren beinahe noch unverletzten 
Formen ersichtliob; endlieh kann man am Dache des Hauses Nr. 21 ganz genau die halbrunde Ein- 
dachung des Gborscblnsses noch jetzt deutlich bemerken, an welcher Rundung dann das nur noch tut die 
angebauten Ecken nöthige Dach und zwar leicht erkennbar angefügt wurde. 

Es ergibt sich somit, dass das alte Eirchengebäude nicht weggebrochen, sondern im Kerne 



1) FahrmaDii: „Bistor. Beschreib, von Wieo" II, 159. 

2) Oensan: «Qeechiohte Wietu' V. 540. 



148 



l'r. Karl Lind, 



des HauaeB Nr. 21 noch vOlIig rorbanden ist, za einem Wohagebftnde nnterbant, und von Anssen dvroh 
rechtwinkelige Znbanteu maskiert warde '). 

Betrachtet man die Kirche von Aoesen, so zeigt sieh, dass sie mit so manchen interessanten 
Gebäuden dasselbe traurige Schicksal theilt und beinahe ganz verbaat ist; daher nnr die höheren Par- 
tien gegen den Hinoritenplatz , dessgleichen gegen den ehemaligen Convent sichtbar sind. Die 
Tbarni' Basis, eo wie die Antone- ^.^ ^_ blnme geacbmUckt. Der Eingang 



capelle an der Rückseite and die 
ganze Vorderseite sind freistehend. 
Die Art, wie diese Kirche mit 
FriTatgebänden nmgeben ist , die 
sich wie Ephen an das massige 
Gebäode nnd insbesondere an die 
Strebepfeiler anklammem , und 
ohne diesen kanm die Fähigkeit 
baben, frei stehen zu können, ist 
höchst sonderbar , ja möglichst 
bSsslicb ond plUmp. 

Die Fa^^e dieser tbeils 
aus bebanenen Quadern, theils 
ans Bmchstetnen erbauten Kirche 
wird durch zwei in ihrer Stärke 
ungleiche Strebepfeiler, welche 
sieb bis hinauf zu dem mittelst 
einer Fenermaner abgeschlossenen 
Dache erheben, in drei Felder ge- 
theiit. In jedem derselben ist eine 
Eingangsthttre und darüber ein 
Fenster angebracht. Die mittere 
ist die grOsste, und gilt unstreitig 
fltr das schönste, gothisohe Portal 
Wien'a (Taf. II). Die Mittelpforte 
hat eine Breite von 40 3' bis zu 
den beiden Streben. Das spitz- 
bogige Hittelportal hat eine HObe 
von 5" &' 10". Der äussere Rand 
des PortalbogeoB ist mit Krabben . 
and die Spitze mit einer Krenz- 



Fig. G. 



bat einen recbtwinklicheo, flachen 
Sturz und wird durch einen Mit- 
telpfeiler getbeilt. Jede Eingangs- 
ÖfiFnung ist 4' lO'/i" breit. 

Am Tbeilungspfeiler -des 
Portals ist eine Mutter - Gottes- 
Stalue mit dem Kinde am linken 
Anne TOn ausgezeichneter Arbeit 
angebracht (Fig. 5). Sie ist ge- 
krOnt, in ein faltenreiches Gewand 
gebullt, das Kind vollkommen be- 
kleidet, jedoch ohne Krone. Sie 
steht unter einem schOnen niederen, 
oben flach abschliessendeu Bal- 
dachin, und auf einer dem Pfeiler 
vorgelegten Halbsäale, deren Ca- 
pital als Conaol dient. 

Über dem Baldachin theilt 
sich der Mittelpfeiler in' zwei stark 
gekehlte Spitzbogen, wodurch ober 
dem Thflrsturz drei Bildfelder ent- 
stehen, deren jedes mit ausge- 
zeichneten, DDtereinander im Zn- 
aammenbange stehenden Relief- 
Bildern geschmttckt ist. Das Mit- 
telstttck zeigt Christus am Kreuze, 
welches letztere ans rohen Baum- 
stämmen gebildet ist. Leider wurde 
in neuester Zeit die Figur an den 
Füssen sehr beschädigt DieGruppe 
in dem Felde zur Rechten zeigt die 



im ÜbermasB des Schmerzes znaammenbrechende Mutter Christi, von vier Fraaen umgeben, deren 
zwei' nimbiert sind. Im Felde linke Fig. 6 zeigt sich zunächst dem Kreuze der beilige Johannes, daneben 
der sieh bekehrende Hauptmann, ein Kriegsknecht mit einer Fahne, beide im Panzerbamiach mit Pao- 



1} Eingehend wird die Unteranchun; gefUhrt in dem Aofasize von Feil „Über die Fflrstinen - GrfibeT bei den Mino- 
riteu In Wien", in Schmidl'a ,BUttem f. Litetatnr nnd Kunst 1846" 730—1. 



über die drei mittelalturllclien Kircben ete. 



149 



sercapaze und spitzem Helm; anf der Fahne der bo häufig Torkommende spitze Hut der Juden. Die 
vierte Figur kann bezflglieh ihrer Kleidung und Kopfbedeckung ebenso gnt einen Scfariftgelefarten, alB 
Tielleicht einen gekrönten Erbauer des Portals oder der Kirche darstellen ; sie hat in der Hand eine bereits 
abgebrochene Schriftrolle oder einen Scepter. Zwischen den drei stabartigen Rippen des Portalbogens 



Bind anf jeder 
Seite drei Figu- 
ren — reohts drei 
mäDnliche, links 
drei weibliche — 
nnterBaldachinen 
angebracht, wel- 
che Johannes den 
Täufer und die 
Apostel Johannes 
und Philipp, fer- 
ner die heilige 
Helena vorstel- 
len. Die Bedeu- 
tung der anderen 
beiden weiblichen 
Figuren ist nicht 
erkennbar, da de- 
ren Attribnte be- 
reits fehlen. Ans 
den oben abge- 
flachten Balda- 
chinen, von denen 
die zwei äusseren 



Flg. 6. 



/ 



^ 



jeder Seite gleich 
nnd weit zier* 
lieber sind , als 
die übrigen zwei, 
die mit dem am 
Theilungspfeiler 
gleich sind, ent- 
springen schwä- 
chere stabartige 
Rippen. Die Fi- 
guren selbst ste- 
hen auf kleinen 
Säulchen mit zar< 
ten Capitälen. 
Die Sockel dieser 
' Säulen sind nie- 
drig, ziemlich ge- 
drückt, nnd wech- 
seln mit den so- 
ckelartig gebilde- 
ten, abgeschräg- 
ten Ansätzen der 
Rippen ab (Taf. I, 
Fig. 9 a— d). An 



den äusseren Seiten des Portals ist auf viereckigen Säulcheo und mit hohen (gewiss aus jAngerer Zeit 
stammenden) thnrmartigen Capitälen überdeckt, der englische Gruse angebracht, nnd zwar rechts der 
Engel mit einer Schriftrolle, links die Jungfrau "Maria. 

Weit einfacher sind die beiden kleineren vermauerten Seitenportale construirt. Der fignralische 
Sehmuck, so wie die Krabben am Rand des Bogens fehlen ihnen ganz, doch ist die Theilnng mittelst 
eines Mittolpfeilers beibehalten (Taf. 1, Fig. 10. a— c). Die vermauerten Eingänge haben eine Breite 
von 4' 7". In der Hohe des Gesimses läuft quer Über die Fa^ade ein einfacher Btabartiger Fries. Die 
den Dachraum abschliessende Feuermauer anf der Fai;adeseite bat in den beiden Seitenfeldem je eine 
Anfzng-Thür mit kleeblättrigem Sturze, dessgleichen im Mittelfelde, und darBber noch zwei kleine 
ähnliche Fensterttffnungen. Auffallend ist, dass die beiden Strebepfeiler an den Ecken der Fa^ade 
nicht unmittelbar in der Axe der Ecken selbst angebaut sind , sondern dass der auf der rechten Seite 
hinaus- der anf der linken hereiugeschoben ist. 

Die beiden Seitenfa^aden der Kirche sind verbant und nur die oberen Theile davon sichtbar. Die 
Langseite gegen Sttden wird der inneren Einrichtung entsprechend durch vier Strebepfeiler in ftlnf Felder 
getbeilt. Die fHnf Fenster derselben sind mit Ausnahme des vierten von Innen vermauert. Die ersten beiden 



waren RnndfeDster mit sehr 
sammt den farbigen 
Gläsern darinnen er- 
halten (Fig. T). Die 
Übrigen Fenster sind 
spitzbogig constniirt, 
and entbehren ausser 
dem dritten jedes 
Schmuckes (Fig. 8). 
Die Feostersteiile sind 
nach Aussen einfach 
abgeschrägt und nnr 
am oberen Thetle 
vom Beginne des Bo- 
gens an mit Bundstab 
und Hohlkehle geziert. 
Ober jedem Fenster 
sind drei runde Öff- 
nungen mit Dreipäs- 
sen angebracht. Der 
Eckstrehepfeiler ge- 
gen Osten ist bedeu- 
tend stärker , geht 
weiter herror, und hat 
dieselbe Richtung wie 
alle anderen Strebe- 
pfeiler dieser Seite. 

In ähnlichem Zu- 
stande befindet sich 
die Seite gegen das 
Landhans. Die Thei- 
lung geschieht, wie 
ienseits , durch die 
Strebepfeiler, nnrdass 
hier wegen der in der 
Veriängerung der Axe 
des linken Seitenschif- 
fes angebauten An- 
tonscapelle fttnf Stre- 
bepfeiler und sechs 
Felder sind, wovon 
das Letztere , eben 



Dr. Karl Lind, 

zierliehen Masswerken, doch hat sich nur mehr von ersteren das Masswerk 
Fig. 7. dieser Capelle ange- 

hörige , kleiner ist. 
Der au dieser Seite 
aus neuerer Zeit stam- 
mende Eingang ist mit 
einem grossen, stei- 
nernen Christus am 
Krenze geschmückt '). 
An den sämmtlichen 
Termanerten Fenstern 
hat sich nnr wenig 
Masswerk mehr erhal- 
ten , und es erscheint 
das erste Fenster vor 
allem bemerkenewerth 
(Fig. 9). Alle Strebe- 
pfeiler endigen mit 
einer Spitze, die ndt 
Fig. 8. einerKreuzblnme und 

ansserdem an der 
Antons - Capelle mit 
kleineren Knorren an 
ihren Kanten ge- 
schmückt ist (Fig. 10). 
Die drei rückwär- 
tigen Fenster dieser 
Capelle sind bloss 
tbeilweise , d. i. in 
ihrem oberen Theile* 
sammtdemMasswerke 
nnd dem noch darin 
befindlichen farbigen 
Gl&sschmncke ver- 
mauert. 

Von der Rtlckseite 
des Kircheugebäudes 
ist wenig zu sehen, 
denn nur der mittlere 
Tbeil mit dem Thunn 
ist frei, gegen die 
Antons- Capelle aber 



]) Nicht Bu ttberaehen l>t die an der Ecke des aairebanten Haaaes gegen den Hinotitenplatz angebirate HarieQatatae. 



Ober die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 



161 



eiD Prifathans angebaut. Auf der anderen Seite Bteht das erwähnte, ans dem sogenannten alten Chor 
oder der Lndwigscapelle nmgestaltete Wohnhaus. Anch auf dieser Seite laufen , wie an der Fa^ade, 
zwei öfters verjüngte Strebepfeiler empor bis an das Daeb. 
Der Thnnn, wel- 



cher früher in eine 
Spitze auslief, aber seit 
der TUrkenbelagerung 
1683 nur mit einem 
früher kupfernen, seit 
dem Stnrme im J. 1850 
mit einem hulzernen 
!Notbdache versehen ist. 
ist unmittelbar hinter 
dem Hochaltar an die 
Blickseite der Kirche 
angebaut, bekommt von 
der Hohe des Dachge- 
aimses eine achteckige 
Form, bei welcher Um- 
bildung die weiter vor- 
ragende Ecke anf einer 
Vorkragung ruhet. Die- 
selbe ist eine Art von 
Capelle mündet, dessen Profil in 
Flg. 10. 



Fig. 9. 



grossen Tragstein, der 
mit einer menschlichen 
Figur geschmückt ist, 
wlibrend zu beiden Sei- 
ten horizontale Glieder 
diesen Dienst versehen 
(Fig. 11). Bis zur Höhe 
des Dach£:e8im8e8 hat 
der viereckige Thurm 
ein grosses Spitzbogen- 
fenster, welches einen 
kleinen Raum beleuch- 
tet, in welchen auch 
ein Fenster der rechten 
Seite der Antons -Ca- 
pelle, so wie ein in 
Bezug auf das Mass- 
werk und theilweise die 
Glüser noch erhaltenes 
Fensler der Lndwigs- 
Taf. 1, Fig. 11 ersichtlich ist. In seiner achteckigen Form bildet der 
Fig. 11. 



Tbarm acht ungleiche Stockwerke, in deren vorletztem acht mUcbtlge, spitabogige Fenster ange- 
bracht sind. Bis dahin hat der Thnnn eine Höbe von 30°. 



152 ^'* K&i'l Lind, 

Auffallend ist die Construction des Eirchendaches, welches die bedeutende Höhe von M^/i^ in 
senkrechter Linie hat. Es wird durch zwei 10® hohe^ spitzbog^ge Arkadenreihen gesttttzt, welche in 
Übereinstimmung mit der Anlage des Mittelschiffes und dessen Pfeilern erbaut sind. (S. Fig. 3.) 

Noch erübriget der Vollständigkeit wegen jener Räumlichkeiten zu erwähnen^ die als zum 
Kloster gehörig in der obigen Ansicht Daniel Hueber's (Fig. 4) und dem Grundrisse (Fig. 1) 
ersichtlich werden. Beide Abbildungen geben uns dasselbe Gebäude, jedoch mit den zwischen der 
Zeit der Herausgabe des Grundrisses (1710) und der des Planes (1776) enstandenen Veränderungen. 

Rechts von der Kirche zieht sich der heutigen Kreuzgasse entlang das Gonventgebäude im Grund- 
riss und Vogelperspectivplan gleich erkennbar bis zur Bastei hervor. Die Seite gegen den Ballplatz 
zeigt auf Steinhausers Stadtplan noch das alte Refectorium nebst einem Flügel des Klostergebäudes, 
auf Hueber's Ansicht besteht bereits das neue. Das ganze Gebäude umschliesst zwei Höfe vollk^om- 
men, und einen zunächst der Bastei gelegenen nur zur Hälfte. Die beiden ersteren Höfe werden von 
Kreuzgängen umgeben, von denen der eine an die Kirche stossende, der grössere ist, und ein vollkom- 
menes, der andere, kleinere, aber ein verschobenes Viereck bildet. In beiden Höfen befinden sich kleine 
Gartenanlagen, so wie im dritten der noch vorhandene, aber verfallene Springbrunnen. Von beiden 
Kreuzgängen sind nur mehr einzelne Theile vorhanden mit theils spitz-, theils rundbogigen Portalen. 

Der Flügel gegen die Kreuzgasse enthält eine kleine, durch eine in der Mitte aufgestellte Säule 
gestützte Capelle mit zwei Altären. Aus dem grossen Kreuzgange gelangt man in eine finstere Capelle, 
welche paralell mit dem alten Chore liegt. 

Das Hauptgebäude gegen den Ballplatz bildete die Katharinen - Capelle, deren unterbaute Räum- 
lichkeit gegenwärtig flir das landesgerichtliche Grundbuchsamt verwendet wird. Es ist ein mit Strebe- 
pfeilern nach Aussen und im Innern durch zwei Pfeiler gestütztes Capellengebäude mit einem kleinen 
Thurm, der an der Aussenseite gegen den Ballplatz mittelst eines Tragsteines befestiget ist. Sie ent- 
hielt bloss einen Altar, hatte ihren Eingang durch den Kreuzgang, wie diess aus der Zeichnung bei 
Fuhrmann und auf Steinhauser's Plan ersichtlich ist. In der Zeichnung Hueber's zeigt sich das 
Eingangsportal gegen den Ballplatz, und es lässt sich diese Umänderung vielleicht durch die Einver- 
leibung der Capelle in das Kaiserspital erklären. Die Capelle wurde 1*298 durch den Marschall Dietrich 
von Pillichsdorf gegründet, der für sich und seine Familie dieselbe zur -— jedoch nicht ewigen — 
Ruhestätte erwählte. 

c. Anhang. 

Bevor ich diese Notizen schliesse, kann ich nicht umhin, der vielen Personen aus den ange- 
sehensten Adels- und Wiener Bttrgerfamilien zu gedenken, welche in dieser Kirche, den Capellen und 
dem Klosterkreuzgange ihre Begräbnissstätte fanden; wie die Familien Ebersdorf; Ekartsau, Pillichs- 
dorf, Innbrucker, Liechtenstein - Nikolsdorf , Prueschenk, Hardegg, Rappach, Polhaim, Urbetsch, 
Würfel, Breitenfelder, Griechen von Als etc. Von allen den vielen Monumenten, die im Nekrologium 
und im Adels werke Wissgrill's als dort errichtet erwähnt werden, sind nur zwei im Kreuzgange 
übrig geblieben, und selbst diese hat der Vandalismus der neuesten Zeit nicht verschont und mit roher 
Gewalt verstümmelt. Die übrigen höchst zahlreichen Denksteine konnten dem gewöhnlichen Schicksale 
von derlei Gegenständen nicht entgehen, und wurden aller Orts der Umgebung ') als Pflastersteine ver- 



1) So der Hof des kleinen Hausea Nr. 29. S. auch Anmerkung 85, S. 55 ift Bd. III. der «Berichte und Hittheilungen 
des Wiener Alterthnms - Vereines.* 



nber die drei mitteUlterlichvii Kirohen ete. 1{8 

wandet. Leider ist es immer noch eine traurige Erscheinung der Gegenwart, diese steinernen Docnment« 
rerscbwundener Zeiten aus ihren ehrwürdigen Standplätzen zn entfernen, und ihnen entweder im Streben 
einer falsch rerstaudeuen Neuemngssncht andere ganz nopassende nnd untaugliche Plätze einzuräumen, 
oder sie in einer Aufwallung oichtssagender Verachtung oder im Eifer einer allumfassenden Reinigung 
und Restauration aus den Kirchen gänzlich zu beseitigen. Es ist diese ein Schicksal, das die Denkmäler 
der Maria -Stiegenkircbe, derDorotheenkirche etc. bereits traf, und cur zn bald eine unserer präehtigaten 
kirchlichen Bauten treffen wird. — 

Das Monument links ist dem Andenken der Maria Magdalena von Bappach, zweiten Gemalio 
des berühmten Hieronymus Beck tou Leopoldsdorf, Tochter des Hans Christoph tod Rappach und der 
Anna tou Temick gewidmet. Geboren 1544, heirathete sie Hieronymus Beck zu Neustadt am 25. Febrou' 
Im Jahre 1560, als ein Mädchen von 16 Jahren, doch starb sie bereits am 8. November 1564. Sie wurde 
in der Rappach'schen Familiengruft Fi^. 13. kleine, aufrecht stehende Krause, 

beigesetzt (Wiasgrill I, 331).Das die engen Ärmel haben stark ban- 

Honument selbst besteht ans einer schige Achseln. Links ist das Wap- 

grossen schwarzen viereckigen Stein- pen der Rappach, rechts das der 

platte, in deren Mitte aus einer Nische Beck. Das Erstere zeigt einen ein- 

stark hervortrend und in weissen fachen, schräg-linken Querbalken im 

Marmor schön gearbeitet sieb die Schild und gedoppelten Helmflnge, 

BflBte der Verstorbenen befindet das andere im ersten nnd vierten 

(Fig. 12). Das Antlitz zeigt Zartheit Felde des quadrierten Schildes, and 

und Adel des Geistes, die Haare zwar im oberen von oben links nach 

sind an der Seite radfbrmig, rtlck- unten rechts sehräg getheilten gol- 

wärts beuteiförmig in einem Netz ge- denen Felde einen silbernen Fenei^ 

halten, das Haupt mit einem reichen stahl, nnd im ontem Bohwaraen 

Barette bedeckt. Den Hals ziert eine einen funkensprtlbenden Feuerstein. 

Das zweite and dritte Feld enthält im rothen Grunde einen breiten, silbernen schrägrecbten Balken 
darin einen rothen, anfsteigenden LOwen mit getheiltem Schweife. Zwei Helme überdecken den Schild, 
deren einer auf seinem oSenen, doppelten Flug die Figuren nnd Tincturen des ersten nnd vierten Fel- 
des wiedergibt; der andere hat den wachsenden rothen LQwen zwischen zwei answärts gekehrten 
Btlffelhttmem , deren eines weiss, das andere roth ist 

Die Inschrift lautet: 

MADALENA BCCEIN A LEOPOLDS | TORF JOANNIS CHBI3T0PH0RI | BARONIS A RAPFACH ET | AlWAE 
TEBNICK P. ANMAE A TEUFFENBACH | ET HELENAE A KVNIGSBEEG NEP. | OB. ANN XX BEUCTI8 
LIBB. CHRISTO | PHORO ET HAETHA GENTISQ. SAE. | SEPÜLCHRO ILLATA H. 8. E. | HlERONIHüa 
BECK A LEOPOLDS | TORF M. F. DIVl FERDINANDI ET IN | VICTISSMI UAXBOLIAin IL ROU. UP. ) 
CAKEBAE AULICAE CONS. | ET ANNO t NÄE BELLIOAE IN HDNQ. 1 SDPREHUS COlOn^ASIDS UXOBt 
CARISS. l ET AHANTISS. EJÜSQ. HEHOBIAE P03DJT. 

Dieses Monument befand sich früher in der Kirche auf der Epistelseite des Hoehaltars gegen 
die heilige Stiege. 

Das Monument an der entgegengesetzten Wand ist dem Andenken des Johann Rudolph Grafen 

Ton Fuechhaim gewidmet. Es ist aus braunrothem Marmor gemeisselt und im Gesehmacke der Renaissance 

ausgeführt. Das darauf befindliche Brustbild zeigt einen Kopf mit stark markierten männliehen Zügen, 

edlem Ansdmoke, mit grossen Augen nud Schnur- nnd Kinnbart. Darunter das quadrierte Familien- 

V. ÄO 



154 I>r. Karl Lind, 

Wappen; im ersten und vierten Felde mit drei Getreidegarben ()) im zweiten und dritten Felde mit 
einem aufsteigenden gekrönten Löwen mit getheiltem Schweife und im gekrönten Mittelschild mit einer 
breiten Querbinde. 

Die Inschrift lautet: 

D. 0. M. A. I HIC SITUS EST | ILLUSTRISSIMÜS ET EXCELLENTISSIMÜS DNS. DNS. JOHANNES RÜDOL- 
PHÜS I COMES A BÜECHHAIMB DNS. IN GOLLERSDORF ET KRVMBACH ETC. ETC. | Qül | OB EXIMIAM 
SüAM 8APIENTIAM AB AUGÜSTISSIMO ROMANORÜM IMPERATORE | FERDINANDO m. AD ARCANA 
CONSILIA ELECTÜS OB SINGÜLAREM PRÜDENTIAM | SÜPREMÜS CAMERAE CAESAREAE PRAEFECTüS 
CONSTITÜTÜS I OPERÜM EXPERIENTIAM ET MODERATIONEM ANIMI SÜMMUS EJÜSDEM AULAE CAESA- 
EEAE MAG. AC | AB AFFABILITATE MORUMQÜE SüAVITATE AB OMNIBUS AMATUS ET AESTIMATÜS 1 
TANDEM DIE 17. JANÜARII A. 1651 MAGNO SUI IN AULA ET IN VITA RELICTO DESIDERIO | PIE IN 
DOMINO OBDORMIVIT. | CUl MONÜMENTÜM HOC FRATERNI AMORIS ET OBSERVANTIAE GRATIA MOE- 
STÜS POSÜIT JOANNES CHRISTOFORUS | COMES A BÜECHHAIMB FERDINANDI UI. R. 1. CAMPI MARE- 

SCHALLUS EJÜSDEMQ. ARC. CONS. ET AUR. VEL. EQÜES. A. D. MDCLIÜ. 

Dieses Monument befand sich früher in der Kirche an der Epistelseite des Marienaltars. Die 
Nasen der Büsten an beiden Monumenten sind abgeschlagen. 

Im Archive der Mingriten hat sich aus dem Jahre 1767 ein Verzeichniss der Epitaphien erhalten; 
und es ist daraus ersichtlich, dass besonders viele aus italienischen und spanischen Familien stammende 
Persönlichkeiten hier beerdigt wurden. Von ausgezeichneten Persönlichkeiten und Gliedern berühmter 
Familien ruhen hier und seien aus den vielen erwähnt: 

Carl Bonaventura Lonqueval Graf von Bouquoy, Baron de Vaux, geboren 1571, Ritter des goldenen 
Vliesses, General-Feldmarschall nnd Commandierender in Böhmen; ein Mann voll Heldenmuth und Tapferkeit, half er die 
E^estung Arras gegen die Franzosen vertheidigen , betheiligte sich an der Schlacht am weissen Berge , focht wider die 
Bebellen und Anhänger Bethlen Gabors , und fiel bei der Bjelagemng von Neuhäusel am 10. Juli 1621. Sein Leichnam 
wurde mit grossem Gepränge in der Familiengruft beigesetzt (Wiss grill I, 418). 

Trojan von Auersperg, geboren 1495, Rath Kaiser Ferdinand's I., betheiligte sich rühmlichst an der Ver- 
theidigung Wien's gegen die Türken 1529, und wurde 1537 Statthalter von Niederösterreich. Er vermalte sich 1521 mit 
Anna von Eckh und starb 1541. Sein Monument wurde bei Umgestaltung der Kirche entfernt (Wissgrill I, 244). 

Marcus Beckh von Leopoldsdorf, Reichsritter, Doctor Juris, Rath Kaiser Ferdinand*s I., Regierungscanzier, 
ein Mann von grossem Ansehen und Vermögen. £r wurde am 26. April 1491 geboren , starb am 20. März 1558, und 
wurde seinem letzten Willen gemäss in der Katharinen - Capelle des Minoritenklosters beerdiget. Laut des Nekrologiuma 
fand er seine Ruhestätte an der Seite seiner ersten Frau Apollonia, Tochter des Hieronymus Leininger, und der Mar- 
garethe von Pibriach, Witwe des Blasius Lazariner, geboren 1482, gestorben zu Wolkersdorf am 5. August 1521. Seine 
zweite Gemalin war Martha Heyperger, geboren 1507, yermählt mit ihr am 12. Februar 1522. (S. Z eibig: »Familien- 
chronik der Beck von Leopoldsdorf im „Archiv f. K. öst. Gesch.- Quellen'' VlIL und Bergmann: „Medaillen'' II, 286). 

Rambald GrafCollalto, geboren 1579, wurde 1619 Oberst, besiegte Bethlen Gabor bei Ofen, wurde später 
Kriegsminister, Gesandter bei Papst Paul Y. und König Philipp IV. von Spanien, 1625 Feldmarschall und dem Generalis- 
Bimos Wallenstein beigegeben, 1627 Hofkriegsrathspräsident und Ritter des goldenen Vliesses, 1629 Commandant der 
gesammten kaiserlichen Armeen, starb am 18. November 1630. (S. Wissgrill II, 110.) 

Die Inschrift lautete: 

2ll^tet rui)et in tfott Ut f^od^ itnDf ttloijlgfborne ^ert fiomball^us Oraf von unti }n €o\lalio un) St 0al^ 
oator« iQerr m i^ietnt^, BUter Hee golHenen ^Ut» r. k. m. gel). Satt), gdt. Heu XVIIL Itonember 1630 

feines 2lUer$ im LI. 3ai)r. 

Dessen Sohn Anton Franz, gestorben 1630, ebenfalls Ritter des goldenen Vliesses, Begimentsrath und Land- 
kämmerer von Mähren, gestorben 7. Juli 1696, und seine beiden Frauen Barbara Magdalena von Althaan, f 1689, und 
Maria Therese von Strattmann, f 1699. 



über die drei mittelalterlichen Elirchen etc. 166 

Johann Georg Graf von Hardegg-Glaz, Sohn des Grafen Johann und der Barbara, gebornen von Kraig, 
diente unter des Kaisers Ferdinand I. deutschen Kriegsvölkern, und starb im 23. Jahre (1530) zu Neutra, von wo der 
Leichnam nach Wien gebracht wurde. 

Heinrich Duval, Graf von Dampier. 

Sein Monument befand sich zunächst des Sebastian • Altars, und ist mit Trophaeen von Eisen geschmückt gewesen. 
Die Inschrift lautete : 
Hearico BiiTall Ctallo Coniiii Dampfer, Baroni a JHondroTilla et Domiiio im Hau ete. gni com 
acerrlma jnveniatia in omnibas TransylTaniae motibos et Potskaiaianae Rebellionls in Hnn- 
g^aria et contra Tnrcas praeliis omnibns ma^nnm specimen exblbnisaet ejnsdem imperIJa 
deincepa se non Imparem omnibns temporibna bellicla et contra Tenetos Domna Anstrfacae 
optima probairit et is anna, qai Ferdinandi II. Imperatoris semper mngvmtl Bebellibna om- 
nibaa Bodmia et Anstriacia, Silesiis, MoraFia et Hnn{|r<^ria praecipne aolo nomine terror, 

flafr^Ilnm pug^n svmmae pablicae «pei sab Castro PosonQ grlobo transfoaens defecit 

omniom moerore die IX. Octobris Anno JHDCXLXL. Jacobaa Daval Comea Bampier, Steplianna 

Carolns germani fratrea moestis. p. 

Rudolph Freiherr von Hohen feld, dritter Sohn Rudolph des älteren und der Magdalena Haunsperg. Der- 
selbe besuchte in seiner Jugend die heiligen Lande , wurde Rath Kaiser Ferdinand's I. und Vice - Statthalter in Nieder- 
österreich. Er war dreimal vermalt und zwar 1. mit Margaretha Gradnerin, 2. mit Helena von Stubenberg, und 3. mit 
Hedwig von Eitzing, und starb den 18. October 1533. Der Inschrift des Monuments von grauem Marmor mit dem Wappen 
und dem lebensgrossen Bildnisses im Harnisch mit dem Kreuze von Jerusalem an der linken Brust, so wie des Monuments 
seiner Gattin Helene, f 1515, erwähnt Wissgrill IV, 404. 

Ferdinand Albrecht Freiherr von Hoyos, Sohn Johannas U., Freiherm vonHoyos und der Judith, Freiin 
von Ungnad. Derselbe hatte die Donau bei Wien reguliert und zwischen 1598 und 1600 einen starken Stromarm, bis an 
die Mauern Wiens zur wesentlichen Erleichterung der Zufuhr geleitet Er war 'vermählt mit Regina Freiin von Lobkowitz, 
starb 1609 am 2. März, und wurde zunächst dem Ludwigsaltare begraben. 

Margaretha von Tyrol, benannt die Maultasche, durch welche Fürstin Tyrol an Österreich gelangte, eine 
Frau voll Härte und Grausamkeit, voll Heftigkeit und Laune, sie starb 1360. Im Nekrologium (Pez ü, 497) heisst es: 
„Anno Domini MCGCLXIX obiit Serenissima domina domina Margaretha Marchionissa senior Tyrolensis hie sepulta in 
choro 'nostro.*' Aus einer weiteren Notiz desselben Nekrologs ist ersichtlich, dass diese Fürstin in dem Grabe der 
Gräfin Agnes von Hevmbvrg, f 1295, beigesetzt wurde. Für das Begräbniss erhielt der Gonvent einigen Sammtstoff. 
Das Grabmal befand sich zunächst dem der Königin Elisabeth. 

Schliesslich ist noch der Vollständigkeit dieses Aufsatzes wegen der spurlos Tersch?mndenen 
Monumente der beiden schon früher benannten Wohlthäterinnen dieser Kirche Erwähnung zu thun, 
Ton denen sich glücklicherweise Abbildungen in Herrgott 's „Monumenta dorn. aust. Taphographia 
principium Austriaca Taf. XI erhalten haben. Eine eingehende Bearbeitung dieses Gegenstandes von 
Feil findet sich in SchmidTs „Osferreichischen Blättern ftlr Literatur und Kunst" 1845, 713, wo 
auch der Nachgrabungen Erwähnung gethan wird, die von einigen Geschichtsfreunden im Jahre 1843 
zum Zwecke der Auffindung dieser Monumente, aber leider vergebens, angestellt wurden. 

Das Grabmahl der Herzogin Bianca, Tochter König Philipp's HI. von Frankreich und der Maria 
von Burgund, Gemahlin Kudolph's HI., gestorben am 19. März 1305, befand sich in einem verschlos- 
senen Gewölbe unter der heiligen Stiege, wie bereits Mher bei Gelegenheit der Baubeschreibung er- 
wähnt wurde. Es hatte die Form einer ziemlich hohen Tumbe, welche ohne StufenerhOhung, bloss 
mittelst eines höheren Sockels am Boden ruhte, und an deren Seitenwänden in erhabener Arbeit allerlei 
rankenartige Verzierungen, dann bethende und klagende Mönche angebracht waren. Am Deckel befand 
sich die liegende Figur der Herzogin in nonnenartiger Tracht, das anverhüllte Haupt ruht auf einem 
doppelten Kissen. In ihrem rechten Arme hält sie ein Kindlein. An den vier Ecken des Deckels 

20 * 



156 ^T^' K^l ^üid, 

befanden sich trauernde Genien in knieender Stellang. An dem Steine waren weder Inschriften noch 
Insignien angebracht; doch ist kein Zweifel über die Zuweisung des Monuments; denn ausser der 
früher berührten Testamentsstelle heisst esjm Nekrolog der Minoriten: „XIV. EaL aprilis anno 
domini MCGCV obiit domina Bianca Ducissa AustriaC; filia Domini Fhilippi regis franciae consors 
Domini Rudolphi Ducis AustriaC; hie sepvlta in medio chori.^ 

Das zweite höchst interessante Monument war jenes der Isabella (Elisabeth), Tochter Jacob's 11. 
von Arragonien, Gemahlin Friedrich des Schönen, mit ihm vermählt 1315, gestorben 12. Juli 1330. Die 
Tumbe stand im linken Kirchenschiffe zunächst der Evangelienseite des Hochaltars. Es war aus Por- 
phyr gearbeitet, ohne Inschrift, die Deckelplatte ganz flach und glatt geschliffen. Nur an den mit 
Spitzbogen und dem Kleeblattornament geschmückten Seitenwänden waren Wappenschilder angebracht, 
die die Bestimmung des Denkmals sicherstellten, nämlich der österreichische Bindenschild und der 
arragonische goldne Schild mit den vier rothen Pfählen. 

Die von Feil a. a. 0. gegebenen umständlichen Nachweisungen über diese drei Fttrstinen- 
Gräber bei den Minoriten liefern den traurigen Beweis, dass diese ehrwürdigen, und namentlich, was 
die Tumbe der Herzogin Bianca anbelangt, kunsthistorisch wichtigen Denkmäler bei der Umstaltung 
der Kirche im Jahre 1784 auf unverantwortliche Weise gänzlich beseitiget und ohne Zweifel als Bau- 

« 

materiale verwendet wurden, so dass nun keine Hoffnung mehr erübriget, dieser Monumente, welche 
zu den schönsten und ältesten Wien's gehörten, je wieder ansichtig zu werden. 



über die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 157 



II. 



Die Augustinerkirche. 



a. OeschichtUches. 

1/ie Augastiner - Eremiten bilden ihrem Range nach den vierten Bettelorden, und entstanden aus 
der Vereinigung der bis zur Mitte des XIII. Jahrhunderts ohne Ordensverband zerstreut lebenden Einsiedler 
des heiligen Augustin. Der Anwesenheit dieses Ordens in Wien gedenkt schon eine Bulle Papst 
Alexander's IV. im Jahre 1255. Damals stand Klause sammt Kirchlein , welches dem Täufer Christi ge* 
weiht war, vor dem Werderthor, wo zuletzt das Neuthor sich befand, gegen die heutige Rossau *), ob- 
wohl man nicht selten die nach meinem Dafürhalten unrichtige Annahme findet, es wäre dieses Kloster 
gegen die Leopoldstadt beiläufig an der Stelle des späteren Carmelitenklosters gelegen gewesen. Das 
erste Kloster in Wien soll ähnlich manchen anderen Klöstern dieses Ordens durch Almosen entstanden 
sein und sich erhalten haben ^), ohne also einen eigentlichen Stifter zu haben. Im Jahre 1266 findet man; 
dass die Ordenspriester ihre Beschwerden über einige ihnen angethane Unbilden und Verfolgungen ') an 
Guido, ihren neu ernannten Ordensgeneral gebracht haben, der desswegen an Papst Klemens IV. um Ab- 
httlfe sich wendete. Dieser forderte Genugthuung und empfahl dem König Otakar, als Beherrscher Öster- 
reichs, den Augustiner-Orden in seinen Schutz. 1287 wurde allen jenen ein Ablass zuerkannt, welche sich 
als Gutthäter der Augustinerklöster in Wien, Baden und Marcheck erwiesen. Bei der 1288 vorgenommenen 
Zertheilung der Allemanischen Ordensprovinz ward Österreich der Provinz Baiern zugewiesen *). 1304 
kaufte der Convent ein Haus zu Klostemeuburg in der oberen Stadt, der damaligen E^isslingstrasse unweit 
der herzoglichen Burg, damit seine Gonventualen eine Unterkunft hätten, wenn sie wegen Geschäften 
dahin kommen. Das frische Andenken an die Misshelligkeiten , die durch die Ansiedlung der Domini- 
caner in Klosterneuburg entstanden, machte den Propst Kudger des dortigen Chorhermstiftes besorgt, 
daher mussten Buben, der Subprior, Friedrich der Lector und der ganze Convent dem Pröpsten mit 
Urkunde dto. 9. Mai 1304 schriftlich geloben, weder das Gebäude auszudehnen, noch dort eine öffent- 
liche Capelle zu errichten *). In selbem Jahre vermachte Herzogin Bianca den Augustinern zu Wien 



1) Die Ansicht wird durch den Plan der Stadt Wien vom Jahre 1438 als richtig begründet, auf welchem sich das 
besagte Kirchlein ,,zw sant Johans" ausser dem Werderthor am linken Ufer des Alserbaches befand, der durch den 
tiefen Graben laufend, dort aus der Stadt heraus floss und sich hier zunächst in die Donau ergoss. Über diesen 
Wiener -Plan s. „Berichte und Mittheilungen des Wiener Alterthums 'Vereines* II. p. XLV. 

2) Xistus Schier, Bibliothekar des Augustinerklosters auf der Landstrasse, dessen- Vorarbeiten für eine Geschichte 
der Augustinerklöster in Österreich der Augustiner Martin Bosnak zusammenstellte und veröffentlichte (1776: 
De monasteriia Provinciae Auatriae et Hungariae ord. fr. Eremitarum 8, Augustini succineta notitia und : Memoria 
provineiae Hungariccte Augustinianae antiqutu adservata in schedis P, JTysti Schier Pr. Aug, ac dein per Mar* 
tinutn ßosnak ejusd. inet, cdumn, in lucem publ. emissa) stellt diese Vermuthung auf. 

8) Mit Berufung auf Hb. Fund. II , 33 heisst es bei Schier: Ottho dietua de foro , Ottho Judex et quidam alii 

maligno incitati spiritu nostram dcmum damnabüi praeeumptione destruxerunt. 
4) Schier 1, c. 50, 51. 
6) Fischer: „Klostemeuburg" 148 ürk. 129. 



]58 I>r. Karl Lind, 

15 Pfand Pfennige laut Testament dto. 22. September 1304 ')• Agnes von Tallesbrann vermaeht in ihrem 
letzten Willen dto. 1. Mai 1310 ein halb Pfund Pfennige, welches jährlich das Schottenkloster an die 
Augustiner zu geben hat zu der Zeit , so si sament xv irem Gewände '). Auch kauft das Nonnenkloster 
St. Nicolaus in Wien extra muros am 22. Jänner 1319 sechs Pfund jährlichen Zinses, welche Heinrich 
der Bayer, der Färber, sechs Klöstern, darunter auch den Augustinern mit je ein Pfund Pfennige vermacht 
hat '). Gutta, Tochter Albrecht des Ersten, verehelichte Gräfin von Ottingen, vermacht in ihrem letzten 
Willen dto. 31. Mai 1324 den Augustinern in Wien zwei Mark Silber^). Am 11. Mai 1326 wurde in 
diesem älteren Kloster wahrscheinlich das letzte Provincial - Capitel abgehaltCB ^). 

Die Verlegung des Ordens in die Stadt an die Stelle des noch jetzt so genannten Augustiner- 
klosters, verdankt der Orden dem unglücklichen König Friedrich dem Schönen. Derselbe gelobte in 
seiner Gefangenschaft zu Trausnitz ftlr den Fall seiner Befreiung dem Orden der Augustiner aus Dank- 
barkeit ein neues Kloster zu stiften, da sich der am Hofe des Königs Ludwig von Baiem befindliche 
Augustinerprior Conrad (Tattendorfer) viel um die Befreiung Friedrichs aus der Kriegsgefangenschaft 
bemttht haben soll ^). Bald nach seiner Btlckkehr (1325) löste Friedrich sein Gelübde. Er berief eben 
diesen Augustinerprior, der sich auch nicht minder um die Verwirklichung des Gelübdes annahm, mit 
mehreren Ordensbrüdern nach Wien und händigte denselben die Stiftungsurkunde dto. 15. März 1327 ein. 
In derselben schenkt er im Einverständnisse mit seinem Brüdern Albert dem Lahmen und Otto dem Fröh- 
lichen dem Orden ein Haus in der Hochstrasse, dem Kloster Mauerbach gehörig, nebst einem angränzenden 
Areale, um alldort ein neues Kloster mit Kirche., Chor, Haus und anderen Officinen zu erbauen, damit 
dasselbe von 13 Priestern bezogen werden könne, obgleich es erlaubt wurde, die Zahl der Convent- 
niitglieder zu vermehren, wenn deren Erhaltung durch Wohlthäter möglich sei. Auch sollte das Kloster 
mit allen jenen Freiheiten und Auszeichnungen gleich anderen derlei Stiftungen der römischen 
Könige und Fürsten ausgestattet, und- unter den besonderen Schutz der Stifterfamilie gestellt werden. 
In diesem Stiftbriefe wird ausdrücklich des früheren Klosters Erwähnung gethan, es heisst dort: derelioto 
inferiori ipsorum monasterio extra Werderthor, quod prius inhabitabant ^). Gegen Ende Juli desselben 
Jahres bezogen die Priester des Augustiner - Eremiten - Ordens ihr neues Kloster, und am 26. August 
d» J, stellte der neuerwäblte Prior Hermann und der Convent eine Gegenbestätigung aus , in der sie 
mittheilen, dass die drei Stifter, König Friedrich, die Herzoge Otto und Albrecht, dieses Erlöster mit 
Freiheiten reich ausgestattet, mit Wohlthaten und Ehren überhäuft haben, und es von denselben be- 
sonders geschützt werde ^)« * 

Was dagegen das verlassene Kloster im Werd anbelangt, so stiftete König Friedrich dort im 
Einverständnisse mit seinen Brüdern ein Spital ftlr 13 Kranke und gab zwei scholares sacerdotes flir die 
Besorgung des Gottesdienstes *)• Friedrich der Schöne erwähnt auch in seinem Testamente vom 24. Juli 



1) Herrgott: nMonumenta* I, 221. 

2) Fontes U. XVÜI. 132. 
8) Fontes II. XYin. 166. 

4) Herrgott: „Mon." IV. U. 144. 

6) Steyerer: nCom. p. bist. Alb." II. Addit. 105. 

6) Arenpeck: Cbron. anstr. apud H. Pez c. 1241, Guspinian : Anstria 1601, 43. 

7) Der Stiftbrief ist abgedmckt bei.Gzerwenka: „Annales et acta piet. dorn. Habsp. Austr." 1691, 824. — Herr- 
gott: „de Sigillis** 226 und in dem Buche: nOrigo, progressus et memorabilia ecdes. Caesareae S. P. Angnstiiii 
Viennae" 1730. 

8) Pez 1. c. 348. Duellii: „Fried, pulch." 88. 

9) FiBcher: „br. not urb. Yind.** I, 235. 



Aber die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 159 

1824 des verlassenen Klosters im Werd mit folgenden Worten : Damach schaffen mr^ daz man den spifal^ 
dttx wir auf der Augustiner Hofstaat vor Werderthor gestiftet haben ^ volfuere und stet habe in aller der weis 
als die brief sagent, die wir darüber gegeben haben '). 1343 wurde es darch Albrecht IL aufgehoben, und 
mit dem von Herzog Otto gestifteten St. Mertenspitale vor dem Widmerthore vereint ^). 

Im Jahre 1333 gestatteten die Herzoge Otto und Albrecht mit Urkunde dto. 26. November dem 
Angustinerconvente zu Wien einige demselben von Margaretha, Rapots zu Wildeck Witwe, vermachte 
Lehngflter an jemanden zu verkaufen, der damit belehnt werden kann '). Im Jahre 1338 am 8. März 
stellte Prior Leutold und der Convent einen Revers aus wegen eines Jahrtages für Elsbeth von Newn- 
burg, ihren Wirth und ihre Tochter Elsbeth *). 

Obgleich bereits 1330 die Grundsteinlegung zur Ordenskirche geschehen war, so wurde der Bau 
doch erst 1339 durch die reichliche Untersttttzung der in Folge des Todes ihres königlichen Bruders 
Friedrich nunmehr gemeinschaftlich regierenden Herzoge Otto und Albrecht unter dem Baumeister Diet- 
rich Landtner aus Fiern vollendet. Die^ Einweihung verzögerte sich noch durch weitere zehn Jahre und 
wurde am 1. November 1349 durch Erzbischof Ortolph von Atzenbruck von Apamea anstatt des päpst- 
lichen Legaten Cardinal Guido und des Passauer Bischofs Gottfried vollzogen *)• 

Die fünf Altäre sind zu Ehren des heil. Augustin als Ordenspatron, zu Ehren aller Heiligen, der 
heil. Katharina, des heil. Peter und Paul und des Apostels und des Täufers Christi Johannes geweiht 
worden *). Anfänglich wurde das Earchweihfest am 1. November, von 1360 an aber am 1. Sonntag 
nach Maria Himmelfahrt gefeiert. Der Ereuzgang jedoch wurde schon am 2. Mai 1341 durch Bischof 
Peter von Markopel eingeweiht. 

Im Jahre 1339 am 25. Februar bewilliget Herzog Albrecht dem Kloster Lilienfeld die Übernahme 
der von Margareth, der obbenannten Witwe Rapots von Wildeck, dem Augustinerklo.ster vermachten, 
und von jenem an dieses Stiffi verkauften Lehengttter ''). Am 1. November 1342 stellt Prior Leutold 
und der Convent einen Revers aus, wegen eines von Chunrad dem Färber gestifteten und mit ein Pfand 
Pfennige dotierten Jahrtages, sichergestellt auf dem Weingarten Wolfahrts desPeckhen auf derWieden*). 

Im Jahre 1345 räumt Dietrich der Flnsshart, Richter zu Wien, mit Urtheilsspmch dto. 31. October 
den Augustinern in Wien ein Haus auf der Prandstatt vor dem Werderthore eigenthtlmlich ein, wegen 
eines darauf versessenen Purkrechtes von ein halb Pfund Pfennige *). Im Jahre 1347 lOste Herzog 
Albrecht den von den Augustinern dem Stifte Klostemeuburg im Jahre 1304 gegebenen, bereits er- 
wähnten Revers auf, und es scheint, dass das dortige Gebäude der Augustiner bedeutend vergrttssert 
wurde, da König Ludwig 1347 daselbst seinen Wohnsitz aufschlug, bei Gelegenheit der grossen Feste, 
die der Herzog ihm zu Ehren dort gab. 

Im Jahre 1349 erhielt der Convent unter dem Prior Dietrich von Elisabeth Urbetsch 10 Pftind 
Pfennige zu einem Jahrtag flir ihren Gatten Dietrich, einen wohlthätigen Bürger Wiens, der in freigebiger 



1) Banmann: ^Volant imp. consortinm inter Fried. A. et Ludov. B.^ Wien 1735, 28—32. 

2) S. Schlager: „Wiener Skizzen«* II, 275. 

3) Lichnowsky III. Reg. 959. Hanthaler: Reo. 212, 213. 

4) Stadt -Archiv. Siegel des Prior und Convent 

5) Marian: „Österr. Kleriaey" IX. 178. 

6) Codex M. S. Hofbibliothek Nr. 3321. Papier, Kleinfolio^ Schriftzüge des XIV. Jahrhunderts. Er trSgt die 
Rückenaufschrift: Bullae et Anniuersariae fr, 8t Äug. Vtenn, 

7) Lichnowsky III. Reg. 1189. Hanthaler 1. c. I. 213. 

8) Stadt. Archiv. 

9) „Berichte nnd Mittheilnngen des Wiener Alterthums - Vereines" III, 290. 



Weise die Minoriten- und St Stephanskirche ^ so wie die Ra,thhaascapelle mit frommen Gaben berei- 
cherte ^). Eine ähnliche Stiftung machte im selben Jahre Friedrich von Tyerna '). 

1361 am 11. November beurkunden der Prior Ulrich, der Subprior Leutold und der ganze Con- 
yeAt der Augustiner - Eremiten zu Wien, dass Abt Clemens von den Schotten, das halbe Pfund 
Pfennige, welches das Schottenkloster ihnen von der Stiftung der Agnes von Tallesbrunn jährlich zu 
geben hatte, um 4 Pfund Pfennige abgelöst habe ^). Zwei Jahre später (1353) am ä8. April gibt 
Prior Chonrad und der Gonvent einen Severs ttber den Empfang von 36 Pfund, welche das Kloster 
statt der Prediger in Wien zur Vertheilung an die Armen erhalten hat ^). Im Jahre 1354 finden 
wir bereits des Kirchthurms Erwähnung gethan, indem am 20. April der Prior Ulrich, Subprior Heinrich 
und der Gonvent eine Urkunde ausstellen, in der sie sich bereit erklären, den Thurm am Kirchen- 
dache und die in die Stadtmauer eingebauten Privete, welche beide Bauten nur mit Einwilligung Her- 
zogs Albrechts und des Raths von Wien aufgeführt wurden, bei Feindesgefahr ohne Wiederrede räumen 
und entfernen zu wollen ^). Am 10. Juni 1362 wurde Herzog Rudolph und seine Gemahlin Katharina in 
die volle geistliche Bruderschaft der Augustiner -Eremiten aufgenommen. Die betreffende Urkunde fertigte 
beim General - Gapitel zu Wien der Prior generalis Matthaeus aus *). Am 21. September 1367 stellt Prior 
Conrad einen Revers aus ttber die Stiftung des ewigen Lichts vor dem St. Dorotheen- Altar; den Hein- 
rich von Swandeck und seine Gattin Katharina errichtet haben, wo sie begraben sind, und wozu sie 
100 Pftmd Pfennige gegeben haben, davon 50 auf einem Hof zu Altmannsdorf am Wienerberge liegen*). 
Im Testamente des Bischof Peter von Markopolis dto. 16. September 1368, welcher wahrscheinlich aus 
dem Augustinerorden stammte , finden wir nebst den Siechenbrttdem bei den Augustinern in Wien auch 
des alten Priors Bruder Gonrad Erwähnung gethan, welcher mit einem Mettenbuche bedacht wird, so 
wie auch der ganze Gonvent eine Gült von 1:00 Pftmd Pfennigen erhält ®). Niclas der Fuchs, Prior 
der geistlichen Herrn Kloster der Augustiner stellt am 10. Juli 1370 einen Revers aus über den von 
Kathrein des Hans Putrichs Witwe gestifteten Jahrtag , wozu sie 20 Pfund gegeben hat, wovon aber 
jährlich an ein anderes Kloster 1 Pfund zu einem Jahrtage zu reichen ist *)• Im selben Jahre gibt 
derselbe Prior Niclas einen Revers dto. 28. September 1370 über den Jahrtag, welchen Gonrad KnoU 
mit 10 Pfund flir seine Frau Adelheid von Planch stiftete *^). 

Am 3. Juni 1371 räumt Ghonrad Ghezzling, Pergmeister des vesten Ritters Hansen bei den 
mindern Brüdern , mit Gerichtsbrief dem Augustiner - Prior Hert von Waitra den Weingarten des 
VUessenarm vom Werth wegen versessenen 1 Pftind Purkrechts nach ordnungmässig vorausgegan- 
gener Beschaunng und Schätzung ins freie Eigenthum ein ^*). Im Jahre 1372 am 15. Februar 
stellt Friedrich von Zwettel, Augustinerprior, einen Bestätigungsbrief aus ttber den Empfang 
der Gttlten zu PilUchsdörf, die als rechtmässiges Eigenthum von ihrem fahrenden Gut erworben 
wurden durch den oberwähnten Peter Bischof von Markopolis und den Pfarrer Thomas von Weitra, 



1) Stadt. ArchiT, 

2) Stfidt. Archiv. 

3) Fontes IL XVm. 272. 

4) St&dt. Archiv. 

5) Stadt. Archiv. Siegel des Ulrich GnämhSrtlein Provinciftl fttr Österreich, Böhmen, Baiem und Kämthen. 

6) Lichnowsky IV. R. 390. Steyerer Com. 390. 

7) Codex 3321 der Hofbibliothek. 

6) „Österreichische Blätter fOr Literatur, Geschichte etc.** 14. März 1848. 
9) Codex 3321 der Hofbibliothek. 
' 10) Codex 3321 der Hofbibliothek. 
11) Archiv der n. ö. Stände. 



Aber die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 10] 

der in dem früher angeftthrten Testamente des Bischofs auch zum Testaments - Executor ernannt 
wurde. Beide haben ihr Vermögen an das Angustinerkloster ; und zwar der letztere seine Hälfte an die 
Lienharts ' Capelle als beider Stiftung gegeben zu einer heiligen Messe ^ der nothwendigen Beleuchtung, 
einem ewigen Lichte ; zu Messgewftndern etc. und insbesondere zu Verglasung der Fenster '). Aus 
diesem Testamente erklärt sich eine Stelle, welche sich in dem früher besprochenen letzten Willen des 
Bischof Peter von Markopel dto. 16. September 1386 befindet. Es bestimmt darin der Bischof seinen 
Begräbnissplatz in dieser Capelle , wo auch ein ewiges Licht erhalten und zwei Jahrtage abgehalten 
werden sollen, auch schenkt er dahin einen aus dem Nachlasse anzuschaffenden Kelch und ein Mess- 
buch. Es ist dadurch ausser Zweifel gestellt, dass unter der Bezeichnung „unsere Capelle" die St. Lien- 
harts - Capelle zu verstehen ist. Derselbe Prior gibt am Eritag vor St. Veit 1373 einen Bevers über 
eine Messenstiftung des Ulrich von Liechtenstein mit 10 Pfund Pfennigen'). 

Es ist hier am Platze der in der Baubeschreibung zu besprechenden St. Georgscapelle bezüglich 
ihrer Geschichte. Erwähnung zu thuen. Ich beschränke mich bezüglich dieses Objectes nur auf wenige 
Notizen und verweise auf den ausflihrlichen Aufsatz FeiTs „Über die ältesten St. Georgsritter in Oster- 
reich^ und die Gesellschaft der Templaise in SchmidTs „Osterreichischen Blättern fllr Literatur, Kunst, 
Geschichte etc.i^ 1848 Nr. 56 u. s. f., dem diese Notizen entnommen sind. Herzog Otto der Fröhliche 
stiftete mit mehreren in- und ausländischen Grafen und Baronen eine Gesellschaft, die Templaise, 
Tempeloise, Societas Templois genannt, deren Zweck wahrscheinlich die kriegerische Unterstützung 
des deutschen Ordens in Preussen bei Bekehrung der dortigen heidnischen Völker und die Erhaltung 
des ritterlichen Wesens überhaupt gewesen sein mag. Als sichtbares Ergebniss und fast scheint es als 
Versammlungsort, finden wir die von ihnen gestiftete und dem heiligen Georg gewidmete Gapelle an 
der Epistelseite der Kirche jenseits des Kreuzganges. Die Gesellschaft nannte sich daher auch societas 
capellae St. Georgii dominorum oder militum Templois. Sie bestand nicht bloss aus österreichischen 
Erzherzogen und Gliedern des inländischen Adels , sondern auch aus regierenden Herren und Fürsten 
des Auslandes, doch nur weltlichen Standes, was eben auf einen ritterlichen Zweck schliessen lässt. 
Keineswegs haben alle Mitglieder zum Baue der Capelle beigetragen, denn es finden sich viele, welche 
sich hiebei nicht betheiligten, so wie auch noch gar viele in die Gesellschaft traten, nachdem die 
Capelle längst vollendet war. Documente über diese Gesellschaft finden sich nur wenige, und es ist 
die erste bis jetzt bekannte darauf bezügliche Urkunde unterm 8. Juli 1337 von Friedrich und Ulrich 
von Wallsee ausgestellt. Das bei weitem wichtigste Schrift - Denkmal ist das Bruchstück eines Ver- 
zeichnisses der Ordens - Mitglieder mit Schriftzügen aus dem XIV. Jahrhundert, durch welches Herzog 
Otto der Fröhliche, geb. 1301, f 1339, vielleicht als Hauptstifter angesehen werden könnte. Die Ver- 
grösserung des Ordens war grossen Schwankungen unterworfen, insbesonders waren demselben die 
Jahre 1368 und 1369 sehr günstig. Herzog] Otto erlebte die Einweihung der Georgscapelle nicht, da 
diese am 1. Mai 1341, somit weit früher, als die der grossen Klosterkirche, durch den bereits bei den 
Minoriten erwähnten Bischof Peter von Markopolis, welcher mit dem früher genannten nicht zu verwechseln 
ist, vollzogen wurde. Die Capelle und der Altar zur Rechten wurden dem heiligen Ritter St. Georg, der 
Altar links dem Corpus Christi geweiht, wobei ein Ablassbrief von demselben Bischöfe ausgestellt wurde '). 
Die ferneren Urkunden sind vom 16. Juni 1351, in welchen Rudolph der Jüngere von Liechtenstein eine 



1) Codex 3321 der Hofbibliothek. 

2) Codex 8321 der HofbibUothek. 

8) Codex 3321 der Hofbibliothek. Feil 1. c. 227, 

V. «1 



162 Dr. Karl Lind, 

Stiftang mit seinen Gttlten zu Nexing K. U. M. B. macht '). Die letzte bekannte Urkunde, in welcher 
die Templaise - Gesellschaft erwähnt wird^ hat das Datum vom 19. Februar 1378. Sie ist ein Bestäti- 
gungsbrief des Bruder Leopold, Priors und Lesmeisters der Augustiner, tlber eine Jahrtagstiftung in 
der Templaise - Gapelle, gemacht mit 10 Pfund Pfennigen von Heinrich dem Gezzler, Herzog Leopold's 
Eammermeister ^. 

Im Jahre 1379 am 31. Juli stiftet der Pfarrer Hans zu Chreig einen Jahrtag mit zwei Fuder 
Weins, geschätzt auf 24 Pfund Wiener Pfennige '), worüber Prior Simon Gerharder einen Revers 
ausstellt. Im Jahre 1384 stiften Conrad von Gars am 6. März und der Fischer Paul Hofgeber am 
22. April ein ewiges Licht vor dem Katharinen -Altar mit 7 Pfund Pfennigen, worüber der Prior 
Stephan einen Revers ausstellt ^). 

Derselbe Prior Stephan von Egenburg gibt am 11. März 1385 einen Revers über die Jahrtags- 
stiftung der Anna, Witwe Ulrichs von Schärfenberg, ftlr ihren ersten Ehewirth Wilhelm den Schenken 
von Liebenwerkch , femer über die 17 Pfund, welche Conrad der ChnoU, Speisemeister Herzog 
Albrechts, dem Kloster gegeben hat, zu einer ewigen Messe ftlr sich und einem ewigen Licht in der 
von ihm gestifteten Capelle. Die 17 Pfund Pfennige liegen auf seinen Badstuben in der Walich- 
strasse zu Wien gegen Schawmbergs Haus. Würden die Augustiner die Stiftung nicht erftlllen , so sollen 
5 Pfund Pfennige der Stiftung an die St. Michaelskirche, 5 Pfund an die Prediger, 5 Pfund an die 
Minores - Brüder und 2 Pfund an Arme im Bürgerspital fallen. Ausgestellt am 5. April 1385 ^). Jacob 
£chrer und seine Gattin Anna schenken mit letztem Willen dto. 1394 am 4. December den Augustinern 
10 Pfund zu ihrem Seelenheile®). Paul Piscator gibt 1395 ftir einen Jahrtag einen Kelch und einen 
Weingarten in Amarspach, doch fällt derselbe im Falle des Säumnisses an die Carmeliten ^). 

Dass der Bau der Augustinerkirche gegen Ende des XIV. Jahrhunderts noch nicht ganz vollendet war, 
erhellt aus einer Stelle des bei der Minoritenkirche bereits angeftihrten Testaments Herzog Albrechts IH., 
über welches von Herzog Albrecht IV. mit Herzog Wilhelm und seinen Brüdern 1395 ein Übereinkom- 
men getroffen wurde. Es wird nämlich beschlossen, das Geld, welches von der Urfahr zu Mautem her- 
rührte und eigentlich ftir den Bau der Minoritenkirche bestimmt war, aber zum Baue der Augustiner- 
kirche verwendet wurde, ftlr den ersteren Zweck zu ersetzen, und dazu den Erlös ftlr verkaufte 
zwei werthvoUe Edelsteine aus dem Nachlasse der Markgräfin von Mähren zu verwenden. Der Rest 
des Erlöses ist den Augustinern zu übergeben *). Prior Friedrich von Newnburg stellt einen Revers aus 
dto. 30. Mai 1396, über einen Jahrtag sammt Seelgeräth ftir Kunigunde des Niclas Gegellens Witwe 
von Perchtoldsdorf, ftlr ihren Gatten und ihren Sohn Wolfhart, gestiftet mit einem Weingarten zu Perch- 
toldsdorf •). Derselbe Prior gibt auch einen Revers dto. 21. Juli 1401 über eine Stiftung der Witwe 
Agnes des Bernhardts des Chrawtrers mit 16 Pfund Pfennigen zu einem Jahrtag. Auch soll der Priester, 
der die Messe spricht 3 Pfund erhalten ^^). Der Prioratsstellvertreter Walther stellt einen Revers dto. 



1) Peil 1. c. 228. 

2) Peil 1. c. 228. ' 

3) Codex der Hofbibliothek 3321. 

4) Codex der Hofbibliothek 3321. 

5) Codex der Hofbibliothek 3321. 

6) Og esset: ^St. Stephanskirche" Anh. 99. 

7) Codex der Hofbibliothek 3321. 

8) Rauch SS. Rer. Austr. HI. 408—409. 

9) Codex der Hofbibliothek 3321. 
10) Codex, der Hofbibliothek 3321. 



über die drei mittelalterlicfaeii Kirclien etc. 103 

29. October 1406 aaS; Aber die von Ulrich, Eellerschreiber Herzog Albrechts, für Niclas den Hamasch- 
meister gestifteten Jahrtag, wozu auch 7wei Carmeliten berufen wurden (Hausarchiv). Mit Urkunde dto. 
26. September 1402 kauft der Augustiner -Provincial M. Hanns von Hetz und Walther, der Zeit Suprior 
von Andrae, dem Koch der geistlichen Herrn bei den Augustinern in Wien, einen Weingarten in Matz- 
leinsdorf um dritthalb und zwanzig Pfund *). Im Archive des Wiener Magistrats findet sich ein Notariats- 
instrument dto. 11. Februar 1423 auf Terlangen des Priors Oswald Reinlein zu Nürnberg ausgefertigt 
über drei Documente — eine Bulle P. Martin V., eine Verordnung des Generalcapitels und eine des 
Ordensgeneralen der Eremiten des heiligen Augustin, — worin es heisst, dass der Convent zu Wien der 
bairischen Ordensprovinz, in welchem auf Begehren Herzog Albrechts eine strenge klösterliche Zucht 
eingefllhrt wurde, einen jeglichen Bruder aus des Herzogs Staaten aufnehmen kann, um allda zu 
studieren, doch müsse er sich der klösterlichen Disciplin ftlgen. 

Meister Berthold Stark aus Basel, Physicus Herzogs Albrecht, stiftet für sich mit Urkunde dto. 
28. December 1423 zwei Frühmessen ^). Auch stellen der Prior Oswald und der Convent einen Revers 
am letzten December 1423 über dieselbe Stiftung aus '). Im Jahre 1425 verpflichtet sich mit Urkunde 
dto. 29. Juni der Prior Erhart von Weitra ftlr die Stiftung des Hnbmeisters, des edlen, festen Jörg des 
Dechsers, bestehend aus 280 Pfund Pfennigen Landes Währung, gelegen auf zwei Weingärten zu Perch- 
toldsdorf, jetzt dem Heinrich Behem von Stein gehörig, eine Frühmesse auf dem Frauenaltar unter dem 
Lettner täglich zu singen. Wäre der Convent säumig, so habe der Bürgermeister und Rath von Wien 
das Recht, ihm die freie Einfuhr von Most und Wein zu entziehen *). Hermann Hösel, Btlrger von Wien, 
schenkt mit letztwilliger Anordnung dto. 4. September 1433 den Augustinern 10 Pftind Pfennige *). 
Friedrich Altheimer stiftet 1444 im Schottenkloster eine tägliche Messe, und es stellt hierüber am 
6. November der Abt Johann und der Convent einen Revers aus, worin er dem Augustiner - Convente 
zu Wien das Recht einräumt, im Falle der saumseligen Persolvierung der Stiftung sie durch den Pas- 
sauer - Official crmahnen zu lassen, bei weiterer Fruchtlosigkeit habe der gestiftete Weingarten 
oder der entsprechende Geldwerth dem Augustiner - Convente zu verfallen ^). Auch kaufte in diesem 
Jahre der Convent von Philipp Köpl einen grossen Theil.des Praters. Mit Urkunde dto« 2. September 
1448 räumen die Carmeliten den Augustinern das Recht ein, im Falle der Nachlässigkeit bei Erftillung 
der täglichen Stiftmesse ftlr Friedrich Altheimer das Stiftungscapital pr. 150 Pftind Pfennigen einzu- 
ziehen und die Stiftungsverpflichtungen selbst zu erftillen ''). Am 22. October 1449 stellt der Augu- 
stiner-Prior Erhart von Weitra einen Revers aus über die von diesem mit 60 Pftind Pfennigen 
gemachte Jahrtagsstiftung ^). Im Jahre 1452 schenkt Sigmund von Ebersdorf mit Testament dto. 23. Juni 
seinem Beichtvater, dem Augustiner -Mönche und Prediger Heinrich, einen vergoldeten Kelch mit dem 
Stadtwappen. Im selben Testament bekommt die Pfarrkirche in Neustadt, wo er 1000 Messen stiftete, 
30 Gulden ftlr die Glocken, der Prediger - Convent 15 Gulden und der Minoriten - Convent einen Kelch *). 



1) Berichte und MittheUungen des Wiener Alterthums - Vereines III, 292. 

2) Stadt -Archiv. Siegler und Zeuge Oswald Oberdorfer, Bürger von Wien. 

3) Stadt -Archiv. Das Insiegel des Priors zeigt unter einem einwärts gebogenen Spitzbogen den aus dem Grabe 
steigenden Erlöser mit einer Fahne in der linken Hand. Über die Siegel des Augustiner - Gonvents in Wien, siehe 
ELarl von Sava*s Aufsatz in den „Mittheilungen der k. k. Central - Commission** lY. 149. 

4) Stadt -Archiv. 

5) „Kirchl. Topographie" XV. 187. 

6) Berichte und MittheUungen des Wiener Alterthoms- Vereines III, 298. 

7) Berichte und Mittheilungen des Wiener Alterthnms - Vereines m, 800. 

8) Archiv der n. ö. Stände. 

9) Archiv der n. ö. Stände. 



164 I>r- Karl Lind, 

1460 traten die Augustiner dem König Friedrich IV. eine Hofttatt zur Burg ab , die ehemals ihr Fried- 
hof war; gegen dem, dasB er ihnen die von ihren Vorfahren gemachten Schenkungen wöchentlicher 
4 Pfund Pfennige bestätige 0- Am Frauenabend der Scheidung 1483 stellt Prior Erhart einen Bevers 
ans ttber eine neuerliche Schenkung von 100 Pftind Pfennigen des Simon Pöltl von Hebreichsdorf am 
Moos, für einen Jahrtag zu desi^en Gunsten '). 1489, am 2. Juni, verkauft der Convent unter 
dem Prior Augustin ein Haus, gelegen in der Tainvogtstrasse^auf eigenem Grunde, früher dem Ulrich 
und der Margareth von Puechhaim gehörig und von diesem mit Brief erhalten und eingezogen , angrän- 
zend an Ruprecht Kemer's Stadl , der der Kirche dient mit 36 Pfennigen Grunddienst, um 25 Pfund Pfen- 
nige an Jörg Prower des Raths und an Margareth seine Hausfrau '). Margareth, Witwe dieses Bürgers, 
Georg Prower, vermacht mit Testament dto. 23. Juli 1498 dem Augustiner-Convent 10 Pftind Pfennige 
und der Ottin Sohn dem Gonventsbruder gleichfalls 10 Pfund Pfennige ^). 

Im Jahre 1 525 wurde die Kirche mit der Hofburg durch einen bedeckten Gang verbunden, wel- 
chen der Hofsteinmetz Ferdinand's I. , Paul Khölbl , erbaute. 

Im Jahre 1542 erscheint als Baumeister des Augustinerklosters Johann Tscherte ^), doch lässt 
diess nicht auf einen Umbau der Kirche, sondern vielmehr auf eine Reparatur schliessen, da sie durch 
die erste Tttrkenbelagerung (1529), als in der Nähe der Angriffslinie gelegen, sehr viel gelitten haben 
mochte. Die Ausbreitung des Protestantismus blieb nicht ohne Rückwirkung auf das Kloster, die Zahl der 
Conventualen nahm bedeutend ab, und steigerte sich erst wieder in der Zeit Kaiser Ferdinand's II. 
Eleonore von Mantua, dessen Gemahlin, erbaute 1627 im Mittelschiffe der Kirche zwischen den ersten 
drei Pfeilerpaaren, so wie es auf St einhaus er's Grundplane von Wien 1710 zu sehen ist, die s. g. 
Loretto-Capelle. Sie wurde im selben Jahre durch den Cardinal Grafen Ditrichstein eingeweiht Bis zur 
Zeit der grossen Kaiserin Maria Theresia wurden der Gapelle zahlreiche und sehr werthvolle Ge* 
schenke gemacht. Der Kaiser war jedoch mit dem Treiben der Priester des Augustiner - Ordens nicht 
zufrieden, und berief Priester desselben Ordens, jedoch der strengeren Observanz, aus Prag hierher *). 
Dieselben nannten sich zum Unterschied von den Beschuhten mit den weiten Armein (de larga manica) 
die Unbeschuhten (Discalceati). Die bisherigen Bewohner erhielten ein neues Kloster auf der Land- 
Strasse, und am 22. Jänner 1631 nahm der neue Convent Besitz von Kirche und Kloster. Seit Kaiser 
Ferdinand's IL Zeiten heisst die verlassene Georgs - Capelle „Todtencapelle.^ Dber neue Orden begann 
sogleich eine Umgestaltung der zum Theil verfallenen inneren Einrichtung der Kirche vorzunehmen, die 
vier alten Altäre wurden beseitigt und statt deren durch Unterstützung der ersten Adelsfamilien Österreichs 
siebzehn Altäre errichtet. 1635 wurde ein neuer Hochaltar zu Ehren des heil. Augustin, auf Kosten des 
Kaiser Ferdinand's in. erbaut. 1652 liess derselbe Kaiser den Thurm, der nur bis zur Höhe des Daches 
reichte, neu und zwar bedeutend höher aufführen. 1720 baute man das Kloster von Neuem, 1783 
wurde die Kirche zur Pfarrkirche erhoben. 1784 wurde die Loretto - Capelle im Mittelschiffe abgetragen, 
und neben der Kirche eine neue Gapelle erbaut, wohin auch die Herzen der Glieder des Kaiserhauses, 
die früher in der Loretto • Capelle standen, übertragen wurden. Auch erbaute man im selben Jahre 



1) Hormayr: Wien II. 2, 9. 

2) Archiv der n. ö. Stände. 

3) Stadt -Archiv. Siegel und Zeugenschaft des Christoph Pempfinger. Siegel des Augustiner Grundbuchs mit dem 
Brustbilde des heil. Augustin unter einem einwärts gekehrten Spitzbogen. 

4) Schlager 1. c. n. 301. 

5) Berichte und Mittheilungen des Wiener Alterthums - Vereines III, 229. 

6) S. das berufene Buch «Origo** etc. 27. 



Qber die drei mittelilterlichen Kirchen etc. 185 

einen neuen Hochaltar nach Äng^abe des Architekten Hohenberg, und der Maler Manlpertaoh malte 
das Altarbild, den heil. Anguetin vorstellend. Zu den Stoffen des Altares verwendete man Tbeile der in 
der Minoritenkirche abgetragenen, rotbmarmomen heiligen Stiege; 1785 wurde der neue Hoehaltar ein- 
geweiht, wo auch das Marienbild — maria major, — das man bis 1782 im aufgelösten KOnigskloeter 
verehrte, aufgeetellt wurde. Dem Convente der Augustiner untersagte man die Aufnahme nener Mitglieder 
und mit Anfang dieses Jahrhunderts ging die Administration dieser Kirche, wo einst Abraham von 
St. Clara predigte, an den Saecniar-Clerus aber. Die Priester des Augnstiner- Ordens in diesem 
Kloster sind bereits ausgestorben. In der Nacht vom 30. Sept. auf den 1. October 1807 warfein hef- 
tiger Sturm die Kuppel des Thurmes herah, welcher am 31. October 1848 beim Brande der k. h. Hof- 
bibtiothek sammt dem Kirchendache nenerlich ein- Raub der Flammen wurde. 

b. BaDbescbrelboDg:. 

Die in unmittelbarer Verbindung mit der kaiserlichen Burg stehende Eircbe, von der sie auf 
drei Seiten umgeben ist, zeigt im Grundrisse Fig. 1 ein'dreischiffiges Langhans mit langem Chor und 
ein ans sieben Seiten des Zehnecks gebildeten Chorschlnss. Von dem Querschiffe ist keine Andeutung. 
Das Langschiff wird durch zwei Reihen von je fünf Pfeilern in das Mittelschiff und zwei Seitenschiffe 
getheilt. Das Mittelschiff hat eine LSnge von 143', eine Breite von 39' 3" und eine Hohe von 59'. Die 
Seitenschiffe haben mit diesem gleiche Höhe und Länge, nur sind sie 16' 10" breit. Jedes Schiff wird 

Fig. 1. 



in sechs GewSIbejoche getheilt, die durch einfache Quergurten von einander getrennt sind. Jedes TravÄe 
,hat in der Länge 22' 2", und ist mit einem einfachen, starkansteigenden, spitzbogigen Kreuzgewölbe 
Überdeckt. In den Durchschneidungspunkten der Ereuzrippen sind zierliche Schlnsssteine eingelegt Die 
Meisten zeigen hSohst verschiedenartige Blumengewinde und nur wenige enthalten figaralisehe Dar- 
Stellungen, wie das Osterlamm, den Salvator, den beil. Augustin, die vier Evangelisten -Symbole. Die 
bimförmigen Rippen laufen als ejlindrische Ansätze des beinahe runden Pfeilerkemes bis zum Sockel 
herab und verlieren sieh in demselben. Der Übergang der Bippen in die Pfeilervorlagen vrird durch 
kleine Blumencapitäle vermittelt, deren jedoch der Pfeilerkem entbehrt. Die Sockelbildung ist ganz 
einfach und besteht ans einigen Keblungen and Randstäben auf hoher Unterlage. Den Pfeilern und ihren 



166 Dr. Karl LiDd, 

Vorlagen entsprechen an den Wänden und in den Ecken ganz gleich construirte Wandpfeiler, die aus 
der Vereinigung der entsprechenden Quer- und Ereuzrippen; so wie der Qurten des betreffenden Blend- 
bogens in ihrer durch kleine Blumencapitäle vermittelten cylindrischen Fortsetzung gebildet werden. 
Auf der halben Höhe der Wand sttttzt sich diese Gliederung auf ein stark ausladendes Capital mit Pflan- 
zenornament, mit welchem eine dreieckige^ mit der Kante nach Vorne gerichtete , oben jedoch cylin- 
drische H^albsäule endiget. 

Die nöthige Beleuchtung erhält das Schiff durch sechs spitzbogige, hohCi nach Innen abge- 
schrägte Fenster ohne Masswerk. Der Musikchor nimmt das letzte Gewölbejoch in allen drei Schiffen 
ein, und dehnt sich im Mittelschiffe noch in das zweite hervor. Er ruht auf drei massiven Spitzbogen, 
und ist ein Bau neuerer Zeit. 

Der Chor liegt um vier Stuffen höher, hat eine Breite von 32% eine Länge von 93^ 6'^ (ohne 
Chorschluss) und eine Höhe von 72'. Die Verbindung zwischen Schiff und Chor stellt ein ziemlich 
schlanker, jedoch nicht bis an das Gewölbe reichender Spitzbogen her, dessen Gurte auf einer starken 
Halbsäule mit Blumencapitäl sich stützt.. Der Chor besteht aus fünf gleich grossen Travöes, deren jedes 
eine Länge von 18' 6^' hat, und ist mit einem zusammengesetzten Kreuzgewölbe überdeckt, das durch 
die Einlage eines zweiten Kreuzgewölbes entsteht, und wodurch die einzelnen Gewölbekappen die Ge- 
stalt von ganzen oder halben Rhomben bekommen. Die Schlusssteine sind unverziert. Die Wandpfeiler 
sind denen des Schiffes vollkommen gleich. Diesem Baume geben an der Evangelienseite drei grosse 
und hohe, gegenwärtig aller Verzierung haare Spitzbogen - Fenster hinreichende Beleuchtung. Auf der 
anderen Seite befinden sich Oratorien, und über denselben die Reste von drei früheren Spitzbogen- 
Fenstern. Der Chorschluss, den ein Sterngewölbe überdeckt, hat keine Fenster. Derselbe wird von 
sieben Seiten eines Zehnecks gebildet. Er ist 28' lang und an seiner breitesten Stelle 37' breit, somit 
breiter als der Chor. 

Nach Aussen ist die Kirche nur gegen die Strasse frei, alle anderen Seiten sind theils durch 
Gebäude der kaiserlichen Burg und die Georgs -Capelie, so wie durch die Beste des früheren Kreuz- 
ganges, theils durch das ehemalige Augustinerklostergebäude verbaut. Die Aussenseite bietet nichts 
interessantes, denn die Strebepfeiler mit ihren Enden in Form von spitzen Giebeln, der hohe Dach- 
stuhl und die beiden Portale, welche durch den Vorbau der Burggebäude gegen die Fa^ade, wo der 
ehemalige Eingang war, in neuerer Zeit nothwendig wurden, sind von höchster Einfachheit. Der an 
das fünfte Chortraväe gegen Aussen angebaute Thurm, den das Schicksal mit allartigen Bedräng- 
nissen, wie Feuer, Sturm und feindliche Kugeln heimgesucht hatte, soll in seiner nach 1848 durch Paul 
Sprenger ausgeführten unbehilflichen Gestalt mit durchbrochener Spitze und Gallerie an den gothischen 
Styl erinnern. 

Von der Augustinerkirche haben sich nur wenige Abbildungen erhalten, so finden wir bei 
Tschischka (Wien 236) ') eine Abbildung, worauf das kleine Giebelthürmchen an derFa^ade und der 
ehemalige Eingang daselbst zu sehen sind; dessgleichen bei Hirschvogel und Lautensack, nur 
ist die Ansicht der Kirche von der Südwestseite gegeben. Auf HufnageTs Bilde von Wien 1590. zeigt 
sich bereits der Thurm an der Nordostseite mit spitzem Dache, doch ist er so niedrig, dass das Mauer- 
werk kaum die Höhe der Kirchenmauer und die Thurmspitze die des Daches erreicht. 

Die Georgs -Capelie, welche um sieben Stufen tiefer liegt als die Kirche, ist mittelst eines 
Restes des ehemaligen Kreuzganges von derselben getrennt. Man gelangt in dieselbe entweder aus 
der Lorettocapelle , von welcher sie ein eisernes Gitter abschliesst, oder aus dem Kreuzgange mittelst 



1) Entnommen der Ansicht der Stadt Wien während der Türkenbelagerung, 1530 gezeichnet durch Meldeman. 



Über die drei mittelalterlichen Kircbeo etc. 167 

einer kleinen Thflre, die erst Bpäter ansgebrochen wurde. Die Capelle ist zweisobifiig. Das Gewölbe 
stutzt sich anf eine Reihe von drei Pfeilern nnd den diesen entsprechend angebrachten Wand- und Eck- 
pfeilern. Jedes der beiden Schiffe schliesst mit fünf Seiten des Achteckes, hat eine Höhe von 37' 6" 
nnd besteht ausser dem um zwei Stufen erhöhten dreiseitigen Chorschlnsse , aus drei spitzbogigen 6e- 
wölbejochen mit einfachen Kreuzgewölben, die von einander durch bimRlrmige Querrippen getrennt 
sind. In den Durchkreuzungen der Ereazrippen sind besonders schön gearbeitete und interessante 
SchlusBSteine angebracht, und zwar im Schiffe links das Lamm mit der Fahne, der sich erneuernde 
Pbönix nnd von. den Evangelistensymbolen der Löwe und der Adler. In andern der Salvator und der 
Löwe, der seine Jungen anhanebt, nnd endlich die beiden anderen Abzeichen der vier Evangelisten. 
Die Pfeiler untereinander Yig 2 Wandpfeiter construirt, bei 

verbinden ganz einfache, denen sich mit Einrech- 

Wie die Kreuz- und Quer- nnng der Gurten desBlend- 

rippen, bimförmig profi- bogens fUnf Rippen ver- 

lierte Gurten. An jedem einen. Jedes Gewölbejoch- 

Pfeiler vereinigen sich die hat eine Breite von 16' 

entsprechenden acht Rip- 10" und eine Länge von 

pen, stutzen sich auf ein 16' 9"; der Chorschluss 

kleines ganz einfaches Ca- nur von 13'. Das rechte 

pitäl, und laufen sodann Seitenschiff hat auf der 

als hatbsänlenartige Vor- Langseite vier grosse 

lagen des beinahe runden spitzbogige Fenster, ge- 

PfcilerkemcB herab, bis genwärtig ohne Masswerk 

sie am Boden in ganz und drei schmale mit ein- 

niedrige Sockeln endi- fachemMaeswerkverzierte 

gen, die auf einer eben. Fenster im Chorschlnsse. 

so einfachen als niederen Das andere Schiff hat 

Sockelbildung des Pfeiler- bloss ein balbvermanertes 

kemes sieb stutzen. In Fenster im Chorschlnsee 

gleicher Weise sind die gegen rechts. Eine der 

schönsten Verzierungen dieser Capelle bilden die an der Wand angebrachten, nisehenartig vertieflen, 
steinernen Sitzbänke mit den darüber befindlichen kleinen Spitzbogenarcaden. Je sechs davon kommen 
auf die Wand eines Gewölbejoches, und je zwei in die Seiten des Chorschlusses. Die Arcade selbst 
besteht aus drei Seiten eines Rechtecks, and bekommt erst durch das eingesetzte Itfasswerk die spitz- 
bogige Construction. Fig. 5. Die Schenkel jedes dieser kleinen Aroadenbogen verlieren sich consolenartig 
in die Wand. Die Sudwestseite dieser Capelle ist frei nnd es zeigen sich die einfach abgeschrägten 
Strebepfeiler so wie das ganze Mauerwerk mit frischem Anwurf, und im schön gelblichen Tone der 
modernen Übertttachung. 

c AnhaD?. 

Di© Augustinerkirohe enthielt früher eine grosse Menge von Grabdenkmalen und Erbbegräb- 
nissen, insbesondere der Familien Pallfy, Buchheim, Harrach, Schwarzenberg, Kolowrat, Waldstein, 
Gmdemann, Sclavignoni, Canea della Scalla etc. Doch sind sie. alle in dem nöchtemen Zeitalter gegen 
Ende des vorigen nnd Anfang des jetzigen Jahrhunderts entfernt worden. Von berühmten Männern 



168 I>r. Karl Und, 

ruhen hier der Wiedereroberer der Feste Raab , Adolph Schwarzenberg (f 1 598) , der bertthmte Diplo- 
mat Peter Strozzi (t 1664), der fttr die yaterländische Geschichte hochverdiente Graf Wurmbrand (f 17S0) 
endlich Gerard van Swieten (f 1772); der Leibarzt der Kaiserin Maria Theresia. 

Alle diese Monumente sind nicht mehr yorhanden. Als in der St. Georgs- oder gegenwärtig 
Todtencapelle das durch Zauners kunstreiche Hand geschaffene Marmordenkmal Leopold II. aufgestellt 
wurde, musste diesem van Swieten's Denkstein Platz machen, jedoch ohne je wieder irgend wo an- 
ders aufgestellt zu werden. Ausser diesem enthält die Kirche noch ein zweites Prachtmonument, es ist 
diess das grosse Kunstwerk Canova's , * dem Andenken der Erzherzogin Maria Christine, Tochter Maria 
Theresiens und Gemahlin des Prinzen Albert von Sachsen - Teschen gewidmet. 

Erhalten haben sich folgende Monumente ') : 

In der Kirche und zwar im Mittelschiffe im Boden eingelassen, eine rothe Marmorplatte, an 
welcher das Wappen in der Mitte, so wie der grösste Theil der Umschrift bereits abgetreten ist. Es 
lässt sich nur mehr Weniges entziffern und dieses lautet: hie leit albrecht trew | vö palterdorf 

Zunächst des Hochaltars sind mehrere grosse, jedoch schon unkennbare Marmorplatten im Boden 
eingelegt, nur auf einer, die als Gruftdeckel der ehemaligen Harrach'schen Familiengruft dient, entziffert 
sich die Inschrift mit Folgendem: 

Sepvltvra | Baronv | de Harrach | h. positns est illnet. d. Leonhard de Harrach | Senior Liber Baro in | Börauw 
et Pirckenstein im p. p. p. | a cons. arcan. et ord. aur. yelL | vix. an LXXVI | ^ XXVII Junii MDCX. >) 

Die Loretto - Capelle enthält mehrere Grabdenkmale, doch sind nur mehr von dreien die In- 
schriften zu lesen. Eine grosse Marmorplatte wurde durch Überstreichen mit rother Farbe unlesbar, 
andere Tafeln haben durch Verwendung als Pflaster ihren Werth eingebüsst. 

Das eine Denkmal ist dem Erhard Grädl von Ehrenthall, Reichshofkanzlei- Verwandten, f 1671, 
das andere dem Johann Frass von Friedenfeld (f 1717) und dessen Gattin Maria Elisabeth (f 1728) 
gewidmet. Die Inschrift des Dritten lautet: 

In Memorlam d^Eckenberti fratris germani sui et unici b. r. i. camerarii et consiliarii aolici 27. Juni 1650 nati et 
Vienna^ 26. Febr. 1695 defuncti FridericttB Antonius Cameirarius de Wormatia 1. b. a. Dalberg dominus in Herms- 
heim, Rappersberg et Binsburg eccles. metr. mognnt ac equestr. eminentiss. principis moguntini cons. int. ejus- 

demq. cons. aul. praeses f. f. 1695. 

Das Wappen, welches mit vielen kleinen Schildern umgeben ist, zeigt im 1. und 4. Felde unter 
einem Turnierkragen 6 Lilien (3. 2. 1.) im 2. und 3. ein Kreuz. Am geschlossenen Fluge des 1. Hei- 

* 

mes wiederholt sich die Figur des ersten , am offenen des 2. Helmes die des 2. Feldes. 

Im Boden ist eine Marmorplatte eingelassen, auf welcher zu lesen ist, dass sich hier die Gruft 
der Todtenbruderschaft befand. Diese Bruderschaft wurde von Eleonora Augusta, Gemahlin Kaiser 
Ferdinand's II. errichtet, vom Papste Urban VIII. (1638) bestätiget und vom Kaiser Ferdinand mit vielen 
Privilegien ausgezeichnet. Ihr Hauptzweck bestand in der Beerdigung von Hingerichteten. 

In der Georgscapelle befinden sich ausser dem Monumente ftlr Kaiser Leopold U. noch die Denk- 
male ftlr Wirich Philipp Lorenz Grafen von Dann, f 1741, und des Leopold Josef Maria, Reichsgrafen 
von Dann, f l'J'Ö« *)• 



1) In dem 1317 erschienenen Bache : nOrigo progressus et memorabilia Ecclesiae Caesareae F. P. Augastini Viennae* 
werden 38 Monumente sammt ihren Inschriften angef&hrt, von denen jedoch gar keines mehr existirt. 

2) Über Leonhard Freiherm von Harrach s. Wissgrill IV. 152. 

3) Über diese beiden Grafen Dann s. Wiss grill IL 198—201. 



fiber die drei mittelalterUclien Kirchen etc. 169 



ni. 

Die ehemalige Carmelitenkirclie. 

TT - 

Über den Bau der jetzigen Pfarrkirche am Hof, früher im Besitze des Carmeliten-^ sodann 
Jesuiten - Ordens , sowie tlber den dort zuerst angesiedelten Orden der „Brttder vom Berge Carmel," 
auch von ihrer Ordenskleidung die „weissen Brttder^ genannt, haben wir nur wenige Notizen, und von 
diesen verdanken wir den grosseren Theil dem k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchive , wohin nach Auf- 
hebung des Jesuitenordens eine Sammlung vieler auf dieses Gotteshaus bezüglichen Urkunden gelangte. 

Als Herzog Rudolph IV. im Jahre 1360 die Carmeliten unter ihrem Prior Michael von Hoch» 
stetten in Wien aufnahm, wies er ihnen mit Zustimmung seiner Brüder Leopold, Albrecht und Fried- 
rich, des Bischofs Gottfried von Passau und des Pfarrers von St. Stephan, Leopold von Sachsengang, als 
Kloster für zwölf Priester das Hospiz im Werd an, welches bis zu Friedrich des Schönen Zeiten die 
Augustiner bewohnten , sodann ein Spital und zwar Anfangs ein selbstständiges , aber seit 26. August 
1343 ^) durch Herzog Albrecht eine Filiale des von Otto dem Fröhlichen 1330 gestifteten St. Merten- 
spitals vor dem Widmerthore wurde. In der Urkunde dto. 28. Juni 1360 heisst es, dass die Kirche zu 
Ehren Gottsleichnams gestiftet und geweiht werde, dass alle dazu gehörigen Häuser, Hofstätten^ Gärten 
in das Eigenthum des Ordens übergehen sollen , und dieser könne am Kloster nach Nothdurft bauen. 
Doch habe derselbe bei Festzeiten mit Fahnen und Heilthümem den Pfarrer von St. Stephan zu beglei- 
ten, dem Jahrtage flir Herzog Rudolph , der sieh ihren eigentlichen Stifter nennt, in der St. Stephans- 
kirohe beizuwohnen und Tags darauf demselben einen solchen in der eigenen Kirche abzuhalten. 
(Hausarchiv). Herzog Rudolph so wie seine Gattin Katharina wurden mit Brief, ausgefertigt von 
Johannes prior generalis des Carmelitenordens dto. 8. Juni 1362, in die Gemeinschaft dieses Ordens 
aufgenommen '). Im selben Jahre erliess der passauische Bischof Gottfried ein Schreiben, worin alle 
Bischöfe, Äbte, Pröpste und Pfarrer ersucht werden, den Carmeliten bei ihren Sammlungen ftir ein 
Kloster in Wien sammt Kirche gleich den Priestern des Prediger-, Minoriten- und Augustiner-Eremiten- 
Ordens kein Hindemiss im Weg: zu legen '). Papst Innocenz VI. genehmiget mit Bulle dto. Avig- 
non 12. December 1360 die Errichtung eines Carmeliten - Klosters fär zwölf Priester in Wien und 
erlaubt es anzunehmen, wenn ihnen Herzog Rudolph IV. ein Kloster alldort bauen wolle ^). Noch im 
selben Jahre bekam das neu gegründete Kloster und Kirche einen Indulgenzbrief von 4 Erzbischöfen 
und 24 Bischöfen gefertigt dto. 23. December 1360 ^). Nur kurze Zeit verweilten die Brüder vom 
Berge Carmel in dieser ersten von ihnen erworbenen Stätte in Wien, denn 1386 legte eine Feuers- 



1) Schlager: »Wiener Skizzen*' II, 274. Ogesser 1. c. — 

2) Lichnowsky IV. reg. 389. Steyerer Com. p. hist. Alb. IL Add. 303. 

3) K. K. Hansarchiv. Steyerer 1. c. 304. 

4) HausarchiT. Lichnowsky IV. reg. 227. Steyerer L c. 302. 

5) Ebtnsarchiv. 

V. 22 



170 I^r. Karl Lind, 

brnflst ihr Kloster in Asche. Peter Suchenwirth schreibt hierüber in einem Briefe v. J. 1386 : dax die 
Capellf dt» Geiezs^ und die Wanung ze WÜetm in dem Werd, da etwenn die Augustiner wohnkaft waren^ 
die seliger Gedechttmss der hochgehome Fürst unser lieber Bruder Rudolph gegeben und geaniwort hat den 
OeistUchen unser lieben andächtigen ' unser Frauen Brüder ^ genannt die CarmeUten von der groxxen prunstj 
so vor Zeiten ze Wienn ist beschehen gar abgeprunnen^ verfaltn und verwüsst ist^ so gänssUehy daz die 
eigenen Brüder dez nit uriderpringen und gepawen mögen. Schon in ihrer ersten Niederlassung im Werd 
wurden reichliche Spenden dem Convente zutheil; und er gelangte theils durch Kanf^ theils durch 
Geschenke in den Besitz mancher Liegenschaften. So findet sich im Hausarchiv eine Urkunde dto. 80. Juli 
1364; in welcher Ulrich Silberberger; Bürger zu Wien und seine Hausfrau Geissei die Hälfte ihres 
Weingartens; gelegen im Lerichveld; ihrem Sohne Ulrich bei. seinem Eintritt ins Carmelitenkloster in 
der Art zugewendet haben ; dass hiervon demselben bis er Priester wird seine Nothdurft an Gewand etc. 
gegeben werde , nach ihrem Tode aber das Erträgniss dieses halben Weingartens dem Sohne gänzlich 
zufalle. Doch vermacht Bruder Ulrich ; des Ulrich Silberbergers Sohn ; Carmeliten - Conventbmder zu 
OfeU; dem Kloster in Wien diesen halben Weingarten ^ der ihm von seinen Eltern zugefallen ist (8. Juni 
1375; Hausarchiv). Heinrich Choppel der Fasszieherund Pericht seine Hausfrau^ geben mit des Berg- 
meistere Hand Herrn Heinrichs des Würfels ; zu den Zeiten Amtmanns des Klosters zu Newnburg; zu 
ihrem Seelenheile und zu einem Jahrtage nach ihrem Tode dem Carmelitenkloster zwei Eimer Weins 
jährlich von ihrem Weingarten (24. April 1365; Hausarchiv). Jacob der Humel; der Fleischhacker und 
Anna seine Hausfrau verkaufen ein von ihrem ersten Gatten Chunrad , dem Fleischhacker erblich zu- 
gefallenes HauS; gelegen zu Klostemeuburg in der Tulbingstrasse um 14 Pfund an das Carmelitenkloster 
in Wien unter dem Prior Witigo (23. Mai 1366; Hausarchiv). Chunrat der ChOzler und Agnes seine 
Hausfrau ; verkaufen ihr Haus ; „dez do leit ze Wien in dem Mttnzhof " an die Carmeliten ; unter Prior 
Wemher von Vorlin um 10 Pfund Pfennige (26. März 1375; Hausarchiv). 

Herzog Albrecht nahm den Carmelitenorden in die Stadt auf; indem er ihm mit Urkunde dto. 
5. Februar 1386; nachdem die Capellf das Gesezze und auch die Wohnung zu Wien in dem Werdj 
welche früher die Augustiner innegehabt hatten; von der grossen Prunst, die vor Zeiten in Wien ge^ 
schehen ist, gänzlich zerstört worden ist; mit Einwilligung seines Sohnes Herzogs Albrecht; seines 
Bruders Herzogs Leopold; des Bischofs Johann von Passau und des Propst Jörgen von Liechtenstein zu 
St. Stephan die CapeUe und das Gesezze im MünsAof und den Münzhof dazu , gelegen zu Wienn m der 
Stadt am Hofy darin bei alter verlaufener Zeit des Herzogs Vorvordem gesessen und wohnhaft gewesen 
sind; schenkte. Femer gab er ihnen laut desselben Stiftbriefes die Häuser Hans des Paulein ; Hans 
des Suchenwirth; Lienharts des Maler; Ulrich des Schuster von Schurding; Dietrich des 'Schuster; 
Meister Dietrich des Pogner; des Jaeklein von AmstetteU; der Helblerin und des Musthals Sohn des 
Juden; die aüe um das Kloster gelegen sind und etUch auf den Hof stossent mit der Bescheidenheit , dass 
sie denselben Münzhof mit der Chappeln und dem Gesezze und iren Chirichhof und auch die andern Häuser 
und Hofsteet in iren Rechten und Zugehörung gehaben und besitzen sollen und mögen ^). Bezüglich des Hau- 
ses ; welches früher Dietrich dem Pogner. gehörte; und nächst dem Hause der Herrn von Ebersdorf 
gelegen war, verpflichtet sich Bruder Michael von Hochstetten der Prior und der ganze Convent mit 
Urkunde dto. 23. April 1392 alljährlich dem Schottenkloster am heil. Michaelstage einen Grundzins von 
30 Pfund Pfennigen zu bezahlen *). Margret; Friedrichs des Chiczleins Witwe und ihre beiden Schwestern 



1) Fischer brev. not. I, 115. 

2) Fontes Ber. Austr. II. XVIII. 432. Hormayr: Wien I. 2. Urk. XCII. 



über die drei mifttelalterliclien Kirchen etc. |f ] 

Sophie and Kathrei des Apeltauers Hausfrau verkaufen ihr Haus ; gelegen an des Herzogs Hof zu Wien 
bei dem geistlichen Herrm Kloster der weissen Brttder um S6 Pfund Pfennige an das genannte Kloster 
(14. März 1387 ; Hausarchi?). Dos Spital von St. Martin, gelegen vor dem Widmerthor zu Wien verkauft 
unter M. Jacob dem Amlunch, dem Carmelitenkloster am Hof unter dem Prior Jotkann Steinach 
11 Schilling Grundrechts von dem dem Spital gehttrigen Haus, dacz do leU an irm türm an dem hof um 
15 Pfund Pfennige (30. Juli 1387, Hausarchiv). 

Ob die Brttder alsogleich nach ihrer Verlegung in die innere Stadt zum Baue derKirehe und 
des Klosters schritten, wann derselbe J>egann und wann er beendet wurde, ist nicht bekannt, doch 
kann man mit Gewissheit annehmen, dass der Bau bis in die ersten 20 Jahre des XV. Jahrhunderts 
dauerte. Es waren mit dem Baue mehrere Baumeister beschäftigt und zwar Lucas Schwendler von 
Magdeburg, Andre der Kellermeister, der Zeit Baumeister bei den weissen Brttdem am Hof^l415, 
Mathes der Helbling, Meister Simon der Steinmetz 1419—1420, und Perthold der Pucharzt des Her- 
zogs Albrecht 1422 *). Der Prior Nicolaus von Newnburg stellt wegen genauer Erfüllung des von Joh. 
Hippelstorfer, Pfarrer zu St. Stephan am Wagram, ftlr sich mit 64 Pfund Pfennige und 8 Pfund Gttiten, 
gelegen auf den Padstuben hinter St. Pankraz unter den Nadlern und mit 20 Pfund zum Baue der 
Kirche gestifteten Jahrtages einen Revers aus dto. 24. Juli 1402 (Hausarchiv)* 

Das Eigenthum, sowie das Einkommen des Klosters vermehrte sich nicht unbedeutend, wie 
diess ans den nachfolgenden Notizen erhellet. Im Jahre 1394 schenkten mit Testament dto. 4. No- 
vember Jacob Echrer und seine Frau Anna den Brttdem von Carmel 10 Pfund Pfennige ihres Seelenheils 
willen *). Paul Piscator berechtiget in seinem Stiftsbriefe v. J. 1395 Aber einen Jahrtag bei den Augu- 
stinern die Carmeliten zur Übernahme derselben sammt der betreffenden Stiftung im Falle der Saum- 
seligkeit des Augustiner - Convents •). 1397 am 19. November verkauft Prior Michael einen Hof zunächst 
Ladendorf um 24 Pfund Pfennige dem erbaren Knecht Erharten dem Motzen ^). Unterm 25. August 
1401 stellen Chunrad der Vorlauf des inneren Raths der Stadt Wien und Niclas der Schemitzer der Zeit 
des äussern Raths als Testaments - Executoren Stephan Pollens , Bttrgers zu Wien einen Bestätigungs- 
brief aus, ttber die von diesem den Carmeliten zur Stiftung eines Jahrtages vermachten Gttter (Haus- 
archiv). Am 3. Februar 1405 bestätigen Niclas der Prior und der Convent unser Frauen Brttder vom Berge 
Carmel dem Pankraz Winterkiricher den Empfang von 100 Pfund Pfennigen fUr vier wöchentliche Messen, 
vier Jahrtage mit aufgerichteter Bahre und brennenden Kerzen, sammt einem ewigen Lichte vor dem 
Johannes - Altar, bei welchem derselbe begraben zu werden wttnscht. Bei jedem Versäumnisse verfällt 
72 Pfund Pfennige für das Bttrgerspital vor dem Kämthnerthor (Stadt. Archiv). 1405 am 5. September 
verpflichtet sich der Prior Niclas von Newnburg «ammt Convent einen Jahrtag zu halten fttr Michael 
Schönknecht, wofür ein Weingarten zu Ottakring gegeben wurde; im Säumnissfalle verfällt die Stiftung 
zu Gunsten des Bttrgerspitals in Wien vor dem Kärnthnerthore (Stadt. Archiv). 1406 am 16. Jänner 
verpflichtet sich der Convent durch seinen Prior Arnold ftlr Niclas Senftenberg den Pader, welcher dem 
Kloster seine Padstuben hinter St. Pankraz und sein Gut daselbst vermacht hat, einen Grabstein zu 
setzen und von seiner Verlassenschaft einen Frauenaltar bauen zu lassen, dabei ein ewiges Licht und 
eine ewige Messe zu erhalten (Stadt. Archiv). Johann von Dobrasperg, Dechant in der Allerheiligen 



1) ^Berichte und Mittheilungen des Wiener Alterthums - Vereines^ III, 228. 

2) Ogesser 1. c. 99. 

3) Codex 3321 der Hofbibliothek. 

4) Fontes H. XVEI. 454. 

22 



172 Dr. Karl Lind, 

Domkirohe zu St. Stephan and das ganze Capitel daselbst verpflichtet sich zur Abhaltung eines Jahr- 
tages für Berthold von Wähing, Bischof von Freising; und geben dem Carmelitenkloster das Recht, 
bei Säumnissf&llen 3 Pfund Pfennige Strafgeld zu verlangen 1414 (Hausarchiv). Prior Wolf hart stellt 
einen Bevers aus ttber die Schenkung des Laslab Haering; welcher eine Capelle im Kloster gestiftet 
und letztwillig hierzu Messkleider , Bücher , einen Kelch und 320 Gulden gab, und verpflichtet sich 
damit einen Jahrtag, zwei wöchentliche Ämter abzusingen und ein ewiges Licht zu erhalten (Stadt. 
Archiv). Berthold Auer, Caplaoi zu St. Pankraz, stiftet am 17. Jänner 1418 in der Schottenkirche ftir 
sich einen Jahrtag mit drei Priestern, worunter Einer ein Carmelite sein muss ^). Bruder Heinrich 
von Nürnberg, der Prior, gibt einen Revers dto. 10. Juli 1419 wegen eines ftlr Heinrich den Unbe- 
scheiden zu haltenden Jahrtages, wozu dieser 10 Schilling Burgrecht gewidmet hat, gelegen auf Niclas 
des Hamausch und seiner Haus&au Anna Garten im Werd gegenüber dem rothen Thurm (Hausarchiv). 
Sigmund von Ebersdorf verkauft ein Haus, gelegen am Hof, an den Convent der Carmeliten, und Herzog 
Albrecht spricht in einem Schreiben dto. 30. März 1420 tseinen Wunsch dahin aus, dass der Bürger- 
meister, Richter und Rath der Stadt Wien diesen Verkaufbrief mit seinem Siegel bekräftige (Stadt- Archiv). 
Herzog Albrecht erlaubt den Carmeliten zu Wien, jenen Wein, den sie durch Eigenbau oder Geschenke 
erhalten, in die Stadt frei einzuftlhren und hiervon 20 Fuder auszuschenken (9. April 1421), welche 
Vorrechte durch Kaiser Friedrich IV. mit Urkunde dto. 7. Novemb. 1468 und durch Kaiser Max I. dto. 
13. Juni 1494 bestätiget wurden ^). Meister Andreas Mawser der Prior, stellt wegen Abhaltung, des von 
Andreas am Peterfreithof, Kellermeister in Österreich gegen 13 Pfund jährlich zu verabreichende schwarze 
Wieher Pfennige gestifteten Jahrtages im Carmelitenkloster am Maria Magdalenen - Altar, einen 
Revers dto. 22. März 1421 aus (Hausarchiv). Meister Berthold Stark von Basel, Pucharzt Herzog 
Albrechts, stiftet ftlr sich und seine Hausfrau einen ewigen Jahrtag (24. April 1421) und gibt hierzu 
einen Weingarten zu Sievering, dto. 26. Mai 1421, welche Stiftung Herzog Albrecht unterm 20. Juni 
1422 bestätiget (Hausarchiv). Am Mittwoch vor St. Bartholomaeus 1425 verkauft Peter der Prior 
der weissen Brüder ein Haus hinter St. Pankraz dem Heinrich dem Starken und seiner Frau Elisabeth 
(Stadt. Archiv). 1426 schafft Peter von Eyla, der Goldschmied, den weissen Brüdern mittelst seines 
Testaments 20 Pfund Pfennige zu einem. Glasfenster ^). 1433 schenkt der Wiener Bürger Hermann 
HOsel mit Testament dto. 4. September den Carmeliten 10 Pfund Pfennige und gibt dem Kloster noch 
das Anrecht auf einen Garten in der Schottenau, auf yi Pfund 19 Pfennige Gült zu Inzersdorf am 
Wienerberge ftlr 30 Messen , welche Rechte einstweilen Wolf Spärlein auf Lebzeiten erhielt ^). Die 
Brüder Haus und Peter Keppler von Zolabitz bezeugen, dass sie dem Carmeliten - Kloster am 
Hof eine Elfenbeintafel mit drei Blättern um einen Gulden verkauft haben ; ausgestellt am 23. April 1436 
(Hausarchiv). Der Carmeliten - Ordens - General Johannes verbietet mit Urkunde dto. 9. Februar 1437 
dem Convente in Wien aufs strengste, Visitatoren, selbst nicht vom Concil zu Basel , in das Kloster 
einzulassen (Hausarchiv). Prior Niclas von Newnburg quittiert den Empfang von 100 Pfund Pfennigen, 
erhalten von den Stadt-Steirern, welche der Bischof Berthold von Freising als eine ihm gehörige Schuld- 
forderung dem Convent geschenkt hatte; ausgestellt am 29. Juni 1443 (Stadt. Archiv). Im Jahre 1444 
am 15. März stiftete Viviana, Witwe des Trajan von der Leiter .zu Pirn, ftir ihren Gatten eine Seelen- 
messe. Am 9. December d. J. schenkt Peter Strasser, Kellermeister in Österreich, den Carmeliten in Wien 



1) Fontes II. XVUI. 563. 

2) Haasarchiv und Stadt. Archiv. 

3) «Berichte und Mittheilungen des Wiener Alterthums - Vereines" m, 420. 

4) Kirchl. Topogr. II, 186. 



über die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 173 

14 Sehilling jährliche Gülten von einem Weingarten ausserhalb dem Stnbenthor, fttr eine von Stephan Pollen 
in dessen Hauscapelle gestiftete tägliche Messe. Meister Lempel zu Nussdorf an der Traisen, stiftet 
ftlr sich und seine Familie einen ewigen Jahrtag bei den weissen Brüdern in Wien mit einem Wein- 
garten am Wagram (3. Februar 1445). Peter von St. Polten, Bürger von Wien, vermacht mit Zustim- 
mung seiner Frau Margaretha sein Haus alldort an die Carmeliten in Wien mit Vorbehalt der Nutzniessung 
zu Gunsten seiner Frau auf Lebenszeit, dto. 4. Juli 1445 (Hausarchiv). Hans Millerstat, der Provincial 
in den oberen deutschen Landen und Ungarn, derzeit Priorats-Verweser, stellt einen Revers aus über einen 
.Jahrtag, gestiftet mit zwei Weingärten zu Baumgarten und Ottakring am 30. August 1448 (Hausarchiv). 
Derselbe Priorats-Verweser bekennt, dass Friedrich Altheimer, der Arzt auf der Hohenbruck, sein Haus 
am Hof zu einer ewigen Messe geschafft hat. Doch wurde dieses Haus mit Einwilligung des früheren Prior? 
Conrad verkauft und der Eaufschilling mit 150 Pfand Pfennige flir die Stiftung verwendet. Der Gonvent 
verspricht daflir die Absingung einer ewigen Messe am St. Petersaltar ; ausgestellt am 2. September 1448 *). 
Wolf Toppel und Anna seine Gattin stiften mit sechs jährlichen Schillingen einen Jahrtag im Carmeliten- 
kioster, am 19. Juni 1452 (Hausarchiv). Lienhart Ortheber, derzeit Caplan der Chorherren in Wien, ver- 
kauft dem Carmelitenkloster alle seine Rechte und Ansprüche auf einen Weingarten hinter dem Liechten- 
stein gelegen, der Wildeckher genannt, am 26. September 1449 (Hausarchiv). Am 5. April stellt Mar- 
gareth, Witwe des Niclas des Kalben, einen Revers aus über einen vom Carmelitenkloster auf lebenslang 
in Pacht genommenen Weingarten ; ähnliche Reverse stellen am 23. November 1467 Heinrich Newmajr 
zu Meidling, Hanns und Christ Grefl zu Gundersdorf aus (Hausarchiv). Niclas Slick, Herr zu Weissen- 
kirchen, stiftet eine Seelenmesse mit 100 Pfund Pfennige, und gibt die« Aufsicht hierüber dem Augustiner- 
Convente in Wien , über welche Stiftung Prior Stephan Rinckher den Carmeliten einen Revers ausstellt 
am 17. November 1481 (Hausarchiv). Im Jahre 1485 am 24. August gibt Prior Leonhard Prower einen 
Bestätigungsbrief über die Stiftung von sieben jährlichen Messen mit 300 Pfund Pfennige durch Wenzlab 
Wiennberg, den Messrer (Hausarchiv). Am Freitag nach St. Jacob 1489 stellt Prior Hans von Newn- 
burg einen Brief aus über die Messenstiftung ftlr Willibald Grobloch , Bürger von Wien , wozu er ein 
halbes Haus auf der hohen Brücke gegeben hat (Stadt. Archiv). Dessgleichen über die Messenstiftung 
des Hans Ammann des Färbers auf der hohen Brücke am 9. April 1489 (Hausarchiv). Im Jahre 1494 
ertheilt Helene, Meisterin des Maria Magdalenen - Klosters vor dem Schottenthore, mit Revers dto. 
7. März dem Convent der weissen Brüder das Recht, aufzusehen, dass die Stiftung des Hans 
von Salingstadt genau beobachtet werde, und verpflichtet sich im Nicbtzuhaltungsfalle als Pönale 
diesem Convente 1 Pfund Wachs zu geben '). Auch stellt im selben Jahre am 7. April Johann Kalten- 
markter im Namen der Wiener Universität einen Revers dahin aus, dass von dem derselben von 
Med.-Dr. Johann von Salingstat gemachten Legate pr. 4 ungarischen Gulden jährlich, Vs Gulden dem 
Carmelitenkloster alle Jahre gereicht werde ftlr eine Seelenmesse nach dem Willen des Vermächtniss- 
gebers (Hansarchiv). Am 27. September 1495 bestätiget Prior Hans die Stiftung eines Jahrtages ftir 
Hans Weidmann den Krämer hinter St. Pankraz und seine Frau Clara, wozu dieselben ihr Haus eben- 
dort gegeben, welches aber der Convent um 175 Pfund Pfennige an Hans den Franken verkauft hatte 
(Stadt. Archiv). 1498 vermacht Margareth, Witwe des Wiener Bürgers Georg Prower, mit Testament 
dto. 23. Juli den weisfcen Brüdern „ein weissen silberein, gerundlaten Becher zu jrem Heiligthumb zu 
gebrauchen" und 10 Pfand Pfennige *). Am 13. November 1607 stellt Prior Wolfgang Krawgker an 



1) .Berichte und Mittheflungen des Wiener Alterthoms - Vereines'* HI, 300. 

2) Ogesser 1. c. 104. 

3) Schlager: »Wiener Skizzen"" IL 201. 



174 Dr. Karl Lind, 

Franz Hirgs den Oler einen Revers wegen zwei Messen aas^ die dieser mit 160 Pfhnd Pfennige 
gestiftet hatte (Stadt. Arehiy) ; dessgleiehen einen tlber die genaue ErfllUang des yon Lueia Ziegler 
mit 40 Pfund Pfennige gestifteten Jahrtages am 21. März 1519 (Hausarchiv) ; auch verkauft dieser 
Prior 4 Pfund Bergrecht von einem Carmelitengrunde um 100 Pfund Pfennige an Johann Trapper^ Caplan 
der Hesse des Christian Mossdorfer im Jungfrauenkloster zu St. Lorenzens am 1. November 1524 
(Hausarchiv). 

Dass bei dem Carmelitenkloster ein Freithof bestand; erhellt ausser der Stiftungsurkunde aus 
mancherlei Documenten y als da sind : Revers Wenzlab des Zimmermannes wegen * der von dem Car- 
melitenkloster ihm ertheilten Erlaubniss bis auf Wiederruf; aus seinem Hause gegenttber Hansen von 
Buechhaim Haus eine Thttr auf den Carmeliten - Friedhof ausbrechen zu können und eine Wasserrinne 
vom Dache dorthin zu leiten; ausgestellt am 1. October 1422 (Hausarchiv); Hans Puchsbawm; der 
lange Glaser ; kauft 1437 von Hans von Buechhaim ein Haus um 100 Pfund Pfennige; das mit dem 
vorderen Ort an unser lieben Frauen Brüder Freithof ^stosset zunächst dem Thtirl in dem Gassei; als 
man vom Schulhöf hincz den benannten Brttdern geht und ruert auch mit dem hinteren Ort an die 
Mauer des Heinrich des Peckchen Keller zunächst dem obgenannten unser Frauen - Freithof" ^); Peter 
Hirsch; genannt Wurzer; stellt dem Carmelitenkloster einen Revers aus fllr die ihm gegebene Erlaub- 
niss ; einen Kramladen sammt Zimmer darttber am Klosterfriedhof erbauen und durch drei Jahre be- 
nutzen zu können (ausgestellt am 8. October 1443; Hausarchiv). Revers des Hans Puchsbaum; Bfirger's 
von Wien ; gegeben dem Carmelitenkloster unter dem Provincial und Priorats - Verweser . Hanns Miller- 
stadt ttber eine ihm ertheilte Erlaubniss auf Widerruf; aus seinem Hause eine Thflr auf den Kloster- 
friedhof ausbrechen zu dürfen ; um zum Brunnen gelangen zu können (23. März 1449; Hausarchiv); 
Revers des Wolfgang Pitrolf des Gürtlers über die von den Carmeliten erlaubte Vergrösserung seines 
Hauses ; gelegen ausser dem Freithof des Klosters durch Einsetzung von vier Tragsteinen in die Mauer 
desselben und Daraufbauung eines Zimmers gegen 60 Pfennige jährlichen Zins (4. August 1456; Haus- 
^chiv); Heinrich Messlinger gibt einen Revers ttber die von den Carmeliten einstweilen ertheilte Er- 
laubniss wegen Eröffnung von Thür und Fenstern aus seinem Hause gegen den Friedhof (10. November 
1467; Hausarchiv). Auch lag das Haus des Hans Hinterberger des Steinmetzen (1467) znnächt diesem 
Friedhof*). Hanns Newstädter; herzoglicher Kellermeister; erkauft von den Carmeliten einen Theil des 
Friedhofes zur Anlegung eines Gartens ftir seio daranstossendes Haus *im Schulhof (16. Juni 1531; 
Hausarchiv). Das Carmelitenkloster verkauft; unter dem Prior Hans Stoklsteiner mit Bewilligung des 
Provinciais Andreas StosS; dem Meister Andreas Mispeck; des Inneren Raths ; und -an Wolfgang Aigner, 
Bäckermeister; ein kleines Haus sammt Orund; darauf etwan eine Schleifmtthle gestanden; zunächst 
dem Klosterfriedhof (S.Jänner); ferner an die Tuchscherer- Innung den Grund mit Gwölblund Schleif- 
stätte am Friedhof (10. Jänner) und an Hans Newstätter einen weiteren Grund am Friedhof wegen 
Nothdurft; 2. Februar 1534 (Hausarchiv.). 

Einige Innungen Wien's erwählten sich die Kirche dieses KlosterS; um dort ihre Gesammtandachten 
zu verrichten. So findet man einen Revers ; ausgestellt im Jahre 1485; 2. Juli; von Leonhard Prower; 
Lector der heiligen Schrift und Prior des Carmelitenklosters ; worin bezeugt wird ; dass Frau Katharina 
Marbecherin ein schönes pergamentenes Messbnch und einen silbernen Kelch zum Gottesdienst auf den 
Katharinen - Altar der Tuchscherer - Innung gegeben hat. Im Jahre 1515 wurde die Hutterer - Innung mit 



1) „Berichte und Mittheilungen des Wiener AlterthumB - Vereines" III. 239, 240. 

2) „Berichte und Mittheilungen des Wiener Alterthums - Vereines" III. 228. 



über die drei mittelalterlicheii Kirchen etc. 175 

Urkunde dto. 11. September in die Gemeinschaft des Carmelitenordens aufgenommen (Hausarchiy). Auch 
Bruderschaften bestanden an dieser Kirche z. B. die Sigmundsbruderschaft , welche einen silbernen 
Anu; einen silbernen Kelch und eine Chorkappe zur Benützung f&r ihren Gottesdienst der Kirche gab 
(8. Jänner 1429). Sie wird 1444 von dem General des Carmelitenordens bestätiget und 1452 in die 
Ordensgemeinschaft aufgenommen.' Sie stiftete zwei ewige Messen am St. Sigmundsaltar mit TO Pfund 
Pfennige unter dem Prior Hanns Marktdorf (12. März 1464) und wird vom Cardinal Raimund, Bischof 
Yon Gurk, mit mehreren Ablässen ausgezeichnet (1494). Caspar Hell stiftet zur Sigmunds - Bruderschaft 
einen Jahrtag und eine Wochenmesse am 12. März 1519, und die Bruderschaft stellt hierüber einen von 
den vier Zechmeistem und dem Prior Wolfgang Krawgker gefertigten Revers dto. 3. Jänner 1521 auS; 
in welchem sich der Convent iin Falle des Säumnisses verpflichtet, 2 Pfund Pfennige zum Baue der 
St. Stephanskirche zu bezahlen (Hausarchiv). 

Die Ordenskirche wurde seit ihrer Ek'bauung mit zahlreichen Indulgenzen beschenkt; worunter 
besonders jene hervorzuheben ist, welche Cardinal Raimund; Bischof von Gurk am 4. Jänner 1494 
der Kirche gab; da in diesem Briefe zwei Capellen und zwölf Altäre der Kirche erwähnt werden 
(Hausarchiv). 

Auch dieses Kloster; dessen Brüder vom Papste Urban VI. das Recht erhielten bei Messen 
sich der Tragaltäre zu bedienen ; konnte dem Sturme der Reformation nicht widerstehen. Der Con- 
vent schmolz bis auf einen Geistlichen zusammen und selbst von diesem hiess es ; er wäre nicht von 
diesem Orden ; sondern ein Weltgeistlicher; der nur die Ordenstracht angezogen; um das Kloster und 
dessen Besitzungen zu schützen. 1554 gegen Ende Mai übergab der Kaiser Ferdinand I. durch zwei 
bestellte Commissäre Kirche und Kloster den Jesuiten. Von den Kirchengeräthen ; von denen ein Ver- 
zeichniss vieler Geftlsse und Ornate aus dem Jahre 1421 im Archive des Wiener Magistrats aufbewafarf 
wird (Register in dem vermerkt sind dac» keilthumb und Klaynai so seo dem kloster hincz den weissen 
hruedem gehörent), ebenso von der Klostereinrichtung war fast gar nichts mehr vorhanden. Die Kirche 
wurde als Magazin benützt. Das Kloster bewohnten Wohnpartheien und diente zum Theil als Zeughaus. 
Die Jesuiten legten nun rüstig die Hand an die Restauration; säuberten Kirche. und Kloster; Kirchen- 
pflaster und Dach wurden repariert und die Fenster der Kirche und des Kreuzganges geflickt (Hans- 
archiv). Das Kloster wurde erstes Professhaus der Jesuiten in Deutschland. 

Wie die Restauration ausgefallen; darüber gibt die Gegenwart Zeugniss. Das Kirchengebäude 
hat ihren ursprünglichen Bancharakter mit Ausnahme des Grundrisses und der Aussenseite des Chors 
beiniüie vollkommen eingebttsst; und wurde in jener höchst baroken Weise hergestellt; die dem als Be- 
wohner dort eingeftihrten Orden eigenthümlich war. Jede Erinnerung an die alten Ornamente ist ge- 
schwunden und wir finden an deren Stelle überaus plumpe und geschmacklose Gewinde von Blumen 
und Früchten nebst den kahlen und sehr nüchternen Friesomamenten in höchst verschwenderischer 

♦ 

Weise angebracht. 

Der Grundriss der Kirche zeigt uns ein Langhaus ohne Querbau mit stark entwickeltem Chor 
und polygonem Chorschlusse. Zwei Reihen von je drei Pfeilern trennen das Langhaus in drei je 62' 
hohe Schiffe. Das Mittelschiff ist 28' 6'S die beiden Seitenschiffe sind je 16' 6" breit. Die Pfeiler hat 
man ihrer Gliederungen beraubt und in geschmacklose Säulen verwandelt; durch welche Metamor- 
phose jedes an die frühere Construction erinnernde Detail beseitigt wurde. . Grosse ; geschmacklose 
Capitäle bilden gegenwärtig deren einzigen Schmuck. Nur an der spitzbogigen Gewölb econstruc- 
tion wurde aus leicht begreiflichen Gründen nichts geändert. Die vier Travöes eines jeden Schiffes 
von 27' 6" Länge, werden durch einfache Kreuzgewölbe mit birnenförmigen Rippen überdeckt. 



176 I>r- Karl Lind, Aber die drei mittelalterlichen Kirchen etc. 

mit welchen Rippen auch die Quergurten ; so wie jene Gurten gleich profiliert sind; welche die je drei 
in einer Reihe stehenden Pfeiler verbinden. Wie die je acht bei einem Pfeiler sich vereinigenden Rippen 
mit demselben sich verbunden haben^ ist nicht mehr möglich bestimmt anzugeben, doch scheint eS; dass 
der Chorschluss ohne weitere Vermittlung geschah; was noch gegenwärtig zum Theile an den nocli freien 
Stellen der Pfeiler ober den jetzigen Capitälen zu erkennen ist. Beleuchtung erhält das Langhaus durch 
ein grosses an der Fa^ade in der Linie des Mittelschiffes angebrachtes; nattlrlich modernisiertes Fenster, 
und durch vier spitzbogige masswerklose Fenster an der Nordseite , deren unterer Theil als Fenster fflr 
das Oratorium dient, welches man über den an den beiden Langseiten angebauten Capellenreihen 
angebraeJit hatte* Diese, so wie die Fa^ade sapimt Vorhalle und Orgelchor ^ aind ein Werk der Re- 
stauration durch die Jesuiten. 

Der Chor, unter welchem sich eine mit demselben gleich grosse Grufthalle befindet, zeigt 
gegenwärtig flache Eunstmarmorwände , ist von Holz tonnenartig überw(>lbt, halbkuppelförmig ge- 
schlossen und mit vergoldeten Rosetten in Quadratfeldem geschmflckt. Der Chor selbst zeigt keine Spur 
mehr seiner früheren Anlage. Doch lässt sich diese theilweise aus der Betrachtung des Chors* von 
Aussen und insbesondere durch das alte, steinerne Gewölbe erkennen, welches noch an seinem Baue 
ungeändert besteht. Da nämlich das Presbjterium zu hoch erschien, hat man unter das alte Gewölbe 
ein hölzernes, niedreres,» gewiss nicht schöneres eingebaut. Derlei Umstaltungen finden sich aueh in 
der Jacobskirche zu Wr. Neustadt und in der Carthäuserkirche zu Gaming. *^ 

Der Chor ist mit dem Mittelschiffe beinahe gleich breit und mit Rücksicht auf das alte Chorgewölbe 
auch von gleicher Höhe. Er zerfällt in vier Travöes und einen dreiseitigen Chorschluss. Jedes Trav6e ist 
mit einem einfachen, spitzbogigen Kreuzgewölbe überdeckt, dessen Rippen im Vereine mit der Quergurte 
büudelförmig als Wandpfeiler herablaufen. 

Wie bereits erwähnt, hat sowie die innere auch die äussere Seite ihre Charakteristik verloren. 
Nur der Chorschluss und die Nordseite zeigen noch die den altersschwarzen Quadermau^m einge- 
setzten hohen Spitzbogenfenster und die mächtigen Strebepfeiler, die zum Theile mit einfachen Ab- 
schrägungen, zum Theile mit aufgesetzten Spitzgiebeln endigen. Die. Fenster sind nur bis zur Hälfte 
offen, der obere Theil und spitzbogige Schluss sind vermauert, und gehören dem Räume zwischen 
beiden Gewölben an. Zur Seite jedes Fensters zeigen sich oben kleine runde Offnungen mit Klee- 
blattmasswerk. 

Der alte Thiirm, den wir noch auf den Wiener Ansichten von Hufnagl, Lautensak, Hirsch- 
vogl etc. als einen kleinen Dachreiter über dem Chor finden, ist verschwunden und nur die noch 
bestehende Schenkenstiege an der nördlichen Aussenwand des ersten Gewölbejoches im Chor erin- 
nert daran. Daftlr besteht jetzt Über dem Chorschlusse ein neues Thürmchen. 

Die Fagade der Kirche wurde 1662 durch Carlo Carnevale, den Erbauer der Servitenkirche 
in der Rossau, in der noch jetzt bestehenden Gestalt hergestellt *). 



1) Bezüglich der Siegel dieses Convents s. Sava*8 Aufsatz in den „Bfittheilungen der k. k. Central-CommiBBion^ 1859, 152. 



MINORITEN-HRCHE IN WIEN. 



F;a. a. Tii. 1. 



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MINuPJTEN-KIIlCHE lU WIEN. 

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FÜNF GELEHRTEN PRIMISSER. 



VON 



JOSEPH BEBOMANN. 



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83 



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In der ersten Abtheilang des Bandes 11. von S. 7—85 dieser „Berichte und Mittheilnngen des 
Alterthums - Vereines zu Wien^ 1857 hat der Akademiker Herr Joseph Feil eine grtlndiiche and werth- 
voUe Abhandlung „über das Leben und Wirken' des Geographen Georg Matthäus Vischer^ (geboren 
am 22. April 1628 zu Wenns bei Imst in Tirol; gestorben wahrscheinlich 1695 zu Wien) nebst dessen 
Porträte mit den markig ausgeprägten Gesichtszügen, welche auf einen energischen Charakter schliessen 
lassen y niedergelegt. Derselbe Verein erachtete es flir seine heilige Pflicht, das Andenken eines andern 
ausgezeichneten Tirolers ; nämlich Alois Primissers zu würdigen und zu ehren, indem dieser zu jener Zeit, 
in welcher die Kenntniss und das Studium der älteren deutschen Bau und anderen Eunstdenkmale 
im Vaterlande noch in argem Dunkel lagen , wie ein heller Stern hervorleuchtet. Aufgefordert die Er- 
innerung an den trefflichen; allzufrüh dahingeschiedenen Primisser, der uns zahlreiche und muster- 
giltige Arbeiten nicht allein auf dem Gebiete der Bau- und EirchendenkmalC; sondern auch auf dem 
Felde der Museographie, Numismatik und der Sprachkunde hinterlassen hat, bei der jungem Gene- 
ration wach zu rufen und dessen geehrten Namen in weitere Kreise zu tragen, habe ich mich ent- 
schlossen auch das geistesthätige Lebender anderen Primisse r, nämlich seines Vaters Johann 
Baptist; k. k. Schlosshauptmanns zu Ambras ; und dessen älteren Bruders CassiaU; Gisterziensers 
zu Stams, so wie auch des mit diesen blutsverwandten Archivars Johann Friedrich und dessen 
vielversprechenden im 27. Lebensjahre verstorbenen Sohnes Gottfried, kurz der fünf gelehrten 
Träger des geachteten Namens Frimisser, den Lesern dieser Blätter nacheinander vorzuführen. 

Mit dem gedruckten Materiale, das mir des Freiherm von Hormayr Archiv in den ver- 
schiedenen Jahrgängen und dessen „Taschenbuch ftlr die vaterländische Geschichte" Berlin 1846, 
S. 377—390, dann der „National-Kalender für Tirol und Vorarlberg auf das Jahr 1826" S. 86 ff., femer 
die „Wiener Jahrbücher der Literatur" boten, nicht zufrieden , wandte ich mich an Alois Primisser's jün- 
gere, mir persönlich bekannte Schwester T h e r e s e , verehelichte Unterkircher, in Innsbruck, an 
den hochwürdigen Heim Prälaten Alois Schnitzer zu Stams, und an meinen Jugendfreund Herrn 
Alois Freiherrn von Dipauli -Treuheim in Innsbruck um Mittheilungen aus der reichen Biblio- 
tbeca Tirolensis seines mir unvergesslichen Vaters und Gönners, des Präsidenten Andreas Freiherm 
von Dipauli - Treuheim (f 1839), und war von allen mit reichlichen Zusendungen, welche ich gehörigen 
Ortes näher angeben werde, aufs angenehmste erfreut, wofür ihnen sämmtlich mein schuldigster Dank 
gesagt sei. 

Heimat der Frimisser. — Um das Geschlecht der Primisser in seiner Wiege kennen zu lemen, 
schrieb ich an den hochwürdigen Herrn Pfarrer Kaspar Rainer zu Agums-Prad am Fusse des 
Ortles im einst romanischen Vinschgau, wo noch Familien des Namens Primisser fortbltthen, 
und erhielt die gewünschten Notizen aus den dortigen Pfarrbüchem. In den älteren derselben ist von 

28* 



180 Joseph Ber^ann, 

den versohiedenen Pfarrern der Name nach der Aussprache des Volkes abwechselnd Primser, 
Primbser, Primsmer, Primsner, Primeser, woraus das heutige welschklingende Primisser 
hervorgegangen; nach allen diesen Variationen eingetragen. 

Wir beginnen mit Georg Primbser zu Prad (d. i. romanisch: Prato), den Maria Egger 
mit eilf Kindern beschenkte, deren viertes Namens Anton, am 22. August 1702 geboren, mit Barbara 
Beisigl sich verehelichte, welche ihm fünf Söhne und vier Töchter gebar. Das flinfte Kind war Karl, 
geboren am 14. April 1735, das siebente Johann Baptist, geboren am 23. August 1739, das achte fieorg, 
geboren am 30. März 1743; deren Schwester Maria, nachher verehelichte ünterkircher, war ge- 
boren den 26. Jänner 1732, ihre Söhne waren: a) Paul ünterkircher, geboren am 25. Jänner 1760, 
dessen Sohn Martin, geb. am 1. November 1793, welcher, Secretär beim k. k. Oberlandesgerichte zu 
Innsbruck, mit seiner Base Therese Primisser verehelicht ist, und b) der gelehrte Professor 
Kaspar ünterkircher, geboren den 6. Jänner 1776, gestorben 1836 *)• 

I. 
BLarly naohher Oassian Primisser^ 

Cisterzienser zu Stams, f 1771. 

QuelleD. Aus den Nachrichten über das Leben und die Schriften des Cisterzienser - Mönchs 
Gassian Primisser zu Stams von dessen Ordensbruder Roger Schranzhofer, nach einer Ab- 
schrift (aus dem CCXGIII. Bande der Bibliotheca Tirolensis) von der Hand jenes so eben genannten 
NeflPen Kaspar ünterkircher, welche mir sowohl Frau Therese ünterkircher, als auch der Herr 
Prälat Schnitzer gefälligst zugeschickt kaben. 

KarTs mit noch acht Kindern gesegnete Altern waren unbemittelte Bauersleute und vermochten 
ihren Kindern und besonders diesem ihrem Sohne, der sehr früh Beweise vorzüglicher Geistesanlagen 
und ausserordentlicher Wissbegierde gab, nur mit Unterstützung des Ortspfarrers Johann Baptist Hohen- 
leiter *) und ihrer Gevatersleute Karl Walnöfer und Eva Kurat, den nothdürftigsten Unterricht in der 
Dorfschule ertheilen zu lassen. Man beweg den Vater den viel versprechenden Knaben in's Gymnasium 
nach Meran zu schicken, dessen gegen arme Studierende wohlthätige Bürger auch ihm die Mittel 
eines kümmerlichen Unterhaltes boten. Noch finden sich unter seinen Papieren mehrere Aufsätze von 
Dankschreiben an Wohlthäter zu Meran und der umliegenden Orte, welche ihm während jener Studien- 
zeit Kost und milde Beiträge reichten. Seine ausgezeicbneten Fortschritte in den Studien und sein 
musterhaftes Betragen empfahlen ihn gar bald dem Pfarrer im nahen Dorfe Mais, so dass alldort der 
Prälat und Abt Roger*) zu Stams, welchem Stifte diese Pfarre einverleibt ist, in der Folge ihm seinen 
Lebensunterhalt anwies. 

Schon damals als Knabe, welcher noch dazu ausser der Schule sich selbst überlassen war, 
machte er es sich zum unabänderlichen Gesetze nichts zu lesen, ohne sich die besten Stellen nach 
seinem Bedürfnisse auszuziehen und in diesen Notaten die grösste Ordnung zu halten, um bei Anlässen 
sie stets aufs geeignetste in Anwendung bringen zu können. Wie sehr hat dieses bei einem Knaben 
seines Alters gewiss höchst seltene Verfahren und die aus demselben erfolgende Angewöhnung dem 
Manne, welcher - nach dem Ruhme eines selbstthätigen Gelehrten strebte, seine Arbeiten erleichtert. 
Diese nachahmungswürdige Methode ist die Grundlage eines jeden sichern und gründlichen Studiums! 



1) Über diesen würdigen Priester s. die Anmerkung am Schlüsse dieser Biographie. 

2) Nach H. Pfarrer Rainer war dieser um die Pfarre sehr verdiente Seelsorger aus Malsund starb am 24. Febr. 1741. 

3) Über diesen Abt Roger Seiler aus Telfs s. unten in der Reihe der Äbte N. XLIX. 



die fünf gelehrten Primisser. 181 

Mit Recht hatten dits Benedictiner von Marienberg; die von jeher das Gymnasium zn Meran mit 
tttchtigen nnd würdigen Männern versahen , schon zu jener Zeit das Studium der lateinischen und grie- 
chischen Sprache fttr die Hauptfächer ihres Unterrichtes gehalten und der Jttngling konnte nur durch 
Verwendung und Fortgang in der Sprachlehre auf Lob und Auszeichnung Anspruch machen. Besonders 
merkwürdig sind die treffenden Übersetzungen lateinischer Redensarten in die Muttersprache, indem 
sie zeigen wiesehr der Knabe sich bemtthte den Geist beider Sprachen richtig aufzufassen. Sie sind, 
wie Herr Schranzhofer sagt, alphabetisch nach Schlagwörter geordnet in reicher Menge, und mögen 
dem armen Jttngling bei dem Mangel grösserer literarischer Hilfsmittel als selbstgeschaffener Sprachschatz 
gedient haben. Einen voluminösen Quartband fUlen Sentenzen aus Classikern, ihre Auswahl beur- 
kundet einen hellen , scharf eindringenden Geist. Die Kärglichkeit des Lebensgenusses hat, wie es 
scheint, die Kraft seines Geistes belebt und erhöht! Sinnreich sind femer die tabellarischen Formen, 
in welche er die Grundlehren der griechischen Sprache gebracht hat ; zahlreich die noch vorhandenen 
Übungen in dieser, so wie in der italienischen und französischen Sprache; äusserst mannigfaltigen In- 
halts die Notata miscellanea als sprechende Beweise seiner Lembegierde und Belesenheit. Was aber 
unsern Primisser zu jener Zeit vor allen seines Gleichen nicht nur am Gymnasium zu Meran, sondern 
selbst in Tirol und andern Provinzen, und selbst vor manchem Lehrer auszeichnete, war die unermüdete 
Sorgfalt, die er auf die Erlernung seiner Muttersprache in ihrer Reinheit verwendete, zumal, wenn man 
seiner Herkunft, seines Aufenthaltsortes und der zu seiner Zeit so allgemein üblichen Vernachlässigung 
dieses Gegenstandes der Jugendbildung gedenkt. 

„Ich habe von ihm,^ sagt Herr Schranzhofer, „einen Entwurf der deutschen Sprach* 
lehre nach Gottsched's Ideen — und welche hätte er sonst zum Grunde legen sollen? — nebst einer 
deutschen Prosodie zur Hand, mehr als zwölf Bogen stark und in solcher systematischer Ordnung, 
dass diese Schrift zu derselben Zeit und in unserem Theile Deutschlands immerhin des Druckes würdig 
gewesen wäre. Ich kann nicht umhin das , was er über die Eigenschaften und Kennzeichen der guten 
und schlechten deutschenSchreibart zu seiner Selbstbelehrung niedergeschrieben hat, auszuheben 
und hierher zu setzen: 

Die gute Schreibart muss : 1. deutlich sein: 

m 

a) durch übliche, nicht zweideutige Worte; 

b) nehme man die Worte im gewöhnlichsten Verstände; 

c) man erkläre ungewöhiriiche oder doppelsinnige Worte; 

d) bediene man sich gewöhnlicher und ordentlicher Wortfügungen ; 

e) vermeide man die Einschiebsel , so viel als möglich ; 

f) bediene man sich der Partikeln auf eine geschickte Art. 

2. Artig, nicht pöbelhaft, oder pedantisch; 

3. Ungezwungen; daher ahme man kein Muster gar zu ängstlich nach, sondern man lasse 
auch seinem Naturell den Lauf. 

4. Vernünftig, d. i. hoch bei hohen, niedrig bei schlichten Sachen. 

5. Natürlich, nicht überhaupt mit Verblümungen , Gleichnissen und Figuren, sondern wie es 
die Sache fordert. 

6. Edel, durch Vermeidung der Wortspiele und Spässe. 

7. Wohlgefasst durch gute Abtheilung der Perioden. 

8. Ausführlich, nicht aus lauter kurzen Perioden bestehend; und dass man alles sage, was 
zur Sache nöthig ist.. * 



182 Joseph Bergmann, 

9. Zusammenhängend) so dass jede Materie mit der nächst vorhergehenden nnd folgenden 
Verbindung habe, und die Bindewörter wohl angewendet werden. 

10. Wohlklingend, wie wohlgeartete Leute mitten in Deutschland (als in Meissen, Franken, 
in der Pfalz) zu sprechen pflegen. 

Schlechte Schreibarten sind: 1. die dunkle, sie entsteht durch Wortmenge oder Auslassung, 
durch Anhäufung gar zu alter, zu neuer, minder bekannter Proyinzialwörter. 

2. Die pedantische, sie entsteht aus lateinischen Wörtern , aus der lateinischen oder fremden 
Wortfügung, aus den Wortspielen. 

3. Die gezwungene, sie entsteht aus der gezwungenen Nachahmung eines Schriftstellers, aus 
Galanterie französisch, italienisch, englisch zu kennen. 

4. Die phantastische aus tLbermässigen Vergrösserungen und Verkleinerungen. 

5. Die schwülstige mit unnöthigen Hypothesen. 

6. Die niedere mit pöbelhaften Redensarten und Ausdrücken und lächeriichen Anspielungen. 

7. Die weitläufige, die an Absätzen Mangel hat. 

8. Die allzukurze oder lakonische, welche aus lauter einfachen Perioden besteht. 

9. Die Übel zusammenhängende und übel getheilte. 

Mit Recht sagte Primisser, die Übung im Übersetzen sei das beste Mittel zur Wohlredenheit und 
zur guten Schreibart. Er schrieb sich hierüber folgende Regeln vor : a) man übersetze stets nur fremde 
Bücher in die Muttersprache nnd zwar immer die besten, wie sie zu eines Jeden Hauptzweck die nütz- 
lichsten sind, b) Hat man einmal den zu übersetzenden Text wohl verstanden, dann bemühe man sich 
nicht so sehr die Worte als den rechten Sinn des Satzes auszudrücken; c) doch behalte man so viel 
möglich die Figuren, Abtheilungen und Perioden des Originals bei. d] Man beobachte den Ausdruck 
und die Ordnung der Gedanken, Perioden und Verknüpfungen in den besten Büchern über solche 
Materien, die man einst selbst abzuhandeln gesinnt ist, man hüte sich aber vor der affeotirten Nach-* 
ahmung irgend eines Lieblingsschriftstellers etc.^ 

Eine Menge Bruchstücke von Übersetzungen in die Muttersprache, die noch vorhanden sind, geben 
Zeugniss von dem Fleisse sich jene Regeln praktisch eigen zu machen, so auch die Erklärungen einiger 
fremden und weniger bekannten Wörter; die Verzeichnisse deutscher Eigennamen mit ihren Abänderun- 
gen, femer eine Sammlung von ungefähr anderthalb hundert Sprichwörtern, wie auch das Sjlbenmass 
aller Gattungen von deutschen Oden und Melodien etc. sind Beweise eines aufmerksamen Studiums 
seiner Muttersprache ; es übersteigt wirklich allen Glauben , dass ein Gjmnasist in gedrückten Verhält- 
nissen neben seinen Schularbeiten die Stunden gewann, im literarischen Fache solche Fortschritte 
zu machen. 

Noch während seines Aufenthaltes in Meran entschied sich seine Vorliebe ftlr die Geschichte 
und Geographie; allein er beklagte sich selbst über die geringen Quellen und Hilfsmittel, die ihm 
daselbst zu Gebote ständen. Schon damals war ihm nichts so angelegen, wie er selbst bezeugte, als 
von seinem lieben Vaterlande einen vollkommenen geographischen Begriff zu bekommen, 
und dort schon legte er den Grund zu seiner Karte von Tirol, welche nach ihrer Vollendung bei 
dem gelehrten Professor de L u c a zu Innsbruck ungemeinen Beifall erhielt ; dort entwarf er auch seine 
allgemeine, nach Jahrhunderten in Tabellen eingetheilte Geographie, die er nach und nach mit Noten 
zu erläutern bedacht war. 

Nach solchen Vorbereitungen zog Karl Primisser, von seinen Lehrern nach Verdienst empfohlen 
und von seinen Mitschülern geliebt nnd begleitet, auf die hohe Schule zu Innsbruck, wo ihn sein 



die fünf gelehrten Primisser, 183 

sittliches Betrageh nnd seine Kenntnisse^ welche ihn zum Bepetitor seines Gleichen und znm Lehrer 
jnnger Zöglinge bestens empfahlen; sowie seine Genügsamkeit gar bald in Stand setzten , sich ein 
selbstständiges Auskommen zu yerschaffen. Mit welch' ungewöhnlichem Eifer für alles Wissenswerthe, 
mit welch' unermüdetem Fleisse nnd systematischem Geiste der sechzehnjährige Jüngling sich auch hier 
den philosophischen Wissenschaften widmete ; beweisen nicht allein die unzähligen Notaten nnd Hefte^ 
die er nach den Vorlesungen der damaligen ProfeBsoren Weinhart; Lachemayr^ Schweigbofer; Fässer, 
Daiser; Gassmaier nnd Weitenauer schrieb; sondern auch einige grössere Werke, die er für sich com- 
pilierte und systematisch ausarbeitete. Dahin gehören : 

1) Ein vollständiger Auszug von einigen Bogen aus P. Weitenauer's Abhandlung de difficillimo 
genere epistolarum; die der Verfasser seinen lernbegierigen Schülern im Manuscripte mittheilte , und 
die erst 1756 zu Augsburg und Freiburg im Drucke erschien. 

2) Seine deutlichen und in schöne Ordnung eingeth eilten philosophischen Ausarbeitungen; welche 
mit Inbegriff der Naturkunde, Metaphysik und Ethik 230 Paragraphe enthalten, und aus deren Zusam- 
menhang sein Grund hervorleuchtet; dass man niemals in das Innerste einer Wissenschaft eindringen 
könne ; ohne die Begriffe in einem itJrmlichen Lehrgebäude so aneinander zu knüpfen; dass einer aus 
dem andern entstehe und alle zusammengenommen nur eine einzige Kette bilden. 

3) Sein „Physicae universalis et particnlaris compendium coUectum tum ex praelectionibus aca- 
demicis P. Caroli Lachemayr; tum ex aliis >auctoribu8^, worin sich die Kosmographie , Geographie und 
Topographie vorzüglich in Hinsicht auf die Tiroler-Provinz und das Vinschgau aus angebomer 
Vaterlandsliebe dadurch besonders auszeichnet, dass ihm sogar bei den kleinsten Gemeinden nicht der 
geringste Umstand entgieng. So enthält der letzte Paragraph 37 Nummern über Tirol; dessen Grenzen, 
Natur, Eintheilung nach den Thälern, alten Grafschaften, Herrschaften, Gerichten und Gemeinden etc.; 
den Schluss macht das Gebiet von Glurns, nämlich Gloriense territorium und darin sieben Gemeinden, 
und als letzte: Bradensis Communitas, d. i. Prad, die Gemeinde seiner Geburt. Pater Ignaz von 
Weinhart ^), der ausgezeichnete Professor der Mathematik, fand an Primisser ein geläufiges Genie 
zur Geometrie und zwar eben zu der Zeit, als der berühmte Bauer von Oberperfuss Peter Anich bei 
ihm Arithmetik, Mechanik und praktische Feldmesskunst studierte, zwei ihm höchst erfreuliche Schüler, 
welche durch ihre Bemühungen und hinterlassenen Eunstarbeiten die Nachwelt in Bewunderung setzen. 

Unter v. Weinhart's Anleitung brachte der junge Geograph seine Landkarte, zu der er bereits 
in Meran den Grund gelegt hatte, in Ordnung, und verbesserte die auf seinen Beisen durch's Vinsch- 
gau, Bozen, Brixen nnd das Wippthal selbst bemerkten Fehler. Diese Arbeit (1753), besonders die 
genaue Bestimmung der geographischen Länge, Breite und Grade, war um so mühsamer, indem Anich 
seine grosse Tiroler-Karte in 21 Platten erst im J. 1760 zu arbeiten begann. Primisser's Karte, ein 
wahres, mit der Feder ungemein nett und mit aller >Pünktlichkeit gezeichnetes Original, erregt verdiente 
Bewunderung. Das ganze Land Tirol fasst auf zwei Bogen nachstehende zehn Districte in sich : Unter- 
innthal, Oberinnthal, Wippthal, Pusterthal, Brixen, Vinschgau, Burggrafschaft Tirol, Oberetschland, 
Unteretschland, Trientmit 111 Gerichten und Bezirken, mit der Aufschrift: „Principalis Comitatus Tirolis. 
GefÜrstete Grafschaft Tirol, eingetheilet und gezeichnet von V e n n Brader. 1754.^ Karl, nachhin Cas- 



1) Ignaz von Weinhart, aus einer verdienstvollen Tirolischei^ Asklepiaden - Familie , zu Innsbruck 1705 geboren, 
ward 1721 Jesuit, 1735 Priester, von 1742— 1780 Professor der Mathematik an der Universität zu Innsbruck, gest. 
22. Mai 1787. Das Nähere über ihn und seine Verdienste um Tirol , besonders um Peter Anich (f 1766) und 
dessen Neffen Blasius Hueber (f 4. April 1814) vom k. k. Hofrathe, nachher. Freiherm Dipauli von Treu- 
heim 8. in V. Hormayr's Archiv ^816. S. 308 f. 



184 Joseph Bergmann, 

sian Primisser nannte sich so, weil er in valle Vennonnm (VinBchgan) zn Brad Oder Prad geboren 
war. Von dieser Karte , welche die k. k. Uniyersitäts - Bibliothek in Innsbnick verwahrt, geschieht in 
Ignaz de Luca's Literatur und Statistik von Tirol, Innsbruck 1782, Bd. I. 136 rühmliche Erwähnung. 
Primisser widmete diese Arbeit dem Abt Roger zu Stams, und bat zugleich um unverweilte Au&ahme 
in dieses Gotteshaus. Der verständige Abt machte, um des Jünglings Beruf zu prüfen, Anstand ihn 
sogleich aufzunehmen, und trug dem eifrigen Gandidaten auf, die Theologie in Innsbruck zu h^ren und 
dieselbe in ein seinem Geschmacke überlassenes, nützliches System zubringen. In sehr beschränkter 
Frist war eine, von allen scholastischen Schlacken gereinigte, blos aus der heiligen Schrift, den 
Vätern, Concilien und Yernunftgründen entnommene Dogmatik in 246 Sätzen verfasst mit einer latei- 
nischen Zueignungsschrift, ein schönes Zeugniss von Kopf und Herz, an den Herrn Prälaten. 

Auch an den Pater Prior schickte er seine halbe Seele, nämlich sein ganzes literarisches Ver- 
mögen, welches in reichhaltigen Notaten bestand, zum voraus nach Stams mit dem Schreiben: „P. P. 
Ecce, me medium praemitto, i. e. Notata mea, daturus me ipsum totum. Gontinent haec Grammaticarum 
compendia ex Auetoribus excerpta, Germanicae, Italicae, Graecae, Hebraicae, Syriacae, Ghaldaioae, Rae- 
ticae Unguarum; item Sententias et Eruditiones ex plurimis tum sacris, tum profanis Auetoribus exceptas, 
item spiritualia Lemmata cum Indice; Scripta philosophica ; F;-agmenta quaedam Geographica, item 
compendia Chronologiae , Historiae sacrae et profanae ; Eloquentiae sacrae compendium etc. — Neque 
tamen ex Affectu haec mei dimidium aestimo, sed exinde, quod studiorum meorum progressum in 
Scriptis consistere scio. Si visum fuerit Reverendissimo bstendere aut oiTerre , poteris. Haec enim quae- 
cnnqne nunc scripsi, non Sciri, nisi a Te cupio, et a quibus Sciri mea interest. Fac plurimum Reverende 
Pater, ut Pater sis! Fac, ut qui filialis in Te observantiae Signum mitto, non animo tantum, sed totus 
brevi candidus ') sim, qui sum Gandidatus humillimus 

Garolns Primisser. 

Als der damalige hochverehrte Präsident Gassian Ignaz Freiherr und sbit 14. April 1764 Graf 
von Enzenberg ^), der gelehrte Joseph von Sperges ') und andere angesehene Männer des Gan- 
didaten sich angelegentlich annahmen, Hess der Prälat, der ihn vor seinem Eintritt in's Stift gern in 
den Rechtswissenschaften eingeweiht wissen wollte, sich bestimmen, ihm am 21. September 1755 das 
Ordenskleid anzulegen. 

Diess ist der Gang der Entwickelung und Ausbildung des ftir die Tirolische Geschichte viel ver- 
sprechenden Karl Primisser bis zu seinem Eintritte in's Kloster Stams. 



Voll Frömmigkeit und jugendlicher Wärme, ftir die Pflichten seines künftigen Standes verlebte 
er mit dem ihm natürlichen Ernste in grosser Strenge sein Probejahr. Zum Glücke wusste sein Novizen- 



1) Anspielung auf das weisse Gewand des Cisterzienser- Ordens, nach dem Primisser sich sehnt, desgleichen lesen 
wir in seinen Briefen die Worte „candore interno et ezterno/ 

2) Gassian Ignaz Graf von Enzenberg, einem alten Geschlechte derVorlande entsprossen, am 14. Juli 1709 zu 
Brixen geboren, erhielt seinen Taufnamen vom heil. Gassian, Patron der Kirche zu Brizen, wo dessen Vater 
Franz Hartmann (f 1720), geheimer Rath und Hofmarschall gewesen, war geheimer Rath und^Ssident der ober- 
üsterreichischen Hofkammer, später Präsident des Tirolischen Landesgubemiums , f 18. September 1772 zu Mais 
bei Meran, und wurde in der Gruft zu Maria Trost bei Mais beigesetzt. Er ist der Stammviiter aller noch blühen- 
den Grafen von Enzenberg. 

3) Über den nachherigen k. k. Hofrath Freiherm v. Sperges, einen der hervorragenden aus der nicht geringen 
Zahl ausgezeichneter Tiroler des vorigen Jahrhunderts, geb. zu Innsbruck 17J}6, gest. in Wien am 26. October 17^1, 
8. des Freih. v. Hormayr: „Österr. Plutarch." XYI, 157^173, wie auch die „Österreichische National - EncyUop." 
y, 101. „Berichte und Mittheilungen des Wiener Alterthums - Vereines'' HI, 46. 



die fünf gelehrten Frimisser. 185 

meister und Gl^nner, Pater Vigil von Granicher von Innsbruck ^ der Welt- und Menschenkenntniss 
besasS; diese Ascetik zu mildern und ihn zu belehren ^ wie die Wissenschaften mit der Religion ver- 
träglich seien ; und so fand er denn die rechte Mittelstrasse; auf der ein Ordensmann zu wandeln hat. 
In seinen Notaten finden wir unter andern etliche Sätze als Norm seines Verhaltens in Gewissens- 
zweifeln aufgezeichnet. 

Während seines Noviziats übersetzte er die Psalmen; um tiefer in deren erhabenen Inhalt; 
besonders beim Chorgesange einzudringen. Ganz vorzüglich beschäftigte ihn die Ordensregel des heil. 
Benedict; auch sammelte er in deutscher Schreibart das Beste aus den besten GommentatoreU; vornehmlich 
aus den Schriften des heil. Bernard und aus der Bibel. Nachdem er die Regeln seineS; nämlich des Cister- 
zienser - Ordens vollkommen erlernt hattC; wollte er auch dessen Geschichte genau kennen und bediente 
sich hierzu der umfassenden Annalen des Spaniers Angelus Manriqu e ^); die er von Anbeginn des Ordens 
bis zur Gründung des Klosters Stams von 1093 — 1272 in kurzem Abriss in's Deutsche übersetzte; und 
diesen seinen Abriss mit einer genealogisch - chronologischen Karte aller nach und nach entstandenen 
Klöster des Ordens versah. 

Während dieser rastlosen Beschäftigungen rückte dfe Zeit zur Ablegung seiner Klostergelübde 
heran; zu welcher Feierlichkeit er mit Genehmigung seiner Obern auf den 21. September 1756 seine 
Altern; Lehrer und Gönner einlud. Auch Graf Cassian von Enzenberg; dem er seinen Kloster- 
namen verdankt; sammt seiner Gemahlin war aus Innsbruck zugegen; durch dessen Gewogenheit er 
später zu seinen historischen Arbeiten das k. k. Schatzarchiv benützen konnte. 

Von dieser Zeit an lebte unser Cassian ganz seinem frommen Berufe; dem Stifte und der 
vaterländischen Geschichte; brachte am 21. October 1759 das erste Messopfer dem Herrn dar. Unge- 
mein glücklich in seinem freigewählten Stande wünschte er auch seine zwei jungem Brüder ; mit denen 
er in stetem Briefwechsel war und sie durch an sie gestellte Fragen mannigfachen Inhalts in geistiger 
Thätigkeit erhielt; nämlich Johann Baptist; den nachherigen Schlosshauptmann von Ambras ; und 
Georg; der als Student gestorben; in ihrer Standeswahl glücklich zu wissen. 

Der gelehrte Jesuit Pater Weitenauer '); von dem mehrere Briefe vorhanden sind; war sein 
Consulent in Sprachen; Anton und Cassian Roschmann in Bibliotheks - Gegenständen ; der Land- 
schafts - Sjndicus von Egg er in der vaterländischen Geschichte und Diplomatik. Noch als Frater be- 
schäftigte er; nachdem er in der Universitäts-Bibliothek zu Innsbruck sich ausgebreitete BücherMenntnisse 
erworben hatte ; sich mit der Bibliothek sowohl der Abtei als auch des ConventS; und schreibt in Be- 
zug auf letztere am 17. Juni 1759 an Cassian Roschmann: „Tempus ; quo examinibus philosophicis 
Oenipönti intererit mens Theologiae Professor (Stamsii) P. Zacharias Vischer; otii nonnihil mihi indul- 
gebit. Id; Superiorum jussu; impendam ordinandae Bibliothecae nostrae conventuali; quae hactenus sine 
Rubrlca; sine OrdinC; sine Catalogo vasta jacet. Catalogus ergo fieri necesse erit.^ Roschmann über- 
schickte ihm mehrere Bücher Papier mit gedruckten Linien und den Aufschriften : Cognomen. Nomen. 
Argumentum. Editio. Forma. Literarum series. Numerus. 

Diess war ihm jedoch nur eine Nebenarbeit; wenn er auch einen Katalog von mehr als 



1) Dieser spanische Cisterzienser war um 1577 zu Burgos geboren, erst Professor der Theologie zu Salamanca, dann 
E. PhUipps IV. Hofprediger y später Bischof zu Badajoz, schrieb die Annales Cistercienses in etlichen 
FoHobänden nnd starb 1649. 

2) Ignaz Freiherr von Weitenauer, aln 1. Nov. 1709 zu Ingolstadt geboren, trat 1724 in den Jesuitenorden, ward 
1753 zu Innsbruck Magister der Philosophie und Professor der griechischen und hebrSischen Sprache bis 1773. 
Nach Auflösung des Ordens lebte er zu Salmansweiler und starb am 4. Februar 1783. 

V. «4 



IgQ Joseph Bergmann, 

20.000 Btlchern za verfassen und jedem seinen Ort und seine Signatar zn geben hatte. Die Hanuseripte 
und Incunabeln allein, welche wie Pater Schranzhofer im J. 1811 sehreibt; letzthin (unter k. baieri- 
scher Regierung) wagenvoll von Stams nach Innsbruck geführt worden sind, machten eine bedeutende 

Anzahl. 

Nach dieser umfassenden Arbeit ward ihm der Auftrag, den Neuprofessen über Philosophie 
vorzulesen, zu welchem Zwecke er drei Quartbände über die heilige Schrift und ihren Sinn, Qber die 
griechischen und hebräischen Redensarten des neuen Testaments nebst einer Zeitordnung der evan- 
gelischen Historie ftillte. 

Über alle diese Arbeiten verfasste er mit unermüdetem Fleisse und ungewöhnlicher Pünktlichkeit 
eine genealogische Tabelle auf drei aufgespannten Regalbogen, darstellend den Stammbaum 
vom Grafen Meinhard U. und seiner Gemahlin Elisabeth von Baiern, in auf- und absteigender 
Linie vom IV. bis in's XVIII. Jahrhundert, d. i. von dem ersten Könige der Franken bis auf die Kai- 
serin Maria Theresia, mit allen ihren Verbindungen und beigeftlgten historischen Noten; wo mittelst 
einer ordentlichen Gradeintheilung — nach Art der chorographischen Karten — von wenigstens 2000 
Eigennamen jeder allsogleich zu finden und auch die ununterbrochene Reihe der Landesherren in Tirol, 
wenigst eines Theiles desselben von Theodorich dem Ostgothen - Könige vom J. 493 bis auf unsere 
Zeit ersichtlich ist. Besonders sind auch die fürstlichen Wohlthäter von Stams in dieser 
Genealogie angemerkt, so dass man eine Geschlechtstafel, eine vaterländische und Ordensgeschichte, 
wie auch eine Stiftschronik in einer Karte vor sich hat. Muthmassungen und Zweifelhaftes sind mit 
unterbrochenen Strichelchen bezeichnet. Ja auch jenes, was noch im Widerspruche ist, z. B. wegen 
der Abkunft der Grafen von Tirol, wegen der Besitzungen der Markgrafen von Andechs und soge- 
nannten Herzoge von Meran in Tirol, hat er mit sehr wahrscheinlichen Naten beleget, welche — wie 
Herr Schranzhofer sagt — den Dictatorsprüchen eines B. von H(ormayr), so schön auch dessen Schreib- 
art ist , das Gegengewicht noch immer halten. 

Dieses mühevolle Werk ftlhrt den einfachen Titel: „Serenissimorum Stamsii Fundatorum M ei n- 
hardi et Elisabethae denealogia ^). Der. Verfasser widmete sie seinem würdigen Prälaten zum Jah- 
resgedächtniss seiner Erwählungsfeier mit den Worten : Rogerio Stamsii Abbati | ante annos ter septenos 
electo I isthanc Genesin Fundatoris nostri | offert 

filius obsequiosissimus 
F(rater) Cassianus." 

Nun betraute der Abt den rastlosen Gassian mit der Aufsicht über Archiv und Canzlei mit 
der Vollmacht, alles nach seinen Begriffen zu ändern, zu ordnen und wissenschaftlich zu gebrauchen. 
Die eigenhändige Note lautet: „Annol76S sub medium Maji Reverendissimus piae memoriae Rogerius 
Abbas Archivum ex integro ordinandum ac disponendum mihi injunxit, addita hac expressione : „Machen 



1) Elisabeth, Tochter Otto's II. Herzogs von Baiern, vermählte sich 1246 mit König Konrad IV. von Hohenstaufen, 
dem sie am 25. März 1252 zu Landshut das verhängnissvolle Kind Konradin gebar. Nach ihres Gemahles Tode 
(1254) reichte sie zu Mttnchen am 6. October 1259 dem Grafen Meinhard IL von Tirol ihre Hand, und stiftete 
mit diesem nach ihres Sohnes unglücklichem Ende zu Neapel am 29. October 1268 das Kloster Stamb, wo sie 
(t 10. October 1273) mit ihrem zweiten Gemahle ihre Buhestätte hat. Die erstgebome Tochter dieser Ehe, Namens 
Elisabeth und K. Alberts I. Gemahlin (f 1313) und Mutter von 21 Kindern, ist die Ahnfrau des kaiserlichen 
Hauses. Meinrad IL wurde im J. 1286 von König Rudolf I. zum Herzog von Kärnten und Reichsfürsten (daher 
gefürstete Grafschaft Tirol) erhoben und starb am 31. Octbber 1295 zu Greifenburg in Oberkärnten. 
S. das Nähere in des Freiherm von Hormayr: „Die goldene Chronik von Hohenschwangau.^ München 1842« 
IL Abtheilung. Urkunden 8. 71 ff. 



die fünf gelehrten Primisser, 187 

Sie es rechte lassen Sie Ihnen Zeit: es ist genug, wenn Sie in 20 Jahren fertig werden" — additä 
insnper obedientiä formali; serio et ter repetitä, ne quem alium, nisi de ipsius Praesulis expressa 
licentia in Archivurn intromitterem. In Archive primum inveni omnia (exceptis apprensis) in mera con- 
fusione. Hinc primum scripturas Cistarum omnes et singulas in octodecim Classes dirigere debui per 
tres fere annos ; quo spatio etiam Scripturas Abbatiae et Gancellariae et simili modo in Classes redegi, 
uti et aliquas istarum Classium in suos titulos; et anno 1765 Dominica in Albis (24. Februar) cöepi 
registrare cistas, et tres titulos absolvi.'' Eine Aufgabe , welche ftir das Stift nothwendig und nützlich 
war, von dem aber, welcher sich ihr unterzog, ausser umfassenden Kenntnissen warme Liebe zu 
solcher Arbeit, unablässige Ausdauer und festen Blick auf das festgesteckte Ziel erheischte, um aus 
dieser chaotischen Masse eine lichtvolle Ordnung zu schaffen. 

Mit schmerzlichem Geftihle musste er sehen, dass die Soldatesca, welche unter Führung des 
Kurfürsten Moriz von Sachsen im J. 1752 in Tirol eingefallen war, mit dem Raube des Kirchensilbers 
und der übrigen Kostbarkeiten des Gotteshauses nicht zufrieden, sogar die Gebeine der Fürstengruft 
durchwühlt, die Urkunden und Bechtsbehelfe im Archiv zerstreut, zerrissen und geplündert hatte. Es 
herrschte völlige Unordnung in den Fascikeln mit irrigen Aufschriften, in den Schränken und der 
Begistratur. Um diesen Wust zu bewältigen, gab ihm der Prälat den unverdrossenen P. Stanislaus 
Freys ing zur Beihilfe, und unter Primisser's Anleitung war am 24. Februar 1765 das Werk in zwölf 
Büchern vollendet, und nun ward die Universal - Eintheilung nach dem Inhalt und der Zeitfolge begon- 
nen und so der Stoff zu den Annalen, den Jahrbüchern des Stiftes gewonnen. Um mOgliche Gebrechen 
bei seiner Arbeit zu vermeiden, sammelte er kritische und diplomatische Regeln theils aus bewährten 
Schriftstellern, theils aus dem Brie^echsel mit Fachmännern; so schrieb ihm der k. k. Archivar 
Gassi an von Boschmann aus Innsbruck: „Optime non solum pro certificatione historiae Tuae 
Stamsensis, sed et ex genio Seculi nostri facies, si partem secundam diplomaticam Uli addas. Primam 
originem, restaurationem et progressum; scientiae hujus non modo pro defendendis tum Principum, tum 
communitatum et privatorum juribus necessariae Monachis debemus. Primum omnium iUius Magistrum, 
Mabillonium (f 1707) jam nosti, sedvereor, ne pro re tuä nihil Tibi proficiat. Generalia sunt, quae 
tractat de regulis, sed specialia solum et quidem de temporibus Francicis et Carolingicis, quae adfert 
pro exemplis. Post illum jure optimo venit Abbas Besselius (f 1749) Chronici Gottwicensis author; 
sed et iste adhucdum circa, medium solummodo aevum versatur: Authores Germani hunc exceperunt 
duo, quorum primus Heumannus (f 1760) de re diplomatica librum latinum in 4^^ uti loquimur, ex 
professo confecit; alter recentissimus Joachimus (f 1767) librum, parvum quidem mole sed magnum 
pretio, germanico idiomate, de principiis artis diplomaticae conscripsit: hunc ipsemet possideo, et si 
placet, submittam. Alia nunc ratio pro Te obsetranda mihi obvenit: nempe ut Tibi historiam scribenti 
candide aperiam, nihil aptius pro scopo Tuo, nihil melius pro imitatione me Tibi proponere posse, 
quam ut vel Eccardum (f 1730) de Francia Orientali in Folio, vel Meichelbeckii (f 8- April 
1734) historiam Frisingensem Tibi, si non^ habes, comparare satagas; ex herum praesertim ultimo 
usum diplomatum et methodum illa applicandi aptissimum optime dignoscas etc.^ Dass unser Gassi an 
die vorstehende Anweisung befolgte, bezeugen seine handschriftlichen "Kotaten, unter denen von diesem 
Gegenstande mit der Aufschrift Varia ac Disparata Nr. 50 ganze Auszüge erscheinen. 

Er copierte sehr viele seltene Documente aus verschiedenen Jahrhunderten, die ihm theils der 
Landschafts - Syndicus von Egger, theils der gelehrte Besch aus demBrixener Capitel-Archiv , theils 
Philipp Puel, Chorherr in Neustift mitgetheilt hatten, mit eigener Hand und gewann so praktisch 
eine grosse und nützliche Fertigkeit das Zeitalter, den Charakter, die Zeichen und Schreibart von 

24* 



188 Joseph Bergmann, 

Urkunden zu bestimmen. Auch war er bemüht aus den dreizehn Folianten des tirolischen Ganzlers 
Matthias Burglechner ^), die er mit hoher Bewilligung Band für. Band aus dem erzherzoglichen 
Hof- und Hausarchiy erhoben hatte, alles das was die Grafschaft Tirol berührt und dermals im Lande 
nirgends mehr zu finden ist; auszuziehen, um dieses Materiale ftlr seine Annalen zu benützen. Er grün- 
dete sein Gesuch an das Präsidium der hohen Landesstelle auf folgende vier Punkte: weil L das 
Kloster Stams eine landesfbrstliche Stiftung ist; IL in demselben die uralten Grafen von Tirol und andere 
fürstliche Personen, bei vierzig an der Zahl, ihre Ruh estättCs haben; IIL auch von andern alten adeligen 
Familien über hundert Personen daselbst begraben sind; IV. die Abte und Prälaten von Stams jeder- 
zeit in den wichtigsten Geschäften sowohl bei Hofe als bei den landschaftlichen Gongressen ihre Dienste 
geleistet haben. 

Der Aufmerksamkeit unseres Paters Gassian entgieng, obgleich sein Auge kurzsichtig war, nichts, 
wenn er einmal etwas sah, das ihm taugte. Roschmann, den er in Innsbruck besuchte, hatte das Manu- 
Script: „Die Geschichte der Landeshauptleute an der Etsch und Burggrafen von Tyrol" von Jacob 
Andreas Freiherm von Brandis verfasst, in einem Bücherschrank aufgestellt '). Kaum war er zu Hause 
wieder angelangt, schrieb er an Roschmann einen schmeichelhaften Brief und lockte zu seinem Zwecke 
ihm den schätzbaren Godex ab. Dieser Brief lautet: „Stamsii Id. Dec. MDGGLXIV. — Viro clarissimo, 
rarissimo Amico Gassiano Roschmann 

Cassianus Primisser. 

Quantas Tibi grates habeam pro eximiis, quas nuper Oeniponti plurimas sum expertus, Amicitiae 
Tuae demonstrationibus , ex animo quidem meo legeres , si patentem conspiceres. Verba et apices non 
sufficiunt eisdem sat exprimendis. Auxinm, fateor, me fecisti: quoniam, quibus meum erga Te affectum 
patefaciam signis, non video. Sed illud me consolatur, quod amicus meus es, hoc est, benevolus sine 
spe lucri. Ideo non exspectas a me reciproca ofiFicia , exhiberi contentus. Ego sane promptiorem me 
sentio ad praestanda Tibi obsequia, si res ita ferret, quam ad beneficia a Te recipienda. 

Nam et Tuus ego amicus sum. At verö non constat Amicitia sine fine honesto, sine vinculo 
firmo, sine commercio efficaci. Finis noster, ni fallor, Virtus est Amoris patriae; vinculum, Tua quae 
me tenet ad optima studia nata indoles; commercium ^ consiliorum et obsequiorum mutua coUatio. 

Horum occasionem Tibi ego frequentem dabo: utinam et Tu mihi! Interim eorum, quorum in 
Sacris singulariter meminisse soleo, catalogo inscriptus es. Accipe hoc, quod utique spernendum non 
puto, Amicitiae meae officium; quando ad alia difficilior mihi patet via, tum obedientiae religiosae, 
tam meae ineptitudinis obstaculis impedito. 

Inter historicos meos labores Origo Gomitum Tirolensium me nunc occupat: non Gori- 
tianorum, sed anteriorum, quorum duodecim, utpote Stamsii sepultorum nomina, gesta, origines 
indagare utique meum est. Vidi nuper in Tua, Vir clarissime, domestica Msc. bibliotheca codicem 
Manuscriptum Jacob! Andreae Brandisii, quem de hac re quoque tractare non nesX^io. Si ad 
unam vel alteram hebdomadem Auctorem hunc Stamsium submittere dignaveris, ingentis beneficii loco 



1) Matthias Burglechner, von Zimmermoos bei Brixlegg, war 1580 tiroliacher Kammersecretär und 1594 geadelt, 
sein gleichnamiger Sohn, geb. 1573, tirolischer Canzler und Vater der Landesgeschichte, gest. 7. September 1642. 
Er hinterliess „der tirolische Adler,** welches noch angedruckte Manuscript das k. k. Haus- Hof- und Staats- 
archiv in Wien verwahrt. 

2) Jacob Andrä, Freiherr von Brandis, geboren 1559, war von 1610— 1628 Landeshauptmann von Tirol und starb 
7. Nov. 1629. Obgenanntes Manuscript ist im J. 1850 zu Innsbruck durch Clemens Grafen und Herrn zu Brandis etc. 
herausgegeben worden. 



die fUnf gelehrten Primisser. 189 

id accipereni; pauIo post restitatiirus illaesum etc.^ Wie klag wasste er seinem Freunde die Fesseln 
anzulegen, dass er ihm gewährte was er wünschte! Dieses Werk hat unser Cassian in seinen Annalen 
wohl sehr oft benutzt. 

Diese ; Zeit fordernden Beschäftigungen hinderten ihn mit nichten seine religiösen Pflichteui 
seine Secretariatsdienste und anderweitigen Aufträge genau und treu zu erfüllen. Strenge Gewöhnung 
an Arbeitsamkeit von Jugend an, Einth eilung der Zeit, wohlüberlegter Plan und stetige Ordnung 
schaffen viele und gute Arbeiten. Bald erkannte man den Nutzen seiner Thätigkeit bei einem Streite 
ttber Wunn- und Weidegerechtsame, über Jagdbarkeit, über Grenzstreitigkeiten. Seine Geometrie, die 
er öfter in jenen Gegenden anzuwenden hatte, war richtig, genau und trug zur Behauptung der Rechte 
sehr viel bei. 

Um diese Zeit zeichnete er die Gegend von Stams mit Tinte und Feder auf einem kleinen 
Bogen und überreichte diese Zeichnung seinem Abte zu dessen Jubelfeier mit dem Ghronostichon (1763): 

Terra Stalsensis Rogerlo 
patri et Dynastae gratloso ITbILaeo 
reUgloBO obLata a f.(ratre) 

Casslano. 

Herr Schranzhofer lobt diese Zeichnung als eine Arbeit, welche der Hand des ersten Kupfer- 
stechers Ehre machte und sagt: „Wohl verdient jene müssige Hand Tadel, die dieses Meisterstück 
nebst mehr andern Zeichnungen und Schriften meiner Sammlung in meiner Abwesenheit um Nichts 
wegen entzogen hat." 

Auch zeichnete er eine andere Karte mit dem Titel : „ Vallis Venusta (Vinschgan) divisa in Dy- 
nastias Gloriomalsiensem, Schlanderniensem et Castellobellensem et Montaniensem," nebst einer kleinem 
Karte mit der Aufschrift: „Dalmatia Austriaca divisa in Istriam et Morlachiam Austriacam," welche 
nicht minder nett und zierlich gezeichnet ist und einen Theil von Friaul, Görz, Krain, Steiermark^ 
die windische Mark, Croatien, Slavonien, Dalmatien, Morlachien bis auf die Pagensischen Inseln im 
Golf von Quarnero darstellt. 

Ausser diesen Zeichnungen auf geographischem Gebiete huldigte Frater Cassian auch der 
Dichtkunst und versah mehrere Musiktexte mit lateinischen und deutschen Versen ; so sind von ihm zwei 
dramatische Singspiele zum Vergnügen seiner Obern bei Gelegenheit von Stiftsfesten, und einige religiöse 
Oden , mehr Zeugen eines frommen und warmen Herzens als schwungvoller Dichtung. Zwei Exemplare 
von Operetten fand Herr Schranzhofer noch von ungeftlhr auf seinen Herrn Abt Roger von den Jahren 
1762 und 1765, ersteres mit dem Titel: 

RogerlTs Abbas Insignis Monasterll aD tres Fontes 
(AqTae, LaCtIs et sangTInls) | In TlroU, | 
honorlbYs, YotIsqTe festIVIs honoratTs a sYIs. 

Femer verfasste er: Rythmus (sie) in laudem Venerabilis Patris Joannis Campidonensis'), 
Sacerdotis et Monachi Ordinis Gisterciensis et Monasterii Stamsensis , animadversionibus historicis ex- 
plicatus. Oeniponti, formis Wagnerianis (1766), in 4**>, welcher Rhythmus, das einzige gedruckte 
Werk unseres Cassian, von dem Publicum mit Beifall aufgenommen wurde. 



1) Dieser Johann von Kempten war Seelsorger in Gross - Xesselwang unweit Füssen, trat um das J. 1330 in's 
Kloster Stams , wo er hohen Alters im Rufe eines gottseligen Wandels starb ; am 13. März 1625 wurde er von 
P. Urban VIII. selig gesprochen. 



190 Joseph Berg^mann, 

Pater Cassian Frimisser unter dem Abte VigU Oranicher 

vom J. 1766 bis zu seinem Hinscheiden am 19. December 1771. 

Unter Abt Boger Seiler ans Telfe (von 1742 — 1766) war ein reges literarisches Streben und 
Leben im Kloster Stams erwacht; welches niemals so viele gelehrte Männer zu gleicher Zeit als da- 
mals hatte, wie Marian Wenser, Joachim Plattner, Zacharias Fischer, beide Professoren der Theologie 
zu Innsbruck, Peter Stadler, Eugen Marquard, Martin Moser, Alois Specker, Gassian Primisse r, 
Casimir Sterzinger, Roger Schranzhofe r, den Verfasser der Biographie Gassian Primissers ^). 
Unter dem neuerwählten Abte Vigil Granicher aus Innsbruck, mehr erwähntem Prior und Gewis- 
sensrathe Gassians, der ihn bei den bisherigen Archivs- und Secretärs -Diensten beliess, begann er 
sein grosses Werk der Vaterlands-, Ordens- und Klostergeschichte möglichst in Ordnung 
zu bringen und in's rechte Licht zu stellen. 

Von dieser Zeit an genoss sein Biograph Pater Schranzhofer seines täglichen Umgangs und 
seiner innigen Freundschaft, indem er fElr die diplomatische Geschichte und Pater Stanislaus Freysing 
blos für die Registratur verwendet wurde, und Gassian neben seinen Arbeiten den viele Zeit fordern- 
den Briefwechsel mit Gelehrten besorgte, um dunkle Gegenstände aufzuhellen, Meinungen zu sichten 
und das Wahre zu finden. Seine Gorrespondenten waren: der gelehrte Annalist Joseph Besch, Philipp 
Nerius Puel, Bibliothekar und Archivar in Neustift, Anton und sein Sohn Gassian Boschmann, 
der gelehrte Franz Top sei, Propst zu PoUingen in Baiem, der damalige Prior der Gisterzienser- 
Abtei zu Langheim im Bambergischen, und Berthold, Propst zu Diessen u. a. '). Seine Haupt- 
zweifel betrafen meistens die Grafen von Andechs, die sich Herzoge von Meran schrieben, und die 
alten Grafen von Tirol, welche wohl geschieden werden mttssen. Besonders beschäftigte ihn die Frage, 
von welcher Stadt Meran die Grafen von Andechs sich als Herzoge nannten, von Meran in Tirol, 
Marano in Friaul am adriatischen Meere oder Meran im Voigtlande? Hierüber stellte er sich 15 Fragen, 
ttber welche er die verschiedenen Meinungen daftlr und dagegen. Beweise, VernunftschlUsse, Bedenklich- 
keiten und Zweifel in seinen Annalen verzeichnete, und unbefangen die Wahrheit suchte. 



1) Roger Schranzhofer, der später nach Abt \igiYs Tode (f 7. März 1786) die Correspondenz nnd die politi- 
schen Geschäfte als Secretär fahrte, ward im November 1787 von allerhöchster Stelle als Abbö Commendateor 
in das Chorherrenstift Gries abgeordnet. Er verwaltete das Eigenthnm des Stiftes so klug und vorsichtig, dass 
es ihm nicht nur gelang die beschlossene Aufhebung desselben zu hintertreiben, sondern auch für Verzierung 
der Kirche und Errichtung neuer Exposituren, wie jene zu Tscherms und zu Glaning eine schöne Summe zu 
erübrigen. Er starb 1816 und hinterliess nebst vielen Abhandlungen im Manuscripte Nachrichten von dem heil. 
Valentin, Bischof beider Rhätien, und einen Aufsatz: „Die Mönche von Stams zu Wessobrunn,*" mit Urkunden 
im Tiroler Sammler. 1808. Bd. V. 229—251. 

2) Joseph Besch, am 8. September 1716 zu Heiligenkreuz bei Hall geboren, Director des fürstbischöfiichen Ar- 
chivs zu Brixen, Consistorialrath etc. verfasste die rühmlich bekannten Annales Ecclesiae Sabionensis, die aber 
leider nicht vollendet sind, und starb am 15. Februar 1782 in Brisen. — Philipp Nerius Puel, 1728 in Bozen 
geboren, Chorherr zu Neustift bei Brixen, wo er 1801 starb. Er sammelte die schätzbarsten Documente für sein 
Stift, das eine Filiale von Elosterneuburg ist; gedruckt ist: „HeiligmSssiger Lebenswandel des seligen Hartmanni, 
Bischöfen zu Brixen. Brixen 1758.*^ Von seiner Correspondenz mit ausgezeichneten Gelehrten sowohl Tirols, Baiema 
als auch Italiens (mit Mansi in Lucca) sind mehr als 400 Briefe, welche Aber ältere und neue Geschichte Aufschlflsse 
geben, in Abschrift vorhanden. — Anton Boschmann, Sohn eines Salinen - Beamten zu Hall, am 7. Decem« 
her 1694 geboren, studierte erst Theologie, dann die Rechtswissenschaften, erwarb sich ausgebreitete Kenntnisse 
in der dassischen Literatur, den Alterthümem, der Profan-, Kirchen- und Kunstgeschichte, war Vorstand der Univer- 
sitäts- Bibliothek zu Innsbruck, um die er sich vielfache Verdienste erwarb. Er starb am 25. Juni 1760. — Sein 
Sohn Cassian, der weit hinter dem Vater zurücksteht, begann eine Geschichte von Tirol zu schreiben, welche 
er aber nicht vollendete. Sie erschien in zwei Bänden, in Wien 1803 und reicht bis zum Tode des Kaisers 
Lothar II., der 1137 zu Breitenwang bei Reute in Tirol auf seiner Heunreise aus Italien gestorben ist 



die fünf gelehrten Primisser. 191 

Im Jahre 1766 begann Pater Gassi an die Annalen von Stams mit dem beharrlichsten Fleisse 
in lateinischer Sprache zu schreiben. Der Conspectus OperiS; der ans 60 Capiteln besteht; zeigt uns 
die Anlage des Ganzen. Die grösste Anzahl der Capitel ist der Stiftung des Klosters Stams und dessen 
Äbten gewidmet; die er in chronologischer Ordnung mit kurzer Andeutung der wichtigsten Ereignisse 
im Kloster und im Lande vorftlhrt. Nach der „Introductio in Annales Stamsenses^ lauten die ein- 
zelnen Capitel: 

Cap. I. Monachismus antiquae legis. Yitae SS. Zachariae et Joannis Baptistae. 

II. Christi et Apostolorum vita communis. S. Maria Magdalena. S. Marcus Monachorum institutor. 

III. Monachismi propagatio in Oriente et Occidente. Ordo S. Benedicti. 

IV. Ordinis Cisterciensis exordium. SS. Patres, Robertus, Albericus et Stephanus. 

V. Ordinis Cisterciensis propagatio et historia usque ad annum MCCL. S. Bernardus. 

VI. RegioniS; quae nunc Tirolis vocatur, antiquissima facies. 

VII. Tirolis sub Romanis. S. Lucius Rhaetiae Apostolus. S. Julius M(artyr). S. Cassianus Epis- 
copus SabionensiS; S. Remedius. 

VIII. Tirolis sub Alemannis, Herulis , Gothis et Bojis. S. Valentinus Rhaetiarum Episcopus. S. 
Ingenuinus Sabionensis, S. Gorbinianus Frisingenses Episcopi. 

IX. Tirolis sub Carolinis Imperatoribus et Regibus , aliisque variis Principibus. 

X. Tirolis sub Meraniae Ducibus et Gomitibus Teriolensibus. 

XI. Historia Tirolis et Ordinis Cisterciensis ab anno MCCL. usque ad MCCLVHL 

Xn. Historia Tirolis et Ordinis Cisterciensis ab anno MCCL VIII. usque ad MCCLXVL 

Xni. Occasio fundandi Stamsensis Monasterii. Conradini tragoedia. Historia ab anno MCCL VI 

■ 

usque ad MCCLXX. (cf. supra pag. 186 not. 1.) 

Annalium Stamsensium Seculum I. 

Cap. XIV. Fundatio Monasterii Stamsensis Ordinis Cisterciensis, annis MCCLXXI et MCCLXXU. 

XV. Henricus I. de Honstetten Abbas Stamsensis primus, e Caesarea vocatus. Parochiae 
Silz et Mays Stamsio incorporatae. Literae Fundationis expeditae. Obiit circa MCCLXXX. Comes Prin- 
ceps Tirolis Meinhardus H. Fundator. Joannes I. Abbas Generalis Cisterciensis. 

XVI. Fridericusde Tegernsee Abbas Secundus. Dedicatio Monasterii solennissima inprae* 
sentia Septem Episcoporum. Sepultura Elisabetbae Fundatricis aliorumque Comitum Tirolensium ex Tirolis 
Castro hucusque deportatorum. — Meinhardus H. Fundator, Comes Princeps Tirolis, Dux Carinthiae. 
Resignavit Abbas anno MCCLXXXIX. Reassumptus ante ann. MCCXCV. Obitt MCCIC. Theobaldus 
Abbas generalis. 

XVII. Rudolfus, unus de primis Fratribus Caesarea egressis. Auetor libri miraculorum S. Joannis 
Baptistae. Obiit anno MCCXCIV. Theobaldus, Robertus IL Abbates generales Ord. Cist. 

XVni. Fridericus Abbas Stamsensis secundus secundo electus. Meinhardi Fundatoris obitus 
MCCXCV. Otto filius Meinhardi, Comes Princeps Tirolis, Dux Carinthiae. Rufinus Abbas generalis 
Cisterciensis. 

XIX. Conradusl. Abbas Stamsensis quartus; W a 1 d e r i Faucibus Juliis (Füssen), obiit MCCCXVIII. 
AUatio Particulae S. Sanguinis Christi terra mixti. Otto, Henricus, rex Bohemiae, duees Carinthiae, 
Comites Principes Tirolis. Rufinus, Joannes n., Henricus, Guilelmus IV. Abbaten generales Cistercien- 
ses. Rudolfus Comes Palatinus Rheni et dux Bavariae Stamsii devotionis causa hospes. Incorporatia 
Parochiarum Seeg et Miemingen pro bonis in Buchelen et Tullishausen. 



192 Joseph Ber^^ann, 

XX. Hermannus Abbas V. de Frey sing vel Preysinger dictus. Incorporatio Monasterii 
Wessofontani. In arbitrium consoientiae electus ab Henrico Rege Bohemiae; Duce Carinthiae, Comite 
Principe Tirolis. Eo tempore Stamsii vigebat agrestis manunm labor^ sed et Oeconomia et regularis 
observantia florebat. Obiit bonus Paterfamilias ^ anno MGGGXXXIII; clavam Ordinis Cistercienflis 
tenente Guilelmo IV. 

XXL Ulricuff Abbas VI. Biezensis (von Kiez? einem Dorfe bei Stams). Henrici Kegis Bo- 
hemiae obitus (t 2. April 1335). Margaritha dicta Maultascbia, Cornea Princeps Tirolis. Huins dapplex 
connubium cum Joanne Henrico Bohemiae Segis filio; et cum Ludovico Brandenbargico. Mirabilis 
Joannes Gampidanensis ex Parocho in Nesselwang factus Stamsii monachns. Image B. Yirginis Mariae 
de Solatio in Majis (Mais). Excessit e vita an. MGGGXLV. Guilelmus IV. , Joannes III. , Joannes IV. 
Abbates generales Gistercienses. 

XXII. Gonradus IL Abbas VIT. Feldkirchensis. Simon dux DeckiaC; quem Swichar- 
duB de Gnndelfing occiderat; ex mandato Margarithae Principis anno MGGGXLVIII. Stamsii sepultus. In- 
quisitio divortii inter Margaritham Gomitem Principem Tirolis et Joannem maritam priorem per Udal- 
ricam Episcopum Guriensem Stamsii facta MGGGXLVIII. Post quinquenne regimen pacis amore malevolis 
cessit Ahbas brevi restituendus. 

XXIII. Henricus IL Abbas VIII. de A Ihr echt s eck Isnensis, ab inquietis fratribns intrasuSi 
a Visitatore post biennium grada dejectns, Gonrado in pristinam dignitatem restitato. Margaritha Maul- 
taschia Gomes Princeps Tirolis. Joannes IV. Abbas generalis Gisterciensis. 

XXIV. Gonradus IL Abbas VII. anno MGGGLII reassumptus. Jura Patronatus et Advocatiae 
Ecclesiae parochialis in Leutkirch aliaque priyilegia a Garolo IV. Imperatore obtenta. Studiorum pro* 
motio. Gustos factus anno MGGGLIX Reliquiarum Imperii. Translatio Tirolis ad Austriacos. Bellum 
Bavaricum. Margaritha Maultaschia, Meinhardus III. Marchio Brandenburg!; Rudolfus IV.^ Albertus IIL, 
Leopoldus III. duces Austriae, Gomites Principes Tirolis. Joannes IV., Joannes V. Abbates generales 
Gistercienses usque ad annum MGGGLXIX, quo yitfi cessit Abbas Stamsensis. 

XXV. Henricus UI. Grussit de Ueberlinga, Abbaä IX.; artium pictoriae et statuariae peri- 
tissimus. Gaput S. Zachariae ex dono Garoli IV. Imperatoris solennissime ad monasterium Stamsense 
delatum. Historia Seefeldensis de Oswalde Mttlser Stamsii sepulto. Post laudabile regimen diem clausit 
anno MGGGLXXXIX. Albertus lü.; Leopoldus UI. Duces Austriae, Gomites Principes Tirolis. Joannes V.^ 
Gerardus Abbates generales Gistercienses. 

Seculum secundum. 

Caput XXVI. Bertholdus Musant; IsniensiS; Abbas X. Fundationes Nobilium de Freyberg 
et Hohenegg aliorumque benefactorum. Albertus HL; Leopoldus IV. duces AustriaC; Gomites Principes 
Tirolis. Gerardus ; Jacobus IH. Abbates generales GistercienseS; anno MGGGXGIX. 

XXVII. Joannes I. Blaetterle seu Pustula, IsniensiS; Abbas XI. ab anno MGGGXGIX 
ad annum MGCGGXX. Galamitates ex penetralibus ; ex hello Tridentino inter Fridericum V. Ducem 
Austriae et Georgium Episcopum Tridentinum ad annum MGGGGVU ; ex hello Bavarico ab Henrico de 
Bottenburg suscitato ad annos MGGGGX et. MCGGGXI ; ex hello inter fratres Emestum et Fridericum 
Duces Austriae exorto MGCGGXVI ; ex hello Rottenburgii aliorumque Nobilium contra Fridericum Ducem 
Austriae conflato ; ah inundatione aquarum annis MGCGCVI et MCCCCVII ; ab exactionihus stenrarum. 
incorporatio Paroohiae Eatrishausen: Fundatio Missae Duois Friderici. Concilium Constantiense. 



die f&nf gelehrten Primisser. 193 

Leopoldus lY.; Fridericns IV. Dnces AuBtriae, Comites Principes Tirolis. JacobuB III., Joannes VI. 
Abbates generales GiBtercienseB. 

XXVIU. Joannes IL Petrer, IsniensiS; Abbas duodecimas; usque ad annnm MGCCCXXXVL 
Presanrarum et calamitatum continnatio. Monasterii Stamsensis paupertas. Praeter Dncem Fridericam 
insignem habuit fantorem Bertholdnm Episcopum Brixinensem. Manlbranae monasterio 0. Cist. in Alsatia 
Abbatem dedit Joannem Oeras Stamsii professum et Priorem ad annum MGCCCXXXI, cujus memoria 
in Actis Basileensis Goncilii aliisque negotiis honorificis occurrit. Fridericus IV. Dux AustriaC; Gomes 
Princeps Tirolis. Joannes VI., Joannes VII. Abbates generales Gistercienses, 

XXIX. Georgius Ried seu Kotz, Kaufburanus, Abbas XIII.; praesidebat XLV annis usque 

ad annum MCGGGLXXXI. Legatus Noribergam, Venetias, Viennam (missus). S. Gapistrani (f 23. Oct. 

1456) gratificatio. Novi dormitorii exstructio. Fundatio Monasterii in Ealtenbrunn ^). Mausoleum Sigism. 

D. Nicolaus Gusanus Gard. et Episcopus Brixinensis etc. Tres bic Nestor Abbatum habuit probatae yir- 

tutis et maguae existimationis yiros confratres, Fridericum D e g e n h a r t, Ghristophorum H e u b e r g e r ^) 

et Bernardum Welsch. Primum Fridericus III. Imp. suum Gapellanum esse voluit; secundum idem 

Imperator literis commendaticiis ad Romanum Pontificem dirigebat, tertium Universitas Heidelbergensis 

in publicum Theologiae Professorem evocabat. Fridericus IV. , Sigismundus I. Duces Austriae, Gomites 

Principes Tirolis, Joannes VII., Joannes VIII., Guido IV., Himbertus, Joannes IX. Abbates generales 

Gistercienses. 

Seculum tertium. 

Gap. XXX. Gasparus Maerkel (alii Maerkle), Feldkirchensis, Abbas XIV., cujus effigies in 
Serie Abbatum hancce epigraphen tulit: Male electus, pejus disciplinam, pessime Oecono- 

miam administravit, optime depositus anno MGGGGLXXXIV. (secundum alios V. Maii 

* 

MGGGGLXXXV), dein clam fugitivus per Helvetiam, ubi Suffraganeus Guriensis fieri affec- 
tavit, circumvagatus , tandem obiit Wallenstadii anno MXGVI (sec. alios MGGGGLXXXVI) die 
19. Aprilis. Sigismundus I. Archidux, Gomes Princeps Tirolis. Joannes IX. Abbas generalis Gisterciensis. 

XXXI. Bernardus I. Welsch, Nordlinganus, Abbas XV., antea S. Scripturae Professor et 
Provisor GoUegii S. Jacobi Heidelbergae electus MGGGGLXXXVI, meritis ac aetate LXX. annorum 
venerabilis. A Joanne IX. Gist. Ord. Abbate generali Visitator constitutus hujus Ordinis monasteria ad 
reformandam disciplinam regulärem in Garinthiä et Austriä peragravit. Instante Imperatore Friderico 
usum Pontificalium et plenam Ecclesiarum incorporationem obtinuit. Hospitatio percelebris Maximiliani 
Imperatoris '). Sigismundi Archiducis novum Mausoleum. Magnatum favores et privilegiorum confir- 
mationes. Vita excessit an. MDL Sigismundus L Archidux. Maximilianus I. Romanorum Rex, Gomites 
Principes Tirolis. Joannes IX. Abbas generalis Gisterciensis. 

XXXII. Joannes P e d r o t (aliis B e d r o t) , Pludentinus, Abbas XVI. Ab hoc tempore incipiebant 
lamentationes , Carmen et vae. Stamsium ad magnam pauperiem deductum. Maximiliani et Imperatricis 
conjugis suae M. Blancae in Stamsium propensio. Statutum illud, ^vulgo Maximilianisch — Eil^ähriges 



1) In Kaltenbrunn in der tirolischen Gemeinde Kaunserthal war ein alter Wallfahrtsort, wo Erzherzog Sigmund 
ein Cistercienserkloster gründen wollte; allein er konnte seinen Plan der yielen Hindemisse wegen nicht zur 
Ausführung bringen. Vgl. Staffier 's „Tirol und Vorarlberg.** Thl. II. Band I. 218. 

2) Es gab Heuberger oder Hejberger zn Hall in Tirol, wovon ein Zweig in Wien ansässig wurde, wo er das 
ehemals sogenannte Hans zum braunen Hirschen Nr. 700 besass, das im Jahre 1829 neu aufgebaut wurde 
und dem Herrn Theodor Georg von Karajan gehört Vgl. Bergmann: „Medaillen*' I. 44 f. 

3) Die PrIÜatur in Stams verwahrt noch dieses Kaisers Hausaltar, ein Meisterwerk der Schule Wohlgemnths und 
Albrecht Dürers. 

V. 2S 



194 Joseph Bergmann, 

Landlibell von 151}^ erectum. Administratio bonorum temporalium in Jndicem Alexandrnm Zangerle 
delata cum maximo Monasterii detrimento ad annnm MDXX. Praesulatu se libens abdicavit MDXXIIL 
Haximilianus L, Carolus Y. Imperatores ,. Ferdinandus I. Archiduces^ Comites Principes Tirolis. Joan- 
nes IX. , Jacobus IV. , Blasius , Guilelmus V. y Guilelmus VI. Abbates generales Gistercienses. 

XXXIU. PelagiuB Baur^ JsniensiB; Abbas XYIL, primum in administratorem, dein annoMDXXV 
in Abbatem electus est. Seditio Rusticorum , depraedatio Ecclesiarum, spoliatio omnis generis bonommi 
annonae Caritas, Ines in monasterio grassans^ libere vivendi libido, Religiosorum numerum adeo ex- 
tenuabat, ut in gremio vix tres fuerint inventi. Opportunus adventus sex Religiosorum Cisterciensium 
ex Bebenhusä Wfirtenbergici Ducatus^ qui fugitivi vel potius inde expulsi Stamsii ad tempus servitia 
flua praestiterunt. Penuriä et aerumnis variis absnmptns decessit anno MDXL. Ferdinandus I. Roma- 
norum ReX; Archidux AustriaC; Comes Princeps Tirolis. Guilelmus VI. Abbas generalis Gisterciensis. 

XXXIV. Paulus Kesinger^ postulatus ex Gaesareä (Kaisersheim) Abbas XVIII. Vir optimae 
voluntatis, sed non bonae valetudiniS; exantlato biennio morte praematura ereptus est; postquam brevi 
et iniquo suo tempore nihilominus ducentos florenos Monasterio fuisset lucratus. Ferdinandus I. Roma- 
norum ReX; Archidux Austriae^ Comes Princeps Tirolis. Joannes X. Abbas generalis Gisterciensis. 

XXXV. Simon Gas sie r Bayrwisensis Tir.; Abbas XIX. electus anno MDXLIL Religiosorum 
numerum auxit , sed ex eorum numero tres Presbyteri circa annum MDXL VI apostärunt. Depraedatio ex 
foedere Schmalcaldico. Locustarum universalis devastatio. Alienatio decimarum in Seeg et Eatrishausen ');. 
et jurium in Leutkircb ob pericula ab haereticis imminentia. Ob has adversitates et grandes ad bellum 
contributiones pauperiem successori relevandam reliquit; quaesiturus bona in felicitate aeterna; anno 
MDLIV. Gomes Princeps Tirolis et Abbas generalis Gisterciensis ut supra. 

XXXVI. Georgius II. Berghof er Partanensis (aus Partenkirch) BojuS; Abbas XX. supellec- 
tilem Ecclesiae et Monasterii pro viribus auxit. Principe piissimo Ferdinande imperante, vitam lau da- 
bilem cum morte commutavit anno MDLXVII. Ferdinandus I. Imp. Ferdinandus Archiduces Austriae, 
Comites principes Tirolis. Joannes X. Ludovicus, Hieronymus Abbates generales Gisterciensis. 

XXXVII. Joannes III. Eoelbel, Partanensis, Abbas XXI., inter vicissitudines ridentis et 
iniquae fortunae, Monasterii statum de novo solidasse (sie) perhibetur. AUevavit cum Archiducis Fer- 
dinandi U. favor ac nota pietas. Pro Principe et Patria et Ordine varia subiit negotia. Primus Steurarum 
Tirolensium Compromissarius. Comes Princeps Tirolis erat Ferdinandus U. Archidux. Abbates generales 
Gistercienses Hieronymus, Nicolaus I., qui Stamsium venerunt ad visitandum, item Edmundus. Obiit 
Abbas post regimen viginti trium annorum (f 18. Aug. 1590). 

XXXVIII. Nicolaus Bachmann, Weissenseensis, Abbas XXII. , ab anno MDXG usque ad 
annum MDGI (2. Mart). Stamsii incendium in Ecclesiae superioris tractu. Ferdinandi U. Archiducis sub- 
levamen. Ejusdem (f 24. Jun. 1595) exequiae Oeniponti celebratae. Successit Rudolfns U. Imp. Gomes 
Princeps Tirolis. Edmundus I. Abbas generalis Gisterciensis. 

XXXIX. Melchior Jaeger, Schoeffaviensis (Scheffau), Abbas XXIII. Stamsium usque huc per- 

« 

paucos numerabat Abbates Melchiore meliores, sed neque feliciores. Restauravit aedificia Ecclesiae, 
Monasterii et domus canonicae ad S. Petrum in valle Athesina. Amorem Principum sibi conciliavit. 
Aequanimitatem ordinarii Episcopi Brixinensis debitfi sua reverentia conservare studuit, debita contracta 
expunxit Gultum divinum promovit, unde huic Abbati sequens appositum est Distichon: 

Malta tnlit, fecitque Pater, sudavit et alsit, 

Ut melioraret fratribas omne bonum. 



1) Seeg, Pfarrdorf unweit Füssen; Katrishansen oder Kettershansen, Pfarrdorf an der Günz in der Herr- 
schaft Babenhausen. 



die fünf gelehrten Primisser. 195 

Desiit vivere in thermis ad S. Cracem prope Halam anno MDCXV (15. Jan.). — Rndolfiis ü. 
Imp. Maximilianns III. Archidnx , Comites Principes Tirolis. Edmandus I.; Nicolaus II. , Petras Abbates 
generales Cistercienses. 

XL. Thomas Lugga yelLachS; OenipontanuS; AbbasXXIV. Successor dignus et divini cnltus 
profnotor. Plura aedificia tarn sacra qaam profana vel exstraxisse vel instaarasse legitnr. Mannscripta 
antiqua seu distracta sive neglecta et confusa disquiri et in ordinem redigi cnravit. Sab ipso ereeta est 
Gongregatio Ordinis Gisterc. superioris Oermaniae, qaae fomitem discordiaram exemtiönis caasa inter 
Episcopum et monasterium subjecit. Maximilianus III. Archidnx Maximilian! II. Imp. filins^ Tentonici 
Ordinis Magister^ singularis benefactor et frequens hospes Stamsii. Leopoldi Archiducis continuata erga 
Stamsium benevolentia. Eo tempore nnmerata pecnnia tam caro stetit pretio; nt decem pro Thalero et 
pro Ducato quindeeim floreni fnerint soluti. Ad bellnm contra Grisones vasa argentea de Stamsio pro 
Principe in pecunias fundenda Halam transmissa sunt; quae mille octingentos florenos excedebant. 
Obiit bonns Paterfamilias anno MI)GXXXI (16. Maii). — Maximilianus III.; Matthias Imperator; Fer- 
dinandus III. (Imperator n.), Leopoldns V. Archidaces, Gomites Principes Tiroles. Nicolaus IL, Petrus, 
Abbates generales Gisterc. 

XLI. Paulus Gay, OenipontanuS; Abbas XXV. ab anno 1616 Prior Monasterii; Professor scien- 
tiaram; Ghronista; pro defensione jurium multum laböravit. Patriae negotiis applicatus sana suffi*agia 
tulit; cum in publicis de avertenda hominum et pecorum lue; de defendenda patria; de aequandis steuris 
etc. sermo esset. Obtentä tandem per mortem libertate et exemtione a litibuS; quibus quoad yixit; im- 
plicatus erat, requievit anno MDGXXXVIII (25. Maii). — Leopoldus V.; Ferdinandus GaroluS; Archi- 
duces, Gomites Principes Tirolis. Petrus ; Abbas generalis Gisterc. 

XLII. Bernardus IL Gemelich; OenipontanuS; Abbas XXVL; Stamsii decus. S. Theologiae 
Doctor; Gongregationis Germaniae superioris PraeseS; Ferdinandi (Garoli) Archiducis Gonsiliarius primus 
'Ct Gamerae Oenipontanae PraeseS; summis tum Ordinis tum Patriae negotiis adhibitus praeclare omnia 
gessit. Magnificum claustri aedificium; quod hodie exstat; a fundamentis excitavit. Ab Ordinibus Provin- 
ciae ad excipienda Statuum ratiocinia selectus Gomitiis semper cum praerogatiyä assedit. Tandem 
Omnibus suis officiis decessit Oeniponte ex hydrope MDGLX (10. Julii) aetatis snae LV annoram. — 
Ferdinandus Garolus Archidnx ; Gomes Princeps Tirolis. Glaudius Abbas generalis Ordinis Gisterc. 

XLIII. Augustinus I. HaaS; MiranensiS; Abbas XXVIL; Magnae auctoritatis vir. Stracturas ab 
antecesBore inchoatas perfecit; regulärem disciplinam coluit. Solennitatibus aulicis et frequentibus eo 
tempore provincialibus Gomitiis interfuit. Legatus Viennam ad Leopoldum I. Imperatorem; item Gister- 
cium (Giteaux) ad generale Ordinis capitulum; unde in reditu contractä febri annoMDGLXXII (10. Jan.) 
in Wettingen coenobio Helvetico sepultns est. — Ferdinandus Garolus, Sigismundus U. ArchiduoeS; 
Leopoldus I. Imperator; Gomites Principes Tirolis. Glaudius, Joannes XL; Abbates generales Gisterc. 

Seculum quintum. 

Gaput XLIV. Georgius Nussbaumer; Majensis (Mays prope Meranum); Abbas XXVIIL Jurium 
Monasterii et priyilegiorum acerrimus propugnator; sed magis in dispendium. Urgente Garolo (fortissimo 
Duce Lotharingiae) Tirolis Gubernatore et jussu Visitatoris Eliae Abbatis Gaesariensis concordiam cum 
Beverendissimo Brixinensi officio subscribere debuit anno MDGLXXXIX. Gaeteram abstinentiae et soll- 
tndinis amans yirtutum harum osores sub praetextn neglectae Oeconomiae sibi offensos expertus resig- 
navit anno MDCXG ; tandem soli Deo vivens, Sacerdos jubilaeus obiit anno MDGGXI, octogesimo octavo 

25* 



196 Joseph Bergmann, 

saae aetatis anno* — Leopoldns I. Imperator, Comes Princeps Tirolis. Joannes XI. Abbas generalis 
Cisterciensis. 

XLV. Edmundus ZoZ; Sevatensis (Schwaz); Abbas XXIX.; praepropere, nt videtur, electus, 
in provincialibus Comitiis non minus ; quam in Servitiis aulicis sese mnndo spectabilem reddidit; at 
mnndus eam non cognovit. Quid enim ? Laxiori disciplinae indulgens ; juriam ac reram monasterii pro- 
digusj suis tandem exosns factus^ ad resignandum adductns est anno MDCXCIX (f 17. Mart. 1707 
Malis prope Merannm). Novae Abbatiae fabrica multis sumtibus snscepta eundem habuit architectum. — 
Leopoldus Imp., Comes Princeps Tirolis. Joannes XI.; Nicolaus III., Abbates generales Cistercienses. 

XLVI. Franciscus Lachemayr, Oenipontanus , Abbas XXX. , genere nobiliiS; longe nobilior 
scientiä, virtute rerumque gerendarum dexteritate. Legatus a provinc. Tirol, ad Ludovicum Marchionem 
Badens^m in Sueyiam (Ulmam) mittebatur. Inde redux Pater'Patriae salutatus est. Duci Neobur- 
gico Carolo Philippe, Tirolis Gubematori; percarus fuit et de monasterio optime meritus. Anno MDCGXIY 
vitä functus ultima mensis Martii. — Leopoldus I., Josephus L; Garolus VI. Imperatores, Comites Prin- 
cipes Tirolis. Nicolaus ni.; Edmundus IL Abbates generales Cistercienses. 

XLYII. Augustinus Castner, Oenipontanus, Abbas XXXI. ExemtioneS; praetensiones et simul- 
tates cum Reverendissimo officio Brixinensi ab hoc tempore renatas dolemus. Meritis minime caruit. 
Subsidia benefactorum ad Ecclesiae monasterialis et Abbatiae aedificium applicayit« Obtinuit diploma a 
Carolo VI. Imperatore, ut Abbates Stamsenses sint Consiliarii nati et Sacellani Aulae haereditarii. 
Capitulis nationalibus Ordinis nostri interfuit, causarum promotor constitutus. Abbati tamen quantumvis 
conspicuo aes alienum crevit ad 30.000 florenorum. Impar horum solutioni naturae tandem debitum solvit 
anno MDCCXXXVni (19. Martii) , in Sacello SS. Sanguinis, quod restauravit, sepultus. — Carolus VI. 
Imperator, Comes Princeps Tirolis. Edmundus IL, Andochius Abbates generales Cistercienses. 

XLVni. Jacobus Milbeck, Sterzingensis , Abbas XXXU., vir recti cordis, antiquae fidei, 
discretor spirituum, et Oeconomus dexterrimus debita multa expunxit; bona plurima pro Ecclesia et 
Abbatia intra tempus breve quatuor annorum praestitit; pro Ecclesia superiori campanam ultra septua- 
ginta centipondia trahentem fundi curavit et ingens sui desiderium reliquit, asthmate suffocatus anno 
MDCCXLII (t 17. Martii). Carolus VI. Imperator, M. Theresia Regina Hungariae et Bohemiae, Comites 
Principes Tirolis. Andochius Abbas generalis Cisterciensis. 

XLIX. Rogerius S aller, Delphensis (Telfs), Abbas XXXIII. Prudentia, mansuetudine et auc- 
toritate praecipue clarus, publica Patriae negotia bene gessit. Literarum et literatorum cultor eximius, 
eruditione ac doctrinä praestantes gremio fovit viros, ut ad publicas praelectiones habendas vel ad 
concursalia candidatornm examina Stamsio Oenipontum fuerint avocati. Disciplinam regulärem discre- 
tione magis quam rigore promovere , et Augustissimae M. Theresiae Imperatricis clementiam qua decuit, 
observantia et animi candore demereri studuit. Sub hoc Abbate curatiae in Wildermiemingen et in 
Pfelders erectae; concordia cum officio ecclesiastico Brixinensi stabilita; Ecclesiae tam Stamsii quam 
in Pfelders, et in Alpibus vel ftinditus excitatae, yel instauratae, et picturis, altaribus novis, cimeliis 
yariis exornatae sunt. Erga pauperes liberalissimus, erga Coelites deyotissimus requieyit MDCCLXVI 
die 17. Aprilis. Maria The^sia Comes Princeps Tirolis. Andochius, Franciscus Abbates generales 
Cisterciensis. 

L. Vigilius Granicher, nobili ortus stemmate de Granichs feld, Oenipontanus , Abbas 
XXXllV. Integram hujus Praesulis epigraphen perficere non potuit Cassianus noster (uti scribit 
Rogerius Schranzhof er) , dum expletis sub ejus regimine quinque annis ordinatione supremä manum a 
tabula ponere jussus simul'yitam posuit anno MDCCLXXI decimä nonä Decembris. 



die fUnf gelehrten Primisser* 197 

Ut servetur Ordo, panca. sabjicio (sc. Bogerias Sohranzhofer) , qnae praestantissimi Abbatis 
Vigilii Oeniponte defancti epitaphio faissent applicanda: 

Dormit hie Abbas Vigilius 

Vigil inyentus. 
Sed erravi, non dormit hie, 
Quem Zelns ad Coelnm vocavit. 
Qoieseit 
A gestis et a malis. 
Ab anno MDCCLXXXVI nonis Maii, 
Postqnam annoB vizit LXV. 
Omnis Deo , Patriae et Ordini , nnllus sibi. 
Abbas XX (annos) praefoit. 
Caeteris obediendo profait 
ReligiosuB XLY. Sacerdos XL. 

Nach Granichers Tode kam das Stift; das in dieser Josephinischen Epoche der Auflösung nahe 
war^ unter die Administration von drei ausgezeichneten Ordensbrüdern^ deren einer der mehr erwähnte 
Boger Schranzhof er war. Nun wurde dieser nach S. Commende-Abt zu Gries bei Bozen und 
Augustin Nagel e aus Steinach; Chorherr zu Gries ; Commende-Abt in StamS; bis Kaiser Leopold IL 
den tirolischen Klöstern die Befugniss der freien Prälatenwahl zurückgab. 

Nach einer Mittheilung aus Stams war der XXXV. Abt: Sebastianus Stockig natus in Petneu 
16. Aug. 1752. electus 20. Sept. 1790; vitä defunctus 10. Octobr. 1819; 

XXXVL Augustinus III. Handle^ StamsensiS; natus 9. Nov. 1774^ electus 13. Junii 1820; 
obiit 12. Februar 1839; 

XXXVn. Aloisius Schnitzer; OenipontanuS; natus 12. Jan. 1789; electus 3. Julii.et benedic- 
tus 11. Augusti 1839. 

Im zweiten Theile ist alles ; was diese ftlnfzig Capitel enthalten; in der nämlichen Ordnung 
chronologisch mit mehr als 500 Urkunden belegt und mit vielen genealogischen Tabellen versehen. So 
wird im IX. Capitel §. 28 No. 168 erzählt; dass Berthold Graf vom Vinschgau im J. 1141 das 
erstemal als Graf von Tirol erscheine; und der 11. Theil gibt Jn der citierten Stelle die diplomatische 
Gewähr dafür. 

Der dritte Theil enthält gleichfalls in ftlnfzig Capiteln oder Abtheilungen die Resultate des 
glühendsten und rastlosen Eifers für die Geschichte seines Ordens ; seines Vaterlandes und des Gottes- 
hauses; dem er angehörte. Wir wollen den Forschem der tirolischen Geschichte den Inhalt dieser 
ftlnfzig Capitel in deutscher Sprache; wie er uns aus dem Stifte Stams zugekommen ist; hier 
mittheilen. 

Die Kataloge. 

I. Die Äbte in Stams 1 
n. Die Frieren in Stams j "'^'* ^^' Chronologie. 

in. Die sonderbar gelehrten; I 
IV. Bonderbar frommen Stamser \ 

y. Andere Stamser Mönche ; die im Archiv vorkommen; nach dem Alphabet. 
VI. Die Abte von Eaisersheim; nach der Chronologie. 



19& Joseph Bergmann, 

• 

VII. Die Generaläbte von Gisterz, naeh der Ghronologie. 

YIII. Die Klöster des Gisterzienser - Ordens , die Congregationen und Ritterordei^. Nach d. Alphab. 
IX. Die Klöster der Cisterziender-Gongregation des oberen Deutschlands. Nach dem Alphabet. 
X. General - Vicare der Gongregation des oberen Deutschland. Nach der Ghronologie. 
XI. Zustand der klösterlichen Disciplin. Nach der Ghronologie. 

XII. Die in die Gisterzienser -Ordens -Bruderschaft zu Stams aufgenommenen Mitglieder. Nach 
der Ghronologie. 

XIII. Gottselige Verbindungen mit andern Klöstern. Nach dem Alphabet. 

XIV. Die Kirchen in Stams und die dem Stifte einverleibt sind. Nach der Geographie. 
Xy. Die Altäre der Stiftskirche. Nach der Ghronologie. 

XVI. Die in Stams aufbewahrten Beliquien der Heiligen. Nach dem Alphabet. 
XVII. Ghristus : Die Verehrung und Gutthaten des H. Seitenbluts (sie) Ghristi. Nach dem Alphabet. 
XVIII. Maria: Die Verehrung und Gutthaten der Mutter vom guten Rath. Nach dem Alphabet und 
der Ghronologie. 
XIX. Johann der Täufer: Die Verehrung und Gutthaten dieses Heiligen in Stams. Nach Alphabet 
und Ghronologie. 
XX. Die Heilige und Selige ; die in der Stamser Geschichte vorkommen. Nach dem Alphabet. 
XXI. Die römischen Päpste. Nach der Ghronologie. 
XXII. Freiheiten des Gisterzienser - Ordens. Nach dem Alphabet. 

XXIII. Ablässe. Nach der Ghronologie. 

XXIV. Päpstliche und bischöfliche Freiheiten. Nach dem Alphabet. 
XXV. Fürstliche Freiheiten für Stams. Nach dem Alphabet. 

XXVI. Römische Kaiser. Nach der Ghronologie. 
XXVII. Landesflirsten von Tirol. Nach der Ghronologie. 
XXyill. Stifter und Stiftungen fllr Stams. Nach der Ghronologie. 
XXIX. Fürstenpersonen, die in Stams begraben worden. sind. Nach der Chronologie. 
XXX. Adeliche und andere Ansehnliche; die da liegen. Nach dem Alphabet. 
XXXI. Adeliche Familien und Gönner ftir Stams. Nach dem Alphabet 
XXXII. Statthalter von Tirol. | 

XXXni. Hauptleute von Tirol. / Nach der Ghronologie. 
XXXIV. Hofrichter in Stams. ) 

XXXV. Bezirk von Stams und die Ortschaften in selben. Nach dem Alphabet. 
XXXVI. Stamserische Grundstücke. Nach dem Alphabet. 
XXXVII. Beschädigungen des Klosters Stams. Nach der Ghronologie. 
XXXVIII. Bischöfe von Brixen. 
XXXIX. Bischöfe von Trient. 

XL. Bischöfe von Ghur. y Nach der Ghronologie. 

XLI. Bischöfe von Augsburg 
XLII. Bischöfe von Gonstanz. 

XLIII. Ansehnliche Gäste in Stams. Nach dem Alphabet. 

XLIV. Stamserische Verdienste gegen Fürsten und das Vaterland. Nach der Ghronologie. 
XLV. Kriege in Tirol. Nach der Chronologie. 
XL VI. Versammlungen der tirolischen Landschaft. Nach der Ghronologie. 



die fünf gelehrten PrimisBer. 199 

XLVn. Die Städte und andere Ortschaften in Tirol. Nach dem Alphabet. 
XLVIII. Die Städte und andere Ortschaften ausser Tirol. Nach dem Alphabet. 

XLIX. Verschiedenes zur geistlichen 1 

r XT V j ixi. 1. I Geschichte. Nach dmi Alphabet. 

L. Verschiedenes zur weltlichen ) 

Das ist. das literarische Gerippe oder Gerüste ; auf welchem er einen stattlichen Ausbau in fUnf 
Jahren aufgeführt haben würde ^ wenn ihn nicht die Schwäche seines über alles Maas abgearbeiteten 
Körpers daran gehindert hätte ; indem das umfangreiche Werk in seinem letzten Sterbejahre bis auf die 
fünf letzten Prälaten seines Stiftes fertig war. Anhaltendes Stehen am Schreibpulte hatte Geschwülsten 
an den Füssen erzeugt , Mangel an Verdauung die Abzehrung herbeigeftihrt und übermässige Anstren- 
gung die Augen geschwächt und getrübt ^ so dass er dem Secretariats - Dienste im J. 1771 entsagen 
musste. In seinem Tagebuche liest man hierüber von seiner eigenen Hand folgendes : „Die tertia Octo- 
bris infirmari coepi et oculorum lumine magnam partem destitui per humores capnt infestantes. Accessit 
sequentibus diebus tumor crurum et pedum^ et angustia pectoris et die 17. Octobris accessi Reveren- 
dissimum et intuitu mearum infirmitatum rogavi^ me sublevari ab officio Secretarii^ et hoc in P. 
Sogerium Schranzhofe r transferri; retento mihi officio Archivarii. Et gratiose annuit Reverendis- 
simus., eodem die cum novo P.(atre) Secretario ad vindemias profectus.^ Diese waren die letzten Worte, 
die Ton ihm selbst noch in das Diarium eingetragen worden sind. 

Von dieser Zdt an ruhte das diplomatische Geschäft in Stams, da Primisser ftir die Pflege 
seines abzehrenden Körpers und sein Gehilfe P. Schranzhofer ftir das ihm übertragene Secretariat zu 
sorgen hatten. Der Patient bezog nun das neu erbaute ; mit aller Bequemlichkeit wohl versehene Kran- 
kenhaus und gedachte ; mit voller Zuversicht seiner Genesung entgegensehend; sein Lieblingswerk 
„die Geschichte von Stams/ die er wirklich bis zu Anfang des XVIII. Jahrhundertes in neun 
Folianten und 46 Gapiteln zu Stande gebracht hatte ; noch im Laufe des Jahres 1771 zu vollenden^ 
einen kurzen Abriss davon deutsch zu verfassen und in wenigen Jahren unter Mitwirkung seiner Mit- 
arbeiter P. Stanislaus (S. 187) und P. Roger auch die Registratur vollkommen herzustellen^ um bei 
allen Vorfällen die sogenannte Species facti; d. i. den wahren Verlauf einer jeden SachC; allsogleich 
vorlegen zu können. 

Der Tod schien ihm gar nicht nahe zu sein. Noch in den ersten Wochen des Decembers reichte 
er aus der Krankenzelle dem Abte eine Rechtfertigungsschrift ein über alleS; was er im Archive gethan 
habC; was noch zu thun übrig sei; und warum er früher an der Stamsergeschichte als an der Regi- 
stratur gearbeitet habe. Er schrieb unter andern Bemerkungen: „Anno 1760 Dominica prima 

Adventus Annales in nomine Domini inchoavi; quos hactenus usque ad Julium anni 1703 perduxi; et 
si valetudo permitteret; intra tres menses ad finem perducere sperarem. His dein absolutis eorum com- 
pendium germanicum intra bimestre componi posset; atque interim RR. PP. Stanislaus etRogerius 
in praedictis Archivii subsidiis; Historiä; Chronologifi etc. eatenus informari; ut ad Registraturam facien- 
dam reddantur idonei. Ad hoc egO; quantum in me erit; allaborabo: ac tum demum conjunctis viribus 
Registraturam Cistarum resumemus et alacriter prosequemur, ut paucos intra annos cum ad perfectam 
complacentiam Reverendissimi ac gratiosissimi Domini Praesulis et Monasterii emolumentum possimus 
absolvere. Caeterum quam plurimas alias Annalium scribendorum rationes praetereo ; eorum praefationi 
suo tempore inserendas : praecipue vero videtur promta facilitas in quacunque causa emergente for- 
mandi speciem facti; quae utique est primum causae cujusque fundamentum, et ex Annalibus levissimo 
brachio excerpi semper poterit etc." 



200 Joseph Bergmann, 

Da seine Gesundheit sich siebtbar versehlimmerte^ bat der Abt ihn die Sorgen nm's Archiv 
gänzlich der Vorsehung zu überlassen. Aufgeweckt durch die Stimme seines Obern und in den gött- 
lichen Willen ergeben ; empfieng er aus dessen Händen die heiligen Sacramente und verschied an der 
Engbrüstigkeit am 19. December 1771; im 36. Jahre seines Alters. 

Wenn auch in früher Jugend abgehärtet ^ erlag Pater Gassian allzugrosser geistiger und körper- 
licher Anstrengung; dem Staube im Archive und in der Bibliothek. Sicherlich hat das Stift und das 
Vaterland sehr viel an ihm verloren ; zumal er unverrückt ein Ziel im Auge hatte. Dass er nichts 
Vollendetes lieferte; verschuldet der mitleidlose Tod, der ihn in seines Lebens Blttthe dahinrafilC; 
wirft man aber nur einen Blick auf seine AnnaleU; ohne seiner andern zahlreichen Schriften zu er- 
wähnen; zurück; so geben sie das vollgiltige Zeugniss von seinem unermüdeten Eifer ; seiner rast- 
losen Thätigkeit; seinen ausgedehnten Kenntnissen und seiner technischen Geschicklichkeit im Zeichnen. 
Der Verlust ist um so grösser; setzt Herr - Schranzhofer hinzu ; da man seines Gleichen nicht mehr 
findet und fllhrt Horazens Worte auf seinen Quintilius an: 

Ergo Quintilium perpetuus sopor 

Urget? cui pudor et justitiae soror 
Incorrupta fideS; nudaque veritas 

Quando uUum invenient parem ? 

Odar. Üb. I. Od. XXIV. 5—8. 

• 

Der Güte des bochwürdigen Herrn Prälaten Alois Schnitzer in Stams verdanken wir das nach- 
stehende Verzeichniss der noch in Stams befindlichen Schriften des Paters Gassian Pri- 
misser. — Gedruckt ist nur: Rhythmus in laudem V. P. Joannis Gampidunensis. Oeniponti 1766 
(sieh oben S. 189). 

Manuscripta. 

Annales Stamsenses. VI. tomi usque ad ann. 1703. 
Additiones. IX tomi; nebst Register darüber. 
Diarium 1704—1766. II. tomi. 
Notitia Stamsii compendiaria. 1. Fascic. 

In singulis fasciculis: 
Scripta philosophier. 

Theologia dogmatica; specialis; moralis. 246 theses. 
Scripturistica veteris et novi Testamenti. 
Alphabetum universale ex variis Sententiis selectum. 
Psalmi Davidici per textus ex S. Bernardo explicati. 
Eruditio historica de Virtutibus et Vitiis etc. , 
Quodlibet et Miscellanea. 
Notata varia. 
Eloquentiae compendium. 

Compendium et notata grammaticalia in linguam latinam; graecam et rhaeticam. 
Pia scripta in usum privatum. 
Fürstliche Grabstätte zu Stams. 
Das Hauptschloss Tirol. 



die fünf gelehrten PrimiBser. 801 

Itinerarium ad Athesin 1766. 

Poetische Versttche. 

Inscriptiones Abbatum usqtie ad Abbatem Vigilium. 

Tabelle der Jahrtage des Gistercienser - Ordens. Geschlechtsordnnng der Begrabenen in der 
Gruft; Kärtchen etc. 

Stammbaum der Gistercienser - Klöster. 

Praenotata in in. partem Annalium. 

Briefe an ihn und von ihm — von Gassian Roschmann, Philipp Tuel, Franz Propst von Pol- 
Ungen (Seite 190). 

Tirolis topographica cum notis de familiis nobilibus. 

Der Stammbaum des Stifters und der Stifterin bis auf die Kaiserin Maria Theresia ist auf 
^Rahmen aufgespannt. . 

Die adeligen Familien und Wohlthäter, welche in den Annalen als Zeugen, Stifter etc. vor- 
kommen, nehmen in dem Register Bd. IL ftinfzehn Bogen ein. 

Überdiess schreibt mir der hochverehrte Herr Prälat: „Der Bruder unsers Pater Gassian, Johann 
Baptist Primisser, war in den Jahren 1804 und 1805 als Lehrer der griechischen Sprache mein 
Professor, und ertheilte mir auch manchesmal Privat - Unterricht. Kaspar Unterkircher, sein 
Schwestersohn (S. 180), war mein Professor in der Poesie und später auch in der Philologie. Ein anderer 
Schwestersohn, P. Simon Golser, später Franciscaner, war mein Instructor. Als ich 1818 in's Noviziat 
kam, waren wohl wenige mehr, die den Pater Gassian gekannt hatten, aber sein Andenken war noch 
lange nicht erloschen. Ich bekam damals manches von seinen Schriften zu sehen und excerpierte auch 
manches daraus. Ich war ganz hingerissen von der Weise, wie er die Zeit zu benutzen wusste, von 
seinem Fleisse, von seiner Ordnungsliebe, und bewunderte an ihm nicht nur den Gelehrten, sondern 
vielmehr den exacten Religiösen. Bei allen seinen Yorztlgen machte er doch nie den mindesten Anspruch 
vor dem Geringsten seiner MitbrUder, und so wurde er auch ohne ein Denkmal in die Reihe der 
Brüder auf dem gemeinschaftlichen Gottesacker begraben, bis Abt Augustin in der Gapelle, wo die 
Prälaten seit den Achtziger Jahren begraben werden, ihm einen Marmorstein mit der Inschrift setzte: 
„Viro immortali memoria digno PI. R. P. Gassiano Primisser Annalium Scriptori indefesso et simul 
Religiöse exacto posuerunt posteri 1832.^ 



Anmerkung zu S. 180. Kaspar Unterkircher, 1776 zu Prad geboren, ward von seiner Mutter 
zu ihrem Bruder Johann Baptist Primisser nach Innsbruck geflihrt, wo er während seiner Gymnasial- 
studien den gewünschten Erwartungen vollkommen entsprach. 

Später wurde er bei dem Landesgouverneur Johann Baptist (Gl^rafen von Bissingen Hauslehrer 
oder Hofmeister, studierte Theologie, diente als Priester anfänglich in der Seelsorge in seiner Heimat 
Prad, kam hierauf als Professor der Dichtkunst an das akademische Gymnasium zu Innsbruck, erhielt 
nach seines Oheims Abtreten vom Lehramte, das er bis zum Anfange des Jahres 1806 versah, die Professur 
der griechischen Sprache *). Hierauf erhielt er vom Fürstbischof Luschin den Ruf als Professor des 
Bibelstudiums des neuen Bundes nach Trient, wo er Aller Achtung und Liebe sich erwarb. 

Er verfasste ein paar verdienstvolle Werke , als : a) Die echten Werke der apostolischen Väter 
Glemens von Rom, Ignatius und Polykarpus, aus der Grundsprache übersetzt und mit Anmerkungen 



1) Primisser, von der SanunluDg in Ambras rastlos in Ansprach genommen, legte um so mehr seine Professur am 
16. März 1806 nieder, da Kaiser Franz II» ihn in seine Dienste zu übernehmen versprochen hatte. 

V. 26 



202 Joseph Bergmann, 

verseben. Innsbrack 1817. Zweite verbesserte und mit einer Vorrede des Fürstbischofs Bemard Galnra 
versehene Auflage von Jos. Hofinann. Innsbruck 1848; b) Hermeneutica biblica generalis juxta formam 
studii theologici in imperio Austriaco praescriptam, edita a Gasparo Unterkircher , Professore Studii 
biblici N. F. Tridenti. Oeniponti 1831; II. edit. 1834^ III. edit. per I. Hofmann 1846; c) Introductio in 
Biblia N. T. ad usum scholarum etc. Oeniponti 1835. 

Dieser grundgelehrte Mann war nebstbei voll Gemüth und sehr heitern OeisteS; gerade und 
offen und verlangte auch dasselbe von Jedermann^ entdeckte er aber irgend eine Falschheit, so war 
sein Vertrauen dahin. Er starb am 14. September 1836. Durch ihn kamen zwei Neffen zum Studieren 
nach Innsbruck, von denen der eine starb, der andere, Martin Unterkircher, die Rechte studierte 
und 1829 der Gatte seiner Base Therese Pr im isser ward. Seinen kleinen Nachlass bestimmte er 
theils Air die Kirche, theils fttr die Verwandten und noch nach seinem Tode war es möglich zwei 
Knaben studieren zu lassen, welche aus diesem Nachlasse UntenstOtzung erhielten, nämlich Anton. 
Wallnöfer, dermals Hilfspriester zu Breitenwang, und dessen Bruder Paul W., Lehrer der Geschichte 
am k. k. Gymnasium zu Teschen. 



n. 

Johann Baptist Primisser^ 

k. k. Schlosshauptmann zu Ambras, gestorben in Wien 1815. 

Johann Baptist, am 23. August 1739 zu Prad geboren, legte unter der gewissenhaften 
Leitung seines altem Bruders G a s s i an die Gymnasial- und philosophischen Studien in Innsbruck zurtlck, 
ward Hofmeister im gräflich von KttnigFschen Hause, verliess die juridischen Studien und kam als Haus- 
secretär in die Dienste des k. k. Staats- und Conferenz-Ministers und böhmisch-österreichischen Oberst- 
canzlers Rudolf Grafen von Chotek im September 1765 nach Wien. Da der Hof - Burg - Pfleger in 
Innsbruck Karl Maximilian von Kiep ach ^), der zugleich Schlosshauptmann zu Ambras war, wegen 
seines Alters und seines Mangels an wissenschaftlicher Bildung, wie sie die neuerwachende Zeit er- 
heischte, seiner Stelle in Ambras nicht mehr gewachsen war und seinen studierenden Sohn Karl Johann 
in beiden Amtern cum spe successionis sich zu adjungieren den Antrag stellte, erhielt unser Primisser 
in Wien, Vom k. k. Gubernial - Präsidenten Grafen von Enzenberg, dem edlen Gönner der Gebrüder 
Primisser, aus Innsbruck zur Bewerbung um die Schlosshauptmannschaft zu Ambras ermuntert, durch 
die Gnade der Kaiserin Maria Theresia am 27. Mai 1768 die Anwartschaft auf dieselbe ^). In dem 
bezüglichen Berichte des Tiroler Guberniums an die k. k. Hofcanzlei in Wien heisst es unter anderm : 
„Der junge v. Kiepach mag ein ganz guter Student sein und seine Institutiones und Pandekten ganz 
fleissig gehört haben, allein hiedurch wird man kein Antiquarius und Münzenkenner; hingegen gibt 
Duval, Director des kais. kön. Medaillen - Gabinetes , dem Johann Primisser das Zeugniss, dass er 
eine ausnehmende Fähigkeit zu dieser Wissenschaft 7eige, die hierzu nöthigen Sprachen besitze und 
die Schriftsteller, welche von Münzen und Alterthümem handeln, fleissig lese, folglich alle Hoffnung 
von sich gebe, ein geschickter Vorsteher einer dergleichen Sammlung zu werden." 

Primissers Reisen. — Im November desselben Jahres begleitete er des Oberstcanzlers hoff- 
nungsvollen Neffen J o h a n n R u d o 1 f Grafen Chotek, den nachherigen Finanz*, dann Staatsminister 



1) Über diesen Herrn v. Kiepach, auch Küepach und sein Gesuch, s. meine „Mittheilungen'* in den ,,SitzungB« 
berichten der philos.-histor. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften'* Bd. XIX. 106 f. •, vgl. das. S. 54. 

2) Nach Angabe eines vom Grafen Rudolf v. Chotek unterzeichneten Actenstttckes der k. k. Ambraser-Saroml. Nr. 2. 



die fünf gelehrten Primisser. 203 

(geb. 1749, gest. 1824) *) und Franz Joseph Grafen von Wilczek ^) auf ihrer Reise über Inns- 
bruck nach Italien und Frankreich , und kam mit vielen ftlr seinen Beruf wichtigen Kenntnissen berei- 
chert , gegen Ende September 1770 nach Wien zurück. 

Noch besitzt dessen Tochter Therese in Abschrift ftlnf nicht uninteressante Briefe ihres Vaters 
vom J. 1769 an seinen geistlichen Bruder Gassi an, von denen zwei aus Rom, zwei aus Neapel und 
einer aus Mailand datirt sind. Der erste dieser Briefe, der wie der zweite von Alois Primissers Hand 
cepiert ist, handelt, wenn auch aus Rom datiert, von der musterhaftesten Regierung T o s c a n a 's unter 
dem Gross herzog Peter Leopold, und ist ein Verkünder des vollsten Lobes, dessen sich dieser 
Fürst in seinem Lande, das er beglückte, mit allem Rechte zu erfreuen hatte. 

H'ochwürdiger, liebster Herr Bruder! 

Ehe ich die Beschreibung dieser Hauptstadt anfange, muss ich das Gapitel von Toscana 
vollenden. Rom hat dermalen die Ehre den Grossherzog zu bewirthen '). Die Begierde nicht nur 
seine, sondern auch die benachbarten Staaten kennen zu lernen, die Überbleibsel von der Grösse und 
Pracht des alten Roms zu sehen, kurz seine Kenntnisse immer weiter zu treiben, hat ihn zu dieser 
Reise beredet. Die Würde seines Standes, die Hoheit seiner Geburt, und noch mehr der in ganz Italien 
ausgebreitete Ruf von seiner billigen und liebevollen Regierung treibt die Römer an,- Ihm alle möglichen 
Ehren anzuthun. Um nun auf dasjenige wiederzukommen, was ich neulich abgebrochen habe, das ist, 
auf die Lobsprüche dieses Fürsten, so kann ich seine Aufmerksamkeit auf die geringsten Dinge 
nicht unberührt lassen. Er weiss die Namen und Verbrechen fast aller der*Übelthäter, die in seinen 
Staaten einliegen. Es kann unter seinen Hofieuten fast keine Ausschweifung geschehen, die er nicht 
den andern Tag weiss. In der Fastnacht verkleidet er sich in einem Tag auf acht bis neunerlei Arten, 
drängt sich so unerkannt unter das -Volk, im Opemhause, wo Bälle gehalten werden, und sobald er 
die geringste Unordnung oder Unanständigkeit erblickt, so gibt er nicht nach, bis er den maskierten 
Thäter ken^t. Den Gebrauch, dass weltliche und verheirathete Leute geistliche Kleider tragen, hat er 
nicht aufheben können, weil man ihm vorgestellt hat, dass dadurch der arme Adel und einige andere 
Leute vom Range zu grosse Unkosten machen müssten. Um nun die Ärgernisse zu vermeiden, ver- 
ordnete er, dass die Wettlichen anstatt des Kragens zum Unterschiede die zwo Lappen, die man sonst 
die Mosestafeln nennt, am Halse tragen sollten. Es ist zu wissen, dass man hier in Italien viele Ordens- 
geistliche, sobald sie aus ihrem Kloster sind, nur am Kleide, nicht aber an den Sitten erkennen kann. 
Man sieht sie nach 24 Uhr ganz vertraulich mit dem Frauenzimmer herumspazieren, und mit dieser 
galanten Gesellschaft öfters bis um Mittemacht die Gassen auf und niederlaufen. Es macht sich auch 
kein Mensch viel daraus, weil es Mode ist. Der Grossherzog begegnete diesen Nachtläufem selbst 
öfters, bis er dem Erzbischof zu Florenz dergestalt zusprach, dass den Klöstern diese Unordnungen 
unter schwerer Strafe untersagt wurden. Im Falle, dass einige es wagen sollten, wider das Verbot 



1) Über diesen aasgezeichneten Staatsmann s. von Warzbach 's „Biograph. Lexikon** Bd. II, 362; dessen Söhne sind: 
Ferdinand Marie, Fürstbischof za Olmüz, gest. 1836, and Karl, von 1820— 1825 GoaTemenr in Tirol, später 
Oberstbarggraf in Böhmen etc., s. das. S. 360. 

2) Franz Joseph Graf von Wilczek, Sohn des k. k. geheimen Rathes and vormaligen Beichshofrathes Grafen 
Joseph Maria (t 1777) and der Gräfin M. Francisca Theresia von Öttin gen -Spielberg (tl771), geb. 4. Octbr. 
1748, ward k. k. Kämmerer, später niederösterreichischer Landrath, vergrösserte seine Besitzangen darch An- 
kaaf von Herrschaften in Nieder Österreich und starb am 27. September 1834. 

3) Erzherzog Peter Leopold, der nachherige Kaiser Leopold II., im J. 1747 zu Wien geboren, ward nach dem 
in Innsbruck am 18. August 1765 erfolgten Hinscheiden seines Vaters K. Franz L Grossherzog von Tos- 
cana kraft des Hausgesetzes vom 14. Juli 1763 bis zum Tode seines Bruders K. Joseph II. am 20. Februar 1790. 

»6* 



204 Joseph Bergmann, 

zu handeln, haben die Sbirren^den Auftrag; das Kloster , wohin der betretene Geistliche gehOrt, und 
wo möglich sogar seinen Namen auszukundschaften. Zween, mit welchen sich dieser Fall wirklich 
ereignet hat, gaben falsche Namen an; und nannten zwei Greise ; wovon der eine im Rufe der Heilig- 
keit lebt; der andere aber vor Alter weder stehen noch gehen kann. So schlecht steht es mit der 
Zucht in vielen Klöstern von Italien. Ob nun gleich übrigens in den toscanischen StädteU; eine grosse 
Freiheit zu thuU; was man will; herrschet; so könnte man gleichwohl bei der jetzigen Regierung das 
Geld sicher im Hut herum tragen. Überhaupt sagt man ; dass die Toscaner unter den Italienern das 
beste Her2 hab^n. Die Inwohner sind bis auf das niedrigste Landvolk höflich und dienstwillig und so 
beschaffen; dass sie die Gutthätigkeit ihres Fürsten mit einer gewissen ihnen eigenthümlichen Zärt> 
lichkeit zu gewinnen wissen. Diesen Bericht habe ich Ihnen *) von Toscana entwerfen wollen ; theils 
weil dessen Glückseligkeit unserem deutschen Volke Ehre macht; theils weil es dermalen so zu sagen; 
in allen Betrachtungen den Kern von Italien ausmachet. Wir werden noch so lange in Rom bleiben; 
dass ich hier ein Schreiben von Ihnen erhalten könnte. Wegen der Adresse hat es keine Schwierig- 
keiten; denn ich bin auf dem hiesigen kaiserlichen Postamte ; wo alle deutschen Briefe hinkommen; 
schon bekannt. Den Abbate Gentili hab' ich noch nicht Gelegenheit gehabt zu besuchen. Haben Sie 
irgend einen guten Freund; der meine zwar ohne alle Ordnung und Methode hingeschriebenen Nach- 
richten zu lesen verlangt; können Sie ihm solche meinethalben mittheilen. Wann Sie nach Innsbruck 
kommen; bitte ich Sr. Excellenz dem Herrn Präsidenten (Grafen von Enzenberg) von mir Bine ehr- 
erbietige Meldung zu machen. Ich verharre mit aller erdenklichen brüderlichen Zärtlichkeit 

Meines liebsten Herrn Bruders 
Rom, den 11. März 1769. . treuergebenster Bruder 

Johann Primisser. 

Der zweite Brief enthält hauptsächlich eine kurze Beschreibung RomS; der Hauptstadt der 
Welt; wie er sie nennt; welche Beschreibung von Monumenten und Palästen ; die anderweitig satt- 
sam bekannt sind; ftlglich übergangen werden kann; ich setze demnach nur den Schluss her; über den Auf- 
enthalt des Kaiser Josephs II. und seines Bruders in Rom'): „Nicht nur Se. Miyestät der Kaiser; son- 
dern auch den Grossherzog von Toscana hat Rom zu b6wirthen die Ehre gehabt. Beide Herren 
haben es durch ihre Freundlichkeit und Güte so weit gebracht ; dass man ihre Unterthanen beneidet : 
alles hat sich hier in die Wette bestrebet; ihnen Ehren anzuthun. Es sind Mahlzeiten; BäUe, Beleuch- 
tungen ; Pferderennen und ein Feuerwerk gehalten worden. Nächster Tagen werden wir von 
hier aufbrechen. Ich hoffe Ihr Schreiben also in Neapel zu erhalten. Herr Gentili lässt Ihnen sein 
Gompliment melden. Ich habe seinen Münzenschatz angeblickt; denn ihn anzuschauen hat er mir nicht 
Zeit gelassen.' Ich bin und verbleibe mit brüderlicher Liebe 

Ihr 
Rom; den 19. April 1769. treuergebenster Bruder 

Johann Primisser. 

1) Es ist alttirolische Sitte, dass selbst Altern und Geschwister ihren geistlichen Sohn oder Bruder mit Sie an- 
reden, und sich des treaherzigen Du enthalten. 

3) Kaiser Joseph iL kam mit seinem Bruder am 15. MSrz 1769 nach Rom, das seit Karl V., der daselbst am 6. April 
1536 feierlich einzog, kein deutscher Kaiser betreten hat, und besuchte mit demselben am folgenden Nachmittag 
gegen fünf Uhr in einfachem Kleide , nur mit dem Schwerte umgürtet , zum Erstaunen der Cardinäle das Con- 
clave , um das versammelte h. CoUegium zu begrüssen und ward auf das Ehrerbietigste empfangen. Gegen halb 
7 Uhr verliess er das Conclave, das am 19. Mai den Cardinal Ganganelli als Clemens XIV. wählte. Über 
Ostern (26. März) blieb er in Bom und reiste am 30. zu seiner Schwester, der Königin Caroline nach Neapel, 
Yon wo er eine antike Mosaik: ,,die drei Hören'' darstellend nach Wien (im Eingangssaale des untern k. k. 
Belyederes Nr. 100) brachte. 



die fünf gelehrten Primisser. 205 

Der dritte Brief ans Neapel vom 12. Mai berichtet in einfachen nnd klaren Worten über den 
Znstand der Kflnste nnd Wissenschaften in Florenz und Rom; nnd gibt einen ganz kurzen Abriss ttber 
die Entwickelnng der Gultar, hauptsächlich der Banknnst, Bildhauerei und Malerei und was damit 
verwandt ist in Italien nach dem Untergange der römischen Herrschaft , besonders unter Papst Leo X. 
nnd seinen Nachfolgern ^ bietet aber nichts Neues; in Bezug auf Musik sagt er, dass schon die Deut- 
schen den Welschen wenig mehr nachgeben. Weiter beschreibt er die St. Peterskirche als ein Meister- 
stück aller Meisterstücke in der Baukunst ^ dann die von St. Paul; ergeht sich ttber die Pracht der 
Paläste ; Landhäuserund Oärten mit ihren Säulen ^ Statuen ^ Antiquitäten ^ Gemälden etc. ^ auch über 
die Sitten in Rom^ ttber welche er gar ungehalten sich auslässt. Am Schlüsse schreibt er in Betreff 
der Schlosshauptmannschaft zu Ambras : — „Übrigens habe ich von Rom aus dem Herrn von Sterzinger 
zween Briefe geschrieben und in dem letztern eröffnet^ was mir Sc. Excellenz der oberste Ganzler 
von Wien aus berichtet hatte. Der alte Ettepach habe nämlich auf's neue um die Schlosshauptmann- 
schaft zu Ambras fbr seinen Sohn angehalten. Seine Excellenz hoffeten aber doch die Sache dabin ein- 
zuleiten ^ dass ich nichts zu befttrchten habe. Nun habe ich durch den Herrn von Sterzinger (bei) Sr. 
Excellenz Grafen von Enzenberg vorkommen und ihn auf allen Fall um Schutz bitten wollen. Herr 
von Sterzinger dttrfte vielleicht verhindert sein mir zu schreiben; ich bitte also den Herrn Bruder sich 
bei ihm nach der Sache Beschaffenheit zu erkundigen und mich zu benachrichtigen.^ 

Der vierte Brief, der ttber die Verfassung des Kirchenstaates handelt, ist von ganz 
besonderem Interesse. Wir vernehmen in ihm die Stimme eines Mannes von rein katholischer Gesinnung 
ttber das damalige Rom und die weltliche Regierung des Kirchenstaates an seinen Bruder, einen streng 
kirchlichen Priester, und glauben daher denselben nach seinem vollen Inhalte mittheilen zu sollen. 

Hochwttrdiger, liebster Herr Bruder! 

Mein Aufenthalt in Neapel wird bis den September dauern, die ganze Reise wird also wohl 
anstatt der achtzehn Monate zwei starke Jahre erfordern. Ich habe entzwischen Zeit genug, meine Nach- 
richten von Rom zu vollenden. 

Der heutige Brief soll von Rechtswegen die Staatsverfassung des Kirchenstaats ent- 
halten, ich verlange aber im Voraus zwei Stttcke, erstlich, dass man nichts Methodisches erwarte, 
zweitens, dass man sich nicht stosse, wenn ich von den Mängeln der päpstlichen Regierung auf- 
richtig rede. 

Die Regierungsform ist ganz monarchisch, und zwar, das Gebiet von Bologna ausgenommen, 
weit despotischer, als in unseren österreichischen Ländern. Und wenn der Adel grosse Freiheiten ge- 
niesst, so ist es mehr de -facto, als de jure. 

Zu Rom ist der Cardinal - Kämmerling der erste Minister und besorgt die Finanzen, der Staats- 
Secretär steht dem Papste in auswärtigen Angelegenheiten bei. 

Der Senatore und der Govemadore di Rima besorgen die Gerechtigkeit und Polizei in der Stadt 
und ist ersterer ein weltlicher Herr. 

Der Vice - Gancelliere ist allzeit ein Cardinal, weil der Papst selbst der rechte Kanzler ist. 

In den Provinzen wird die Regierung durch Legates geführt^ die, ausser dem von Urbino, allzeit 
Cardinäle sind. 

Der Papst hat dergestalt das Recht alle diese Ämter nach Belieben zu vergeben, zu verkürzen 
und zu verlängern , dass sie mit dem «Tode desselben auf einmal ipso facto alle fUr erledigt gehalten 
und während der Stuhlserledigung nur provisorie verwaltet werden, damit der neue Papst sie alle nach 
Belieben^ ohne Jemanden wehe zu thun, wieder besetzen möge. 



206 Joaeph Bergmann, 

Da die Wahl der Päpste darch die Gardinäle geschieht, und diese gemeiniglich in verschiedene 
Parteien getheilt sind, and beyneben allzeit dreyerley Absichten haben, nähmlich das geistige Wohl 
der Kirche ; den Nutzen des Staates und vor allen ihren eigenen Vortheil; so wird nicht allemahl der 
beste Staatsmann erwählet. 

Z.B. Die Wahl trifft einen uneigennützigen heiligen Mann, er hat aber die Kunst Länder zu 
regieren so wenig als ich. Mancher verschmitzte Regent aber gibt durch seinen Ehrgeitz und andere 
Laster der Kirche Gottes Argerniss. Sie sind gemeiniglich schon alt, wann sie erwählt werden, so 
dass es wenige ttber 10 oder 12 Jahre bringen, folglich muss sich das arme Land alle Augenblicke 
nach einem anderen Kopfe richten. Da ihre Freundschaft entweder selbst mit unter den Adel gehört, 
oder doch ohne Verzug dazu erhoben wird, so wollen sie dem Adel, der das gemeine Volk erbärmlich 
drttckt, nicht wehe thun. 

Ja sie können ihn nicht einhalten, weil er zu stark ist und durch seinen Reichthum gar leicht 
selbst den unterdrückten Pöbel auf seine Seite bringen kann und des Papstes Kriegsmacht gar nichts 
zu sagen hat. Ein jeder neue Papst, sehr wenige ausgenommen, hat seine erste Sorge dahin gewandt, 
seine Familie zu bereichem, weswegen alles von Fürsten wimmelt, die man flir arm hält, wenn sie 
nicht wenigstens ttber 30.000 Scudi, d. i. 60.000 Gulden jährliche Einkünfte gemessen. 

Fast alle ihre Paläste, wo man in dem Gebäude selbst königliche Kostbarkeiten findet, sind Ge- 
schenke von Päpsten, ihre Gärten und Landhäuser scheinen für Monarchen gebaut zu seyn, und da 
ein jeder Papst die Vorzüge gegen seine Angehörigen verschwendet, so ist der ganze Adel steuerfrey, 
und trägt zur Kammer nur so viel bej als er gern will. 

Man kann sich also leicht vorstellen , wie sehr die gemeinen Unterthanen hergenommen werden, 
um diese Verschwendungen herein zu bringen. 

Allein diess wäre wohl noch zu ertragen, denn das Meiste dieser Summen ist bisher von aus- 
wärtigen christlichen Ländern geflossen, die ihre Infein, Cardinalhüte , Dispensationen u. s. f. theuer 
haben kaufen müssen. Aber wie wird es nun gehen, da diese Ströme immer mehr und mehr ver- 
stopfet werden? 

Doch das grösste Unglück für die päpstlichen Unterthanen ist der Abgang des Handels. Es 
scheint ordentlich, dass sich die Geistlichen ein Gewissen gemacht haben, eine grosse Handlung ein- 
zuitihren, weil dadurch ihre unterthänigen Katholiken würden Anlass bekommen haben, mit den Ket- 
zern zu viel umzugehen. Deswegen stehen die bequemlichsten Meerhäfen zu Ancona, zu Givitd Vecchia 
und zu Ostia zu grossem Vortheile der Venetianer, Genueser und Livorneser ohne beträchtlichen Nutzen. 

Die Handlung zu Lande ist um nichts besser. Ihre Fabriken sind von so geringen Artikeln, 
und haben auch in Betreff der Güte wenig Beyfall. Deswegen findet man die ganze Lombardie, das 
Parmesanische, Modenesische und Toscana mit päpstlichem Gelde überschwemmt, und zu Rom eine 
so grosse Noth , dass man sogar kleine Zahlungen mit Papieren machet. Hieraus entsteht der schlechte 
Verdienst und aus diesem die Entvölkerung des Staates und der Stadt Rom. Denn ein arbeitsamer 
Mann sucht sein Glück lieber anderswo, als dass er in seinem Vaterlande darben soll. 

Das Übergewicht des Adels und die allzugrosse Zahl der Geistlichen machen, dass der Land- 
mann fast gar keine oder doch mit vielen Lasten beschwerte Besitzungen von Gründen hat. — Ein 
Theil des Landvolkes geht also in die Stadt, um lieber feyernd als arbeitend zu hungern. 

Diese kreisen auf den Gassen und in die Kirchen herum, um zu betteln oder zu stehlen; woher 
so erschrecklich viel Bettler und Tagdiebe kommen. 



die fünf gelehrten Primisser. 207 

Ein anderer Theil ans dem Lande und die wenigsten bauen das Erdreich ^ weswegen man nicht 
ohne innigstes Herzenleid die schönsten Hügel und Striche Landes öde und wttst ansehen muss. 

Vor Zeiten haben sich die Päpste vor die Spitzen ihrer Eriegsschaaren gestellt; und den christ- 
lichsten Fürsten den Kirchenbann mit dem Schwerte bekräftiget ^ und stillten den Gewissenszweifel; 
dass Christus dem heiligen Vater niemals befohlen hat; das Schwert zu zücken ; wohl aber es einzu- 
stecken; mit einem andern Grundsatze; dass der Papst als weltliche Macht und Begent Krieg fUhren 
könne; allein dermalen hat dieser wilde Geist den Stuhl Petri verlassen, nachdem nun die Rechte des 
Staates und der Kirche besser auseinander gesetzt sind. Die Macht des Papstes ist nun gross genug; 
um allenfalls einem jählichen Aufstand Einhalt zu thun; und die innerliche Ruhe des Landes zu erhalten. 

Das Volk ist übrigens der schlimmen Regierung schon gewohnt; und die Römer sind schon 
zufrieden; wenn ihnen nur zu schmähen erlaubt ist. — Hierinnen besteht ihr Trost; dass sie wider 
Päpste und Gardinäle ungestraft reden ; Spottschriften machen; anschlagen und verkaufen dürfen. Wie 
die Liebe zur Geistlichkeit sehr klein ist; so ist sie auch zur Andacht nicht gross. — Die Unehrerbie- 
tung in den Gotteshäusern ist fUr einen Deutschen erschrecklich anzusehen und die Ordensgeistlichen 
halten in der ganzen Welt nirgends so wenig Zucht; wie in ganz Italien. Indessen ist in Rom keine 
fremde Nation über die Deutschen beliebt; besonders; nachdem sich der Kaiser und der Grossherzog 
daselbst haben sehen lassen. Die Leute vom ersten bis zum letzten waren bis zur Ausschweifung in 
die beiden Herren verliebt; und riefen nicht: es lebe der Kaiser; sondern: unser Kaiser. Ein 
sicherer Cardinal; nicht Alb an i *), soll einen Vortrag dem heiligen Collegio gemacht haben ; man 
solle Joseph II. eine Rittersäule aufrichten; wie einst Constantin und Karl dem Grossen geschehen 
wärC; und wenn das CoUegium die Unkosten nicht über sich nehmen wollte ; so wollte er's von dem 
Seinigen thun. 

Endlich will ich diese Nachricht mit einigen Neuigkeiten * von dem jetzigen Papste C 1 e- 
mens XTV. schliessen. 

Er ist bekanntermassen ein Apothekers - Sohn mit Namen Franz Lorenz Ganganelli; ein 
Minorit; der einige Jahre hindurch päpstlicher Theologus gewesen; bi» er endlich von Clemens XUL 
zur Cardinais - Würde erhoben wurde ; wodurch ihm zwar die Würde vergrössert; aber keineswegs die 
klösterliche Demuth und Mässigung vermindert worden ist. Er ist ein Mann von grossem Verstände 
und vieler Schlüssigkeit; ein ManU; der alle Tugenden seines berühmten Ordensbruders Sixtus V.; 
aber keines von seinen Lastern besitzt. 

Es liegt ihm nichts so sehr am Herzen ; als die Wiederherstellung des guten Vernehmens mit 
den Höfen. 

Man vermuthet; dass es in der Absicht geschehen sej; dass er eigenhändig an die Monarchen 
von Europa geschrieben hat; ohne dass sogar der Staats -Secretär; Cardinal Pallavicini; den Inhalt 
davon wissen dürfte. 

Er hat sich verlauten lassen; er wolle den Mächten alles zusagen; was sie verlangten und er 
mit Gewissen zusagen könnte. Er sähe seine Gewalt über die Christenheit ganz geistlich an und ge- 
dächte; in Betreff der weltlichen Besitzungen und Habschaften ; was sie auch für eine geistliche Farbe 



1) Cardinal Alexander Albani, Nepote des P. Clemens IX., ward 1756 der Kaiserin Maria Theresia Minister beim 
heil. Stuhle, später auch Protector des rümischen Reichs und der Lande des Hauses Oesterreich, und starb zu 
Rom 1779. 



208 Joseph Bergmann, 

haben mttohten, keinem Fürsten Eintrag zu thnn. Er wäre aber der Hoffhang, dass diese sein vttter- 
liches Betragen erkennen, und es mit einer kindlichen Neigung erwiedern werden, dass hieftlro anstatt 
fiannstrafen und Eriegesdrohungen nicht als christliche Liebesstreite in der heiligen Kirche gehört 
werden sollen. 

Er hat eine schöne Probe seines Uneigennützigen gegeben , da er auf eine Menge Ansuohungen 
um Dispensationen günstig Bescheid gegeben, und init eigener Hand Gratis geschrieben. 

Um die apostolische Kammer in gutem Stande zu erhalten, ohne die Unterthanen zu drücken, 
hat er seinen Hofaufwand nicht auf päpstlich, sondern auf minoritisch eingerichtet, wodurch er all- 
jährlich bey 20.000 Scudi ersparen soll. 

Der Minoritenbruder, der ihn als Cardinal bedient hatte, bedient ihn jetzt als Papst auch. Hin- 
gegen hat er. die Accise von Fleisch, Öhl und türkischem Weizen aufgehoben, und dadurch den Preis 
dieser Dinge um ein merkliches heruntergesetzt. Durch diese und mehr dergleichen Unterbrechungen 
hat man sowoU zu Rom als in der ganzen Christenheit die Hoffnung einer glückseligen und erbaulichen 
Begierung gefasset. 

Eben den Augenblick erhalte ich Dero Schreiben vom 12. dieses, so mir von Rom aus richtig 
nach Neapel geschickt worden. Ich danke für die gute Nachricht von meinen Angelegenheiten, und 
verbleibe mit aufrichtiger brüderlicher Liebe 

Meines liebsten Herrn Bruders 

Neapel, den 26. Juni 1769. getreuester Bruder 

Johann Primisser. 

P. S. So lange ich in Neapel bin, können die Briefe allzeit wie diessmal nach Rom addressirt 
werden. Ich bedauere die Umstände des lieben Vaters , und noch mehr meine Unvermögenheit ihm zu 
helfen. Gott stärke ihn! 

Der fünfte Brief aus Mailand vom 7. November 1769, berichtet über die Abreise aus Neapel 
am 12. September. Primisser verweilte zwei Tage in Capua, während seine Herren Grafen das be- 
rühmte Benedictiner- Kloster auf dem Monte Cassino besuchten. Die Reise gieng über Molo di Ga^ta 
nach Rom, wo sie vom 16. — 27. September, dann drei Tage in Siena verblieben, von da weiter über 
Livorno, Lucca und Pistoja nach Florenz, das sie am 17. October verliessen. Am 19. waren sie in 
Bologna, am 20. in Ferrara und am 22. inPadua, vom 24. bis 1. November in Venedig und gelang- 
ten über Padua; Vicenza, Verona, Mantua und Cremona in sechs Tagen nach Mailand. 

Ober Neapel. — Von hier berichtet Primisser an seinen Bruder über Land und Leute des 
Königreiches Neapel, soviel er gesehen und kennen gelernt hat. Er lobt die Pferde als die besten 
Italiens, schreibt über die Lazzaroni, die er das wildeste und ungezähmteste Volk, das man in der 
Christenheit antrifft, nennt; ob es schon auch vernünftige und ehrliche Männer darunter gibt; femer 
über die Sittenlosigkeit besonders der höhern Stände, über Regierung, Rechtspflege, indem er sagt: 
die bürgerliche Gerechtigkeit ist die langsamste und fttr die Advocaten die vortheilhafteste von der 
Welt. Allee rechtet hier dergestalt, dass ich glaube, es leben in Neapel allein mehr Advocaten auf 
Unkosten der Partheien als in allen österreichischen Erblanden zugleich. Die Polizey und das Steuer- 
wesen steht lediglich unter dem Adel, und ist deswegen schlecht genug eingerichtet. Der Adel ist 
zahlreich, bemittelt und in seiner äusserlichen Aufführung, besonders was Pferde und Kutscher be- 
langt, ganz ungemein prächtig. Der Hof ist sehr besetzt, und hat einen grössern Aufwand als die 



die Ülnf gelehrten PrimisBer. 209 

Kräfte des Landes ertragen *). In Neapel ist alles lustig und belebt; das ganze Jahr folgt ein Fest 
nach dem andern , so bald mit Feuerwerken ; bald mit Bällen und Gastmahlen ; bald mit SchifFfahrten, 
bald mit Märkten u. s. f. gehalten wird. Der Mittelstand, d. i. jene Personen; die sich mit Wissen- 
schaften und Künsten beschäftigen; ist der beste Theil.^ 

Was Neapel noch mehr ziert; schreibt er ferner; als die guten Paläste und schOnen KircheU; 
woran es jedoch mit Rom nicht zu vergleichen ist; sind die AlterthQmer; die man in der Gegend an- 
trifft. Er erwähnt der schönen Überbleibsel der Städte Puteoli (Pozzuolo); Baiä; des reizenden Aufent- 
haltes der römischen Grossen; Gumä; der in den Felsen gehauenen Grotte der cumanischen Sibylle; 
des Avemer SeeS; der Insel Capri; dann auf dem Festlande weiter abwärts der am 24. August 79 
nach Christi Geburt verschütteten Städte Herculaneum und Pompeji und deren Ausgrabungen von Anti- 
quitäten der mannigfachsten Art, welche sowohl zu religiösem Gebrauche als auch zur Befriedigung 
der täglichen Bedürfnisse oder zu den Annehmlichkeiten des Lebens gehörten. Diese wichtige ; später 
im Laufe der Jahre reichlich vermehrte Ausbeute; die auch eine Vorstellung von den Künsten des 
alten Grossgriechenlands und der Römer und ihrer Lebensweise gibt; hatte man seit 1758 im. Museum 
zu Portici und seit dem Anfange dieses Jahrhunderts im Museo Borbonico zu Neapel vereiniget. — „Auf 
dem k. Schlosse; Capo di Monte genannt; ist der von Parma hieher gebrachte Schatz ; welcher in 
einem reichen Medaillen - Cabinet ; in einer unglaublichen Menge eingeschnittener und erhabener kost- 
baren Steine; so die Italiener Intagli und Gammen nennen ; in einer auserlesenen Sammlung der 
besten Gemälde und vielen andern Seltsamkeiten besteht. Der König fUhret zu Caserta unweit von 
Capua ein Gebäu auf, das wegen des Geschmackes ; der Grösse und der Kostbarkeit ein Weltwunder 
werden- soll. Eine starke welsche Meile von Capua gegen Caserta zu stehen noch sehr ansehnliche 
Rudera der alten Stadt Capua. Was würde man nicht zu Tarent; zu Brindisi; zu ReggiO; zu Messina, 
Syrakus und in andern Städten Siciliens finden können? Allein es ist kein Plätzchen in Italien; das 
die Engländer und Franzosen nicht durchgesucht hätten; und wer die hierüber herausgegebenen Bücher 
sich anschaffen kann, verliert ebenso viel nicht; diese Orter nicht gesehen zu haben. Man schätzet die 
Alterthümer in verschiedenen Absichten. Ein Baukünstler gibt auf die Baukunst acht; ein Maler; Zeich- 
ner und Bildhauer suchet wieder Vollkommenheiten für seine Kunst daraus zu schöpfen. Ich hatte meine 
Freude die Geschichte der Alten daraus zu lernen; wozu mir endlich ein getreuer Beschreiber anstatt 
meiner eigenen Augen dienen kann.^ So Primisser. Über dessen weitere Reise nach Frankreich liegt 
uns nichts vor. Wie oben S. 203 gesagt; kam er erst im September des folgenden Jahres 1770 mit 
den jungen Grafen nach Wien zurück. 



Primisser als Schlosshauptmann zu Ambras Yon 1772 bis 1806. 

Als die Kaiserin Maria Theresia den hochverdienten Oberstcanzler Rudolf Grafen von Chotek auf 
seinem Krankenlager persönlich besuchte; benützte er diese Gelegenheit alle jene Personen; welche er 
gern belohnt wissen wollte; der allerhöchsten Gnade zu empfehlen. Unter diesen war auch Johann Bap- 
tist Primisser. Ihre Majestät fragte beim Herausgehen im Vorzimmer; das von einer Menge Menschen 
vor der Hofcanzlei angefüllt war; nach dem Tiroler; den ihr der Graf so eben empfohlen hatte ; reichte 



1) König Ferdinand IV., am 12. Jänner 1761 geboren, hatte nach erlangter Volljährigkeit am 12. Jänner 1767 
die Regierung angetreten und sich mit der ErzhehSogin M. Karoline, Schwester K. Joseph's II. (der sie von 
Rotn aus im April 1769 besuchte), zu Wien per procurationem am 7. April 1768, dann in Caserta am 12. ICai 
vermählt. 



V. 



27 



810 Joseph Bergmann, 

gnädig: ibin die Hand zum Kusse ^ yer8i<^herte ihn ihrer Gnade und bald darauf erhielt er mit Hof- 
decret vom 21. Juni 1771 eine jährliche Pension von 200 Oulden. Der Graf starb am 7. Juli. 

Auf einen Wink von Innsbruck bat Primisser um die wirkliche Anstellung und erhielt sie am 
4. Jänner 1772, da Herr v. Eiepach (S. 202) beinahe dienstesunfähig geworden ^), mit dem Bescheide 
mit den per modum pensionis zu beziehenden 200 Gulden sich einstweilen zu begnügen , nebst freier 
Wohnung in Ambras und den Geschenken; welche die Fremden beim Besuche des Schlosses ihm 
reichten. Im Mai 1772 kam er nach Innsbruck , meldete sich beim k. k. Gubernial -Präsidenten Gassian 
Grafen von Enzenberg (f 18. Sept.); erhielt nach dem Decrete vom 27. Juli obgenannte Emolumente 
und ttbemahm nach erfolgter Eidesleistung die Sammlung vom 3.— 19. August; Herr v. ELiepach trat 
ab und starb bald darauf im October. 

Nachdem Primisser mit der ganzen Sammlung sich ein wenig bekannt gemacht hatte, gewahrte 
er die Sjstemlosigkeit; das Durcheinander des Ganzen. Es war daher seine erste Beschäftigung wäh- 
rend des Winters einen Plan zu einer systematischen Aufstellung' zu entwerfen; den er mit wenigen 
Abänderungen im April 1773 dem k. k. Gubemium vorlegte. 

Mittlerweile erhielt er am 25. Februar vom Gubernial - Präsidenten Johann Gottfried Grafen von 
Heister *) den Auftrag ; das Inventar der Gemälde in Ambras der Landesstelle zu ttbergeben ; um es 
nach Hof einzusenden. Diess war; wie Primisser schreibt; eine der beschwerlichsten Arbeiten; die er 
jemals unternommen hatte. Die Bilder waren im ganzen Schlosse zerstreut und ohne alle NummerU; 
obgleich sie im Inventarium nummeriert waren; aber sO; dass die Nunmierierung sieben Mal von neuem 
anfieng. Welche Mühe im noch winterlichen März mit dem Ungeheuern Inventar in der Hand von einem 
Bilde zum andern zu laufen; und jedes wohl zehn Mal gegen die Überaus nothdürflige JB^sc^i'Gihung 
derselben, die nicht mehr an dem angegebenen Orte hiengeu; zu halten; um etwas Verlässliches und 
Bestimmtes zu finden und aufzuzeichnen. 

Aus diesem erhellet; welche Umsicht; Geduld und beschwerliche Arbeit es erheischte ; die ganze; 
vieigliederige und reiche Sammlung bei beschränkten Mitteln wieder systematisch zu ordnen. Hiermit 
beginnt der mit so grosser Verantwortlichkeit verbundene Dienst; welcher des Mannes volle Kraft von 
seinem Eintritte an bis in sein hohes Alter in Anspruch nahm und erschöpfte. Sicherlich hatte kein 
Beamter (vielleicht alle zusammen nicht!) seit dem Bestehen der ftir die Geschichte und Kunst so 
höchst werthvollen Sammlung fortwährend mit solchen Widerwärtigkeiten; Schwierigkeiten und Gefahren 
zu kämpfen ; wie der Schlosshauptmann Primisser. 

Im Laufe der Zeit war das Raritäten - Cabinet von Ambras ; fern von Innsbruck; wo seit einem 
Jahrhunderte (1665) kein Erzherzog Hofhielt; unter der Verwaltung treuer; aber — wie es scheint — 
kenntnissloser Männer; besonders aber bei der Invasion des Kurftirsten Max Emanuel im J. 1703 in 
grosse Unordnung gerathen, und forderte dringend eine neue Aufstellung. Das Verdienst wieder der 
erste Ordner und Beschreiber des Ambraser - Schatzes gewesen zu seiu; gebührt unserem Primisser. 

In die Geschichte und Geschicke der k. k. Ambraser-Sammlung selbst vom J. 1772 
bis 1806; in welchem man sie, nachdem Tirol in Folge des Pressburger - Friedens vom 26. Dec. 1805 



1) Über die Kostbarkeiten zu Ambras (im Juni 1729) und die Unwissenheit von Aufsehern in derlei Sammlungen 
s. Joh. Georg Ke^ssler's „Neueste Reisen durch Deutschland'* etc. II. Auflage, Hannover 1751. Bd. I. 25 ff. 

2) Dieser Graf war ein Enkel des Feldmarschalls Grafen Sigbert von Heister, des Schreckens der ungarischen 
Kuruzzen, der am 22. Februar 1718 zu Kirchberg in Steiermark gestorben ist Dessen Filzhut mit der Pfeilspitze, 
die ihm bei der Belagerung Wien's 1683 in den Kopf geflogen ist^ verwahrt die k. k. Ambraser -Sammlung im 
I. Rttstungssaale. 



die fünf gelehrten Primisser. 211 

an Baiern abgetreten worden war, als im J. 1606 erkauftes Eigenthum des kaiserliehen Hauses naeh 
Wien fiberbrachte, femer von 1806 — 1813 bis za deren völliger systematischen Aufstellung im untern 
k. k. Belvedere, können wir hier nicht genauer eingehen, sondern wollen zur Würdigung der Primis- 
ser'schen Wirksamkeit und Verdienste nur kurz im Zusammenhange andeuten, dass das Schloss Ambras 
im J. 1779 zu einer Caserne und im folgenden zu einem Zuchthause eingerichtet, und die Samm- 
lung nach Hall in das Erlöster der aufgehobenen Jesuiten kommen sollte, wozu schon Verpackungen 
und Transporte Statt gefunden haben! Femer, dass das Schloss im J. 1796 die mailändisehe 
Feldapotheke und Feldregistratur aufnehmen musste, und die Kostbarkeiten etc. der Samm« 
lung (die vielen andem Gegenstände wurden in aller Eile in Kammern zusammengebraefat, aufgeschich- 
tet und ihrem Schicksale fiberlassen) stromab nach Linz und bei wachsender Gefahr sogar nach 
Pilsen gebracht wurden, indem man 1797 das Hauptspital der italienischen Armee nach Ambras 
verlegte. Am 16. Juni kamen die Kisten wieder dahin zurück, ohne dass man sie damals aus- 
packen konnte. 

Im J. 1799 musste das Schloss zum zweiten Male als Feldspital dienen, und die fünfzehn 
Kisten mit Prätiosen kamen im März in's Lehensarchiv nach Innsbmck; im November wurden starke 
Colonnen von genesenen und heimkehrenden Bussen einquartiert, und Ambras nur durch die Wach- 
samkeit eines Dieners vom unvermeidlichen Brande gerettet; im December wurde es zum Garnison s-, 

» 

und dann zum dritten Male zum Feldspitale umgeschaffen. 

Im September 1800 kamen die Ambraser - Kisten aus dem genannten Lehensarchiv nach Nieder- 
walls ee an der Donau und mit dem Innsbrucker Archive nach Klosterneuburg, und endlich bis 
Heimburg, von wo sie am 11. Mai 1801 wieder zurückkehrten. Wenn auch die Schäden im Schlosse 
zum Theile a^isgebessert, und die Rüstungen und die Kostbarkeiten wieder an ihre Stelle gebracht waren, 
wurden letztere 1805 wieder eingepackt, am 24. October nach Innsbruck, und von da mit der Kammer- 
cassa durch Kärnten nach Croatien und Ungarn geflüchtet. 

Die im J. 1806 nach Wien überbrachte Sammlung wurde anfänglich nach ihren Haupttheilen 
wegen Mangels an erforderlichem Baume an verschiedenen Orten deponiert, die Kisten mit den Rüstungen 
und Gemälden etc. in der ehemaligen Reichscanzlei in der k. k. Burg, die Pretiosen im k. k. Münz- 
und Antiken -Gabinet, und das Naturhistorische im k. k. Naturalien -Cabinet, hierauf kraft kaiserlichen 
Befehls dto. Laxenburg am 22. Juni 1807 im sogenannten Kaisergarten in der Ungergasse, auch kamen 
Kisten in's untere k. k. Belvedere. Im April 1809 ward sie nach Peterwardein geflüchtet und im J. 1810 
nach Wien zurückgebracht. Nach all diesen Wanderungen befahl Se. kaiserliche Majestät für dieselbe 
eine feste und würdige Ruhestätte zu suchen , und wies ihr das untere k. k. Belvedere, welches 
man als das geeignetste Locale ausgemittelt hatte, dto. Wien 15. September 1810 zu deren Aufnahme 
an. Hier wurden die Kisten ausgepackt und die Aufstellung begann, als der feindlich drohende Sep- 
tember des Jahres 1813 sie in 121 Kisten wieder nach Heimburg führte, wo sie in grösster Gefahr 
war von dem Mrilden Hochwasser der Donau verschlungen zu werden. Die siegreichen Octobertage 
brachten die Sammlung bald wieder nach Wien zurück und beide Primisser, Vater und Sohn, begannen 
mit aller Umsicht und Sorgfalt ihre Aufstellung im k. k. Belvedere, wo sie die verdiente Aufinerksam- 
keit der aus ganz Europa zum Gongresse versammelten Monarchen und anderer hohen und gebildeten 
Gäste in hohem Maasse auf sich zog '). 



1) Diese Angaben sind den Aufzeichnungen des Schlosshauptmanns Primisser, die bis zum 24. October 1805 
reichen, und den Acten der k. k. Ambraser - Sammlung entnommen. 

27* 



212 Joseph Bergmann, 

Naoh diesem gesehichtliehen Abriss Ober die Gesebieke der k. k. Sammlang in jenen Btarmbewegtea 
Jahren, welcher auf die folgende Darlegung ein helleres Licht wirft, kebren wir wieder zum J. 1778 
und Primiflser zurück. 

Am 20. Mai 1773 verehelichte sich Primisser und lebte in glttcklicber Ehe, bis seine Frau nach 

eilfmonaüichen Leiden am 9. Mai 1790 von dieser Erde schied. „Nichts," schreibt er, „hat jemals so 

» 

sehr auf meine Gesundheit gewirkt als dieser Schlag. Ich verfiel in eine schwere hypochondrische 
Krankheit, die mir die Nerven angriff, das Gedächtniss schwächte und eine Kopfschwäche zuzog, von 
welcher ich niemals mehr befreit worden bin." 

In diesem Jahre 1773 begann er nach dem genehmigten Plane die neue Aufstellung und setzte 
seine Arbeit in den folgenden Jahren fort. Den Winter über wohnte er wegen flbergrosser Kälte auf 
Ambras in der Stadt*) und verlegte sich mit allem Eifer auf das Studium der griechischen 
Sprache. Im Jahre 1775 erhielt er 100 Gulden als Hauszins, welche ihm nach dem Hofkammer- 
decrete vom 1. Juli 1776 als jährliches Quatiergeld belassen wurden. Am 4. Mai 1776 erfreute die 
gnädigste Kaiserin ihn durch die Verleihung des Titels eines k. k. Käthes. 

Nach Vollendung der Aufstellung veröffentlichte er: „Kurze Nachrichten von dem k. k. Rari- 
tätenkabinet zu Ambras in Tyrol mit 158 Lebensbeschreibungen degenigen Fürsten und Feld- 
herren, deren Rüstungen und Waffen darin aufbehalten werden, für die Neugierde der Liebhaber und 
Reisenden. Mit Erlaubniss der Obern." Innsbruck, gedruckt bei Jobann Nep. Wagner. 1777 in 8^^. 

Die Rückseite des Titelblattes trägt folgende drei Strophen von Primisser: 

nAof den FlOgeln des Ruhms senkte sich Ferdinand 
Aus dem hohen Olymp über den Tempel hin, 

Wo er einstens die Musen 

Mit dem stürmenden Mars verband. 

Plötzlich sieht er von fem über sein Ambras her, 

Wie ein neues Gestirn, strahlend im himmlischen 
Feuerkreise die Götter- 
Namen Joseph, Theresia. 

Wohl mir! sprach er, mein Ruhm, Musen, und euer Hayn 
Wächst und ewigt sich durch dieses Gestirnes Kraft: 

Und flog grösser als vorher 

Froh zurück in die Ewigkeit." 

Es war nämlieh laut der Vorrede die Sammlung unter der glorreichen Regierung der Kaiserin 
Maria Theresia in vier Jahren nicht nur neu eingerichtet und systematisch aufgestellt, sondern auf 
das Fürwort des Gubernial- Präsidenten Grafen von Heister (f 20. September 1800), besonders durch 
den Zuwachs des ganzen sogenannten schwarzen GabinetS; welches aus Wien ttberschickt wordefl; nach 
S. 6 so merklich bereichert; dass man ohne Schmeichelei behaupten kann, dass nach dem Tode 



1) Keyssler, der im Juni 1729 Ambras besuchte, sagt in seinen „Neuesten Reisen durch Deutschland etc." Bd. I, 38: 
dass seit einiger Zeit die Luft daselbst sehr ungesund geworden sei, und sonderlich die Nachtluft zu fieberhaften 
Anstössen und Flüssen Anlass gebe. Die Ursache sei, dass ein zwischen Ambras und Innsbruck ehedem zur 
Fischbrut angelegter See durch unzeitiges Sparen der Unkosten sehr verschlammt und zu einem Moraste gewor- 
den sei, woraus die ungesunden Ausdünstungen in die benachbarten Gegenden sich ausbreiten. Deshalb hatte 
schon damals der Schlosshauptmann (Siedler y. Roseneck) die Erlaubniss erhalten, in Innsbruck mit seiner FamOie 
zu wohnen, welcher dann angesehene Besucher nach Ambras hinausführte, und dafür ein Geschenk von wenig- 
stens zwei Ducaten erhielt! 



die fünf gelehrten Primisser, 213 

(t 1595) anserB grossen Stifters, unter keiner Regierung ein so grosser Zuwachs zu diesem Cabinet 
gekommen ist, wie unter der jetzigen. 

Die ersten seehs Paragraphe geben uns eine kurze Oeschichte des Schlosses und der Herrschaft 
Ambras; die §§. 7 — 9 bieten uns eine Übersicht der naturgeschichtlichen Gegenstände; die §§. 10 — 20 
Über die verschiedenartigen Kunstwerke; von §§• 21—27 ttber die antiken Denkmale; nämlich ttber die 
damals in Ambras befindlichen römischen Meilensteine ; die antiken GefUsse in Thon und Erz (Anti- 
caglien); zwei bronzene Fragmente eines römischen Edictum de lege agraria (etwa 114 vor Chr.); die 
in drei Tafeln abgebildet und beigebunden sind; ferner über die Münzsammlung; welche im J« 1784 
durch den berühmten Director Eckhel zur Bereicherung des k. k. Münzcabinetes nach Wien gebracht 
wurde ; die letzten Paragraphe handeln über die Bibliothek und die historischen Rüstungen und WaffeU; 
an denen die Ambraser - Sammlung die hervorragendste dieser Art in der Welt ist. Hierauf folgen bis 
zum Schlüsse CLYHI Lebensabrisse derjenigen Fürsten ; Feldherren und Ritter; von welchen Rüstun- 
gen und Waffen daselbst (damals) verwahrt waren ; nach den Biographien des erzherzoglichen Rathes 
und Secretärs Jacob Schrenk von Notzing ^) mit Abbildungen und lateinischem Texte vom J. 1601; 
und in deutschen Übersetzungen von Johann Engelbert Noyse von Gampenhouten 1603; beide in 
Grossfolio ; und von Johann David Köhler in Nürnberg 1735 in i^- Den Schluss bildet ein alpha- 
betisches Register. 

Für die sorgfältige Aufstellung und die Herausgabe dieses Buches hatte er sich zu der Besoldung 
von 500 Gulden (seit 9. August 1773} mit Hofdecret vom 19. December 1777 einer Pewonalzulage von 
200 Gulden zu erfreuen; welche wie jene Pension; die er durch die Gnade der Kaiserin 1771 erhalten; 
ihr. Sohn und Nachfolger dto. 18. Juni 1781 vom 1. August an einzuziehen befahl; wodurch Primisser 
einen Verlust von jährlichen 400 Gulden zu erleiden hatte. 

Diese empfindliche Verminderung seines Einkommens und der Lärm; dass die Schlosshauptmann- 
schaft aufgehoben und die Sammlung anderswo eingetheilt werde ; bewogen unsern Primisser um die 
Professur der griechischen Literatur anzusuchen; die er ohne Prüfung durch allerhöchsten 
Entschluss vom 31. August (Gnbernialdecret vom 19. September) 1783 mit 400 Gulden Gehalt erhielt; 
mit dem Rechte auch akademischen Schülern Öffentliche Vorlesungen zu halten; er war jedoch haupt- 
sächlich zum Unterrichte der Gymnasial -Jugend in der IL Humanitätsciasse bestimmt. 

Auch ward ihm am 26. November 1783 die k. k. Bibliothek zu Innsbruck vom Gubemium 
provisorisch überwiesen und er mit allerhöchster Entschliessung vom 11. Februar 1784 mit 150 Gulden 
Gehalt zum wirklichen Bibliothekar ernannt. Ein von ihm sehr bereuter Schritt; indem die im Lande 
aufgehobenen Klöster ihre Bücher; so Schnals allein einundfUnfzig Eisten voll; massenhaft einlieferten. 
Zudem nahmen die Übertragung der Bücher aus der alten Bibliothek; deren Räume fUr die Bücher- 
massen zu eng waren und ^ur Unterbringung der Registratur erweitert werden sollten; in die zwei 
Säle des Gymnasialgebäudes (im November 1786); die Herrichtung eines Lesezimmers im Jahre 1787 
nebst den anderweitigen Amtsgeschäften seine. Kräfte unablässig so in Anspruch; dass er; zumal es 
überdiess an feindseligen Gesinnungen von höherer Stelle und mancherlei Verdriesslichkeiten nicht 
fehltC; um die Entlassung von der Bibliothek ansuchte; welche ihm durch Decret vom 14. November 
1787 zugesichert wurdC; nachdem er würde seine Rechnung gelegt haben. Er legte die Totalrechnnng am 



1) Dieser ausgezeichnete Mann wnrde nach dem Pfarrbuche 2a St. Jacob in Innsbruck am 12. September 1614 be- 
graben and dessen Hausfrau Sidonia Krippin von Frendeneck am 31. MSrz 1622. 



214 Joseph Bergmann, 

29. Februar 1788 und erhielt das Absolatorium am 2. Mai. Sein Nachfolger Martin Wikosch ') 
ttbemahm die Bibliothek im Joni 1788 mit dem Gehalte von 800 Gulden. Das Verdienst der Baufbhrung 
und der Herstellung der reichlieh vermehrten Bibliothek aus dem verwirrtesten Zustande, wie auch die 
Eröffnung eines Lesezimmers gebührt Primissem, und er ward nicht einmal mit einer — Belobung bedacht. 

Im Jahre 1788 vollendete er in drei Foliobänden das Inventarium der k. k. Ambraser-Samm- 
lung nach ihrem damaligen Stande und Zustande, und Überreichte es dem k. k. Gubemium. Dasselbe, 
von dem k. k. Gubemialrathe Joseph von Trentinaglia und dem Schlosshauptmanne nach geschehener 
Incontrierung am 15. März 1790 unterzeichnet, verwahrt die k. k. Sammlung. 

Am 20. Jänner 1792 ward er zum Repräsentanten der Gymnasien des Landes beim neuerrich- 
teten Studienconsesse erwählt, von welcher Stelleer wegen des Neides und der Launen des damaligen 
Präfecten von Grasser bald abtrat, die ihm jedoch nach dessen Tode (1794) wieder ttbertragen wurde, 
bis er sie im Juli 1799 gänzlich niederlegte. Am 15. Juni des letztgenannten Jahres erhielt er den 
Auftrag, gemeinsam mit dem Ereishauptmann von Schwaz das neuerrichtete Gymnasium zu Hall zu 
organisieren. 

Primisser entwickelte neben seiner Schlosshanptmannschaft und seinen Schul- und Bibliotheks- 
geschäften auch literarische Thätigkeit auf dem Felde der griechischen Sprache. Als Resul- 
tate dieser seiner Studien und Kenntnisse veröffentlichte er : a) Difficillima pars Grammaticae graecae 
de formatione verbi, facillimä methodo plenissime proposita etc. Oeniponti, MDGCXGIV, in 4^®; 
b) Gedanken ttber das vom Herrn Professor Trendelenburg vorgeschlagene System der griechischen 
Conjugation. Innsbruck 1794. Diese Gedanken fanden auch im Auslande Anerkennung, und Primisser's 
Name hatte guten Klang. So hatte der Leipziger Buchhändler Johann Ambros Barth eine Anzahl 
Exemplare von der Wagnerischen Buchhandlung in Innsbruck kommen lassen und bekannt gemacht. 
Nach einem Brief dto. Leipzig 16. Mai 1796 machte er ihm den Antrag, eine noch zweckmässigere 
griechische Grammatik als die Trendelenburgische ist ftlr die Schulen zu verfassen , welchen Primisser, 
als praktischer Lehrer, die Schwierigkeiten einer solchen Arbeit wohl kennend und erwägend, bei 
seinen vielen Geschäften ablehnte, c) De Syntaxi graeca Libellus. Oeniponti MDCCXCVI. Typis 
Joan. Thomae Nob. de Trattner, 8^^, in einfacher, klarer Darstellung; ferner d) ein paar Tabellen 
zum ersten Theile des Schulbuches, um den dort zerstreuten Unterricht von den zusammengezogenen 
Zeitwörtern und denen auf — m^ in einem Blicke zu tibersehen; e) Beitrag zur griechischen Sprach- 
lehre ttber die Aussprache ftlr die Schüler. Er bestimmte anfeine ganz neue Art jene Aussprache, 
die ihm 'nach vielen Untersuchungen die richtigste zu sein schien. Ungedruckt sind zwei von ihm in Wien 
verfasste Abhandlungen in vollständigem Manuscripte, nämlich: a) Untersuchungen ttber die alte 
Aussprache des Griechischen, und ß) Versuch ttber den Ursprung der grichischen 
Schrift. Leider war Primisser, der mit Gelehrsamkeit und Scharfsinn ausgerttstet war, schon zu alt, 
um das frische, volle Aufbltthen der griechischen Philologie in Deutschland zu erleben. 

Auch versuchte er sich auf dem Gebiete der Poesie. Wie aus allem erhellet ist von ihm, dem 
damaligen Secretäre des Grafen Rudolf von Chotek (S. 202), das aus sechs achtzeiligen Strophen 



1) Martin Wikosch, im Jahre 1754 zu Ungarisch -Brod in Mäliren geboren, war früher Scriptor an der k. k. 
Universitäts - Bibliothek zu Wien , und in Innsbruck nebstbei Professor der üniyersalgeschichte , in welcher Eigen- 
schaft er, als Tirol an Baiern abgetreten worden war, erst nach Olmütz, dann 1808 nach Wien übersiedelte, wo 
er im Pensionsstande am 28. October 1826 gestorben ist. Bei anderer Gelegenheit Näheres über diesen gelehrten 
und verdienstvollen Mann, der sich besonders die römischen Antiquitäten von Car nun tum angelegen sein liess. 



die fünf gelehrten Primisser. 2] 5 

bestehende Gedicht: ,,Empfindangen des Unterthans bei hochbeglückter Genesung Marien Theresiens. 
Von einem Tiroler. Wien bei Trattnem 1767." Die fünfte Strophe lautet: 

„Den Alpen , denen jüngst (£rim|erang voll Wonne) 
Das Glück der Gegenwart Theresia yerlieh*n ; 
Wo Ihre Majestät wie eine Mittagssonne 

Im höchsten Glanz des Wohlthnns schien : 

Wie Frühlingsreif verschmolz vor Ihrem Blick 
Der Armuth Angst, die Noth mit ihren Plagen! — 
Welch* Ehrensäulen iSsst Theresia zurück! 
An denen nur umsonst auch Ewigkeiten nagen** *). 

Von seiner Tochter Therese Unterkircher hatte ich in Händen ein von ihm verfasstes 
Trauerspiel: ^Der rasende Ajax/ in gebundener Rede (in sechsftlssigen mit Spondäen, Anapästen, 
Dactylen und Tribrachen untermischten Jamben) und fünf Aufzügen , nach Sophokles. 

Die Begebenheit fängt mit Anbruch des Tages an und endet auf den Abend; die Handlung geht 
vor Troja im Lager der Griechen vor. Der Anfang der Vorrede lautet: Hier erscheint der rasende 
Ajax, ein Trauerspiel, welches weder Original, noch Übersetzung, weder Nachschreibung, noch 
eigene, Erfindung, oder vielmehr alles zugleich ist etc. — Primisser lässt am Schlüsse weder die beiden 
Atriden, noch Odysseus auf dem Schauplatze erscheinen, sondern wie einen Dens ex machina den 
Priester Ealchas , welcher den König AgamemI^n zur Zurücknahme des Befehles , dem Leichnam des 
gefallenen Feindes Schimpf und Hohn zuzuftigen , und ihn den Hunden und Vögeln ^) zum Frasse vor- 
zuwerfen, durch sein Wort vermocht hatte. Dem Ajax wird demnach die Bestattung vergönnt und 
Tekmessa, dessen erbeutete Sklavin, dann Gemahlin, stirbt gleich ihm durch ihre eigene Hand. Ich 
füge hier den Schluss des ftlnften Actes an, um eine Probe von Primisser's Verständniss des grie- 
chischen Drama und poetischer Begabung zu geben. 

Tekmessa. Wen hör* ich? 

Ealchas. Den Priester Kalchas, deinen Freund. 

Tekmessa. So spät? 

Ealchas. Fürstin, sein Geschick übereilte selbst 

Die Götter, in deren Hand ttir ihn noch Gnade war. 
Tekmessa. Bey Göttern war noch Gnade; bey den Menschen hat 

Die Kache keine Schranken. Man vergönnet ihm 

Eein Erdreich zur Bedeckung. 
Ealchas. Dieser Eummer ist 

Gehoben: Der Himmel hielt durch dieses Priesters Mund 

Der Atriden Hand vom letzten Laster noch zuiück. 



1) Das ganze Gedicht findet man in der Bibliothek des Schottenstiftes zu Wien in einem Octavbande, der von 
aussen die Aufschrift hat: „Verschiedene Werke." Derselbe Band enthält in erster Stelle des berühmten 
Jesuiten und Numismatikers Eckhel Gelegenheitsgedicht: »Auf die Abreise Ihrer königlichen Hoheit Marien 
Charlottens, Erzherzogin von Österreich (nach Neapel, vgl. oben S. 209); ferner noch sieben andere Ge- 
dichte, Oden, Sonette, auf die Genesung der Kaiserin Maria Theresia von den Blattern im J. 1767. Vgl. meine 
„Mittheilungen in den Sitzungsberichten der philos.-histor. Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften." 
Bd. XXIV. 322. 

2) Vgl. II. I. 4 und Hektor's letzte Worte das. XXIL 33S und in Sophokles Ajas V. 839 — fA^ xgog ix^päv 
ta xarojrttv$etf xagoq \ ^ipSä xvöiv JtQoßlijioq oiayoTg $^ iJiag, 



216 Joseph BergmanB, 

Tekmessa. Freund! Das SohickBal woUf es nicht, dasss er durch dich 

Das Leben erhielt: so erhält er doch durch dich ein Grab. 
Nun Ajax, sey zufrieden: Deine Feinde sind 
Versöhnt: kein Kummer störet deine Buhe mehr. — 
Du aber, o mein Vater, der du mir dereinst 
Zum Erbtheil nichts als nur ein Stttckgen Eisen gabst 
segne es jetzt, und lass dadurch den letzten Wunsch, 
Den du mir sterbend mitgabst, schnell erfllllet sein — 
Dich, Teuker, beschwöre ich bei dieser blassen Hand, 
Bej dieser blutigen Wunde, hej dem Heldengeist/ 
Des Ajax, sey du kttnftig Vater dieses Eind's. 
Versprichst du mir's? 

Teuker. Tekmessa, so lange Teukers Brust 

Noch einen Hauch von dieser Himmelsluft geniesst, 
Sey jeder Tag, ich schwör dir's bey den Göttern zu. 
Ein Zeuge meiner Sorge filr dein Kind und dich! 

Tekmessa. So nimm ihn ! . . fbhre ihn auf seines Vaters Bahn 

Zum Buhme; doch erinn're ihn, dass Götter sind, 
Die unser Menschenglück nach ihrem Willen dreh'n. 
Was ich für mich begehr', ist ein geringer Dienst, 
In meinem Ajax war mein ganzes Wohl vereint. 
Und ausser ihm war nichts, was mir das Leben nur 
Erträglich machen konnte. Ich hab' mit ihm gelebt. 
So lang er lebte: nun 

(sie sucht ihren Dolch, verbirgt ihn aber so gut sie luum) 

da er begraben wird. . . 
Begrabe . . . mich mit ihm (sie ersticht sich). 

Artemone. Himmel! ach sie stirbt! 

Teuker. Erschrecklicher Tag! . . . Tekmessa! ach was fängst du an? 

(Er nlihert sich Tekmessen and sieht , dass sie todt ist) 

Todt ist sie! . . . Komm du Kind des Unglücks! Lass uns fliehn! 
Giebt's unter der Sonne noch ein menschenloses Land, 
So fliehen wir dahin. 
Kalchas. Gerechte Götter! Wie 

Erschrecklich sind doch eure Gerichte! Sehet hier 

Ein doppelt Beispiel, was das Glück der Menschen sey! 

Geboren im Purpur, von dem Sieg auf jedem Schritt 

Begleitet, von den Feinden wie ein Donnerstrahl 

Gefttrchtet, von den Völkern wie ein Gott verehrt: 

Ihr Sterblichen, zittert, wenn ihr so euch glücklich scheint. 

Ende. 



die fünf gelehrten Primisser. 217 

Ausser diesem Tranerspiele and mehrern Liedern verfasste Primisser noch zwei vollständige 
Singspiele „Veldidena'' und „apokalyptische Frau,'' welches letztere eine vorzügliche Arbeit 
gewesen sein soll. 

Nachdem nun das Cabinet im Schlosse Ambras und die Bibliothek zu Innsbruck geordnet und 
katalogisiert waren j schien deren Vorstände sich künftighin mehr Müsse ftlr die Pflege der Wissenschaft 
in Aussicht zu stellen. Diese ersehnte und verdiente Müsse unterbrachen schon im Jahre 1796 die 
auch Jn die Thäler Tirols hereinstttrmenden Wogen des französischen Revolutionskrieges und nöthigten 
den verantwortlichen und vielgeplagten Schlosshauptmann die Schätze des Schlosses mehrmals einzu- 
packen und aus ihren Räumen zu schaffen; indem dasselbe wechselweise der Sitz von Feldspitälern 
und Feldapotheken wurde, oder zur Caserne diente. Zweimal kam es in Gefahr, durch die Unvorsich- 
tigkeit durchmarschierender russischer Truppen in Asche gelegt zu werden (S. 211). 



Familienleben. — Wir wollen nun Primisser in seinem häuslichen Leben zu Inns- 
bruck, dann seit 1806 in Wien aufsuchen, und ein Musterbild einer einfachen, religiösen und sitt- 
lichen Familie jener Zeit nach den werthvoUen Mittheilungen, die wir dessen jüngerer Tochter The res e 
verdanken, unsem Lesern vorfllhren. Sie legen uns auch in schlichter Form dar, wie ihr trefflicher 
Bruder Alois in stillem Kreise , von fremden ihn in seiner Entwickelung störenden Einflüssen unberührt, 
hofbungsvoll heranwuchs, wie er als Knabe schon an der Hand seines Vaters tiefhaftende Eindrücke 
von all den Denkmalen in Ambras in seine empfängliche Seele aufnahm, und frühzeitig zu einem 
gründlichen, Wissenschaft und Kunst mit warmer Liebe umfassenden Gelehrten heranreifte, leider 
aber allzufrüh von seiner grossen und fruchtbaren Thätigkeit scheiden musste. 

Die verehrten Leser wollen Theresens eigene Worte vernehmen: 

Nach einer siebenzehnjährigen kinderlosen Ehe (S. 212) vermählte sich mein Vater im Jahre 
1790 zum zweiten Male als Witwer von fünfzig Jahren mit Katharina, der neunzehnjährigen Tochter 
des Fortifications - Bechnungsftlhrers in Kufstein, Ignaz Wolff« Diese Ehe war mit ftlnf Kindern ge- 
segnet, wovon die beiden ersten im zartesten Alter gestorben sind. Diesen folgten Antonia, geb. 
8. Dec. 1793 (S. 2ST), Alois, geb. 4. März 1796, und Therese, geb. 1. Dec. 1797. 

Ungeachtet der grossen Verschiedenheit des Alters war diese Ehe doch eine sehr glückliche. Des 
Vaters ernstes und vielmehr zur Schwermuth geneigtes Temperament erheiterte sich an der unbefan- 
genen Fröhlichkeit seiner jungen Frau. Sie war ihm Freundin, Pflegerin und besonders in seinem hohem 
Alter Trösterin und unentbehrliche GefUhrtin. Sie war aber auch gewissermassen seine Schülerin ; denn 
von der Natur mit der schönen Gabe eines klaren Verstandes und frommen Herzens ausgestattet, er- 
langte sie durch den Umgang ihres Gatten, dessen Vertrauen sie besass, und dessen Vorzüge sie 
ihrerseits zu würdigen fähig war, jene Bildung, durch welche sie zwar nicht in der Welt glänzte, aber 
desto anmuthiger im Ejreise der Familie zu wirken verstand. Dabei war sie eine fleissige und umsich- 
tige i in allen weiblichen Geschäften erfahrene Hausfrau. Ihre grösste Freude fand sie in der Zufrieden- 
heit ihres Gatten und im Gedeihen ihrer Kinder. Ihr Umgang beschränkte sich auf einige Freundinen 
und ihren Bruder, welcher Offlcier im Jäger - Regimente war. 

Mein Vater liebte eigentlich nur die Gesellschaft seiner Bücher, an anderer nahm er wenig Thefl, 
wenigstens in seinem vorgerückten Alter. Er war aber keineswegs dagegen , wenn die Mutter in guter 
Umgebung hie und da eine öffentliche Belustigung besuchte. 

V. «8 



218 Joseph Bergmann, 

Uns Kindern gewährte er gern fUr unser Älter angemessene Vergnflgnngen, er selbst gieng 
oft mit ans spazieren. 

Unsern Unterricht erhielten wir meist unmittelbar durch die Eltern. Der Vater war unser Lehrer 
in Beligion, Lesen, Schreiben; Rechnen , Geographie etc., Ton der Mutter lernten wir Mädchen die 
weiblichen Arbeiten. Sehr frflh wurde uns die Ehrfurcht und Liebe gegen Gott und die Eltern einge- 
schärft, und so gieng die Erziehung ganz ruhig ihren Gang. Der Vater war wohl etwas strenge, da 
war es nun die Mutter, welche jeden Wunsch und jede Bitte ftlr uns vortragen musste, wenn wir des 
Erfolges gewiss sein wollten. War über Eines von uns eine Strafe verhängt, so baten die andern so 
flehentlich, bis sich der väterliche Zorn wieder gelegt hatte. 

Die Namens- und Geburtstage der Eltern wurden mit kleinen Überraschungen, und wohl auch 
durch Einladung einiger Gäste gefeiert. Bei solchen Gelegenheiten mussten wir Glttckwttnscbe schreiben, 
oder recitieren, welche in kleinen vom Vater verfassten Verslein oder Briefchen bestanden, welche 
ganz aus unserm Herzen geschrieben schienen; denn sie waren auf unsere Fassungskraft berechnet, 
bis wir selbst im Stande waren, etwas aufzusetzen. 

Bei air seiner Gelehrsamkeit und ernsten Beschäftigung besass mein Vater die Gabe, sich beim 
Unterrichte vollkommen zu der unentwickelten Einsicht der Kinder herabzulassen. 

Unter seinen Schriften befindet sich im Aufsatze eine Reihe von Gesprächen zwischen Vater 
und Kind, ttber die Bestimmung des Menschen, und das Verhältniss desselben zu Gott und den Neben- 
menschen, welche gewiss geeignet wären, manchem Unterrichtsbuch als Muster zu dienen. Nur Schade, 
dass es unvollendet geblieben. 

Dass er ftlr den Unterricht seines Sohnes, bei dem er schon frtth die glücklichsten Anlagen 
wahrnehmen konnte, mit besonderer Sorgfalt zu Werke gieng, lässt sich erwarten. Um den Knaben 
in gehöriger Ordnung zu beschäftigen, da er selbst durch andere Geschäfte oft abgehalten war, hielt 
er ihm einen Instructor, der ihn fleissig anhalten musste. Mit den alten Sprachen ihn bekannt zu 
machen, mochte er wohl kaum haben erwarten können 1 

In Innsbruck besuchte mein Bruder noch keine öffentliche Anstalt, ausser die Zeichnungs- 
schule des Herrn Denifle einige Monate, daher hatte er auch wenig Bekanntschaft mit anderen Knaben. 
Durch einen jungen Theologen , welcher im gräflich Samtheinischen Hause als Hofineister angestellt^ 
und ein Freund unserer Eltern war, wurde er mit dessen beiden Zöglingen bekannt. Diese wurden 
bald gute Freunde, und unzertrennliche Gesellschafter auf Landparthien und dergleichen Vergnügen« 

Für die Musik hatte mein Vater grosse Vorliebe, er selbst sang und spielte etwas Glavier. 
Auf einem ganz kleinen Glavier unterwies er meine Geschwister in den Anfangsgründen der Musik, 
bis später dies alte Hackbret mit einem etwas grössern vertauscht, und endlich gar zur Freude der 
ganzen Familie ein Flügel angeschafft wurde. 

Nun erhielten sie ordentlichen Unterricht im Glavierspielen durch einen Studierenden Namens 
Perthaler '). Meine Geschwister machten rasche Fortschritte und meine Eltern hörten mit wohlge- 
fälliger Freude ihren kleinen Quattromanis zu. Es fieng die Musik nun an ordentlich einheimisch zu 
werden, denn auch meine Mutter sang, und ihr Bruder und seine Frau waren ebenfalls musikalisch. 

Mit neun Jahren spielte mein Bruder schon die Orgel zum Gottesdienst in der Kirche zu Maria- 
hilf, wo auch beide Geschwister zu singen pflegten. Freilich stand damals die Kirchenmusik in Inns- 
bruck nicht so hoch wie heute. 



1) Joseph Perthaler war später Doctor der Medicin, Districtsarzt und lebt noch als hochbetagter rüstiger Greis 
in Pension zu Innsbruck. 



die fOnf gelehrten PrimiBser. (19 

Das grSsste Vergnügen ftir meinen Bruder war der Aufenthalt zn Ambras, hier war er überall 
zu Hause, besonders gerne tummelte er sieh in den alten Rttstkammem herum. Er sollte aber dieses 
Vergnügen nioht mehr lange geniesseo; denn das Jahr 1806 rückte an, da konnte er noch Öfters den 
Vater dahin begleiten; im folgenden war dieser mit der Verpackung und Versendung des so werthyoUen 
Schatzes vollauf beschäftigt, bis endlich im September der letzte Transport sammt der ganzen Familie 
nach Wien wanderte. 

« 

Obarsiadelimg nach WIod. — Tirol war nun an Baiem übergeben* So schwer es eines Theils 
meinem Vater fiel, das liebe Vaterland und seine Verwandten und manche Freunde zu verlassen, so 
war ihm doch als einem so warmen Patrioten ftlr Osterreich anderer Seits die Übersiedelung unter 
diesen Umständen erwünscht, die Mutter hingegen trennte sich sehr schwer von ihrem lieben Inns- 
bruck und den Bekannten. 

Die Reise (vom 19. September) zu Wasser gieng ziemlich langsam. Das Schiff, das zwar vom 
Schiffmeister selbst begleitet ward, war nichts weniger als bequem eingerichtet, dabei sehr mit Hen- 
sehen angeftlllt, indem schon mancher auf diese Reisegelegenheit gewartet hatte. Man musste oft 
des Windes wegen sich längere Zeit an einem Orte aufhalten , kurz alles trug bei uns die Fahrt zu 
verleiden. Von Passau bis Engelhardszell ereignete sich ein Abenteuer mit meinem Bruder. Man hatte 
in Passau gelandet, um dort Mittag zu halten, während nun die Reisegesellschaft zu Tische sass, 
trieben die Schiffleute das Fahrzeug unter der Brücke durch, wo vielleicht sich eine bequemere Stelle 
zum Einsteigen fand. Nach Tische lief mein Bruder, ohne von jener Vorkehrung zu wissen, an das 
Ufer, wo wir gelandet, und wo auch noch andere Schiffe angeheftet waren, und wollte dort auf die 
Abfahrt warten. Indess unterhielt er sich und schleuderte kleine Steine in's Wasser, was ein Lieblings- 
spiel des Knaben war. Er vergass sich damit, und als er sich endlich wieder besann, sah er erst, 
dass unser Schiff nicht mehr an seiner Stelle war. Er lief nun am Ufer hin und her, und überzeugte 
sich vollends von der traurigen Wirklichkeit 

Das Schiff war indess mit der übrigen Gesellschaft schon lange die Donau hinab gefahren, bis 
man endlich den Knaben vermisste. Nun gieng es an ein Rufen und Fragen. Einige wollten den Knaben 
den Nachigittag bereits auf dem Schiffe gesehen haben. Andere behaupteten Nein, er sei nicht dage- 
wesen. Um die Angst noch zu steigern, kam der Umstand, dass man an die Seite des grossen Schiffes 
ein anderes angehängt hatte, wo die Schiffsknechte über einem ganz schmalen Brett hin und her 
giengen. Es war also möglich, dass der Knab^ hier hinüber wollte, und zwischen beiden Schiffen ins 
Wasser fiel. 

Allgemein war die Aufregung. 

Zwei Männer mussten sogleich in einem Kahne an's Land fahren, und stromaufv^ärts den Weg 
längs dem Ufer zu Fusse machen, während vrir andern in bangster Erwartung in Engelhardszell 
landeten. 

Ich erinnere mich noch wohl wie eine alte bairische Kindsmagd im Wirthshause meine betrübte 
Mutter zu trösten suchte, indem sie ihr vorstellte, die Mutter Gottes habe ja auch ihr Kind verloren 
und wieder gefunden, so werde auch sie das Ihrige wieder bekommen. 

In seiner grossen Bestürzung war der Knabe zurück in das Gasthaus gelaufen, die erstaunte 
Wirthin beruhigte den weinenden Knaben und liess gleich einen Schiffer kommen, der ihn in seinem 
Schiffchen nachfahren soUte, dieser wollte anfangs nicht, aber die gute Frau versprach, ihn selbst zu 
bezahlen, wenn der Lohn nicht gross genug ausfallen sollte. Als das Schifflein bereitet war, machte 

88 • 



220 Joseph Bergmano, 

sich der Kleine woblgemath anf die Reise ^ nachdem ihn die gute Wirthin noch mit einigem Mnndvor- 
rath versehen hatte. 

Unsere Abgesandten giengen indessen am Ufer entgegen. Von weitem erkannten sie den Zurück- 
gebliebenen an seiner scharlachrothen Mtttze. Sie fiengen an zu rufen und zu winken , bis er sie end- 
lich gewahr wurde, der Schiffer lenkte an's Ufer und nahm diese mit auf; und alle kamen glücklich 
und wohlbehalten spät Abends in Engelhardszell an. Die drei Männer wurden gut belohnt, und wir 
dankten Gott und freuten uns des Wiedersehens. 

Wie aber den sonst so vorsichtigen und besorgten Eltern dieser Unfall begegnen konnte, dar- 
auf mag wohl auch die alte Kindsmagd antworten : „Maria und Joseph meinten , der Knabe sei bei 
der übrigen Reisegesellschaft'' (vgl. Luc. IL 44). Und so war es auch in der That, die Mutter glaubte 
der Knabe sei beim Vater, und jener, er sei bei der Mutter. 

s 

Die Familie Primisser io Wien. 

Alois' Stadien. 

Oeschicke der k. k. Ambraser-Sammlung in Wien. 

Erst am 2. October langten wir in der grossen Kaiserstadt an. Da war nun alles neu und un- 
gewohnt; selbst meinem Vater , der doch in seinen jungen Jahren verschiedene Male und längere Zeit 
in Wien gewesen , wollte das geräuschvolle Treiben nicht mehr behagen; und besonders die Ungeheuern 
Entfernungen und weiten Wege machten ihm bei seinem vorgerückten Alter viele Schwierigkeit. Ein 
Landsmann hatte für uns eine kleine Wohnung in der Vorstadt besorgt. 

Zur Unterbringung der Kisten ; welche den Schatz verwahrten ; mussten die Localitäten erst aus- 
gemittelt werden ^ mein Vater hatte also mit tausend Unannehmlichkeiten zu kämpfen ; um die ersten 
nothwendigen Geschäfte zu ordnen. 

Die Mutter war indessen auf die Einrichtung des Hauswesens angewiesen; auch dies war keine 
kleine Aufgabe ftlr siC; ohne Bekannte allen Prellereien der Gewerbsleute ausgesetzt; die gewöhnlich 
von den Fremden den besten Nutzen zu ziehen suchen ; beschränkte sie sich vor der Hand auf das 
Nothwendigste ; und liess das Übrige aufbessere Zeiten. 

Nachdem endlich auch ftlr die einstweilige Aufstellung der Sammlung ein Gebäude vorgeschlagen 
und höchsten Orts genehm gehalten wurde ; erlangten die Geschäfte meines Vaters wieder einen regel- 
mässigem Gang. Eine ehemalige Zuckerraffinerie ; der Kaisergarten in der UngergassC; ein Eigenthum 
des Hofes ; und sehr geräumiges Gebäude bot Kaum genug , aber einige Theile desselben waren von 
dem früheren Gebrauche so ruiniert; dass sie ohne gänzliche Umwandlung nicht hätten gebraucht 
werden können. 

Nun erhielt mein Vater auch .freie Wohnung; und das Auspacken der Kisten wurde begonnen. 

Mein Bruder fieng nun an die öff'entlichen Schulen zu besuchen. Der Vater unterstütze stets sein 
Talent und seinen Fleiss durch Unterweisungen und Aufmunterung. Jede Aufgabe musste er sehen und 
von jeder Stunde Rechenschaft haben. Er besuchte vom November 1807 an bis zu Ende des Schul- 
jahres 1813 das akademische ' Gymnasium und war nach Angabe der Kataloge unter seinen vielen 
Mitschülern; unter denen wir den Cardinal -Fürsterzbischof von llauscher; den Prälaten zu Kloster- 
neuburg Adam Schreck; die Justiz - Hofräthe Eugen Fröhlich von Fröhlichsthai und Joseph Kleindl; dann 
den später vielgenannten excentrischeu; poetischen Johann Senn aus Pfunds in Tirol nennen; in allen 
ClaBsen der erste und hatte sich eines Stipendiums aus dem Unterrichtsfonde zu erfreuen. Ausserdem 



die ftinf gelehrten Primisser. S21 

durfte das entschiedene Talent ftlr die Mnsik nicht yernachlässiget werden^ doch wurde weder für 
ihn noch ftir meine Schwester in Wien ein Musiklehrer gehalten, sie waren beide anf den in der Jagend 
erhaltenen Unterrieht; ihr Talent und fleissige Übang angewiesen, und doch gelangten beide zu grosser 
Fertigkeit. Ebenso gieng es mit dem Zeichnen. Dass meinBrader in diesen beiden Künsten es weiter 
brachte als gewöhnliche Dilettanten, wird jeder, der ihn kannte, bezeugen können. Auch im Fran- 
zösischen gab mein Vater uns selbst Unterricht, er war dieser Sprache vollkommen mächtig. Das 
Italienische erlernte mein Bruder später von einem Abbate; 

Inzwischen gieng es auch mit der Aufstellung der Sammlung langsam vorwärts. Die Harnische 
wurden geputzt und das Fehlende ergänzt. Man fieng an fbr die Beiterhamiscfae Pferde anzufertigen. 
An allen diesen Geschäften nahm mein Bruder damals schon vielen Antheil, die von seinen Studien 
übrige Zeit brachte er grossentheils' in der Sammlung zu, damals freilich nur zu seinem Vergnügen, 
aber der Grund zu seinem künftigen Beruf wurde doch jetzt gelegt. 

Nun ereignete sich eines Tages zur Winterszeit ein Vorfall, der ftlr ihn von höchst nachtheiligen 
Folgen sein konnte. Er gieng des Nachmittags aus der Schule, da wurde er von einem' Gameraden 
verleitet, anstatt über der Brücke, die über den Stadtgraben ftihrte, mit ihm unter derselben auf dem 
Glatteis zu gehen , wie es viele Andere machten. Er glitschte und that einen unglücklichen Fall auf 
den Hinterkopf. Sein Freund begleitete ihn bis zum Hause. Im ersten Augenblick bemerkte die Mutter 
dass etwas Besonderes vorgegangen sein müsse, er erzählte so viel er konnte, aber er hatte völlig 
das Gedächtniss verloren. Man kann sich den Schrecken der armen Eltern vorstellen ! Augenblicklich 
wurde der Arzt gerufen, welcher durch schnell angewandte zweckmässige Mittel und durch die auf- 
merksamste Pflege von Seite der Mutter in einigen Tagen die Gefahr beseitigte. Dessenungeachtet 
war mein Bruder der Überzeugung, dass von jener Zeit her sein Gedächtniss etwas schwächer geworden. 

Mit dem Jahre 1809 kamen wieder neue Kriegsgefahren, und die Sammlung musste abermals 
auf die Wanderschaft, stromab nach Peterwardein und 1813 nach Heimburg (S. 211). Nach ihrer Rück- 
kehr und der völligen Beseitigung der Gefahren, wurde nicht mehr das vorige Gebäude in derUnger- 
gasse, sondern das untere Belvedere zu ihrer Aufstellung' bestimmt, und mit derselben begonnen. 

Da mein Vater bei hohem Alter und sehr geschwächter Gesundheit nur mit grosser Anstrengung 
dieses mühevolle Geschäft versehen konnte, hatte mein Bruder schon seit längerer Zeit jeden Augen- 
blick, den er von seinen Studien erübrigen konnte, seiner Hilfe gewidmet. 

Da kam eines Morgens ganz unvermuthet Seine Majestät weiland Kaiser Franz mit einem Ad- 
jutanten, um^ie Sammlung zu besichtigen. Meine Eltern waren eben in der Kirche der Salesianerinnen, 
auch der Bruder war nicht zu Hause. Der Vater wurde sogleich gerufen. Der nervenschwache Mann 
war über diesen hohen unerwarteten Besuch dermassen bestürzt, dass meine Mutter nicht wagte ihn zu 
verlassen. Sie nahm sich daher die Freiheit, ihn zum Kaiser in das Cabinet zu begleiten, entschuldigte 
ihre unberufene Anwesenheit durch den sichtlich aufgeregten Zustand ihres Gatten auf eine ihr eigene 
liebenswürdige, einfache Weise, und der gütige Monarch befahl ihr gnädigst zu bleiben und benutzte 
sie wohl auch als Dolmetsch; denn mein Vater war im hohen Alter beinahe ganz taub. Meine Mutter 
gleichfalls mit der Sammlung und deren Geschichte und Geschicke ziemlich vertraut, konnte manche 
Auskunft geben , das Gespräch wu];de nach und nach unbefangener, und bei dieser Gelegenheit jBriuhr 
der Kaiser, dass der Sohn schon lange Mitarbeiter bei der Leitung der Aufstellung sei. Nicht lange 
nachher am 14. Juli 1814 erfolgte die Ernennung desselben zum Praktikanten an der Ambraser- 
Sammlung mit einem Jahresgehalt von 300 Gulden, als welcher er am 1. August eintrat. Für die 
früheren Leistungen hatte er meines Wissens eine Remuneration erhalten. 



288 Joseph Bergmann, 

Das Geftihl der Nervenschwäche; deren Heftigkeit an Körper und Seele mit dem hohem Alter 
sich steigerte; umzog das ganze Wesen des Greises mit Schwermath und Traurigkeit; welche nicht ein- 
mal der tiefreligiöse Sinn zu yerscheuchen vermochte. Die letzten Lebensjahre weihte er grösstentheils 
der Erbauung und dem Studium der Bibel sowohl des alten als des neuen Bundes ; die er in ihren 
Ursprachen laS; indem er auch den hebräischen und syrischen Dialekt ziemlich gut inne hatte. Ja er 
commentirte Theile der griechischen Bibel und suchte noch im Jahre 1809ji während die Franzosen 
Wien besetzt hielten; seinen Schmerz ttber die Unfälle des Vaterlandes durch Übersetzungen der Briefe 
des heiligen Paulus zu lindern. 

Am 4. Februar 1815 AbendS; als er eben in seiner Bibel laS; wurde er im untern k. k. BelvederC; 
in dem er wohnte ; vom Schlage gertthrt; welcher ihm allsogleich die Sprache erschwerte; bis er; der 
so oft mit Sehnsucht seine Auflösung gewünscht hatte ; am 8. Februar sanft im Herrn entschlief. -* 
Von Natur etwas schüchtern; entbehrte er der Gabe seine wahren Verdienste geltend zu machen; be- 
scheiden und feind aller Schmeichelei und Verstellung verachtete er; wie einem Manne ziemt; irgend 
ein Ziel^ nach welchem er nicht gerade gehen konnte; berechnend und in Krümmen zu verfolgen. 



in. 

* 

ALoim Primüiser Tom Jalire 1S16 bis 1SS9« 

Totog av^Q k^i xollmv andtio^ aJUMV, 

Nach dem Tode meines Vaters | schreibt Frau Theresia Unterkircher weiter; 181 & wurde die 
Sammlung d^m k. k. Münz- und Antiken-Cabinete unterstellt und mein Bruder am IS. März 
1816 nach vollendeten philosophischen Studien als dritter Gustos angestellt. 

Wenn schon der Hintritt unsers sei. Vaters sehr schmerzlich war; so war es doch tröstlich für 
unS; dass wir durch die Verhältnisse nicht gezwungen waren uns zu trennen; die Mutter erhielt die 
normalmässige Pension; welche freilich klein war; da wir aber beisammen blieben; so war doch keine 
Noth voraus zu sehen. 

Die vollständige Aufstellung der Sammlung nahte sich nun ihrem EndC; und der Besuchenden 
gab es oft in solcher Menge ; dass man selbe in Abtheilungen einlassen musste, um nicht ein zu grosses 
Gedränge zu veranlassen. Unterdessen war mein Bruder durch seine ersten literarischen Aufsätze be- 
kannt geworden; welche besonders im Auslande mit Achtung aufgenommen wurden. 

Im Jahre 1817 erhielt er von Seiner k. k. Majestät den Auftrag nach Tirol zu reisen, um die 
noch übrigen werthvollen Reste der Sammlung von Ambras nach Wien zu schaffen. 

Alois Primisser's Reise nach Tirol im J. 1817. — Das liebe Vateriand; welches er als Kind von 
zehn Jahren verlassen hatte ; nun auf eine so leichte und zugleich ehrenvolle Weise wieder zu sehen, 
machte ihm ungemein viel Freude. Es wurde ihm zu seiner Reise ein Hofwagen zur Verfügung gestellt 
(damals wusste man noch nichts von einem Eilwagen); zu seiner Gesellschaft nahm er seine ältere 
Schwester mit; und so reiste der 21jährige Jüngling in der Eigenschaft als Hofcommissär am 22. Sep- 
tember mit Extrapost von Wien ab. Seine in dieser Zeit geschriebenen Briefe athmen jugendliche Hei- 
terkeit; aber der Alterthumsforscher und Kunstfreund lässt sich nicht verkennen. Durch die mitgenom- 
menen Notaten und Briefe wurde es ihm leicht alles Merkwürdige zu finden und nach Müsse zu be- 
sichtigen. Er hielt ein Tagebuch; in das alles aufgezeichnet wurde; denn er wusste wohl; dass auch die 
Zurückgebliebenen mit Neugierde jede Nachricht erwarteten. Es ist sammt den Briefen noch in meinem 



die fünf gelehrten Primisser. £23 

Besitz, nnd wird wie die noch yorhandenen Schriften meines Vaters als Reliquie bei der Familie 
bleiben. 

Er besuchte auf dieser Reise mehrere Abteien und Kirchen , widmete einige Tage der Besich- 
tigung Salzburgs und seiner schönen Umgebung. Am 29. September kam er nach Innsbruck. An der 
Gränze von Tirol begann natürlich das Interesse beider Geschwister immer gespannter zu werden. 
„Waidring (schreibt mein Bruder); war der erste Ort unseres Vaterlandes; welches wir betraten ; da gerade 
Sonntag war, begegneten wir die Landleute in ihrem festlichen Schmucke. Die lang vermissten vater- 
ländischen Sitten; Kleider; Httuser und Fluren machten auf unS; wie Ihr denken könnt; einen ganz 
besonderen Eindruck. Gleich in Waidring; wo ich meinen Pass vorzeigen musstC; kam der Gränz- 
beamte herbei; der meinen Namen sogleich erkannte und eine glückliche Reise wünschte.^ Von Schwaz 
heisst es: „Dieser einst so schöne und volkreiche Markt sieht jetzt einer Brandstätte ähnlich. Die 
meisten Häuser sind noch ohne Dächer; alles Holzwerk ist verbrannt; die meisten Mauern eingestürzt 
oder zerrissen; unter ihrem Schutte der Wohlstand der Bürger begraben.^ Weiter: „Das erste ; um 
was ich mich von Schwaz weg umgesehen hatte ; war die Frau Hütt (ein Felsenstück dieses Namens); 
unsere alte Bekannte. Die Freude des Wiedersehens; die ich empfand; konnte sie leider nicht er- 
widern! und nun vpn Volders an sah ich immer links ; bis ^ch die Mauern und Thürme von Ambras 
gewahrte." In Hall wurde in Eile ein lieber Freund; der jetzt in Pension stehende Hofrath Karl Hopf- 
gartner; überrascht; mit welchem er während seines Aufenthaltes in Innsbruck manche Stunde in ange- 
nehmer Erinnerung verlebte. „Von d^ weiter;" lautet eS; „sahen wir WiltaU; dann ach dann — die 
Thürme von Innsbruck. Das Geschnatter hättet Ihr hören soUeU; das ist dieS; das ist jenes. Wir kamen 
näher und näher zum Mühlauer ZollhausC; wo ich meinen Pass abgeben musste. Der alte Zoller begrüsste 
uns mit freudiger*; zitternder Stimme." Nun werden alle bekannten und hie und da veränderten Stellen 
benannt; bis zum Gasthause zur RosC; wo man einkehrte. 

Da mein Bruder von der vorhabenden Reise nichts nach Innsbruck geschrieben; konnte man bei 
den Bekannten auf eine desto grössere Überraschung rechnen; da die Geschwister um eilf Jahre älter 
geworden; wohl von Niemand erkannt werden konnten. 

Der Anfang wurde bei einem Vetter gemacht; von welchem ich mir weiter unten noch ein meb- 
reres zu erwähnen erlauben werde. 

„Nach einiger Umfrage (schreibt mein Bruder); fanden wir das HauS; wo unser guter Vetter 
dermals wohnt; und ich konnte mir den Spass nicht versagen; ihn ein wenig zu vexiren." Dieses 
gelang auch vollkommen; bis man sich endlich zu erkennen und den Zweck der Anwesenheit kund 
gab. Sogleich musste das Gepäck aus dem Wirthshause geholt; und bei ihm Wohnung genommen wer- 
den. So gieng es mehr oder weniger bei allen Bekannten. Überall erfreuten sie sich des freundlichsten 
Empfanges. Mein Bruder leitete inzwischen seine Geschäfte ein, bei denen man ihm bereitwilligst ent- 
gegen kam. 

Am 2. October fuhr er in Begleitung des Herrn Marquard; des damaligen SchlossverwalterS; 
nach Ambras. Gleich beim Aussteigen kamen ein Paar von den frühern Schlosswächtem herbei; und 
bezeigten die grösste Freude. 

„Ich kann Euch nicht beschreiben (heisst es); wie mich alles ansprach; was ich als Kind so oft 
gesehen hatte. Wir giengen in die Büchsenkammer; in die Schatzkammer; in die Rüstkammern; wo 

» 

überall nur noch traurige Überreste ihrer vorigen Herrlichkeiten verwahrt werden. Alles ist jetzt unter- 
einander gemengt; Bilder ohne Rahmen ; Harnische; leere Pferde. Nur die Schatzkammer enthält noch 
einige niedliche Sachen. Das obere Schloss ist; bis auf den Speisesaal; wo die. grossen Familienbilder 



224 Joseph Bergmann, 

hängen, und den Spanischen Saal, wo die Bataillen sind — ganz leer. loh konnte hier also nur die 
herrliche Aussicht auf die Gegend um Innsbruck und auf den Wasserfall geniessen.^ 

Nachdem mein Bruder seine Geschäfte so ziepilich in's Reine gebracht hatte, dachte er einen 
lang gehegten Wunsch zu erftUien; nämlich einen Ausflug nach dem Stifte Stams zu machen und 
einige Stunden dem Andenken unseres seligen Oheims P. Gassi an zu widmen, wohin der im selben 
Grade mit dem Verewigten verwandte Vetter Professor Kaspar ünterkircher (S. 201) ihn begleitete. 

Durch diese Fahrt hatte mein Bruder Gelegenheit eine Gegend des Landes zu sehen, die ihm 
noch neu war, und er freute sich sehr darüber, besonders da eben heuer eine sehr reiche Ernte den 
Landmann beglückte. Ein herrliches Wetter begünstigte die kleine Reise und am Mittag langten sie am 
Ziele derselben an. Sie hatten schon früher von Seite des Herrn Prälaten eine Einladung erhalten, und 
wurden mit grosser Achtung aufgenommen. Mein Bruder war erstaunt über die Grösse der Gebäude, 
Kirchen und Gärten, die alle gleich einer Stadt eingeschlossen sind. Sie wurden herrlich bewirthet und 
überall herumgeflihrt , ihnen wurde alles, Neues und Altes, gezeigt. Der Prälat selbst flihrte sie in der 
Abtei herum. „Am folgenden Tage (meldet er) besah ich mir die Schriften meines seligen Oheims 
Cassian, las einige Stücke davon, und bewunderte seinen unendlichen Fleiss. Man zeigte uns auch 
die Briefe, welche mein Vater seinem Bruiler aus Italien geschrieben. Ihr könnt Euch denken, dass 
mich dieser Fund nicht wenig freute , und wie begierig ich sie gleichsam verschlungen. Mit Erlaubniss 
des Prälaten nahm ich sie mit nach Innsbruck, wo ich eine Abschrift davon besorgen werde.^ (S. S03.) 

Nach Tische wurde ein Spaziergang nach dem Dorfe SHz beschlossen, welches eine Stunde 
von Stams entlegen ist. Dahin begleitete sie ein Pater aus dem Stifte. y,Eine starke Viertelstunde von 
hier erhebt sich das uralte Schloss Petersberg, der ehemalige Wohnsitz der Margaretha Maul- 
tasch und Meinhard's ihres Sohnes, auf einem schroffen, ganz mit vorragenden jungen Bäumen 
bewachsenen Hügel. Es hat ganz die Gestalt einer alten Ritterveste, und der Geist des Mittelalters 
wehte uns schauerlich auf dem engen Hofi'aum an, der aus Felsen gehauen, jetzt mit Gras bewachsen 
und holperig, ringsum von den halbverfallenen, halb wieder ausgeflickten Mauern und Thürmlein be- 
wacht wird.'' Ich kann nicht umhin die nun folgende Beschreibung in mittelalterlicher Mundart, die ihm 
so geläufig war, Wort ftlr Wort her zu setzen. „Die Burgvogtin erscheint, und da sie sah, dass wir 
ehrliche Rittersleute und Pfäfflein wären, ftJhrte sie uns freundlichen Gesichts über die schmale Treppe 
in die oberen Gademen des Schlosses hinauf, und Offnet uns ein Pförtlein nach dem andern. Die Veste 
gehört dem edlen Grafen des Namens und Stammens der Wolkenstainer, deren Ahnen mit ihren bär- 
tigen Gesiebtem und grossen Ritterschwertern, nebst ihren minniglichen Frawen in Leibesgrösse abge- 
konterfetet zu schauen sind. Die ehrsame Burgfrau zeigt uns sofort männiglich alt- und junges Gemahl, 
so an den Wänden der Gademen aufgerichtet, worunter ich ftir meine personam just nit gar sonderbar 
verwunderlichs angetroffen. Item von Hausplunder und Fahrnuss waren da ainig alt unzierlich Sedein 
und Liegstatten, auch Tisch und Bank. Ein Ding, so man nennt Sprachrohr, stunde in einem Winkel und 
thät man sonsten damit die Bawern im Thal umb Milch und derlei Notdurft anrueffen, als uns die freund- 
lich Vogtin die Mähre gesagt hat. -^ In ainem andern Sal Sachen wir ein stattlich Httettlin, von 
schwarzem Filz mit güldenen Rosen , so ein Graff Wolkensteiner sei. bei der Belagerung von Mainz auf 
sein Haupt gehebt, und hinein geschossen worden, durch welche verchwunde (tödtliche Wunde) derselb 
ktUme Held ins Gras baissen müessen. Alles nach der ehrsamen Frawen Relation. — Folgents kamen wir 
in ein klein Gadem, war darin allerlei Inschrift und alte Permintbrief mit Sigill und Bullen, wie auch 
allerlei Raitbücher von der alten Wirtschaft. Item, was ftirnemblich gedenkwürdig und zierlich ein alter 
Trinkhnmpen von der Frawen Herzogin Margaretha so man nennet die Maultäschin ; — ist ganz von Silber 



die fünf gelehrten Primisser. ifti 

geschlagen, oben vergnlt, hat auch ein ziembiich weiten Bauch ftlr eine Prawen, — LetzÜichen, nach 
aufinerksamer Betrachtung und zu unser selbs sattsamer Behelligkeit und Freude giengen wir mit unser 
ehrsamen Vogtin ab dem Sehloss, und auf den Hofplatz, alwo ich Schreiber diess Briefs, und der 
ehrlich Pfaff, mein lieber Sippe, der oft gedachten Burgvogtin ein Stuckh Gelts in die Hand druckhtcQ, 
was sie, Vogtin, anf&ngklich nit nehmen wollen, aus christlicher Diemuth und Vergntteglichkeit." — 

Dieses alte Schloss ist in der Folge ganz wohnlich wieder hergestellt, und von Zeit zu Zeit be- 
wohnt worden, ist aber leider vor drei Jahren (1814), nachdem die Familie Wolkenstein kurz zuvor 
eine Doppelheirat gefeiert, und einige Wochen dort zu verbleiben gesonnen war, gänzlich abgebrannt, 
dergestalt, dass nur Weniges gerettet wurde. — Nun wieder nach Stams. 

Am dritten Tage wurde ihnen noch das Archiv und die Bibliothek gezeigt, und nach Tische 
bestiegen sie mit zwei Patres den Prälatenwagen, der sie gemächlich und schnell nach Innsbruck brachte. 

Nachdem mein Bruder sein aufgetragenes Geschäft beendigt hatte, trennte er sich wieder von 
seinem Vaterlande, und ahnte wohl nicht, dass er es nie wieder sehen werde. 



Im Jahre 1818 legte er die letzte Hand an seine Beschreibung der Ambraser-Samm- 
lung und im Herbste kam sie in Druck. 

Schon in seinem achtzehnten Jahre hatte er sich durch eine Erkältung, welcjje zum Theil aus 
Nachlässigkeit des Arztes zu wenig beachtet wurde, ein Brustleiden zugezogen, das leider zu seinem 
spätem wiederholten Kränkeln und frühzeitigen Tod den Grund legte. Es wurde ihm 1818 eine Badecur 
in Baden nächst Wien verordnet, er erholte sich zusehends und die gesunde Luft der reizenden Ge- 
birgsgegend kräftigte seinen Geist und seinen Körper, und es war alle Hoffnung vorhanden, dass 
das Übel vor der Hand beseitigt sei. Im Jahre 1819 erfolgte die Ausgabe seines Buches, was dem 
jungen Manne viel Freude machte. Bei Präsentirung einiger Exemplare am allerhöchsten Hofe wurde 
ihm Anerkennung zu Theil. Von der Kaiserin Maria Louise, Herzogin von Parma, erhielt er als 
Erkenntlichkeit eine Prachtausgabe in Folio des Torquato Tasso, welche eben in Parma erschienen 
war, mit einem sehr verbindlichen Handschreiben höchst Ihres Obersthofmeisters Albert Adam Grafen 
von Neipperg (f 1829) begleitet. Diess Geschenk hat er dem Ferdinandeum in Innsbruck mit einigen 
von ihm auf dem Sterbebette geschriebenen Zeilen zu seinem Andenken vermacht. 

Das Jahr 1820 begann mit einem ftlr uns höchst betrübenden Ereigniss. Unsere liebe Mutter, 
welche sich bisher meist einer guten Gesundheit erfreut hatte, wurde plötzlich von einer heftigen Lun- 
genentzündung befallen, welche sie trotz aller angewandten ärztlichen Hilfe am 17« Jänner im Alter 
von 48 Jahren dahin raffte. 

Sie lebte, nachdem sie Witwe geworden, etwas mehr in Gesellschaft, welche sie durch die an- 
dauernde Kränklichkeit und Zurttckgezogenheit der letzten Jahre meines Vaters ganz entbehrt hatte. 
Die Vorzüge ihres Sohnes und die Achtung, welche er allenthalben genoss, trugen nicht wenig zu 
ihrer Zufriedenheit bei, und so war hinwieder ihre Munterkeit und ihr Wohlsein unsere ganze Freude. 
Allein die Vorsehung hatte es anders beschlossen , und die edle Frau fbgte sich mit christlicher Erge- 
bung in ihren Willen. 

Die Famitte libes aus ScUesieo. — Im Sommer desselben Jahres kam eine Familie aus Schlesien 

nach Wien j, welche unter andern ein Empfehlungsschreiben von Professor Bttsching an meinen Bruder 

hatte, es war der k. Preussische Bergamts - Kanzlei - Director Melchior Mihes mit zwei Töchtern. 

Er hatte diese Reise zur Erheiterung unternommen und dabei den Zweck verbunden, der ältesten 

V. 29 



'ftM Joseph Bergmann, 

Tochter Jalie eine Gelegenheit zu bieten, ihren entschiedenen Beraf zur Ettnstlerin besser zu begrttn- 
den, indem sie bei einem längeren Aufenthalt in Wien in den Gemäldegallerien ihre Studien fortsetzen 
sollte, nachdem sie bereits zweimal die Kunstschätze Dresdens mit grossem Erfolge besucht und be- 
nutzt hatte. Unsere beiden Familien befreundeten sich bald, wozu die gegenseitige Eröffnung der bei- 
nahe gleichzeitigen Verwaisung beitragen mochte. Auch ihnen hatte der Tod am 2. April dieses Jahres 
die Mutter entrissen. 

Der Aufenthalt des Herrn Mihes in Wien war durch seinen Urlaub bedingt, und er kehrte nach 
4rei Wochen mit der jttngern Tochter nach der Bergstadt Brieg heim. Julie aber fieng noch vor der 
Abreise ihres Vaters an , die Copie nach einem Titian in Öl zu malen. Sie zog sich in ein Monatquartier 
nächst dem Belvedere, bald nachher aber nahmen wir die liebenswürdige Ettnstlerin in Kost und Woh- 
nung. Sie arbeitete fieissig. Jene Madonna nach Titian und eine Frau nach Palma vecchio 
waren die ersten Proben , durch welche sie die Bewunderung der Künstler Wiens auf sich zog. Diese 
beiden. Sttlcke wurden in Breslau mit Beifall begrttsst. Bald darnach begann sie die Umrisse nach 
Albrecht Dürers Anbetung der heil. Dreifaltigkeit, welche sie in fünfzehn Blättern litho- 
graphirte, und mein Bruder mit einigen Worten begleitete, auch eine Anzeige machte. 



Primisser's Reise mit Dr. Heinrich Georg Fertz nach Oberösterreieh, dann nach Eämten. 

Im September desselben Jahres begab sich mein Bruder in Gesellschaft des Drs. Pertz, eines 
jungen Gelehrten, auf eine Reise durch Österreich, um die Kunstschätze und andere Merkwürdigkeiten 
der Abteien zu besichtigen, sie durchzogen das Salzkammergut und bewunderten die dortigen Beize 
der Natur. In Hallstadt trennten sie sich. Mein Bruder wollte nach Kärnten unsere Verwandten mütter- 
licherseits zu besuchen. Er nahm den nächsten Weg über das Schladminger-Gebirge und über den Tauern, 
und kam am 20. September Nachts in Villach, dem Ort seiner Bestimmung, glücklich an. Er hatte 
die Freude alle drei Brüder unserer Mutter beisammen zu finden. Hier bot man alles auf, dem lieben 
Neffen den Aufenthalt recht angenehm zu machen, was in dieser schönen Gegend und freundlichen 
Umgebung nicht schwer war. Es wurde viel musicirt, spazieren gefahren und gegangen, und es gieng 
ihm nichts ab. Er kehrte erst in der zweiten Hälfte des Octobers nach Wien zurück. 

Dieser Reise verdanken wir die im Archiv erschienenen „Reisenachrichten über Denkmale der 
Kunst und des Alterthums in den österreichischen Abteien" etc. 

Primisser's Terehelichong mit Fr&nlein Julie lihes, 1822. — Julie Mihes war indessen nicht müssig 
gewesen, sie arbeitete fleissig an ihrem Dürer. Sie hatte aber auch noch ein anderes für sie noch wich- 
tigeres Werk zur Reife gebracht, was ihr schon seit ihrer frühen Jugend am Herzen gelegen, aber 
immer dort verschlossen bleiben musste. Es war diess ihre Überzeugung von der katholischen Wahr- 
heit; denn nicht sowohl die Kunst, als vielmehr der innigste Wunsch in einem katholischen Lande dem 
Zug der Gnade folgen zu können, hatte sie nach Wien gezogen. 

Nachdem sie sich demnach mit den Lehren unserer heil. Religion vollkommen bekannt gemacht, 
und nicht ohne Schwierigkeit die Einwilligung ihres Vaters hiezu erlangt hatte, legte sie am 17. Jänner 
1821 in der erneuten Earche zu Maria Stiegen, ihr Glaubensbekenntniss in die Hände des berühmten 
P. Zacharias Werner *). Ihre Zeugen waren Friedrich v. Schlegel ') und Alois Primisser. 



1) Ludwig Zacharias Werner starb im ehemaligen Augustinerkloster zu Wien am 17. Jänner 1823 und fand seine 
Ruhe auf dem Friedhofe zu Maria Enzersdorf bei Medling. 

2) Friedrich y. Schlegel starb am Schlagflusse zu Dresden 1829. 



die fünf jg^elehrten Primisser. (27 

Durch den Umgang und die Eigenschaften dieser wahrhaft begnadigten Seele bekam unser Haus 
gewissermassen eine andere Richtung, Wenn schon unser bisheriger Kreis keineswegs frivol genannt 
werden könnte, so war doch der jetzige Standpunct höher; manche neue Bekanntschaften wurden ge- 
macht; und manche frühere nach und nach aufgegeben. 

Künste und Wissenschaften erlangten gleichsam eine höhere Weihe, da die Beligion ihnen als 
Wegweiserin diente. 

Mein Bruder erkannte bald, dass ohne Familie das Leben ftir ihn nicht mehr angenehm sein 
würde, und dass ihm durch sie der Zweck aller seiner Bestrebungen erst aufgeschlossen werde. 

Von ihrer Seite hatte sich der Unterschied der Jahre (sie war beinahe um zehn Jahre lllter als 
er), hindernd ihrer Neigung entgegengesetzt. Da jedoch alles Übrige zu einer ehelichen Yerbuidung 
stimmte, wurde selbe am 2. September 1822 in der Kirche zu Weinhaus (bei Wien) vollzogen. Am 
folgenden Morgen reiste die ganze Familie auf einige Wochen nach Villach. 

Diese Ehe war eine wahrhaft christliche, die grösste Übereinstimmung der Gesinnung, das gleiche 
Streben in Kunst und Leben verbanden die Gemüther immer inniger. 

Seine literarischen, und ihre künstlerischen Leistungen gaben Gelegenheit zu gegenseitiger Beur- 
theilung, welche nur zum Vortheile ihrer kunstreichen Gemälde ausfallen konnte. Dazu die Nähe so 
reichhaltiger Hilfsquellen ftir das gemeinschaftliche Streben, ferners ein ausgezeichneter Kreis von lieben 
Freunden und Künstlern, alles trug bei, das glückliche Loos der Familie zu fordern. 

Reise nach Prag und Karlateitt 1823. — Im Jahre 1823 begleiteten die beiden Eheleute Juliens 
Vater und Schwester Sophie, welche auf Besuch gekommen waren, bis Prag. Die Besichtigung dieser 
Stadt, des Schlosses Karlstein und aller der dort befindlichen Schätze des Alterthums und der 
Kunst, waren wieder ein wahrer Hochgenuss für beide, und die Ausbeute dieser Reise befindet sich 
gleichfalls unter seinen Werken. 

Der Herbst dieses Jahres aber forderte schon wieder ein Opfer. Unsere schon seit einiger Zeit 
kränkelnde Schwester Antonia wurde uns im Alter von noch nicht 30 Jahren durch den Tod ent- 
rissen. Sie war eine überaus fromme und sanfte Seele. Ihr Hintritt erfolgte am 21. November 1823. 

Kunst- und Familienleben. — Im folgenden Jahre übersiedelte der alte Schwiegervater Mihes zu 
uns nach Wien, in Folge einer besondem Begünstigung seines Monarchen, die Pension, um wdehe er 
angehalten, im' Auslande zu- gemessen. 

Nun wurde das Haus wieder gefüllt. Der alte Herr gefiel sich ungemein in der Nähe des sdhttnen 
Gartens und der lieben Ambraser - Sammlung, die auch ihm manchen Genuss bot. Das poetische Leben 
meines Bruders wurde jedoch von Zeit zu Zeit durch wiederholte Hustenanfälle und öftere Augenent- 
zündungen seiner Frau gestört, aber man erholte sich immer wieder, und ungeachtet dieser zeitwei- 
ligen Störungen floss das Leben heiter dahin. Die schönen Gemälde, welche von Zeit zu Zeit aus der 
Hand der frommen Künstlerin kamen, bereiteten Freude über das ganze Haus. Seit ihrer Anwesenheit 
zeichnete auch mein Bruder viel mehr und unter der Leitung seiner Frau versuchte er auch sogar in 
Oel zu malen. Ich selbst besitze ein Paar Gemälde von seiner Hand. Eine Landschaft und einen 
Wasserfall, zu welcher er die Skizze nach der Natur von seiner Reise mitgebracht hatte, die er noch 
im Jahre 1826 mit Julien gemacht hatte. Sie trennte sich nicht von diesem Gemälde, aber nach ihrem 
Tode war die Frau Oberin der Salesianerinnen so gütig es mir zu überlassen. Das andere ist eine 
Aufgabe, die sie sich einander gestellt hatten. Beide sollten denselben Gegenstand componiren, ohne 
es sich zu zeigen , bis die Skizze fertig wäre , sie wählten sich den heil. Stephanus. In der Ausftlhrung 
steht jenes der Meisterin freilich sehr voran, aber das Ideal beider ist ähnlich. Sie schenkte mir beide. 

89* 



828 Joseph Bergmann, 

Reite aaeh fimimdeD, Salxborg end St. Florian 1826. — ' Im Sommer 1826 machten sie die letzte 
Reise zusammen, mein Brader wollte die schönen Gegenden von Gmanden und &alzburg^ die 
ihn schon frtther so angesprochen , mit seiner Frau noch einmal gemessen ; sie hielten sich damals auch 
längere Zeit im Stifte St. Florian auf^ wo sie die herzlichste Aufnahme fanden. Überall wurden 
Skizzen und Zeichnungen gemacht; wie ttberhaupt auch nie eine weitere Parthie auf das Land statt- 
finden durfte; wo nicht jeder; der etwas zeichnen konnte; ein Skizzenbuch mitnahm. Diese landschaft- 
lichen Skizzen leisteten vortreffliche Dienste fttr die historischen Compositionen ; ttberhaupt bentttzte sie 
hiezu die Natur so viel es ihr nur möglich war. 

Von jener Reise zurückgekehrt; hoflften wir alle, von dem gesunden Aussehen meines Bruders 
Bchliessen zu können ; dass er jetzt einer festem Gesundheit sich wttrde erfreuen können. Aber schon 
im Herbste stellte sich einige Male heftiges Nasenbluten ein; und eine gewisse Beklemmung der Brust, 
welche nie ganz von ihm weichen wollte. Im Advent arbeiteten wir alle noch mit einer kindischen 
Freude an einer Weihnachtskrippe; welche nicht nur von Laien ; sondern von Künstlern bewun- 
dert wurde. Noch jetzt wird dieselbe zu Weihnachten im Noviziat des Klosters aufgestellt; wohin sie 
mit Julien gewandert ist. Am heil. Christabend war ein Kreis von lieben Freunden um sie versammelt. 

Erkrankung und Hinscheiden Alois Primisser's. — Seit dem Tage der heU. drei Könige 1827 lag 
mein Bruder im Bette ; und von dieser Zeit an kam keine andauernde Gesundheit zu Stande. Sein Zu- 
stand verschlimmerte sich zusehends ; und alle angewandten Mittel und die sorgfältigste Pflege konnten 
nur momentane Linderung gewähren. Es war herzzerreissend ; wie dieser hoffnungsvolle junge Mann in 
der Blflthe seiner Jahre dahin welkte. Er ftthlte und erkannte die Gefahr; ordnete alle seine irdischen 
Geschäfte und fügte sich mit so grosser Ergebung in den Willen seines Schöpfers ; dass es beinahe 
den Anschein gehabt hätte, als v^nsche er seinen Tod. Seine geliebte Gattin und seine arme Schwester 
lagen ihm noch am Herzen; erstere fragte er einst; was sie nach seinem Tode zu thun gesonnen sei, 
und als sie sprach; sie wttrde in ein Kloster gehen ; war er ruhig und schien diese Antwort erwartet 
zu haben. Nichts wollte er mehr von weltlichen Dingen hören ; ein altes Bttchlein; das Leben seines 
heil. Namenspatrons und andere geistliche Bttcher liess er sich vorlesen. Sein Beichtvater Herr Xaver 
Zenner; damaliger Alumnats -Director; der ihm auch ein lieber Freund war, besuchte ihn täglich, 
und hatte wohl mehr uns als iho zu trösten '). Er endete sein thätigeS; aber kurzes Leben mit einem 
erbaulichen Tod am 26. Juli 1827 im untern k. k. Belvedere und ruht auf dem Friedhofe zu Matz- 
leinsdorf; wo dermals sein Grab nicht mehr aufzufinden ist. 



Kinder waren ihnen nicht beschieden, doch hatte Julie vor etlichen Jahren ein armes Mädchen, 
Namens Louise Berchet, von vier Jahren angenommen und erzogen, was uns allen sehr lieb war, 
dies Kind wäre wahrscheinlich verkommen in Armuth und Elend, wenn sie sich nicht darum angenom- 
men hätte. Später kam sie durch die Gnade Ihrer Majestät der Kaiserin Carolina Augusta in eine 
Erziehung, zuletzt nach manchen Gefahren, zu ihrer ersten Wohlthäterin, wo sie in's Kloster aufge- 
nommen, aber schon vor ihrer mtttterlichen Schwester gestorben ist, am 2. Jänner 1853, im 35. Jahre 
ihres Alters. (S. das Nähere in der Anmerkung S. 240.) 



1) Franz Xaver Zenner, geboren zu Wien am 11. November 1794, war als Dompropst zu St. Stephan zugleich 
Kanzler der Universität, Bischof von Sarepta und Weihbischof von Wien, Hausprälat und Thronassistent Sr. 
päpstlichen Heiligkeit etc., ein grosser Wohlthäter der Armen, und starb allgemein hochverehrt am 29. October 
1861. (S. Wiener Zeitung 1861, 1. Nov. S. 3972.) 



die fttnf gelehrten Primisser. 828 

Prunisier's poetische Tersnehe. — Als Proben seines poetischen Talentes and seiner frommen Ge- 
sinnnng, folgten drei geistlicbe Gedichte meines Bruders ; welche ich noch vorgefunden habe. Mehrere 
andere ; die er bei verschiedenen Gelegenheiten machte ^ sind leider nicht in meinem Besitze. 

Julie malte im verkleinerten Massstabe in Deckfarben die Vorstellung der h. Dreifaltigkeit nach 
jenem grossen Gemälde Albrecht Dürers (S. 226), und verehrte es ihrem Vater , dazu schrieb mein 
Bruder das nachfolgende Gedicht: 

Über ein Bild der heiligsten Dreifaltigfkeit. 

In Herrlichkeit erglänzt der ew'ge Vater, 
Umflossen von der Allmacht Prachtgewand, 
Das Haupt bedeckt die gold'ne Herrscherkrone, 
Das Himmelsblau ist seines Tempels Dach, 
Sein Thron der Bogen, der in sieben Farben 
Das reine Himmelslicht uns widerstrahlt. 
Den Er uns selbst gebauet in die Wolken, 
Des Bundes Zeichen zwischen Ihm und uns. 

Der Vater trägt den Sohn, ein schuldlos Opfer 
Ftlr uns're Schuld, verblutend (seht!) am Kreuz, 
höret sie des Ew'gen laute Stimme, 
Die aus der Näh' und Feme zu Euch ruft : 
„Seht Menschen, also hab' ich Euch geliebet, 

* 

„Dass ich den eigenen Sohn gegeben in den Tod« 
„DafUr gebt Liebe, Liebe nur mir wieder, 
„Glaubt liebend ihm und hofft die Seligkeit.^ 

Spricht diese Stimme Dir aus uns'rem Bilde, 
Erreichet hat es dann sein einzig Ziel. 
Dann lod're Dir der Andacht reine Flamme, 
Ein Strahl des Himmels dringe Dir in's Herz. 
Der Geist, der kOmmt vom Vater und vom Sohne, 
Der Tröster aller, die um Trost Ihn fleh'n: 
Er send' aus lichten Höhen auf Dich nieder 
Der Gnaden FttU' und Seiner Gaben Kraft. 



Die Lilie zum Festg^eschenk eines Aloisius. 

Von allen Blumen, die Gott hat gewebet. 

Nimm hin die Lilie, Freund von Freundeshand, 

Ein hohes Bild der Reinsten, die gelebet. 
Ein Stab der Engel, die der Herr gesandt. 



SSO Joseph BergmiuiD, 

' De« heiligen Jflnglings wanderschOnes Zeichen; 
Von Gott zur Leuchte Vieler aaserwählt; 
Sein Fttrspruch mttge nimmer Ton Dir weichen; 
Bis Da vereint mit ihm in jener Welt! 

In Glaub' und Hoffnung himmelwärts gelenket 
Steht grad' empor der Lilie schlanker Schaft; 

Das Haupt in stiller Demuth noch gesenket; 
Blüht herrlich doch in frischer Jugendkraft. 

Der Lilienkelch; des Auges Lust und FreudC; 

Glänzt weiss aus Blättergrtln ; vom West umweht; 
Ein Engel; der im weissen Feierkleide 

Ln Schatten grttner Palmen sich ergeht 

Der Blume Brust entströmen süsse DüftC; 

Der Himmel selber freundlich sie begrttsst; 
Nur Liebesseufzer haucht sie in die LüftC; 

Bis ihr der Tod das reine Herz verschliesst. 



Liebesseifier n Jesu dem Gekreozig^ten. 

Von Ä» P. in seiner Krankheit geschrieben. 

Lass Herr mein Herz an Deinem Kreuze hangen; 

Lass dort in steter Liebesflamm' es glüh'n. 
Ob Deine Dornenkron' es mag umfangen; 

Ob Du ihm Freudenkränze lassest bltth'U; 
So lass doch nie vom Kreuze Herr es wanken. 

Bis nichts ihm kann Dich mehr entzieh'n. 

Lieber leiden und Dich liebeu; 
Als in Freuden Dich betrüben. 



Diesen zum grossem Theile wortgetreuen Mittheilungen der Frau Therese Unterkirche r; 
welche uns ein treues Bild ihres innern Lebens und ihrer anspruchlosen Bildung geben ; über ihren 
geliebten; allzufrüh dahin geschiedenen Bruder, fügt Referent seinerseits bei: dass er zu dessen dank- 
barem Schüler sich bekennt und es daher für seine Pflicht gehalten hat, dessen bescheidenes Leben 
und die in ihrem Einflüsse bis auf das heutige jüngere Geschlecht, und später noch nachhaltig fortwir- 
kenden wissenschaftlichen Resultate den Verehrern seines Namens lauter zu überliefern. 

Es sei mir erlaubt von Primisser's Lehrgabe ein Zeugniss abzulegen. Als der damalige Direc- 
tionsacyunct und seit 17. Jänner 1819 wirklicher Director des k. k. Münz- und Antiken - Gahinets Anton 



die f&nf gelehrten Primiseer. Ml 

▼on Steinbttchel auf einer langem Reise abwesend war, nnd der erste GnstOB Joseph v. Arneth mit 
dem jungen Grafen, nachherigen Ftlrsten Joseph von Dietriehstein (f 10. Juli 18&8) in Genf and Italien 
* weilte, hielt im Studieiyahre 1818 Cnstos Primisser wöchentlich zweimal Vorlesungen Aber Numismatik 
und Archäologie im k. k. Mflnz- und Antiken - Gabinete. Unvergesslich bleibt mir, der ich alle seine 
gehaltvollen, präcisen Vorträge hörte, der Eindruck von der naiven und gemflthlichen Entschuldigung 
wegen seiner Jugend und der Schwierigkeit der Aufgabe, die er mit der ihm^ eigenen Anspruchslosig- 
keit auf das Ehrenvollste löste. Diese Vorträge zeigten , mit welch' geistigen Eigenschaften flir das 
Lehrfach er ausgestattet war. 

Welche umfassenden und gründlichen Kenntnisse, welche Fertigkeit im Zeichnen, im Modelliren 
in Wachs (woraus er mit seiner Frau das Christkind in der Krippe meisterhaft geformt hatte, S. 228) 
und Thon, so auch im Ciavierspielen er besass, erhellet aus all dem Obigen. Sein Styl sagt das Rechte 
und Treffende kurz und edel, in allem herrscht gesunde Auffassung; gereiftes Urtheil, männliche Ruhe 
und Klarheit, ein schönes Ebenmaass ; fern von aller Ziererei war er der beste Sohn und Bruder, der 
treueste Gatte und Freund ^ der gewissenhafteste und eifrigste Beamte, ein Mann voll christlicher 
Frömmigkeit und Nächstenliebe. Have anima candidissima ! 

Frimisser's wissenschaftliche Leistosgen. 

Seine Gelehrsamkeit, literarische Thätigkeit und Gewandtheit beurkundet die bedeutende Anzahl 
von vierzig grossem und kleinern Werken, Abhandlungen, Aufsätzen und Beschreibungen museogra- 
phischen, kunsthistorischen, numismatischen und deutsch • philologischen Inhaltes, welche wir hier 
unsern Lesern namhaft machen. 

A. Die k. k. Ambraser - Sammlung und deren Sprach- und Kunstdenkmale (mit Ausnahme der 
Nrn. 14—16) betreffen: 

1. Die Beschreibung der k. k. Ambraser- Sammlung. Mit zwei Steindruckblättem. 
Wien 1819. 8^^* — ist vom In- und Auslande als museographisches Musterwerk anerkannt. Ausftihrlich 
besprochen in den '„Wiener Jahrbüchern der Literatur.* Bd. VIII. im Anzeigeblatte S. 35—64. 

2. Übersicht der k. k. Ambraser -Sammlung. Mit einem Anhange ttber die ethnographischen 
Sammlungen und Geräthschaften aus den Sttdsee - Inseln und aus Grönland ^) ; zwei Auflagen, in 8^^- 

3. Der Stammbaum des durchlauchtigsten Hauses Habsburg-Österreich. In einer Reihe 
von Bildnissen Habsburgischer Fürsten und Fürstinnen von Rudolf I. bis Philipp dem Schönen , nach 
dem in der k. k. Ambraser - Sammlung befindlichen; auf Befehl K. Maximilians I. (um 1500) verfertig- 
ten Originalgemälde, zum erstenmale herausgegeben durch das lithographisehe Institut und mit kurzen 
historischen — und Kunstnachrichten begleitet von Alois Primisser, mit einem Vorberichte und dreizehn 
nicht nummerirten Blättern Text, mit 56 (vom Tiroler Lanzedelli) lithographirten Tafeln in Imperial- 
folio, ohne Jahrzahl. — Über diesen Stammbaum und die Sammlung der Porträte (ttber 1150 Stflcke) 
in der k. k. Ambraser -Sammlung s. man des Freiherm v. Hormayr „Archiv" 1822, Nr. 122 (S. 653) 
und 134; und in den „Wiener Jahrb. der Literatur" Bd. XIX. 114—125. 

4. Nachrichten von der Ambraser - Handschrift der Nibelungen und des Helden- 
buches, in Bttschings „Wöchentlichen Nachrichten für Freunde der Geschichte, Kunst und des Mittel- 
alters." Breslau 1816. Bd. L S. 385—392 und IL 342—350. 



1) Diese Sammlungen, die in den Riiamen der dermaligen k. k. ägyptischen Sammlang aufgestellt waren, worden 
im J. 1837 an das k. k. Naturalien- Cabinet abgegeben. 



^32 Joseph Bergmann, 

5. E'rek und Enite, geftindene Handschrift (in der k. k. Ambr.-Samml.); das. Bd. II, S. 155 f. ; 
dann E r e k und E n i t e , ein altfranzOsiches Bittergedicht des Chrestien von Trojes, deutsch bearbeitet 
von Hartmann von Aue, ejnem Dichter des XIL Jahrhunderts. „Wiener Jahrb.'' Bd. XYI. Anzeigeblatt 
S. 22—31. 

6. Probe aus dem Heldengedichte Chautrun S. 140—166 des Ambraser Heldenbuches. Im 
„Archiv" 1817. Nr. 31 und 32. 

7. Inhalt des Gedichtes von Pitr elf und Dietlaib, in Büsching's „Wöchentlichen Nachrichten'' 
Bd. III. 26 f.; ferner: Inhalt des Altdeutschen Gedichtes ChaudmU; das. HI. 174 — 181. 

8. Das Heldenbuch; in der Ursprache hei^usgegeben von Friedrich Heinrich von der Hagen 
und Anton (sie) Primisser. Von diesem Gudrun, Biterolf und Dietlieb, in: „Deutsche Gedichte 
des Mittelalters;" herausgegeben von v. der Hagen und Johann Gustav Bttsching. Berlin 1826. Bd. H 
in 224 Quartseiten. 

9. Lateinische Gedichte an den König Robert von Sicilien aus dem zweiten Viertel des 
XrV. Jahrhunderts. Auszüge aus der in der Ambraser -Sammlung sub Nr. 74 verwahrten Pergament- 
Handschrift; im „Archiv" 1818, Nr. 78 und 79. 

10. Über Freidars (FreudalFs d. i. E. Maximilians I.) Turnierbuch; in der k. k. Ambraser- 
Sammlung; in des Freiherrn v. Hormajr „Taschenbuch für vaterländische Geschichte." v Wien 1820. 
S. 279; vgl. „Wiener Jahrb." Bd. VIIL 410. 

11. Maximilians I. Sammlung altdeutscher Gedichte'; in einer Pergament -Handschrift der- 
selben k. k. Sammlung; s. dasselbe Taschenbuch 1821; S. 401 ff. und 1822; S. 349; vgl. „Wiener 
Jahrb." XVI, 176. 

12. Des genannten Kaisers Gedenkbttcher; ebendas. 1823. S. 165 ff. und 1824 S. 39 ff. 

13. Über den seltsamen silbernen Trinkbecher der Margarethe MaultaschC; und eine 
Wachstafel mit landwirthschaftlichen Aufzeichnungen; welche aus dem Schlosse Tirol herstammen und 
von Primisser im J. 1817 nach Wien gebracht wurden. S. „Archiv" 1821, S. 99 f. 

14. Nachricht von einer neuentdeckten Handschrift mit deutschen Gedichten aus dem XIV. Jahr- 
hunderte; verfasst von Peter Suchenwirt aus Österreich. S. „Wiener Jahrbücher" Bd. XIV; im 
Anzeigeblatte S. 10— 61. 

16. Der Wiener Dichter Peter Suchenwirt; von ftLnf Fürsten; von dem von MaylaU; von 
Marchgraf Sigmund von Cartus ; von Herczog Wilhelm von Österreich; und von Herczog Leopold von 
Österreich (nach einer Handschrift in der k. k. Hofbibliothek). „Archiv" 1822; S. 188—191 und S. 218— 
221 ; dann „Archiv" 1826; S. 276. 

16. Peter Suchenwirt 's Werke aus dem XIV. Jahrhunderte; in der Ursprache aus Hand- 
schriften; mit einer Einleitung; historischen Bemerkungen und einem Wörferbuche. Wien 1827. 8^^* 
Primisser's letztes grösseres Werk. Vgl. „Archiv" 1827. N. 2 und 3. 

17. Über eine neu aufgefundene Pergamentrolle mit den Bildnissen der Ahnen K. 
Maximilians I. S. „Archiv" 1821; S. 366 mit der Chiffre C— s (Gustos?) ist nach S. 310 desselben 
Archivs vom Jahre 1826 und nach den Wiener Jahrbüchern" Bd. XXI; S. 81 von Alois Primisser. 

B. Auf dem Gebiete der Hnmismatik verdanken wir ihm : 

a) im Drucke: 18. Das älteste österreichische und Wiener Mflnzwesen bis in die 
Zeiten E. Ferdinand I. mit zwei Münztafeln. In des Freiherrn v. Hormayr „Geschichte von Wien." 
Bd. m, S. 209—240. 



die fünf gelehrten Primisser. 283 

. 19. Beriohti^iig eines numismatischen IrrthumS; im ^Hesperas" Jahrgang 18S1, K 17 nnd im 
„Archiv«' 1821. S. 364. 

b) Ungedruckt, in handschrifUichen Katalogen des k. k. Münz- und Antiken - Cabinets : 

20. Descriptio Nnmornm et Numismatum aeyi recentioris et formae III^^, qnae in 0. S. 
Numophylacio Vindobonensi adsenrantur, cum indicibus rerum et nominum alphabeticis. Tom. VII. in 
Fol. Enthält die Beschreibung des Ducaten- und Groschencabinets. welcher er da und dort 
genaue Zeichnungen werkwttrdiger und seltener Stflcke und ihrer Zeichen beifttgte. 

21. Die Sammlang moderner Bronce-Medaillen des k.k. Mflnz- und Antikencabinets. Fol. 

22. Bibliotheca Numismatica aevi medii et recentioris. Entwurf in alphabetischer 
Ordnung in Eleinfolio. 

C. Über Künstler, Kunstnachrichten und antiquarische knzti^ea, als: 

23. Über den Baumeister Anton Pilgram oder PilgrabeU; Vollender des St. Stephansthur- 
mes und Urheber mehrerer Zierarbeiten im Innern des Domes. Ein Beitrag zur Kunstgeschichte des 
Mittelalters. S. „Wiener Jahrb." Bd. XI, im Anzeigeblatte S. 40—48; vgl. „Archiv« 1821. S. 46. 

24. Über die Steinschneider Pichler; dann die zahlreichen in Innsbruck und der k. k. Am- 
braser - Sammlung befindlichen Bilder der beiden Cranach. „Archiv« 1821. S. 68 ff. 

26. Ein Wort über Alexander Co 11 in, Bildhauer aus Mecheln im XVI. Jahrhundert. In den 
„Wiener Jahrb." Bd. XXI. Anzeigeblatt S. 10—17. 

26. Über die zehn von Hanns Vermeyen gemalten Cartone, darstellend Karl's V. siegreichen 
Heereszug gegen Tunis (im J. 1535). „Archiv" 1821. N. 5 und 8 '). 

27. Die Verehrung der heiligen Dreieinigkeit nach dem Originalbilde von Albrecht Dttrer 
(in der k. k. Bildergallerie N. 18) in Umrissen auf Stein gezeichnet von Julie Mibe s, fünfzehn 
Blätter in Grossfolio. Wien im Verlage des lithographischen Institutes (1821). S. die Anzeige dieses 
Werkes im „Archiv" 1821. S. 47 f. 

28. a) Von altdeutscher Baukunst ^ durch L. C. Stieglitz. Mit einem Titelkupfer (darstellend 
den Wiener Baumeister Anton Pilgram) und 34 Kupfertafeln in Folio. Leipzig 1820 und 247 S. in 4^, 
und b) Versuch einer Einleitung in die Geschichte der altdeutschen Bauart, von Bttsching. Vorlesun- 
gen , gehalten im Sommer 1820 und zur Grundlage anderer Vorträge wieder bestimmt. Breslau 1821. 
Beide angezeigt von Frimisser in den „Wiener Jahrb.'' Bd. XVI. S. 123—161. 

29. Über die alte, kunstreiche Kirche von Maria Stiegen; eines der wichtigsten Baudenk- 
male Wiens aus dem Mittelalter. „Archiv'' 1821. S. 44 ff. 

30. Reisenachrichten über Denkmale der Kunst und des Alterthums in den Oster- 
reichischen Abteien, und in einigen andern Kirchen Österreichs und Kärntens. Mit drei 
(von ihm selbst gezeichneten) Bildertafeln. Im oftgenannten Archive 1821. N. 97 und 98. S. 391 ff. 
und 1822. N. 20 ff.; auch in einigen sehr selten gewordenen Separatabdrttcken von 44 enggedruckten 
Seiten in 4*®. •) Wieder abgedruckt in Hormayr's „Taschenbuch" 1848, S. 284—293. 



1) Über diese dermals im k. k. Tapeten- Depot zu SchOnbrann verwahrten zehn Cartons, welche von K. Karl VI. aus- 
unwürdiger Verborgenheit hervorgezogen, auf dessen Befehl ausgebessert und nach Brüssel an den kunstreichen 
Jodocus de Yos zur, Verfertigung von Tapeten gesendet wurden, zu denen femer der k. k. Hofantiquar 
Karl Gustav Heraeus die zehn noch vorhandenen erklSrenden Inschriften verfasste. S. meine Mittheilnngen in 
den «Sitzungsberichten der philos.-histor. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften.** Bd. Xni. (1S54) Seite 
602 f.; vgl. Hera ei Inscript. et Symbola varii argumenti. Noribergae 1721. 182. 

2) Diese Abteien und Kirchen sind: L Klostemeuburg, im nArchiv** 1821. K. 97, S. 891. M. 100, S. 106 nnd 107; 

V. 80 



284 Joseph Bergmann, 

, 31. Über die alten Oemälde auf dem Schlosse Earlstein bei Prag: S. „Wiener Jahrbücher.^ 
Bd. XXVII. Anzeigebl. S. 33—62. 

32. Die alten Eunstdenkmale Wien's mit einem Blicke auf die Kirchenbaukunst des 
Mittelalters überhaupt und einige ihrer Denkmale in Österreich. In des Baron v. Hormayr „Ge- 
schichte Wiens/ Jahrgang IL Wien 1824. Bd.I. S. 3—134 mit fünf Abbildungen ; vgl. „Wiener Jahrb." 
Bd. XXXVIII. 98 f. 

33. Über die Eunstleistungen des Glasmalers Gottlob Samuel Mohn (f 2. Nov. 1826); im 
„österreichischen Beobachter" 1826. N. 89. S. 438. Vgl. „Archiv" 1824. S. 772. 

34. Das Vater Unser, in neun Blättern, gezeichnet und radiert von Joseph Führich, und 
mit einem ausAlhrlichen Texte begleitet von Anton Müller, Professor an der k. k. Prager Universität. 
Herausgegeben durch Peter Bohmann's Erben. Prag 1826, ange2eigt in Schickh's „Wiener Zeitschrift 
für Kunst, Literatur etc." 1826. N. 161. S. 1214 ff. 

36. Dietrichs von Bern und Attila's Streitwagen, in Büsching's „Wöchentlichen Nach- 
richten.« Bd. IV, S. 226 f. 

36. Der silberne Hausaltar der ungarischen Königstochter Marg^retha*), in des Freiherm 
V. Hormayr „Taschenbuche etc." 1824. S. 97—103. 

37. Beschreibung eines alten messingenen (Tauf?-) Beckens von erhobener, getriebener Ar- 
beit, mit einem Steinabdruck (das er später fttr die k. k. Sammlung ankaufte). S. Büsching's „Wöchent- 
liche Nachrichten fttr Kunst etc." Bd. IV. 66 f. 

38. Über drei Portale der Schlosscapelle zu Tirol und Zenoberg bei Meran, mit drei 
Kupfern (ausser den Bemerkungen des Podestä in Trient, des Grafen Benedict von Giovanelli und 
des k. k. Hofraths v. Hammer). In den „Beiträgen zur Statistik, Geschichte von Tirol und Vorarlberg." 
1828. Bd. IV. 116 f. 

39. Die systematisch geordnete und ausführliche Angabe der Leistungen des Archivs in 
siebzehn Jahrgängen (von 1810—1826) scheint nach der ChiflFre P*** im Jahrg. 1826, S. 311 wenig- 
stens theilweise von Primisser verfasst zu sein. 

40. Dessen letzte, dem Drucke übergebenen Zeilen sind Anzeigen und Recensionen von: 
Antiquarische Aufsätze über einzelne Denkmale des k. k. Münz- und Antiken -Cabinets zu Wien, und 
über verwandte Gegenstäiide (vom Director Anton v. Steinbüchel). „Archiv" 1827. N. 3. S. 18 und 
N. 7. Sie enthalten: a) Sappho und Alkaios, ein altgriechisches Vasengemälde. Mit fünf Kupfertafeln. 
1822. Fol.; b) Scarab^es egyptiens du Musie d' Antiques & Vienne, 1826, V^] c) Über die in Steier- 
mark (bei Negau im J. 1812) gefundenen römischen Helme, 1826; d) Notice surles m^daillons Romains 
en or du Mus6e Imperial et Royal de Vienne, trouv6es en Hongrie dans les ann6es MDCCXCVII et 
MDCCCV. 1826, in 4*^; e) Beschreibung der k. k. Sammlung ägyptischer Alterthümer. Wien 1826; 
f) Addenda ad Eckhelii Doctrinam nuntorum veterum, ex ejusdem Autographo postumo. Cum tabula 



U. Heiligenkreuz mit den Kirchen za Medling N. 109; III. Herzogenburg N. 118; IV. Lilienfeld N. 121, 134; V. 
Götweih N. 134, 136 und 139; VI. Zwettel N. 139, 142; VII. Molk (richtiger Melk aus Medelike). ^Archiv** 1822. 
N. 20; VIII. Seitenstetten N. 26; IX. St. Florian N. 29; X. Kremsmünster N. 41; XI. Lambach und die Kirchen 
zu St. Wolfgang und Hallstadt N. 68; ferner XII. Villach N. 89; XIII, Ofisiach und Maria-Gail in Kärnten N. 92; 
XIV. Petronell und 'Deutschaltenburg in Unterösterreich S. 550, und XV. Maria -Zell in Steiermark, S. 574. 
1) Margaretha, eine Tochter des K. Bela IV. und der griechischen Prinzessin Maria (Lascaris), 1242 geboren, 
war Nonne in dem von ihrem Vater auf der Hasen- oder nach ihr genannten Margarethen-Insel gebauten 
Fraucnkloster, und starb gottselig am 18. Jänner 1271. 



die fünf gr^lehrten Primisser. 235 

aenea. 1826; in 4^0; g) Papiri greco — egizi ed altri greci monumenti delF^J. fi. Museo di Corte tra- 
dotti ed illustrati da Giovanni Petrettini Gorcirese. Vienna MDCCCXXVI in 4^. 

Das k. k. Mttnz- und Antikencabinet verwahi-t Alois Primisser's Porträt; angeblich von Jalie 
Mihes gezeichnet; wie es hier in verjüngtem Massstabe vorliegt; seine feste ; ansdmcksvoUe Hand- 
schrift ist aus einer Unterfertigung in einem Geschäftsstücke vom J. 1820 ersichtlich. Freiherr r. 
Hormayr hat mit den Bildnissen des gelehrten Sprachforschers Johann Andreas Schmeller (f 1852 
in München) und Primisser 's ; das eine Copie der Zeichnung im genannten k. k. Cabinete zu sein 
scheint; sein historisches Taschenbuch fttr das Jahr 1846 geziert. 



Schwestern Julie und Sophie 

Da Julie MiheS; verehelichte Primisser; als Künstlerin in weiteren Kreisen bekannt war, 
versuchen wir theils aus den Mittheilungen ; die wir von ihrer Schwägerin Theresia Unterkircher; theilö 
aus dem Kloster der Salesianerinnen erhalten haben ; ihr und ihrer Schwester SophiC; Leben zur 
Ergänzung der obigen Angaben (S. 228) klar darzulegen. 

A. Julie, am 13. Juli 1786 zu Breslau geboren; das älteste von sechs Kindern ; welche bis auf 
ihre jüngste Schwester Sophie in früher Kindheit starben; erfreute sich einer sorgfältigen Erziehung 
und erhielt von ihrem vielseitig gebildeten Vater selbst einen Unterricht; wie er flir einen Knaben ge- 
eignet gewesen wäre. Als sie zur Jungfrau herangewachsen war; las er mit ihr historische; religiöse 
und philosophische Werke ; worunter die Geschichte der Religion Jesu Christi von Friedrich Leopold 
Grafen von Stollberg; welche Leetüre ihren Geist zu ernsten Betrachtungen mächtig emporhob und in 
eine warme Sehnsucht nach dem Höchsten entzündete. 

Poesie und Kunst nahmen auch ihren Antheil an der Ausbildung des jungen Mädchen ; wäh- 
rend die edle Mutter JuliC; geb. Frisch; die schönen weiblichen und häuslichen Tugenden und die 
Herzen der geliebten Töchter zu pflanzen bemüht war. 

Julie ; welche ein ausgezeichnetes Talent fUr Kunst zeigte; wurde schon frühe im Zeichnen 
unterrichtet; und erreichte im Malen bald eine bedeutende Stufe ; so dass sie durch ihre Gemälde in 
ihrer Vaterstadt die Aufmerksamkeit auf sich zog. Zweimal besuchte sie die Kunstschätze der berühm- 
ten Dresdener GalleriC; brachte von da herrliche Copien nach Hause zurück; so van der He Ist's 
schönes Bild der alten Frau mit der Enkelin an der Hand; und wusste hierin die Wahrheit und Naivetät 
des Originals vollkommen zu erreichen (s. Nagler's „Künstler -Lexikon" IX. 285). Zu ihren frühem 
Werken gehört auch die Copie der heiligen Familie nach Augustin Carracci. 

Inzwischen war das k. Bergamt von Breslau in die kleine Bergstadt Brieg versetzt; und mit 
ihr auch die Familie Mihes ; welche von lieben Freunden und den alten ehrwürdigen Denkmalen der 
Kunst sich schwer trennte. 

Als im Jahre 1820 die Familie wieder einmal auf Besuch nach Breslau kam, um daselbst die 
Ostern zuzubringen; erkrankte plötzlich die gute Mutter und starb am 2. April. Um das tiefgebeugte 
Gemüth zu heben ward eine Reise nach Wien beschlossen. J^ulie erhielt mehrere Kunstaufträge; man 
bestellte bei ihr Copien von berühmten Gemälden; was die Unkosten der Reise und eines langem 
dortigen Aufenthaltes erleichtem sollte. Sie-^ kamen im Sommer 1820 nach Wien, Briefe von einigen 
Freunden verschafften ihr Zutritt in der grossen Kaiserstadt; so auch bei den Geschwistern Primisser; 
die am 17. Jänner ihre Mutter (S. 225) verloren hatten; die gegenseitige Mittheilung gleichen Verlustes 

30* 



S3C Joseph Bergmann, 

verband beide Familien bald in grösserer Innigkeit. Die künstlerischen Arbeiten, die Julie in der k. k. 
Bildergallerie im Belyedere beginnen sollte, boten oft Gelegenheit sich zu sehen, und als des Vaters 
Urlaub bereits abgelaufen und er mit der jungem Tochter wieder heimgereist war, bezog sie anfangs 
ein Honatzimmer in nächster Nähe, im Salesianer - Hause , wurde aber noch vor dem Beginne des 
Winters von der Familie Primisser, die im untern k. k. Belyedere wohnte, in Kost und Wohnung genommen. 

Kaum hatte Julie, die dem altprotestantischen Bekenntnisse angehörte, in einem katholischen 
Lande bei einer streng katholischen Familie sich einheimisch gefunden, erwachte und wuchs in ihr die 
Sehnsucht ein Glied dieser ELirche zu werden. Ein katholischer Priester, an den sie sich wandte, suchte 
sie — um vielleicht sie zu prüfen — von diesem Schritte abzuhalten. Fest verharrte sie in ihrem Ent- 
schlüsse, lernte zu dieser Zeit im Hause des k. k. Legationsrathes Friedrich von Schlegel, der mit 
seiner liebenswürdigen Gemahlin erst kürzlich aus Rom zurückgekehrt war, den Pater Ludwig Zacharias 
Werner kennen, welcher selbst ein Convertit war, und das Verlangen ihres Herzens verstand, sie 
tröstete und beruhigte. 

Im Spätherbste des Jahres 1820 arbeitete Julie an der Zeichnung der Anbetung der heiligen 
Dreifaltigkeit von Albrecht Dürer (S. 226), die sie im Steindrucke herausgab und ihrem Gönner 
dem k. preussischen Minister Freiherrn von Altenstein widmete, welcher ihr eine Unterstützung von 
seinem Monarchen vermittelt hatte. 

Nach kurzem Unterrichte und, nachdem sie die Genehmigung ihres Vaters, den sie in mehreren 
Briefen mit kindlicher Treue und Aufrichtigkeit von ihren Schritten und Handlungen in volle Kenntniss 
setzte, schwer erhalten hatte, legie sie am 17. Jänner 1821 still in der verschlossenen Kirche zu Maria 
Stiegen ihr Glaubensbekenntniss in die Hände des P. Werner ab. Werner hielt eine kurze Rede, war 
aber so bewegt, dass er kaum sprechen konnte, sie war die erste Seele, die von ihm in den Schooss 
der sichtbaren Kirche zurückgeführt und aufgenommen wurde. 

Nun hatten Julien's Briefe, Zeugen ihres vollen Glückes, auf den alten Vater einen wohlthätigen 
Einfluss, dessen Geist und Herz durch entsprechende Leetüre für die geoffenbarte Lehre mehr und 
mehr empfänglich wurden. Am 1. August 1822 trat auch ihre Schwester Sophie, die mit dem Vater 
zu einem Besuche abermals nach Wien gekommen war, in dessen Gegenwart in der Bedemptoristen- 
Earche zu Weinhaus bei Wien zur katholischen Kirche über. 

Zwischen Julien und Primisser war, obgleich er beinahe zehn Lebensjahre weniger zählte, durch 
vollkommene Übereinstimmung ihrer Ansichten über Kunst und Wissenschaften sowohl als durch An- 
näherung der Gesinnung und des Charakters innige Freundschaft entstanden und der lebhafte Wunsch 
sich nicht mehr zu trennen, bewog sie zur Freude beider Familien, durch das Band der Ehe sich zu 
vereinigen. Ihre kirchliche Verbindung geschah durch Pater Binn, ebenfalls in der Kirche zu Weinhaus, 
am 2. September 1822. Die Hochzeit ward im Hause des damaligen k. k. Hofsecretärs Joseph v. Pilat 
im Dorfe Weinhaus mit einigen Freunden begangen. 

Als Hausfrau füllte Julie vollkommen ihren Platz aus, sie verstand und übte die häuslichen 
Geschäfte ohne die schöne Kunst zu vernachlässigen, und ihre schönen Gemälde zierten die freund- 
lichen Räume der gegen den Garten des Belveders gelegenen Wohnung. Sowohl die Ambräser-Samm- 
lung als auch die Bildergallerie boten der emsigen Künstlerin die herrlichsten Gegenstände ihr Talent 
zu vervollkommnen. An schönen Sommertagen wurden öfters Ausflüge in Wiens reizende Umgebungen 
gemacht, bei denen ihre Zeichnungsbücher mit Skizzen zu Landschaften sich füllten, welche vortreff- 
liche Hintergründe und Staffagen lieferten. Sie verfertigte sehr viele werthvoUe Gemälde, theils nach 
eigenen, theils nach Compositionen grosser Meister. Manches wurde in ihr Vaterland, geschickt. Den 



die fünf gelehrten PrimiBser. 28T 

dafür erhaltenen Preis verwendete sie häufig zu Werken der Nächstenliebe. Kein Armer gieng von 
ihr ohne Gabe, und oft wurde sie auf diese Art betrogen, was sie aber von ihrem Wohlthun nicht 

abschreckte. 

Voll Menschenliebe nahm sie ein armes Mädchen, Namens Louise Berchet d'Arlie an, 
erzog es und unterrichtete es selbst , und sorgte mütterlich fär dasselbe zu ihrem Eintritte in's Kloster, 
wohin ihr später Louise folgte (s. S. 240). 

Ein kleiner, aber auserlesener Kreis von Freunden, worunter auch einige fromme Kttnstler, bil- 
deten den Umgang der Familie , man fühlte sich heimisch in ihrer Nähe. 

Als Primisser's ältere Schwester Antonia am 23. November 1823 sanften Todes dahin geschie- 
den war, ward im greisen Vater Mihes, der pflege- und umgangsbedürftig von seiner geliebten, geist- 
vollen Tochter ferne lebte, der natürliche Wunsch röge, bei derselben seinen bleibenden Aufenthalt zu 
nehmen. Man machte nun den Versuch bei Sr. Majestät dem Könige von Preussen die Gnaden zu er- 
bitten, die Pension, um die der alte treue Diener ansuchte, in Osterreich verzehren zu dürfen. Ein 
wunderschönes Madonnenbild von Juliens Hand begleitete die Bitte. Der wohlwollende Minister Frei- 
herr von Altenstein unterstützte sie, und im Sommer 1824 übersiedelte Vater Mihes nach Wien. 

Hier in der treuen Pflege seiner Töchter, sorglos zwischen Künsten und Wissenschaften, im 
Genuss der freien Luft im schönen Garten vor der Thürschwelle, erhob sich sein Geist in Gesprächen 
und Lectttre. Auch er, der Greis von 74 Jahren, ward am 18. November 1824 durch den Director des 
erzbischöflichen Seminariums Herrn Dr. Franz Xaver Zenner, in der Kirche von Maria Heim- 
suchung d. i. der Salesianerinnen in die Gemeinschaft der Katholiken aufgenommen. So lebte die ganze 
Familie einträchtig im Frieden mit Gott und sich selbst. Dieses Glück hatte jedoch keinen Bestand! 

Primisser, von zartem Körperbau und in Folge jener Verkühlung, die er sich in seinem acht- 
zehnten Jahre zugezogen hatte, lungeaschwach, konnte nie zu vollkommener Leibeskraft gelangen und 
sicherlich beschleunigte die übermässige Anstrengung des Geistes das Übel. Die Wirkung der Erholungs- 
reise nach Oberösterreich im Herbste 1826 war von gar kurzer Dauer. Die Arbeit an der schönen Krippe 
zum Weihnachtsfeste war seine letzte Freude. Die Brustentzündung, die ihn in den ersten Tagen des 
Jänner 1827 erfasst hatte, zog die übelsten Folgen nach sich. Alle ärztliche Hilfe und die treueste 
Pflege waren fruchtlos, ein verzehrendes Fieber rieb seine Kräfte auf und alle Hoffnung zu seiner Ge- 
nesung war dahin. Sein ganzes Wesen athmete Geduld und völlige Ergebung in den Willen des Herrn 
über Leben und Tod, voll Besonnenheit ordnete er Seine Geschäfte. Mit den Tröstungen der h. Sterbe- 
sacramente versehen, beschloss er sein frommes Leben am Tage des h. Jacobus (S. 228). 

Unaussprechlichen Schmerz brachte dieser Verlust der ganzen Familie, deren liebenswürdiges 
und geliebtes Haupt der vortreffliche, seltene Mann gewesen. Die Bande waren gelöst, der Vater Mihes 
ein hochbetagter, schwerhöriger Greis, die kinderlose Julie sehnte sich nach einer stillen Stätte, fern von 
dem eiteln Getriebe der Welt. Die Trennung von ihrem Vater erftlUte sie mit Wehmuth, aber der gute 
Greis erkannte selbst, dass nur in den klösterlichen Mauern sie ihre Seelenruhe finden würde. Auch 
ihre Schwester Sophie war entschlossen, den Vater, so lange der Herr sein Leben fristete, mit aller 
schuldigen Sorgfalt zu pflegen und zu erheitern, dann aber auch dem Zuge ihres Herzens und ihrer 
Schwester dahin zu folgen. 

Es ward beschlossen, sobald die Witwe in's Kloster von Maria Heimsuchung, in dem sie Auf- 
nahme fand, eingetreten wäre, eine kleine Wohnung in dessen Nebengebäude zu beziehen, um wenig- 
stens nur durch ein paar Mauern von Julien getrennt zu sein. Doch anders hatte es der Herr geftlgt. 
Der Vater, durch wiederholte Nervenschlaganfälle geschwächt, erkrankte und starb am ll.October 1827. 



238 Joseph Bergmann, 

Nnn war noch ftir zwei Personen Bath zu schaffen , nämlich ftir Therese Primisser und fttr die 
nennjährige Louise Berchet; jene schied; wiewohl mit blutendem Herzen von ihren geliebten 
Schwägerinen, und wurde im Hause der Frau von Schlegel wie eine Tochter aufgenommen. Am 
26. Juni 1829 reichte sie in Villach; wo noch Verwandte vpn mütterlicher Seite lebten ; ihre Hand ihrem 
Vetter Martin Unterkircher (S. 180); damals Landrichter zu AmpezzO; dem sie dahin als treue 
Hausfrau folgte; für diese sorgte Ihre Majestät Karoline Auguste mit einer Pension. 

Am Festtage Allerheiligen; 1. November traten beide Schwestern in das Kloster des Ordens von 
Maria Heimsuchung *) am Rennwege. Der Frau Primisser ward der Fortbezug der ihr als Witwe ge- 
btlhrenden Pension durch kaiserliche Gnade bewilliget. Am 20. April 1828 nahmen beide das Ordens- 
kleid und traten in's Noviziat; Julie erhielt den Namen der Ordensmutter larie de Chaotal, Sophie 
— Louise - Francisca. Aufopferungsvoll entsagte jene durch mehrere Jahre dem Malen ; obgleich diess 
ihr erlaubt war; bekam die Aufgabe die Zöglinge im Kloster zu unterrichten; kleine Bilder zu malen 
und zu illuminieren. Nach der ProfesS; die sie zugleich mit ihrer Schwester am 21. April 1829 ablegte, 
ward sie zur Aushilfe im Pensionat bestimmt und einige Jahre später mit der Oberleitung der Classen 
betraut; in welcher Eigenschaft sie bei ihren Kenntnissen und Erfahrungen den Lehr- und Lemplan 
nach den Anforderungen der Zeit verbesserte. Sie sorgte mit Hilfe einer jungen Schwester; die sie 
hierzu herangezogen hatte ; ftir die geistige und leibliche Erziehung ihrer Eleven ; suchte neben der 
Bildung des Herzens, auch die des Geistes zu heben; und wusste durch ihr ganzes Wesen und ihr 
Eindringen in den Kern der Sache die Herzen der weiblichen Jugend; und die volle Zufriedenheit Ihrer 
Majestät der Kaiserin -Mutter, als obersten Schutzfrau wie auch der Mütter zu gewinnen. Nach mehrern 
Jahren ; welche sie der Erziehung so erfolgreich gewidmet hatte ; ward sie Novizenm ei Sterin, als 
welche sie jede Seele nach deren Art und Weise zu führen und zu leiten verstand. 

Die Chorfrau Marie de Chantal war nach ihrer Schwester durch Wahl *) vom Jahre 1843 bis 
1849 durch zwei Triennien Oberin des Klosters ; und hinterliess allenthalben Spuren ihrer thätigen 
und weisen Verwaltung. In jenen unheilvollen Tagen des Jahres 1848 benahm sie sich mit Festigkeit 
und Ausdauer in allen ihr Gotteshaus umdrohenden Gefahren; unerschütterlich im Vertrauen auf den, 
welcher alle schirmen und retten kann. Niemals ward in jener Zeit dieses Asyl des Friedens von freveln- 
den Füssen betreten. Nach Beendigung ihres zweiten Trienniums folgte ihr in der Würde der Oberin, 
in der sie für das geistliche und zeitliche Wohl des Gotteshauses mütterlich gesorgt hatte, wieder ihre 
geliebte Schwester, und sie übernahm abermals die Aufsicht über die Novizen. 

Sie schmückte das Kloster mit mehreren schönen Gemälden von eigener Hand. Im Sommer des 
Jahres 1854 malte sie die heilige Jungfrau ftir die Kirche der Schulschwestem zu Horazdiowitz in 
Böhmen von solcher Schönheit; dass es ihren Ordensschwestern schwer fiel sich von demselben zu 
trennen. Nach Beendigung dieses ihres letzten Bildes beschloss sie nichts mehr zu malen, sie wusch 
und verschloss ihre Pinsel, beichtete an selbem Tage und bat Gott um Verzeihung all der Fehler, 
welche sie in Ausübung der Kunst begangen habe. 



1) Johanna Francisca Fremiot, zu Dijon 1572 geboren, that, nachdem ihr Gemahl Christoph Baron v. Chantal 
auf der Jagd unvorsichtiger Weise getödtet worden war, das Gelübde sich nie wieder zu vermählen, und wid- 
mete sich ganz der Erziehung ihrer sechs Kinder und der Pflege der Armen und Kranken. Im J. 1604 unterwarf 
sie sich der Leitung des h. Franz von Sales, Bischofs zu Genf, der ihr seinen Plan zur Gründung des Ordens 
der Heimsuchung (de la Visitation) mittheilte, zu dem sie in Annecy den ersten Grund legte. Sie starb gott- 
selig am 13. Dec. 1641 und ward vom P. Clemens XII. heilig gesprochen. Des Kaiser Joseph's I. Witwe Wil- 
helmine Amalie, geb. Prinzessin von Braunschweig - Lüneburg , legte zu diesem Kloster am Bennwege den 
Grundstein am 13. Mai 1717, lebte, siarb (10. April 1742) und ruht daselbst. 

2) Die Wahl einer Oberin auf je drei Jahre erfolgt am Donnerstag vor Pfingsten. 



die fünf gelehrten PrimiBser. 289 

Im AnguBt fbhlte sie die ersten Zeichen ihrer Krankheit ^ verrichtete aber streng alle ihre Oblie- 
genheiten ^ während ihre Kräfte mehr und mehr dahin schwanden. Am 17. September betrat sie das 
Krankenzimmer; das sie nicht mehr verlassen sollte. Zu den äussern Schmerzen kam auch noch der^ 
dass sie seit December des Beistandes der Oberin ; nämlich ihrer geliebten Schwester, die selbst fort- 
während krank war^ entbehren musste. Diese erhob sich mtthsam von ihrem Lager und vermochte noch, 
wiewohl wegen Lähmung der einen Seite von andern gestützt, ihre letzte Pflicht an der muttergleichen 
Schwester, die in langem Todeskampf den 16. Jänner 1855, in ihrem 68. Lebensjahre verschied, ge- 
treu zu erftlllen. 

Zum Schlüsse erwähnen wir zu ihren früheren Werken von ihrer kunstfertigen Hand noch fol- 
gende: a) die Taufe des Heilandes nach Perugino; b) die Geliebte des Palma vecchio, nach dessen 
Bilde im k. k. Belvedere, um 18*20 in Wien gemalt, und c) die Madonna mit dem Kinde und dem 
kleinen Johannes, nach Tizian, beide Bilder im Besitze schlesischer Kunstfreunde. Diese Bilder sind 
im Kunstblatte zwischen 1820 und 1822 gerühmt, so wie d) das Bild der h. Jungfrau mit dem Kinde, 
nach einem Wasserfarben -Gemälde (angeblich von van Eyck) im Grossen in Öl ausgeftlhrt. Man rühmte 
die Kraft und Glut der Farben. Nach einem von ihr gemalten Christuskopf des Giorgione (f 1511) 
fertigte John einen Kupferstich für das Taschenbuch Aglaia 1821. Ferner malte sie e) die Himmel- 
fahrt Mariens im J. 1819, renoviert 1851 ; f) einen Heiland, der die Kinder segnet und g) eine Cäcilia, 
von welchen beiden die Jahre ihres Entstehens unbekannt sind. Im Kloster der Salesianerinnen sind 
von ihrer Hand: «) Die h. Mutter mit dem Jesukinde im J. 1830; ß) das Herz Jesu -Bild in der Kirche, 
im J. 1839; y) die h. Anna und drei Bilder heiliger Engel 1846; d) der Kreuztragende Heiland 1851 ; 
e) der h. Johann der Evangelist; ^) das hochwürdigste Gut im J. 1853. 

B. Da wir so Vieles was Sophie Mihes betriff;, in dem Lebensabriss ihrer Schwester Julie 
enthalten finden, können wir uns ganz kurz fassen. 

Sophie, am 11. September 1800 geboren und somit um volle vierzehn Jahre jünger als Julie, 
wuchs unter der schwesterlichen Leitung und Obsorge schwächlichen Leibes aber geistesfrisch heran, 
und hieng mit aller Liebe an der wahren und treuen Mutter Natur. Sie lernte auch etwas zeichnen, 
hatte aber entschiedenen Sinn ftir Vocal- und Instrumentalmusik. Sie kam 1820 mit dem Vater und der 
Schwester nach Wien, convertierte in Weinhaus am 1. August 1822, trat mit Julien am 1. November 
1827 in's Kloster der Salesianerinnen, nahm das Ordenskleid den 20. April 1828 unter dem Namen 
Louise -Francisca, machte nach sehr strengem Noviziate am 21. April 1829 Profess. Sie war nacheinan- 
der in verschiedenen Geschäften aufs Erspriesslichste verwendet, hatte ein gesundes und scharfes Auge 
ftir jeglichen Dienst im Hause. Welches Vertrauen sie durch ihren Verstand, ihre Kenntnisse und ihr 
praktisches Geschick das Ordenshaus im Innern zu führen und nach Aussen zu vertreten, kurz durch 
ihr ganzes Wesen unter den Mitschwestem erworben hatte, bezeugt uns die viermalige Wahl zur 
Oberin (S. 238). Sie trug diese Würde und Bürde von 1837 bis 1843 und nach ihrer Schwester Maria 
de Ghantal von 1849 bis 1855 (somit beide nacheinander durch achtzehn Jahre). Mit vielem Sinne nicht 
nur ftlr Sprachen, sondern auch ftir exact^s Wissen, Mathematik und Architektur ausgestattet, hat sie 
sogar den von einem Bauverständigen, der von dessen Zweckmässigkeit nicht wenig erstaunt war, 
gebilligten Plan gefasst, in dem Klostergebäude einige Abänderungen zu treffen, welche aber wegen 
der Zeitverhältnisse anterblieben. Auch hatte sie das Archiv und die Papiere unter sich, sie war ein 
thätiger Geist der Ordnung und des Ordnens. Alternd und bei zartem Körper durch ihre jahrelange 
Oberleitung des Hauses geschwächt, ward auch sie vom allgemeinen Loose der Sterblichen ereilt Am 
6. November 1854 bezog sie dasselbe Krankenzimmer mit ihrer Schwester, musste aber, da deren 



240 Joseph Bergmami, 

Zustand sich verBchlimmerte; in's anBtOBsende Zimmer gebracht werden. Am 3. December ward sie vom 
Schlagflusse berührt, vermochte dennoch mit starker Seele der geliebten Schwester in ihrem Hinscheiden 
beizustehen ; später, als sich die Gehirnerweichung eingestellt hatte, vegetierte sie geistesverloren dahin, 
bis auch ihr Leben an ihrem Geburtstage, am 11. September 1858 erlosch. 

Beide Schwestern werden im Ordenshause stets in gesegnetem Andenken verbleiben, und in ihren 
Tugenden und ihrem nachhaltenden Wirken als Muster vorleuchtcn. 



Anmerkung zu S.228. — Der Vater des daselbst erwähnten Mädchens, Namens Louise Ber- 
chet d'Arlie, war aus Lyon von guter Familie, die Mutter aus Wien gleichfalls von gutem Hause. 
Louise, zu Frag um 1818 geboren, das jüngste von mehreren Kindern, ward im vierten Lebensjahre 
von ihrer Mutter im elendesten Zustande nach Wien gebracht, wo Frau Julie* Primisser sich des Kindes 
wie eines eigenen annahm. Nach ihres Mannes Tode sorgte Ihre Majestät die Kaiserin für die weitere 
Erziehung in einem Pensionate. Hierauf trat sie nach manchen bittern Erfahrungen in ein Frauen- 
kloster zu Pressburg, kam hierauf nach Wien und nahm als Chorschwester das Ordenskleid der Säle- 
sianerinnen am 11. Jänner 1841 mit dem Namen Francisca Magdalena und machte Profess am 
16. Jänner 1842. Sie zeigte in allem ihren Geist der Ordnung und der Nettigkeit, besass grosse Ge- 
schicklichkeit und Fertigkeit in jeglicher Arbeit, besonders verstand sie mit Geschmack Reliquien zu 
schmücken , was sie machte war wohl gemacht ; auch ward sie , da sie sehr gut deutsch schrieb , oft 
von der Oberin als Secretärin gebraucht. Sie starb am Blutbrechen den 2. Jänner 1853. 



IV. 
Johann Friedrich Primisser« 

t 1- MSrz 1812 zu Innsbrack. 

Johann Friedrich, der älteste Sohn des in der Ehe mit Maria Burger mit zehn Kindern 
gesegneten Johann Primisser, Vetters der Gebrüder Cassian und Johann Baptist, und in seiner 
Gegend ausgezeichneten Webers, zu Prad am 21. August 1757 geboren, erhielt in der Taufe den 
Namen Johann ^), dem er aber in der Folge wegen mehrmaliger Verwechselung mit dem so eben ge- 
nannten Vetter Johann Baptist den Namen Friedrich beifügte. Er war nach dem Instanzen - Schema- 
tismus für Tirol und Vorarlberg 1796 S. 40 Registrant bei dem k. k. Gubemium und. zugleich bei dem 
dortigen Archive angestellt; im Jahre 1804 finden wir ihn mit Übergehung mehrerer Vordermänner, 
wohl wegen seiner Tüchtigkeit und Brauchbarkeit, als k. k. Gubernial-Secretär, Registratur - Director 
und Archivar, in welcher Eigenschaft er am 1. März 1812 zu Innsbruck starb. 

Er war ein glücklicher und beliebter Dichter in tirolischer Mundart, von welehem zwei Stücke 
auf der vaterländischen Bühne nicht unbekannt waren, nämlich: „Friedrich mit der leeren 
Tasche" und „Martin Sterzinger, oder derbairische Einfall in's Tyrol." Ein Schauspiel. 
Innsbruck bei Wagner 1782, 8^^, in der Bibliotheca Tirolens. Tom. IX.; dann „Tirolische Kriegs- 
lieder," worunter einige ^ehr gelungene im Tiroler - Dialecte sein sollen, in Tom. CXIII. Femer in 
Manuscripten : a) Tirolisehe Chronik von 1130 — 1299 mit einigen Excerpten in alphabetischer Ordnung, 



1) Nach den dankwerthen MittheUungen des Herrn Pfarrers Bainer in Agoms, der mit dieser Linie der Primisser 

• * 

verwandt ist. 



die fttnf gelehrten Primisser. £4t 

Fol. N. CCXCm; b) Einleitung zur Geschichte Meinhard's IV. *), Fol Tom. DCCCXCIU; c) Gerecht- 
same der Grafen von Tirol ttber die Stifter Trient und Brixen. Fol. GCXCIII ; d) Grabschriften zu Inns- 
bruck; Mscr. in 4***. Tom. COXXXVII; e) Bruchstück einer tirolischen Geschichte bis 1199, in 4*^ 
Tom. CCXXXVIII; f) Gelegenheitsgedichte etc. Fol. Tom. CCXCVI. 

Auch war er beauftragt; des gelehrten Freiherm von Sperges (S. 184) Sammlungen zur tiro- 
lischen Geschichte zu redigieren und durch den Druck bekannt zu machen; seine fortwährende Kränk- 
lichkeit aber hinderte ihn an der Ausftihrung dieses Werkes ; zu dem er historische Notizen und Ent- 
würfe; welche unter dem so eben genannten Nachlasse enthalten sein dürften; gesammelt und auszu- 
arbeiten begonnen hatte. 



Gottfried PrimisBer, des Vorigen Sohn^ 

gestorben zu Manchen 26. Sept. 1812. 

Gottfried Primisser, am 8. October 1785 zu Innsbruck geboren; entfaltete frühzeitig seine 
grossen Talente und zeichnete sich vor allen Studierenden der dortigen Universität aus. Nachdem er 
im Jahre 1807 den juridischen Doctorgrad mit Ruhm erlangt hatte^ lebte er ganz seinen Studien^ seinen 
Forschergeist und seine feurige Liebe ftlr die Wissenschaft auf junge Studierende; welche sein Unter- 
richt und Umgang begeisterte; hinttberpflanzend. 

Vorzüglich hatte er sein Leben dem Studium der Geschichte geweiht; ganz besonders aber der 
Geschichte seines Vaterlandes; ftir die er mit unermüdetem Fleisse sammelte. Schon als Knabe von 
seinem Vater zu Studien dieser Art angeleitet; war er auch durch das Beispiel seiner Namensträger 
Gassi an und JohannBaplist Primisser angespornt. Indem bekannten Journale: „Der Samm- 
ler ftlr Geschichte und Statistik von Tirol" erschien von ihm im Jahre 1807 Bd. IL 97—192 „der 
Venezianische Krieg unter dem Erzherzog Sigmund Grafen zu Tirol 1487;" mit AAhang und 
Urkunden zu dieser historischen Abhandlung S. 193 ff.; im Jahre 1808 Bd. IV. 267—303 „Über Hein- 
rich den letzten Bottenburger und sein Geschlecht" mit Anmerkungen und Urkunden. Diese 
beiden ersten Versuche fanden sehr grossen Beifall und gaben ein schönes Zeugniss von dem grossen 
Umfange seiner Kenntnisse; sie zeigten; wieviel man noch von seinem historischen Forschergeiste zu 
erwarten habe. 

Die auf die Förderung der Wissenschaften und auf die Unterstützung sich auszeichnender Talente 
so rtlhmlich bedachte königlich bairische Regierung; der dieser junge Geschichtsforscher nicht entgieng; 
schickte ihn im Jahre 1809; um seinem Geiste Gelegenheit zu höherer Ausbildung zu geben ; nach 
Göttingen. Von diesem Hauptsitze der deutschen Wissenschaft; aus der Schule Heeren's kam er 
mit erweiterten Ansichten; viel ausgebreiteteren Kenntnissen und mit erhöhter Begeisterung fttr die 
Geschichte zurück; deren Forschungen er nun alle seine Kräfte ; sein ganzes Leben hingab. Er ward 
hierauf verwendet; die tirolischen Landesarchive zu ordnen. 

Am 27. Mai 1812 wurde er von Sr. königlichen Majestät zum Adjuncten bei dem Reichs- 
archive zu München ernannt; und er kam so an einen Posten; der ganz eigentlich für ihn gemacht 



1) Nach der richtigeren Zählang war er der III. , d.er Sohn der Margare tha Manltasch und ihres zweiten Gemahles 
des Herzogs Ludwig von Baiern nnd Markgrafen zu Brandenburg (f 1361), der plötzlich zu Meran am 13. Jänner 
1363 gestorben ist. 

V. 31 



242 Joseph Bergmann, 

schien^ und aus welchem der Staat und die Wissenschaft von ihm alles erwarten konnte. Doch me 
bald verschwanden alle diese schönen Hoffnungen ! Wenige Wochen nach seiner Ankunft in München 
ward er von einer heftigen, anhaltenden Diarrhöe befallen, welche bei seiner schon von Natur schwäch- 
lichen Leibesbeschaffenheit und bei seinen durch rastlose Studien geschwächten Kräften ihm tödtlich 
ward, und mitten in der schönsten Laufbahn nach Verdienst und Ruhm, starb er am 26. September im 
nicht vollendeten 27. Jahre seines Alters. Er beschäftigte sich in der letzten Zeit mit der Verfassung 
einer Regierungsgeschichte des tirolischen Landesftlrsten Ludwigs des Brandenburgers, des zweiten 
Gemahles (f 1361) der Margaretha Haultasch, wozu er bereits eine reichhaltige Sammlung von Daten 
gemacht hatte. Auch erschien von ihm zu Anfang dieses Jahres eine kleine Schrift: „Denkmäler der 
Kunst und des Alterthumes in der Kirche zum h. Kreuz (Hofkirche) zu Innsbruck, mit Kupfern 181 2, '^ 
die er auf Ersuchen der Wagnerischen Buchhandlung geschrieben hat '). Überhaupt erschien das 
Wenige, was wir von ihm im Drucke haben, nur auf das Zudringen seiner Freunde. Er selbst war 
immer der Meinung, er sei noch nicht in das zu reifen gelehrten Arbeiten erforderliche Alter getreten; 
dazu glaubte er sich erst durch vieles Lesen, durch unermttdetes Sammeln und durch viel längere 
Erfahrung geschickt machen zu müssen; denn ein hohes Ziel und Johannes v. MttUer's Beispiel stan- 
den vor seiner Seele. Alle, die ihn kannten, schätzten ihn nicht nur hoch wegen seines hervorragen* 
den Genies und seines rastlosen wissenschaftlichen Strebens , sie liebten ihn auch eben so sehr wegen 
seines offenen, biedern und herzlichen Charakters. Vor allen aber trauerten um ihn seine Jugendfreunde! 
die er mit inniger Liebe an sich und an die Wissenschaft gefesselt hatte. 

Im folgenden Jahre setzten ihm seine Freunde auf dem Gottesacker zu Innsbruck ein Denk- 
mal, das ihrer Denkungsart und ihrem Gemflthe nicht minder Ehre macht, als dem Mrttrdigen Verstor- 
benen, ftir dessen Ehre und Andenken zu sorgen sie sich bemühten, und daher wohl verdient, dass 
dessen hier gedacht werde. Es ist ein Leichenstein von weissen^ Marmor, mit einen schönen 
schwarzen marmornen Rahmen eingefasst und mit der Inschrift : 

D . . M. 

GOTTFßlDI PRimSSER 

lOANNIS . FBIDERICI . F. 

OENIPONTANI . I . V . D. 

IWENIS 

INGENIO . LITERARVM . CVLTV . MODESTIA 

PRAESTANTIS 
fflSTOBIAE . PRAESERTIM . PATRIAE . PERITIS- 

SBU. 
MEMOKIA . NE . INTERIRET 
AMICI . EIVS . AEQVALESQVE 

QVI 
EIVS . CONSVETVDINE . INSTITVTIONE . 

EXEMPLO 
MVLTVM . SE . PROFECISSE . FATENTVR 
GRATI . ET . MOESTI 
P . P. 
OBHT . MONACHII . ARCHIVIO . REGNI . BAVARICI 

COX.LIGENDO . ADSCITVS 
DIE . XXVI . SEPTEMB . ANNO . M. D. CCC. XII. 

AETATIS . XXVIII. 



1) Diese Schrift erschien nach Herrn Baron Alois Dipauli zuerst im Jnnsbrucker Taschenbnohe auf das 
Jahr 1812 für Fremde und Einheimische** in 8. als eine Art Beilage, dann wieder bei Wagner in den „Denk- 
würdigkeiten von Innsbruck und seinen Umgebungen." I. Stück. Zweite Auflage. Innsbruck bei 
Wagner in 8vo, 166 Seiten; beigebunden, wahrscheinlich um diese Schrift neu abzusetzen, sind derselben auch 
Abbildungen der Statuen in der Franciscaner-Hofkirche. 



die fünf gelehrten Primisser. 243 

Die Bibliotheca Tirolensis verwahrt noch als handschriftlichen Nachlass desselben: 

1) Über Heinrich den letzten Rottenburger. Fortsetzung des obigen Aufsatzes. Fol. Tom. 

N. DCCCXCIII. 

2) Entwürfe und Aufsätze zur Geschichte von Tirol, in 4*« N. CCL^ 

3) Beiträge zur Geschichte des Erzherzogs Ferdinand und der Philippine Welser, mit 

Urkunden, in 4^^das. 

4) Auszüge von Chroniken zur tirolischen Geschichte, in 4^ , das. 

5) Tirolische Urkunden aus dem XII., vorzüglich ans dem XIII. Jahrhunderte, in 4^ , das. 

6) Excerpta pro historia Tirolensi ex Muratorii Script, rerum Italicar. 8^®. N. GCXX. 

7) Tirolische Urkunden von 1351—1400, 155 Stücke, in 4^. 

8) detto von 1401—1420, 134 Stücke, in i^ , N. CCLIV. 

9) detto von 1421—1620, 148 Stücke. CCLV. 

10) Materialien der baierischen Geschichte, nicht ohne Rücksicht auf Tirol. 4^. CCCLII. 



Endlich von Dr. Gottfried und Johann Friedrich Primisser. 

11) Tirolische Chronik aus Urkunden und Schriftstellern von den Agilolfingem bis 1300. Mscr. 

in 8^0. Nr. CCXX. 

Von 1301—1400 in 8^^ Nr. COXXI. 
Von 1401—1500 in 8^^ Nr. CCXXH. 
Von 1601-1777 in 8^'. Nr. CCXXIII. 

12) Auszüge aus verschiedenen historischen Schriften zum Behofe der Tirolischen Geschichte. 

Mscr. in 8^^ N. CCXXVII. 

13) Tirolische Urkunden von 1304-1350, 139 Stücke. Mscr. in t^. N. CCLII. 

14) Auszüge aus verschiedenen Schriften zum Behufe der Geschichte und Statistik von Tirol. 

Mscr. in t'\ N. CCXXXVIII. 

15) Denkwürdigkeiten von Innsbruck. I. und II. Stück, Mscr. in 4^. daselbst. 

Nach den dankwerthen Mittheilungen von Herrn Alois Dipauli Freiherrn von Treu heim 
aus der von seinem gelehrten Herrn Vater gesammelten Bibliotheca Tirolensis. 



31 



Nachtrag 

ZU S. 228. 



Wir sind im Stande Alois Frimisser 's Testament; das auf dem Krankenlager mit schwa- 
cher Hand von ihd[ ond drei Zeagen unterzeichnet und beim k. k. Landesgerichte in Wien hinterlegt 
ist; naeh einer Abschrift des Herrn kaiserlichen Rathes Albert Camesina hier nachzutragen. Es lautet: 

Meine letzte Willensmeinung. 

In Nahmen der allerheiligsten Drejfaltigkeit Gott des Vaters ^ des Sohnes und des heiligen 
Geistes. Amen. 

Ich wünsche, dass mein Leib auf einfache Art nach Christ - katholischem Gebrauche zur Erde 
bestattet werde. 

Mein Nachlass soll meiner lieben Gattin Juliana und meiner Schwester Theresia Primisser zu 
gleichen Theilen zufallen. 

Beyde mögen fttr die Betheilung der Armen und die Lesung heiliger Messen auf die ihnen an- 
gemessen scheinende Art mit gewohnter Liebe Sorge tragen. 

Wien den 9. July 1827. 

Alois Primisser 

Cmstos der k. k. Ambr. Samml. 

Joseph Anton Pllat ^^^^^S Perd. Schnorr 

k. k. wirkl. Hofsecretair ^•D KarOlSfOW. 

als erbetener Zeuge. 

Franz Kari Waper 

Hofsecretfir, 

» 

als erbethener Zeuge. 



BEITRAGE 



ZUR 




GESCHICHTE DER RÖMISCHEN LEGIO X GENINA 

MIT BESONDERER RÜCKSICHT AUF IHR STANDLAGER ZU VINDOBONA 



VON 



JOSEPH ASGHBACH. 



1/ie legio X Qemina ') gehört zu den alten Eaiserlegionen; welche Augustus als stehende Trup' 
penkörper an- den Grenzen des römischen Reiches errichtete zur Abwehr feindlicher Angriffe und Ein- 

* 

brttche. Unter dem Triumvirat des Octavianus, Antonius und LepiduS; wie auch in der Zeit der 
Theilung der römischen Herrschaft zwischen Antonius und Octavianus hatte es eine sehr grosse Anzahl 
von Legionen gegeben. Als letzterer aber die Alleinherrschaft erlangte; verminderte er die Zahl dieser 
Truppenkörper; die sofort nur aus römischen Bürgern bestehen sollten; sehr bedeutend. Von den 
Legionen des Antonius behielt er nm* ftlnf mit ihren frtlhern Nummern und Beinamen bei; und wies ihnen 
die Standlager im Oriente an ; ftlr das Abendland aber wurden zwanzig mit den fortlaufenden Nummern 
I bis XX errichtet. Die ttberzähligen Legionen wurden aufgelöst und entlassen. Manche von den neu- 
errichteten Legionen waren aus zusammengeworfenen Hälften alter Legionen gebildet worden; solche 
erhielten zur Erinnerung an ihren Ursprung aus Verschmelzung zweier Legionen den Beinamen 6 emina ')• 
Von den augusteischen Legionen sind es drei: die zehnte; dreizehnte und vierzehnte; welche die Be- 
nennung der doppelten erhalten haben ^). Bei der legio X Gemina war der Beiname zugleich eine 
nothwendige unterscheidende Benennung in Bezug auf die orientalische legio X Fretensis *). 



1) Einzelne Notizen über die leg. X Gem. haben geliefert: Borghesi sulle iscriz. Rom. del Reno. Rom. 1839. p. 28 sq. 
BOcking Annotatio ad notit. dignit et admimst. Imper. Rom. IL 728. Grotefend in Pauly's Realencydop. 
Art. Legionen. Was Hormayr in Wiens Geschichten nnd Denkwttrdigk. Bd. L Heft 1 über die Leg. X Gemina 
mittheilt , ist höchst unkritisch und fast unbrauchbar. 

2) Dio Cass. Bist. Rom. Hb. LV. c. 23. Ta dij XoXxa (ffr^aroVeda) , ta gxh xayraJLag duXvS^y ta di xai M^oif 
xiCiv •—' dvtM^x^Vj O9>*ov3rsp xai ^idvfAU tivofiaOfiiva vivcfiiörau 

3) Dio Cass. 1. o. Tacitus, der in seinen Annale n und Historien diese drei Legionen häufig nennt, bezeichnet sie 
nur mit der Nummer ohne den Beinamen Gemina. Auch die beiden Legionen VII Glaudiana und VII Gkdbiana 
führen in Inschriften oft den Beinamen Gemina, der ihnen von Vespasianus verliehen worden, als er Theile von 
aufgelösten Legionen mit denselben verschmolz» 

4) Dio Cass. 1. c. Oi dexdxiQoi^ ot re h vj Uctvyov^^ rp avoi, oi JiSvfjioiy nai oi h ""lovSai^, d. i. die Decumani 
in Oberpannonien, welche beigenannt sind die Gemini und die Decumani in Judäa. Unrichtig hat Tafel die Stelle 



246 Joseph Aschbach, 

A<is welchen altern Legionen unsere legio X Gemina Augustus zusammengesetzt hat, kann aus 
Hangel an Nachrichten nicht nachgewiesen werden. Jedenfalls aber ist die Ansicht ganz falsch, dass 
sie im Zusammenhange mit der berühmten zehnten Legion des C. Julius Cäsar *) gestanden habe *). 
Augustus hatte noch ehe er die Alleinherrschaft führte, diese zehnte cäsarische Legion wegen ihres 
Übermuthes und Ungehorsams aufgelöst und entlassen ^). 

Die ganze Geschichte unserer Legio X Gemina lässt sich an ihre drei Hauptstandlager knüpfen : 

an das spanische bis auf Vespasians Kegierungsanfang, 

an das rheinische während der ersten Zeit des flavischen Kaiserhauses, 

und endlich an das pannonische vom Ende des ersten Jahrhunderts bis zum Untergange des 
abendländischen Kaiserreiches. 

Es ist wahrscheinlich, dass die zehnte Doppellegion nicht sogleich nach ibrer Errichtung durch 
Augustus ihr Standlager in Spanien gehabt hat, aber sie kam noch während der fiegierung des ersten 
römischen Kaisers dahin. Manche Gründe sprechen dafür, dass ihr anfängliches Standquartier in den 
mittleren Donauländern, in Pannonien, gewesen, wo neben ihr die legio VUI Augusta und die legio 
IX Hispanica die Donaugrenze yertheidigten. 

Als aber die drei spanischen Legionen mit den Nummern I, II und III, welche Augustus selbst 
im cantabrischen Kriege befehligte, die pjrenäische Halbinsel verlassen hatten^ und theils in Africa, 
theils am Shein verwendet wurden, war die einzige in Spanien zurückgebliebene legio IV Macedonica 
zu sohwach, die rebellischen Asturier und Cantabrer in Zaum zu halten. Zur ihrer Verstärkung wurde 
nicht nur die legio VI Vitrix gesendet, sondern auch von der Donau her die legio X Gemina. Letz- 
tere erhielt ihr Standlager am Ebro in der Nähe von Saragossa (Caesarea Augusta) und ihre 
tapferen Krieger tragen nicht wenig dazu bei, die Herrschaft der Römer über die rebellischen Can- 
tabrer zu befestigen. Den Veteranen der legio X Gemina wurden ftir die geleisteten Kriegsdienste im 
südlichen Spanien Ländereien angewiesen. Sie gründeten in Gemeinschaft mit Veteranen der legio V 
Macedonica die spanischen Coloniestädte Emerita Augusta (Merida) ^) und Patricia (Cordnba oder 
Cordova) *), die bald zum grossen Wohlstand gelangten. 



übersetzt: »Die zehnte (Legion) aus 'zwei Legionen, und desshalb die doppelte genannt: die eine in Oberpan- 
nonien, die andere in Judäa/ Der Beiname Fretensis bezeichnet soviel als Fortensis oder Fortis. Die legio X 
BYetensis hatte früher ihr Standlager zu Oyrrhus in Syrien. Tacitus , der in den Annalen sie öfters anführt, nennt 
sie ohne Beinamen einfach legio deeima, in gleicher Weise wie er auch die abendländische legio X Gemina be- 
zeichnet. Er hat dadurch Veranlassung gegeben , dass Manche die beiden Legionen identificirt haben. Die legio X 
Fretensis (in den Inschriften abgekürzt LEG'X'FBET oder LEG 'X' FR) gehört- immer zu den morgenländischen 
Legionen. Sie belagerte unter Führung des Titus Jerusalem. Nach Beendigung des jüdischen Krieges blieb sie in 
Judäa und hatte ihr Standlager in Jerusalem. Unter Trajan nahm sie am patthischen , unter Hadrian am zweiten 
jüdischen Krieg Theil. Noch im Anfang des fünften Jahrhunderts findet sich ihr Standquartier in Palästina, aber 
nicht mehr in Jerusalem (Aelia) , sondern zu Aila (d. i. Akaba. Vgl. BOcking: Annotat. ad Notit. Imp. L B49. 
Grotefend in Pauly's Realencyclop. Art. Legionen). Eine Inschrift , in welcher die legio X Gemina und die 
legio X Fretensis neben einander vorkommen, gibt Orelli - Henzen Inscr. lat. nr. 6911. 

1) Caesar de bell. Gall. I. 40. de bell. Hispan. c. 30. Dio Cass. XXXVIU. 46. 

2) fiormajr, Wiens Geschichte und Denkwürdigkeiten. I. 1. 88. „Das ist dieselbe Legion, die Cäsar vor andern 
geliebt, die er meist persönlich befehligt. — Sie ist die zehnte, doppelte Legion, legio X gemina genannt.'^ 

3) Sneton. Octav. c. 24. Decimam la^ionem contumacius parentem cum ignominia totam dimisit 

4) Dio Cass. LIII. 26 : Iletvöafiävov de rov xolißov rovrov , o Avyovdroq xovf (ih dpt^JLixtdTd^ovg räy ÖT^ecziaTÜv 
ifTfKB nai xoJiiv ütvzolg kv ^vCititviqi vjv AvyovOxay 'HfxtQltay ttalov/iinfv MtiHai aduKa, Florez Medall. de 
Espan. I. Tav. VL 1. Eckhel doctr. num. veter. L 12. PERMCAES-AVG. C*A-E-LE'VX i. e. Permissione 
Caesaris Augnsti Colonia Augusta Emerita legiones V (et) X« • 

6) Florez 1. c. T. VIII. 8. Eckhel L c. L 19: PERM-CAESAVGCOLPATRIC"LEVX. 



Beitriige zur Geschichte der römischen Legio X Gemina. 847 

Über ein halbes Jahrhundert hindarch verblieb die legio X Gemina in ihrem Standlager im dies- 
seitigen Spanien oder ih der Provincia Tarraconensis. Erst knrz vor Nero's Sturz verliess sie die pjre- 
näisehe Halbinsel, entweder um im Kriege gegen die Albaner in der Nähe des caspisehen Meeres ver« 
wendet zu werden , oder um an der Stelle von in den Orient abgezogenen Truppen in lllyrien die Ver- 
theidigung der mittleren Donauländer zu übernehmen. Unsere Legion befand sich grade auf dem Marsche 
in Dalmatien , wohin sie wahrscheinlich auf der misenischen Flotte von Spanien aus ttberschifift worden 
war, als der Sturz Nero's (68 n. Chr.) erfolgte *). Von dem neuen Kaiser Galba, der in Spanien durch 
die dort zurückgebliebene legio VI Vitrix auf den Thron gehoben worden war, erhielt sie Befehl; 
zunächst in Dalmatien ihr Standquartier zu nehmen, damit sie ihm beim etwaigen Kampf um den Eai- 
serthron in Italien in der Nähe zur Hülfe sei ^). Da aber Galba sogleich allgemein anerkannt wurde, 
und er wähnte, dass seine Herrschaft in Rom befestigt sei, so schickte er die legio X Gemina auf die 
von römischen Truppen ziemlich entblösste pyrenäische Halbinsel in ihr altes Standlager zurück. Dort 
erwies sie sich den Interessen Galba's auch ganz ergeben, und als dieser Kaiser durch Otho's Umtriebe 
nach einer kurzen Regierung gestürzt worden war, erkannte sie den neuen Gewalthaber nicht an, ver- 
theidigte die südöstliche Meeresküste Spaniens gegen den africanischen Statthalter Gaeso Galba, der 
ftar Otho die pyrenäische Halbinsel gewinnen wollte, und zögerte nicht sich fttr Otho's Gegner den 
Imperator Vitellius zu erklären ^) ,, liess sich aber durch die legio I Adjutrix, welche mit ihr nach 
Spanien gekommen war, bestimmen, auch diese Partei wieder zu verlassen und dem Imperator Vespa- 
sianus, den die syrischen und Donaulegionen zum Kaiser erhoben hatten, ihre Anhänglichkeit zuzu- 
wenden und ihm den raschen Besitz der pyrenäischen Halbinsel zu sichern ^). Diesem Umstand ist es 
wohl zuzuschreiben, das Vespasianus die spanischen Legionen, und darunter besonders die legio X 
Gemina vorzüglieh auszeichnete, und ihnen sofort die wichtigsten Vertheidigungsposten am Rhein und an 
der Donau anvertraute. 

Steininschriften, welche unserer Legion gedenken, als sie noch in Spanien ihr Standlager hatte, 
rühren schon aus der Zeit des Tiberius ^) und Claudius ^) : sie wird entweder einfach als LEG * X 
oder als LEG-X GEMINA bezeichnet. Um sie noch bestimmter von der Leg. XFretensis im Orient zu 
unterscheiden, erhielt sie auch den Beisatz IN HISPANIA, wie in folgender Inschrift ^): 



1) Tacit. Hist. L 16. und Saeton. Galb. c. 10 zeigen, dass damals auf der pyrenäischen Halbinsel nur die einzige 
Legion VI Vitrix sich befand. Die zu Salona gefundene, von Seidl (Chr. der arch. Funde in Ost IL 57) mitge- 
theilte , dem T. Flavius Agricola gewidmete Inschrift , worin ein Trib. leg. X • G • P " F erwähnt wird , rührt ohne 
Zweifel aus der Zeit nach Nero her, indem die Legion die Beinamen Pia Pidelis erst unter Yespasian erhielt. 

2) Wie die legio X Gemina aus Spanien, so ward damals auch die legio XIV Gemina aus Britannien zum alba- 
nischen Krieg in den Orient von Nero aufgeboten ; beide Legionen kamen auf ihrem Marsche nur bis nach llly- 
rien. Tacit. Hist. II. 11, 32, 66. Von der legio X Gemina haben sich wohl aus jener Zeit ihres kurzen Aufenthalts 
in Dalmatien mehrere Denkmäler, (besonders Grabsteine) in diesem Lande erhalten. Dass dieselben schon aus 
einer früheren Zeit während derBegierang des Kaisers Augustus herrühren, ist nicht wahrscheinlich. Schon die 
Beinamen deuten auf die Zeit nach dem Sturz Nero's, da die legio X früher nur einfach mit der Nummer, oder 
höchstens noch mit dem Beisatz Gemina bezeichnet wurde. 

8) Tacit. Hist. II. 58. Gaeso Galba , in Othonem pronus nee Afcica contentus, Hispaniae imminebat. Inde CIutio Rnfo 
metns: et decimam legionem propinquare litori, ut transmissurus jussit: praemissi centuriones, qui Maaromm 
animos Yitellio conciliare nt. 

4) Tacit Hist HL 44. Cuncta ad yictoris (Vespasiani) opes conversa, initio per Hispaniam a prima Adjutrice legione 
orto, quae memoria Othonis infensa Yitellio decimam et sextam traxit 

6) Gruter. 491. 10 Arrius Salanus Trib. Milit leg. HI Aug. Leg. X Geminae. 

6) Orelli 2276, oder bei Mommsen J. R. N. n. 2211, wo Turranius Proculua genannt wird als Trib. IfiL Leg. X 
(ohne den Beisatz Gemina). 

7) Muratori 785, 7. Mommsen 1. c. 6987. 



g,48 Joseph Aschbach, 

Q • ATATINO P • F 

QVIR • MODESTO 

TRIB • MIL • LEG • X • GEMINAE 

IN HISPANIA ANNIS XVI 

PBAEP • ALAE II GALLORVM 

IN EADEM PßOVINCiA 

PßAEF • FABR 

P • ATATINVS FLACCVS 

PATRI OPTIMO. 

Es scheint, dass damals die Legion aas römischen Bürgern, die hauptsächlich in Spanien za 
Hause waren, recrutirt wurde. Es deuten einige Inschriften darauf hin. 

L • BLATIO 
L • F • SERVENTINO 
TRIB • MIL 
LEG • V ET X GEM • AED • II VIR 

COLONI 
ET INCOLAE ROMVL i) 

und eine andere: 

L • RVTIVS 
L • F • SERG • 

ITALICA 

SABINVS EX 

HISPANIA 

MIL • LEG • X • GEM 

ANN • L • AER • XXVI 

HIC SITVS EST 

H • EX T 

LOG • MON 

IN FR • P • X IN AGR • P • X »). 

Dahin gehört auch die bei Nimwegen gefundene Inschrift: 

auRELIVS T • F 
. . . AVOS • CAL • MIL • LEG • X 
GEM • ANN • XL • STIP • XVIII 
ETM • AVRELiyS T • F 
GAL • FESTVS CALAG 
ANN • XXXVIII • STIP • XVn 
ET AVRELIVS FLAVI F 
FLAVIANÜS LIXA 
ANN • XVni • HIC SITI SVNT 
S • V • T • L • H • F • C »). 

Vespasianus hatte sogleich nach seiner Gelangung auf den Kaiserthron einen weit verbreiteten 
Aufstand der Gallier und Bataver unter Civilis zu unterdrücken. Durch diese Erhebung germanischer 
nnd gallischer Völker kamen die römischen Legionen am Niederrhein sehr in's Gedränge und sie er- 



4 



1) Murat. 116, 5. Romula i. e. Hispalis oder Sevilla. 

2) Eine im Königreich Neapel zu Aqnila gefundene Steininschrift. Orelli 5202. Bull. Instit. arch. Rom. 18^, p. 89. 
In den Wiener Jahrb. 1829. n. 146 wird falsch AFR für AER » Stipend. gelesen. Italica lag in der Nähe von 
Hispalis. Sie war des Kaisers Trajan Geburtsort, und wurde daher auch Civitas Trajani genannt. 

8) Gruter 8-'5, 1. Steiner 1421. Von den drei Veteranen der X. Legion, die noch einfach den Beinamen Gemina 
führt , waren zwei aus der spanischen Stadt Oalaguris (Calahorra) , der dritte aus dem mauretanischen Orte Lixa. 
Die letzte Zeile bedeutet: Sit VoMs Terra Levis. Heres Faciendum Curavit. Die Inschrift stammt ohne Zweifelaus den 
ersten Regierungsjahren des Vespasianus , als die Legion noch keine besonderen Ehrennamen führte. 



Beiträge zar Geschichte der römischen Legio X Gemina. 249 

litten schwere Einbussen. Um die römische Waffenehre wieder herzustellen und die verlornen Gebiete 
wieder zu erobern, bedurften Vespa$;ian's Feldherren bedeutender Verstärkungen. Aus Spanien wurden 
zwei Legionen an den Niederrhein gesendet: die sechste und unsere zehnte *). Es war im J. 71 nach 
Chr,, dass die leg. X Gemina ihr spanisches Standquartier auf immer verliesS; und ein neues Lager in 
Kiedergermanien zu Arenacum *) bezog. In dem blutigen Krieg, den der römische Feldherr Cerealis 
gegen den batavischen Heerführer Civilis führte , verlor unsere Legion mehrere von ihren Centurionen 
und ihren Praefectus castrorum '). Nach der glücklichen Überwältigung des batavischen Aufstandes, 
wies der Kaiser Vespasian der legio X Gemina als Standquartier Castra Vetera (bei dem heutigen Xan- 
ten) in Germania inferior an. Einige von ihren Cohorten standen nördlicher im Lande der Bataver 
selbst '*)j andere Truppenth eile stationirten in kleinern Lagern bis gegen Antoniacum (Andernach) den 
Rhein hinauf ^). Ihre treue feste Anhänglichkeit an das flavische Kaiserhaus erwarb ihr die ehrenden 
Beinamen Pia Fidelis (die loyale, getreue) •), welche schon früher manchen anderen Legionen bei- 
gelegt worden '). 

In den Steininschriften und auf den Legionsziegeln, welche von ihr an verschiedenen Orten des 
Niederrheins gefunden worden, erhält sie gewöhnlich diese Beinamen. Die Legionsstempel unserer 
Legion erscheinen als L-X'G*P*F (Legio X Gemina Pia Fidelis), seltener nur als L'X'G •). 
Auch L • D • G d. i. Legio Decima Gemina kommt vor •). Aber L • X • G • MA ist keineswegs durch 
legio X Gemina Macedonica oder Martia zu erklären , sondern GMA steht mit nicht ganz deutlichen Liga- 
turen flir GEMINA '«). 

Dass unsere Legion auch die Prädicate Valens Victrix gehabt habe, hat man aus einer unrichtig 
erklärten Steininschrift geschlossen, welche zu Monterberg bei Xanten gefunden wurde. Sie lautet '*): 

MATRIBVS 

QVADRVBVRG 

ET GENIO LOCI 

SEP • FLAVIVS 

SEVERVS 

VET • LEG -X-G-P-F-V-V 

TEBiPLVM 

CVM ARBORffiVS 

CONSTITVIT. 

V. V. bezeichnet hier nicht Valens Victrix, sondern Vt Voverat **)• 



1) Tacit. Bist. IV. 68. Sexta ac decima ex Bispacia accitae (cf. IV. 76). V. 19. Cerialis exercitum decima ex Hispa- 
nia legio supplevit. 

2) Tacit. Hist. Y. 20. Tantum belli snperfuit, at — Civilis invaserit decimam legionem Arenaci. Mit guten 
Gründen hält man die Lage des heutigen Ortes Ryndem (im Mittelalter Rinaren genannt), unweit Cleve für die 
Stätte der Castra Arenacum. Vgl. Jahrb. des Vereins v. Alterth. im Rheinl. XXIII. 38 ff. 

3) Tacit. Hist. V. 20. Quibus (i. e. Kriegsschaaren des Civilis) obvenerant castra decumanorum (Arenaci), oppugnatio- 
nem arduam rati, egressum militem, et caedendis materiis operatum, turbavere, occiso Praefecto castrorum et 
qninque primoribus Centurionum paucisque militibus. Ceterum se mnnimentis defendere. 

4) Nach Ziegelsteinen der Legion, welche bei Nimwegen, Yorburg und Leiden gefunden wurden. Janssen Mus. Lugd. 
Batav. 12Ö. Steiner Cod. Inscr. Rhen. 1311. 1384. 1476. 1518. 1520. 

5) Vgl. unten L er seh Rhein. Centralmuseum. Janssen in den Jahrb. d. Vereins v. Alterth. in Rheinl. YII. 43 ff. 

6) Diese Beinamen führte die Legion in ihrem spanischen Standlager noch nicht. 

7) Der YII Claudia und XI Claudia, von K. Claudius, der I. Adjutrix und 11. Adjutrix von K. Vespasian. Auch 
eine Anzahl von den übrigen Legionen führte später diese Beinamen. 

8) Janssen Mus. Lugd. Bat. 125. Steiner 11. cc. 

9) Janssen Jahrb. d. Vereins v. Alterth. in Rheinl. Vn. 61 und Grotefend ebenda. XI. 79 ff. 

10) Janas en a. a. 0. 

11) Orell. 2090. 

12) Nach Borghesi sulle iscrr. Romm. del Reno. Rom. 1839. 29. cf. Gruter. 35, 1. 

V. 32 



'St so Joseph Asehbach, 

Die Soldaten unserer Legion scheinen vielfach zu Arbeiten in den Steinbrüchen in Oermania in- 
ferior verwendet vrorden zu sein, daher ihre häufigen Inschriften auf Hercules Saxanus zu er* 
klären sind ^). 

Beörutirt wurde unsere Legion , während ihres Aufenthalts am Niederrhein, weniger aus Spanien^ 
als vielmehr durch römische Bürger aus Gallien , Bhätien und Oberitalien ; wenigstens deuten solches 
.Steininschriften aus jener Zeit an '). 

Am Ende des ersten und im Anfange des zweiten Jahrhunderts fanden unter Kaiser Trajan 
grosse Veränderungen in der Aufstellung der Legionen in den römischen Grenzprovinzen Statt. Offenbar 
hatte die neue Yertheilung der Legionen einen mehrfachen Zweck. Die Grenzen; welche den Angriffen 
der barbarischen Völker besonders ausgesetzt waren ; sollten besser geschützt; aber auch zu weiteren 
Eroberungen und zur Ausbreitung des römischen Reiches sollten alle Anstalten getroffen werden. Eine Ver- 
mehrung der ohnehin schon beträchtlichen Zahl der Legionen — es gab damals in allem dreissig — 
beabsichtigte Trajan nicht; aber es sollte eine Anzahl derselben für die Feldzttge des Kaisers ver- 
fügbar werden; ohne dass jedoch die Grenzvertheidignng darunter litt. Da die Grenzen seit Vespasian's 
und Domitian's Zeit durch Wälle ; Pfahlgräben und andere künstliche Befestigungen besser geschützt 
waren ; so bedurfte man in manchen Provinzen; wie in den rheinischen; nicht mehr eine so grosse An- 
zahl von Legionen als früher; auch wollte Trajan in der Hand eines und desselben kaiserlichen Legaten 
nicht eine zu grosse Gewalt concentrirt haben ; es konnten die Oberfeldherren über die acht rheinischen 
oder über die fast gleich zahlreichen illjrischen Legionen eine ftir den Kaiserthron gefahrliche Stellung 
einnehmen. Freilich gab es schon am Rhein zwei abgesonderte römische Provinzen; das obere und 
untere Germanien; und auch an der mittleren und unteren Donau befehligten abgesondert in Pannonien 
und Mösien kaiserliche Legaten über die dort stationirten Legionen. Aber es kam dennoch nicht selten 
vor; dass ein Feldherr über vier Legionen und die dazu gehörigen Auxiliartruppen befehligte. Nur 
während der Kriegszeit wollte Trajan für die Folge eine so ansehnliche Streitmacht in der Hand eines 
Feldherm concentrirt haben. Am Rhein konnte bei den starken Befestigungen; die man an den zahl- 
reichen Castellen und an dem neuen Grenzwall (limes Romanus) gewann; ohne Nachtheil ftlr eine gute 
Grenzvertheidigung die stehende Truppenzahl vermindert werden, und zwar auf die Hälfte. In Germania 
inferior wie in Germania superior reichten in jeder Provinz zwei Legionen aus, anstatt dass man früher 
die doppelte Zahl benöthigte. Dagegen in dem viel ausgedehnteren Donaugebiete ; vorzüglich in den 
unteren Gegenden; wo Trajan gegen die streitbaren und zahlreichen Dacier, Jazygen, Quaden und 
ihre Nachbaren grössere Streitkräfte brauchte; um so mehr, als er angriffsweise gegen sie aufzutreten 



1) Vier Steine, die bei Brobl gefunden wurden: Lersch, Central -Mus. II, 21. De Wal, Myth. septentr. monum. 
142: HERCVLI SAX ] SANO | Q. MANLIVS I PßISCVS 0. LE | GXGEMINAE | COMMILITONES V ' S • M. 
Lersch I.e. n. 79. De Wal, n. 143: I-O'Mj heRC'saXSanl C. NIGIDIVS | APONINVS D. | LEG-X-G-P 'FET 
COMMILITONES | LEGEIVSDEM | VVS'L-M. Lersch l.c.n 24. De Wal, n. 142: I-O-M. I HERCVLI SAX. 
SEX'DONNIVS I VINDEX S-LEGX'GP'FD ! ET COMMILITONES V-SL'M. (S. i. e. Signifer; D. i. e. Dedi- 
cavit)* Lersch m. 11. 141. Orel 115726: HERCVLI | BARBATO | SACRVM | M'HELLIVS | SECVNDVS | TV- 
BICEN I LEG-X-G-P-F | VS'L-M. Ein Stein, der bei Pont-a-Mousson gefunden wurde : Orelli 2008, Lersch 
C. M. IL 29: HERCVLI SAXANO | ET IMP • VESPASIANO AVG | ET TITO IMP-ET DOMITIANO CAESARI | 
M-VIBIVS MARTIALIS | OLEG -X'GEM-ET COMMILITONES VEXILLI LEG | EIVSD. QVI SVNT | SVB 
CVRA EIVS VSL-M. 

2) Steiner Inscr. lat. Rhen. 1424: L-VALERIVS | L'F-VOLMAR | INVSTOL'D | MIL • LEG • X -G. etc. TOL-D. 
i. e. Tolosa Domo. Steiner 1422: Q-BISIVS SECVNDVS | Q-F-DOMO BRIX | MIL-LEGX'GEM. etc. Mur at 
865, 6. Q- VALERIVS | Q-F ANI • NIGER 1 DOMO FORO IVLI VET-LEGX'G -P-F. — Murat. 823, 5. CIVUO 
GAL I LEPIDO lESSON | P -P-CENTVRI-LEG'X | GEMP-F etc. Jessona war eine spanische Stadt. 



Beiträge znr Geschichte der römischen Legio X Gemina. 261 

beabsichtigte und Eroberungen zu machen sachte y war eine grössere Anhänfang von Streitkräften noth- 
wendige um die neu gemachten Eroberungen zu behaupten und zu schützen. Indem das langgestreckte 
musische Gebiet von der Mündung der Save in die Donau bis zum schwarzen Meer in das obere und 
untere Mösien getheilt; und das nördlich ron der Donau gelegene Dacien in einige Provinzen geschieden 
wurde ; fand Trajan auch fttr angemessen, Pannonien, oberhalb Mösien, in zwei Provinzen zu sondern, 
in Pannonia superior und Pannonia inferior und in jede derselben zwei Legionen zu verlegen, indem 
früher die ungetbeilte Provinz gewöhnlich keine stärkere Bewachung gehabt hatte. Nur bei einem plötz- 
lichen schweren Krieg sollten die beiden Provinzen vorübergehend in einen Verwaltungskreis con» 
centrirt werden. 

Da die meisten pannonischen wie die mösischen Legionen im dacischen Kriege verwendet wur- 
den und einige von ihnen in der neu eroberten Provinz Dacien ihre Standlager erhielten, so musste 
Trajan andere Truppenkörper nach Pannonien herbeiziehen. Die am Rhein entbehrlich gewordenen 
Legionen kamen an die Donau. Indem in Pannonia inferior die legio I Adjutrix und legio II Adjutrix 
stationirt wurden, erhielten in Pannonia superior die legio X Gemina und die legio XIV Gemina, welche 
beide Legionen schon von Vespasian oder Domitian an die Donaugrenze verlegt worden waren, ihre 
Standlager. Abtheilungen der X Gemina waren auch im dacischen Kriege verwendet worden '). Erst 
nach der glücklichen Beendigung desselben war die dauerhafte Besetzung Oberpannonietiis durch die 
beiden Legionen X Gemina und XIV Gemina von Trajan angeordnet worden. Vereint bildeten sie nun 
mit ihren Auxiliartruppen den exercitus Romanus in Oberpannonien, welche Provinz im Norden von der 
Donau, im Osten von der Raab, im Süden meist von der Save und im Westen von den norischen 
Bergen begrenzt ward. 

Die XIV Gemina ^) hat eine so glänzende Kriegsgeschichte, wie kaum eine andere Legion. Sie 
kommt schon unter Augustus unter den Rheinlegionen vor und machte unter Drusus und Sentius Satuminus 
die Feldzüge ins Innere von Germanien mit. Bei der Niederlage des Varus im Teutobnrger - Wald ent- 
ging sie glücklich dem Untergang, indem sie damals in Obergermanien zu Moguntiacum ihr- Standlager 
hatte. Ihr besonders verdankte Germanicus, als er in das innere Deutschland wiederholt vordrang, seine 
Siege; sie bildete eine Abtheilung des Heeres, das den gefallenen Varianem im Teutoburger - Walde 
die Todtenopfer darbrachte, und die Bestattung ihrer Gebeine ermöglichte ^). 

Es wurde von den Kaisern des ersten Jahrhunderts kein wichtiger Krieg unternommen, bei dem 
nicht die XIV Gemina, welche vor allen andern Legionen durch wilde Kämpfeslust sich auszeichnete ^), 
beigezogen worden wäre. Sie wechselte daher auch öfter ihr Standlager. Zu ihren Auxiliartruppen 
gehörten acht Gehörten Bataver Fussvolk , und einige Reiterregimenter Gallier und Cannanifater ^). Als 
Kaiser Claudius im J. 42 seine Anstalten zur Eroberung der Insel Britannien traf, und er dazu seine 
vier besten Legionen bestimmte, befand sich auch die XIV Gemina darunter: sie blieb dann auf der Insel 
und die Unterdrückung der britannischen Aufstände (63 n. Chr.) schrieb man vorzüglich der Tapferkeit 



1) Orell. 3570. P. Besins Betanianos Trib. Leg. X. G. P. F. ~ Donis Donatus ab Imp. Trajano Aug. Hello Dacico und 
Gruter. 1028, 6 T. Trifemius Paetus Memmins ApoUinaris Trib. Leg. X Gem. Donis Donatns Exped. Dac. ab 
Imp. Trajano. 

2) Über die XIV Gemina geben manche interessante Notizen: GrotefendinPanly*8 Bealencycl. Art. Legionen ; 
Klein, Über die rhein. Legionen in Obergermanien. Mainz 1853. 4ff. ; Borghesi, Iscr. del Reno p. d5 8q. ; 
Böcking, Adnotat. ad Notit. Imp. II. 732. 

3) Tacit. Annal. L 87. 70. 

4> Taoit. Hiat n. 66, spricht von ihrer praecipna ferocia. 
5) Tacit. Bist. L 59. IL 27. 66. 69. IV. 15. 

88* 



252 Joseph Aachbach, 

ihrer Soldaten zu *), welche daher die Bändiger Britanniens ') genannt wurden, die Legion 
aber erhielt seit dieser Zeit die Ehrennamen Marti a Victrix '). Sie blieb gerade ein Vierteljahrhun- 
dert ia Britannien : dann rief der Kaiser Nero sie und die X Gemina aus dem Oceident in das Morgen- 
land, zum Albanischen Krieg an das caspiscbe Meer ^). Unterwegs in Dalmatien traf sie die Nachricht 
vom Sturz Nero's : dessen Nachfolger Galba hemmte ihren Marsch. Doch blieb sie nicht lange in Dal^ 
matien. Schon Otho rief sie zum Kampf gegen Vitellius nach Oberitalien herbei, und in der Schlacht 
bei Bedriacum stritt sie tapfer, aber unglücklich gegen die vitellianische Heeresmacht ^). Der Sieger 
Vitellius traute der Legion wenig: er schickte sie bald in ihr altes britannisches Standlager zurück, wo 
sie sich sogleich für Vespasianus erklärte ^). Dieser Kaiser verwendete sie im Anfange seiner Regie- 
rung (Tl n. Chr.) zur Unterdrückung des gefährlichen batavischen Aufstandes. Wie er zu diesem Zwecke 
aus Spanien die X Gemina, so liess er aus Britannien die XIV Gemina an den Niederrhein kommen^): 
beide Legionen blieben sodann in den germanischen Grenzländern ; die X Gemina zu Castra Vetera am 
Niederrhein, die XIV Gemina bezog wieder ihr früheres Standquartier Moguntiacum am Oberrhein ®). 
Beide Legionen kamen sodann gegen Ende des ersten Jahrhunderts an die Donaugrenze und unter 
Trajan's Eegierung zu gleicher Zeit nach Pannonia superior: die XIV Gemina nach Camuntum *), die 
'S, Gemina in das neu errichtete Donaulager Vindobona, in der Landschaft der Azalier '^): denn das 
frühere Legionslager Poetovio (Pettau), wo noch die nach Dacien verlegte leg. XIII Gemina ihr Stand- 
quartier gehabt hatte ' '), war aufgelassen worden , da Trajan eine strengere Strombewachung fttr noth- 
wendig erachtete. 

Die erste genaue Kunde über das Standlager der leg. X Gemina in Oberpannonien erhalten wir 
durch den Geographen Claudius Ptolemäus, der in seinem Werke angibt, dass im obern Pannonien in 
der Donaustadt Juliobona — eine offenbar unrichtige Schreibung für Vindobona — die zehnte Legion 
ihre Station gehabt habe. Dass Ptolemäus ihr den Beinamen Germanica statt Gemina gibt, ist ebenfalls 
durch ein Versehen des Abschreibers entstanden ^^). Da die ptolemäische Nachricht aus der Mitte des 
zweiten Jahrhunderts herrührt, aus der Zeit des Antoninus Pius, welcher Kaiser in der Truppenauf- 
stellung seines Vorgängers Hadrian keine Änderungen traf, so können wir wohl annehmen, dass unsere 
Legion schon früher dasselbe Standlager gehabt hat. Von den Schriftstellern wird Vindobona zuerst er- 



1) Tacit Annal. XIV. 34. 37. Hist. IL 11. 

2) Tacit. Hist. V. 16. Domitores Britanniae quartadecimanos adpellaBS. 

3) In Inschriften und auf den Legionsziegeln abgekürzt LEG. oder L* XIII G-MV. Vgl. Borghesi 1. c. u. Grote- 
fend bei Lersch Central-Mus. UL 65. 

4) Tacit. Hist. II. 66. 

6) Tacit. Hist IL 11. 32. 43. 66. IIL 13. 

6) Tacit. Hist. IL 66. 86. 

7) Tacit. Hist. IV. 68. 76. V. 14. 16 sqq. 

8) Tacit. Hist. V. 19. 

9) Das älteste römische Hauptlager an der Donau war Carnuntum (bei dem heutigen Petronell), ohne Zweifel schon 
unter Augustus. Vgl. Sacken, über die röm. Stadt Carnuntum in den Sitzungsbericht, der kaiserl. Akademie der 
Wissenschaften. Bd. IX. 

10) Ptolem. Geogr. IL 14. 2, 

11) Im ersten Regierungsjahre Vespasians (70 n. Chr.) lag die XIII Gemina noch in Poetovio. Tacit. Hist. III. 1. 
Partium Flavianarum Duces — Poetovionem in hiberna tertiae decimae legionis conyenerant. 

12) Ptolem. Geogr. IL 14.3. 'lovJtioßova (im obern Pannonia) Xgyiov Sutciti; FtQ/uLaviKij. Auch die XIV Gemina (zu 
Kcc^rovQ Carnuntum) wird unrichtig Jteyiav i^ FBQfiavixij genannt. In gleicher falscher Weise wird von Ptol. H. 

6, 30 auch die in Spanien zu Leon gelegene YII Gemina Atrflfny i Fegfxavtx^ bezeichnet 



Beiträge zur Geschichte der römischen Legio X Gemina. 253 

wähnt bei Angabe des Todes des Kaisers Marcus Anrelius, der noch im Kriege gegen die Marcomannen 
begriffen ; im Standlager der zehnten Legion aus dem Leben schied '). 

Das capitolinische Legionen - Verzeichniss *), das nur ein oder zwei Decennien nach Ptolemäus 
gemacht worden ist, ordnet unsere Legion nach der ihr angewiesenen Stelle zu den pannonischen 
Legionen *) und der Geschichtschreiber Dio Cassius, der unter Alexander Severus Statthalter von Ober- 
pannonien war, aber das Land schon aus früherer Zeit genau kannte, berichtet von dem Standlager 
der legio X Gemina und XIV Gemina in dieser Provinz *)- Auch das unter Caracalla entworfene anto- 
ninische Itinerarium gibt bei der Station Vindobona unsere Legion an *). 

Nach der Mitte des dritten Jahrhunderts (um 261), als die Kaiser Valerian und Gallien regier- 
ten, waren beide Legionen, die X Gemina und XIV Gemina, nach der ausdrücklichen Angabe einer 
Steininschrift, noch in Oberpannouien stationirt. Die Inschrift lautet: 

L • PETEONIO L • F 

SAB • TAVRO VOLV 

SIANO V • • COS 

ORDINARIO PßAEF • PRAE 

EM * V • PRAEF • VIGVL • P • V • TRIB 



COH • PRIMAT PRAET • PROTECT • AVGG • NN • ITEM TRIB • COH • IUI • PRAE 
TRIB • COH • Xl VRB • TRIB • COH • IH • VIG • LEG • X. 



ET Xnil GEM • PROV " PANNONIAE SVPERIORI 
ITEM LEG • DACIAE PRAEPOSITO EQVITVM SIN 



GVLARIORVM AVGG • NN • P • P • LEG • XXX VLPIAE CENTVRIONI DEPVTATO EQ ,• PVB 

EX V DEC • LAVR • LAVIN 
ORDO ARRETINORVM PATRONO 
OPTIMO ^). 

Dieselben Standquartiere verblieben den beiden Legionen so lange sie existirten, bis gegen das 
Ende des fünften Jahrhunderts , vielleicht auch noch etwas länger bis in die Zeit Justinians ^). 

Aus der im Anfang des fttnften Jahrhunderts abgefassten . Notitia Imperii erfahren wir, dass die 
X Gemina neben ihrem Hauptstandlager Vindobona noch, ein zweites an der Mündung der Raab in die 
Donau (zu Arrabona) hatte, woselbst auch Cohorten von der XIV Gemina, die immer noch ihr Haupt- 



1) Aurel. Vict. de Caes. c. 16. (M. Anrelias) anno imperio oetavo decimoqae Vindobonae interiit* Aorel. Vict. 
Ep. c. 32. Jpse yitae anno qainquagesimo nono apud Vindobonam morbo consumtas est. 

2) Gruter* öl3, 3. Orell. 3369. Borghesi, Iscriz. del Reno 176. 

3) I • ADIVT 
X • GEM 
Xlin • GEM 
II • ADIVT 

Vgl. Aschbach, die röm. Legionen Prima und Secunda Adjntrix. S. 39. 

4) Dio Cass. LV. c. 23. 0i Sixäre^oi^ oi te h r^ Uavyovi^ tfj avta^ oi jdldvfxoi* — Kai t<S rha^tov xai dixatov 
ro h Tj Pawov^qi tjj ayta^ ro Jldvfiov* 

5) Antonin. Itiner. Vindobona Leg. X Gem. — Carnuntho leg. Xnil Gemina. 

6) Diese Inschrift, welche bei Grater 1028, 2. Orell. 3100. K eil ermann Vigil. n. 16 abgedruckt ist, bietet manches 
Interessante dar. Merkwürdig darin ist, dass noch im J. 261, worin Volusianus Consul war, die Tribus Sabbatina, 
wozu Petronius gehörte , angegeben wird. Die Augusti nostri sind die Kaiser Valerianus und Gallienus ; in der 
dritten Zeile fehlt bei V der Buchstabe C i. e. Vir. Clarissim. in der fünften Zeile bedeutet P - V Praefect. Vrbi. 

7) Procop. de bell. Goth. ni. 33. yiayyoßaQda^ di ßaöUevg ' lovöxiyiayoq idm^^oaro NtoQpta n xoXh Mai totg hei 
llavyoviag oxv^ti/iaöi (unter oxv^ufiara sind castra und castella zu verstehen). 



1254 Joseph Aschbach, 

Standquartier im Carnuntum beibehielt, stationirten *). Früher hatte die letztere Legion auch vorüber- 
gehend einzelne ihrer Cohorten in Vindobona aufgestellt: so wie auch die X Gemina einzelne Cohorten 
in Carnuntum liegen hatte *). Das Legion$zeichen der letzteren war der Stier '). 

Die beiden oberpannonischen Legionen spielen in der römischen Kaisergeschichte eine sehr wich- 
tige Rolle. Sie werden zwar selten namentlich angeführt, aber sie sind von den pannonischen oder 
illyrischen Heeren, welche so häufig entscheidend in die Geschicke des römischen Reiches eingriffen, 
wesentliche Bestandtheile. Sie hatten den langen marcomanischen Krieg vorzugsweise zu führen und 
Kaiser Marcus Aurelius , der durch längere Zeit in ihren Standlagern verweilte, befehligte sie persönlich 
in blutigen Schlachten. Sie waren es, welche den Septimius Severus auf den Kaiserthron erhoben *); 
Velche dem Kaiser Maximinus eine besondere Stütze gewährten; welche bei den Stürmen der dreissig 
Tyrannen und der drohenden Auflösung des Reiches dem rechtmässigen Kaiser Gallienus treu ver- 
blieben *). Kaiser Probus , der zur Zeit Aurelians Kriegstribun in der leg. X Gemina gewesen •), zeich- 
nete das pannonische Heer besonders aus. Unter Diocletian , Constantin d. Gr. und seinen Nachfolgern 
gehörten die pannonischen Legionen zu den illyrischen Truppen, welche den Kaiserthron gegen innere 
Feinde und Usurpatoren, wie auch die Grenzen des Reiches gegen die nordischen Barbaren vielfach 
zu schützen und zu vertheidigen hatten und wesentlich dazu beitrugen, dass das occidentalische Kaiser- 
reich nicht schon früher zusammenstürzte. 

Was die Namen der zehnten Doppel -Legion betrifft seit der Zeit, wo sie in Oberpannonien 
stationirte, so. ist darüber in der Kürze Folgendes zu bemerken. Sie wird nicht selten nur einfach mit den 
Beinamen Gemin a bezeichnet '') : aber auf den Legionsziegeln, welche in und um Wien gefunden wurden, ' 



1) Notit. Imp. Rom. Occident. c. 83. cf. ed. Böcking IL 747. 

Praefectus legionis deeimae Yindomanae (i. e. Yindobonae). 

PraefectuB legionis qaartae deeimae Geminae militam Libarnariorum cohors partis superioris Carnunto. 
PraefectQfl legionis deeimae et qaartae deeimae Geminatae militam Libarnariorum Arrabonae. 
Praefectas Classis Histricae Carnunto sive Yindomanae a Carnunto translata. 

2) Dieses zeigen besonders Ziegeln von unserer Legion mit dem Legionsstempel LEG X G, welche zu Carnuntum 
gefunden wurden. Ygl. v. Sacken die r($m. Stadt Carnuntum in den Sitzungsber. d. k. Akademie der Wissensch. 
IX. 682. Auch dienten Bürger aus Carnuntum in unserer Legion. Gruter 1032, 2. S*D*M | SAYINIYS YALEN- 
TI| NYS MIL • LEG • X • GEM | OPT • YIX • ANN • XXX | MIL • AN • XIII • N ATYS | CARNYNTO SEPTI | MIYS 
VALES CAN I DIDATYS LEG- ElYS | DEM BM-F. - OPT kann nicht OPTIO bedeuten: es ist wohl ANToni- 
nian. oder P'F zu lesen. Orelli 4964 gibt eine Inschrift auf den P. Claudius Pallas Honoratus Repentinus Legatus 
Aug. Leg. X G. von einem C. Julius Magnus Decurio Coloniae Kamunti. 

B) E c k h e 1 YII. 403 nach einer Legionsmtinze. 

4) Septimius Severus Hess auf die pannonisehen Legionen Münzen schlagen. Keine aber von diesen hat sich erhalten, 
die auf die leg. X Gemina geht. Die Münze auf die leg. XIY Gemina hat die Legende: LEG-XIin-G£M-M- Y. 
Ygl. Eckhel: Doctr. vet. num. YII. 168. 

5) GaUienus liess auf unsere beiden Legionen Münzen schlagen : auf die leg. X Gemina mit der Legende LEG * X . 
GEM*YI'P'YI*F (i. e Log. X Gem. Sextum Pia Sextum Fidelis) und einem Stierbild als Legionszeichen. Eckhel 
L c. YII. 403. 

6) Flav. Yopisc. Prob. c. 6. Aurelianus — Probe Decimanos fortissimos exercitns sui et cum quibus ipse 
ingentia gesserat, tradidlt: Decimanos meos sume, quos Claudius mihi credidit. 

7) Z. B. in der in NiederOsterreich gefundenen Inschrift, Sitzungsb. d. k. Ak. der Wissensch. XI. 830. OreU.6809 a: 

DEO IN 

YICTO 

YAL • YICT 

OKINYS OP 

TIO LEG • X • G 

Y • L • S. 

und in der Inschrift auf Julius Geminius Marcianus Leg. Aug. Leg. X Geminae aus der Zeit des Antoninus Pius 
und M. Aurelius. In der zu Tarragona gefundenen, demTib. Claudius Candidus gewidmeten Inschrift (Grut. 389, 2. 



BeitrSge zur Geschichte der römischen Legio X Gemina. 2£5 

und in Inschriften von o£ficielIem Charakter oder genauer Angabe ^ führt sie auch noch gewöhnlich ihre 
früheren Ehrennamen Pia Fidelis *). Die Legionsstempel geben LEG (oder L) X*G-P-F. Im An- 
fang des dritten Jahrhunderts unter Kaiser Caracalla hatte sie noch den weiteren Beinamen Anto- 
niniana^)^ unter Alexander Severus oder vielleicht auch schon unter Septimius Severns war sie 
S e Y e r i a n a ') beigenannt : Gordianus gab ihr auch nach seinem Namen die Benennung G o r d i a n a ^). Es 
finden sich daher die Siglen : LEG-X-G'P;F-A; LEG-X-G^P-F-SE (oderS);LEG-X-G-P'F-GORD 
(oderG). DieBeinamen Augusta^); AI au da ^), Salutaris ^)ftthrte unsere Legion nie; nur unechte In- 
schriften oder unrichtige Lesungen veranlassten; dass man geglaubt hat; sie habe auch diese Namen gehabt. 

Die einzelnen Gehörten der Legion wurden mit Zahlen von 1 bis 10 unterschieden : sie fahrten 
keine besonderen Beinamen und wurden auch nicht nach den Namen der Kriegstribunen bezeichnet 
Die Unterabtheilungen der Gehörten ^ die CenturieU; wurden aber nach den sie commandirenden Cen* 
turionen benannt 

Jeder Legion waren Auxiliartruppen zu Fuss und zu Pferd zugetheilt. Das Fnssvolk war in 
Cohorten geschieden und dieselben wurden meist nach den Völkerschaften; aus denen sie entnommen 
waren; benannt: ebenso war es auch mit den Alen oder Reiter -Regimentern; welche aber auch manch- 
mal nach den Führern; welche sie errichtet hatten; bezeichnet wurden. Wenn mehr als eine Legion 
den Kern des Provinzialheers bildete; so standen die Auxiliartruppen nicht zur Verillgung einer einzigen 



Orell. 798), die man früher falschlich in die Zeit des M. Aurelias gesetzt hat, die aber sicher aus der Begierung 
des K. Septimius Severns stammt (vgl. Bonner Jahrb. des Alterthums- Vereines XII. 1 und besonders XIII. 30) 
wird Silius Hospes ein Hastatus leg. X Geminae genannt. 

1) Aus der Zeit des K. Septimius Severns die zu Wien gefundene Inschrift (Gruter 11, 4 «* 22, 7) worin erwähnt wird: 
L. Quirinalis Maxunus Trib. Milit. LEG -X- GEM' P • F, und eine andere Wiener Inschrift (G ruter. 74. 6) vom 
J. 249, worin vorkommt: Jun. Tiberianicus Tr. Mil. LEG-G'P 'FIDEL. 

2) Die Inschrift von den 3 legg. Antoninian. in Garnuntum, worunter sich auch die leg.X Gemina befand, bei Sacken 
1. c. 716 und 718. Vgl- auch Gruter 12, 9, wo die LEG'X-GEM- ANTONINIAN vorkommt. 

3) Die bei Brück in Steiermark 1843 gefundene, ans dem J. 234 n. Chr* herrührende Inschrift bei Sei dl« Arch. 
Funde in Österr. L 12. Orell. n. 5620: 

I • • M 

DEPVLSOßl • 

C • IVLIVS 

PROBVS 

M • L • X • G • SE 

V • S • L • L • M 

MAXIMO II ET A 

GRICOLA COS. 

4) Gruter. 433, 1. Orell. 3143: Inschrift auf den C.Luxilius Sabinus Egnatius Proeulus Leg. LEGX'GEM. GORDIAN. 

5) Unter den römischen Legionen flihrten nur drei, die IL, III. und VIII. den Beinamen Augusta (abgekürzt A). 

6) Hormayr Wiens Gesch. I. 1. 102 bemerkt richtig: „Das Mährchen braucht keine Widerlegung, die X. Legion 
habe auch Legio Alaudarum , die Lerchen - Legion, geheissen und von ihr seien die Lerchen im österreichischen 
Wappenschilde?! — Man hat keinen Beweis, dass eine andere als die V. Legion jenen Beinamen geführt habe.*' 

7) Nach einer bei Metz gefundenen Inschrift, Gruter ö98, 5. Orell. 2908 und 3386. Orelli hielt die Inschrift fiir 
verdächtig. Sie lautet: 

T • COELIO 
T • F • GELERI 
A • CVR • AMIC 

AVG • PRAEF 

LEG • X SALVT 

MEDIOM • CIV • B • M • P. 

SALVT bezeichnet hier nicht Salutaris, den Beinamen der Legion, sondern SALVTI (i. e. de Salute) Medioma- 
tricorum civium bene merent. s. v. a. das üblichere ob servatos Mediom. cives. 



256 Joseph Aschbach, 

Legion oder ihres Legaten ; sondern sie gehörten unter das Commando des Legatos Augnsti, der über 
den Oesammt - Etercitus der Provinz befehligte. Der Gesammt - Exercitus Pannoniens bestand ans vier 
Legionen , wenigstens acht Alen und ungefähr 24 bis 32 Auxiliar - Cohorten : dagegen umfasste der 
exercitus in Pannonia superior nur die beiden Legionen X Gemina und XIV Gemina in ihren beiden 
Hauptstandlagern zu Vindobona und Camuntuni; mit ihren Auxiliar - Gehörten und Alen, die in besondem 
kleineren Lagern durch die Provinz zerstreut zur Deckung einzelner wichtiger Positionen vertheilt 
waren, und nur im Laufe eines Krieges bei der Concentrirung der Streitkräfte zur Lieferung einer 
Schlacht oder Abwehr eines feindlichen Einbruches Contingente an das Hauptheer abzugeben hatten, 
falls sie nicht ganz ihre Stellung aufgeben mussten. 

Die in Pannonien vertheilten Auxiliartruppen bestanden aus einem sehr bunten Gemisch ver- 
schiedener Nationalitäten ]) : es gab darunter italienische Freiwillige *) , Gallier ') , Belgier *) und Bri- 
tannier*), Germanen •) und Alpenvölker '), Hispanier *) und Lusitanier •) , Rhätier *•), Noriker**), Pan^^ 
nonier **) und Thracier **), ja selbst auch Africaner **) und Asiaten ^*). 

Wer die römischen Militäreinrichtungen in den Grenzländem überhaupt und in Pannonien insbe- 
sondere sich gegenwärtig hält, wird die Angaben von einer Cohors Fabiana im Municipium Vindobona 
sogleich in ihrer Nichtigkeit und Gehaltlosigkeit erkennen. Diese Cohors Fabiana soll eine Abtheilung 
der Leg. X Gemina gewesen sein und in Vindobona ihr Standquartier gehabt haben. Als Beweis für 
diese Sache zeigt man ein alterthttmliches Schwert, mit einer Inschrift, woraus zu entnehmen sei, dass 
die Cohors Fabiana, das Municipium Vindobona und die zehnte doppelte Legion in der engsten Be* 
Ziehung zu einander gestanden haben. 

Man erzählt, dass bei dem gegen Ende des vorigen Jahrhunderts stattgefnndenen Canalbau am 
Rennweg zu Wien, wo mehrere römische Alterthümer ah den Tag gefördert wurden, auch ein altes 
Schwert ausgegraben worden. Dasselbe habe anfanglich keine Beachtung erhalten. Von dem Grazer 
Trödelmarkt, wohin es zuerst gekommen, habe es endlich seinen Weg in die Waffenkamlner des 
Freiherm von Dietrich (nunmehr des Fürsten Sulkowski) zu Feistriz gefunden, der es um 1820 dem 
Geschichtschreiber v. Hormayr mittheilte, welcher es in seiner „Geschichte Wiens^ beschrieb und 
abbilden liess *^). 



1) Ihre Namen sind ans den kaiserlichen Militärdiplomen zu entnehmen: von Titus J. 80 bei Arneth, Hil. Dipl. 
p. 33 ; von Domitian J. 85 bei A r n e t h p. 39 ; von Trajan J. 114 bei r e 1 1. n. 6857 a ; von Hadrian J. 138 bei Car dl n a 1 i 
dipl. mil. p. XXXVII; von Antoninns Pias bei Arneth p. 67 und von demselben Kaiser J. 154 bei Arneth p. 64. 

2) Ala I. Civium Romanor. (Italicor. Voluntarior.). Coh. XVin Volnntarionim. 

3) Ala Gallorum catafractorior. Coh. V. Gallorum. 

4) Ala I. Frontoniana — Tungrorum. 

5) Ala I. Britannica. Coh. I. Britannica. Coh. I. Brittonnm. Coh. II. Nervia Brittonum. 

6) Ala I. Cannanefatiam. 

7) Coh. I. Alpinorum equitata. Coh. I. Alpinorom peditata. Coh. I. Hontanorum equitata. Coh. I. Montanorum pedi- 
tata. Coh. I. Alpinorum. 

8) Alae I. Hispanor. Aravacorum. Ala II. Hispanor. Arav. Coh. I. Hispanonim. Coh. II.Hispanor. Coh. I. Lncensinm. 
Coh. II. Asturum et Gallaecorum. Coh. V. Gallaecorum et Lncensium. 

9) Coh. I. und III. Lusitanorum. 

10) Coh. VIII. Raetorum. 

11) Coh. I. Noricorum. 

12) Ala Pannoniorum catafract. Coh. I. Ulpia Pannoniorum. Coh. V und VII Breucornm. 

13) Ala I. Thracum. Ala III. Thracum Sagitariorum. Coh. I. Thracum equitata. Coh. IV und VL Thraoum. 

14) Ala I. Gaetulorum. 

15) Coh. I. Ituraeoruni. 

16) Hormayr*8 Wiens Geschichte I. 2. S, 159. Die Abbildung ist im Anhang zum 3. Heft geliefert 



Beiträge zur Geschichte der rümischen Legio X Gemina. 1^67 

Hormayr liefert davon folgende Beschreibung: „Das Schwert -zählt vom Griff (von idem derselbe 
bemerkt, dass er offenbar dem Mittelalter angehöre, und erst hinzu gemacht worden sei) bis an die Spitze 
12y4 Zoll und i9t am Griff 3 Zoll breite die Spitze scharf; die eine Seite sägenartig ausgezackt, der ganze 
Bau flammenartig ; die eine Seite weiset eine gewöhnliche Lagertrophäe und den Legionsadler, wie er auch 
schon bei Fuhrmann erscheint, darunter zwei Parallelepipeden mit der X. doppelten getreuen Legion* 
Auf dem einen in erster Zeile L G. , in zweiter LEG. X. G. P. F. M, Auf dem andern : LEG. X. G. P 
Darunter L. F. M. G. Darüber in einer eigenen Verzierung eingefasst, oben: M. A. V. D. Darunter 
FABIANA. COHORS. M. VINDOBON. Dazwischen läuft eine Art von Pyramide hinauf, auf der die un- 
deutlich gewordenen Striche, entweder einen Elephanten, auf dem sein Treiber steht, oder die Wölfin, 
das gewöhnliche Coloniezeichen , darstellen, oder gar, jedoch in schwankenden, ausgespreitzten bar- 
barischen Charakteren MIN. gelesen werden könnte?! — Darunter wie zwei einander gegenüber- 
stehende Medaillons, ein zwar nicht belorbeerter Kaiserkopf und A M oder V unten, wie zur Verbin- 
dung zwischen beiden Medaillons IMP. X. Das andere Medaillon: auf einem Opferaltar, ein sich yon 
den Knien, gleichsam die Wolken beschwörend, emporrichtendes, mit beiden Armen einen Pfeil empor- 
hebendes Weib , die Buchstaben daneben sind am meisten beschädigt, links C oder 0, rechts lOL^ 

Hormayr zweifelt nicht an der Echtheit des Schwertes und der darauf befindlichen Inschrift, trotz 
aller Bedenken, die dagegen erhoben werden könnten, um so weniger als längst festgestellt sei, durch 
die Steine bei Lazius *) und durch in Petronell gefundene Ziegel *) , dass Vindobona ein Municipium, 
und dass dort eine fabianische Gehörte gewesen sei. Doch gibt er im Widerspruch mit sich selbst an 
einem andern Orte fast zu ^) , dass wir nichts probehaltiges von einem Municipium Vindobona wtlssten, 
und er gesteht ^), dass Lazius, dem es begegnete slavische Inschriften ftir römische zu lesen und der 
Überhaupt mit der genügsamsten Zuversicht das Fehlende ergänzte, und das gar nie Vorhandehe hinzu- 
setzte , ein höchst unzuverlässiger Gewährsmann sei. Kenner müssten nur scheu und umsichtig Schlüsse 
auf Denkmale, ja selbst auf urkundliche Bruchstücke bauen, die sich fast nirgends als beim Lazius 
vorfinden. 

Dessenungeachtet erklärt Hormayr, dem selbst auch Form und Stoff der Waffe mit Recht 
barbarisch erscheinen, sich endlich doch dahin: es. sei die Waffe von einer Auxiliar-Cohorte der Leg. 
X Gemina gewesen. Letztere sei nach langem Aufenthalte in Dacien (? !) in späterer Zeit wieder in ihre 
erste (? !) Garnison nach Vindobona zurückgekehrt. Das Schwert mit der Erwähnung der leg. X Gemina 
und der fabianischen Gehörte sei aus sehr später Zeit des ganz gesunkenen, alles überladenen, alles 
durcheinander wirrenden Geschmackes *). 

Es wäre ein müssiges Unternehmen, Hormayr's abentheuerliche Ansicht und Auslegung Schritt 
für Schritt widerlegen zu wollen. Seine eigene widerspruchsvolle Darlegung entzieht schon seiner An- 



1) Im Jahre 1544 soll eine Steininschrift in Wien gefanden worden sein, welche Lazius in verschiedenen Lesungen 
gibt, und die sich nicht mehr im Original erhalten hat : schon der berühmte Lambecius ikonnte sie nicht mehr auf- 
finden. Hormayr, Wiens Gesch. L 1. S. 94 theilt sie nach Lazius mit: DEOR • PKOS ERITATI'G-M- A 

C • MARTI AN I VS • DEC • MVN. | VINDO • VATES • | AEDIL • U • VIR • I • | PRAEF- COH | PABJ ; 

y * S ' L *M. Hormayr gesteht (I. 2. S. 164) selbst zu, dass sie in verschiedenen Schriften des Lazius, wo sie mif 
getheilt wird, auf dreierlei verschiedene Weise gelesen wird, und einmal sogar das Wort MVNicipium fehle. 
Clusius, der die Inschrift fUr Gruter*s Sammlung abschrieb, las für COH'FABI etwas ganz anderes: COH' APR, 
welches man mit Leichtigkeit in COH * AFRorum umändern könnte, wenn man eine echte Inschrift vor sich bfitte. 

2) So wie der angeblich zu Lanzendorf gefundene, aber nicht mehr vorhandene Römerstein mit den Worten* 
FABIANA • COHORS | VINDOBON . . . | MVN .... 

3) Hormayr 1. c. L 2. S. 164. 

4) Hormayr L c. I. 1. S. 85. Vgl. S. 86. 

5) Hormayr 1. c. L 2. S. 167. 

V. 33 



'gjg Joseph Aschbach, Beiträge zur Geschichte der rdmischen Legio X Gemiiia. 

mthme von dem Alter und der Eehtheit des Schwertes and der darauf befindliehen Inschrift jede eigent- 
liche Begründung und allen Werth. 

Ohne allen Zweifel verhält es sich mit der Sache folgendermassen. Ein Epigraphiker solcher Art, 
wie der italienische Inscfariftenfälscher Ligorio einer war, der von einem Municipiam Vindobona nnd 
.einer Cohors Fabiana ans den La2ischen Inschriften Kenntniss hatte y der auch wusste, dass die Leg. X 
Gemina.Pia Fidelis in Vindobona ihr Standquartier gehabt und dass der Kaiser Marcus Aurelius daselbst 
bald nach eiußm ttber die Germanen mit Hülfe der Donnerlegion erfochtenem Siege sein Leben geendigt 
hatte, *- suchte die Alterthumsforscher zu mystificiren und das gelang ihm vollständig bei denen, die 
jinr oberflächliche Kepntniss von den rOmiscben Alterthttmem besasseu; wie dieses auch bei Hormayr 
der Fall war. Er legte seinen Betrug so plump an , dass er nicht einmal ein altes römisches Schwert, 
«ondem eines aus. dem Hittelalter nahm, auf dem er seine Mystification ausftihrte. Es sollte überliefert 
werden : die zu der leg. X Gemina Pia Fidelis Marci gehörige Cohors Fabiana des Municipium Vindobona 
habe- dem Kaiser Marcus Aurelius, als er mit Hilfe des Jupiter Pluvius die Feinde überwunden, und 
4aftlr die zehnte Imperatoren - Begrüssung erhalten hatte , das Schwert gewidmet. 

Der Fälscher besass so geringe epigraphische und antiquarische Kenntnisse, dass sein Mach- 
werk überall sichtlich den Betrug verräth. Die zehnte doppelte Legion ftlhrte nie den Beinamen 
Marci (oder Marciana), oder irgend ein Prädicat mit dem Buchstaben M an der Spitze, wie Martia, 
Macedonica etc. Wenn ein Cohors Fabiana wirklich im Standlager zu Vindobona ihr Quartier gehabt, 
80 gehörte sie nicht der bürgerlichen Communität, dem Munieipinm an , wie etwa eine Magistratur, son- 
dern der zu Vindobona liegenden grösseren Heeresabtheilung. Sie konnte dann nur ein Theil der leg. 
X Gemina sein ; die Legionscohorten aber wurden nur durch Zahlen , nicht durch besondere Namen wie 
die Auxiliarcohorten unterischieden. Eine Auxiliarcohorte aber lag nicht im Legionslager. — Die an der 
Spitze stehenden Buchstaben MA. V. D und die zum Schluss folgenden IMP. X., womit der Fälscher offen- 
bar ausdrücken wollte : Marco AVrelio Dedicavit — IMPeratori X sind gegen allen epigraphischen Ge* 
brauch hinsichtlich der Abkürzung, der Punctirnng, der Kaiserbezeichnung, der Wortstellung. Wenn 
die zehnte Imperatoren-Begrüssung angegeben wurde, so durfte die Zahl der Erneuerung der Tribunitia 
Potestas und des Consulats nicht fehlen. Das eine Medaillon mit dem Kaiserkopf und den Buchstaben 
AI sollte auf M. Aurelius , das andere mit der den Blitz schleudernden Figur und den Buchstaben lOI 
(i. e. I ' * M Jovi Optimo Maximo) auf den . donnernden Jupiter Pluvius gehen , mit dessen Hilfe die 
legio fulminatrix ') , woftlr die zehnte doppelte Legion fälschlich gehalten wurde, dem Kaiser den Sieg 
erkämpfte und in die Flucht schlug. 

Indem somit der Betrug unzweifelhaft feststeht ^), so verdient dieses Schwert mit seiner Inschrift 
keine weitere Berücksichtigung in der Geschichte der Legio X Gemina : dasselbe spricht auch weder 
ür die Existenz der Cohors Fabiana, noch lässt sich dadurch ein Beweis für die Behauptung beibrin- 
gen, dass Vindobona ein Municipium gewesen sei. 



1) Die zwölfte Legion, welche ihr Standlager in Cappadocia hatte, fahrte den Beinamen Fulminatrix. Vgl. DioCass. 
LV, 23 und LXXI 8. 

2) Vgl. fibrigens bezügUch auf die Unechtheit dicBes s. g. Römer -Schwertes auch Berichte und Mittheilungen des 
Alterthums- Vereines in Wien I. S. 57. Not. 5. 



Ober den alraun. 



VON 



A. E. V. FEBGEB. 



in der AnsBtellang, die der Wiener-Alterthumsyerein im verflossenen Jahre veranstaltete, und in 
welcher eine so grosse Zahl der herrlichsten und interessantesten Gegenstände mittelalterlicher Kunst 
zu sehen waren , befand sich auch ein sehr kleines Glaskästchen mit einer höchst abenteuerlichen 
Figur, welche die Aufmerksamkeit der Besucher nieht wenig in Anspruch nahm, obwohl sie weder 
künstlerischen noch Goldeswerth besass, aber es war ein höchst seltenes Ding, nämlich ein Alraun» 

In der That es war ein Alraun. Und wenn seine Echtheit auch nicht von Kennern bekräftigt 
worden wäre, so würde sich dieses Alräunchen doch selbst als solches bestätigt haben, denn als es am 
Schlüsse der Ausstellung wieder in seine alte Heimath zurtlck gebracht werden sollte, war es — recht 
nach Alraunenart -^ plötzlich nicht zu sehen und warde erst nach einiger Zeit und an einem Ort gefun- 
den, wo man es am. wenigsten vermuthet hätte« Von einem solchen Alraun ist es auch der Mtthe werth, 
etwas zu schreiben. 

Die Germanen genossen schon in den ältesten Zeiten den Ruhm, dass sie die Frauen mit einer 
besonderen Verehrung betrachteten und der Grund davon mag vielleicht darin liegen, dass sich unter den 
germanischen Frauen viele befanden, die mit aussergewöhnlichen Gaben beschenkt waren. Tacitus 
erzählt von solchen weissagenden Frauen und führt eine derselben (C. 8.) mit dem Namen Aurinia 
an, die aller Wahrscheinlichkeit nach, eigentlich Alruna (die Wissende) hiess, was sich dadurch 
bestätigen dürfte, dass Jemandes *) erwähnt, es habe König Filiner magische Frauen angetroflfen, 
welche sich AliorumnaC; Aljrumne; Aliuruncae u. s. w. genannt hätten, woraus wieder hervorgeht, dass 
das Wort Alruna nicht ein Personenname sei, sondern dass er einer gewissen Kaste von Frauen ange- 
höre, die sich mit Weissagen, Opfern und zauberischen Dingen beschäftigten. Dass das Wort Alruna 
oder Allruna von rüna » Geflüster, abstamme, ist zu bekannt, um näher erörtert zu werden ^). Dafbr 
sei aber erwähnt, dass diese Frauen, mindestens nach Aventinus '), dem freilich nicht jederzeit zu trauen 
ist, weiss gekleidet waren, dass sie Gürtel von Erz und lang herabwallendes Haar trugen und aus dem 
Blut der geopferten Kriegsgefangenen die Zukunft verkündigten. 



1) De reb. goth. C. 24. 

2) Vgl. Graff, „ahd. Sprachschatz*' 11. 523. Schmeller „Bayer. WB.** IIL 97. Grimm. „Myth.** 1158. u. A. 

3) Annal: Boj. I. 7. 

34 * 



1^60 A. B. y. Perger. 

Von cUesen Frauen wurde später der Name auf die Wurzeln gewisser Kräuter tfberiragen, denen 
man geheime Kräfte Euschrieb. DerUrsprung eines solchen Glaubens an zauberisehe Kräfte einer Wurzel 
ist hier aber nieht bei den Deutschen; sondern bei den Griechen zu suchen. Diese hatten nämlich^ vielleicht 
von den Aegyptern , vielleicht von einem morgenländischen Volk eine Wurzel kennen gelernt^ welche 
einige Ähnlichkeit mit der Gestalt des Menschen besass und von ihnen gewöhnlich Mandragora genannt 
wurde. Sie hiess aber auch wie Dioskorides angibt '); Antimelon, DirkaiaU; Kirkaian, Antimenion und* 
Bombochylon; bei den Aegyptern: Apemoun^ bei Pythagoras: Antropomorphon , sonst auch Aldergin^ 
Thridakian und Kammaron, bei Zoroaster : Diamon^ bei den Römern : mala canina oder mala terrestria, 
bei Columella ^) aber : Semihominem. > Sie hatte einst eine grosse medizinische Anwendung, Dioskorides 
schrieb ein besonderes Capitel darüber ') und Plinius verfasste eine eigene Abhandlung *), welche von 
allen späteren Autoren treulich nachgeschrieben wurde ; doch erwähnt Dioskorides noch nichts von ihren 
Zauberkräften und noch weniger von abenteuerlichen Ceremonien bei dem Ausgraben , deren übrigens 
schon Theophrastus Eresius einigermassen gedachte; indem er sagt ^), man mttsse die Wurzel dreimal 
mit einem Schwert in der Hand umschreiten und beim Graben das Antlitz gegen Sonnenuntergang 
wenden; wobei zugleich ein Gehtllfe im Kreise umherspringen und viel von Liebeswerken sprechen soll. 
Dioskorides scheint zu verständig gewesen zu seiu; uni diesen Angaben Theophrasfs Glauben zu 
schenken. Seine Nachfolger flochten aber die Sage von der Mandragora sogleich wieder ein. So finden 
wir in der berflhmten griechischen Handschrift der k. k. Hofbihliothek (God.medicus graec. Nr. 5); welche 
die Pflanzen des Dioskorides in alphabetischer Ordnung und mit Abbildungen bringt; auf dem vierten 
Blatt Dioskorides sitzend dargestellt; dem die Evresis gegenüber steht; welche die Mandragora in der 
Hand hält; unter der sich ein sterbender Hund zeigt *). Auf dem folgenden Blatt ist wieder die Evresis 
vorgestellt; welche die Mandragora in der Hand hält. Rechts sitzt ein Maler und zeichnet die Mandra- 
gora ab; ihm gegenüber sitzt Dioskorides ; der über die Wurzel zu schreiben scheint. Am meisten 
kam die Mandragora aber durch Josephus Flavius in Ruf; der folgendes von ihr sagt : 

;, — Vallis autem; qua civitas (Machaeruns) a parte septendrionali cingitur; quidem locus Barras 
appellatur; ubi radix eodem nomine gignitur: quae flammae quidem assimilis est colorC; circa vesperam 
vero veluti jubare fulguranS; accedentibus eamque evellere cupientibus facilis non est; sed tam diu 
refugit; nee prius manet; quam si quis urinam muliebrem; vel menstruum sanguinem super eam fuderit. 
Quin etiam tunc; si quis eam tetigerit; mors certa est; nisi forte illam ipsam radicem ferat de manu 
pendentem. Capitur autem alio quoque modO; qui talis est; totam enim circumfodiunt; ita ut minimum 
ex radice terra sit conditum; deinde ab ea religant canem : illoque sequi eum a quo relegatus est cupientC; 
radiz quidem facile evellitur: canis vero continuo moritur: tanquam ejus vicC; a quo herba toUenda erat; 
traditus. Nullus enim postea accipientibus metus est. Tantis autem periculis propter unam vim capi eam 
operare precium est. Nam quae vocantur daemonia; pessimorum hominum spirituS; vivis immersa; eosque 
necantia quibus subventum non fuerit; haec citO; etiam si tantummodo admoveatur aegrptantibus abigit.^ 

Wir finden hier also den in der oben angeftlhrten Handschrift gemalten; sterbenden Hund; der 
dazu benützt wurde, die tödtliche Wurzel aus dem Boden zu ziehen. Die gelehrten Rabbiner des 



1) Lib. IV. Cap. 7b. 

2) De re mst X. 19. 

3) a. a. 0. 

4) L. 25. C. 13. 

5) L. IX. C. 8. 

6) AbgebUdet in N e s s e 1 s Catalog. Cod. manuBcr. Bibl. Caesar. Yindob. P. III. p. 8, Lat £. F« and bei L a m b e c. Oomment. 
de Bibl. Caes. Lib. H. p. 211, 215. 



Ueber den Alraun. 261 

Mittelalters stützten sich aaf den Aassprncli des Josephus und behaupteten; dass die Wurzel Dndaim, 
1108 welcher Laban seine Hansgötzen schnitzte; welche dann von der Rachel gestohlen wurden^); 
ebenfalls die Mandragora gewesen sei. Ebenso sollen die Liebesäpfel; durch welche sich Lea den 
Betschlaf ihres Gatten verschaffte ; der die Kachel mehr liebte als sie , die Frttchte der Mandragof a 
{fii^JLa fcov^^ayop«) gewesen sein. Die hieher bezügliche Stelle aus der Genesis (C. 30. V. 14—17) lautet: 

„Rüben ging aber aufs Feld zur Zeit der Weizenemte und fand Alraunen ; die er seiner Mutter 
Lea brachte. Und Rachel sprach : gib mir von den Alraunen deines Sohns. Sie aber antwortete : Dttnket 
CS dir wenig; dass du mir meinen Mann genommen; willst du auch die Alraunen meines Sohnes nehmen? 
Und Rachel sprach : So mag er diese Nacht bei dir schlafen fttr die Alraunen deines Sohnes ! Da nun 
Jakob Abends vom Felde kam; ging ihm Lea entgegen und sprach: Zu mir sollst du geheu; denn ich 
habe dich erkauft für die Alraunen meines Sohns. Und er schlief diese Nacht bei ihr. Und Gott erhörte 
ihr Gebet und sie empfing und gebar ihren flinften Sohn.^ 

Dass die Mandragora den Geschlechtstrieb anregC; findet mau auch im hohen Liede Salomons 
angedeutet. Die Braut sagt nämlich ^) : „Früh Morgens wollen wir in die Weinberge gehen ; dass wir 
seheu; ob der Weinstock blühe; ob die Fruchtblttthen sich aufgethan; ob die Granatäpfel geblüht haben ; 
dort will ich dir meine Liebe geben. Die Alraunen geben ihren Geruch ; in unserem Hause sind allerlei 
Frttchte ; neue und alte; die hab' ich; mein Geliebter; dir aufgehoben.^ 

Man unterschied eine männliche und eine weibliche Mandragora; die erstere war weiss und hiess 
ArseU; Morias und HippophlomoS; und die weibliche war dunkler an Farbe. Beide aber waren so giftig; 
dass schon ihr Geruch betäubte ; wesshalb man sich beim Ausgraben so stellen musstC; dass man den 
Wind im Rücken hatte '). Die Mandragora (Mandragora officinaliS; bei Linn6: Atropa Mandragora) soll 
ihren Namen von dem Wort fiayde'^ » Stall; Höhle erhalten haben ; weil die ersten dieser Wurzeln in 
Höhlen gefunden wurden; in denen HausthierC; besonders Schweine eingestallt waren. 

Ein Glossar aus dem neunten Jahrhundert ^) erwähnt die Mandragora mit folgenden Worten : 

„Mandragoras fructus similis pomi in illa herba nascuntur; et habent duorum sexum; masculinum 
etfemininnm; et in radicibus ostendit similitudinem feminae et est fertiliS; et dicitur; qui eam eradicät 
non posse vivere." 

Die Handschrift der k. k. Hofbibliothek zu Wien ; Nr. 2898; welche im Jahr 1470 beendet wurdC; 
sagt (Fol. 72.b) vom Alraun: 

„Das crawt haisset Alron oder Alrawn zu deutsch; und latein Mandragora. Das crawt leucht pey 
der nacht als ain chertzen. Und wenn du ir haubt ersiehst so umb reys sy pald mit eisen; das du sy nicht 
verlierst. Wann des crawtes natur ist; das es fleucht all sündig menschen dy zu jm komen. Doch solt du 
das crawt mit dem eysen nicht anrueren. Und darumb wann du darzue grebst so hab ain helfenpain vnd 
wenn du ire fuess ersechst vnd dy hennt; so pind das crawt mit ainem newen pand; vnd pind das pand 
einem hunnt an den hals der hungrig sei; vnd leg dem hunnt ein wenig verr dy speiss für; so zeucht der 
bunnt das crawt auS; oder pind das pand an ein snalleU; so vert es aus und so druch dann den saft aus 
und behalts in einem glas.^ 

Der Alraun wird dann als sehr heilsam gerühmt; der Saft hilft gegen Hauptweh wenn man die 
Stime damit bestreicht; und das Öl gegen Öhrenschmerz. Weicht man „von der wurczen laib ein teil^ in 



1) Genesis. C. 31. V. 19 u. 34. 

2) C. 7. V. 12. 13. 

3) PKnius XXV. 94. 

4) In der Beichenauer-Handscbrift. Nr. 86. Fol. 37. a. zu Karlsruhe. S. Mone's „Anzeiger.** III. 202. 



262 A. B. V. Perger. 

Wasser; so schiltst dieses vor der fallenden Sucht. Bindet man Alraunpulver auf die rechte Hand und auf 
den rechten FusS; und trinkt dazu sieben Tage lang den Absud der Wurzel; so wird man vom Podagra 
geheilt. Endlich schlitzt die Alraunpflanze auch vor magischen Einflttssen: „heng es auf" — heisst es 
am a. 0. weiter — „mitten in dem hauS; so schadet kein zauber." 

Konrad von Meydenberg sagt in seinem „Buch der Natur" *) von Alraun: 

„Mandragora heyst ein alran, daz kraut ist heiss und trncken und wechst in den landen gegen 
der sunnen aufgang und heisst sein wurczel labro die gleicht dem menscheu; als Avicenna spricht. 
Vnd ist zweyerley, sye vnd eer, vnd der eer hat pleter geleich pilsenpleter; aber die sy hat pleter 
als lactuckenpleter; doch seind alrauns pleter scherpfer. Dye wurcz assen Kinder^ da sy es zum ersten 
fundeU; vnd stürben ir vil davon, aber etlichen kam man zu hilff mit butter vnd mit hOnig. Das kraut 
treit öpffel; die schmecken gar sch(5n vnd heissen erdöpffel; doch seind es ander erdöpffel dann diC; 
davon vor gesagt ist." 

„Der alran wurcze vnd ir rind vnd ir bleter und ir frttcht seind gut zur arcznei und band die 
krafft; daz sy zusammen ziehen und nagent. Wilt du einen schlaffen machen, der in einer sticht leyt, 
so nym alranpulver und misch daz mit frawenspyn und mit eyer-clar, und leg im daz mit einem 
pflaster auf die stirn und bey den oren auf die schiäffe. Wider den haubt-schmerzen der von hycz 
kumpt; sol man des krauts bleter stossen and auch auff die schiäff legen." 

„Send sein wurczel mit wdyn und gib es dem ze trinken, dem man seine glieder sol abhacken, 
der besynt des schmerczes nit von übrigem schlaff. Wenn man des krauts wurczel ein teil in wein legt, 
so macht ez desto mer trunken, und das tut allermeist des emen (die männliche) wurczel. Aber der die- 
selbe wurczel vill nilczt und vil dazu schmeckt, daz bringet im daz vallend leyde, das ze latein Apo- 
plexia heist. Man seczt auch den frawen etwas under von der wurczel zeher, das zieht die geburt auss. 
Der alransam reinigt die muter in den frawen, und wann man in mischt mit schwebel, der nye kein feur 
hat anberttert, und sein raw (Rauch) darüber siezt, so benympt er in der muter flusz." 

Ein anderes Kräuterbuch aus dem XV. Jahrhundert erzählt, ebenfalls nach Avicenna, dass die 
Alraunwurz „werd gegraben unter dem galgen, kumm von der natur (sperma) eines hangenden diebs" 
sagt aber, dass diese Angabe falsch wäre und dass es ein Kraut sei mit grosser Wurzel. Es heisst dann : 
„Derwurtzeln rinden bruchet man in der ertzeney, wiewol etlich falsch betrieger schnyden uss der wurtzeln 
brionii, in ttttscher zungen hundskirbs , die gestalt eines menschlichen gebilds und faden von reinen gam 
gezogen mit einer subtilen nadeln durch ire häubter, in gestalt des bares, und abgeschnitten nach ihrem 
begeren, dann gelegt in ein lietem (feuchtes) erdreich, so gewinnet es die färb einer wurtzlen, und 
verkaufen es fllr die wurtzel Alrun *)." 

Auch Leonhart Fuchs erwähnt in seinem Kräaterbuche(S.201) dieses Betrugs, indem er sagt: 

„Die landstreicher, oder dass ich sie recht nenne, die landscheisser, tragen wurtzel hin und 
wider feyl, die seynd nit also von sich selbs gewachsen, sondern auss den rohrwurtzeln vorhin also 
geschnitten das sie eine menschliche gestalt überkommen, dieselbige setzens darnach widemmb in, so 
werden solche wurtzeln darauss ; mit bar, hart und anderen dingen einem menschen ähnlich. Darzu liegen 
(lügen) sie noch vil mehr, das man solche wurtzel muss under dem galgen graben mit ettlicher ceremonien 
und teuffelsgespensten. Das hab ich hie wollen anzeigen, darmit sich eyn yeglicher vor solchen buben 
wisse zehüten." 



1) Augsborger Ausg. v. 1487. Fol. Ohne Seitenzahlen. 

2) S. Panzer „Beiträge.** II. 205. Matthioli erzählt in seinem Commentar zur Dioskorides (IV. 71. 7. 586) etwas Aehn- 
Hohes. Noch weitläufiger ist Tabernamontanus in seinem Kräuterbnch t. 1687. S. 979. 



lieber den Alraun. ^ 269 

Da88 imXYI. Jahrhundert der Glaube an den glfiekbringenden Airann sehr verbreitet war, geht 
nnter widerem aneh aus einer Aufeeiehnnng des Del Rio hervor, in welcher er sagt: 

„Als ich anno 1678 das richterliche Ampt anoeh verwaltet ist mir under eines beklagten Lieen- 
tiaten confiscirten Schriften, neben einem mit wnnderlichen Charakteren , Buchstaben und Zeichen er- 
fttUten Zauberbuoh, auch ein Lädlein wie ein Todtensarg formieret, zur Hand gekommen , in welchem 
ein alt schwarz Alraunmännlein gelegen mit. sehr langem Haar, aber ohne Bart, welches zu Zauberei und 
Vermehrung des Geldes gebraucht worden. Ich habe die Arm von dem Alraun weggerissen« Die welche 
das gesehen, haben gesagt es werde mich zu Haus ein gross Unglück angehen. Ich habe aber dartther 
gelacht und gesagt, wer sich förchte der könne wohl hinweg gehen. Ich habe endlich das Buch, L&dlein 
und Alraun-Männlein in das Fewr geworfifen und hievon keinen anderen Geruch als von einer ver- 
brlinnnten Wurzel gerochen." — 

Del- Rio war also ftir seine Zeit sehr aufgeklärt und seine Kühnheit einen Alraun zu ver- 
brennen, mochte wohl ftlr verwegen gegolten haben. Indessen ist es doch Schade, dass er den Alraun 
und besonders dass er das Zauberbuch vernichtete, da solche Denkmale sehr selten geworden sind. Auch 
An hörn spricht in seiner Magiologie ^) vom Alraun und liess ihn auf dem Titelkupfer zwischen einem 
Wahrsager und einem Grystallseher abbilden. Er sagt, dass der Alraun von „Gottes und ihres Heils ver- 
gessenen Leuten" unter den Galgen und Hochgerichten gesucht werde, dass er aus dem von Gehenkten 
ausgelassenen Harn wachse, dass er mittelst eines schwarzen hungrigen Hundes gegraben und heimlich 
in einem Kästchen aufbewahrt werde, dass er zu gewisser Zeit gebadet, täglich mit dem NCthigen ver- 
sorgt, und in gewisser Frist mit einem neuen Gewand bekleidet werden müsse. Er führt ferner an, dass 
dieser Heinzelmann oder Hausgott zum Wahrsagen , zur Vermehrung des Geldes und zur Fruchtbar- 
machung der Hausfelder diene, dass er aber, wenn er nicht gehörig geehrt wird, schreie und weine wie 
ein kleines Kind. In der Folge ^) fügt Anhorn hinzu : 

„Dieser Alraun ist nichts anders als eine natürliche Wurzel, in und bey deren der lebendige 
Teufel selber sich den Geitzigen zu dienen , darstellet, damit er von ihnen als ihr Gott und Gutthäter 
hinwiederumb geehret werde — und reisset endlich die Seele anstatt des Zinses in den Abgrund der 
Höllen." 

Nicht uninteressant ist es, dass Jeanne d'Arc einen Alraun gehabt haben soll. Man liest davon 
unter andern in ihrem Verhör *) : 

„Interrogata quid fecit de sua mandragora, respondit quod non habet mandragoram, nee nunquam 
habuit. Sed audivit dici quod prope villam suam est una, et nunquam vidit aliquam. Dicit etiam quod 
audivit dici quod est res periculosa et mala ad custodiendum , nescit tamen de quo deservit." 

„Interrogata in quo loco illa mandragora est, de qua loqui audivit, respondit quod audivit dici quod 
est in terra, prope illam arborem, de qua superius dictum est, sed nescit locum. Dicit etiam sc audi- 
visse dici quod supra illam mandragoram est una corylus" etc. 

Hildegardis schrieb in ihrer „Fhysica" ^) ebenfalls über die Mandragora, wie denn auch die Liter 
ratur über den Alraun, die ich, soweit sie mir bekannt wurde, am Schlüsse anflihren werde, ziemlich 
ansehnlich ist. 



1) Del Rio. „Disquisitiones magicanim." Lovanii 1599. 4. L. IV. C. 2. Qu. 6. §. 4. 

2) Magiolo|:ie oder christl. Warnung für den Aberglauben. Basel. 1674. 8o ^ Pars. II. 6. 3. 885. 

3) Das. 888. 

4) Quicherat. „Procös etc. de Jeanne d'Arc.** Paris 1841. 8« T. L p. 88. 

5) Lib. n. C. 102. 



864 - A. B. V- Pergcr. 

Die Mandragora; welche wegen ihrer Schlaf bringenden Kraft auch von Hamilkar zu einem Sieg 
benützt wurdC; indem er sie seinen Gegnern; den Ljbiem unter den Wein miBchen liess , heisst auch 
ToUwurz '), Judenzopf (im französischen : queue des juifs) und Pfaffenniännlein. Sie wurde im Norden zu 
Zanberwerken eigens angepflanzt. Prätor ius'^) sagt; dass siC; wenn man sie im Sommer in ein Ge- 
mach legt ; den Menschen so schläfrig machC; dass er sich; wenn sie auch im entgegengesetzten Ende 
des Zimmers sei; nicht eher des Schlafes erwehren könne ; bis man sie wieder hinwegnimmt; und in der 
Schweitz soll man noch jetzt den Kindern ; welche nicht schlafen können ; die Schläfen mit einem Absud 
der Mandragora bestreichen '). Wenn man Abends die Blätter der Pflianze isst; soll man in der Nacht 
wunderliche Träume bekommen ^) und die Hexen sotten Alraunwurz und Kröten ; wenn sie ein Unwetter 
brauen wpUten *). 

Ich flihre alle diese Angaben aU; weil unser Akaun ein wunderliches Gemengsei von der Mandra- 
gora der Griechen; von den germanischen Alrunen ; den Gnomensagen und von neuerem Aberglauben 
ist. Die natttrlichstc Erklärung dflrfte' aber die sein, dass die Gelehrten und Ungelehrten von der Mandra- 
gora gelesen oder gehört hatten und dass dann jene Landstreicher; von denen Leonhard Fuchs 
spricht; in Ermanglung der eigentlichen Mandragora; die nur im Süden von Europa wächst; andere 
Wurzeln die einC; freilich nur sehr entfernte Ähnlichkeit mit der menschlichen Gestalt haben ; dazu 
benützten; den Alraun darzustellen und ihn den Leichtgläubigen zu verkaufen. Diese Betrüger gaben nun 
auch vor; dass die Alraunwurz nur aus dem Harn eines Erbdiebes entstehen könnC; d. h. eines solchen; 
in dessen Familie das Stehlen erblicher Hausgebrauch war; oder dessen Mutter während sie mit ihm 
schwanger ging; ein besonderes Gelüsten zum Stehlen hatte. Immer aber wurde der Alraun unter einem 
Galgen gefunden; wesshalb er auch den Ehrentitel : Galgenmännlein erhielt. Legte man diesem Galgen- 
männlein Abends ein Stück Geld bei; so fand man es am Morgen doppelt wieder; man durfte den Alraun 
aber nicht zu sehr in Anspruch nehmen und legte gewöhnlich nur einen halben Thaler und nur in beson- 
deren Fällen einen Dukaten zu ihm ; mehr war aber in keinem Fall erlaubt. Auch mit der Erbfolge hatte 
es eine eigene BewandtnisS; denn nicht der Erstgeborne; sondern der jüngste Sohn erbte nach dem 
Tod des Besitzers den AlrauU; musste aber seinem Vater ein Stück Brot und eine Geldmünze in den 
Sarg legen. Starb jedoch der jüngste Sohn vor dem Vater; so erbte der Erstgeborne •). Dass solche 
Alraune oft um ziemlich viel Geld angekauft wurden; geht aus einem Brief eines Leipziger Bürgers an 
seinen Bruder zu Riga hervor. Dieser Brief wurde im Jahre 1675 geschrieben. Keyssler theilt ihn in 
seinen „Antiquitates" ^) mit und weil er wirklich sehr charakteristisch ist; möge er hier folgen. 

^^Brüderliche Liebe und Treue und sonst alles Gute bevor; lieber Bruder. Ich habe Dein Schreiben 
überkombeu; und zum Theilss genug wohl darauss verstahU; wie dass du lieber Bruder bissher an 
deinem Huss und Hoffe gross Schaden genommen hast dass dir deine Rinder; KühwC; Schweine; Schaffe; 
PferdC; Alles absterben; dein Wein und Bier versawren in deinem Keller; und deine Nahrung ganz und 
gar zurücke gehet; und du ob dem allens mit deiner lieben Haussfrawen in grosser Zwietracht lebest, 
welches mir von deinetwegen ein gross Hertzleyd ist zu hören. So habe ich mich nu von deinetwegen 
höchlich bemühet und bin zu Leuten gangeu; die solcher Dingk Verstand haben ; hab Rath und That von 



1) Herbarius Mogunt.'s. ao. f. 49. a. 

2) Anthro od. IL 165. 

3) Roch holz „Kinderlieder.'' 338. 

4) Helwig „Zauberarzt/ 97. 

5) Montanus nVolksgebräuche*" etc. I. 112. 6. 

6) Grimm „Deutsche Sagen.** I. Nr. 83. 

7) Antiquit sei. septentrion. et celt. S. 461. 



Ueber den Alraun. 265 

deinetwegen bey ihnen suchen wollen und hab sie auch darnebenss gefiraget^ woher du solches Ungelttke 
haben mttssest. So haben sie mir geantwortet, du hättest solches Ungelttcke nicht von Gott, sondern von 
bössen Leuthen; und dir kunte auch nit geholfen werden, du hättest dann ein AUruniken oderErtmänneken 
und wenn du solches in deinem Hauss oder Hoffe hättesf, so wflrde es sich mit dir wohl bald gantz 
anderss schicken. So habe ich mich nu von deinetwegen fernerss bemtthet; und bin zu den Leuten 
gangen die soliches gehabt haben, als bej unserm Scharffrichter und ich habe ihme dafür geben alss 
nemlich mit 64 Thaler und des Bttttelss seinem Knecht ein Engelskleidt zum Drinkgeld. Ansolchess soll 
dir nun lieber Bruder auss Lieb und brüderlicher Treue geschenket seyn. Und so soUtu es nu lernen 
und damit halten wie ich dir schreibe in diesem Brieff. Wenn du den Erdmann in dein Hauss oder Hoffe 
Überkommest, so lass es drey Tage lang ruhen, ehe du darzu gehest, nach dreyen Tagen hebe es uffe 
und bade es in warmen Wasser. Mit dem Bade solltu alssdann besprengen dein Vieh und die Sollen 
(Schwellen) deines Husses, do'du und die deinigen ttbergehen, so wird es sich mit dir wohl verlässlich 
bald änderst schicken, und du wirst wol wiederumb zu dem deinen kommen , wenn du das Erdmännlein 
fein wirst zu rade halten, l/nd du solt es alle Jahr viermahl baaden, und so offfce du es baadest, so soUtn 
es wieder in sein Seiden Kleidlein legen und winden und legen es bey deinen besten Kleidern und 
Sachen die du hast, so darffestu ihme allssdann nit mehr thun. Das Baadt darin du es baadest ist auch 
sonderlich guth, wann eine Frawe in Kindsnöthen ist, und nit gebehren kann, dass sie ein Löffel voll 
•davon trinket, so bärt sie mit Frewden und Dankbarkeit. Und wann du fbr Rieht und Raht zu thun hast, 
so stecke den Erdmann nur bey dir unter den rechten Arm, so bekommstu eine gerechte Sache, sie sey 
recht oder unrecht. Nun lieber Bruder, dieses Erdmännichen schicke ich dir auss brüderlicher Lieb und 
Trew zu einem glflckedligen Newen Jahr, und ess mag solches behalten dein Kindes Kindt. Sey hiemit 
Gott befohlen. 

Datum Leipzig, Sonntag vor Fasznacht. 75. 

Hanns : N 

Dieser Brief ist für die Geschichte des Alrauns in mehrerlei Beziehungen wichtig, er gibt den — 
für jene Tage keinesweges geringen Kaufpreis von 64 Thalem an, spricht von der Pflege und Wartung 
des Alraun, räth an, ihn sogar zu Gericht mit zu nehmen, um f)lr jeden Fall Recht zu erhalten und zeigt 
in jeder Zeile den festen Glauben, dass die missliche Lage des Bruders durch den Alraun in eine behag- 
liche und sichere verwandelt werde. 

Harsdörffer berichtet, dass im Jahre 1630 zu Hamburg drei Weiber mit Ruthen gepeitscht 
wurden, weil sie Alraune zu verkaufen pflegten *) undMargarethaRagum-Bouchey, die Frau eines Maurers 
wurde 1603 zu Romorantin als Hexe hingerichtet, weil sie einen Alraun besass, der die Gestalt eines 
äusserst hässlichen Affen hatte und von ihr täglich gefüttert wurde '). Neuere Angaben über die Entste- 
hung und Hebung des Alrauns sind folgende. Wenn ein Unschuldiger, der sich unter den Schmerzen 
der Tortur als Dieb bekannt, gehängt wird und in der Todesangst den Harn lässt, so wächst aus diesem 
Urin ein Kraut mit breiten Blättern , die denen des Wegrich ähnlich sind. Die Blttthe desselben ist gelb 
und wenn die Wurzel reif ist, hat sie eine menschenähnliche Gestalt. Will man sie gewinnen, so muss 
man sich an einem Freitag die Ohren mit Baumwolle verstopfen und mit Wachs verkleben, vor Sonnen- 
aufgang zum Kraut gehen, drei Kreuze dartiber schlagen und es bis anf die äusseren Fasern der Wurzel 
umgraben. Hierauf wird (ganz nach dem Bericht des Josephus) ein schwarzer Hund mit dem Schweif 



1) Harsdörffer „Mordgeschichten.« 160. 

2) Co Hin de Planey „Dict infernal.« p. 90. 266. 

84 



tM 



A. B. V. Perger. 



«■ die Pflmse gfebsnden and ihm ein Stflck Brot Torgehalten. Da er das Brot erreichen will, zieht er die 
Wnrxel ani dem Boden, die aber beim Ansreisseo so entsetzlich schreit, dass jeder der ei httrt todt 
hinflUlt. Man witscht die Wurzel, die, sobald sie aus der Erde gezogen igt, ohne Schaden berOhrt werden 
kann, mit rotfaem Wein, gibt ihr bei jedem Neumond ein weisses Hemd, windet sie in einTtioh von weiss 
and rother Seide, badet feie alle Sonnabend und setzt sie in einen Sohranh *). 

Man hatte aber auch noch eine andere Art von Galgenmännlein in der Qestiüt eines kleinen Teafel- 
chens, das in einem Fläschchen eingeschlossen war. Wer diess besasa konnte alles erlangen, was er wollte, 
daftlr war aber seine Seele dem Teufel verfallen, wenn er dasGalgenmännlein nicht vor seinem Tode an 
jemand anderen verkaufte, und zwar am einen geringeren Preis, als er selbst es erstanden hatte. Ein 
Kanfinannssohn aus Ulm, Namens Diohard kaufte zu Ende des XVI. Jahrhunderts ein solches Galgen- 
männlein nm neun Dukaten. Er verkaufte es später, bekam es aber immer wieder durch Zufall oder Be- 
trag in die Hände, so dass er es zuletzt ftlr einen Heller erstand, endlich aber doch so glücklich war, 
ea ftlr einen neugeschlagenen Halbheller zu verkaufen *) and ao seine Seele zu retten. 

Der Dichter Riat besass Fig. A. DerEopf desselben war nicht ganz 



einen Alraun, der ihm mehrere 
hundert Jahre alt schien. Er war fast 
einen FusB lang atid ein Männchen, 
mit einem scheasslichen Gesicht, 
hohleaAogen, grosser Nase, bake- 
liger Sürne und langen^ groben 
Haaren die bis auf die Schenkel 
herabhingen. Der eine Ann war 
eingebogen und beinahe an die 
Rippen angewachsen. Lenden, 
Schenkel nnd F&sse zeigten sich 
ganz unfttrmlich. Dieser Alraun lag 
in einem hölzernen roth angestri- 
chenen Sarg auf einer bunten Decke 
und hatte zu Häupten ein eigenes 
Kissen. An die Innenseite des Sarg- 
deckels war ein schwarzes Kreuz 
gemalt und oben auf dem Deckel 
hatte man einen Galgen mit einem 
Gehängten gezeichnet, unter wel- 
chem eine Pflanze hervor wächst *). 
Prätorias sah zu Leipzig 
einen Alraun bei einem Rothgiesaer 
in der MtUlerischen HammermOhle. 



aaagebildet, hatte aber doch Sparen 
der Aagen und eines Mundes. 
Die Kopfhaare sahen aus wie ge- 
trocknete Wolle. Der Leib ward von 
dem Stumpf derWnrzel gebildet,die 
sieh nachnnten theilte, nnd dadurch 
die beiden FUsse daretellte. Um die 
Schamgegend war der Leib eben- 
falls von einer Art Wolle verhüllt, die 
ihn fast wie ein Rfickchen umgab. 
In der k. k. Hofbibliothek 
zu Wien werden zwei Alraune, ein 
Männchen und ein Weibchen auf- 
bewahrt, die am der Seltsamkeit 
willen , hier nach einer Photogra- 
phie abgebildet wurden. Beide 
sollen frtlher in einem papiernen 
Kästchen oder Sarg gelegen haben 
nnd hatten Hemdlein an, jetzt trägt 
jeder nur eineuMantel von schwar- 
zem Sammt. Das Männchen (A) 
ist bedeutend grösser und hellerer 
Farbe als das Weibchen (B). 



1) Nach Döpler „Theat. poen." T. II. p. 263. Menling. „CurioB." 
^Beiträge zur Literatur." 48. 

2) Binder. AlemanD. .Volkssagen" I. &1. aräaae a. a. 0. 17. 
8) Bist ,Ii|ertzgeBprXche.'' 208. 



. Panllini. „Zeitenlost' m. 522. OifiiBe 



Veber den Alraon. 



267 



Der mlnnliobe dieser Alranoe, Marion, bat eine Lllnge von 6% Zoll, der weibliche, Tbrida- 
eias, misBt aber nnr 4'/« Zoll. 

Sie sind bei L am b e e k (De biblioth. Vindob. L. VI. 452) and bei K e b s e 1 (Gatal. Cod. gneem. 
Tab. P.) naefct und bekleidet abg:ebildet. Bei Lambeck (p. 452) steht die Bemerkang : 

„Qoales sint verae et genninae Mandragorae , satis saperqoe apparet ex ägnris anttqnisBimi Co- 

dicis mannscriptiDioscondiani qnae in parte III p. t et 8 htfjns catalogi fideliter depicta " nnd sagt, 

daes sie sieh frtther in dem Cimeliarcfaicnm Physicum Kaiser Rudotph's II. befanden, ans welcher Samm- 
Inng sie wahrscheinlich mit mehreren anderen Gegenständen in die k. k. Hofbibliotbek gelangten. Der 
Zeichner (H. V. Someren) fand es aber für nOthig noch etwas hinzu zn than, denn er gab, besonders 
dem minnlicben Alraun, wirklich ein Menschenantlitz. 

In den „Monatlichen Unter- ^gnr B. 

rednngen im Reiche der Geister" 



findet sich folgende, anf jene beiden 
Alraune bezügliebe Stelle *) : 

„Der Vorsteher des Bttcher- 
sehatzeB in der kaiserlichen Biblio- 
thek ZQ Wien hatte nach dem ge- 
wöhnlichen Betbzeichen keine Rübe 
mehr nnd wurde oft mit Gewalt 
hinausgetrieben. Absonderlich war 
diese der Fall mit denijenigen Zim- 
mer, in welchem unterschiedliche 
ManuBcripte, nebst anderen raren 
Honumenten aufbewahrt wurden. Da 
befanden sich auch zwei Alraunen, 
mit rothem Schiu-lach gekleidet und 
gleichsam in ordentlichen Todten- 
laden, nach ihrer 'Grösse liegend. 
An denselben befanden sich beson- 
dere Zeichen, als wenn sie ver- 
schiedenen Geschlechtes wären und 
bat sich Kaiser Rodolphus IV. (11.) 
ihrer bedienet nnd gär seltsame 
Dinge mit ihnen vertlbet. Unter 



anderem erz&hlt man, dass sie wie 
kleine Kinder hätten mUssen ge- 
badet werden and zwar mit nnrer- 
fälsohtem Wein. Wenn dieses niebt 
geschehen, haben sie ein Gebenl 
angefangen wie nengebome Kinder, 
die erst vom Mutterleibe kommen, 
auch nicht eher nachgelassen, bis 
ihnen ihre ordentliche Pflege wider- 
fahren ist." 

Ich hatte im Jahre 1856 die 
ErlaubniBS erhalten, diese beiden 
Alraune in einer Sitzung des zoolo- 
gisch-botanischen Vereines tu Wien 
zeigen zu dürfen *) , weil es sich, 
abgesehen davon, dass selbst ansere 
ersten Botaniker noch keinen Alraun 
gesehen hatten, darum handelte zu 
bestimmen, welcher Pflanze diese 
Gebilde angehörten. Die Versamm- 
lung nahm den lebhaftesten Anthetl 
und nach mehrseitiger Untersuchung 
zeigte sich, dass diese zwei Alraune, 
mit ihrer faserig netzartigen Um- 



hällung, die Wurzelschösse vom Sieglauch oder Allermannehamisch (AUium Vietoriale. L.) seien, von 
welchen Hieronymus von Brannschweig '} sagt, dass ihn die Kriegsleute an dem Hals tragen, 
damit sie nicht wund werden und ihren Feind Öberwinden. Er erklärt weiter : 

„Darumb wirt es Sigwurtz oder aller Mann Harneecht genannt, umb dass jr wnrtzel Überzogen 
ist wie Härlein, in Gestalt eines Panzere." ■ 



1) 9. üntenednng. p. 378. 

2} 3. Pergei: aber den Alraun. In den Schriften des zoolog. Bot. Vereins von 1656. 

S) KiXuterbach. f. 115. b. 



868 



A. B. V. Pergei. 



Figur C. 



In früheren Zeiten glaubte man nämlich von der Gestaltung einer Pflanze anf ihre Kräfte achlieBsen 
za mttSBen, nnd weil man das erwähnte Fasemnetz einem Panzer ähnlich fand, trng man die Wurzel ata 
ein Schutzmittel gegen Vermmdungen '). An diesen beiden Alraunen der k. k. Hofbihliothek ist ttbrigena 
nicht B gekUnetelt. Eb Bind die Wurzelschösse des Sieglancbs, wie sie in der Natur vorkommen, nur 
dasB Bie verkehrt gelegt wurde», so dasB die aufstrebenden SchQsse nach abwärts gerichtet sind und die 
Arme und Bein vorstellen. 

Anders htogegeo steht es mit 
dem Alräuncben, welches in der Aub- 
Btellnng des Wiener Alterthamvereios 
zu sehen war nnd das znr schönenSamro- 
lung mittelalterlicher Gegenstände im 
Besitze des Herrn Karl Lemann, 
gebort. Es ist jedenfalU ans einer 
späteren als der Rndolphintscben Zeit 
and grÖBstentheils künstlich gefertigt. 
Es misst beiläufig 2'/4 Zoll Höhe. Nur 
der Leib und die FUsse sind wieder 
WurzelschSsse von AUinm Victoriale. 
Der Kopf, welcher so gross ist, dass 
er fast ein Drittel der Länge des ganzen 
Alrauns einnimmt, scheint ans einer 
Brioniawurzel geschnitten zu sein, was 
sieb übrigens nicht genau bestimmen 
läBst, da der Alraun in ein Kästchen 
von Pappe eingeschlossen ist, welches 
eine nähere Untersuchung verwehrt 
als diese noch dem Vater des jetzigen Besitzers angehörte. 

Heine Yennuthung, dass der Kopf dieses Alrauns aus Bryoniawurzel geschnitzt sei, grUndet eich 
darauf, weil mehrere Autoren dieser Wurzel als Verfälschungsmittel des echten Alrauns erwähnen. In 
den „Seqrets du petit Albert" *) wird ebenfalls eines Alrauns gedacht, der ans Bryonia geschnitzt ist, 
und den ein Bauer verfertigte, dem eineZigeunerin das Geheimniss anvertraut hatte. Er zog eine Bryonia* 
Wurzel bei einer günstigen Constellation des Mondes mit der Venus nnd dem Jupiter an einem Montag 
im Frühling aus dem Boden, pflanzte sie in den Grabhügel eines eben verstorbenen Mannes und begoss 
sie vor Sonnenaufgang einen Monat lang mit Molken von Kuhmilch, in welcher er drei Fledermäuse 
ertränkt hatte. Dann zog er sie aas. Sie war nun der Gestalt eines Menschen weit ähnlicher gewordea 
als früher: Dann beizte der Bauer seinen Ofen mit Jsenkraut (Verbena oflicinalis), trocknete sie und ver- 
wahrte sie hierauf in einem Säckchen ans einem Stück Leinwand, in welche eine Leiche gehtUlt war. 
So lang er diese Wurzel besass , war er glücklich im Handel, gewann im Spiel, fand verschiedene Dinge 
anf dem Wege and nahm täglich an Wohlstand zu. — Schade , dass diese Alraune in neuerer Zeit ihre 
Wirksamkeit verloren! — 



Die Käse ist sehr gross und an- 
geleimt. Die Augen besteben ans Glas- 
perlen, welche eingesetzt wnrden. Der 
schwarze Schnurbart und der blonde 
Knebelbart Bind aus feinen geraden 
Borsten (vielleicht aus den Spreneu 
eines der grosseren Syngenesisten?) 
gebildet. Der Kopf wurde mit einem an- 
geleimten Bande an den Stamm be- 
festigt, der von einem kleinen Häntel- 
chen von rotbem Seidenstoff umhüllt 
wird. Der kleine Pappkasten mit einem 
giebelartigen Dach ist innen mit Rausch- 
gold geftlttert und vom durch eine Glas- 
tafel geschlossen, durch welche der 
Alraun mit seinen Glotzaugen, auf eine 
wirklieb etwas abenteuerliche Weise 
hervorguckt. Woher dieser Alraun 
stammt, ist nicht bekannt. Er befand 
eich ecbon in der genannten Sammlung 



1) Perger. .Stadien dentaoher Pdanzeniiainen ; Honocot^ledoDen." Xu den Denkacbiiften der k. Ak&demie der WiiBensch. 

SU Wien. 186a XVIU. Bd. 72. 
3) Lyon 1718. A. 169. Aldcovaudi, de monstri«, f. 669, bUdete einen Boloheu ans Brronia geBohnitaten Almut ab. 



lieber den Alraun. 269 

Literatur über den Alraun und die Mandragora. 

Ausser den hierher bezüglichen Stellen in den vielen Kräuterbtichern des XVI. und XVII. Jahr- 
hunderts wurden mir bekannt: 

Aldrovandi de monstris. f. 669.— 673. — An hörn. Magiologia. Basel 1674, P. II. C. 3. S. 885. 

— Bertoloni. Comm. de Mandragoris. Bonon. 1535. Fol. — Beschreybung der Alraunwurzel und des 
Fahrenkrautes. Cosmopoli 1708. 4^ — Binder: Alemann. Volkssagen. Stuttg. 1842. Bd. I. S. 51. — 
Gange, Du. Gloss. ed: Hantschel. T. IV. 204. 214. VII. 224. — Collin de Plancy: Dict. infernal, 
p; 266. 90. — Dens in g. Dissert. de Dudaim. p. 574. — Deusing: De mandragorae pomis. Groning. 
1659. 4^ — Doepler Jacob: Theatrum poenarum. T. IL p. 263. — Frommschmidt. Bericht woher 
man Alraunigen u. s. w. bekomme, o. 0. 1768. 12**. — Fuchs, Leonhard, Kräuterbuch. Basel 1534. 

— Garinet. Hist. de la Magie en France, p. 97. — Geister-Kunst etc., tlbers. v. Hyppol. Her- 
pentyli. Venedig 1510. 4®. — Grass e, Beiträge zur Literatur und Sage. Dresden 1850. 4^ S. 45 ff. — 
Grimm, Deutsche Sagen. Bd. I. N. 83. 84. — Grossgebauer, De mandragora Racheiis. Vinar. 1692. 
4^ — Halliwel, Dict. on arch. words. 11.539. — Happel, Rel. Cur. Bd. I. S. 521. — Harsdörffer 
Mordgeschichten. Hamburg 1650. Nr. 45. — Hauber: Bibl. Mag. St. 30. S. 356. — Helwig Zauber- 
arzt. S. 97. — Horst: Zauberbibl. Bd. V. S. 321 ff. VI. 277. — Keysler: Antiquit. sei septentrion. 
et celtic. p. 461. — Konrad v. Meydenberg, Buch der Natur. Augsburg 1478. (Cap. v. Alraun.) — 
Liebetanz: Bisp. de Dudaim. Viteb. 1660. 4^ — Mennling: Curios. S. 244. 306. — Mone Anz. 
F. K. deutsch. Vorzeit III. 202. — Montanus: Volkfest. I. 112. b. 142. b. — Oribasius: Libr. Sim- 
plic. L. 1. C. 116. L. IV. C. 150. — Panzer: Beiträge etc. IL 205. 206. — Paullini: Zeitvertreibende 
Lust. Bd. III. S. 522. — Porta: Amphit. mag. univers. Ntirnbg. 1714. S. 877. — Prätorius: Neue 
Weltbeschreibung. S. 358. — Prätorius: Anthropod. IL 165. — Quicherat: Proc^s de Jeanne d'Arc. 
Paris 1841. 8. T. I. p. 88. — Rio, Del, Disquisitiones magicarum. Loranii 1595. L. IV. C. 2. M. 547. — 
Rist, Mertzgespräch von der alleredelsten Thorheit der Welt. S. 208. — Roth: De imagunculis Germa- 
norum etc. Heimst. 1737. — Rudbeck. Dudaim Rubenis etc. üpsala 1733. 4®. — Seheible: Kloster. 
Bd. IV. S. 180. 188. — Schmid: Comm. epist. de alrunis Germanorum. Hai. Magd. 1739. — Schmi- 
del. Diss. de mandragora. Lips. 1655. 4**. — Simplicissimus: Galgenmännlein etc. 1684. 4®. — 
Simrok: Deutsche Mythologie. S. 487. — Tharsander: Ungereimte Meinungen. Bd. I. S. 560. — 
Thomasius: De Mandragora. Lip8iael655. 4®. — Unterredungen, monatliche im Reich der Geister. 
Nr. rX. S. 287. — Veill^es Allemandes. T.L p. 161. — Vulpius: Vorzeit. Bd.IIL S. 46. IV. 66.— 
Wolf: Deutsche Mährchen. S. 453. Nr. 327. — Machiavelli schrieb ein Lustspiel: „La mandragola," 
welches Lafontaine zu einer Erzählung bearbeitete. — Fouqu6 schrieb eine Novelle mit dem Titel: 
„Mandragora." Auch Lyser behandelte diesen Stoff. S. Abendl. 1001 Nacht. Bd. XIV. S. 41. ff. 



V. 



36 



PERSONEN-, NAMEN- DND ORTS - REGIiSTER. 



Ver&SBt von Dr. K. L. 



A. ALL0EXEIHS8. 



CDas Sternchen (*) bei Ziffern bezeichnet Anmerknog.) 



Abraham Ton St Clara. 165. 

Ab 818 die, und ihre Constraction. SO, 70, 

78, 82. 
Agg8bach, V. O. M. B., die Kirche 74, 

111. 
Agnes, Blarkgräfin von Baden. 132. 

„ Königin yon Ungarn. 133. 
A p e m o u n. t<M). 
Alarn, Conrad Ton. 14, 15. 
Albani, Cardinal. •%&!. 
Albero, der Marschall. 48. 
Albrecht I., Herzog nnd König. 12, 51, 

132, 133. 
AI brecht 11., Herzog. 53, 85, 158. 
Albrecht DI., Herzog. 138, 162, 170. 
Albrecht ly., Herzog. 138, 162. 
Albrecht V., 15, 49, 64, 172. 
Aldergin. 260. 
Alexander IV., Papst. 157. 
„ VI., Papst. 130. 

„ Sevems. 264. 255. 

Allermannsharniscb, Pflanze. 267. 
AlUo, Architekt. 31. 
Allinm victoriale. 267. 
Alraun, der. 259—269. 
Alrnna, die. 259. 

Altäre, 8. Bilder- nnd Flügelalt&re* 
Altaioh Nieder-, Abtei 110. 
Altenburg, Abtei. 49, 52, 7i. 74. 
Altenburg, Deutsch-. *77. 
Alten stein, Freib. von. 164. 
Altheimer, Friedr. 163. 
AI terthums verein in Wien, dessen Ans« 
Stellung mittelalterUcber Gegenst&nde 
m-Vl, 269, 268. 
Altmannsdorf. 160. 
Altmflnster, am Trannsee. *93. 
Altpölla, V. O. M. B. 73, 80« 
Ambras, in Tirol 179, 202, 209, 210, 213, 

217, 219, 223. 
Amiens, der Dom zu. 26, 42, 4S. 



An.de chs, Grafen von. 190. 

Andernach. 249. 

Andreas II, König von Ungarn. 91. 

Anich, Peter. «183. 

Annenkirche, nächst PÖckstall. 124. 

Antike, die, und ihr Einflnss auf die Cnl- 

tur. 18. 
Antimelon. 260. 
Antimenion. 260. 
Ant oniacnm. 249. 
Antonius pins. 252. 
Antonius Triumvir. 246. 
Antromorphon. 260. 
Antwerpen, Dom zu. 20. 
Anzbach. *81. 

Aquileja, Baimund Patriareh von. 131. 
Arrabona. 253. 

Architekten: Allio 31; Carlo Camevale ; 
176; Uohenberg. 165} Prandaner. ^4. 
Ardagger, Propst Heinrich von. 231. 
Arenacum. 249. 
Arneth, Jos. 231. 
Arnolt, Georg, Glockengiesser. 142. 
Arnstein, Wicbard von. 55. 
A r r a 8 , Festung. 154. 
Aspang, V. U W. W. *8l. 
Assisi Franciseua ron. 129. 
Atropa mapdragora. 261. 
Aner, Berthold, CapUn zu St Pankraz in 

Wien. 172. 
Auersperg Tnjan von. 154. 
Augustus, röm. Kaiser. 261. 
Augustiner-Orden in Baden. 55, 60, 167. 

„ in Klostemeuburg. 167, 159. 

„ in Komeuburg. 14. 

„ in liarcheck. 167. 

H in Timstein s. Timstein} in Wien 
8. Wien. 

„ de larga manica und die Discal* 
ceaten. 164. 
Aurinia. 259. 



11 



»f 



Auzerre, St. Germainkirche. 41. 

Az alier, die. 252. 

Baden, Agnes, Ifarkgrifln von. 132. 
Hermann, Markgraf von. 12. 
in N. Ö., Augustinerkirche. 55. 60, 
157. 

Bald! ron, Metta von. 142. 

Bamberg, Bisehof Berthold von. 91. 

^Bärenhaut" (Stiftungenbuch v. Zwetl) 89. 

Basel, Concil zu. 172. 

Baukunst, die, und ihre Entwiekhmg im 
An&nge des XVI. Jahrhunderts. 16. 

Baumgartenberg, Abtei 52. 

Baumeister: der Augustinerkirche in Wien. 
159i Carmelitenkirche 171; Minoriten- 
kirche. 138; Servitenkirehe 176; der 
Stiffku^e zu Zwetl. 85. 

Beatrix, Herzogin von Österreich. 102. 

Beck von Leopol dsdorf, ffieronymus. 
153; Marcus. 140, 154. 

Begräbnis 8p lata ftlr ungetaufte Kin- 
der. 79. 

Bela IV., König von Ungarn. <^4. 

B e r ch et Louise d'Arlie. 237. 

St Bernhard V. O. M. B. 72, 126. 

Bertholdsdorf V.U. W. W. ♦87, 139. 

„ Otto von. 50, 56, 64, 132. 

Bethlen Gibor. 164. 

Bilder, Flttgel- und Schnitz -Altäre: 
zu Blansko *86, Buehbexg ^3, DOm- 
stein *108, Heiligenblut 119| Imbach 
98; Maria Laachll4, Mollenbnrg^S, 
PÖckstall 122, Schönbaeh 117, Weitra 
103, St. Wolfgang in N. Ö. 116. Zwetf 
•86, 87. 

Bis 8 in gen, Job. Graf von. 201. 

Bianca, Herzogin von Österreich. 132, 165 
—157. 

Blansko, Schnitzaltar zu. *86. 

Bohualav, Abt von Zwetl. 86. 

Bombycholon. 260. 



272 



B o q u o y, Ferdinand Graf y. 146 ; Karl 154. 

B o n r g e 8 , die Palaatcapelle zu. 9. 

Brader, Venon. 183. 

Brandenborg, Markgrafen von. 48. 

Brandbo f. 14. 

Brandts, Jacob A. Freiherr von. 188. 

Braun Josef, Pfarrer zu Kaenring. 71. 

Braonschweig, Hieron. y. 261. 

Brionia- Wurzel 268. 

Brizan, der Kreuzgang zu. 102. 

Brobl. *250. 

B r u c k a. d. M. *255. 

Brunn, Heinrich von. i2. 

Buchberg V. O. M. B. 73, 74. 

Buechhaim, s. Puechhaim. 

Buigen, Hildburg Gräfin von. 71. 

Bulle, die goldene, Kaiser Karl's IV. 48. 

Burg und Burgcapelle in Wien, 8. Wien. 

Burglecbner Mathias. 188. 

B u r g 8 c h 1 e i n i t z. 72, 82. 

Calaguris, in Spanien. *248. 

Oamesina, Albert. 3, 4. 

Gannanifatium. 251, «256. 

C an y a. 168. 

Ganterbury, die Kathedrale. 39. 

Gapella marmo rea, speciosa, pulchra, 

8. Klos terne ubur^. 
Gapellen, Ulrich von. 137. 
Gapistran, Johann. 72, 139. 
G a p r i , Insel. 209. 
Garacalla. 255. 

Garmeliten in Ofen 170 ; in Wien s. Wien. 
Garnevale, Garlo, Architekt 176. 
Garnuntum. 252, 254, 2s5, 256. 
Gastra yetera. 249. 
G e r e a 1 i 8 , röm. Feldherr. 249. 
Ghantal Gbrist. Freih. y. «238. 
Ghezsling Gonrad. 160. 
Ghnoll Gonrad. 137, 162. 
G hoteck Ferd. Maria Graf, Erzbischof in 

Ollinfitz. *203 i Rudolph Graf 202, 209. 
Ghranichberg, s. Kranichberg. 
Ghreig Hans, Pfarrer zu. 162. 
Ghronberg, Sophie von. 133. 
Ghaenring: Agnes y. 91; Albero y. 53, 

*76, 83; Hadmar48, 83, 113; Heinrich 

48, 62, 72; Leutold53, 56, 65, 72, 85. 
Ghuoffarn, Hadmar von. 71, *76, 83. 
Giboriuin im Stifte Klosterneuburg. *95« 
Gis tc rcienser- Orden, der. «184. 
Giyilis, batay. Heerfilhrer. 249 
Glar iss er-Nonnenkloster in Dttrn- 

stein 72 ; in Alt • Melon 72. 
Glauditts, röm. Kaiser. *249, 251. 
Giemen 8 IV., Papst 157. 



>» 



>> 



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XII. 



n 



*238. 
207. 



XIV. „ 
Gleye. «249. 
e n r Jaqnes. 9. 
G 11 a 1 1 o, Rambald Graf 154 ; Anton Franz. 

154. 
G 1 1 i n, Alezander. 233. 
G 5 1 n , der Dom. 20, 26, 34, 42« 
Golumella. 260. 
Goncy, Schloas in Frankreich. 8. 
Cyrrhns, Stadt in Spanien. «245. 
D a i e r , die. 250. 



Dal b e r g , Fried. , Kftmmerer zu Worms« 

Freiherr. 163. 
Damascns, Johann, Bischof y. 133. 
Dampier, Heinrich Duyal, Graf y. 154. 
Daschpockgruber. 16. 
Dann Ph. L. Graf y. 168; J. M. Reichsgraf 

yon. 168. 
Dcutsch-Altenburg. ^77. 
D iamon. 260. 

Dietmanns V. O. M. B. 74, 126. 
Dietrich, Freiherr yon. 256 
Dietrichstein, Sigmund Freiherr y. 140. 
Jos. Fürst zu. 231. 
der Gardina] . 164. 
Dijon, der Dom zu. 41. 
Diocletian, rom. Kaiser. 254. 
Dipauli- Treuheim, Alois Freiherr yon. 

179, 243. 
Dioskorides. 260. 
Dirkaiao. 260. 
Dobersberg V. O. M. B. 126. 
Dobra V.O. M B., Schloss.73; Geschlecht 

54, 55. 
Dobrasperg Johann y., Decfiant zu St. 

Stephan in Wien. 171. 
DSllersheim V. O. M. B. 74, 124, 125 
Dominicaner in Wien, s. Wien. 

„ Nonnenkloster zulmbach. 72,93—95. 
„ in Klosterneuburg. 157. 
„ in Krems. 72. 107. 
„ in Wr. Neustadt 163. 
Donau -Regulierung bei Wien. 155. 
Doppel -Gapellen zu Eger, Freiburg a. 

U., Nürnberg, Rbeims. 8. 
Dornbach V. U. W. W. 51. 
Dräzler Phil. Freih. yon. y. 
Dreieinigkeit, deren Darstellung im 

Zwetler-Psalterium. 89. 
Drosendorf V. O. M. B. 74, 121. 
Dross V. O. M. B. 126. 
Drnsns. 251. 
Dndaim. 261, 
Dürer Albrecht. 233, 236. 
Dürnstein (Tirnstein), Veste. 53, 72, 108. 

Augustiner Gborherren - Stift 71, 72. 

Der Bilder - Altar. *108. Das Nonnen- 
kloster. 72. 
Eberhard, der Glaser. 13, 36. 
E b e r 8 d o r f, die Familie y. 170. Albrecht 

yon. «52, 98, 139. Ghalboch y. 50, 56, 
• 64. Hans y. 51, 52. Reinprecht y. 50, 

56, 64, 132. Peter 51, 52. Rudolph 56, 

64. Sigmund. 50, 163, 172. 
Echrer Jacob und Anna. 137, 162, 171. 
Eckh, Anna yon. 154. 
Eckartsau, Ghadolt yon. 1 35, 137. Leo- 
pold 54, 139. 
Egenburg V. O. M. B. 72, 73, 74, 105. 
Eger, Doppelcapelle. 8, 9. 
Egg er, tirol. landsch. Syndicus. 185, 187. 
St. Egyden, am Steinfelde. 79. 
Ehrenthal, Erhard Grädi yon. 168. 
Einhorn, das yom Jäger yerfolgte. 95, 96. 
Eitzing, die Familie y. 52. Ulrich y. 73. 

Hedwig y. 155. 
Eleonora, Kaiserin. 164. 
Elfenbeinfiguren zu Zwetl. 86. 



11 



1» 



»1 



Elfeinbeintafeln. 172. 

Elisabeth, Tochter Otto IL y. Baiem. *186. 

„ y. Arragonien, s. Isabella. 

„ Gemahlin H. Albrecbfs I. 133. 

E m e r 8 d o r f , V. O. M. B. , die Kirche zn. 

74, 111. 
E n 8 p e c k , Michael , der Plattner. 140. 
Enzcnberg, Graf Gassian. 184, 185, 210. 
Erbämter, Landes-, y. Österreich. 47, 48. 
Erlaa am Wienerberg. 156. 
Erzämter yon Österreich. 48. 
Erzkämmercr yon Ödterrcicb. 48. 
Er z 8 ch enkenamt, das. 48. 
Fabianische Cohortc. 256. 
Färber, die, zu Wien. 51. 
Feldsberg, die Familie y . 52 1 Schloss. 52. 
Ferdinand L, Kaiser. 49, 140, 154, 175. 
II. und III, Kaiser. 164. 
IV., Konig zn Neapel. 209. 
Erzherzog von Tirol. 243. 
Filiner, der König. 259. 
Fischer, Zacharias. 190. 
Flämminger, die, zu Wien. 51. 
St Florian, Ghorhcrrcn» Stift. «109, HO, 

228, »234. 
Flügelaltäre, s. Bi 1 der al t&r e. 
Franz y. Assisi. 129 ; von Sales. *238. 
Franciscaner-Klöster in Egenburg. 

72, 105; in Langenlois 72, 120. 
Frankreich, der roman. Baustyl in. 19. 

„ „ gothische ,, in. 19. 

„ Konig Franz I. von 9. Hein« 

rieh IL 9. Karl V. 9. Karl VI. 9, 49. 

Ludwig IX. 11. 
Franz L, KSnig von Frankreich. 9. 
Franzensburg, s. Laxenburg. 
Fraueuhafen V. O. M. B. 126. 
Freiburg an d. Unstrut, Doppelcapelle 8. 

„ in Breisgau. 20, 26, 43. 

F r e i 8 i n g , Bischof Berthold von Wähing 

zu. 172, 173. 
Freising, Stanislaus. 187, 190. 
Friedersfeld J., Frass. y. 169. 
Friedersbach V. O. M. B., Kirche zn. 

73, 74, 162. 

Friedrich L. Herzog v. Österreich. 11. 

„ IL 11, 14, 50, 130. 

„ III. 4, 13-15, 51, 53, 55, 91, 

94, 158. 
Friedrich IV., Kaiser. 164, »72. 
Fri t zendorfe r, Gebhard. 111. 
Fröhlich v. Fröhlichsthai, Eugen.230. 
F ü h r i c h Josef. 234. 
Fürstenhof zu Klosterncuburg , S.Klo- 

sterneuburg. 
F ü r t h o f V. O. M. B., das Kirchlein zn. 108. 
G a I b a , röm. Kaiser. 247. 
Galgenmännlein. 264. 
Gallienus. 254. 
Gambacorta P. *117. 
Gaming, Garthäuserkloster. «102, 176. 
Ganganelli, Gardinal. *204, 207. 
Gärs V. O. M. B. 73, 90, 91. 
Gelnhausen, die Gapelle zu. 9. 
Geras, Stift, V. O. M. B. 71. 
Gerbirga, Witwe Borlivoy's v. Böhmen. •74. 
Germanicns, röm. Feldherr. 2&1. 



4 
.1 



278 



G e r 1 o a , der, Walfing. 50. Haaabaeh Heinrich v. 54. 

Oermain enLayc, die Palastcapelle. 9. Hauseapellen. 8. 

Qezzler Heinrich, der. *I62. Hansek, Friedrich ▼. 65. 

Glaser Eberhard, der. 13, Se. Hayd v. Gantersdorf, die Familie. 54. 

Glasmalereien 14; zu DöUersheim li4 ; Heeren, der Geschichtsschreiber. t4t. 
Friedersbach 103; Göttweig*102i Hei- Heiligenbl ut V. O. M. B. 74, 118. 
ligenblut 118; Heiügeukrenz *I02; 
Klo8terneubarg*102; MoUenburg *7S. 
Weiten 99 j «Wels 102; Wien: St. Ste- 
phan *102, Maria Stiegen * 102; Wr. 
Neustadt *102; St. Wolfgang 113. 



Globnitz, Gross-, V. O. M B. 73, 81. 
Glockengiesser, Arnolt Georg. 142. 
Gmünd V. O. M. B. 73, 80. 
Gmünd en. 132, 228. 
Gnämhartlein Ulrich. *160. 
Gobatsbarg, Azzo von. 76, 89. 
Gol ser Simon. 201. 
Gordianus. 255. 
Görz, Raimund, Bischof von. 175. 
Q^ossam, Capelle zu. *lli. 
Gothiscbe Bauten: zu Gars 91; Gross 



Heiligen kreuz, Stift. 21, 27, 28, 29—32, 
86, 42, 43, 51, 52, 63. 64, ♦234. Capi- 
lelsaal42; Glasmalereien «102; Kreuz- 
gang 21, 26, 43, «84; Kirche 28, 32, 36. 

Heimburg a. d. D. 24, 221. 

,, ,, Leopold, Pfarrer zu. 11. 

Heinrich IL, Jasomirgott, Herzog. 10. 
U., König von Frankreich. 9. 
VI., r. d. König. 52. 

Heinrichschlag V. O. M. B. 126. 

Heister Job. Gottfr. Graf 219; Siegbert 210. 

Helbling Seifrid. 58. Mathes 171. 

H elmf o rme n. 59. 

Heraeus Gustav. «238. 

Herculanum. 209. 



I» 



»I 



Hermann, Markgraf von Baden. 12. 
globnitz 81; Heiligenblut 118; Imbach Herzogenburg, Chorherren-Stift. 49, «234. 
95; Krems 105; Stein 92; Weiten 98; Heumburg Agnes Gr&fin von. 165. 
Wien : Augnstinerkirche 165 , Garmeli« Hieronimitaner-Orden. 117. 
tenkirche 171, Minoritenkirche 143; Hindberg, Konrad von. 12, 50. 

Hippöck Wolfg. v. 13. 

Hippelsdorfer Johann, Pfarrer. 171. 

Hippophlomos. 261. 

Hoffmann, Hanns Freih. v* ***• 

Ho he über g, Architekt. 165' 



St. Wolfgang 112; Zwetl 85. 
Göttingen. 241. 
Gottsheilsalz. 140. 
Gottweig, das Stift. 39, 52, 240; Glas 



maiereien. *I02. 

Grabcapellen: zu Anzbach *8 1 ; Aspang Hohenfeld, Rudolph Freih. 155. 
"81 j Burgschleinitz 82; Friedersbach Hohenleiter, Job. B. 180. 
103 j Gars 91; Grossglobnitz 81; Har* l^ohenstein, Ruine, V. O. M. B. 72. 



Julius Caesar. 24^ 
Jupiter pluvius. 258. 
Justigen, Anselm von. 11. 
Justinian, röm. Kaiser. 253. 
Kahlenberg, der. iO, 12, 62. 
Kaltegang, der. 64. 
Kaltenmarkter, Johann. 173. 
Kammaro n. 260. 
Kammer er Dietrich, Bischof in Wr. Kett' 

Stadt. 140. 
Kämme r er wfird e, die. 48, 50. 
K&mmerlinge, die. ftO. 
K a m p e c k , Ruine , V. O. M. B. 73. 
Karl IV., goldene Bulle. 48. 

„ V., König von Frankreich. 9. — VI. 

9, 49. 
^ „ V., röm. Kaiser. 233. — VI. *233. 
Karlsburg, der Dom zu. 29. 
Karlstein, Schloss, V. O. M. B. 9, 73, 

227, 234 
Karner, s. Grabcapellen. 
Kaya, Ruine, V. O. M. B. 73. 
Kempten, Job. von. «189. 
Khölbl, Paul. 164. 
K h ö 8 1 e 1 , Conrad. «134. 
Khuenring 75} dieFamilie, s.Chnnring. 
K i e p a c h , Max Graf von. 202. 
Kinder, umgetaufte, deren Begräbmsf- 

platz. 79. 
Kirchberg, Ulrich von. 11. 
Kirchschlag V. O. M. B., Grabe^pelle 

zu. *Sl. 
Kirch stetten, Benigna v. 139. 
Kleinsohenke'namt, das. 64. 



degg *103; Kirchschlag *81; Knenring Holzkirchen in der Moldau u. Walachei. Klein-P echlarn, Kirche sn. 112. 



78 } St. Lorenz bei Enns 81 ; St Michael • 79. 

110; Pechlam •81; Pulkau 81; Ran- Honorius III., Papst. 129. 

degg *8l; Schweigger» 113; TulnSl; Hop fg artner Karl. 223. 

Wr. NeusUdt 8 1 ; Winzendorf »81 ; H r a s d i o w i t z. 238. 



Würflach «81 ; Zellemdorf 81. 
G r a b e r n , Sebastian. 73. 
Gradnerin, Margaretha. 155. 
Grafendorf. 65. 
Granicher Vigil von. 185. 
Gratz, Leechkirohe. 9; Trödelmarkt 256. 
Gregor X-, Papst 130. 
Greifcnbnrg, die. *186. 
Greilenstein, Schloss, V. O. M. B. «73. 
Greit, das. 65 
' G r i e 8 8 , Chorherren-Stift in Tirol. «190. 
Gumpoldskirchen. 54. 
Gurk, Bischof Raimund, Cardinal. 175. 
H a d r i a n , röm. Kaiser. 252. 
Hall. 211. 

Hallenkirchen. 85, 144. 
Hallstadt «234. 
Hamilcar. 264. 
Hardegg, Schloss und Ruine 73, 104; der 

Kirch thnrm *104 ; der Karner 103. 
Hardegg, die ReichBgrafen v. 53. 



Hörn V. O. M. B. 125. 

Hösel Hermann. 139. 

Hoyos Ferd. Alb. Freih. v. 155. Leopold 
Graf. 142. 

Hueber, Blasius. 183. 

Hutstock, Ditrich der. 63. 

Ji&germeister'^Amt, das. 54, 55, 68. 

Jick, St, in Ungarn. 28. 

J a z y g e r , die. 250. 

Joanne d'Arc. 263. 

Jerusalem. «246. 

Je 8 8*0 n a in Spanien. *250. 

Imbach, ehemaliges Dominicaner-Nonnen- 
Kloster 72; die Kirche 74, 94-96; 
die Katharinen -Capelle 95 — 97. 

Innocenz IL, Papst 10. — III. 147. — 
IV. 130, 131. — VL 169. — Vm. 139. 

Innsbruck. 210, 213, 217, 223, 242; das 
Ferdinandeum. 225. 

Inzersdorfam Wienerberg. 172. 

Johann, Kirchenbaumeister in Zwetl. 85. 



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Glatz, Job. Georg Grat 155; Josef I., Kaiser. «238. 



Conrad It ; Heinrich 53, 72. 
Harnaschmeister, Nielas der. 163. 
Harr ach Leonhard Graf. 168. 
Hartenstein, V. O. M. B., Ruine. 7t. 
Haslach Stephan v. 72. 
Haslau Conrad v. 54. 



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IL „ 107, 117, ♦204, 207, »209. 
I r n f r i e d , Deehant in Krems. 93, 94. 
Isabella v. Arragonien, Herzogin in Öster- 
reich. 133, 134, 138, 156. 
Judenzopf. 264. 
Juliobona, Stadt. 252. 



Kleindl, Josef. 220. 
Klosterneuburg. 4, 9, 10,27,49,52,157, 
159, 211, «233. 

Augustinerkloster, das. IST. 

CapcUen: der h. Anna 13; dei 
h. Achaz 12 ; desh. EgydiuB 14 ; 
des h. Johannes (capöUa 8pe* 
ciosa etc.) 7, 11 — 14, 16, 29, 
39 ; des h. Sebastian «31 , St. 

Ciborium in der Stifti - Schatz« 
kammer. *95. 

Dominicaner. 157. 

FOrstenhof, der. 7, 10— IS, 1S| 
32, 157. 

Friedhof, der. 15, 32. 

Feuersbrunst, die. 13. 

Glasmalereien. 13, 16, 36, «102. 

Grashof, der. 15. 

Kisslingerstrasse, die. 157. 

Oblay, die. 15. 

Prediger-Orden s. Dominicaner. 

Pröpste : Adam 220 ; Coloman 7, 
15; Ernst 16; Floridns 16} 
Hadmar 13; Hartmann 10 1 
Johann 139; Nieolans 62, 63; 
Ortolph 7, 14; Rudger 157. 

Stiftskirche, die. 10, 27. 

Tulbingerstrasse , die. 170. 

Verduneraltar, der. «13. 
Koll Conrad. 160. 
Köhler, David. 213. 
Kollmats, Rame, V. O. M. B. 7S. 



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Kdnigsfelden, Noonen-KloBter sa. 133. Lieohtens tein, das Qeschleeht: Rudolph Heistaa Stephan ▼. 48, 57, 6t; Heldan- 
Konrad IV. ▼. Hoiienstanfen. «ISO. d. J. 161 ; Ulrich. 51, 16lf Christoph reich ▼. 53; Otto 48, 49, 54, 57. 11^ 

Kornea barg, Aagastiner 1 7 ; Kirche «am 153; Heinrieh. Xt Jörg. 170. Ulrich. 57. 63. 

heil. Blnte. 14. Liebenwerckh, Wilhelm der Schenk Meisten, Do .26 

Kraig, Barbara v. 155. Ton. 162. Melk, Stiftskj .-che. 17, 65, *tS4. 

Kranichberg, Oertrad ▼. *I34. Ligorio, der Inschriftenverf&l scher. 258. Melon, Alt- Nonnenkloster. 72, 126. 

Krems 73; Sl. Veitskirche 107; Piaristen- LiHenfeld, Abtei. 27, 39. 52, 62, 84, »3, Meran, 180. 

kirche 105; Spitalkirohe 74, 106; Do- ^**» **^ **5*; ^^* ^"•■- ^3. Met«, in Frankreich. *255. 

minicanerkircbe 71, 74, 107; der Pas- Firnes romanns. 250. St Michael V.O.M.B. Khrehe «. Kamer, 

sanerhof 107; Pigar des h. Christoph ^'^^^^98 ▼on Lisana, die Familie. »72. 74, •81, 100. 110. 

107; Dcchant Imfried 04; Ursnla- **^*- ***• 

Lina. 211. 

Lobkowits, Regina Freiin von. 155. 

Loiben. 74. 126. 

Loire, St. Benedictkirche zn. 37. 
Krensbach, Friedr. 54, 55; Wilh. 58,67. St. Loren«, bei Enns; der Kamer. 78, 81. 
Krens enstein, Raine, V. U. M. B. 12. Lothar Kaiser. 10. 
Kreaagang «u Zwetl 84, 85 ; BrixenM02; Lothringen. Friedrich von. 40. 

L8we, der seine Jungen belebt 05, 167. 

L5wen, Stadt in Holland. 20. 

Lndwig Y. Baiern. 158. 

„ IX. König Y. Frankreich, li. 

Landenbarg, V.U.M.B. 40. 



Capelle 74. 

Kremsmfinster, Abt Friedrieh an. 7, 13, 
•238. 



Lilienfeld «84. 

Krenspartikel, die sa Zwetl. 88. 
Krnmau. Raine, V. O. M. B. 73. 
Kramstab, der «n Altenbarg «7 1 ; Zwetl 87. 
Kaef stein, Georg von. *lil. 



K ün r i ng . Kü-che 73» 75 — 77 ; Karaer 78. M ag d e b n r g . der Dom «a. 26. 



St. Kammerniss. 102. 

Laach, Maria-, der Flfigelaltar 74, 114. 

Ladendorf. 171. 

Lambach, Abtei. «234. 

Landenberg, Henoann y. 61. 

Landmjarschall. der. 61. 

Landtner Ditrioh, aas Piem, 150. 



Mfthnenschnt«, der. 59. 
Mains; Ersbischof Werner. 131. 
Mala canina. 260. 
Mals kästen. Hefairich. 136. 
Mandragora. 260—264. 
Manriqne, Angelas. 185. 
Marehfeldschlacht, die. 54, 131. 



Franciscaner- Marcheok 131; Angostinerkloster 157. 



Mihes Melchior. 225; Jolle. 233, 235. 

Milani Johann. 143. 

Minnebach v., Oeschlceht. 93. 

Minoriten Orden, der. 71. 120. 

„ Kirche in Znafan 131 ; Stein 71, 

02 1 Wien 120. 

Mistelbach, Conrad Pfiurrer in. li. 

Mognntiacam. 251, 252. 
Mohn Samnel. 234. 
Molandsdorf, das Oeschleoht. 63. 
Mol d an, dortige Holakirolien. *70. 
Mollenburg. 72. 
Monterberg. 240. 
Monteranz, Pierre de. 8. 
Morgenstern, Andreas. *86. 
Morias. 261. 

Moria, CharfQrst von Sachsen. 407. 
Moser Martin. 190. 
Mfihldorf, die Schlacht bä. 64, 65. 
M fl 1 1 e r Johannes ▼. 242. 
Mangan ast Johann. 16. 
Mfln «enberg, Capelle. 0. 



Langenlois, V. O. M. B., 

Uoster. 72,74,126. Marens Aurelius. 253. 254, ^55, 258. Musiker sn Wien. 51. 

Laxenburg; Fransensborg. 7, 16, 2T, 20| Maroomannen, die. 253. Nagele, Angust. 107. 

Reste der cap. speciosa alldort, 41; Margaretha, K. Otakar'saemalin73,*13|. Kapeisdorf. 40. 

der Tamierplats 16; der Altar 41, das „ von Tirol (Maultasohe). 155, Nappersdorf. 40* 

Sacramentoh&aschen. *86. *241. 242. Deren Trinkbecher. 224, 232. Neapel. 208, 200. 

Laaariner Blasios. 154. Margarethen -Insel Inder Donau. *234r. ., Perdinand IV. Köiüg ▼. HOO. 

Lebeny, Kirche «u. 28. Maria- Zell. 52. *234. Neipperg. Alb. Adam Graf ▼. 226. 

Legio L adyutrix 24. 72, 251. - II. a^Ju- Maria-Laaeh; s. Laach. Neukloster in Wr. Neastadi. ^108. 

trix 251. — IV. macedoniea 246. — Maria - Theresia, Kaiserin. 142, 164, Neunkirchen am Steinfside. 10. 

VI. victna 246. U7. — VII. dandiana 186, 202, *207, 200, 212, *215. Neustadt, siehe: Wiener^Neostadt. 

246. — vm. augusta 246. — IX. hi- Maria Louise, Heraogin v. Parma. 225. Nexing. 162. 

spanica 246 , fretensis 245 , «246 , 247, Marienberg, Abtei in Tirol. 181 . 

gemhia 245—247, 240, 252, 253, 256, Marion, der Alraun. 267. 

258. — XIV. gemfaia 252. 253, 256. Markopolis, Peter Bischof t. 135. 

Marktsftnle «n Drosendorf. 122. 
Mar montier, die Kirche lu. 37. 
Marquard, Eugen. 190. 



Leiben, Schloss. 72, l26. 
Leini n ge n , Berthold, Oraf y. Ol. 
Leininge r. Hieronymns. 154. 
Leiter, Tnjan y. d. su Piem. 172. 
Lemann Karl. 268. 
Lempel, Meister. 173. 
Lengenbach Friedr. y. 50. 52. 
Lengenfeld, V. O. M. B. 74, 126. 
Leon, in Spanien. *252. 
Leopolden. Markgraf Y. Österreich. 75. 



Neydeok, Johann ▼. 72, 74, 126, 
Nieder-Alteieh, Abtei. 110. 
NiYinbnrg. 10. 
N o 7 s e , Engelbert. 213. 
Nflrnberg; DoppeleapeUe. 9. 
Oberdorfer, Oswald. *163. 



Marschall, der, in Österreich. 47, 40. OctSYlanus, TriumYir. 243. 



Albero. 48. 
Martin V. Papst. 132. 
Mathias, CorYin, König. 53, 91. 
Man erb ach, die Carthause. 134, 158. 
Manlbronn. 37, 42, 43. 



Ofen: Realschnl- Gebinde 40; Cameliten- 

kloster 170. 
1 m ü t s , Ersbischof Ferd. Maria. *S06. 
O rtheber Lienhart, Caplan «u St Ste&a 

in Wien. 173. 



Mauren, Verbreitung der Cultor durch Ossiach. Abtei. H34. 



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10, 106. 

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m. 

IV. Hersog 
V. „ 
V*. ,, „ 

51, 91, 107, 129. 

vn. 

Leopold I. deutscher Kaiser. 147. 

„ U. „ „ 168, 107, 203. 

Lepidus, TrinmYir. 245. 
Liehtenfels Ruine, V. O.M.B. 73. 
Liechtenstein, Ruine, die Capelle. 0. 



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die, 18. 
Mauser Andreas M. 172. 
Mautern. 137, 162. 
11, 28. Maximilian I., Kaiser. 53, 140, 172. 
Maximius, r5m. Kaiser. 254. 
Meoheln. Stadt in Belgien. 20. 
Medling. 10. *2.34. 
Meidling. 126. 



11. 



St. Oswald, V.O.M.B. 186. 

Otakar, König y. Böhmen. 12, 62, 6«, Ol 

04. 130, 131, 157. 
Ottakring, V.U. W.W. 171. 
Ottenstein, Sehloes, V.O.M.B. 73. 
O t ti ng en, Ludwig Graf t. 85. G«tla Ton 

133, 158. 

-Spielberg, Fransleea Gr. ^03. 



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Meinhard IL y. Baiern. 186. — IV. y. Otto Heim, Bflrger y. Wien. 13t. 

Tirol 241. Otto, der Fröhliche, Henog. it, 56, 158r 

Meisling V. O.M.B. U5. 150. 161. 



275 



Pftcher Michael. 116. PUttner, Michael Enahcck der. 140; Joa- Bein in Steiermark. •IS. 

Palaeologus Mich., oricni Kaiser. IJO. chim der. iOO. Reinprecht spdUa, Jacob Rot ▼. 7t. 

Palastcapelle su Gennain en Laye 9} Plinins. 160. Reisigl, Barbara. 180. 



an Bonrges 0. 
Palterndorf, Albrecbt von. 168. 
Paniertrager-Amt 54. 
Pappenheim, Graf. 48. 
Paran, Wolfker v. 63. 



P6chlarn, siehe Pechlam. Bemagen, Kirche zu. 42. 

P6ck stall. 13t. Flfigelaltar. Itt. Annakir- Beta, Stadt. 68. 



che bei. 124. 
Poetov io. 2&2. 
PÖlIa, Alt-, Kirche an. 80. 



Paris, Notre-Dame-Kircbe 4«, 63 j St. Cha- Pöltl, Simon v. Hebreichsdorf. 164. 
pelle 8. lli Hauscapelle im bisch5f- Polheim Walpnrga ▼. 138. 



liehen Palast. 8. 
Parma, Herzogin Maria Louise v. ttS. 
P a s s a u , Bischof Altmann. 76. 

Albert. 14, 15, 135. 

Berthold. 130. 

Bernhard. 13. 

Gel hard. 11. 110. 

Georg. 112. 

Gottfried. 150, 160. 

Johann. 170. 

Leonhard. 98. 

Beginbert. ^8. 

Wernhard. 107. 

Wolfger. 52, 113. 



Pompeji. 209. 
Pont-a-MoussoD. *250. 
P5tl, Simon. 139. 



B h e i m s , Doppelcapelle 8 { Dom 26, 43. 
Bhein, der. 18. 
Bichard L5wenherz, König. 72. 
Bitterwesen, das. 6, 55. 
Bogendorf Caspar von, 120, 122. 

,, Schloss. 72. 

Bohrendorf V.O.M.B.126. 
Bohrau, Ditrieh y. 12. 



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Pottendorf Georg v. 53; Enphemia. 132) Born. 130, 204. 



Agnes. 61. 
Pötten stein, Ella von. *135. 
P r a d in Tirol, 240. 
Prag, der Dom. *131. 
Pr and au er Architect. *74. 
Prfttzl V. Band egg, Simon. 72. 
Prediger-Orden, s. Dommicaner. 
Press bürg. 63. 



B 6 m e r , Verbreitung der Coltor durch die« 
Bomer. 18. 

Bomaniscbe Bauten: in Frankreich 18. 

Deutschland 20. Kied.-Österreioh: St. 

Pankras bei Gossam «111, Gars 90t 

Stein 92, Zwetl 84,85, Ober-Banna75t 

Künring 76 
Bomorantin. 265. 



Prlll, Ben. Chorherr in Klostemeubnrg. B„„h„,„„ c. I8S. 187. 



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17, 29, 31. 



Wolfg. Hippen, Weihbischof v. 43. Primisser Alois. 179. 217-235, 244. 



„ Heinrich, Propst zu. 11. 
Pastor ale zu Altenburg. *71 1 zu Zwetl 87. 
St. Paul, Abtei. 42. 

P>uliner -Kloster zu Unter -Banna. 72. 
Paumgarten, am Tulnerfeld. 139. 141. 
Peohlarn, Gross-, 141. GrabcapeUe*81. 
Pechlam, Klein-, V.O.M.B. 112. 
Peilstein, Veste. 53. 

„ Euphemia v., Gräfin. 62. 



Cassian. 119, 180, 241. 

Job. Gottf. 179, 240. 

Joh. B. 179, 201, 202, 209, 241. 

Gottfr. 179, 241. 

Tberese. 202, 207, 238| t44. 

Julie. 235, 240. 
P r o b u s , römischer Kaiser. 254. 
Prosem bei Prag. *79. 
Prüschenk, die Familie. 53. 



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.....<» Pto lom&us Claudius. 252. 
Pelik.n. der. und de.Mn .ymbohich. Be- p„,„hh»im, Pllgrim von. M. BndolfUl. 

deutung. 95. 
Pentao, Ulrich. 135. 
Pernegg, die Grafen Ton. 71. 
Stift, V.O.M.B. 71. 
Per sen beug, Schloss. 72. 
Perthaler, Josef, Dr. *218. 
Pertz, Dr. 226. 



Bosenburg, Schloss V. O. M. B. 73. 
Botten burger Heinr. der letzte. 241, 243 
Budolph I. röm. Kaiser. 52, 94. 
n. „ „ 267. 

IV. Herzog. 13, 15, 54. 61, 67. 
160, 169. 
Bus p ach, Pfarrer Ulrich zu. 11. 
Ryndern. «249. 

Sachsen, Churf&rst Moritz von. 187 ; Her« 

zöge von. 49. 
Sachsen gang, Leopold von, Pfarrer zu 



St. Stephan in Wien. 169. 

252. Hanns 174. Ulrich 164. Ferdinand Sacramentshau8chen74; in Drosen- 
•53. Albero 52, 53. Margaretha 164. dorf 121 ; in Heiligenblut 118 1 inWei- 



Joh. Christ. 142. 
Pn el Phil. 187, 190. 



ten *98. 

Salingstadt, V.O.M.B. 73. 81. 

Hans von. 173. 



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Puc harzt, der. 172. ' 

Puchberg Ulrich v., Pfarrer zu Schwei- S alzburg 228; dieKircheSl; TaufsteinSl. 

gers. 1 13. E r z b i s c b Ö f e : Friedrich 131 ; Jo* 

Peter Bischof von Blarkopel. 134, 135, 136, pui^au, V.U.M.B., *81 } Kamer. *77, 81. bann 139. Abtei St Peter in. 50. 



159—161. 
St. Peter, Abtei in Salzburg. 50, 51. 
Petersberg, Schloss in Tirol. 224. 
Peterwardein. 211, 221. 
Petronell. «95, »234, 252, 257. 
Petschnigg H. 40. 
P e 1 1 a u in Steiermark. 252. 
Pfaffenschlag. 112. 
Pfalz graf am Bhein. 48. 
Pfannberg, Ulrich, Graf v. ^131. 
P fister ei, der Minoriten in Wien. 140. 
Philipp IV. Kooig von Spanien. 154. 

„ III. ' ,, „ Frankreich. 155. 
Piaristenorden in Krems. 107. 
Piber, in Steiermark. *79. 
Pilat, Josef V. 236, 244. 
Pileus, Cardinal. 15. 



51, *79. 
Saragossa. 246. 

Scala sancta in Rom. 147; bei den Mi« 
Baab, die. 253. noriten in Wien. 142, 146 — 7. 

Baabs, V.U,M.B. Schloss 73. Kirche 80. Schaller Thomas. 112. 



Ptttrich, Kathar. u. Hanns. 160. 
Pythagoras. 260. 
, Q u a d e n , die. 250. 



Bagum-Bouchey Marg. 265. 
Baina, Waldo v. 71. 
Bainer Caspar: 179. 
Bandegg, Capelle zu. *8l. 
Ranna, Ober-, Schloss. 73, 74. 

„ Unter-, Paulinerkloster 72, 75. 
Rapoltenk irchen. 54, 55. 
Rapotenstein, V.O.M.B., Schloss 73. 
Rappach Christ. von. 139, 153. Mar. Mag- 
dalena. 153. 
Rasteuberg, Schloss, V.O. M. B. 73. 
Bauscher, Cardinal - Fürsterzbischof von 
Wien. 220. 



Pi lg ramm, Anton. 233.* 

Pili chs dorf, Ulrich von. 12, 52, 60| Dil- Begelsprunn. 133. 

mar 54; Dietrich 132, 152. Begensburg, Dom. 20. 

Pisa, das Ooncil zu. 10. Beginbert, Bischof v. Passau. *98. 

Plaien, Otto Graf v. 54, 56, 66. Bechberg, Buine, V.O.M.B. 72. 

PI aus, Johaunes de. 129. Beichenau, Joachim, Marschall. 54. 



Schärfenberg, Anna von. 162. 

Schauen st ein, V.O.M.B. Ruine. 73. 

Schaumburg, Sigmund v. 48; Conrad v. 
136. 

Schenkenamt, das. 47, 48, 53. 

Schernitzer, Niclas. 171. 

Schimmeupfeil (Schimpfenpfeil} 
Kari. *132. 

Schlegel, Friedr. v, *226, 236. 

Schmeller, Andr. 235. 

Schnitz altar, sieheBild er- u. s. w. Al- 
tftre. 

Schnorr, Ludwig, von Karolsfeld. 244. 

Schönbach, V.O.MB. 74, 117. 

Schönberg, Schloss. 73. 

Schönbrunn, Tapeten - und Teppich-De- 
pot. *233. 

Schranzhofe r, Roger. 180,186,190,197. 



87« 



»t 
»I 



Schrat v. Streitwiesen, BarthoIomäDS. 

100. 
Schreck Adam, Propst von KloBtemenhurg 

t20. 
Schrenck von Notzing, Jicob. tiS. 
Schrems, V. O. M. B: 74, 126. 
Schwallenbach, Kirche sa. 74. 111. 
Schwarzenan, Schloss, Y. O. M. B. 73. 
Schwaraenberg, Adolph von. 168. 

„ Schloss im V. O. M. B. 73. 

Schwas, in Tirol. 223. 
Schweigers, V. O. M. B. 73, 74 ; Tanfstein 

113. 114. 
Schwendler, Lucas. 171. 
Seefeld, das Geschlecht. 52, Heinrich ▼. 

12. Wichard v. 52. 
S e e m Job. 220. 
S eine, Fluss. |8. 
Seltenste tten *2.14. 
Senftenberg, Raine V. O. M. B. 49, 72; 

Kirche 126. 
S e n t i u s Saturninns. 251 . 
S e p t i m u s Severus. 234, 255. 
Siegel mit Wappen. 56. 

mit Inschriften. 56. 
mit Beiterfiguren. 66. 
„ der Landmarschälle. 61. 
„ der n. 5. Erbland • Würdenträger. 
47—67. 
der Augnstiner-Prioren inWien. *163. 
des Augnstiner-Grundbochs in Wien. 

*I64. 
des Carmeliten-Convents in Wien. 

•176. 
der Herren v. Ebemdorf. 61,64. 
des Minoriten-Convents in Wien, i 43 . 
des Minoritcn - Guardian in Wien. 
*139. 
Siegel der Herren von: 

Berchtoldsdorf. 64. 
Chaenring. 62, 65, 66, 
Ebersdorf 51, 64. 
, Kreusbaoh. 67. 
Meissau. 62, 63. 
Plaien. 66. 
Pnechhaim. 66. 
Wailsee. 63. 
Sieglauch, 267. 
Sievering. 172. 

Sigmund von Tirol, Ersherzog. 241. 
Silz, in Tirol. 224. 
Sirnich, V. O. W. W. 62. 
Slick, Niclas, zu Weissenkirchen. 173. 
Solenau, V. ü. W. W. 79. 81. 
Someren, M. V., Künstler. 267. 
Sonnenberg, Hadmar v. 12. 
Spanien, Philipp IV., König v, 154. 
Specker, Alois. 190. 
Sperges, Jos. v. 184, 241. 
Spielgrafenamt, das. 62. 
Spital bei Weitra. 125. 
Spitz, y.O.M.B., die Kirche tn. 74, 110. 
Spitz er, Conrad. 136. 
Spörk, Hofrath. 16. 
Sprenger, Paul, 166. 
Stade ck, Lentold v. 61. 
Stadler, Peter. 190. 



»» 



S ta 1 1 e ck , die Herren v. *64. Schloss. 73. 
Stams. 180,185,186,188,190.224. Aebte: 
Alois 179, 197, 200; August, 192, 195, 
«97; Bernhard, 193,195; Berthold, 192. 
Caspar, 193; Edmund, 196; Friedrich. 
191; Georg, 193, 195; Heinrich, 191, 
192; Hermann, 192; Jacob, 196; Jo- 
hann, 192—194} Melchior, 194; Nico- 
laus, 194; Paul, 194, 195; Pelagius, 
194; Roger, 180, 196; Rudolf, 191; Se- 
bastian, 197; Simon, 194; Thomas, 194. 
195; Ulrich, 192; Virgil, 190. 196. 
„ Annalen von Stams, 191. 

Starhemberg Caspar v. 112. 

Starck Berthold. 163. 

Stein, V. O. M. B. ; Minoritenkloster zu. «53, 
71,91,92. Stadtkirche 74,108. Marien, 
kirche 108. 

Steineck, V.O.M.B., Ruine. 73. 

Steinbüchel, Anton. 231. 

Steinmetzhütte bei St. Stephan in 
Wien. 27. 

St. Stephan am Wagram; Job. Nippeis- 
dorfer, Pfarrer. 171. 

Sterzinger Casimir. 190. 

S t i ze n d orf. 63. 

Strassbur g, Dom zu. 20, 26, 34, 43. 

Strattmann, Margaretha Gräfin v. 142. 
Maria Therese v. 154. 

Stratzing, Y.O.M.B., Kirche zu. 93. 

Streitwiesen, Veste. 72. 

Streun Ulrich von. 48. 

Strozzi, Peter. 168. 

Stnbenberg, Helena von, 155. 

Suchenwirth, Peter. «55. 232. 

Süll 7, Moria v. 8. 

Süssenbach V. O. M. B. 126. 

Swandeck, Heinrich von. 160. 

S w i e t e n, Gerard van. 168. 

Symboliscbe Darstellungen: das 
Einhorn 95: der Phönix 167; der 
Löwe 95, 167 ; Pelikan 95. 

Tachenstein, Christian von. 54 

Taia V. O. M. B. 74, 126. 

Tallesbrunn, Agnes v. «134, 158, 160. 

Tarrag ona. *254. 

Tattendorfer Conr. Augustin.-Prior. 158. 

Taufstein zu Salingstadt 81 ; zu Schweig- 
gers. 114. 

Temperabild in M. Laach. 116. 

Templaise, die Rittergesellschaft der, 
161, 134. 

T ernick, Anna v. 153. 

Teufel, Heinrich, der. 16. 

Teutobnrger- Wald. 261. 

Tirnstein V. O. M. B. s. Dürnstein. 

Thomaskir ch e, die, nächst DÖllers- 
heim. 125. 

Thridacias, der Alraun. 267. 

Thridakian. 260. 

Thurnberg, Ruine. 73. 

Tirol, KartJB von, durch C. Primiaser ver- 
fertigt. 183. 

Tisnovics in Mähren« 26, 29. 

Todtencapelle in Drosendorf 121; in 
Wien bei den Angustinem 164. 

Tollwu r z, die. 264. 



T o p p e 1 , Familie v. 66. 
Top sei. Franz. 190. 
Trajan, Kaiser. 250. 

Trapper Johann , Caplan bei St. Laurenz 
in Wien. 174. 

Traun-A bensberg Ernst Graf «146; die 
Familie. 54. 

Trausnitz. 158. 

Trautson, Ernst, Bischof von Wien. 147. 
Trebitsch in Mähren. 29. 
T r i e n t, Dom zu. 26, 28, 42. 
Trinkbecher v. Margaretha Maultasohe 
224. 232. 

Trnchsess, der. 47, 48, 52; Albero von 

Feldsberg. 93. 
T scherte Johann. 164. 
Tuln. »81. 

Tulnerfeld. 139, 141. 
Turnierbuch, Friedal*9. 232. 
Turso, das Geschlecht. 73. 

„ von Sonnbcrg, Katharina. *135. 
Ulm , Dom zu. 20. 
Ungarn: Agnes. Königin v. 133; Andreas 

IL, König V. 95; Bela IV., König v. 

•234. 
Ungnad, Judith Freiin v. 155. 
Unser fr au en, bei Weitra. 74, 125. 
Unter berge r Christoph. 143. 
Unterhaus, Ruine, V. O. M. B. 72. 
Unterkircher Caspar. 180, 201, 224; 

Therese 179, 180, 215, 222, 230, 135; 

Maria 180; Martin 202, 238. 
Untermarschall, der. 48. 
ürban IV, Papst. 130. 

Urbctsch Ditr. «135; Elisabeth 159. 

Valerian. 233. 

Varus. 251. 

Vehmgerichte. «75. 

VelascuB, päpstl. Legat. 91. 

Veldersberg, Chadoltv. 12. 

Veltspcrg, Albrecht v. 72. 

y erbe na ofificinalis. 268. 

Vermayen, Hanns. 233. 

Vespasian, röm. Kaiser. «205, 247—249 

Villach. 226, «234. 

Vilshofen, CoUegiatsstift. 98, 1«8. 

Vincennes, St.-Chapelle. 9. 

Vindobona. 252—254, 256—258-' 

Vinschgau Berthold Graf v. 197. 

Vi scher Mathäus. 179. 

„ Zacharias. 185. 

Vitellius. 247, 252. 
Volkersdorf Georg v. 54, 67. 
Vos JodacuB de. «233. 
Wachau V. O. M. B. 53, 107. 
Wagner F. K. 244. 

W ä h i n g Berthold, Bischof v. Freising. 172. 
Waidhofen a. T. 126. 
Walachei, die Hdzkirchen in der. «79. 
Waldreichs V. O. M. B. 73. 
Wallnöfer Anton Paul. 202. 
Wallsee Friedrich Ulrich 161; Reinprecht 
48 ; Wolfgang 63, 57, 69. 

Ober-, Schloss. 49. 

Nieder-, 211. 






87t 



Wappen: Beck v. Leopoldsdorf 153; Cbnen- 
ring 69, 65 1 Dalberg 168; Eberadoif 
56, 59; Hindberg 50, 60; Kreasbacb 
60» 67; Lindegg 101 ; Meiisan 60, 63; 
Kiederöeterreich t55; Plaien 61, 66; 
Puechbaim 61, 66, 154; Bappach 163; 
Rogendorf UOi 8tadeck 61 ; WalUee 
61, 63. 

WaBserberg Heinrieb von. 50. 

Weinbart Ignas. *180. 

Weinbaus bei Wien. 236. 

Weinsierl Y. O.M.B., Kircbe zo. 73, 126. 

Weis senkir eben V. O. M. B. 74 1 Kir- 
cbe 109. 

Weiten, die Kirclie 74, 98, 111. Glas- 
malereien 99. 

WeitenanerP. 185; Ignas Freib. y.« 185. 

Weite neck, Ruine. 7t. 

Weitra, Kircbe T3, 80; Tbomas , P&rrer 
SU. 160, 137. 

Wels, Glasgem&lde. «10t. 

W e l s e r Pbilippine. 243. 

W e n s e r Marian. 190. 



Werner Zacbarias P. *226, 236. 

Wien, sieb die besondere Abtheilung die- 
ses Registers biefür. 

Wiener-Neustadt, die Stadt 163; Barg- 
capelle 9; Gatbedralkircbe 28, 140; 
FriedhofcapeUe *79, 81; St Jacob- 
kircbe 163, 176; Neukloster Glasge- 
mälde «102. 

Wikoscb, Martin. 214. 

Wiiozek, Franz Jos. Graf. 203. 

Wildberg, Ruine. 73. 

Wildeck, Rapot zu. 159. 

St. Wilgefortis. 102. 

Wimp asa ing. 143. 

Winzendorf V. U. W. W. , Kamer. »81. 

Wirflacb V. ü. W. W., Kamer. »81. 

Wisener Zachey. 7. 

Wiesensteiger $ Georg. 141. 

Wl ad i s la u s von Bobmen. 12. 

St. Wolfgang V.U.M.B., dieKircbe 112; 
Glasgem&lde 113. ^ V. O. M B. Kircbe 
74, il2; O. Ö., der FlOgelaltar 113, 
116, 2.n. 



Wolkenstein, das Gescbleebt 224, ZtS. 

Wulzendorf, Friedr.' ▼. 63. 

Wurmbrand, Graf. 168. 

WÜrtemberg, die Grafen ▼. 58. 

Xanten. 249. 

Zebing Y. O. M. B. 74, 126; TntU T. 93. 

Zeibig, Hartmann. 32. 

Zeiweter, ülriob. 64. 

Z e l k i n g, Margar. y. 137. 

Z e 1 1 e r n d o r f, Y. U. M. B., der Karoer. 81. 

Zendalbinde, die. 58. 

Zenn er Franz, Weibbiscbof v. Wien. 228, 

237. 
Zinzendorf, Gescbleebt. 55. 
Znaim, Minoritenkirche. 131. 
Zoro asfer. 260. 
Zwetl, Cistercienser- Abtei. 66, 67, 71, 74, 

234; Äbte: BohaslaY88, Bainer 118; 
. Capitelkreuz88; Capitelsaal 83; Elfen- 

beinfignren 86; FlOgelaltar 87; Kircbe 

74, 83, 85; Kreusgang 73, 84, 85; 

Kreuzpartikel 88; Krummstab 78 ; 

Psalterinm 89, 99; Stiftungenbuch 99. 



Abbildungen von Wien: von Hirschvo- 
gel 166, 176; Hufnagl 166, 176; Lau- 
tensack 166, 176; Meldeman *166, 176. 
Alserbach, der. *157. 
Alservorstadt, ,die. 143. 
Amb raser- Sammlung, die. 220,221 

225. 231, 236. 
Antiken-Cabinet, das. 222. 
Aagustinerkir cbe und Kloster in der 

SUdt. *95, 138, 139, 147, 
157—168, 169, 171, 173. 
Baumeister. 157. 
Georgscapelle. 135, 161, 164, 

167. 
Lienhartscapelle. 137, 161. 
Lorettocapelle. 164. 
Tburm. 160, 164, 165. 
„ auf d. Landstrasse. *1 57, 1 64. 

Agustinerprioren: Augustin 164; Con- 
rad 158, 160; Dietrich 159; Erbart 163, 
164; Friedrich 160; Leopold 162;Leu- 
told 159; Mert 160; Kiclas 160; Os- 
wald 163; Simon 162; Stephan 162; 
Ulrich 160; — Subprioren: Ruhen 157, 
Walter 162; — Lector: Friedrich 157; 
— Proyincial : Hanns 163. 
Badstabon. 137, 162, 171. 
Ballplata. 129, 152. 
Belagerungen Wien's. 130, 142, 151, 

154, 164. 
Belvedere, k. k. 221, 222, 236. 
Bruderschaften: des gekreuzigten Er- 
lösers 142 ; des h. Franz v. Assisi 142; 
des h. Nicolaus 52; des h. Sigmund 
175; die Todtenbruderschaft 168. 
Burg, die. 129, 164, 165. 211. 
Burg-Capelle, die. 8, 9. 
Bürger von Wien: 
Aigner Wolf 174. 
Althaimer Friedr. 163, 173. 

V. 



B. WIEN insbesondere. 

Amluncb Jacob. 171. 

Ammann Hanns, der Färber. 173. 

Apud lünores. *136. 

Amolt Georg. 142. 

Baier Heinrich. 158. 

Behaur Andreas. 140; Heinrich. 163. 

Cbezzliog Conrad. 160. 

Cbizzlein Conrad. 170; Margret. 170. 

Cboppel Heinrich. 170; Pericht. 170. 

ChSzler Conrad. 170; Agnes. 170. 

Chrawter Berab. 162. 

Dechser Jörg. 163. 

Echrer Jacob. 137, 162, 171; Anna. 171. 

Enspeck Mich. 140. 

Eyla Peter von. 172. 

Färber Chunrad. 169. 

Frank Hanns. 173. 

Gainach Peter. 137. 

Gezzler Heinr. 162. 

Grobloch WiUi 173. 

Hamausch Micl. 172; Anna 172. 

Haering, Laslab. 172. 

Hell Caspir. 175. 

Hierzo. 132. 

Hinterberger H. 174. 

Hirss Franz. 174. 

Hofgeber Paul. 162. 

Hösel Hermann. 129, 163, 172. 

Humel Jacob. 170 ; Anna. 170. 

Jordan Georg. 140. 

Kalb Nidas. 173. 

Keppler Hanns, Peter. 172 

Khöstl Conrad. 160. 

KnoU Conrad. 160. 

Kolb Stephan. 139. 

K5pl PhUipp. 163. 

Lienhart der Haler. 170. 

Malzkasten Heinrich. 136. 

Messlhiger Heinrich. 174. 

Mispeck Andr. 174. 



Nagel Hanns 136. 

NewsUtter H. 174. 

Oberdörfer Oswald. *163. 

Otto-Heim. 132. 

Panlein Hanns. 170. 

Peurer Conrad. 11. 

Piscator~l*aul. 171. 

Pitrolf Wolf. 174. 

Poll Stephan. 171, 173. 

St. Pdlten, Peter v. 173 ; Hermann v. *135. 

Pötl Simon. 139. 

Prewer Georg. 140, 164,173; Margareth. 

173. 
Puehsbaum H. 174. 
Pfttrich Hanns. 160. 
Scherand W. *56. 
Scheraitzer Niclas. 171. 
Schönknecht Mich. 171. 
Senftenberg Niel. 171. 
Seul Hanns von der. 136, 137. 
Silberberger Ulrich, Geisel. 170. 
Spärlein Wolf. 172. 
Spitzer Conrad. 136. 
StariL Bertbold. 163, «72; Heinrieh, i 72; 

Elisabeth. 172. 
Störer Leonbard. 141. 
Strasser Peter. «72. 
Snchenwirth Hans. 170. 
Toppel Wolf. 173. 
Tyema Friedrich. 160. 
Unbescheiden Heinr. 172. 
Urbetsch Dietrich. *135, 159. 
Yorlauf Conrad. 17 1. 
Weidmann Hanns. 173. 
Wiennberg Wenslab. 133. 
Winterkiricher Pankr. 17i. 
Würfel Heinrich. 170. 
Wnrzer Peter. 174. 
Zerave Jacob. 140. 
Zistelsteiner Hanns. 139. 

36 



278 



Bllrg€rinei«ter: 

Flnsshart Dietrich. 136. 

Bfirgerspital, das. 16t, I7i. 

Oarmelitenkloit«r und Kirche. 157, 
16S, 166—176 ; deren Banmeister. 171. 
P r i o r e n : Andreas Mawser 172; 
Anioldl7 1 ; Hanns Marktdorf 175 ; Hanns 
Millerstadt 173, 17«; Hanns v. Newn- 
bürg 173; Hanns Stocksteiner 174; Hein- 
rieh T. Nfimberg 17t; Johannes 166; 
Johann Steinach 171 ; Leonhard Prewer 
173, 174; IGchael 171; Michael Hoch- 
stetter 166, 176} Nieolaus v. Newn- 
borg 171, 17t; Peter 17t; Wemher 
Vorlin 170; Wolfgang Krawker 173, 
175; Wolfhart I7t; — Conventbrader 
Ulrich 170. 

Cillier-Hof. 140. 

St. Claren-Kloster. 133, 134, 136. 

Dentsoh-Orden skirche. 0, 106. 

St Dorothea kirche. 153. 

Fftrber, die. 51. 

Fenersbrunsl 130, 170. ' 

Flimminger , die. 51. 

Friedhof der Augustiner 164 ; Carmeliten 
174; Minoriten 139. 

Oraben. *134, 140. 

Haus Nr. tl — 147, 148, 151; Nr. 29 — *1 6t. 

Herzoghof, der. 171. 

Himmelpfortkloster. l3l. 

Hochstrasse, die. 158. 

Hof, der. 166. 171, 17t. 

Hofbibliothek. t60, 266, 268. 

Ho heb rücke, die. 172, 173. 

Hospiz Im Werd, das. 158, 169, 169. 

Jesuiten» die. 175. 

Innungen, der Huterer 175 > der Tucbsche- 
rer 174. 

Inschriften, römische. *t55, *t57. 

Johanniter-Capelle, die. 9, *95. 

Kaiserspital, das. 140, 15t. 

Kftrntnerstrasse. 137. 

Kohlmarkt, 140. 

KSnigskl oster, das. 165. 

Krugerstrasse, die. 137. 

Lalmgrnb%, VorsUdt. 136. 

Landhaus, das. *l3t. 

Landh&user, die. *143. 



St. Laurenzkloster. 174. 

„ -Caplan, Johann Trapper. 174. 

Leopoldstadt, die. 157. 

Lutherthum.'das, und dessen Ausbrei- 
tung. 141, 164, 175. 

St. Michaelskirche, die. tS', 29, 32, 52, 
16t. 

St. Maria-Magdalenenkloster , das 

173. 
Maria-Stiegenkirche. *10t, 153, tt6, 

233. 
St Mertenspital. i59, 169, 171. 
Minoritenkirche und Kloster *11 7, 1t9 — 
156, 160, 16t, 165, 169. 
Die Antonscspelle. 146. 
Die Baumeister. «132, 138. 
Die Fa^ade. 148. 
Die Fenster. 150, 151. 
Der Friedhof. 139. 
Die Katharinen- Gap eile. 130, 132, 137, 

152, 154. 
Der Kreusgang. *137, 139, 140, 152. 
Die Ludwigscapelle. 133—136, 138, 146, 

147. 
Die NikolaicapeUe. 132. 
Die Pflsterei. 140. 
Der Thnrm. 151. 
Die heil. Stiege. 142, 147, 165. 
Die PorUle. 148, 149. 
Grundriss nach Herrgott. 143. 

„ „ Steinhausen. 143, 144. 

Minoriten -Conventualen: Provincial 
Johann. 130; Minister Johann. 136; 
Guardian Leo. 130; Michael. 139; IH- 
das. 136, 137; Philipp. 142; Sigmund. 
140| Bruder Hadrian. 142) Hanns. 139. 
Minoritenplatz. 129, 143. 
Mflnzhof, der. 169, 173. 
Musiker zu Wien. 51. 
N a d 1 e r n , unter den. 171 . 
Neuburger-Strass e. 139. 
Neuth r. 157. 

St Nicolaus, extra muros. *56, *J34, 158 
St Pa nkras-Capelle. 170—173. 

„ -Caplan, Berthold Auer. 

172. 
PetersfreithoC 172 
Plan von 1438. 157; ▼. 1710 von Steinhausen. 



143, 152, 164 1 vonHueber 1769. 142, 
15t, 146. 

Prediger-Orden. 160, 160. 

Bathhaus-Capelle, die. 9, 160. 

Beformation, die. 175. 

Bennweg, Vorstadt. 256. 

Bdmische Legionen zu Vindobona.252— 266 ' 

Boss au, Vorstadt 137, 157. 

Bossmarkt, der. 137. 

Bothe Thurmi der. 172. 

Salesian er -Nonnenkloster. 297, 235-240. 

SaWato r-Capell e. 9, 160. 

Schatzkammer, die k. k. *102. 

Sehottenkloster und Kirche. 27, 106, 
129, 131, *135, 140, 158, 160, 163, 170, 
172, *2i5. Abt: Clemens. 160, Nieo- 
laus *I35. Die GeoigskapeUe. *1S5. 

Schottenthor. 139, 173. 

Schottenau. 172. 

Schulhof. 174. 

Servitenkirohe. 176. 

Siech haus, das. 137. 

Siechenbrfider, die. 160. 

Stadtricbter: Hillprandt Andreas. 139; 
Flusshardt Dietrich. 159. 

St Stephanskirche. 20,27,74.^102, 

105. 131, 132, 134, 135, *1S7, 
139, 140, 160, 161, 169, 170, 
171, 175, 233. 
- De haut, Johann Ton 

Dobersberg. 171. 
-P f a r r e r , Leopold von 
Sachsengaag. 169. 

Steinme tzhtttte bei St Stephan. 27. 

Steinmetatafeln. *132. 

Stuben thor. 173. 

Tainvogtstrasse. 164. 

St Theobaldkirche und Kloster. 136, 
139, 143. 

Templaise, Gesellschaft der. 161. 

Tiefer Graben. *157. 

Ungergasse, die. 211, 220, 221. 

UniTcrsität, die. 173. 

Vi nd oho na. 252—258. 

Walliohstrasse. 140, 162. 

Werd, der. 158, 169, 169, 170, 172. 

Werd er thor. 157—159, 169. 

Widmer thor. 137, 159, 169, 171. 



II 



»» 



INHALT. 



Seite 

Protokoll der siebenten Oeneral - Versammlung 4es Alterthnms -Vereines vom 22. December 1860 . «MI/ I 

Bechenschafts- Beriebt des Vereins - Präsidenten Joseph Alexander Freihem von Belfert • . ..'. . III 

Ausweis über die Empfänge und Ausgaben des Vereines in der Zeit vom 1. Hai bis 22. Deeember 18(^1 . • IX 

Vortrag des Präsident - Stellvertreters Joseph Feil über den Fortgang der Vereins - Pnblieationen .... X 

Ausschuss des Alterthnms - Vereines im Jahre 1861 XIII 

Verzeichniss der Mitglieder des Alterthums - Vereines . . , XIV 



Die Capelle des heil. Johannes des Täufers (capella speciosa) zu Klosternenburg , von A* Essenwein . . 1 
Die Siegel der Landes -Erbämter des Erzherzogthums Österreich unter der Enns im Mittelalter, von Karl 

V. Sava • . 45 

Kunstdenkmale des Mittelalters im Kreise ob dem Manhartsberge des Erzherzogthums Nieder Osterreich, von 

Dr. Eduard Freih. v. Sackep 69 

SchlosB Ober-Ranna 74 

Kuenring . .' 75 

Weitra ! 80 

Raabs — 

Gmünd — 

Alt-PöUa . 31 

Salingstadt 81 

Gross - Globnitz 81 

Burg-Schleinitz 82 

Zwetl 83 

Gars • 90 

Stein 91 

Stratzing 93 

Imbach 93 

Weiten . 98 

Friedersbach 103 

Hardegg 103 

Krems . ^ 105 

Stein 108 

Fürthof 108 

Weissenkirchen 108 

St. Michael 109 

Spitz 110 

Sohwallenbach ^ 111 

Aggsbach 111 



* 



S«ite 

Emmersdorf ill 

Klein - PöchUrn 112 

St. Wolfgang 112 

Schweiggers \ . . : 113 

Maria- Laach 114 

Schönbach 117 

Heiligenblut 118 

Drosendorf 121 

POckBtaU • 122 

DtfUershelm 129 

Über die drei mittelalterlichen Kirchen der Minoriten, Augostiner und Carmeliten in der Stadt Wien, von Dr. 

Karl Lind . • 127 

Die fttnf gelehrten PrimiBser, von Joseph Bergmann 179 

I. Karl , nachher Gaäsiau Primisser IdO 

II. Johann Baptist Primisser 202 

III. Alois Primisser 222 

Die Schwestern Julie und Sophie Mihes 295 

IV. Johann Friedrich Primisser 240 

V. Gottfried Primisser .241 

BeitrSge ssur Geschichte der römischen Legio X Gemina mit besonderer Rücksicht auf ihr Standlager zu Yin- 

dobona, von Joseph Aschbach ' 245 

Über den Alraun, von A. R. v. Perger 259 

Personen-, Namen- und Orts -Register • . . . . 271