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Überlieferung und Verfasserschaft
des mhd. Ritterromans
Friedrich von Schwaben.
Dissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
eingereicht bei der
hohen philosophischen Fakultät der Königl. Akademie
zu Münster
durch
Ludwig Voss
aus Clevc.
Münster. Januar 1895.
Münster i.W.
Druck von Johannes Bredt.
1895.
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Meinen lieben Eltern
in Dankbarkeit gewidmet.
1*
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Ich fühle mich verpflichtet, an dieser Stelle den Verwaltungen der
Bibliotheken von Donaueschingen, Heidelberg, München, Stuttgart und
Wien, die mir in zuvorkommendster Weise die Handschriften überliessen,
meinen Dank auszusprechen. Auch dem Oberbibliothekar der Wolfen-
bütteler Bibliothek, Herrn Prof. Dr. von Heinemann, der mir in
liebenswürdigster Weise persönlich eine auszügliche Collation besorgte,
bin ich zu höchstem Danke verpflichtet. Eine durchgängige Collation
der Wolfenbüttler Hdsch. musste ich in Wolfenbüttel selbst vornehmen.
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I.
Friedrich von Schwaben ist in 6 Handschriften über-
liefert. Es sind, dem Alter nach geordnet, die Hdschn.:
W. Papierhandschrift. 48 bl. fol. sign.: 69, 10, ms.
aug. in der herzoglich -braunschweig. Bibliothek zu Wolfen-
büttel. Beschrieben ist die Hdsch. in Graters Bragur IV 1.
166, VI 1. 181—189; 2. 190—205 und VU 1. 209—235,-
wo sich auch eine weitläufige Inhalteangabe und einige Be-
merkungen über die Sprache der Hdsch. finden. In v. d.
Hagens Germania VTI (1846) S. 95 ff. ist ein längerer Ab-
schnitt aus W zum Abdrucke gebracht. Vgl. ferner Hagen-
Büsching Lit. Grundr. Berl. 1812, S. 189. Der Schreiber der
Hdsch. nennt sich: (ufgeschriben an sant ur banstag durch
mich) jurgen von elrbach. Ellerbach ist, wie ein in W ein-
gelegter Zettel besagt, ein Dorf bei Altöttingen; es liegt dem-
nach auf aleman. Boden, und der Schreiber ist ein Alemanne.
Die Schriftzüge und der Konsonantismus weisen die Hdsch.
zwar noch ins 14. Jh.; aber sie ist nicht, wie es im Bragur
geschieht, schon um 1350 anzusetzen, sondern etwa 3 — 4 Jahr-
zehnte später. Von orthographischen Eigenheiten 1 ) finden sich
in W folgende: Die Länge von a wird zuweilen durch a oder
ä bezeichnet; letzteres Zeichen gilt zugleich oft für au statt ä.
Umlaute sind e und ä, ö, u und ü. uo wird durch u gegeben.
Konsonantendoppelung, die sich schon im Anfange des 15. Jhs.
J ) Da eine Aufzeichnung der nur orthographisch von einander ab-
weichenden Lesarten in der Ausgabe vermieden werden soll, ist die
Angabe der hauptsächlichsten orthogr. Eigenheiten der Hdschn. hier
nötig.
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stark entwickelt hat, ist ganz selten. x ist anlautend rein er-
halten, nach Konsonanten tx geschrieben. 5 findet sich auslaut.
noch in wa%, da%; sonst ist 2; und 1% nur durch einfaches s
(strase, groser, hies) oder auch durch fx vertreten. Die scharfe
Aussprache von h kennzeichnet sich durch die gewöhnliche
Schreibweise eh.
Die Heimat des Schreibers giebt Anhaltspunkte für die
Bestimmung des Dialektes der Hdsclu, der sich als alem.
erweist Er zeigt die Steigerung von ä zu au (vgl. Weinhold,
AI. Gr. § 52), die sehr stark hervortritt, und die Vermeidung
der Diphthongierung von ü im Gegensatz zum bayr. Diphthongen
ü)au, (vgl. Weinhold, AI. Gr. § 51). Niederalem. (schwäb.)
ist die auf bayr. Einflüsse beruhende häufige Diphthongierung
des Umlautes von ü zu eu, ew. (Weinh. AI. Gr. § 61; Bayr.
Gr. § 84). tw ist in der Sprache des Schreibers noch nicht
durchgängig zu xw verschoben.
L Papierhdsch., quart, in der k. k. Hofbibliothek zu
Wien, sig. Nr. 2984. Es ist dieselbe Hdschr., deren Hag.-Büsch.
S. 190 gedenkt. Falsch ist dort der Titel der Hdsch.: Gedicht
von Heinrich, Fürsten in Schwaben, und Prinzessin Amelberg;
die Namen in dieser Hdsch. sind dieselben, wie in den übrigen
Hdsch. des Gedichtes. 1 ) Die Handschrift enthält ausser dem
Friedrich, der von Blatt 1 — 181 geht, noch: Lehren des
Aristoteles an Alexander, von dem (ungenannten) Verfasser
aristotelis haimliehait genannt (aus dem Jahre 1463), Blatt
182—245; Prosaische Minneburg (1463) Bl. 246—274; Ein
Zahlenspiel (?) Bl. 274—275; Cato, Sprüche der Weisheit, halb
latein., halb deutsch, Bl. 276—98. Die letzten, nicht mehr
numerierten Blätter enthalten einige Rätsel. Über den Inhalt
der Hdsch. vgl. Hoffmann von Fallersleben. Verzeichnis der
altd. Hdschn. der k. k. Hof bibliothek zu Wien. Leipz. 1841.
No. LXXXIX.
*) Gödeke erwähnt die Hdsch. in seinem „Mittelalter", 8. 8G5;
im „Grundris8" I 2 258 ist sie nicht aufgezählt.
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Unser Gedicht ist ip dieser Jldsph. von zwei, auch dem
Alter nach verschiedene^ Häpdep auf 15 I^gei* zu. je %2
Blätterp geschrieben. J)er ältere Hand gehorep dip Lagen
1—4 mit Ausnahme des ersten upd letzten Bettes von L#ge 4,
die vpn dem jüngeren Schreibe stammen; <$e Fortsetzung der
älteren Iland bripgt I^age 8 — 11. Auf der erstep Seite des
letzten Blattes von Lage 11 bricht die H^nd plötzlich uq ver-
mittelt ab, Pas Papie? dieser LßgeP ist Überall von gleicher
Dichtigkeit, Wasserzeichen ein Ochseqkopf, aus dem auf langem
Stiele ein ffönfblättriges l^leebUtt herauswächst. T>Q& Papier,
das-ller jüngere Schreiber benutzt, ist weniger dicht, als das
des älteren, und tragt mit Ausnahme weniger Blätter, die
wiederum den häufig vorkommenden Qchsenkppf aufweisen, a}s
Wasserzeichen eine Kreuzblume, aus der das Kleeblatt auf
kurzem Stiele herauswachst. Die ältere Hand, die ioh Ia nenne,
datiere ich der Orthographie und der Schrift nach spätestens
qm J400; die jüngere Hand, Ib, ist vollent an vnsers Kren
frajiUchM tag 1464 jar. ] ) Auf die Verteilung des IqhaJtes
in beiden Teilen komme ich unten zurück.
Ia giebt eine auch äusserlich sehr sorgfältige Niederschrift.
1 ) Es mögen hier die verschiedenen Ansichten über das AJter des
Gedichtes erwähnt werden.
Docen (Aretins Beitr. 1807, S. 1199) sagt: „Friderich von Schwaben.,
hat so wenig das Aussehen eines alten Gedichtes, dass er zu Püterjchs
Zeiten [Ehrenbrief 1462], der ihn nipht kennt, vielleicht noch kaum
vollendet war." Auf diese Bemerkung und auf das oben genannte Datum
der Hdsch. J hin will Koberstein (I 6 323 Anm. 10) das Gedicht, das
„nach der metrischen Rohheit zu urtheilen, sicherlich nicht älter als die
erste Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts ist" (S. 323, oben) zwischen
1462 und 1464 ansetzen. Gervinus (II 6 265) bezeichnet das Gedicht
als „spät aus dem 14. Jh.^ stammend; Vümar (Ljtt.-Gesch. A 6 Anm. 107
zu S. 309) lpsst es „frühestens dem Ende <\e& 14. Jarh." angehören. Vor
Vjlmar setzen schon IJag.-Büsch. (a. a. O.) und Grimm (Heldensage,
S. 280 vgl. Anm. zu S. 43) (Jas Gedicht in das 14. Jh. Als Grenzjahre
für die Entstehung des Friedrich nennt Vogt (Pauls Gr. II, 1, 356) die
Jahre 1314 (Wilhelm von Oesterreich) und 1490 (füetrers Buoh der
Abenteuer).
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Die Schriftzüge sind klein, aber klar, deutlich und ohne viele
Abkürzungen, von denen der Schreiber nur 3 für r und er,
für m und n kennt; Jede Seite zählt 23— 25 Zeilen; die
grossen Anfangsbuchstaben jeder Zeile sind, wie auch in den
übrigen Hdschn., rubriziert. Für die Schreibweise von J« ist
zu bemerken: Die Lange von a bezeichnet der Schreiber
durch a, ä y ä und ä, lässt sie aber auch unbezeichnet; die
von o durch o und 8. Schreibweise von uo ist u, ü oder
selten einfaches u. e und ä sind die Umlaute von a; ö und
öi die von o; ü, ü, ü, ü und ü von kurz u, die 3 letzten
auch von lang u; il von uo. Altes au wechselt mit ou;
Umlaut ist aib. Konsonantendoppelung ist ziemlich selten.
Die Schärfung von h wird durch die Schreibung eh, die von
inlaut. s oft durch Doppelung kenntlich gemacht (gewessen,
erlassen.) Ausl. ? ist in dar,, wa%, alle% erhalten, sonst steht
s und f% für $, 2g. w und v im Anlaute wechseln häufig. (Nach
Weinh. AI. Gr. S. 125 Anm. 1 nur orthogr., nicht dialekt. Eigenheit.)
w resp. u lässt die Schrift zuweilen aus (antwrtten, geschind).
Auch der Schreiber von I® ist ein Alemanne; der Dialekt
prägt sich noch stärker aus als in W. Neben au für lang
a findet sich auch oft au für kurz a (WeinhoM Alem.
Gram. § 52). Wenigstens im Reime wird reines i dem bayr.
Diphthongen ei vorgezogen; in der Binnenzeile stehen i und
ei (ai, ay, ey, y) ohne Unterschied nebeneinander, doch
haben die starken Verba der i-Klasse ihr ei resp. ai im praet.
rein erhalten. Auch ü ist durchaus geblieben, nicht so sein
Umlaut, für den auch eu {aib) eintritt. Charakteristisch für
den Schreiber ist die ungemein häufige unechte Diphthongierung
von ö zu ou (si schloufx, er xouch, verloufz, grousser, frow,
strow, houchmyttig) , daneben die seltenere von o zu ou (ver-
louren, settelbougen) . Bayrisch ist diese Diphthongierung
seltener als alemannisch. (Weinh. Bayr. Gr. § 102, AI. Gr.
§ 71.) Daneben zeigt sich eine auch nur in /« häufig ein-
tretende Verdumpfung von o zn uo (got Ivm üch; schun,
dim, krun), die ebenfalls alemannisch weit häufiger vorkommt,
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als bayrisch (vgl. Weinh. Bayr. Gr. § 113, AI. Gr. § 78).
Vielleicht beruht diese besonders in Mitteldeutschland äusserst
beliebte Verdumpf ung (vgl. Weinh. Mhd. Gr. § 131) auch auf
Einfluss von dorther; sonstige md. Elemente finden sich übrigens
in der Hdsch. nicht. Für das Alter der Hdsch. spricht die
im pron. sti und dtö fast durchweg erhaltene alte fem. Endung
und der Umstand, dass tw noch meist unverschoben ist.
Der Schreiber von Ib giebt eine zwar gross und deutlich
geschriebene, sonst aber sehr nachlässig angefertigte Kopie
seiner Vorlage. Die Zeilenzahl schwankt auf den einzelnen
Seiten zwischen 16 und 25; Auslassungen ganzer Verse und
Schreibfehler sind sehr häufig. 1 ) Häufiger als in irgend einer
der Hdschn. sind Abkürzungen angewandt: * oder S = r, er;
ng — ung, /VV = ra (sp*ch, p*cht) ~ = n, en, m, em, l = el
in unbetonter Silbe (html, edl, engl). Über die sonstigen
Schreibeigenheiten ist zu bemerken: die Länge von a wird
selten und nur durch ä, die von o durch b und ö bezeichnet.
Umlaute sind e, ä, ö (nicht öi); ü für kurz u; ü, ü für lang u,
wenn der Umlaut nicht, was fast regelmässig geschieht, diph-
thongiert ist. Echtes au ist häufiger als ou, Umlaut ist mi,
eu, oib. Anlaut, t ist oft th geschrieben. Auslaut. 5 ist sehr
häufig, selbst in Wörtern, wo nur ein einfaches s stehen dürfte.
s im Inlaut ist nicht geschärft wie in 7«; seh, das dort in
Lautverbindungen mit s wechselt, findet sich fast gar nicht.
Zeigte der Dialekt von I* entschieden alem. Gepräge, so
weist der von V> ebenso entschieden darauf hin, dass eine
alem. Vorlage von einem Bayern, dessen Sprache mit md.
Elementen vermischt ist, zur Abschrift benutzt wurde. Ein
Vergleich zwischen den Dialekten von Ia> und Ib ergiebt fol-
gende Hauptunterschiede : Ib hat oft ai statt a. was in 7» nicht
vorkommt (md., vgl. Weinh. Mhd. Gr. § 93/4); a und ä sind
viel häufiger als in In zu resp. 6 verdumpft (allg. oberdeutsch,
x ) So maigt statt naigt, sann st. zem, min' st. nim', maira st.
maria, froiv an st. frowm, ane xwergen st. ane xweifel, behüfft st. behielt,
sunder st. stund } küne st. knie, gefilfxen st. geflifxen u. s. f.
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aber bayr. häufiger als alem,, (vgl. Weint. Payr. Gr. § 56, AI.
Gr, § 44). au statt ä ist anfangs ziemlich häufig; die dem
Schreiber ungeläufige dialektische Aussprache «dgt sich nach
dem Schlüsse hin immer weniger, o statt u ist in J» sehr
häufig, in Ib ziemlich selten, ou und ü statt ö kennt der
Schreiber von Ib g^r nicht Ib zieht im Gegensatze zu J« den
Diphthong ei dem * entschieden vor; u ist durchaus zu au
diphthongiert (vgl. Weinh. Bayr. Gr. § 70), ebenso fast immer der
Umlaut iu zu ew, eu. In J« findet sich eine häufige Zer-
dehnung von i zu ie (wier, gierd u. a,), die in Ib pur Aus-
nahme ist; dagegen hat Ib mehrfach ei statt i (sein = sinn,
weill — will) und statt e (leiben, meinklich; vorzüglich md,
vgl. Weinh. Mhd. Gr. § 105 u. 7).
M. in der Kgl. Bibliothek zu München. Papier, fol. mit
der Signatur: c. germ. 5237. Die Hdsch. stammt etwa aus
der Mitte des 15. Jhs. Ein ihr angeheftetes Schlussblatt, dpa
um 1490 geschrieben ist, spricht von kirchlichen Stiftungen
einer oberbayr. Adelsfamilie Goizhaimer, in deren Besitze sich
die Hdsch. befand. Später war sie Eigentum Ringks in Altorf.
(Ein Vorsetzblatt enthält die Worte: „olim Codex Rinckianus
8611, cf. Bibliotheca Rinckiana Lips. 1747, tom. II p. 1033;
Gräter, Bragur. Leipzig 1798. Bd, VI St. 1. S. 18V) 1868
wurde die Hdsch. der Münchener Bibliothek einverleibt. Vgl.
Germania XV. S. 356.
Die Hdsch. ist 159 Blätter stark, jede Seite zählt 24 bis
26 Zeilen. Die erste Seite ist mit reicher Ornamentik versehen.
Bei Scenen Wechsel, oft auch willkürlich, teilt der Schreiber
Abschnitte ab, die durch eine rote Initiale kenntlich gemacht
werden. Die Anfangsinitiale ist nicht ausgeführt Am Rande
ist M an 27 Stellen von einer fremden Hand mit Anmerkungen
versehen, die den Inhalt des jeweilig folgenden Abschnittes
angeben. Diese Randglossen, die von einem der oben genannten
Goizhaimer geschrieben sind (vgl. zu 4821 *): sehynatulander
') Bei Angabe von Versen wird die Zählung in S (Stuttgarter
Hdsch.) zu Grunde gelegt.
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hob ich hans goixhaimer auch des namens ain bruder gehabt
dem got gnadt vnd allen glawHgen seilen), gehen jedoch nur
bis zu v. 6358. 1 )
Längen und Kürzen lässt der Schreiber unbezeichnet.
Umlaute sind e, ä, ö und ü. ü gilt zugleich auch für uo und
üe. au ist gewöhnlicher als ou. i und ei wechseln ohne
Unterschied; altes ei wird fast immer durch ai gegeben, ie
ist zuweilen durch einfaches i vertreten. Konsonantendoppelung
ist nicht allzu häufig, n wird fast immer in der flex. -Endung
— en verdoppelt. % ist an- und inlautend meist tx geschrieben,
5 resp. 55 ist nicht erhalten, tw ist durchaus zu xw verschoben.
Das über x, und 5 Gesagte gilt auch für die f. Hdsch.
Dialektisch gehört die Hdsch. nach Bayern, wohin ja
auch schon die Geschichte der Hdsch. weist. Das aleni, au
statt d kommt gar nicht vor, die bayr, Diphthongierung von ü
zu au ist streng durchgeführt und Formen wie hufx, tube bilden
nur vereinzelte Ausnahmen. Auch der diphthongierte Umlaut
eu von ü begegnet sehr zahlreich.
S. in der Stuttgarter Kgl. Handbibliothek, Papier, fol.
sig. : c. poet. germ. 3. Die Hdsch. enthält ausser unserem
Gedichte noch die Erzählung von Pontus und Sidonia. Die
Hdsch. trägt das Datum 1478. Der Schreiber: Johannes
Lebtxelter gegenschriber am xoll xü Oeifxlingen, liefert eine
sehr sorgfältige Abschrift seiner Vorlage, derselben, die auch
Ib und der gleich zu nennenden Hdsch. D zu Grunde liegt.
Die Abschrift ist deutlich und gut, durchschnittlich 28 — 29
Zeilen die Seite; Schreibfehler sind verhältnismässig selten, nur
3 Verse sind aus Versehen ausgefallen. Die Länge von a
l ) Ich führe einige derselben au:
179. des kungs ander treib was flanea yenanrult,
220. des kungs tochter von dem ersten weib ims angelbury ye-
nandt di wart %w ainem hirschlin mid di jungkfrawen mit ir verxawbert
auff irer stiefmuter haissen.
483. alhie verflucht di kungln flanea des kungs tochter anyelbury
vnd xwo jungkfrawen mit ir %tc dreyen hirschen. u. s. w.
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und o wird zuweilen durch ä und ö bezeichnet. \ wird durch i,
selten y wiedergegeben; i zeigt hier, wie auch in den übrigen
jüngeren Hdschn., eine bunte Mannigfaltigkeit von Formen:
h V> ei) O'h e Vi ay^ selten ie. Die sämtlichen Formen begegnen
im Reime zu einander, (zeit: streit 475: nyd 1199. yl: wil
3033 , xit: beit 7851 etc., im praeteritüm: er schri 425,
schrey 4025, schry 6419. rait 76. ritt 82 etc.) au und ou
wechseln ohne Unterschied, uo wird durch ü gegeben. Umlaute
von a sind ä und e, von o ö, von kurz u ii, von lang u ü,
v, w; ü steht auch für üe. ü und u wechseln zuweilen.
Konsonantendoppelung ist nach Längen und Kürzen sehr häufig.
Einfaches 5 wird ausl. oft durch f% gegeben, h wird in- und
auslaut fast ausnahmslos geschärft. Von Abkürzungen gebraucht
der Schreiber nur den Querbalken über m und n und einen
senkrechten Strich über r als Zeichen der Verdoppelung.
Der Dialekt der Hdsch. zeigt gemäss der Heimat des
Schreibers alle alemannischen Eigenheiten: au statt ä, rein
erhaltenes u etc.
D. Papierhandschrift, fol., No. 109 in der Fürstlich-
Fürstenbergischen Bibliothek zu Donaueschingen. Der Schreiber
nennt am Schlüsse die Anfangsbuchstaben seines Namens B. F.,
das Schreibjahr 1532 und die Anzahl der Blätter 177, doch ist
Blatt 59 2 mal gezählt (vgl. Barack, Die Hdschn. zu Donau-
eschingen, Tüb. 1865). Die Schrift ist äusserst nachlässig;
Schreibfehler, Auslassungen und Wiederholungen ganzer Verse
sind sehr zahlreich. Die Zeilenzahl auf den einzelnen Seiten
schwankt zwischen 19 und 25; sehr häufig, namentlich nach
dem Schlüsse hin, sind die Verse gar nicht abgesetzt. In
orthographischer Hinsicht ist zu bemerken: Die Länge von a,
o und u bleibt gänzlich unbezeichnet, die von e wird oft durch
Verdoppelung, die von i durch ie oder I kenntlich gemacht
Die Umlaute bleiben oft unbezeichnet; sie werden sonst durch
e, a, o, oe, u, ü und ü gegeben. Der Umlaut von ü ist selten
auch iu oder ui. Das letztere Zeichen findet sich auch für
ie (tuif.) und für ü, wenn dieses aus i durch Verdumpfung
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entstanden ist. (gebruist, erluitten). uo wird durch ü, sein Umlaut
ebenfalls durch ü wiedergegeben, u steht in Vertretung sämt-
licher w-Laute (vnschüld, tnbe, ober, für es, schuft = schaute)
und sogar statt o (wuche). Die Schreibung von i ist so
manchfach wie in S. Der Konsonantismus in D zeigt in Ver-
gleich zu den übrigen Hdschn. die grosste Zahl von Ver-
doppelungen, sogar mehrere in einem Worte z. B. sennfftzgen.
Statt d resp. t findet sich oft th. Durch die Vertauschung
von m und n entsteht eine häufige Verwechslung von dat.
und acc. h ist selten geschärft, fallt dagegen aber zwischen
Vokalen und auch vor Konsonanten gern aus (bescheen, du
sist.). Für die Aussprache von ch ist die Schreibung du
süschst, fridrischsy ivyschen (= wichen), buiescher charak-
teristisch. *) Nur die gebräuchlichsten Abkürzungen sind ange-
wandt, diese aber zahlreich.
Der Dialekt der Hdsch. ist grob alemannisch, mit mittel-
deutschen Elementen durchsetzt Zu den letzteren gehören
namentlich der Gebrauch von ai statt a, von ei statt ie und e.
Für den Konsonantismus ist der Wechsel von m und w zu
beachten, der besonders im fron, wir hervortritt (vgl. Weinh.
AL Gr. § 168 b).
IL. Papierhandschrift, fol. No. 345 der Universitäts-
bibliothek zu Heidelberg, inBragur VI bei Beschreibung der
Hdsch. W als vatikanische bezeichnet; sie war von 1632 — 1815
im Vatikan. Die Hdsch., die frühestens der Mitte des 16. Jhs.
angehört, enthält 379 Blätter und überliefert ausser dem Friedrich,
der auf den letzten 199 Blatt steht, auch noch den Lohengrin.
Der „Friedrich" ist mit 107 Bildern ausgemalt, deren jedes
eine Überschrift trägt 2 )
*) seh statt fx findet sich einmal in dem Worte fraischlich.
*) z.B.: vor v. 61 hy rytt fridrich xu holex mdwolt jagen. 111. hye
legt sich fridrich schlaffen. 355. hy kumpt angelburg , malmelo vnd
salme xum kling etc. Ein vollständiges Verzeichnis der Überschriften
giebt Adelung, Nachrichten über altd. Ged. 1796 II, 109 ff. Daselbst
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Die Quantität der Vokale bleibt ulibezeichnet, nur £ wird
oft durch Verdoppelung gegeben. Umlaute sind e, selten ä, ö,
für dieses vereinzelt 4, ü für kurz, tri, uw oder ü für lang u.
Wird der Diphthong uo überhaupt wiedergegeben, so geschieht
es durch ü, uo, u, ue und äc Die schwankende Schreibweise
charakterisiert ein doppelt geschriebener Vers* in dem einmal
styfmuter, dann stieffmueter steht Umlaut von uo ist #e
und ü, von tm (ow) oib, ew, ew. Konsonantendoppelung ist
seltener als in den letztgenannten Hdschn. Auslaut 5 ist
vereinzelt erhalten, statt fa ist ex, statt ck meist #A geschrieben.
h ist zum Teil geschärft, zum Teil fallt es.
Der Dialekt von H zeigt in seiner Mischung oberdeut-
scher, namentlich bayrischer, und mitteldeutscher Bestandteile
in mancher Beziehung ein moderneres Gepräge. Speziell alem.
Eigenheiten, wie au — ä finden sich nicht, abgesehen von der
alem. Deminutivendung — U (gen. — les: xwerglj, löchles; vgl.
Weinh. Mhd. Gr. § 252. AL Gr. § 270). Bayrisch ist im
Vokalismus die strenge Durchführung der Diphthongierung
von/w zu au und der zahlreich wiederkehrende diphthongierte
Umlaut von ü. Mitteldeutsch ist namentlich die in der Mehr-
zahl der Fälle durchgeführte Monophthongierung von uo und
te zu u und i. (Weinh. Mhd. Gr. § 73 und 131.) Für den
Konsonantismus ist der ausgedehnte Wechsel von b und w in
praefix — (we — sunnen, — nomen etc.) und in Stamm-Silben
(tvidenthalben, erberwen, bürcxel, „ich belt e das mein hercx
tvrech") zu beachten. (Vorzugsweise bayr. vgl. Weinh. Bayr..
Gr. § 124 und 136.)
Als Entstehungsort der Hdsch. ist ein Grenzgebiet zwischen
Bayern und Mitteldeutschland anzunehmen, das aber nicht so
weit von dem alem. Gebiet entfernt war, dass sich nicht auch
dialektische Beeinflussung von dorther geltend gemacht hätte.
auch Anfang und Ende gedruckt. Zwei weitere Stellen dieser Hdsch.
bringt Hag.-Büscb., S. 188. Irrtümlich ist die Ansicht von Gervinus
II 5 264 Anm. 318, <iass der Auszug im Bragur und in v. d. Hagons
Germania VII aus dieser Hdsch. stamme, (vgl. S. 5.)
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Den Inhalt 1 ) des von den Hdschn. Überlieferten bildet
die Geschichte eines schwäbischen Herzogssohnes Friedrich,
der auf der Jagd eine verzauberte Prinzessin, Angelburg, findet.
Nach mancherlei Abenteuern erlöst er dieselbe, fuhrt sie in die
Heimat zurück und lebt dort nach der Vermahlung mit ihr in
Freude und Glück. (I.) Mit dieser Erzählung ist eine zweite
von Friedrich und einer Zwergkönigin Jerome eng verbunden.
Vor der Erlösung Angelbittgs hatte Friedrich eine Zeit lang
bei dieser Jerome in einem Berge gezwungener Weise gelebt,
wä* Aber dann endlich entflohen. Nach Angelburgs Tode wird
zwischen Friedrich und Jerome, und zwar auf Angelburgs
Wunsch, «ine regelfechte Heirat vorgenommen. (II.)
I UmfesSt die Vefse 1—2385, 3703—6620, 6915—77
(fiesp. 84); die übrigen Verse überliefern die Erzählung IL
Ich halte diese ganze letzte Erzählung für eine von einem
zweiteft Verfasser stammende und später ein- resp. angefügte
Interpolation. Die Gründe fiir diese Behauptung lege ich im
Folgenden dar.
I ist eine Znsammenstellung von allerhand Sagen- und
MSrchfeöStoffen: Verzauberungen in Hirsch- und Taubengestalt,
Wunderbares Variieren und Wiedererlangen des Augenlichtes,
unsichtbar machende Wurzeln, mächtige Kämpfe, die nur mit
Hufe wundefckräftäger Ringe bestanden werden können, das sind
die Stoffe, die den Inhalt des ehren Teiles des Friedrich bilden.
Sie sind formell oft roh, inhaltlich aber geschickt und ohne
inneren Widerspruch miteinander verbunden, sodass trotz aller
Unwahfschteinlichkeit xler Inhalt der Erzählung nicht den Cha-
rakter "dös Möglichten vertiert.
Awrih II behandelt wenigstens zum Teil einen Märchen-
ötoff, die Gefangenschaft Friedrichs bei den Zwergen und die
*) Inhaltsangaben «. bei Gräter, teragur VI und VII a. a. O.
tThländ. Sehr. I, 488 ff.
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Erlösung aus dem Berge mit Hilfe des zauberwirkenden Steines,
und passt insofern zu dem Inhalte von I. Die Einheit wird
aber zerstört durch den Widerspruch, der im Charakter des
Helden in I und H hervortritt. In I beweist Friedrich eine
unerschütterliche Treue gegen Angelburg, er lässt um ihret-
willen Heimat und Eigentum im Stiche, schlägt Osannas und
Pragnets Hand aus und verlässt Turneas Dienst, obwohl er weiss,
dass er dadurch sofort in die grösste Not gerät. In II sträubt
er sich zwar auch anfangs gegen Jeromes Liebeswerben; dies-
mal hält seine Treue aber nicht Stand, und sein Widerstand
ist bald gebrochen. Sodann: Vor der Hochzeit Friedrichs mit
Angelburg kommt plötzlich Zipproner, die Tochter Friedrichs
und Jeromes, an seinen Hof und bleibt dort, ohne ein einziges
Mal ein Verlangen nach ihrer wirklichen Mutter zu zeigen, bis
zum Tode Angelburgs. Kurz vor ihrem Ende nimmt diese
ihrem Manne im Beisein Zipproners und ihres Sohnes Heinrich
das Versprechen ab, er solle nun schleunigst Jerome, eine Frau,
von der sie annehmen muss, dass Friedrich sie nicht liebt und
auch nie geliebt hat, heiraten — damit Zipproner, die beiläufig
20 Jahre alt ist, ein „eeMnd" werde und standesgemäss heiraten
könne! Zipproner selbst, die doch das meiste Interesse an
dieser Heirat haben musste, zeigt keineswegs ein grosses Ver-
langen, zu ihrer Mutter zurückzukommen; Heinrich vielmehr
muss den Vater an das der sterbenden Mutter gegebene Ver-
sprechen erinnern und drängt seinen Vater ganz energisch zur
Heirat. Die einst so schnöde verlassene Jerome aber lässt
sich zwar eine Zeit lang bitten, wird dann jedoch bald erweicht
und gewährt Friedrich volle Verzeihung. Sie, deren Hände
und Füsse seinerzeit vor Leid ^erkrumpt 1 ' waren, und die
20 Jahre nicht hatte gehen und stehen können, wird nun sogar
vor Freude über Friedrichs Rückkehr plötzlich gesund und
preist sich endlich noch glücklich, dass Friedrich einst von ihr
geflohen — weil sie sonst nicht einen so guten Sohn wie
Heinrich bekommen haben würde. Dieser Gegensatz im
Charakter Friedrichs in beiden Teilen, diese Geschraubtheit
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_n
der Motivierungen, diese Widersprüche zu allem natürlichen
Empfinden , in die das Handeln Angelburgs, Heinrichs und
Jeromes tritt, lassen sich eben nur dadurch erklären, dass ein
späterer Bearbeiter das Jerome - Abenteuer auf irgend eine,
wenn auch noch so gewaltsame Weise mit I verknüpfen wollte.
Der Bearbeiter wollte vielleicht ursprünglich eine ganz selb-
ständige Arbeit im Anschlüsse an die ihm vorliegende geben,
eine Art Fortsetzung, wie sie auch manche andere Dichtungen
erfahren hatten; er wurde aber wohl mit seinem Plane nicht
fertig und verarbeitete nun sein Machwerk in das andere hinein.
Für eine spätere Einfügung sprechen auch formelle Gründe.
Der erste Teil von H, der in I zwischen die Kriegsthaten
Friedrichs bei Osanna und bei Turneas fallt, ist beispiellos
ungeschickt eingefugt. In den beiden genannten Abenteuern
ist Friedrich durch seine Armut gezwungen, sich einem fremden
Willen zu unterwerfen; dasselbe Motiv ist hier in ungeschickter
Weise zum dritten Male verwandt, und das Jerome-Abenteuer
wird sogar z. T. mit denselben Worten eingeleitet, wie das
Turneas- Abenteuer :
sein leben ward im vnmär,
jedoch so wolt er gotz nie vergessen,
frü vnd spaut dient er im gemessen.
(2384 ff., 3702 ff.)
Ferner: Der Schluss von I und H wird beide Male auf gleiche
Weise mit seinen Hochzeiten und der Beschreibung des darauf
folgenden glücklichen Lebens durchgeführt. Ein drittes, äusseres
Moment bietet endlich die Inkonsequenz in der Namenführung.
In den beiden obengenannten Abenteuern nimmt Friedrich in
den Hdschn. TFund / den Namen Wieland an. Ich komme später
auf diesen Namen zurück und bemerke hier nur, dass die
Ursprünglichkeit des Namens nicht abzuweisen ist. Wenn sich
nun Friedrich einmal, ob mit Grund oder nicht, den fremden
Namen auf seinen Wanderfahrten zulegt, so müsste er sich auch
konsequent so nennen. In den zu I gehörigen Abenteuern
aber heisst er Wieland, während er in dem dazwischen ein-
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geschobenen Jerome- Abenteuer mit seinem richtigen Namen
erscheint. Er hätte aber auch hier wenigstens bis zu dem
Augenblicke, wo er sich in dem Briefe an Jerome zu erkennen
giebt, den Namen Wieland beibehalten müssen.
Auch die verschiedene Art der Behandlung des Stoffes in I und
II zwingt, eine Verfasserschaft seitens mehrerer Dichter und damit
eine spätere Einfügung von II in I anzunehmen. Die nüchterne
und glatt durchgeführte Erzählung in I ist zwar breit gehalten,
aber kaum weitschweifig zu nennen. Wiederholungen kommen
nur selten vor. Finden sich solche, so werden sie durchweg
massvoll kurz gehalten, und eine wörtliche Wiedergabe wird
nur ganz ausnahmsweise angewandt. Die längsten Rekapitu-
lationen finden sich z. B. 4960 ff., wo Angelburg nach ihrer
Rückkehr in die Heimat in 20 Versen ihre, Osannas und
Pragnets Erlösung erzählt, ferner 6441 ff., wo der Zauberer
Jeroparg in cc. 80 Versen das Geständnis seiner und Flaneas
Schlechtigkeiten ablegt; etwa 30 von diesen Versen sind dem
Früheren fast wörtlich entnommen. Ausser diesen beiden Stellen
finden sich nur ganz einzelne Verse inhaltlich oder wörtlich
wiederholt. In der eingeschobenen Erzählung II dagegen ist
die Ausführung durchweg eine ermüdend weitschweifige, und
Wiederholungen aller möglichen Partieen sind äusserst zahlreich.
Für die Wiederholungen kommt namentlich der Brief Friedrichs
an Jerome (3275 ff) in Betracht, der in mehr als 200 Versen,
die zur Hälfte dem Anfange von I wörtlich entnommen
sind, Friedrichs Schicksal vom Anfange bis zur Verwandlung
Angelburgs in Taubengestalt bringt. Als Beispiele der Breite
in II vgl. die Stelle 3575 ff., wo Jerome in 70 Versen den
einen Gedanken: „we mir armen, mein säld ist begraben,
kmn fr öd hin ich mer haben", variiert (W hat 17 Verse
weniger); ferner die Verse 7181 ff, die Friedrichs Klage um
den grossen Verlust, den er durch Angelburgs Tod erlitten
hat, in 48 Versen enthalten, eine Klage, die einige Verse
weiter nochmals mit 24 Versen (die freilich in W fehlen) fort-
geführt wird. Als Friedrich Jeromes Verzeihung erflehen will
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(7373 ff.), spricht erst Heinrich in 41 Versen, dann Zipproner in
46 Versen für den Vater, dann folgt Friedrichs Bitte selbst
in 26 Versen. Jerome will nun Friedrich die erbetene Ver-
zeihung zuteil werden lassen, wird aber durch Malmelona und
Salme unterbrochen, die auch ihre Bitte in 16 Versen anbringen.
Dabei werden die Kinder sowohl als die beiden Frauen von
Jerome mit densielben Worten empfangen:
jerome die frawen (kinder) ane&aeh,
vil güttigclich sy da sprach:
baid sölt ir mir gotmlkommen sein,
gern sechent üch die ougen mein.
(7481 und 7557. Die Bitte Malmelonas, die in W fehlt, kann
möglicherweise auch von einem Überarbeiter stammen, ebenso
die vorher genannten in W fehlenden Verse. Vgl. weiter
unten den Abschnitt über die Filiation der Hdschn.). Darauf
findet die Versöhnung endgültig statt. Trotzdem muss nun
Heinrich auf Veranlassung Zipproners noch einmal für den
Vater Gnade erbitten, und es folgen so noch 16 Verse. Die
ganze Versöhnungsscene allein umfasst über 400 Verse.
(7306—7730.)
Die schmucklose Erzählungsart von I, die fast nur Hand-
lungen aneinander reiht, zeigt sich auch in der gänzlichen Un-
fähigkeit des Verfassers, die seine Personen umgebenden
Gegenstände hervorzuheben. Folgt er auch in seinen Motiven
stellenweise, wie wir sehen werden, Konrad von Würzburg,
von seiner Kunst und Manier hat er nichts übernommen. Man
vergleiche nur den ersten Abschnitt des Friedrich, der in-
haltlich aus dem Partenopier stammt, mit diesem und betrachte
neben der grossartigen Darstellung des Zauberschlosses im
Partenopier diejenige des Hauses, in welches Friedrich von
dem Hirsche gelockt wird. Von diesem hören wir nichts
weiter, als dass darin wiltpret, wein, brot vnd fisch auf dem
Tische stehen. Man halte neben die üppige Schilderung des
Schlafgemaches im Partenopier die Beschreibung aus dem
Friedrich, wo nur gesagt wird, dass
2*
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er kam in ain schön kemmenat,
da vand er allen rat,
ain bett vil wunnenclich. (107 ff.)
Wie köstlich und reich sind bei Konrad die Kleider,
Waffen, Geschenke, die der Held von Meliur bekommt!
Friedrich erhält — es ist das die reichste Schilderung, die I
aufzuweisen hat, — von Osanna ein Ross:
besser denn hunndert marck;
es ist schön vnd starck; . . .
das aller best stechlin gewandt,
das ie kain fürst trüg,
es ist so schön vnd klug
vnd gemacht zu Armenia. (1962 ff.)
Wie reich beschenkt entlässt Meliur ihren Partenopier,
als es ihn zu der verhängnisvollen Heimfahrt drängt ! Friedrich
aber empfangt beim Abschiede von Osanna einfach ain xerung
(2344).
Zeichnet sich nun auch H keineswegs durch eine so
lebendige, prunkvolle Schilderung aus, wie wir sie bei den
besseren Dichtern finden: reicher, als der Verfasser von I,
w T eiss der von n denn doch alles darzustellen und auszu-
schmücken. Man vergleiche folgende Stellen: Als Zipproner
an Friedrichs Hof zieht, heisst es von Jerome:
edel gestain vnd golt vngexelt,
darxü vil grofxe richait
sie vff die tochter lait;
vnd vil richer present
sj mit der tochter darsandt.
nie ward erhört
mit ainer tochter gesandt so richer hört,
noch nimmer wirt gesendt,
vntx der jüngst tag wirt vollent. (6694 ff.)
Bucktzinos, ein Zwergfurst, tritt vor Friedrich:
sein harnasch icas von gold rot;
amor, venus, eupido im das bot,
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das er fürt ain guldin schilt,
der mit sperrt nie ward verzilt. (6945 ff.)
An Geschenken bringt Zipproner mit:
ain halsband, darin lag ein stain,
ain karfunckel edel und rain,
da nieben manig diemant,
rubin vnd fhüris tür erkannt,
besser dann ains gantxen lands wert (6797 ff.)
und dem Vater:
dem gab s'ij bund kermlin vnd pfell
vnd manig reich klainat hell. (6805 ff.)
Als Friedrich zu Jerome kommt, da
hett man (sie) tragen vff ain schönen plan,
von schönen rosen tvolgetan,
in aim sessel, der was kostlich,
mit edelm gestain gefloriert maisterlich. (7375 ff.)
Tritt also auch in dieser Beziehung ein unverkennbarer
Gegensatz zwischen I und II hervor, so auch noch in einem
anderen Momente, dem religiösen. In I und II sind Anrufungen
Gottes ungemein häufig; während sie aber in I regelmässig nur
wenige Verse umfassen (nur 6364 — 92 findet sich ein längeres
Gebet Angelburgs) und dabei ganz allgemein gehalten sind,
nehmen die Gebete in II meist einen längeren Umfang an und
gehen dabei durchweg, was in I gar nicht der Fall ist, auf
Bibelstellen zurück, die in Vergleichsform herangezogen sind.
(Die Vorliebe des 2. Verfassers, der in I noch mehrfach inter-
poliert hat, für Vergleiche zeigt sich besonders auch noch in
den offenbar später zugefugten Versen 1385 — 1447, 1454 —
1479, 1501 — 73, über die weiter unten noch die Rede sein
wird.) Solche Gebete finden sich z. B. 2884—2914: Wie
Gottes Gnade sich an dem frommen Jonas zeigte,
der in dem mer im visch genafx
vnd doch dry tag darin was gelegen,
wie Gottes Allmacht sich an Daniel kund that, der „für die
leo geworffen ward u — so möge sie sich auch an Jerome
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erweisen. 2976 — 87: gott, „der vfx dem paradyfz verstiefx
adam vnd eva . . .", dessen Gnade wolle nicht lass sein über
Jerome und deren Kind. 3011 — 17: So unwandelbar die Chöre
der Seraphin und Cherubim sind, die Gott im Anbeginne schuf,
so unwandelbar soll Friedrichs Zuneigung zu Zipproner sein.
3483 — 97: Gott, der in seiner Kraft und durch seine Allmacht
die ganze Welt schuf, der soll durch dieselbe Allmacht Zippro-
ner vor allem Leide bewahren. 7395 — 7415: Wie Gott sich
über die armen Seelen in der Vorhölle erbarmte, so soll er
sich auch über Jerome erbarmen. 7499 — 7510: Jerome soll
demütig sein, wie die Mutter Gottes, die sich mit den Worten:
„defx kern diern ich bin" auf Gabriels Botschaft hin bereit
erklärte, Gottes Willen Folge zu leisten; auch sie soll ihren
Stolz beiseite lassen und Friedrich verzeihen.
Das Angeführte lässt meine Behauptung, die ich in Bezug
auf die Abfassung des Gesamtromans durch zwei verschiedene
Dichter aufstellte, wohl nicht als unbegründet erscheinen. Es
ergeben sich ausser dem Dargelegten auch noch einige, freilich
nur geringe sprachliche Unterschiede, die meiner Beweisführung
eine weitere Stütze gewähren; dieselben sollen weiter unten
noch besprochen werden. Endgültig entscheidet aber für meine
Behauptung die Verfassung der Hdsch. /, die ja, wie oben
gezeigt, von 2 Händen zu verschiedener Zeit geschrieben ist.
Die ältere Hand Li (vgl. S. 7 Z. 15) enthält nämlich das
Jerome- Abenteuer gar nicht, sondern nur die Erzählung I, und
auch die beiden einzigen Stellen in I, an denen die übrigen
Hdschn. Jerome ganz vorübergehend erwähnen (4198 — 4208 und
4727 — 4733), fehlen in /«. Die Hand bricht jedoch einige hundert
Verse vor dem von mir angesetzten Schlüsse von I (vgl. S. 15
Z. 13) ab. Der jüngere Schreiber fand nun meiner Ansicht
nach das Bruchstück vor und wollte, um ein fertiges Ganzes
zu erhalten, den fehlenden Schluss aus einer anderen Hdsch.
hinzufugen. Diese Hdsch., aus der er die Ergänzung vornehmen
wollte, enthielt aber das Gedicht in der durch II erweiterten
Fassung; daher konnte er das Bruchstück nicht zu Ende führen,
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ohne auch den ersten Teil des Jerome- Abenteuers, der nicht
fehlen durfte, wenn der Schluss seiner Vorlage zu dem Inhalte
des Bruchstückes passen sollte, in der Mitte desselben einzu-
fügen. Diese Einschiebung musste nach den schon erwähnten
Versen 2382—5:
sein leben ward im vnmär,
jedoch so wolt er gotz nie vergessen,
frü vnd spaut dient er im gemessen —
stattfinden, denselben Versen (vgl. S 17 Z. 20), mit denen auch
das Turneas - Abenteuer beginnt. Sie standen als erste Verse
auf der ersten Seite des letzten Blattes der 4. Lage (vgl. S. 7
Z. 1 ff.); daran schlössen sich ursprünglich in I& die Verse
3703—48 (Anfang des Turneas -Abenteuers; mit v. 3749 be-
ginnt die 9. Lage). Die 3 obigen Verse mit den 45 Versen
des Turneas -Abenteuers ergeben zusammen 48 Verse; dass
aber gerade 48 Verse auf dem Blatt stehen konnten, ergiebt
sich aus der S. 8 Z. 3 angegebenen Durchschnittszahl der
Verse auf den einzelnen Seiten von Li Den Anfang des
Turneas- Abenteuers musste der einfugende Schreiber von Ib an
dieser Stelle tilgen; es ging das nur so, dass er das letzte
Blatt der Lage 4 und mit demselben zugleich das erste Blatt
dieser Lage, das ja ebenfalls (vgl. S. 7 Z. 1 ff.) von dem
zweiten Schreiber stammt, vernichtete. Er richtet sich dann
mit seinem Schreiben so ein, dass der erste Teil des Jerome-
Abenteuers und die von ihm vorher getilgten Verse 3703 — 48
drei Lagen füllen; sein letzter Vers auf dem Schlussblatte der
7. Lage ist derselbe, mit dem Ja zu Beginne der 8. Lage die
Erzählung wieder aufnimmt.
Dem Schreiber von Lb fiel die Inkonsequenz in der
Namenführung (vgl. S. 17, Z. 26 ff.) noch weniger auf, als dem
von W; er nennt Friedrich gemäss seiner Vorlage auch noch
in den Versen, die er von dem Turneas-Abenteuer zu schreiben
hat, (3703 — 48) mit seinem eigentlichen Namen, während einige
Verse weiter in J# wieder der hier konsequent geführte Name
Wieland erscheint. Dass dann im Folgenden das Bruchstück,
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dessen Ergänzung er vornimmt, Jerome an den beiden erwähnten
Stellen (vgl. S. 22, Z. 27) im Gegensatze zu seiner Vorlage
nicht nennt, mag ihm wohl ganz entgangen sein; und hat er
es bemerkt, so ist es ihm zu viel Mühe gewesen, ganze Blätter
abzuschreiben, nur um die wenigen Zeilen einfügen zu können.
Die Jerome-Erzählung schwebt demnach hier vollständig in der
Luft und steht mit der Erzählung I in gar keinem Zusammen-
hange mehr. Dort, wo /« abbricht, fährt der Schreiber von
D mitten auf der Seite fort und fuhrt die Gesamterzählung
nach seiner Vorlage zu Ende. Hätte der Schreiber von I<* nicht
vor dem Ende seine Erzählung abgebrochen, so würde diese
ihren Schluss sicher an der von mir angegebenen Stelle gefunden
haben, da mit den verschiedenen Hochzeiten und der Schilderung
des darauffolgenden glücklichen Lebens ein natürlicher Abschluss
erreicht war. (Einige, den Schlussversen des Gesamtromans
analoge Verse, die ursprünglich wohl vorhanden waren, musste
der Bearbeiter selbstverständlich tilgen.)
Die Sprache in den beiden Teilen der Dichtung weist,
wie oben bemerkt ist, keine grossen Unterschiede auf. Der
Umstand, dass die meisten und zugleich die ältesten und besten
Hdschn. in alem. Dialekte überliefert sind, lässt schon darauf
schliessen, dass die Verfasser sich dieses Dialektes bedient
hatten; eine Reimform beweist diese Vermutung ganz klar. In
beiden Teilen findet sich nämlich ein ziemlich häufiger Gebrauch
von alem. au = ä zu echtem au, ein Reimgebrauch, der bei
einem Bayern oder Mitteldeutschen nicht vorkommen konnte.
Die bez. Reime sind in I: muffen: schlau ffen 123, oug:
plaug 1291, gaub: geloub 1999, schwauben: gelauben 4273,
4883, 4999, 5113; in H: enschlaitffen : rauffen 3315, sehtvau-
ben: erlauben 6991, verkouffet: schlauffet 7203. au = ü:
echtem au dagegen begegnet gar nicht, wohl aber, was für
die monophthongische Aussprache des ü beweisend ist, ein
Reim gut: lut 6419, truren: muren 1009 (beide in L).
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Ebenso findet sich der diphthongierte Umlaut eu von ü nicht
im Reime zu echtem eu resp. äu. Die Diphthongierung des
langen i kennen beide Dichter, da sie echtes ei (ai) zu dem
neuen ei (in den Hdschn. oft nur i geschrieben) reimen, so in I:
pein: gehaim 1001, mein: allain 1829, reiften: verlauten
919,: baitten 3945, wainen: erscheinen 6471; in II: haim:
mein 3411,: sein 6969, ainen: erscheinen 6935 etc. Der
Oberalemanne sträubte sich gegen diese Diphthongierung, wäh-
rend der Schwabe sie wie der Bayer ohne Unterschied neben
i gebrauchte. Die alem. Heimat der Verfasser beschränkt sich
daher auf ein niederalem. Gebiet. Ich komme im Folgenden
auf die Heimat noch einmal zurück.
Immerhin ergeben sich im Reimgebrauche der Dichter
einige Unterschiede, die den obengefuhrten Beweis der ver-
schiedenen Verfasserschaft weiter zu stützen geeignet sind.
Im Folgenden werden die sämtlichen Reimungenauigkeiten von
I und II vergleichend neben einandergestellt. Für die stark
vom Dialekte beeinflussten Verfasser freilich sind es oft keine
Ungenauigkeiten, zumal wenn man die späte Abfassungszeit
(nach 1312. s. weiter unten) in Betracht zieht.
In I reimt
a : ä an : an 4189 : hän 4329 : län 1169, : stdn 2090;
-tan : man 4165, offenbar : zwar 4289, gar : war 1051,
waren : bewarn 717, rät : statt 5649, sagen : mägen 5355,
vrdgen : sagen 929, nacht : brächt 909 etc.
a : o fart : kort 1573 (hart I.).
ä : o kämen : vernommen 4051; sonst nur vor n : davon :
gestän 1277, : hän 1961 etc.
ä : 6 hän : tön (subst) 4167.
au (= d) : d not : taut 4834.
d : u frum : rdm 5891 (rum M run W.) .
d : ou lägen : ougen 4671.
aw : da 5317.
a : e wider wartt (en) : verkert 6107.
Alle e reimen zu einander:
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e : § ehK : hert 447 : jo/errf 775.
werd : Aertf 3455. stett : (#e) W# 542.
e : e Aar : mer 773 : &er Ü8P.
er : jre?^er #S# : beger 1075. werd : kert 439.
: geehrt 6857. ern : gewern 6001, gern : leeren 1217 etc.
e : ae her : maer 5Ö43 : schwaer 1339
ger : schtvaer 5405. werd : gebaerd 3749.
e : oe enberen : hoeren 4391. erloesen : wesen 1482.
loesen : gelesen 1763.
her, herrn, herren reimen kurz und läng, herre nur lang.
her : gewer 5377 : ger 357. : ser 261 : mer 673.
herrn (herren) : leeren 1891 : ern 5049 : vern 171.
ferren : herren 1775.
herre : lere 53 : kere 5133 : sere 5515.
e i : e wem : keren 3425.
e : ae het : staet 2325. geret : staet 5535. hert : gefaerd
1295. gesiecht : geseh?naecht 2033.
e : ae ser : maer 1921. her : waer 4899. verseren : be~
schwaeren 4739.
e : oe eren : hoeren 449. Iceren : betoeren 4341.
Irrationales e in der Endung -er reimt zu e und ae:
xouberer : swaer 1095, brüder : maer 1659. prediger :
maer 4085 (: sicher I) häller : vnmaer 2383 : schwaer
6599. frommer : er 4123. stiefftochter : her 5239 etc.
e : i iren : keren 5941 (leren : k. W) Mompolier : ser 5983
(sonst reimt M : zier 5841 : wir 533t).
i : i sich : -lieh 93, 109. mich : -lieh 6381. herin :
pin 3989.
Kurzes i zu einer Steigerung von i oder e ist häufig:
mein : gewin 5663. wein : darin 6111, in : vnrain 5283,
reitten : bitten 1801.
i : ie nit : Hecht 1103 (sucht : lycht I).
i : ü fürst : frist 663.
i (z=z ü) : in dirre : fiure 1625.
i : u wunden : bberwinden 6415 (: yberwunden W).
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ei : iu reitten : bediutten 1575.
ai : e nor wegen : faigen 4917 (: degen W).
o : Ö not : flro* 4577, ^fto^ : »t 04i
— Adr* : wortt 1897 : raord £533.
tviderbotten : tfften 58Ü : rotten 4807
hoch : wocA 4312 etc.
o : w kommen : vernumen 1839 etc.
ö : wo £öw : lön (subst.) 4119 : vnschön 5459.
uo : w müram : unfrumen 5579.
uo : ü gut : M* 041£.
üe : i brüeder <: wYfer #8i (gemacht : ritterschafft I).
üe : wo brüeder : luoder 799.
Konsonantisch ungenau sind ff. Keime
d : t erkantten : handen 375.
werden : behörten 5935 (Schwaben : behalten M).
Konsonanten in Verbindung mit t reimen zu einfachem
t : gehept : stett 4775, nit : fecAtf 1103 (sucht : Zi/cA£ /),
xüversicht : mY 1263, tust : ##£ 20i5 (£#£ : g. W. I.),
begerst : gewert 4587 ;
zu anderen Konsonantenverbindungen mit t : fürsten : fürchten
1641, magt : gehapt 5077, gibst : bist 6371 (W fehlt).
Juristen : witxen 6491 (: listen MH), kraft : macht 4291,
macht : xaghafft 5905; zu Konsonanten(verbindung) ohne
t : gejagt : Ae^A; 4##. vngemach : macht 1357 (: &ra/f£
TF 7 Jf JT). foVfew£ : schneiden 3819, nöttent : fö'ftm
44i7 (TT fehlt),
s : ursprl. *$ beweisen : rmm (= riqen) 647. was : maß
883 : sa/* 87 : das 137 etc.
-m : e trutten : i)berlutte 848. willen : sfo'/fe i55ö wenn-
den : hennde 2359 etc.
w : ra fowrc : -man 965, : stöw 1587, nam : hindan 4399:
pein : gehaim 1001, im : gewin 1655. frommen : ver-
sunnen 4547, : gunnen 5557. kommen : besunnen 945.
ch : s : geschechen : gelesen 507 (wesen :g. I gelesen fehlt W).
stachen : /assm 0<S#.
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28 _
(j : s ivegen : gelesen 308 (wesen : g I W M H).
ff : sä schlau ffen : laussen 505.
gib leg : streb 443. oug : geloub 673. legen : leben 4067
(eben : l. W.) legen : geben 4157. ivegen : Üben 4239 etc.
Einige einzelstehende Reime sind noch:
arm : här 4327, wauppen : traffen 6161 (M H fehlen), ein-
ander : flammen 6257. fürst : frist 663. trostung :
komm 4937.
Von diesen in I erscheinenden Ungenauigkeiten kennt II
nicht die ff.: a : u : ou, a : e, i : ü : u, i (= #) : iu,
ei : m, ai : e, tw : u : ü, üe : i; von den konsonantischen
erscheinen nur in I d : t, g : s und die einzelstehenden Reime.
Die übrigen unreinen Reime finden sich sämtlich in II wieder;
besonders noch Beispiele anzuführen habe ich für überflüssig
gehalten, da ein Blick in die Ausgabe die Richtigkeit des Ge-
sagten beweisen wird. Ausser diesen Unregelmässigkeiten finden
sich aber eine Reihe Reime, die wiederum nur II angehören.
Während sich d (au) im Reime zu o, ausser in einem
mehrsilbigen Worte, in I nur vor n findet, kommt es in II
auch vor anderen Konsonanten vor: hört : brächt 7361. gebot :
spaut 2847 (fehlt W) 7513. got : spaut 7073 (fehlt W
durch Corruptel).
u : a oben nicht, hier sun : dan 7353 (und ausserdem
in einer der obengenannten — vgl. S. 21, Z. 28 — interpolierten
Stellen sun : hindan 1427).
u : ä in I nicht, hier tun : verstau 31 1 : Min 3681 : lau :
3279, 7291.
aw : iu : frawen : getriuwen 8037.
Irrationales e in der Endung -er reimt hier auch kurz:
xipproner : ger 7069 : gewer 7111, 7485 : her 7383, 7739.
Das fem.- suff. -in (= -inne) reimt in I nur kurz; v. 1417
und 1521, zu interpolierten Stellen gehörig, reimen es lang:
mein : künigin, sein : haidenin.
Konsonantisch ungenaue Reime, die nur in II vor-
kommen, sind
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29
ng : nn bringen : entrinnen 2631, 2637, 2739, 324h :
sinnen 7799.
-en : el gefangen : angel 3197.
-nd : -ng kind : jüngeling 3365.
II : Im er schellen : gelmen 6721 (gellen M, gelm W).
-ds : d munds : stund 7109. bilds : wild 7439 (bild : iv. W).
Rührender Reim ist, abgesehen von den Reimen auf
-lieh, -rieh, -halt in beiden Teilen nicht häufig, in II noch
seltener als in I. Durch 4 Verse durchgehender Reim findet
sich in I an 2 Stellen, 887 ff. (in / sind die Verse durch ein
Reimpaar getrennt) und 6091 ff. (nur in W vollständig über-
liefert). II hat keinen Reim, der sich über mehr als 2 Zeilen
erstreckt; das einzig vorkommende Beispiel 7779 ff. gehört nur
einzelnen Hdschn. an.
Die sämtlichen Reimungenauigkeiten kommen auf dem
gesamten oberdeutschen Gebiete vor uud berechtigen nicht
dazu, die Verfasser daraufhin einer bestimmten Landschaft
zuzuweisen. Höchstens die Reime ng : nn und nd : ng in II
können vermuten lassen, dass der Verfasser von II von bayr.
oder mitteld. Seite beeinflusst wurde, da wenigstens erstere
Reimform bayr. und md. häufig (Weinh. Bayr. Gr. § 170,
Mhd. Gr. § 201), letztere md. häufig, aber auch alem.
nicht ganz unbekannt war. (Weinhold, Mhd. Gr. § 201, AI.
Gr. § 180).
Ich fuge an dieser Stelle das Nötigste über die Metrik
unseres Gedichtes an. Ausfuhrlicheres und eine Vergleichung
der beiden Teile in dieser Hinsicht wird Aufgabe einer eigenen
Arbeit sein.
Der zu Grunde liegende Vers ist der 4 -hebige, der
regellos mit dem 3-hebigen wechselt.
5- (oder gar 6-) hebige Verse 1 ) sind selten, aber in II
*) Vgl. v. B. 1053 4:
xü schwaüben in dem Land
ön gefärd ist es geschahen öne schdnd
(geschieht aün gefaür aun alle schund. J.)
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30
etwas häufiger, als in I. In vielen Fällen scheinen aber die
mehr als 4-hebigen Verse nur den Schreibern anzugehören, da
die Lesarten gerade dieser Verse am meisten schwanken.
Dasselbe gilt von den in W vereinzelt vorkommenden
2-hebigen Versen, mit deren Überlieferung W allein dasteht;
es ist eine in W anch sonst nicht allzu seltene Kürzung an-
zunehmen. x )
Der Auftakt, der auch fehlen kann, ist 1- oder 2-silbig;
durch Annahme 3-silb. Auftaktes lassen sich einige mehr als
4-hebige Verse auf das Mass von 4 Hebungen zurückfuhren. 2 )
Die 1- oder 2-silbige Senkung kann fehlen. Schwebende
Betonung ist besonders zahlreich im Reim bei 2-silb. Wörtern
auf -er (frömmer : er 4123). Die Reime sind meist stumpf.
Die übergrosse Zahl der stumpfen Reime erklärt sich durch
die regelmässige Apokope des Endungs-e selbst nach langer
Silbe. Erhaltenes e ist nur Ausnahme. Neben der Apokope
ist auch die Synkope nach langer und kurzer Silbe ungemein
häufig. Die einzelnen Hdschn. verhalten sich übrigens bei
Anwendung der Synkope verschieden; die unerlaubte Synkope
nach langer Silbe ist am meisten, jedoch so wenig wie in den
übrigen Hdschn. nach festem Grundsatze, in Ia und W durch-
geführt. Synkope und Apokope gleichzeitig tritt besonders
regelmässig ein in den schwachen Zeitwörtern mit dental. Aus-
laut (redete) redt, rett, ret). 2-silbige kurze Reimworte stehen
im Reim zu echten stumpfen Reimworten (geboren : erkorn
1927 : zorn 345 [unorgan. in einz. Hdschn. xoren]). Klin-
gende Wörter im Reim zu klingenden dürfen durchaus nur
als eine Hebung, also wirklich klingend gelesen werden. Es
ergiebt sich das daraus, dass diese Wörter zu kurzen 2-silbigen
Vgl. z. B. 1027/8:
tag vnd ouch die nacht (tag vnd nacht W.)
verlor er seines libes mächt (verlor er sein mächt W.)
) Vgl. 5028:
ob wir behalten wollen länd vnd leben
(W und J ändern die Lesart: vgl. das Obengesagte).
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31
(stumpfen) reimen und sogar mit Silbenverschleifung zu ein-
silbigen, echt stumpfen (keren : enberen 1721, eren : gewern
149, efr. 717, 803, 987, 1217 etc.). Reimbrechung als Kunst-
mdttel scheint den Dichtern nicht bekannt gewesen zu sein;
wo sie vorkommt, ist sie unwillkürlich angewandt.
Das Gedicht ist wenig bekannt gewesen und hat nur eine
geringe Verbreitung gefunden. Meines TFissens ist es an keiner
Stelle erwähnt, und aus einem Zeitraum von fast 200 Jahren
haben wir nur 6 Hdschn. Gedruckt ist das Gedicht nie. Die
Hdschn. stammen aus einem geographisch eng begrenzten Ge-
biete. Vier von den 7 Schreibern waren Alemannen; Ib ist
von einem Bayern geschrieben, der in seine alem. Vorlage
bayr. und md. Elemente hineinbrachte, H weist bayr.-md. Misch-
dialekt auf, und nur M ist rein bayrisch. Die geographische
Verbreitung hat demnach in einer bestimmten Richtung, etwa von
Reutlingen (Teck; vgl. den 2. Teil der Arbeit) bis nach Nürnberg
hin stattgefunden. In diesem engen Verbreitungskreise hat das
Gedicht, nachdem es einmal von dem zweiten Verfasser be-
arbeitet war, keine grossen Veränderungen mehr erleiden können;
es ist durch zu wenige Schreiberhände gegangen, um sich weit
von dem Urtexte zu entfernen, und es ist infolge dessen das
Filiationsverhältnis der Hdschn. zu einander leicht darzustellen. l )
Es lässt sich durch folgende Figur wiedergeben:
W *y
T f\\ ( V)
i^i*sd )[--%
Ia geht in gerader Linie direkt auf die Urschrift *x zurück
und überliefert in sehr reiner Form nur die Geschichte Friedrichs
*) Ins einzelne gehende Belege für das im Folgenden Dargelegte
werden in der Ausgabe des Gedichtes gebracht.
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32
und Angelburgs (I). *z ist die Fassung, in der die Zwerg- oder
Jerome- Geschichte mit der Urvorlage, die ziemlich unverändert
blieb, verbunden ist (I -f- II). Ausserdem muss der Verfasser
und Schreiber von *z in I mehrere litterarische Stellen in sehr
roher Form mit grösseren wörtlichen Entlehnungen aus Türlins
und Wolframs Willehalm interpoliert haben, die erwähnten
Verse 1385—1447, 1454—79, 1501—73 und eine Stelle von
150 Versen, die nur in W nach v. 3638 erhalten ist. Auf *z
geht ausser Ja unsere ganze Überlieferung zurück und zwar
zunächst W, die eine vielfach nachlässige, zuweilen durch will-
kürliche Kürzungen verderbte Abschrift von *z giebt. Mehrere
fehlerhafte Auslassungen und Kürzungen beweisen, dass W
Abschrift und nicht etwa mit *z identisch ist, ebenso, dass W
nicht eine selbständige Bearbeitung, sondern eine sklavische,
aber nachlässig angefertigte Abschrift ist. Eine Bearbeitung
von *z bot *y; die direkt entlehnten litterarischen Stellen, die
W noch aufweist, sind hier so verarbeitet, dass nur noch eine
inhaltliche Entlehnung nachweisbar ist. Ausserdem hat sich
der Bearbeiter sowohl in den Versen selbst wie auch in mehr
oder minder grossen Abschnitten eine Reihe erweiternder Zu-
sätze erlaubt, während er mit Ausnahme der oben genannten
nur in W erhaltenen Stelle, die er streicht, Kürzungen ängst-
lich meidet. Direkt auf *y gehen zurück Ib , S und D. Von
diesen bietet 8 die beste und sorgfaltigste Abschrift; ihre
Fehler werden fast ausnahmslos auch in *y vorhanden gewesen
sein, da dieselben grösstenteils auch in lb und D wiederkehren.
Eine Abschrift von I kann 8 nicht sein, da sie mit W die
erwähnten litterarischen Interpolationen hat; D könnte mög-
licherweise aus 8 stammen, doch sprechen mehrere, freilich
nur geringe Abweichungen dagegen. Ib stimmt mit 8 in den
Teilen, die sie mit ihr gemeinschaftlich hat, so vollständig
überein, dass bei der Ausgabe von einer Aufzeichnung der
Abweichungen, die durchweg nur auf Flüchtigkeit des äusserst
nachlässigen Schreibers von Ib beruhen und sich hauptsächlich
in der selteneren oder häufigeren Anwendung von Synkope und
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33
Apokope zeigen, abgesehen werden kann. An einzelnen Stellen
die in 8 fehlerhaft oder zweifelhaft sind, giebt I*> Anhaltspunkte
zur Verbesserung. D ist die nachlässigste unter den Hdschn.,
eine ganz gedankenlos angefertigte Kopie; auch sie kann nur
an einzelnen Stellen wie I h benutzt werden. Bei Herausgabe
des Textes kommt von der Gruppe nur 8 in Betracht. M und
H gehen ebenfalls auf *y zurück, vielleicht erst durch ein
Mittelglied *y', in dem der alem. Dialekt möglichst in den
bayrischen umgewandelt wurde. Beide, namentlich aber H, die
jüngste unter den Hdschn., gestatten sich willkürliche Zusätze
sowohl im Versinnern als in ganzen Versen; in beiden fehlen
ausserdem eine Reihe einzelner Verse und übereinstimmend
ein grösserer Abschnitt 6353(54) — 6211 (12). Möglich, aber
nicht wahrscheinlich ist es, dass H direkt aus M stammt
Zur Textherstellung beider Teile zusammen sind die
Hdschn. folgendermassen zu verwenden:
1. Herstellung von I. Wo i» und W übereinstimmen,
ist ihre Überlieferung der übrigen stets vorzuziehen; was beide
Hdschn. übereinstimmend nicht haben, ist als Zusatz des Be-
arbeiters in *y zu betrachten. Geht die Überlieferung von
I« und W auseinander, so kommt zur Herstellung in erster
Linie S in Betracht und zwar verdient die Lesart In -\- 8
den Vorzug vor W -j- S, dann erst M und zuletzt H, die
überhaupt den geringsten Anspruch auf Treue erhebt.
2. Herstellung von H. Für II gilt die Überlieferung
von W von vornherein als die beste und muss sogar oft gegen
die gesamte übrige Überlieferung aufrecht erhalten werden.
Kürzere oder längere Stellen, die in W fehlen, sind als Zusatz
des Bearbeiters von *y anzusehen, wenn nicht der Zusammen-
hang zeigt, dass W, wie es öfters der Fall ist, fehlerhaft ge-
kürzt hat. W -}- S zeugt stets gegen M und H; ob die
Zusammenstellung W -\- M oder H der Lesart 8 vorzuziehen
sei, muss der jedesmalige Fall zeigen. Einer Gesamtausgabe
wird am besten die Hdsch. S zu Grunde gelegt, wenn man es
nicht vorzieht, I aus I« und II aus 8 herauszugeben.
. 3
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34
IL
Als Heimat der Dichter wurde im Vorhergehenden aus
sprachlichen Gründen Nieder-Alemannien, Schwaben, festgestellt.
Wenigstens für den Dichter von I lässt auch ohne dies schon
der ganze Inhalt des Gedichtes auf einen Schwaben als Ver-
fasser schliessen: schwäbische Herzöge sind die Helden der
Handlung, Schwaben erscheinen als die besten Kämpfer, mit
Stolz wird das auch sonst von alem. Dichtern gern erwähnte
Vorkampfsrecht der Schwaben hervorgehoben, Gmünd, im Herzen
Schwabens gelegen, die alte Hauptstadt der Staufen, ist als
Sitz der schwäbischen Herzöge genannt. Gesichert wird die
Annahme der schwäbischen Heimat durch eine Stelle 5777 ff.
Dort erscheint nämlich ein Herr von Teck als Bannerträger
der Schwaben:
die erwölten zu irem banier
ainen hold mit zier,
der was ain biderman,
lasters mal er nie gewan,
ain herren von Teck, genannt viviantz,
an aller frhmkait gantz.
Dass dieser Herr von Teck hier mit so lobenswerten Worten
erwähnt wird, während ausser den Namen der schwäb. Herzöge
in dem Gedichte nur phantastische Namensbildungen: Flanea,
Jeroparg, Pragnet, Mompolier, Angelburg etc. erscheinen, lässt
unbedingt den unmittelbaren Schluss ziehen, dass der Dichter
zu dem Hause Teck in einem näheren Verhältnisse stand, und
wir dürfen annehmen, dass er zum Hofe des in seiner Zeit
herzoglichen Geschlechtes v. Teck gehörte. Seine Kenntnisse
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sind, wie wir sehen werden, derart, dass er zu den besser
Gebildeten gezählt werden muss; eine ganz untergeordnete
Stellung hat er daher wahrscheinlich nicht bekleidet.
Zweck der Dichtung war wohl, wie Unland (Sehr. I,
S. 493) annimmt, die Verherrlichung des schwäbischen Herzogs-
hauses: „Das Ganze kann ich nur im Allgemeinen als eine der
Sagen erklären, durch welche auf die Anfange eines bedeutenden
Geschlechtes der Morgenglanz des Wunderbaren geworfen
werden soll." Ein historisches Bild beabsichtigt der Dichter
jedenfalls nicht zu geben. „Vergeblich würden wir in der
hohenstaufischen Stammtafel ein Verwandschaftsverhältnis auf-
suchen, welches den im Gedichte zusammengestellten Namen
entspräche. Der Name Ruprecht, wie einer der 3 Brüder heisst,
kommt gar nicht geschichtlich in diesem Stamm vor. J. v.
Lassberg, der auch eine Hdsch. (D) des Gedichtes besitzt, ver-
mutet in dem Umstände, dass Friedrich sein eines Auge ver-
liert, eine Anspielung auf Friedrich den Einäugigen, Herzog
in Schwaben, gestorben 1146, den Vater Kaiser Friedrichs I."
Übrigens kommen auch die Namen Ulrich und Ludwig
bei den Staufen nicht vor. Eine Vergleichung der geschicht-
lichen Stammtafel mit der unseres Gedichtes wird am besten
zeigen, dass ein historisches Verhältnis zwischen beiden nicht
möglich ist.
Friedrich I. Herz. v. Schw. f 1105
Fried. H. d. Einäug. Konrad. (König K. IH.)
t 1147 "
1 Heinrich. Friedr. IV. Herz. v. Schw.
Friedr.HL (Kaiser F. I.) Konrad f 1167
f 1190
Heinr. VI. König. Friedr. V. Konrad. Otto. Philipp König.
| Herz. v. Schw. fll91
Heinr. VII. Konrad IV.
| (Nach Stalin. Würt. Gesch. IL)
Konradin
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36_
Im Gedichte:
Heinrich.
Friedrich. Heinrich. Ruprecht.
Konrad. Ulrich. Ludwig.
Nun kann der Dichter seine Namen auch wohl z. T. dem
staufischen, z. T. dem Teck'schen Namensregister entnommen
haben; doch auch in diesem findet sich der Name Ruprecht
gar nicht, Ulrich nur einmal um 1200 in einer angeheirateten
Linie der Kiburger. Ein Ludwig, Herzog v. Teck, starb 1282,
sein Bruder Konrad 1292. Beide könnte der Dichter noch
gekannt haben. Der Name Viviantz selbst ist unhistorisch;
er stammt vielleicht aus Wolframs oder Türlins Willehalm.
Die Namen weisen also von vornherein die Annahme einer
festen geschichtlichen Grundlage zurück. Aus Friedrichs Ein-
äugigkeit allein aber auf den historischen Friedrich H. zu
schliessen, ist doch zu gewagt, wenngleich einzelne Züge des
Gedichtes auf ihn noch am ersten bezogen werden könnten;
so erinnert der Kampf Friedrichs gegen den Zauberer Jeroparg,
der ihn mit Feuer bekämpft, ohne ihm dauernd schaden zu
können, an eine Zusammenkunft des historischen Friedrich mit
Herzog Heinrich v. Bayern, bei der dieser Friedrichs Wohnung
in Brand stecken Hess; es gelang Friedrich jedoch, aus dem
Hause zu entkommen (vgl. Stalin., Würt. Gesch. II, S. 58);
und ein Kampf, den der historische Herzog gegen einen Bischof
Arnold von Mainz zu führen hatte (Stalin, a. a. O., S. 50), lässt
sich neben den Kampf stellen, den unser Friedrich gegen den
feigen Norwegerfürsten Arminolt oder Arnolt auszufechten hat. 1 )
Die Analogien sind aber zu unsicher, als dass man auf die
historische Grundlage sicher schliessen dürfte, und wir müssen
die Dichtung einfach als das auffassen, als was sie beim ersten
Anblicke erscheint: als eine sagenhafte Erzählung, bestehend
*) Über die Gmünder Johanniskirche, die interessante Aufschlüsse
versprach (vgl. Unland a. a. O., S. 492), habe ich leider trotz aller
meiner Bemühungen nichts Näheres erfahren können.
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Googl^
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aus einer Häufung von Märchen, die zu dem von Unland
angegebenen Zwecke zusammengestellt sind. Diese Märchen
sind aber keineswegs freie Erfindung des Dichters, sondern
er hat sie vielmehr durchweg anderen Dichtungen oder ver-
breiteten Volksmärchen entnommen x ) und mit einem gewissen
Geschick zusammen verarbeitet, ohne dabei seine Quellen zu
nennen. Er rühmt sich überhaupt nicht mit seinem literar.
Wissen, und wenn Unland a. a O. S. 493 sagt: „Der Verfasser
zeigt seine Bekanntschaft mit den Kittergedichten des dreizehnten
Jahrhunderts, deren Helden und Heldinnen mit einigem gelehrten
Prunke herbeigezogen werden," so kann sich das nur, wie sich
zeigen wird, auf den Interpolator und Verfasser von II be-
ziehen. Dass er aber eine Menge höfischer Dichtungen gekannt
hat, kann er doch nicht ganz verschweigen. Er führt nämlich
4808 ff. alle ihm aus denselben bekannten Helden auf, die je
durch die Liebe in Not geraten sind. Die Stelle, die insofern
von doppelter Wichtigkeit ist, als sie uns zu einem Schlüsse
auf die Abfassungszeit des Gedichtes berechtigt, lautet nach S
mit den verschiedenen Lesarten:
1. angelburg, meins hertxen trat!
2. was ie die hocken vnd die tverden
3. all hie vff diser erden
4. — küng artuses gesellschafft
5. mit ritterlicher hrafft
6. von der edlen tav eirunde —
7. not gelitten haben xü manger stunde
8. durch die liebe starck:
9. vnnd wie den verhawen ist ir marck:
10. Portxifal, ferefen, Ereken rnnd Oawein,
11. Lanntzelet, weigamür, Tristrant vnd Jwein,
12. taigoleis oder hör Daniel,
13. Pocktxiseiler oder der stoltx KaneroL
*) Schon Vilmar (a. a. O.) urteilt: „es ist eine an die keltischen
Dichtungen erinnernde mit willkürlich ersonnenen oder aus älteren
Dichtungen erborgten Abenteuern angefüllte Erzälung."
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38^
14. von dem Oral Tüurell vnd Anfortas,
15. wie laurengel sein rechten tnafz,
16. marggrau f wilhalm von Orantz,
17. rennwart vnnd malfer der glanntx,
18. Wilhalm von Orlenntz mit Amaley,
19. Schinachtulander durch sy gan die fry,
20. Wilhalm von Österrich mit Aglay der magt,
21. hertzog wilhalm der haiden vnverzagt;
22. wie durch plantzeflür floreys,
23. tvittich vom Jordan, Eneas vnd paris
24. vnnd ander küng vnd. fürsten vil,
25. der ich nit aller nennen wil,
26. durch ir amyen habent gelitten not
29. aber meiner beschwerde dol
31. acht ich dar ob für war.
Lesarten:
2. die] dich (vnd) W. die koche vh din werde H.
4. hmig D. H. artus I W H. artus des M.
5. Jcrafft] art M.
7. gelitten haben] litten I g. hob M. (haben); maniger H.
9. (vund) wie in I. (den) W. v. w. dem v. ward üwer m. M.
10. partzefalii ferefys I. — barcifal serafis er ecken gaivan W.
parcifal ferenefen M. gratvein H.
11. lantzeliet ywen I. — lantzilet wigalis tristram W. iviga-
mur I M. Tristant vnd ir vin M. lantzeleid H. (vnd) D.
12. — Oui von loys zinaschkollander oder taniel I. — vnd
ytvan wigamur oder taniel W. (her) M. lüigolers; her]
der D.
13. porisyler I — borisailer oder der titerei W — pockiseiler
oder der stoltz M. portziseiler D. pocktxiseler H. kanerel
IDH.
(Beide Namen sind mir unbekannt; in letzterem vermute
ich Garel vom blühenden Tal oder Gauriel von Montabel.)
14. — tyturell vom grall vnd antfortefs I. — vnd amfortas
wir luvengel W. — Corneril von dem gral M.
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39
15. larengel I — vnd totenell vnd amfartas W. Wilarengel;
mafx] was M.
16. In W lautet die Stelle bis v. 24 incl.:
margraf fridrich vnd wil
halm von Orliens mit ame
lien glantx
Wilhälm von Österich mit Agly
Wilhalm der haiden fry
wie durch plantxeflür floreys
tvittich von dem Jordan
Eneas vnd paris vnd ander
küng vnd fursten vil —
17. fehlt /. molifern M. mollifer D. ivolfhart H.
18. — Wilhalm mit am maVyen glantx I. ormtx, M.
19. fehlt I. Schinatulander MD. sygan M. sigaun D. —
Schinattulander durch dy Qun frey H.
20. (der magt) I. agly M. aglmi D. her Wilh. H.
21. — Wilhalm der hayden frey. I. (der haiden) MR.
22. blangeflur M. blantzflür H. floris D M H.
24. kunig D H.
25. nit aller] aller nit I. der] dan W.
26. — hond gelitten d. i. a. nött I. hand W. ire M.
Aus der Erwähnung des Wilhelm von Österreich, der
im Jahre 1314 von Johann von Würzburg verfasst wurde, geht
hervor, dass unser Gedicht erst nach 1314 geschrieben sein kann.
Man erkennt aus der obigen Aufzählung die grosse Be-
lesenheit, die der Dichter im höfischen Epos besass. Mit der
Kenntnis der Dichtungen aber, aus denen obige Namen stammen,
ist des Dichters Wissen nicht zu Ende; dieselben kommen
sogar nur in zweiter Linie in Betracht, da er für seine Arbeit
hauptsächlich andere Quellen benutzte. Welche Quellen das
waren, werde ich im Folgenden möglichst nachweisen; ich gehe
zu dem Behufe die einzelnen Abenteuer des Friedrich (I) durch
und führe bei jedem den Quellennachweis.
Die. Erzählung beginnt mit einem kurzen Berichte über
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40
Friedrichs Abstammung. Es folgt dann das Jagdabenteuer
mit dem Hirsche, der verwandelten Prinzessin Angelburg. Die
Bedingungen zur Erlösung werden nicht eingehalten, und es
findet nun die weitere Verwandlung Angelburgs und zweier
Gefährtinnen in Tauben statt. (1 — 1585.)
Der Inhalt dieses Abenteuers ist in frei verarbeiteter
Form Konrads von Würzburg Partenopier und Meliur ent-
nommen 1 ): Dort findet die Jagd auf einen Eber statt, in deren
Verlaufe der Held erst auf das Zauberschiff, dann in das
Zauberschloss gelangt; hier bringt der Hirsch den jagenden
Friedrich in das Zauberhaus; dort wie hier wagt der Held
erst nach langem Zaudern die Speisen zu berühren, die auf
dem Tische stehen; in beiden Dichtungen finden die Helden
ein wohlbereitetes Schlafgemach. Partenopier darf die bei
ihm ruhende Meliur nicht sehen; ebensowenig ist Friedrich
Angelburgs Anblick gestattet; ihm ist aber ausserdem auch
streng jede Berührung der bei ihm schlafenden Jungfrau
untersagt. Und wie endlich der liebeskranke Partenopier
auf Antrieb seiner Mutter beim Scheine einer Laterne den
verbotenen Anblick der unbekannten Geliebten geniesst und
dadurch die Trennung herbeiführt, so stürzt sich auch
Friedrich dadurch ins Unglück, dass er auf den Rat des
Zauberers Jeroparg die schlafende Angelburg beleuchtet So-
weit geht die Entlehnung aus dem Konrad.
Vor dem letzten Zusammensein Friedrichs mit Angelburg
liegt ein Zeitraum von 23 Wochen. In dieser Zeit wird
Friedrich vor Liebessehnsucht schwer krank. Die Schilderung,
wie die Art seiner Krankheit aufgedeckt wird, ist in circa
30 Versen wörtlich der Heidin entnommen. Ich führe einige
Verse zum Belege an. 2 )
*) Vgl. Vogt in Paul. Gr. IL, 1. S. 356.
2 ) Vgl. Heidin, ed. Bartsch. Md. Ged. S. 59, V. 058 ff. Die für die
Textkritik der Stelle sehr erwünschte Ausgabe der Heidin, die Mäker
(Die beiden ersten Redaktionen der Heidin. Diss. Berl. 1890) versprach,
ist leider noch nicht erschienen.
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41
Friedr. 1091 ff.
doch an derselben stund
ain artzat der kund (folgen 2 Verse)
vor in allen den list.
sprach: e ich tvaifz ivol was im ist.
gand ufz vnd räment draut
mir vnd im difz kemmenaut:
ich mach in schnell gesund!
vfz gieng man zu der stund,
er graiff im an sein houpt:
c edler fürst mir geloubt,
ir habt der suchte nit!
er hiefz im bringen ain Hecht
vnd graif im den Hb;
er sprach: 'fürst, durch ein ivib
so wollt ir verderben
vnd durch ir lieb sterben,
so sind ir hie vnd dort verloren. 9
Heidin 658 ff.
doch zu derselben stunde
ein alt wip daz künde
vor allir hande list.
si sprach c ich weiz wol ivaz ir ist.
geit üz und rümit vil dräte
mir und ir dise Jcemetiäte:
ich mache sie schire gesund!
üz gingen si sä zustunt.
si greif ir an daz houbit.
c vrowe sprach sie, e des gloubit,
ir enhat keine suche nicht!
sie hiez brengen ir ein licht,
zuhaut du sie gesach im lip,
si sprach e ir minnensicMz wip,
war umme woldit ir vorderbin?
wolt ir gerne durch minne sterbin,
so sit ir hie und dort vorlorn!
etc.
Nach dem Abschiede von Angelburg verkauft Friedrich
Hab und Gut, verläset seine Brüder und zieht in die Welt,
um Angelburg zu erlösen. Aber er gerät in Armut und bietet
darum (unter dem Namen Wieland) Osanna von Brabant seine
Dienste an. Diese ist durch Arminolt (Arnold) von Norwegen
in schwere Bedrängnis gebracht; Vater und Mutter hat er ihr
ermordet, das Land erobert und steht vor ihrer Hauptstadt.
Friedrich kämpft mit dem Norweger, besiegt ihn und rettet
dadurch die Jungfrau vor argem Schimpfe, der ihr angedroht
ist. Das Abenteuer reicht bis v. 2360. Der Abschied der
Brüder ist eine Umbildung des bekannten Sallustschen con-
cordia res parvae crescunt etc.: Die Brüder Friedrichs brennen
ein Feuer an, aus dem sie ein Scheit nach dem anderen heraus-
nehmen; wie nur die vereinten Scheite ein ordentliches Feuer
geben, so kann auch nur der Brüder vereinte Macht ihnen die
Oberhand über die Feinde verschaffen. In Osanna von Brabant
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42
vermutet Vogt (a. a. O. S. 357) eine Anspielung auf .Elsan von
Brabant im Lohengrin. Die Ähnlichkeit des Namens gebe ich
zu; die ganze Situation ist aber offenbar nicht dem Lohengrin
entnommen, sondern scheint vielmehr eine rohe Nachbildung
des 4. Buches des Parcival (Parcival und Condwiramurs) zu
sein: Parcival kommt vor die von Clamides Seneschall Kingrun
belagerte Veste Pelrapeire und bietet deren Herrin seine Dienste
an. Diese erzählt ihm, Clamide ertrotze mit Gewalt ihre Hand;
sie wolle aber lieber sterben, als seine Gemahlin werden; darum
habe er nun den Krieg unternommen, in dessen Verlaufe ihr
Vater bereits gestorben und ihr ganzes Land bis 'auf die Haupt-
stadt eingenommen sei. Wie im Friedrich Arminolt, so wird
dann hier Clamide im Einzelkampfe besiegt und gefangen.
Parcival vermählt sich mit Condwiramurs; Osanna bietet
Friedrich ebenfalls ihre Hand an, die er aber Angelburgs wegen
ausschlägt. Hat dem Dichter unseres Romans die Wolframsche
Situation vorgeschwebt, woran ich nicht zweifele, so kann der
Name Brabant auch wohl als Umbildung des Wolframschen
Bröbarz, des Landes, in dem Pelrapeire liegt, aufgefasst werden.
Reich beschenkt zieht Friedrich (Wieland) weiter, verarmt
aber wieder und tritt in die Dienste des Königs Turneas. Nach
zehnjähriger treuer Dienstzeit versagt ihm Tnrneas den ver-
dienten Lohn, schenkt ihm aber endlich einen ungefangenen,
wilden Hirsch, auf den seit 60 Jahren vergeblich Jagd gemacht
ist. v. 2360—80; 3703—4183. Vogt's Annahme (a. a. O.
S. 357), dass der Name Turneas aus Veldekes Turnus und
Eneas entstanden sei, kann richtig sein, obwohl der Name auch
alles ist, was der Dichter aus der Eneide geschöpft hat. Eine
Nachbildung des Inhaltes anderer Dichtungen habe ich für
dieses Abenteuer nicht finden können.
Entrüstet über das ihm geschehene Unrecht scheidet
Friedrich von Turneas Hofe und wandert weiter, bis plötzlich
der Hirsch erscheint und ihn anredet. (Der Name Wieland
kommt fernerhin -nicht mehr vor.) Der Hirsch wird durch
einen Kuss Friedrichs in eine schöne Jungfrau entzaubert.
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43
Voll Dankbarkeit giebt diese — Prangnet von Persoloni mit
Namen — ihrem Erretter das Auge wieder, das er einst zur
Strafe für seine unzeitige Neugier verloren hat, schenkt ihm
eine unsichtbar machende Wurzel und zeigt ihm Mittel und
Weg, wie er Angelburg finden und erlösen könne. Die Er-
lösung und Wiedervereinigung der Geliebten geschieht darauf
schon am folgenden Tage. v. 4183 — 4889.
In dem Namen Prangnet oder Pragnet will Vogt (a. a. O.,
S. 357) die Brangäne aus Gottfrieds Tristan erkennen. Die
Erlösung der Jungfrauen stimmt inhaltlich mit dem ersten Teile
der nur in der Edda vollständig erhaltenen Wielandsage überein. *)
Die Züge der alten Sage sind jedoch nicht treu bewahrt.
In dieser geht die Vermählung erst nach dem Raube der
Gewänder der badenden Jungfrauen vor sich; in unserem Gedicht
aber erscheint zuerst die Vermählung, gekennzeichnet durch
das Zusammenschlafen Friedrichs und Angelburgs; dann erhalten
die Jungfrauen erst die Federgewänder. In der alten Sage
bleibt Wieland nach der Flucht seiner Gemahlin zu Hause und
wartet dort auf sie, die er doch niemals wiedersieht; hier zieht
Friedrich zur Wiedergewinnung seiner Angelburg aus; sein
Suchen ist auch nicht vergeblich, und durch den Raub der
Federgewänder, der in der Sage ganz gleicher Weise vollzogen
wird, gelangt er wieder in den dauernden Besitz seiner Geliebten.
Es entsteht nun die Frage, ob der Dichter eine schrift-
liche Überlieferung in einer älteren, jetzt verlorenen Heldensage
vor sich gehabt und demgemäss bewusst die Wielandsage als
solche bearbeitet habe, oder ob ihm der Stoff sonst durch münd-
liche Überlieferung bekannt sein konnte, ohne dass er den Inhalt
als eigentliche Wielandsage empfand. Grimm neigt der ersten
Ansicht zu; 2 ) von den übrigen, die unser Gedicht erwähnen,
*) Vgl. Grimm. Edda S. 1.; ferner Unland a. a. O. S. 488.
Symons in Paul. Gr. IL 1. S. 20. Vogt in Paul. Gr. II. 1. S. 356.
2 ) Vgl. Grimm. Deutsche Heldensage, S. 279 ff.: „man erkennt
sogleich die Sage von Wieland und dessen zwei Brüdern . . . Merk-
würdig ist die Wiedererscheinung der Sage nach so langem Zwischen-
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4^
spricht wenigstens keiner gegen diese Ansicht. Es ist aber
dagegen zunächst vorzubringen, dass von dieser „verlorenen"
Dichtung nirgend etwas bekannt ist, und dass ihr Stoff in keiner
einzigen Dichtung auch nur gestreift wird; wo die Wielandsage
in der Heldensage erwähnt ist, erscheint sie überall nur in der
Fassung des zweiten Teiles der Eddasage, *) und fast nichts
ist weiter bekannt, als dass Wieland der Vater einiger Helden
und ein äusserst kunstfertiger Schmied war. 2 ) Wäre der Stoff
des ersten Teiles der Sage (also der in unserem Gedichte behan-
delte Stoff) episch behandelt gewesen, so hätte er beim Volke,
das ihn, wie wir sehen werden, begierig aufnahm, auch in seiner
räum in einem Gedichte, das allem Anschein nach in das 14. Jahrhundert
gehört. Ist sie nicht aus mündlicher Überlieferung eingedrungen, so
könnte das verlorne Gedicht von Wieland im Mittel gelegen haben".
Über dieses letztere vgl. noch ebenda S. 20; 291, 4; 350.
') Vgl. Symons in Paul. Gr. II 1 S. 59.
2 ) Ich gebe nach Grimms Heldens. eine Reihe Zeugnisse. Nach
der auf der Edda beruhenden Vilkinasage giebt Wade, Sohn einer
Meerfrau, seinen Sohn Wieland erst bei Mime, dann bei Zwergen in die
Lehre, die ihn zum kunstreichen Schmied machen. Wieland kommt
zum Könige Nidung. . . . Niedung lässt ihn lähmen, aber Wieland
rächt sich, indem er des Königs beide Söhne tötet und seine Tochter
entehrt. Dann entflieht er in einem Federkleid." (Hs. S. 350.) In
dem Anhang des Heldenbuches heisst es: (vgl. Hs. S. 291. 4.) Wittich,
cijn Held. Wittich Owe syn brfider. Wielant was der xweyer ivittich
ratter. Ein hertxog, ward vertriben von xweyen risxen, die gewannen
im sein land ab. Do kam er xü armüt. Und darnach kam er txü künig
Eiberich vnd Ward syn gesell. Und ward auch ein schmid in dem berg
zu gloggensachsen. Dar nach kam er xü künig Hertwwh. Und by des
tochter machet er xwen süne.
Eine angelsächs. Hdsch. zu Exeter meldet:
Wieland . . . Verbannung erfuhr,
der starkmütige Fürst Beschwerde ertrug.
Hatte zum Gefährten Schmerz und Sehnsucht,
Winterkälte, Verbannung; Weh oft empfand,
seit ihn Nidhad in Fessel legte
mit schwankem Sehnenband, den unglücklichen Mann:
Es ging vorüber, auch dieses kann so vorübergehen.
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«
epischen Gestaltung notwendig eine weite Verbreitung finden
müssen, und wir dürfen wohl annehmen, dass sich sicher Reste
und Spuren dieser epischen Bearbeitung erhalten haben würden.
Hätte ferner dem Dichter eine epische Bearbeitung der Wieland-
sage vorgelegen, so würde er kaum diese eine Episode heraus-
geschält und zum Mittelpunkte seiner Dichtung gemacht haben,
zumal da er auf den abenteuerlichen Fahrten des Helden Ge-
legenheit genug hatte, namentlich auch dessen Kunstfertigkeit
in den Kreis seiner Dichtung zu ziehen; aber er giebt ihm
nicht einmal ein so gutes Schwert, wie Wieland es in der Sage
sich verfertigt. Wäre endlich die alte Sage durch Vermitteln ng
Badohild war nicht ihrer Brüder Tod
im Herzen so schwer, als ihre eigne Sache,
da sie völlig erfahren hatte,
dafs sie schwanger war.. Immer sie nicht konnte
das Ereignis denken, wie es deshalb sollte (gehen?)
Es ging vorüber, dieses kann auch so vorübergehen. Vgl. Hs. S. 20.
Im as. Beowulf wird Wieland als Schmied erwähnt. Vgl. Hs.,
S. 13; ebenso im Walthariliede :
961. et nisi duratis Vuelandia fabrica giris
obstarety spisso penetravit Uta ligno.
Welandia fabrica ist der von Wieland geschmiedete Panzer. Vgl.
Hs., S. 29.
In einem lat. Gedichte Gottfrieds von Monmouth (Mitte des
12. Jhs.) lautet es:
afferique jubet vestes volucresque canesque
quadrupedesque citos, aurum gemmasque micantes,
pocula, quae seulpsit Quilandiis in urbe Sigeni.
Becher, die Wieland kunstreich aus den Hirnschädeln der Söhne Nid-
hards (Nidudurs) schmiedete, auch in der Edda erwähnt. Vgl. Hs., S. 42.
Depping- Michel, deren Schrift Veland le forgeron durchweg auf
Grimm beruht, bemerken über das Vorkommen Wielands in der franz.
Sage (vgl. Grimm Hs., S. 43, Nr. 28 — 30.): Noiis remarquons, que les
romaneiers francais du moyen äge, rappelant ä tont instant le nom et
Vhabilite de Veland, ne fönt nulle part allusion a ses arenturest tolles \J
que nous les ont conservees les ecrits du nord et n'en parlent qup comme
<Vun fameux fabrica nt d'epees et de fers de lanees.
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46
eines jetzt verlorenen Gedichtes im Friedrich vorhanden, so
würden die Abweichungen davon nicht so stark sein. Eine
epische Bearbeitung der Wielandsage, die unser Dichter als
Quelle hätte benutzen können, stelle ich daher entschieden in
Abrede. Dagegen konnte ihm der hier behandelte Stoff als
Volksmärchen, dessen Beziehung zu einer eigenen Wielandsage
ihm fremd war, sehr wohl bekannt sein. Diese Sage, die
ursprünglich als reiner Mythus vorhanden gewesen ist, war eben
nicht ganz ausgestorben, aber sie hatte in ganz regelmässiger
Entwickelung der Mythensagen allmählich ihren mythischen
Charakter verloren und war zu einem (bis in die neueste Zeit)
allbeliebten Märchenstoffe umgestaltet worden. Für seine Ver-
breitung spricht der Umstand, dass sich ein solches Märchen
schon Anfangs des 15. Jhs. in einer Abhandlung des Constanzer
Gelehrten Ulrich Molitor (dialogus de lamiis et pythonieis
mulieribus) 1 ) findet. Weitere Märchen über denselben Stoff
in neuerer Zeit siehe bei Haltrichj Hausmärchen aus Sieben-
bürgen 1856, S. 20 ff., Grimm, Hausmärchen No. 49, Kauffmann,
Gesch. der schwäb. Mundarten, unter den Sprachproben S. 348 f. 2 ),
Meier, Volksmärchen aus Schwaben, 1852, No. 7. Namentlich
dieses letztere Märchen zeigt besonders in den Kämpfen, die
der Held nach Wiedergewinnung seiner Gattin zu bestehen hat,
eine auffallende Ähnlichkeit mit unserem Gedichte. Bemerkens-
wert ist in allen Märchen auch der Umstand, dass von
Wielands Kunstfertigkeit in ihnen so wenig als in unserem
Gedichte etwas bekannt ist. Während also eigentlich nichts
dazu berechtigt, h er eine bewusste Bearbeitung der Wielandsage
anzunehmen, ist es bei der weiten Verbreitung des Märchens
zu allen Zeiten sehr wahrscheinlich, dass der Dichter eben auch
nur dieses verarbeitete. Auffallen muss es unter diesen Um-
J ) Vgl. Abh. der Berl. Ak. 1846, S. 549, wo noch mehrere ähnliche
Märchen aufgezählt werden.
2 ) Das Märchen ist nach einer freundlichen Mitteilung Herrn
Prof. K. „aus dem Munde eines älteren Mannes in Horb (Württemberg)
aufgezeichnet".
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47
ständen allerdings, dass der Dichter seinem Helden auf dessen
Fahrten gerade den Namen Wieland, den das Märchen sicher-
lich nicht mehr kannte, zulegt, an dessen Ursprünglichkeit in
dem Gedichte aber nicht zu zweifeln ist, da ihn die beiden
ältesten und ursprünglichsten Hdschn., wie gezeigt wurde, ent-
halten. Der Dichter wollte hierin offenbar ältere Dichtungen
nachahmen; aber während dort ein Namenstausch immer be-
gründet ist, erscheint er hier gänzlich unmotiviert: ohne dass
wir einen Grund dazu ahnen können, nennt sich Friedrich
plötzlich Wieland und behält diesen Namen bei, bis ihn Pragnet
wieder mit seinem richtigen Namen anredet. Der Schreiber
und Bearbeiter von *y muss übrigens nicht deswegen, wie
Uhland annimmt, 1 ) für den Namen Wieland den richtigen
Namen Friedrich eingesetzt haben, weil er die Beziehungen
zur Sage nicht mehr verstand; er begriff vielmehr den plötz-
lichen unbegründeten Namenswechsel nicht und empfand ausserdem
in der schon erweiterten Form *z des Gedichtes, die er ab-
schrieb und bearbeitete, die oben erwähnte Inkonsequenz in
der Namenfiihrung voll und ganz, und darum tilgte er den
Namen.
Wieland, der kunstreiche Schmied, der Vater Witeges,
erscheint, soviel mir bekannt ist, nur in einer Dichtung, dem
volkstümlichen Epos von Laurin und Walberan, als Kriegsmann
in Begleitung Dietrichs von Bern. Ich glaube nun annehmen
zu dürfen, dass der Name gerade aus dieser Dichtung stammt,
und ich gründe diese Annahme auf die genaue Bekanntschaft
des Verfassers mit dieser Dichtung; sie zeigt sich in zahlreichen
übereinstimmenden volkstümlichen Wendungen, und kann durch
eine so grosse Zahl von Parallelstellen nachgewiesen werden,
dass dabei eine Zufälligkeit ausgeschlossen erscheinen muss.
Ich führe einige der betr. Stellen an. Laurin-Walberan citiere
ich nach der Ausgabe von Jänicke im Berliner Heldenbuch I.
*) Uhland benutzte die Hdsch. $, die, wie oben gezeigt, Abschrift
von *y ist.
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48
Friedr.
5. von einem fürsten wol erkant,
Hai?irich was er genant.
7. er was zu Schwaben gesessen
gen got vil recht vermessen.
20. sy künden . . .
turnieren vnd stechen
die sper ritterlich zerbrechen.
5121. ain botschaft ward gesandt
gen prafant in das lant.
6348. Friedr., in Gefahr besiegt
zu werden, verbirgt sich mit
Hülfe seiner unsichtbar machen-
den Wurzel. Sein Gegner
vil lut (er) da sprach:
ich waifz nit wa du bist kommen
oder wer dich mir hat genommen,
ich schlieg dir gern grofz schartten.
6409. fridrich ward ain grimmig
man,
er lief den zabrer an.
Laurin = L. Walberan — W.
W. 1106. Schiltunc was ergenam
er was ein fürste wo<
erkant.
L. 1. ez was ze Berne gesezzen
ein degen so vermezzen.
L. 1025. hurdieren vnd stechen
sper vndreinander breche?
des wart vil vor in getan
W. 13. die botschaft wart gesan
ze Lamparten in daz lant
L. 495. Laurin, von Dietricl
fast überwunden, entzieht siel
ihm durch seinen unsichtba
machenden Ring.
dö sprach der von Berne
nu slüege ich dich gerne
ich enweiz wä du bist hin kommen
oder wer dich mir hat genommen
L. 682. Dietleip was ein grimme
man,
er lief hern Dietrichen an
Vgl. ferner 209 (267, 782) zu L. 1089, 232 zu L. 1088,
215 zu W. 643 (219), 347 zu L. 1716, 693 (705 u. 7) zu
L. 883, 1479 (2316) zu W. 1153, 1380 zu L. 1740, 1493
zu L. 867, 2096 (3874, 5068) zu W. 65, 4742 zu L. 1743 etc.
Der Schluss von I — eine Reihe heftiger Kämpfe zur
Wiedererlangung des Heimatlandes Angelburgs, die Bestrafung
Flaneas, Jeropargs und Turneas, endlich die verschiedenen
Hochzeiten — bietet keinen Anlass zu weiteren Bemerkungen;
Quellen dazu konnte der Dichter überall finden, und ein Suchen
nach bestimmten Vorbildern wird wohl vergeblich bleiben.
Das Gesamtergebnis, das sich aus dem Vorhergehenden
über den Dichter von I und sein Werk darbietet, lautet kurz
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49
zusammeDgefasst: Der Dichter ist ein Schwabe, der im Dienste
der Tecks eine seinem Wissen angemessene Stelle inne hatte.
Er lebte und schrieb in der ersten Hälfte oder um die Mitte
des 14. Jhs. Seine geschichtlichen Kenntnisse scheinen gering
gewesen zu sein; jedenfalls hat er kein historisches Bild ge-
liefert; seine litterarischen Kenntnisse dagegen waren ziemlich
ausgedehnt. Er kannte die besten höfischen Dichtungen, stand
aber auch dem volkstümlichen Epos nicht fern; aus ersteren
schöpft er zum grössten Teile den Inhalt seiner Arbeit, aus
letzterem stammen seine zahlreichen volkstümlichen Rede-
wendungen; neben diesen beiden dient ihm der Volksmund
und dessen Überlieferung als Quelle. Sein Werk kann nicht
mit den Dichtungen der älteren Periode verglichen werden,
und es weist alle Charakteristika der verfallenden Kunst des
14. Jhs. auf: rohes Stoffinteresse, trockene Erzählungsform,
prosaische Wendungen, elende Flickverse; aber unter den
gleichzeitigen Machwerken nimmt es in Folge der geschickten
Verarbeitung des reichen Stoffes doch bei Weitem noch nicht
die letzte Stelle ein.
Durch seine Einfügung und Erweiterung, deren Mängel
oben dargelegt sind, hat der Verfasser von II das Werk seines
Vorgängers keineswegs verbessert, und der Tadel der „in
manchen Partieen weitschweifigen Darstellung", den Uhlaud
(a. a. O. S. 493) erhebt, rechtfertigt sich erst für die Gesamt-
erzählung. Liess sich die Heimat des Dichters von I mit
Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Landschaft begrenzen,
so mus8 man sich für den von II in dieser Beziehung mit
dem begnügen, was oben aus sprachlichen Gründen festgestellt
wurde (vgl. S. 24, Z. 18 ff.). Seinem Stande nach scheint er
ein Geistlicher gewesen zu sein; wenigstens deutet darauf die
zahlreiche Heranziehung der Bibel hin, auf die er sich sogar
einmal (v. 7606) ausdrücklich beruft. Sodann lässt aber auch
die ganze Tendenz in der Entwickelung der Jerome-Erzählung
den geistlichen Verfasser erkennen, dessen theologisches Ge-
wissen es nicht zulassen konnte, dass ein Verhältnis, wie es
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50
zwischen Friedrich und Jerome bestand, nicht durch eine Heirat
au einem guten Ende gebracht wurde. Des Dichters Zeit be-
stimmt sich durch das Obengesagte und, da sich sonst kein
Kriterium dafür auffinden lässt, aus dem Alter der Hdschn.,
deren älteste noch in das 14. Jahrhundert gehört; wir werden
ihn nach der Mitte des 14. Jhs. ansetzen müssen.
Als Geistlicher besass er von vornherein einen höheren
Bildungsgrad, und wir können uns nicht wundern, dass er ebenso
wie der Verfasser von I sehr belesen ist. Er „prunkt" aber
mit seinem Wissen bedeutend mehr, als jener, und begnügt
sich nicht nur damit, in seine eigene Arbeit eine grössere litt
Stelle von 150 Versen (nach v. 3668), die er inhaltlich ganz,
stellenweise auch wörtlich Ulrichs von dem Türlin Wilhalm
von Oranse entnimmt, hineinzubringen, sondern er schiebt auch
an 3 Stellen derartige litt. Stellen in I ein (an den mehrfach
erwähnten Stellen 1385-1447, 1454—79, 1501—73). Die
spätere Einfügung durch denselben Dichter, der auch II ver>
fasst hat, wird bewiesen durch die Vergleichsform, in der die
Stellen herangezogen werden und die wir oben als charakteristisch
für die Darstellung von II kennen lernten, durch die Weit-
schweifigkeit und einige sprachliche Eigenheiten, die nur in II
wiederkehren; die Stellen fehlen ausserdem sämtlich in J".
Von höfischen Dichtwerken kennt der Verfasser von II,
wie sich aus seinen Citaten ergiebt, Wolframs Willehalm (vgl.
1385—1444), Parcival oder die Titurel-Bruchstücke (1457—71),
ausserdem einen Karl, wohl den des Strickers (1513 — 19),
Flecks Flore und Blancheflur (1519—30) und Rudolfs von Ems
Wilhelm von Orlentz (1530—50, 7742—9).
In den bei ihm aufgeführten Stellen weist er im Gegen-
sätze zu dem Dichter von I, der nur ein einfaches Namens-
verzeichnis gab, seine nähere Bekanntschaft mit den Dichtungen
dadurch nach, dass er jedesmal etwas aus dem Inhalte derselben
anführt. 1 ) Zweimal entlehnt er sogar längere Abschnitte wört-
*) Ich verweise hier auf die Kritik des Gedichtes bei Gervinus IP
S. 265 f.: „Mit diesem krausen Inhalt contrastiert dann seltsam der
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lieh. Diese wörtlichen Anführungen sind aber, wie oben ge-
zeigt wurde, durch den Bearbeiter von *y so geändert, dass
in den von *y abhängigen Hdschn. bloss noch inhaltliche Ent-
lehnung nachweisbar ist; nur W hat die ursprüngliche Form.
Leider sind aber die Stellen z. T. in der durch Feuchtigkeit
und Bruch des Papiers arg mitgenommenen Hdsch. W fast un-
leserlich und können nur durch Anwendung zahlreicher Kon-
jekturen verständlich gemacht werden. Ich führe im Folgenden
die wörtlich entlehnten Stellen an; die Stelle 1385—1447, die
aus Wolframs Willehalm stammt, habe ich ganz zum Abdruck
bringen lassen, um zu zeigen, wie in *y die Stellen bearbeitet sind.
In den ersten Versen stimmen S und W überein:
vnd bin hie mit hertz vnd müt
wider küng Terramers tochter gilt,
die in der haidenschaft was genannt Arabell;
ir nam was in der cristenhait verlorn schnell,
wie wol die trüg krön in der haidenland
ob allen küngin weit erkant
bey irem elichen man, küng Tybalt.
da sy margrauf Wilhalm, der fürst baldt,
verstal in der eristen land,
maniger haidnischer küng vnd wigant
schifften vber das braute mer,
erschlugen dem margraf Wilhalm ain hör,
das er bestund aller hilffe blofz.
da zwang in sein angst grofz
zu keren fer in der eristen land,
das im hilff wurd bekant.
gesunkene Vortrag des Poeten, dessen Werk — spät aus dem 14. Jh. —
an Werthlosigkeit und Verfall ganz zu dem Wilhelm von Oesterreich
und der Klasse ähnlicher Dichtungen herabrückt, nur dass der Dichter
ehrlicher seine Wortarmut in seiner knappen Erzählung, seine Gedanken-
armut in seineu ewigen Nachahmungen älterer Dichter zur Schau trägt,
so arg, dass er an einer Stelle, wo Angelburg zu Friedrich spricht, ihr
eine lange Bede der Arabel aus Wolframs Wilhelm in den Mund legt".
4*
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52
s.
in dem trurigen abscheiden
bat in sein tritt amey kyburg in laide
— ivann sy arabeln im haidnischen namen
durch cristan in dem tauff tett dannen —
in der statt orenfs bei) nechtlicher weil:
here[wilhalm, so du kompst mit yl
zu der cristan schönen fraiven vnd fürstin,
so lafz dich nit verlauten dein sin,
dafz du mich lassest in disen nötten gro fz,
wann vatter vnd man tünd mir grossen stofz
mit wortten hie vor orenfz diser statt;
sy habent mangen schivären rät
vnnd mainent die gewinnen
vnnd mir ertzaigen grofz vnminne.
darumb kainer fraiven schön noch bett
solt da volgen an kainer stett
imd gedencketi, vil lieber hefe mein,
ivie gar ain reiche künigin
ich gewesen bin in der haiden land,
ob allen kmigin die höchst erkannt.
Meine Stellung diesem Urteile gegenüber geht aus der Abhandlung
hervor. Für den Dichter von I ist es entschieden zu scharf, für den
von II wohl berechtigt. Eine geschickte Zusammenstellung vieler be-
kannten Stoffe bekundet meiner Ansicht nach noch nicht geradezu
Gedankenarmut, und dass aus einer „knappen Erzählung" Wortarmut
zu folgern sei, vermag ich erst recht nicht einzusehen. Wortarmut und
„arge" Gedankenarmut zeigen sich in viel höherem Grade in der breiten
Darstellung und in den wörtlichen Entlehnungen des Verfassers von II.
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53
w.
in dem trurlgen gernüt
bat In sein trut
r kiburg in laid
in jrem abschaid
— arvel ireri haldnlschen namen
f in dem tauf tett tarnen —
sy sprach 'her margraf, las din namen
laus dinen pris an mir,
nit wenkest, als ich dir
vnd belibist stet,
da% du durch niemantx ret
wenkest an mir armen.
nun laus mich dich erbarmen.
gedenk an din wirdlkalt.
ich walfx wol, din wer berait
in franckenreich manlg weib
die ir er vnd iren leib
mit minn an dich wende
ob die dein gut erkende.
war, ich durch dich hob erlitten,
der werk (?) wirt an mir erpiten.
ob die claren frantxodn
dir nach dienst pietent ir min,
da% sy dich wellen ergetxen (?) min,
so gedenck an die truwe din.
vn ob dir iemant geb trost,
da% ich nimer werd erlost,
den laus von dir reiten
vnd für (?) die die türent stritten.
gedenck wai, ich durch dich lies,
da% man mich arabia hies
aller fürsten frowe.
dannoch was ich in der schowe
da% man mir klarhait jach,
fründ vnd feind, wer mich sack.
Willehalm,
ed. Lachmann. 104 — 105. 14.
Gyburc sprach ( herre markis,
lax dinen erweiten höhen pris
an mir nu wesen staete,
dax du durch niemens raete
wenkest an mir armen,
vnd lax mich dir erbarmen.
denke an dine werdekeit.
ich weix wol dax dir waere bereit
in Francriche manec wip,
sd daxs ir ere vnde ir lip
mit minne an dich wante:
ob dan din güete erkante
wax ich durch dich hän erliten,
der wer tvurde an mich gebiten.
ob die claren Franxoysinne
dir nach dietist bieten minne,
dax si dich wellen ergetx<en min,
so denke an die triwe din.
vnd ob dir lernen gebe untröst
daX Ich nimmer werd erlöst,
den lax von dir riten:
füer die getiirren striten.
vnd denke tvax Ich durch dich Hex,
dax man mich xe Aräbe hlex
al der fürsten frouwe.
dennoch was Ich In der schouwe,
dax man mir clärheite jach
friunt vnd vient, swer mich sach.
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54
von lewt, lamid, vater vnd man
vnd von meinem lieben sun lobesan
bin ich mit dir gesckaiden,
defx habent sie grofz laide,
besunder mein vater Teramer;
es hat ouch mein man Tybalt schwär
vnd EmereySy mein lieber sun;
sy ltomment von orenfz nit hindan,
sy erwerbent prys oder schand
all hie in der cristan land,
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55
w.
Wilhalm gab ir dci, sein fiantze
do dez, jamers lantxe
sein hertz jmer zwing
vntz im so wol geling
da% er sy erlöste
mit manlichem tröste.
er gelopt ir fürbas,
den, er für lieb noch has (?)
da% er nimer nichtz verzerte
von speis, die in nerte,
nit dan tvasser vnd prot,
da% er jr behaute not
mit sehwertx strit erwante.
also sy in von ir sante
vnd sprach: 'her margis mein,
du solt gedenken sein.
w. = s.
Willehalm (ed. Lachmann).
du möchts mich noch wol Uden,
vnd solt uns kumber mieten.'
er gap des f tanze,
daz diu jamers lanze
stn herze immer tivunge,
unz im so wol gelunge*
daz er si da erlöste
mit manlichem tröste,
vnd lobt ir dennoch fürbax
daz er durch liebe noch durch haz
nimmer niht verzerte
von spise diu in nerte,
niht wan wazzer vnde bröt,
e daz er ir bekanten not
mit sivertes strite erwante.
alsus in von ir sante
Oyburc diu künegin.
haben werden sy mangen raut
alhie von diser stat.
Kyburg ward me jehen :
{ darum lafx mich von dir nit sprechen.'
er sprach: ( frawe mein,
ich versprich dir by den trüwen mein,
aller fröd wil ich enbern,
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56
s.
w.
vntx ich tvider xu dir tu kere
wie sy die getvinnen
vnd mir erxaigt gros vnminnm.
wann des meres flut
nimermer xut
recht so mangen held xu strit.
vs aller weit tveü
durch ein frawen gut;
de% pin ich vngemut,
dai, es vmb mein willen ist be-
schechen;
ich pin darum in tmtren wecken.
wann des meres flüt vnd tinde
nimmer mer xü kamer stunde
tregt somangen edlen held
xü streit gar vfxerwelt
durch ain frawen gut;
defx bin ich vngemüt,
dafx es vmb mein willen ist ge-
schechen.'
kyburg begund me jehen:
i darumb lafx dich von mir nit
wenden.'
margraiif wilhalm anttwürt in
laid behende:
'kyburg, hertxe liebe fraibe mein,
ich versprich dir by der trüive
mein :
gütx geligers vnd aller frawen
wil ich enberen,
vnntx ich wider xü dir tun Jceren.
Die aus Türlins Wilhalm stammende Entlehnung stimmt
in folgenden Versen fast wörtlich zu dem Text Türlins: 1 )
Friedrich. (Nur in W.)
araioel die küngin xard
sagt im schachroch vf die küngin
vnd ret mit gantxer minn:
margraf künt ir der frawen
hieten also?
Wilhalm. Bl. 53a Z. 15 ff.
in vil korcer dt danach
tet si schock roch vf der kunigin
si sprach virwar ir muxit sin
min schimpf, set, dirre xog ist
min.
*) Die Verse aus dem Wilhalm sind nach der Ausgabe von Cas-
parson, Cassel 1781 citiert; eine bessere Ausgabe giebt es zur Zeit leider
noch nicht.
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57
anplickt er sy do,
frantzoisch sprach er die wort:
'ja süsse aller seiden hört,
gotz mMer vnd auch maid,
deiner tugent sey geklait,
daz du senftest dins kinds zorn,
pit in, daz nit werd verlorn
so schön ains menschen pild.'
In frantzoisch verstund daz die
milt,
diepolt weib, die schön arawel.
zichtig red sy mit jrer stim hei:
margis, laus hörn, wie dem sey,
ain magt, ain mMer, aller man
frey,
dez seit ir mich bewiesen gar —
her markis, nu lat kunst hi
schowen,
kunt ir so hueten vrowen?
her markis, des inweis ich nicht,
nu huet uch, lichte mer geschieht,
dan ich uch ireeigit han.
Wilhalm irsuftete vnd sach sie an,
in franzoys sprach her disse wort:
ey suxe, aller seiden hört,
mines herren muter vnd doch meyt,
uweren tugenden si gecleyt
53b. Z. 9.
nu senfte dines kindes zürn
vnd bitte, daz ich werde virlorn
sa schone eyn menschen bilde.
53b. Z. 10 v. u.
nu hatte si verstanden wol dax
clagen
si gedachte: harre, wi mag daz
sin —
nu künde franzoys di kuningin.
54a Z. 11.
in franzoys si sprach: herre ich
wil
von uch wissen, tvi deme si:
eyn magt, eyn muter, manne vri —
Dass der Bearbeiter in *y die ganze Stelle (150 Verse)
strich, kann nicht Wunder nehmen, da sie nur äusserst gezwungen
in den Zusammenhang passt
Ausser den eben dargelegten litt. Kenntnissen lassen sich
für den Verfasser, dem, wie sich aus seinen Redewendungen
ergiebt, auch die volkstümliche Dichtung nicht fremd war,
keine weiteren nachweisen. Seine Erzählung selbst scheint
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er frei erfunden zu haben; eine Entlehnung oder Analogie zu
anderen Dichtungen habe ich wenigstens nicht finden können.
Grösseres, als der Dichter von I, der doch mit Geschick seine
entlehnten Stoffe zusammen verknüpfte, hat er aber deswegen
nicht geleistet; in seiner Dichtung treten die Mängel der späten
Zeit noch bedeutend mehr hervor, als in der des ersten Dichters;
in dieser wird die trockene, schwunglose Erzählungsform
wenigstens noch durch die reiche, abwechselungsvolle Handlung
verdeckt
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THESEN,
WELCHE ZUGLEICH MIT DER DISSERTATION
ÜBERLIEFERUNG UND VERPASSERSCHAFT DES MHD.
RITTERROMANS FRIEDRICH YON SCHWABEN
MIT GENEHMIGUNG DER
HOHEN PHILOSOPHISCHEN FAKULTÄT
DER
KÖNIGLICHEN AKADEMIE ZU MÜNSTER I.W.
ZUB
ERLANGUNG DER
PHILOSOPHISCHEN DOKTORWÜRDE
DONNERSTAG, DEN 17. JANUAR, VORMITTAGS 11 UHR
ÖFFENTLICH VERTEIDIGEN WIRD
Ludwig Voss,
CAND. PHIL.
OPPONENTEN:
PAUL DEMLIHO, stud. phil.
HERMANN LIESE, stud. phil.
FRIEDRICH HELLWI6, cand. phil
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MÜNSTER.
BUCHDKUCKEKEI VON JOHANNES BEEDT.
1895.
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Thesen.
1. a) Parzival 106, 20 ist zu lesen mit Paul Piper: üf eine
plane, diu was breit.
b) Parzival 129, 8 muss statt des Kolons ein Komma
stehen; der Satz schliesst 129, 9.
c) Wolframs Willehalm 253, 24 f. ist mit den Hdschn.
k m n o p zu lesen:
ich klage den schönen jungen
Vivianz, der ze vorderst muoz
hän.
2. Gödekes (Grundr. I 2 258) Behauptung, „Friedrich von
Schwaben" enthalte Nachbildungen von Hartgaanns Gregor,
ist nicht haltbar.
3. Die von Unland, Schriften I 489 geäusserte Ansicht, die
Wielandfabel im „Friedrich von Schwaben" hange mit
orientalischen Märchen zusammen, ist irrtümlich.
4. Rolandslied (ed. Müller I 2 ) v. 52, 726 und 2917 ist die
Lesart ä sa chapele (en ma chapele) beizubehalten.
5. Amis und Amiles (ed. Hofmann. A 2 ) ist v. 1483 statt en
pies en pres, v. 2517 statt il monterent i remettent zu
schreiben.
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Lebenslauf.
Ich, Ludwig Voss, Sohn des Organisten und Musik-
lehrers L. Voss und seiner Gattin Mathilde geb. Kleinej-
feldt, die sich beide noch einer guten Gesundheit erfreuen,
bin geboren zu Cleve am 12. VII. 1871. Meine Confession
ist die katholische. Nachdem ich das Clever Gymnasium
Ostern 1890 mit dem Reifezeugnisse verlassen hafte, Hess ich
mich an der Akademie zu Münster immatrikulieren und hörte
dort in 8 Semestern die Vorlesungen der Herren Prof. An-
dresen, Bartholomae, Finke, Hagemann, Kauffmann,
Langen, Niehues, Sdralek, Stahl, Storck, der Herren
Priv.-Doz. Drescher, Hosius, Kappes sowie des Herrn
Lektors Mettlich.
Während der ganzen Zeit meines Studiums nahm ich Teil
an den deutschen Übungen des Herrn Geheimrates Storck,
2 Sem. auch an denen des H. Dr. Drescher; 2 Sem. war ich
ausserordentl. Mitglied des klass. -phil. und Hospitant des
rom. Seminars, je 1 Sem. gehörte ich dem letzteren als ausser-
ordentl. und ordentl. Mitglied an. 1 Sem. beteiligte ich mich
an den klass. -phil. Übungen des H. Dr. Hosius und an den
pädagogischen des H. Dr. Kappes.
Auf Anregung des H. Dr. Drescher unternahm ich im
W-S 93/4 die Vorbereitungen zu einer Ausgabe des mhd.
Ritterromans Friedrich von Schwaben, von deren Einleitung
meine Dissertation einen Teil bietet; die Ausgabe selbst werde
ich hoffentlich recht bald veröffentlichen können.
Allen meinen Lehrern, namentlich Herrn Geheimrat Prof.
Dr. Storck und Herrn Priv.-Doz. Dr. Drescher, spreche ich
an dieser Stelle für die Förderung meiner Studien meinen
wärmsten Dank aus.
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